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Full text of "Deutscher Liederhort : Auswahl der vorzüglicheren Deutschen Volkslieder, nach Wort und Weise aus der Vorzeit und Gegenwart"

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MT-Yel-IgaleJlg: 


Ludwig Erk, Franz 
Magnus Böhme 























Deutfcher Liederhort. 


RAusmahl 


ber vorzüglicheren 


Deutſchen Polkslieder, 


nach Wort und Weiſe aus der Vorzeit und Gegenwart 


geſammelt und erläutert 


von 


Ludwig Erk. 


Im Auftrage und mit Unterſtützung der Königlich Preußiſchen Regierung nach 
Erk's handſchriftlichem Nachlaſſe und auf Grund eigener Sammlung 
neubearbeitet und fortgeſetzt 


Iranz I. Böhme. 


Zweiter Band, 





Leipzig 
Druck und Verlag von Kreitkopf und Härtel 
1893. 










BERKELEY \ 
MUSIC LIBRARY | 
UNIVERSITY OF 
CALIFORrIA 5 





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Inhalt des zweiten Bandes, 


















IL. Buch. Seite 
Sina tie ERAITM nn 1—186 
III Bud. 

Liebeslie! 
1. Alte (aus dem 13. bis 17. Jabrb.) mit ihrem jungen Nachwuchs. 
Et re i R ; ._187— 223 
2. Neuere (aus dem 18. und 19. Jahrhundert). 
ni EEE: EB na ern 323—472 
b) Biebesteib.: ABTEI: ee er ir 472—542 
IV. Buch. 
ieds- und Wanderlieder. Rr. 741—796 
V. Buch. 
Tagelieder und Kiltgeſänge. Ye ESEEFEFFFETE —633 
YL Bud. 
Hodzeitd- und Eheftandslieder, nebft Nonnenklagen. Nr. 831—923 634—708 
VL Bud. 


Tanz. und Spielliever. Rr. 9U—1060 . . 2222er 709—800 








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en 


Berichtigungen zum zweiten Bande. 


Seite 2, Zeile 20 lied Suman ftatt Suman. 
„BB, „ 3 „ Häßlerin flatt Größlerin, 
„60, „ 2 „ Bei flatt hyri. 
„ 83 fehlt Schlußnote f. 
„384, Zeile 16 lied das flatt daß. 
„204, Notenz. 3, Takt 4, leßte Rote d ftatt e. 
„224, Notenz. 3, legter Takt müffen ftatt zwei Sechzehntel nur Achtel fein. 
„238, Zeile 11 von unten Semſi ftatt Demft, 
„270, „ 25 von oben lied Megdlein ftatt Mevglein. 
„294 u. 314 über den Noten lied Nörminger. 
„333, Zeile 18 von unten lied der Jugend befannted Lied. 
„336 über der anderen Mel. lied Dr. Zinſſer. 
„394, Zeile 5 lied Haine flatt Heine, 
„407, „ 11 von unten lied Muſikbeil. 3. 
„455, Nr. 647 ift fein Volkslied, fondern ein Gedicht von D. F. Gruppe, Mel. von 
&. Wilhelm, was ich leider zu fpät erfuhr. 
„505, Rotenz. 5 nur Achtel. 
„538, Notenz. 3, Takt 3, letzte Rote e ein Viertel. 
„586, legte Note im erften Takte muß g ftatt f heißen. 


— — — — — — BE 





1 
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221. Bas £udwigslied. 
a) Urtert. Ende des 9. Jahrhunderts, 

.Einan kuning weiz ih, Heizsit her Hludwig, 

Ther gerno gode thionot Ih weiz er imos lönöt. 
.Kind warth her faterlös: Thes warth imo sär buoz: 
Holöda inan truhtin, Magaczogo warth her sin. 
3. Gab her imo dugidi,  Frönise githigini, 

Stual hier in Vrankön. Sö brüch& her es lango! 


. Thaz gideild her thanne Sär mit Karlemanne, 
Bruoder sinemo, Thia czala wunniönd. 


5.86 thaz warth al gendiöt,_  Korön wolda sin God, 
Ob her arbeidi' So iung tholön mahti. 


6. Liez her heidine man Obar seo lidan, 
Thiot Vrankönö Manön sundiönd, 


7.Sume sär verloran& Wurdum sun erkoran&, 
Haranskara tholöta Ther &r misselib£ta. 


8. Ther, ther thanne thiob was, Inder thanne ginas, 
Nam sina vastöon; Sidh warth her guot man, 


— 


— 


Hin 


9. Sum was luginäri, Sum was skächäri, 
Sum fol löses, Inder gibnozta sih thes. 

10. Kuning was ervirrit, Thaz richi al girrit, 
Was erbolgan Krist: Leidhör thes ingald iz. 


11. Thöh erbarmet es Got, Wisser alla thia nöt: 
Hiez her Hludwigan Tharöt sär ritan: 


12.»Hludwig, kuning min, Hilph minan liutin! 
Heigun sa Northman Harto bidwungan.« 


13. Thanne sprah Hludwig: ,‚Herro, sö duon ihl 
Döt ni rett£ mir iz, Al thaz thü gibiudist! ‘ 
14. Thö nam her Godes urlub, Huob her gundfanon üf, 
Reit her thara in Vrankön Ingagan Northmannön. 
15. Gode thancöodun Thö sin beidödun, 
Quädhun al: »Frö min, So lango beidön wir thinl« 


16. Thanne sprach lüto Hludwig ther guoto: 
»Tröstet iuh, gisellion, Min& nötstallon! 
Er! u. Böhme, Liederhort. 11. 1 





2 


17. Hera santa mih God, Joh mir selbo giböd, 
Ob hiu rat thühti Thaz ih hier gevuhti, 
Mih selbon ni sparoti, Unz ih hiu gineritt. 


18. Nu will ih thaz mir volgön All& Godes holdon. 
Gifkerit ist thiu hierwist So lango, sö wili Krist: 
Wili her unsa hinavarth, Thero hab£öt her giwalt. 


19.S6 wer sö hier in ellion Giduot Godes willion, 
Quimit her gisund iz, Ih gilönön imoz; 
Bilibet her thär inne, Sinemo kunnie.» 


20. Tho nam her skild indi sper, ellianlicho reit her, 
Wolder wär errahchön Sind widarsahchon. 


21. Tho ni waz iz buro lang, Fant her thia Northman ; 
Gode lob sagedo: ,Her sihit thes her gerech!‘ 


22. Ther kuning reit kuono, Sang lioth fröno; 
Joh all& saman sungun: »Kyrie-leison!« 


23. Sang was gisungan, Wig was bigunnan; 
Bluot skein in wangön, Spilödun ther Vrankön. 


24. Thar vaht thegeno gelih, Nichein sösö Hludwig: 
Snel indi kuoni, Thaz was imo gekunni. 


25. Suman thuruh skluog her, suman thuruh stah her; 
Her skancta ce hanton sinän fianton 
Bitteres lides: Sö w£& hin hio thes libes! 


26. Giloböt si thiu Godes kraft!  Hiludwig warth sigihaft; 
Jah* allen heiligon thane: Sin warth ther sigikamf. 


/ 27. Wolar abur Hludwig, Kuning wl(ese)** sälig, 
Garo sö ser hio was, SÖö wär sö ses thurst was! 
Gihalde inan truhtin Bi sinan £örgrehtin! 


* Driginal bat joh (au), Müllenbof lieft jah ſprach), Zacher und Schade gab. 
»° 5. bat blos uu (w); Schade ergänzt wese, Braune wic, 


Wortgetreue Ueberfeßung. 


1. Einen König weiß id, heißet er Ludwig, 
der gerne Gott dienet, ich weiß, er ihm's lobnet. 
2. Kind warb er vaterlod, dei ward ibm bald Buß, (Erfap) | 
| führte ihm der Herr, Erzieher ward er fein. 
| 3. Gab er ibm Tüchtigkeit, herrliche Degenihaft, | 
Stuhl bier bei den Franken: fo brauche er es lang! 
4. Das theilte er dann bald mit Karlemann 
dem Bruder feinem, die Zahl der Wonnen. 
5. Wie dad ward all geendigt, prüfen wollt Gott ibn: 
ob er Mübjeligkeiten fo jung erdulden möchte. | 
6. Lich er beidnifhe Männer über See gleiten, 
das Volk der Franken mabnen der Sunden. | 
. Einige bald verlorene wurden theils erforene; 
Harm beſcherung Schmach) erduldete, der ehe (früber) mißlebte ſſchlecht lebte) 
8. Der, der dann ein Dieb war und der davon genas, 
nahm ſeine Faſten: ſeitdem ward ein guter Mann. 











3 


9. Mancher war ein Lügner, mancher ein Schäher (Räuber) 
mancher voll Zuchtlofigleit und er büßte (reinigte) ſich davon. 
10. Der König war entfernt, Das Reich ganz geirrt, 
ed war erzürnt Chriſtus: leider daß entgalt «8. 
11, Doc erbarmete ed Gott, mußte er alle die Noth, 
bieß er Ludwigen dahin bald reiten: 
12. ‚Ludwig, König mein, bilf meinen Peuten! 
es haben fie Normannen gar hart bedrängt.‘ 
13. Da ſptach Ludwi „Herr, jo thu ich! 
Tod, nicht — mir cd (made ed mir nicht unmöglih) Alles, was du gebieteſt!“ 
14. Da nahm er Gottes Urlaub, Hub er die Kriegesfahne auf, 
ritt er dahin zu den Franken, entgegen den Normannen. 
15. Gott danften, die feiner warteten, 
iprachen alle: ‚Herr mein, fo lange warten wir dein!‘ 
16. Dann ſprach laute Ludewig der gute: 
„Xröftet euch, Gefellen, meine Notbaefährten! 
17. Sieber fandte mid Gott, aud mir felbft gebot, 
ob euch ratbfam däuchte, daß ich bier fümpfte, 
mich felbft nicht fchonte, bis ich euch errettete. 
18. Nun will ich daß mir ir alle Gottes Helden (Getreuen). 
Deichert ift das Hierſein eben), fo lang ala Chriſt will; 
will er unfere Hinfahrt, deß hat er Gewalt. 


19, Wer alfo bier in Kraft Pr Botted Willen. 
Kommt er aefund aus, lohn es ihm; 
Bleibt er darin, feinem Geſchlechte (will ichs dann lohnen). 


20. Da nahm er Schild und Speer, gemwaltiglich ritt er, 
wollt’ er irgendwo auskundſchaften feine Widerfacher. 


21. Da war es nicht fehr lang, fand er die Normannen, 
„Gott Lob!“ jagt er, er fieht was er begehrte. 


22. Da König ritt Fühn, fang ein Lied heilig, 
und alle aufammen fungen: „Kyrie eleifon!“ 


23. Sang war gelungen, Kampf war begunnen 
Blut fchien in den Wangen, jpielend kämpften die Franfen. 


24. Da ſocht der Helden Jjelise, feiner jo wie Ludewig, 
ſchnell und fübn, war ihm angeftammt. 


25. Manchen durchſchlug er, manchen durchſtach er. 
Er fchenkte zu Händen feinen Feinden 
bittered Leided: fo weh ihnen bier des Leibes. 


26. Gelobet fei die Gottes Kraft! Ludewig ward egbaft; 
auch allen Heil’gen Dank, fein ward der Siegeskampf. 


27. Wohlan aber, Ludwig, König fei [eben 9 felig (glücklich), 
als kampfgerũſtet er bier war, wo ven fien Noth war: 
Erbalte ibn der Herr bei feiner Ehr und Herrlichkeit ! 


Das Ludwigslied [Ritmus teutonicus de piae memoriae Hluduico Rege filio 
Hluduici aeque regis nad) der Ueberſchrift des Originals] ift das ältefte hiſtoriſche 
Lied im deutiher Sprade, zu Ende des 9. Jahrhunderts verfaßt. Es befingt dem 
Sieg des oftfränfiihen Königs Ludwig III. über die Normannen bei Soucourt 881. Bon 
diejem Siegesliede kannte man bis 1835 blos einen entftellten Tert: eine von Mabillon 
beforgte Abſchrift von einer Handfhrift zu St. Amand (Klofter bei Tournay in 
Slandern). Sie wurde als Einzeldruck von Johann Schilter herausgegeben: 
’EIIINIKION Rhytmo Teutonico Lvdvico Regi acclamatum. Argentor. 1696. 4°, 
Wiederholt in Schilter's Thesaurus. Ulm 1726, II. Bd. Auch von Mabillon ver- 
öffentliht in Annal. Ord. S. Bened. III. Lutet. Paris 1704, p. 684. Diefer 
nicht ächte Tert wurde in die Sprade des 9. Jahrh. zurctüberfegt von Docen „Lied 
eines fränfiihen Dichters auf den Tod König Ludwig II.” Münden 1813. Weitere 


1* 





4 


Verſuche einer Wieverherftellung machten fahmann in Specimina linguae Franciae. Berol. 
1825 ©. 15 Hoffmann 1820 in den Fundgruben I, 4 und W. Wadern, 1838 u. X. Nach 
diefer vererbten Lesart erſchien das vielfach gedrudte Lied bei v. Soltau, hiſtor. Vollsl. 
Nr. 1, Wolff ©. 592, u. U. — Die freie Ueberfegung von Herder (Volfsl. II 323) 
die in vielen Schulbühern fteht kann nicht mehr genügen, da fie zuviel Falſches ent- 
hält. — Die feit 1693 verloren geglaubte Handſchrift des 10. Jahrh. ift aber glüd» 
licher Weife noch vorhanden: Hoffmann v. F. fand fie 1837 in der öffentl, Bibliothek 
zu Balenciermes; fie ftammt aus der ehemaligen Abtei Eine (= St. Amand) und ift 
bezeichnet B 5.15. Sie enthält in acht Büchern die Briefe Gregors von Nazyanz: 
von zweiter Hand gefchrieben folgt auf S. I41*: Cantica virginis Eulaliae. Coneino 
suavissima cithara. Seite 141° ftehen 15 Zeilen von dritter Sand Buona pulcella 
fut Eulalia. Darauf folgt bis ©. 143 unfer Ludwigslied in 59 Langzeilen, ohne 
Strophentheilung mit der oben gemelveten griechiſchen Unterfchrift. 


Diefes Driginal, wahrſcheinlich aber nicht die erfte Niederfchrift, ift nebft dem 
dafelbft ftehenden Liede auf die heil. Eulalia herausgegeben in dem Buche: Elonensia 
Monuments des langues romane et tudesque dans le IX siecle, publies par 
Hoffmann de Fallersleben, avec une traduction et des remacques par J. W.Willems. 
Gand 1837. Mit Facfimile der erften Zeilen, 2. Auflage. — Dana folgten 
die fritifhen Ausgaben von Müllenhoff, Denkm. 285, D. Schade, altd. Leſebuch 
1862, ©. 55, W. Braume, alto. Lefeb. 1875, ©. 143 und von Anden. Ich 
gebe den Urtert nach der Redaktion von Dr. D. Schade, vie Ueberf. nah dem altv. 
Leſeb. von W. Püp. 


Der Verfaffer des Ludwigsliedes iſt wahrfheinlih ein oftfränfifher Mönch. Man ver- 
muthet, daß der im Klofter Amand damals lebende 930 ald neun iejähri verftorbene, gelehrte und 
mufitalifhe Huchald es verfaßt oder —— niedergeſchrieben * en koͤnnte. zufolge der Ueber: 
fchrift ift das Lied nach dem Tode des Königs Ludwig aufgezeichnet; aber nah Str. 1, 3 und 27 
ift es noch bei feinen ey er alfo ie bald nah der Schlacht abgefaßt worden. Welcher 
Ludwig war der Held des Gedichtes? Darüber waren die Anfichten getbeilt (ſ. Soltau, hiſt. VL., 
Nr. 1). Müllenhoff (Denfm., ©. 285) bat feftgeftellt: daß Ludwig III gemeint ift. Ludwig II 
(der Stammler, ein Sohn Ludwig des Deutfchen) war geb. 843 und vermählte ſich 862 mit Andgard, 
einer Tochter ded Grafen Harbuin. Bon den 3 Kindern diefer Ebe (Ludwig, Karlmann und Hilde: 
gard) ift der um 863—65 geborene Ludwig III der befungene Held. Nah dem Tode feines Vaters 
(879) wurden die beiden Söhne zu Königen gekrönt und theilten das Reich. Ludwig III war alfo 
beim Tod des Vaters erft 14—16 Jahr alt; damit ftimmt Berd 3 des Liedes „Kind warb er 
vaterlos“. Der jugendblihe Held ftarb fhon am 5. Aug. 882, nicht aber unmittelbar nach der 
Schlacht. Den Tag der Schlacht mit den Normannen, in der es 8—9000 Gefangene gab, verlegen 
die Annalen auf den 3, Aug. 881. — 


Ob das Ludwigslied wirklih aefungen worden ift? Darüber fann faum ein Zweifel ob- 
walten, weil die Dezeihnung Ritmus, noch mehr aber die vorangehende Ueberfhrift Gantica und 
gar Githara (Harfe) auf mufifal. Vortrag binmweifen. Dod dürfte es nur von Klofterbrüdern in 

lofterfhulen gefungen worden fein: öffentlicher Volksgeſang war es keineswegs, innere Wahrfchein- 
lichkeit fpricht gegen foldye Annahme. Zwar wird im Liebe felbft (Str. 22) die alte Bortragd- 
art erwähnt: einer (bier der König) fang vor, dad Volf fang u ben Kehrreim, hier als Ariegs- 
—— — Ruf „Kyrie eleiſon“. Dieſe Vortragsart bezieht fih aber nicht auf das 
udwigslied. 


Das Gedicht läßt ſich ohne Zwang in Strophen von je zwei Langzeilen abtheilen, nur am 
Ende miſchen ſich einige dreizeilige Strophen darunter, weshalb einige Germaniſten es nicht als 
Lied gelten laſſen wollen, ſondern es als Leich bezeichnen. Zum Abſingen waren durchaus nicht 
zwei verfchiedene Melodien, wie man der untermiſchten längern Strophen halber angenommen: 
wenn man, was im Bolfägefange oft geſchieht, die Mufit einer Sangzeile wiederholte, fo war 
eine einzige Singweife ausreichend. Die Strophenform ift feine andere ald die von Otfried in 
Anwendung gebrachte von 2 Langzeilen oder 4 Halbzeilen. Auf jede Halbzeile, die mit der folgenden 
dur Enbreim verbunden ift, fommen 4 Hebungen. Sepen wir für die Hebung eine „Jg, ‚für die 
Senkung f und da wo die Senkung fehlt an die vorangebende Note einen Punkt, fo“ wird der 
Rhythmus einer Melodie zum Ludwigslicde und überhaupt für die Otfriedftropbe fo ausſehen 


wie ih bier an den zwei erften Strophen darftelle: 


— — non — — — — — — —— —— 





5 


Bersbetonung im Ludwigsliede: 


A 


2.) & DE ad ern 


— 


1. Ei - nan ku - ning weiz ih, hei - zit her Hlud - wig, 
ER ER EN EEE 
ame ee etduri ne 
ei rund 


222. Meber das Aarlemannslied. 


Es muß im 9. und 10, Jahrhundert, ungefähr gleichzeitig mit dem Ludwigs 
liede, aud ein Lied auf den fränkifhen König Karlmann vorhanden geweſen fein. 
Das bezeugt ſchon der Ausſpruch des im 10. Jahrh. lebenden Dichterd Saxo, der 
unter den welt. Gedichten zum Lobe der Großväter und Urgroßväter Pipin, Karl, 
Ludwig, Theodorich, auch Carlmann und Lothar aufführt. Es ift uns fogar die 
Strophenform (Modus) eines verfhollenen Karlmannslieves in zwei lat. Sequenzen 
geiftlihen Inhalts erhalten worden, deren Meberfchriften Liddy Karlomannici und 
Modus Karelmannine das Vorhandenſein eines Karlmanusliedes unzweifelhaft 
machen. BZunähft wurde die Melodie eines folden zu einer Sequenz auf St. Paulus 
benugt. Die Ueberfhrift dieſer Paulus-Sequenz heißt: »De sanctissimo Paulo 
apostolo ac gentium doctore in commemorationem ejusdem sequenzia. Liddy 
(dv. 5. Lied) Karlomannici.e Das Gedicht beginnt: Concurrite huc, populi 
te e insule mentibus et promptulis magistro gentium assitatis. .. [Cod. S. Gall 
Nr. 546; daher vollftändig bei Müllenhoff, Denkm. 309, 

Wiederum wurde vom Dekan Edeharbt IV. zu St. Gallen (+ 978) eine lat. 
Meberjegung des de utſchen Karlmannslieves das er lidius, Charlomannicus nennt, 
veranftaltet von dem eben nur die Anfangworte erhalten find, welche merkfwürbiger- 
weile mit Str. 19 der Paulusjequenz übereinftimmen und (nah Müllenhoff 310) 
beißen: Mole ut vincendi ipse quoque opponam. 

Berfhieden von dieſer Paulusfequenz ift eine zweite Benugung der Karlmanne- 
melodie: es ift ebenfalls eine lat. Sequenz geiftl. Inhalts mit der Ueberſchrift 
Modus qui et Carelmanninc. Sie ift aus der Wolfenbüttler Gegend (Cod, 
Aug. 56:16) vollftändig mitgeth. bei Miüllenhoff, Denkm. 26. Es find 70 Zeilen 
mit ungleihen Abfägen. Der erfte beginnt: 


Qui, celo scandens, soli regna 
visitavit, redempturus hominem... .» 


Mit dem Modus Carelmannine ift jedenfalld eine Melodie zu einem verlorenen Gedichte auf 
Karlmann bezeichnet. Welcher Karlmann ift hier gemeint? Nicht darf man an den Bruder Karld 
des Gr. denken (weil die Sequenzform noch nicht jo alt ift), fondern an den Sohn Ludwigs des 
Deutfhen, der 876880 König über Baiern und die öſtl. Grenzmarken war. Sein Zug nad 
Italien gegen feinen Obeim Karl den Kablen, der auf die Nahriht von Karlmannd Raben in 
fhimpfliher Flucht Pavia verlieh, oder aus früherer Zeit die Empörung gegen feinen Vater, ind- 
befondere fein beimliches Entweidhen 864 und die Verföhnung 865 boten gewiß einen — 
Stoff für ein Gedicht, von dem die Form jept zu einem geiſtl. Lobliede auf die Erlöfung der 
Welt benugt wurde. 





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6 


223. Bas Ottolied 


ift ein Gedicht auf die zweite Verſöhnung des Kaiſers Otto I. mit feinem meutrifhen 
Bruder Herzog Heinrih, 941. 


Der lateinifchedeutfhe Tert aus einer Cambrivger Handſchr. ift vollftändig ger 
drudt bei Eccard, Veter. monum. Lpz. 1720, bei Hoffmann, Fundgruben I, 340 
nad Wadernagels Herftellung; daher bei Soltau, hiſt. BL. 15ff. 9. Grimm, lat. 
Gedichte. Müllenhoff, Dentmale S. 25. Er begimt: 


Nunc almus assis flllus thero ewigero thiernum 
benignus fautor mihi, thaz ig iz coson muozi 

de quodam duce, themo herin Heinriche, 

qui cum dignitate thero beiaro riche bewaroda. .. . 


Den Inhalt hat Ubland (I, 474) fo erzählt: „Zum Kaifer Dito tritt ein Bote und ruft ibn 
auf: „Was figeft, Otto, unfer guter Kaiſer? Hier ift Heinrich, dein Fünftiger Bruder!“ Da fteht 
Dtto auf und gebt ihm entgegen mit manchem Mann und empfängt ibn mit großen Ehren. „Will: 
fommen Gott und mir!” ſpricht der Kaifer, „ihr Heinriche, ihr beiden Gleichnamigen und eure 
Gefährten!“ Nachdem Heinrich den Gruß erwidert, faffen fie einander bei der Sand und Dito 
ührt ihn in das Gotteshaus, wo fie Gottes Gnade anrufen. Nach vollbrachtem Gebet führt ihn 

tto in ben Rath mit gie Ehren und überträgt ihm, was er da hatte, außer dem Königerechte, 
das auch Heinrich nicht begehrt. Da ftand alle Berbandlung unter dem treuen Heinrih. Was 
Otto that, das rietb alles Heinrih und was er lieh, lieh auch Heinrih. Da war Heiner, dem 
nicht Heinrich fein volles Recht gethan hätte.“ — . 

Diefes fonderbare in Mifhdictung abgefaßte Stüd gehört der Hofporfie an und rührt fidht- 
lih von einem Geiftlihen auf Heinrichs Seite her; denn dieſer ift durchweg in das bellfte Licht 
geftellt und der Eingang kündigt ihn, den Baiernherzog, ald ben Gefeierten an. In den Schluf- 
zeifen beruft fih der Derf. auf fein urfundlihes Wiſſen. — 

Der Sprache nad) ift das Ditolied das ältefte Beifpiel der lateiniſch-deutſchen Mifhdichtung, 
jener gelehrten Spielerei, Deutſch mit Latein zu verbinden, davon Hoffmann ein ganzes Büchlein 
mit dem Zitel »in dulei jubilo« 1861 herausgegeben bat. 

Seiner Form nad ıft dies Mifchgedicht ein Peich, weil ohne gleichen Stropbenbau und ohne 
regelmäßigen Rhythmus. 


224. Modus Ottinc (10. Iahrh.). 







Mag-nus Cae - sar Ot-to, quem hie mo -dus re - fert 


a —— 
nn U ER 
— U — EEE" BEE 





in no-mi- ne ÖOt-tine die-tus, qua-dam noc - te mem-bra su - a 


a ner 
DD —— —————— BEmSeEraE WE IREEEN [NEEEREGEEr EREAOENEN WEHEN —— 
> — — — —— = 


dum collo -cat, Pa-la-ti-umca-su su-bi-to in- fam-ma - tur. 


1. Magnus Caesar Otto, quem hic modus refert in nomine 
Ottine dietus, quadam nocte membra sua dum collocat, 
Palatio (l. Palatium) casu subito inflammatur. 
2. Stant ministri, tremunt, timent dormientem attingere 
Et chordarum pulsu facto exeitatum salvificant, 
Et domini nomen carmini imponebant. (13 Str.) 





7 


Lateinifched Gedicht des 10, Jahrh. mit diefer Ueberfchrift in der Wolfenbütteler Handſchrift, 
Aug. 56, 16. Bl., 62. — Der Zert über den erften drei Zeilen bat feine mit Neumen notirte 
Eingweife. Dad Facfimile bei E. de Couffemafer, Hist. de ’harmonie au moyen Age, Parid 1857, 
Dort unter Monuments, planche VIII und die Uebertragung in Noten daf., Nr. 11 der Traductions. 
— Der Tert allein ift in Deutfchland wiederholt gebrudt worden, fo bei Ebert, Mittheilungen, 
©. 851; Soltau, bift. DL,, 22; Müllenboff, Denkmäler, ©. 31. — 

Das lateinifche Gedicht handelt von den 3 Dttonen, befonders Ottos L Sieg über die Ungarn 955, 
Die Einleitung erzählt: „Der große Kaifer Dtto, nad) welchem diefer Modus feinen Namen führt, 
liegt Nachts Öplatend in feinem Palafte, ald unverfebens Feuer ausbricht. Seine Diener ftehn 
zittend und wagen nicht, den Schlummernden zu weden, Da verfallen fie auf die Auskunft: ihn 
mit Saitenflang zu weden und mit einem Liede zu begrüßen, dem fie dann den Namen des Herm 
beilegen.” — Das wäre die Entſtehungsgeſchichte des Modus Ottino. Der mweiterfolgende Tateinifche 
Zert ift nur äußerlih angereibt. Es hat — wie diefe Einleitung Far zeigt — ſchon eine Ging- 
weife gegeben, die dem großen Dtto zu Ehren Modus Ottine benannt wurde und auf diefe Strophen« 
form wurde die bier vorliegende —— gefertigt. Auch Uhland (Schriften I, 475) fagt: Es ift 
nicht zu zweifeln, daß der Tonmweife (Modus Ottine) flatt eines deutfchen Liedes, dem fie an- 
aehörte, die lateinische Profa untergelegt wurde. 

„Das Gedicht hier gehört mit dem Modus Liebinc zu jener vollendeten Gattung von Sequenzen, 
darin Wort⸗ und Berdbetonung zufammenfallen. Man leſe das Gedicht nah den Accenten obne 
Elifion, und wer das unbefangen thut, wird finden, daß die rhythmiſche Mebereinftimmung je 
zweier Zeilen fein Zufall iſt“ (Uhland). Das beftätigt auch die entzifferte Singweife. 

Was der urjprünglihe Inhalt des deutichen Ditoliedes war, ift nicht ermittelt. — In 
einem volfdmäßigen Minneliede Friedrich des Knechts (Manefje II, 117%, 5) findet man folgenden 
Kebrreim, der mit dem fonftigen Inhalte dort nichts zu thun hat: 


Hei gramer Otte, hei June Otte, grawer Dite! 
Nu pflege din got! is ftolz, grawer Dtte! 


„Sollte vielleicht“ — fragt Uhland — hierin noch ein Ueberreft jenes alten Wedgefanges 
vorhanden fein? 


225. Gefang auf die Schlacht bei Fontanet (8A). 


en — ee 
——— 
WE sm CH VV 
MER. \2 7 AU —— ZEEE AE Fa EIN 





— 
gau - dt de - mon im-pi - us 


Das ift der urkundlich älteſte Ueberreft weltliher Muſik des Abendlandes. 
Es ift ein lat. Gedicht anf die Dreibrüderſchlacht zwiſchen Carl, Ludwig und Lothar) 
bei Yontenay in Burgund am 25. Juni 841. — Das Driginal mit feiner in 
Neumen notirten Singweife befindet fich in der Nationalbibliothef zu Paris, ME, 1154. 
Das Facfimile ift mitgetheilt in Fetis, Biographie universelle des musiciens 
I. Einleitung. Auch bei €. de Eouffemafer, Hist. de l’harmonie au moyen äge. 
Paris 1852. Mon. Tafel 1. 





8 


Beide Herren haben eine abweichende Entzifferung beigefügt. Ich gebe Die von 
Touffemafer. Der Tert ift daſelbſt vollftändig und auch fonft mehrfach geprudt, 
j. B. bei Grimm, altv. Wälder II, 31. Das Gedicht Bat 13 Strophen, jede in 
3 Langzeilen oder 6 Halbzeilen. Die Ueberſchrift heißt: Versus de bella quae fuit 
acta Fontaneto, autore, ut videtur Angelbert. Demnah war der Berfafler 
Angelbert, wahrfheinlih ein fränkiſcher Geiftliher, der dieſer Schlacht felbft beiwohnte. 


Die Profar-leberfegung der Anfangäftrophe wird fo lauten: „Der Morgen, mit feinem erften 
Grauen die Nacht zertheilend, ift fein gottfeliger Ruhetag (der Schlachttag war ein Sonntage- 
morgen) gewefen, fondern ein faturnifcher Betrug, ein Lärmtag. Ueber den gebrochenen brüderlichen 
Frieden jubelt ſchadenfroh der Dämon.“ 


226. Gefang des gefangenen Sachſen Gottfcyale (9. Iahrh.). 





1.0! quid jubes, pusiole ? 2. Magis mihi miferale! 
Quare mandas, filiole? Flere libet puerale 
Carmen dulce me cantare Plus plorare, quam cantare 
Cum sim longe exulvalde Carmen tale, jubes quare; 
Intra mare! Amor care, 
Ol cur jubes canere? O! cur jubes canere? (10 Str.) 


Ueberjegung: 


[1. DO! was du, liebes Kind? Warum befichlft du mir, lieber Knabe, daß ich ein 

angenehmes Lied finge? Schen fo lange verbannt übers Meer, wie kannſt du erwarten, daß ich 
nge? — 2, Ich Urmer! Thränen und Klagen ſchicken fich beffer für mich ald Gefang. XTheurer 
reund! wie fannft du verlangen, daß ich finge?) 


Das Driginal dieſes Be Pac fih in der Nationalbibl. zu Paris, Ms. 1154. 
Facfimile der Mel, mitgetheilt bei &, de Couffemafer, Hist. de l’'harmonie, Taf. 3 der Monus 
mente. Bollftändiger lat. Text daſ. ©. 93: die zwei erften aud) bei Forkel, Gef. der Mufit, IL, 222. 
Die Entzifferung der Melodie ift von Gouffemater. 

Gottfhalf, ein geborener Seh und berühmter Geiftlicher, hatte mit dem gelehrten und 
mädtigen Abt von Fulda, Rhabanus Maurus, fid entzweit und war 848 vwermeinter Irrlehren 
halber zu ewiger Gefangenfhaft in einem franz. Klofter verurtheilt, wo er im Jahr 868 ftarb. 
Ein Gejelfhafter in feiner Verbannung bittet ihn um ein angenehmes Lied. Gottſchalk dichtete 
bierauf vorftehende Elegie. 








227. Lied eines fähfifchen Prinzen, 


der nad einer unglüdlihen Schlacht den Prieftern fi zum Opfer geben mußte. 
(10. Jahrh.) 


‚Sol ih num in Gottesfronden (Priefter) Hände 
In meinen allerbeften Tagen 

Gegeben werben und fterben jo elenve? 
Das muß ich wohl Magen, 

Wenn mir das Glüde füget hätte 
Des Streitd ein gutes Ende, 

Dürft ich nicht leiften diefe Wette (Strafe), 
Negen mit Blut die hieri (heiligen) Wände.” 


Mitgetbeilt von Herder (Bolfel., 1778, L, Einl. ©. 15). Angeblich nad) Meibom. rer. 
Germ. Tom. III. Beim Nabfuchen in diefem dien Folianten auf der K. Bibl. zu Dresden konnte 
ich weder deutſche, mod lateinifhe Berfe finden. Auffallend, daß feit 100 Jahren fonft kein 
Litterarbiftoriter diejed Liedes erwähnt und feiner der Heraudgeber von Herder's Werten die Quelle 
aufgefuht bat. Selbftredend kann der Tert nur die moderne Ueberfegung eines ältern Gedichtes 
fein, deflen Fundort, von Herder falſch citirt, wir bis heute nicht kennen, 


228. Geißlergefang beim Aufzuge (1349). 


Die große Geifelfahrt: Da man zählte 1349, vierzehn Tage nad) Gt. Johannstag, 
da famen gen Straßburg wol 200 Geißler, die hatten Leben und Weiſe an ſich, als ich hier ein 
Theil befchreibe. Zum erften, fie hatten bie foftbarften Bahnen von Sammettühern, raub und 
glatt, und von Baldahin, die beften die man haben mochte; derer hatten fie vielleicht zehn oder 
acht oder ſechs und vielleicht eben fo manche Kerzen, die trug man ihnen vor, wo fie in die Städte 
oder Dörfer gingen, und ftürmte mit allen Gloden ihnen entgegen, und gingen den Fahnen nadı 
je ziween und zween mit einander und hatten alle Mäntel an und Hütlein auf mit rotben Kreuzen, 
und fangen zween oder vier einen Leid vor und fangen ihn die anderen nad. Der Leid war alfo: 





Nu ist die be - te - vart sö hör, Crist reit sel-ber gen Je- 





ru -sa-lem, er vuert ein krüze an -ner hant: nu hel-fe uns der 


FF — —— 


hei - lant. Ky-ri - o - leis! 





1. Nu ift die Betefahrt jo hehr, 2. Nu ift die Betefahrt jo gut, 
Ehrift reit jelber gen Jeruſalem, Hilf uns Herr durd dein heilig Blut, 
Er führt ein Kreuz in feiner Hand: Das du am Preuz vergoflen haft, 
Nu helfe uns ver Heiland, Und uns in dem Elend glaflen haft. 


Kyrioleis ! Kyrioleis! 





10 


3. Nu ift die Straße alfo breit 4. Wir foln die Buße auf uns nehmen 
Die uns zu unfern lieben Frauen treit, Daß wir Gott defto bas gezemen, 
In unfrer lieben Frauen Land. Aldort in feines Vaters Reid: 

Nu helfe uns der Heiland. Daß bitten wir dich alle glei. 
Kyrioleis! Kyrioleis! 


Tert mit Einleitung nad der Straßburger Ehronik von Fritſche Closner zum 
Jahr 1349. (Urkundl, Abdr. Wadernagel, KL. IL, Nr. 504; in moderner Schreibung 
bei Hoffmann, Geſch. d. d. Kirchenliedes S. 134 ff, Mit einigen Silben anvers in 
der fpäteren, durch Jakob Twinger von Königshofen fortgefegten Straßburger Chronik. 
Erfte Strophe aud in der Limburger Chronik. — Die Melodie fand W, Bäumker 
(Kath. KL. IL, Nr. 183) in „vie geiftlihe Nachtigall" Erfurt 1666, zu einem Wall- 
fahrtsliede, das nur eine Variante des alten Geißlertertes ift und jo beginnt: 


Nu ift die Himmelfahrt alfo heilig, 
Chriſt reit jelber gen Jerufalem; 

Gr fuhrt ein Kreuz in feiner Hand, 
Nu belfe und der Heiland, Kyrioleis, 


q 1,1 Bettevart, Betefart, Bittfabrt. 1,2 reit, alte Form für ritt. 2, 4 Ellend, Fremde; 
bier: Jammer. 3,2 treit, trägt. 4,2 bad gezemen, beffer gefallen. — Zwei Schlußzeilen, die 
feine Strophe bilden und füglich oben wegbleiben konnten, lauten: So bitten wir den heiligen 
Ehrift, der alle derwelte gewaltig. ift. 


Der Straßburger Ehronift berichtet weiter vom Gefang in der Kirche: „Wenn fie in die 
Kirche kamen, fo knieten fie nieder und fangen: 


Jeſus wart gelobt mit gallen, 
des fullen wir an ein crüge vallen. 


Bei dem Worte fielen fie alle freugweife auf die Erde, jo daß ed klapperte. Wenn fie eine 
Weile alfo lagen, fo hub ihr Vorfänger an und fang: 


Nu bebent Af die ümere hende, 
daz got dig gröze fterben wende! 
Nu bebent uf ümere arme, 

daz ſich got über und erbarme!*] 


Dann ftanden fie auf. Das thaten fie dreimal, Wenn fie zum dritten Male aufftanden, 
fo luden die Leute die Brüder, eins lub zwanzig, eind zwölf ober zehn, jegliches nad feinen Ber» 
hältmiffen, und führten fie heim und boten es ihnen wohl (bewirtheten fie gut). 


* Die 2 legten Zeilen ergänzt durd; Königshoſen. So fteht die ganze Strophe auch in der 
Limburger Chronik und in der ee (Hoffmann, S. 142 u. 149). 


229. Gefänge der Geißler bei ihren Bugübungen. 


Nun war dies ihre Regel: Wer in die Brüderſchaft wollte und an die Buße treten, 
der mußte 34 Tage drinnen fein und bleiben und darum fo mußte er haben alfo viel Pfennige, 
daß ihm alle Tage 4 Pfennige zufamen, fo lange er in der Buße war, bad waren 11 Schillinge 
und 4 Pfennige, darum durften fie niemand anfprechen, noch fordern, no in ein Haus kommen, 
wenn fie zum erften Dale in eine Stadt oder ein Dorf famen, man lüde fie dann und führte fie 
ohne ihre rg drein, danach mochten fie wohl in die Häufer geben, während fie in der Stadt 
waren, Sie durften auch mit keiner rau reden. Wer aber das brach, daß er mit einer Frau 
redete, der fniete vor ihren Meifter und beichtete es ihm, fo fepte ibm der Meifter eine Buße und 
ſchlug ihn mit der Geigel auf den Rüden und ſprach: 


„Stand uf durch reinen martel Ere 
und hüete dich dor den fünden merc!“ 


— (m — — — —E 


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11 


Sie hatten g ein Gefege, daß fie Pfaffen mochten unter fi haben, aber feiner von ihnen 
follte Meifter unter ihnen fein, noch an ihren heimlichen Rath gehn. — Wenn fie nun wollten 
büßen, alfo nannten fie das Geißeln, das war mindeftend zweimal des Tages, früh und fpat, jo 
sogen fie in das Feld hinaus, und läutete man die Gloden und fammelten * und gingen je — 
und zween, ihren Reich ſingend, alſo vorher geſagt ift: und wenn fie kamen an die Geißelſtatt, 
fo zogen fie ih aus barfuß bis auf die Beinkleider, und thaten Kittel oder andere weiße Tücher 
um fi, die reichten von dem Gürtel bis auf die Füße und wenn fie wollten anfangen zu büßen, 
fo legien fie fih mieder in einen weiten Kreis, und wie jeglicher gefündigt hatte, darnach legte er 
fih: war er ein meineidiger Böfewicht, fo legte er fid auf eine Seite und redt feine drei Finger 
über dad Haupt hervor; war er ein Ehebrecher, fo legte er fih auf den Bauch. So legten fie ſich 
in manderlei Weife nah manderlei Sünde, die fie gethan hatten; dabei erfannte man wol, was 
Sünde jeglicher won ihmen begangen hatte. Wenn fie fi fo hatten gelegt, fo fing ihr Meifter an, 
wo er wollte und fchritt über einen und berührte den mit feiner Geißel auf den dei und fpradh: 


Stand uf durch der reinen martel ere 
und hüete dich vor den fünden mere! 


So f&ritt er über fie alle, und über welchen er fchritt, der ftand auf und ſchritt dem Meifter 
nad über die vor ihm lagen. Wenn ihrer zwei über den dritten fehritten, der fland dann auf und 
fchritt mit ihnen über den vierten, und der vierte über den fünften vor ihm. So thaten fie'd dem 
Meifter nad mit der Geifel und mit den Worten, bis daß alle aufgeftanden und über einander 
fhritten. Wenn fie auf diefe Weife waren aufgeftanden zu einem le fo ftellten ſich ihrer 
etwelche bin, die die beften Sänger waren und fingen einen Leis an zu fingen. Den fangen die 
Brüder nah, fo wie man zum Tanzen noch finget*. Unterdeffen gingen die Brüder um den 
Kreis je zween umd zween und geißelten fih mit Geißeln und Riemen, die hatten Anöpfe vornen, 
darein waren Nadeln ee und fchlugen fich über ihre Rüden, daß mancher fehr blutete. Nun 
ift der Leis oder Leid, den fie fangen: 


A. 

1. Nu tretent herzu die büßen wöllen, 4., Sünder, womit wilt du mir lohnen? 
Fliehen wir die heißen Höllen! Drie Nagel und ein dörnen Kronen, 
Lucifer ift eine böfe Gejelle, Das Krüze fron, eins Speres Stich, 
Sin Mut ift, wie er uns verfälle, Sünder, das litt id all durch Dich: 

Wande er hatte das Pech zerton, Was wilt du leiden nu durch mich?‘ 


Des füllen wir von Sünden gon. 


2. Der unfere Buße wölle pflegen, 


Der foll bichten und widerwegen 5.&o rufen wir us Iutem Tone: 


f Unfern Dienft gan wir dir zu lohne, 
Der bichte rechte, la Sünde fahrn s . 
So ſich — über ihn I Durd dich vergießen wir unfer Blut, 
Der bichte rechte, Ia Sünde reuen Das fei und für die Sünde gut‘ 


i ieber Herre Gott! 
So will ſich Gott ſelber ihm erneuen. Des hilf uns, lie 
d. 
3. Jeſus Chriſt der ward gefangen, Des bitten wir dich durch dinen To 


An ein Krüze ward er erhangen, 

Das Krüze warb von Blute rot, 6. Ihr Lügner, ihr Meinfweräre! 

Wir Hagen Gotts Martel und finen Tod; Dem hoheſten Gott fint ihr unmäre; 
Durch Gott vergießen wir unfer Blut Ihr bichtent feine Sünde gar 


Daß fie ung für die Sünde gut! Des müßent ihr in die Hölle dar 
Des hilf uns, lieber Herr Gott! Davor behüt uns, Herre Gott! 
Des bitten wir dich durch dinen Ted. Das biten wir dich durch dinen Tod, 

B. 


Nun fanden fie alle auf und gingen um den Kreis und geifelten fi, mie fie zuvor hatten 
getban und fangen alfo: 


1. Marta ftund in großen Nöten, Das la dir Sünder wefen leid. 
Da fie ihr liebes Kind fach töten, Des hilf uns, lieber Herre Gott, 
Ein Swert ihr durd die Seele fneit: Das bitten wir dich durch dinen Tor. 


sun 





2. Jeſus rief im Himmelreiche 

Sinen Engeln alle geliche, 

Er fprad zu ihn’ viel ſendelichen: 

Die Chriftenheit will mir entwichen, 

Des will id Ian die Welt zergähn: 

Des wiſſent fiher ohne Wahn! 
Davor behüt uns, Herre Gott, 
Des bitten wir did) durd) dinen Tod. 


. Maria bat ihren Sohn den ſüßen: 
Liebes Kind, Ia fie dir büßen, 

So will id ſchicken, daß fie müſſen 
Bekehren fih. Das bitt ich Dich, 
Biel liebes Kind, das gewähr du mid! 


Des bitten wir Sünder aud) alle gelich. 


4. Welich Frou oder Man ihr Eh nu breden, 


Das will Gott felber an fie räden. 
Smwebel, Beh und auch die Gallen 
Gießet der Tüfel im fie alle: 
Fürwahr fie find des Tüfeld Bot. 
Davor behüt uns, Herre Gott, 
Des bitten wir dich durch dinen Tod! 


5. Ihr Morbere, ihr Straßenroubäre 


Üd ift die Rede en Theil zu ſwäre. 
Ihr wellent üd über niemand erbarm': 
Des müßt ihr in die Hölle fahrn. 
Davor behüt uns Herre Gott, 
Des bitten wir dich durch dinen Tod! 


C. 

Nun Mnieten fie und fielen dann nieder und fangen, und ftanden dann wieder auf und be» 
nabmen fich, wie vorher von dem Gange an „Jefus der wart gelabt mit gallen“ bis an den San 
„Maria ftund in grogen nöten“. Go fanden fie dann abermals auf und fangen dieſen Leis r 
geißelnd: 


1.D ihr armen Wucheräre, 3. Der den Fritag nit enfaftet 


Dem lieben Gott fint ihr unmäre. 
Du lieheft ein Mark all um ein Pfund, 
Daß ziehft did in der Hölle Grund; 
Des bift du immermehr verlorn 
Dazu fo bringt dich Gottes Zom, 
Davor behüt ung, Herr Gott, 
Des bitten wir dich durch dinen Tod! 


2, Die Erde bivemet, e8 kliebent die Steine, 


Ihr harten Herzen ihr fullent weinen, 
Weinent Taugen mit den Augen, 
Slahend ud fehre durch Chriſtus Ehre! 


Und den Sunntag nit enraftet, 
Zwär der muß in der Hölle Pin 
Ewiglich verloren fin. 
Davor behüt uns, Herre Gott, 
Des bitten wir Di durch dinen Tod! 


4. Die Eh die ift ein reines Leben, 


Die hatt Gott felber uns gegeben, 
Ich rath Frauen und ihr Mannen, 
Daß ihr die Hochfahrt laft von dannen; 
Durd Gott fo lernt die Hochfahrt fahr'n, 
So will fih Gott über und erbarmen. 


Des hilf uns, lieber Herre Gott, 


Dur ihn vergießen wir unfer Blut 
Des bitten wir dich durch dinen Tod! 


Das fi uns für die Sünde gut. 
Des hilf uns, lieber Herre Gott, 
Des bitten wir dich Durch dinen Tod! 


Nun fnieten fie abermals und fielen nieder und fangen, und fanden dann wieder auf und 
benahmen ſich wie vorher von dem Sange an „Jeſus der wart gelabt mitgallen“, bis an 
den Sang „Maria ftunt in großen nöten“ Auf diefe Weife war dad Sethein vorbei. So 
legten fie fih dann nieder, wie fie hatten gethan als fie anfingen, und fohritten über einander und 
biegen einander aufftchn wie zuvor und gingen dann an den Kreis und thaten (kleideten) fich wieder 
an. Während fie fih dann aud- und anthaten, fo gingen brave Männer umber und begehrten an 
dem Kreife von den Leuten, daß fie den Brüdern beifteuerten zu Kerzen und Fahnen: auf die 


MWeife ward ihnen viel Geld. Wenn fie died alles getban hatten und wieder angelleidet waren, 
fo trat einer von ihnen, der ein Laie war und lefen konnte, auf einen Berdhfried (Warte) und las 
ihnen nadhftebenden Brief vor. (Diefen Brief, der geischeler bredie, giebt Gloöner). 

Wenn der gelefen war, fo zogen fie wieder in die Stadt ziween und zween ihren Fahnen 
und ihren Kerzen nad, und fangen den erften Leich: „Nu ift die betevart fo here“ und läutete man 
die großen Gloden ihnen entgegen, und wenn fie in den Münfter famen, fo fielen fie kreuzeweis 
nieder dreimal wie vorher bejchrieben ift. Wenn fie aufgeftanden, fo gingen fie in ihre Herbergen 





13 


oder wohin fie wollten. Man will wiffen, daß die erfte Brüderfhaft, die nah Straßburg kam, 

die famen eined Morgend auf Mepgeraue und geißelten fi da, danach gingen fie erft in die Stadt, 

Aber die Brüderfhaft, die danach herfamen, die gingen gemeiniglich alle die Weife, die da vorher 

ger ftebt; doch hatten etliche mandyerlei andere Leiche während fie einzogen, aber zu der 
uße bielten fie alle denfelben Leid. — 

So weit der Bericht in Elodner’d ee Chronik, dort natürlich in alter Schreibun 
Driginalabdr. bei Wackernagel, Kirchenlied 1841, ©. 607 ff, Kritifcher Tert bei Hoffmann, Geſch. 
d. Kirchenlieded, S. 136—141. Bei Uhland Nr. 311, ohne verbindenden Chronitenbericht, alle 
3 Lieder zufammengezogen. 


T A. 1,4 verfallen, zerfällen, vernichten. 1, 5 wande, denn; zerlan, zerlaffen, fiedend 
maden. 2,2 bichten, beichten; mwiderwegen, umlehren, Buße tbun. 2,3 la, laß. 3, 4 Gottd 
Martel, Jefu Marter. 5,1 gän, geben. 6,1 Meinfweräre, Meineidig. 6,2 fint, feid; 
unmäre, unwerth. B. 1, 4 weſen, ar 2,6 ohne Wahn, obne Hoffnung. 5, 1 Mordere, 
Mörder. C. 1, 1 Wucherer in heutiger Sprache. 1, 2 fint, feid; unmäre, unwerth, zuwider. 
2, 1 bidemet, erbebt; lieben, fpalten. 2,3 Taugen, Tüchtigkeit, fittliche Kraft. 2,4 flahent, 
fchlaget, geißelt euch. 3,1 enfaften und enraften, doppelte Negation durd en und durch nit. 


» Aus obiger Stelle bei Closner haben wir nicht (mit W. Wadernagel) zu folgen: daß 
die Geißler ihren Leid nad einer welt. Tanzweife abfangen: es ift blos auf die Art ded Bor- 
und Rachſingens, wie ſolches beim Tanze geſchah, —— 





230. Eppele von Gailingen. 1381. 


1. Es war ein frifch freier Reuterdmann, :]: 
Der Eppele von Geilingen ift ers genannt. :]: 


2. Er reit zu Nürnberg aus und ein; 
Er war der von Nürnberg ihr abgefagter Feind, 
3. Er reit gen Nürnberg für eines Schmiedes Haus 
‚Hör lieber Schmid, tritt zu mir heraus! 
4.Hör, lieber Schmid, nu laß dir fagen: 
Du folft mir meim Roß vier Eifen aufſchlagen. 
5. Beihlags mir wohl, beſchlags mir eben! 
Ich will dir ein guten Lohn drum geben. ‘ 
6. Da greif er in die Taſchen fein, 
Gab ihm viel der golden Gülden fein. 
7., Schmid, du folt nit viel davon fagen! 
Deine Herren müſſen mir wohl bezahlen! ‘ 
8, Er reit wohl für das Wechſelhaus. 
Er nahm ihn’ ihr filbernes Vogelhaus. 
9, Er reit wohl auf den Geieräberg, 
Und madt ihn ihr Vogelhaus leer. 
10. Sie ſchickten ihm ein Boten nad: 
Do Epple wollt liegen die Nacht? 
11.,Hör, lieber Bot, fo ih dich muß fragen: 
Was hörft du von dem Epple fagen? 
12. Das magft wohl für ein Wahrheit jehen: 
Du habft ihn mit dein Augen gejehen. ‘ 
13. Da reit er unter das Frauenthor, 
Da bieng ein Paar Keiterftiefel vor. 





14 


14. , Thorwächter, lieber Thorwächter mein, 
Wes mag died Paar Keiterftiefel fein?“ 

15. „Site find eins freien Reitersmann, 
Epple von Gailingen ift er genannt.“ 


16. Er nahm die Stiefel auf fein Gaul, 

Und ſchlugs dem Thorwädter um das Maul. 
17., Sieh hin, Thorwädter, da haft du dein Lohn, 
Das zeig deinen Herren von Nürnberg an. ‘ 

18. Der Thorwädter was ein bhender Mann, 
Sagts feinen Herr'n und der Gemeinde an, 
19, Sie ſchicken fiebenzig Reiter ohn Gefähr, 
Wo der Epple hinkommen wär? 
20,, Sölpner, eur Gefangner will ich nit fein, 
Eur find fiebzig, ih nur allein, ‘ 
21. Sie trieben ihn auf einen hohen Stein, 
Der Epple von Gailingen fprang in den Main. 
22., Ihr Sölpner, ihr fetd nit Ehren werth! 
Eur feiner hat ein gut Reiterpferd.“ 
23. Wie bald er fih auf ven Sattel ſchwang! 
Und z0g ihm (fich) felbit das Paar Stiefel an. 
24. Da reit er Über ein Auen, was grün. 
Degegnet ihm ein Kaufmann, der deucht ſich kühn. 
25.,Hör lieber Kaufmann, und laß dir fagen: 
Wir wölln einander um die Taſche fchlagen.‘ 


26. Der Kaufmann was ein bhender Mann, 
Er gurt dem Epple fein Taſchen an. 
27. Des Kaufmanns er gar wol vernahm, 
Ein Bäuerin ihm auf den Straßen bekam. 
28, Die Bäurin fragt er auf der Stätt: 
Was man vom Epple fagen thät? 
29. Die Bäuerin ihm ein Antwort gab: 
Der Epple wär ein naſſer Knab. 
30., So fag mir, liebe Bäurin ſchon, 
Was bat dir der Epple Leids gethan?“ 
31, Epple von Gailingen fi bald bedacht, 
Wie bald er da ein Feuer aufmacht! 
32. Er nahm das Schmalz und macht e8 warm, 
Stieß ihr die Hand drein bis an die Arm. 
33.,Seh hin! da Haft du den rechten Lohn, 
Und fag, der Epple hab dirs gethan!“‘ 


34, Er jchidt fein Knecht gen Fernbach hinab, 
Man follt ihm bereiten ein gutes Mahl. 





15 


35. Da fam der Epple von Oailingen ein, 
Da bot ihm der Wirth einen kühlen Wein. 


36. Der Epple Iugt zum Fenſter hinaus, 
Da jhub man ihm viel Wägen fürs Haus. 


37. ‚Lieber Wirth, thu mir die Thüren auf, 
Und laß mid fprengen über aus!‘ 


38, Da ſprengt er über acht Wagen aus, 
Am neunten gab er den Gibel auf, 


39.,So liegt mein Mutter am Rhein, ift tobt, 
Darum muß ich leiden große Noth.“ 


40. Da zog er aus fein gutes Schwert, 
Erſtach damit fein reiſig Pferd. 


41, ,,,Epple, hättft du das nit gethon 
Dein Leben wollten wir dir Ion.‘ 


42. Den Epple von Oailingen nahmens an, 
Braten gen Nürnberg den gefangnen Mann. 


43, Und führten ihn auf den Rabenftein, 
Man legt ihn den Kopf zwiſchen die Bein. 


Tert nad zwei Augsburger Druden des 16. Jahrh. bei Uhland Nr. 135 und 
Lil. 28. Dort die Quellen verzeihnet. Nah einem Nürnberger Drude im 
Wunderhorn 4, 23. Auch niederveutfhe Terte gabs im 16. Jahrh. (f. Walther 
Annalen I, 248), 


Das Lied, wahrſcheinlich erft im 16. Jahrb. abgefaßt, war durd fl. BI. im 16. Jahrh. ſehr 
verbreitet und noch 1610 zu Bafel gedrudt: „In feiner eigenen Melodey“. — Die bier berichtete 
Thatſache fällt aber ind 14. Jahrh. und fpielt in Mittelfranfen. Apollonius (Epple) von Gailingen, 
ein verwegner Raubritter, war berüchtigt und Rürmbergs unverföhnlider Feind. Endlid wird er 
gefangen genommen und zu Neumarkt in der Oberpfals 1381 durchs Rad vom Leben zum Tode 
gebracht im Alter von 70 Jahren. — Näheres bei ©. 6. Waldau, Bermifchte Beiträge zur Geſch. 
an Nümb., 1786, S. 209; bei Uhland, Schriften, 4, 163 und Liliencron, hin. Boltäl,, 

„Bon Serm Appeln von Bellingen werden manderley Hiftorien gelagt vnd geſungen ... 
Schüttenſame iſt auch ein folder Gaſt“ — bemerkt Pfr. Wolf Bütner in feinem Epitome historiarum, 
1576, 31. 387. — Die Sage von Eppeln von Geilingen, welche ihn zu einem Zauberer gemacht 
bat, der mit feinem Zauberpferbe von einem Berge zum andern, von der Burg in Nürnberg bie 
in das Thal fpringen konnte, ift noch jet in Nürnberg nicht erlofchen (f. Grimm, deutſche Sagen, 
Nr. 129). Neben diefem mythiſchen 5 von der Nürnberger Stadtmauer iſt noch der in den 
Main bei Würzburg berühmt. Sein Rößlein war ein Wunſchpferd und alſo die letzte Metamorphoſe 
des göttlichen Sleipnit (Schleifner) in der Edda. 


ST 1,1 Diefer Anfang uud noch andere Wendungen laffen erfennen, wie das Volkslied eine 
fihtlibe Neigung für den kecken Ritter hat. 1,2 Bailingen oder Gailenreuth, im Wieſenthal 
in Oberftanken; ers ftatt er es; letzteres pleonaftifche Silbe der Volksöſprache. 2 Trotzdem er 
mit Nümberg in offener Feindihaft lag, ritt er doch, auf fein fchnelles Roß und feine Reiters 
ewandtbeit bauend, in der Stadt ein und aus, lieh fogar dort fein Pferd befchlagen, um die 

ümberger zu verhöhnen. 6, 3 rotben Gülden neun (im Wodh.). 12,1 jeben, fagen. 13,2 
diefe meuen Reiterftiefel waren dem Raubritter abgebeutet und zum Spott im Thore aufgehängt 


worden. 16, 2 fchlugs, ſchlug fie; das s ift Anfchleifung des Borted fie; wir fennen blos noch 
die Silbe ed ald angefhleift 3. B. er's, ftatt er ed, oder gabs, gab es. 21,2 in den Main, 
angeblih bei Wurzburg. 22, 2 gut Reiterpferd bier fo viel ald ein Zauber» oder Wunfchpferd. 
26, 2 gurt, gürtete. 27,2 ihm auf der Straße befommen, foviel ald ibm entgegenfommen, 
begegnen; jo beißtd au im Wph.: ein Bäurin ihm entgegenfam. 29, 2 naffer Anab, Trunfen» 
bold, durftiger Bruder. 36,2 er fah das Haus mit Wagen verbarrifadiert. 38,2 er gab den 





Giebel auf = fein fefted Haus, fein Glück war aus, Deutlichere Ledart im Mph.: „Ueber dem 


neunten kehrt er das Unten auf”, d. b. er la 
das Gefühl gänzlicher Rettungslofigkeit bricht 


mit dem Rüden auf dem Boden. 39, 1 Durd 
rt Gedanke an feine länaft in der {Ferne begrabene 


Mutter fih Hindurhd. 40, 2 Er ftady fein edled Roß todt, weil ed ibm nicht zur Befreiung ver- 
holfen hat. 41, 2 fpottend gefagt: wär bein Ro noh am Leben, fönnteft du und wieder ent» 
gehen, nun aber haben wir did. 43, 2 ift Hiftorifch unrichtig: nicht mit dem Schwert, fondern 
mit dem Rad ward er hingerichtet und nicht in Nürnberg, fondern in Neumarft, 


231. Bie Schlacht bei Sempach (1386). 


— 


. Die niederlendſchen Herren 

Die zeugent ind Oberlanp, 

Went fie derjelben Reife pflegen, 
Sie fünt fih baß bewahren, 

Sie füllent Bicht verjehen, 

Bon handhaften Schwizern 

Iſt ihnen gar weh befchehen. 


2., Wo ift denn der Pfaffe, 
Der und nun bidten fol?‘ 
„Zu Schwiz ift ers gefehen, 
Er kann üch bichten mol, 
Er kann wol Büße geben: 
Mit ſcharpfen Hallenbarten 
Sp gibt man üd den Segen.” 


3., Das ift ein jharpfe Buße 
Herr pie domine! 
Die wir nun tragen müßen 
Das thut ung iemer weh; 
Wir müßtens iemer Hagen, 
Daß wir die berten Buße 
Bon Eidgnofien müßen tragen.“ 


4. Bon Lucern und Üre, 
[von Schwiz und Unterwalven] 
Biel meng güt Bivermann 
In Sembach vor den Walde, 
Do ihnen der Löw befam, 
Sie warent hochgemeit: 
‚Her, Löw! Wiltu hie fechten, 
Es ift dir umverfeit.” 


5. Do ſprach der Löw zum Stiere: 
„Du fügft mir eben recht, 
Ich han auf diefer Heide breit 
Guͤt Ritter und ouch Knecht, 
Ich will dichs wüßen lan, 
Daß du mir haft vor Zoupen 
Gar viel zu Leid getban, 


6. An dem Morgarten 


Da erfchlugt mir mengen Mann, 
Ich will e8 dir bie vergelten, 
Ob ichs gefügen kann. 

Sp rud har zuhar baf! 

Daß dich derfelbe Piaffe 

Bichte deſter baß.“ 


. Der Löw begonde zu rußen 


Und fhmuden finen Wadel 

Do fprad der Stier zum Löwe: 
„Wöl wird verfuhen aber? 

So tritt har zuhar ba! 

Daß diefe grüne Heide 

Bon Blute werde naf.“ 


8. Sie begonden zfammen tretten, 


Sie griffents fröhlich an, 

Bis daß der felbe Löwe 

Gar ſchier die Fluchte nahm; 
Er floh Hin bis an den Berg: 
„War wiltu? vier Löwe? 
Du bift nit Ehren werth. 


9. Wiltu mir bie entwichen 


Uf diefer Heide breit? 

Es ftat Dir lafterlichen 

Wo man ed von dir feit; 

Es ftat dir übel an: 

Du haft mir hie verlaßen 

Gar mengen ftolgen Mann. 


10, Dinen Harneſch guten 


Haft du mir hie verlan, 
Darzu Zehen Houptpanner, 
Sie ftedent uf diefem Plan; 
Es ift dir gar ein Schand, 
Ih han dirs angewunnen. 
Mit ritterliber Hand." — 





17 


11. Die von Mümpelgarten 13. Die von Bremgarten 
Und die von Ochſenſtein, Und die von Winterthur 
Man muß ihrn lange warten Und ander Landesherren 
Eb fie fomment heim: Den ward der Schimpf zu für; 
Sie find ze tod erſchlagen, Bon Brugg und oud von Baden: 
In Sempad vor dem Walde Ein Kuh mit ihrem Schwanze 
Liegent fie vergraben. Hat ihren viel erfchlagen. 
14. Ruh Bluͤmle ſprach zum Gtiere: 
12. Martin Malterer von Friburg „Ih muß dir iemer Hagen, 
Mit finem rufen Bart, Mid wollt ein ſchwäbſcher Herre 
Darzu die von Hafenburg ... . gemulfen haben. 
Hieltent uf der Fahrt, Ih ſchlüg ihn in den Graben] 
Und viel der Dettinger Ih ſchlüg ihn daß er lag, 
Und ander Pandesherren: Ich fhlüg ihn da noch mehre 
Den was die Reif zu fchwer. Daß ihm der Kopf derbrad.“ 


15, Nun ſprach der Stier zum Löwe: 
„Nun bin ich bei dir gemejen, 
Da haft mir did gebreuet 
Ih bin vor dir genefen. 

Nun kehr du wiederumb heim, 
Zu Diener [hönen Frauen! 
Din Ehr find wahrlich Hein.” — 


Tert nah Uhland Nr. 160 von Lilieneron Nr. 33 und Tobler II, ©. 10. 
Ihre Duellen waren: Melch. Ruf, Eidgenöſſ. Chronik, gefchrieben im Jahr 1482, 
berausg. von Joſ. Schneller, Bern 1834, ©. 197, und eine Abſchrift aus Uſteri's 
Handſchr. Sammlung auf der Züriher Bibl. (9 Strophen). 

Diejes ältere, heraldiſche Lied, ſchadhaft überliefert, ift in ein anderes, 66 Str. 
langes epifhes Gedicht auf jene Schladht unpafjend verarbeitet. Letzteres wurde nad 
der in Zürich befindlichen Urfhrift von Gilg. Tſchudi's Zeitbuch, 2. Theil, Bl. 76 
gedrudt bei A. L. Follen, Harfengrüße, Zürih 1823, ©. 167, und bei Ettmüller, 
Eidgenöſſ. Schladtliever 1843. Früher auf fl. Bl. (darunter eins von 1618, 
wahrſcheinlich Bafel bei Ich. Schröter, mit 65 Strophen), und in Iſelin's Ausgabe 
von Tſchudi's Chronit I, 529. Bergl. auch Rochholz, Eidgenöſſ. Lieder-Chronif, 
Bem 1835, ©. 49. — 

Der Chronift Ruf bezeichnet fein altes Lied als dasjenige, weldes „nad der 
Schlacht“ gefungen wurde, um es wie es jcheint von einem andern damals ſchon be- 
kannten zu unterfcheiden, das Hans Halbfuter zugefchrieben wird, und welches be- 
ginnt: Im tufend und drühumdert und ſechs und achzig jar. (Abdr. bei Tobler II, 
> 15 und Pilieneron Nr. 34). Mehr über diefe beiden Lieder bei Lilieneron und 

obler. — 

Beide Helvenlieder feiern den Sieg der Eidgenofjen über Leopold von Defterreich 
bei Sempah am 9. Yuli 1386. Die im 2. Lied erzählte That von Winkelried 
in der Schlacht bei Sempach ift niht Hiftorifhe Thatfadhe für diefe Schladt. 
Winkelried kämpfte erft 1522 in der Schlacht bei Bicocca unfern Mailand und ftarb 
bier den Helventod vor einer öfterreihifhen Phalanr. Im diefer Schlacht fümpften 
die Schweizer im Solde von Frankreich gegen die faiferliche, päpftliche und öſterreichiſch— 
ſpaniſche Armee in muthwollfter Weife, erlitten aber eine furchtbare Niederlage. 


J Löwe ift dad Wahrzeichen der Defterreiher, Stier dad der Schweiger. 1,3 Reife 
pflegen, einen Serzug unternehmen. 1,4 fie follten fich beffer vorfehben. 1,5 Bichte verjehen, 


Ertu. Böhme, Liederhort. II. 2 





18 


Beichte fagen, eingefteben, daß x. 2,2 bichten, Beichte hören. 3, 4 iemer, immer. 4,5 befam, 
berfam. 4, 8 unverfait, unverfagt. 5, 6Loupen, Laupen, die Schlacht dort gefcheben 21. Jan. 1339, 
Sieg der Berner über Defterreidh. 6, 1 die Schlacht bei Morgarten am 15. Nov. 1315, in 
welder Schwyz, Uri und Unterwalden den Herzog Leopold von Defterreich beflegten. 6,5 Ruck 
ber, fomm näher heran. 7,1 Der Löwe begann zu raufchen. 7,2 Wadel, Wedel, Schwanz. 
7, 4 aber, abermald. 8,6 Wohin willft du, reicher Löwe? — 9, 4 Flucht fteht dir — — 
10, 2 verlan, gelaſſen, verloren. 10, 3 Zechen, Feldzeichen sc. ſtecken auf dieſem Kampfplatze, 
10, 6 ich hab fie dir abgewonnen. 12, 2 rufen, gefräufelter Bart. 12, 4 hielten, blieben 
urüd auf der Fahrt. — 12,7 der Heerzug war ihnen zu fchwer. 13,4 der Spaß war ihnen 
—— 13, 7 bat ihrer (der Feinde) viele erſchlagen (fpöttifh). 14,1 die Kuh mit ihrem Namen 
Blümle = die Schweiz. 14, 8 derbradh, zerbrah. 15, 3 dick gebreuet, oft gedrobt. 15, 7 deine 
Ehren find gering, du haft die Schladht verloren. 


Denfelben Bersbau wie das Sempaderlied haben noch zwei andere hiftor. Rieder 
der Schweizer: 


A. Das Bünder-Lied, 


auf den Sieg des Schweizerbumdes über die Tyroler in der Schlaht bei Glums 
(22. Mai 1499) gedichtet. Fl. Bl. Zürih, Aug. Frieß: „Das Bündter-Lied. Im 
der wyß die das Lieb von Nawerren.“ Abdr. Körner S. 35, von Liliencron 205, 
Tobler II, 80: 


So will id ‚aber fingen, Dem Etfhland ift wol erfant, 
fingen ein nuͤws gedicht. die Frei ift ußgeflogen 
Bon den dreien bunden, dem fteinbod in fein Land x. 


wie es inen ergangen it. 


B. Das Hawerren-Lied, 


auf die Schladht bei Novara (1513) gedichte. Der Anfang nah Val. Holl's Hf. 
1524, daher Lil. 275 A und Tobler I, 29: 


Wol ber, ir lieben gjellen, Wie es iez fand in Lombardy 
ich fing uͤch nuͤwe mär und aud von unfern fnaben, 
Welches nit glouben welle, wie's in ergangen ift xc. 


der darf nit fommen ber, 


Auf einem Züriher Drud (ec. 1545), bei Lil. 275 C bat das Lied einen andern 
Eingang O Gott in dinem Himmel, din urteil find wunberloß :c.) und den Titel: 
„Das lied von der fhlacht vor Nawerren mit dem künig von Frandreid und gemeiner 
eidgnoſchaft. In der weis wie das bündener Lied.“ Somit hatten beide Lieder 
gleihe Weife und aus der Tonangabe zum eriten folgt, daß es aud erit nah 1513 
verfaßt wurde. — Zu allen viefen 3 berühmten Schweizerlievern hat fih feine 
Melodie gefunden, wie aud der deutſche Schüttenfamenten, der gleichen Versbau 
bat, noch ungekannt iſt. 


232. Herr von Sain (1400). 


en 






tü =» = pfer· ich zu Hönn-auf auf der Hei =: me 5 den. 








19 


Lied auf eine Berg'ſche Ritterfehde um 1400. Zert und Melodie aus einer LINE ded 

18 Frag u Aachen, Fol. 49. Abdr. in 2. Lerfh, Niederrhein. Jahrb. f. Gefh. u. Kunft 
Jahrg., Bonn 1844, ©. 341. Tert daher bei Uhland, ©. 952; v. Pilieneron, Nr. 42. — Die 

Fe fand im Original mit FAIR und boppelter Notendauer auf g obne Borzeichnung 

(f. Altd. Ldb. 367). 

weißen. 


er vorlepte Takt ift zweifelhaft im Rhythmus: ſchwarze Noten zwifchen 


233. Storteberker (1402). 


P. Fabricius’ Liederbuch (um 1603), Nr. 183, 








gr s bo wa =» ter vnd 


— 


“s- T e- — 


de T0=s ve» den beide tho 


— — 


of 





lang, dat idt gott van hem⸗mel vordrotb, do 


mo⸗ſten je li» dengrote (dan : ke.) 


Fragment. 


Franck, Fase. quodlib. 1611. Nr. 6. 





Stör «pe » be= cher und Gb» de 


Micha » dl die raubt'nmit = ein- 





an «der auf glei» hen Theil 


1. Störtenbeher und Gödelke Michael, 

Die raubten beide zu gleihem Theil 
Zu Waffer und aud zu Lande, 

Bis daß es Gott im Himmel verdroß, 
Dep mußten fie leiden große Schande, 


. Sie zogen für den heidniſchen Soldan, 
Die Heidenwollten eine Wirthſchaft han, 
Sein Tochter wollt er berathen, 

Sie riffen und frifhen wie zween wilde 
Bärn, 
Hamburger Bier trunken ſie gerne. 


Störtzenbecher ſprach ſich allzuhand: 
‚Die Weſter-See iſt mir wohl bekannt 
Das will ich uns wol holen; 

Die reichen Kaufleut von Hamburg 
Sollen uns das Gelag bezahlen.‘ 


zu Wafrfer und aub zu Bar =» de. 


4. Sie liefen oftwärtd neben das Leik: 


‚Hamburg, Hamburg nun thu deinen 
Fleiß, 
An uns kannſt du nichts gewinnen: 
Was wir bei dir auch wöllen thun 
Das wöllen wir jetzt beginnen.“ 


. Und das erhört ein ſchneller Bot', 


Der was von einem Mugen Rath, 

Kam gen Hamburg eingelaufen; 

Er fragt nad) des älteft Bürgermeiſters 
Haus, 

Den Rath fand er zu Haufen. 


‚Mein lieben Herren all dur Gott, 


Nehmt diefe Ned’ auf ohne Spott, 
Die ih euch will verkünden: 

Die Feind liegen euch gar nahe hierbei, 
Sie liegen am wilden Hafen. 


„% 





1 


> 


11 


Die Feind' liegen euch für der Thür, 
Des habt ihr Herren zweier Kür, 
Sie liegen da an dem Sande, 

Laßt ihr fie wieder von binnen ziehn, 
Def habt ihr Hamburger Schande. 
‚Der ältefte Bürgermeifter ſprach zu 

hand; 
‚Gut Gefell, du bift ung unbefannt, 
Wobei ſoil'n wir dir glauben?‘ 
‚Das follt ihr edle Herren thun 
Bei meinem Eid und Treuen. 

. Ihr ſollt mic, ſetzen aufs Kafteel, 
So lang bis ihr eure Feinde ſeht, 
Wol zu dieſen Stunden; 

Spürt ihr denn einig Wanfen an mir, 
So ſenkt mich gar zu dem Grunde. ‘ 


‚Die edlen Herren von Hamburg 
Giengen zu Segel wol mit der Fluth 
Sin nady dem neuen Werte; 

Bor Nebel konnten fie nicht jehen 
So dunkel waren die Wolfen. 


‚Die Sonn brad durch, die Wollen 

wurden Mar, 
Sie fuhren fort und famen bar, 
Großen Preis wollten fie erwerben; 
Störkenbeher und Gödele Michael 
Die mußten darum fterben. 


12. Sie hätten ein Hülk mit Wein ger 


nommen, 

Damit waren fie auf die Wieſen 
fommen 

Dem Kaufmann da zu Leibe, 

Die wollten damit in Flandern reifen 

Aber fie mußten davon ſcheiden. 


13. ,Hört auf ihr Gefellen, trinfet num 


14. Sie brachten die Büchſen wohl an die 
B 


15 


nicht mehr, 
Dort laufen drei Schiff in jener See, 
Uns graufet für der Hamburger Knete, 
Kommen uns die Hamburger and Bord, 
Mit ihnen müfjen wir fechten.‘ 


ord, 
Zu allen Schüffen giengen fie fort, 
Da hört man die Büchjen fingen, 
Da fah man fo manden ftolzen Held 
Sein Leben zum Ende bringen. 


‚Sie fhlugen fih drei Tag und Nacht, 
Hamburg die war darauf bedacht 


20 


17, 


18. 


19. 


20. 


21. 


22. 


Wol zu denjelben Stunden, 
Das uns ift lang zuvor gefagt, 
Das haben wir jest befunden. 


‚Die bunte Kuh aus Flandern kam, 


Wie bald fie das Gerücht vernahm 

Mit ihren ftarfen Hören; 

Sie giengen herbraufen durch Die 
wilde See, 

Den Hollid wollte fie verftören. 


Der Schiffer iprad zum Stew’rmann: 
‚Treib um das Ruder zum Stur— 
Bord an, 
So bleibt ver Hold bei dem Windel, 
Wir wollen ihm laufen fein Cafteel 
entzwei 

Das foll er wol befinden.‘ 


Sie liefen ihm fein Vor⸗Caſteel entzwei, 

‚Traun, ſprach ſich Gödele Michael, 

Die Zeit iſt nun gekommen, 

Def müſſen wir fechten um unfer beider 
Leib, 

Es mag uns ſchaden oder frommen.“ 


Störkenbeher ſprach ſich allzuhand: 
‚Ihr Herrn von Hamburg thut und 
fein Gewalt, 
Wir wollen euch das Gut aufgeben, 
Wöllet ihr uns ftahn vor Leib und 
Gefund, 

Und friften unfer junges Leben.‘ 


‚Mein Herr‘, fprad fi Herr Simon 

van Utrecht, 
‚Gebt euch gefangen all auf ein Recht, 
Und laßt euch nit verbrießen. 
Hätt’ihrdem Kaufmann kein Leid gethan, 
Dei werd’t ihr wol genießen.‘ 


Da fie nun auf die Richtſtätt kamen 

Nit viel Guts fie da vernahmen, 

Sie fahen die Köpfe fteden: 

‚Ihr Herren, das find unfere Mit- 
Compan‘ — 

So ſprach fih Störgenbeder. 


Sie wurden gen Hamburg in die Haft 
gebracht, 

Sie ſaßen da nicht länger als eine Nacht 

Wol zu denfelben Stunden 

Ihr Tod ward aljo jehr beflagt 

Bon Weibern und Yungfrauen. 





21 


23. ‚Ihr Herren von Hamburg, wir bitten 25. Der Scharfrihter hieß ſich Roſenfeld, 


nur ein Bitt, Er hieb jo manden ftolgen Helv 
Die mag euch zwar beſchaden nit Mit alfo freiem Mute; 
Und bringen euch aud fein Quade, Er ftand in feinen gefhnärten Schuh'n 
Daß wir mögen den Trovenberg bingahn Bis an die Enkel im Blute. 
In unferm beften Gewade. 26. Hamburg, Hamburg, des geb ich dir 
24. Die Herm von Hamburg thäten ihn’ den Preis, 
die Ehr, Die Seeräuber werden es nun weis, 
Sie ließen ihn’ Pfeifen und Trommeln Um veinetwillen müfjen fie fterben, 
vorgehn, Def magft du von Gold ein Krone trag'n, 
Sie hätten e8 erforen; Den Preis haft du erworben. 
Wären fie wieder in der Heidenſchaft 
geweſt, 


Sie hätten es lieber entboren. 


Das berühmte Lied auf zwei 1402 gefangene und zu Hamburg enthauptete 
Seeräuber, Störtebeker und Gödje Michael, war urſprünglich in niederdeutſcher 
Sprache abgefaßt, ift und aber blos in hochdeutſchen Texten erhalten. Nur vie 
Anfangsftrophe des Urtertes ift gerettet durch ein fpäteres Yied auf den Ueberfall in 
Aurih 1609 (Abor. bei Hilvebrand, hiſt. BL. Nr. 43). Diefer Drud von 1609 
bat die Ueberſchrift: „Der alte Hamburger Stortebefer verendert vnd auff die jüngft 
zu Aurih begangene Yandsfrievbrühige thadt bezogen.“ Anfang: 

EStortebefer und Godefe Micheel 
de roveden beide tho gliken deel 
Tho water und tbo lande, 


So lange dat idt Gott von bemmel verbrotb, 
Do moſten fe liden grote fchande. 


Hochdeutſche Drude des Stortebeferliedes haben wir folgende: a) Fl. Bl. um 
1559: „Ein ſchön Lied, Don Störgebeher und Gödiche Michael. Wie fie fo ſchendt— 
lich geraubt haben.” (4 BU. 8°, mit Holzſchnitt). Mitgeth. von Möhlmann im 
Archiv für friefifherweitfäl. Gefhichte, Leer 1841. I, ©. 47. Benutzt von Pilien- 
eron, hiſt. BL. Nr. 44. — b) Fl. Bl. Nürnberg, Bal. Newbr. (um 1550). 8. Bibl. 
Berlin Yd 8860. — ce) Fl. Bl. Erffordt bey Jacob Singer. Berl. Bibl. Yd 8865. 
— d) Fl. Bl. Augsburg, Bal. Schönigt um 1580 (von Weller, Ann. IL, 354). — 
e) Fl. Bl. Magdeburg, Wilh. Roß, (c. 1600). f. Weller I, 125. — Fl. Bl. 
Erfurt 1598 (Abfchr. in Erks Hanpfhriften, 20. Bd. ©. 160. — g) Ambrafer 
Liederb. 1582, Nr. 215; danach altd. Liederb. — h) Frankf. Liederb. 1599, Abdr. 
bei Hildebrand Nr. 1. Alle dieſe Drucke find nur in wenig Worten abweichend. — 
i) Benusgärtlein, Hamb. 1669. Daraus bei Canzler und Meißner, Vierteljahrsſchr. 
für ältere Litteratur 1784, II. Jahrg. S. 167. Mit willkürl. Abänderungen im 
Wunderh. II, 162 (a. A. IL, 167). — 

Das Lied ift dur feine hohe Lebensdauer merkwürdig. Jedenfalls bald nad 
der bift. That 1402 gedichtet, wurde e8 im 16. und 17, Jahrh. vielfach gebrudt 
und bis auf die Neuzeit (1840) noch gejungen: Auf der Inſel Rügen hörte es 
Lappenberg (f. Zeitihr. d. Bereins f. Hamb. Geſch. IL, ©. 43) noch fingen und 
Heine Brudftüde wurden in Friesland gehört, die Möhlman a. a. D. mittheilt. — 

Die Melodie (d. 5. ver lange gefuchte, zu andern Liedern im 16. Jahrh. 
angeführte „Stortebeterton“) hat ſich endlich gefunden. Gie ift aus Yabrictus’ 
Liederbuh (c. 1603 zu Roftod gejchrieben) zuerft mitgetheilt durch Dr. Bolte im 
Jahrb. f. nieverd. Spradenforfhung 13. Bd. Mufikbeil. I. Danad bier. Eine fehr 





22 


ähnliche Faſſung bringt ein Fragm. bei M. Franck. Fasc. quodlibeticus 1615, das 
ih im Alt. Piederb. Nr. 366 abpruden lief. Meine Bermuthungen dort, auf andere 
damals üblihe Singweifen gerichtet, find damit abgethan. — Der Melodie hat 
Vabricius blos das Anfangswort „Stortenbefer“ beigeſchrieben; wir haben zur Er- 
gänzung das Tertfragment von 1609 unter die Noten gejekt. 


Ausführliches über die dem Liede zu Grunde liegenden hiſtor. Ereigniffe im Jahr 1401 und 
ihr Fortleben in der Sage findet man bei Koppmann, Hanfifche Gefchichtäblätter, 1877, ©. 35—58. 
Auch in Mittheilungen ded Vereins f. Hamb. Gefh., 1882 und 83; 2. Frabm und F. Sunder- 
mann, Klaus Störtebefer in Sang und Sage, Hamb. 1885. Hier fei im Kürze nur folgendes 
bemerkt: Während ded Kriegs der Hanfeftädte mit den norbifchen Reichen, zu Ende des 14. Jahrb., 
abs ein Haufe Abenteurer zur See, melde die Zufuhr von Lebensmitteln (Victualien) für die 
iegspartei beforgten und daber Bitalienbrüder genannt. Nach dem Frieden trieben fie ſich als 
Seeräuber und Feinde beider Theile auf dem Meere umber; befonderd waren es ihre beiden Haupt- 
leute Klaus Störtebefer und Gödeke (Gottfried) Michel, welche die Seefahrer in Schreden — 
Störtebeker wurde im Jahr 1402 von den Hamburger Schiffen, die gegen ihn die Elbe binab- 
gefahren waren, nebft 70 feiner Gefellen bei Helgoland gefangen, nad Hamburg gebracht und bier 
auf dem Gradbroof enthauptet. Im Friedland, wo er mit feiner Flotille die bereitwilligfte Auf- 
nahme und Unterftügung gefunden, bat die Sage über ihn ſich lange erhalten. — Die übernatür- 
lichen Kräfte ded verfehmten Seeräuberd Klaus Störtebeder werden in der Sage auf die Einwirkung 
feines Baterd — des fliegenden Holländerd — zurüdgeführt. 


qJ 2,1 Soldan, jedenfalld ein maurifcher Fürft in Spanien, denn bie dahin kamen die 
Bitalienbrüder. 2,3 feine Tochter verheiratben; ed war ein Hochzeitäfeft, an welchem die Seeräuber 
Theil nahmen und fich gutlih thaten im Biertrinfen und dabei fih balgten und fchrieen. 3, 2 Wei» 
terfee, Nordfee. 4,1 längs des Lik in Hamburg. 5,5 zu Haufen, beifammen. 9,1 Kafteel, 
Borkafteel, ein thurmartiger Aufbau des Schiffed. 10,5 in Swig, vermuthlih Schwerken, eine 
dunfle Wolkenmaſſe. 12, 2 Wiefen ift finnlos, vermutblih Wefer zu lefen. 14, 1 die Bord, 
lural. 14, 2 fortgeben (lodgeben) der Schüffe, fein Schuß verſagte. 16, 1 bunte Kub aus 
— —— Name des Schiffes, dad Simon von Utredht gehörte. 16, 2 Gerücht, Gefchrei, 
17, 2 Sturbord, Steuerbord. 19, 3 Gut, das Geraubte. 20,2 nah dem Recht der Seeräuber. 
20, 4 ftatt Kaufm, richtiger Kaufleute im Drud 1599. 22,4 Weil Seeräuber ald Helden galten, 
darum ward ihr Tod vom Volte beflagt. 23, 3 quad, fchlimm. 23, 5 Gewade, Gewand. 
24, 3 fie hatten fichö erbeten. 25, 4 fie hätten gern diefe Ehre entbehrt. 25, 5 Entel, Knöchel. 
26, 2 einer Sache weife werden, erfennen lernen, einfeben. 


234. Ein Lied der Bitmarfdyen (1404). 


1. Dar is en nie Raet geraden 3., Tredet herto, gi ftolten Ditmarfchen! 
To Gottorp up dem Schlate, Unjen Kummer wille mi wrefen: 
Dat hefft Her Claes van Alefelvdegedaene, Wat Hendeken gebumwet haen, 
Sinen edlen Heren to Bate. Dat kännen wol Hendeken tobrefen!‘ 
2.He let wol Iuwen ein gut Schlot 4. Det Ditmarfhen repen averlut: 
Unferm ebrlihen Lande to gramme, „Dat live wi nu umd nummermere! 
Do ſprak fi Roleffs Bojeken Sone, Bir willen darumme wagen Hals un Gut, 
De befte in unſem Lande: Und willen dat gar ummeleren! 


5. Wir willen darumme wagen Goet und Bloet, 
Und willen dar alle umme fterven, 
Eer dat der Holften er Avermoet 
So ſcholde unfer fhone Land verderven!“ 


Neocorus, I, 383, ©. Detlef8 Mier. Fol. 83. Ueberſchrift: „Ban dem edlen 
Helven Rolef Bojelen Sone.“ Tert: Müllenhoff Nr. 27 (Uhl. 169; von Lil. Nr. 45). 
Der Dithmarſchen Bauern muthiger Kampf und Sieg über ihren Zwingherrn 





23 


Herzog Gerhart IV. von Holftein mit dem Holfteinifhen Adel: in der Schlacht in 
der Hamme 1404, 


J 1,4 to bate, zum Nutzen. 3,2 wrefen, rächen. 2,1 Dad Schloß war das fefte 
Hand Delbrüde. 2, 3 Eh daß der Holfteiner Uebermuth follte unfer ſchönes Sand verderben. 





235. Schloß Haun 1442. 
durch Wilhelm IV. von Henneberg erobert. 





Es gebt gen die»fer Faß-nacht her, wir wolsien fröh-lich fin» gen 
a 





On jb » re Schuldthatsfein An » fang, dab fie ſchloß Haunge- won.nen, mit 
— 





gwaldt ohn der von Haun ihrn Danck. 


Dredener Cod. K 97, nach ©. 222. Tert vollſt. gedr. bei Wolff, hiſt. VL., ©. 621; von 
Lilieneron, Nr. 78. Melodie zum erften mal bier. Dad Driginal ift mit Altfchlüffel und ohne 
Zattfirih notirt. Aus der Orthographie folgt, daß das Lied erft im 16. Jahrh. niedergefchrieben 
wurde und zwar jedenfalld nach einem alten Zerte umgefchrieben. — 


256. Edelmannslehre 


oder 
Anmeifung zum Ranbritterbernf (vor 1450). 

1. Der Wald hat ſich belaubet, 3. Derwüſch ihn bei dem Kragen, 
Des freuet fih min Mut! Erfreu das Herze din, 
Nu hät fih mander Bure Nimm ihm, was er habe, 
Der wähnt er ſei behut! Spann us die Pferbelin fin! 
Das fhafft des argen Winters Zorn, Bis friſch und darzu umverzagt, 
Der bat mich beraubet, Wann er nummen Pfenning bat, 
Das Hag ih hüt und mom. Sp rüß ihm d' Gurgel ab! 

2. Wiltu did ernären 4. Heb dich bald von dannen, 
Du junger Evelmann; Bewahr din Lib, din Gut, 
Folg du meiner Lehre, Daß du nit werbeft zu Schannen 
Sig uf und drab zum Ban! Halt did in ftäter Hut! 
Halt did zu dem grünen Walp, Der Buren Haß ift alfo groß; 
Bann der Bur ind Holz fährt, Wenn der Bur zum Danze gat, 


So renn ihn friihlih an! So dunkt er fih Fürftengenoß. 





Ar 


. Er nimmt die Metzen bi der Hand, 


Di gibt ihm einen Kranz, 

Er ift der Metzen eben 

Derfelbe Ferer-ſwanz; 

Die Dörpel dreppeln hinten nad, 
Daß ift der Metzen eben 

Und dem Conzen aud. 


6. Ich weiß ein richen Buren, 


Uf ven han ichs gericht; 

Ih will ein Wile Iuren. 

Wie mir darumb geſchicht, 

Er Hilft mir wol aus aller Noth. 
Gott grüß dich, ſchöns Jungfrewelin, 
Gott grüß did, Mundelin rot! 


Aus einer Papier-Handfhr. des 15. Jahrh. (c. 1430) bei Fichard, Frankfurt, 


chiv III, 280. 


Daher Uhland 134 und Kurz, Litt. Gef. I. 


Das Geviht mag 


aus Süddeutſchland (Franken, Pfalz) ſtammen. 
Die damals unter dem Adel berrfhende Gefinnung ift in diefem Weglagererliev 


mit ſchaudererregender Wahrheit ausgeſprochen. 


Daß übrigens nicht blo8 arme 


Ritter, jondern mächtigere Fürften (darunter Markgraf Albreht von Brandenburg) 
Kaufleute überfielen und beraubten, ift befannt. 
Die Bersform ift die des Schütterfamenliedes. 


die Grenze ind Verſteck. 
mehr, 


7 2,4 Dan, Bann, Aufgebot; auh dad be 
3, 1 derwifch, erwifch, 


4,3 Schannen, Schanden. 


tenzte Gebiet eined Herm; bier foviel: reit an 
ß ibn. 
e 5, 1 Mepe, urfprünglih weiblicher Taufname, niederdeutſch 
Mette; dann aber für Dime, lüderliches Weibsbild gebraucht. 


3,5 big, fe. 3,6 numme, nicht 


5, 3 eben, recht, paffend. 


5, 4 Ferer⸗ſwanz, Ferkelſchwanz (von Färh, Fark), SäurZagel (bei Schmeller 4, 229), Schimpf- 


wo 


— 


tt für den unreinlichen Bauer. 


5, 7 Gong, Kunz, verächtlich. — 


In der 5. Strophe wird dad rohe Gebahren der Bauern (Dörfler, Törpel) beim Tanz geichildert, 
wie bei Nithart wir dergleichen finden. — 


257. Ber Städtekrieg oder Markgrafenkrieg (1450). 
(Fehde des Brandenburger Markgrafen Albrecht gegen Nürnberg.) 


. Yubileus ift uns verkündt, 

Wir follen tilgen unfre Sünv; 
Das hat der Bös vernommen: 
Falſchen Samen hat er gefät, 
Der Seelen Heil ganz hin geweht, 
Ablaß ift unterfommen. 


. Den Städten hat er Hodfart gebn, 
Wie fie dem Adel widerftrebn 

Und den gänzlich vertreiben 

Wider Gott ohn alles Recht, 

Auch damit geiftlihs Geflecht, 
Sie liefens wol betreiben. 


. Sie bdunkt, es fei nit ihr gleich, 
Und nennen fih das römiſch Reich, 
Nur find fie doh nur Bauren: 

Sie ftant mit Ehren hinter der Thür 
So die Fürften gant berfür, 
Die Land und Peut befhauren. 


4. Küning Sigmund wasder Sinn beraubt, 


Da er Trummet und Pfeifen er- 
laubt 

Den Städten jo gemeine; 

Das hat ihn bracht groß Uebermuth 

Es ghört nad rechter Gwonheit gut 

Den Fürſten zu alleine. 


‚Ob fie nun tragen mädrin Gewand, 
Darum ift nicht ihr alles Yand, 

Als fie fih lant bedunken; 

Es ftund viel baß vor alter Zeit, 
Do füchſin was ihr beftes Kleid 
Und ihn’ die Stiefel ftunfen. 


. Ihr' Weiber find mit Vech beſchnitten, 


Gezieret wohl nach adelm Sitten, 
Wer kann ſie unterſcheiden? 

Den Adel tanzen ſie gemein 

Und ſind geiſtlicher Ueberpein: 
Es möcht ihn' bringen Leide. 





. Wie fie die Klöſter hant zerbrocden 
Und (fi) an Gott mit Feuer gerochen, 
Iſt leider offenbare. 

Gottesdienſt hant fie gewendt 
Und manige Kirche ausgebrennt, 
Den Heiligen finds Gefahre. 


. Sie haben unverbroßen 

Mit Büchſen aroß geſchoſſen, 
Die Gottshäuſer zerrüttet, 

Darin Gott ſelber Wachter was; 
Das Sacrament auch nit genas, 
Schändlich wards ausgeſchüttet. 


.Nun merk ein jeglich Chriſtenmann: 
Was Grunds die Städt im Glauben han, 
So ſie Gott ſelbs bekriegen; 

Doch find fie jo wol befamnt, 
Befunder in ver Behem Land 
Die thunt fie zwar betriegen. 


Den Fürſten gat's zu Herzen, 
Sölch Unthat bringt ihn Schmerzen 
Und wöllen das nit leiden, 

Sie ftrafen fie an Leib und Gut 
Und müſſen ihren Uebermuth 
Vielleicht binfür vermeiden. 


Biſchof von Menz ein geiftlih Herr, 
Den zwingt darzu fein Treu und Ehr, 
Daß er beiltand dem Glauben. 
Babenberg, Aiftett vergleihenthut, 
Und fparen weder Leib noch Gut 
Wider fie, die Gott Dienft rauben. 


Markgraf Albrecht derevelft Fürft, 
Den je nah Ehren bat gedürit 

Der will ven Adel retten. 
Nürenberg erfennet das, 

Daß er ihn was und ift gehaß, 
Sie hant verfhlafen die Metten. 


10. 


11. 


12, 


25 


13, 


14, 


17. 


18, 


Er hat gemacht manch Freudenfeur, 
AN Luft ift ihm geworden theur 
Den jelbigen Ader-trappen. 
Etwann was ihr gemeins Geſchrei: 
„Woluf, mit mir zum Malvenfei! 
Nun lernens Wafler lappen.“ 


Es ift nit: „Sebald ruth den Tiſch, 
Und trug herzu Wildbret und Fiſch, 
Das Rephuhn bring am erften!“ 
Der Markgraf ift ein Arzät weis, 
Berbeut ihn’ alle köftlih Speis ; 
Erlaubt ihn Mus und Gerften. 


. Augsburg hat einen mweifen Kath, 


Das prüft man an ihr feden That 
Mit Singen dichten und Klaffen. 
Sie hänt gemadt en Singſchul, 
Und fegen oben auf den Stuhl, 
Wer übel redt von Piaffen. 


. Sie find gen Feinden nidt als faur, 


As da fie unfer Frauen Maur 
Mit Gott darnieder fallten ; 

Sie ftreiten fedlih mit der Zungen, 
Wer an fie fast mit blutigen Lungen, 
Ihr feiner ließ ſich behalten. 


MWirtemberg, das edel Blut, 
Berdrieft ver Ulmer Vebermutb, 
Er will fie vifitiren : 

Sie follen fürbaß Wolfäd binden. 
Gott wöll, daß fie mit ihren Kinden 
Land und Leut verlieren! 


Und foll der Krieg noch länger währen, 
So werben zwar der Stangen geren, 
Die Städt an allen Enden. 

Es gat ihn, als fie han verſchuldt, 
Die Gmeind hat billig Ungeduld, 
So Glück fib nit will wenden. 


19. Glücke, beftand dem Adel bei! 
Berbeut den Bauren ihr Geſchrei! 
Wünſch id von ganzem Herzen. 
Daß fie fih vor dem Adel jhmiegen, 
Und nicht gewinnen an den Kriegen 
Dann Reue Leid und Schmerzen. 


Aus dem Liederb. der Clara Größlerin, zu Augsburg 1470 geſchr. daher 
von Soltau, hiſt. 2. Nr. 25; von Lil. 90; Uhl. 166; Kurz, Pitt. Geſch. L, 619, 
Hier in neuer Schreibung und mit Entfernung des mundartlih ai für ei. 


J Grflärung: 1, 1 Jubileus, das Jubeljahr 1450 war verfündigt. 
unterblieben, abbeftellt. 


3,4 ftant für ftabent, 


eben; gant = geben. 


1, 6 unterfommen, 
5, 1 Mädrin Gewand 





26 


(Marderpelj). 5,5 fühfin, von Fuchsfell nur ihr Kleid. 6, 1 mit Vech beichnitten, mit buntem 
Pelzwerk bekleidet, 6, 5 genefen, umverfehrt fein. 9, 6 zwar betriegen, in Wahrheit betrügen. 
11, 1 Menz, Mainz; Babenberg, Bamberg, Aiftett, Eihftätt. 12,5 daß er ihmen war und tft 
aehäßig. 13, 4 etwann, einft, fonft. 13, 5 Malvafier, füßer Wein. 14, 4 Schald, rath 
(beratb, dede) den Tiſch. 14,4 Arzät, Arzt. 16, 3 niederfällen, niederwerfen. 18, 1 zwar, 
fürwahr, zu wahr; — der Stangen geren (begehrten) = fid überwunden geben. 19,1 beftan, 
befteben, beifteben, entgegenfommen. 19, 5 nicht, nichts, 


238. Thüringiſcher Erbfolgekrieg (1452). 


1. Aber jo wöll'n wird heben an, 
Wie ſichs hat angefpunnen, 
- Es ift in unfer Herm Land alſo geftalt, 
Daß der Herm Räthe treib'n groß Gewalt, 
Darauf haben fie gefunnen. 


2. Döringerland, du bift ein fein gut Land, 
Wer dich mit Treu'n thät meinen. 
Du giebt uns des Waizen und des Weines (alfo) viel 
Du könnteſt einen Landsherrn wohl ernähr'n 
Und bift ein Ländlin alfo Heine, 


3.Wo der Geier uff'm Gatter ſitzt, 
Da druhen (gedeihen) die Küchlein felten; 
Es dünkt mich (fürwahr) ein ſeltſam Narrenipiel, 
Welcher Herr fein’ Räthen gehorcht fo viel, 
Muß mander armer Mann entgelten. 


4. Ein edler Herr aus Thüringerland 
Herzog Wilhelm von Sachſen: 
Ließet ihr die alten Schwertgrofhen wieder ſchlan, 
Als euer Voreltern hab'n (da) gethan 
So möcht eur Heil wol wieder wachſen. 


5. So würden die Städte von Gelbe reich, 
So würden wieder gute Zeiten, 
So fünnten eud eur arme Leut (fo wol) beiftan, 
Wenn ihr fie in euern Nöthen thät rufen an, 
Es wär zu flürmen und zu fireiten. 


6. Wo das Geld im Fand umfährt, 
Das haben die Pfaffen und üben; 
Es ift dem reihen Mann Alles unterthan, 
Die den Wucher mit den Jüden han, 
Man vergleicht fie einem Stockrüdden. 


7, Hat einer dann der Pfennige nicht, 
Er muß ſich (fie?) wahrlich ſchicken 
Der reihe Mann, der hats daheim in feinem Haus, 
Er fieht gleich wie eine Steineule heraus: 
So geſchicht manchem Armen oft und vide. 


Cyriacus Spangenberg’8 „Mansfelviihe Chronica”, Eisleben 1572, I. Theil, 
Fol. S. 387. Auch in deſſen „Sächſiſcher Ehronica”, Franff. a. M. 1585, ©. 557. — 





27 


Abgedruckt bei Herder, Volksl. I, 315; Erlah 1, 157; v. Lilieneron, hiſt. VL., 
Nr. 97. — Das Lied bezieht fih auf den Thüringifhen Bruderfrieg und enthält 
Mahnungen an die Obrigkeit, an Herzog Wilhelm von Weimar und Vitzthum von 
Eckſtedt. — Das Versmaß ift daflelbe wie im Lied vom Prinzenraub, fogar hier in 
Str. 3 gemeinfame Worte. Melodie nicht gefunden. 


“ 6,5 Stodrübde, Jagdbund. 7,5 did, häufig. 


239. Kunz von Aaufungen und der ſächſ. Brinzenraub (1455). 


.Wir wollen ein Liedel heben an, 

Was fih hat angeipunnen, 

Wies in dem BPleifner-Land gar ſchlecht war beftallt, 
As fein jungen Fürften gefhadh groß Gewalt 
Durd den Kunzen von Raufungen, ja Raufungen. 


2. Der Adler hat uf den Feld gebaut 
Ein ſchönes Neft mit Jungen; 
Und wie er einft ware geflogen aus, 
Holet ein Geier die jungen Vogel raus 
Drauf wards Neft leer gefungen, ja gefungen. 


3. Wo der Geier uf dem Dade fikt, 
Da trugen die Küchlein felten, 
Es war, mein werle! ein jeltfam Narrenfpiel, 
Welcher Fürft fein Räthen getraut fo viel, 
Muß oft der Herr felbft entgelten, ja entgelten. 


4. Altenborg, du bift zwar eine feine Stadt, 
Dich thät er mit Untreu meinen; 
Da in dir warn all Hoflüte raufhend voll, 
Kam Kunze mit Leitern und Leuten toll 
Und holte die Förften fo Heine, ja fo Heine. 


Was blaft dich Kunz för Unluft an, 
Daß du ins Schloß nein fteigeft 

Und ftiehlft die zarten Herren raus, 
ALS der Kurförft war nit zu Haus, 
Die zarten Förftenzweige, ja Zweige? 


— 


u 


6. Es war wol als ein Wunderbing, 
Wie fih das Pand bemeget, 
Was da uf allen Straßen warn für Leut 
Die den Räubern nachfolgeten in Zeit: 
Aus wibbelt, Fribbelt, ſich bereget, ja bereget. 


7. Im Walde dort warb Kunz ertappt, 
Da wollt he Beeren naſchen; 
Wär be in der Haft faden fortgeretten, 
Daß ähm die Köhler nit geleppifcht hätten, 
Hätt he fie funnt verpaſchen. 





28 


8. Aber fie worden öhm wedder abgejagt, 
Und Kunz mit feinen Gefellen 
U Grünhain im unfers Herrn Abts Gewalt 
Gebracht und darnach auch uf Zwicka geftallt, 
Und mußt ſich lan prellen, ja prellen. 


9. Dar vör fiel ab gar mander Kopf 
Und Keiner der Gefangen 
Kam aus der Haft (aljo) ganzbeinicht davon, 
Schwert, Zang, Rad und GStrid die warn ihr Lohn, 
Man fah die Rümper bangen, ja bangen. 


10. So gebt wer wider die Deberfeit 

Sich unbefonnen empöret; 

Mer es nicht meint, der ſchau den Kunzen 

Sin Kopp thut zu Freiberg noch heraußer ſchmunzen, 
Und Jedermann davon lehret, ja lehret. 

‚Gott thu den frommen Kurförften alla Gute 

Und laß die jungen Herren 

In feine Feindes Hand mehr alfo kommen, 

Geb auch der Frau Kurförften veel Frommen, 

Daß fie fih in Ruhe ernähren, ja ernähren. 


1 


— 


Das Lied iſt zuerſt mitgetheilt von Joh. Vulpius in Plagium Kauffungense, 
Weiſſenfels 1704, Bl., F. 3. Wiederholt iſt die Schrift in Triller's Buch, Sächſ. 
Prinzenraub, Frankf. a. M. 1743 und das Lied S. 233 angefügt. Auch bei Tenzel, 
Curioſe Bibliothek, 1705, ©. 783 fteht ver Text aus Vulpius. Nach dieſer älteſten 
Duelle bei Wolff, hiſt. BL., 655; Erlad 2, 271; v. Lilieneron, hiſt. BL, Nr. 104. 
Darnach bier. — Herber (Volfsl. J. 284) giebt das Lied etwas modernifirt. Wieder 
modernifirt im Woh. I, 296 (a. U. III, 234). Goethe bemerkt: „Nicht gerade zu 
heiten, aber aud nicht befriedigend“, Diefer „Berg- Reihen“ ift wol noch zu Leb— 
zeiten Friedrichs des Gütigen gedidhtet und, wie der Nachklang zu Ende jever Strophe 
bezeugt, wirklich gefungen worden. Die Melodie ift nicht gefunden. — 9. Bulpius 
fagt: er habe das Lied von einem alten Bergmann erhalten, jedoch ohne Melodie. 
Somit ſcheint er nur eine Handfchrift des Liedes erhalten zu haben und meint damit wol 
die handſchriftl. Chronit von Erasmus Stella, F 1521, in welder nad einer Rand— 
bemerfung des Bulpius das Lied fo, wie er es giebt, enthalten war. — Weter 
Albinus, Mein. Berg- und Landchronik, Dresden 1590, bemerkt S. 273, daß er 
gehört habe, e8 werde noch ein altes Lied auf den Prinzgenraub gefungen, doc; habe 
er dafjelbe nicht auftreiben können. (Notizen v. Yiltencron I, ©. 484. Dort Aus 
führliches über die Geſchichte.) 


ST 1,5 Kunz war fürftlicher Koh und wurde beim Raube felbft vom Hofmeifter unter- 
ftügt. Mit feinem Raube eilte er zu feinen Nachreitern, die mit 36 Pferden nabe dem Schloß 
feiner barreten. 2,1 Das Altenburger Schloß liegt auf einem gegen die Stadt zum Theil 
fteil abfallenden Felfen. 3,2 trugen, für trüben, getruben (in Thüringen und Schwaben) = ge- 
deiben, wachſen; auch trujen, abd. trowjan. 3,3 mein werle! ein Ausruf entftanden aus „mein 
ih warlih!“. 4,2 meinen, beabfihtigen: auf dich hat er es mit Untreu abgefehen. 5, 3 zarte 

erren beißen die entführten Prinzen mit Recht: Albrecht (der Beherite, Stifter der albertinijchen 


r 
FAR war nit 12 Jahr alt. Ernft, Stifter der erneſtiniſchen Finie, war faum 14 Jahre. 
5, 4 Der Aurfürft war mit feinen meiften Hofleuten in Leipzig und wohnte dort im Haufe des 
Kanzlers einem Berlobungsfefte bei. 6, 5 Alles bewegte fih wie ein Haufen Ameifen und 
Würmer. 7,3 faden, obne Aufhören (Niederd. foken, oft). 7, 1 geläppifcht (von läppifchen) 
== betbört, überliftet. 7, 5 verpafchen, in Sicherheit bringen, über die Grenze fchaffen. 8, 1 Sie 





29 


wurden ihm abgejagt: eigentlih nur Albert; Ernſt wurde auf einem andern Wege entführt, nad 
3 Tagen unter Hunger und Durft in einer Steinrige (1 Stunde von Hartenftein) verftedt und 
endlib von einem furfürftlihen Vaſallen abgeliefert. 8,3 In Grünebain im Erzgebirge an 
der böhmischen Grenze ftebt feit 1822 ein Denkmal, der Fürftenbrunnen, aus welchem Prinz Albert 
durch den Köhler Schmidt einen Labetrunf erbalten haben fol. 8, 4 Zwida, Zwidau 8,5 
prellen, quälen, wie in einer graufamen Sagdbeluftigung die Füchſe von einem audgefpannten 
Tuche in die Höhe geworfen und wieder aufgefangen werden. 9,1 Dar vor, dafür, als Strafe 
für diefen Raub. 9, 2 Gefangenen. 9, 5 Rümper, Rümpfe. 10, 4 ſchmunzen, mit 
iufammengezogenen Lippen lächeln (ironifh). Zu Freiberg am Ratbhaus ift der Kopf in Stein 
gebauen zu feben. Dort im Rathhaus werden auch Theile der von ibm gebraudten Stridleiter 
aufbewahrt. 11,5 ernähren, erbalten. 





240. Aönig Lasla (+ 1457). 


1.Nun will ichs aber heben an 
Das Allerbeft und das ih kann, 
Ich wills gar fröhlih fingen; 
Hilf reicher Ehrift von Himmelreich, 
Daß mir nit miffelinge! 


2. Bon einem Künig lobefan, 
Künig Lasla ift fein Nam, 
Ein Künig aus Defterreiche; 
Ya, ſpricht man in der Chriftenheit, 
Man findet nit fein gleiche. 


3, Er war in feinen jungen Tagen, 
Die Ungarn hießen ihn ein deutſchen Knaben, 
Das haben wir wol vernummen: 
Daß er zu Ofen ift ausgeritten, 
Zu Prag ift er umblommen. (27 Str.) 


Diefed Lied auf den Tod des König Rasla (d. b. Ladislaus, nachgeborenen Sohn des 
Kaifers Albreht IT (+ 1439) und zufünftigen Königs von Böhmen und Ungarn, der als 17jäb- 
riger Prinz; 1475 zu Prag ermordet wurde) verdankt fein Entfteben einer böswilligen Seele, die 
lügenbafte Sachen mit Bitterfeit darftellt, jedenfalls von fatholifher Seite veranlaft und gegen 
die Huffiten Ketzer genannt) gerichtet. E83 war durch dad ganze 16. Jahrh. bie Mitte des 17. 
ſehr beliebt, wie die große Zahl der Drude, der ältefte von 1513, der lepte von 1650) bezeugt. 

Zerte neu gedruckt Altd. Liederb. 371 (nah einem fl. Bl., Nümb., 8. Hergotin 1530) won 
Liliencron, bit. Ve., Nr. 108; Wolff, bift. BL., 725; Wunderh. L., 119 (u. 9. 118, Birlingerd 
Audg. U, 518). 

Aller Wahrſcheinlichkeit nah ift das Lied erft zu Anfang des 16. Jahrh. entjtanden und 
batte vermutblich feine eigene Melodie, auf die einige Drude verweifen, andere fagen „Wie 
man den Lindenſchmidt fingt“. Die meiften Drude haben gar keine Zonangabe. Die eigene 
Melodie dazu ift micht gefunden. — Im Augsb. Gefangb. 1530 fteht ein Pjalmlied „Hilff mir 
Gott in deim namen bald“. m thon, wie „König Laßles lied“. 


24. Hammen von Neiftett (- 1466). 


1. An einem Mentag es geſchach, 3. Hammen, gib did) geduldig darein! 


Daß man Hammen von Reitftett reiten 


ſach 
Durch einen grünen Walde, 


Peter von Zeitenen begegnet ihm balde. 


2. Als bald er Junkherr Hammen erſach: 

„Ya, Hammen, Gott geb dir ein 
guten Tag 

Und einen guten Morgen! 

Du reiteft in großen Sorgen. 


Der von Ulm mußt du Gefangner fein, 
Wollteft mir mein Hütlein ruden, 
Das dein will id dir zuden.“ 


4, ,„ Peter! man es nit anders gefein 


So bitt id Did Durch den Adel mein: 
Zeuch aus dein fharfen Degen, 
Nimm mir mein edles Leben!‘ 





-1 


10 


1 


— 


12. 


13. 


.‚ Dem Fröulin ward all 


.„Hammen, das enthun ich nit, 


Dein evles Leben nimm ich dir nit, 
Ich will did weder hauen noch ftehen, 
Die von Ulm müſſen fih rächen.“ 


.Sie bunden ihm Händ, fie bunden 


ihm Füß. 
Und mwurfen ihn auf ein hohes Roß, 
Und eilten mit ihm fehre, 
Sie forchten viel Landäherren. 


. Dem Fröulin von Ofterreih famen 


die Mähr, 
Wie Hammen zu Ulm gefangen läg; 
Es wollt nit länger beiten, 
Gen Ulm wollt fie bald reiten. 


‚Da fie gen Ulm eine reit, 


Der Burgermeifter ihr entgegenjchreit 

Nah adelihen Sitten: 

„Wend ihr für Hammen von Reiftett 
bitten?“ 


. Das Fröulin auf das Rathhaus trat, 


Der Burgermeifter neben fie ſaß: 
„Ihr feind mein gnäbigen Herren, 
Das Fröulin follen ihr ehren.“ 


ihr Bitt 
verziegen, 
Der ganze Rath blieb verfchwiegen, 
Das Urtheil ward gegeben: 
Hammen wär wäger Tod weder Leben. 


. Das Fröulin auf den Thurne trat: 


„Ah Hammen, Gott geb dir ein 
guten Tag. 

Und einen guten Morgen! 

Du leift in großen Sorgen. 


Hammen, gib dich gewillig darein? 
Es gaht dir an das Leben dein, 
Ih bin fir den Rath getreten 
Und hab für dich gebeten.“ 


„Genaden mir, Frau von Oſterreich! 
Der werte Gott von Himmelreich 
Bewahr euch eure Ehre, 

Euch und andern Fröulin mehre! 


30 


14. 


15. 


17, 


18, 


20, 


21. 


22, 


Ah, werthe Frau von Oſterreich, 

Bitten für mid alfo fleißiglich, 

Daß man mich laß einmauren 

So will ih fliegen mein Leben fo 
faure.“ 


Das Fröulin die Red für d' Herren 
bracht, 
Das Fröulin ward von ihnen veradt, 
Kein Gnad modt fie erwerben: 
Junkherr Hammen muß fterben. 


. Da man Hammen aus dem Thume 


führt, 

Man leit ihm an ein grauen Rod, 
Man z0g ihm aus feine Schube, 
Seine Sünd thäten ihm fehr reuen. 
Da Hammen fürd Herren Marter- 

bild fam, 
Nun hören zu, was Hammen ſprach! 
Er fiel nieder auf feine Kniee, 
Er bat die Gmein, dag man follt 

verziehen. 
„Meifter, la mir wol derweil, 
Meifter, ihr follt mich nit übereiln!“ 
„Ih will euch ritterlihen halten, 
Den wertben Gott lafjen walten!“ 


. Da man Hammen fein Haupt abſchlug 


Bald man ihm zu einem Boren trug, 
Man leit ihn dahin mit Fleiße. 
In zwei lilachen, waren weiße. 


Man leit ihn auf einen hangenden 
Wagen, 

Man thät ihn zu fein drei Schweitern 
tragen. 

Durd einen grünen Walde 

Zu feinen drei Schweftern balde. 


Die jüngfte Schweiter das vernahm, 
Daß ihrer todter Bruder kam, 

In einer kurzen Stunden, 

Dreimal war ihr geſchwunden. 


„Ihr Herren von Ulm, wie ift euch fo gach! 
Förchten ihrnitnod ein größre Schmach, 
Die euch daraus möcht kummen 
Ueber euch und eure Frummen? 


23. Ihr Herren, willen, was das bebeut: 
Das Rindlein in der Wiegen leit, 
Das noch fein Wort kann fpreden, 
Sein Bater den muß es rächen!“ 





31 


Abdrud eines fl. Bl. aus dem 16. Jahrh. in Gräter's Bragur VIIL ©. 190, 
Daher Uhland, Nr. 137; Wunderh. 2, 171; v. Lilteneron, hiſt. BL, Nr. 118; 
Birlinger8 Wunderh. I, 531. Dort nähere hift. Erläuterungen. Der Raubritter 
Haman v. Reiſchach zu Dietfurth bei Ulm wird gefangen und enthauptet 1466. 


242. Ber Schüttenſam ( 1474). 

Tenor. Melodiefragm, bei Forfter II, Nr. 60. 
m: 
nn — ⸗— 


bet ein knecht, dem theten die Gul-den not, 










(f. Str. 3.) 
* Disfant. 
dem mwasren die Gulsden not. 

1. Wöll wir aber fingen 5. Der Schüttenfam hinwider ſprach: 
Bon einem Edelmann, ‚Wo figt der Bauer im Panp?‘ 
Der wollt die von Nürnberg zwingen ; „Er figt nit fen vom Nürnberger 
Wie ihm die Kunft yerrann! Wald’ — 
Der Schüttenfam was er genannt, Redt fih der Knecht zuhand, 

Er hat die von Nürnberg oft griffen an, „AU fein Gelegenheit weiß ich wohl, 
Geraubt und aud gebrannt. Sehshundert Gulden muß er ung geben, 


2. Zwar e8 war fein Ungewinn, Wenn ih ihm bringen fol. 


Er kriegt fie wider Recht; 6. Der Schüttenjam hinwider ſprach: 
Was hatten die von Nürnberg im Sinn? ‚Nun find doch euer wol drei, 
Sie gedachten: es wirb wol ſchlecht; Bringt ihr den Bauren in mein Ö’walt, 
Sehshundert Gulden boten fie feil, Euer Theil ift au darbei, 

Wer ihn’ den Schüttenfamen brächt', Ich reit nicht gern jo ferr hindan, 
Daß er ihn’ werb zu Theil. Wölt ihr zu Füßen wagen, 


Mein Laub habt ihr daran,‘ 


. Der untreu Knecht der funnt fih regen 
Mit feiner Schallheit groß: 

„Herr, fo reitet ung entgegen 

Und gebt uns aud ein Loos 

Nur ein halbe Meil hindan!“ 

Der Schüttenfamen hinwider ſprach: 
‚Das will ih geren thun!‘ 


3. Der Schüttenfamen bet ein Knecht, - 
Dem was der Gulden noth; 
Er vienet feinem Herrn nit redt, 
Er gab ihn in den Top; 
Darvon ward ihm fein Sedel ſchwer, 
Sein Herz ward aller Untren voll 
Und aller Frummleit leer. 


4. Er nahm ihm für ein fremden Sinn 8.Der ein Knecht nahm fi der Ned an: 
Wie er den dingen thät; „Ih weiß ein rechten Kath: 
Er gieng zu feinem Herren hin, Bir laffen ein Fräulein mit ung gahn, 
Hätt' mit ihm viel heimlicher Räth: Das bringt ung Wein und Brod, 
„Herr, ic weiß ein reihen Baurn, Ob uns der Baur nit würd alsbald, 
Wöllt ihr mir darzu helfen, Ob wir em Naht verzügen 


Bir wollen ihn wol erlauern,“ Und blieben im Nürnberger Wald.“ 





9. 


10. 


12. 


14. 


Sie nahmen ihr Spieß und auch ihr 
Wehr 

Und zogen über Feld. 

Der Schüttenſamen gab ihn' Weiſ 

und Lehr, 

Er meint, es trüg ihm Geld; 

Er wünſchet ihnen allen Glück und Heil, 

Er ſprach: Sie ſollten es friſchlich 
wagen 

Auf einen gleichen Theil. 

Sie ließen das Fräulein mit ihn gehn 

Bis daß ſie Nürnberg anſahen, 

Sie ſetzten ſich nieder und ruheten, 

Die Glocken hörten ſie ſchlahen; 

Da war es in der neunten Stund, 

Der untreu Knecht zum Fräulein ſprach 

Aus ſeinem falſchen Mund: 


. „Geh hin und bring ung Wein und Brot, 


Daß wir uns des Hungers erwehrn! 
Würden uns des Bauren Gulden roth, 
Wir wollten lang davon zehren; 

Ich hoff der Bauer werd und ſchier — 
Iſt der Frantenwein zu faur, 

So bring und Malvafier!“ 

Das Fräulein hub fih aus dem Wald 
Ueber Stod und über Stauden, 
Das Thor zu Nürnberg fand fie bald 
Mit Laufen und mit Scnaufen ; 
Auf das Rathhaus was ihr gach 
Da fie den Burgermeifter fand, 

Die Stadtknecht giengen ihm nad. 


. Sie fagt ihm alle Gelegenheit, 


Sie führt ihn auf ein Ort; 

Der Burgermeifterwasein weiferMann, 
Er merlet auf ihre Wort, 

Dod ließ er fi nicht gar daran, 
Denn Frauenwort und ihre Lift 
Betrügen mandhen Mann. 


Doch ſchuf er bald, daß es geſchah, 
Eh denn in einer halben Stund 
Daf man manden Reiter fah 

Was froh von Herzengrund, 

Ihren Haruiſch hatten fie angeleit 
Und was zu der Herren Dienft gehört, 
Das ift gar bald bereit. 


. Sie ritten für den grünen Wald hinaus 


Die unverzagten Mann, 
Sie funden drei Gejellen in der Lauſch, 
Sie griffen fie tapfer an; 


32 


16, 


17, 


18, 


19, 


20. 


2 


— 


Die zween führt man gen Nürnberg ein, 
Unter das Rathhaus in die Erden, 
Da mußt ihr Herberg inn ſein. 


Dem dritten gab man bald ein Pferd 
Und manden Reiter gut, 

Die hat man heur als wol als fert 
Darzu ein Hinterhut; 

Ihr Harniſch was lauter und erflang, 
Sie ritten durch manden grünen Walp, 
Da mander Bogel inn fang. 


Sie ritten bis an den dritten Tag 
Eh daß fie famen dar, 

Sie hielten beinander in einem Hag 
Niemand ward ihrer gewahr 

Dis daß fie ſahen dafjelbig Schloß, 
Sie liegen ſich doch nicht gar daran, 
Sie jpannten auf ihre Geſchoß. 


Der Knecht fih aus dem Sattel ſchwang, 
Er ging des Wegs ein Theil, 

Es gieng ihm wol darnach trang, 
Er entbot feinem Herren heim: 

Er follt zu ihn reiten in den Wald, 
Sie hätten ein Wildpret gefangen, 
Der Müh wurd ihm gar bald bezahlt. 


Der Schüttenfamen ihm nit anders 


gedacht 
Da er die Red vernahm: 
Die Hecht hätten ihm den Bauer bracht, 
Er wollt ihn machen zahm; 
Er reit ihnen entgegen in den Wald, 
Da fiengen ihn die Nürnberger Reiter 

gut, 

Die hielten auf ihn in dem Halt. 


Da führten fie ihn gen Nürnberg ein, 

Da ſchauet ihn mander Mann; 

Ich weiß nicht, wes fi die Herren 
bejunnen, 

Sah einer den andern an; 

Da ward er nicht ſchön empfangen 

Bon eim Bürger, der hieß Löffelholz: 

„Wol einher des Teufels Namen!“ 


‚Man führt ihn zu der Herberg fein, 


Da mander gefangen inn liegt, 
Darin da fteht ein Capellelein, 
Da man die Räuber inn wiegt. 
Darin da dehnt man feine Haut, 
Was er den von Nürnberg hätt gethan, 
Das jagt er überlaut. 





33 


22. Damad führt man ihn für Geriht 24. Er warb in einem Feuer verbrennt, 


Und feiner Knechte wol zween, Das weiß noch mander Mann, 

Es war ein böfe Zuverficht, Darin da nahm fein Leben ein End, 

Sie hörten die Urtheil jehen: Gott ſeh' fein Marter an 

„Der Herr wird verurtheilt zu Dem Feur, Und geb der Geel ein ewige Ruh! 

Die Knecht die foll man köpfen“ — Darum ift das mein treuer Rath: 

Das Laden war ihnen theur. Daß Niemand ſollt Unrecht thun. 
23. Alſo ward ihn' ihr Leben abgeſagt, 25. Der uns das Liedlein neus ſang 

Es mocht nit anders geſein; Von neuen geſungen hat, 

Die Knecht dem Herrn ſchon nachtraten Er hats geſchenkt eim weißen Rath 

Bis zu dem Rabenſtein, Zu Nürnberg in der Stadt. 

Ueber ein Schwerk vergoſſen ſie ihr Blut, Hans Kugler iſt er genannt, 

Des aud der Schüttenfam begehrt, Er war ihr fteter Diener 

Es mocht ihm nicht werben fo gut. Und dienet ihn’ allzuhand. 


Nah Uhland, Nr. 136 und R. v. Lilieneron, hiſt. BL, Nr. 127. Duelle ein 
fl. Bl.: „Ain Neüw Lied, von dem Schittenfamen vnd feinem falfhen knecht. Vnd 
ift in dem thon, wie man fingt vonn dem Künig Paris, der fein Tochter befchlief, 
ond fhwanger ward. Getrudt zu Augfpurg, Durch Hans Zimmerman“, 4 Bll., 
0. 3. (ca. 1540). Nah einem fl, Bl. (fheinbar demſelben, mit Correfturen) im 
Woh. a. A. IL, 180: „Bon den Schittenfamen und feinem falfhen Knechte, im Ton 
von König Paris’. — 


Der bier bejungene Weglagerer (Schüttenfam) wurde 1474 in Nümberg verbrannt. (Hiftori- 
fched darüber ſ. Hormayr, Taſchenb. f. vaterl. Geſchichte 1833, ©. 133 und R. von Liliencreon, 
bift. BR. Nr. 127). — 

Schüttenfam bedeutet foviel ald „Schütt! den foum! rüttle, wirf ab die Saumlaft!” war 
alſo nit Eigenname, fondern Bezeichnung für einen Wegelagerer, der die beladenen Saumroffe 
plündert (Schmeller III, 246; Grimm, Grammatit I, 946). — In Str. 3 nimmt das Boltälied 
Partei gegen die Treulofigkeit ded Anechtes, weil er um Geldes willen feinen Herrn verrietb, Das 
war gegen den germanijchen Charakterzug, welcher Falfchheit haft und verlangt, feinem Feinde im 
offenen Kampfe zu begegnen. 

Die Melodie hat ſich bisher noch nicht gefunden, fondern nur ein Fragment davon bei 
Worfter II, 1540, welches beginnt: „Der Schüttenfam der bet ein Knecht“. —* lautet die 
Tonangabe zu einem geiſtlichen Liede: „Ach Gott im höchſten Throne, du liebſter Vater mein”. 
(WE. III, 405.) Die Worte zum Melodiefragment find der Anfang von der 3. Strophe. Man 
kann aber auch folgern, daß es fchon ein Älteres Schüttenfamlied diefes Anfangs gab, das Hand 
Kugler (f. Ste. 25) umarbeitete. — Wenn ih im Altd. db. Nr. 373 eine altniederl. Melodie 
fegte und gar in einer geiftlichen Melodie (vom Weingarten) den Schüttenfam Ton finden wollte, 
fo geſchah das voreilig und ohne genügenden Grund. — Bergl. die Aehnlichkeit der Mel. Nr. 267. 

Der Schüttenjamton ift he in dem Lied von Jürg Graff: der Landsknecht auf den 
Etelzen (Der in den Krieg will ziehen) vorgefchrieben. Lepteres Lied dient wieder zur Tonangabe 
für ein bifter. Lied von 1548 (Liliencron 569). 


243*. Schlacht bei Murten (1476). 
(In Schilher's Hofton.) 










der 


| Gott Ba ster in der E » wig » keit, ge» lo» bet figft in ber Gott«heit, 
! Daß du und gie -beft Macht und Kraft, daß wir find worsden fie „ge - haft an 





ñ 
Würd und go » gen Eh «ren, der durd die gan-ze Ghrieften-beit mit 
Burgund Karl dem Her⸗ren, wi-der all Got-ted Bil-ligs-keit macht 


Er! u. Böhme, Liederhort. II. 3 





Ne 





Krie » gen und mit —X das 


Witt» wen und aud Wais-fen man Gott und auch Masri = en 





—- 
fla » gen; Gott wolltd nit mehr ver « tra=gen, n Straf tbät Gott zur- band wol 


R —- 
durch den gro « Ben Bund ge «» nannt. 


Das ift der Anfang des Liedes auf die Schlaht bei Murten 1476. Vollſt. Tert und Me- 
lodie in Tſchudi's u Be Samml. St. Galler Bibl. God. 1219, ©. 81. Abdr. bei von 
Lilieneron bit. PR. 


Die Melodie * — nach dem Meiſterſinger Jörg Schilher (aub Schillher und Schiller. 

er Meifterfingerton des 15. Jahrb. iſt auch anderen Biftorifehen Liedern vorgefchrieben, ale: 
eit Webers Ki auf Defterreihe Bund mit der Schweiz 1474: Gelobet fi der — got 

——— 130). b) auf die Nawerrenſchlacht 1513: Man ſagt und alſo fonnentlar | Riliencron 27 ) 


Es giebt noch ein anderes Murtenlied, davon der Anfang folgt: 


243’. Murtenlied von Beit Weber (1476). 


„Bon dem ftrit von Murten. Im ton: Wie wol ih bin ein alter Gryß.“ 


1. Mein Herz ift aller Fröuden voll 2. Der Herzog von Burgund genannt 
Darumb ich aber fingen foll, Der kam für Murten hin geramnt 
Und wie es ift ergangen. Sin jhaden wollt er rächen, 

Mid hat verlanget Tag und Nacht, Den man ihm vor Öranfon hat getan, 


Bis fih der Schimpf nun hat gemacht Murten wollt er zerbrehen (32 Str.). 
Nah dem ih han Verlangen. 


Bollftändiger Tert bei v. Lilieneron, Nr. 142 (Wolff 546). Wenn in fpätern 
Druden dieſes Liedes (1563) die Melodie vom alten Greyß (f. Nr. 252) angegeben 
wird, fo ſcheint die alte Weife damals nicht mehr gefannt oder auf das Lied vom 
Greis (1499) übergegangen zu fein. 


244. Iudenverfolgung zu Paſſau (14785). — 
Mel. in Koler’d Ruefbuechl 1607. 


— Sr — = FREE EEE Se 
u | 1-4 et | —— — um — ——— 
— — ——— — 





Mit Gott, der al sin Din » gen ein Anfang ge » ben Fat, fo 





been wir an zu fin » gen ein wunsder =» fi -» de Xhat. 





— 


"38 


2. Als man zählt taufend vierhundert Jahr 3. Der Chriftopb Eißenhammer 


Auch fieben und fiebzig Jahr, Durch jein groß Miſſethat 
Zu Paſſau gihah groß Wunder, Fing an ein groß Jammer 
Da Ulrich Biſchof war. Zu Paſſau in der Stadt. ꝛc. 


Bollftändiger Tert von 24 Str. im Wdh. I, 312, wozu Goethe bemerkt „Bänfel- 
fängerifh aber lobenswerth.” 


245. Bas Bollerlied, 


Einnahme von Dole (1479. 
a) Einfahfte Form der Melopie. 
Mel. 1611 im Görliger Gſgb. 








Ber» mer» fend gro » fen Kummer, wol beur zu die » fer Sa Da 
Wie es zu Piingfte im Sum = mer zu Zoll er » gan=gen ift: 








—— = — — 


Le «ben, in Kumsmer mußstend fter » ben und lei » den bit⸗ tern Tod, 


Bollftändiger Tert bei von Lilteneron, hit. BL. Nr. 159. Das Lied handelt 
von dem Berrath ver Stadt Dole 1479, Ueber die Mel. vergl. Alto. Liederb. 
Nr. 374. 


b) Aeltere Lesart der Melodie, 


Lied auf den Türfenfrieg 1526 (v. Lil, Nr. 429), 
Mel. 3. Ott 1534, Nr. 38, 








j Ihr Ghri» fin all» ge » lei » che, 
Iwie es im Defter - rei» die ge » ſchehn in jdel » Te 



















Zeit vom Tür-ken ü = ber-zo⸗ gen für Wien mit feinem Kath, 





ie» doch bat er nit mü » gen die Chri⸗ſten ü =» bersfie » gen: Lob 











— 


36 


c) Niederländiſche Lesart. 
In oostland wil ick varen, mijn bliven is hier niet lone. 
Ps. 82. Souterliedekens 1540, befjer 1556 (wie bier). 





Drig. mit doppelt gr. Noten um eine Duinte tiefer. »Im Altd. Liederb. S. 458 
war die Wendung nah F ein Irrtum. — Der niederländ. Tert, ein Abſchiedslied 
in neunzeil. Strophen ift nicht weiter befannt. 

Diefe Melodie hält von Lilteneron (j. deilen Nachtrag S. 88) für die Doller 
Weife oder Toller-Melodie, die unter ihrem eigenen Namen fi nicht gefunden 
bat. „Uber es ſcheint nah dem Strophenbau kaum zweifelhaft, Daß dieſes vor- 
ftehende Lied von 1529 diefem Tone angehört. Es ift alfo wenigftens möglich, 
dak wir im Tenor des vierftimmigen Satzes von Brud die alte Melodie vor uns 
haben.” Soweit von Liliencron, der die Mel. unter p mit Taktwechſel giebt unter * 
zwei Noten kürzt. Erf bringt fie nah dem Original, wie bier fteht. 

Ich bin der Annahme Liliencrons hier und im Alt. Piederb. zwar gefolgt, weil 
ic troß weiterer Forfhung wohl noch mehrere Lesarten derjelben Melodie, aber keinen 
befieren Nachweis bringen kann, ich zweifle aber ſehr an der Richtigkeit. Außer diefen 
habe ich noch zwei andere Melodien im Verdacht, daß fie Die Dollweife fein können; 
fie heißen: Frifh auf in Gottes Namen (Nr. 290) und „Friſch auf, ihr 
Landsknecht alle“ (f. Pandstnehtslieder). Sie paſſen im Metrum und nad dem 
Alter zum Dollerlied, mehr ift aber nicht nahweisbar und darum die Dollerweile 


noch nicht ſicher Feftgeftellt. 





246. Lindenſchmid (+ 1490). 
a) Erfte Melodie. 


Melodie; „Kommt ber zu mir“ (ohne 5, Zeile). 





Was wölln wir fingn und be=- ben an? das beit dad mir ges 





1 


37 


b) Zweite Melopie. 


neused Lied zu 


E » del » mann, 





der beißt Schmid von der 


Handſchriftlich nach 1546, 
x 








Lin =» den. 


Helteres Lied. 


. Was wölln wir fingen und heben an? 


Das Belt das wir gelernet han, 
Ein neues Lied zu fingen; 

Wir fingen von einem Edelmann, 
Der heift Schmid von der Linden. 


. Der Lindenfhmid hat einen Sohn, 


Der ſchwang den Roſſen das Futter vor. 
ber eine kleine Weile; 

Er lag dem Markgrafen in dem Land 

Und war ihm viel zu geſchwinde. 


.„Frau Wirthin, iſt der Wein hie gut? 


Iſt hie noch Stallung genug? 

Biel Wägen werden kommen; 

Sie fahren von Augsburg ab und zu, 
Fränkiſch Gut haben fie geladen.‘ 


.„Allbie ift der fühle Wein gut, 


Hie ift auch Stallung und Futter guug, 
Drei Röflein ftehn darinnen, 

Sie kommen eim reihn Edelmann zu 
Der heißt Schmid von der Linden.“ 


. Sobald als fie das Wort ausſprach 


Junker Casper in den Stadel trat 
Den Pindenfhmied wollt er fangen 
Er ſchlug umd ſtach alles was er ſah: 
Lindenſchmid, gib dich gefangen!” 


.‚Soll ih denn dein Gefangner jein, 


Das Mag ich Gott von Himmelreich 
Und feiner wertben Mutter; 
Wär ic) drei Meilen jenjeitö dem Rhein 
Wollt ih dir wol entreiten.‘ 


„Auf jenfeit ven Rhein kommſt du nit, 


Das tft dir defto lieber nit 

Es ift dir miſſelungen; 

Du baft mir großen Schaden gethan, 
Darum gib dich gefangen!“ 


8. 


9 


12. 


13. 


„Wirthin zapf ung einen kühlen Wein 
Und laft uns friih und fröhlich fein, 
Laßt uns efien und trinken! 

Auf daß dem hübſchen Lindenſchmid gut 
Sein junges Herz nicht verfine.“ 


Was fol ich friſch und fröhlid jein? 


Es trifft mir an das Leben mein, 
Ih mag weder trinfen nod efjen, 
Ich bitt nur um das Waſſer allein, 
Daß ich mein Wunden mag wäfchen.‘ 


„Ah Lindenſchmid, fei wolgemeit! 


Das Waller foll dir fein bereit, 
Damit du dein Wunden folt wäſchen: 
Dis Freitag fommt der Meifter ins 
Land, 
Der führt das Wafler in ver Scheiten.” 


‚Ab kann und mags nicht anders 
gefein, 
So bitt ih für den jüngften Sohne 
mein, 


Der Reuter ift noch junge; 
Hat er euch etwas Leids getban 
Dazu ift er gebrungen.‘ 


Junker Caspar der fprad nein darzu: 
„Das Kälblein muß folgen der Kuh; 
Da wirds nit anders geſprochen, 
Und wenn der Yüngling jein Leben 
behielt, 
Seins Baterd Tod würde gerochen.“ 


Auf einen Freitag das geſchah, 

Daß man den Pindenfhmid richten ſah 
So fern auf grüner Heiden, 

Da fah man den edlen Lindenſchmid 
Bon guten Gejellen ſcheiden. 





38 


« 5,2 Stadel, Scheuer. 10, 1 wolgemeit, eigentlidy ftattlih, bier fo viel ald wohlge: 
mutb, getröftet, gefaßt. 


Ambrafer (Frankf.) Liederbuch 582, Nr. 116. Ebenſo Frankf. Liederb. 1584, Nr. 116. 
Darnadı bei Ubland 139 B. 

Wir haben per Lindenjchmidslieder: diefed und das folgende, Wie beide ineinander gear 
beitet find, mag der Leſer felbft erfehen. Welche von beiden Faſſungen ift wol die ältere? Ich 
vermutbe, das bier ftebende fei dad ältere; es ift unvollftändiger und zerrütteter ald das nadı- 
folgende. Der Tert mag bald nah der Hinrichtung des Wegelagerere Schmid von der Linden 
1490 entftanden fein. Weber das Geſchichtliche veral. Pilieneron, bift, VL. Nr. 178. — 

Ueber die Melodie, die ald Lindenfhmidston unendliche mal im 16. Jahrh. angeführt 
wird, f. Böhme, Altd. Lob. Nr. 377, wo — nachgewieſen iſt, daß dieſer Ton 1530 zum 
Kirchenliede „Kommt ber zu mir, ſpricht Gottes Sohn“ verwendet und zu dem Behufe 
dur Wiederholen der 4. Zeile aud der fünfzeiligen Melodie eine ſechözeilige gemacht worden ift. 
Zu diefem geiftlihen Terte kommt fie in einer Berliner Handſchrift um 1530, dann 1534 in Dit’s 
Liederbuh Nr. 15 vor, in Babſt's Gefangb. 1545 und ift dann in allen evangelifchen und 
fatholifhen Gefangbüchern bis auf die Neuzeit erhalten geblieben. ch gebe fie unter a) nach den 
älteften Quellen, ohne Wiederholung der 4. Zeile. Die Anfangenote unter 1 ift bei Dit und 
Babſt doppelt lang, die Eingangspaufe fehlt. Die fünf erften Noten der Schlußzeile bei 2 ſtehen 
bei Babſt eine Note tiefer, was unfingbar ift und fpäter aus dem Choral entfernt wurde, 

Die zweite Melodie ficht ohne Tert mit der Ueberjehrift „Linden Schmid Thon“ hand- 
fhriftlih eingetragen in einem Drud des Liedes „Ad Karle großmechtiger man“ (1546). Germ. 
Mujeum, Mitgetbeilt von Lilieneron, Nachtrag ©. 69. Ich gebe fie rhythmiſch ähnlich wie von 
Liliencron. Ob fie wirklich der vielfach citirte Bindenihmidsten fei? bleibt fehr zweifelhaft. Da 


diefe Weife fonft im 16. Jahrh. nicht wieder vorfommt, aud das Wiederholen der Schlußfilben 
ibr fehlt, möchte man fie faum für den üblichen Lindenfhmidsten halten. Der fpäte Schreiber 
könnte fih doc wohl auch geirrt haben oder man müßte für die zwei Lindenfchmidslieder auch 
zwei Singweifen gehabt haben. Dieje Melodie war im 17. Jabrb. noch gefannt: Werlin in feiner 
Handſchrift um 1640 ©. 1589 bringt fie zu dem Texte „Am Weihnachtéabend in der Still” in 
folgender Form: 





Diefed Weihnachtslied (f. Altd. Lob. 533; Bäumfer I, S. 367) fang man auch nad einer 
Variante des wahren Lindenſchmidstones. 

Es ift Grund vorhanden, daß der Lindenfhmiddton nicht erft mit diefem Liede entftand, 
fondern älter ift. ferner ift nicht unmahrfcheinlich, daß die vorftchende alte epifhe Melodie 
bald fünf, bald ſechszeilig gebraucht wurde. Nicht alſo erſt mit (1530) dem geiftlichen 
Tert: Kommt ber zu mir ꝛc. entitand die fechszeilige Versform, fondern fie war fchon lange 
im 15. Jahrh. gebraucht, z. B. „Jubileus ift und verfündet ꝛc.“ (1450). Wieder kommt diefe 
(Erweiterung vor in bift. Liedern von 1511 (Liliencron 265) und 1514 Liliencron 289). 

Wie dem Lindenfhmidston ging ed auch dem Schweizerton, der bald fechgzeilig (1512 
und 1513) bald fünfzeilig gebraucht wird (f. Liliencren, Töne). 


AT. Lindenfchmid. 


Jüngeres Lied. 
Niederländifhe Mel. 1540, 


Imesrrssasmsoo> 
































nit lang daß «8 ge⸗ſchach, daß man den Lindenſchmied 








ſach 


rei =» ten 





ei » nem bo =» ben 


Rof «fe, 





Rhein⸗ſtrom auf und ab 
* ja gg» nf =» +» »: fen. 


1. Es ift nit lang, daß es geſchah, 
Daß man den Lindenfhmid reiten ſah 
Auf einem hohen Roſſe; 

Er reit den Rheinftrom auf und ab, 
Hat fein gar wol genoffen, ja genofjen. 


2., Friſch ber, ihr lieben G'ſellen mein! 
Es muß fih nur gewaget fein, 
Wagen das thut gewinnen; 

Wir wöllen reiten Tag und Nacht, 
Dis wir ein Deut gewinnen.‘ 


3. Dem Markgrafen von Baden fam 
neue Mär, 
Wie man ihm ins G'leit gefallen wär, 
Das thät ihn ſehr verdießen; 
Wie bald der Junker Casper ſchreib: 
Er follt ihm ein Reislein dienen. 


4. Yunfer Casper zog dem Bäurlein ein 
Kappen an, 
Er ſchickt ihn allzeit vorne dran 
Wol auf die freie Strafen: 
Ob er den edeln Lindenſchmid fänd, 
Denfelben follt er verrathen. 


5. Das Bäurlein fhiffet über Rhein, 
Er fehret zu Frankenthal ins 
Wirthshaus ein: 
„Wirth! haben wir nichts zu efien? 
Es fommen drei Wägen, feind wohl 
beladen, 
Bon Frankfurt aus der Meſſen.“ 


6. Der Wirth der ſprach dem Bäurlein zu: 
‚Ya Wein und Brot hab idy genug, 
Im Ställ da ftehn drei Rofle 
Die feind des edlen Lindenſchmid, 
Er nährt fih auf freier Straßen.‘ 





wol 


; bat 


fein gar ge = nof = fen, 




















7. Das Bäurlein dacht in feinem Muth: 
Die Sache wird nod werden gut, 
Den Feind hab ich vernommen ; 
Wie bald er Yunfer Casper jchreib, 
Daß er fol eilends kommen! 


8. Der Lindenfhmid der hätt einen Sohn, 
Der follt ven Rofjen das Futter thun, 
Den Habern thät er ſchwingen: 
„Steh auf, Herzliebfter Vater mein! 
Ih hör die Harmniſch' Klingen.“ 


9. Der Lindenfhmid lag hinterm Tiſch 
und fchlief, 
Sein Sohn der thät fo manden Rief, 
Der Schlaf hatt! ihn bezwungen. 
‚Steh auf, herzliebiter Vater mein, 
Dein Berräther ift fhon kommen.‘ 


10. Junker Casper zu der Stuben eintrat, 
Der Lindenfhmid von Herzen fehr er- 
ſchrak. 
„Lindenſchmid, gib dich gefangen! 
Zu Baden an dem Galgen hoch 
Daran fo ſollt du hangen! 


11. Der Lindenfhmid der war ein freier 
Reutergmann, 
Wie bald er zu der Klingen fprang: 
‚Wir wöllen erft ritterlich Fechten!‘ 
Es waren der Bluthund alfo vil, 
Sie ſchlugen ihn zu der Erden. 


12., Kann und mag es denn nit anders gefein, 
So bitt id umden liebſten Sohnen mein, 
Auch um meinen Reutersjungen, 
Und haben ſie Jemands Leids gethan, 
Darzu hab ich ſie gezwungen. 





40- 


13. Junker Casper ſprach nein darzu: 14, Sie wurden alle drei gen Baden gebracht, 
„Das Kalb muß entgelten der Kuh; Sie faßen nit länger denn eine Nacht; 
Es fol dir nicht gelingen, Wol zu derfelbigen Stunde 
Zu Baden in der werthen Stat Da warb der Lindenſchmid gericht. 
Muß ihm fein Haupt abſpringen.“ Sein Sohn und der Reutersjunge, ja 

Junge. 


Fl. Bl., Bafel, bei Johann Schröter (c. 1610), darnach bei Uhl. Nr. 139 A. Nah 
einem fl. Bl. von 1646 in Eſchenburg's Dentmälern altd. Dichtk, Bremen 1799, S. 450. — 
Nah Meißner's Apollo, Juni 1794, ©. 173; im Wunderhorn I, 1806, ©. 125. Urtbeil 
Goethe'd —* Bon dem Reiterhaften, Holzſchnittartigen die beſten Sorte. Auch im „Venus— 
rg * — auserleſene Lieder.” Hamburg 1659. Aus verſchiedenen Quellen bei Liliencton, 
hiſt. DR. Nr. 5 

r Grftaunlich ift die Zähigkeit des Volkes im Feftbalten feiner alten lieben Gefänge. Beweis 
dafür: dag von diefem Liede ein Fragment von 10 1/; Strophen, ziemlich im Wortlaut mit dem 
alten Tert übereinftimmend, von Goethe 1771 im Elfaß aus mündlicher Ueberlieferung aufgezeichnet 
werben konnte. Siehe dasjelbe in „Herderd Nachlaß 1856, I, S. 164°. Anfang: 


„Es war ein adlicher Lindenſchmidt, 
Nährt fih auf freier Landſtraßen.“ 


Borftchende Melodie in den Souterliedekens 1540, Pi. 45, mit der Tonangabe: »Het 
voer een knaepken over Rijn« (ein nicht weiter gefannter Text). Die Melodie laffe ich bier 
ftreng taktiſch eingefpertt, wie dad Erf für richtig bielt. Ebenſo, nur am Schluß entjtellt bei 
Kr. 1 ©. 12; bei Willemd Nr. 226 faum noch zu erkennen. Man fiebt, wie diefe niederländifche 
Boltöweife ganz ähnlich ift mit „Kommt ber zu mir ꝛc.“ und wahrfcheinlich der Pindenfhmidsten 
war, weshalb ich ihr den Zert unterlegte, wad Erf zurüdweift, ohne Gegenbeweis zu bringen. 

Ich bleibe bei der durch Wahrjcheinlichkeitägrunde geftüpten Annahme: daß die Singweiſe 
zum Lindenſchmidliede gleih war mit „Kommt ber zu mir 2c.“, aber ohne Wiederholung der 
4. Beile. it mir ftimmt Herr von Lilieneron (Nachtrag S. 91) überein. Erf wollte davon 
nichts wiſſen. Er hielt für den wahrfcheinlichen Lindenjchmidstoen die Melodie: Es gebt ein frifcher 
Sommer daher (= Schweizerton). Beweidgründe fehlen aber. — 

Gerade die niederländifche Lesart ift ein fchlagender Beweis dafür: daß die Melodie „Kommt 
ber zu mir* eine weltlihe Volksweiſe und zwar eine fünfzeilige war, mit Nachklang. 
Bon einem geiftlichen Licde, daß faum erft 1530 in Deutfchland auftauchte, borgte der Niederländer 
gewiß nicht feinen Ton zu feiner längft vor 1530 befannten Romanze. 


GT 3,2 ind Geleit fallen, in das Gebiet, darin dem Markgrafen dad Recht zufteht: den 
Durchziehenden Schupgeleit zu ertheilen (v. Lilieneron). 3,5 ald Reifiger, gerüfteter Krieger zu 
Pferde dienen. 4, 1 Kaspar ſchickt einen verfleideten Bauern auf Kundfchaft aus. 6,5 er 
nährt fih vom Straßenraub. 8,3 fehüttete er den Pferden den Hafer aus der Futterſchwinge vor. 
9,2 Rief, Ruf. 13,3 es wird deine Bitte nicht gewährt. 





Gin niee Red wi be-ven an, dat beft dat wi ge » lerenet han, ein 
















— 
gen: 


nised Led to fin . . . Junfer Balzer nam ein Hu=pen Landsknecht 





an, den Gra:ven wold be dwin = = gen. 





41 


Niederdeutihes Landöfnchhtslich, gedichtet von Meinert von Hamme, einem tüchtigen Lands— 
fnchtöbauptmann, der unter Karl V. diente. Tert auf einem fl. DI. „Ban Junder Balger, 1531”. 
—— Goedeke, koning Ermenvikes döt. Hannover 1851, S. 8 und von Liliencron, biſt. 

oltsl., Nr. 435. 


Junfer Baltbafar von Eſens war ein friefiicher Häuptling und fFreibeuter, vor 1531 
gefangen genommen. Aber nur die 2 Anfangeftropben des Liedes handeln von diefem fFreibeuter und 
ſcheinen die Ueberrefte eined früheren Liedes zu fein. In feinem Fortgange befingt das Lied den 
Einfall des dänischen Königs Chriftian in Norwegen 1531. 

Ih habe dem Balzerlied die niederländifhe Melodie aus Souterliedekens 1540, Pf. 46 
beigegeben, welche die Ueberfchrift führt: Een niew lied wy heflen an. Gleicher Anfang und 
Stropbenbau, ſowie gleiches Alter der Singmweife beftimmten mid dazu. Ueberdies ift ficher anzu⸗ 
nehmen, daß das Balzerlied aus Friedland in den nabgelegenen Niederlanden damals befannt war, 
zumal auch vom gleihen Dichter ein niederländifches Lied auf die Einnahme von Heindberg (1543) 
in dem Antwerpner Liederb. 1544, Nr. 182 vorfommt. — Die Melodie bier ift eine Bariante von 
„Die Welt bat einen dummen Mut“. 


249. Thijsken van den Schilde (15. Iahrh.). 


Souterliedekens 1540, Ps. 112, 





⸗ 
Het is goet pays, gout vre-de in al-le duit-sche lan-den, sonder 





—_. 





van-ghen so swaerlick op sijn Jijf. 


Bert: Antwerpner ob. 1544, Nr. 59, 12 Strophen. Daher Hor. belg. II, 
©. 81; Willems Nr. 108. Ueberſ. bei Wolff, poet. Hausihat des Auslandes S. 202. 
Anmerkungen bei Kalff ©. 125. — Die Melodie hat finnlos als Tempuszeihen C. 
Meine Wiedergabe mit Heineren Noten und Taktwechiel bat am Rhythmus nichts 
geändert. — Die Wiederholung der legten Notenzeile habe ich erſpart. 


Dad Lied jedenfalld im 15. Jahrh. entftanden, nad einer biftorifch nicht feftgeftellten That- 
ſache, handelt von einem Wegelagerer und deifen Hinrichtung: 
Es ift große Freude im Lande, daß ein Ritter, Thysken von dem Schilde, auf feinen Streif- 
zügen gefangen genommen und zu Delder im Thurm liegt, gefangen „auf feinen Leib“, d. b. zum 
ode beftimmt. Ohne ihn kehrt feine Bande beimmwärtd und dad vrouken van den schilde 
(nit Geliebte, fondern Ebefrau!), das auf hoher Zinnen nah ihm ausfhaut und ihren Geliebten 
vermißt, erfährt auf ihr fragen die Wahrheit. Sie willd nicht glauben, läßt ihr Pferd fatteln 
und reitet nad Delder vor dad hohe Haus. Nun folgt ein Zwiegefpräb mit dem Gefangenen, 
der fein Haupt aus dem fFenfter feiner Zelle berausftekt. Ein Verweis folgt dem andern. Sie 
wirft ihm vor, daß fie ihm vor feinen nächtlichen Raubzügen immer gewarnt babe. Darauf macht 
er ibr den Dorwurf, daß fie die Schuld und Urfache feiner Räuberei jei, weil fie bei ibrer Prunk— 
fuht nur Silber und Gold tragen wolle. Die Beihuldigte erwidert: Hätteft du mit diefem Wort 
geihwiegen, mit Silber und Gold hätte ich dich aufgewogen. (Damit ift ein Löfegeld gemeint.) 
„Run mag es foften deinen jungen Leib!“ und böbnend fügt fie hinzu, fie wolle dad Rad mit 
Rojen umkränzen darauf er ruben möge. — 
Hoffmann (S.48 der Einl.) bat in diefem Liede das Losbitten eines Gefangenen durch feine Ge— 
liebte (2) erkennen wollen. Kalff (S. 145) bat diefen Irrtbum zurückgewieſen: denn nirgends im 





42 


Liede ift von einer unverheiratbeten Jungfrau die Rede, fie beißt vrouken van den Schilde und 
mag des Ritterd Frau gewefen fein, wenn auch die Ehe vielleicht der kirchlichen Einfegnung entbebrte. 

Das Lied ift, wie Kalff gefunden, fchen zu Anfang des 16. Jahrhunderts dramatifirt worden, 
in Sam. Coſter's »Speel van Thysken van den Schilde«, darin zwei Perfonen fpielen. 


250. Elaes Molenaer (Klaus Müller, 15. Inhrh.). 


Die wise van Claes molenaer. Mei. 1539. 










Claes mo -li-naer en sjin min - ne -kijn, si sa -ten te 





sa-men al in den wijn, van minnen wast dat si spa - ken. 





Melodie 1539 im Antwerpner geiftl. Liederb. (Een devot ende prof. Boecxken, ncu 
beraudg. von Sceurleer) Nr. 161 zu dem geiftlichen Liede: 
In vreuchden is alle die werelt "us 
Die engelen bringhen ons groot jolijt 
Met vreuchden hier beneeden. 
Der weltliche Tert im Antwerpner Lob., 1544, Nr. 15; daher Hoffmann, Hor. be I, 
Nr. 55 (17 Strophen). — Die Hinrihtung eined freben Schlemmerd und Lanpdftreiherse Klaus 
Müller wird darin erzählt. — Nach Kalff (S. 190) — noch ein ſpäteres Lied dieſes Titels, 
das aber vom Ritter im Mehlſack handelt, aber vierzeilige Versform hat. 


251. Fräulein von Britania (1491). 
a) Deutſche Melodie. 


Handſchriſtl. 1547, 







ne a a —————— 
Nun wöll wir a» ber fin «» » gen und möls» end be » ben 









an, von Kai-fer Ma-ri» misliran und fei » ner faiferlihen Aron und 





























lich ver = jchrie = ben hat. 


b) Niederländiſche Melodie. 
Souterliedekens 1540. Rr. 141, 


F— 


























Met lu-sten willen wi sin-ghen ende lo-ven dat room-sche righ van 





43 







- 
co-nine Maxi-mi - li - an, ghe - bo-ren ut Oe-sten- rk. Die e - del 





” — *2 * 
eonine den e- de-len stact, hoe dat hi zijn-der vrou-wen ut Bri- 


ca 








— 
tan - ien be-schre- ven hoe. 


1.Nun wöll wir aber fingen 5. Sie fprad : „Das wöll Gott nimmermeh! 
Und mwöllens heben an Ihr haben vor ein Weib; 
Bon Kaifer Marimilian Mein Ehr will ich behalten 
Und feiner faiferlihen Kron, Sa, meinen ftolzen Leib; 
Bon feiner faiferlihen Majeftät: Ich will behalten mein Kränzlin mir 
Daß er dem Fräulein aus Britania Ich will es doch behalten 
Heimlih verfhrieben hat. Dem römifhen Reich zu Ehr.“ 

2. Sie thät das Brieflin lefen 6., Mein Weib ift nod nit alt genug, 
Diefelbig Jungfrau zart: Das fag id) doch euch fürwahr, 
‚Nun welcher mit mir reiten will, Sie war mir über mein Willen geben, 
Der mad) ſich auf die Fahrt sh was alt fieben Jahr, 
Zu einem König aus Oeſterreich! Sie ift ein Yungfräulein auf diefen Tag 
Demfelben will ih bringen Sie ward mir zugefprochen 
Bon Gold ein Kränzelein.‘ Dieweils ich in der Wiegen lag. 


1 


. Der Papft der nimmt das Geld von mir, 
Scheidt mid von meinem Weib, 

Er giebt eudy zwei zufammen 

Zwo Seel und einen Leib.’ 

Sie ſprach: „Das wöll Gott nimmer: 


3. Die Braut faß auf mit Ehren, 
Wollt reiten ind deutſche Land 
Zu ihrem edlen Herren: 

Groß Leid ſtieß ihr zur Hand 
Bon einem Künig aus Frankreich. 


. br!“ 
Bon Herzen erſchrat fie fehre, Man fah viel heißer Thränen * 
Die ſchön Magd tugendleich. Aus Au Gogh 
4, Sie reit ein wenig fürbaf, 8. Der König ehrt fi) nicht daran, 
Der Künig reit gen ihr ber; Er führt fie mit ihm beim; 
Bon Weinen wurden ihr Auglein naß, Er lag bei ihr die liebe lange Nacht, 
Bon Herzen erſchrak fie ſehr; Sie führt ein groß Geſchrei: 
Er ſprach: ‚Oott grüß euch, Yungfrau Der grüne Wald wird foften manden 
fein! Mann, 
Ih will euch zu Ehren haben Der fih darum fterben muß, 
Zu einem ehlihen Weib.‘ Kein Schuld nit dran gewann. 


Das Lied vom Fräulein aus Britania behandelt die Geſchichte, wie Anna, die 
Erbin des Herzogtums Bretagne, dem römifhen Könige Marimilian I. durch den 
franzöfiihen König Karl vem VIIL weggenommen wird. Lebterer war als Kind ver- 
lobt mit der finblic jungen Tochter Marimilians, Margaretha von Defterreich, die er 
aber wieder nah Wien zurüdihidte und die Braut Anna begehrte, fie auf ihrer 
Reife nah Deutichland gefangen nahm und am 6. Dezember 1461 fi mit ihr 





44 


vermäblte. Mehr Hiftorifches bei von Liliencron, hift. 2. Nr. 180 und Leben im BR. 
Einl. 36. Das im Jahre 1491 entftandene Lied ift während des ganzen 16. Jahrh. 
gefungen worden. Die ältefte Faſſung, in ver es uns vorliegt, ift niederländiſch: 
Antwerpener Fob. 1544 No. 115. Daher Uhl. Nr. 173 und Lil. 180A, — Der 
ältefte erhaltene deutſche Tert ift ein fl. BI. vom Ende des 16. Jahrh. (Straßb. im Korn- 
markt). Darnad Lil. 180B. Nah einem fl. Bl. Bafel, Joh. Schröter 1613, bei 
Uhl. 173 B umd hier. — v. Pilteneron hält dafür, daß der niederl. Tert aus dem 
deutfhen (nicht umgekehrt) überfegt jei. 

Das Bersmak ift dafjelbe wie im Schüttenfamliev. 

Die Melodie gebe ich in zwei Lesarten. a) Zum deutſchen Tert gehört die 
Singmweife, die zu einem biltor. diene auf die Schladht bei Mühlberg 1547 in ber 
MWolfenbüttler Hichr. des 16. Jahrh. Aug. 12, q.Fol. fteht und daraus mitgeth. ift 
von Lilieneron, Nachtrag ©. 84 Nr. 91. Ueber diefem Terte fteht: „Im thon, So 
wollt ich gerne fingen, wenn ich vortrauren möcht. Oper wie man das frewlein auf 
Britanten ſingt.“ Jener Tert von 1547 beginnt: 


So wollt id geme fcherzen Der neulich für Mülberg gefangen ift. 
Wenn ich für trauren modht, Verkauft und auch verratben 
So rawet mich im berzen Durch faliche böfe Liſt. 


Der frum edle churfurſt. 

Die Tertunterlage bei v. Liliencron ift verfehlt: ein Wiederholungszeichen ftand nicht 
im Original. Diefe Mel. gab id fhon im Alto. Yob. 378 zum „Fräulein v. Britania, 
b) Daneben ftellte ih die nievderländifhe Weile aus den Souterlievefens 1540, 
Pf. 141 (f. Alto. Lob. 379). Das Orig. in F. Altſchl. und dopp. Notendauer. 
Ih gebe fie nach Volksart mit Taktwechjel, Erf hat fie nach */4-Takt gefhrieben. — 
Willems hat fie verändert und achtzeilig gemadt um fie zu einem Liede v. Jahr 1450 
(Uhl. Nr. 300) pafiend zu machen. Die feinen Durdgangsnoten bei * fehlen im der 
Ausg. des Souterl. 1557. 

Man erfieht, daß die deutfhe von der niederl. Pesart nur unmefentlih abweicht. 
v. Lilieneron (Leben im BL. S. 50) glaubt: die rechte Weile in Deutſchland zum 
„Fräulein von Britanta” fei gewefen: Ich fund an einem Morgen. 

J 1,7 gefchrieben (nach heutigem Spradgebraude). 5,2 Ihr babt ſchon ein Weib, Es 
war Marimiliand Tochter, Margaretbe von Defterreih, mit Karl VIII. feit 1482 verlobt war. 
6,1 war 1491 erft 11 Jahr alt. 8,5 Grüner Wald, wo die Entführung geichab. 


252. Bruder Claus (Lied um 1499), 


Mel.: Ah Gott in deinem höchſten Thron. 












al » ter Grid, fo dichten ich doch in 


u zn 
Wie wel ih bin 


ein 


— — —— eo 
? dad ift an Her» zog 


U = rich ſchein, Gott bat ibn wid ge» boh-fen ein, und 





























mit feim Wort er =» bau B - et, 





45 


Diefes Led vom „Bruder laufen” ift ein im Jahr 1499 entitandenes und lange 
geſungenes polit. Lied der Schweizer, das unter der Perfon des 1487 am 21. März 
verfterbenen Einfievlers Nikolaus von der Flüe einen weifen Rath an die hadernden 
Schweizer ausſpricht. Vollſt. Textabdr. bei Körner 5, v. Lilieneron Nr. 210. Sein 
Ton (in fechszeiliger Strophenform) wird bald ald Bruder Claufenlied, bald als der 
alte Gris (Greis) andern Liedern vorgezeihnet. Die Melodie dazu ift nad Vilien- 
crons wohlgegründetem Nachweiſe (Ton 87) gleih mit „Ach Gott in deinem höchſten 
Thron,” weshalb ich dieſe Singweife beigegeben habe. Melodie handſchriftl. aus ber 
Ulmer Bibl. zum Liede „Ich lob Gott in dem höchſten Thron“, mitgeth. von Lilien- 
cren, Töne Nr. 2B. Auf das Lied vom Bruder Claus gab es auch eine geiftlidhe 
Umdichtung, gedr. zu Zürich, bei Aug. Frieß um 1540: „Ein hübſch Lied vom 


Bruder Claufen, Im Thon, Wiewohl ich bin ein alter Greyß:“ 


1. „In Gotted namen beb ich an, 
jo ih midy underwunden han 
ein nümwes Lied zu fingen: 
Chriſte durch deinen bitten tod 
du vns bebüt vor aller not, 
jo mag vns nit mißlingen. 


. Zum erften fönd ir wol verftan, 
wie Bruder Claus, der jelig mann, 
wonhafft in Underwalden. 
Gab den Eydgenoffen meng guden radt, 
den morgen und den abend ſpat 
den jungen als den alten. 
WE. II, 1976) 


Die Entftehungszeit des geiftl. Bruder Elaus fest Liliencron (hift. V. II, 170) 


ums Jahr 1513, ſchwerlich früher. 


259. Bas Bornek-Lied (1499). 


— 


‚An einem Mentag es beſchach, 

Daß man die Oeſterricher ziechen ſach, 
Und Dormeck wollten ſi beſchouen. 
Und Dorned, du viel höches Hus, 
Du thuoft ihnen weh in den Augen. 


. Si zugent an der Pirs hinab, 

Uff Dorned was menger Schwyzerknab, 
Si band fi ehrlich gehalten; 

Sie fpraden: Lant (laft) fie kommen har, 
So wend wir's Gott lan walten!” 


. Si kamen fürbaß uff den Plan, 

Die Buchen hand fie furher gethan, 

Domed wollten fie erſchießen; 

Sie buten (boten) ihnen mengen ſnöden 
Wort, 


1 


ww 


Es begund fie jehr verdrießen. 

. Sie zugent noch nächer hinzu, 

Sie lüjeten (brüllten) recht, wie ein 
Schwyzer Kuo, 

Es bgond die Eidgenoſſen verbriehen: 

„Sp wend wird Maria Magen, 

Und Jeſum, dem viel fühen !“ 


sin 


5, 


— 


An einem Montag es beſchach 
Daß man das Leger ſchlagen ſach 
An Dorneck bi der Veſte; 

Und Dorned, du viel hoches Hus, 
Dir koment viel frömbder Gäſte. 


‚Der Bogt der was ein wiſer Mann: 


„Ach Gott, wie wollent wird grifen an, 
Daß wir die Sad verändern?“ 
Er ließ ſchnell ein Bot hinaus, 
Gen Liechtſtall thät er ihn fenven, 


. Und do der Bor gen Lieftall kam, 


Die Eidgenofjen waren vor ihm da 

Si fahen da im allen Efien: 

„Ich bitten üch, frommen Eidgenoſſen 
guot, 

Deren uff Dornedwellent nit vergeſſen!“ 


. Der Scultheiß hinter dem Tiſche ſaß, 
Und er den Bot anefad: 

„Und Bot, was ift dir anelegen?" 
„Ach Herr, liebfter Herre min, 
Und Dorned das ift umblegen!““ 





46 


9. Der Schultheif verwaseinwifer Mann, 12. Si zugent an den grünen Wald bar; 


Sin Eſſen das hatt er ihm ftan, Der Defterrihern was ein große Schaar, 
Dannodht wollt er nit bliben: Sie hand fi unehrlih gehalten; 
„Wolluff, ihr lieben Eidgenofjen guot, Si fluchen (flüchten) über die grüene 
Die Landsknechten wollen wir vertriben!“ Heide us, 
10. Sie zogend bald gen Lieftall üs; Die Köpf thät man ihn fpalten, 
Gegen den Ofterrihern hatten fi feinen 13. Die Eidgenofjen hond ein Lift erdacht; 
Gruoß; Sie hand die Schwaben von Dorned 
Keiner wollt daheimen bliben : bradt, 
Si zogen aus frifhen frien Muot, Si und ihren Gejellen; 
Bor Dorneck wolltens fi vertriben. Ihr find ein Theil von Straßburg gfin, 
11. Und Dorned, du viel hohes Hus, E83 müge (verbriehe), wem es welle. 
Der Kod der fluog die Kuche us, 14. Si find geftunden uff veiten Grund, 
Er thät die Hefen ſchumen; (ſchäumen) Dri taufend bliben todt und wund: 
Eb (eh) e8 ward ein halbe Stund, Das Plären thät man ihnen vertriben. 
Da thät man ihm’ die Kuche rumen. Die Büchſen, die fie hatten vor Dorned 
(räumen) Die find den Eidgenoſſen bliben. 


15. Der und das Pieblein nüwes fang, 
Ein frifher Eidgenoß ift ers genannt, 
Er hats gar fröhlih gejungen: 

Er bat mengen Swaben erſtochen, 
Und mit den Strafburgern gerungen. 


Tert in alter Schreibung bei Kurz, Pitt. Gefhichte I, 621; Tobler II, 88; 
Kömer Nr. 7; v. Lilieneron 206 A. — Eine fpätere Faſſung: „Wend ir aber heben 
an, fingen an liedli ob ichs kann ꝛc.“ bei Lil. 206B. Uhl. 168. 

Das Lied befingt die Niederlage der Kaiferliben dur die Eidgenofien in der 
Schlacht bei Domed am 22, Yuli 1499. — Bei dem Dorfe Dor nach oder Dorned, 
10 Kilometer ſüdl. von Bafel, im Kanton Solothurn, erfochten die Schweizer einen 
glänzenden Sieg über die Gruppen des ſchwäbiſchen Bundes, worauf am 21. Sept. 1499 
der Friede zu Bafel ven Schwabenfrieg endete. 


„Ein folhes Lied — fagt Kurz — konnte nur unter einem Volle erftehen, 
das Mann für Mann für feine Freiheit zu fterben bereit war, und das fich mit 
freudigem Muthe auf die an Zahl überlegene feindliche Schaar ſtürzte. Es iſt aber 
vorzüglich dieſe Schladhtluft, welche die ſchweizeriſchen Kriegslieder von denen der übrigen 
deutihen Stämme unterfcheidet; denn felbit die Pieder der Ditmarjhen athmen nicht 
folde reine Freude an Krieg und Kampf, fo kräftig fih auch in ihnen Baterlands- 
und Freiheitsliebe ausfpricht.“ 





254. Kampf der Ditmarfen (150%. 


1, De König wol to dem Hertogen fprab: 
‚Ab Broder, bartleve Brover! 
Ach Broder, hartleveiter Broder min, 
Wo wille wi dat nur beginnen, 
Dat wi dat frie Ditmarfchen-Pand 
Ane (ohne) unfen Schaden mögen gewinnen!‘ 





-] 


11, 


47 


. Sobalt dat Keinholt van Meilant vornam 


Mit finem langen gelen Barbe, 

De fprat: „Willn malen einen Baden bereit 
Und ſchicken na der groten Garde; 

Wil ung de grote Garde Biftant don, 
Ditmarſchen ſchull unfe wol werden!“ 


. Sobalt die Garde diefe Mere vormanı, 


Se rüftete fid jo mechtig ſere 
Se rüfte fid wol vöfftein dufent Man ftarf, 
Aver de grone Heide to treden (ziehen). 


. „Köne wi men bes Königs Befoldung erwarven, 


Unfe Fröukens de ſchölen fulveft wol mede.“ 
De Trummenfhläger de ſchlog wol an, 
Se togen aver de grone Heide. 


. Und do de Garde tom Könige wol quam: 


„Ah König, min lever Here! 
Wor liht doch nu dat Ditmarihen-Lant, 
Im Heven odr up ſchlichter Erden?“ 


. Dem König gefiel de Rede nicht wol, 


He dede bald wedder fprefen: 
„It is nicht mit Keden an den Heven gebunden, 
It licht wol an ber fiven Erben.“ 


. Der Garde Her fpraf do mit Move ftarf: 


„Ah König, min lever Here! 
Is it nicht gebunden an den Heven hoch, 
Ditmarfhen dat ſchol uns balt werben!" 


. He let de Trummeln umme fchlan, 


De Fanlin de liet he flegen, 

Darmit togen je enen langen breven Wed 
Bet je dat Pant int Gefichte kregen. 

‚Ah Lendelen deep, nu bin id di nicht wit, 
Du ſchalt min nu balde werben! 


. Darmit togen je to hoger Wintbergen in, 


Se togen do vordan na Meldorp in, 
Se legen dar nu eine Heine Wile 
Eren Avermot den deden ft driven. 


. Se ftedten des Königs Baner tom bogen Torne ut 


Den Ditmarfhen dar to Grame. 
Se hengeden er Schilt wol aver de Mure, 
Daraver id em nicht wol ergangen. 


Se togen noch ein weinig wieder wort 
Wol no den Hemmingftever Belve, 
Dar blef of de grote Garde gefchlagen 
Met eren dapperen Helden. 


. Dat Weder war nicht Mar, de Weh wascck jhmal, 
De Graven waren vull Water, 

Nochten toch de Gade noch wieder vort 

Met einem trotzigen Mode. 








48 
13. He hadde einen Hanifh aver finen Lif getogen 
De ſchinede von Golde fo rode, 
Daraver was ein Panzer geichlagen, 
Darup dede he fid vorlaten, 


14. Mit dem do fpranf dar ein Lantsman herto 
Mit einem langen Spere, 
He ftad fo ſtark, dat drut ein Krumhake wart, 
Und hangede in dem Panzer fo ſchwere. 


. Dem Landesman ein ander to Hülpe quam, 
Dat Sper wolvden fe weder halen, 
De Garde was ftark, drei hadden vull Wark, 
Eh’r fe en konden averwinnen ; 
Ge togen en mit Sabel und Roß herbal 
Wol in den depen Graven. 

16. Dar wart of der Holften-König geihlagen 

Mit alle finem groten Here, 

Dar lach do fin Perd, dar lad of fin Schwert, 

Darto de königlife Krone: 

De Krone de fhal ung Maria dragen 

To Aken (Aachen) wol in dem Dome. 


Aus Detleff's handſchriftl. Chronik, BL. 143. Neocorus I, 562. Daher Uhl. 
Nr. 170; von Lil. 218: Auch Wolff 338. Kurz, Pitt. Geſch. I. — Ueberſchrift 
bei Detleff: „Dat ſöſte Podma. Wert vor einem Ditmarfhem Danz gebrufet.“ 
In Ddiefem und andern Liedern der Dithmarfen fpricht fih die Vaterland und 
Sreiheitsliebe und der unerfchrodenfte Heldenmuth aus, der keinen Augenblid zögert, 
zur Vertheidigung der höchſten Güter fi dem mädhtigften Feinde entgegen zu werfen. 


255. Die Böhmer-Schlacht (150A). 


1. Es fummt noch wol ein gute Zeit, 4. Der Wißbeck hat fih auch befunnen, 


3. Der römiſch Küng bat fid) wol bedacht, 
Die Reichsſtädt all zufammenbradt 
Sogar in kurzen Weilen; 

Er ift gezogen Naht und Tag 

Sen Regenipurg thät er eilen. 


Daß man in fremden Panden leit 
Mit Pfeifen und mit Trummen. 
Nun merkt, ihr Herren allgeleidh, 
Wie wir in Bayern find kommen. 


‚Wir zugens Bayerland auf und ab, 


Viel armer Leut hab wir gemacht, 
Es blieb nit ungeroden; 

Gott aus feiner Gerechtigkeit 

Hat ihn'n ihr Leben abbroden. 


5. 


6. 


Die Böhmen ſchuf er zu ihm fummen, 
Bon ihn’n ift er geflohen. 

Wenn er wär ein redlich Mann, 
Mit ihn'n wär er gezogen. 


An einem Dormstag es geſchach, 
Daß man die Böhmen ziehen fach 
Mit Kauben und mit Brennen. 
Das thät den Fürften alfo weh, 
Die Sad wollten fie wenden. 


Ste ſprachen fröhlich allgemein: 

Im Namen Gottes wird greifen an, 
Ein Schlacht wöll wir vollbringen! 
Mariam, Gotts Mutter, ruf wir an, 
Daß wir die Ketzer bezwingen. 





49 


7. Der Küng was auf mit feiner Macht, 12, Märk Sittich von Ems ift auch daran, 
Mit den Böhmen thät er ein Schlacht, Ins erft Gelied hat er fi than 


So viel er mocht erlangen; Er bat fih wohl gehaben, 
Zweitaufend Böhmen fchlug er tobt, Das wiſſen die frummen Fürften wohl 
Sehshundert nahm er gefangen. Zu Ritter hond fie ihn gefhlagen. 
5. Der römiſch Küng führt der Ehren ein 13, Darnach zug wir gen Negenfpurg ein, 
Kron, Da hieß man ung gottwilllommen fein, 
In der Schlacht was er davornen bran, Wir wurden fhön empfangen: 
Brauuſchweig thu ih eud nennen; Wir lobten Gott von Himmelreic, 
Er führt das Schwert in feiner Hand Daß es und wohl ergangen. 
Die Böhmen wollt er trennen. 14. Die Sach möcht nod wol ſchlech 
. Die Sach möcht noch wol werden ſchlecht, 
9. Herzog Albrecht was auch dabei, Der Pfaizgraf kriegt doch wieder Recht, 


Der evelen Markgrafen drei, 

Cie haben ſich wohl gehalten; 

Darzu Grafen, Ritter und Knecht, 

Sie wolltens Gott Ion walten. 

— ze 2 ' 15. Noch wölln fe d'Sach nit recht verftan 
10. Die Reichſtädt, mein ih, allgemein , 

In der Schlacht hond fie das Belt gethan, Landshut muß aud nachher gan, 


Fig A bleiben. Heided thu ich nennen. 
Er ———— ir Sie friegten wieder Ehr und Recht, 


Das Siegel warb gebrochen; 
Das Land ift beiven Herzogen 
Bon Münden zugefproden. 


Die Reber wöll wir vertreiben. Ihr'n Herrn wöllen fie nit lennen. 

11. Die Landsknecht fein aller Ehren werth 16. Das Lied hat dieſesmal ein End, 
Sie hond fi wider die Böhmen kehrt, Dis daß ein beſſeres wird erkennt. 
Sie mwolltens friſchlich wagen, Der Schimpf wird ſich nod machen, 
Eilend liefen fie zu ihn'n, Neuburg, Rhein und Waflerburg 
Ihr Keiner wollt verzogen. Die wollen def nit lachen. 


17. Der und das Lieblein neu gejang, 
Hans Gem von Ems ift er genannt, 
Er hats gar oft gefungen. 

Das Bayerland zug er auf und ab, 
Kein Geld kunnt er befummen. 


Tert nad einem fl. Bl. in v. Hormayr's Taſchenbuch für vaterländifhe Geſchichte, 
1529, ©. 158 ff. Ueberſchrift: „Die behemer Schlacht“ — und überall die behem 
ftatt Böhmen. Abprud bei Piliencron, hift. VL., Nr. 241; Goevele-Tittmann, S. 276. — 
Die Schlacht fand flatt am 12. Sept. 1504 in der Nähe des Schloſſes Schönberg 
bei Regensburg, zwiihen dem Pfalzgrafen Ruprecht mit feinem böhmischen Kriegs— 
volf (daher der Name) und feinem Gegner im Bayr. Erbfolgeftreite, Herzog Albredt. 
Mit ihm fohten Kaifer Marimilian, Erich von Braunfhweig, nebft andern Fürften 
und den für den Lanbfrieven aufgebotenen Reichsſtädten. Es blieben über 
1500 Böhmen todt, 700 wurden gefangen. 

Die Melodie dazu hat fi unter ihrem Namen nicht gefunden. Mit großer 
Wahrſcheinlichleit war es die zu: „ES geht ein friiher Sommer daher.“ 


< 2,5 im Original fteht abbrodyen ftatt abgebrohen., 4,1 Georg Widbel, Feldbaupt- 
mann des Pfalzarafen. 9,5 Ion, lan, laſſen. 10, 2 hond, babent, haben. 12,1 Märks, 
Marz Marcus) Sittih von Emd. 12,3 gebaben, gehalten. 16,3 Schimpf = Scherz, Spiel, 
bier Kriegefpiel. 


Erf u.Böhme, Licderhort. I. 4 





50 
256. Ber Benzenauer (1504). 


Dreädener Cod. M. 53 (1560), 





Nun wend ihr bö-ren fin » gen je » und ein meu Ge» dicht 
Bon neu = gerfherhben Din » gen, wie es er = gan=-gen iſt. 
3 






7 14 . — En — 
— — 
Biel Büch-ſen und Kar- thau » nen ſah man im Felhede ftahn; gen 


Das Lied handelt von dem unglüdlichen Vertheidiger der Feſtung Kufftein 1504, genannt 
Pienzenauer, auch Benpenauer und Penpenawer, — Tert von einem fl. Bl. „Das Lied von dem 
Bengenawer im Baperlande, wie ed jm zit Kopfftenn ergangen“. Am Ende: „Gedrudt zü Nuͤrn— 
berg durch Kunegund Hergotin” (ca. 1530). Im Weim. Sammelb. Nr. 39; daber Altd. ob. 
381. — Andere Quelle (fl. Bl. von 1505) bei Uhl. Nr. 74, Wieder andere bei von Liliencron,, 
hiſt. BL. Nr. 246 A. — Die Melodie dazu war im 16. Jahrh. Base beliebt und zu zahl⸗ 
reihen anderen Liedern verwendet. Ich fand fie im Dresdner God. M. 53; dort fteht fie zum 
Benzenauerliede felbft und nochmals gu einem anderen biftorifchen Liede von 1551 „Wol auf, ir 
lieben Landsknecht“, beigeſchrieben. Als echt wird fie beftätigt durch zwei Quodlibet-ffragmente bei 
Forfter II, 1540, Nr. 60 und Schmeltzel 1544, Nr. 6. Im Bafeler Tenor fteht fie im Zripeltaft. 
(S. Altd. Liederb. 381.) 

Rah dem Narrenbuch (herausgegeben von F. von der Hagen 1811, ©. 174) wurde der 
Benzenauer vor der Thür gelungen 

Fifhart (Flöh Haz 1594, BL. D 2b) ſcherzt fo: 

„Vnd warn fie (dad Weib) ainen Floh) ergriff, 
Den Bengenawer fie ihm pfiff.“ 


Dr. NR. Selneccer (Chriftl. Pjalmen, Leipzig 1587) bemerkt in der Vorrede: „Die wüſten, 
vollen vnd tollen Leute, die hören lieber ein Tanheufer und Bengenawer fingen, denn dad allerbefte 
Fremuit oder Jeruſalem.“ 


















R f —- — m 
Kopf-ftein an die Mau-em ließ man fie — all 


257. Tod des Grafen Friedrich zu Zollern (1505). 


(Geiftlihes Trauerlied.) 
vhroiſch. Arnt v. Aich. 1519. Nr. 77. 





* — 
gib mir, Herr,auf Er » den, durch deisnn bittern Tod: 
Lab mich nit fiegelod mwer«den in mei-ner ÜB * . ten Notb.| 
















daß mir der Feind fein Schmasbe be= weiß durch fei-ne Bil, und 





ib zu dir mib na=be, den Lobn und Freud em = pfa= be, ala 








mir ver = fpro = den iſt. 





51 


Vollſtändiger Tert von 5 Strophen aus gleiher Duelle bei Hoffmann, Geſch. 
des KL., Nr. 300, ©. 478. 


Das Lied ift, wie die Anfangsbuchftaben der Strophen melden, Gedicht auf den Tod des 
„wriedrich, Graf von —— früber Domdechant zu Straßburg, Freund von Keiſersberg, dann 
jeit 1486 Bifchof zu Augsburg, + 1505. — In der Handichrift der Brüder Brentano ſteht das— 
felbe Lied mit der Ueberfchrift: Anno domini 1528, 9. die Mensis Decembris. Bon jpäterer 
Hand ift darüber folgendes bemerkt: Im ton wie der Graf von Serin. 

Somit hätten wir einen Gandidaten für die berühmte Melodie vom Grafen Serin vor und, 

Da legterer erft 1566 ftarb, fo kann diefe Bezeihnung nicht die urfprünglihe für eine Melodie 
von 1519 fein, fondern könnte fie erft fpäter, da dad Metrum paßt, auf dieſes hiftorifche Lied von 
1566 übertragen worden fein. Aber das bezweifle ih und kann die vorliegende Melodie nicht für 
die im 16. Jabrh. jo berühmte Weiſe auf Graf Serin anfehen, fondern balte fie für die nur dem 
Biſchofsliede eigene, die feine Verbreitung fand. Gemwichtig zwar ift dad Zeugniß von einer Hand 
aus dem Gnde des 16. Jahrh., deijen Schreiber wohl die Singweife auf Sat Serin hätte fennen 
müffen. Hat er aber wirklich die Melodie oder nur die Strophenform mit feiner Notiz 
gemeint? Sch halte leptered für das richtige, da dem Schreiber feine Mufifnoten ty ge über 
die er hätte feine Notiz jegen können. Und weil in fo fpäter Zeit vermuthlic ihm die inal« 
melodie zu dem geiftlichen Liede von 1505 nicht mehr befannt war, fo hat er für feinen Bedarf 
den damals geläufigen Ton vom Graf Serin ſich angemerft. 
- Sucht man nad einem älteren Namen für die Melodie von 1519, fo fünnte man fie eher 
für die Doller-Weife von 1479 halten. Das Metrum paßt, der Hlagende Ton der Melodie 
ftimmt und die Zeit der Verwendung auf geiftlihe Texte läßt feinen Widerſpruch auflommen., 
Aber etwas unwabrſcheinlich ift, dag ein geiftlicher Dichter 1505 für fein Trauerlied auf die poli- 
tiſche Melodie verfallen fein follte; dazu ift vorſtehende Weife gar nicht verbreitet geweſen. 
was wir von dem jo berühmten und viel genannten Zone (Nr. 249 oben) nachweiſen konnten. 

Vielleicht bringt ein fpäterer Forſcher mehr Licht in das Dunkel, das über dieſer Melodie 
bier und der noch nicht zweifello® feftgeftellten Dollerweife ſchwebt. 


258. Herzog AUlrich's Iagdlied (1510). 
A. v. Aid 1519 u. Forfter IV, 1556. 





Ich ſchell mein Som in Jam =» mer « ton, mein Freud ift 
und bab ge » jagt obn A : be - ton, es lauft no 








mir ver » ſchwun . den; 


vor den Hun i Se ein ed » Id Gwild in dem Ge» fild 





ald ib hab aus »er «ko »- = ren, es ſcheucht ab mir, ale 











ib es fpür, mein Ja » gen iſt ver » lo . s . ren. 


* Forſter u. Newber. 









4° 





52 


2. Fahr hin, Gewild in Waldes Luft! 3. Kein edlers Thier id jagen fann, 


Ich will nit mehr erfchreden Das muß ich oft entgelten, 

Mit Jagen dein ſchneeweiße Bruft, Noh Halt ich ftetS auf Jagens Bahn 
Ein Andrer muß Dich weden Wiewol mir Glüd kommt felten. 

Und jagen frei mit Hunden Frei, Ein Hochgwild ſchon will mir entgohn, 
Da du nit magit entrinnen; So laß id mid) benügen 

Halt dich in Hut, mein Thierlein gut, An Hafenfleifh, mit mehr ich eiſch, 
Mit Leid fcheid ich von hinnen Das kann mich nit betrügen. 


Tert und Melodie wie hier bei Arnt v. Aich, 1519, Fol. 44, dort in doppelter 
Notendauer. Ziemlich ebenfo Forfter IV, 1556, Nr. 12 und Nember, 68 Lieber, 
Nr. 19. Mit ganz anderer Melodie und verberbtem Terte bei 3. Dit, 1544, Nr. 57, 
Tonſatz von 2. Senfl; wiederholt bei Forfter IT, 1599, Nr. 9; Ochfenkun, Tabu: 
laturbuch, 1558. Nach letzterem bei Uhl. 179: „Ich ſchell mein Horn ins Jammer- 
thal.“ — Sinnlos ift der Eingang bei Dit und Forfter IT: „Ich ſchwing mein Horn 
ing Jammerthal.“ So aud Woh. I, 162: „Forbert den Ton des Waldhorns“, Goethe. — 

Ein um 1510 gebichtetes Jagd» und Liebeslied auf die nicht geglüdte Verlobung 
des Herzogs Ulrich v. Würtemberg liegt bier vor, das den Abſchied und die Ent- 
fagung ausprüdt. Ulrich ward auf Wunſch des Kaiſers Marimilian mit defjen Nichte 
Sabina v. Bayern verlobt und mußte fi am 21. März 1511 zur Ehe mit diefer 
unliebenswürbigen Braut als Hafenfleifh im Gedicht bezeichnet) entſchließen, trotz 
feiner Neigung zu einer Markgräfin v. Brandenburg (allegoriih: Hochgewild). Auf 
diefe Piebesangelegenheit bezieht ſich obiges Lied, das der eifrige Jäger und mufil- 
fundige Ulrich felbft gebichtet, fomponirt und gefungen haben foll. — 


T Erkl.: 1,1 fchellen, erichellen laffen. Jammerthal, eine fpätere hübſche Lesart, wodurch 
der Reim geftört wird, 1,3 Abelon, Abelan, Ablaffen. 2,5 Aree, frz. erie, Geſchrei. 
3, 7 eifchen, alte gute Form für heifchen, Teptered in anderen Druden. (Grimm, Wörterb. 3, 363). 
3, 3 dennod bleib ich auf rechter Jagdbahn. 


259. Bie Raubritter. 


[Gedicht von Schenfenbah 1510—1512.) 








Ach weiß ein neu=sen Dr» den, nennt man die Mit» te» rei, | 


bin ih be— rich-tet wor= den, wad or» den da =» rin Sei, 





fih der Ch» ren ma« fen, Un » ehr ift ihn’ kein Schand. 


2. Damit euh nun werd kundig So follt ihr eritlih hören 
Deflelben Ordens Art Wie fie den Orden mehren, 
Und offenbar ausfundig Den Adel ganz verfehren, 
Ihr Pflug und Wagenfahrt Untugend folgt ihn’ nad). 





— 


. Deflelben Ordens Regel 


. Berauben auf der Straßen 1 


. Nachfolgend will id nennen 


. Unfhuldig Leut' zu fechen 


‚Nah Fängniß folgt dann Schagen 


53 


Und Grund ift Buberet; 
Laflent ihn’ dieſe Kegel 

Daß feiner nimmer jei 

Den Frommen treu und bolve, 
Ihr Silber, Hab und Go 
Begehren fie zu Solde 

Als es ihr eigen fei. 


Verloſen und verratben 
Unſchuldig Fromm Berfon, 
Mit gleihen Uebelthaten 
Wie Judas hat gethan; 

Iſt dieſes Ordens Pflichte, 
Ihr Werth ſein ein Gedichte 
AU Frommleit fie vernichten 
Und wohnt ihn' Bosheit bei. 


— 


Und ander Miſſethat, 

Der ſich die Frommen maßen, 
Ihr Meinung bei ihn hat; 
Das treiben ſie mit G'walte 
Ohn Scham gar mannigfalte, 
Kein Glauben fie nit halten, 
Der Teufel ift ihr Gefährt. 


Ein ander Uebelthat: 

Dem Frummen zu verbrennen 
Haus, Hof und was er hat, 
Hält dieſer Orden innen; 

Kein Glück mag er gewinnen, 
Gotts Huld wird ihm zerrinnen 
Das iſt der Böſen Gert. 


Und führen aus dem Land 

Thut ihn’ auch nicht verfchmähen, 
Und ift bei ihn’ fein Schand. 
Die treiben das ohn Schmerzen, 
Und ift ihr täglich Kriegen: 

Die Frummen zu betrügen, 

Der Würfel ift ihr Gſell. 


Durch Zwang und große Bein, 
Gold, Münz und volle Batzen, 
Das dünkt fie alls zu Hein; 
Die zwingen mandhen Armen 
Umb mehr ohn alle Erbarmen 
Danı er fan ihn eramen: 

Die gehörent in die Höl. 


12, 


13, 


14, 


. Erleiben und ermorden 


Wider alle hriftlih Gbot 

Treibt täglich dieſer Orden: 
Das fchreit um Rach zu Gott; 
Der wird das übel ftrafen, 

Die Zeit auch nicht verſchlafen, 
Der Wolf geht mit den Schafen, 
Das Kalb auch mit der Kuh. 


. Die Brüder in dem Orden, 


(Das ift ein jeltfam Ding) 
Seind alle Kaufleut worden, 
Ih wollt, daß man fie bieng, 
Die ohn Geld wollen kaufen 
AL Waar mit großen Haufen, 
Darnad) die Frummen laufen 
Mit großer Sorg und Müh. 


‚Was ihn’ ift fauer worden 


Biel Zeit und lange Jahr 
Berzehrt alls diefer Orden, 

Man muß fie zahlen baar. 

Das wöll Gott, bitt ih, rächen, 
Den großen Gwalt zerbrechen, 
Wird mir fein Menſch verſprechen: 
Auf Gwalt folgt billig Rad. 


Das Klofter diefer Brüder 
Neunt man den Rabenftein, 
Nimmt mandem feine Glieder 
Den Kopf und fein Gebein. 
Der Abt in diefem Orden 
Das ift der Henker worden, 
Der wird die Buben morben, 
Er ſchleicht ihn’ heimlich nad. 


Dod Adels fromm Perfonen 
Laßt euchs zu Herzen gahn! 
Thu ich euch neulich mahnen, 
Die Sad) mag nit beitahn. 

Die Bauren wollen laufen, 

Der Bundſchuch will ſich haufen, 
Eud all in gmein zu raufen, 
Das Unglüd läuft euch nad. 


Ih lob den frommen Abel, 
Der fih der Ehren fleift; 
Dem geb ih ganz fein Tadel, 
Er wird durd mic gepreiit. 
Das Lob will id nit fparen, 
Gott wöll fie wohl bewahren, 
Daß fie all glüdlich fahren! 
Singt uns der Schenkenbach. 





54 


Melodie und ein Fragment des Tertes (6 Str.) aus dem Anfang des 16. Jahrh. 
bandfhriftlih auf der Bibl. in Heidelberg. PVorfeßblatt von Sermones pomerii 
Pelbarti de Themeswar. Mitgetheilt bet Mone, Anz. VI, 1837, Mufikbeil. II, 
Nr. 8. Daher der Tert bei Soltau, hift. BL., ©. 173. — Vollftändiger Tert in 
einer Hofchr. des 16. Yahrh.: „Auf den frommen Adel“, Berl. Bibl., Ms. germ., 4, 718, 
Das Gedicht ift von Schenkenbach, dem Dichter des Liedes für die fränf, Reiter 1512: 
„Bon erft fo wöll wir loben.” — 


7 1,7 fih maßen, fi enthalten. 4, 1 verloßen, von lojen, aufpaffen, erlaufhen. 6,8 
Gert, Gerte, Rutbe, bildlich für Strafe. 7,1 fechen, faben, fangen. 8,1 Fangniß, Cinfangen; 
fhagen, brandihagen, rauben. 8, 3 Bapen, alte Münze von 8 Pfennig. 8, 7 eramen, 
büßen. 9, 1 erleiben, entleiben. 10, 1 Frummen, die ehrlichen Menſchen. 11, 7 ver 
ſprechen, widerfprechen. 12, 2 NRabenftein, Richtplap, Hochgericht. 13,6 Bundſchuh, 
eine Berfhwörung der unfreien Bauern zur Gelbfthilfe gegen den Adel im Bidtbum Speier und 
anderen Rheingegenden, weil fie als Abzeichen in ihrem Banner einen mit Riemen gebundenen 
Schuh führten; ähnlich der der niederländifchen Bauern, die Käs und Brod in ihrer Fahne führten 
und der würtembergifchen bewaffneten Bauernverbindung „vom armen Konrad.“ 


260. Bas Lied vom heiligen Rock in Trier (1512). 


1. Und wöllt ihr hören zu dieſer Frift, Balthafar liegt in der Mitte, 
Was zu Trier gejhehen ift, Melchior ift fürwahr der pritte 
Das mügt ihr hören geren: Zu Niedergang der Summe. 
Bon dem Rod unfers Herren Jen 6. Der Kaifer niet auf feine Knie, 


Chriſt, Er bat zu Gott dem Herren hie: 
„Ein Kunig bin ich auch geehrt 
Und zu einem Kaifer erwählt, 


Der zu Trier erfunden ift, 
In großer Zucht und Ehre. 


2. Der edle Kaifer hodhgeborn, Solch Ehr hab id doch nie erzählt, 
Gott hat ihm folde Ehr erforn, Als die heiligen drei Künig auf Erb.“ 
Er reit aus dem Niederlande, 7. Iudem da daudt dem Kaifer zwar, 
Glaubt, mit fünfhundert Mann, Der Engel brädt die Botſchaft an der 
Reu und Yeid gieng ihn an, Schar 
Der Heiligen drei Künig begehrende. In Gottes Namen geren; 

— Er ſprach: „Du edler Kaiſer werth, 

3. Gen Cöln in den Thum er kam, 

Da gieng ihn göttliche Reu an, Werh, was Goit an bie begehrt, 
Sein Hofgefind das thät fehren Die Ding müſſen gefhehen: 

Gen der Herberg alfo fen, 8. Den Rod, den Maria gejponnen hat 
Der edel Fürft lobeſam Ihrem Kind, Jeſu Chrift, dem höchſten 


Der trat nad Gott dem Herren. Hort, 
Den mußt du zu Trier erheben! 
4, = — wol zu * ne Der Ma: bei ne lieben — 
a EN auf Thür > Thor In ihrem Altar wirſt ihn auſchauen, 
— DEREN: Kaiſer, es muß geſchehen! 
Die heiligen drei Künig zu ſehen an — ——— 
Sein Herz ihm vor Freuden brann 9. Verkünd dem Papft behändiglich 


Dem edlen Kaifer wertbe. Er ſchickt dir die Weil ganz und reich 

Bergebung (von) Bein und Schulde. 

5. Er trat wol in die Gruft hinab Vier Cardinäl ziehent aud her mit, 
Zu der heiligen drei Künig Grab; Kaifer, erwirb und Gottes Fried 


Caspar war der erite, In Himmel und auf Erde!“ — 











10, 


13. 


14, 


16, 


— 
— 


Indem der Kaiſer erwacht, 
Freundlich er an die Ding gedacht, 
Sein Herz, das thät ihm fließen; 
Die Zäher ihm über die Wang abfiel'n 
Die Botſchaft ihm von dem Engel gefieln 
Von Jeſus Rock auf Erden. 


. Er jchreib ein Brief mit eigner Hand, 


Er thät dem Papft die Ding befannt 
Aus Engel! Mund auf Erben, 

Er ſprach: „Heiliger Vater werth, 
Merk, was Gott an uns begehrt, 
Hilf mir fein Ehre zu mehren!“ 


. Alsbald der Papft den Brief anſach, 


Mit Freuden er von Herzen ſprach: 
„Keinem Kaifer ift vor mir gefchehen, 
D Herr ewiger milder Gott, 

Haft gelitten für uns großen Spott, 
Durch unfern Willen auf Erben.“ 


Der Bapft fi gar gütlich bedacht, 
Was ein irdifher Gott vermodt: 
Vergebung (von) Bein und Schulde 
Schidt er dem edlen Kaifer werth, 
Als fein der Engel hat begehrt, 

Und erwarb uns Gottes Hulve. 


Sie zugen gen Cöln auf der Fahrt, 
Der Kaifer der Botfhaft mit Ehren 
wart't, 
Die ſechs Churfürften mit Freude, 
Biel Ritter und Grafen in hohen Ehren 
Lobten den König Himmeld und ber 
Erden 
Und den frummen Kaifer werthe. 


. Sie zugen gen Trier zu unfer Frauen, 


Sie thäten's den Altar anjhauen, 
Ein großes Zeihen ward gejehen: 
Fünfzehn Kerzenliht jah man brinnen 
Niemand weft von warnen fie fummen, 
Fürwahr es ift geichehen. 

Der Biihof von Eöln thät breden an, 
Ein Edftein er aus dem Altar gewann, 
Das Gewölb das was erhoben; 

Er fand mehr Truhen darinnen zwar 
Im der ein beſſers Heilthumb war, 
Darauf mit Ehren gefchrieben. 


. Sie funden den Rod des Herrn Jeſu 


Chriſt, 
Der mit dem Blut überrunnen iſt, 
Als es neulich geſchehen wäre. 


55 


18, 


19, 


20, 


21. 


22, 


23, 


Cie weinten all aus Herzen Grund 
Und dankten Gott den reihen Fund, 
Die Fürften und der Kaifer werthe. 


Sie funden der Würfel aud, darmit 
Die Juden fpielten nad ihrem GSitt 
Um Yefus Rod auf Erben; 

Daran mit Blut umfprenget ift, 

Sie dankten dem Leiden Jeſu Chrift 
Der Künigin Himmels und der Erden. 


Man gab den Rod dem Kaifer an 

fein Arm, 

Ihn thät Gottes Leiden fehr erbarm, 
Er weint von Herzen fehre. 

Und fprad: „Herr Yefu, Schöpfer 

werth, 

Seit du mein Arm darzu haft begehrt, 
Hilf mir mehren deine Ehre! 


Der Kaifer fand ein Bud) zur Stund, 
Das fein fein Fürft nit lefen kunnt, 
Denn der frumm Saifer werthe. 

Er pflag fein bi8 an den dritten Tag, 
Göttlihe Ding er vor ihm fach, 

Er behielts mit großer Ehre. 


Da man das Sanctus thät heben an, 
Ein groß Mirakel folt ihr verftahn: 
Maria Hemmet zu dem Rod ausbrach, 
Ein guldener Zettel daran war, 
Darin Jeſus empfangen war, 
Geboren in der Weihnacht Nacht. 


Das fhidt man gen Aach zu unfer 
Frauen, 
Da werben es Schweftern und Brüder 
anfhaun 
In dem Namen unfer lieben Frauen. 
Die Priefterfhaft mit großen Ehren 
Lobten den König Himmels und der 
Erben 

Und unfer liebe Frauen. 


Die vom Trier huben zu bitten an, 

Hätten den Kaifer für ein heiligen 
Mann, 

Er ſollt den Rod da laſſen, 

Weil fie lebten auf diefer Erd: 

Das dank wir Gott feiner Marter 

werth 
Und dem frummen Kaiſer mit Ehren, 





56 


24. Der Kaifer gab Antwort aus feinem 26. Wann eim Biſchof war es vor ver- 


Mund: fundt, 
„Den Rod id euch in Ehren vergunnt, Der hätte vor Gott fein rechten Grund, 
Ih laß ihn bie zu Lohne, Der heilig Geift mit Ehren 
Wann ich fein zu der Welt bevarf; Hat's dem edlen Kaifer do eripaht, 
Er hat von Gott große Kraft, Zu Cöln von den heiligen drei Künig 
Behaltent mir ihn ſchone!“ betracht 


Sie thätens groß Loben und Ehren. 
25. Es iſt geſchehen am achten Tag 
Nah unſers Herr Fronleihnamstag, 27. Du edler Kaiſer hochgeborn, 


Iſt worden der Rod erhoben; Gott hat dir follih Ehr erforn, 

Hit gelegen bei vierhundert Jahr, Du erwürbft uns Gottes Hulde, 

Daß fein fein Mann nie genummen Die Freud der ewigen Geligfeit: 
wahr Daf wir theilbaft werden Jeſus Kleid, 

Dann der frumm Kaifer hodhgeborn. Sprecht „Amen“, das geihehe! 


Fl. Bl., o. O. und 3. (fiher 1512) mit Holzſchnitt: ein ſchwebendes Kreuz, 
zu deſſen Rechten der Rock, mit reicher Stickerei geziert, zur Linken des Kreuzes das 
Bruſtbild eines Biſchofs (wahrſcheinlich Blaſius), ein Würfel, ein gebogenes Schwert, 
ein Nagel. Quer unten liegt ein Biſchof (Maternus von Trier) mit übereinander- 
gelegten Händen. Ueberſchrift des Liedes heißt: „Das ift Das lied von dem Rod 
onfers lieben Herren Jeſu Chriſti.“ Abdruck des Originals durch E. Weller in 
Germania 17, 445. Danach im Altd. Lieverb., Nr. 383 und v. Liliencron, hiſt. VL., 
Nr. 266, in gebefjerter Schreibung. Verderbter Tert aus der Klofter Neuburger Hdſchr., 
Anfang des 16. Jahrh, WE. 1279. — Eine Tonangabe hat das Lied nicht, Nicht 
unwahrſcheinlich ift, vaß man darauf diefelbe Weife ſchon anmwendete, die 1530 zum 
Liede: „Kommt ber zu mir fpridht Gottes Sohn" vorlommt und Bollsweife war. — 

Auf die Melodie des Rodlieves verweilt „Ein new lied von ergernuß der welt. 
Im thon wie man fingt von vnſers Herren rod." Anfang: 


Nun völt jr hören zu dieſer frift, 
was gept die gröft ergernuß ift ac. (Bf. III, 578.) 


Auh Hans Sachs fang 1530 fein Lied „Bon den fiben Broten. Yu dem ton 
als man vnſers herren rod fingt* (f. Hans Sachs, Dichtungen, herausgegeben von 
Goedeke I, ©. 68). 

Das Lied erzählt die Auffindung des angeblichen Rockes unferes Heiland dur 
Kaiſer Marimilian 1512, Als diefer in Köln war umd die heiligen drei Könige im 
Dom anbetete, erfuhr er durd ein Wunder von der Reliquie, die 400 Yahre in 
Trier gerubt hatte und (nad Anficht des Liebverfaflers) in den erften Zeiten ver 
Kreuzzüge dahin gebracht worden war. Seit dem Jahre 1512 fanden wiederholt 
Ausftellungen des h. Rodes in Trier und Wallfahrten dahin ftatt; Die vorletzte 1841, 
welche zu öffentlihem Proteft unter den Katholifen und zur Entftehung der „Neu- 
fatholifen” unter J. Ronge Anlaf gab; die letzte war 1891. 


T 3,2 Reue ging ibn an = Reue fam ihn an. 4,1 zwar, zu wahr, 22,1 Aach = 
Aachen. 23, 3 Unfer Frauen, St. Mari. 25, 6 dann = denn, 26, 1 warn = nur. 
36, 4 erſpaht — erfpäbt, entdedt, 





O 


57 


261. Bruder Veit wider heini. 
Schlacht bei Aarignano, 


.Merkt wie die Schweizerknaben, 


Die Federhanſen Hug, 

So faft gewüthet haben, 
Getrieben groß Uebermuth, 

Eh fie jeind ausgezogen 

Bon Schweiz mit ganzer Madıt: 
Der Sinn hat fie betrogen 
Darzu ihr großer Pradt. 


.Botz Wunden!“ hort mans fluchen 


Als dann ihr Gewohnheit ift, 
„Wir wöllen den König fuchen 
Dobeim auf feinem Mift.“ 
Ein Lied haben fie gebichtet 
Aus großem Uebermuth, 

Den König dadurd vernichtet 
Und aud die Landsknecht gut. 


. Mehr haben die Schweizerfnaben 


Der Landsknecht baß bedacht, 

Wie ſie krumme Tätzlen haben, 
Habens drauf einander bracht; 

Beim Wein zu aller Zeite 

Da trieben ſie groß Geſpei: 

„Gott grüß did, Bruder Veite! 
Weißt du kein neus Geſchrei?“ 


Auch dräuten fie dem Franzoſen 


Heine und Rüde da: 

„Die Gilg muß bringen Roſen, 
Bot Wunden willen ja. 

Her kummt des Maien Zeite 
Wir wölln mit Freuden dran, 
Und wird und Bruder Beite, 
Er muß ein Rappen han. 


. Der König thut fi verlaſſen 


Auf Bruder Beiten allein; 

Hat fein nit vil genofien 

Und aud der Brüder jein.“ 

Ya, fprah Heine mit Namen, 

Ihr einer wollt vier beftan; 

„Es find halb Krüppel, halb Lahme, 
Es ift bald um fie getban. 


. Der König fhilt und Bauren, 
Thut uns für Bettler han, 

Drum wöllen wir nit trauen, 
Uns liegt glatt nichts daran; 


— 


[es] 


“> 


10, 


11, 


14. Sept. 1515.) 


Wir wölln den König laufen 
Mit unferm Bettelftab, 

In Frankreich zu ihm haufen, 
Städt und Land gewinnen ab.“ 


. Der König hat bald vernommen 


Der Heine Uebermuth; 

Er dacht: Ich wills vorkommen, 
Tröft ſich den Landsknecht gut, 
Darzu thät er auch weden 

Den Kernen von Paris, 

Und zog dem Heine entgegen 
Wol über den Montanis. 


‚Man merkt, wie die Heine jahen, 


Mit Üppiglihem Wohn: 

„Wir wölln den König empfaben 
Mit Bruder Beiten fon, 

Wir wölln den Bruder grüßen — 
Nun ſaumet au nit lang! 

Mit unferen langen Spiehen, 
Seht, daß euch feiner entgang!“ 


‚Heine und Rüdi famen 


Gar troglihen daher; 

Die Landsknecht wohl vernahmen, 
Die ftellten ſich zur Wehr; 

Botz Marter und Bot Wunden! 
Wohl nad) der Vesperzeit 

Sie einander tapfer Funden, 
Wohl hielt ſich Bruder Veit. 


Einander fie da trafen 

Mit Stih und Schlägen hart; 
Heine begunet jehr Hoffen, 

Meint g’wonnen han die Schlacht; 
Heine feine Botſchaft thäte 

Gen Schweiz von Stunden an, 
Wie er gefieget hätte; 

Er war nod weit Davon. 


In Schweiz an manden Enden 
Machten fie Freudenfeu'r; 

Es thät fih bald verändern, 
Das ihnen ward Lachen theur; 
Ihr Freud hat fich verkehrt 

In traurigfeit vermiſcht, 

Wie faſt fih Rüde wehret, 
Ihm half kein Fund noch Liſt. 





58 


12. Das ward Rüde verwiefen 15. Nach manchem Heine graufet, 

Daß er ein Irten hätt gemadıt, Wo man jet jagt davon; 
Er hätt nit recht angebiſſen Wohl ob achtzehn taufend 
Ein Heins der erften Tradıt. Muften fie hinten Ion, 

Der Wirt kam erft des Morgen Die auf der Walftatt blieben, 
Das ward dem Heine faur, Bon Schweiz ein große Zahl, 
Bruder Beit wollt ihm nit borgen, Die hat der Franzos trieben 
Das zahlt der Stier von Ur. In einen engen Stall. 

13. Durch einander fie da drangen 16. Gascoiner und Franzoſen 
Mit Stich und Schlägen hart; Kitten mit Geſchrei daran, 
Heine was mifjelungen, Die Gilg maht Heine Roſen, 
Wie faft fih Rüde wart; (wehrt) Daß ihn‘ das Blut abramı, 
Heine wollt e8 baß verfuchen, Ih glaub ohn allen Zweifel 
Er gewann eine Kleine Beut, Warlich, daß Bruder Veit 
Es half kein Wunden — fluchen, Sei gweſt der Heine Teufel 
Er mußt zahlen mit der Häut. Wol zu derjelben Zeit. 

14. Heine ift der Schanz mißrathen, 17. Biel wehrlos find heim fommen, 
Muß den Spott zum Schaden han: Einer heut, der ander morn, 
Ihm ward eine Kapp geihroten Stillihweigend als die Stummen, 
Im gönnets wol jederman; Haben Schuh und Hauben verlorn; 
Ich höre nit faſt Hagen Ihr Kallen was ihn’ gelegen 
Graf, Ritter oder Knecht, Ihr Pracht ift worden Hein; 
Biel Nahbauren fagen: Auf Schlitten, Karren, Wägen. 
Ihn’ fei geichehen vedht. Sind etlih kommen heim, 


18. Wär Heine da gelungen 

Nahdem er meint zu Hand 

AU Füriten haben verdrungen 

In deutſch und welchem Yan; 
Das meint der König zu wenden, 
Nahm zu ihm Bruder Beit, 

Und thät die Bauern zertremnen; 
Es war wohl an der Zeit. 


T Heini (Heinrih) war damald Schimpf- und Spottiname für die Schweizer von Seiten 
der deutjchen Landöfnechte, für leptere gabs die Bezeichnung Bruder Beit, wie aus dem Schluß der 
3. Strophe hervorgeht. Neben Heini war auch noh Rüdi (Rudolf) ein Spigname für die 
Schweizer. — 1,1 faft, vaft, adv. = feft, fehr, nahdrüdlihd. 1,8 Pracht, gebracht im Driginal, 
Praplerei. 2,1 Botz Wunden d. i. Verftümmelung von Gotts Wunden, Chrifti Wunden am 
Kreuz, eine im 16. und 17. Jahrh. fehr übliche Verwunderungs- und Berwünfhungsforme. Sie 
ſcheint den Echweizem damals vorzugsweife geläufig gewefen zu fein, doch gewöhnten fich aud die 
Landöfnechte daran. Bon dem unaufbörlichen Fluchen bei Chrifti Wunden und Marter nannte 
man fihon vor der Mitte des 16. Jahrh. die Landsknechte „Marterhafen“. Bis heute wird leider 
unter Soldaten noch viel gefluht! — Aus Strophe 3 erfahren wir, daß die ftämmigen Schweizer 
den deutfchen Landsknecht ald frumme, labme, krüppelbafte Männchen verhöhnten und auf den 
Sieg über diefe armfeligen Gegner einander zutranften. 4,3 Gilg, Lilie, hier das franzöfifche 
Wappen. Die Lilie muß Roſen bringen beißt: die Franzoſen müſſen bluten. Das Ende der 
Schlacht brachte aber das Gegentheil für den fiegeögewiffen, übermütbigen Schweizer (16, 3). — 
4, 8 Kappe, die herabgefchlagene Schädelhaut; einem die Kappe f Braten (fchneiden) beißt: 


einem die Schädelhaut oder einen Theil des Körperd abhauen; damals eine fehr gewöhnliche 
friegerifche Redensart. 6, 5 den König mit dem Bettelftab Taufen hat denfelben Sinn, wie 
die befannte Formel: Narren muß man mit der Kolbe laufen. Um den richtig zu verftehen, 
muß man ſich erinnern, daß das hier bezeichnete unfaubere Geſchäft für den, an welchem es vollzogen 
wurde, ald etwas ganz beiondere Wohlthuendes und Behagliches galt (mie im Ulingerlied oben). 





59 


Mitbin ift im Laufen mit der Kolbe (dem Stabe) eine höchſt bittere Ironie, deren Schärfe 
und nicht mebr verftändlich it. 7,3 vorkommen, zuvorfommen (einer Sache), damals mit Accu— 
ſativ, beute mit Dativ conftrmirt. 7,6 Kerne, Held, hier Ritter, Ritterfchaft.. 7, 8 Montanig, 
ftatt Mont Genie. 8, 1 jahen, praet. von jeben, jagen, ſprechen; alfo jahen = ſprachen. 
8, 2 Wohn, Wahn, beute noh im Argwohn erhalten. 11, 4 Lachen wird ihm tbeuer — dad 
Lachen vergeht ibm. 12,2 Hier wird die Schlacht unter dem Bilde einer Zeche (Irte) dargeftellt: 
der erfte Gang der aufgetragenen Gerichte war faum angebiffen, da kommt der Wirth und fordert 
von Heini die Bezahlung. 13, 4 wart, wehrte. 13, 6 kleine Beute, foviel ald: er gewann 
nichts, verlor im Gegentbeil Alles. 14,1 Scanz, fr. chance, Wurf, gewagted Spiel. 
15, 8 enger Stall = Grab. 17, 5 fallen, laut und unverftändlich fchwagen. 18. Strophe 
deutet wie 6, 4 genügend an, welcher Abfichten man die übermütbigen Schweizer für fähig bielt: 
Alle Fürften zu verjagen. Gegenüber folchen Umfturzgelüften haben wir Landsknechte das König: 
tbum geſchũtzt. 


Zert nah Uhl. 178; Lil. 292; Vilmar ©. 69. 

Welhes war die Melodie zu dieſem deutſchen Landsknechtsliede? Jedenfalls 
der berühmte, im 16. Jahrh. fehr viel gebraudte Bruder Beitston. Er fol 
nah der Annahme des Treibern v. Lilieneron (Nachtrag, Ton XV) feinen Namen 
haben von einem bisher nit aufgefundenen Liede mit dem Anfange: 


„Bott grüß dich, Bruter Beite, 
börft du kein neu Gefchrei?“ 


Das jei vermuthlih ein vor 1515 entſtandenes Spottlied der Schweizer gegen 
die Yandsknechte (dev Heini gegen Bruder Veit). Die landsfnehtihe Antwort darauf 
hätten mir in vorftehendem Lieve, Das nah der Schladht bei Marignano 1515 ge 
fungen wurde. Dies Gegenlied, ohne Tonangabe, wird demnad in demfelben Tone 
gelungen worben fein. Soweit v. Lilieneron. — Könnte aber nicht das vorftehende 
Lied jelbft ven Beitston veranlaßt haben? Man beachte, daß die oben citirten Worte 
aud in der dritten Strophe vorfommen und damit auf einen vorhandenen Trint- 
ſpruch der Schweizer gegen die Landsknechte angefpielt wird. Diefe Worte, die in 
Zonangaben angeführt werden, brauchen nicht gerade der Anfang eines verlorenen 
Liedes zu fein; fondern es kann recht wohl auch die markante Stelle in der dritten 
Strophe unferes Liedes damit gemeint fein; denn bei Tonangabe kommt es mehrfad, 
vor, daß eine hervorftehende Stelle des Tertes zur Bezeichnung der Melodie ange 
geben wird. — Ferner dünkt es mich ganz unnatürlich, daß eine von feindliher Seite 
(von einem Spottlieve der Schweizer) fommende Singweife in Deutſchland Eingang 
und fo großen Beifall gefunden habe, daß fie mit großer Vorliebe zu vielen anderen 
deutjhen Liedern in Anwendung fam. Ich Halte dafür, Daß der Bruder Beitston 
von deutjher Seite ftammt und mit großer Wahrfheinlichkeit von vorftehendem 
Liede feinen Namen hat. — 


Die Melodie felbft, die im 16. und 17. Jahrh. ſehr verbreitet und zahllojen Liedern ald 
Zon vorgejchrieben war, ift jedenfalls und erhalten geblieben, wenn fie auch mit ihrem eigenen 
Zerte FR nicht gefunden hat. Herr von Lilieneron glaubt fie in der 1544 gedrudten Weile zu 
„Lobt Gott ibr Chriften allen“ (f. unten Nr. 263) gefunden zu haben, weil diefed Lied im 
Einzeldrud die Tonangabe im Bruder Veitston hat. — Aus demfelben Grunde darf man auch die 
Melodie zu „Lobt Gott, ihr frommen Chriſten, freut euch und jubilirt” (1530, f. Nr. 276, 
unten) für den Bruder Veitston halten, der ebenfalld diefem Text vorgefchrieben ift. Die Melodie 
ift ebenfalls gleichen Alterd, metriſch paffend, volfdthümlih und war weitverbreitet, während die 
Notation von 1544 nicht wieder vorfommt. Für meine Annahme fpricht noch die Melodie zu 
folgendem Schweizerliede von 1522, weil fie nur eine Bariante des von mir vermutheten Bruder 
Veitstones ift. 





60 


262. Lied auf die Schlacht bei Bicorca in Mailand (1522). 












Bop Marster bu » ri Bel» ti! du haft viel Lie » der g’madht, 
— dich in al = ler Wels» ti, du ba» beft g'wun⸗-nen ein Schladt: 


—- 
Du lügſt ald wyt dirs Mul iſt, und iſt dein ei» gen Schand; der 





Eod. zu St. Gallen Nr. 1225, ©. 860 zu Tſchudi's Sammlung gehörig. Ueberſchrift: 
Antwort eines Schwizerd über die Schmählieder der Land Knechten, berurende den Sturm 1 
Biggogola in Meiland 1522. Text von Nik, Manuel verfaßt. Abdrud bei von Liliencron, bi 


BR, 

Die Melodie, am Ende des hiftorifhen Textes beigefhrieben, halte ich für eine Bariante 
vom Bruder-Beitöton. Lag es doch fehr nahe, das ber —— Dichter Manuel zu ſeinem 
Gegenliede gerade die Melodie vom Schmähliede der deutſchen Landsknechte von 1515 wählte. 


. 362, — 


T Boß ift Verftümmelung von Gottd Marter, der ganze Sap ein Zornesausbruch und Fluch 
der fchweizerifchen Soldaten. 


263. Bon der Braut zu Babylon. 
(Antipapiftifches Pied, um 1521.) 
doriſch. Mei. bei J. Dit 1544. Nr. 95. 















Lobt Gott, ihr Ehri-ften al » len in deutscher Na=ti » on, zu 





Rom ift ums-gesfalslen die Braut von Ba=by » fon. Sie faß in grosfen Eh-ren, dar 


— 







zu in bo-bem Preis: ihr Stuhl iſt ihr zer-ſchmol-zen, er war ge-baut auf Cie. 


1. Lobt Gott, ihr Ehriften allen 2. Darauf hat fie gefefien, 
In deutſcher Nation, Geprangt ein lange Zeit, 
Zu Rom ift umgefallen Niemand dorft dawider ſprechen, 
Die Braut von Babylon, Sie was fo hoch gefreit. 
Sie ſaß in großen Ehren, Mit ihren Decretalen 
Darzu in hohem Preis: Und ftarfem Hofgefind, 
Ihr Stuhl ift ihr zerſchmolzen Die haben uns können machen 


Er war gebaut auf Eis. Mit jehenden Augen blind, 





gerufen: 
geiftlihen Stamt 
e befommen 
id große Land, 
en Orten, 
afgericht, 
fonverlihe Plat 
auferdicht. 


. 95. (Nr. 5 de 
sie offenbar volk 
hält R. v. 8 
\ der Einzeldrud 
31 nad einem of 
n der Braut zu 
. Und ift im 
beiläufig 1521 < 


D. 


ch nit mad al 
t fummen lafien. 
Gott, und zwing 
iefer maßen. 
dieſer gleichen 

h bievor 

m den Reichen 
piel verlor. 
amm von Fünl 
b ichs werd rädı 
n Lauf, fo je 
oder brechen. 


ch zu tröften 
Smwilfen hab. 

son den Böſen 
ig brechen ab, 
va uf einig 
ei gegangen, 
nad, hab dir 
ıngefangen. 


62 


6. Will num ihr felbs mit rathen 7. Ob dann mir nad thut denken 
Dies’ frumme Nation, Der Kurtifanen Lift, 
Ihr Schadens fi ergatten, Ein Herz läßt fi nit kränfen, 
Als ich vermahnet han, Das rechter Meinung ift. 
So ift mir leid; hiermit ich ſcheid, Ich weiß noch viel, wölln aud ind Spiel 
Biel mengen baf die Karten: Und folltens drüber fterben. 
Bin unverzagt, ic habs gewagt Auf, Landsknecht' gut und Reuters Muth 
Und will des Ends erwarten. Laßt Hutten nicht verderben! 


Fl. Bl., am Ende gebrudt im Jar XXI Bragur VII, 2,95; Uhl. 350; 
Gödeke-Tittmann, Piederb. S. 273; v. Liliencron, bift. BL. Nr. 349. Wadern. III, 
460. — Eine Melodie zu diefem berühmten Liede Huttens hat fih nicht gefunden. 
Zum Versbau paßt nicht die vom ähnlich anfangenden Liebeslied: „Ich habs ger 
wagt, du fhöne Magd, in echter Lieb und Treue" Umdichtung in Winnenbergs 
Reuterliedern Nr. 3). — Zu zweifeln ift, ob Huttens Gedicht fubjectiven Inhalts 
überhaupt gejungen wurde, vermuthlich iſts blos gelefen und gefagt worden. 


“ 2,4 Sulder, Gönner. 2,7 fllich, fleuch, fliebe. 3, 5 der Eitt, ftatt die Sitte, 
4, 5 der Flamme, ftatt die Flamme, 5,5 uf einig maß, im irgend welcher Weife. 6, 2 dies 
ftatt dieſe. 6, 3 ſich ergatten, ſich erbolen. 6, 6 Biele mifchen ſchon beffer die Karte zum 
neuen Spiel (Kampf). 7,2 Kurtifamen, Höflinge. 


265. Auf Hlridy von Butten (1521). 


Im Ton: Bon erft fo wöll wir loben. 


1. Ach edler Hut aus Franken, Gott? Wort follt frei erheben 
Nun fi Dich weislih Für! Soll allzeit oben ſchweben, 
Gott foltu loben und danken, Daran ſollen wir uns heben, 
Der wird noch helfen dir So fahren wir friſch umverzagt: 
Die Gerechtigkeit vorfechten, Hut eins hat gewagt. 
Du ſollt beiftan dem Rechten 4. Ihr edeln Grafen und Fürften, 
Mit andern Rittern und Knechten, D König umd Kaifer her: 
Mit frummen Kriegsleuten gut Das Chriftenvolf thut dürften 
Beihirmen das Chriftenblut. Nach evangelifcher Lehr! 
; Pebendig Waller mwöllen fie haben, 
3; Üt beiften dem Rechten 8 
ige — — Gut Brummen hat Yan graben, 
Sollt ritterlihen fechten Philiftiner verworfen haben 
Dann du bift wohl bericht‘, Die Brunnen, zugefüllt mit Koth: 
Das du's follt thun aus Schulden Alfo es jest auch goht. 
Willt haben Goldes Hulden; 5. Philiſtiner haben ſehr verworfen 
Du follt kein Falſch nit dulden, Die Brunnen göttliher Lehr: 
Wo's Chriftenglauben antrifft, In Städten und in Dorfen 
So du verftahft die Geſchrift. Kein lauter Predigt mehr 
Thut man gar felten hören! 
3. Laß Dich nur nit betbören, Gotts Wort wöllend nur verfehren; 
Du chriſtlicher Ritter gut! Nah Geld und weltlihen Ehren, 
Bom Wort Gotts thu nit kehren, Nah Gewalt und zeitlihem Gewinn 


Du haft eins Helden Muth; Stelln fie ihrn Mut und Sinn. 





6.D was iſt Neus vorhanden 
Das ih mit Freuden hör: 
Biel Iſaal find aufgeftanden, 
Uns zu gut und Gott zu Ehr! 
Woln lebendig Quellen haben, 
Nah lauterem Wafler graben, 
Damit fie uns erlaben 
Heimlih und offenbar: 

Gott geb ihm’ viel guter Yahr! 


. Die frummen Rechtgelehrten 

Die greifend tapfer an, 

Das die falihen Verkehrten 
Werden mit Schanden abſtan. 

Ihr Geſatz uud menjhlihe Gedichte 
Das wird bald gar vernichte, 

Wir find ihm nichts verpflicte: 
Nur was Gott felb thät lehren 

Zu dem folln mir uns fehr'n. 


. Huttenus halt ſich feſte, 

Das hab id) guten Beſcheid; 
Er wollt gern thun das Beſte 
Der frummen Chriftenheit, 
Thut fein Seel für ums ſetzen, 
Acht nit, wer ihn thu leben, 
An Leib und Gut drum feten, 
Er half frei umverzagt 

Das Evangeli jagt. 


=] 


63 


10. 


1 


9. Fürwahr, ein guter Hirte 


— 


Setzt ſein Seel für ſein Schaf, 
Dei dem man Frummkeit ſpürte, 
So er nit liegt im Schlaf; 
Thut fih der Schäflen fleiken, 
Daß die Wolf fie nit zerreißen, 
Berderben und zerbeißen: 

Der Tagelöhner flieht, 

So er den Wolf nur jiebt. 


Herr Gott laß dich erbarmen 
Der Ehriftenheit Trübfal! 
Komm bald zu Hilf ung Armen 
Zu diefem Iammerthal! 

Deine Hirten thun ſich zweien, 
Die Schäflein fi zerftreun; 
Thu uns den Weg recht zeigen 
Durch recht verftändig Leut, 
Kehr ab der Gleißner Nein! 


. Dies Liedlein thu ich fingen 


Zu Lob einem Doctor wertb; 

Ih hoff ihm werth gelingen, 

Er ift groß Ehren werth. 

Ulrich von Hutten, ih jagen, 
Thut Leib und Leben wagen 

Und thut ganz nit verzagen: 

Gott geb ihm Glüd und Sid (Sieg) 
Daß er all Sach wohl jhid! 


Dffnes Blatt der K. Bibl. Berlin: Libr. impr. rar. Fol. 117; „Ein ſchon new lied von 


dem von Hutten. 


Im thon, vann erft jo wellen wir loben, Maria die reine maydt!“ 


— Driginaldert abgebr. Wadern. 1841, Nr. 419. Wieverholt Wadern. III, ©. 189. 
Krit. Tert: v. Liliencron, hiſt. BL. Nr. 350. 
Wiener Hofbibl.) in Gräter's Braga und Hermode, 4. Bd., 1802. Daber Soltau, 
bift. B. ©. 257. Mel. ſ. unten zu Schenkenbach's Reiterlieve. 


Nah demſelben Drude (Erempl. in 


266. Auf den Tod des Franz v. Sickingen (7 1523). 


— 


. Drei Fürſten hond ſich eins bedacht, 
Hond viel der Landsknecht zufammen- 
bradt, 
Für Landſtuhl feind fie zogen 
Mit Bühfen und mit Kriegeswat: 
Den Franzen foll man loben, ja loben. 
. Zu Landſtuhl er fih finden lief, 
Das bradt den Fürſten fein Verdrieß, 
Sie huben an zu ſchießen. 
Der Pfalzgraf ihm bofieren hieß: 
Darob hätt Franz Verdrießen, ja Ver— 
drießen. 


3. Un einem Freitag es geſchach, 


Daß man den Löwen treffen ſach 

Die Maur zu Landftuhl erite. 

Der Franz mit Trauren darnach ſprach: 

„Erbarm did Gott der Herre, der 
Herre!” 


4. Die Fürften waren wohlgemutb, 


Sie ſchoſſen in das Schloß fo gut, 
Den Franzen thätens treffen: 
Bergofien ward fein erſtes Blut, 
Ich will fein nicht vergellen, vergefien. 





—— einher nen — — — — — — — 


aA = 


64 
5. Und als der Franz erſchoſſen ward, 8. Er hat die Landsknecht all geliebt, 
Behend das Schloß er übergab, Hat ihnen gemachet gut Geſchirr, 
Dey Fürften thät er ſchreiben: Darum ift er zu loben; 
Tür feine Landsknecht er fie bat, Sein Samen ift noch bei une bie, 
Er mocht nit länger bleiben, ja bleiben. Es bleibt nicht ungerohen, ungeroden. 
6. Die Fürften famen in das Schloß 9, Die Fürften zogen weiter dann 
Mit Knechten zu Fuß und aud zu Rof, Gen Drachenfels, alfo genannt, 
Den Franzen thätens finden; Das haben fie verbrennet, 
Er redt mit ihnen ohn Verdruß, Gott tröft den Franzen lobefam! 
Die Wahrheit will ich fingen, ja fingen. Sein Land wird gar getrennet, getrennet. 
7.48 nun die Red ein Ende nah, 10. Alfo will ichs bleiben lan, 
Da jtarb von Stund der edle Mann, Es möcht noch koſten manden Mann, 
Das muß dod Gott erbarmen! Ih will nit weiter fingen; 
Kein befirer Krieger ins Yand nie fam, Gefällt vielleicht nit Yedermann, 
Er hats gar wohl erfahren, erfahren. Wir müſſen bald von binnen, von hinnen. 


11. Der uns das Liedlein neus gefang, 
Ein Landsknecht ift ers ja genannt, 
Er hat es wohl gefungen. 
Die Sad) ift ihm gar wohl befannt, 
Bon Landſtuhl ift er kommen, ja kommen. 


Offnes Ouartblatt (um 1523): „Luftig zu fingen, in dem Thon Clauf von 
Amberg das edel plüt.” Darnach zuerit bei Uhland, Nr. 182; v. Liliencron, hiſt. 
DBL., Nr. 366; GödeleTittmann, Liederb, ©. 206; Bilmar, Handbüchl. 35. 


Das Lied ift offenbar nad) dem Lindenfhmidston gefungen worden. Das oben in der Ton» 
angabe bezeichnete Lied auf Claus von Amberg ift verloren gegangen. Auch ein Lied „Franz 
Sidinger, das edel blut, der hat gar viel der Landéknecht gut” ift nicht weiter 
ald durdy eine Tonangabe zu einem Huttenliede (Soltau, S. 261) bekannt. 

Franz von Sidingen ftarb am 7. Mai 1523 nad Uebergabe feiner Burg Landſtuhl an einer 
durch einen Balkenfplitter erhaltenen Wunde, Die 3 Fürften waren: Philipp der Großmütbige, 
Landgraf von Heffen, der Pfaljgraf und Kurfürft Ludwig von der Pfalz und der Erzbifhof und 
Kurfurft von Trier, Richard Greiffenklau-Bollratb. Die Belagerung der ubrigen Burgen Sickingens 
und feiner Anhänger begann am 10. Mai. AZuerft fiel die Feſte Drachenfels, die geplündert und 
verbrannt wurde. 

In der Pfalz lebt noch heute in aller Munde der Ritter Franz von Sidingen, ald Fränzchen 
von Sidingen. Schon feine Kindheit, die in das Mytbifche fpielende Sage und von Fränzchens 
Kraftftüden gebt mancherlei Märe. Nicht weit von feiner Feſte Landftuhl liegen auf dem Felde 
drei große Quaderfteine, wahrjcheinlich römifche Opferfteine gewefen, die man aber die „Sidinger 
Würfel“ nennt. Mit ihnen fpielte Franz am Borabend der großen Belagerung; weil fie aber 
ſchlecht für ibn fielen, warf er fie voll Inarimm hinab in den Grund, — 

Die dankbare Nachwelt bat ihn mit Hutten geehrt: ein Hutten-Sidinger Denkmal erhebt 
fih feit Mai 1890 auf der Ebernburg bei Kreuznach. Bei deffen Enthüllung gelangte ein Hutten- 
Feſtſpiel, gedichtet und fomponirt von Bungert, zur Aufführung. 


T 1,1 bond, haben. 1,3 im Driginaldrude ſteht nach pfälzer Ausfprahe Landſtal für 
Landftubl. 1,4 Kriegewat, Kriegdrüftung. 2, 4 hofieren, den dor machen, hier: auf Gnade 
ſich ergeben. 3, 2 Leuen, Löwen, war ein heſſiſches Gefhüg mit dem Bild des Löwen. 
9,2 die Ruine Drahenfels bei Königswinter am rechten Rheinufer ift wohl jedem Rhein- 
reifenden durch den edlen Wein, Dracdenblut, befannt. In der Drachenhöhle dort haufte nach der 
Sage der Drache, durch deffen Blut Siegfried „hörnern“ wurde. 








267. Graf Iörg von Wertheim (1522). 
(Eroberung von Brandenftein und Zeitlos im Würzb. Biſchofsſtreit.) 


Ich fing euch bie ohn alld Ge» fähr 








was iez — fein die Neu» terd« 





mär gegen bie» jem frei» en Mai 


1.3 fing euch bie ohn als Gefähr, 
Was iez fein die Reutersmär 
Gegen diefem freien Maien: 
Werthem und Würzburg feind gezogen 
aus 
Gar für ein feftes Haus, ihr" Feind 
zu beidhauen. 


2. Blau Enten warent ausgeflogen 

AU ihr Sinn hant fie betrogen 

Zu ſuchen ihren lieben Herrn: 

Graf Yörg von Werthem, aud mit 
ihm der Bund, 

Die warent nit fer ferre, ja ferre. 


3. Auf den Karfreitag es geſchach 
Daß man Werthem ziehen ſach 
Für Zeitlos, das wehrlich Schloſſe; 
Der Brandenftein was auch nit weit 
Darvon, 
Das Armbroft hät gelaffen, die Pfeil 
verſchoſſen. 


4. Die von Fuld thätend auch das Beſt' 

Triebent d' Vögel aus dem Neſt, 

Der Meiſenſchlag was gerichtet, 

So balde das Geſchütz von Würzburg 
in kam, 

Warent d’ Vögel entwiſchet, ja entwiſchet. 


Er! un.Böhme, Liederhort. II. 





= —- 
Haug, ihr! Feind u be» fhau 








5. Marfilius Faut und Aulenbady! 


Ihr feid der Sad viel zu ſchwach 
Wöllt ihr den Grafen vertreiben: 
Er hat groß Hilf, auch viel fefter Schloß 
Darauf mag er bleiben, ja bleiben. 


.Ihr Hedenreuter, thunt gemach, 


Schießt die Fieverling nit zu hoch 
In dem grünen finftern Halte! 
Erſchnappt euch Graf Jörg mit feiner 
Hilf, 
Den lieben Gott läßt er's walten, ja 
walten. 


. Graf Jörg der iſt ein kühner Mann, 


Seine Feind greift er tapfer an 

Mit eigner Perfon und Hande, 

Thut dem römischen Reich allzeit beiftan: 

Der Bund ift ihm befannte, ja be 
kannte. 


.O Gott in deiner Majeftat 


Wie ungleich ift der Welte Gat! 
Dein’ arme Schäflein thu weiden! 
Der arm Mann muß leiden mehr 
dann zu viel, 
Der Spott fommt ihm zum Schaden, 
ja zum Schaden. 
5 


66 


9, Der türkiſch Kaiſer kummt aud daran, 10. Kaifer Karle, du edles Blut, 


Er ift noch ein junger Mann, Gott erleuchte dein Heldenmuth ! 
Sein Bogen bat er geipannet, Dein Schwert das fol fharf thun 
Zu ſchießen über das ganze römiſch ſchneiden, 


Reich: Dardurch der Ehriftenglaub gemehret 
Mit Gottes Hilf wöll wir ihn treiben werd, 
von dannen. Bor dem tyrannifchen Hund zu bleiben. 


11.3 habs gefungen ohn allen Haß, 
Niemands ſolls verdriefen das; 
Gerechtigkeit follt Fürgang haben, 
So blieb wir vorm Türlen und Schnappern wohl, 
Auch wär die Chriftenheit edler Rofen voll, 


FH. Bl. mit Tenornoten, Kl. Fol., o. D. und J. ca. 1523, 8. Bibl. Berlin. 
Titel: „Ayn newes lied vom Brandenftayn vnd Zeytloß, wie Die newlih eingenommen 
vnd erobert worden feind.“ Text: Uhl. 183; v. Lilteneron 365. — Melodie 
nod nicht gedrudt. Sie gehört offenbar zu einem Liede mit fehszeiligen Strophen. 
Ihr Anfang flimmt genau mit dem Fragment vom Schüttenfamenton (f. 242 oben). 
Der Versbau ift arg verwildert. 


268. Bie zwei Märtyrer in Brüffel. 


(Am 1. Juli 1523 verbramnt.] 


Mei. 1523. 












a — 
Ein neu» ed Lied wir be» ben an, dad walt Gott un » fer ser . 
Zu fin » gen, was Gott hat ge- tban zu fei-nem Lob und Ch = 





Zu Brüfefel in dem Nie- der» land mol dur zween junzge Ama =" = 





ben bat er fein Wunsder macht berfannt, die er mit feinen Ge 
” an * Abm. fpäter 1539, 1545. 








Lied mit Melodie im vierjtimmigen Tonfag 1524 bei I. Walther. — Erfurter 
Endiridion 1524; Schumann's GB. 1539; Babſt's GB. 1545. — Tertabtrud: 
Wadernagel, Kirchenlied, 1841; Uhl. 351; Goedeke-Tittmann 298; Altd. Lob. 386; 
Lilieneron, Leben, S. 397 mit Walther'3 Tonfag. 

Am 1. Juli 1523 wurden in Brüffel von dem Kölner Kepermeifter Jacob van Hogftraten auf 
Anftiften der Profefforen in Löwen zwei junge Auguftinermönde aus dem Kloſter zu Antwerpen, 


Heinrich Voes und Johannes Eih, um ihres evangelifhen Glaubens willen verbrannt, nachdem 
fie lange vergeblich zum Widerruf überredet worden waren. Als H. Bord ſchon das Feuer unter 





67 


feinen Füßen fab, fprah er: „Siehe, man ftreuet mir blühende Rofen!” Sie beteten: „Herr Jefu, 
ohn Gotted, erbarm dich unfer!” Als das feuer ſchon die Stride verzehrt hatte, ftimmten fie 
wechjelweife an: Herr Gott did Toben wir! bie ihre Gebeine unter den Flammen begraben wurden. 
Auf dieſes erfte Märtyrerthum der evangelifchen Kirche fang Luther 1523 vorftehendes Lied. Cs 
ift ein gewaltiged und von allen feinen Liedern das erfte. Es enthält, nah Erzählung des Mär- 
torertoded, den ee Jubel, daß dad Evangelium nun weithin feinen Glanz ausbreiten werde 
und feine menſchliche Gewalt es au unterdrüden vermöge. 
Das Lied erſchien zuerft als Einzeldrud (mit der Jahreszahl 1523) und dann im Erfurter 
GEndiridion, wie im —— der acht Lieder 1524, darauf in allen evangeliſchen Geſangbüchern 
des 16. Jahrhunderts. — Die Melodie ift höchſtwahrſcheinlich von Luther felbft. 


269. Neformationslied (1524). 


Drig. eine Quinte tiefer. Dreddner Cod. 53 (um 1560). 








gehn, fie weinen o⸗der la» den ja la =» » : sen). 


Andere Lesart (Schweizerton). 
„Ad Karle, großmächtiger Mann“, Drud 1546. 





Dritte Lesart. 
Ick hoordte die spiessen eraken seer. Souterliedekens 1540 Ps. 8. 












wer: = = Fre Fire er — 4-44 ———— 








1. Es geht ein friſcher Sommer daher, 2. Martinus iſt ein kühner Mann, 


Do werdt ihr hören neue Mär, Ein groß Spiel hat er gefangen an, 
Der Schimpf der wird ſich machen: Er darf nicht Würfel noch Karten; 
Wird über Münch und Pfaffen gehn, Denn wer mit ihm ſtudiren will, 
Sie weinen oder lachen. Der heilig Schrift thut er warten. 


5* 





4, 


-1 


[7 «3 


10, 


11, 


. Der Luther hats nit wohl befonnen: 


Wer wol zu großen Ehren kommen, 
Hätt er den Papft thun ſchweigen, 
Ein Cardinal denn wär er geword'n, 
Thät ihn zum Biſchof weihen. 


Das hat Martin nit wollen thon, 
Darum thut ihn der Papft in Ban, 
Sein Leib und Seel verbammen. 
Do fragt Martinus nit viel nad, 
Ihn brennt die hriftlih Flammen. 


. Der Bapft will fein der heiligſt 


Mann, 
Ja wer das rebt, der lügt ihn an, 
Sein Thun ift nichts denn Lügen; 
Er ſchidt Genad in alle Land, 
Die Armen zu betrügen. 


. Der Papit fchreibt fich ein irdiſchen Gott, 


Damit treibt er aus Gott den Spott, 
Er bat ein Menſchenleben; 

Wenn er von ung empfacht das Geld, 
Biel Sünd thut er vergeben. 


. Der Bapft der führt ein harten Orden, 


Er ift zu Rom ein Kaufmann worden, 
Im Land thut er umlaufen, 

Gotts Gnad giebt er uns Gelb, 
Wer die von ihm will kaufen, 


‚Um einen Pfennig oder zween 


Fünftaufend Jahr hundert Garen, 
Die Gnadbrief thun fie fchreiben, 
Es möcht ein gute Meinung fein, 
Giengs zu mit fhönen Weiben. 


Die Klofterbrüder fein auch ein Spiel, 
Und die ich jegund nennen will, 
Sie laufen auf dem Lande, 

Und gäb man ihn'n des Kaifers Gut, 
Sie nähmens ohn alle Schande, 


Dobei fo habens guten Muth, 

Ja mit der Armen Schweik und Blut, 
Es möht wol Gott erbarmen, 

Daß fie do leben in dem Sauf, 
Wöll'n fie doch fein die Armen. 


Ihr Kalten, Keller fteden voll, 

Sie trinfen daß fie werben toll: 
Sollten's eim Armen geben. 

Sanur ein Gab eins Pfennings Gut, 
Es müht eh gelten fein Leben. 


68 


12, 


13. 


14, 


16, 


18, 


19, 


20, 


Al Zins und Güld hant's an ſich bradht, 
Das fies ſchier alla befisen macht, 
Hant doch die Armuth gefhmworen, 
Noch gebn ihr Etlich mehr darzu, 
Wie find fo groß Thoren! 


Ach, wie find unfer Sinn verkehrt! 
Hat uns fold Armuth Chriſtus g’lehrt? 
Dver hat e8 thon fant Peter? 
Geb'n wir den armen Handwerfsleut'n 
Den’ thät e8 gar viel nöther. 


Wenn Luthers Lehr jo unrecht wär, 
Sie wär nit fommen je bisher, 

Zu Wormes wär's verbammet, 
Do fo viel fahen der rothen Baret 
Und der Schauben von Sammet. 


. Der Kaiſer in feiner Majeftät, 


Darzu den deutſchen Fürſten Kath, 
Falſch Geiftlih und auch Laien: 
Do ftund der Luther hochgelehrt, 
Wollt Keiner an den Reihen, 


Der mit Luther Hät dürfen disputirn, 
Sagt wol funft von blauen Zwirn, 
Wollten ven Fuchs nit beißen: 
&o er mit Ehr ift von ihn’n kommen 
Wölln fie erft fein die Weifen. 


‚Herzog Friedrid ift ein frommer 


Fürft, 
Der nad) göttliher Wahrheit dürft, 
Der ift frei beigeftanden: 
Dep bedank ſich deutſche Nation 
Gen ſächſiſchen Landen. 


O Gott in deinem höchſten Thron, 
Wöllſt den großen Irrthum unterſtan, 
Deins Vollks, von dir erkoren; 
Theil uns mit dein Barmherzigkeit. 
Deiner einig geliebten Scharen! 


So's nit mag gſchehen ohn' dein Wort 
So iſt es je ein kläglich Wort, 
Daß wir auf uns ſelbſt bauen; 
Wie könnten wir immer g'wiſſer fein, 
Denn wenn wir dir vertrauen! 


So du ein Gott biſt ohn Betrug, 
Die Menſchen nichts denn eitel Lug, 
Was thun wir uns vermeſſen, 

Daß wir ſo bauen auf den Sand? 
Hant deines Worts vergeſſen. 





69 


21.D Gott, wir begehren von dir Huld 22. Verleih uns Gnad, ewiger Gott, 
Wie wol's ift unfern Oebern Schuld Erzeig uns Hilf in dieſer Noth 


Daß wir fo find verblenvet: Des Leibs und aud der Seelen! 
So wir fein chriſtlich Lieb mehr hant, Erleucht ung mit dem Worte dein, 
Sind wir billig geſchändet. Daß wir des Wegs nit fehlen! 


Tert auf einem Einzelvrud, 8°, o. O. und J., früher in der öffentl. Bibl. in 
Straßburg: „Diß ift ein Newes liedlein Evangelifche lere betreffend. Vnd ift jns 
Weißbecken thon.“ Abprud: WE. II, 484. — Ein anderer Einzeldruck führt die 
Jahrzahl 1524: „Eyn Newes lied, die Evangelifche lere betreffende. Vnd mirbt 
gejungen jnß weyßbecken thon. Anno MDXXII (WE. I, 383). Beide Terte 
bis auf die Schreibung übereinftimmend. — Ein wenig umgearbeitet erjhien das 
Lied ebenfalls als Einzeldruck 1524 unter dem Titel: „An hübſch euangeliſch lied 
dar in auffs kürzeft angezayt ift, was gott am maiften mißfelot vnnd gefelt. kürtzlich 
comigiert. Im thon es geedt ein Frifher fummer daher 1524, Oper Im newen 
then von Mayland.“ (Weimar, Sammeld. Daher WE, II, 483.) Anfang: 


„Ain gnad reich zeit ift fumen daber, 
da ift man hören gute mär, 

die ler gotts ift erwachet, 

Iſt ober münich vnd pfaffẽ gan, 

ſy wainen oder lachen.“ 


Am Ende des Liedes ſteht: Friſch auff got zu lob, Conrat Pern 1524. Wader- 
nagel hält diefen Tert für den ältern. Weil fhon corrigirt, muß eine noch Ältere 
Auflage vorangegangen fein. 


Diefed Lied ift ohne Zweifel nach dem Reichstage in Worms, zwiſchen 1521—24 gedichtet worden. 
Bom Berfaffer Konrad Kern ift fonft weiter nichts bekannt; aud der Sprache des Liedes erfennen 
wir einen Sübdeutfhen, der fidh zu Luthers Lehre befannte und Sachſens Fürften Friedrich (dem 
Weifen) rübmt. Db er mit Georg Kern, dem in Darmftadt lebenden Gefangmeifter des Landgrafen 
Philipp verwandt war, der ebenfalld Lieder umbichtete und heraudgab, muß dabingeftellt bleiben. — 

Die Melodie ift in dreifacher Notation und erbalten. Sie ftebt: a) im Dresdner God. 
M. 53 zweimal ganz gleidlautend gefchrieben zu Liedern auf die Grumbach'ſchen Händel und die 
Bürger in Gotha (1567). Die Lieder find Abjchriften nach fl. Blättern, beide mit der Tonangabe: 
Es gebt ein frifher Sommer daher und dazu noch die Noten beigefügt. In der Hand» 
ſchrift flieht die Melodie auf C jonifh, das dort vorgefehte P ift entfchieden falfh. b) Wenig 
abweichend ſteht diefelbe Weife mit der Bezeichnung „Schweizerton” gebrudt auf einem Drud von 
1547 zu dem Liede „Ah Karle, großmächtiger Mann.” Sie ftebt dort auf g, aber es fehlt im 
7. Zafte dad Kreuz, fonft entfteht der muſikaliſche an (f-h). ce) Ziemlih übereinftimmend 
ift die niederländifche Lesart, deren Tert mit feinen frachenden Spießen an ein Krieglied erinnert. 
Eie ift richtig notirt, C jonifh. Ich babe alle 3 Weifen des Vergleichs halber auf gleiche Tonart 
(jonifh auf g) zurüdgeführt. 

Der Urtert des Lieded „Es gebt ein frifhber Sommer daher,” ift verloren. Nur 
die 2 Anfangäzeilen davon find ns die Parodien erhalten geblieben. Sie finden ſich zunächſt 
im vorftebenden Neformationdliede, das ich nicht mehr (wie im Altd. db. Nr. 387) für den Urtert, 
fondern für eine geiftlihe Umbildung halte. — Ferner Flingt das alte Lied heraus in folgendem 
auf Magdeburgs Zerftörung 1551: 


Es get ein frifcher fommer daher, 

vnd volt ir bören newe mär, 

davon ich euch will fingen. 

Hilff treuer Ehrift vom bimmelreich, 

Daß und nicht mißgelinge. Lil. Nr. 588.) 


Wiederum beginnt ein Lied auf die Stadt Callis im franzöfifhen Kriege 1558: 


Es gebt ein frifher fommer daber, 

Fr werdet erfaren newe mär, 

Darvon ich euch will fingen. 

Wol von dem cdeln fünig von Frankreich, 
Hilff, Gott, dz uns gelinge, ja gelinge. 





70 


Noch eine große Anzahl biftorifcher und anderer Lieder im 16. und. 17. Jahrbundirt werden 
auf diefen Ton gefungen. Sie benugen entweder geradezu zum Gingang dad Stammlied, oder 
—— wenigſtens die Sommerzeit und die neue Mär (Neuigkeiten), die aus dem Feldzuge 
ommen. 

Der verlorene Tert „Es gebt ein frifcher Sommer daher“ muß ein Kriegslied geweſen 
fein, denn daran erinnerten die Anfangszeilen von der neuen Mär und dem Schimpf (Shen, 
Kriegäfpiel) der fich machen wird fo wie auch die frachenden Spieße im niederländifchen Tert. 
Seine Melodie hätten wir ficher gerettet und bleibt es befremdlich, warum diefelbe niemals in 
vierftimmigen Tonfäpen jenes Zeitalter vorfommt. 

Sie ift aber zugleich der fogenannte Wisbedenton. Dad müſſen wir daraus folgern: 
dag alle Lieder mit diefer Zonangabe einen fommerlihen Eingang haben, wie das obige 
Reformationdlied und viele andere Terte bezeugen, die von Lilieneron (Ton 107) zufammengeftelt 
und daraus unmiderleglich die Identität beider Weifen nachgewiefen hat. 

Der Wiſpecken- oder Wisbelenton mag feinen Namen baben von einem Liede auf den Feld» 
bauptmann Georg Wifped, der in der Böhmerfhlacht 1504 eine Fägliche Rolle fpielte. So 
vermutbet Goedeke (Grundr. $ 141, Nr. 12) und ich ftimme ibm bei. Dagegen meint Freiherr von 
Lilieneron (Töne 107 und deutfches Leben im Volkslied, ©. 22), der Ton ſei benannt nad dem 
Wiener Hofpoeten Hand Wifped, der fhon 1457 das Lied auf König Lasla dichtete. Diele 
Annahme halte ih für unwahrfcheinlid, weil ed im Volkdgefange niemald Brauch war, die Töne 
nad Dichtern zu benennen, wie ſolches nur die Meifterfinger tbun, Das Volk nennt feine Lieb— 
lingsweifen ftetd nah dem Hauptinhalte des Liedes (wie Stortebeder-, Lindenfhmid-, Benzenauer-, 
Schüttenfamten x.) nicht nah Dichternamen, die ja doch bei wirklichen Volkäliedern gar nicht 
befannt de — Bulept ift es gleiheiltig, woher der Name Wisbeckenton ftammt, wenn wir nur 
die 2 tt davon haben, und diefe befigen wir in der Melodie: „Es gebt ein frifcher Som- 
mer daher”. 

Bor das Jahr 1504 geht die — — Wisbeckenton nicht zurück, ſie kommt erſt 
zwiſchen 1519—32 vor und etwas ſpäter lerſt nach 1524) die andere: „Es geht ein frifcher Sommer 
daher“. Das wirft einiges Licht auf Alter und Abftammung des Wisbedentones. 

Gödeke jagt: „Ed muß ein Lied in fünfzeiliger Strophe auf diefen (Georg Wiſpech) gegeben 
haben”, da fpäter der Wiöbeckenton vorfommt. Warum aber no ein anderes Lied vermutben ? 
Könnte nicht das Lied auf die Böhmerfhlaht (1504) Anlaß zu diefer Tonbezeihnung gegeben 
haben, da darin eben Georg Wiſpeck, der Feldhauptmann des Pfalsgrafen Ruprecht, befungen wird? 
Somit wären Wisbedenton und Böhmer Schlachtweiſe identifh. Der Ton kann feinen 
Namen gewechjelt haben und nah 1524 „Es geht ein frifher Sommer daher” benannt 
worden kin. Demnach bezeichnen zulegt alle 3 Tonangaben die gleiche Melodie, 

Gegen diefe Annahme ift nichts einzuwenden. Selbft das wäre fein Grund an der Gleich— 
beit der Tonweiſen zu zweifeln, wenn von diefen Tonangaben zwei nebeneinander angeführt 
würden. Das eichieht nur einmal zum Liede bei Lilieneron 441, wo «8 heißt „In des 
MWispedenten, oder „Es get ein frifcher fummer*. Die zweite (überflüffige) Tonbezeihnung 
fonnte den Zwe haben, dem Sänger zu Hilfe zu fommen, der die Melodie unter einem anderen 
Namen kennt. 

Warum diefelbe Melodie auch „Schweizerton” beißt, ift nicht ergründet, vermuthlich aber 
dod nach einem biftorifchen Liede der Schweizer, das mir nicht befannt it. Auffallend wird num 
der fünfpeilige Ton ſchon 1512 und 1513 zwei biftorifchen Liedern (Lilieneron 269, 276) voran⸗ 
geſetzt, die aber f a Strophenmaß baben. (Leptere Form war durch Wiederholen der 
4. Zeile leicht berzuftellen) Dürfen wir daraus folgen, daß der Schweizerton urfprünglich 
ſechszeilig war und fpäter durch Weglaſſen der — fünfzeilig gemacht würde, 
dann hätten wir vor und wahrſcheinlich die Schweizermelodie zun Bruder Claus (wie wol bin 
ih ein alter Greid) und der Name wäre erflärt. Ich zweifle gar nicht, daß diefe Schweizermelodie 
bald fünfe bald fechszeilig gebraucht wurde; das wäre ja nur ein Seitenftüd zu der Wandlung 
zwifchen „Lindenſchmied“ und der Melodie „Kommt her zu mir” ꝛc. — 


270. Bas Pavierlied. 1525. 
[Schlacht vor Pavia. 24. Febr. 1525.] 
Schumann's Gb. 1539. Babft 1545, 







Was wöll wir a = ber he⸗ ben an, ein new-es Lied zu fin = gen | 
Wol von dem Kö» nig aus Franfreih, Mai » land das wollt er zmin- gen. 





71 


“ 


zes — 


Das gſchach, da man zählt taufend»fünf » hun» dert Jahr 





Het = red = kraft, _ 


ten Paufen flören die Symmetrie. Die Jahrza 
fortgefungen, bis die Gadenz den Abfag endete. 


1; 


. 


Was wöll wir aber heben an, 

Ein neues Pied zu fingen 

Wohl von dem König aus Franfreid) 

Mailand das wollt er zwingen; 

Das geihah da man zählt taufend 
fünfhundert Jahr 

Im fünfundzwanzigften iſts gefchehen; 

Er zog daher mit Heerestraft, 

Hat mander Landsknecht g’jehen. 


. Er zog für em Stadt, heißt Mailand, 


Diejelbig thät er zwingen, 

Dernach für ein Stadt, die heißt Pavia, 
Er meint, er wollt es gewinnen, 
Darin lag mander Landsknecht friſch, 
Das hält der König verſchworen, 

Er ſprach, fie folten die Stadt aufgeb'n, 
Sie wär ſunſt ſchon verloren, 


Wir hörten fürzlic einen Rath, 


Einer fragt den andern; 
Nun zeugt der König nimmer ab, 
Darnach fteht fein Verlangen; 
Nennt fi) einer mit Namen Graf 
Eitelfrig, 
Die Stadt wollt er nicht aufgeben; 
Wir bauen zwei Bollwerk, die fein Feft, 
Es loſt' recht Leib und Leben. 


. Sie fein mit mander Hand gemadıt, 


Zwei Bollwerk wohl erbauen; 

Wir liegen die winterlange Nacht 
Zu Bavia auf der Mauren, 

Da wölln wir warten des fühlen Wein, 
Thut der König die Mauren zerbrechen: 
Es fummt ein Fürft von Defterreid, 
Den Schaden wird er räden. 


h 








bat man » her Lande» fncht afe = hen. 
» Bei Babft find die Noten * doppelt Une 


er und der Ton bei + heift a, Die eingeflammers 
wurde vermuthlich pfalmodierend auf einem Tone 


5. Wir lagen die winterlange Nadıt, 


1 


Bor Kält kunt' wir nicht bleiben 

Wir kunnten nicht erwarten des fühlen 
Wein, 

Gar eilend thät wir fchreiben, 

Und fchrieben dem Fürften aus Defter- 


reid, 
Er fol nicht ausbleiben, 
Soll bringen manchen Landsknecht frifch, 
Den König zu vertreiben. 


‚Der Fürft hätt! kürzlich einen Rath 


Mit feinen Fürften und Herren, 
Wie bald er nad) Herr Jörgen fchrieb 
Der war ihm nicht zu ferre, 
MarxSittich von Ems deſſelben gleich 
Er ruft fie an in Treuen 

Sie follten ihm treulich beiftahn, 
Den König zu vertreiben. 


. Sie wurden fürzlid unterricht‘, 


Zu Innsbrud auf dem Tage 
Wurd mandes Fähnlein aufgericht, 
Im deutſchen Land hört mans fagen. 
Darunter zug mancher Landsknecht friſch 
Thät in feinem Harniſch herflingen, 
Wir zugen all gen Mailand hin: 
Gott wöll, daß uns gelingen! 


. Asbald der König das vernahm 


Thät er ſich nit lang befinnen, 

Wie balderdieStadt zumSturm beſchoß, 
Er meint er wolits gewinnen, 
Darvor verlor er viel manden Mann, 
Das thät dem König zoren, 

Er ſprach, fie follen die Stadt aufgeben, 
Sie wär doch funft verloren. 





9. 


Der Sturm bat er fünf gethan 

Und bat fie all verloren 

Da zug Herr Jörg, Marr Sittid 
v. Ems daber, 

Die zween Herren auserloren, 

Legten fih vor Pavia in das Feld, 

Pavia thät fih das freuen 

Der König mit Heeresfraft davor, 

Man kehrt fih nit an fein Drauen! 


10. Die Landsknecht machten ihr Ordnung feft, 


1 


1 


* 


13. 


Ein Rath der wurd beſchloſſen: 
Ein, verlornen Haufen“ man machen ſoll, 
Ein Hauptmann ausgeſchloſſen. 
Hauptmann Edel ift er genannt, 
Man ruft ihm mit den Treuen: 

‚ Nimm den verlornen Haufen zu Hand, 
Laß dich dein Leben nit reuen!‘ 


. Un Sant Mattheys-Tag, da der Tag 


herbrach, 

Da fieng wir an zu ziehen 
Ich weiß, wie den Schweitzern die 

Sach gefiel, 
Sie begunten gar bald zu fliehen, 
Da zugen wir in Thiergarten hinein, 
Darnach ſtund unſer Verlangen; 
Sie hießen uns alle willkommen ſein, 
Aus Karthaunen und mit Schlangen. 


. Valtein Kopp war auch dabei 


Mit manchen guten Schützen, 

Darzu mancher frummer Landsknecht, 

Nach Ehren thät ers nutzen; 

Das Handgeſchütz hätt er gar bei ihm 

Mit ſammt zweien Knechten: 

Schießt drein, ſchießr drein, ihr frumme 
Landsknecht, 

Gar ritterlich wöll wir fechten!“ 


Herr Jörg ſchrie Valtein Koppen an, 
Soll ihm das Gſchütz herbringen; 
Velte Kopp thät wie ein ehrlich Mann 
Und fi nit lang befinnen, 

Er führt daher mit ganzer Macht, 
Ganz wohl thät er ſich rüften; 

Die ſchuſſen al „zubalben Mann“, 
Ward den Tranzofen verbriehen. 


.Herr Yörg, ein edler Ritter feit, 


Stond da mit feiner Hellebarvden: 
Er ſprach: es kummen uns fremde Gäft 
Derielben wöll wir warten. 


15. 


_ 
je 


Gegen ihm zog der Langmantel 
daber, 

„Herr Yörg, verſöch dich eben, 

Du mußt hie mein Gefangner fein, 

Ob du willt friften dein Leben!“ 


Herr Jörg: ‚Muf id dein Gefangner 
fein, 
Dver foft e8 mid mein Leben, 
So habe ich getrunfen des kühlen Wein, 
Mein Leib will ich dir nicht aufgeben; 
Ih hab fo manden Landsknecht frifch, 
Stehn da in ihren halben Hojen: 
‚Steht drein, ſtecht drein, ihr frummen 
Landsknecht, 
Das find die rechten Franzoſen!“ 


‚Marr Eittih von Ems griffs zum 


Erften an 
Mit feinen frummen Landsknecht; 
Wannehr ftund felber vornen dran 
Gar ritterlih thät er Fechten. 
Die Schlacht die währt eine Heine Weil 
Da ward fie ſchon verloren, 
Wurd' mander Franzoſ' zu Tode ge- 
geſchlagen, 
Mancher Küraſſer auserkoren. 


. Ein Graf genannt aus deutſchem Land 


Mit Namen von der Salmen, 
Er griff den König felber an. 
Die Landsknecht war'n zeripalten 
Der Bicereg deſſelben gleich, 
Man Speer wurd’ in der Mitt" zer 
ipalten, 
Da ftah mir (wir) alle mit Freuden 
brein, 
Der lieb Gott joll fein walten. 


. Die Schladht währt anverthalbe Stund 


Da war fie ſchon vergangen. 
Wurd' mander Schweizer zu Tod ge: 
ſchlagen, 


Manicher wurd' gefangen. 

Die Landsknecht blieben dahinten ſtahn 
Als viel mich will bedunken; 

Die Summ' man nit erzählen kann, 
Die im Waſſer ſein ertrunken. 





73 


19. Schweizer, du fh... . ßt mir ein Dred Das dein haft du dahinten g'lan, 
j auf d' Nas, Da wir zufammen zogen. 
Und fünzehn in Knebelbarte; 21. Alfo Habt ihr vernummen wohl 


Ich mein, wir haben dich baar bezahlt, 

Zu Pavia im Thiergarten. 

Du fprihft: ich berühme mid eigner 
und Schand, 

Das ift wahrlich erlogen: 

Du haft dem Franzos verloren a 

’eut, 
Biſt ſchändlich von ihm gefloben, 


Wie es den Schweizern ift ergangen; 
Sie hätten gefhworen einen Eid, 
Sie nahmen unſer feinen gefangen. 
Sie ruften Maria Gotts Mutter au, 
Daß wir ihr thäten bewarten: 

Ih mein: wir haben fie baar bezahlt 
Zu Pavia im Thiergarten. 


22. Der und das Liedlein neumes fang, 


20. Du haft gejchrieben im deutſche Land Bon neuem bat gefungen, 
Wie du die Schlacht habeſt gewunnen, Daß hatt gethan ein Landsknecht gut, 
Du habeft uns von unferm Gſchütz Den Reihen hat er gefprungen, 
gejagt, Wann er ift auf der Kirchweih gemweit 
Wären ſchändlich darvon entrumnen ; Der Pfeffer ward verjalgen, 
Das wöll Gott heut noch nimmer, Man richt ihn mit langen Spießen an, 
Kein Landsknecht ift geflohen. Mit Hellebarven g’ihmalzen. 


Tert nah emem fl. Bl. mit Holzſchnitt: ein Landsknecht mit Schwert und 
Lanze. „Ein ſchönes lied von der ſchlacht vor Pauia geſchehẽ, Gedicht vñ erſtlich 
gefungen (durh Hanfen v. Wurkburg) in einem newen thonn.” [Mbpr. bei Sol- 
tau, bifter. Lieder, Nr. 49; R. v. Lilieneron, hiſtor. BL., Nr. 372; Alto, Tob., 
Nr. 389, Goevele-Titttmann, Liederb., ©. 283 ff.] — 

Der erfte italienijhe Krieg zwiſchen Carl V. und Franz I. endet mit der Nieder- 
lage und Gefangennehmung des franzöfifchen Heeres unter den Mauern der von ihm 
belagerten feften Stadt Pavia am 24. Februar 1525. Ausführlihen Bericht über 
diefe Schlaht giebt Jörg v. Frundsberg. (Vergl. denjelben „aus dem Archiv zu 
Iunsbrud” in Mone, Anz. VI, 17 ff.) 

Die Melodie zum achtzeiligen Pavierlieve ift uns erhalten in dem Choral 
„Durh Adams Fall ift ganz verberbt“, wie ich zuerit aufgefunden und im 
Altd. ob. 389 Hinlänglich bewiefen habe. Denn in einem Drud dieſes geiftlichen 
Liedes von 1530 heißts; „Eyn Lyed, von Adams fal. In einem neumwen thon, den 
man fingt von der flat vor Pauia“ (f. Weller, Annalen IL, 204, Nr. 426). Das 
Lied von Adams Fall ift von Lazarıs Spengler gebihtet und fteht ſchon 1524 in 
Walther's Gejangbuh Nr. 16 und 17 mit zwei Singweiſen: einer aeolifhen und 
einer phrugiihen Melodie, die ſich nicht erhalten, weil fie nicht volfsthümlich find. 
1535 in Klug's Gſb. finden wir das Pied zum erftenmal mit der oben mitgetheilten 
Melodie, die fih allgemein verbreitete und in Choralbühern bis zur Gegenwart er- 
balten blieb. Sie ift eben der Pavierton. Ich theile die Notation aus Schu- 
mann's Gſgb. 1539 mit, die fih von der in Babſt's Gſb. 1545 nur in einer Note 
unterfheidet. Meiner Feitftelung haben aud andere Fachmänner wie v. Liliencron 
(Leben im Volksliede ©. 31) und Bäumker (II, ©. 257) beigeftimmt. Die Melodie 
war im 16. Jahrh. viel gejungen, und nicht nur zum beliebten Pavierlieve, ſondern 
aud zu anderen hiſtoriſchen Liedern. 


J 3,5 Eitelfrig — Graf Friedrich von Hohenzollern lag mit 12 Fähnlein Landéknechten 
in Pavia. 6, 3 Jörg von Frundsberg. 9, 8 Treuen im Driginal = Dreuen, Droben. 
10,3 Ein „verlorner Haufe“, auch Läufer genannt, die für den erften Anariff bejtimmte 
Schaar (fr. enfants perdus) im Gegenfag zu dem im Haupttreffen ftebenden „Gewalthaufen“. 

Matthias, im Kalender 25. Februart. 11, 4 Thiergarten ift ein dicht 


11, 1 Mattbeid Tag, 





74 


an der Stadt Pavia liegender, von einer Mauer umgebener Wildpark, der Hauptichauplak des 
Kampfes. 13, 7 Wir richteten unfer Gefhüß auf halbe Mannshöhe. 14,5 Georg Langmantel, 
Patricier aus —— Hauptmann einer Schaar deutſcher Landéknechte auf franzöſiſcher Seite 
— der Schwarzen, bande noir, forderte Frundberg zum Einzelkampf heraus, wurde jedoch von 
deifen Leuten niedergebauen. 22,6 Der Pfeffer, ein gewürztes Fleiſchgericht. 


271. Ber PBavierton, fedjszeilig. 1525. 


Schmelzel 1544, Quodl. 7. 





So will ib mir nit grau-fen Ion, und ſollt der Bo » den 





un s ter =» gon. 


In diefem Fragmente, dad im Baß um eine Stufe tiefer notirt ift, erfenne ich den Anfang 
des fechdzeiligen Paviertones, der bisher noh nicht befannt war. Ob das Schlußſtück von 
ab noch zur Melodie gehörte? bleibt zweifelhaft, weil darunter die nicht zum biftorifchen Licde 
gehörigen Worte ftehen: „Und nem ich denn ein Schreiber” (ju einem Manne); dieſe Rede kommt 
in einem anderen Liede (Altd. Lob. 224) vor, 

Als Beweis, daß bier der Pavierton vorliegt, fei folgendes angeführt: Die Tonangabe zu 
einem biftorifchen Liede vom Jahr 1552 (Liliencron, 613) beißt: 


So will ih mir nicht graufen len, 
Sprach fih die taiferliche Kron. 


Dieſelben Worte kommen wieder vor als 3. Strophe eines Liedes auf die Belagerung von 
Ingolſtadt 1546 (Soltau 58% und von Liliencron 536). Dieſem Ingolſtadter Lied iſt aber als 
Melodie „Die Schlaht von Pavia” vorgefchrieben. Demzufolge bat man das fechzeilige 
Pavierlied um 1525 nad) der vorftcehenden Weiſe gefungen. — Nun bringt und zwar Herr von 
Lilieneron (Nr. 416 feiner hiſt. DL.) das fechözeilige Pavierlied mit dem Anfange: „Mit Gottes 
Hilf fo heben wir an“, das die Tonangabe führt: „Sie find gefhidt zu Sturm und 
Streit” Als Melodie dafür vermutbet er „Ad Gott in deinem höchſten Thron.” Gegen diefe 
Vermuthung erhebt unfer Fragment entfchieden Widerfpruch, da es mit der zulegt angeführten Weife 
feine Achnlichkeit hat. — Wie fid) unfer Fragment zu der Melodie „Wir find geſchickt zu Sturm ze.“ 
verhält: ob es zwei verfchiedene Landéknechtslieder mit gleicher Melodie waren? oder ob die 
Worte des Fragment? in dem Sturmliede vorfamen (was auch möglich wäre), läßt fich nicht er 
gründen, da von beiden Liedern die Terte fehlen und zu legterem auch feine Muſik befannt ift. Im 
legteren Falle wären beide Tonangaben identifh. ine vermittelnde Annahme, daß es zwei ver— 
ſchiedene fechözeilige Pavierweifen gegeben haben könne, ift unwahrfcheinlich; richtig ift anzunehmen : 
es gab nur einen fechgzeiligen Pavierton, davon das obige Fragment vorliegt. 

Bergleihe noh Nr. 295 u. 302 unten. 


272. Georg v. Frundsberg's Alagelied 


über Wandelbarkeit der Hofgunſt und Wandelbarkeit der Welt (1525). 
Mel, 1534, 











vu 
Mein Fleiß und Müh ih nie hab gſpart und ll = - zeit 








Gunſt vers hofft, doch Gunft zu Hof ver⸗ kehn fih oft. 


1. Mein Fleiß und Müh 2. Wer ſich zufauft 

Ich nie Der lauft 

Hab gſpart Weit vor. 

Und allzeit gwart Und kümmt empor; 
Den Herren mein Doch wer lang Zeit 
Zum beſten ſein Nach Ehren ſtreit, 
Mich gſchickt darein, Muß dannen weit 
Gnad, Gunſt verhofft: Das thut mir ant,“ 


Doch Gunſt bei Hof verkehrt ſich oft. Mein treuer Dienſt bleibt unerkannt. 


3. Wen'g Dank noch Lohn 
Darvon 
Ih bring, . 
Man wiegt mid ring 
Und ift mein zwar 
Vergeſſen gar. 
Groß Noth und Gfahr 
Ich beftanden hab. 
Was Freud foll ich haben darob? 


Tert aud: Hiftoria Herrn Georgen vnd Herrn Casparn von Frundöberg... Fol. Frandf. a. M., 
1572, ©. 187. Fl. Bl, Nürnberg, K. Hergotin (1528), Hand Guldemund daſelbſt. Spangen- 
berg, Adeld» Epiegel 1591, II, 186. — Bincaref, Der Teutſchen fcharpffinnige kluge Sprüch. 
Straßb. 1639, ©. 185. Herder II, 31; Wdh. 2, 358; Gödeke⸗Tittm. 275; Ald. Lob. Nr. 391. 
Melodie und Zert bei J. Dit 1534 Nr. 39 und forfter I, 1539, Nr. 105. Melodie auch bei 
Newſidler 1536; Gerle 1637: 

Bei Forfter ift die zweite Strophe unklar: „Geht hin und her und wer fih fann zu faufen 
an den Drt nah Ehren jchreit, neued dann weit: das thut mir ant: mein treuer Dienft bleibt 
unerkannt“ Im Ambrafer Liederbuch 1582, Str. 5 verderbt. — Der Componift war nach Forſter's 
Angabe: ©. 2. Fr. Caspar Wingerer, Ritter. — Der Biograph Frundäberg’s, fein Sekretär Adam 
Reiner, erzählt a. a. D., mie fehr ſich fein Herr über die Undankbarkeit zu beklagen hatte: 
„Deshalben er nach der Pafier-Schlacht dieß Liedlein gemacht, und ibm offt vor Tifh mit vier 
Stimmen oder mit Inftrumenten fingen laffen, fonderlicd wenn er mit Häuptleuten oder andern 
Gäſten fröblih war.“ Die Versform ift beibehalten in dem nachgebildeten Liede von Dr. Luther: 
Cantiones de aulis [dad Lied vom Hofe]: Wer fih nimmt an unds Rädlein fann ꝛc. (f. Luthers 
Werke, Altenb. Audg. V, ©. 304). 


* ant tbun, verdrießt mich, thut mir leid. 


273. Georg v. Frundsberg. 
Wie das Kriegsvolk von ihm fingt:) 


1. Georg von Frundsberg von großer Stärf, 
Ein theurer Held, behielt das Feld 
In Streit und Krieg d’Feind niederfchlieg, 
In aller Schlacht 
Er legt Gott zu dir die Ehr und Mad. 





76 


2. Er überwand mit eigner Hand 
Venediſch Macht, ver Schweizer Pracht, 
Franzöſiſch Schaar legt nieder gar, 

Mit großer Schladt 
Die päpſtiſch Bündniß z'Schanden mad. 

3. Der Kaiſer Ehr hat g'macht er mehr, 
Ihr Land und Leut beſchützt allzeit, 

Mit großer Gfahr er ſiegreich war, 
Gar ehrenreich, 
Man findt nicht bald der ihm geleich. 


„Ein Lied dom Herrn Georgen von Frundsberg, öberſten Feldhauptmanns, Kriegsthaten. 
Im Thon, Mein Fleiß und Müh“. Fl. Bl. abgedr. bei Adam Reißner, Hiſtoria Herrn Georgen 
Bnd Herrn Cafparn von —— Franckfurt am Mayn 1568 fol. Bl. 1806. — Linhart Fron— 
ſperger, Kriegßbuch. Franckf. a. M. 1573, fol. Nach dieſen älteſten Quellen bei Hoffmann v. %., 
Lieder der Landsknechte. Hannover 1863, ©. 43 und bier. — Auch in C. Spangenbergs Adel—⸗ 
Spiegel 1591, II, 231. Daber mit Aenderungen im Wunderb. II, 343 (n. A. 358); Wolff, bift. 
DE. ©. 701. — Vergl. auch F. W. Berthold, Georg von Frundsberg oder das deutfche Kriegs— 
bandwerk zur Reformationdwert. Hamburg 1833. Leop. Rande, deutfche Geſchichte im Zeitalter 
der Reformation. 2. Bd., 2. Auflage, Berlin 1842. 


* Georg don Frundsberg, geboren & Mundelbeim in Oberfhwaben 24. September 1473, 
geftorben dafelbft 20. März 1528. Sein Sohn Gasyar + 1536, 36 Jahr alt. 


274. Trommelreim der Landsknedjte auf die Schlacht bei 
Pavia (1525). 


1. Herr Görg von Froniperg, 
Herr Görg von Froniperg, 
Der hat die Schlacht gewunnen, :]: 
Gewunnen hat er die Schlaht | vor Pavia im Thiergart, 
In neunthalb Stunden gewunnen Land und Leut, 
2. Der König aus Frankreich 
Der König aus Frankreich 
Der hat die Schlaht vor Pavia verloren, !]: 
Berlorn hat er die Schlacht vor Pavia im Thiergart, 
In neunthalb Stund verlor er Land und Peut. 
3. Nun grüß did Gott, | du Kömgstöchterlein 
Im ganzen Frankenreich! 
Eurem Bater hab ich abgewunnen 
In neunthalb Stunden Land Leut. 
Ich habs gewagt, frifh unverzagt. 
Ich habs gewagt, friſch unverzagt, 
Eurem Bater hab ih abgewunnen 
In neunthalb Stunden Land und Peut. 


4. Im Blut mußten wir gan, 
Im Blut mußten wir gan 
Bis über, bis über die Schud: 
Barmberziger Gott, erfenn die Noth! 
Barmberziger Gott, erfenn die Noth! 
Wir müfjen fonft ververben alfo. 





77 


5. Lermen, lermen, lermen! 
Lermen, lermen, lermen! 
Thät uns die Trummel und die Pfeifen fpreden; :]: 
„Her, her, her —,* ihr frummen deutfhen Landsknecht gut :]: 
Laßt uns in die Schlachtordnung ftan, 
Laßt uns in die Schlachtordnung ſtan, 
Bis daß die Hauptleut fprehen: jest wollen wir greifen an :]: 
Reiter zum Pferd! 
Sattel zum Zaum! 
Der Feind ift vorhanden. :: 
6.,Es geht wol gegen die Sommerzeit, 
Da mander Knecht zu Feld leit.“ 
Ich will euch tapfer Iohnen 
Mit lauter Doppelfronen ; 
Gute Poftparten will ich euch geben, 
Weil ihr mir habt befhügt mein Land und Leut, 
Dazu mein junges Leben.“ 


Gedicht auf einem fl. Bl. 1609, wiederholt 1611. Daher bei Uhl. 187 und Wh. 4, 19. 
Dort mit N ug ftörenden Eingangsſtrophen: „Zart ſchönes Jungfräulein 20." — Das ganze erfcheint 
ald eine Art Auodlibet aus zufammengeftellten Reimen der Landsknechte, mit Erinnerung an 
die Schlacht bei Pavia: Siegesfreude bricht ftürmifch zum Trommelwirbel hervor, aber auch der 
furhtbaren Blutarbeit ift gedadht und die Lärmfignale und des Eolded der Landäfnechte find 
erwähnt. Bilmar (Handbüchlein ©. 46) meint: es jei ein Lied (?) nach dem Trommelſchlag und 
ur Begleitung desſelben angefertigt, das fehr lange zu diefem Zweck gebraucht worden fein müſſe, 
a es noch im 17. Jahrhundert gedrudt wurde. — Die 7 Schlußzeilen gehören gar nicht eigentlich 
zum Zrommelftüdchen, jondern find Fragmente aus anderen Landsfnchtsliedem: den Worten „Es 
eht wohl gegen die Sommerzeit, daß mancher Knecht zu Felde leit“ entfpricht der Tonangabe zum 
Biftorifgen Lied auf Klaus Aniphof 1525 bei Hildebr. ©. 115; von Lilieneron 379: „Idt geyt 
tegen de fommer tobt, dat mannich landsknecht ym felde Iyth.” Alſo gabs ein Landstnechtslied 
mit diefem Anfange, dad aber 5zeilige Strophen hatte. Die folgende Stelle „Ich will euch tapfer 
Ionen x.” ift ziemlich; übereinftimmend im Liede „Wol auf, ir landéknecht alle” (Altd. db. 417) 
zu finden: Er will und erlich Ionen mit ftüvern und ſonnenkronen. 


3, 1 Die Erwähnung der Königstochter bat feinen hiftorifchen Hintergrund, fondern ift 
blos poetifher Schmud. 5. Lerm (jept Lärm) bezeichnet den Trommelſchlag; durch die Trommel 
wurde der Ruf „au den Waffen“ bewirkt, wad die ital. all arme und frz. allarme ausdrüden, 
davon das deutſche Wort Lärm abftammt. — „Her, ber, ber!” war der regelmäßige Aufruf (Apell) 
an die Landäfnchte, wie „Dran, dran, dran!“ der Sturmruf derfelben war. 6,5 Statt Poft: 
yarten ift Paffcarten (Abjchiedszeugniffe, Päffe) zu lefen. 


275. Niederlage der frankifcen Bauern (1525). 


1. Und wollt ihr hören ein neu Gedicht, 
Wie fi der Bauer auf Schalfheit verpflicht? 
Gelübd und Eid vergefien, 
Die Herren vertreiben überall, 
Das haben fie ſich vermeflen, ja vermeflen. 
2. Am Sunntag Yubilate gieng e8 an, 
Da ſah man manden ftoen Bauersmann 
Wol über das Feld her ziehen, 
Und do es an ein Treffen* gieng, 
Die nah war ihn das Fliehen, ja fliehen. 





 ®) Bei Dftheim. 





78 


3. Zum Dorf ein was ihn'n allen gach, 
Manch ftolzer Mann der eilt ihm’ nad, 
Begehrt fih an ihnen zu rächen. 
Flieht! flieht! das war ihr Geſchrei, 
Ihr Ordnung thaten fie zerbredhen, ja zerbrechen. 


* 


. Da num daſſelb alſo zugieng; 

Manch Bauer großen Schaden empfieng 

An Leib und auch an Gute. 

Flieht! Flieht! das war ihr beſt Geſchrei, 
Wie angſt war ihnen zu Muthe, ja Muthe! 


. Da nun der Abend ſchier hergieng, 

Das Dorf auch großen Schaden empfieng. 
Von wegen großer Feure. 

O Herre Gott, der großen Noth! 

Das Lachen ward ihnen theure, ja theure. 


— 


* 


Die Nacht die drang nun auch heran, 

Ein weiß Kreuz in einer rothen Fahn, 
Und ſunſt zwei Fähnle darneben, 

Das trugen die Bauern zum Dorf heraus. 
Gefangen thäten ſie ſich geben, ja geben. 


7. Herr Sigmund v. Heßberg nnd die zween Hauptleut 
Die drei die ritten zu dem Dorfe hinein: 
Die Wehren ſollten fie von ſich legen. 
Deß waren die Bauren alfo frob, 
Ihr feiner thät ſich regen, ja regen. 
8. Die Bauren machten einen Ring. 
Dazu die Frummen von Kriehending,* 
Und wollten merfen gar eben, 
Und was ihnen füm für neue Mär, 
Den Eid that man ihnen geben, ja geben, 


. Da nun das Alles geſchach, 

Der Bauernhauf gar zerbrach 

Und that fi gar zertvenmen. 

Ein Jeder wieder fein zu Haus 

Mit laufen und mit remmen, ja venuen. 


10. 9a wer hat mehr gehört folks geſchicht? 
Zwölftaufend Bauren hatten fi zu einander verpflicht, 
Hab und Gut zu gewinnen. 

Sieben hundert Mann ſchlugen fie aus dem Feld. 
Die Kunft that ihmen zerrinnen, ja zerrinnen. 


Wollt ihr willen, warum es ift alfo gangen? 
Sie thätten als hätten fie Gott gefangen, 

Das Sakrament zertreten, die Bildnuß zerbrochen. 
Das hat Gott nit mügen erleiden 

Und an ihnen geroden, ja gerochen. 


> 


1 


— 


Kriechending, wohl „Greding“ im Schwarzachthal. 





79 


12, Nun darf es dem frommen Yürften Niemand verkehren 
Darum hab ichs ihm gefungen zu Ehren. 
Sein Leut und Land bat er than retten. 
Wären die Bauren daheime geblieben. 
Die Mind fingen laſſen ihr Metten, ja Metten! 


13, Das haben die Bauren nit wöllen thon 
Darum hat man ihnen geben den Pohn, 
Mit Reiter und mit Knechten. 

Wär ein jeder geblieben zu Haus, 
Er hätt nit dürfen fechten, ja fechten. 


14. Und wer ift, der dies Lieblein hat gefungen? 
Mit dem Brandenbergifhen Haufen ift er hingedrungen. 
Er hat fih müfjen wehren, 
Dazu (trieb) ihn Gelübd und Eiv, 
Darum darfs Niemand verkehren, ja verkehren. 


15. Er fingt uns das und fingt uns mehr, 
Gott behüt allen Jungfrauen ihr Ehr. 
Bor allen böfen Zungen. 

Er danket Gott in feinem Reid 
Daß ihm nit mifjelungen, ja mifjelungen. 


Fl. Bl. von 1525: Ein hübſches Lied in der Wei: Es gat ein friiher Summer 
daher. Daher Gödele-Tittmann, Liederb. des 16. Jahrh. ©. 289. Aud bei Görres 
©. 268; von Pilieneron Nr. 383. 


276. König Ludwig von Hngarn (+ 1526). 


[Im Ton: Frölih fo wil ich fingen mit luft ein Tageweis.] 


Mel. 1506. 





Fröhr- lich fo will ih fin» gen wol beur zu die» fer Friſt, 
Bol von dem König aus Un- gar, der unschuldig gſtor-ben ift, 










on: za 
FR REED BE ern u u BEE u ae 
LIU ee ma BET. N TEE 


Kö— nig aus Un » gam und Böhmerland. 





80 


Andere Pesart. 
D reicher Gott im Throne. C. Spangenberg’ d Pialter 1582, 





Dritte Lesart. 
Babſt's Gfgb. 1545 III Nr. 11. Dresdner Gſgb. 1593, 
. — — — — 




















fan» gen fo gar mit jchmwesrer Notb, ver = gift ift durch die Schlangen ein 
+ RER 











— 
lan» ge Zeit ver-gan-gen, das noch fein End nicht bat. 


1. Fröhlich jo will ich fingen 3. Die Zwei lebten in Freuden, 
Wol heur zu diefer Friſt Dis in das fünfte Jahr 
Wol von dem Künig aus Ungern, In Freundſchaft und in Ehren, 
Der unſchuldig geftorben ift. Das thät den Ungern zorn. 
Er war bei zwanzig Jahren Die Behem und die Teutjchen 
Ein König in Ungerland;, Die fiengen viel Kurzweil an, 
Er was von evlem Stamme: Das wollten die Ungern nicht leiden, 
Künig Ludwig was fein Name, Wollten ihren König vertreiben 
Ein Künig in Ungern und Behemerland. Sie halfen ihm fürzlich aus dem Land, 
2. Ihm ward kürzlich verheirath' 4. Einer heift der Janus Weyda 
Ein Fräulein was hodhgeborn, Der was dem Künig gram, 
Bon faiferlihem Stamme, Dem Türken thät er fchreiben, 
Das thät die Ungern zom; Sollt ihm Hülf und Beiftand thun, 
Man faumet fi nicht lange Den Künig zu vertreiben 
Man führt fie in das Land, Ihm helfen unter die Kron, 
Da gab man fie zufammen: Darnad wollt er ihm geben 
Maria was ihr Name Bei allem feinem Leben 


Ihr Lob fteht weit erkannt. Den Tribut wol aus dem Land, 





81 


5. Der Türk faumet fih nicht lange, 7, Die Ungern faumten ſich nit lange 

Er zog wol in das Feld Sie zogen wol in das Feld; 

Mit Hundert taufend Mannen Ein Wagenburg fie fchließen 

Kam er in das Ungerland; Auf ſchlugen fie ihre G'Zelt, 
Griehifh Weißenburg warb übergeben, Sie machten einen Haufen, 

Stadt, Schlöfler und das Yand, Ihren Künig zuvorderſt daran, 

Die Biſchöf und Prälaten Ihren Künig thäten fie verfaufen 
Haben ihren König verrathen: Künig Ludwig, der junge fühne Mann. 
Iſt immer und ewig ein Schand. 

6. Es geht gen diefen Summer 8. Die Schladt die was verloren 
Gegen diefen Summerzeit, Einer heißt der Thuner Paul, 
Die Büchfen hört man krachen Der Türk hat ihm geſchoren 
In Ungerland jo weit; Ein Platt, ift nicht zu ſchmal; 
Stadt, Schlöffer waren eingenommen, Graf Yörg ward fein innen 
Darzu Petro Waradei. Der’s Künigs Oberfter war, 

Das wollen die Ungern räden, Aus dem Feld thät er entrinnen 
Wollten mit den Türken fechten, In der Donau thät er ſchwimmen; 
Sie waren fröhlich bei vem Wein. Alſo empfieng er feinen Lohn. 


Tert auf einem fl. Bl. „Ein newer Bergreyen von Künig Ludwig aus Bngern. 
Froͤlich fo wil jh fingen. Gedruckt zu Nürnberg durch Kunegund Hergotin (ca. 1530). 
Weimar. Sammelb. Nr. 37. — Darnach bier und bei von Liliencron, hiſt. BR. 
Nr. 403*, aud bei WE. II, ©. 1032. — Nach den Bergfreyen (1536) Nr. 56. 
Franff. Lob. Nr. 107 und einem fl. BI. 1620, bei Goedeke-Tittmann ©. 292. — 

As Melodie zu diefem Lied fest von Lilieneron (Töne, ©. 55) die Weife 
eines älteren Marienlieves, das in einem Bande von Einblattvruden (vor 1506) in 
der Mündner Bibliothet fid findet und aus dem Kloſter Tegernfee ftammt. Als 
Aufſchrift fteht gefchrieben: Iste liber attinet venerabilis monasterio S. Quirini in 
Tegernsee, (Inligatus Anno dm. 1506.) „Ain ſchoͤne Tagweis wie Maria ift 
Empfangen worden on Erbſünd.“ 


Frölich fo wil ich fingen Wied ift empfangen worden 
mit luft ein tageweis, die edel jungfrau fein 

wie id zu gbör mög bringen das fie die welt fol langen 
Maria lob und preis, durch predig und gefangen 


thut ſy mir hilfe ſchein. 


Dieſes Marienlied, das nach Bäumker II, 33 auch im Tegernſeer Geſangbuch 
von 1574 vorlommt, erlenne ich als die Umbildung einer ebenſo anhebenden welt— 
lichen Tageweiſe“, was ſchon die Ueberſchrift des Marienliedes andeutet. Das 
weltliche Orginal iſt nicht verloren. Auf einem fl. Bl. 4 Bll., 8%, o. O. und J., 
zu Anfang des 16. Yahrh., wahrfceinlih in Nürnberg bei K. Hergotin oder Hans 
Guldemunn gedrudt) fand e8 Erf in einer Sammlung von fl. Blättern mit der 
Jahrzahl 1539 auf dem Dedel, in der Stabtbibliothef zu Danzig. Der Titel des 
fl. Bl. lautet: „Frölich fo wil ic fingen | mit luft ein Tageweis.“ Holzſchnitt.) Der 
Anfang dieſes 26 Strophen langen Liedes heißt: 


1. Frölich fo wil jch fingen It berg was traurigklichen, 
mit luft ein tagewenf, der knab ftund heymegklichen, 
Ich hoff, mir fol gelingen, fie het jn gern hinein. 
darauff leg ich mein fleiß. 2. Die Burg die war verfchloffen, 
Bergen einem Frewlein reyche als ed dann billig was, 
auf einer Burg fo hoch, Das Frewlein war begoffen 


mit leyd fo merdet das ꝛc. 


Siederbort. II. 6 





82 


Ein anderer Drud, aus der 1. Hälfte des 16. Jahrh. nur in der Orthographie 
abweichend, befindet fih in der K. Bibl. Berlin Yd. 8942, (Abfchrift verdanfe ich 
Herrn Dr. Bolte,) 

Daß der Anfang dieſes weltlihen Tertes zu obigem Marienliev benutzt 
wurde (nicht umgefehrt), liegt Mar zu Tage. Hat nun aber aud die obige Dur- 
melodie zum weltlihen Taglieve gehört? Das ift zwar nicht außer allem Zweifel, 
doch als höchſt wahrfcheinlih anzunehmen; da man um der Melodie willen die 
Terte geiftlih parodierte. Jedenfalls war fie im 16. Jahrh. fehr beliebt, da fie im 
proteftantifchen Kirchengefange mehreren Liedern geeignet wird. Zuerft fteht fie 1545 
in Babſt's Gefangb. II Th, Nr. 11 zu dem Liede: 

D reicher Gott im Throne 
mitteil und deine Gnad ꝛc. [Abdr. WE. I, Nr. 45.) 

Auf einem Zwidauer Einzeldrud von 1540 (Weller, Annalen II, 305) bat 
diejes Lied die Tonangabe: „Im thon. Frölih fo wil ich fingen“. Damit ift offen- 
bar der weltlihe Tert gemeint, weil ein Protejtant gewiß nicht auf ein Marienlied 
verwiejen hätte. 

Wieder ein geiftliches Lied „DO Gott in deinem Himmel“ fteht in Spangen- 
berg's Pfalter, Frankf. a. M. 1582, S. 109, dem unfere Melodie in guter Faſſung 
(ſ. oben) beigedrudt ift. — In Babſt's Gſb. 1545 (f. oben) iſt fie weniger gut 
notirt. — Die niederdeutſche Ueberfegung des Liedes von 1540: „D Ryck godt in 
dem Troone deylt und met v genadt“ fteht in einem Pſalmbuch von 1567 („Alle 
de Palmen des H. Conindlihen Propheten Dauids) ohne Melodie, aber mit ver 
Tonangabe: Op de wyſe: Nicht mich das id mad leyten (25. Pf). Dft: „Laet 
vns den landtman lauen (loben)”, 

@udwig II., vermählt mit der Erzbergogin Maria, Schweiter Karls V., fiel in der Schlacht 
bei Mohaͤcs am 29. Auguſt 1526 gegen die Türken unter Eoliman II. Das ungarifhe Heer 
wurde befebligt von Paul Tomari (Erzbiſchof von Kalacza) und au Georg Zapolya. Beide blieben 
in der Schlaht und der König ertranf in einem fumpfigen Graben. Sands Zapolya (Woiwode 
von Siebenbürgen) ftand am Zage der Schlaht zu Szegedin; er hatte vergebens gebeten, vor 
feiner Ankunft keine Schlaht zu wagen. — Dad Lied ftellt die Sache fo dar, als fei die Schlacht 
durch den Verratb der Ungarn verloren worden. Diefe Meinung fand einen Anhalt darin, daß 
Janoͤs Zapolya fich der ungarischen Königskrone bemächtigte und diefelbe mit Hilfe Solimans gegen 
Ferdinand behauptete. 


J. Zaͤnos (Johannes) Zaͤpolya Woiwode von Siebenbürgen) ftrebte feit 1525 offen nad 
der ungarischen Krone. 5,5 Griechiſch Weißenburg ift Belgrad. 6,7 Hier ift mit den Ungern 
das fleine Heer gemeint, welches den König tollkühn zur Schlacht trieb. 8, 2 Paul Tomori. 
8, 5 Graf Georg von Zaͤpolya, Johanns Bruder. 





276°. Die Adjladjt bei Mohars (1526). 
Zweite Melodie. 
Isländifche Handſchrift von 1540 in Kopenbagen. 









u 
Klch » lid fo wilsle wy bevn an vn =» de fin» gen tbo deſ ſer frift 
al van den Koninck uth Bn » gem, de unsjchulsdig ge» floreben 18. 


1: 2 


= === 





+ + *- =. 
HK wa by XV— Jasrın ern Kosnind on Br» ger - land, be 








was von ed» Tem Stam- men, Kosnind Vo » des» vid was fin Na⸗me, eyn 
1 2 


Ko=nind tho Be = mer » fand. 


Das Lied auf den Tod des Königs Ludwig von Ungarn (1526) „Rleglih fo will id heben 
an” (Filieneron Nr. 4036) hat ſich im niederbeutfcher Ueberſetzung „Klechlich fo wille wy heven an“ 
mit jeiner eigenen, bier ftehenden Mollmelodie aha und zwar in einer 1540 in 
Island entftandenen Handſchrift (jept in Kopenhagener Bibl. Ms. Arnae Magnaci 622, Quart 
21. 776), Daraus hat Jellinghaus im Jahrb, für niederd. Sprachforſchung 7, 11 (1881) den Zert 
mitgetbeilt und Dr. J. Bolte die durch Abſchrift erhaltene Melodie in derfelben Ztjchr. 13. Jahre. 
Muſikbeil. Ar. 23 zum erftenmal veröffentliht. — Dr. Bolte glaubt: durch jie jet erwiefen, daß 
das Lied feine eigene Melodie hatte, was bis jegt zweifelhaft war. Durch das Auffinden diefer 
Mollweiſe ift aber feinedfalld ausgeſchloſſen, daß man das Ludwigslied anderwärts auch nach der 
Durweiſe gelungen babe; denn wo man zu einem neuen Zerte den Anfang und das Verämaß 
eines vorhandenen Liedes benugte, geſchah es um der Melodie willen: jo gewiß aud bier, wo man 
mit dem Anfange der alten Tageweife auch die alte Melodie herübernahm. Man fang vermutblic 
das Ludwigelied nach zwei verfchiedenen Melodien: der entlehnten Durmelodie und der eigenen 
Motlmelodie. 

Das niederd, Lied nebſt Melodie in der Kopenhagener Sf. rührt von einer anderen Hand her, 
als der übrige Inhalt jener Handfhrift, ift aber ohne Zweifel, wie der Biblistbefar Dr. Bd. Smith 
an Dr. Bolte jchreibt, zu derfelben Zeit (1540) aufgezeichnet, jedenfalls von einem Deutichen, der 
ſich damals in Jeland aufbielt. 


* Bei 1 und 2 babe ich die Biertelnoten in Achrel verwandelt und 2 nöthige Panfen ein: 
geſchoben, um das Taklmaß berzuftellen. 





27T. Bas Kappeler Lied von UÜlrich Zwingli (1529). 


BEE te — 


Serr, nun beb den was gen felb, ſchelb wird ſunſt al une fer 




















* u - -. a h- in: — — 
— — = — 1-11 a u — 
ee — — -31s=]55 SIR I: — 
fart, das brächt luft der wi = der-part, Die Dich vers adt fo 


ee Seh Tee — 


fre 5 ı vent = lid. 


























— — 1 — — -——- 

















2, Gott erhöh den Namen Din 
In der Straf ter böſen Böd! 
Dine Schaf wiederum erweck, 
Die dich | liebhabend inniglich ! 


3. Hilf, daß alle Bitterkeit 
Scheide fern und alte Trüw 
Wiederkehr und werde nüw, 
Daß wir | ewig lobfingend bir! 





84 


Ufteri, ©. 6, 3 aus Keſtler's Sabbatha. Straßb. Gſgb. 1539, Züriher Nüw 
Geſangbüchle 154. Abdr. WE. 1841, Nr. 550, Uhl. II, ©. 451. 

Ueberfchrift im Drig.: „Ein geiftlich lied vmb Hilff vnd byſtand Gottes in 
friegsgfaar. 1529“, 


Ulrich Zwingli dichtete und fang diefed Lied beim Ausbruch des erften Kappelerkrieges 1529. 
Die feindlichen Heere fanden einander 17 Tage unthätig „gi enüber. Um die Männer ii und 
begeiftert zu erhalten, redete, dichtete und fang Zwingli. Auf diefe Weife ift das „Kappelerlied “ 
ind Heer und von diefem ind Volk übergegangen. Der fchmeizerifche Geſchichtsſchteiber Bullinger 
berichtet: „Diefes Lied wurde hernach weit und breit, auch an Fürftenböfen und in den Städten 
von Muficid gefungen und geblafen.” 

Zwingli bat fein Lied felbft in Muſik gefept. Die fehr ſchöne, fließende Melodie ift volks— 
thümlich; vielleicht bat er feinen Text einer damals beliebten Volksweiſe untergelegt. — „Ein 
Kriegdlied war es nicht, fondern ein Kirchenlied — mit beftimmter PVeranlaffung“, jagt Zobler, 
ſchweiz. Volksl. J. Einl. 40, 

Dieſer hiſtor. Veranlaſſung halber haben wir es unter die hiſtor. Volkslieder geſtellt. 


278. Iubellied der evangeliſchen Chriſten (um 1526). 


doriſch. Melodie bei Triller 1555 1559). 


mit Da «» vid dem BPfal- mi 







Lobt Gott, ihr frum » men Chri » ften, freut euch und ju » Bi» liert 
fin, der vor der Ach ho ⸗ fiert 





2. Bon Mitternadt it fommen 
Ein evangelifh Mann 
Hat die Schrift vorgenommen 
Damit gezeiget an, 

Daß viel der frommen Chriften 
Böslich betrogen find, 
Durch falfche Lehr der Sophiften 
Und ihre Wechſelkind. 

. Die jegund grimmig jchreien, 
Wenn ſ' auf der Kanzel ftahn: 
„Mord über Rekereien, 

Der Glaub will untergahn, 
Des geweihten Waflers Krafte 
Will niemand achten mehr, 
Dazu der Priefterfchafte 

Thut man fein Zuht und Ehr. 


ften, freut 


4. Mer glaubt des Luthers Lehre, 
Iſt ewiglih verdammt!” — 
Dergleih und anders mehre 
Schreien fie unverfhamt; 
Damit viel Chriften treiben 
Bom Evangelion 
Die bei dem Skoto bleiben 
Und feiner Opinion. 

5. Ihr Gefalbten und Beſchornen 
Laßt ab von folhem Stand! 
Das Recht habt ihr verloren 
Seid gewarnet und vermahnt. 
Gott will jest an euch ftrafen 
Denn Mord und großen Neid, 
Denn ihr mit feinen Schafen 
Habt getrieben lange Zeit. 


. — = 


85 


6. Gar bald wird niederfallen 10. Laßt fie nun einander bauen 
Mammon, der euer Abgott, Das armbeihorn Geflecht, 
Und euch Gottloſen allen Die auf ihr Werk feft bauen 
Zu Schanden und zu Spott. Und auf ihr geiftlih Recht. 
Ihm ift durch Luthers Lehre Ihr Gſchütz hat nit wol troffen 
Genommen all fen Macht, Iſt viel zu hoch gericht't. 
Wollt ihr euch nicht befehren, Noch eins find fie verhoffen, 
Ihr werbet mit ihm verjagt. Es wird fie helfen nidt. 

7. Her, ber, ihr lieben Brüder, 11, Mit dem thun fie fi rüften 
All die recht Chriften fein! Hab ih vernommen wohl: 
Zum Fähnlein tracht ein jeder, Der Papft in Yahresfriiten 
Ehr wöllen wir legen ein, Ein Eoncilium Halten fol: 
Die Feinde wollen wir angreifen, Darinnen fol man ſehen, 
Ih mein das Beſchor'n Geſchlecht, Ob Luthers Lehr fei wahr. 
Ich hör die Trommel und Pfeifen: Wie fol aber dem geichehen, 
Her, ber, ihr lieben Knecht! Der nicht erlebt das Jahr? 

8. Ein jeder joll auch hören 12. Auf Chriftum foll er ſchauen, 
Wer unjer Hauptmann ift: Der unfer Hauptmann ift, 
Der König aller Ehren, Auf feine Wort vertrauen, 
Unjer Herr Jeſu Chriſt! Kein Lüge noch arge Lift 
Der will uns helfen ftreiten, An ihm nie ward erfunden 
In aller Angft und Not, Auch fein’ Betrüglichkeit. 
Jetzt in den letzten Zeiten, Wär Luther überwunden, 
Als er verſprochen hat. Wär mander Sophiſt erfreut. 

9. In Trommeln und in Pfeifen 13. Nimm jetzt alſo vergute, 
Will Gott fein Gefallen han: Du gefalbte, geihmierte Seft! 
Zum Waffen wölln wir greifen, Gott halt in feiner Hute 
Den Hamifh legen au, AU, die er hat erwedt 
Den Paulus hat gefhlagen Durch evangelifh Lehre 
In feiner Liberei,* Bom Schlaf der Gleifnerei. 
Schild, Helm, Panzer und Fragen, Dem Glori, Preis und Ehre 
Ein Schwert ift aud dabei. Immer und ewig fei! 


14, Ihr Fürſten und ihr Herren, 
Habt Fein Verdrieß daran! 
Das Wort Gotts helft handhaben, 
Dazu den Chriften mahn! 
Gott wirds euch wiebergelten 
In feinem höchſten Thron, 
Wenn Seel und Leib fih ſcheiden 
Und müſſen fchuell Davon. 


Aus den Bergfreyen 1536, Nr. 7 (fhon in der verlorenen Ausgabe 1533 ein- 
gereiht). Ueberſchrift: „Ein hübfher Reyn. Im bruder Veits thon“ Derſelbe 
Zert auch abgevrudt bei WE. 1841, Nr. 415, Nah einem offenen Bl. in Folio 
bei Gövele-Tittmann S. 257 und anderwärtd. Nah drei fl. Bl. von 1549 und 
1565. Es ift eins jener vielen Truß- und Kampfliever ver Neformationgzeit. Kein 
wirkliches Volkslied, wogegen viel lateiniſche Worte, 3. B. in Str. 4 zeugen, warb es 
doch vollsthümlih und war auf eine Volksmelodie gedichtet und fehr verbreitet. Warum 
es unter die Bergmannsliever 1533 eingereiht wurde, ift bald erklärt: Luther, ala 





86 


Bergmannsfohn, hatte unter den Bergleuten des Erzgebirge und des Harzes großen 
Anhang. „Sie waren die erften und begeiftertften Anhänger feiner Lehre, ftolz auf 
den Propheten aus ihrer Mitte, und in der eigenartigen Form ihrer Bergreihen trugen 
fie feine Iveen in das ganze Gebirge, hinab in die Schächte und in die Hütten und 
Werte.“ — Der Verfafler des Gedichtes ift RLudwig Hailmann, denn die Anfangs- 
buchftaben der einzelnen Strophen ergeben defien Namen. Das Lied ift in Süd— 
deutfchland wohl zwifchen 1526— 1530 entitanden, Wadernagel meint [hen um 1517, 
nad Auſchlag der 95 Thefen Luthers. 


Die Melodie zum Jubelliede, die aud anderen Liedern im 16. Jahrh. ald Ton diente, lag 
in 5 Notationen vor: a) In Trillerd Singbuc 1555 zu dem Terte: Gott hat den Menſch für allen 
u feinem Bild gemacht. Ueberfhrift: Ein lied von unzüchtigem leben und hureren, auf die noten, 

n Dorothea festo oder auff den tbon „Wol —2 fromme Chriſten, frewt euch vnd 
jubilirt.” Leßteres iſt der Anfang unſeres evang. Jubelliedes, nur die erſten Silben geändert. 
Die Melodie zu „In Dorothea oder O Gott wir wollen preiſen“ ſteht bei Triller zweimal, iſt 
aber eine gang andere. — b) Zu einem hiſtor. Liede von 1546 auf der Rückſeite eines fl. Bl. ge- 
drudt. Anfang des Liedes: „Wol auff, ihr deudfche Chriften, dann es ift an der Zeit x. 
(f. Nr. 284). — c) Im Dresdner God. 53 (1560) yum biftor. Liede von 1545: „Bitt Gott, ibr 
Chriſten alle im beilgen N — ift die Melodie mit Solmifationsfilben notirt und zwar 
im %, Takt (f. Altd. Lob. ©. 494). Ebenfo d) ein Fragment bei Nic, Hermann (f. oben). e) Rod: 
—* die alte Melodie im geraden Takt in Werlins Hoſchr. c. 1646 zum lat. Texte: Est virgo 
coeli rore. 

Auf fl. Blättern des 16. Jahrh. führt das Jubellied die Tonangabe: In Bruder Beiten- 
tbon. Demnad) kann man mit vollem Rechte die Singmweife ald den lange gefuchten Bruder 
Veitston betrachten. Vergl. darüber Näheres oben Nr. 261 und Altd, db. ©. 495. 


q 1,4 bofiert, feine feftliche Freude Äußert durch den Tanz um die Bundeslade = die 
Arche. 2,8 Wechſelkind, Wechfelbalg, untergefhobenes Kind (f. Schmeller 4, 16). 4,7 Duns 
Seotus (+ 1308 zu Köln) das Haupt einer Schule, Scotiften, welche ihre Stärke in fubtilen 
Difputationen hatte. 7,3 Fendlein, Fähnlein. 9,6 Liberei, Bücherfammlung. Sinn: die 
geil. Rüftung, die Paulus durch feine Bücher geichmiedet bat. 10, 1 einber bauen, mit 

ärmen und Toben einberlaufen. 10,3 faft, fchr. 13, 1 vergut, für aut, für lich, 

Str. 17: Ir Fürften und ihren Herren x. ift jpäterer Zulap, fie — 

z. B. Wackernagel, AR. 415. 


279. Vom Land Würtemberg, 


wie es erobert und eingenommen (1534). 


ehlt in Älteren Druden, 


a) Erfte Lesart der Melodie“*. 










nie ver =» lon, der ih » me bat ver» trau » cd; das iſt an Her-—zog 





— 
U » rich ſchein, Gott bat ihm wiedr ge = bel» fen € 






TEE — — 
mit feim Wort er =» dau = . ct. 


* Mel. beigefhrieben in dem handſchriftl. Eremplare diefes Liedes in der Ulmer Bibliothek, 
Schadeſche Sammlung (f. v. Lilieneren, Nachtrag S. 27). 


87 


b) Andere Lesart der Melodie.* 
Im Ton: „D Gott in deinem höchſten Thron“, 








Nun hört ihr Chri-ſten als» le gar, was ich euch fagt das neh» 
— — 





ment wahr, mit Danf » ja » gung u Go = 5 . 





te, der uns lie=bet zu al»ler Ehunt, et fhüg und vor dem türf« fchen 






nn i 


» Mel. bandihriftl. in Göttinger Univ.⸗Bibl. Poetae 2455, zum beiftebenden Liede auf die 
Belagerung von Bien 1529 (v. Lilieneron 415). Mitgetb. bei v. Lilteneron, Radıtrag ©. 26. 


Hund, bilft ung aus al ler 


Wir haben bier eine Melodie in zwei Lesarten vor und, die Herr v. Liliencron (Nachtra 
E. 27) aus handſchriftl. Quellen mitgetheilt und die unzweifelhaft unter verfchiedenen Namen no 
vielen andern Liedern gedient bat. Durch Vergleichen vieler biftor. Rieder in der fechögeil. Strophen» 
form, deren Tonangaben auf einander verweiten, gelangt er ©. 83 zu der Annahme, daß folgende 
Zonangaben zulegt nur eine und diefelbe Singweiſe bezeichnen: 

A. Der alte Grid (Wie wol ich kin ein alter gris. 1499) und der geiftl. Bruder Caus 
(In Gottes Namen heb ih an. 1513). Beide fhon oben Nr. 252 befprochen. 

B. „Sie find gefhidt zu Sturm und Streit“ ift ein verlorenes Landéknechtslied 
vor 1524, das nur durch Zonangaben zu bift. Liedern befannt ift. Zunächſt diente fein Ton zum 
Papicrlied 1525 (In Gottes Namen jo heben wir an), dann zum Lied vom fränf, Bauernkriege 
1525: Ad Gott in deinem höchſten Thron (f. unter D.). Aus dieſen Tonangaben bat man zu 
felgern, daß feine Muſik in der vorliegenden erhalten blieb. 

C. Der Bapierton ſſechézeilig) 1525. Das Pavierlied mit diejer Strophenferm hat die 
Ueberſchrift: „Ein hübſch neu Lied von der flat Pauia, wie fie vom König auß Frankreych ber 
legert vnd zum Sturm gefhoßen ward. Im then, Eie find gefhidt zu Sturm und Streit.“ 


Mit fe bilf fo beben wir an Maria, mutter, raine maid, 
zu lob der faiferlichen fron dein liebes find dir nicht verfait, 
ain newes lied zu fingen. hilf gett, daß und gelinge, 


Se der Anfang bei v. Lilieneren Nr. 369. In einem Nümb. Drud (f. Wolff 657) lautet er: 
An Gottes bilf fo heben wir an. — Aus der Tonangabe hier erhellt, daß der Pavierton und die 
Weiſe „Sie find geſchickt ꝛtc.“ identifh find. 

D. Der franfifhe Bauerton (1525) hat feinen Namen von folgendem Liebe auf den 
fräntifhen Bauernfrieg: „Ein newes lied, wie es in der Frencliſchen Bauernkrieg ergangen ift, ym 
Then, Sie fein geläidt zum fturm vnd ftreit.“ Anfang nad Hildebr. 18 u. v. Lil. 379: 


Ah Gott in deinem höchſten Ihren Im welſchen und im deutichen Sand 
du wollſt und nicht entgelten Ion, fich feiner hält nach feinem Stand 
daR wir fo bößlich leben, thun alle wiberftreben. 


Auf den Ton diefes Liedes verweift ein Lied (ME. III, 475) „etlihe Stend vnd Orden der 
münd vnd pfaffen betreffend, Dn der Frendifchen Bawren tbon“. Anfang: 


Macht auf, yhr Chriften alle gleich 

und lobet Gott vom hymelreich, 

ein licht ift auffgegangen x. 
Eomit wieder ein anderer Name für diefelbe Melodie. Sie kommt mit dem Anfange „Ah Gott 
'D Gott) in deinem höchſten Thron“ vielfach ver, 


88 


E. Dad Würtem —— Lied beſingt Herzog Ulrichs Wiedereinſetzung 1534. Vom Tert 
die rg unter der Mel. oben; vollft. bei v. Lil. Nr. 452, Hildebrand 24. — Ueber dem 
Liede ſteht in der Ulmer Hf. „In feiner aigen Melodei.“ Anderwärts heißt die Zonangabe: „Sie 
find gefchidt zu Sturm und Streit“; und wieder anderwärtd: „und fingts wie's Frewlein von 
Brithania* odder > thon von der ſchlacht vor Pavia zu fingen.“ (Der unter * citirte Ton ift 
falfh, das Versmaß paßt nicht, ſ. Nr. 251 oben.) Der Pavierton fechäzeilig wäre (nach v. Lilien» 
cron’d Annahme) Fein anderer ald „Ach Gott, in deinem böchften Thron“, worauf der ähnliche 
— Ulrichliedes hindeutet. 

ie Annahme des Herrn v. Liliencron, daß für alle dieſe 5 Tonangaben (A bis E bier) nur 
eine Melodie vorhanden war, wird in frage geftellt dur das oben Nr. 269 von mir beigebrachte 
Melodiefragment, das ich für den Anfang des wahren Pavierliedes ſechszeilig) balte. 

Dad Würtembergerlied wird zu einem Reformationdlied der Schweizer um 1534 angeführt 
auf einem fl. BI. der Züriher Stadtbibliothet in Simler's Ms. 29: „Ein hüpſch nüm Lied, wie 
dad wort Gottes in Zurich ift * erſten entſprungen vnd predigt... In der wyß wie das Wir» 
temberger Lied, Ich lob Gott in dem höchſten thron.“ Anfang: 


brauchbares Notenfragment obne Text und 
getbeilte Abfchrift mich lehrt, ift ed der Schluß irgend einer 
und nicht zu unjerer Melodie ftimmend. 


Ah mer Chrift in dinem thron, 
Wie blyt dyn Fygenbaum fo ſchon, 
In Zürich hat er ſin ſtammen, 


Die äſt die ragend wyt und fer, 
Sr frucht die fulet nimmer mer, 
Sp fumpt von Gotted nammen. 


Dem fl. BL. ift nicht die Melodie (wie Weller I, S. 308 angiebt), fondern nur ein uns 


war verkehrt eng Wie die mir gütigft mit- 


elodie von ganz anderem Versbau 


250. Bon dem Sturm auf Münfter (1534). 


»Te Munster staet een steynenhuys.« 
Mel.: Souterliedekens 1540. Pſ. 94. 






Wie was dieghene die lo-verkens brac, 
[(Werwar'd,der jenen die Läu-berhen brad, 






ende diese inder Nar - ren- 
und dieſe indie Nar = rem 





cap-pen stac®? het wilhem o 
fap - ve ftah? das will ib of 






erui-cealvan den he-mel an, 


Kreu⸗ze don dem 


. Het was op enen maendach 

dat men den storm voor Munster sach 
ontrent den seven uren, 

daer bleef so menich lantsknecht doot, 
te Munster onder die mueren. 


. Die storm die duerde een corte tijt, 
tot dat die metten waren bereit, 
die metten waren ghesonghen, 
doen schote wi daer drie bussen los, 
alarm so sloeghen die trommelen. 


wi vro-me 
Himmel an, wir 


⸗ 
pen - ba - ren; 
fen =» ba =» ren; 


wi ripen dat 
Wir riefen das 





knecht al - le. 


taspfen Lande » AMneht al» Te) 


4. Wi vielen Munster dapperlije an, 


wie leden schade so menighen man, 
men [ach daer menich bloet verghieten, 
men [ach daer menighen vromen lants- 
knecht 
het bloet liep over haer voeten. 


. Dielantsknechten wareningroternoot, 


daer bleffer wel drie duisent doot 
in onderhalver uren, 

was dar niet een grote schare van volc? 
noch ensolgheen lantsknecht trueren. 


89 


6. Wie weken in een wilde velt, 8. Een busfchieter die daer was 
in die [canffen hebben wi gevuert hi schoot drie cortouwen al op dat pas 
ons gelt, veel snelder dan een duive; 
en raet souden si ons gheven; wiltent mijn vader ende moeder thuis, 
wi riepen Maria gods moeder an: fi souden mi helpen trueren. 


»beschermt ons liif ende leven!« 


7. Knipperdolline tot sinen knechten 9.Die dit liedeken eerstmael sanc, 
sprack : een vroom lantsknecht is he ghenaemt, 
» ghi borghers, coemt hier op die wacht, he hevet seer wel ghesonghen, 
laet ons den hoop aenfchouwen! hie heeft te Munster aen dans ghe- 
al waren sie noch drie duisent sterc weest, 
den prijs willen wi behouden.« den rei is hi ontspronghen. 


Tert im Untwerpner Liederb. 1544, Nr. 168. Daher Uhl. Nr. 200 und v. Liliencroen, bift. 
BR. 456. — Dieſes Landsknechtslied befingt den Kampf der Wiedertäufer unter Knipperdolling 
bei der Belagerung von Münfter 1534 dur bie Heere des Biſchofs von Cöln und des Herzogs 
von Gleve und den Sieg der Wiedertäufer. — Der das Lied fang, war (nah Str. 9) ein Lande» 
tnecht, der bei Münfter im Tanze (Sriegätanze) geweſen, aber dem Reiben entiprungen war. 

Ein anderes Lied auf diefe Belagerung von Münfter (bei v. Lil. Nr, 457) beginnt: „Hort, 
lieben berren ein new gedicht zc.” und hat die Tonangabe: Es geht ein frifher Sommer daber ıc. 
Eine Bariante diefer überaus beliebten Landsknechtsmelodie fand ich in Souterliedetend 1540 Pf. 84, 
mit dem Anfange: »Te Munster staet een steynen huyse; ich habe fie oben vorgefegt. Das 
Lied vom fteinern Haus zu Münfter ift nicht weiter befannt. 

Der Anfaug des niederl. Terted erinnert an dad Lied auf die Einnahme von Mailand 
(1521), bei v. Lil. 359: „God meet wol wer und de Lilien bricht“. Weil die Beräform paßt und es 
ein gleihaltriged Landsknechtslied ift, könnte man vermuthen: die Melodie des Lilienliedes 
fei identifh mit: Es gebt ein fr. Sommer daher. Bergl. dazu: Ich fing ein Lied und weiß 
nit wie. 


< 2,3 ontrent, ungefähr iin der Zeit von 7 Stunden blieb mancher Landsknecht todt). 
3,4 busse, grobes Geihüg, Art Kanone; daher Str. 8 der Busſchießer (busfchieter), um Be— 
dienen der Geſchutze, Kanonier. 8,2 cartouwen, Kartaunen, ebenfalls grobes Gefhüg. 


281. Vom Bapflaustreiben (1541). 













— 


= — —— ⏑ü — 
Run frei » ben wir den Papft ber» aus aus Chri » jti Kirch und Gottes Haus, da- 


b) Auf St. Martini Tag. 
„Ein anderes durh D. M. Lutber oder Joh. Matthefium.“ 
Oreifäwalder Gb, 1897. Bl. 3306, 





rin er mörd»lih bat res giert, un» zäb =» lig vie» le See len ver: führt. 


90 


e) „Am Sonntag Laetare, zum Tod auftragen, und den Babſt aus der Kirche 
Chriſti zu jagen.“ 


Hofer Gſab. 1614. 






He 


Nun treiben wir den Babft ber - aus _ aus Chrisfti Kirch und Got » tes Haug, 








darin er mörd- lich hat resgiert und un- zäh » fig viel Seeln ver- führt, 


2. Troll did) heraus, du verdammter Sohn, 5. Er ift der höchſte Priefter zart, 
Du rothe Braut von Babylon! Am Kreuz er aufgeopfert ward 
Du bift der Greul und Antichrift, Sein Blut für unfer Sünd vergof, 
Boll Fügen, Mords und arger Fit. Recht Ablaß aus fein Wunden flof. 

3. Die Ablafbrief, Bull und Decret 6. Sein Kirch er durch fern Wort regiert, 
Leit unverfiegelt im Secret, Gott Vater ſelbs ihn imveftiert, 
Damit ftahlft du der Welt ihr Gut Er ift das Haupt der Chriftenheit: 
Und ſchänd'ſt dardurch auch Chriſti Blut, Dem ſei Lob, Preis in Ewigkeit! 

4. Der römiſch Götz iſt ausgethan, 7. Es geht ein friiher Sommer herzu, 
Den rechten Papft wir nehmen an: Berleih uns Chriftus Fried und Ruh! 
Das ift Gotts Sohn, der Fels und Ehrift, Beſcher uns, Herr, ein ſeligs Jahr 
Auf dem fein Kirch erbauet ift. Vor'm Papft und Türken uns bewahr! 


u. Bl. Gedr. 1541 zu Wittenberg: „Ein Lied für die Kinder damit fie zu 
Mitterfaften den Papft austreiben. Dr. M. 2. (Puther).” Diefes fl. Bl., das der 
Hymmolog Schamelius beſaß und abdruden ließ, ift verloren. Nah einem fl. Bl. 
vom Jahr 1547 bei Wadernagel, Kirhenlied II, Nr. 52. Damad im Alto, Lob. 
Nr. 631 und bier. — Das Lied iſt eine Parodie auf Das Kinderlied zu Yätare beim 
Winteraustreiben und Sommereinholen: „So treiben wir den Winter aus“ 
(f. Alto. Pob. Nr. 495 und Wunderhorn I, 165). Das Spottlied auf den Papft 
ging in mehrere Gefangbücder über Nachweis im Altd. Lob. ©. 710). 


Die Melodie gebe ih unter a nah einer handſchriftlichen Sammlung ver 
Hamburger Stabtbibliothef, wo fie einem um 1548 entftandenen Liede aufs Interim 
angepakt ift: „Ein new Lied von einem Berdman gemacht, vom Interim, wie feinen 
Batter, mutter gefatter Teuffer vnnd prediger fey, Ihm thon, Nhun triben wir den 
Babft hernuß.“ Driginal im Altd. Lob. ©. 471. Nachabdruck WE. ©. 1047, 
Anfang: 

Bewar mich godt vorm Interim, 
Gin groſſen ſchalck hats Interim, 
Es bat der teufel ſelbſt erdacht, 
Gen Auſpurgk auf den Reichstag bracht, 


Dann folgt unter b die Pesart aus dem Greifswalder Gſgb. 1597, BL. 330%, 
und unter ce aus dem Hofer Gab. 1614, von Nathuſius Pfeilſchmidt. Im Ratze— 
burger Gigb., 4. Aufl. 1730 fteht fie mit Buchſtaben notirt gleichlautend mit dem 
Greiföwalder. Auch handſchriftlich findet fie ſich, bis auf zwei fehlerhafte Noten 
gleihlautend, in I. Walther's Wittenb. Geſangbüchlein von 1544 (Berliner Eremplar) 


91 


um 1550 eingetragen. — Im Greifswalder Gigb. folgt auf nächſtem BI. (331°) das 
Lied ‘ohne Melodie): 

Der Babft bat ſich zu todt gefalln 

von feinem hohen Etule, 

Mit wen foll nun mein arme Seel 

vertan nun weiter bulen® (12 Str.) 


Erf nimmt an: dieſes zweite Lied vom gefallenen Papft fei nach gleicher Melodie 
gefungen worden, weil dasfelbe nur eine Parodie des mweltlihen Kuckucksliedes (Kudud 
bat ſich zu tode gefalln) fei, fo wäre hier auch die weltliche VBollsweife zum Kududs- 
liede gefunden. Das läßt fih hören; doch haben wir noch eine andere Melodie 
zum weltlihen Rududsliede, und es müßte dafür alfo zwei Singweifen gegeben haben. 


282. Landsknechtslied. 1546. 


a) Dennmarder Ton. 


Einzeldrud 1546. 









an ohn Noth in deut-fhn San = = a dm? Melt Gott, du hättſt «8 


— See] 


dich ſolchs nicht un » ter» fan» den, nicht un » ter » ftan =» den! 





ba be— dadıt, 


b) Schweiter Ton. 


Dafelbft. 













an ohn Roth in deut » ſchen San» den? Wollt Gott du, hättft es 





2. Du haft zuvor mit großem Lob 3. Nun aber ſolches ungeacht 
Deutſchland beſchützt und ghalten drob, Haſt Deutſchland unruhig gemacht, 
Daß Frieden würd’ erhalten, Willt mit Gewalt und Waffen 
Wiewols ſchwer war, weil Städt und Die theuren Fürlten hodgebom, 

Land Sachſen und Heſſen, ſtrafen. 


Der Lehr halb warn geſpalten. 


4. Was haben denn die beid verfhuld't 
Daß du nicht tragen kannt Geduld, 
Und mußt all Land erregen, 

Gleich ob dir zög der Türkiſch Feind 
Mit ganzer Macht entgegen? 

5. Und führft dazu in Deutſche Land 
Ein mördriſch Volt voll aller Schand, 
Welches du doch haft verjchworen, 
Da du durd Herzog Friedrichs Gunft 
Zum Kaiſer bift erforen! 


6. Du klagſt ihr Ungehorjam an, 
Han fie dir doch ſtets Folg gethan 
In allen billigen Saden; 
Drum fannft du dieſe Fürſten werth 
Diesfalls nicht fträflih machen. 


7. Drum ift e8 nur ein bloßer Schein, 
Damit die Sad muß gfärbet fein, 
Es ftedt was fonft dahinten: 

Gotts reines Wort willft löſchen aus, 
Wie man gewiß thut befinden. 


8. Dem Papft du mwillt gehorfam fein, 
Der dir ſolchs lang bat gofjen ein, 
Bielleiht mit Gold verbunden, 

As er die Kron dir feget auf, 
Wie man wol wird erfunden. 


9. Der fhidt jegt Bolf und großes Gut 
Mit Zufag aud dir macht ein Muth 
Daß du getroft jollt ftreiten 
Wider die Lutheriſch Ketzerei 
Und folft nicht länger beiten.* 


10. Denn der Papſt das fehr wohl verfteht 
Daf ohne dein’ Schuß jein Reich vergeht, 
Sein Macht kann ſolchs nicht wehren; 
Gotts Wort fieht er ſtets weitergehn, 
Will ihm fein Reich verheeren. 


11. Drum fucht erd bei Dir, wie er fann, 
Dies ſchrecklich Feur zu zünden an 
Durd did in Deutfhen Landen; 
Du ſollt dein Macht all fegen dran 
Zu fhügen feine Schanden. 


12. Ach Karle, fieh dich beſſer für, 
Bedenk, was draus erfolgen wird, 
Wenn du dem Papft zu fallen 
Solch greulid Mord wirft rihten an 
In dieſen Landen allen. 


"beiten = Warten. 


13, Deutfh Nation, dein Baterland, 
Dep Treu gen bir ift oft erkaunt, 
Wirft werfen in ein Haufen; 

AU Kirchenzucht und Regiment 
Müft gar im Blut erjaufen. 

14. Das ſucht der Römiſch Antichrift, 
Wie dann die alt Gewohnheit ift 
Sold greulihd Mord zu ftiften, 
Erregen Krieg und Zwietracht groß 
Die Herzen zu vergiften. 

15. Gedenk zurüd, du weifer Mann, 
Und fieh ver Päpft groß Schalfheit an, 
Wie oft dur fie ift kommen, 

Daß jümmerlid Deutfh Nation 
In Blut hat gar gefhwommen. 


16. Der Erzböswicht Papſt Hildebrand 
Erregt groß Krieg in Deutfhen Land 
Kaiſer Heinrich zu vertreiben, 

Und best an ihn viel Fürften ftarf, 
Im Bann muft er ftet8 bleiben. 


17. Die Urſach dieſer Feindſchaft war, 
Daß der Papft nicht wollt leiden gar, 
Daß man ein Papſt follt machen 
Mit Kaifers Gunft und Willigung: 
Drob huben fih die Saden. 


18. Der Papſt zum Kaifer wählen lief 
Ein’ Fürften, der Rudolphus hieß; 
Ein Kron thät er ihm ſenden, 
Gebot den Fürſten all zugleich 
Von Heinrich ſich zu wenden. 


19. Da ward vergoſſen großes Blut, 
Als fich ſchützet der Kaiſer gut, 
Und hat Rudolf verloren 
Die Schlacht zuſammt der rechten Hand, 
Damit er hätt geſchworen. 


20. Noch konnt der Hellbrand** feiren 
nicht, 
Des Kaiſers Sohn er auch anricht 
Den Bater zu verjagen; 
Nürnberg drob zerriſſen ward 
Und ſehr groß Bol erſchlagen. 
21.Nah Vaters Tod den Sohn anfacht 
Ein ander Papft mit gleiher Macht, 
Thät Fürften an ihn hetzen; 
Die durften fih mit Heereskraft 
Wider den Kaiſer ſetzen. 


** Papſt Hildebrand. 


. Bei Mansfeld gſach ein große Schladht, 


Und wurd der Kaiſer müd gemadit, 
Durft ſich nicht weiter legen. 
Wider den Papft, der ftets ſolch Mord 
In Deutſchland thät erregen. 


23. Hernach den Kaifer Friederich 


24. 


26. 


28. 


für die Pandsfneht gemacht. 


Ein gottlo8 Papft ganz läfterlid 
Mit Füßen hat getreten, 

Als er nah langem Krieg den Papft 
Um Gnade hat gebeten. 


Defielben Friedrih8 ganzer Stamm 
Durd die Päpft in groß Jammer kam, 
Und ift Deutſch Macht zerriffen 
Allzeit durch der Päpft Büberei, 
Der fie fih han beflifien. 


.So dih num dieſe kläglich' Gſchicht', 


O Karle groß, bewegen nicht 

Dich für den Papſt zu hüten, 

Der durch dein Macht ausgießen will 
Auf uns ſein Grimm und Wüthen, 


Dadurch ſein groß Abgötterei 

Sein Diebſtahl, Schand und Sodomei 
Durch dich mög ſicher bleiben, 

Und er hernach die reine Lehr 

Aus Deutſchland mög vertreiben, 


. So müß'n wir ſolchs befehlen Gott, 


Den wir auch klagen unſer Noth 
Mit Seufzen und mit Beten, 
Und ſchreien zu ihm herziglich, 
Er wöll fein Wort vertreten. 


Bielleiht lohnt dir der Papft auch gleich, 
Wie er denn oft hat than im Reich, 
Die für ihn han geitritten ; 

Diejelb hernach von Päpften all 
Viel Arges han erlitten. 


93 


29. 


30. 


31, 


32, 


33. 


34, 


Wir hoffen, Gott mit ftarfer Hut 
Werd ſchützen das unfhuldig Blut 
Der armen Weib und Kinden, 
Die ihn durd Chriftum rufen an: 
Werden g'wiß Gnade finden. 


Er wird der frommen Priefter Hauf 
Verſchonen auch in diefem Lauf, 

Die treulih han gelehret 

Wahr Gotts-Erkenntniß und Gebet, 
Die chriſtlich Kirch gemehret. 


Er wird and unjer Herrfchaft wert, 
Die der Lehr halb ift hoch befchwert 
Darfett ihr Leib und Leben, 

Ohn Zweifel Shügen gnädiglich 

Und Troft, Stärk, Rath, Sieg geben. 


Daneben wölln wir Landsfnecht gut 
Dran wagen unfer Leib und Blut 
Zu Schuß der Kirch und Panden, 
Darin Gott Wort wird rein gelehrt, 
Da auch noch Zucht vorhanden. 


Wider des Papfts Abgötterei 
Und der Spanier Mörberei, 
Beider Unzuht und Rauben, 
Die ärger denn die Türfen find, 
Das mög man gwißlich glauben. 


Drum jeid getroft, ihr frommen Knecht, 
Fürs Vaterland nur mannlich fecht, 
Wels jett der Papft will fteden 
Durchs Kaiſers Gwalt in ſchwere Noth; 
Laßt euch ihr' Macht nicht ſchrecken! 


. Wir haben auch auf unſer Seit 


Ein ſtarken Held, ver für uns ftreit, 
Bon Macht ift nicht ſeins Gleichen; 
Gotts ewig'r Sohn mit feinem Heer, 
Dem muß all Gwalt entweichen. 


36. Dies Liedlein ift in Eil gemacht 
Eim jungen Landsknecht wohlgeadht 
Zu freundlihem Gefallen. 
Bon einem, der wünfht Glück und Heil 
Frommen Landsknechten allen. 


Text mit beiden Melodien auf einem Einzeldruck vom Jahr 1546: „Ein Lied 


Inn diefen Kriegsleufften nütlih zu fingen. 


Im 


Dennmarder oder im Schweiger Thon. Menfe Augufto 1546.” Die Melodien, auf 
die Kebrjeite des Blattes gedrudt, find von mir (B.) auf der Hofbibl. zu Darmſtadt 


94 


copirt. Auch v. Pilteneron, Nachtrag S. 40 und 48, hat fie gegeben. Die Note 
unter * bat einen Strih im Original, ver bei v. Liliencron fehlt, alſo Note halb 
fürzer. Ich gebe die Melodien in verkleinerten Noten mit Taftirung, wie fie ber 
Tertaccent verlangt. Erf hat fie durchweg in 4/yTakt dargeſtellt. Das # in der 
anderen Melodie ift durchaus nothwendig, da nad) anderen Lesarten die Tonart joniſch, 
alfo auch hier Gdur (jonifh auf G) anzunehmen ift. — 

Der Schweizerton ift diefelbe Weife wie „ES geht ein friiher Sommer da— 
ber“ (f. oben Nr. 269). Das Lied, nad welchem der „Dennerler* Ton feinen 
Namen führt, hat fih glüdlicher Weife gefunden (f. folgendes Lied, Nr. 283). 

Vollſtändige Tertabvrüde: v. Lilieneron Nr. 526 ; Körner Nr. 21. — Im Wunder: 
horn I, ©. 97 (a. U. 1806) hat der Herausgeber U. dem Landsknechtsliede drei 
Trommel-Reime vorangefegt, die er bei Hortlever, B. d. Kr., 2. Aufl. 1645, ©. 423 
fand, und gar einen Bugemannd-Reim Es geht ein Busemanı im Reich herum :c.) 
als Kehrreim mit dem Liede verbunden. Solder Unfinn wurde vielfah nachgedruckt. 

Das Lied fteht allerdings in Hortleder's Buch von teutfchen Krieg. Gota 1645, 
©. 424 und ſchon im der Ausgabe von 1618 (Frankf. a. M.), ©. 297, aber ohne 
diefe Zuthat. — Den entftellten Wunderhorntert nennt Goethe: „Bänkelſängeriſch, 
aber lobenswerth“. — Das von deutihen Pandsfnedhten beim Ausbruch des Schmal- 
kaldiſchen Kriegs 1546 verfaßte und gefungene Lied ift ein Kriegslied gegen Karl V., 
deutfcher Kaifer und König von Spanien 1519—1558. Er hatte viele Kämpfe mit 
den deutſchen Fürſten, die gegen feine Uebergriffe ihre Rechte vertheidigten, befonders 
gegen ihn al8 Gegner der Reformation. Darauf nimmt das Lied befonders Bezug 
und fpricht Bermahnungen gegen den großmächtigen Kaifer aus, was aber nichts half, 


283. Ber König aus Dänemark, 
[In dem Ton von der Stadt Thamm zu fingen.] 
Mel. auf Einzeldruck 1546, ald Dennmarder Ton. 





Wer da fürsmen und ftreieten will, der zieh dem König aus Den » marf 





—— — 


Fre — R 
zu, er ſtreit nach gro-Ben Gb « .» ren; er bat ges zmun-gen Städt, 





Land und Leut, dar ⸗ zu die ſchwä⸗bi⸗ſchen Her=-rn, ja Ser *- +» ren. 


2. Es wohnt ein Evelmann im Franken- 3. Er führets wol auf die hohe See, 


land, Der Reif, der Schnee der thät ihn’ weh. 
Der nahm ein Haufen Landsknecht au, Darzu der bitter Hunger; 
So ferr in dem Oberlande, Ein Landsknecht zu dem andern ſprach: 
Er führet3 vem König aus Denmark zu „Hilf Gott, wären wir zu Lande, ja 


Auf Waſſer und zu Lane, zu Lande. Lande!” 


95 


4. Sie lamen gen Kopenhagen an das Land, 7. Sie zugen auf ein hohen Berg, 


Bar manchem Landsknecht wol bekannt, Sie machten die Orbnung die was 
Sie wurden gar ſchon empfangen ſchlecht, 
Mit Falkenetlein und Hacken— Mit ihren Hopfen-Stangen; 
geſchütz Ein Landsknecht zu dem andern ſprach: 
Mit Karthaunen und mit Schlan— „Wie hat es dir ergangen, ergangen?“ 


gen, ja Schlangen. 
5. Die Stadt ftund etlih Schügen preis, 8. Sie zugen über ein weites Feld, 


Sie Schufjen drein mit ganzem Fleiß, Sie ftedten die Spieß wol in die Erd, 
Sie ſchoſſen all geleiche Sie fielen auf ihre Knie nieder: 
Wol unter die ſchwediſchen Reuterlein Hat irgend ein Landsknecht ein Sünd 
gut, gethan 
Bon Stund an muften fie weichen, Gegen Gott fol er fie büßen, ja büßen. 
ja weichen. 
6.,Iſt es nicht ein große Schand 9. Wer ift der und das Liedlein fang? 
Der König aus Dänmark leit und im Ein freier Landsknecht ift er genannt, 
Pand Er hät's jo wohl gefungen, 
Er will ung all verderben —“ Er iſt dreimal in Dänmark gewefen. 
Sprad ein alter ſchwediſcher Baur, Und ift allwege wieder kommen, ja 
Es ift feind Vaters Erbe, ja Erbe. fommen. 


10. Er fingt ung das und noch viel mehr; 
Gott tröft all frumm Landsknechten ihr Seel, 
Die vor Kopenhagen umb find kommen! 
Iſt irgend ein frommer Landsknecht hie, 
Thut mir ein freundlich bringen, ja bringen. 


FH. Bl. 8, 4 Bll. „Ein New Lied von dem König auß Denmarf, Im 
dem then von der ftat Thamm zu fingen: Ein ander Lied, Ich armes brüderlein, wie 
fig ich hier beim wein.” (Holzfchnitt unten). Am Ende: Gedrudt zu Nürmberg durd) 
Balentin Newber i. 3. (c. 1550). K. Bibl. Berlin, v. Meußbach's Sammlung 7945 
(früher im 8. Sammelband). 


Aus Titel, eine und Inhalt ded voranftchenden, von Dr. v. Lilieneron nicht gefannten 
Liedes erſehen wir dreierlei; 

1) daß don dieſem Liede der „Dänmerferton” feinen Namen hatte, 2) daß diefer einem 
älteren Liede von der Stadt Tham entlehnt war. Tham ift bier die Stadt Dam (Mpingadam) 
in Friedland, jept bolländifh. in bifter. Lied (Lil. 289) —— wie Herzog Georg von Sachſen 
1514 dieſe Stadt gewonnen hat. Anfang dieſes niederd. Textes: „Wat willen wy aver heven an, 
van einem fürft lavefam ein nyes led to fingen x.” Dies Lied ift offenbar gemeint; wenn das— 
felbe ſechezeilige Strophenform (erweiterte Lindenſchmidſtrophe) hat, J kümmerte ſolches den Volks— 
jänger nicht; er half ſich durch Weglaſſen oder Wiederholen der 4. Melodiezeile, wie wir ſolches auch 
beim Schweizer Lindenihmidston fanden. — Vermuthlich war diefe Singmweife noch älter, vor 
1514 ſchon gefannt ald ſechszeilige — 3) Der um die Mitte des 17. Jahrh. (1647—53) mehr: 
fach angeführte Ton: „Wer da ftürmen und ftreiten will“, ift glei dem hierftehenden 
Dänemerkerton, denn mit diefen Worten fängt unfer Lied an. Angeführt ift diefer Ton zu den 
bift. Liedern bei v. Lil. 548, 551, 582, 655 und Soltau 393. Somit ift für alle 3 Tonangaben 
die Melodie bier gefunden. 


96 


254. Wacht auf, ihr deutſche Chriſten! 


Vermahnlied 1546. 
Einzeldrud 1546, 


er Seen nee 








Wacht auf, ibr deut» fhe Ehri » fen, dann es iſt an der Zeit! 
Mit Waf-fen thut euch rü = ften bald zu dem Wi » der = ftreit, 





Ge» gene meh - re, tbut ta » pfern MWisder- ſtand. 


Fl. DB. 4Bl. 4. auf. Bibl. Berlin. Auf der Rüdfeite des Titelblattes ift die Melodie ge— 
drudt 8/, Takt). Die Ueberfchrift des Liedes heißt: „Ein verman Lied, im Lager zu Werd — 
1 fingen im Penbenawerd odder Toller weife”. [Beide a find falſch; die angeführten 

elodien find andere als die bier ftebende, diefe heißt: „Yobt Gott ihr frommen Ehriften.“) 
Vergl. oben Nr. 278. Gleichlautend die Melodie aus der Hamb. Stadtbibl. durd Dr. M. Feler 
an mich mitgetbeilt (f. Altd. *db.), Auch in Maltzahns Bücerfhag I, Nr. 760 ift diefer Drud. 
Zert: BE. nn, Nr. 1167, Weimar. Jahrb. 4, 231. v. Lilieneren Nr. 530. 


285. Wol auf, ihre frommen Beutfchen. 1546. 


Neue Melodie 1546, 








Wol auf, ihr fromsmen Deut » jchen, ein Lär- men bebt ib an, 
Gilt euch, man will euch täu » hen und fer“ men Welſch ver- ftan: 





Der Papft und Kai» fer zürenen febr wis der Gott felbft und feine Lehr, wer 





GEinzeldr. von 1546: „Ein new Lied auf jgige Ariegsleuffte gemacht, einem Ehrlichen Lande- 
fncht, W. P. zu vie Auf ein newe weife zufingen, Oder im Thon, Wol auff, je Lande 


fncht alle, Seit friſch vnd guter ding.“ — Xertabdr. bei BR, III, Nr. 1174 und v. Lilieneren, 
bift, Lieder Nr. 527. Die beigedrudte Mel. im Orig. und mit Uebertragung bei v. Lililencren, 
Töne Nr, 111. Nach ibm bier mit Taktwechfel. Erf hatte fie durchiveg im %4-Takt zerlegt. 

In meiner Webertragung ift blos die * bezeichnete Note um halb fürzer gemacht, wie es ber 
analege Rhythmus im driitfotgenden Takte fordert. 


97 


286. Arienslied (1546). 


Friſch auf, ihr werthen Deutfchen, 

Rett' unfer Vaterland ! 

Der Feind thut uns angreifen 

Mit Rauben, Mord und Brand. 
Sachſen, darzu auch Heſſen, 

Ein Haupt deutſcher Nation: 

Das Schwert thut fröhlich wetzen 

Wider den Feind zu ſetzen, 

Gott wöll uns Beiſtand thun. (13 Str.) 


Fl. Bl. 4 Bl. 80. „Ein new kriegs Lied, It jun dieſer zeit. Im thon: Wie 
es zu Tholl ergangen ift. 1547." [Abor. WE. 1841, Nr. 817. Weim. Jahrb. 4,469, 
Shen 1546 als fl. gebrudt: Ein new kriegslied. Peb im diefer frift. In dem 
Thon, Wie e8 zu Tholl ergangen ift.“ (Holzſchnitt). Ged. v. Hans Wigftat v. Wert- 
heim; aber nur Str. 1 bis 2, 4 und 5 find von ihm, die andern Strophen aus 
einem Liede von Hans Sachs (WE. 241) entlehnt. 


287. Geiſtlicher Weckruf. 


a) Deutſche Melodie. 


Eler, Cantica sacra 1588. Hamb. Melodeyenb. 1604, BI. 418. 
hypojoniſch. Prätorius, VIII, 1610, Nr. 227, 228. 





die»fem Jam⸗mer⸗tha⸗-le, wacht auf, es iſt mehr denn Zeit. Der Herr wird bal« de 





* mm U 0007000 — — 
fom» men, der Tag will ein A = bend han, die Sün-der wird er ver⸗ 


— 







dam =» men, wer mag vor ibm be «+ ftahn? 





Melodie bei Eler in doppelter Notendauer, bei Prätor. wie bier; beide haben Four (Quarte 
böber). Zert bei Eler niederdeutſch: „Wacht up, gy Ehriften alle.” Cine Zerfchneidung der Mufit 
durchweg in %, Takte war wider mein mufifal. Gewiſſen. Erf hats gewagt. 

Die Melodie fol nah MWinterfeld zw. 1545—1588 entftanden fein. Dad ift nicht wahr, 
da fie fhon 1540 niederländifc vorhanden und auf ein weltl. Lied zurüdweift (f. folgende Rr.). 

Eine niederbeutfche Ueberjegung des Terted „Wadet up, gy Ehriften alle” ſteht im Lübecker 
Enehiridion 1556; daher Wadernagel 1841, Nr. 670. Lilieneron (gu Nr. 616 feiner hift. BER.) 
bemerft, das Lied „Wacht auf ibr Chriften alle” fei ein Bermahnlied wider die Türken 1529. 
Diejem fei aber wieder ald Ton Bruder Beit oder ber ge Former vorgefchrieben. 

Wo ift der hochdeutſche Tert zuerft abgedrudt? Bei Lilieneron nicht und fonft in feiner 
bifter. Liederfammlung. Bei Wadernagel babe ih nur den plattd. Tert gefunden, darin von 
Türken aber nicht# vorkommt. 


° Die bei * bezeichnete Note heißt a bei Prät. 227, daneben 228 aber c, wie bei Eler, 
Eıl u. Böhme, Lieberhort. 11. 7 


98 
b) Nieverländifhe Melodie. 


Waer ist mijn alderliefste, 
die ick met ooghen aensach ? Souterliedekens 1540, Ps. 68. 


—_ — — — —— — — — — — 




















Der niederländiſche weltliche Text nicht weiter gefannt. Nah dem Anfang: „Wo 
ift mein’ Allerliebſte?“ fcheint e8 ein Liebeslied gewefen zu fein. 


288. Satiriſches Lied auf das Papſtthum und Gegenſtück 
dazu (1547). 


Forſter IV. 1556, Rr. 28. 







as — 
Ih will fürt » bin gut päpſtiſch ſein, des Lu-thers Lehr ver » ach » tem, | 
Nah austen Ta» gen will ih nur und qu=ten Pfründen tradı » ten, 





in Luft und Freu-den @e » ben, wo nad follt ic fonft fire» ben? 


Satire aus der Reformationdzeit (1547) Tert (7 Str.) und Mel. bei Forfter IV, Nr. 28. — 

Ein proteftant. Spottlied auf Frig Staffel, der 1552 in die fathol, Kirche zurüdtrat, gebichtet 

von Erasmus Alberus (Abdr. WE. III, Nr. 1054) bezeugt durch feine Tonangabe, daß bier eine 

weltl. Volksweiſe „Die Bauren bei der Linden“ vorliegt. Der Drud ift betitelt: „Ein New 

Tedeum, Friderico Staphylo zu boben ehren gemacht. Von 3 Liedern ift das zweite über 

—— er ein New Lied Friderici Staphili. Inn der Melody: Die Bawren bey der Pin: 
n“. Anfang: 


Fri Staffel wil gut Baͤpſtiſch fein, Nah Zins und Rent ficht fein Indent: 
des Luthers Lehr verfchweren, wenn er die hat, fo fönt er ftet 

Nah quten Tagen wil er nur in luft vnd fremden leben, 

vnd feiften Pfründen ftreben, wo nad folt er fonft fireben? 


Ein antireformatorifhes Schmählied war 1547 im Dec. vorangegangen: „Ein lied von 
Augipurg fome in Mense Decembris“, nu: Ich wil fortbin gut utherifch fein vnd rechte 
ding verachten (Hf. d. 16. Jahrh. Rathöbibl. Leipzig Rep. III, 24b. 49, Nr, 6 eines theol. Sammel: 
bandes). Darauf folgte ald Antwort das obenftebende: „Ich wil fortbin gut Bepftifch ee — 
Ein ähnliches Spottlied auf Pfaffen war 1537 erſchienen: „Ih wil führthin fein pfaff mehr fein ꝛc. 
Im tbon: Nur narrifh fein ift mein manier ac.“ 

Der Benediktiner J. Werlin bringt 1646 in feiner Hf. genau Forfter'd Melodie, aber mit 
gut katholiſchem Terte: „Ich will fortbin u Geiftlih fein, der Welt Wolluft verachten! Das 

eiden Chriſti, all fein Bein, ich allzeit will betrachten. Diß mein Indent, Gott wol erfennt, 
in dem Gebet will ich fein ftet, in gutem Gwiſſen leben, wornach fol ich fonft ftreben.“ 





99 


239. Lied wider die Feinde des Evangeliuns, Mameluken 
und Berräther ihres eigenen Baterlandes (t. 1548). 
Melodie u. Tert Dresdner Hdſchr. 53. 










Wir bit» ten dich, Herr Fe» fu Ghrift, j 
3 « hüt und * der Fein⸗de Lift ' | die ftehn nach un«ferm Le + ben, 





— 1.4 
>— de —— — 


3 Mi * — — Fan — fie ba» ben und ums ge» ben 





werd dein Macht, Herr Ru « ju Ghrift, 
bee eil dein Ge» walt viel grösfer ift, denn al» Te Teu— fel 


— — — — —— — 
—— —— 2 — m — —— N 
—— — 





in der Höll du kannſt ihn’ wi= der = fie» bem. 


Zert vollftändig aus gleicher Quelle bei WE. III, Nr. 1485 und bei Pilieneron 
Nr. 571, Die Melodie ift offenbar eine Tanzweife. 


290. An die dentfche Mation (um 1500). 


Forfter II, 1552, Nr. 80 noch nicht 1549) 









J .auf in Got-ted Mas» men, du wer— tbe deut =» ſche 
ür >» wahr ihr folt euch ſcha-men, daß ihr cur gut Lob jept lont 


Na . B : s . ti s | 


[17 eK Br . ter » gan, dad ihr fo lang be 


A» ten ; der lieb Gott foll fein walsten, der vers-leib und fein gött * =- Ti Kraft! 


* Bariante bei Winnenberg. + Korfter. 





100 


2, Raifer Karl aus Hifpania, 4. Darumb fo feid gewarnet 
Ein edler Fürft aus Defterreich, Und feind eins guten Muths; 
Er ift von kaiferlihem Stamm Er fei reih oder arme, 
Wo findt man ſeins Geleih? Daß er fein Vaterland behut 
In Züchten und in Ehren Bor den türfifhen Hunden 
Iſt er gar wohl erkannt; Sie führ'n ein großen Pracht 
Darnach thut er ſich kehren Desgleihen han id nicht finden, — 
Wann er das Reich foll mehren Red ich zu diefen Stunden — 
Und aller Fürften land. Keiner Ehr nehmen fie nit Acht. 
3. Wach auf, du heiligs römiſch Reich, 5. Geſchieht e8 nit gar balde 
Wann e8 ift an der Zeit! In einer kurzen Zeit, 
Ihr Fürften alle gleiche So beforg ichs: mit Gemalte 
Rüſt' euch zu diefem Streit, Es werd’ ein großer Streit 
Dann ihr habt auserwählet Bon Deutfhen und von Walen 
Ein kaiferliches Blut; In ganzer deuticher Nation; 
Darnach fo thut euch gjellen, Ich red das unverholen 
Thut euch zufammenftellen, Darum fol Niemand fhmollen, 
Es wird aud alles kommen gut. Es mag nit anders ergahn. 


6. Darbei will ich's lan bleiben 
Wo jeg zu dieſer Zeit, 
Mid verdreußt weiter zu ſchreiben 
Es möcht fi einreißen zu weit. 
Den Berftändigen ifts gefaget, 
Den Andern frag ich nichts nad; 
Wann einer würd’ verzaget, 
Der ander gar verjaget, 
Dem Deutfhland kummt e8 zu Schmad,. 


Tert und Melodie bei Worfter III, 1552, Nr. 80. Die Melodie ſchon auf 
einem Einzeldruck von 1545 zu dem ZTerte bei Lilieneron Nr. 516 und deſſen Töne 
Seite 53! 


Friſch auf in gotted namen, Daß fie die köpf ſchlan nicder 
ir werden fürften Chrifti groß! in großer erfchrodenheit; 
Fürwar ir madıt zu ſchamen berupft ift ihr gefieder, 
papiften all auf einen kloß, ir gelt wird in nit wieder 


bid nur in ewigfeit. 


Diefelbe Mel. aud bei Winnenberg, Chriftl. Reuterliever 1572 zu einem 
Liede gleihen Anfangs über die 10 Gebote. Unfer Lied fteht aud auf einem fl. DI. 
Nürnb. Fr. Gutfneht (um 1550). Bolt. Terte bei Wolff, hiſt. BR. ©. 11, 
v. Pilieneron Nr. 479. Der Berfaffer war ein Katholik. — Eine fpätere Um 
dichtung, zu der blos erfte Strophe beibehalten, fteht in G. W. Kirchhoffs 
Wendunmut, 6. Buch. Frankfurt a. M. 1603, Nr. 255, mit dem Vorbemerk: „Das 
freidige Lied von Worten und Melodey vor Jahren gemacht, deß Anfang aljo lautet.“ 
Abdr. bet Gödeke und Tittmann, Liederb. des 16. Jahrh. S. 268. Irrthum iſts, 
wenn Ditfurth Volkslieder Nr. 76) daſſelbe Lied ein Landsknechtslied aus dem 
30jähr. Kriege nennt, 

Nicht unmöglih wäre, daß vorftehende Melodie die noch nicht feftgeftellte Toller- 
weise (j. Nr. 245 oben) ſei. Das Versmaß paßt und die Muſik ift volksthümlich. 





101 


291. Berderhbte Zeit (Lied vor 1900). 


Im Ton vom König aus Frankreich. 


1. Es ift viel Wunders in der Welt, 
Groß Uebermuth und falihes Geld 
Hat überhand genommen; 
Chriftlihe Lieb ift faft dahin 
Der Glaub ift fhier verfhwunden. 


2, So wächſt nit fo viel Laub und Gras 


ALS jetzt regieret Neid und Haß 
Bet Reihen und bei Armen; 


Kein Scham ift jetzund in der Welt 


Das möcht wol Gott erbarmen. 


3. Die göttlih Straf will helfen nit, 
Ein jeder lebt nad) feinem GSitt, 
AU Bosheit thut ſich mehren; 
Und was von Alter her gut was 
Das thut ſich jett verkehren. 


4. Jetzt verkehrt fich viel mander Stand, 


Das muß entgelten Leut und Land, 
Man feh denn baß zu'n Saden: 

Weil ein Jeder fein‘ Muth will han, 
Der Schimpf der wird fih maden. 


5. Die jungen und die alten Peut 
Führen gegen einander groß Streit 
Der Gelehrt' der firaft den Laien, 
Der Laie hält ihm Widerpart, 
Sie thun ſich oft entzweien. 


6. Bann d'Weisheit auf der Gaſſen fteht. 


Göttlich Gerechtigkeit untergeht, 
Die Wahrheit liegt verborgen; 
Die Pieb Gottes ift verlofhen gar, 
Wir leben ohn alle Sorgen. 


T, 


8. 


= 


10, 


11, 


12, 


Man fhreit und tobet bei dem Wein, 
Jeder will evangelifch fein, — 
Ja mit Fluchen und mit Schelten! 
Das Ootteswort ift lauter und klar, 
Gott läßt euchs nit entgelten. 


So findt man jegt viel freier Gejelln, 
Die nimmer faften und beten wölln 
Gott wöllen fie nicht mehr ehren: 
Schreiben und fagen überlaut, 

Der Luther thu ſie's lehren. 


. Der Luther lehrt dich ſolches nit, 


Du führft fürwahr ein böfen Sitt, 
Der ift dir angeboren; 

Schändlich Ding und Büberei 
Haft du Dir auserforen. 


Kein Gotteswort thuft du nehmen an, 
Du fhändeft Frauen und auch Mann 
Dein Nähften thuſt' anklaffen; 

Laß jeven bleiben bei fein Ehr'n 
Schau was du haft zu ſchaffen! 


Ein’ frommen Chriften kennt man wohl, 
Weiß wohl, wie er fi halten foll 
Zu Kirchen und zu Straßen; 

Was feim Näcften zu Leide kommt, 
Das kann er freundlich laſſen. 


Er acht nit, was ein Jeder fagt, 
Nach großen Gütern er nit fragt, 
Die Welt die läßt er fahren, 

Und Bringt mit ihm viel guter Frucht, 
Das thut dem Teufel zoren. 


13. Nun bitt wir Gott von Himmelreich, 
Daß er uns Glück und Heil verleich, 
Sein Gerechtigkeit zu erfenmen 
Und fein heilig Barmberzigfeit. 

Gott fei bei unferm Ende! Amen. 


Fl. BI. Nümberg, Valentin Newber. (Drudte zw. 1550— 70), Daber bei 
Gödele-Tittmann, Lieberb. des 16. Jahrh. S. 261; von Lilteneron (Leben im 
Bollsliede Nr. 2) fest die Abfaſſungszeit des Gedichtes noch vor Luthers Ableben. 

Die Zonangabe bezieht fih auf ein Lied zur Pavierſchlacht mit fünfzeiliger 
Strophe. 

“ 3,2 nad feiner Sitte, nad feiner Willtür. 4,3 Es fei denn, daß man von oben ber 


die Sache beifer angreife, als biöher geſchehen. 4,5 Schimpf, Scherz, Spaß. Sinn: Wenn 
Seder nad feinem Eigenwillen leben will, muß ed zum Kampf und Streit fommen. 


292. Zeitenlied (1550 —1560). 


Am Ton: Der Sommer fährt und von binnen. 









Fuchs · ſchwãnz und Echel-men » ftü » den 


mit thut man fi fchmü » den, 


1397 


Hinfort auf diefer Welt, 

Noch auf fein Red nicht bauen, 
Wie fromm er fidy gleich ſtellt; 
Man kantı fih) wol erzeigen 
Gegen einen als mein man's gut, 
Mit Referenz und Neigen: 
Gefchieht alls aus falſchem Mut. 


‚Ihr Viel'n Hab ich vertrauet 

Und oft vor Freunde geadht, 

Das hat mich nun gereuet, 

Und oft in Schaden gebradit; 
Gleich wie die Katzn thun jchleichen 
Ganz heimlih um den Brei, 

Alſo thun fie dergleichen 

Mit Praftiten manderlei. 


4. Ihr viel thun mich beffaffen, 
Die mid nit habn erkannt, 
Und find doch felbs groß Laffen 
Darzu voll aller Schand, 

Die unverfhämet lügen 

Und machen Plaubderei, 

Was fie erdenfen mögen 
Reden fie von mir ohn Scheu, 


wo 


Iſt doch in al» Im Lan- ben 
Der Glaub ift gar zu Schanden 





fein jept in gro= Fer 


fein Treu iſt niregend mehr. 


. Dan darf keim Menjchen mehr vertrauen, 


















Ehr, da⸗ 








5. Auch die ich hab vor Freunde 


Am allermeiſten geacht, 

Die han ſich mir zum Feinde 
Ohn all mein Schuld gemacht, 
Und halten ſich ſo alber 
Gleich ob ichs nit verſtänd: 
Sie werden ſich ſelbs betrügen, 
Die ungetreuen Hund. 


‚IH muß von manchem Orte 


Sein, da ich nit hinfam, 

Da macht man viel der Worte 
Und fhänd mir meinen Nam, 
Ein jeglihen laß ich bleiben 
Ich ſei beim Bier oder Meth, 
Und könnt auch fehr wol leiden, 
Das man mir dergleichen thät. 


IH ſchäm mich, mehr zu Hagen 


Ueber ſolch loſe Schwänf, 

Jedoch will ich nicht fagen, 

Was ich heimlich gedent, 

Sölchs hat ein gut Gefell gefungen 
In Eil und furzer Beit, 

Darzu hat ihn bezwungen 

Untreu und ſchwätzig Leut. 


Tert und Melodie im Dresdner God, M. 53. Abichrift eines fl. Blattes aus 
der Zeit von 1550—1560: „Ein ander Pied, Iſt doch in allen landen, fein zucht 
noch erbarteyt. Im Thon, Der Sommer fert ons von binnen.“ 

Ein anderes Lied gleichen Anfangs, das über Luxus und Trachten fih aus» 
ſpricht, beſaß Uhland (Schriften IV, Nr. 1), daraus er folgende Stelle mittheilt: 
„Daffetbänder vergleichen, Rofen daran gemadt, das zimpt Edlen und Reichen, fo 


wil der Arm auch han fein Pradt.“ 


Die Melodie ift echte Vollsweiſe, ihr Urtert war aber nicht aufzufinden. Das 
Lied: Der ſommer fert uns von binnen (Bergkreyen 1536, Nr. 4) hat zwölfzeilige 


Strophen, paßt aljo nidt. 


Ein ebenfalls altes Lied: Der Sommer er fährt ſchon 
von hinnen Büſching S. 170, Görres 93; Vulpius, Curios. 4, 217; Erlad 1, 136) 


ift zwar achtzeilig, hat aber im Abgeſang anderen Versbau. 









2. 


3. 


Der 


[#7 } 


7. 


8. 


9. 


293. Belagerung von Magdeburg (1550-14551). 


Nach Forfter I. 1540, Nr. 17, 





. 


omsmen fremde Gä : fte, 


Bon Münden und von Pfaffen 
Sammt aller Nonnenfnedt, 
Huf Ehrift, daß wir ſolch Affen 
Empfangen mögen vet! 

Gotts Wort fie wöllen dämpfen, 
Ihr Lügen richten an, 
Darwider wölln wir kämpfen, 
So lang wird Leben han. 

Zu Magveburg uff der Brüden 
Da bellen zwei Hündelein, 
Dafür fih müflen büden 

Alle die da wölln hinein. 


Der Keller in dem Schloſſe 
Der liegt voll ftartes Wein, 

So ven begehrn zu koften, 

Die müfjen Kriegsleut fein. 

O Juda, der du ſchändlich 
Verfolgeſt Gottes Sohn, 

Glaub mir, verſieh dich gänzlich! 


Dein Strick der ſpinnt ſich ſchon. 


Zu Magdeburg uff dem Marlte, 
Da ſein der Landsknecht viel 
Die miſchen friſche Karten 

Die Seeſtädt ſehen zum Spiel. 


Hierbei ſteht an eim Platze 
Ein großer eiſern Manmn, 
Deſſelb nimmt Acht der Hate 
Und fieht fein Spanier an. 


Dem Kaifer wöllen wir geben 
Jetzt und zu aller Frift 
Was ihm gebühret eben 
Und nit was Gottes ift. 


D Mag-derburg halt dich fe» fie, 





die wölln dich treis ben aus. 





du wohl» ge » bausted Haus! Dir 


| 






10. Zu Magdeburg uff der Mauren 


Da liegt ein guts Geſchütz, 
Bringt mandem Herzen Trauren, 
Daß man fie no nit nützt. 


11. Auch liegen an der Zinnen 


Zwei ſcharfe Nitterfchwert; 
Könnten diefe die Münd gewinnen, 
Wär mander Kappen werth. 


12. Müffen wir darüber fterben, 


Lob, Ehr und Preis fei Gott, 
Der und dann heißt ererben 
Das ewig Leben dort. 


13. Zu Magdeburg uff dem Thorne, 


Sigen drei Jungfraun fein, 
Die mahen ale Morgen 
Drei Rautenfränzelein. 


14, Das ein fol Herzog Hanjen 


Dem Fürſten hochgeborn; 
Graf Albrechten von Mansfeld 
Das andre iſt erkorn. 


15. Das dritt das iſt verſprochen 


Eim Held noch unbekannt, 
Der läßt nichts ungerochen, 
Wagt druff ſein Leut und Land. 


16. Hilf Gott, daß ihms gelinge 


Durch Chriſtum deinen Sohn, 
Daß ihn die Feind nicht zwingen, 
Die wider dein Wort thun! 


17. Dies Liedlein hat geſungen 


Ein Landsknecht friſch und frei, 
Stund, do viel Kronen klungen, 
Daß Gott ſtets bei uns ſei. 









104 


Diejed Lied ift in vier Druden und einer Handfchrift mit vielfacher Abweihung vorhanden: 
a) Fl. Bl. „Zwey fchöne Lieder, das Erfte der Chriſtlichen Stadt Magdeburg zu ehren geftellt, 
durh PB. L. Im thon: Es wolt eyn Jeger jagen.“ 1551. Abdr. bier und im Woh. II, 101 (neue 
Audgabe, durh Erf). — b) In der alten Ausgabe II, 103 ein abweichendes anderes fl. BI. Da- 
ber Wolff, bift. BL. 735, — c) Benusgärtlein. Hamb. 1659, ©. 55. Umarbeitung und länger. 
Daher Woh. 4, 240 (Erkj. — d) Niederdeutfched Liederb. um 1600: „Och Meidenbordh, bolt di 
vefte!“ Abdr. Uhl. 202 B. und Lil. 590 A. — e) Ganz ähnliches Lied, mit dem Anfange: „Mag: 
denburg ift ein ſchöne Stadt. ein bochgebauted Haus, kommen viel fremde Gäfte, die wöllen und 
treiben aus”. Heidelb. Hſchrt. Nr. 100, Bi. 124. Abdr. Soltau Rr. 63, Uhl. 202 A. Piliencron 590B, 

Die —— Melodie „ES wolt ein jeger jagen” geben wir nach Forſter IL, 1540, Nr. 17, 
bier im Rhythmus vereinfacht. 





294. Belagerung von Magdeburg (1501). 










* — 
Nun hört von mir ein neu Ge » dicht, wie und der Papft bat zu» ge 





riht ein Spiel in deut » fchen Lan» den! Er badt fib in der deut» fchen 





Blut, Gott mat ibn bald zu Shan - = de. 


Tert im Dresvener Cod. 53: Ein new lied won der belegerung der werben 
Stadt Meydeburg 1551. [Mbichrift eines fl. Blattes.) Die Melodie ift beige 
ſchrieben. Vollſtändiger Tert aus gleicher Quelle bei von Piliencron Nr. 589. 

Schwerlih ift diefe Singweife zu dieſem Tert eigens erfunden, fondern vermuth- 
lich eine fhon damals befannte Vollsweiſe. Welche wohl? Der Tertanfang erinnert 
an das Lied auf die Eroberung von Kufftein 1504: Wolt ir hören ein neues Gedicht 
(Pilteneron 245), das ift aber wieder überfchrieben „In behamer fchlachtweife." Ob— 
gleih nun das Lied auf die Böhmerſchlacht (12. Sept. 1504) abweichend beginnt: 
Es kumpt noch wol ein gute Zeit (Lilieneron 241), fo wäre e8 doch nicht unmöglich: 
daß bier der Ton auf die Böhmer Schlacht vorläge. 

Es könnte aber auch der Pfalzgrafenton von 1462 fein, benannt nad dem 
Liede: Wolt ir hören ein neu geſchicht (Lilieneron 114); daran erinnert ebenfalls 
der ähnliche Tertanfang unjerer Melodie. Unmöglih wäre e8 nit: daß der Pfalz 
grafenton der noch 1502 mehrmals citiert wird und dann feit 1504 verſchwindet, 
feinen Namen gewechjelt habe und von da ab, nah dem jüngeren Ereigniffe, vie 
Böhmerfhlahtweife genannt worden wäre. Der Schreiber jener Handſchrift 
wußte wahrfheinlih den älteren Namen nicht, indem er über dem Liede bemerkt: 
„Im ton wie folgt oder E8 geht ein friſcher ſommer daher.” 

Auch von Lilieneron (Töne zu den hiſtor. Liedern X, S. 34) hält diefe vor- 
liegende für die Beheimerſchlachtweiſe. 


105 


295. lage über Ariegsnoth (1509). 


Mic. Praetorius, Mus, Sion. VII, 1609, Nr. 217. 





Ah Herr, du als ler» höch⸗ſter Gott, ; 
I fleb am die Mägelih grospe Roth | IM Han» zen deut · ſhen Kan » Rei 





gt 
—— C 
ee ti Et el 
EMACCACCC 3: 


| Sold Rauben, Bren- nen, Blut und Mord, 
von den Ghri-fien vor nie ge= bort, 


Der ältefte Drud als fl. BL. 1553 [f. Weller I, ©. 59. Nr. 253 u. WE. III, 1231] ift über- 
ichrieben: „Grund vnd vrſach des Fläglichen ellenden erbermlichen Blutbades, teuticher Nation, und 
andern Geyſeln Gottes, die ſchon über und bereyt fein. Im thon Kombt her zu mir fpricht Gottes 
Son“ (legterer Choral liegt bier nicht vor). — Im Bonnifhen GB. 1575 fteht dies Klaglied mit 
der Tonangabe: „Nun will ih mir nicht gramfen lan“. Letzteres ift der Anfang der 4. Str. 
eined biftoer. Liedes auf die Befreiung von Ingolftadt 1546 (Lil. 535. Wph. 2, 113), das aber 
„In der Weid wie die Schlaht vor Pavia gefungen wird. Anfang des Terted 1546: 


Zu fingen will ichs faben an 
gu lob der kaiſerlichen Kron 
em Landgrafen zu leide ıc. 


Damit wäre auf den ſechezeil. Pavierton 1525 veriwiefen. Vergleicht man aber unfere Mel. 
mit dem Fragmente „So will ih mir nit graufen lan“ (Rr. 271 oben), — wird man bemerken, daß 
beide nichts gemeinſam haben. Die Melodie bier ſcheint alſo ſpäteren Urſprungs zu fein, ohne 
daß man ihren urſprünglichen Text beſtimmen kann. 


296. Wider die Türken (1566). 


Im Ton: Wol auf mit reichem Schalle. 


1. Wacht auf, ihr Teutſchen alle! 
Die Zeit iſt vor der Hand; 
Der Türk will überfallen 
Zu Heer der Chriſten Land. 
Ihr habt aus kurzen Yahren 
Wer er fih hat gezeigt, 

Sein Fleiß wird er nit ſparen, 
Keins andern ift er geneigt. 


F. BL fl.8. 4 Bl. 0.3. K. Bibl. Berlin, v. Meufebahh'd Sammlung E. Nr. 563. „Ein 
new Lied vnd vermanung, an die Ghriftlichen Potentaten vnnd Stände, ernflliche tapffere gigen- 
weer wider den Türden für zunemen. Vnnd mag gefungen werden Inn brüder Benten Thon oder 
in ded Benßenawers wen“. Am Ende des Liedes I. F. (ald Dichter ded Liedes). Abdr, WE. III, 
1473. Im Kolers Haus einge 1569. I, 88 (Abdr. uf. III, 978), mit obiger Zonangabe, die 
fih auf ein Buchdruder-Loblied bezieht. Letzteres wird unter Beruföliedern folgen. 


106 


297. Ariny's Eod. 7. Sept. 1566. 
(Graf Serin.) 
Mel.: D reicher Gott im Throne (Fröblih fo will id fingen). 
Spangenberg’3 Pfalter 1582, ©. 109. 











Wie ger » ne wollt ih fin » gen, ſo ficht mih Trau-er an, | 
Ich weiß nit zu ver» brin» gen, je « dod fann ichs nit lan. 

















Zargen neu» lihb bat zu ges tragen lab dichs er» bar-men Sch! 

Diefes Lied auf den heldenmüthigen Tod des Grafen Nik, von Zriny bei ber 
Eroberung von Siget im Türkenkriege 1566, gedichtet von Lorenz Weſſel von Efien, 
ift jeit 1571 bis Mitte des 17. Jahrh. oft gebrudt! worden. Ouellen und voll» 
ftändiger Tert von 19 Str. ſ. Alto. Mb. Nr. 408; Soltau Nr. 66. 

Eine eigene Singweife hat diefes Hiftorifche Lied niemals gehabt. Aelteſte Drude 
haben feine Tonangabe, fpätere verweifen auf den Ton „wie man ſingt den König 
Ludwig aus Ungern oder das Lied von Olmütz“. Das ift in beiven Angaben vie 
DWeife „Tröhlic fo will ich fingen“ (1526) f. oben Nr. 276. Nichts war natürlicher, 
als das Lied vom Ungar-Helven auf Die Weife des verunglädten Ungernfönigs zu fingen. 
Ih Habe hier die Weife beigejett nad der Lesart in Spangenbergs Pſalter 1582, 
wo fie dem geiftlihen Liede „O reiher Gott im Throne“ beigefett ift. Nachweis, 
daß felbige die rechte Weife auf des Ungarnfönigs Tod 1526 fei und andere Pesarten 
f. oben Nr. 276. (Alto, Lob. S. 511, Graf Serin.) Bergl. auh Nr. 257 oben. 

Meine frühere Bermuthung, daß es vielleiht nad der Dollerweife gefungen 
worden, ift Durch nichts als durch gleiches Versmaß begründet. 

Der Ton „vom Graf Serin“ wird anderen hiſtoriſchen Liedern im 17. Jahrh. 
vorgejchrieben. 

Das Lied von Olmütz Blmütz) ift ein Hiftorifhes Gericht von dem lirchlichen 
Aufruhr in Olmüg. 1558. (S. Gödecke, Grundr. von $ 141 Nr. 233.) Es begimnt: 
„D Gott ih thu dir Hagen ꝛc.“ (14 neunzeilige Str.). Als Ton ift ihm vorge 
ihrieben: „DO reiher Gott im Throne.” So find wir durch mehrfeitige Tonangaben 
— auf dieſelbe Melodie hingewieſen, um ſomehr muß ſie die rechte zum Serin— 

iede ſein. 


298. Das Geuſenlied 1568). 


a) Neuere Weiſe. 
Willems, Oude vlaemische Liederen. Ro. 33. 





Wil-hel - mus van Nas-sou-wen bin ick van duyt-schen bloet, 
Het va - der-lant ge -trou-we, blijf ick tot's lands be - hoet. 





veert, den ko- ninck van Hi-spaen-gien ick al-tijd heb ge - eert. 


b. Ältere Lesart. 





het Va-der- lant ge - trou- we blijf ick tot in den dood. 


Wil- hel-mus van Nas -sou-we ben ick van duytschen bloet, | 





En Prin-ce van O - ran-jen ben ick vry on ver-veert, den 





c) Deutſche Lesart. 
„Wilhelmus von UNaſſawen.“ 












Einzelorud, 4%, Anno 1607, 8. Bibl. Berlin, Ye 5671: „Ein Lied von dem 
Hchwürdigen Durdl. Hochgeb. Fürften und Herren Heinrich Julio Poftulirten Biſchoff 
des Stiffts Halberftadt und Herzogen zu Braunfhweig und Luͤneburgk . . . 

In der Melodey Wilhelmus von Nafjawen bin ich von Teutfhem Blut.” Anfang: 


„Aus — — ſtammen Doch danck 8 Gott von Hertzen, 

ich Heinrich Juliu Der mich geſchaffen hat, 

Mein Ankunfft hab bekommen, Laß ihnen Angſt und ſchmertzen 

mein Feinden zu verdruß, Vnd traw meim lieben Gott. (66 Str.) 


Das berühmte niederländische —— Lied auf Wilhelm von Naſſau wurde gedichtet 
von Philips van Marnix, Heer van Adelgunde (Adelgonde), einem Reformirten, geb. 1538 zu 
Brüſſel, + 15. Dec. 1598. Als Bürgermeiſter von Antwerpen von 1574—84 leitete er die Ver— 
theidigung der Stadt gegen den Herzog von Parman. — Aus dem Inbalte des Liedes ift zu 
fließen, daß es bald nad dem im Oft. 1568 gemachten, aber mißlungenen Berfuche des Prinzen 
von Dranien zur Befreiung gedichtet wurde, und da auf feine weiteren Schritte hingedeutet, fo 
darf man die Abfaſſung des Liedes in’s Jahr 1569 fegen und annehmen, daß es zu diefer Zeit 
im Sande zur Stärkung und Ermunterung der Partei verbreitet worden ift. — Zuerft gedrudt fteht 
der niederl. Tert in »Een nieu Geusen-Lieden-Boecxken« 1588, BI. 16. Die Anfangsbuch- 
ftaben der 15 Strophen ergeben den Ramen Wilhelmus van Nassaou. — Als Ton ift angegeben: 
Na de wijse van Chartres. — Darüber ift bemerft: Corts na dat Graef Ludewijck van 
Groeningen —— ende van Groeningen verdreven was, is de Prince van Orangien 
na de Mafe ghetogen. Ende volcht een Christelick ghemaeckt’ ter eeren deſselben Door- 
luchtigsten Prince... (folgt Tertabdrud). 


108 


In —* gab fhon 1579 J. Fifchart eine Ueberfegung heraus (zweite Ausgabe 1580). 
Gine andere, aber berzlich ſchlechte, ſteht im Ambrafer Liederb. 1582, ©. 167. Daher Soltau, bift. 
DR. 430. Somit hatten wir in Deutſchland das Pied früher gedrudt, als in den Niederlanden, 
wo wegen firenger Genfur ein Drud lange Zeit unmöglihd war. — Auch die Melodie hatten wir 
frübzeitig: in M. Franck's Reuterliedlein 1603 Nr. 23 fteht fie, aber durch Schnörkel entftellt (vi. 
Altd. Lob. 410). Beſſer ift die Faſſung 1607 auf einem Eingeldrud mit Parodie auf das Haus 
Braunfhweig. — Das das Beufenlied auch bald Nahahmung fand in dem „Wilhelm bin ich der 
Zelle” ift fhon oben erwähnt. 

Die Melodie, die noch heute aefungen wird (f. Willemd Nr. 33) ift älteren Urfprungs: ift 
die Weife eines franz. Jagdliedes von Charles (nah anderen Druden: Ehartred) bemerkt Willemd. 
Man darf ihm beiftimmen, weil man ficht, daß die Muſik weſentlich unferm deutſchen Jagdliede 
v. 1624: „Auf, auf zum fröhlichen Jagen“ gleicht, das ebenfalld auf eine franz. Jäger 
.. — wird und deſſen Weiſe ſchon in Tonangaben von 1607 als die „neue Jagd“ 
erwähnt wird. 

Ueber dad Wilhelmuslied haben eingehend gefhrieben: ©. J. Galed, Schotel, van Someren, 
—— (Vaderlandsche Letterafeningen 1814), Willeme (Belg. Museum I, 372). Weimar. 

abrb. 4, 162. 

Das Geufenlied muß auch noch eine zweite Melodie gehabt haben, die man unter den 
Mailiedern mit dem Anfange: »Het veel en hemels douwe« findet. Zunähft fteht fie im nieder» 
ländifchen Geſangbuche »Het Paradys Der Geestlijcke en Kerckelijche Lofsangen. Antw. 
1621 (1638) zum XTerte: »O eeuwige Godt allmachtigh«. In der dagugebörenden „Tafel der 
Liedefend gaende op wereldtfhe wonfen“ wird fie mit »Wilhelmus van Nassouwen« bezeichnet. — 
Später fteht diefelbe Weife im Eölner Pfalter 1638 und Rheinfelfer GB. 1666 zum Tatholifhen 
Marienlied „Es fiel ein Himmelsthaue“. = diefem Texte wird fie noch heute im Münfterfchen ge» 
ſungen. (Bergl, Bäumker, fathol. Singweifen. L Bd. Nr. 100.) 


299. Sipottlied auf den 1574 aus Arakau nertriebenen 
Polenkönig Heinrid; III. von Anjou. 





Bombei, bomsbei, ihr Polen, Gott grüß euch all zu a un 
GumKö-nig folt ihr bo-len fo fer» ne inranfereih. | un rüſt euch bald und 





ſchmiert die Schub, ver-fauft den Och-fen und die Kub Jo-kos-ko bas ba «den! 


Melodie und untergelegter Text in Werlin's Hpfhr. (1646), ©. 2292, Boll 
ftändiger Tert im Ambrafer Lob., 1582, Nr. 152. Dieſes Liederbuch verweilt auf 
den Ton: „Was wöllen wir auf den Abend thun“ (f. dies Lied). Die Melovie 
zu dem angeführten Zecherlieve von 1603, bier nur eine Variante der Werlin'fchen, 
ift zugleich die Weile des Musfateller Liedes: „Den liebſten Buhlen den ih han“, 





300. Bug nadı Yortugal (1550). 


Mel.: Ziehen wir in Portugal. Mei. 1603. 








109 


Undere Pesart. 





Liesber Nis del, zeuch nicht weg, 


ift mir gar zer » rif » fen. 


Was foll ih aber heben an 

Aufs beſt fo ichs gelernet han? 

Ein neues Lied zu fingen. 
Taladeridum! 

. Der König aus Hifpania 

Biel Hauptleut thut er ſchicken da, 

Sie follen ihm Knecht fchreiben. 

.Sie famen gen Augsburg zur hand, 

Zu uns ber in das Schwabenland, 

Viel Bolf fie da befommen. 


. Man beſcheidt uns zum Raijerwafler, 
Da wir hinziehen follten aus, 
Die Muftrung da zu haben. 


. Da hat man gericht das Regiment, 
Schwuren wir ganzlih an dem End, 
Deim Fähnlein da zu bleiben. 


. Da zogen wir ins Welfhland nein, 
Da gab man ung ein füßen Wein, 
Dazu ein faure Suppen. 


. Wir zogen über den Bogelberg recht, 
Es koſtet manden ftolzen Knecht, 
Das haben wir inne worden. 

Ad Gott das Mag ich dir! 








Fa» la=-di» ri » don! 


8. 


10, 


11. 


12, 


13, 


flid mir 


dor 


Da kamen wir gen Pontremoli, 
Man gab uns ein hart Semmelin, 
Die konnten wir nicht eſſen. 


.Da zogen wir in Portugal, 


Wir haben fein Geld überall, 
Dazu aud feine Kleiver. 


Diefer Krieg hat jekund gewährt 

Drei Monat, wie ich hab gehört, 

Nicht viel find wiederfommen. 
Ah Gott, ih Mag es dir! 


Der König aus Hifpania 

Sechs Maulefel er jhidet da, 

Die trugen Königsthaler, 
Erfreut die armen Knedt. 


Die Hauptleut all in einer Summ 
Betrogen die armen Knecht darum, 
Gott wolld an ihnen räden. 

Ah Gott, das Mag id dir! 
Diefes Lied uns felbft hat gemacht 
Hans Bauhof, der in einer Schladht 
In Welſchland ift umkommen. 

Falideridum. 


* 


Tert ans einer Handſchrift zu Wolfenbüttel vom Jahr 1603 (Hainhofer's Lauten⸗ 


büher I, Bl. 25). Dort aud die Melodie in Lauten-Notation, entz. v. B. (f. Alt- 
deutſches Pieverb. 413). Im Jahre 1579 ließ Philipp von Spanien durd) Geronimo von 
Lodron ein Heer von 6000 Mann in Deutichland werben, mweldes gegen Portugal be 
flimmt war. Daffelbe ging über Mailand und Genua nad) Spanien, nachdem es die 
dem Haufe Fiesco gehörende Herrihaft Bontremoli für die fpanifche Krone erworben hatte. 
Im Mai 1580 rüdten die deutſchen Söldlinge mit dem unter dem Befehle des Herzogs 
Alda ftehenden Heer in Portugal ein. So berichtet F. A. Ebert, Weberlieferungen zur 
Geſchichte, Litteratur und Kunft der Vor- und Mitwelt, Dresven 1826, I, Bo., 2. Stüd, 
©. 1. wo aud der Tert aus jener Hf. abgedruckt ift. Daher letterer wiederholt bei 
v. Soltau, hift. BL. ©. 435 und Gövele-Tittmann ©. 270. 


110 


301. Ber Riheinthaler (Ende des 16. Iahrh.). 


In Ayrer's Dramen, herausg. von Adelb. Keller, Stuttg. 1865 (3. Bv., ©. 2089), 
beißt e8: 


Jetzt hebt die Kammer-Fugfrau das Lied an zu fingen. Im Thon, Wie man 
den Reinthaler fingt. 


1.„Ach Lieb, wie ift dein Nam fo ſüß! 
Die fanft thuft dur einfchleichen! 
Wenn einer meint, du feiit gewiß, 
Thuft du gar von ihm weichen. 
Das macht groß Pein, vie dir allein 
Nachhenken und vertrauen. 
Ih hab gewiß Erfahren dieß 
Mit einer ſchön Yungfrauen. (5 Str.) 


Ein Trauerlied auf Guſtav Adolph's Tod (1632). Strafb. Drud 1633: 


Ah böret zu, ihr Chriftenleut 
Ein Liedlein will ich fingen ꝛc. 
[Ditf., Lieder des 30jähr. Kriegs, Nr. 104.) 


Hat ebenfalls die Melodieangabe: „Im Thon, wie man den Reinthaler fingt.“ 
v. Ditfurth, der weder Lied nod Melodie vom Keinthaler kannte, fest ohne Bedenken 
die metrifh gleihe Melodie: „Ich jchell mein Horn ins Jammerthal“ aus meinem 
Altd. Lob. 443 dazu, 


* Der Reinthaler hat wahrfcheinlich feinen Namen von einem biftorifchegeiftlihen Liede 
auf einen hingerichteten Freifechter diefed Namens zu Ende des 16. Jahrh., auf den ſich folgendes 
Lied bezieht, das Weller, Annalen II, 188 Nr. 291 ald in Berlin vorhanden anführt: „Zwei 
fhöne Geiftliche Lieder, Das Erfte, Auf meined Herken grunde. Das ander: Chriftenliche Ber 
tantnuf, fo Hand Rheindaller, Kammacher vnd Freyfechter getban bat kurz vor feinem Ende. 
Im Thon, Wie man den Goldfaden fingt“. o. O. u. J. oinfang des Liedes, das aus dem Ende 
des 16. Jahrh. ftammen muß und von einem der ald der Zauberei verbächtigen und verfolgten 
Breifechter fingt, hat Weller leider nicht angegeben und darum iſt's mir micht gelungen es auf- 
zufinden, da ſchon Ayrer es kannte, wuß es, wie dad mitangeführte um 1592 entftandene Mor- 
genlied, Ausgang des 16. Jahrh. entftanden fein. Der Ton vom „Goldfaden“ ift ebenfalld nicht 
näber gefannt. Verdform: achtzeil. Pavierton, aber mit Binnenreim in 5. u. 7. Zeile. 





302. Iudenverfolgung in Srankfurt a. M. 1615. 
[Melodie zu „Purim-Binz“. 1615.) 
Der Pavierton vierzeilig. 





Mitgetheilt von Eliad Ullmann in Frankfurt a/M. an Paul Lindau und gedrudt in deffen 
Zeitſchtift „Begenwart“ Bd. XI. Nr.4 ©. 62 (27. Jan. 1877). Der Einfender erflärt dort die Um» 
fände über Verwendung und Erhaltung diefer Melodie. Der Aufftand unter dem Anführer Bincenz 


111 


Fettmilch in Frankfurt 1614 batte die Audtreibung der Juden, und dann bie —— Unter⸗ 
ſuchung 1615 die feierliche Wiedereinführung der Ausgetriebenen zur Folge gehabt. Beide Tage, 
der Austreibungd- und der Einführungstag werden bis auf den Tag in der biefigen Synagoge 
durch einen Faft- und Feſttag gefeiert. Bid vor kurzer Zeit wurde nun am Morgen des legten 
Tages, dem jogenannten »Purim Vinz« (nad Vincenz Fettmilch benannt), der erfte Abjchnitt des 
Morgengebetd nad der Melodie der Shlaht von Bavia gefungen, als ein getreued Andenken 
an das 1615 gedichtete Binzlied, das im zahlreichen Knittelverſen dieſe Austreibung und Ein- 
ur befang und feitdem mehrfach gedrudt war. 
uf diefe Weiſe hat ſich die Melodie des biftorifhen Volksliedes von der Schladht bei Pavia 
1525 bid auf unfere Tage erhalten, obſchon fein Tert auf immer verfchwunden zu fein fcheint.“ 
Someit der Bericht Ullmann’d, von dem ich nur einen Auszug gebe. Dazu fei folgendes bemerft: 
Die Melodie hat Mufit für eine Strophe von 4 Zeilen. Ein vierzeiliged Pavierlied ift aller- 
dings bis jegt nicht befannt geworden und wird nicht einmal unter den Zonangaben zu anderen 
biftor. Zerten angeführt, fonden man fennt nur einen acht⸗, einen feche- und einen nfaeiligen 
Pavierton (j. R. v. Liliencron, Töne zu den bift. Liedern Ar. 78—80 und Altd. Liederbuch Nr. 359, 
390, 376). Wohl möglih, daß ed aud ein vierzeiliged Lied gegeben hat. — Die Mufit klingt 
nicht wie Gefang, fondern inftrumental, wie ein Trompeterftüd, und ihre Chromatik und der Ditav- 
ſprung weiſen fiherlih nicht auf das 16. Jahrh., fondern auf fpätere Umgeftaltung hin. Immer» 
bin bleibt fie ald Weife eines biftorifchen Liedes auf Judenverfolgung 1615 intereffant. Sie würde 
aud zum fünfzeiligen Pavierlied pajfen, wenn man die 4 Anfangstakte wiederholt, wie ſolches auch 
in dem metriich gleichgebauten Lindenfchmidstone gefchieht. Bergl. auch die Abnlichkeit des An- 
fangs mit dem Fragmente von 1525 (j. oben Nr. 271). 


303. Ber geiſtliche Aufbrud) zu Ehrifto. 
(Tod der Kaiferin Anna 1618. Sterbelied.) 
Mel. vor 1650. 
——— 


Wann wird denn un -ſer Aufbruch ſein? wann wir werden fom » men in den 
























Him » mel hi⸗nein: Wol zu dem lie-ben Je-ſu-lein, zu al » lem lierben En⸗ge-lein. 


Tert von 11 Strophen als Einzelvrud im Sammelb. der 8. Bibl. zu Berlin 
(Yd 7854): „Zwey Schöne Newe Geiftliche Lieder. Das erfte: Wann wird dann ıc. 
Iſt ver Geiſtlich Aufbruh Chrifti genannt. Im Thon, wie man die Raiferin 
fingt. Das ander: Mein Mund ver fingt, mein Stimm erflingt, mein Herg vor 
Fremd in meinem Leib auffpringt. Das Geiftlih Letare genannt. Zu Augfpurg, 
bey Yohann Schultes* (vo. J. um 1650). [Die Melodie ift am Schluffe hand» 
ihriftlih eingetragen.] Abdruck bei Bäumker, fathol. KL. III, Nr. 226. 

Für das Lied von der Raiferin halte ich folgendes kathol. Trauerlied, das 
bei Weller II, 176, Nr. 189 angeführt ift: „Threnodia over fehnlihes Klagliev. 
Vber den trawrigen tobtlihen Abſchid auf diſer Welt, Weiland der aller Durch— 
laudtigften, Hodgebomen Fürften und Frawen, Frawen Annae, frönten Römiſchen 
Keyjerin ꝛc. Welde den 14. December deß 1618 Jahrs, feliglih in Gott ent- 
ſchlaffen iſt. Im Thon: Wo her fompt mir doch dife zeit.“ Am Ende: Getrudt 
zu Augipurg, bey Mattheo Langenwalter 1627. [4 Bl., 8 mit Titelholzſchn., 25 Str., 
Bibl. in Frauenfeld.) — Anfang: „Hör auff mein Seel, trawr nit jo ſehr.“ 


112 


304. Sipottlied auf Friedrich von der Pfalz, den verjagten 
Böhmenkönig (1621). 


wie bift bu wor ⸗den jo 





thuft dar» zu noch blen-den AU, die fih zu dir wen-den? Wie du wohl haft er- 


fahren in dei-nen jun«-gen Sab» ren. 


Der politifche Tert: „Neu bohemiſche — re Ken Im Ton: Venus du und 
dein Kind, Gedrudt im Jahr 1621*. Fl. BL. Bibl. in Berlin Ye 6171. Adgedrudt bei 
F. W. v. Ditfurtb, hiſtor. pol. Volkslieder des —8 Krieged 1882 Nr. 22. Auch bei Opel und 
Cohn ©. 121. Vollftändig in 27 Strophen. 

Die genannte Melodie ift fomponirt von ac. Re gr, * eilige Teutſche Liedlein. 
Wien 1575, Nr, 8. Das vollſt. Lied ſ. Altd. Liederb. Nr. 219. Anfang es Liebesliedes: 


Venus du und dein Kind, Wer ſich zu euch thut wenden, 
Sind alle beide blind, Wie ich hab wohl erfahren 
Und pflegt auch zu verblenden In meinen jungen Jahren. 


Die — Singweiſe wurde wiederholt zu polit. Spottliedern verwendet und der Text 
parodirt. et B. [hen 1583 auf ein Lied gegen Gebhard den Truchſeß und geweſenen Bifchof 
Göln: „Gebhard, mit trug und Lift —— du worden biſt ꝛc.“ 18 Str. Abdrud bei Mone, 
—* 4, 41. Dann — u polit. Gefängen im 30jähr. Kriege, davon bier ein Beiſpiel vorliegt. 
Die Melodie wurde A er mit wenig Abänderung zu geiftl. Liedern verwendet; fo zu: 
„Man fpricht, wen Gott erfreut” (Gefius, Gfgb. 1605). „Auf meinen lieben Gott trau ich in aller 
Neth“ (1627 in H. Scheind Gantional). Mit — Tert lebt fie noch jept ald evangel. Choral. 


305. Spottlied auf den vertriebenen PBfalzgrafen Friedrich 
(1621). 


[Mel.: Ich weiß nit was der Lilgen brift.] 






Ich fing ein Lied und weiß nit wie, von ei-nem Mann der ift nit 











bie, er iſt in frmede Lan-— de Gr darf nit mehr zu und dar 


—— — 
Keen BET en EEE 


ber, ift ihm ein gro⸗ße Schan-de, ja Schan-⸗de. 





Zert und Melodie (ohme Ueberſchrift) in Werlind Hſchr. 1646 ©. 234. Werlind Text ift der 
Anfang eined um 1621 entftandenen Spottliedes auf den vertriebenen und in den Niederlanden 
Icbenden Pialzgrafen Friedrich. Vollſt. Tert durh Grimm mitgeth. in altd. Bi. II, 138. Mebr 


113 


als der Xert intereffirt und die Melodie, die jedenfall® viel älter if. Sie hieß wohl urfprünglid 
„Ich weiß nit was ber ** brift“, dann neuer Ton von Mailand 1522, Dorneder- 
tied 1521 u. Bavierton (1525). Folgen wir ihren Spuren und Wandlung ihred Namens: 

a) „Ein Lied zu Ehren des hochgeborenen —— und Herrn —* zu Heſſen (1552 
gedrudt). Im tbon: „Ich weyß nit was der Lilgen brift“ lautet: 


Ich mwöllt germ fingen und weiß nit wie, 

von einem fürften, iſt nit hie, 

verhoff ibn bald zu ſehen. 

Mit Gottes Hilf wir heben an, 

Gotts will der foll geſchehen.“ (Bf. III, 1237.) 


Mortähnlichkeit und N tr Form zeigt und, daß bier eim älterer Tert vorliegt, davon ber 
Werlinſche nur eine Heine Umbildung if. Daraus darf man folgern: daß hier aud die Sing» 
weife zu dem bisher nicht weitergelannten Liede „Ih weiß nit wad der Lilgen (Bilgen) 
brift“ gefunden if. Wieder diefelbe Tonangabe hat ein anderes hiſtor. Lied 1552 auf Merig 
(f. 2il. 595). Das Lilienlied felbft ift nicht weiter gefannt. 

b) Der neue Zon von Mailand hat offenbar feinen Namen von dem Liede auf bie 
Schlacht bei Bicocca 1522, unfen Mailand, das beginnt: 


Hört von Mailand ein neu Gedicht, 

was ee Kaifer hat audgericht, 

ein Mebrer 's heilgen Reiches: 

ju DOfteren J ihr wißt wol wenn, 

nun merfent allgeleiche. (v. Lil, Nr. 361.) 


Wo und ald Tonbezeihnung der Mailänderton begegnet, ift die Stropbenform wie bier, 
fünfzeilig, aber mit Halbirung und Binnenreim in vierter Zeile. Diefe Eigenheit weift vorftehende 
Etropbe und obige Melodie auf; nicht unwahrfcheinlih wäre, daß in vorftchender Melodie der 
neue Mailänderton vorliegt. 

Daß aber diefer wieder mit der Weife von der Lilie identifh war, folgt aud dem Um- 
flande: daß es ein fünfzeiliger Zert auf die Einnahme von Mailand giebt, deffen Ueberfchrift 
lautet: Godt weetb wol wer uns bie Lilien bricht. (Ff das nicht direkter Fingerzeig?) 

Das Lied jelbft beginnt: 


„Bot wet wol, wer und de Lilien bricht 

und wer ſich na dem adel richt 

fo gar mit ryken falle, 

To Meiland aver der werbigen flabt 

dar fah men de lanzknecht alle.“ (Lil. Nr. 358). 


Man darf mit Lilieneron annehmen: die Eingangäftrophe des polit. Liedes fei eine Parodie 
jenes nur in feinem Anfange erhaltenen Lil ienliedes, jept auf die franz. Lilie angewendet. 

Als ein altes holfteinihes Lied führt Schüge (Idiotikon 3, 43) an: „Gott meet wol mer 
uns die Lilljen bridt”. 

ec) Der Mailänderton foll nah Liliencron's Bermutbung (Ten 62) fpäter (1525) den Namen 
Papvierton (fünfzeilig) angenommen haben. 

d) Das Dornederliecd entftand 1521 auf die Einnahme von Doornid (Touran). Es beginnt: 


„Wer fucht, der findt, hab ich gehört, 
all ding wird ſchlecht und wibir kört 
nad gſtalt anne veden fachen; 

zwai wort allein, || das bein und mein, 
die thun vil hader machen.“ 


In dem neuen Thon von Thorneck heißt die Ueberſchrift. Man fiebt: ed ift die fünf- 
eilige Strophe mit er der vierten Zeile, ganz fo wie im neuen Mailänderton. Schwer 
ih ift anzunehmen, daß im Lauf eines Jahres zwei gleichmetrifche neue Volksweiſen entftanden 
ag Dagegen iſt's feine Bermeffenheit: beide Töne (den Dorneder- und Mailänder) für glei 
zu halten. 


Ertu. Böhme, Lieberhort, 11. 8 


114 


306. Bas Ripperlied (um 1622). 





Aus einer handſchriftl. Sautentabulatur mit der Jahrzahl 1619 aus Leipzig, als „Dipper- 
lied" mir gütigft mitgetheilt durch Herrn W. Tappert in Berlin 1889, ch halte ed für die Melodie 
zu einem der zw. 1621—22 viel gedruckten Lieder auf die Münzverfchlechterung und Müngbefchnei- 
dung, der fogenannten Kipper- und Wipperlieder, ohne den Tert beflimmen zu fönnen. 
„Dipperlied” ift wohl ein Refefebler, da die Schrift undeutlih war. — Wenn auf der Sf. 1619 
fteht, fo mag fie mit diefem Jahre angefangen worden fein und und im folgenden Jahre kam wei⸗ 
tered, darunter obige Melodie hinzu. 


307. Ber Soldaten Martinslied (1631). 















lieben Sol =» baten, tret al Her -» an. [Wo =» be!__) ein 





Gand wir wol » In fin » gen an. [Wo - bei wo «heil wo » ber __] 


2. Darbei auch Gottes Gütigkeit 
Wir wollen preifen in Ewigfeit. 


3, Die Gans, die wir jet fingen am, 
Iſt herrlich, prächtig, lobejan. 


4. Das Gänslein ift das deutſche Land 
Bon Macht und Reichthum wohlbekannt ꝛc. 
(50 Strophen.) 


Eingeldrut 40 vom Jahr 1631: „Ein newes Goldatenliedlein von dem Verlauf des deutichen 
Krieges. . . Bon einem Liebhaber und guten guten Gönner aller evangelifchen Soldaten aus innig- 
licher Herzens «Freude zufammengebracht und gefungen. Im Ton wie folgt.” Melodie beigedrudt. 
Dresdner K. Bibliothef. Abdrud bei Opel und Cohn, droifigjähriger Krieg Rr. 58. 

Die Melodie fehr mangelhaft gedrudt: bei 1 fehlt Strich, bei 2 ift die Notendauer von f 
und e umgekehrt. 

Der Tertanfang parodiert offenbar ein Martindlied, dem vermuthlich auch die Melodie ange 
hörte. A. Reißmann (das deutjche Lied Nr. 18) hält fie für ein militärifched Hormfignal. 


— 


— 


— 


308. Soldatenlied (1632). 


. Barumb ſollen wir trauren 


Und weinen überall? 
Haben wir dod vide Mauren 
Und liegen hinterm Wall. 
Blanker Solvat 
In unfern Ornat, 
Friſch auf, Soldat, 
Gott helf uns früh und fpat! 


.Wir haben brav Gelbe, 


Darzu friſch junge Leut, 

Ziehen damit zu Felde 

Und machen frifhe Beut. 
Blanter Soldat ıc, 


. Biel Regiment mit Ehren, 


Biel taufend Musquetier 

Wollen ſich ritterlih wehren 

Gegen Feind für nnd für, 
Blanker Soldat x. 


. Wir wollen gern fterben 


Nah Reputation. 

Unjer Leben wollten wir wagen, 

Den Feind frifh greifen an. 
Blanker Soldat ꝛc. 


. Die Trommeten thät man hören, 


Die Trummen und Pfeifen gut, 

Ein Jeder wollt fich wehren 

Mit frifhem freien Muth. 
Blanker Soldat ıc. 


.Ihr Gapitäne alle, 


Ihr Cavalierer gut, 

Ener Ruhm geht jest mit Schalle 

Habt all einen guten Muth! 
Blanker Solvat ic. 


. Der König von Schweden belannte, 


Dem großen General, 

Dienen wir zu Waller und Lande, 

Berlafien uns auf ihn all. 
Blanker Soldat ꝛc. 


Mas er uns kommandiret 


Bei Tag oder bei Nacht, 

Demfelben wir parieren, 

Das Leben frifh gewagt. 
Blanker Soldat x. 


9. Den guten Pautis behend 


Dem Marſchalk in dem Feld, 

Dem fol man billig gehorfam fein 

Die Schlaht hat er beitellt. 
Dlanfer Soldat :e. 


10, Geftürmet bei der Reuterei 


Und bei den Musquetier, 

Bei Offiziern und Öfreiten 

Erlangen wir Preis mit Ehrn. 
Blanker Solbat ıc. 


11, Ave! noch Eins gejoffen, 


Der Schwede der führt den Krieg, 

Der Sachs ift aufgebroden 

Gott geb ihm Glück und Sieg! 
Blanker Soldat ıc. 


12. We! ihr braven Solbaten, 


Ihr lieben Damen all. 
Heut effen wir Gfottend und Bratens 
In unfers Feindes Saal. 

Blanfer Soldat ıc. 


13, Wir wollen treten zufammen 


Und liefern eine Schlacht. 

Ein jeglier fein Namen 

Groß Lob und Ehre madt. 
Blanker Solat ıc. 


14, Wann andere Leute fchlafen 


Und ruhen in der Nadıt, 

So ziehen wir an die Waffen 

Und ſchießen drauf, daß es kracht. 
Blanker Soldat ꝛc. 


15. Auf Chriſtum wolln wir bauen, 


Der unſer Obriſter iſt, 

Ihm wollen wir vertrauen, 

Er braucht kein arge Liſt. 
Blanker Soldat ꝛc. 


is. Der Schwed thut es friſch wagen 


Mit etlich tauſend Mann 

Mit ſeinem Feind zu ſchlagen: 

Gott wolle ihm beiſtahn! 
Blanker Soldat ꝛc. 


17. Dem Sachſen wollen wir dienen 


Zum Lob der Chriſtenheit, 

Wir wollen uns ritterlich wehren 

Im Fechten und im Streit. 
Blanker Soldat ꝛc. 


8* 


116 


18, Die Rarthaunen hört man Brummen 20. Dieß Lied ich eud fing eben, 


In dem Feld Hein und groß, Ihr Soldaten in gemein 
Und in den Lüften donnern Gott wol euch Glück und Heil geben. 
Die graufame Hagelsgſchoß. Und ftetig bei euch fein! 
Blanfer Soldat :c. Blanker Soldat 
19. Dardurch wird hingerichtet In unferm Ornat, 
So mandes junge Blut, Fiſch auf, Soldat, 


Damit man kein verfchonet, Öott helf ung früh und ſpat! 


Hauptmann und Fähndrich gut. 
Blanker Soldat xc. 


Fl. Bl. „Zwei Schöne neue Lieder. Das Erfte: Warumb follen wir denn trauren, vnd weinen 
überal x. Das Andere: Kein Soldat foll nicht trauren und weinen überal x. In voriger Melodey 
(Bild: Reuter trompetend): Gedrudt, Im Jahr 1632,” 

Fl. Bl. (1633): Drey außbündige ſchöne neue Lieder. Das Erfte, Gott grüß dich lieber 
bayrifher Bauer x. Das Under, Traurig bin ich, XTrauren frändet mich, Trauren x, Das 
Dritte, Barum follen wir trauren. (Bild: Reuter der trompetet.) Jahrzahl abgefchnitten. 1633 
von Meufebady's Hand ale Jahrzahl geſetzt. — 

In beiden Druden war das Lied gleichlautend. 


309. Bas neue allamodifche Lied. 1631. 


1. Nun böret von mir: Nah allmodiſcher Arte. 
Allamode monsier Die gleihen Mausihwänzen 
Hat hinter ihm gelafjen Darzu Maler: Bämfel. 

In allen Gafien 6. Batient Centparte 


Nah jeinem Abfterben 


Allomodiſche Erben. It zugeſpitzt zarte, 


Der fiht gar viel gleicher 


2. Die tragen mit Mute Eim Metscher » Streicher, 
So breite Huete, Oder aud einem Pfriemen, 
Welcher ſchier that klecken Hangt gar nach der Schieme (Larve). 
Ein Stadel zu decken, . Sie thun auch tragen 


Hüteſchnür in Differents 


Biel gejhidt gebens. Schier ellen-lange Kragen, 


Gleih den Schandwampen 


3. Sein au Federn darauf Thun ihnen rab ſchlampen; 
So ein großer Hauf, Im Haar tragens auh Zöpfle, 
Damit man ein Bette Stultissime Köpfe. 


Könnt füllen gar fede; 
Soll man dann nit laden 
Der läppifben Sahen? 


on 


‚Ring tragens an Fingern 
Die fein gar fhön jhimmern, 
Wenn mans bei Ficht befähe, 


4. Dann aber ihre Wohnung: Iſts Meffing und Stahel; 
Zu fteter Ermahnung Die Tätzel (Manjcetten) geihmogen 
= vorgeweinen Sitten Gehn bis an Ellnbogen. 
ft leider zerfchnitten, } ' P 
Die Niffe und Läufe n — ge 
Die ftehen und beißen. Pr DEIEOEN 
Zerhadt, zerſchmettert 
5. Wol unter der Nafen Wie ein Fenftergätter ; 
Siht man allermafen Yang genäftelte Hofen 


Zween hübſche Kuebelbärte Boll ſchwäbiſche Franzoſen. 


10. Sie hängen aufs Milze 
Wie ander Rülze 
Bor ihnen herab; 
Kein Schanz dörfens wagen 
Ihren roftigen Degen 
Damit die Stein fegen. 


11. Ein Rind könnt's ſchier jagen 
Bon acht und neun Jahren 
Die g’waltigen Hafen, 

Auch über die maßen 
Sie wijpeln und pfeifen 
Gleich wie die Landläufer. 

12. Hofenbänder voran 
Reputation, 

An die Schenkel fie binden, 


Dreimal um die Füß rum winden. 


Spig habens daran, 
Schier zwo Spammen lang 


13. Die Strümpf thun ihnen plodern 
Wie Blätter und Loden, 
Schub habens aud an, 
Hoch Stödle daran, 
Drauf klimpelns und knappen 
Wie ein Narr in der Kappen. 


14. Groß Rofen fie haben 
Gleich wie ein Kuhfladen; 
Auch in ihren ſchön Schuhen 
Thu einer nur lugen. 
Machen einem vielzufhaffen, 
Die allomodiihen Affen. 


15. Auch etlihe Yantaften 
Tragen Stiefel der mafen 
So lang und aud breite 
Wie Shiff- und Flofleute, 
Wie Fuhrleut und Bauren 
Die püfflifhe Lauren. 


. Reionante Sporn, 

Die Hingen in Ohrn, 
An Stifel fie machen, 
Soll mans nit auslahen 
Die allmodifh Reiter? 
Sp nur Steden-Keiter. 


1 


[2 


17. Was müflens die Sporm 


Die närrifh Narın? 
Derweil fie nit haben 
Weder Roß noh Wagen; 
Ihr Kleid ift nur eitel, 
Kein Geld im Beutel. 


18. Tragen Stedlein wie die Schinder 


Und wie die Heinen Kinder, 

Zum Theil wie fie e8 gwiß haben, 
Den Hund aus dem Weg fchlagen, 
Oder reiten darauf zum letten, 
Ihre Sporen zu wegen. 


19. Lang Knüttel wie die Wachter 


Dver Mäntel ungeſchlachte 
Bol großer Knöpfe, 

Wie hier die Schafslöpfe 
Mit Schnüren verbrämt: 

O allamodiſch Gefind ! 


20. Ihr Gang und Geberb 


Stultissime wertb; 

Sie thun daher neten, 

Als wollten fie treten 

Die Erden mit Wunder, 
Schlag'n die Mäntel auch unter. 


21. Bann ih alls wollt b'ſchreiben, 


Was Hoffart fie treiben, 
Müßt ih haben bei Zeite 
Neunzig Ochfenhäute, 
Papier auch darbei 

Zwei Rieß oder drei. 


22.96 will gleih aufhören; 


Kein Strafen noch Lehren, 
Kein Singen noch Sagen, 
Ken Weinen noh Klagen 
Giebt ihnen zu fhaffen: 
Was will ih drauf machen? 


23. Gott wird fie ſchon ftrafen, 


Er wird fie auch ſchaffen 
Die ftolgen Gefellen 

Zum Teufel in die Höllen, 
Da müflen fie bleiben 

In Emigfeit leiden. 


Fl. Bl. 8° 4 Bll.: Ein Newes Allomodiſches Lied jo vor nie im Trud aufgangen. 


In feiner eignen Melovey. 1631. 


(0. D. vermuthlih in Süddeutſchland 


gebrudt.) Nathuſius Sammlung. Abjhrift des Originals in Erk's Nachlaß. (Hier 


von der verwilderten Orthographie gereinigt.) 


Verf. vermuthlih ein Geiftlicher. 


en 


118 


310. Ber Beutfdy-Franzofe (1637). 


| Her » zu! ein neuer 
Den Cier-la-tan jagt er 


Der felt » fam Kund in 





Pan » ta» Ion 
dar- von, 


ei» ner&tund wird tau ⸗ſend Pof- fen 








ift auf den Markt ge » kom» men. 


bat ihm den Plag ge » nom» men. 





rei » fen. Bill 








du einMann,trug ſchau ihn an unds Laschen tbu ver = bei» Ken. 


. Du mußt anfangen bei dem Haar, 


Wenn d'nichts willft überjehen. 
Kommft dus zu Füßen, haft dus gar, 
Wie bald ift e8 gefehen. 

Die Zeit dir Hein und furz wird fein, 
Thu kecklich mir drum trauen, 

Wird weder dich noch reuen mid), 
Bann wir ihn 'mal beſchauen. 


. Was ift das für ein Strobbelhaar? 


Ic glaub er zigle Ratzen. 

Vielleiht nur einmal in dem Jahr, 
Thun kämmen ihn die Klogen, 

Sein Haar ift gweit ein Storchenneft, 
Krumm hin und wiederbogen, 

Er hat ein Schopf wie ein Wiedhopf, 
Biel Volls darin erzogen. 


Am linfen Ohr hängt ihm herab 


Ein a la mode Zotten, 

Den läßt er wohl nit ftugen ab, 
Bei Leibftraf ifts verboten. 

Er dünkt ſich toll, wenn ihm fein Woll 
Herumfchwebt vor den Augen, 

It lang und did, für einen Strid 
Thät e8 dem Henker taugen. 


. Bald fliht er ihn wie einen Zopf 


Thut ihn zufammen drehen, 

Läßt doch für gehn ein Heinen Kopf 
Damit man ihn könn’ fehen. 

Er bindt darein ein Neftelein, 

Daß er beim Krämer gfunden, 

Ein Dama nennt, die ihn nie fennt, 
Sagt, habs ihm eingebunden, 


6. Sein Hut ift voller Federbüſch, 


Als wenn er wollte fliegen, 
Es gäb ein guter Flederwiſch, 
Damit man kehrt die Stiegen; 
Er machts mit Fleiß halb gelb, halb 
weiß, 
Fein g’ihedet wie die Narren, 
Er ſchwingt fih ſchon und ſchwingt 
Darvon, 
Wil hier nit länger harten. 


7, Sein Bart ift ſpitzig überaus 


Krumm bin und wider bogen, 

Ich glaub, es ſei ein Fledermaus 
Ihm für das Maul geflogen. 

Mid dünkt, wie daß unter der Nas 
Die Flügel fie ausbreite: 

Ein ſchöne Art von Ratenbart, 
Braucht, dag man ihn beſchneide. 


8. Das Streihen währt den ganzen Tag 


Und ſonderlich am Morgen; 

Dis er fih ſchickt leidt er viel Plag 
Und wundergroße Sorgen. 

Muß fpigig fein, ein Nädelein 
Könnt man damit einfödeln. 

Es ift fein End, all beide Händ 
Haben daran zu knödeln. 


9. Ein Leilach, wenn ed Heden kann, 


Braucht er für einen Kragen, 

Ein Haſengarn hängt unten dran, 
Thut Läus und Flöh drein jagen. 
Er dient ihm ftet8 als Fazolett, 
Das Maul thut er dran pugen, 
Stärft ihn mit Schmuß, der Hudelbutz, 
Mit Falten thut er ftugen. 


119 


10. Um feinen Hals trägt er zumal 


Ein breite rothe Binden, 

Damit ihn fein Katarıh befall, 

Er könnt fonft nit mehr ſchlinden. 

Das Hälfelin ift weiß und rein, 

Es möcht's die Sonne verbrennen, 

Der Iofe Tropf verdedt den Kropf, 

Man mödht den Schmid (Schelm) 
fonft fennen. 


11. Zu dem Reitmantel, den er trägt, 


Kaum zwanzig Ellen klecken 

In Yermeln, die er überfchlägt, 
Könnt er zween Dieb verfteden. 
Das Tud ift rot, e8 wäre Mot, 
Wanns giebt ein großen Regen 
Daß allemal ein Futteral 

Er drüber thät anlegen. 


12. Da braudht es Müh und Arbeit viel, 


Den Mantel recht zu tragen, 

Bann er hinauf ihn ziehen will, 
So kriplet (rungelt) er den Kragen, 
Er thut allzeit auf einer Geit 

Gar weit hinunter bangen; 

Liegt viel daran, daß man aud kann 
In fhönem Wammes prangen, 


13, Das Wammes wie ein Bogelhaus 


Zerhauen und zerftochen 

Ad, lieber Gott, wie mande Laus 
It aus und ein gekrochen. 

Es ift dabei ein Bortheil frei 

Er kanns nit befier z'reißen, 

Er befjert no, wire nur ein Loch, 
Wenn zwei zufammen fchleiken. 


14. Damit er noch mehr Luft empfang, 


Thut er die Knöpf aufſchließen; 
Im Winter ift ihm heiß und bang 
Er würd fonft ſchwitzen müſſen. 

Der Reftel viel ohn Maß und Ziel 
Sind um und umher bunden, 

Er gäb wohl ab ein Neftel-Schwab, 
Wie man fhon längft hat funden. 


15. Die Hofen fein nit gemeftlet ein, 


Daß Hemmet zeigt er allen. 

Ih fürdte oft, daß unverhofft 
Die Hofen ihm 'nabfallen. 

Wiewol er viel Knöpf aufgeläft, 
Der größt ift noch beſchloſſen. 

Er bleibt ein Dölpel, wie er g’weft 
Kann nichts als Schlöffer poſſen. 


16, Die Tätzlhe wie die Auttelfled 


Jetzt auf jett nieder ſchlingen, 
Wann er die Händ vom Leib hinweg 
Thut hiu und wieder ſchwingen; 
Hat Händſchuch an, die man wol kann 
Ein halbe Meil weit fchmeden. 

Wo das nit wär, fo ftänf er mehr 
Bor allen andern Böden. 


17, Er weiß gar nit mehr, wie er fol 


Den Degen jest anhenken. 

Er will fih ninderſt fchiden wol, 
Hat zwanz'gerlei Bedenken, 

Thut ihn vielmehr ganz hintenher 
As auf der Seiten tragen; 

'8 leben nod all, die er zumal 
Auf einen Streich erſchlagen. 


18. Die Bloderhofen um die Knie 


Sind weiter ald um d’ Lenden, 

Die krummen Haren (Schenkel) fieht 
man nie, 

Damit fie ihn nit ſchänden. 

Ein Spannen weit, drei Finger breit 

Sind fie am End aufgfhnitten. 

Dort kratzt er fi, wann er hat Stich 

Bon einem Floh erlitten. 


19. Groß Fiſcherſtiefel hat er an, 


So weit als ein Rührkübel (Wafchfübel), 
Nit guugfam er drein prangen kann, 
Wiewohl fie ftehn gar übel; 

Ein Regenfaß kann man zum Spaf 
Gar leiht daraus formieren, 

Sie wadeln nit, find feft gericht, 
Auf Stödlein ſich fundieren. 


20, Groß Sporenleder hat er an, 


Seind breit ein halbe Ellen, 
Gallotſchen hangen unten dran, 

Ich mags nit allg erzählen; 

Wie ein Pflugrad er Sporen hat, 
Mit Refonant hell Hingen, 

Wiewol er fie (fich) vielleicht gar nie 
Thut auf ein Pferd 'nauf ſchwingen. 


21. Bisher haft du befichtigt zwar 


Den Affen aufgeputet. 

Jetzt nimme die Geberben wahr, 
Ob er ſchon drüber ftuget: 

Wie er fi) hält zu Haus, zu Feld 
Bei andern Seinesgleichen. 

Er fer‘, er reit', er tanz‘, er fireit: 
Es fol uns nichts ausweichen, 


22. 


23, 


24, 


25, 


26, 


120 


Der trutzig Gfell prangt (tritt) da herein 
Als wollt er alle frefien, 

Iſt allzeit vo beim Sonnenfcein 
Hinter dem Ofen gſeſſen. 

Die deutſche Sprach ift all jein Sad, 
Kann kein Hund anders loden; 
Sein Bater figt und Stecken ſchnitzt, 
Sein Mutter figt am Roden. 


Kommt er zur Burſch, thät er zur 
Stund 

Bafalamana jchneiden. 

Zeucht ab ven Hut, fährt zu dem Mund 

Sagt Servitor von weiten, 

Macht Eortefie, biegt doch die Knie 

Gar nit oder nur wenig; 

Das Haupt er budt, die Achſeln zudt 

Und ftellt fih unterthänig. 

Dann er dann in die Kirchen gebt, 

Auf ein Fuß niet er nieder, 

Er macht fein Kreuz, fpricht kein Gebet, 

Er greift nur hin und wieder; 

Er dreht fein Bart zufammen hart, 

Streit d'Ratzenſchnauz zur Seiten 

Gar weit von hin mit feinem Sinn 

Thut er fpazieren reiten, 


Sein Red ift lauter Phantajei, 

Biel ſchwätzen und viel lügen, 

Er liegt daher ohn alle Scheu, 
Daß fih die Ballen biegen, 
Erzählet frei. wie daß er jet 

In fremden Landen gwefen. 

Er könnt viel Sprad, kann allem nad 
Ja kaum ein Buchſtab leſen. 


Er lügt daher manch Ritterthat, 
Die er nit hat begangen, 

Wie er belagert jene Stadt, 

Und jenen Kriegsmann gfangen; 
In einem Streih hab er zugleich 
Zween Küraffier erfhlagen : 

Kein todten Hund bat er verwunbt, 
Er thät an ihm verzagen. 


27. 


28, 


29, 


30, 


31, 


Er fhwätet noch vielanders mehr, 
Kein keuſches Ohr ſollt's hören, 

Er ſchneidt grob drein mit ſeiner Scher, 
Ein Speck fürs Maul thät hören. 
Das Herz und Maul ſeind beide faul, 
Thun gar unflätig ſtinken. 

Man ſchmeckt gar wol, der grobe Knoll 
Ghört nur zu den Miſtfinken. 


Bann er dann auf die Fechtſchul geht, 
Sid da zu ererzieren, 

Und einer ihm entgegen ftebt, 

Die Wehr thut präfentieren: 

Da zauft (zudt) er zwar, jedoch nit gar, 
Er thut zulett eind wagen 

Fängt fehten an, er muß wol dran, 
Man thät ihn fonft ausjagen. 


Jetzt nimmt er ein Poftur an fi, 
Jetzt ſpaniſch, jest franzöſiſch, 
Paſſiert jetzt durch jetzt über ſich, 
Haut drein zuletzt poläkiſch; 

Weil ers nit kann, ſo lauft er an, 
Und thut die Nas verſtoßen, 

Das rothe Blut verderbt den Muth, 
Ihm gfallen nit die Poſſen. 


Auf dem Tanzboden läßt er fid 
Im Jahr nit zweimal jehen, 

Er Hupft in d' Höh gar wunderlich 
Kann nichts als rummer drehen, 
Macht Capriol als wär er voll, 
Thut hin und wieder fallen, 
Hurtig darzu als wie ein Kuh 
Fällt nieder, daß thut fnallen. 


Die Reitſchul fucht er felten beim, 
Er thut vorbei nur ſchnurren, 

Er bat ein hinkend Pferd daheim, 
Ein alte krumme Gmren; 

Giebt ihr fein Heu, fein Futterei— 
Läßt fie nur wenig grajen, 

Sie geht den Zelt, bis daß fie fällt 
Den vierten Schritt auf d' Nafen. 


32. Hiermit fo end ich mein Gefang, 
Bom Allomodo g’fungen 
Wer e8 nit leiden mag, der gang 
Und binde mir die Zungen. 
Der Eitelleit zu diefer Zeit 
Dienen viel folder Lappen, 
Welche zumal verbienen all 
Ein große Narrenfappen. 


121 


Zert und Melodie auf einem fl. Blatt: 8%, 8 DM., 8. Bibl. Berlin Yd 7854, 32. Titel: 
Rewes Allamodo Lied. Allen Teütſchen Franpofen zu Lieb und zu Ehren gemacht. In feiner aygenen 
kinzugefegten Melodey zu fingen. Getrudt im Jahr 1638. — 

Aelteres fl. Bl. mit derfelben Melodie und denfelben 32 Strophen war in Malkahne 
Sammlung 4235 (gefchrieben): „Zeutfcher Frantzoß. Das ift: Ein newes Allamode-Gefang. Im 
Thon: dem Rarren bengt man Schellen an, vnd lauft jbm mit dem Kolben.” Ge 
ruft zu Drfprugg, bei Johann Süden. Anno MDCXXXVL — 

in abmeichender Tert von blod 28 Strophen im Wunderhorn II, 470 (Birlinger'd Audg. IL, 
559 mit dem Anfange: Hört zu, ein neuer Pantalon. Die Quelle ift nicht angegeben, die Angabe 
1650 zweifelhaft und der Titel felbft gemacht. Die Abweichungen bat Dr. J. Bolte in der Ale 
mannia XVII ©. 72 zufammengeftellt. Er nimmt an: der Drud aud Amim’d Sammlung, der 
dem Wunderhorn zn Grunde liegt, fei ein fpäterer und fchlechterer. Ich halte die Faſſung dort 
für eine Umarbeitung und Kürzung durh die Wunderhborn «Herausgeber, darin manche Robheiten 
gemildert, andere entfernt find. — Ich folge dem fl. BI. und nur an einzelnen eingeflammerten 
Stellen, wo die Unfläterei zu ſtark auftritt, babe ich die Lesart vom Wunderhorn vorgezogen. 

Das ift ein Straf- und Spottlicd auf die damaligen Modethorheiten der Deutfchen und ibr 
Rahäffen der franzöfifhen Moden. Das Stuperthbum nah franzöfifhem Zufchnitt beginnt in 
deutihen Städten von 1628 ab (f. ©. Freytag, Bilder der — 3. Bd., 1867, ©. 200). Ber- 
wandte Zerte find: Das Klagelied der Landéknechte über Pluderbofen 1555 (f. Altd. Wb. 414 und 
Ubl. 192), ein Lied bei Scheible, die fl. Blätter des 16. und 17. Jahrh., Stuttg. 1850 ©. 20. 
Dpel und Cohn, der dreißigjährige Krieg, 1862, ©. 112. Rotbmann, Luftiger Poete, 1711, 
©. 19. Alemannia 9, 53, — Ueber die ganze Gattung folher Lieder und damalige Zeitrichtung 
bandelt Erich Schmidt, Charakteriſtiken, 1886, ©. 63—84: Der Kampfe gegen die Mode. — 


feinen Geſellſchaft. 23,2 Bafalamana, vom fpan. baso las manos = id) füffe die Hände, 
29, 1 Pofitur, Stellung. 31,7 Zelt, langfamer, wiegender Gang. 


3ll. Bie Beutfdy-Sranzöfin. 1637. 


Melodie 1637. 





Der deutſch⸗Fran-zos be» Mlagt fih fehr, fo menslih war be» fihrie = ben; 
Gr gebt ber - um, fragt bin und ber, wo die Franszö« fin blie= ben. 





Er bat kein Rub, fie ghört ibm zu, er will fie kurtz umb ba » ben, taugt 





wol zu-famm ein ſol⸗che Dam u einem folschen Sna » ben. 

Fl. Bl. (8 BL) Die Teutfh Franköfin. Das it Ein newes Allamode Gfang.... 
Im Thon, was gleich, zu Gleichen gfellt fih gern, die Fäppin zu dem Lappen. Nach— 
gedrudt zu Ynsbrugg, bei Johann Gächen, 1637. [v. Maltzahn's Samml. fl. BI. 
Nr. 132) 26 Strophen. 


122 


312. Ber deutſche Michel (1638). 


Mel. 1638, 






Ba » terland, ed ift ein Schand, man thut jet mer » den ald wie bie 








Schwe-den in meinem Ba ter⸗land, es ift ein Schand. 





Bollftändiger Tert von 55 Strophen im Weim. Yahrb. 2, 206. 

Fl. Bl. 8. 4 Bl. „Der Teutſche Michel. Dos ift, Ein Klaglied, und Alla 
modiſch A. B. C Wider alle Sprad-Verberber... Nachgedruckt zu Pmöbrugg, 
bey Joann Gächen 1638.“ Ueber der beigedruckten Melodie ſteht: Thon vnd Melodey 
deß Teutſchen Michels. v. Maltzahn's Sammlung fl. Bl. Nr. 439. Mel. bei— 
geſchrieben, aber falſch im 4/, Takt.) Dieſelbe Melodie ſchon 1628 im Mainzer Gſgb. zu: 
Wo kommt e8 here, daß eite Ehre x. Sie diente aud dem Liede „Das alt ver 
achten, nad Neuem traten, eim deutſchen Biedermann fteht nit wol an x.“ genau 
jo auh um 1640 in Werlins Hſchr. S. 2453. Die Mel. ift eine Galliarde (Ga- 
gliarda), d. 5. altitalieniſche Tanzmelodie, ſ. Bäumker IL, Nr. 307. 





313. Breiſacher Bulſchaft, 
als Herzog Bernhard vor dieſer Feſtung lag, dieſelbe zu bezwingen (1638). 
r 2 Mel. 1653 u. 1705. 














_ — —— —— — 
Ein ſchö ne Damwohnt in dem Land, von gro⸗ßen Quasli-tä =» ten, | 
Am Rheinfirom ift fie mwol- be» kannt, von bo = ben Dig-eni « tä =» tem. 


Se» ve iſch iſt fe an- zu = sehn, viel bra=-ve Her den nah ihr 
2 » 1, Bar. 1705. 2. 





Tert des hiſtor. Liedes aus Vulpius, Curiofitäten 1816 V, S. 493, Bei 
Soltau Nr. 81 und Ditfurth, Hiftor.-polit. Lieder des dreifigjährigen Krieges Nr. 112. 
Die alte Melodie bat fi erhalten durch folgende geiftl. Umdichtung, mit welcher 
fie im St. Galliſchen „Eatholiihen Geſangbüchlein“ 1705 (f. Bäumker III Nr. 1) fteht: 


In Galliläa ein Jungfrau wohnt Realiſch ift fie anzufehn, 
Bon großen Qualitäten, AU Engel Gottes nah ihr ſehn 
In Nazareth ganz unbefannt, Mit Lieb fie zu bereden. 


Bon hohen Dignitäten. 


123 


Dies Adventlied erhielt fih im Vollsmunde, aber mit anderer, moderner Mel. 
(f. Ditfurth, fränk. Vollsl. I, Nr. 29). Ditfurth hat diefe moderne Weife auch dem 
biftor. Piede von 1638 beigefügt, weil er die alte nicht fannte. Die vorftehende alte 
Weiſe wurde fon 1653 in Trierfhen Gb. von Claufen dem Marienlieve „Did 
Frau vom Himmel ruf ih an” zugeeignet (j. Bäumfer I, Nr. 417). Daf fie wirt: 
ih die politifde Melodie von 1638 fei, beweift folgende Anmerkung Claufens : 
„Damit die liebe Jugend von dem weltlichen Liede „Eine fhöne Dahme x. abge 
halten werde, So wird dieß an deſſen Play allhie eingeführt und andächtiglich ge- 
fungen, wie oben.“ Die Melodie ift bei Elaufen beigevrudt. — 

Auch ein kathol. Freudenlied über Guft. Adolfs Tod: „O Blindheit über Blind- 
beit groß x. (Ditf., Lieder des 30 jähr. Kriegs Nr. 106) führt die Tonangabe: Ein 
ihöne Dam wohnt in dem Land. Demzufolge kann letteres Lied erft nad 1638 
gedichtet fein. Man erfieht die Beliebtheit der Singweife um die Mitte der 17. Jahr- 
hundert. Noch 1712 in Cochem's Allgem. Gejangb. finden wir fie, wenig ab- 
weihend zum Marienlievd: „Ein ſchöne Roos im heiligen Land blüht in dem Para- 
deiße ꝛc. (f. Bäumker IT, ©. 163). 


314. Lied vom deutſchen Krieg (1639). 


Motto: „Im Glück ift weder Glüd noch Stern, 
den lieben Fried wir all begehrn.” Mel. handſchriftl. 





Heu Mar-tis a- le- a! So man die Sach beim Licht be⸗tracht. lon- 


[m 3 2 2.77 
ni Mi LEE) Bi — ————— 
—— 








Hin-der-nuß et lae-va tes-se - ra. (33 Str.) 


5. BL. 8, 8 Bl. „Qvodlibetum Bellicum Latino-Germanicum. Das ift 
ein newes Soldaten Lied, Bon dem langwürigen vnd hochſchödliche teutſchen Krieg... 
Nahgedrudt im Jahr 1639.“ [wohl zu Pnsprugg bey Joann Gächen]). In v. Malgahn's 
Sammlg. Bl. 449 (gefchrieben). 

Tert aus einer andern Hſchr. abgebrudt bei v. Dithfurth, Lieder des 30 jähr. 
Krieges Nr. 10. — Die Mel. ift volksthümlich, vermuthl. Solvatenmelodie. 


149° 


3ld. Hans von der Wehr (Ioh. v. Werth). 
(Bair. Volkslied nah 1644.) 


1. Wei mir ein braven Ritterämann 
Der fih vor ſeim Feind wehren kann, 
Wer ift der? deri dert der? 
Wer ift der Herr von der Wehr? 


124 


2. Der Hand von der Wehr bat ein braunen Gaul, 
Steht vor feim Feind feit wie ein Maur. 
Wer ift der? ꝛc. 
3. Der Hans von der Wehr bat ein ſcharfen Deg'n 
Bor feinem Feind kann er fih wehrn. 
4. Der Hans von der Wehr hat ein braunen Hut, 
Darauf drei Federn wohlgemuth. 


5. Die drei Federn find mit Gold beichlag'n 
Es darfs ein jeder Ritter trag'n. 
6. Die Trummen ließ er brummen vrein, 
Er thät allezeit Iuftig fein. 
7. Die Stüd ließ er zufammen führ'n 
Gen Weißenburg wollt er marſchier'n. 
8. Er fhidt drei Trumpeter hinein: 
Weißenburg muß gewinnen fein. 
9. Man fchiet fie gleich wieder darvon: 
Was fragen fie nad eine® Bauren Sohn? 
10. Er fragt nicht viel nah Geld und Gut 
Daran ftredt er fein Fleifh und Blut. 
11. Preßlein müflen geſchoſſen fein 
Das Boll das ziehet in d'Stadt hinein 
12. Er ritt wohl über die Bruggen hinein 
Er fprad: fein Volk fol Luftig fein! 
13. Er ritt wohl um das Rathhaus herum, 
Sie ſprachen: Es ift nur eins Bauren Sohn! 
. 14, Die Burger ftehn beifammen im Rath 
Spraden alle fammen ja ja! 
15. Er ritt daher in Stiefel und Spom 
Er hat no nie fein Schladt verlor'n. 
16. Der Hans von der Wehr ift Ehrenwerth 
Er geh zu Fuß oder reit zu Pferd. 


[17. Bann man nad dem Hans von der Wehr will fragen, 
Zu Wien, zu Wien liegt er begraben. 
Mer tft der? deri deri der? 
Wer ift der Hans von der Wehr?) 


Bairifhes Vollslied auf den berühmten bair. Keitergeneral Johann von Werth, 
Nah deflen Siegen um 1644 entftanden, Letzte Str. it fpäterer Zufat nad des 
Generals Tode. Er ftarb 1652 zu Wien. — Tert nad einem fl. BI. des 17, Jahrh. 
bei Uhl. Nr. 204. (Daher Vilmar ©, 85). 


125 
316. Gebet um Erlangung des lieben Friedens. 


Im Ton: Kommt ber zu mir ſpricht Gottes x. 


1. Berzage nit du Häuflein Mein! 3. So wahr Gott Gott ift und ſein Wort, 
Ob ſchon die Feinde willens fein Muß Welt und Teufel und Höllenpfort 
Di ganzli zu verftören, Und was dem thut anhangen 
Und ſuchen deinen Untergang, Endlich werden zu Schand und Spott. 
Damen dir wird recht angft und bang: Gott ift mit ung und wir mit Gott! 
Es wird nit lange wehren. Den Sieg wolln wir erlangen. 

2, Tröfte did nur, daß deine Sad) 4. Ach Gott, gib indes deine Gnad, 

Iſt Gottes: dem befiehl die Rad, Daß wir all Sind und Mifjethat 
Und laß es ihn jhleht walten: Bußfertiglich erfennen, 

Er wird dur feinen Gideon Und gläuben feft an Jeſum Chrift, 
Den er wol weiß, dir helfen ſchon, Der zu helfen ein Meifter ift, 
Dih und fein Wort erhalten. Wie er fi felbft thut nennen. 


5, Hilf, daß wir auch nad) Deinem Wort 
Gottſeliglich leben binfort, 
Zu Ehren deinem Namen: 
Daß uns dein guter Geift regier, 
Auf ebner Bahn zum Himmel führ 
Durch Jeſum Chriftum: Amen. 


Nah dem Stralfunder Gefangbuh 1644, ©. 584. (Eremplar in v. Maltzahn's 
Büherihag, Titel war ausgeriſſen. Borrede fließt: „Geben in Stralfund, den 
1. Tag des Chriftmonats, im Jahr 1644. Michael Werder, Buchtrücker.“ 

Das Lied fteht fhon in dem v. M. Jerem. Meber 1638 herausgegebenen Gb. 
mit der Ueberfchrift: Herzfreudiges Troftlieblein auf Das von der evangel. Armee in 
ver Schlacht bei Leipzig am 17. Sept. 1631 geführte Kriegsloſungswort „Gott mit 
uns!“ gedidtet v. M. 3. U. (d. i. der Kirchenliederdichter Joſ. M. Altenburg) 
Pſarrherrn zu großen Sömmerna in Thüringen.“ 

Umverbürgt ift die Sage: Guſtav Adolf habe das Lied in Profa aufgeftellt, 
und von feinem Feldprediger Jalob Fabricius im Reime bringen laflen, dann in der 
Schlacht bei Lügen 1632 als Feloliedlein mit feinem Heere gefungen. (f. E. E. Koch, 
Geſch. des Kirchenliedes 1855, 4. Br., ©. 255. 





317. Lied auf Straßburgs Mebergabe an Frankreidy (1651). 













en 
dei« ne fer fin Mausren ein» mal ges fe» ben bat; a - ber du find’ft kein 


: £ = — 





- 
— — — — nenn — 
Mann, der iept, da du mußt lei » den, mi dir ſich ſchwarz will 





— — —— 
flei » den, viel ſelbſt biſt ſchul-dig dran. 


Tert und Mel. aus dem Münchner Cod. germ. 4088, ©. 136°. 
20 Strophen abgedr. Ditfurth, 110 Lieder Nr. 7, 


vorgezeichnetes b. 


126 


Tert von 
Mel, in der Originalſchr. ohne 


318. Hebergabe von Straßburg. 


— 


. Benedig, komm herzu, 

Straßburg iſt hart umgeben, 

Es geht um Leib und Leben; 
Will ihme ſchaffen Ruh? 
Augsburg laßt allgemach fallen 
Sein fracht und ſchweiget ſtill, 
Hört noch kein Stuck nicht knallen, 
Doch bald verzagen will, 


. Straßburg felbft, renket doc, 
Thut feine Stud umlehren, 
Traut fi fein Stüd zu wehren, 
Geht willig unters Jod. 

Jetzt kann fein Rath nicht fagen, 
Die Nürenberger Stabt 

Muß elften um Rath fragen, 
Wie's fih z’verhalten hat. 


.Wo bleibt Ulm mit dem Geld, 

Daß man kann refrutiren. 

Dem Feind entgegen führen. 
Hunderttaufend ins Feld? 

Die Kaffe ift verſchloſſen, 

Den Schlüffel fuht man zwar; 
Seht, eh ein Schuß warb g'ſchoſſen, 
Lie Strafburg ſchon die Haar. 


1) 


= 


4. Himmel, fag mir doch an, 
Darum thät ſich erft paaren 
Straßburg in alten Jahren 
Und nimmt ein weljhen Mann? 
Da es doch teutſch geboren 
Und g'liebt die Jungfrauſchaft; 
Solche iſt jetzt verloren, 

Weil's mit Franzoſen b'hafft. 


5. 


= 


-1 


on 


Mein, frag nicht lang warum? 
Dann allein gejdhicht dergleichen, 
Die hin und wieder jchleihen, 
Die nicht ftetS bleiben Fromm: 
Hätt Straßburg feufh geſchlafen, 
Und nit nah Buhlen tradt, 
Würd es mit feinen Waffen 
Aujetzt nicht umgebracht. 


. Die Freund, Straßburg ftehen da, 


Und warten mit Berlangen, 
Was fein Buhl werd anfangen, 
Sagen ftillfhweigend ja; 
Niemand der fi Dörft wagen 
Den Buhl zu reden an, 
Straßburg ſelbſt ihm all Hagen, 
Was ihm felbften gethan. 


. Darum fag nimmermehr, 


Daß eine Macht florire, 

Die nicht alsbald verliere 

Ihr Herz, Stärk, Sieg und Chr. 
Wo fih Frankreich läßt blicken 
Dann Marſch, der Siegesgott, 
Tranfreih fein Hilf thut ſchicken, 
Europä nur zum Spott. 


. Darum ſag nimmermebr, 


Daß Pracht, Geſchütz, Wit ſich finde, 
So daß nicht bald verfchwinde 

Bor Frankreichs Kriegesheer. 

Bom Geld ich nichts gedenfe, 

Was Frankreich übrig hat; 

Förcht, daß fih daran henke 

Die alte Ulmer Stadt. 


9. Sonder ſing immerdar: 
Jo! Frankreich floriret 
Allen den Zepter führet, 
Mit Martis Kriegesſchar; 
Frankreich glückſelig ſiget, 
Erhalt allzeit das Feld, 
Als Frankreich unterlieget, 
Frankreich regiert die Welt. 


127 


Bufag: 
Sag nimmermehr: Nürnberger Wig, 
Benediger Macht, Ulmer Gelb, 
Augsburger Pracht, Sondern fage: 
Strafburger G'ſchütz, Frankreich regiert die Welt. 


Zert bei W. von Ditfurth, Hiftorifhe Lieder. Es fei daran erinnert: daß Straßburg im 
weitfälifchen Frieden dem deutfchen Reich erhalten blieb, aber unter Ludwig XIV. nad den will: 
fürlichen Rechtsgutachten der Reunionen Frankreich zugefprochen und 1681 von den Franzoſen 
bejegt wurde. Im Frieden von Rysiwyf (1697) wurde die Stadt definitiv Frankreich zuerkannt. 
Prof. Benjamin Neufirh (+ 1729) fagt in feinen Satyren und poetiſchen Briefen (Lpzg. 1732): 


„Ihr Deutichen, faget doch zu euren Nachbarn nicht, 

Daß Frankreichs Ludewig den Frieden mit euch bricht, 
Indem er Straßburg nimmt. Er fpriht: Es ift erlogen ; 
Ich hab euch nicht befriegt, ich hab euch nur betrogen.” 





319. Franzöfifche Achandthaten an Heidelberg verübt (1689). 


1. Louvois, Louvois deine Thaten 3. Ach wie viel Stadt, Dörfer, Flecke 
Stinken hoch zum Himmel auf, Sein verhergt im Land umber, 
Beil du haft das Werk gerathen, Felder, Wälder, wüſte Strede, 
Der Schandthaten großen Hauf, Und die Leut gepeinigt jehr! 
Und dein König Ludewig Selbft die Todten in der Erd 
Gleich auch zu den Waffen griff, Halter ihr des Raubes werth, 
Daß mit Plündern, Sengen, Morben, Wühlt die Särge aus den Gründen 
Iſt die Pfalz ein Wüfte worden. Ob nicht Schätze drin zu finden. 

2. Melac, dieſer Schandgejelle, 4. Katfer, kannſt die Noth du fehen, 
Durh Morbbremmerei und Raub Und ihr Fürften in dem Reich, 
Hat verwandelt da zur Stelle Daß feld Schandtthat kann geſchehen, 
Heidelberg zu Schutt und Staub. Und fahrt nicht m Harnifch gleich? 
Lachte no voll Spott und Hohn, Ah, laßt doch von andern Streit 
Und erhub fein Fauft mit Drobn, Und befinnt euch nicht lang Zeit: 
Als die lichterlohen Flammen Auf den Feind ſchlagt noch die Stunde 
Schlugen überm Schloß zufammen. Aufonft Alles gebt zu Grunde, 


5.D ihr Räuber fondergleichen, 
Ihr morbbrenneriih Gezüct, 
Eud muß felbit ver Teufel weichen, 
Dis euh kommt das Strafgericht! 
Denn das Maß ift übervoll, 
Und die Höll will ihren Zoll; 
Dann für folde Frevelthaten 
Müft ihr ewiglich drin braten. 


Ditfurtb, hifterifche Volkslieder. Hier nah H. Ziegler, deutiche Soldaten und Kriegslieder 
©. 244. Ludwig XIV. lich 1698-1689 die Pfalz, auf weldye er angeblich für feine Schwägerin 
Eliſabeth Charlotte Erbanſprüche erhoben hatte, durd; Melac in furdhtbarfter Weife verwüften. Böl« 
Lige Zerftörung des Heidelberger Schloſſes 1689 und 1693. Louvois (1630—1691) war franzö- 
fiſcher Kriegsminifter und der eigentliche Urheber der zahlreichen Kriege Ludwigs. 


1. 


tw 


1 


128 


320. Entfah non Wien (1685). 


Rah der Singweife: „Ach weh, du armes Prag”. 


Treu di, du edles Wien, 

Daß du nun wieder worden frei! 
Wie ift Dir doch zu Sinn, 

Daß du der Türken Tirannei 
Befreit gleihfam aufs neu? 

AU Furcht ift nun dahin. 


. Dein tapfrer Kommandant, 


Graf Starhemberg, der deutfhe Helv 
Thät ernſten Widerftand ; 
BVieltaufend Türken hat gefällt 

Und fie ven Todten zugefellt, 

D! Wien, der Türfen Schand! 


. Bierzigtaufend und mehr 


Bor Wien bereits geblieben fein, 
Durch tapfre Gegenwehr; 

Ufo daß aud der Grandvezier 
Wüthig und rafend worden jhier, 
Mit feinem Türkenheer. 


. Er hat den Untergang 


Geſchworen Wien mit Grimmund Wuth, 
Dir ward dennoch nicht bang ; 
Trauſt Gott und der gerechten Sad, 
Der wendet aud dein Ungemach 
Und deiner Feinde Zwang. 


.Er ftellt gut Ordinanz 


Graf Starhemberg mit Wit und Muth, 
Gab acht auf jeine Schanz; 

Was bei der Nacht der Feind tentiert 
Am Tag er wieder ruiniert, 

Daß blieb fein Splitter ganz. 


. Manch Stürmen ward verbradt, 


Sie fanden allzeit Gegenwehr, 

Bei Tag und auch bei Nadıt; 
Graf Starhemberg fie tapfer drüllt, 
Die Gräben lagen angefüllt, 

Der Türkenhund man ladt. 


. Sehr man mit Stüden ſchoß, 


Es regnet gleihfam Feuer ein, 
Man gab fi) doch nicht blos; 
Granaten, Bomben groß und Hein, 
Biel Feuerballen insgemein 

Man achtet e8 nicht groß. 


8. 


11. 


12. 


13. 


14. 


Graf Starhemberg mit Muth 

Ließ heben Stein und Pflaſter auf, 
Zuſtören ſolche Wuth; 

Man deckt Böden und Dächer ab, 

Daß es ſo leicht nicht Unglück gab, 
Die Gegenwehr war gut. 


. Als dies nicht helfen wollt, 


Der Großvezier entbot hinein 

Man fi ergeben jollt; 

Sonft wollt er weder groß nod Hein 
Berfhonen. „Nein, e8 kann nicht fein, 
Ihr Hunde fort eud trollt!” 


. Graf Starhemberg ſprach frei, 


Daß er ihm nichts geftändig fei 
Als: Pulver, Eifen und Blei; 
Ließ heben viel Gegitter aus 
Zerhauen, ſchoß damit hinaus 
Das macht den Türken Graus. 


Sie gruben als die Mäus 

Und fingen zu miniven an; 
Starhemberg jpart keinen Fleiß, 
Mit Gegenminen fie auffucht 
Und viel zerftöret ohne Frucht 
Ihm ift und bleibt der Preis. 


Inzwiſchen der Entſatz 

Ward auf das fleißigſt conſultirt, 
Wie endlich dieſer Platz 

Möcht zeitlich werden ſecundirt 
Der Angriff wurde reſolvirt, 

Es gab ein ſcharfe Hatz. 


Hört an die Tapferkeit! 

Der Polenkönig in Perſon 

Zum Angriff war bereit, 

Herzog von Lothringen, desgleich 
Viel brave Helden aus dem Reich, 
Es war nun Fechtens Zeit. 


Der tapfre Sachſenfürſt 

Kurbayern, Markgraf von Bayreuth 
An Feind gingen gerüſt 

Die Sachſen, Bayern insgemein 
Als eine Mauer geſtanden ſein, 
Nah Türkenblut gedürſt. 


129 


15. Es macht durh Schreiben fund 19, Baraten und Gezelt 

Herzog von Lothringen in Eil, Fünfzigtaufend gezählet fein, 
Graf Starhemberg mit Grund, Sammt allen Ont und Gel, 
Daß der Entfay nun nahe fei, Biel Proviant, Munition 

Und man fid einft der Noth befrei An Gold vier einhalb Million, 
Zu der erwünfdten Stund. Berlor der Türk im Feld. 

16. Den Wald refognoszirt 20. Fürft Waldeck, Dünewald, 

Graf Dünewald, der tapfre Held, Der General Herr von der ey 
Kein Feind warb da verfpürt; Machten fehr gut Anftalt; 

Die riftlidh Armee insgemein. Gaben dem Feind nad) Kriegsgebraud; 
Bei hunderttaufend ftarf thät fein, Zu kühlen Feuer, Dampf und Rauch, 
Die ward an Feind geführt. Man fest drauf mit Gewalt. 

17. Der Feind warb aufgefudt; 21. Alfo und dergeſtalt 
Er Hat zum Schlagen wenig Luft Iſt Gottlob: die Stadt Wien befreit 
Und gab gar bald die Flucht; Bon der Türken Gewalt. 

Ließ Läger, Zelt, Gefhüg im Stich, Das Chriftenheer fett tapfer nad, 
Sucht nur zu retiriren fi; Zu üben an den Feinden Rah — 
Es gab erwünſchte Frucht. D! Herr dein Bolt erhalt! 

18. Kartaunen groß und Hein, 22.D Wien, du Freudenftadt! 
Haubigen auch dergleichen, hier Dein Starhemberg allzeit früh umd fpat 
Dreißig gezählet fein; Für Dich gejorget hat, 

Sammt ahtundzwanzig Pöllern mehr, Daß nit der Römeradler Neft 
Biel Feuerbomben hin und ber; Zerftöret ward durch Räubergäft: 
Man fette tapfer brein. O tapfere Heldenthat! 


Einzeldrud: „Triumph und Freuden⸗Lied, wegen der durd die Kayferliche Reichs⸗ 
und Pohlnifhe Armee. GDtt Lob! gluecklich entfesten Kayferl. Reſidenz⸗Stadt Wien 
in Defterreih, Bon der graufamentfeglihen Belägerung der Türken Groß-Madt, 
So geſchehen Sonntags den 2. und 12. Septembris, dieſes 1683 Wunder Yahres. 
Nah der Singweife: Ah weh du armes Prag ꝛc. Gedruckt in diefem Jahr. — 
Abgedr. in „Wiens Bedrängniß“ im Jahr 1683, von Albert Cameſina. In „Bes 
richte und Mittheilungen des Altertbums-Bereins zu Wien, Bd. VIII, Abth. III, 1868.* 
— Daher v. Ditfurth, die hiftor. Lieder des öſterr. Heeres 1874, Nr. 1. 

Ueber die Theilnahme der Sachſen unter Georg III. an dem Entfag von Wien 
berichtet die Eilenburgifhe Chronica von M. Yeremiad Simon (Leipzig 1696): 


„Im Julio und Augufto diefed Jahres (1683) hat der Türdifche Kayfer durd feinen Groß- 
Bezier mit einer ſehr se Macht, nemli 200,000 Mann und darüber (ungeachtet der Anno 
1664 gemachte, zwanpigjährige Stillftand noch "- zu End) das Königreih Ungarn überzogen, 
alled graufam verwüftet, und darauff die Kanferl. er und Haupt-Feflung Wien in et 
Fi bart belagern laffen, welche aber der König in Pohlen, Churfürft in Bayern und der Ehur- 
ürft zu Sachſen, allerfeitö in eigener hoher Perjon, mit ihren Armeen, fo fie mit der Kayſerlichen 
conjungirt, den 2. Sept. glücklich entfeget, und die Türken in die Flucht gefchlagen.“ 


“ 5,2 Big, bier Klugheit. 5,3 Schanz, Vortheil. 11,5 ohne Frucht d. h. daß fie 
obne Ftucht (Wirkung) blieben. 


Ertu. Böhme, Liederhort II. 9 


130 


321, Entfeßung von Wien (1683). 


1. Als Chur-Sahjen das vernommen, 2, Raus mit einer frifhen Karten, 
Daß der Türk vor Wien war fommen, Wollt ihr Türken denn nicht warten, 


Rüft er feine Völker bald, Jetzt ſchneiden wir Tobad ein, 
Thät fi eilend dahin maden, Lange Pfeifen und Guweden 

Da hört man das Pulver krachen, Wollen wir eud die Menge geben 
Da wurden viel Bluthunde Halt. Das macht euch die Köpfe rein, 


3. Kaſche, kaſche, Rockliſabka 
Walla, walla Predeſchea, 
Großvezier gab Verſengeld 
Der Polniſche König thät nachſetzen 
Und die türkiſchen Hunde hetzen 
As ein braver Kriegesheld. 


Aus dem Bergliederbüchlein von 1740 Nr. 48, ©. 59 ff., angeſetzt ald Strophe 12 — 14 
einem hiftorifchen Liede mit dem Anfange: Hört Liebhaber allzufammen, mas ich finge von — 
——— x. Mitgetheilt iſt dieſes Bruchſtück ſchon bei Hildebrand, hiſtor. Vollsl. S. 409. Das 

ied, dem dieſes Stüd angehangen, weil nad) gleicher Melodie geſungen, iſt etwas älter und han— 
delt von einem Feldzug gegen die Franzoſen, vermutblich dem von 1672 am Niederrhein mit Be- 
theiligung Brandenburgs. Beides ſcheint nicht fähfifchen Urfprungs zu fein. Merkwürdig ift das 
Lied dur feinen Rhythmus, der gang übereinftimmt mit dem vom „Bring Eugen“. Ldb. 
©. 386) ſagt: „Ich habe Grund anzunehmen, daß die Melodie (vom Prinz Eugenius) ſchon um 
1683 im Bollömunde gelebt und urfprünglich einem ganz anderen Liede angehört haben fönnte. (Hier 
führt er die obige * Strophe unſeres Liedes an.) Und von dieſem, meine ich, könnte unfer 
Prinz Eugenius eine Nahbildung fein.“ 


322. Ber Reffauer Marfdy (1706). 


Mäßig bewegt. 


: * Sa 
um Te EEE EN PL. BEER * 
IE Wi Be Lu | u, 





zwei⸗te, blei« ben feiene Preu« Ben treu, fo fürdt't er ſich nicht. 


2. Lebt alle wohl vieltaufendmal, 
Ihr Väter, Mütter, Brüder, 
Schweftern und die liebfte Herzliebfte mein! 
Wenn der König Friede macht, 
So komme ih ſchon wieder; 
Fall ich aber, will ih auch zufrieden fein. 


Der bier untergelegte Tert im Singſpiel „Lenore“ von R. v. Holtei, 1827, 
Aufgenommen in das Preuß. Soldatenlieverb., 1881, ©. 145. — 


131 


Auch folgender Tert wurde auf den „Defjauer Mari“ gefungen: 


Auf, Preußen, auf zum Hochgeſang; 

68 lebe unfer König! 

Bringt dem beften Fürten ein dreifach Lebehoch! 
Sudet nur, ihr findet nicht 

In der ganzen Welt 

Einen, der dem Unfrigen die Probe hält. 


Ein altpreußiſches Solvatenlied auf den berühmten Defjauer Marſch giebt 
Kresihmer, BL. IL, Nr. 131, davon der Anfang lautet: 


Der Köni —* den Beſchluß, 
Sein Rath at's lang bedacht, 

Verglichen iſt's mit allen Rechten; :] 

Man bat ed anvertrauet und 

Hat und damit bedacht 

Und bat fih nicht vertraut den Schlechten. 

Die Sache ift genehm und gut, 

Drum, Brüder, dran bebend, 

Wir führen fie wohl an ein fröhlih End. (5 Str.) 


Der ältefte, rohe Soldatentert auf diefen Marſch lautet: 


£ donc, ca donc, Des Morgens bei dem Branntewein, 
o leben wir, Des Mittags bei dem Bier, 

So leb'n wir alle Tage Des Abends bei dem Mägdelein, — 
In der allerfhönften Sauflompagnie! Iſt das nicht ein Plaisir? 


Ueber das Alter und die Entſtehung dieſes Marfches wird Folgendes berichtet: 
„Als der berühmte Fürft Leopold I von Defjau (genannt „der alte Defjauer“, + 1747) 
als preußifcher Heerführer unter Oberbefehl des Prinzen Eugen 1706 Turin ftürmte, 
famen die überwundenen Italiener zur Siegeshuldigung ihm mit diefem Marſch ent- 
gegen.* Den Deutfhen gefiel das ſchmetternde Felvftüdchen fo, daß ihre Trompeter 
begannen es nadzublafen. Der Bollgmund nahm die eindringlihe Melodie auf, 
legte Worte unter, und fo wurde aus dem alten italienifhen Huldigungsmarſch ein 
deutſches Kriegslied, ein Vollsgeſang. Der tapfere Fürft von Deſſau felbft fand an 
diefer Melodie fo großes Wohlgefallen, daß es feine Lieblingsmelodie wurde und alle 
Lieder, auch Kirchenlieder, die er fang, fih diefem Marſch-Rhythmus fügen mußten. 
Seitdem heißt diefer Marih „ver Deffauer Marſch“. Somit ift diefer Marſch 
bald zweihundert Jahr alt und aus Italien mitgebracht, hat fi aber dauernd in der 
Gunft erhalten und in der preufifchen Militärmufit eine Rolle gefpielt, hat im fieben- 
jährigen Krieg das preußfifhe Heer zum Kampfe und Siege geführt und ift noch 
lange nachher bei Paraden und Zapfenftreihen gehört worden. Wer hat ihn fomponirt? 
Ein Ytaliener, deifen Name nicht mehr zu ermitteln if. — Der Sapellmeifter 
Ir. Schneider in Defjau hat um 1832 die Marfchmelodie zu einer heiten Duverture 
verarbeitet, die viel Beifall fand. Auch auf vie Bühne ward dieſer Marſch gebradt: 
In dem trefflihen Schaufpiel und Gittengemälde von Raupach: „Bor hundert 
Jahren“ (1834) wurde er hinter den Couliſſen gefpielt, fobald Fürft Leopold von 
Deſſau auf der Bühne figurirte. Nicht verſchwiegen fei, daß auf die populäre Melodie 
ungezählte Gefellfhaftslieder gebichtet wurden und in Duodlibeten zur Volks— 
unterhaltung fie gewöhnlih den Schluß bilder, 


* Dad ift die faft allgemeine Angabe, nah Riehl, mufitalifhe Charakterköpfe I, ©. 17 und 
in allen Lexika's. Nach einer anderen Angabe foll die erfte Aufführung dieſes Marſches durch ita- 
lieniſche Mufifer am 16, Auguft 1705 auf der Parade zur Eiegeökier nah der Schlacht bei 
Cassanova gefcheben fein. — Die frübefte bekannte Notation des Deffauer Marſches findet fi 
mit franz. Sautentabulatur in einer Hf. der eipziger Stadtbibl. „Tonftüde für die Mandora. 1730” 
(Rotiz von W. Tappert). 





9 


132 


323. Prinz Eugen vor Ryfel (= Feſtung Lille; 1708). 


Fabnenlieder der alten Zeit. Nr. 20. 





y 
Lil» je du al -ler- ſchön-ſte Stadt, du du bift fo ſchön und glatt, 









s is ie » bed » 5 ‚ . 
—8 Dich J er : Im Be Being | mein herz ⸗ al » ler · [hön-fter Schap, 





fhön » fter Shapg, mein herzral«- ler » fhön » fter Schap! 


Diefelbe Melodie nad) der älteften Duelle. 
Handfhriftl. Studentenlicderb. 1720. 





Vi-vant om-nes, hi et hae, hi et hae, qui et quae, 





bi - ba-mus, sa - ni - ta-tem bi-ba-mus. 


1. Lille, du allerfhönfte Stadt, 
Die du bift fo fein und glatt, 
Meine Lieb die brennt vor Flammen 
Di lieb ih vor allen Damen 
Lille, du allerfhönfte Stadt. 

2. „Lieber Herr was faget ihr? 
Wer feid ihr? was madt ihr bier? 
Was die Reuter, die Soldaten, 


5. Liebfte, deine Schönheit groß 
Ziehet mi in deinen Schof. 
Laß dich fchreden meine Waffen, 
Mit Gewalt will ich bei dir fchlafen, 
Du magft jagen, was du will. 
6., Wollt ihr handeln mit Gewalt, 
Lieber Herr, nit dergeftalt 
Schalten möget ihr und walten: 


Eure tapfre Kameraden? 
Liebfter das erzählet mir!” 
3.9 bin der Savoyer Held, 
Belannt genug in aller Welt, 
Prinz Eugenius genennet, 
Der in deiner Liebe brennet, 
Lille, mein allerfhönfte Braut! 
4, „Lieber Herr, fort padet euch! 
Gehet in das deutſche Reid, 
Denn ih habe zum Galanten, 
Zum Gemahl und Carefjanten 
König Ludwig von Frankreid. 


Bouffler der kann mid erhalten 
Und befhüten meine Ehr.“ 


7, Liebe, laß doch fagen dir: 


Meine Stüde find Meortier; 
Bomben- und Granatenfeuer 
Sollen fein dein Hochzeitfeuer, 
Das ih dir zu Ehren halt. 


8. „Lieber Herr, von großer Macht, 


Glaubet mir, es ift gefagt: 
Meine Werk und Baftionen 
Citadell und halbe Monden 
Laden und verfpotten euch." 


9. Halt das Maul und fhmweige ftill! 
Hör, was ich dir fagen will: 

Hab ih nicht in Ungarlanven 

Die Türken gemacht zu ſchanden 
Hunderttaufend, noch viel mehr? 


10. „Lieber Herr, das glaub ich wohl, 


Daß ihr damals waret toll, 

Aber ihr habt nichts zu ſchaffen 
Jetzo mit den türkſchen Affen, 
Sondern mit der Franzofen Blut.“ 


11. Lille, ſei nit fo ſtolz und frech, 


Weiſe mid nicht von dir weg! 
Sieh, ih will did bombarbieren, 
Deine Mauern ruinieren 

Und zerfhießen Stein für Stein. 


12. „Ei fo komm, meine Prinz 


Der du aud noch liebeft Lille! 
Gott der fegne deine Waffen; 
Die Holländer wirft du ftrafen 
Und fie ſchlagen aus dem feld.” 


13. Ihr Conſtabler, friſch daran, 


Feuert hunderttauſend Dann, 
Domnert, daß es kracht in Flammen, 
Lille, vie ſchöne Stadt, zufammen, 
Lille, du allerſchönſtes Bei! 


14. Meint ihr denn, dag mein Vendome 


Mir nicht bald zu Hilfe komme, 
Der mit humderttaufend Franzen 
Die Holländer wird lernen tanzen 
Aus dem edlen Flanderland?“ 


15. Liebfte, dent an meine Macht, 


Ale Pringen unveracht, 

Glaube mir, das liebe Mailand 
Und das auserwählte Deutſchland 
Hab quittiert aus Lieb zu dir? 


16. Lille, mein allerfhönftes Kind 


Barum bift du doch fo blind, 
Daß du mid nicht willft annehmen? 
Thuft du dic denn meiner fhämen, 
Oder fag, was fehlet dir? — 


17, Lille, mein Engel und mein Lamm, 


Ih weiß dir ein Bräutigam, 
Garolus, der Weltbelannte, 
Ich bin nur fein Abgefandte 
Und des Kaifers General. 


18.,Ei wohlan, fo foll es fein! 


Carolus fei der Liebfte mein; 
Denn der Ludewig veraltet, 

Und die Lieb ift ganz erfaltet, 
Karl ift noch ein junger Helv." 


Fl. Di. 18. Jahrh. in von Arnim’d Sammlung. Abdrud im Wunderh. II, 100 {n. U. IL, 
99): „Die vermeinte Jungfrau Lille. —— Text wenig verändert, gekürzt und mit 
vorftebender Melodie rs bei Kregfchmer, Vollsl. IL, Rr. 142. Gleichlautend mit derfelben 
Melodie in „Fahnenlieder alter Zeit Nr. 24 (von 1820); Lieder für Jung und Alt, S. 86. — 
Text auch bei Wolff, bifl. BR. ©. 676; H. Ziegler, Soldaten- und Kriegälieder 1884, ©. 261 
(gefürzt). — Die ältefte Duelle für die Melodie ift eine Handſchrift von 1720 von einem 

tudenten, dort ift fie einem Studentenlied geeignet: »Vivant omnes hi et hae.« — Später 
wurde fie mit einem Nachſatze dem Körnerſchen Liede „Das Bolf ftebt auf, der Sturm bricht los“ 
angepapt. — Das lateinifhe Studentenlied ſtand auh im Berlinifhen Commersbuch. Berlin, 
bei Enslin, 1817, ©. 116, 

Lille, die franzöfifhe Feftung im franzöfifchen Flandern, wurde 1708 von Prinz Gugen 
belagert er nad hartnäckigem Widerftande erobert, Im Utrechter Frieden ging fie für Deutfchland 
wieder verloren. 

Die drobende Werbung des kaiferlihen Generald Prinz Eugen von Savoyen und bie wiber- 
fpenftige Dame (Lille) zeichnet ganz den Geift der damaligen Zeit und Poefie. Doc ift dad Bild 
für die Eroberung einer Stadt, die ald Jungfrau gedacht wird, ſchon älter, ſchon im 17. Jahrh. 
auf die Eroberung Magdeburgd angewendet. — Eine Nachbildung des vorftebenden Liedes ift: 


Belgerad, du fchöne Stadt, 
Die dur bift fo rein und zart, 
Schau, wie ich vor Riebesflammen 
Di lieb, dich vor anden Damen, 
D du allerfhönfte Stadt! (18 Str.) 


Diejed Gedicht, aus einem gefchriebenen Liederbuh des 18. Jahrhunderts, ift mitgetbeilt in 
L. Bechſtein's „Deutihed Mufeum für Gefhichte, Litteratur, Kunft und Altertbumdforfhung. 
I. Bd. Jena 1842, ©. 201. Darnach durch Erf im Woh. 4, 243. Weberichrift: Ein fchöner 
Geſang auf Prinz Eugeny. — 


134 


924. Prinz Eugen vor Belgrad, 1717. 


a) Notation von Erf. 
Mäpig und nahdrüdlich. In ganz Deutfhland bekannte Vollsweiſe. 





















Prinz Eusgen, der ed» le Ritster, wollt!’ dem Kai» fer wied' ⸗rum frie = gen 
Etwas zurüdhaltend. a tempo 
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Stadt und Fe—ſtung Bel-ge» rad. Er lie fchlargen ci- nen Brusden, 


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dag man kunnt' hin» ü»ber ru= den mit d’r Armee wohl 













für die Stadt. 


b) Taltirung von Fr. Silcher, um 1860. 
Nachdrũcklich nnd mäßig bewegt. 


Ms see | HMEESEEEN — — — —— —— — — 
A | 1 5 — 
Le RI Ba dee v oil» 


fonnt bin » ü » ber-ru» den mit d’r Armee wohl vor die Stadt. 


e) Driginal der Melodie 1719 handſchriftlich. 





2. Als der Bruden nun war gefhlagen, 4. Als Prinz Eugenius dies vernommen, 
Daß man kunnt' mit Stud und Wagen Ließ er gleich zufammen fommen 


drei paffiern den Donaufluf: Seine General und Feldmarſchall; 
l: Bei Semlin flug man das Lager, Er thät fie recht inftrugieren, 

Ale Türken zu verjagen, Wie man follt' die Truppen führen 
Ihn'n zum Spott und zum Berbruf. :| Und den Feind recht greifen an. 


3. Am einundzwanzigften YAuguft jo eben 5.Bei der Parole thät er befehlen, 
Kam ein Spion bei Sturm und Regen, Daß man follt' die zwölfe zählen 
Schwur's dem Prinz'n und zeigt's ihm an, Bei der Uhr um Mitternadt; 
Daß die Türken futragieren, Da ſollt' all's zu Pferd auffigen, 
So viel ald man kunnt' verfpüren, Mit dem Feinde zu ſcharmützen, 
An bie dreimal hunderttaufend Mann. Was zum Streit nur hätte Kraft. 


je 


135 


6. Alles ſaß auch glei zu Pferde, 8. Prinz Eugenius wohl auf der Rechten 
Jeder griff nad feinem Schwerte, Thät al8 wie ein Löwe fechten 
Ganz ftill rudt' man aus der Schanz'; Als General und Feldmarſchall. 
Die Musftier' wie aud die Reiter Prinz Ludewig ritt auf und nieber: 
Thäten alle tapfer ftreiten; „Halt't euch brav, ihr deutfchen Brüder, 
'8 war fürwahr ein fhöner Tanz! Greift den Feind nur herzhaft an!” 
7.,. Ihr Konftabler auf der Schanzen, 9, Prinz Ludewig, der mußt’ aufgeben 
Spielet auf zu diefem Tanzen Seinen Geift und junges Leben, 
Mit Kartaunen groß und Hein, Ward getroffen von dem Blei. 
Mit den großen, mit den Heinen Prinz Eugen war fehr betrübet, 
Auf die Türken, auf die Heiden, Weil er ihn fo fehr geliebet; 
Daß fie laufen all’ davon!“ Ließ ihn bring'n nach Peterwarbein. 


Tert und Weife nad Erf, Liederhort, Nr. 181. — Der Sage nad wurde 
diefes Vollslied von einem brandenburgifchen Krieger gedichtet, der unter dem Fürften 
von Deflau, im Heere Eugens dienend, bei Hodftädt und Turin mitfocht. 


Ueber die Taktirung diefer Melodie, die vom Volksmund entihieden mit Taktwechſel 
efungen, hatte ſich zwiſchen Erk und E. F. Beder eine Feine Fehde entwidelt. Erf hat bid an 
Kin Ende die Meinung verfochten, daß bier der regelmäßig fortgeführte 5/4 Takt vorliege und beruft 
fih auf E. Klein, der diefe Melodie ald Beifpiel einer gemiſchten Taktart vorfühtte. Beder 
dagegen bezeichnete die Rotation im 5/4 ald Gorrumpierung und lahm. Gegen diefen Tadel ver» 
theidigt fich Erf (Liederb. ©. 385—386) mit allem Recht, indem er fih auf Volksmund beruft, 
und fagt, ed fomme durch den 5/4 Takt eine gewaltige Frifche in die Melodie, während das angeb- 
liche Original mit feinem — 3/4 Takt ſchleppend einhergehe. — Auch Dr. Fr. Silcher 
ieht gegen Erk zu Felde. Er ſchreibt im Vorwort zur 4. Auflage feiner Volkslieder für Männer: 
Senn (um 1860) wie folgt: „Es verftebt ſich von felbft, daß die Takteinrichtung diefer Melodie 
auf verfchiedene Weife gefcheben kann, nur nicht im 8 Takt, wie ihn der Liederhort bringt, wo 
nit nur die Auftakte innerhalb der Strophe Amal auf den Niederſchlag fallen, fondern aud ind» 
befondere die Auftakte des Stropbenanfangs (megen des legten vollen Taktes der Melodie) eigentlich 
außerhalb der legteren liegen, ein Jrrthum, den die Fermate auf der legten Note wieder zu beſſern 
nicht geeignet if.“ — Silcher hat dort eine andere, unzweifelhaft mufitalifch beffere Zaftierung 
vorgeſchlagen, die feit 1860 auch durch fein Allgemeines deutfhes Commersbuch fehr verbreitet ift. 
Ihr gleih kommen noch andere mir vorliegende Notationen aus Volksmund, durch muſikaliſche 
Männer niedergejhrieben. 

Ih babe hier Erk's Taktierung vorangeftellt, weil fie durch feine vielen —— weit 
verbreitet und auch im Preußiſchen Soldatenliederbuch 1881 aufgenommen iſt, halte aber die da— 
nebenſtehende Silcher'ſche für richtiger. — Das ſogenannte Original findet ſich in einer hand» 
fhriftlihen Sammlung, betitelt: Mufitalifhe Rüſtkammer auff die Harffe, aus allerhand fchönen 
und luftigen Arien, Menuetten, Sarabanden x. beftehend.“ 1719, ©. 141. Mitgetheilt zuerft 
durch G. F. Beder in der yo mufital. Ztg. 1864, ©. 545, fowie in beffen Liedern und 
Weiſen, Leipzig 1849, I, ©. 54. — 

Lehrreih ift ein Vergleich diefer älteften Notation mit der fpäteren aus Vollsmunde. Wir 
erfeben daraus: wie der Taktwechſel (nach Erf der 5], Takt) im Bolfögefange durch Richttafthalten 
entfteht: leidenſchaftliches Drängen oder —* führt zum Wechſel zwiſchen 5 und 2/, Takt. Die 
mit * bezeichneten Noten wurden vom Bolkäfänger befchleunigt d. h. doppelt rafch gefungen, und 
dadurch ift die Melodie in die gemifchte Taktart geratben. Solche fheinbare Verwilderung bringt 
aber im Bolld- wie im unfgelang oft gute Wirkung hervor. — 

Ueber dad Alter der Melodie ift nicht nachzufommen. Nah Erd Bermutbung ift fie 
wahrjcheinlih ſchon zu dem Liede von 1683 „Als Ghurfachien dad vernommen“ (f. oben Nr. 321) 
gefungen und wäre alfo nit erft für das Prinz Eugeniuslied erfunden worden. 


7 1,1 Franz Eugen, Prinz von Savoyen, geboren 1663 zu Paris, nah der Schlaht 
bei Mohaͤcs 1687 öfterreichiicher Feldmarfhall-Lieutenant und bald darauf Generalfeldmarfhall, 
erftürmte 1717 Belgrad. + 1736 zu Wien. — 8,4 Wer war Prinz Ludewig, von dem dad 
Lied in Strophe 8 erzählt? Wahrſcheinlich ein Dffigier niedern Grades, ein junger Mann, ber 
auf dem Felde der Ehre ftarb, An den 2 oſterreichiſchen Feldherrn, Ludwig von Baden, 
iſt hier nicht zu denken, da er bei dieſer Schlacht gar nicht zugegen war und alſo nicht dort 
gefallen fein kann. — 


136 


325. Bas Marlborough-Lied (1709). 


Mufit 1785. 








weiß nicht fümmt er 








1. Marlbruck zog aus zum Kriege, 
Mirong tong tong tong, mirongtaine! 
Marlbruck z0g aus zum Sriege, 
|: Weiß nicht kömmt er zurüd. :] 


2. Er kömmt auf Oftern wieder, Mirong ıc. 


Längft Trinitatis doch. 


3. Und Dftern war vergangen, 
Marlbruck kam nicht zurüd. 


4. Auf ihren Thurm Madame, 
So body fie konnte, ftieg. 


5. Sah ihren Pagen kommen, 
Wie traurig fam er ber! 


6.,Ach lieber, lieber Page, 
Was bringft du Neued mir?“ 


7, Dein jhönes Aug’ wird weinen 
Hörft du die Trauerpoft. 


8.2eg ab die rof'gen Kleider 
Und deinen Blumenfhmud. 


9, Dein Marlbrud ift geftorben, 
Todt und begraben jchon. 


ewidmet. Mit Gefang; für 
. Maftus.) Daf. Nr. 3. ( 


a 
Beipgig, 1785. 


10.3 ſah'n zu Grabe tragen, 
Bier Offizier trugen ihn. 

11. Der eine trug den Hamifd, 
Der andre feinen Schil, 

12, Sein großes Schwert ein dritter, 
Der vierte der trug nichts, 

13, Um feines Grabes Hügel 
It Rosmarin gepflanzt. 

14. Auf feinem höchſten Stengel 
Schlug eine Nadtigall. 

15. Nah der vollbrachten feier 
Gieng Jedermann zu Bett. 

16. Die Männer mit den Weibchen, 
Die andern all’ allein. 

17. Die vielen die ich kenne, 

Die waren all dabei. 

18, Die Blonden und die Schwarzen, 
Die Braunen au dazu. 

19. So endigt fih das Märchen, 
Mirong tong tong tong, mirongtaine! 
Sp enbigt fih das Märchen, 
Sp emdigt fih Marlbrud. 


A. Tert und Melodie aud: „Mädchenfeier und Jünglingsweihe. Deutihlandd Schönen 
arfe und Klavier. Erſtes H 8 ipzi 

nerer Titel Ar. III: 1. Das alte Vol 
la Figaro (fürs Klavier) Nebft Etwas über Marlbrougk und diefe Mode. 


nie 1786. (In Eomiffion bei 
slied Marlbrougf. 2. Menuet 
Berlin und 


Derfelbe Tert, nur in der Schreibung einzelner Silben anderd, auf einem fl. Bl. um 
1786, in von Meuſelbach's Sammlung: „Drey ganz neue Lieder. Gedrudt in diefem Jahr.“ (Das 


erfte.) Anfang: 
Marlbrougb zog aus zum Kriege, 
Miron ton ton ton, mirontaine, 


Maribrougb zog aus zum Kriege, 
|: Weiß nicht, kömmt er zurüd, :| 


©, Sleichlautend: Fl. Bl. in von Arnim's Sammlung: Fünf fhöne neue Lieder. Leipzig, 
8 


in der Solbrig'fhen Druderen !um 1820). 


137 


D. Zwei handſchriftl. Lesarten zufammengeftellt bei Soltau, bift. DR. ©. 533 bid auf wenige 
—— il er Zert übereinftimmend. Dieje Faffung war jedenfalls in Deutſchland die älteſte 
und verbreitetfte. 

E. Mehr abweichender Text in: „Lieder zum Gefellfhaftl. Bergnügen. Samburg b 
€. Zimmer (um 1790). Anfang: \ wer * u Er 


Maribrug zieht fort zum Kriege, Maribrug zieht fort zum Krige, 
Mirong-ton tong tong, mirong täne. Den Rüdzug weiß is nicht. 


F. Ale Zerte find ziemlich getreue Ueberfegungen des franzöfifhen Urtertes. Derfelbe, 
bei Soltau S. 351 abgedrudt, beginnt: : s 


»Marlborough #s’en va-t-en guerre, 
mirontontonton mirontaine! 
Marlborough s’en va-t-en guerre, 
Ne sait quand reviendra. (21 Str.) 


G. NRiederdeutfhe Parodie im Kölner Dialekt bei Soltau 537, mit Melodie bei 
Erf II, 1, 50. 


Malbröd ging unger et Freilkor, Malbröd ging unger et Freikor, 
Mirumtumtum metum tere. Be lang biif hä wal de? ꝛc. 


H. Freie fentimentale Umdbihtung. Hamburg 1804: Empfindungsvolle Schönen, die ihr 
fo mandye Thränen ꝛc. 
In Deutfhland hat fih das berühmte franzöfifhe Soldaten- und Volkslied, daß mit dem 
Lied auf „Prinz Eugen“ aus gleicher Zeit ftammt, bis um 1850 erhalten. [In Schlefien hörte es 
noch 1845 ein Freund Erk's und bat es für ihn aufgefchrieben.] 
a he John Eurfhil, Herzog von) berühmter englifcher Feldhert, geboren zu 
Aſh in Davonjhire 5. Juli 1650, + zu —— 16. Juni 1722. Im ſpaniſchen Erbfolge⸗ 
kriege gewann er mit Prinz Eugen die Schlacht bei Donauwörth 1704. — Begraben liegt er in 
der Weftminfterabtei zu London. 
Diefed berühmte Lied auf ihn wurde im Jahre 1709 nah der Schlacht bei Malplaquet 
edichtet, nicht aber (mie manche behaupten) nah dem im Jahre 1722 erfolgten Tode bed Herzogs. 
In jener Schlacht hatte fi) das Gerücht verbreitet, der Herzog fei im —— umgekommen, 
und es ſcheint, das irgend ein munterer franzöfifher Sänger ſogleich dieſes Trauerlied —J—— 
Feind dichtete, der noch am Leben war. Nach dem wirklichen Tode des Helden von Malplaquet 
verſcholl das Lied, erhielt fi aber durch Ueberlieferung in einigen Provinzen, wohin ed wahrſchein⸗ 
lich durch die Krieger von Billard und durch Bouffleurd gebracht worden war. Und plötzlich erflang 
ed wieder im Jahr 1781 von einem Ende des frangöffggen Reihe zum andern. Die König 
Marie Antoinette fhenkte der Welt einen Daupbin, weldyem eine norbfranzöfifche Bäuerin (Namens 
Madame Boitrine) zur Amme beftimmt wurde, weil diefe vor den anderen durch Gefundheit und 
beitere Laune ſich ag > Wenn Madame P. den königlihen Sprößling wiegte, fang fie 
u dieſes Lied von M. Diefer große Name, die naiven Worte des Liedes, die Sonderbarfeit des 
Kebwerſes und die rührende Einfalt der Gefangweife überrafchten die Königin, und diefe gr ſowohl 
Dichtung ald Weiſe in ihrem Gedächtniſſe. Die ganze Umgebung am Hofe fang bald ihr nach und 
der König Ludwig felbft gen es nicht, zuweilen feinen »Marlbrough s’en va-t-en guerre« 
anzuftimmen. Marlbr. ol nun weiter von den Gemaͤchern des Schloffes herab zu den Küchen 
und Ställen, dad Marlbrougblied machte Furore bei de Und ald nun aud die Parifer 
Bürgerwelt ed fih angeeignet hatte, flog ed von Stadt zu Stadt, von einer Provinz zur andern, 
bis es enblih nah England wanderte, wo ed bald eben fo volfäthümlich wurde, wie in Frant- 
reih. — Goethe, der damals in Frankreich reifte, fühlte fi von dem gemeinen Mironton-Eoncerte 
fo betäubt, daß er einen ordentlichen Haß auf M. warf, weil derfelbe die unſchuldige Beranlaffung 
u diefer Gefang-Epidemie geweien war. Marlborougb gab nun den Namen zu den Moden, den 
toffen, dem Kopfpug, den Wagen, den Ragouts x. M.'s Name wurde auf Balken, Schirme 
und Fächer — in Metall und Edelſtein geſtochen und erſchien in allen Formen und Arten. 
Diefe Marlborough-Wuth dauerte mehrere Jahre lang und es bedurfte nichts Geringered, als 
den Sturz der Bajtille, um den allgemeinen Lärm zu erftidten, den das Lied erregt hatte. — Doch erhielt 
fi das Lied noch lange Zeit im Napoleonifhen Zeitalter. Trog feiner Abneigung gegen die Tonkunſt 
bat Rapoleon L die Weife wiederholt — wenn er ſein Roß beſtieg um in's Feld zu 
—— — Die Nachforſchung nah dem Urſprunge der ebenſo kriegeriſchen als ſchwermüthigen 
elodie war bis jeßzt vergeblich und wird erfolglos bleiben, wie bei den meiften Boltöweiten. 
Unglaubhaft ift die Meinung Ehäteaubriandd: die Melodie möge diejelbe fein, welche einft die 
Kreusfahrer des Gottfried von Bouillon vor den Mauern Jericho gefungen haben, um ihren Muth 
ur eiung der Gtabt und des Grabes Ehrifti anzufeuern. — Nah anderen Angaben foll fie 
noch jept von den Arabern gefungen werden und man bat fogar behauptet: ihre Borfahren hätten 


138 


fie in der Schlaht bei Manfurab 1250 gelernt, wo bie Waffenbrüder des Herrn von Soinville 
diefelbe zu dem Klirren der Schwerter mit dem Schlachtrufe »Montjoie Saint Denis!« ertönen 
ließen. — Jedenfalls ift die Grundlage des franzöſiſchen Liedes alt, wenn auch nicht fo alt, wie 
Franzoſen angeben. Zwei deutſche Gelehrte und Pitteraturfenner (Prof. M. Haupt und Dr. Ferd. Wolf) 
neigen zu der Annahme: daß dieſes Lied Fein Erzeugniß des fpanifchen Erbfolgefrieges, fondern 
eine Art Parodie eined älteren franzöfifhen Liedes fei (f. Soltau 531). 

Wie fchon bemerkt wurde das bei Franzoſen und Engländern überaus belichte Lied auch in 
Deutſchland viel gefungen, wie ſchon die fl. Blätter den deutichen Tert aus der Beit von 1785—1820 
bezeugen. Auch in Schubart's Baterlandd-Ehronif wird von dem Lied auf Marlbrough ald einem 
allgemein gefungenen Vollsliede gefproden und Goethes Worte in feiner italienifhen Reife und 
feiner DI. Imilhen Elegie befunden feinen Berdruß über das aufdringliche Vaudeville jener Zeit: 


„So verfolgte das Liedchen Maribrougb den reifenden Britten 
Einft von Daris nah Livorn, dann von Livorno nad) Rom, 

Weiter nah Neapel hinunter; und wär er nah Smyrna gefegelt, 
Maribrougb empfing ibn auch dert. Marlbrougb! im Hafen das Lich,” 


326. Schlacht bei Lowoſitz a. d. Elbe (1. Okt. 1756). 


Preußiſches Solvatenlied.) 
Narihmäßig. Mehrfach bei v. Ditfurth. 


zur (EEE? GEHE: "THESEN TEE) — — — 
2 Bm Meer” ger m IE mm sms fa Ser uvam mar En — —— 
8 —J z—- Wi ; — 






⸗ 
Bi » vat! jetzt achte ind Feld! mit Waffen und Ge + zelt! Mit 





Waf » fin und mit mei» ner Kron zu flri-tn i dem feld. 

2. Und Friedrich der Große 5. In drei Kolonn’ frifh aufmarfchiert! 
Er zeigt's den Feinden an Der König geht voran, 
Und reifet dann gen Sachſen aus, Er giebt uns glei das Feldgeſchrei 
Zwei Schwerter in der Hand. Und fommandirt: heran! 

3. Gen’ral Daun, der fteht vor Prag 6. Schlagt an! ſchlagt an! ſchlagt an! 
Und der ift wohl poftiret Schlagt an in ſchneller Reih, 
Und Friedrich rudt in Böhmen ein, Und weichet nicht von dieſem Platz 
Und wird ſchon attafirt. Bis ſich der Feind zertheilt! 

4. O Held, o Helv! — ſprach Friederih, 7. Groß Wunder ift zu fagen, 
D Held wo fteht dein Sinn? Was Friedrih hat gethan: 
Ih nehm dir dein Gehamifch weg, Genral Daun der ift gefchlagen 
Und dein’ Kanonen all! Mit Hunderttaufend Mann. 


Tert und Melodie bei Ditfurth, fränk. BL. II, 214 (aus der Gegend von 
Baireuth). Wiederholt in defien Preuß. Heerliever, Nr. 12 und Lieder des 7jähr. 
Krieges, ©. 14. — Erf, Lieder vom alten Frig, Nr. 3. Tert bei Hilvebrand, hiſt. 
BE, Nr. 62. — Friedrich II fiegt befanntlich in dieſer Schlaht über den öſterreichiſchen 
Veldmarfhall v. Brown und macht 14000 Kriegsgefangne. 





139 


327. Grenadierlied, 
(Beim Beginn des fiebenjährigen Kriegs 1756.) 
Mel. 1845 aufgefhrieben. 





LI _ITAAT | 
[| 


af » fe die Rei-ter und Su ⸗ 


. Marſchieren auch dir zu Oefallen ins Feld 

Alle die großen Nationen der Welt, 

Wollen doch jehn, ob der Aufl’ und der 
Frans 


zoſe was gegen und ausrichten kann. 


.Glaubſt du etwa, daf der preußifche Staat 
Gar fi zum Kriege gerüftet nicht har? 
Komm nur ind Zeughaus viel hundert 

Stüd Ka⸗ 
nonen und Mörſer vie ftehen ſchon da. 


. Und der Soldat ift zu jeglicher Zeit 
Für feinen König zu fterben bereit. 
Kannft du e8 glauben? allein — die 
ers 
liner Befagung fie fhläget ein Heer. 


ri» a There» fia, zeuch nicht in den Krieg! 
Du wirft nicht er » festen den herr» li» hen Sieg. 


zum 


Was hel= fen dir 


— 


TEE Ta 
mu ‚Feel die als 1 Tem” TEReEEEaN mail Eau BE Er — 
EEBEEREES“ EERMESRET“ ps HE“ ————— ————— 
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fa» ren und als» le Kto »a » ten da= zu? 


5. Wenn man bei dir nod) die Strümpfe fich 


flidt, 

Sind wir dir fhon in dein Land nein 
gerüdt. 

Dein Heer wird gefchlagen wir rufen 
das Vic 

toria, und es zieht fich ſehr eilig zurüd. 


6. Wenn unfer Friedrich im Feld für ung ficht, 


Scheuen die Teufel in der Hölle wir nidt. 
Muthig zum Kampfe! fo rufen die Trom- 
peten und Pauken, wer Luft hat der tomm! 


7. Ei, wer hat denn folden feinen Berftand 


Daß er dies Lied vonden Preußen erfand? 
Drei Mann von König-Örenadier in der 

Wacht⸗ 
ſtube, die haben das Liedlein erdacht. 


Tert und Melodie von Prof. Dr. Franz Kugler in Berlin 1845 aufgezeichnet. 
Seine Hoſchr. in Erk's Nachlaß. Aborud bei Erf, Germania, Nr. 370 und Woh. 4, 
327. — Die Str. 3—7 werben ohne Auftakt gejungen. 


328. Bie Brager Schlacht (6. Mai 1757). 


Marfhmäßig. 


— —⸗— aaa ————— — 
— —— — 


Vielfach mündlich, 


Beiden ee 
en Dr er Ta mm — — — 


a 
2 —- EMEGSERE AineEN man” Feen] —— — — 
I — —— 


Schlacht, 





auf dem mei» Ben Berg dad Lager ward ge» ihn . gen, das 





auf * ge-führt, Schwe » rin der hat 


2. Einn Trompeter fhidten fie hinein: 
Ob fie Prag wollten geben ein? 
Dver ob ſies wollten laſſen beſchießen? 
„Ihr Bürger, laßts euch nicht verdrießen! 
Wir wollens gewinn’wolmitdem Schwert, 
Es ift ja viel Millionen werth.“ 
. Der Trompeter hat die Order gebracht, 
Er hats dem König felber gefagt: 
„Großer König Frievrih auf Erden, 
Dein Ruhm wird dir erfüllet werben! 
Ste wollen dad Prag nit anders 
geben ein, 
Es fol und muß beſchoſſen fein!” 
. Darauf rüdte Prinz Heinrich heran, 
Wol mit vierzigtaufend Mann; 
Als das Schwerin nun hat vernommen, 
Daß der Seccurd war angelommen, 
Da hoffen fie fein brav darein, 
Bataillje muß gewonnen fein! 


und tom »man » dirt. 


5. Die Bürger fhrien: „Daß Gott erbarm! 


Wie macht und dod der Frig jo warm! 
Bir wollen ihm das Prag gern eingeben, 
Berfhon er und doch nur das Leben!“ 
Der Kommandant der ging darauf nicht 

ein: 
Es fol und muß gejhoflen fein! 


6. Darauf warb em Ausfall gemacht, 


Schwerin führt an die Schlacht. 

Pot Donner, Hagel, Feuer und Flammen, 
So ſchoſſen fie die Feſtung zuſammen! 
Bei einer fo großen Angft und Noth 
Schwerin der ward geſchoſſen tobt. 


7. Da fing der König wol an: 


„Ach, ach, was hat der Feind gethan! 
Mein’ halbe Armee wollt id drum geben, 
Denn mein Schwerin noh wär am Feben, 
Dar mir ein tapfrer Kriegesheld, 
Stund allezeit bereit im Feld.” 


8, Ei wer hat denn das Pieblein erdacht? 
Drei Hufaren wol auf der Wadıt; 
Bei Lowofig find fie geweſen, 

In Zeitungen haben fies gelefen. 
Triumph, Triumph, Victoria! 
Es lebe der große Friedrich allva! 


Erf, Liederhort, Nr. 182; vielfach mündlid aus dem Brandenburgiſchen (Berlin), 
Heſſen⸗Darmſtädtiſchen (Dreieihenhatn) und Fränkiſchen. Mit Benugung fl. BU. aus 
der Zeit von 1770—1808. Auch fo in Erk's Germania 53. Etwas abweichend 
Erk II, 2, 48, Woh. 4, 328 und Erf, der alte Fritz im Volksliede, 1851, ©. 14. 
Daraus Ziegler, Soldaten- und Kriegsliever, S. 286. — Aehnlich Ditfurth, fränf. 
BL. IL, 215 und Arndt, Erinnerungen aus meinem Leben, 1840, ©. 43; Simrod, 
©. 499. — Im Woh. I, 237 (mn. A. IH, 218) nah einem fl. Bl., aber 2, und 
4. Strophe unächt. Dazu Goethe: „Raſch und knapp, als wenn es drey Hufaren 
gemacht hätten.“ Den Wunberhorntert bringt Soltau I, 542 und Wolff, hift. BL., 741. 
Silcher, Heft 3 (1831), hat eine nene Melodie dazu komponiert. Preuf. Soldaten: 
Liederb, 1881, ©. 88 nad Erf. — Ein fl. Bl. „Kriegslieder für Friedrichs Heere“ 
I jap Gedrudt in den ſechziger Jahren des 18. Jahrh. Abdruck durch Erf, 

db. 4, 330, 


*Friedrich IL gi am 6. Mai 1757 die Defterreicher an, die unter Führung von Prinz 
Karl und Feldmarfhall Brown bei Prag fih verfhanzt hatten, und er ſchlug fie lie, Der 
Sieg aber Foftete den König viel: er verlor feinen tapferen Führer Schwerin. — 


141 


Barianten, 1, 2 Wol vor der lagerfefte Stabt. 1, 4 mit Stud, Roß und Wagen. 
1, 5 Die Mörfer wurden aufgeführt, 2,5 und wer dad Prag will nehmen ein: ed muß gebom» 
barbdieret fein. 6, 2 Schwerin verfpielt die Schlacht. 6, 3 die fechzigtaufend Mann die hatten 
feine Noth, denn all ihre Feinde waren tobt, Triumph (wie Str. 8, 5). 6, 3 Ei pop taufend, 
was thäts bligen und fradhen! was thäts für ein Getümmel mahen! 7,2 Ach mweb, was haben 
die Feinde getban! 7,6 bat alled fommanbdieret im Feld. 8,3 zu Luremburg find fie gewefen. 


329. Aus dem fiebenjährigen Kriege. 
(Schladyt bei Prag 1757.) 


Mündlic aus Lippebne in der Neumark. 1856 gehört von einer 
Mätig, Syjährigen Frau, deren Großvater das Lied fang. 


Im Böb-mer- land bei Prag, da hat der Kö«nig von Preu-fen ge» tanzt mit der 

















oo 00 200 0 0. 2 
kl „bleu _ v EEE 


AU > —— ——— — — — 





ſtai-ſe-rtin von Un-gern auf dem Thau.“ Er tanz -te mit ihr fo 





ta» pfer be» rum, dab ihr dad Ge» hör im Kopf versfchwund, da 





—— 
ü— el 


mußt fie lau» fen da » von. 


2. Ein folder Tanz koſtet Muth, 3. Das war ein wunderlicher Srieg, 
Wenn man hin und wieder fieht 40,000 Mann gegen 100,000 Mann 
Seine Kameraden liegen im Blut. Behielten doch den Sieg. 


Da heißt ed nit: Hans, komm herein, So ſei (er) aud davor gepreift, 
Bir wolln frefien, faufen, wol’n [uftig Der König von Preußen hat das Glüd 
fein, erweift, 
Da koſt't es Leib und Blut. Sein Ruhm bleibt ewiglich. 
4. Rot taufend, ei, ei, ei! 

Bald hätt ich was vergefien: 

Die Sadfen war'n auch dabei; 

Sie thaten im Ritt fehr weite Schritt, 

Daß kaum der Zehnt konnt lommen mit, 

Da war der Tanz vorbei. 


Diefer Tert mit Melodie noch nie gedrudt. 

AÄhnlicher Tert (aber fragmentarifh) aus dem Gedächtniß eines alten Solvaten, 
der im 7jähr. Kriege im preuß. Dragonerregiment zu Anſpach und Baireuth gedient 
hatte, bei E. M. Arndt, Erinnerungen. 1840. ©. 43, 


J 1,3 Beffer bei Amdt: auf dem Plan. 3,5 richtig: dem König hat fih dad Glück 
erwieſen. 


142 


330. Schladjt bei Eollin. 18. Iumi 1757. 


[Die Defterreiher unter Graf Daun fiegen, Preußen 20 000 Krieger verloren.) 


1, Bei Collin da hat gefieget 3. Fliehe fort nur eilig wieder 
Daun, der edle Kriegesheld; Friedrich im dein Preußenlanp, 
Friederich ganz unterlieget Sonften fällſt du noch mehr nieder 
I: Iſt geſchlagen in dem Yelb. :| Bon des Daunens tapfrer Hand! 

2, Prag das ift noch nicht genommen, 4, Auf und laft uns fortmarſchieren, 
Wie er folhes hat geglaubt; Bor das Prag nım zum Entfag! 
Ihme ift fein Glüd zerronnen, Friedrih muß das Spiel verlieren, 
Und der Siegeskranz geraubt. Hat allbier mehr feinen Platz. 


v. Ditfurth, hiſtor. BL, des Ofterr. Heeres Nr. 24. v. Ditfurth, die hiſtor. 
Lieder des 7jähr. Krieges. ©. 27. Melodie nicht angegeben. 





331. Ariegslied der Preußen im Tjährigen Kriege (1758). 
Marihmäßig. Mel, 1852, 









Du tapferer Held, du Preu-ße rürfte dich, du Preu-ße ru - fie 









dich! Mar » hie » re in das feld, mar = fhie » re in dad Feld, du 





tapf» rer Held, du tapfsrer Held! 


2, Die Bäume bLühn, 6. Was Friedrich will, 

Die Wiefen ziert das Gras: Muß Alles wohl ergehn; 
Kommt laft uns nicht verziehn! Dod Alles in der Still, 
Die Bäume blühn. Was Friedrich will. 

3. Marſchieret fort! 7, Die Reichsarmee 
Marſchiert und geht von bier Hat Friedrich bezahlt, 
Wol an ein'n andern Ort! Das fie ruft Ah und Weh! 
Marſchieret fort! Die NReihsarmee, 
4, Ergreift das Schwert 8. Ach bleibt zu Haus, 
Und nehmt die Flint zur Hand, Ihr Kinder aus dem Reich! 
Und treibt die Böhmſche Heetd! Was treibet euch denn raus? 
Ergreift das Schwert! Ach bleibt zu Haus! 
5. Friſch auf, Soldat! 9, Nehmt eud in Acht, 
Dein König ift bei bir, Fürs Preußen Liftigfeit ; 
Und wagt es in der That: Er kommt mit Heiner Madıt: 


Friſch auf, Soldat! Nehmt euch in Acht! 


143 


10. Wir lachen ſchon, 13. Sie ſtunden feſt 
Daß ihr euch habt poſtiert, Bei Micheln und Roßbach 
Wollt ſtreiten für die Kron: Mit achtzig⸗-tauſend Gäſt; 
Wir lachen ſchon. Sie ſtunden feſt 
11. Erfhredet nicht, 14. Es wird nun alt, 
Benn Frankreih kommen will, Franzoſe, pade did. 
Und Rußland auch aufbridt ; Wenn die Kanone fnallt; 
Erſchredket nicht. Es wirb nun falt. 
12. Der Adler west 15. Bictoria! 
Im Grimm und voller Wuth Der Preußiſch' Adler fiegt, 
Sein'n Schnabel wohlgemuth Bald bier, bald dort, bald da: 
In Frankreichs Blut. Victoria! 


H. Bl. 8.: „Vier neue Kriegs- und Hufaren-Liever. Das Erfte „Du tapferer 
Held, du Preuffe rüfte dich zc.. Das Andere „Ihr Prahler, habt ihr euch ver- 
froden? :c.”. Das Dritte „Luflig wohl auf, ſeyd alle praf drauf! ꝛc.“. Das Vierte 
„Wir Preuß'ſche Hufaren, wann kriegen wir ıc.”. 1758. K. Bibl. Berlin. 

Anderes fl. Bl. zu Hamburg gedruckt. Bruchſtück bei Soltau, hiſt. BL. ©. 555, 
mit dem Anfange: Was Friedrih will, muß alles wohl ergehn. Die Mel. 
blieb bis 1852 zu Dreieihenhain (im Odenwald) erhalten: mit dem Tert der 6., 7., 14. 
u. 15. Strophe fang fie der Lehrer Funk, der fie von jeinem Bater oft gehört hatte, 


3852. Berennung non Breslau (1760). 
Mäfßig. Mel. aus der Gegend von Schweinfurt. 






4 
Der König von Preu-fen bat Leut, die fein dem Teufel gleich, fobl »ra » ben- 





fhwarz, kohl · ra ben · ſchwarz. Blau-e Nörde ba-bend an, We ⸗ſten find fein Knöpfe 





dran, wie je» der-man wol weiß, wie je» dersman wol weiß. 
2. Der General Bärenllau 3. Der Kommandant von der Stadt, 
Kam vor die Stadt Breslau. Der viel Kouragi hat — 
I: Kohlrabenfhwarz, :] I: Kohlrabenfhwarz, :| 
Er ließ dem Kommandant’ neinfagn, Der ließ ihm wieder 'nausfagen, 
Er müßt die Feftung gleich habn, Er thät fein Leben dran wagn, 
Er follt fihm gebn. Er gäb fihm nit. 


4. Drauf fing das Bombardement an, 
Wie mans nur wünfhen kann — 
|: Kohlrabenfhwarz, :| 
Hundert und neununddreißig 
Bomma ham fie eingefhmeißt: 
Etſch! ham's aber nit kriegt. 


144 
F. ®. v. Ditfurth, fränk. BL, I. Nr. 216. Die von Friedrich II. befegte Stadt 


Breslau wurde 1760 von Laudon belagert. Doch hielt die Befagung fih fo tapfer, 
daß nad mehrtägiger Berennung die Defterreiher erfolglos wieder abziehen mußten. 


333. Berkauf heffifcher Landeskinder nad) Amerika (1775). 


1, Juchheifa nach Amerifa, 2. Ade, Herr Landgraf Friederich, 
Dir Deutfhland gute Nacht! Du zahlft ung Schnaps und Bier! 
Ihr Heflen präfentirt'8 Gewehr, Schieft Arme man und Bein uns ab, 
Der Landgraf kommt zur Wadıt. So zahlt fie England Dir. 


3. Ihr laufigen Rebellen ihr, 
Gebt vor uns Heſſen Acht! 
Juchheiſa, nad Amerika, 
Dir Deutfhland gute Nacht! 


Einzeldr. 4%: „Ein ſchön und wahrhaftig Solvatenliev, fo Anno 1775 am 
19. Ditober zu Caſſel auf der Parade von den abziehenden Militärs mit admirab- 
ler bonne humeur vor Ihrer Durchlaucht gefungen ward”, 

Der Galgenhumor in diefen Verſen ift den damaligen Zeitgenofien wahrſchein— 
lich nicht zum Bewußtſein gelangt. 


334. Baueriſcher Erbfolgekrieg (1778). 


Maͤßig. I. W. v. Dithfurth, fränk. DL. II, 218. 









Kai» fer Io» ſeph, willſt du dann Ei «med mit mir va» gen? 
Ich und auch mein Prinz Wil- helm wer-den mit dir fchla = gen. 






Kennft du nit den al» ten Greid fFrie » de» rib den Gro » fen? 





Er wird bei-ne flol-ze Macht ald ein Held um» flo » fen. 


2. Was hat did dazu gebracht mit mir Krieg zu führen? 
Ih werd’ ja, gleihwol wie du, nicht gern was verlieren. 
Oder meinft du, daß ich alt, und nicht werbe kommen? 
Darum hab ih meinen Prinz Wilhelm mitgenommen. 


3. Wenn es Gottes Wille ift, und mein Prinz bleibt leben, 
Fürchtet fih vor dir aud nichts, und wird nicht nachgeben; 
Denn er bat jo viel gelernt, daß er kann beftehen, 

Und ich hätt es nicht gebraudt mit ins Feld zu gehen. 


145 


4. Haft du glei den Böhmerwald um und um verbauen, 
Komm mit mir ind freie Feld, laß dich doch beſchauen! 
Dort will ih mit meinem Prinz dic zur Hochzeit laden, 
Daß du mit der ftärkften Macht follit im Blute waden. 


5. Weil ih aber noch gefund, will der Welt ich zeigen: 
Daß ein junger Held, mie bu, nod vor mir muß weichen. 
Deun ich werd im Alterthum Keinen mehr verfchonen ; 
Ih hab Geld und Leut genug, und dazu Kanonen. 


Lied aus dem Fränkifhen mündlich bei F. W. v. Ditfurth, fränf, BL, II Nr. 218, 
Wiederholt in deſſen Hiftor. BL. v. 1763—1812 Nr. 8. Preuß. Heerliever 43, Öfterr. 
Heerliever Nr. 28. Pängerer Tert von dieſem Lieb auf einem fl. BI. (Ditf., Fränt. 
BL. Nr. 219). — Die Mel. ift die zum Trinkliede von Adam Hiller 1770: Ohne 
Lieb und ohne Wein. 


334, Bie Invaliden an Friedrichs II. Grabe, (+ 1786). 


Langſam. Mel, aus dem Elſaß 1888. 






- 
Grab! Die Thrärnen flie- fen in gro-fen Güfrjen auf unsern 
















—— — — 


——— 
ia — tg 
Be TO au 






grau » en Bart br ab —, auf unsjem grau » en Bart her— 


Andere, ältere Lesart aus Berlin vor 1840. 





2. Er war fo edel, fanft und bieder, Wir Juvaliden würden raufen 
Er war der Einzige fo gut: Wir würden raufen, und gälts den Tod! 
Nein, nein, mein Friedrich kommt 


nicht wieder, 4. Wir die wir einft bei Friedrich lebten, 


Und fauften wir ihn mit dem Blut. Erhielten unfern Sol fo wohl, 
3. Ja Bater, könnten wir dich kaufen Uns wird nun magres Brot gegeben 
Mit unferm Blute, ja bei Gott! Und leben jest fo kummervoll. 


Ertu. Böhme, Liederhort. 11. 10 


146 


5. Hier ftehen wir verlafnen Waiſen 
Und ſchauen uns mit Thränen an. 
Bir wünfdhen, daß wir bald nachreiſen, 
Hin, wo und nichts mehr trennen kann. 


6. Ein Stüdlein Erb’ von deinem Grabe, 


Ein Stüdlein, Bater, nehm ih mir. 
Und wenn ich einft begraben werde, 
So lege man e8 auch zu mir, 


Text und Melodie aus dem Elfaß, 1889 aufgefchrieben. Wahrſcheinlich ift diefed von Stelz- 


fü 


1. in Deutihland lange Zeit gefungene Lied durch preußifche Soldaten nah 1871 dahin 
elommen. — Nur in einigen Worten abweichend fteht der Tert auf einem fl. BL: „Fünf neue 


rien“ (die erfte). Berlin bei Zürngibl um 1820. Mit Holzſchnitt; einen figenden Invaliden 


darftellend. Ert II. 4/5, Rr. 48. 


Das Lied ift bald nah dem Tode Friedrichs des Großen 1787 entftanden und bie in die 


Neuzeit 
tg. 12. Januar 1845, 


efungen worden. Der Berfaffer ift der 
no e Ehitere, Diefen Nachweis brachte der 
r. 


ur Dichter I. Phil. Conz, der Jugend» 


Pr. Hofratb Dr. Rouffeau in der Allgem. 


335. Laudon nor Belgrad (1789). 








— nn 
— — — —— 






2. Frühmorgens als der Tag aubrach, 
Daß man über die Donau ſach, 

Da ſach man ſo viele Reuter da ſtehn, 
Dragoner und Musketiere; 

Die Türlen haben groß Lärm gemadıt, 
Die Kaiferlihen wollen marfhieren. 


3. Öeneral Laudon ſchidt einen ſchnellen 
Bot 

Nah Belgarad zu laufen fort: 

Ob fie die Stadt wollten geben jekt, 

Sie follen ſich refolvieren, 

Die Kaiferlihen hätten ſich vorgefett 

Sie wollens fonft bombardieren. 


4. Der Paſcha hierauf zur Antwort gab: 
So fann das aber nicht laufen ab; 
Bir wollen der Kaiferlihen Stud befehn, 
Sonft wär e8 und ein Schande, 

Und wenn wir in das Türkiſche käm'n, 
Sie jagten und aus dem Lande. 


Ditfurt, öfterr. Heerlieder. Nr. 31. 


am das ber ein ftar «ter Held, zum Trug der ftol » zen Tür fen. 


5. Der Paſcha ſchickt einen ſchnellen Bot 


Nach Konſtantinopel zu laufen fort: 

Ob er noch keinen Succurs bekomm, 
Stadt Belgrad zu ſecundieren? 

Die Kaiſerlichen ſtünden gar ſtark davor 
Sie wollten es bombardieren. 


.Doch kein Succurſe kam daher 


Sie fürchten ſich vor das Kaiſerlich Heer. 
Da ſteckt der Paſcha heraus die Fahn, 
Als wollt er attakieren, 

Und als General Laudon das vernahm, 
So ließ er gleich aufmarſchieren. 


.Friſchauf, ihr Kanoniere allzumal, 


Rucket die Stucken bis vor den Wall, 
Schlagt an, gebt Feuer, daß donnert 
und kracht, 
Schießt Wil’ und Mauern darnieber, 
Auf daß wir kriegen die jhöne Stadt 
Belgrad, 

Friſch auf, ihr deutſche Brüder! 


v. Ditfurth, Hiftor. Lieder des öfter. Heeres, Nr. 31. Mehrfah mündlich aus 
Franken; umvollftändig auch bei Simrod, Nr. 324. 


147 


356. Laudon vor Belgrad (1789). 


Mäßie. Ditfurtb, öfter. Heerlieber, Nr. 32. Mündl. aus Franfen. 
— 





Als die gro⸗ße StabtBel-ga-rad Jo ⸗ſeph der Zweit be» la⸗gert bat, da mußt 








Rau «don fom-man =» die . ren, wie den Streit man foll«te ——— trat 





er mit feirner Macht vor die Tür-ken in die Schlacht. 


Tert in 9 Strophen bei Hildebrand, hiſt. BL,, Nr. 63. — Diefelbe Melodie 
wurde noch 1849 gejungen zum Lied vom Sturm auf die Düppler Schanzen „Als 
es fam um Mitternacht” (Ditf., bayr. Heerlieder, Nr. 54). 


337. Auf Kaiſer Iofephs IL. Tod (20. Febr. 1790). 


Ruhig und emft. . Mel. aus dem Odenwald. 


954 

UL | SE — —— — — HEBEN 
DT dd — 
— — 


Jo⸗ ferphuß, der rö- mirfhe Kai » fer, der welt» be » rübmste eld, 
der mit dem tür» fischen Kai» fer ge « füm- pfet bat im Feld, 












in fein früb- fin Jahr'n fhon auf die To» dei » bahr. 





2. Joſephus der drudt dem Laudone 3. Der Leib muß wieder zur Erden, 
Zum lestenmal die Hand, Woraus ihn Gott erfchuf, 
Dem alten getreuen Barone, Muß Staub und Aſche werben 
Der weit und breit befannt, Hier in der Todesgruft. 
Dankt ihm für feine Treue Sei er Kaiſer oder König, 
In allem Feldgeſchreie; Der Tod fragt darnach wenig. 
Da weinte der alte Greis, Er nimmt den Herm vom Thron 
War wie der Schnee fo wei. Als wie den Hirtenjohn. 


10* 


148 


4, Hier rubt Joſephus der Zweite, 5. Sein Grabſtein ward gezieret, 
Der römiſcher Kaifer war, Wied einem Monarchen gebühret, 
Therefia an der Seite, Mit Sternlein ausftaffieret 
Die ihn zur Welt gebar. Den Titel, ven er geführt, 

Da liegt er ohne Kummer Daß Jedermann kann leſen, 
Mit Fried und Freud im Schlummer, Was er auf Erden geweſen: 

Zu Wien in einem Sarg Der große und mächtige Held, 
Liegt Joſeph der Monarch. Der Erbe vom Thron der Welt. 


Melodie und Tert aus dem Odenwald und von der Bergftraße, aus 3 zerfungenen 
Lesarten (1842—59) hier zufammengeftellt. Cine ähnliche Lesart mit 4 Strophen 
ebenfall® aus dem Odenwald bei Hildebrand, hift. VL., Nr. 64. Bollftändiger bei 
Ditfurth, fränk. BP. II, 163, mit anderer Melodie. Unvollftändig (3 Str.) bei 
Simrod, Nr. 325. Wieder abweihend Meier, ſchwäb. VL., Nr. 150 mit ähnlicher 
Melodie. — Mit den zahllofen, unwefentlihen Varianten umd dem gefungenen Un- 
finne will ih ven Leſer verfchonen. Bemerkt ſei noch in 5, 4 der voltsthämliche 
Accuſativ (den) für Nominativ (der). 


388. Lied der Heffen vor Frankfurt (2. Ber. 1792). 


Lebhaft. v. Ditfurth, hiſt. Lieder. 1763 -1812. Nr. 50. 












Zum Don ner, zum Don +» ner, zum Don » ner-Hal -loh! bei und gehts in Ba— 











tal » je fo: Fran-— 30» fen die müfefen die Ze» de be + zabln für 





Donner Hal» Ich! Bei und gehts in Ba» tal = je fot 


2, Faites votre jeu, faites votre jeu, 
Allons, allons, allons messieurs ! 
Habt ihr dicke Trümpfe, her damit! 
Wir wollen euch zeigen, was Spielens ift Sitt. 
Zum Donner ꝛc. 


3. Der Hauptmann drückt den Hut aufn Kopf: 
„Ihr Kerls, ſpuckt mir den Frauzoſen aufn Zopf, 
Sonft fol euch ein Himmelkreuzdonnerwetter 
In'n Magen 'neinfahren, ihr Schodihwernöther!” 

Zum Domer x. 


149 


4. Herr Hauptmann, hoho! nur feine Bange nicht! 
Der Franzofe feine bligblaue Schmiere kriegt, 
Das müßte ja gleich der Teufel fein, 
Wenn wir ihn nicht jagten nah Mainz hinein! 
Zum Donner, zum Donner, zum Donner hallo! 
Bei uns gehts in Batalje fo! 


Tert und Melodie bei v. Ditfurth, Hift. Lieder vom Ende des fiebenjährigen 
Kriegs bis 1812, Nr. 50. — Die Melodie ift eine in Thüringen und Heflen befannte 
Iuftige Bollsweife: „Zum Zippel, zum Zappel ins Kellerloh nein!” x. — 


389. Belagerung von Mainz. 
(30. März bis 23, Juli 1793.) 
Melodie: Marfchieren wir in das türfifche Land (f. Ar. 335). 


1. Marſchieren wir durchs Frankenland, 4. Und es geſchah den andern Tag 
Nah Mainz, das uns ſehr wol befannt Daß man der Preußen Stüd befad, 
Wo jest ftehn die Franzoſen; Die er vor Mainz ließ führen, 
Wir ruden vor das Mainzifh Thor Bei fünfundfiebzig an der Zahl; 
Zum Trug! noch immer mehr hervor Cüftine rüdte auf den Wal 
Mit Pulver und Gefchofien. Und that ſich ftarf poftieren. 


2. Prinz Coburg ſchickt Trompeter hin . Eüftine ſchickte eilends fort 
Es follt zur Uebergabe Cüftine Auf Landau nah Succurs, um dort 
Sid nun bald refolvieren; Die Preußen einzufchließen; 
Die Deutfhen ſtunden ftarf davor Succurs der follt bald kommen nad. 
Mit ihrem ganzen Kriegescorps Wir draußen fragten nichts darnach 
Und wolltens bombarbieren. Und thaten tapfer ſchießen. 


3. Cüftine gab zur Antwort drauf: 6. Doch der Succurs blieb lange aus, 


we 


„sh fann die Stadt nit geben auf, 
Das wär mir eine Schande; 

Ih muß der Preußen Stüd befehn, 
Sollt ih zurüd nah Landau gehn, 


Cüftine ftedt fein Fähnlein aus, 
Er wollte accorbieren; 

Wir Deutfhen fragten nichts darnach 
Und thaten drauf den ganzen Tag 


Sagt man mich aus dem Lande.” Aufs neue avanczieren. 


7. Auf, ihr Konftabler allzumal, 
Rüdt num die Stüde vor den Wall, 
Schießt Wall und Mauer nieder! 
Schlagt an, gebt eur, daß donnert und kracht! 
Wir fehn noch mande ſchöne Naht: 
Friſch auf, ihr deutihen Brüder! 
Fl. BL: „Neue Kriegs- und Solvatenliever* (um 1800). Bon 4 Liedern das 
erfte. Text Soltau I, 567. Vergl. v. Ditfurth II, ©. 165, 171, 180. Defien 


hiſtor. Lieder des öſterr. Heeres 1874, Nr. 36. Fragment aus dem Odenwald bei 
Hildebrand. 


TS 1,1 Franfenland, Frangofenland. 


150 


340'. Arienslied wider die Elubbiften in Mainz um 1793. 


1. Du ftolger Neufranfe! was bildſt du dir ein, 
Daß du uns das Mainz nicht geben willft ein? 
Meinft du dann, daß der Preuß dich wird befhirmen? 
Ah nein, ad nein, er wird dich beftürmen. 


2. Bift du dann etwa ſtolz auf die Elubbiften? 
Die Deutfhen werben fie alle verwüſten, 
Site werben fallen in deine Städte hinein 
Und alles verbeeren groß und Hein, 


3. Francifcus der Zweite mit feinen Lenten 
Kommt ſchon marfhiert von allen Seiten; 
Der Anfang wird fein auf Mainz die Stabt, 
Da fih ſchon niemand gewaget an hat. 


4, Die Wurmfer Hufaren find ſchon übern Rhein, 
Und bringen euch großen Schreden und Pein; 
Sind lauter fhöne Leute, die ganze Neuterei 
Die treiben mit Elubbiften ja feine Kinderei. 


‚Nun kommen au noch die Heflen dazu, 

Die euch, Yalobiner, nicht laſſen in Ruh; 

Sie dringen rechts und links in Flanken hinein 
Daß ihr fangt an erbärmlich zu ſchrein. 


6. 9a, num ihr Elubbiften, was fangt ihr dann an, 
Wenn ihr fein gejhlagen bis auf einen Mann? 
Alsdann werd ihr geben lauter gute Wort 
Und dann eingehen den ſchlechſten Accord. 

7. Wer wiffen will, wer vieß Lied hat gemacht, 

Ein deutſcher Soldat der hat es erdacht, 
Er hat e8 erdadht dem Franzmann zur Schmad 
Damit fih ganz Franfreih dran fpiegelen mag. 


au 


Fl. BL, 8%, 2 BU: „Zwey ſchöne Neue Kriegs Lieder über die Clubbiſten 
der Stadt Mainz“, o. 9. (wohl um 1793). Davon das 2. 


* SH Nachbildung des Patriotenlieded von 1793: Du ftolger Patriot, was bildeft 
du dir ein, daß du und das Brabant nicht laffen willeft ein? Meint du, daß der Preuß’ dich 
werde befhüpen? Ad nein, ach nein, er wird dich ſtürzen. 


340°. Soldntenlied (1793). 


1. Es ift ein Prinzlein noch fo Hein, Hoßee! :l: 
So muß e8 ein Franzoſe fein. Hoßee! 
Vivat Dranien, das große Tantchen ! 
Bivat Dranien, Hoßee! 


2, Der römifhe Kaiſer ift ja auch ein Held, Hofee! !]: 
Der all das Seinige nad Frankreich ftellt. Hoßee! 
Bivat Dranien x. 


151 


3. Der König von England der hat fi geihworen, Hoßee! :]: 
Der Teufel möcht alle Franzoſen holen, Hoßee! 
Vivat DOranien ꝛc. 
4. Der Herzog von Braunſchweig das iſt ein General, Hoßee! 
Der alle die Franzoſen verjagen kann. Hoßee! 
Vivat Dranien ꝛc. 
5. Der Churfürſt von Sachſen iſt ein braver Herr, Hoßee! 
Der tapfre Soldaten nach Frankreich ſtellt, Hoßee! 
Vivat Oranien ꝛc. 
b. Der König von Preußen der hat brav Geld, Hoßee! 
Alles was den Herrn Franzoſen gefällt, Hoßee! 
Vivat Oranien, das große Tantchen! 
Vivat Oranien, Hoßee! 


Fl. Bl. 8.: „Fünf ſchöne weltliche Lieder.“ 1806. Abdr. im Wh. 4, 338. 

Das Lied entſtand wahrſcheinlich 1793, als die Coalition (Engländer, Oeſter⸗ 
reicher, Preußen und Niederländer) gegen die Franzoſen und ihren General Dumou- 
riez in den Niederlanden ſiegreich vorging. 


3410. Ariegslied (1796). 


Im Ton: Prinz Eugen, der edle Ritter xc. 


1. Auf einem fhönen grünen Wafen 3. Großer Gott, was die Franzofen 
Ließ Prinz Karl zur Tafel blafen, Schon für Menſchenblut vergoflen 
As ein Held und Kriegesmann; Und das Reich verheert darzu! 


Kührt die Trommeln, ſchlaget Lärmen Prinz Earl, voll Grimm und Zorn, 
Laß die fenrigen Bomben fhwärmen, Sitzt auf zu Pferd mit Stiefel und Sporn 


Blutige Mahlzeit fängt ſchon an. Ruft: Schießt, Haut und flecht nur zu! 
2. Trommel und Trompeten fhallen, 4. Ihr Hufaren, aufmarfcieret, 

AM Kanonen Hört man Mnallen Blutrachgierig anancieret 

Daß erbebt die ganze Erd; Auf Franzofen ftolgen Muth! 

Feurige Bomben und Haubigen Friſch gewagt ift Halb gewonnen, 

Sieht man auf vie Städt ſchon bien, Schlagt drauf, bis fie al umlommen 

Bis durh Feuer find verzehrt. Und vertilgt die Freiheits⸗Brut! 


5. Ihr Soldaten allzufammen, 
Zu Fuß, zu Pferd, in Gottes Namen 
reift den Feind nur herzhaft an! 
Gott der Herr wird euch beglüden, 
Seinen Shug und Schirm eu ſchicken, 
Bis ihr tragt den Sieg davon. 


Fl. Bl. (um 1796): „Drey fhöne neue Kriegs⸗ nnd Giegeslieder von Prinz 
Carl und Raifer Fran. 1. Auf, trinft die Geſundheit, Prinz Earl ıc. 2. Auf einen 
fhönen grünen Wafen x. 3.Raifer Franz, dein Gott lebt noch.“ Ganz gleichen 
Drud und Ausftattung bat ein fl. Bl. des Titels: „Beichreibung der großen Bataille 
und Schlaht durch rim Carl mit den Franzoſen bei Wirzburg und Frankfurt. 
Nebſt ihrer Flucht über den Rhein umd gänzlihe BVertilgung in Schwaben. Im 


152 


Monat September 1796.” — [Handelt vom Anmarfd der Raiferlihen in Würzburg, 
Erzherzog Earl, von 13000 Franzoſen faum 6000 übrig geblieben.) — Diefer Tert 
wurde von Erf an Birlinger gegeben und abgebrudt in deſſen Woh. II, 603. — 
Nahbildungen davon find das Churmainzer Kriegslied von 1799: „Auf einem ſchönen 
grünen Raſen ließ Albin zur Mahlzeit blafen“ und „Blüher's Mahlzeit“. Letztere 
beiven folgen bier. 


T 1,1 der Waſen, abd. waso, mhd. wase, Bededung, Rafen. 


34, Ber Churmainzer Ariegslied (1799). 


Langſam. Kretzſchmer⸗Zuccalmaglio IL, Rr. 134, 


— — 


er u u > EEE GE 
= 4 BCE 1. EEE + SSR *1 
Nur, £ 4-9 


1. Auf einem fhö » nen grüsmen Ra-ſen, da lien Albin zur Mahl» zeit 








blu =» ti» ge Mahl » zeit gebt ſchon an. 


2. Laß Paulfen und Trompeten fallen, 4. D ihr Grenadiere! zum Aufmarjcieren. 


Laß alle Kanonen auf einmal fuallen Mit bfutigen Fahnen zum Abmarſchieren, 
Auf daß fih empört die ganze Welt, Auf diefen ſtolzen Franken los! 
Laß Bomben und Haubigen bligen Friſch gewagt ift halb gewonnen, 


Die Feſtung Mainz die muß jchon Nicht verzagt, es wird ſchon kommen, 
ſchwitzen, Wems Churmainz gehören ſoll. 
Bis das Feuer hat Koſtheim verzehrt. 

3. Gerechter Gott! ſechs Jahr verfloſſen .D ihr Churmainzer all zuſammen, 
Habn wir Churmainzer vielBlut vergoffen, Zu Pferd, zu Fuß in Gottes Namen, 
Und iſt zu hoffen noch kein Ruh. Greift den Feind nur herzhaft an! 
Herr Albini* hat Grimmen und Zorn, Gott der Herr wird uns beſchützen, 
Er ſaß zu Pferde mit Stiefel und Sporn: Seinen Schug und Segen jhiden, 
Schießt und haut und ſticht nun tobt! General Albini führt uns an! 


wir 


Tert im Wohorn. II, 1808, ©. 20. Bei Kretichmer IL, 134 ift dieſes ältere 
Lied mit wenig veränderten Worten auf Blücher angepaßt und fo hörte Zuccalmaglio 
es 1827 in Köln von der 7. Urtilleriebrigade noch fingen, 


* 5, F. von Albini (1748—1816) war Hoffanzler und Minifter in kurmainz'ſchen Dienften. 
1799 ftellte er fih an die Spige ded Mainzer Landſturms. 


153 


Die Aenderungen zum Blücherliede find: 1,2 Ließ Blücher fih zur Mahlzeit blafen. 
1, 3 Unfer alte Feldmarjchall. 2,5 und 6 Es follen die Franzoſen ſchwitzen, ſolch Feuerlein ift 
bier beftellt. 3,1 Wol zwanzig Jahre find verfloffen, daß alfo viel des Bluts vergoffen. 3,3 Da 
faßte den alten Blücer der Zom. 4,1 Friſch auf, ihr Reiter, drein geritten. 4,2 hr tapfern 
Füßer drauf gefhritten. 4,6 Wir jagen die tüdifchen Feinde fort. 5,1 D ihr Deutfchen all 
zufammen. 5,6 denn unfer Dlücher führt und an! 





342. Belagerung von Bhilippsburg durd) die Franzofen 1799. 


Ditfurtb, fränf, BR. IL, 227. 






Die fjran »zo = fen brechen ein bei Mann-heim ü - ben Rhein; fie 





Zr 
— 
ei 

*1 


bau» en dar =» auf ihr! Schanszen imo 

1. Die Franzofen brachen ein 3. Der deutfhe General 
Bei Mannheim übern Rhein, An feine Leut befahl: 

Denn fie wollten friſch wagen „Solang die Stadt nicht Liegt in der Afche 
Stadt und Feltung zu belagern, Und das Tuch nicht brennt in der Tafche, 
Sie bauten ſchon auf, Sp lange laſſ'n wir nicht 

Und ſchoſſen darauf. Feſtung Philippsburg im Stich! 

2. Der franzöfifche General 4. Wie ein Donnerwetter flug e8 ein 
Gab den Deutſchen Befehl: Das Kanonenfeuer übern Rhein, 
„Stadt und Feitung müßt ihr" und geben, Da fieng an zu laufen 
Sonft koſt's euch euer Leben; Der ganze franzöfifhe Haufen ; 

Mit Feur und mit Flamm Wir begehren auf Ehr 
Schießen wir eud zuſamm'!“ Eure Feſtung nicht mehr. 


5. Sechs Tag und fieben Nacht 
In Feuer zugebradt. 
Herzog Adolf, du ſollſt leben 
Dein Kronprinz daneben 
Und alle Offizier ! 
Luftge Nafjaner* find wir! 


Solvatenlied. Text a) wie bier aus dem Naflauerlande, noch mündlich 1880 
(ohne 4. Strophe). b) aus dem Odenwald bei Hilvebrand Nr. 66 (daher die 4. Str.) 
c) aus Franken, Ditfurth fränk. BL. 11, 227 (mit Mel.) d) aus Thüringen: O. Schade, 
Weimar. Yahrb. III, 315. — Vergl. die Umgeftaltung diefes Liedes Nr. 363 unten. 


* Die 5. ift eine neuere Zufagftropbe, erſt 1848 entjtanden und ächt foldatiih. Statt 
„Naſſauer“ fang man in Thüringen „Weimaraner“ und in Franken „ähte Deutſche 
nd wir!" — 


154 


Barianten: 1,4 Stabt Philippäburg zu belagern. 1, 5 Sie bauten darauf ibre Schanze 
wol auf (Ditf.). 2,2 feinem Trompeter berakt: Thut Die Hr aufgeben x. 3. Der Gom- 
mandant war voller Muth: Wir fürdten fein Blut! bid die Stadt liegt in Afche und das Pulver 
brennt in der Taſche, eher laffen wir nicht die Feſtung im Stich! (So im Odenwald.) Strophe 4 
nach Hildebrand, wo aber die 5. Strophe fehlt. 


343. Auf die Dreikaiſerſchlacht bei Aufterliß. 2. Ber. 1805. 
1.D BWandrer ftehe ftill [6. Und wenn euch einft die Welt- 


[7 


wa 


u 


In diefem heilgen Schatten! 
Hier zeigt fih ein Monument, 
So du nod nie gefehn: 

Die Friedensgöttin kam 

Mit Mars ſich zu begatten 
In dieſem ſchönen Thal, 

Wo Weſt und Zephyr wehn. 


. Ein mörderiſcher Krieg, 


So jelbft die Höl erſchaffen 
Berfammelt fi ein Volk 

Bon ferner Region: 

Auf Oſtreichs ftiller Flur 
Erſchien ein Heer mit Waffen, 
Beinah von jeder Sekt, 

Bon jeder Nation. 


. Wie mander fand den Tod 


In diefem Himmelsftriche, 
Und feine Leiche ruht 

Hier in der Erde Schoof, 
Der Ungar beim Kroat 

Der Böhme bei dem Griechen, 
Der Deutfhe beim Kofal, 
Beim Ruſſen der Franzos. 


. Hier ruht der Freund und Feind 


Die fi) gemordet haben, 

Der freund ftarb vor dem Feind 
Den Tod fürs Vaterland; 

Und wenn fie fih aus Wuth 
Und Pflicht ein Beifpiel gaben, 
So reihen fie fi jett 

Berföhnt die Bruderhand. 


Verſchonet diefen Ort, 


Wo Greul und Hader ſchwinden 
Bis daß uns einft die Auf- 
erftehung wieder medt. 

Dann werbet ihr die wahre 
Gleichheit wieder finden 

Und eine Gleichheit, die 

fein Brudermord befledt. 


1 


00 


9, 


10, 


Trompeten wieder weden, 
Und fteigt ihr dann heraus 
Aus kühler Erdengruft, 

Sp erblidt ihr nichts 

As neuen Mord und Schreden 
Und eine Macht die Gott 

Auch zu belohnen ſucht. 


.D Aufterlis, du bleibeft 


Mir flets zum Angedenken, 

Daß Schauplag du einft wareft 
Bon großem Mordgeſchrei 

Wo viele Taufend da 

Ins Eis und Wafler ſanken; 
Doch find fie jegt vom Schladt- 
Getümmel gänzlich frei. 


. Bei allem war die Macht 


Des Feindes überlegen 

Man kam noch ehe ran 

Als die Beftimmung war. 
Man fah dort keinen Ruſſ', 
Kein Säbel oder Degen, 
Doc blieb der Kriegersmann 
Im ftetiger Gefahr. 


Nah langem Kampf warb doch 
Endlih die Schlacht verloren, 
Doch war e8 nicht die Schuld 
Des braven Kriegersmanns. 
Wer kann denn je dafür 

Daß Schurken find geboren, 
Wo jeder das Schlachtfeld, 
Mit Herzblut färben Tann. 


Zu Preßburg war der Dt, 
Wo man den rieden ſchließet, 
Alwo der Fürften Rath, 
Beſchloß fih zu verſöhnen. 
Nachdem viel Taufend da 

Ihr Leben mußten laffen, 
Doch kann der Friede nur 
Für uns recht glücklich fein.) 


155 


dl. Bl. um 1813—20, ohne Angabe der Ueberſchrift und blos 1.—5. Str. wie 
bier. — Die Strophen 6—10 Zufag in einem ebenfo beginnenden Liede, mündlich 
vom Niederrhein (Dülfen) bei Zurmühlen Nr. 67. Darin fehlt die 5. Strophe und 
der ganze Zuſatz ift verwilbert. 


* Die 5 erften Strophen (fl. BI.) ſcheinen ein Lied auf ein Kriegerdentmal in Defter 
reih zu fein und erwähnen die Schlaht bei Aufterlig nicht. Confus ift 7. Strophe, wo das 
Schlachtterrain von Aufterlig vermengt wird mit der Kataftrophe auf ber Berefina. ebenfalls ift 
diefe Eonfufion durch Bielfingen fpäter binzugefommen. 


344. Seldzug der Franzofen und Baiern gegen Preußen 1806. 
Mäßig. Bayt. Soldatenlied. 





ein = zig ges waff-ne » ter Mann. 


Text und Melodie bei v. Ditfurth. hiſtor. Piever des bayr. Heeres Nr. 22 und 
deſſen Hiftor. Rieder des preuß. Heeres Nr, 92. 
Umdichtung 1864 auf den Feldzug in Schleswig: 


Ach Düne, was haft du gefangen an? 

Schon wieder aufs neu einen Krieg! 
Deftreiher nnd Preußen greifen dich an 

Als wie ein feurig Licht. 

Sie werben di bald aus Schleswig vertreiben 
Und werden dich jagen davon, 

Darin fol feiner verbleiben, 

Kein einzig gewaffneter Mann. 


345. Erzherzog Karl an feine Soldaten. 1809, 
Mel.: Auf, auf, ihr Brüder und feid ftarf. 
 Mäßig. Öfterr. Heerlieder Nr. 46. 







Auf, auf, ihr Rrie » ger, auf zum Streit für Gott und Ba» ter » land! Zur 








eurer ta + pfen Hand, mit eu» rer ta» pfern Sand! 





346. Sandwirth Hofer's Leiblied. 1509. 


(Bolfsweife.) 
Mel.: Herr Bruder, nimm dad Bläschen ꝛc. Boltaweiſe. 


zen 





Sän- bel an der Sei » ten, den Stusgen in der Hand! Berdentt, wad wir er— 





| Best Be ; 
lit » ten, feit je »- nem Frie- dend » ſchluß! fürs Ba» ter» land ge 
Eher. 
Sf 





frit » ten! ſei der Ty- ro » ler Gruß. Sal = To, hal» Io, hal 





fo, hal-lo! Bei und gebtd im =» mer jo. 


Tert: Fl. Bl. vom Jahr 1809 aus Tyrol (6 Strophen) gekürzt in Hoffmann’s 
Bollsgefangb. 1848, Nr. 146. 


347. Abſchied der Königin Lonife (+ 19. Juli 1810). 


Mündlih aus Hellertöhaufen Hochwald), Dirmingen bei Ditweiler, 
Mäpig langfam. — a. Glan, Horchheim x. (1880—90), 










Wilshelm, fomm an mei » ne Sei⸗-te, nimm den Teh «ten Ab ⸗ſchiedée⸗ fg! 





Schlummernd Hört ih ein Ge »Läu« te, wel» ches mich zum Gra » be ruft. 


157 


Andere Melopie. 





Aus Heffen und Weftfalen. 1885, 





bör ich das Ge» läu- te, 


wel = ches mic 


zu Gra- be ruft. 


Dritte, aber ältefte Melodie. 





— hör ich ein 

2. Wilhelm, drücke, ach! ſo drücke 
Dich an meine bange Bruſt, 

Nimm von meiner kalten Lippe 
Nun den letzten Abſchiedskuß! 

3. Treu und fromm war mein Beſtreben, 
Liebevoll dein Weib zu ſein; 

Beſter König, dir zu leben 
Und der Tugend treu zu ſein. 

4. Aber ach! ganz ohn' Erbarmen, 
Droht das Schickſal mir den Tod, 
Reißet mich aus deinen Armen, 
Drückt mein Herz mit Gram und Noth. 

(5. Frankreich bat uns überwunden, 
Dies, mein König, kränket mid, 
Dies verfürzet meine Stunden, 
Reißet mich jegt ſchnell von dir. 

6. Ah! wie leiden unſre Staaten, 
Unfre brave Gamifon, 

Dffizter und auch Soldaten, 
Ah! wie finkt jest unfer Thron! 

7, Died war lange ſchon mein Grämen, 
Magdeburg und Halberftadt, 

Auch Weftfalen hinzugeben, 
Da man nit gejündigt hat. 

8. Das ifts, warum ich mic Fränfe, 
Alles fteht in Gottes Hand: 

Iſts fein Wille, o, fo ſchenke 
Er dir das verlor'ne Land.) 


Ge + lau =» te, 


Brandenburgifch. Erf I. 6, 23. 






wel = bed mich zum Gra= be ruft. 


9. Sorge nur für meine Finder, 
Nimm fie an dein VBaterherz! 
Sie find Kinder, jung und minder, 
Wende von ihn'n Leid und Schmerz! 
10. Laß fie riftlih fromm erziehen, 
Armen immer Gutes thun, 
D! fo wird dein Staat einft blühen, 
Und auf dir wird Segen ruhn. 
11, Nimm den Vorrath, den ich laſſe, 
Gold und alles Silbergeld, 
Gieb ihn in die Armenkafle, 
Dafür ift er nur beftellt. 
12. Meinen Tod, den fie beffagen, 
Iſt für fie gerechter Schmerz, 
Weinend werben fie dir jagen: 
Louife hatt! ein gutes Herz! — 
13. Nun, mein Wilhelm, ich muß ſcheiden, 
Meine legte Stunde ſchlägt, 
Nun entgeh ic allen Leiden 
Die man bier als Menſch nur trägt. 
14, Denn mein Geift eilt jett den Höhen 
Himmlifher Beſtimmung zu, 
Wo wir einft uns wieder fehen, 
Ungetrennt in fel’ger Ruh. 
15. Nein, ad nein, es ift nicht möglich, 
Ich foll nun getrennet fein? 
Denn mein Geift ift bei Dir täglich, 
Beſter König, nur allein, 


158 


16. Bis dich einft an meine Seite » Diefen, Wilhelm, wirft du geben, 
So wie mid, — ruft, Was ich hab an ſie gewandt. 
Und ein tönendes Geläute 

19. In Charlottenburg bereite, 
Zu mir bringt in meine Gruft. Beiter Wilhelm, mir mein Grab, 

17. Mache nur, wenn ich erbleiche, An des ftilen Schloſſes Seite, 
Keinen Aufwand, keine Pradıt, Wo ih Dir mid oft ergab. 
See ftille meine Leiche x i 

: 20. Auf der fhönen grünen Wiefe 
In bie finftre Gruft bei Nacht Stelle mir em Denkmal hin, 

18. Arme, die ich bier im Leben See drauf: Hier ruht Rouife, 

Unterftügt mit meiner Hand, Preußens fel'ge Königin. 


Tert bei Hildebrand, hiſt. BL., Nr. 74, nad einem fl. Bl. um 1820. Die 
politifchen Strophen 5—8 fehlen in fpätern Lesarten. Bergl. Erk I, 6, 23. Ar. L 42. 
Zurmühlen, ©. 27. Beder, Rhein. BL, Nr. 34, daher die erfte Melodie. 

Das war lange ein Lieblingslied der Frauen und Mädchen, die der wehmüthige, 
religiöfe und zugleich menſchlich-empfindungsreiche Ton anzog. Zugleich ifts ein ſchönes 
Denkmal im Herzen des Volkes für die edle Königin. 2, Erf überreichte am 10. März 
1876 dieſes Lied Sr. Majeftät Kaifer Wilhelm I. (Vergl. 8. Schulge: 8. Erf, eine 
biograph. Skizze, Berlin 1876, ©, 91). 


Barianten: 3,4 in Zugend. 4,2 droht dad Shidfal und der Tod, 12,1 Meinen 

Zod, den fie beflagen, ift zc. Hier fteht flatt Nominativ (mein Tod) der vom Relativfap ange: 

jogene Accuſativ, wie fo oft in Bolfsdbichtung i B.: Den Maien, den ich meine, das ift x. 

3,2 Ich foll nur dein Opfer fein (fo in allen älteren Drucken). 16,4 und ein ſüßes Grabge- 
läute. 19,4 Wo ich mich dir treu ergab. 20, 2 richte mir. 20, 3 fchreibe drauf. 


348. Fluchtlied (1812). 
.Mit Mann und Roß und Wagen 4. Fähnrich ohne Fahn', 


— 


So hat ſie Gott geſchlagen. Flinten ohne Hahn, 

Es irrt durch Schnee und Wald umher Büchſen ohne Schuß. 

Das große mächtge Kaiſerheer. Fußvolk ohne Fuß. 

Der Kaiſer auf der Flucht, Mit Mann und Roß und Wagen 
Soldaten ohne Zucht. So hat ſie Gott geſchlagen. 


Mit Mann und Roß und Wagen 
So hat fie Gott geſchlagen. 


31) 


Feldherrn ohne Wit, 


2, Jäger ohne Gewehr, Stüdlent ohne Geſchütz 
Kaifer ohne Heer, Flüchter ohne Schub, 
Heer ohne Raifer, Nirgends Raſt und Ruh. 
Wildnis ohne Weifer. Mit Mann und Roß umd Wagen 
Mit Mann und Roh und Wagen Sp hat fie Gott geſchlagen. 


So hat fie Gott gefhlagen. 


3. Trommler ohne Trommelftod, 6. Speicher ohne Brot, 
Küraffier' im Weiberrod, Aller Drten Not, 
Ritter ohne Schwert, Wagen ohne Rad, 
Reiter ohne Pferd, Alles müd umd matt. 
Mit Mann und Roß und Wagen Kranke ohne Wagen, 


Sp hat fie Gott gefhlagen. So hat jie Gott geſchlagen. 


159 


Fl. Bl. in 120 (12 BU.) mit dem Titel: Fluchtlieder, Riga 1813 ©, 3. Daher Hildebrand, 
bift. BE. Nr. 76, Mit einiger Aenderung und Melodie bei Zarnad, BL. 2,7. Daher Erlach 2, 
465. Der Refrain ift dem Untergang der Egupter im rothen Meer entlehnt. — Das ift eins der 
erfien Volkslieder, weldye damals über den Häglichen Zuftand der Frangofen auf ihrem Rüdzug aus 
Rußland den Spott ausgoſſen. Biel ftärkere Spottlieder, Zerrbilder, Satyren und Boffen folgten 
in Menge, davon man vieles findet bei Scheible, VBoltdwig der Deutfchen über den geftürzten Bona» 
parte. 12 Bändchen. Stuttgart 1849. — 


349°. Hapoleon’s ruſſiſcher Feldzug (1812). 


Aus Schlefien, Pofen, Schwaben und den Rheintanden. 
[3 










* Bar. 





tau»fend Mann find nad Ruß-land kom» men? 


2. Mit Kanonen, Spieß und Schwert 7, Landsmann, nimm dich wohl in Acht, 


Sind zum Krieg verfehen. Wie es dir wird gehen! 
Biel zu Fuß und viel zu Pferd, Siehft du nicht die große Macht 
Die nah Rußland gehen, Auf der Grenze ftehen? 

3. Kaifer der Napoleon 8. Der Koſak und Landwehrmann 
HM nah Rußland kommen. Stehn fhon auf der Schanze; 
Hat fogleid die ſchöne Stadt Spielt nur auf, ihr Kanonier, 
Moskau eingenommen. Uns zu diefem Tanze! 

4. Die Franzofen liefen ſchnell 9, Ein franzöffher Offizier 
Etwas zu erwerben; Sprach: Wir find verloren! 
Denn der Hunger war fehr groß, Ale unfre fhönften Lent 
Biele mußten fterben. Sind im Schnee erfroren. 

5. Napoleon zu dem Bolfe fprad: 10, Engeland und Spanien 
Hier giebts feine Gaben, Kann Victoria fingen: 
Petersburg die Reſidenz Frankreich muß zerriffen fein, 
Müflen wir nod haben. Sonft giebts feinen Frieden. 

6. Da giebtd Brot und Fleifh genug 11. Hochmuth wird von Gott geftraft, 
Und ein Iuftig Leben, Wie es fteht gefchrieben: 

Und ein Glas Chammpagnerwein Kaifer der Napoleon 
Bier und Schnaps daneben. Mufte unterliegen. 


Tert und Melodie aus dem Kegierungsbezirt Pofen. Ext IL, 6,20. Darnach 
bier. Aus Schlefien bei Hoffmann Nr. 256, ohne 4., 7. und 10. Strophe. 
Anfang: Iſt denn das fhon wirflih wahr ꝛc. — Aus Schwaben bei Meier 
Nr. 101. Anfang: Iſt es jegt ſchon wirklich wahr. Aus Franken bei Ditfurth, 
fränlifhe Vollslieder II, 233. Auch am Rhein ift das Lied bekannt. Aus Baiern 
bei Erlad II, 516, mit dem Anfang der 3. Strophe: „Kaiſer der Napoleon ift 
nah Rufland kommen.” Die Lesart im Elfäfler Dialekt folgt bier. 


160 
349°, Napoleon in Moskau. 1812. 


Aus dem Elſaß. Wederlin I, ©. 278. 









Kaisfer der Na⸗ — le» on fen nah Rüß⸗land z0 = gen, bat | fo «gar die 














gro » fe Stadt Mod-fau ein = ge = nom» men. 


2, Ein franzöfher Offizier 3. Grenadier und Boltigeur 
Sprach: ‚Mer fin verlore, Steigen auf die Schanze, 
Alt unfri ſchönſchti Manu Spielen fie und morben fie 
Sin im Schnee verfrore! Mit ihr ſcharfen Lanze. 


4. Spanien und Engelland 
Dien fie'd gloria finge, 
Rüßland müeß verriffen fein, 
Sunſcht giebts feine Friebe. 


300. Sipottlied auf Napoleon’s Rückzug aus Rußland. 1812. 


Marihtempo. Zyroler Mel. 1809. 














re Zw ze; —ö ot — — 






—— 
posleson im off =» nen Feld; bei Mod=kau da war die Brorße, gro⸗ße Schlacht, Na⸗ 








— 
ſaken die find da, fie trasgen lan-ge Bär« te wie die Teufel ſtehn fie da. 


2, Und er fchrie, daß fih Gott im Himmel hoch erbarm: 
„Wie bin ih dod auf einmal fo arm, fo arm! 
Ih hab’ meine ganze Kriegskaſſ' verlor'n, 
Dazu find mir bunderttaufend Pferde verfrorn. 
Hurrah, hurrah, hurrah! ꝛc. 
3. Ach Gott wo retiriren wir uns jetzt hin? 
Ach daß ich ganz verlaſſen hier nun bin! 
Das hätt' ich nicht geglaubt von der Rufſen-⸗Nation 
Daß fie mich würde jagen weit davon! 
Hurrah, x, 


161 


4. Und als er num gelommen, bi8 nad, bis nah Dres'n, 
Da hat man ihn gefragt: wo er jei gewei'n: 
Ich wagte mich zu tief nah Rußland hinein, 
Das fol mir künftig eine Warnung fein ! 


5. Und als er num gekommen bis nad, bis nah Mainz, 
Das war des Nachts um halber Eins: 
Die Ilumination war eben nicht fehr Kell, 
Man hielt ihn für den Fürften von Neufchätel. 


6. Und als num der Wagen fo fhnell, fo ſchnell hinrollt, 
So hat man ihm gefragt, wo er denn hin wollt? 
‚Ih will num fahren nah Paris 
Kuriren laffen meine Füß.“ 


-ı 


. Und als er num gefommen bis nad, bis nad Paris, 
Beſahe der Senat fein’ gefhwollenen Füß. 

„8, Narpispaspoleon, wie fiehft du denn nur aus, 
Die bift du denn gefommen aus Rußland heraus?“ 


8. Dann fuhr er in aller Geihwindig — Schwindigkeit 
Aufs Rathhaus, dort ftellt er fidh Hin, die Arme in die Seit; 
Und da ihn nun die Rathsherren ausgeladht, 
Da ſchrie er aus aller Leibesmadt: 
Hurrab, hurrah, hurrah! die Rofafen die find da! 
Sie tragen lange Bärte, wie die Teufel ftehn fie da! 


Handfriftlih aus Thüringen um 1820—1830. Aehnlich der Text bei Pröhle 
Nr. 106, um 1845 fo aufgezeichnet wie es in Halle von Studenten gefungen wurde. 
Die Melodie gehört urjprünglih zu einem Tyrolerliede: „Friſch auf, ihr 
Tyroler, wir müffen ins Feld“, das bereits 1809 viel gefungen wurbe. 
Sie wurde fpäter zu Arndt's Lied: „Was blajen die Trompeten? Hu- 
faren heraus!” benutzt und mit diefem (das 1813 gebichtet) zuerft gebrudt in 
Deutſche Burfchenliever. Jena, Eröfer 1817, 


301. Hapoleon 1812. 


Aus der Wetterau. 1890, 










Nasposles on, du gro-fer Sierger, du reift nah Ruß land, kommſt gleich 





wie · der. Gi, waäͤrſt du nicht nach Rußland g'reiſt; könnſt mit Luft noch Kaifer* fein! 


Bal-leraleles ri, valelesralslerra, jegt nun fein die Hef- fen da! Bi+vat! 
Ert u. Döhme, Liederhort. II. 11 


162 
2, Napoleon brauchſt nicht zu prahlen, 3. Am Rhein, am Rhein ftehn die Kofalen, 


Deine Generäle find gefallen. Sie wolln ihn jagen mit Sad und Baden. 

Deine ſchöne Cavallerie Koſalen geben kein Pardon, 

Liegt bei Moskau in dem Schnee. Bal- Dieweil e8 heit Napoleon. Ballerie x. 
lerie xc. 


Barianten; könnſt fhon deutjcher Kaifer fein. 


* Das Lied wurde noh 1866 in der Wetterau von den Knaben beim „Soldatenfpielen“ 
gefungen. Bergl. Bödel ©. 117. 


302°. Preußifches Ariegslied 1813. 


Friſch und kräftig. Mel. aus der Gegend von Breslau. 1840. 
1 









Wir Preu » Ben zie- ben in dad Feld, | ‚ R . 
| give Ba » ter- land und nicht fürs Geld, na nl ES 





Un» fr König if ein Bra = ver Held, er zieht mit fei» nem 






Heer ind Feld, und er fol Te » ben, und er fol Te =» ben, und er foll 






le » ben mit Sur » rab! Hur » rab, hHur» rab, hur- rab, hur- rah! Hur 






rah, hHur =» rab, hur- vab, hur- vab, und er fol Te » ben, und er foll 








le » ben, und er foll Te» ben mit Hur- rah! 


Barianten aus Pommern (kretzſchmer). 





2. Bei Leipzig war die große Schlacht, 
Die hab'n wir Preußen mitgemacht; 
Da ftanden hunderttaufend Mann, 
Die fiengen auf einmal zu feuern an 
Auf die Franzoſen, :]: , :]: mit Hurrah ꝛc. 


163 


3. Und als Napoleon das vernahm, 
Da fprah er gleih: Ich armer Mann, 
Mein’ Generale find all’ verlor'n, 
Und meinen Soldaten ift bang geword'n 
Bor foviel Leuten, :]: , :]: mit Hurrah! 


4. Und als der helle Tag anbrach, 
Und man das bintge Schladhtfeld fah, 
So waren alle Felder roth 
Bor lauter, lauter Franzofenblut, 
Sie mußten fterben, :|: , :]: mit Hurrah! 


5. Mit dem König von Preußen hats feine Noth, 
Der König von Preußen hat Geld und Brot, 
Napoleon, hättft du mit uns Friede gemadıt, 
Und Hätteft nicht mehr an Rußland gedacht, 
Wärſt Kaiſer geblieben :]: , :]: mit Hurrah! 


6. Wer hat denn diefes Lied erdacht? 
Das haben wir Herren Soldaten gemadt, 
Wir habens gejungen, wir habens ervadıt, 
Wir habens dem König zu Ehren gemacht, 
Und er fol leben ;|: , :|: mit Hurra! 


Schleſiſche Lesart aus verfchiedenen Gegenden: bei Hoffmann, Schlef. Volksl. 
1842, Nr. 258. Dieſe Redaktion ift im Terte volljtändiger und befler, die Mufit 
verbreiteter, ald die bei Kretzſchmer. 


Der ei A. Kretzſchmer (Boltsl. I, 1838, Nr. 192, daraus im Preuß. Soldaten- 
liederb., 1881, Nr. 44) giebt die Melodie etwas abweichend, wie die Barianten oben melden. Auch 
bat fein Tert blos 3 Strophen (1., 2. und 6. bier) mit folgenden Abweihungen: 1,3 Der 
König ift ein tapfrer Held, er gebt wie ein Vogel in das Feld. 2,3 Da floffen ja alle Berge 
fo wel von lauter jungem Franzofenblut; fie müffen fterben ꝛc. 6,2 Das haben die Füfelier 
gemacht. — 

Kregichmer bemerkt dazu: „Aus den Jahren 1813—1815, entftanden und gefungen im Gol- 
alten Regiment.“ Hoffmann fagt dagegen: „Es ift viel wahrfcheinlicher, daß died Lied im 
ſchlefiſchen Heer unter Blücher entftand und ſich von da aus verbreitete.” 

Die Melodie ift Älter ald das Königslied, denn fie war in etwas — Form ſchon 
Anfang des 18. Jahrh. gebraucht zu dem ſüddeutſchen Liebeslied „A Schüßla und a Raindel“ 
(f. Ert IL, 2, 46; Kr. II, 190) oder „Ein Schüffel und ein Häfelein“, das ſchon bei Büjching- 
Hagen 1807 fteht. Mit diefem Anfange wurde fie vor 1810 mehrfah zu Variationen benugt. 
Der —— Melodie wurde 1813 als Refrain dad Hurrah hinzugefügt und das Ganze als Marſchmelodie 
verwen 


302°, Marfdjlied der freimilligen Jäger (1815). 


Kräftig. Mel. von 1813: „Wir Preußen ziehen in das Feld“. 






Mit fro » bem Muth und bei» term Sinn, 
34 Jäger wir nad Frank⸗reich hin; but» rah, hur- tah, hur«rah! 






















er⸗wer⸗ben uns dort Ruhm und Glück, das Liebschen laſ »jen wir zu- rück, und 


11* 





fchei » den, und fchei« den, und fcheisden mit Kur» rah! Hur⸗rah, hur⸗ rah, hur⸗ 





rah, hur- rab! hur-rah! hur⸗rah, hur- rah, hur⸗- rab, und ſchei- den, und 





ſchei⸗-den, und ſchei-den mit Hur « rah! 


2. Frei ziehn wir Deutfhe in das Tell, 4. Geht wie der ſtolze Franke flieht, 


Hurrah, hurrah, hurrah! Hurrah, hurrah, hurrah! 
Nicht durch das Loos, nicht durch das Geld, Wenn er den deutſchen Jäger ſieht, 
Hurrah, hurrah, hurrah! Hurrah, hurrah, hurrah! 
Vereinigt durch ein heilig Band, Zn rächen iſt des Frevels viel, 
Mit Gott fürs deutſche Vaterland Sieg oder Tod iſt unſer Ziel! 
Ziehn wir ſo fröhlich, ſo fröhlich mit Friſch Jäger, friſch Jäger, reife Jäger, 
urrah! x. drauf! Hurrah! 
3. Dort fteht der Feind! Ihr Yäger vor! 5. Und kehren wir mit Ruhm zurüd, 
Hurrab, hurrah, hurrah! Hurrab, hurrab, hurrah! 
Schon tönt uns diefer Ruf ing Ohr: Machts treue Liebchen unfer Glüd, 
Hurrab, hurrah, Hurra! Hurrab, hurrah, hurrah! 
Das Horn erſchallt, die Büchſe kracht, In Deutſchland an dem heim ſchen Heerd, 
Wir rücken muthig in die Schlacht Sind wir des deutſchen Namens werth, 
Und Alles, und Alles, und Alles ruft Und jauchzen, und jauchzen, und jauchzen 
Hurrah! ꝛc. mit Hurrah! 


Melodie und Text aus einem handſchriftlichen Muſikbuche um 1820. Im Preuß. 
Soldatenliederbuch 1884, Nr. 26, mit anderer Melodie, die dem Liede „Ich bin 
der Doktor Eiſenbart“ entlehnt iſt. In Fink's Hausſchatz mit ſelbſtgemachter 
Melodie, die nie geſungen wurde. 


303°, Aus der Jeit der Freiheitskriege (1813 -1815). 


[Nach der Melodie von F. H. Himmel zu Kotzebue's Liede gleichen Anfangs.) 


1. Es kann ja nicht immer fo bleiben 3, Bonaparte, dur faubrer Gefelle, 
Hier unter dem wechſelnden Mond, Du figeft nicht feft auf dem Thron, 
Der Krieg muß den Corſen vertreiben, Du kommeſt doch wieder fo fchnelle 
Keins wird von der Bande verfchont. Herunter, da friegft du den Lohn. 


2. Es kommen die Teutfchen gezogen, 4, Branzofen, ihr werdets oo 
Die Helden, fie fürchten fih nicht: Mit Tentfhen zu Felde zu gen; 
Sie ſchlagen die Corſ'ſchen Franzoſen Sie ſtehen ſo feſt wie die Mauern 


Und halten groß Kriegesgericht. Und legen die Waffen nicht hin. 


165 


5. Wir legen die Waffen nicht nieder, 
Bis Teutfhland ift ganz in der Kuh, 
Zerſchmeißen den Korfen die Glieder, 
Apollyon zerftüdelt dazu. 


Fl. BL. o. D.: Reue Lieder (von 4 Liedern das 3.). — Diefed Lied rief bald ein ähnliches 
aber längeres preußifches Kriegslied hervor das handſchriftlich aus jener Zeit (mit Himmeld Melodie) 
mir vorlag, und beginnt. 


1.,Es wird ja beftimmt nicht fo bleiben 2. Drebt euch, ihr närr ſchen Patronen 
Hier wo jeßt der Wechſel nur wohnt; Mer Kopf hat, der fürchtet fih nicht: 
Der Krieg muß den Krieg nur vertreiben, Im Herzen da bleibet doch wohnen 
Gm Kriege wird Keiner verſchont.“ Die alte echt Preußiſche Pflicht. (11. Str.) 


Begleiten wir obiged Lied noch auf feinen ferneren Wandlungen. 


303°. SHoldntenlied (1813 und 1870). 


Soldaten-Melodie aus Schlefien (1865), ebenfo in Heffen-Darmftadt, 
Marſchmaͤßi. Heffen-Naffau, Wetterau, Schleswig ıc 1880—90. 









— 
Es Tann ja nicht im-mer fo blei⸗ben, bier unster dem wech⸗ſeln-den 





Mond, der Krieg muß den Frie-den ver » frei = ben, im 
* Metterau. 








Kriege wird fei-mer ver ⸗ſchont. Heffen-Darmftadt. 
Schleswig. ** Naſſau. 






+ 
1. Es fann ja nicht immer fo bleiben 2. Und da famen die ftolgen Franzofen, 
Hier unter dem wechſelnden Mond: Wir Deutfhe wir fürdten uns nicht, 
Der Krieg muß den Frieden vertreiben Wir ftehn ja fo feft wie die Mauern, 
Im Kriege wird Keiner verfchont. Und wanfen und weichen fein’ Schritt. 


3. Wir legen die Waffen nicht nieder, 
Dis das Deutſchland ift ganz in Kuh. 
Franzoſen die müflen retiriren 
Bis nad Frankreih ohne Strümpf und Schub. 


Text bier aus Hefjen-Darmftadt 1858. Gebr ähnlich mit allerhand Zufäpen ſpäter nad 
1870—90 aus verfchiedenen Gegenden Deutichlande. 
Im Elſaß fand ich auffallender Weije dasfelbe Lied zweimal umgemobelt: 


A. Auf die Schladht bei Sebaſtopol 1854. 


1. Bir figen fo fröhlich beifammen und haben einander fo lieb, erheilern einander das Leben: 
ach, wenn ed doch immer fo blieb! 

2. Es kann ja nicht immer fo bleiben bier unter dem wechſelnden Mond; der Krieg muß den 
Frieden vertreiben, und im Kriege wird Keiner verfchont. 


166 


3. Und da kommen die ftolzen Rufen, doch wir Franzoſen fürdten und nicht, wir ſtehn 
ja ren | wie die Mauern und legen die Waffen nicht zurüd, 
Wir legen die Waffen nicht nieder, bis in — iſt Alles in Ruh; und die Ruſſen 
viſen retiriren aus Sebaſtopol ohne Strümpf und Sch 
Und der Kaifer von Rußland, der rg PP ge net fo frech auf dem Thron; mit 
den gürten handelt er fo ftrenge, von den Frangofen bekommt er den Lohn. [Gefchr. Kiederb. aus 
Berg (Kr. Zabern). 


B. Auf den italienfhen Krieg (1859). 


. Wir figen fo fröhlich 2c. (wie oben). 
2. Es fann ja nicht immer fo bleiben ꝛc. (wie oben). 
3. Es kamen die ftolzen Defterreicher daher, wir Franzoſen wir fürdten uns nicht! 
Bir Br ja fo feft wie die "Rauern, und wir legen die Waffen nicht ab. 
Die Defterreicher müſſen retiriren aud Solferino ohne Strümpfe und Schub, ihre 
Heimat müffen fte verlieren und ihr jung frifches Leben dazu. 
5. Der Kaifer, der Große aus Schwabenland, der fist fo feft auf ._ Thron, die Jtaliener 
thut er fchredlich mißhandeln, von und Franzoſen befommt er feinen Lohn 
Mündel, Elf. BL. Nr. 180: aud Hunaweier (Kr. Rappoltöweiler). 


395°. Bie Schlacht an der Katzbach. 26. Aug. 1813. 


. Und die Katzbach das ift euch ein granfamer Fluß, 

Der machte dem Napoleon gar bittern Verdruß. 

Es zählte jedes Heer jhier an achtzigtauſend Mann, 

Und da zogen aud die Blücherſchen Hufaren heran, 
An der Katzbach, an der Katzbach. 


2. Das Wort war gegeben, das hieß Sieg oder Tod, 
Und ein Regen goß vom Himmel wie die Schockſchwerenot. 
Da fchrie der Bater Blücher, der Tag ift erwacht, 
Friſch auf, mein Trompeter, und blafe zur Schlacht, 
An der Katzbach, an der Katzbach. 


3. Der Trompeter der blie8 und der Teufel ging los, 
Und bis Nahmittag wehrte fi tapfer der Franzos, 
Da rief der Vater Blücher: Kinder, feid ihr alle da? 
Zeigt euch wie tapfre Preußen, der König Hurrah! 

An der Katzbach, an der Katzbach. 


4. Marſch vorwärts die Kolonnen, und Donner links und redts, 
Und Guß auf Guf, um die Hite des Gefechts. 
Hei, das war eine Luft, hei das war eine Hat, 
Wie wir padten die franzöſiſche Katz, 
An der Katzbach, an der Katzbach. 


5. Ein Quarréè ftand wie die Mauern, und da fohrien wir: drauf! 
Da warb aus dem Ouarre bald von Leihen ein Hauf. 
Und Reiter und Roſſe und Kanonen binterdrein, 
Die jagten in die Neif und die Katzbach hinein! 
An der Katzbach, an der Katzbach. 


6. Und als der Sieg errungen war, ba beteten wir: 
Gott, gieb den todten Brüdern im Himmel ein Quartier. 
Ah Schon lange ift e8 ber, und ſchon lange bin ich müd, 
D ſchlief do bei den Brüdern der alte Invalid 
An der Katzbach, an der Katzbach. 


— 


167 


Hildebrand, hiſt. Volsl. Nr. 78: aus einem in den vierziger Jahren gefchriebenen 
Liederb. eines preuß. Soldaten, als ein Imvalivenlied dort bezeichnet. — Eine eigene 
Melodie dazu hat ſich nicht gefunden. Bermuthlih fang man es nah der Melodie: 
Was blafen die Trompeten! Hufaren heraus! — 


* Blücher’d Sieg über die Franzoſen unter Macdonald an der Kaßzbach befreite Schlefien von 
den Feinden. Nach diefer Schlacht erhielt Blücher den Titel „Fürft von Wahlitadt (ein Dorf an 
der Reifemündung). 


354. Siuhladıt bei Wachau (unfern Leipzig) am 16. Okt. 1813. 


Mel.: Nichte Schönered kann und erfreuen. 
Mäpßig. Ditfurth, öfterr. Heerlieder Nr. 57, 


— — 


Und als wir vor Leip⸗-zig fein fom = men, Fran-zo⸗ fen die ſtun⸗den be— 


























don » nert weit und breit. 


2.,Friſch auf, ihr Kinder und zeiget, 7. Und als wird das Land ſchon gewonnen, 


Daß ihr Oeſtreicher ſeid, Vermeinen ſei Alles gut, 
Und gegen die Franzoſen ſtreitet, Da ftürmen franzöſiſch Colonnen 
Ja ja ftreitet Daher in großer Wuth. 
Daß ſich es der Kaiſer erfreut! 

j . 8. Sie bringen uns ind Gebränge, 

3., Wir wollen den Feind attafieren, Der unfern fein nicht viel, 

Fiſch! unfer General rief. Zurüd noch die große Menge, 
Bir könnten es nicht ausführen, Sie haben ein ſchlimmes Spiel. 


Das Wafler das war fo tief. 
— . General Meerfeld und der iſt gefangen, 
4. Sranzofen bie ſchießen herwider General —* o — 
* — "lat — Wir können ihn nicht wieder erlangen, 
Das Waſſer fließt roth von Blut. Und möflen zuräd ia bie Binih, 


5. So geht es ven ganzen Tage, 


=> 


10. General Meerfeld, du edler Ritter, 


2 Gefangen mußt du fein, 
F pie Fluß— Und warſt ein ſo — Krieger 
Dem General zu ein Verdruß. Das ihafft ung groß Kummer und Leid, 
6. Er führet uns felber hinunter 11. So wartet nur, ihr Franzen, 
Allwo man traf ein Furt: Wir wollens euch fagen ſchon! 
„Friſch auf, ihr Kinder, und munter, Ihr folt und aber noch tanzen, 


Bir müſſen gleih da hindurch! Belommts euern vollen Lohn! 


168 
12. Und als zwei Tag fein vergangen, 13, Bei Leipzig ift e8 geſchehen, 


Geſchach eine große Schladt; Bei Leipzig, der edlen Stadt, 
Darin ift erfchlagen, gefangen Allwo Gott thäte beiftehen 
Napoleon fein ftolge Macht. Und ihn gezüchtiget hat. 


Aus einem geſchriebenen Lieverbud eines Hanpwerksburfhen aus der Gegend 
von Olmütz 1832. 


355. Bie Schlacht bei Reipzig. 1813. 


Langſam. Aus dem Odenwald (1840) und dem Naſſauiſchen (1880). 


din _ SEHEN m. a 3 











Einſtmals ſaß ich vor mei » ner Hüt-te, an ei⸗— nem ſchö- nen Som⸗mer⸗t 
da dankt ich Gott für fei » ne Gü » te, weil Alsled fried-lich um mich lag. 





Ih Ich - te 


da » mald recht zu » frie = den, 


mit gutem Muth und hei » term 





Sinn, legt ich mich nah der Ar-beit mie» der, wohl auf mein 





* = * 
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Hr SEM IESmESE” TE BEER „EuFiESeHmEn — DEE — 
WE (un — — —— A A—x I — V 77— 
—— SE SEA —— — — ner Seren, rn) FRE. EEE 











BaNZF, 











bar » ed Bar ger hin, wohl auf mein har = te La > ger hin. 
2. Des Nachts ſaß ich beim Mondenfcheine Die Blige vom Kanonenfeuer 
Und hörte aud die Nachtigall, Erleudteten den Jammerort; 
Die mir vor meiner Hütt' alleine Da kamen Menjhen-Ungeheuer, 
Ein Loblied fang mit frohem Schall. Ich lief aus meiner Hätte fort. 
Ich lebte damals recht zufrieden, 


5. Nun mußt ih in dem Pulverbampfe 

* nichts von böſer Welt gelannt; Noch übers blutge Schlachtfeld gehn 
llein es ſchwand mein ſtiller Frieden Und in dem langen Todesfampfe 
Und nun ift alles abgebrannt. Die armen Menfchen leiden fehn. 

3. Bei Leipzig, o ihr lieben Leute! Ih fah viel taufend dort zerhauen, 
Wo meine Hütt' ift abgebrannt, Im Blute [hwimmend weit umber. 
Hört ih von einem großen Gtreite, Ah Gott! das Elend anzufhauen, 
er Kriegsgefhrei durchs ganze Land, Das jhmerzte mic unendlich fehr. 

ch hörte die Kanonen fnallen 6.D Frievensgöttin ! i 
J göttin! komm hernieder, 
= —* er ._— zn. Die Menfchheit feufzet längft nad dir; 
& hörte die Zrompeten ſcha - Gieb Eltern ihre Söhne wieder 
Und Trommeln wirbelten dabei. Und heile alle Wunden bier. 

4. Auf einmal kam ein dider Nebel, Doch ah! ich jeh dein Auge thränen, 

Der Tag verfrod ſich in die Nacht, Du ſchweigſt. Wohlan! wir find bereit, 


Das Bligen von viel taufend Säbeln Zu fümpfen gegen die Hyänen, 
Hat viele Menjhen umgebradt. Bis du einft rufeft aus dem Streit. 


169 


Tert vielfach gedrudt und mündlich, noch bis 1880 gehört. a) Fl. Bl., Leipzig 
bei Gleve, o. J., überfhrieben: An die Vergangenheit. Darnach bei Hildebrand, 
hiſt. BL. Nr. 80 umd hier. b) ErfIL, 2, 20: aus dem Brandenburgifhen und vom 
Niederrhein, wenig abweihend, Daher die Melodie. c) Bom Niederrhein: Zur 
mühlen Nr. 53 (vom Fiedler zu Dülken 1880 gehört). d) Aus dem Elſaß: Mündel 
1884, Nr. 177 (mit anderer Schlufftrophe). e) Mündlic aus dem Odenwald durch 
W. Plönnies an Erf und an Hildebrand. f) Mündlih aus dem Naſſauiſchen 
(Würges) und am Rhein durch Herm Ph. Lewalter mit Melodie, die mit der 
obigen bis auf 3 Noten vorm Schluß glei ift. Auch diefelbe Weife im */, Talt 
aus dem Naffauifhen. Wurde in den 70° Jahren dort viel gefungen. 

Das Lied, jedenfalls bald nad der Leipziger Schlacht entftanden, ift der Erguf 
eines Unglüdlihen, (vielleicht eines Landſchullehrers?) der zur Zeit des erften Freiheits- 
frieges Haus und Hof einbüßte. Dasfelbe ift weit gewandert und viel gefungen 
mworben. 

Die Abweihungen der verfhiedenen Quellen find im Ganzen gering und unmefentlic. 
Ih will hier nur die in Ert's Faſſung anführen: 2, 1 Diedmal ſaß ich beim Mondesſcheine. 
2,8 Und meine Hütt ift abgebrannt. 4, 2 der Tag verwandelt fi in Naht. 4,3 vieler tau- 
fend Eäbel. 4, 6 Donnerort. — 


® Melodievariante im Raffauifhen: hd ha gle. 


306. Ende der Sranzofenherrfchaft. 1813 (1871). 


Mel. 1813—15 in Jena von Studenten gefungen. 
Marſchtakt. Durch Dr. med. Dürre. 





Ihr Fran» zo » fen gebt mah Haus, 
weild mit eu » rer Made ift aus! Laßt euch mit eu » ren 





find mit Macht ge » gen euch jetzt auf » ge» bracht. 


Andere Lesart. 
Mel. 1857 aus Oberheſſen (Wiefenbreidenbad). 





Id _ 7 7 
— 2} 
Ihr Fran » jo » fn gebt ma Haug, . 
weil * ie eit ru aus! | Ihr wart ind deut» ſche 
















Reid ge » kom» men, al-les Un-glüt an = zu-fan-gen, ihr wart auf der 





e6 Cr EEE „EN Te Use 

für m — — 7° MEHRERE. GEEERG — 

— —— > EEE FSEEE 
rg — — —— — 


Belt nichts nuß, doch bo⸗tet ihr den Deut ⸗ſchen Trotz. 

















170 


Dritte Lesart. 


Aus der Wetterau. 1892. 














1 


= 


— 


Wohl um 1825 gedruckt. 


echt 
eit 


Ihr Fran» zo — ſen 


weil jept u» Te 


Frei » heitd » waf = fen euch nicht im deut» fchen Reich er » tap- pen, 


Tu ur 
—— 
CADODVCCCOC.S.A.V 


Weil nun eure Macht iſt aus. 
Laßt euch mit euren Freiheitskappen 
Nicht im deutihen Reich ertappen, 
Weil die Deutjhen find mit Macht 
Gegen euch jest aufgebracht. 


. Mit zerrifi'nen Strümpf und Schuh 


Kamen fie nah Deutſchland zu, 
Daß man euch, ihr Lumpgefindel 
Mufte Schaffen Schuh und Strümpfe, 
Und die Hemden dutzendweis, 

Denn die alten warn voll Lauf‘, 


‚Kamen fie zum Bauer ins Quartier, 


Dann hieß e8 „Hundsfott, fhaff Wein 
und Bier! * 

Und was fie nicht konnten faufen, 

Ließen fie auf die Erde laufen, 

Traten oft das liebe Brot 

Mit den Füßen in den Koth. 


‚Hell war ihn'n fein Wein genug, 


Sie zerfhlugen Glas und Krug; 

Sie zerhieben Tifh und Bänke 
Schüſſeln, Teller, Stuhl und Schränfe 

Und ein ächt franzöfifher Hans 

Ließ auch oft fein Fenſter ganz. 


. Kein Frauenzimmer* auf der Gaſſe mehr 


Blieb von Schand und Lafter leer, 
Andern griffet ihr in die Taſchen 
Uhr und Gelder zu erhaſchen, 
Nahmet alles weg mit Liſt, 

Sagtet nur: „Iſt gut für mik!“ 





nach Haus, 
iſt 


— 
m — 
fein mit Macht ge» gen Frank-reich auf» ge + bradıt. 


‚Ihr Franzofen geht nad Haus, 


EEE BE 
— ———09— 
— ⸗i 


b. 


— 


on 


Laßt mit cu» ren 


aus, 





denn bie Deutſchen 
















Ihr franzöfifhe Freiparthie 
Stahlt dem Bauer all jein Vieh, 
Zoget wie die Räuberbande 

Hin und ber im ganzen Lande; 
Wo noch etwas war verftedt, 
Brachtet ihr, wie Wölf, gefchleppt. 


Ir franzöfifh Lumpenpad 


Seid nit werth ein Pfeif Tobad. 
Ach bewahr uns für Frauzoſen 
In dem Land und in ben Hoſen; 
Denn fie ſchaffen, wo fie fein, 
Nichts als lauter Angft und Pein. 


‚As fie famen vor Kolberg (1806) 


Ueber Kreuz und über Zwerg 

Kam General York mit Roß und 
Reitern. 

Blies den faulen Bärenhäutern 

Raub und Pulver in den Hals, 

Daf fie fprangen wie beim Tanz. 


. Da gings an ein Retirieren 


Und nah Sachſen zu marfdieren; 
Da gings an ein Laufen, Yagen, 
Ließen ftehn die Pulverwagen, 
Muften Kugeln, Zentner ſchwer, 
Alles wierer geben her. 


‚Meine Herren von Paris, 


Sagt nun, wie gefällt euch dies? 
Eure Freiheit und dergleichen 

Iſt in Deutſchland ganz verhaft, 
Und ihr tragt nur Spott und Hohn 
Euch zum Fluche ftet3 davon. 


Tert auf einem fl. BL. in ©, Pröhle's Sammlung (Titel N) ) das 5. Pieb. 


" Hamburger Drud: Mädchen, 


Anderes fl. BL: „Fünf ganz neue 


iever (das 1.) gebrudt 


171 


zu Hamburg (um 1815—1820). Tert ziemlich gleih, nur 7. Strophe fehlt und die 
8. lautet: „Als fie kamen vor Brüffel, zog man ihnen gleih aufs Fell, da kam 
Blücher mit Roß und Reitern, blis den groben Bärenhäutern Raud und Pulver in 
die Nafen, daß fie liefen wie die Hafen.” — Auf einem fl. Bl. bei Sceible, Volks: 
wig 11, 188 bat das Lied 18 Strophen. — Bergl. aud Hildebrand ©. 486 und 
Ditfurtb IL, 168. 

Das Lied mag ſchon 1798 bei Jourdan's NRüdzug entftanden fein und erſchien 
nah 1813 wieder mit allerlei Zudichtung (wie hier). In neuerer Zeit (1871) fang 
man blo8 Strophe 1—4 und 10. 

Aus der Wetterau (Bettenhaufen) erhielt ich 1892 das Lied, wie man es 1871 
und fpäter fang: 


1. Ihr Franzoſen, 
Beil jept eure 
Laßt mit euren Freiheitswaffen 
Euch nicht im deutfchen Reich ertappen, 
Denn die Deutfhen fein mit Macht 
Gegen Frankreich aufgebracht. 

2. Mit zeriff’nen Strümpf und Schuh 
Liefen fie nah Deutſchland zu, 

Zogen aus wie Räuberbanden 
Hin und ber im ganzen Sande; 
Wo noch etwas war verftedt, 
Hab’n fie wie die Hund’ geledt. 


eit ift aus! 


det nah Haus, 


397°. Auf Alurats 


3. Kein Wein war ihnen gut genug, 
Sie zerfhlugen Glas und Kru 
Und was fie nicht konnten Kauf 
Ließen fie in Keller laufen, 
Zraten jelbft das liebe Brot 
Mit den Füßen in den Koth. 


4. Selbft den Handwerksburſchen auch 
Leerten fie die Taſchen aus, 
Nahmen's Geld aus ihren Taſchen, 
Um die Uhren zu erhafchen. 
Nahmen Alled mit für fich, 

Alles, Alles mit für ſich. 


en 


Tod (1814. 


(Am 13, Dftober von Defterreihern erſchoſſen.) 


Marſchtempo. 








Laut tönt es durch ganz Preu- ßen⸗-land in 
Es le⸗ be 






töd » ten. (Inftrumentenfpiel.) 


2. Das Leben hat er nicht geſchenkt 
Dem jhändlihen Berräther. 
Er dachte nicht, wie mander venft: 
Der Herr allein fei Räder. 
Chor: Er dachte ꝛc. 
4. Indem er knirſchend 


König Wer- di nand, denn 


Im Wr A| 
at — ——— Dane 
DT sr — ⸗ — — u AM — u — —l 
a A ER nee 


Preuß. Marſch 1814. Handſchriftlich. 


Lie » dern und Ge » be » ten: 
er ließ Musrat töd- ten. 









3. Die Bauern nahmen ihn beim Zopf 
Der König ließ ihn büßen. 
Die Kugel pfiff, da lag der Kopf 
Bor des BVerräthers Füßen. 


Chor: Die Kugel x. 
niederfant 


Entfloh, von Finfterniffen 
Umbült, die Seele ihren Gang. 


Wohin? wird Jeder 


wiſſen. 


Chor: Umhüllt ꝛc. 


172 


307". Aarſch ins Feld, 
Bayeriſches Solvatenlied beim Feldzuge 1814.) 


2 EEE „SEE „EEE „BERNER „orege. Jeiewer — 
— re mm 





I m) 
— —— SEHE 
re ee —— 





fommt die fro-be Zeit, der Marſch der geht ind Feld. Und die 





Trommel die klingt und der Des gen ber fpringt, feht je » ber-mann, ber 


er 4 
Bon) em HEBEN. 
a 114 


fech⸗ ten, fech «ten fann, das ift Sol. da » ten Masnier, das ift Soldaten Mas nier. 





5.3. v. Ditfurth, fränt. BR. II, 252. Deffen bift. Lieder des bayer. Heered Rr. 40, 
Dort mehr Tert zu erfeben. 


807°. Preußiſcher Baterlandsgefang der Manrer-Logen (1514). 
Preußiſcher Marſch.) 


Handſchriftlich 18156 20. 



















al»fTe al»: Te ka—men mit 


Der Kö » nig rief, der Kö « nig ri und 1 
ftritt in Got-ted Na⸗-men für 


ef 
Und je » derPreußund je » der Preuß der 


Daf-fen mustbig in der Sand, er 
dad ger»liceb-te Ba » tereland, 





je » der gab, ein je» der that gem ge= ben 
Hab und Gut, Ge » fund=heit, Blut und cs ben, 


— na] 





173 


1. Der König rief, :]: alle, alle lamen 
Mit Waffen muthig in der Hand, 
Und jeder Preuß » er ftritt in Gottes Namen 
Für das geliebte Vaterland. 
Ein jeder gab, eim jeder that gern geben 
Kind, Hab und Gut, Gefundheit, Blut und Leben 
: Mit Gott für König umd für Vaterland. :] 


2. Es war eine Zeit, :]: die nie wird wiederfommen, 
Die Hoffnung wuchs mit jedem Tag; 
Wer hat, wie wir, :]: fo deutlih wahrgenommen, 
Was ein großherzig Volk vermag ! 
Ihr folt mit edlem Stolz euch Preußen nennen, 
Die Evelften in diefer Zeit erkennen: 
: Mit uns ift Gott und unfer Vaterland. :| 


3, Der Blüthen-Dai, :|: den taufend Sänger fangen, 
Entfaltete faum feine Pracht, 
Als Alles mit :|; dem brennendften Verlangen 
Hin eilte zu der kühnen Schladt. 
Das Blut der Krieger röthete die Saaten, 
Und Heldenmuth gebar dort Heldenthaten: 
Es galt vem König und dem Vaterland. ;] 


4, Die Lerche fhwieg :]: und wilde Feuerſchlünde 
Durhbebten Luft und Wald und Feld; 
Der Fürften Zorn, des Fürftenzomes legte Schauergründe 
Erſchütterten die halbe Welt. 
Der Tovesengel breitete die Flügel 
Und manchen Braven deckt ein fremder Hügel, 
|: Er fiel für König und das Vaterland. ! 


5. Die Wittwe weint :|; und alle Waiſen ringen 
Zu Gott die Hände hoch empor; 
Er fiel für ung, :]: nichts kann ihn wieberbringen, 
Doch Maurer leihen Herz und Ohr. 
Sie find es, die mit Rath und That erſcheinen, 
Wenn arme Wittwen, arme Waiſen weinen, 
|: Und folhe Maurer ehrt das Baterland. :| 


6. Wie mancher fam :]: zurüd mit Ehrenwunden, 
Ein ftilles Lager ſucht fein Schmerz; 
Dort zählet er :]: die langen bangen Stunden, 
Ihm bebt, ihn pflegt fein liebend Herz. 
D Maurer! eilt mit Liebe an fein Bette, 
Umfhlingt ihn mit der großen Bruderlette, 
|: Er leidet, Brüder, für fein Baterland. :] 


174 
308°, Preußiſches Ariegslied (1814). 







fab man file » ben: i fünf mal» hun» dert - tau » ſend Mann, bie 





n»gen all zu feu-ern an auf bie Fran=zjo = fen. 


2. Bei Namur war die erſte Schladht, 4. Napoleon, du Schufterfohn, 
Die Napoleon mit den Preußen gemacht Wirſt abgefett von deinem Thron 


Mit Infantriften, Du Lumpentatfer! 
Auf einmal waren die Felder fo roth Hätt’ft du mit den Preußen Friede gemadt, 
Bon lauter lauter Franzofenblut, Und Hätteft nit an Rußland gebadht, 
Die mußten fterben. Sp wärft du noch Kaifer! 
5. Napoleon, du Teufelskind, 
3. Und als Napoleon dieß vernahm, Der du alle jungen Burfchen nimmft 
So fprad er gleih: Ich armer Mann, Du Lumpenkaiſer! 
Was fol das werben? Mit dem König von Preußen hats keine 


Meine Generale find all verlor'n oth, 
Und meinen Soldaten iſt bange geword'n Der König von Preußen hat Geld und Brot 
Vor ſo viel Preußen. Für ſeine Leute. 


Volkslied aus Schleſien (Breslauer Gegend) mündlich, nah 1840 gehört: Hoff- 
mann, fchlef. BL, Nr. 260. 


308’. Hapoleon (1815). 


(Einnahme von Paris.) Rheinländifc. 1815. 







Der gro» Fe Kaifer Na-po-len- on, zum dritstene masle kommt er ſchon, mit 





OOO—0 
Deut⸗ſchen müſ⸗ſen un⸗ſer ſein, ſind unf»sre Beun— te!“ 


2. Er ritt auf einem Schimmel weiß, 3. Bis hin nad Brüffel in Brabant, 


Um ihn da war ein groß Geleit Zum Rheine firedt er ſchon die Hand, 
Bon Roß und Wagen; Uns zu erfchreden: 
Es tönt in jedem ftillen Thal „Wenn fie nur unfern Zorn gejehn, 


Der Trommeln und der Pfeifen Schall, So werben fie nicht widerftehn 
Kanonentraden. Die Wehr wohl ftreden.“ 


4. Der alte Blücher, der Feldmarſchall, 
Der reit' drauf los mit großer Gewalt, 
Nur immer „Borwärts!“ 
Da lag mit Tobten das Feld befät, 
Als hätt fie der Himmel herabgefchneet. 
Das war ein Sammer! 


5. Napoleon, du Kaiſer, lauf! 
Dein großes Heer liegt über'm Hauf, 
Die Deinen fliehen! 
Lauf in die Stadt Paris hinein, 
Wir Deutſchen alle hinterbrein 


175 


6. Wir ziehen al’ jetzt nad Paris, 
Wir lernen ihm die deutihe Weil’, 
Wohl auf, ihr Brüder! 
Was man und lange Jahre ftahl, 
Das bringen wir mit einemmal 
Zur Heimath wieder. 


7. Ihr deutſchen Brüder, friſch drauf los, 

Nur auf das Leben dem Schelmfranzoſ', 
So ſucht erd Weite, 

Und wenn aud wer im Kampfe fällt, 

Wir zahlen dann dem Feind Entgelt 
Im wilden GStreite! 


Zum Feſte ziehen! 
Kretzſchmer, Vollsl. II, Nr. 103. Bon Kriegern aus dem Jahre 1815 gehört. 


308°. Sihladjt bei Waterloo (1815). 


Marihmäßig. Aus dem Lahngebiete und dem Untertaumus, 1885. 








Auf » ein-malmwarbdad Held fo rotb von 





lau - ter, von lau«=ter Fran » 30 =» fen » blut, fie muß=»ten fier « ben. 
3. Und als Napoleon dies vernahm, 
Da ſprach er: Ah, ih armer Mann, 
Das foll das werden? 
Meine beften Generäl’ find all verlorn 


2. Des Morgens als der Tag anbrach 
Und ald man über das Lager ſah 
Da fah man ftehen 
Wol über breimalhunderttanfenn Mann, 
Die fingen auf einmal zu feuern an Und meinen Solvaten ift bang gewor'n 
Auf die Franzofen. Bor folden Leuten. 


4, Napoleon, du Schindersfnedt, 
Du thuft der ganzen Welt Unrecht, 
Mußt Deutſchland meiden, 
Hättſt du ja nicht an Rußland gedacht 
Und hättſt mit Deutſchland Frieden gemacht, 
Waͤrſt du Kaiſer geblieben! 


Text und Melodie aus Vollsmund: a) aus der Lahngegend mehrfach, um 1890 
von Wolfram aufgezeihnet (wie hier); b) aus Würges im Untertaunus 1885 von 
Ph. Lewalter aufgefhrieben; c) ähnlicher Tert aus dem Odenwald durch W. v. Plönnies 
1858, gebrudt in Wolf's Ztſchr. f. Myth. und Sittenkunde 1, 97; daher Hildebrand, 
Nr. 89. Tert ift Nahbildung der 2,—5. Str. von Nr. 352: Wir Preußen zogen 
in das Gelb. 


176 


Barianten und Zufäge: Die Anfangsftrophe „Bei Waterloo war die erfte (legte) Schlacht“ 
wurde auch als 3. gefungen und bad Lied an ng mit der 2. Strophe 4 gemildert fo: 
Napoleon, du arger Feind. du haſts mit Deutichland bös gemeint, du haftd zu weit getrieben. 
Hättft du an Rußland nicht gedacht ꝛc. Als 5. Strophe: General Blüher war ein tapfrer Held, 
drang wie ein Adler wol über das Feld, greift an die Spige. [Die deutfche Armee leidt feine 
Noth, der Herzog von Naſſau hat Geld und Brot für feine Soldaten.) Als 6. Strophe im Oden⸗ 
wald: Der Kaifer Napoleon bildete fih ein, ein unüberwindlicher Kaiſer zu fein allbier auf Erden. 
Das hat der liebe, liebe Herr Bott gethan, er machte den Napoleon zum armen Mann, kann 
nicht mehr ftreiten. — Als 6. Strophe in Raffau: Napoleon ift nicht mehr ſtolz, er handelt jet 
mit Schwefelhofz, zwei Stüd fürn Kreuzer. Er gebt die Straßen wol auf und ab: Ihr Leutchen 
kauft mir Schwefelhölger ab, zwei Stüd fürn Kreuzer! — 


308°, Waterloo. 1815. 


Frifch und muthig. Aus der Wetterau 1892. 


DB 58 MI N 5 01 













Bei Wa—⸗ter⸗loo fand eisne Ei =» che, worrunster wir des Nachts gerra » fiet han: 
— — 























Ei, was hört ich unster dem Ge⸗ſträuche? ein’ Lärm von lauster Kriegs⸗ ge » fchrei. 


2, Auf einmal fiel ein dider Nebel 4. Und al® wir nad) vollbrachtem Kampfe 
Und der Tag verwand't ſich in Die Nacht, Uebers blutge Schlachtfeld ziehn 
Und da blisten fo viel taufend Säbel, Da fahen wir im Pulverdampfe 


Hat manden Deutfhen umgebradt. Die armen Menfhen fterben hin, 

3. Wenn die Kanonenkugeln fanfen, 5. Der Bater weint um feinen Sohn 
Und der Tambur wirbelt aud dabei, Und die Mutter um ihr geliebtes Kind: 
Wenn die Kartätfhenktugeln braunen, Ei, fo ſchick uns Gott den ftillen Frieden 
So ift ung alles einerlei. Daß wir in unfre Heimath ziehn. 


Tert und Melodie nad mündlicher Ueberlieferung aus der Wetterau 1892 
(durch Köhler-Tugge), aus Darmftadt (dur Ad. Andre unter Soldaten 1882 notirt), 
auch aus dem Naffauerlande handſchriftlich durch Wolfram. 





309. Tod des Herzogs von Braunſchweig · Oels (16. Juni 1815). 
(Lied der fhwarzen Hufaren.] 
Mäßig langfam. Mel. nad 1849 im Schleswig-Holfteinfhen Kriege gefungen. 










Un » fen Her +» og den ba + ben wir ver » lo» ren, ; 
Drufl. ad) wä» ren wir Schwarzen nicht ge - bo. en! Bir 


a —— 





— 
ru « fen: Hur-rah, hur⸗-rah! ganz mun⸗ thig ſtehn wir da. 





Schwar-zen, wir 










— 


1830). 
©. 477; weni 


Zerte der 3. Strophe: Herzo 


ac wären wir Schwarzen nie geboren, Wir Schwarzen rufen Hurrab! ganz mutbig 





u 


Undere Lesart. 


Mäßig langfam. 








— 

mE 
ne fer Ser» zog und der it ver » lo - ven, 
ad wären wir Schwarzen nicht ge » bo =» ren! 





ah! ganz mu » tbig ftehn Mir 


. Und als ver erſte Schuf 


Unferm Herzog ging durch die Bruft; 
Unfer Herzog und der ift verloren, 
Ad wären wir Schwarzen nicht geboren! 
Bir Schwarzen wir rufen: Hurrah! 

Hurrah! 
Ganz muthig ſtehn wir da! 


. Ganz ſchwarz find wir montirt, 


Mit Blute ausftaffirt, 
Auf den Ezafots tragen wir einen — 
kopf, 
Wir haben verloren unſern Herzog. 
Wir Schwarzen wir rufen Hurrah! 
Hurrah! 
Ganz muthig ftehn wir ba. 






Mel. aus Berlin, von einem alten Soldaten 1859 gehört. 






} Dir Schwarzen wir rusfen: Hur 


3. Herzog Dels, der tapfre Mann, 


Der führte und Schwarzen an, 

Unfer Herzog und der tft verloren, 

Ach wären wir Schwarzen nicht geboren! 

Dir Schwarzen wir rufen Hurrah! 
Hurrab! 

Ganz muthig ſtehn wir da. 


Nah Braunfhweig* braten fie ihn 


hinein, 
Da fingen viele Tanjend an zu wein'n: 
Unfer Herzog und der ift verloren, 
Ach, wären wir Schwarzen nie geboren! 
Wir Schwarzen, wir rufen Hurrah! 
Hurrab! 
Ganz muthig ftehn wir de, 


Zert nach einem fl. Bl.: Neuer Piederfrang. 9. Theil; Berlin bei Trowipfh und Sohn (um 


anderd Wolter 194. 
Zweite 


Bis auf einige Silben gleichlautend ein fl. Bl. aus Halle, Daher Hildebrand, hiſt. DE. 
4 


elodie 1859 mündlih aus Berlin von einem alten Soldaten egume, mit dem 
Dels der tapfre Mann, der führte und 


chwarzen an ac. 


Eine der 2. ſehr ähntice Melodie 1853 aus Hildburgbaufen mit dem Anfange: Fürft 
Friedrich unfer Held, und wir Schwarzen ziehn ind Feld. Wir haben unfern A verloren, 
ehn 


*Erſt 1813 Rückehr. 


wir da. 


360. Bie Schlacht von Waterloo (1815). 
(Gefang der franzöfifchen Elfäffer.) 


Marfhmäßig. 


Ge = den? mit Hoch » ge =» fühl 
fih fchlurgen ge » gen 


00 


—— Feige Sehr Mein warn Franksreichd tapf» re He» re, 


Erf u. Böhme, Liederhort. 11. 


an je = me, 
Brit » ten=föb » ne, wo 


Nah Wederlin I, 286. 









die in der Schlacht bei 


ſtolz der Feind Der 





doch ihr 





178 





Hel » den-muthb war groß; fie fhlu=gen mit 





Ge » fühl 











der Eh» re, 





0” MUSEEN 


Eieg 0» der Tod ift uns fer Loos, Sieg o «der Tod ift un» fer Loos. 


. Bon Feinden unzählbar umrungen 
Sah man die alte Garde ftehn, 

Sie waren muthig vorgedrungen 

Und lauter war das Kriegsgewehn. 
Es ſchallte furchtbar in die Weite, 
Dumpf verjhallts im Erdenſchoos, 
Die Garde fhrie mit Muth und Freude: 
„Sieg oder Tod ift unfer Loos!“ 


. Und größer wurden die Gefahren 
Und immer wuchs der Feinde Zahl, 
Da drang mit Muth in jene Schaaren 
Der Garde jharfgewerter Stahl. 
Allein nichts half dem tapfern Grimme 
's Feindes Macht war allzugrof. 

Die Garde ſchrie mit muthger Stimme 
„Sieg oder Tod ift unfer Roos!“ 


a 14 


4. Lord Wellington ließ ihnen fagen 


Gerührt dur ihren Heldenmuth: 
„Laßt nicht die Nachwelt um euch Magen, 
Berfchonet euer junges Blut! 

Nicht Schande ifts, euch zu ergeben, 
Genug verbirgt der Erde Schoos.“ 
Die Garden fohrien mit munterm Leben: 
„Sieg oder Tod ift unfer Loos!“ 


. Aufs neu erfholl das Kriegsgetümmel 


Und der Kanonen raſche Gluth 
Entfärbte Blitz und Blig den Himmel, 
Die Erde tränfte ſich mit Blut, 
Zerſchmettert ftürzten Helden nieder; 
Dod indem ihr Aug fih ſchloß, 
Erfhallt im Mund der andern Brüder: 
Sieg oder Tod ift unfer Loos! 


6. Und als der helle Morgen graut 
Der Donner der Kanonen fchwieg, 
As Phöbus früh von Oſten fchaut, 
Die ftolzen Britten rufen „Sieg“! 
Und Frankreichs tapfre Helden lagen 
Hingeftredt auf blut'gem Moos, 
Ihr blaſſer Mund fhien noch zu fagen: 
Sieg oder Tod ift unfer Loos! 


Diefer Gefang der franzöfiihen Eifäfler, bei Wederlin, Elf. BL. I, 236, ſcheint 
Ueberfegung eines franzöfifchen Textes zu fein. 


T Die mit * bezeichneten Noten bießen a, was des folgenden Terted wegen langweilig if. 


361. Napoleon auf Elba, 


Melodie: Crambambuli. 








Na» po» Te» on der to » fe 
Für » ften-bäu » fer bat ich 


Un üsber al» Ile 


Aus dem Heffen-Darmftädtifchen. Noch 1880 gefungen. 


2,4 Kriegsgewehn, für Wehllagen, Kriegslärm, Feldgeſchrei. 


1815. 












Kai» fer, war einft mein Ti » tel 


mein Kai« fer 





auf der Melt. 


haus ge - fteilt. Doch 


jetzt muß ich 


Ge » fang » ner fein, auf 


—— ——— 4 
—— — —— GE 25 —— — 


—— — 





2. Wär ich nach Rußland nicht gegangen, 


So lebt ich noch vielleicht vergnügt; 
Da hat mein Unglück angefangen 
Mein Ruhm alldort begraben liegt. 
Drum muß ich jetzt Gefangner ꝛc. 

3. Drauf fielen über mich die Feinde 
Mit ihrem tapfern Heere her; 
Vergebens focht ich jetzt im Streite, 
Umſonſt war alle Gegenwehr. 
Drum muß ich jetzt ꝛc. 


362. Das RadethkiLied. 


4. In Frankreich find fie eingedrungen 
Mit ihrer großen Heeresmacht; 
Sie haben gar Paris genommen 
Und mid um meinen Thron gebradit. 
Drum muß ich ꝛc. 


5. Mein Glück wollt ich noch einmal wagen 
Bei Bella Alliance in Nieverland; 
Doch wurd’ aud bier ich jo geihlagen 
Daß ih faum einen Ausweg fand. 


1849, 


Melodie: Prinz Eugen, der edle Ritter. 


— 


. Graf Radetzky, edler Degen! 
Schwurs: des Kaifers Feind zu fegen 
Aus der falfhen Lombardei. 

In Berona langes Hoffen... 
Als mehr Truppen eingetroffen 
Fühlt und rührt der Held fi frei. 

2. Schleiht um Mant'va mit den Seinen, 
Fällt heraus eh ſie's vermeinen, 
Schlägt die Feind am Curtaton. 
Bicenza höhnet fein Erbarmen; 

Da faht er e8 mit eifn Armen 
Und Bernihtung ward dem Hohn, 

. Bald die biutgen Würfel vollen 
Bei Euftozza*, bis den vollen 
Sieg errungen Deftreih8 Heer. 

Bolta will der Feind noch wagen, 
Wird aud da heraus geichlagen 
In wilde Fludt. . ., hält nicht mehr. 


= 


4, Schnell ift Mailand aud gewonnen, 
Das wäljhe Schwert faum entronnen, 
Oeſtreichs Doppelaar hoch fliegt! 
Dank Marſchall! jubelt der Soldat 
Dank Bater! Wir hab'n gefiegt! 


5. Dod nad kurzem Stillftand wieder 
Tall die eifern Würfel nieder; 
Wohl der Feldherr d'rauf bereit — 
Gen Novara** fchnell gewendet, 
Hat zu Habsburgs Ruhm geenvet 
Er auch diefen blutgen Streid. 


6. So ward Sieg auf Sieg errungen, 
Lug und Trug und Feind bezwungen, 
Karl Albert geftürzt vom Thron. 
Held Radetzky's tapfrer Degen 
Bracht dem Kaifer dies zu wegen, 
Und bewahrt die Eifenfron. — 


W. v. Ditfurth, hiſt. Lieder des öfterr. Heeres, Nr. 60, nad einem Einzeldrud, 
Duartbl, o. 3. — Ein anderes Radetzkylied 1848 von Juſtin Kemer, f. Menzel, 
Bclänge ber ver Bölfer, S. 140: „Oft pflegt das Alter ihr zu jchelten.“ 


” rer bei Coſtozza gesen die — 25. Juli 1848. 
*Schlacht bei Novara 23. März 1 


12* 


180 


Der Feldmarſchall nn Radetzky (geb. 2. Nov. 1766, + 5. Jan. 1858) war damals 82 Jahr 
alt, ald er 1849 die Lombardei für Defterreich eroberte, freilich ging 1866 ganz Oberitalien für 
Deiterreih wieder verloren. 

Sein Dentmal in Wien 1892 enthüllt, ein früberes fhon in Prag. Der berühmte Radepfy: 
marfch ift ein wahres Nationalmuſikſtück der Defterreicher. 





auf ihe re Schanszen da = rauf. 


2. Der dän’iche General fhidte Truppen voran: 
Wollt ihr euch nicht geben, es koſt't euch euer Leben, 
Mit Pulver nnd Flamm'n fchießen wir euch zufamm'n! 
3. Wir laffen ja nit Schleswig-Holftein im Stich, 
Denn das Tuch brennt in der Taſche, und die Stadt liegt in Aſche, 
So laſſen wir ja nicht Scleswig-Holftein im Stich. 
4, Sie riefen überall: Es lebe Prinz Karl: 
Prinz Karl der fol leben, unfer Hauptmann daneben, 
Und alle Offizier! Tapfre Preußen find wir! 


Aus dem Untern-Wefterwalde (Wölferlingen) und Kreis Ziegenhain um 1880. 
Das Lied ſtammt jedenfalls aus dem Schleswig-Holſteinſchen Kriege 1849. Bergl. 
dafjelbe bei Ditfurth, hiſtor. Lieder von 1815—1866, daf. Nr. 73. Dort mit dem 
Anfange: die Dänen brechen ein. 


Eine Umbildung davon: 


Die Sachſen 1849 in Schleswig-Holftein. 

1. Die Sachſen zogen ein in Schledwig-Holflein. 

Sie wollten ed wagen, die Schanzen zu belagern 
Und fchoffen darein und nahmen fie ein. 

2, Und der Hauptmann voll Muth, ſprach: Wir fürchten fein Blut! 
Schleswig-Holftein wir nicht laffen, und wennd Blut flöß auf den Strafen, 
Und wir laffen nicht Schleswig-Holſtein im Stich! 

3. Und ein fähficher General fommandirte: Schlaget an! 

Wir müffen fie nebmen, und koſt' es das Leben! 
Mit Feuer und Schwamm fhichen wir fie zufamm. 

4. Drum, ihr Brüder, ftoßet an: Hoch lebe der General: 

Kronprinz Albert fell leben, der die Schangen thät nehmen, 
Und jeder Dffigier! Zapfre Sachſen find wir. 


Text mündlich. — Beide Lieder find Umbildung von: „Die Franzofen breden 
ein. (1799, f, oben Nr. 342.) 


— — —— — — 


181 


364. Schlacht bei Sebaſtopol (1855). 
Franzöſiſches Solvatentied.) 
Aus dem Elſaß. Wederlin I, ©. 304. 












Die Fran = 30» fen 30 gen ein, wol» In üz ber den Rhein, fie 














auf ei me Schan-ze da« rauf. 


2, Der Gen’ral rüdet an 3. Die Elfäffer Haben Muth, 
Mit fehshunderttaufenn Mann: Der Franzos fürcht kein Blut, 
Schaut dort wie fie laufen Die Stadt fteht in der Aſche, 
Die Kofchpeitel* über Haufen, Es durchbrennet die Tafche: 
Sie begehren nichts mehr So la'n e8 wir nit 
Bon den Feltungen bier. Das Sebaftopo! im Stich. 


4. Nun der Raifer fol leb'n, 
Generäl und Offizier, 
Franzoſen foll'n leben, 
Sebaftopol daneben 
Und alle Offizier: 
Sranzofen find wir! 


T 1,4 Sebaftopol überm Rhein! Solcher Unfinn entftand dadurch, daß man der Melodie 
megen den alten Zertanfang beibehielt und daran neue Verſe feßte. 2, A Rofchpeitel, Bettelborden. 


365. Schlacht bei Königgrätz. 1866. 


1. Die Schlacht bei Königgräg 2. Der Benedel* fürmahr 

Die habn wir mitgemacht, Als Feldherr wohlbelannt, 
Da bdonnerten die Kanonen, Der hat die tapfern Preußen 
Das hat nur fo gelracht. Ein Frühſtück nur genannt. 
Mein Kam'rad ift geblieben Und als nun die Geſchütze 
Und jener aud bleffirt, Ihn trafen auf die Mütze, 
Dod hat ung unfer Kommandeur Da ſchrie er jo im Stillen: 
Auh immer gut geführt. Um Gottes, Gottes Willen, 


Was wird das Franzel fagen? 
Er wird uns noch fortjagen. 
Sieg der Preußen über die Defterreiher und Sachſen am 3. Juli 1866 bei 
Königgräp. Tert bei Ditfurth, hiftor. Lieder von 1815—1866, Nr. 127. 





L. v. Benedet, öfterreichifcher weldzeugmeifter (1804—1881) hatte 1866 den Oberbefehl 
über die öfterreichifche Nordarmee. 





— 


“= 


a 


1 


182 


365. Soldatenlied. 


1870. 


Nah der Melodie: „Prinz Eugen der edle Ritter. 


. König Wilhelm faß ganz heiter 


Jüngſt zu Ems, dacht‘ gar nicht weiter 
An die Händel diefer Welt. 

|: Sriedlih wie er war gefunnen, 
Trank er feinen Krändenbrunnen 
Als ein König und ein Held. :| 


‚Da trat in fein Rabinette 


Eines Morgens Benedette, 

Den gefandt Napoleon. 

Der fing zornig an zu follern, 
Weil ein Prinz von Hohenzollern 
Sol’ auf Spaniens Königsthron. 


. Wilhelm fagte: „Benedettig! 


Sie ereifern fih unnöthig, 
Brauhen Sie man nur Berftand! 
Bor mir mögen die Spaniolen 
Sih nad Luft 'nen König holen 
Mein'thalb aus dem Pfefferland!“ 


. Der Gefandte, fo befchieden, 


War noch lange nicht zufrieden, 
Weil er's nicht begreifen kann; 
Und er fhwänzelt und er tänzelt 
Um den König und fcharwänzelt, 
Möcht' e8 gerne ſchriftlich ha'n. 


. Da ſieht unfer Wilhelm Rexe 


Sich das Mäglihe Gewächſe 
Mit den Königsaugen an; 
Sagte gar nichts weiter, ſundern 
Wandte fi, jo daß bewundern 
Jener feinen Rüden kann. 


. AS Napoleon das vernommen, 


Ließ er glei die „Stiebeln“ fommen, 
Die vordem fein Onkel trug. 

Dieje zog der Bonaparte 

Grauſam an, und aud der zarte 
Lulu nah den jeinen frug. 


. So in graufer Kriegesrüftung 


Rufen fie in folyer Brüftung: 
„Auf, Franzoſen! Uebern Rhein!“ 
Und die Kaiſerin Eugente 

Iſt befonders noch diejen'ge 

Die ins euer bläft hinein. 


8, 


11, 


13. 


14, 


Biele taufend rothe Hofen 
Stark nun, treten die Franzoſen 
Eiligft unten Chaffepot, 

Blafen in die Kriegstrompete, 
Und dem Heere à la töte 
Brüllt der tapfere Turico. 


‚Der Zephire, der Zuave, 


Der Spaht und jeder Brave 
®on der grrrande nation; 
An zweihundert Mitrailleufen 
Sind bei der Armee gewefen 
Ohne fonftiges Kanon. 


Deutſchland lauſchet mit Erftaunen 


Auf die welſchen Kriegspofaunen, 

Ballt die Fauft, doch nicht im Sad; 

Nein, mit Fäuſten, mit Millionen 

Prügelt e8 auf die Kujonen, 

Auf das ganze Lumpenpad. 

Wilhelm fpricht mit Moltk' und Roone 

Und fpriht dann zu feinem Sohne: 

„Brig, geh bin und baue ihm!” 

Fritze, ohne lang zu feiern, 

Nimmt fih Preußen, Schwaben 
Bayern, 

Geht nah Wörth und — hauet ihm, 


. Haut ihm, daß die Rappen fliegen, 


Daß fie al’ die Kränke kriegen 
In das Happernde Gebein, 
Daß fie, ohne zu verfchnaufen, 
Bis Paris und weiter laufen, 
Und wir ziehen binterbrein. 
Unfer Kronprinz der heißt Fritze, 
Und ver fährt gleih einem Blitze 
Unter die Franzojenbrut. 
Und ob wir fie gut gefchlagen, 
Weißenburg und Wörth fann fagen: 
Denn wir fehrieben dort mit Blut. 
Ein Füſilier von drei⸗undachtzig 
Hat dies neue Lied erdacht ſich 
Nach der alten Melodei. 
Drum, ihr friſchen, blauen Jungen, 
Luſtig darauf losgeſungen! 
Denn wir waren auch dabei. 

Dr. med. Rrensler. 1870, 


(In der „Neuen Preuß. Ztg.“ vom 14. September 1870 zuerft veröffentlicht). 


183 


366. Bas erfte Regiment im Feldzuge 1870-7. 


Melodie: Frifh auf zum fröhlichen Jagen. 


1. Und als der große Kaiſer 
Zum Kampfe rief herbei, 
Da warn wir in ſechs Tagen 
Zum Kampfe wohl bereit. 
Und ohne Zittern, Bagen 
Gings fort in Feindesland; 
Wie wir und dort geihlagen, 
Hft jedem wohl befannt. 


2. Wir haben uns geſchlagen 
Wie die Löwen faft, 
Hatten oft in fünf, ſechs Tagen 
Keine Ruh und feine Raſt. 
Hab'n niemals uns beflagt, 
Hab'n niemals uns beſchwert: 
Das Baterland zu retten 
Salt Jedermann zur Ehr. 


3. Bei Weifenburg, ihr Leut, 
Da gabs ein großer Streit, 
Drauf gings in Sturmeslauf: 
Wir gaben kein Pardon 
Dem ſchwarzen Wüftenfohn. 
Hab'n Alles niedergerennt 
Das erfte Regiment, 

Ja das erfte Regiment! 


* Der ar bezeugt, daß dies Lied erft 1871, nachdem der König von Preußen Wilhelm I. 


4. Wir denlen unfer Lebtag 
An Hagenau und Wörth 
Mas da für ein Gemetzel 
Das war ſchier unerhört! 
Wie da die Leihen lagen 
Zu Bergen aufgeſchicht, 
Und immer hieß es: Vorwärts 
Ganz Frankreich wird befiegt. 


5, Da wollte Steiner weichen, 
Wes Landes er auch ſei, 

Ob Sachſe, Preuß, ob Bayer 
Das war ganz einerlei! 
Franfreih ift die Parole, 
Paris das Lofungswort! 
Daß ihn der Teufel hole, 
Den großen Lügner dort! 


6. Und immer Mann fir Mann, 
So ging es drauf und dran, 
So das der Herr Franzos, 
Zuave und Turlos 
Und die ganze Bagag 
Berloren die Kourag'. 

Uns haben fie tapfer genannt: 
Das erfte Regiment! 


die deutfche Kaiſerwũtde übernommen, gebichtet worden iſt. 





367. Autfihkelied (1870). 


Ba —— 


5-2 570 
Per — — 





= HERE) 0. WERE oT 
De I od 


Was kraucht dort in dem Buſch — Balzle» ri, juch » hei 


Ih glaub! es 






it Na-yo » 


Ka» me» ra-den, jagt ihn fort! val «Te» ri juch— be! 


fi - um. 


— — — — — 


— — — — — 


2. Dort haben ſich im offnen Feld, valleri juchhe! 
Noch rothe Hofen aufgeftellt, valleri juchhe ! 
Was haben fie da rum zu ftehn? walleri juchheirafla! 
Drauf (08, die müflen wir befehn! valleri juchhe! 





184 


3. Mit den Kanonen und Mamfelln, 
Da fnall'n fie, daß die Ohren gelln. 
Was haben fie da rum zu knalln? 
Drauf, Kameraden, bis fie fan! 


4. Napolium, Napolium, 
Mit deiner Sache geht e8 krumm! 
Mit Gott, drauf los, dann ifts vorbei 
Mit feiner ganzen Kaiferer! 


Scherzhaftes Solvatenlied, das 1870—71 viel gefungen und fo berühmt wurde, 
daß man es in alle tobten und lebenden Sprachen überjegte. Vergl. Wilh. Ehrenthal: 
Das Kutjchkelied auf der Seelenwanderung. Leipzig, Brodhaus 1871), — Die 
Perfon des Dichters, angeblih der Füſilier Auguft Kutſchke, ift feftgeftellt: Hermann 
Alex. Piftorius, Präpofitus zu Bafevow in Mecklenburg, dichtete am 16. Auguft 
1870 dies Lied und veröffentlichte e8 zuerſt in: Medienburgiihe Anzeigen vom 
22. Auguft 1870. — Die zwei Anfangszeilen: „Was geht denn da im Buſch herum? 
daß ift gewiß Napoleum* — kommen ſchon in dem Scerzlievde von der Krähwinkler 
Landwehr („Nur immer langfam voran“) vor und mögen um 1813—1815 ent: 
ftanden fein (f. Schanz und Paruder, deutſches Liederb. 1848 ©. 335). 

Die Melodie zum Kutfchlelieve, daß mehrere Nachbildungen erfuhr, ift die vom 
alten Scherzlievde: „Ih bin der Doktor Eiſenbart.“ — As ein Hiftorifches 
Lied fand e8 Aufnahme im Preuß. Soldatenlieverb,. 1884, Nr. 49. 

Auffallenderweife berührt fih der Anfang des Kutſchkeliedes mit einem hiſtoriſchen 
Liede vom Jahr 1437 (v. Lil. II, 73): Seht um, ihr Herren, was ruſchet in der 
Heden? Graf Michel hat fin Stoß verlorm ic, 


368. Aus dem Feldzug 1870. 
[Altes Lied von 1812 umgeformt.] 
Geſchwind⸗Marſchtakt. Aus dem Oberlahn- und Dillkreis und Fürſtenthum Waldeck. 1880, 





Bum, visderbum, visdestalslaslaslasla, bum, vi-debum, viedesralslaslarlasla, 











185 


2. Biel zu Fuß und viel zu Pferd 
Sind nah Franfreih kommen. 
Haben aud die ſchöne Stadt 
Sedan eingenommen, 


3. Aber ad, Napoleon, 

Wie wird dird num gehen? 
Siehft du nicht bei Weißenburg 
Das elfte Armeelorps ftehen? 


4, Kam ein junger Offizier 
Sprach: „Wir find verloren. 
Ale unfre ſchöne junge Leut 


Sind im Schnee erfroren.” 


5. Wilhelm zu feinen Leuten fprad: 
„Wir find ja feine Knaben; 
Das Paris, die wunderfhöne Stadt 
Müſſen wir nod haben.” 


6. Hochmuth wird von Gott beftraft, 
Wie es fteht gefchrieben. 
Kaiſer du, Napoleon 
Du mußt umterliegen, 


Der alte Tert von 1812 fteht in „Kernliever“ Bielefeld um 1876, S. 18 md 


bei Ziegler, Soldaten und Kriegsliever S. 324, 


369. Auf Napoleon IH. (1870). 





Was ift mit Bir 
Dad Scep-ter und 


2. Napoleon, du Krieger, 

Das hättſt du nicht gedacht, 

Die Deutihen hab'n zertrümmert 

Deine ganze Heeresmacht. 

Du bauteft feſt und ficherlich 

Auf deine Heeresmant, 

Aber leider, du warft betrogen 

Schon bei der eriten Schlacht. 

3. Bon Weikenburg nad) Sedan, 

Du mußteft retirier'n, 

Da kamen die Deutfhen die Kreuz 
und die Quer, 

Das war ja ein Plaifir. 

Und alles ſchrie: Hurrah! 

Und alles ſchrie: Hurrah! 

Und als die Franzofen das hörten, 

Da liefen fie davon, 


ge = fche » ben, 
die to » me, 


=} 
Hälfte warb ge» fan =» gen, ge» fangen und bief =» fiert. 


Aus dem Dillkreis Naſſauiſchj) und der Wetterau. 1890, 
— 


o du Na⸗⸗po⸗le— om? 


das war dein Ei » gen » thum. 


4. Jetzt geht das Lied zu Ende, 


Bei Sedan war die Schladt, 
Da fam ein ftolger Vogel 

Sett ſich auf einen Aſt. 

Geh nur weg, du flolger Vogel, 
Verſäume nit die Ruh: 

Du bift fein ftolzer Adler, 

Du biſt nur ein Kulu. 


. Bon da marſchierten wir weiter 


Bon Sedan nah Paris 

Dies mußten wir tapfer belagern, 
Bis daß es hungern hieß. 

Da gab es ftarfen Donner, 

Bei Tag und Nacht feine Ruh, 
Über alles war verloren 

Die Saar-Armee dazu. 


186 


6. Jetzt geht das Lied zu Ende 
Mit dem Frieden vor Paris. 
Es fam in unfre Hände, 
Weils „Eapituliven“ hieß. 
Wir kehrten ſchon zur Heimath, 
Da kam die Revolution, 
Und das war Frankreichs Unglüd 
Und bleibt fein Spott und Hohn. 


Das Lied von 1812 wurde 1870 umgebildet. Anderer Anfang des Liedes: 
Wo bift du denn geblieben, du ftolger Napoleon. Bergl. O. Bödel, Volksl. aus 
Dberhefien Nr. 60, 


— — —— — — — 


370. Bankesklänge (1871). 


1. Völkerſchickſal, Menſchenleben — 4. Flaggen wehen, Glocken ſchallen, 
Alles ſteht in Gottes Hand; Böller dröhnen dumpf und ſchwer, 
Wunderbar iſt ſeine Fügung, Jubelnd ruft heut jeder Deutſche: 
Wenn es in Gefahren ſtand. „Heil dem ſieggekrönten Heer!“ 

2. So hat Deutſchland er beſchirmet 5. Und aus Millionen Herzen 
Gegen eines Frevlers That, Steiget heißer Dank empor; 

Den zum biutgen Krieg getrieben Jauchzend ftimmen alle Lande 
Seiner Schmeichler böfer Rath. Ein im gleihen Jubelchor. 

3. Dod den Frechen hat ereilet 6.,Daf der güt’'ge Gott im Himmel 
Gottes ſchweres Strafgericht, Uns beſchirmt mit feiner Hand“, 
Daß ihm, wie dem ganzen Bolte Mög er ferner gnädig walten 
Gründlih nun den Hochmuth bridt. Ueber unferm deutſchen Land! 


Gedicht von Emil Otto in Heidelberg, gedrudt in der Main-Zeitung vom 9. Sept. 1870, 
Obgleich dieſes einfach fchöne Danklied fchon vor der Heimkehr des gen deutichen Heeres 
und feiner Heldenanführer entftand, paßt es doch auf den Schluß des beutfch-franzöflichen Krieges 
und mag es zugleich die Reihe der biftorifchen Lieder beichließen. 


Wir geben von den biftorifchen Liedern nur eine Fleine Auswahl und von manchen blos die 
einft berühmt gewefene Melodie, weil die Terte ar vielfach anderwärts gedruckt und leicht zugänglich 
find, und ein mehr davon bei ihrer großen Zahl und Länge ganze Bände füllen würde. (In meinem 
Repertorium der hiftorifchen Lieder babe ich nabezu 3000 (!) Nummern vom 9. Jahrhundert bie 
1871 nad) Zertanfang, Ton, Inhaltsangabe und Fundort eingetragen, geordnet und regiftrirt.) 
Ueberdied find die meiften biftoriichepolitifchen Gedichte mit ihrem befonderen und Iofalen Inhalt 
von vorübergehendem Intereffe und gar feine wahren Volkslieder fondern unzuverläffige, von 
Parteihader angeregte und von Rache und Spott erfüllte Zeitungsberichte, zumeift obne poetiſchen 
Werth. Ihr urfprunglicher Zwed, biftorifche Thatſachen feftzubalten und zu verbreiten und Bater« 
landsliebe und Heldenmutb zu entflammen, wird jept durch Zeitungen, amtliche Kriegsberichte, 
Reichäverfaffung und Landtage und patriotifche Feſtfeier weit ficherer erreicht, darum fie eine aus— 
ges: Liederflaffe bilden, — Zu diefer Licdergattung kann man auch noch viele Soldaten- 

riegd» und Heldenlieder zählen, die fpäter folgen. — Die chronologiſche Folge der Lieder 
. ug — am Ende des III. Bandes erleichtern das ſchnelle Auffinden eines ge— 
uchten Liedes, 


187 


371. Bas Herzensſchlüſſelein. 


Du bist min, ih bin din: 
des solt dü gewis fin. 

du bist beslozzen 

in minem herzen; 

verloren ist daz sluzzelin: 
dü muoft immer drinne sin. 


In einem Liebesbriefe des Wernher v. Tegernfee, 12. Jahrh. Münchner Cod. 
Tegerns. 1008, Bf. 114’: Daher 8. Bartſch, Lieverbichter des 12.—14. Jahrh., 
©. 284 unter namenlofen Liedern. 


Das Motiv, das Herz ald einen Schrein zu betrachten, ber mit einem Schloß verfperrt ift, 
wird noch im heutigen Bollsgefange häufig gefunden. Solchen Inhalts find folgende Reime: 


Schmweizerifch (Xobler 1, 209): Elfaffifh (Stöber 224). 
Mei Herzli ift zue, J bab e Meind Herzel, 
Es cha's niemert ufthue; Die Herzel ifh mon, 
Ein einziges Bueb Unn eenseinziger Bue 
Hat de Schlüffel derzue. Hat de Sch el dezue. 

In Tyrol fingt man: In Steiermark heißt es: 
Mei’ Herz und dei’ Her Mei’ Herz ift verſchloſſ'n, 
Sein — ſchwund'n, Iſt a Bogenſchloß dran, 
Der Schlüſſel iſt verloren Iſt an ein anzige Buebl, 
Werd nimmer g'fund'n. Das 's aufmah'n kann. 
In Kärnten: 

Mei Herz und dei Herz Mei Herzerl ift treu, 
Js kloan ⸗eng) verbunde, Is a Schlöfferl darbei, 
Und der Schlüffel rg Aufmachn Und an vanziger Bua 
Wird nimmer gfunde. Hat 'n Schluͤſſel darzu. 


372. Lied eines Mädchens an ihren Freund. 13. Jahrh. 


1.Kume, kum, geselle min, 2. Siezer rosen-varwer munt, 
ih enbite harte din, kum und mache mich gesunt, 
Ih enbite harte din, kum und mache mich gesunt 
kume, kum, geselle min! süezer rosen-varwer munt. 


Kloſterhandſchriſt zu Blaubeuern Bl. 69. Carmina Burana, ed. von Schmeller 
©. 208. — Bon diefer Art hat man fid die im 10. Jahrh. den Nonnen verbotenen 
»Winelieder« zu denfen. 


d Erklärung: 1,2 enbiete, warte, hatte. 1,2 barte, ſehr. 


188 


373. Beutfcher Liebesgruß 
in dem lateinifchen Gedichte Ruodlieb (Anf. des 11. Jahrh.). 


Gin Bote, der von Ruodlieb auf Brautwerbung ausgeſchickt war, fragt die Schöne, was fie 
ibm antworten laffe. Ihre Antwort, darin altdeutiche Reimmorte mit Latein untermengt vorfommen, 
lautet nach der Ueberfegung von Uhland (Schriften II, 261) wie folgt: 


Don mir aus treuem Herzen 
fag ihm fo viel Liebes 

als jest komme Laubes; 

fo viel der Vögel Wonne 
fag ihm meiner Minne; 

fo viel Grafes und Blumen 
fag ihm aud der Ehren. 


Das Driginal, verfaßt von einem Mönd Fi Zegernfee, Ruotlieb, Fragm. XVI, 10—15, 
ur: bei Grimm und Schmeller, Tateinifhe Gedichte des 10. und 11. Jahrhunderts 1838, 
. 192) lautet: 


‚Quid respondere Ruotlieb nunc vis, hera, per me?‘ 
Dixit: »die illi nunc te me cordi fideli: 

Tantundem liebes, veniat quantum modo loubes, 
Et volucrum wunna quot sint, tot die sibi minna, 
Graminis et florum quantum sit, dic et honorum. 





374. halblateiniſches Liebeslied im 13. Jahrhundert. 


1. Stetit puella 3. Stetit puella 
rufa tunica bi einem boume 
si quis eam tetigit scripsit amorem 
tunica crepuit. Eia. an einem loube. 
2. Stetit puella 4. Dar ham Venus aljd fram 
tanquam rosula caritem magnam 
facie splenduit höhe minne 
et os ejus floruit. Eia. böt fi ir manne. 


Handſchrift des Kloſters Benedikltbeuern (Carmina Burana, ed. Schneller ©, 210). 
Grimm, lat. Gedichte. Einl. ©. 50. F. v. der Hagen, Minnefinger III, 446. 


Ueberfegung: 1. Es ftand ein Mägdelein im rotben leide; berübrte fie Jemand, die 
Zunifa raufchte. Eia! 2. Es ftand das Mägpdlein gleich einem Röslein, ihr Geficht erglänget, 
ihr Mündlein blübet. Ein! 3. Es ftand dad Mägdlein bei einem Baume, ſchrieb ihre Liebe 
ei = Laub (Blättchen).. 4. Da kam Benus gar fo fanft, große Anmuth, hohe Minne bot fie 
em Manne. 


189 


375. Sipielmannsreim auf die Königin von England, 
Eleonore von Poitou (1154). 


Waere diu werlt alliu min 
von dem mere unz an dem Rin, 


des wolt ih mih darben, 
daz diu kuenigin von Engellant 
laege an minen armen. 


Ueberfegung: 


Wäre die Welt alle mein 

Don dem Meer bid an den Rhein, 
So wollt ih entbehren: 

Daß die Königin von Engelland 
Läg' in meinen Armen. 


Diefer Reim, bald nad 1154 entftanden, ftebt in Carmina Burana ©. 185. (Mündner 
Hi. 13. Jabrb. BI. 60); daher Minnefinger Frühling 3, 7. Bartfh, Liederdidter ©. 284. — 
Die bier in Spielmann’d Arm gewünſcht wird, ift die ſchöne und reiche Eleonore v. Poitou, 
Herzogin der Normandie, geboren 1124, bid zu ihrer Scheidung 1151 Königin von Frankreich, 
dann von 1154—1204 ald Gemahlin Heinrih® II. Königin von England. Dur ihr Teichtfertiges 
Leben en fie berüchtigt und von ihrer Theilnahbme am Kreuzzuge 1147—48 deutfhen Spiel» 
leuten befannt. 


376. NHiederdeutfcher Spielmannsreim (13. Iahrh.). 








un die di ger-ne ger-ne nem un se min ni - ne wil - le. 


Zert mit neumirter Singweife wurde mir vom Herm Prof. 8. Bartſch 1884 gütigft über 
fafjen und von mir entziffert. Die Quelle hab ich nicht erfahren. DB. wollte das Kiedchen in 
feiner Germania veröffentlichen, wozu ed aber nicht gefommen ift, da er 1888 farb. Die Neumen 
waren ohne Notenlinien, der Zeichen für die Tondauer nur zwei, Zweifelhaft bleibt darum die 
Tonart, die ich in meinem Entzifferungsverfuche annahm. 





377. Brei Fräulein im Baumgarten (13. Iahrh.). 


1. Eines Maienmorgens früh 2. Da ih erfah das ſchöne Kraut 
Bas ih ufgeftan, In dem Baumgärtelein, 
In ein fhöns Bäumgärtelein Und ich erhörte das fühe Gelant 
Sollt ih fpielen gan; Von den Mägden fein, 
Da fand ih drei Jungfrauen fan, Da verblive das Herze mein 
Die eine fang vor, die ander nad: Daß ih mußte fingen nad: 


harba lori fa! (3 mal.) harba lori fa! (3 mal.) 


190 


3. Da grüßte ich die Allerfhönfte, 
Die darımter fund, 
IH ließ mein’ Arme al umbe gan 
Da zur jelben Stund; 
Ih wollte fie küffen an ihren Mund, 
Sie fprad: Lat ftan, lat ftan, lat ftan! 
harba lori fa! (3 mal.) 


Volksthümliches Liebeslienchen unter den Liedern des Herzog Johans von Bra- 
bant (} 1299) in der Manefj. Liederhandſchr. (Bodmer I, 7; Hagen, Minnef. I, 15). 
Upland, Volksl. Nachtrag S. 950. — Ins Niederländifhe rüdüberfegt durch Hoff- 
mann dv. %. in Pfeiffer'8 Germania IN, 255. Daher Bartih, Lieverbidter ©. 255: 
Eenes meien morghens vroe. 


J. 2,4 verbleiden, fröblid werden. 3,3 ich fperrte meine Arme zum Umfangen aud. — 


378. Mailied, 


Phrygiſch. Mel. hergeſtellt v. Böhme nad) einer Hdſchr. des 15. Jahrh. 











=S 


ein Herz will fib er» freu en gen Die» fer Sumsmer « zeit, daß 
nd all mein Leid zer » ſtreu-en, dem Wine ter kalt zu Neid; 









drun» gen, daß fie mim » mer funegen wis auf des Mai-es Ziel. 





Driginal. 
Mein Herz will fi erfreuen. K. Bibl. Berlin: Ms. germ. 1004, ©, 55. 
! 


SS = 


eg sen 


2. Seint daß nun iſt zergangen 3, Der hübſchen Blümlein find ohn Zahl, 
Der Reif und aud der Schnee Die er uns bringen thut, 
Der Mai fih angefangen Daraus jo nimm id mir die Wahl, 
Gewaltiglich als eh, Ein Kraut heißt Wolgemut, 
Des hort man Voglein fingen Das will id meinem Herzen 
Mit mannigem ſüßen Ton. Behalten ob ih kann; 
Gar Iuftiglich erklingen, Augentroft wend't Schmerzen: 
Ihr Noten ſcharf vollbringen, Hab mich lieb in Herzen 


Der Mai giebt ihn’ den Lohn. Und Freuden mir vergann! 


191 


4.3 hab in meinem Gemüte 
Die rothen Rofelein: 
Mid freut dein’ weiplih Güte, 
Sie follen dein eigen fein; 
Die will id dir ſchenken, 
Dann fie gehorent dir zu. 
Mein Veigl thu nicht wenken, 
Stett leich an mich gedenken 
Thu deiner Farb genug! 


Dichtung und Melodie im Berliner Ms. germ. 40. Nr. 1004 ©. 55 (fonft von Meuſebach's 
Sammlung). Derfelbe bat beides abgeihrieben von einem fonft Brentano gehörigen Quartblatt, 
das —— aus einer Handſchrift des 15. Jahrhunderts herausgeriſſen war. — Originals 
tert im Jabrb. für niederd. Sprachforihung XIII ©. 60 mitgetheilt durch Dr. Bolte. Die 


Abſchrift der Melodie durch ihn mir gütigft uberlaffen. 
Diieſes Lied in Izeiligen Strophen ift vermuthlich noch älter als das inhaltsähnliche, 
vielgedrudte „Herzlich thut mich erfreuen“. 








Herz «lich thut mich er» freu » en die fröh lih Som =mer zeit, all 





mein Ge-blüt ver « neu =» en, der Mai viel Wol-luft geit: Die Lerch thut ih er 


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ſchwingen mit ihrem hel-len Schall, lieblich die Vöglein fin» gen, vor-aus die Nach-ti-gall. 





2. Der Kuckuk mit ſeim Schreien 4, Ein Kraut wählt im der Auen 
Macht fröhlih jederman ! Mit Namen Wolgemuth, 
Des Abends fröhlich reihen Liebt fehr den fhönen Frauen, 
Die Meidlein wolgethan; Darzu die Holderblut; 
Spazieren zu den Brunnen Die weiß und rothen Rofen 
Pflegt man in dieſer Zeit, Hält man in großer Acht, 
Au Welt fuht Freud und Wunne Kann Geld daraus gelofen, 
Mit reifen fern umd weit. Schön Kran, man daraus macht! 
3. Es grünet in den Wälden 5. Das Kraut Yelänger jelieber 
Die Bäume blühen frei, An mandem Ende blüht, 
Die Röslein auf den Felden Bringt oft ein heimlich Fieber 
Bon Farben manderlei; Mer fih nit dafür hüt; 
Ein Blümlein fteht im Garten, Ich hab es wol vernommen, 
Das heißt: Vergiß nicht mein, Was dieſes Kraut vermag, 
Das edle Kraut Wegwarten Doch kann man dem vorlommen: 


Macht guten Augenſchein. Wer Maflieb braudt all Tag. 


192 


6. Des Morgens in dem Thaue 7. Darumb Iob ih den Summer, 
Die Meidlein waſchen gan, Darzu den Maien gut, 
Gar lieblih fie anfhauen Der wendt uns allen Kummer 
Die fhönen Blümlein ftan, Und bringt uns Freud und Muth. 
Daraus fie Kränzlein machen Der Zeit will ich genießen, 
Und ſchenken ihrem Schatz. Dieweil ih Pfenning hab; 
Thun fie freundlih anlachen Und wen es thut verbrießen, 
Und geben ihn ein Schmatz. Der fall die Stiegen ab! 


Text und Melodie in: Bicinia, Vitebergae. 1545. I, Nr. 91. Melodie dort eg im 
geraden Takte. Melodie ebenfo in Rotenbucher's Bergkreven 1551, Nr. 21 zu: Papiers Natur ift 
raufchen. Wieder genau fo zu einer geiftlihen Umdichtung von Johann Walther, Ein ſchöner 
Geiſtlicher vnd Ehriftlicher Berdreyen. Wittenberg 1552. (Anfang, wie das weltliche Lied.) 
Dort als „die alle Melodey“ neben einer neufomponirten. 


Der weltlihe Zert: ar Rr. 57; Hoffmann, Gefellfhaftäl. L 229; Goedede-Tittmann 
©. 159; Altd. Liederb. Nr, 142; aud in Heidelb. Hſchr. 343 Bl. 34d; Ambrafer epb. 1582, 
Nr. 20 und auf fl. Blättern: Nürnberg, Chriſtoph Gutknecht (Abdr. Yragur I, 358); Bafel, 
Joh. Schröter 1613; Nürnber n Langenberger 1610. — Alle nur in wenigen Worten verfchieden. 
Niederd. Kiederb. (um 1600) Nr. 17, Wunderbom I, 239 (n. U. 212): Frühlingsblume. Dazu 
bemerkt Goethe: „Wenn man die Blumen nicht fo entfeplich fatt hätte, jo möchte diefer Kranz 
wohl artig fein.“ 


rg > eit, giebt. 2, 3 der fröhliche Reigen —* Abendtänze iſt bier 
CM 2,5 die — im Frühling find bier gemeint. 3, 6 Vergißmeinnicht, 
yosotis palustris, das befannte Blaublümlein, ein Symbol der Treue. 3, 7 Wegmwart, Gi. 
horienfraut. 3, 8 thut den Augen wohl. 4,2 Wolgemut, Boretich, borrag 0 offieinalis, 
Gurkenfraut, auch "Herblümlein. 4, 3 gliebt, aefällt. 4,4 Holderblut, blübender Hollunder 
(sambucus nigra) ‚der Thechollunder mit weißer, duftender Blütbe und ſchwarzen Beeren > 
der Göttin Holda benannt hobes Anfeben genoß; nicht der blaublübende türfifhe Hollunder (8 
ift damit gemeint. 4, 7 gelofen, löfen, einnehmen ; man fann Geld daraus Löfen, beißt dieſe Zeile 
im Ambr. db. 5, 1 er | (Geienatt, Lonicera), Symbol der Unerfättlichkeit. 
5. Maflieb oder Taufendfchön ( ellis perennis), im Ambraf. Ldb. fteht „ — lieb; dieſes 
altkluge Blümlein deutet ſymboliſch auf Maßhalten im Genuſſe, auf vernünftige Liebe im "Gegen: 
fag zu SJelängerjelieber.“ 7, 6 dieweil, fo lang. 7, 8 Stiegen, Treppen. Mit einem derben 
Buntde gegen Griesgram schließt der Mailuftige fein did, 


380. Sommerfreude. 


(Im Ion: Der Sommer jegt andringet.) 


1. Der Winter fährt von binnen, Biel Melodei fie finget 
Die traurig falte Zeit; Mit ihrem hellen Schall, 
Bor Freud mein Herz thut brinnen; Bor Freud fie hüpft und fpringet 
Vergiß jest alles Leid! Ueber die Vöglein all. 
Der Sommer jegt erfreuet, 
Die Erd mit feiner Gab, 3. Wohl auf, meins Herzend Krone, 
AL Ding ſich jetzt verneuet: Wohlauf, Herzliebſte mein! 
Freu dich, mein junger Knab! Hör zu das lieblich Getöne 
Der Hein Waldvögelein, 
2. Den grünen Wald jet zieret Die ſchön fie modulieren 
Lieblich der edle Mai; Bor Freuden mannigfalt: 
Darinne' moduliret Ah, laß ung doch jpazieren 


Die Nachtigall ganz frei; Ein Meines nah dem Walp! 


193 


4. Wie ſchön ftehn geformiret 5. Thu mir das Blümlein brechen 
Die Blümlein auf dem Feld! Zu einem Kränzelein! 
Mit ihrer Farb gezieret, Dein Treu mir verfprechen, 
Daraus ih mir erwählt, Mein zartes Yungfräulein ! 
Feinslieb, zwei Blümlein Heine: Weil mich fo hart gefangen 
Eins heißt „Vergiß nicht mein“, Dein große Schönheit hat; 
Das ander das ich meine: Nach dir fteht mein Berlangen, 
„Delängerjelieber Zäun. Feins Lieb, num gieb mit Rath ! 


’ nat Paul's v. d. Aelſt, 1602, Nr. 101. Cine flörende Schlußſtrophe ift bier weg. 
gelaffen. 


381. Mein Röslein. 
Alte Melodie, vereinfadht von B. 


Rhaw, Bicinia. 1545. 





Blüme- kein auf der Hei » den blü- ben gar man-nig falt. 


b) Originalnotation. 





Die Blümsleiin auf der Hi - den Blü-m gar ma «nig » falt. 


c) Neuere Melodie. 
Kregichmer II 262 1849, daher Silcher 11 Nr. 10, 





Hei » den die blü- ben man» nig= fall. Ein Nö = ferlein zar» te, von 





ann 
Far« be fo ſchön, das blüht in meinem Gar:ten, vor al» len ichs krön. 
Ertl u. Böhme, Piederhort. II. 13 


194 


1. Der Mai tritt h'rein mit Freuden, 5. Bor Leid wär ich geftorben, 
Hin fährt der Winter kalt; Entgangen was mein Kraft, 
Die Blümlein auf der Heiden In Piebesflamm verborben, 
Blühen gar mannigfalt. Erfühlt hat mich fein Saft. 

2. Ein edles Röslein zarte, 6. Mein Herze wird erquidet 
Bon rother Farbe ſchön, Bon Angft, Kummer und Bein, 
Blüht in meins Herzens Garte: Wenn mid freundlih anblidet 
Für all Blümlen ichs krön. Das rothe Röslein mein, 

3, Es ift der Wolgemuthe 7. Für Silber und roth Golde, 
Des ſchönen Röslein roth, Für Perlen und Evelgeftein 
Erfrifht mir Sinn und Muthe, Bin ih dem Röslein holde, 
Errett' aus aller Noth. Nichts Lieberd mag mir fein, 

4. Es ift mein Ehrenpreife 8. Der Edelſtein Karbuntel 
Darzu mein Augentroft, Mag ihm geleihen nicht, 
Gemacht mit allem Fleiße, Wiewol er leucht im Dunkel, 
Vom Tod hats mich erloſt. Ruhin gen ihm erblicht. 


9. Ach Röslein, bis mein Wegewart! 
Freundlichen ich dich bitt: 
Mein Holderſtock zu aller Fahrt, 
Darzu Vergißmeinnicht! 


Zert und Melodie Rhaw, Bicinia, Vitebergae 1545, I, Nr. 9. Die alte Melodie geben 
wir in Urform und Vereinfahung. Sonderbar ift darin die Tonalität. Mit dem vorgezeichneten P 
und Taktwechfel, nur in kleineren Noten giebt fie Erk und tadelt mich, dag ich das P im Alt, 
Lob. 243 weggelaffen. Der Borzeihnung gemäß wäre es die auf g verfepte doriſche Tonart, 
wozu aber die Modulation im Eingange nicht paßt, aud will der Mollfhluß zur Mailuft fich 
nicht ſchicen. Ohne das ftörende P tritt die beitere hypojoniſche Tonart hervor, d. b. unfer 
Cdur, mit Anfang und Schluß auf der Quinte, wie das im Volksgeſange fo oft vortommt. So 
nehme ich die Singmeife, die ich nach Adur verfeßt und im den Anfangstakten die Notendauer 
eändert babe, um gleiches Maß durch das ganze Etüd zu gewinnen. — Eine neue, jedenfalls 
lb en Singmweife zu dem etwas umgearbeiteten alten Zerte giebt Zuccalmaglio in Kretzſch⸗ 
mer'd BL. 1840 Nr, 262, mit der Angabe: „Mailied vom Niederrhein.“ Diefe hübſche Melodie 
nah Art der Menuette bat Silcher (Heft 11, Nr. 10) gläubig ald Volksweiſe aufgenommen und ift 
fie durch ihm verbreitet worden, daß ich fie hier nicht vorenthalten mag. 


T Erklärung: 3, 1 Wolgemuth, Kraufemünge, Menthacrispa, ein wohlriehendes 
Kraut. 4, 1 Ebrenpreid, Veronica, eine hbeilfräftige Pflanze mit blauen Blümchen. 
4,2 Augentroft, Euphrosia, gelbes Blümchen, purpurgefprentelt. 7,1 Karbuntel, Kar- 
funkel (vom lateinifhen carbunculus, glübende Koble), ein hochrother Rubin. 8,1 big, fei. 
Wegmwart, eine an Wegen und in Feldern wachſende Pflanze mit blauen und auch blagrotben 
Blütben und bitterer, heilkräftiger Wurzel, = Gichorienfraut (Cichorium Intybus). 8,3 Hol— 
derjtod, Holunderftod, sambucus, bier Kofewort für die Geliebte. So aud bei Geiler, Pred. 
über'd Narrenihiff: „Ein Buler ſucht feinem Holderftod und Gretel zu gefallen.” — Schwäbiſch im 
Lied von 1634 bei Ubland ©. 99V: „Ey grüch di, mein berpiger Holdarftod,“ — Pflanzen» nnd 
Gteinreih werben hier zum Preife der Geliebten aufgeboten und zu Kofenamen verwendet, ' 


Mei. 1539. 





Der Mai will fi mit Gun» fin, mit Gunsftin be » wei» fen, prüf 





will den ih » ten Som» mer brin =» gen, ja brin » gen. 


2. Jedoch feind ihr leider 3. Die Ein’ nennt fih Margreta, 
Die Kleider || zerrifien, Agneta, || Sophie, 
Noch freut fie fich des Lieben langen Jahr; Elifabeth, Frau Amalia traut, 
Mit ihren Schenflein geht fie bar, Das Maiblein mit Frau Öertraut: 
Recht als fie waſchen jollte. Das feind die Yungfraun fchöne, 
Der Reif und aud ver falte Schnee Das feind die Jungfraun fäuberlid, 
Der thut ihr weh, Die kränzten ſich 
Noch freut ſie ſich des Sommers, ja Des Maien allzumale, ja male. 

Sommers. 


Melodie und Tert aus Forfter I, 1539, Nr. 47. Daher bei Uhland Nr. 18 
der Tert mit der Ueberfchrift „Nachtigall“. — Im Wunderhorn I, 1806, ©. 201 
verflümmelt und durch eimfältige Zufäge zu einem Wafchweiberlieve gemadt. Dazu 
macht Goethe die ironifhe Anmerkung: „Feenhaft und befonders, — 


383. Maimunfd) der gottvertrauenden Liebe. 


Nörminingers Tabulaturb, 1598. II Rr. 22, 









die fröh-lich Som» mer » zeit, 
in der fih thut er» freu » en, die gan» ze Gbri« ſten — beit, 


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4 


und auch die Licht auf Er +» den, die mir im Ser» gen 





feit. 


2, D Mai, du edler Maie, 4. Es wird mir doch auf Erben, 
Der du den grünen Wald Weil die Welt ift fo weit, 
So herrlich thuft bekleiden Ein feins brauns Mägdlein werden, 
Mit Blümlein mannigfalt, Gott weiß die rechte Zeit; 
Darin jo geht fpazieren So will id ihr erwarten, 
Die Liebft und Wohlgeftalt. Die mir mein Herz erfrent. 

3. Ach Gott, du wollft mir geben 5. Will das Vertrauen fegen 
In diefem Maien grün Auf Gott den Herren mein, 
Ein fröhlich gfundes Leben, Dod kann mein Herz ergeben 
Darzu die Zart und Schön! Ein ſchönes Mägpvelem, 

Die du mir haft geichaffen, Die du, Gott haft erforen, 
Kann mir doch mit entgehn. Die bleibt wol ewig mein. 


13* 


196 


Zert bier, der ältefte, fürzefte und befte, aus Joh. Stephanus, Neve teutfche Gefäng nad 
Art der Madrigalien, mit 4 Stimmen componirt. Tb. L Nümb. 1599. Daher Abdr. Wunderb. 
4, 163. — Gin längerer Tert von 8 Strophen fteht in der Liederhandſchrift der Elifabetbenfirche 
zu Breslau 1603; daber bei Büſching, wöchentl. Nachrichten II, 90. — Ubland (Nr. 59) hat 
einen Text von 14 Strophen zufammengeftellt nah 2 fl. Bl., Bafel 1611 und dem Berglieder- 
büchlein 1740. Offenbar ift das fchöne Lied dur die fpätere Zudichtung nicht beffer geworden, 
darum wir auf diefe verzichten. Als Verfaſſer des Liedes wird auf einem fl. Bl. um 1611: 
G. Grünew. (Georg Grünewald) angegeben. Nach dem Rollwagenbüclein 1555 lebte um die Mitte 
des 16. Jahrhunderts am Hofe des Herzogs Wilhelm ein Sänger G. Grünewald, der ein berühmter 
Mufitus und Gomponift, aber auch ein guter Zechbruder war. Ginen Schwang von ihm bringt 
das Widmungsgedicht zum Woh. I; aud bei Uhl. Nr. 238. 

Dad Mailied mag, wie Ubland folgert, um 1570 zuerft — worden fein, weil die fl. 
—* von Schröter in Zürich 1610 meiſt Nachdrucke der ſchon bei Apiarius 1570 erſchienenen Drucke 
n 


Dant Erk's Bemühungen bat fih die ſchöne Driginalmelodie dazu gefunden in Aug. 
Nörmininger’d handſchriftl. Tabulaturb. 1598, II, Nr. 22. Weil ich diefelbe noch nicht kannte, 
—— ih im Altd. Liederb. die Singweiſe vom geiſtlichen Mailiede dem vorſtehenden Texte bei- 
gegeben. — 

Das Lied ift, wie fhon Uhland (3, 454) bemerkt, der vollftändigfte und innigfte Ausdrud 
des Glaubens: daß der Bund der Herzen im Himmel geſchloſſen werde, die Liebe eine Fügung 
Gottes fei. Im grünen Mai, deffen die ganze Welt ſich freut, denkt der Dichter an die fern von 
ihm unter Blumen mwandelnde Geliebte, die er im fehnfuchtsvollen Herzen ſchon fennt und fühlt, 
die ihm aber erft durch Gottes Gnade zur rechten Stunde werden und fo auf ewig die Seine 
wird. — Bergl. Bilmar ©. 200, der ein beberzigendwertbed Urtbeil fällt über die ehrbare Liebe 
” Fair, im züchtigen Bürgerleben, gegenüber der phantaſtiſchen Roman: und Theaterliebe 
er Neuzeit. 


J Erktlärnng: 1,1 geliebt, gliebt, liebt — gefällt. 


1, 4 leit, liegt. 


354. Fromme Liebe. 


‚Mein Herz thut ſich erfreuen 
Der Allerliebften mein. :]: 

Ah Gott, thu ihre verleihen, 
Daß fies auch treulih mein! 
Gleich ichs jett gegen ihr, 

Alſo fie es auch zu mir 

Bon Herzen Grund thu meinen, 
Mit fröhlicher Begier, 

.Ajo ih unbejonnen 

Gedenk bei mir allein, 

Daß mir jcheinet die Somnen, 
Du edler Sonnenjdein: 
Schein mir den Weg zu ihr, 
Nah ihr fteht mein Begier. 
Der Schein thut mich font kränken, 
Das mag (fie) glauben mir. 

. Halt du den Schatz vor Ehren, 
Der dich fo Herzlich liebt! 

Das Geld läßt fi verzehren, 
Gott verläßt dod niemand nidt: 
Wiewol ih jung und tumb, 
Jedoch ehrlih und frumm 

Es wird mir wol vertreiben 
Wenn ih in Ehftand komm. 


4. Sollten wir ehlid werben, 
Wär e8 doch Gottes Gab, 
Und follt die Lieb zunehmen, 
Gleich wie fie nimmet ab; 
Betrachts, bevents gar fein, 
Wie freundlih ich es mein, 
Doch muß Gottes Will geihehn, 
Bei dem es fteht allein, 

5. Sollt id mid dein entſchlagen? 
Geſchieht doch nimmermehr: 
„Herzlieb, ſo thu es wagen 
Und nimm mich zu der Eh! 
Heimlich, ſtill, unvermeldt, 
Vielleicht es dir gefällt, 

Thu dein Willen drein geben, 
Du theurer ſchöner Held!“ 

6. Allein auf dieſer Erden 
Iſt ſie mein größte Freud; 
Kann fie mir denn nicht werden, 
Durch falfche, umtren Leut: 
Hoff ih und denk mit Fleiß, 
Daß ih in folder Weis 
Wil mit und bei dir bleiben 
Im ewgen Paradeis. 





197 


Ambrafer db. 1582, Nr. 219. Dort noh 4 Strophen müßiger Zufag. Eigenthümlich iſt 
diefem Liede der hriftlich ftomme Zug: wenn die Hoffnung des Liebenden nicht auf Erden erfüllt 
werben kann, feine Hoffnung auf jemjeitd ſteht. Das ift feine en Liebeöwerbung und 
vielleicht nicht nah dem Sinne der meiften Liebenden, ehrt aber die hriftliche Gefinnung unferer 
Boreltern bei Eheſchließung. 


385. Ber ewige Mai. 


1. Die ſchöne Sommerzeit 2. Roth Röslein auf der Heid, 
Mein feines Lieb und Saitenfpiel Die Blümlein ſchön in diejer Welt, 
Iſt über alle Freud’, Geben viel Zierlichkeit, 
Erguidt das Herz, welchs leidet Schmerz, Darzu auch das viel liebe Gras 
Nimmt weg traurigen Muth, It alles hübſch und fein; 
IM über Geld und Gut; Ih und die Liebfte mein 
Sp will e8 Gott beicheeren dem, Wollen nad der Zergänglichkeit 
Der ihn drum bitten thut. Bei einander im Himmel fein. 


Liederb. Paul's von der Xeltft. 1602, ©. 115, Nr. 122. Das Lied bat 8 Strophen, deren 
Anfangsbuhftaben den Ramen Dorothea bilden. Wir geben die 1. und 3, Strophe. „Der Gang 
des irdifhen Mai fept fi fort Bid in den ewigen“, das ift der ernſt ⸗ſchöne Glaube * 
Liebenden in dieſem Liede 


386. Glück der Liebe (Blumenlied). 


1.35 hab mir ausermwählet 2.,Je länger und je lieber” 
Zu dem Mai ein Blümelein, Es mwohnet nahe bei, 
Das mir fo wohl gefället, Ih will mich zu ihm fügen 
Wie fem ih von ihm fei. Zu dem felben Blümelein; 
Es ift an mich gebunden, Es blüht zu rechter Mainacht 
Gedrückt wohl an mein Bruft, Und heißet „Wohlgemut“: 
Ih Hab es mir erwählet Es kann kein Mann erzählen, 
Bor aller Welten Luft. Mas rechte Liebe thut. 


3. Das Blümlein will ich pflegen 
Wohl in meins Herzens Gart, 
Nah allen meinen Willen 
So hübſch und aud fo zart. 

Es heißet Augenweide, 

Ja Blümchen Vergiß nicht mein! 
Ich will von dir nicht ſcheiden, 
Wie fern ich von dir ſei. 


Lied bei Uhland, Nr. 55, aus dem haudſchriftlichen Liederbuch der Ferage 
Ammelia zu Eleve, 16. Jahrh. — Hier aus dem aus der zwiſchen Nieder- am —— 
deutſch ſchwankenden Sprache ins Hochdeutſch übertragen. 








337. Bie Blumen. 









Weiß mir ein Blüm fi 
Es flieht in grü «mer 


von bim+ mel + blau» em Säein 
und heißt Der - giß nit mein! 





Reif und tal - Ten Bin den 


2. Das Blümli, das ich meine, 
It brun, ftaht auf dem Ried, 
Bon Art ift es fo Heine 
Es heißt nun Hab mich lieb! 
Das ift mir abgemähet 
Wol in dem Herzen mein, 
Mein Lieb hat mich verfhmähet, 
Wie mag ih fröhlich fein? 

. Das Blümli das ih meine 
Das ift rofinenrot, 

Iſt Hergenstroft genennet 

Auf breiter Heid es ftaht. 
Sein Farb ift ihm verblichen, 
Der Wolgemut hat verborrt, 
Mein Lieb ift mir entwichen, 
Berloren han ih mein Hort. 


20 


es mit wor⸗ den fahl. 


4. Weiß mir ein Blümli weiße 


Staht mir im grünen Gras, 
Gewachſen mit ganzem Fleiße, 
Das heißt nun gar Schabab; 
Daſſelbig muß ich tragen 

Wol dieſen Summer lang, 
Biel lieber wöllt ih haben 
Meins Buhlen Armumfang. 


. Der Rif mit feinem Zeichen 


Berderbt manchs Blümli zart 
Rann fih dem Klaffer ſchmeichen 
Mit ungetreuer Art; 

Wol auch nah diefem Summer 
Kummt uns der liehte Mai, 
Bringt uns die Blümli wieder 
Der Farben manderlei. 


6. Mein Herz das leit in Kummer, 

Daß mein vergeflen ift. 

So hoff ih auf den Summer 
Und auf des Maien Friſt; 

Die Riefen find vergangen 
Darzu der kalte Schnee, 

Mein Lieb bat mid umfangen, 
Das thut dem Klaffer weh. 


Melodie bei Winnenberg, Chriftl. Neuterlieder, Strafib. 1582, Nr. 16, zum geiftl. 
Liede: „Wer Gott will recht vertrauen,“ Zu welhem weltlihen Tert mag dieſe 
reizende Vollsweiſe gehört haben? Bon etlihen 20 Liedern in der Hildebrandftrophe 
mußte ich abfehen, da deren Melodie andere und befannte find. Nur zu dem Liebe 
bier hatte ih nod feine gleihalterige Weife, und habe nicht gezögert, die hübſche 
heitere Weife dem Blumenliede einftweilen zu eignen, bis Jemand no ihren wirf- 
lihen Urtert auffindet. 


Zert nad einem fl. BI. c. 1570 bei Ubland 54. Etwas abweichend 9 Strophen lang und 
im Reim verderbt in Heidelb. Hf. 343, daraus im Altd, Liederb. Ar. 145 mit Anfang: Ich weiß 
mir ein Blümlein blaue. Uhland's Text auch bei Liliencron, Deutfches Leben Nr. 62, 


199 


Uhland (IE, 49) glaubt nach drei Ehronifenberihten, die er beibringt, der Dichter dieſes 
Liedes fei Oraf Johann von Habsburg zu Rapperswyl, der nad der Züricher Mordnacht Anno 1350 
im Waſſerthurm zu Zürich drei Jahre gefangen lag (f. Altd. Liederbuch Nr. 145). 

Das in den Chroniken angeführte Lied beginnt: „Ich weiß ein blawes blümelin.“ Freih. 
v. Liliencron meint dagegen, daß mit dem blauen Blümchen dort wohl dad Veilchen gemeint 
fei. — Zu weit gegangen ift die Behauptung einiger Litteraten, daß jenes nicht weiter gefannte 
Lied von 1350 gar dad Vorbild zu Goethe's „Blümlein Wunderbold“ geweſen fei. 


T Borterklärung: 3,6 Das Blümchen Wolgemut ift verdortt. 4,4 Shabab, 
eine Herbftblume (Adonis auctumnalis) galt ald Sumbol der verächtlihen Abweifung, wie fie 
das Mbziehen ded Sommers kündet. (Schmeller, bair. Wtb. III, 305). 5,3 weib fih beim 
after Aushorcher, Berläumder) einzufhmeiheln. 6,1 leit, Tiegt. 


388. Bunte Blumen. 


Altd. Lob. Nr. 144. Melodie ded Mailiedes, 







Mein Herz bat fh ge=fel - lt zu ci» nem Blüm - lein en | 
das mir fo wohl ge» fäl » let, durch Lich fo leid ich Pein. 





He! mwasrum folt ih trau» ven? Ru rüb» rt mih der Mai—; Schlag 





auf, mein Ser), mit Freu, den! mein Trau-ren iſt cent » zwei. 


2. Mein Herz bat ſich gejellet 5. Mein Herz bat fidh gefellet 
Zu einem Blümlein roth, Zu einem Blümlein grün, 
Das mir fo wohl gefället, Das mir jo wohl gefället, 
Durd Lieb, fo leid ih Noth. Mein Herz ift zart und ſchön 
He! warum follt ıc. He! warum ꝛc. 

, 6. Mein Herz hat ſich gefellet 

3. Mein Herz hat fih geſellet Zu einem Flümtein Rt 
Zu einem Blümlein weiß, Das mir fo wohl gefället 
Das mir fo wohl gefället, Mein Herze fteht ihr nah. 
Ih diene ihm mit Fleiß. He! warum ıc, 


He! warum follt ꝛc. 


7. Mein Herz bat fi gefellet 
j Zu einem Blümlein gel, 

4. Mein Herz hat ſich gejellet Das mir fo wohl gefället, 
Zu einem DBlümlein brun Ich Hoff, ich fei gewährt. 
Das . fo wohl gefället, Hel warum follt ih trauren! 
Es ift ein Yungfrau ſchön. Nu rühret mid der Mai; 


He! warum follt ıc. Schlag, flag, fhlag auf mit Freuden! 
Mein Trauren ift entzwei. 


Tert: Aus einer Papierhdſchr., 4°, erfte Hälfte des 15. Jahrh. Mitgetheilt in 
3. €. v. Fichard's Frankfurter Archiv für Ältere deutſche Pitteratur III, Th., Frank⸗ 
furt a. M. 1815, ©. 265. Daher auch Uhland 53 und Woh, 4, 148. — Eine 


200 
eigne Melodie zu diefem hübſchen Liebesliede habe ich nicht gefunden. Ich habe deshalb 


die nicht unpafiende, gleihalte Singweife „Ich weiß mir einen Maien“ beigefügt und 
zwar biefelbe im doppelten dreizeitigen Takt geſetzt. 


389. Untreue. 


Forſtet III. 1549 (1552) Nr. 33, 





Es naht ſich ge denMai» en, grün will ich mich Mei =» den; 
den lieb »ften Bu » len den ich hab, der will fih von mir jchei « den. 


— — 
u 
= 
a 





ſchafft al» lein ihr Unstreu, wansfelsmü-tbig Sinn: bab Urlaub, fahr da » bin! 


2. Hätt mir zu Freuden ausgefät, 3. Mein Lieb thut fi verkehren, 
Ein Ander hat mird abgemäht, Hat mir Urlaub geben; 
Das ſchafft das Wetter unftet, Mas einer nicht gehaben mag, 
Ein leiht Wind der mird hinweht; Soll er fid) verwegen. 
Do kam ein großer Güſſe, Mit ihren falfhen Worten 
Führt mird alles dahin, Hat fies an mich gebradht, 
Schafft, daß ich traurig bin. Hätt fonft an fie nit dacht. 


Tert und Melodie bei Forfter 1549 (1552), III, Nr. 33. Harmonift G. Othmayr. 
Ausgabe 1552 mit dem Anfange: „Es naht fih gen den fommer.“ 


Andere Lesart. 


1. Wol heur zu diefem Maien 2. Hätt mir zu Freuden ausgefät, 
In Grün will ich mich leiden; Ein Ander hat mird abgemäbt, 
Den liebften Bulen den ih hab, Das macht das Wetter unftet, 
Der will ſich von mir ſcheiden. Ein kleiner Wind der mird hinweht. 
Das macht allein fein Untren, Do kam ein großer Güſſe 
Sein wankelmüthig Sinn: Und führt mirs alles dabin, 
Hab Urlaub, fahr dahin! Schafft, daß ich fo traurig bin. 


3. Ach Gott, wie foll ih mid ernähm? 
Mein feind Lieb bat mir Urlaub geben ; 
Du dörfft mir zwar nit Urlaub geb’n, 
Ich wollt mich dein wol felbft ermegen! 
Mit ihren falihen Worten bat 
Hat fies an mich gebracht, 

Hätt funft an fie nit gedacht. 


„Bl. Bl. „Drey hübſche Lieder. Das erft. Wol hewr zu difen Meien.“ [Mol zu Nürnberg 
bei Kunegund Hergotin um 1530.) Stimmt mit einem andern fl. Bl.: „Zwey Schöne Lieder... 
Das ander, Wol ben zu difem Meyen.“ [Bermuthlic Nürnberg durch Friedr. Gutknecht.) Daber 
aud bei Uhland Nr. 66. Verdorbener Tert in Heidelb. Hf. 343, fol. 112: „Ice zu diefem 
meyen.“ 


201 


390. Im Mai. 


Aus 68 Lieder. Nr. 36 (c. 1550). 








ie ſchön blüht und der Mai » e, der Somsmer fährt va» bin. 
ir iſt ein fhöndAungsfräu » fein ge = fal» fen in mein Ginn, 


1: 







—— — HH 
Nur _ 1-7 380-7 









1. Wie fhön blüht uns der Maten 4. Wollt Gott, ih folt ihr wünſchen 
Der Sommer fährt dahin! Drei Roſen auf eim Zweig, 
Mir ift ein ſchöns Yungfräufein Sollt ih auch treulih warten 
Gefallen in mein Sinn. Auf ihren graden Leib; 

Bei ihr do wär mir wol: Wär meines Herzens Freud. 
Wenn ib nur an fie denke, Ih muß mid von dir ſcheiden: 
Mein Herz ift Freuden voll. Alde, mein fhöne Maid! 

2. Wenn ih des Nachts lieg Ichlafen, [5. Zwei Blümlein auf der Heiden 
Mein feins Lieb kommt mir für; Mit Namen Wolgemuth 
Wenn ich alddann erwache, Laß uns der Lieb Gott wachſen, 
Bei mir ih Niemand jpür, Seind uns für Trauren gut; 
Bringt meinem Herzen Bein, Vergißmeinnicht darbei: 

Bolt Gott, ih follt ihr dienen, Grüß fie mir Gott im Herzen, 
Wie möht mir baß gefein! Die mir die Piebfte fei!] 

3. Bei ihr da wär ich gerne 6. Der Liebſten follt ich Magen 
Bei ihr da wär mir wol; Mein Leid zu dieſer Stunb: 
Sie ift mein Morgenfterne, So hab ichs niht am Tage, 
Gfällt mir im Herzen wol. Noch fpar dich Gott gefund! 
Sie hat ein rothen Munde, Ade, zu guter Nacht 
Solt ih darauf fie küſſen Sei dir, ſchöns Lieb, gefungen 
Mein Herz würd mir gefund. Aus gutem Muth bedadıt! 


Melodie und Tert bei Forfter III, 1549, Nr. 19, Tonſatz von Othmayr. — 
Zert von 5 Strophen auf einem fl. Bl.: „Drey hübſche Fiever* das 3.). Getrudt 
zu Nürnberg durch Kunegund Hergotin {ca. 1530). Ebenfo ein fl. BL: „Drey 
ſchöne Lieder“ (vas 2.). Sevrüct durh Hans Guldenmundt. — Tert auch in Heivelb. 
Hdſchr. 343, BL. 18 und 136; Frankf. und Erf. Liederb, Nr. 30; Ambrafer, ©. 27; 
Cob. Paul v. d. Aeltſt, ©. 95 (Weimar. Jahrb. 2, 352); Woh. I, 376 u. 4. ; Uhl., 


202 


Nr. 58 (ohne 5. Str). Melodie aud in B. Schmid's Orgeltabulaturb., 1577. — 
Goethe zu Woh. I, 378 (a. A.): „Recht lieblich.“ — Melodie und vom Tert nur die 
drei erften Strophen in.„68 Lieder“, Nr. 36 (um 1550, erfte Auflage 1542). Hier 
hat das Pied in der 5. Zeile jeder Strophe zwei Silben mehr als bei Forfter, wodurch 
das Versmaß des Schüttenfamenlieves hergeftellt ift. 

Eine Umdichtung von diefem oder einem ähnlichen Mailiede ift: 


„Der geiftliche Maien.“ 
Im Ton: Es nabet fi) dem Summer, der Winter ift bald dahin, 


„Es nabet fid dem fummer, Hat mir ein ſchöns lieb zugefeit, 
fo fingn die vögelein, ed wöll mit mir in Meyen, 
Das thut mir wenden fummer, bat mir mein berg erfreut. 


mein trauren fart babin. 


H. BL, Bern, ©. Upiario, ca. 1540. Abdruck WE. II, Nr. 1207, 27 Str. — 
Bäumer (T. Bibliogr.) verzeichnet noch fpätere Drude zu: Eonftanz 1607, Innsbrud 1631, 
Luzern 1640, Im Innsbrucker Drude heißt die Zonangabe: „Im befannten Thon, 
oder auff die weiß wie die Tageweiß“ (d. i. „Ich fund an einem Morgen“). 


391, Mailied, 


Mel. nad) Forfter I 1539, 





Bol kombt der Mai mit man cher ⸗lei der Blüm- lein zart, nad 





ö 


freu ih mich gan man = nig » falt. 


2. All's das da lebt 3. Und ſonderlich 
ſich jest erhebt; erfreu ich mich 
des Vogels Gſang heimlichen deß, 
welcher ſo lang ich weiß wol weß 
verſchwiegen mäß, darvon man nit 
auch Laub und Gras viel funders ſpricht 
das grunet ſchon: noch fagen fol: 
verhalb ih aud nit trauren kann. Will uns Glüd wohl, fo gehts uns wohl. 


Tert aus der Heivelb. Hoſchr. 343, Fol. 134. Melodie bei Dit, 1534, Nr. 55; 
Forfter I, 1539, Nr. 61. Im Nicolai's Almanach fteht der Tert II, Nr. 11 mit 
einer Melodie von Fr. Reichardt; Bilmar 217. 


203 


392. Maienzeit. 


M. Frand 1611. 





Die Tie» be Mai» en » zeit mein gan» zes Herz er = freut; wenn 





ib nur thu an« fhau« en die Blüm » fein auf der Au » en, und 





bör die Bör gel fin gen, wie es fo fhön thut Mlin » gen. 


2. Aber noch vielmehr Freud 3. Ein Mufit wohlbeftellt 
Mir jegund dieſes geit: Mir noch drüber gefällt; 
Mit Yungfrauen fpazieren, Das macht die Freud im Herzen 
Im Gras fih erluftieren Und lindert alle Schmerzen: 
Mit lieblihem Umfangen Drum laft uns fröhlid fingen 
Darmnach trag ih Verlangen. Und einander eins bringen! 


Melch. Frand, Newes Convivium, 1621, Nr. 8. Melodie auch in deſſen Fasc. 
quodlib., 1611, Nr. 5 und Örillenvertreiber, 1622, Nr. 7. Der Rhythmus ber 
Anfangstalte war * PFı FF fıP. Ter: Hoffmann, Gefellihaftsl. 166. — 


393°. Ber Maibaum. 


Niederl, Mel. 1539 in 
Het viel eenen coelen douwe. Een devot en prof. Bosczken Nr. 14. 
- * 














Het viel een he-mels dou 
Ie en weet gheen schoonder vrou 


we voor mijnsliefs ven-ster kijn, 
we, si staet int her-te mijn, 





1. Es fiel ein Himmelsthaue 2. Der Winter ift vergangen, 
Bor meins Lieb Fenfterlein, Ich jeh des Maien Schein, 
Ich weiß fein fhönre Fraue, Ich feh die Läuber bangen 
Sie fteht im Herzen mein. Und Blumen fprießen fein. 
Sie hat mein Herz gefangen, In jenem grinen Thale 
Das ift fo fehr verwundt; Da ift gar lieblid fein: 
Könnt ih ihren Troft erlangen, Dort fingt die Nachtigalle 


So wär id ganz geſund. Und fo mand Vögelein. 


204 


3.9 will ven Mai gehn hauen 
Bor meins Liebs Fenfterlein, 
Will ſchenken meine Treue 
Der Allerliebften mein, 

Und fagen: ‚Lieb, willft fommen 
Bor dein Hein Fenſter ftahn: 
Empfang den Mai mit Blumen, 
Er ift fo wohlgethan!‘ 


Altniederländifches Lied: »Het viel een hemels douwe«. — Originaltert im 
UAntwerpner Pieverb., 1544, daher bei Uhland, Nr. 52, Hoffmann, Nr. 62 und Altd. 
Lob. 113, wo der Tert 7 Strophen hat. — Die Melodie ift in dem Antwerpner geiftt. 
Gefangb. von 1539 Nr. 14 dem Liede auf Mariä Berfündigung beigefegt und über- 
ſchrieben: »Dit is de wise Het viel eenen coelen dauwe, ende gaet ook op die 
wise van Paep heer aert. oft op de wise van den lodderliken pape.« — Diefelbe 
Melodie eine Duinte tiefer und wenig abweichend fteht auch in Souterliedekens, 1540, zu 
Pi. 54 mit der Beifhrift: »Wy willen den mey entfanghen met groter erwerdickeyt.« 

Das Lied war auch in Oberbeutfchland vor ver Mitte des 16. Jahrh. gekannt, 
wo man es nad der Melodie: „Herzlih thut mic erfreuen“ (j. oben Ar. 379) fang, 
wie folgendes Fragment bei Schmelgel, 1544, Quodl. 8, beweiſt: 





Es fiel ein kürler tamee zu eienem fensfter ein. 


Meine Rüdüberfegung aus dem Niederländifchen ift alfo begründet. 


393. Maibaum. 


Neuere Melodie. Mel. um 1600, 





ift mein Herz er =» freut, 


Her Din» ter iſt der» ganz gen, ei ſeh des Mai-en Schein, & 
e 


ih ſeh Die Blüm-lein pran»gen, db 






fen in jenem Tha-le, da ift gar u» ftig fein, da fingt die Nadeti- 


gal» Te und mand Wald-vö » ge = fein. 


2.3 geb, ein’ Mai zu bauen 3. Und als die Säuberliche 
Hin durch das grüne Gras, Sein Rede hätt gehört, 
Schenk meinem Buhln die Traue, Da ſtand fie traurigliche, 
Die mir die Liebfte was, Indeß fprad fie die Wort: 
Und bitt', daß fie mag kommen ‚Ih hab ven Mai empfangen 
AL an dem Fenfter ftahn, Mit großer Würbigfeit! 
Empfangen den Mai mit Blumen, Er küßt fie an die Wangen, 


Er ift gar wohlgethan. War das nicht Ehrbarleit? 


205 


4. Er nahm fie fonder Trauren 5. „Ach, Wächter auf der Mauren, 
In feine Arme blanf. Wie quälft du mich fo Hart! 
Der Wächter auf ver Mauren Ich lieg in ſchweren Trauren, 
Hub an ein Lied und fang: Mein Herze leivet Schmerz: 
„IA Demand noch darinnen, Das maht die Allerliebfte, 

Der mag bald heimwärts gahn! Bon der ich ſcheiden muß; 
Ih jeh ven Tag her dringen Das Mag ic Gott dem Herren, 
Schon durd die Wolfen klar.“ Daß ich fie laſſen muß. 


6. Adieu, mein’ Allerliebite, 
Aien, ſchön Blümlein fein, 
Adieu, ſchön Rofenblume! 
Es muß geſchieden ſein. 
Bis daß ich wiederkomme 
Bleibſt du die Liebſte mein; 
Das Herz in meinem Leibe 
Gehört ja allzeit dein!“ 


Ueberſetzung des altniederländiſchen Liedes: Urtert aus der Weimar. Hdſchr. vom 
Jahr 1537 bei Hoffmann, Nr. 63, Str. 1 und 2 kommen in dem voraufgehenden 
Liede vor. — Melodie in Thyſius' Lautenbuch, Anfang des 17. Jahrhunderts, 
Ausgabe von Prof. Land, Abth. I, Nr. 16. Sie ähnelt der zu: Wilhelmus van 
Nassouwen. 


393°. Geiftlidhes Lied auf Marii Berkündigung, 


Mel. vor 1614. 






— — — 
Het veel een he - mes du - - we in een kleen 
ten was noijt be - ter vu - - we, dat deed een 


maech - de- ken, 


kin - de- ken, dat van haer was ge -bo - - ren, en 







—— — 
si bleef mag- het fijn. O Mag-het sot - ver 0 - - - 


ren, lof moet u al - toos zijn. 


Bir haben hier eine geiftlihe Umdichtung des alten Mailieded vor uns, aber mit anderer 
Melodie. Eie fteht mit dem geiftlihen Terte in Het Priel der ghestelicken Melodiie. 1614, 
©.62 und in Gheestelijke Nachtegael. 1634. ©. 192. Ziemlih genau fo mit dem beutfchen 
Marienterte (Es fiel ein Himmeldthaue in eine Jungfrau rein) im Gölner Pfalter 1638 und Mün- 
ferien GB. 1677; den deutfchen Tert babe ich der modernen Melodieform untergelegt, wie fie 
9. Bone, Melodien zu dem kathol. Geſangbuch Cantate. Paderborn 1853 giebt. 


206 


Ob diefe Melodie jenem weltlichen Zerte von der Maipflanzung angehörte, ift nicht zu er- 
weiſen. Sie ift aber eine Nebenmelodie zum Geufenliede Wilhelmus von Naffauen. Denn in dem 
Geſangbuche Het Paradijs Der Gheestelijcke en Kerckelijcke Lofsangen Antwerpen 1621 
(1638) ſteht diefelbe Weife zum geiftlichen Ierte: O euwigh Godt — In der »Tafel 
der Liedekens gaende op wereldtsche voijsen« ift dieſe Melodie mit Wilhelmus van 
Nassouwen bezeichnet. [Näheres f. Bäumter, das kath. Kirchenlied I, ©. 359.) 


394. Liebe im Mai. 


Heiter. Mel. v. Joſ. Gersbach (1830). 






Wonn'! Die Nah» ti» gall fin » get, die Ler-che dich ſchwin⸗get uber 


Berg und ür ber Thal— über Berg und üz= ber Thal. 


2. Die Pforten der Erde die fließen fih auf 
Und laſſen jo mandes Blümlein herauf, 
As Lilien und Rofen, Biolen, Zeitlofen, 
Cypreſſen und auch Nägelein. 


3. In folden wohlriehenden Blümlein zart 
Spazieret eine Jungfrau von edler Art; 
Sie windet und bindet gar zterlih und fein 
Ihrem Herzallerliebften ein Kränzelein. 


4. Da berzt man, da ſcherzt man, da freut man fidh, 
Da fingt man, da jpringt man, da ift man fröhlid, 
Da klaget ein Liebchen dem andern fein’ Noth, 

Da küßt man fo mandes Mündlein voth. 


5. Ach Scheiden, ah Scheiden du ſchneidendes Schwert, 
Du haſt mir mein junges friſch Herzlein verkehrt. 
Wiederkommen macht, daß man Scheiden nicht acht't: 
Ade, zu tauſend guter Nacht! 


6. Im Maien, im Maien da freuet man ſich, 
Da ſingt man, da ſpringt man, da iſt man fröhlich, 
Da kommet ſo manches Liebchen zuſammen: 
Ade, in tauſend Gottes Namen! 


Text im Wunderhorn III, 1808, ©. 132 und zwar Str. 1, 2, 3 und 5 aus 
dem Berglieverbüclein 1740, Nr. 190, die 4. und 6. aus einem fl. Bl.: „Drey 
ſchöne Weltlihe außerlefene Lieder (das 3.). Gebr, im Yahr 1646." Abdruck des 
Driginals bei Mittler 739 und Birlinger's Woh. IL, 15.) 


207 


Die Zufammenftellung der fhönften Strophen ift ſehr geſchickt und geſchmackvoll; 
die weggelaffenen Strophen find wirklich häßlich und ftörend, da fie von Begräbnif 
und Kläffern handeln. — Der Tert von 10 Str. bei Büſching und Hagen 1807, 
©. 220 ift ebenfalls zufammengefegt aus dem fl. Bl. und Berglieverbühl. Abdr. 
j. Erlach 3, 151. 

Eine alte Melodie hat fi nicht gefunden, ich habe die von Joſ. Gersbad 1830 
fomponirte beigefegt. 


395°. Bes Winters Leid, 


Souterliedefend 1540 Nr. 25. 





m u En 0 
OCCGOICCCCCCCCC.-.VV 
ee "TE IP DE _ A 





Ah Sorge, du mußt zus rüsde flan, du bift zu früh ge» kommen, 






der Winter hat mir Leids ge«tban, dad muß ih Ma » gendem Som ⸗mer. 


2. Hat dir der Winter Leids gethan, 4. Ach allzuviel ift ungefund, 
Die gelben Blümlein auffpringen ; Hab ich oft hören fagen; 
Und wer ein fteten Bulen bat, Der Brunn der hat ein falfchen Grund 
Der mag wol fröhlich fingen. Darein mau's Wafler muß tragen. 

3. 9a, wer ein fteten Bulen hat, 5, Des Brunnen Grund den preis ich nit, 
Der halt ihn lieb zu maßen; Er bat mich oft betrogen: 
Und wann e8 an ein Scheiven gaht, (Was mir mein Feinslieb zugefeit 
Daß er fann von ihm laffen. Iſt ganz und gar erlogen.] 


6. Ach Süden-, Nord» und Wefterwind 
Die halten felten ftille; 
Und wann zwei Herzlieb ſcheiden foln, 
Geſchicht wider Beiver Willen. 


Tert: Heibelb. Hſchr. 343, fol. 91d, Nr. 105. Daher Uhl. 48 B. Görres 45, 
geändert. Aehnliher Text Ambrafer Lieverb. 1582, Nr. 120. Daher die zwei 
eingeflammerten Zeilen in 5. Strophe. Melodie in Souterliedekens zu Pf. 25. 
Ueberſchrift: Sorghe, ghi moet bisiden stan. 

In Deutfhland fang man das Lied nad der Melodie: „Ich hab mein Sad 
Gott — denn mit dieſer ſteht folgende geiſtliche Parodie in Geſius Gſgb. 
1607, ©. 450. 









Ah Gorg, du mußt für » ü - ber gehn, und mime mer tie 





der fom 5 5 men; denn Chri-ſtus, em.» ger Got» ted Sohn, ja 





Dasfelbe geiftliche Yied nieverbeutih: „Ah forge, du moft voramwer ghan“ in 
Veſpaſius GB. 1571, 


395°, Bes Winters Leid. 


1. Winter, du mußt Urlaub han, 4. Zu Tügel, zu viel ift ungefund — 
Das hab id wol vernommen; Hab ih oft hören fagen; 
Was mir der Winter hat Leids gethan, Der Brumen bat ein tiefen Grund, 
Das Hag ich dieſen Sommer. Darein man's Waller muß tragen. 

2. Diefen Sommer nit allein 5. Des Brunnen deß ertrinf ich nit, 
Die gelben Blümlein fpringen: Er hat mich oft betrogen: 
Welcher ein lieben Buhlen bat, Was mir mein Feinslieb hat zugefeit, 
Mag wol mit Freuden fingen. It ganz und gar erlogen. 

3. Welcher ein lieben Buhlen hat, 6. Der uns das Piedlein neu gefang, 
Halt ihn in rechter Mafen! Bon neuem hat gefungen, 
Und wenn es an ein Scheiden gaht, Das hant gethan zween Landsknecht gut, 
Muß er ihn fahren laſſen. Ein alter und ein junger, 


Bl. DI. gegeihnet: T. B. ©. (Thiebolt Berger, Straßburg um 1570.) Ambrafer 
(Sranffurter) Liederb. 1582, Nr. 120, mit einigen Worten andere. Bei Uhland 
48 A, nad beiden Quellen. Auch im Nieverd. Lob. um 1600, Nr. 41. — 

Ein Lied von 1524 bei Wadernagel, Bibliographie S. 64 beginnt: Winter, du 
folt Urlob han, der Summer kompt mit Freuden. 


Erklärung: 1, 1 Urlaub, Abjhied = Winter, magſt dich verabfchieden. 1,4 diefen 
Sommer, voltithümlicd für: in diefer Sommerzeit, den Sommer über; diefem Sommer ftebt im 
Ambr. und bei Uhl. 4,1 Zu Tügel, zu wenig. Ambr.: zu wenig und viel. 5,1 ertrinfen, 
bier fo viel ald austrinken, erfhöpfen Uhl. fept dafür mit negirendem Partikel entrinfe). Der 
Bergleich will fagen: So wenig ich einen Brunnen austrinfen kann, ebenfo wenig vermag ich mein 
Feindlich zu durchfchauen, auezukennen. 5,2 fl. BI. belogen. 


396*. JIahreszeiten und Liebe, 


Mel: „Der Faftelabend tritt heran“. 















— — 


luft «lieben tra » gen al mein Ta + ge 










209 


2. 3u Paſchen geht die Faften aus, 3. Hiernach kumbt uns die Sommerzeit! 


So längen uns die Tage; Der Mai der bringt ung Blumen. 

Mein Lieb gab mir ein Umbefang, Er bringt und Blümlein manderlei; 
Zwei Armlein blant, Kalt ift der Mai, 

Darinne fol ih mid ruften, Ih hör die Frau Nachtigall fingen 

Banns mic Iufte. Und fpringen. 


4. Was acht ih auf aller Waldvöglein Sang, 
Auf aller Klaffer Zungen? 
Läg ich im meins Piecb8 Armlein blank, 
Ih wüßts ihr Dant, 
Ich wollt’ es mich nimmer rühmen, 
At fo füme. 


Halbnieberbeutiches Lied. Aus der Liederbandfhrift aus Weftfalen, 16. Jabrb., früher 
im Befig des Herm W. v. Hartbaufen. Mitgetheilt in Mone, Anz. 1838, Sp. 82. Daher Uhl. 
41A. Bon mir ind Hochdeutich übertragen. — Auch halbnied. aus einem handfchr. Liederb. von 
1639 in Boje’d deutfhem Mufeum 1780, Bd. II, 282. Daraus bei Erlach I, 103. Berändert 
in Büſching's Boltäl. 1807, ©.42. Ganz verftümmelt und modernifirt im Wunderborn I, 41: 
Gaſtlichteit des Wintets. — In Ober und Mitteldeutfchland ſcheint daffelbe Lied mit dem An— 
fange: „Der Faftelabend tritt heran” gefungen worden zu fein, welcher Tert verloren ift. 
Die Melodie ift erhalten bei Prätorius, Mus. Sion. VIII, 239, mit der geiftlihen Parodie: „Der 
jüngſte Tag tritt nun heran, es kürzen fich die Tage; die Bäume große Anospen ban, werden bald 
autlölan, wie fann ein Chriſt nun jagen?” 


J. 2,1 Zu Pafchen, zu Often. 2,5 ruften, rüften, ruben. 2,6 Iufte, gelüften. 





Ich hatt ein Lieb, und das ift wahr und ofrfen =» bar; fie 





ward mir un« ge» treu =» e, das wird ihr Te» cn. 


2. Wenn es gen Taftelabend geht, 3. Darnad) kommt uns der Liebe Zeit, 
So längen fih vie Tage. Hervor die Knospen dringen, 
Mein Lieb bot mir ein Kränzelein Der Blümlein blühen manderlei; 
Bon Berlen fein, Kühl ift der Mai, 
Ob ih es wollte tragen Die Nachtigallen fingen 
AU meine Tage. Bon führen Minnen. 


4. Was acht ih auf den Vogelſang 
Und auf des Neiverd Zungen! 
Böt mir mein Lieb ihr Armlein blan, 
Ih wüßts ihr Dank; 
Ih wollt mid des nicht rühmen, 
Wenns nur jo käme. 
Ert m. Böhme, Liederhort. 11, 14 


210 
Niederl. Lied: »Den winter is een onweert gast« im Antwerpn. Rob. 1544, 


Nr. 24 (Hoffmann, Niederl, V. Nr. 18): Willems Nr. 152; Uhland 41B. Hier 
von mir überjegt. — Melodie in den Souterliedekens 1540 zu Pf. 110. 


397. Alumenfprade. 
‚ Und wär der Winter noch fo kalt 


— 


Darum man fingt, hofiert und ſpringt, 


Bon Schnee und rauhem Winde, 
So bhalten doc ihr ſchön Geftalt 
Die Blümlein die ih finde: 


Noch friſch und gut ven Wohlgemuth, 


Das edelſt Yungfräulein 
Pflegt guten Fleiß im befter Weis, 
Mein liebes Zudermäulein. 


2. Ach holder Buhl, vergiß mein nit! 


Je länger je lieber warte! 
Der jhönen Röslein dann damit 
Ziert man die Kränzlein zarte. 


Und bat das heimlich Leiden; 
Die Blümlein al halten zumal 
Mein Herz in hohen Freuden. 


3. ,Gedenken-Blümlein“ hab in Acht 


Auf daß dir im Aprillen 
Mein „Augentroft” bleib grün und 


gſchlacht, 
Thu allen Unmuth ſtillen! 
So hab mich lieb in ſteter Ueb, 
Bis kummt des Maien Blut, 
Deß wolln wir ſein beim kühlen Wein 
Fröhlich und wohlgemuth! 


Ochſenkhun, Lautentabulatur 1558, Nr. 80. Als Komponiſt über der Melodie 
ift Gregor Petſchin angegeben. Sie ift werthlos, 


398. Winters Gemalt. 


1. Der Summer hat fi geſcheiden, 
Der Winter ift im Land; 
Thier, Vogel auf der Heiden 
Den ift e8 worden and, 
Es dämmt ihn’ ihr Gefang 
Sin Anefang 
Thut Ueberbrang 
Der Bogelfang 
Das fhaffet alle der Winter lang. 


2. Der Winter fommt mit Orimme, 
Mit Eis und auch mit Schnee; 
Er nimmt der Vogel Stimme, 
Die hört man lang nit meh. 
Die Bögel jung und alt 

Der Winter falt 
Mit feinem Gewalt, 


Er führt die Bögel von dem Wald. 


3. Dei müſſent fie fih ſchmiegen 


Bor feinem ſcharfen Wind, 
Und in die Hallen fliegen 
Rech, Hirs und aud die Hind 
Und ander Thierlad viel: 
Das Federſpiel 
Iſt worden ftill 
Bis uf ein Ziel, 
Dann e8 fid wieder reget. 


. Die Vögel hant gefungen 


Bröhlih den Sommer lang, 
Der Winter hat bezwungen 
Der Bögel ſüß Gefang, 
Er nimmt ihn’ ihre Speis 
Sin kalt Imbiß 
Der Schnee und Eis 
Der Winter greis 
Der bürgt dem Sommer jeine Reis. 


211 


5. Der Winter madet falb 6. Was uns der Summer bringet 
Die Blumen auf der Heid, Das ift dem Winter recht, 
Allem Laub überalle Daf er den Summer zwinget 
Dem hat er wiberfait. Er ift des Winters Knecht; 
Es jei noch andermeit Was ift im Summer geil 
Zur Winterzeit Das wird ein Theil 
Bahn wird verfchneit, Im Winter feil. 
Der Schnee drauf leit, Gott geb ihm Heil, 
Der Winter Summern nit vermeit. Er zieht nad) Mittentag am Geil. 


7. Die Sonn zieht er geſchwind 

Am Kantengießer⸗Rad, 

Es laft umb als der Wind 

Darmnach ſchöpft er im Bad, 

Der Brunn ftaht im Badhaus 
Er ſchöpft e8 ans 
Er heißt Hans Kraus, 
Den Wein er bauft 

Er lebt auch geren in dem Sauß. 


Handſchrift aus St. Georgen zu Karlsruhe Nr. 74, Bl. 43 (15. Jahrh.). 
Mitgeth. im Mone, Anzeiger V, 333. 


399. Wie gern wär id, hei ihr! 
ee | 
= Te 


Baß handſchriftlich 1570, 





| 
Groß Lieb bat mich umb+ fan» gen ger gen ei« nem Jung» fräu » lein, | 
nad ihr fteht mein Ber» lan» gen wie gern wollt ih bei ihr fein! 





Freundfih mit ihr zu fcher » zen, dad wär der Wil» fe mein; id 





| | 
bin ihr hold von Her» zen, da » rum leid ich groß Schmerzen, in Treuen ich fie mein, 


Anfang einer Mel. des 15. Ih. im Berliner Liederb. Z. 98. 





Groß Lieb thut mih umb - fan „gen 
14* 


212 


2. Einsmald ging ich fpazieren Ih hört vor andern allen 
Durch einen grünen Wald, Die Allerliebfte mein, 
Da hört id jubiliven Sie fang mit fühem Scalle, 
Die Böglein jung und alt. Das that mir wohlgefallen 


Bor andern Bögelein. 


Baf-Melodie und Tert handſchriftl. 1570. Die Tenormelodie wurde von mir auf 
Grundlage des Baſſes conftuirt, weil die Tenorftimme verloren ift. Anderer Text 
im gleichen Versmaß: Bergkreyen 1536, Nr. 15 umd Ambr. Lob. 1582, Nr. 200: 
„Groß lieb hat mich umbfangen zu dienen einem freiwlein fein x. Dritter Text, 
achtzeilig: Heidelb. Hſ. 343, daher Erlach I, 254. 


A400. Laß ab, es ift umfonft! 


Mel. 1603. 





Mit Lieb bin ib um» fan» gen, Herz » al ler» lieb » fie mein! 
Nah dir ficht mein Der + lan» gen, wenn ed nur fönnt ge » fein! 





Könnt ih dein Gunft er - wer» ben, käm ih aus gro» fer Noth, viel 





2. Herzlieb, gedenf an die Treue 3. Wie foll ih von dir lafien? 
Die du mir verheißen haft! Es koſt mir meinen Yeib; 
Und laß dichs nit gereuen Darzu bringt mid ohn Maßen 
Stetigd ohn Unterlaf. Daß id nit von dir ſcheid. 
Dein Treu haft mir verſprochen Dir hab ich mich ergeben, 
In rechter Stetigfeit; Herzallerliebften mein, 
Es bleibt feltn ungerochen Dieweil ich hab das Leben: 
Veinslieb, nit von mir ſcheid! Mein Schaß, vergif nicht mein! 


4.,Junger Gfell, laß doch dein Werben, 
Du erlangeft meiner nicht! 
Wölleſt du gleih darum fterben, 
Es ift vergebens gewiß. 
Du haft mich lieb im Herzen? 
Da weiß id wenig nur; 
Fürwahr es ift fein Scerzen: 
Faß ab, es iſt umfonft!“ 


Hainhofer'8 Lautenbücher, 1603, IL, BI. 35 (mit noch 4 Strophen mehr, die 
nicht volksthümlich ſind. Text: Ambrafer Liederb., 1582, Nr. 88 hat blos 7 Strophen. 
Daher Tittmann, ©. 59; Scandellus, 1570 (Aborud Mittler 733) blos 1. und 
3, Strophe. Fl. Bl. um 1600, Cöllen bey Heinr. Nettefjem (8 Strophen). 





213 
401. Treue des Iinglings. 





Kein größ-re Freud auf Er- den ift, 


7, Du 
ICC.. —— 


Mel. 1540. 








denn wer bei ſei-ner Lieb » ſten 





ih thun ſie an » fhau . 


2.36 hatt! einen Buhlen, das ift wahr 
Dreivierten länger denn ein Jahr, 
Ich durft es Niemand fagen; 

Ich hatte fie lieb von ganzem Herzen, 
Ich durft ihr fein freundlich Wort zu 

ſprechen, 
Ich furcht, ſie möcht mirs für übel haben. 

. Ich gieng wol über ein grünen Plan, 
Da jah ih viel hübſche Jungfraun ftahn, 
Mein feins Lieb war darunter; 

Mein Lieb daucht mich die Schönfte fein, 
Die Herzallerliebite mein, 
Bon andern auserkoren. 

. Mein feins Lieb trägt ein ſchwarzes Kleid, 
Darunter trägt fie groß Herzeleib, 
Das kann ihr Niemand wenden, 
Denn du allein, du höchſter Hort! 
Tröſt fie mit einem freundlihen Wort 
Tröft fie in ihrem Elende! 


5.3 hab ein’ Ring an meiner Hand, 


Den gäb ich nicht um das deutſche Land, 
Er fommt von ihren Händen; 

Der Ring der ift von rothem Gold, 

Darum bin ih dem Mägplein Hold; 

Wollt Gott, id) möcht ihr dienen! 


. Eh id mein Buhlen wollt fahren Ian 


Eh wollt ih mit ihr ins Elend gan, 
Wollt meiden weltlihe Freude: 

Hab ihr vertraut auf guten Baut, 
Der Herzallerliebften mein, 

Ich will fie noch wol finden. 


. Der uns dieß Lieblein neu gefang, 


Ein feiner Knab ift er genannt, 
Er hats gar wol gejungen; 

Er geht zu Lüneburg aus und ein 
Bei der Herzallerliebiten fein, 

Er bleibt wol unverbrungen. 


Zert im Ambrafer (Frankf.) Lob. 1582, Nr. 42. Daber Uhl. Nr. 60; Vilmar ©. 197. Die 
Melodie bat ſich in HT nicht gefunden. Die im Ambrafer Lob, ftebende Tonangabe „Ir 


jungen gefellen, ir 


abt evern willen“ verweift auf ein Lied, das weder nad Text noch 


Weiſe gefannt ift. Wohl aber giebt? eine ſchöne niederländiiche Weife in dem Souterliedekens 


1540 zu Pi. 48 


werelt en is«. Sie habe ic vorgefept. 


u einem metrifche und inhaltgleichen Liede: »Gheen meerder vruecht ter 


Eine geiftlihe Parodie fteht im Bonner Gfab. 1575 (WE. III, 1029): 
Kein beifer freubt auff Erd nicht ift 
Denn wer von Herzen zufrieden ift 
Und dienet Gott dem Herren x. 
ine nieder. katholiſche Parodie fteht im Antwerpner geiftl. Ldb. 1539, Nr. 57: 
Gheen meerder genuechte op aerde niet en is, 
Dan die int herte te vreden is, 
Dient God in minnen reijne. 


Die Melodie dazu ift eine ganz andere: g | g gg la ag Iffee|d. 


T 1,4 gebrift, gebricht. 


6,4 Gebaut, Baut = Tauſch. 


214 


402, Treue des Mädchens. 


1.3 Hab mir ein ftäten Buhlen zwar, 3.9 trag ein Ring an meiner Hand, 
Drei Viertel und ein ganzes Jahr Ih gäb ihn nit um das ganze Lan, 
Bin ich ihm hold geweien; Er kommt mir von großer Güte; 

Ich bin ihm hold vom Grund meins Herzen, Der Ring der hat ein braunen Stein, 
Ich darf nit fröhlich mit ihm fcherzen, Es weiß Niemand wann id und du allein, 


Ih fürdt man wird es innen. Er erfreut mir mein Gemüte. 
4. Und wenn du weder Sammt no Seide 

2. Und wenn id vor mein feins Lieb geh, trägit an, 

Sp gibicht mir in meinem Herzen weh, Sp will id dirs nit entgelten Ian: 

Daß id fein Lieb muß meiden, Du bift meins Herzen ein Ziere, 

Daß ic fein Lieb muß heimlich tragen: Du bift meins Herzen ein höchſter Hort, 

Das will ih dir in Treuen Hagen, Sprichſt du zu mir ein freundlich Wort, 

Wie kanns mein Herz ertragen? Sp tröft du mid in meinen Nöten. 


5. Ei wer ift der und das Lieblein fang? 
Ein jhöne Jungfrau ift fie genannt, 
Sie hats jo frei gefungen, 

Sie hats von ihrem Buhlen gemadt, 
Sie ſpricht: alde zu guter Nacht! 
Schier will id wieberfommen. 


F. Bl. Augfpurg durch Mattbeum Francken, um 1566. Ubland Nr. 61 (Bilmar S. 199). 
Strophenbau und Inhalt verwandt mit vorangehendem Liede. Melodie nicht gekannt. 


T Erklärung: 1,1 „zwar“ bedeutet bier „zu wahren“, d. h. gewiß, ficher. 


405. Mägdleins Klage über Untrene. 
1. Ach Gott! ih Mag dir meine Noth, 4. Hätt ich dein Untren vor gewißt, 


IH bin verwundt bis in den Tod, Deiner Liebe hätt mich nit gelüft, 
Und mir ift miffelungen: Du haft mir oft gelogen. 

Ich hätt mir ein Feinslieb auserkorn, Fahr hin! fahr hin! [du falfcher Knab,) 
Bon ihm bin ich verbrungen. Du mußt mir aus dem Herzen! 


2. Cr hätt mich lieb, er hätt mid werth, >- Der fih auf einen Diftelbaum fegt, 
Ih that was alls fein Herz begehrt Und fi auf junge Knaben verläßt, 


In Zuchten und in Ehren. Der läft ſich eim Blinden leiten; 

Er hat ein Andre viel lieber denn mich, Art ber täßt von Arte nit, 

Er hat mid, übergeben. Unkraut will aus dem Garten nit. 

6.9 hätt mir ein Apfel, war hübſch 

3. Was Hilft doch Knab, dein falfche Lift, und roth, 

Daß du fogar der Untreu bift, [Hat mid) verwundt bis in den Tod,) 

Magft nit auf mich gewarten? Noch war ein Wurm darinne: 

Dein Untreu Hab ich längft gemißt, Bahr Hin! fahr hin! mein Apfel roth! 

Kränkt mir Herz, Muth und Sinne, Du mußt mir aus dem Sinne! 


Heidelb. Hſchr. 343, DI. 76. Daber auch Uhland Nr. 50 (überfchrieben: Der rothe Apfel). 
Hoffmann, Gefellfhaftslieder Nr. 129; Vilmar 189; v. Lil, Leben 72. 


215 


Eine Gegendichtung, darin der Jüngling über Untreue des Mädchens klagt, fteht in den 68 
Liedern. Nümb. um 1550, Nr. 57 mit einer nicht voltdmäßigen Melodie (f. Altd. db. 216). Auch 
im Ambrafer 2db. 1582, Nr. 79 und Niederd. Lob. 67: 


Ad Gott, wen foll ich Flagen mein Leid, 
Daß mir mein jung Herz gefangen leit 
Und will mir nicht — 
ätt mir ein feins braun Mägdlein auserkorn, 
in Ander thut mich verdringen.“ 


T Erklärung: 2,5 übergeben, aufgeben. 3, 4 gewiß, Se 4, 1 vor, vorher. 
4,4 die eingellammerte Stelle fehlt in der Hſ., von mir ergänzt. ‚3 noch, dennod. 


404. Lindenlaub. 


Mel. 1540, 


Br mu ann ma m 1 m pas msn: pn — namen 





— — 
= ___1] 


Drei Laub auf ei. ner Lin» den blü-ben al» fo wohl—, ja 






— — — — 
wohl; fie thät viel tau-ſend Sprün » ge, ihr Herz mar freu » den— 








2. Das Maivlein, das ich meine, 
Das ift fo hübſch und fein, ja fein; 
Wenn ich dasjelb anblide, 
Sich freut das Herze mein; 
Des eigen will id fein. 


G. Forfter II, 1540, 1549. Nr. 76 (im ILL Th. 1549, Nr. 74 fteht die Melodie entftellt im 
Diecant). Das Lied bat drei Strophen. Uhl. 26 bat blos die erfte. Cine dritte, die wir ale 
förend oben weggelaffen, heißt: „Sie hat ein rothen Munde, und zwei Aeuglein klar, ja Mar; 
auch ein jchneeweigen Leibe, darzu goldfarbed Haar, das zieret fie fürwahr“. BER 

Unfer reizendes Liedchen, das mit einem lieblihen Bild und fofort in eine Frühlingslandſchaft 
verjegt, darf man füglich zu den Reigen zählen: der Frühling ift angebrochen, die Linde hat ſich 
belaubt und Alles grünet; da tritt die Jungfrau frifh und frohlic am den Reigen. Der liebende 
Jüngling ſchaut fie und befingt ihre Schönheit. Ob er mit im vn a ftebt? iſt zu erratben. 

Ein Drud von 1534 bringt ein geiftlich-politifches Lied gegen Keger auf vorftehende Melodie: 
Nah Wackernagel (Bibliogr. S. 130) heißtd: „volget eyn Leedgyn van der fetter namen, dat men 
fongen mad) vp den wyſe. Dree Louer an eyner Lynden.“ Anfang: 

FE wel myt freuden fungen 
der fetter namen vol, Truvya, 
Dey nu up velen örden 

ment ſchryfft und Gods worden 
drouen eyn duuels fpell. 


In vorlegter Strophe die Jahrzahl 1533 enthalten. 
T 1,1 Laub, Blatt, plur. Läuber. 


216 


405. NHun laube, Lindlein! 


Mixolydiſch. Val. Triller, Schleſiſch Singbüchlein 1555 (1559). 









En Su 
Nun lau» be, Lind »lein, lau bei [nicht län⸗-ger ichs er» trag: id 





hab mein Lieb ver » lo » ren, hab gar ein trau» rig Xag.) 


Beſſere Lesart. 
Praetorius, Mus. Sion. VII 1609 Rr. 142. 





A. Rubländifher Tert: B. Ueberfegung: 

1, Ai laev aus, Penble, laev aus! 1.Nun laube, Lindlein, Taube 
Ich kon's ni lenger dertroen: Nicht länger ichs ertrag: 

Ih hor verloen mai Liole, Ih hab mein Lieb verloren, 
Hor goer a'n traurige Tog. Hab gar fo traurig’ Tag. 
2.„Houft du verlorn dai Livle 2. Haft vu dein Lieb verloren, 
Houft du a'n traurige Tog, Haft du gar traurig Tag, 
Gt aunder bofjelvige Leindle Geh unter jenes Lindelein 

Briech dir zwä Kranzlein 8!” Brich dir zwei Kränzlein ab. 

3. Dos aene dos ies vo Raute, 3. Das eine ift von Raute 
Dos ander vo grunen lie: Das andre von grünem Klee: 
Di ſcheick ih wuol ma'm Buhlen, Die ſchick ih meinem Buhlen, 
Dun vels ar hobe viel, So viel er haben will, 

4. Wos ſcheickt ar mir denn vieder? 4. Was ſchickt er mir denn wieder? 
Bo Gould a Reingerlain, Bon Gold ein Ringelein, 
Doruff do ftiet geſchriven: Darauf da ftebt geichrieben: 
Schon Liv, vergieß ni mein! Schöns Lieb, vergiß nicht mein! 

5. Wi foulld ich dain vergafie? 5. Wie follt id dein vergefien? 
Ih gedenk ju dainer noch, Ich gedenk ja deiner nod, 
Onn feilds fu lenger veäre Doch ſollts fo länger währen 
Mai Lave mißt ich Ion! Mein Leben müßt ich lan. 


Die Melodie bei Triller 1559 im Tenor eines dreiftimmigen Sapes mit dem geiftlichen Texte: 
Nun lobet mit Gefangen (Abdrut WE. IV. ©. 74) und der Angabe: Ein Gejang auf die 
BWeife: „Nu laube Lindlein laube“ Die Melodie aus Triller wiederholt bei Praetorius 
1609, aber geändert, Der alte Tert fcheint verloren zu fein. Dafür bat fi als Erfag das Lied 
in fubländifcher Mundart erhalten, bei Meinert 1817, Nr. 70, darauf ich zuerft im Altd. db. auf 
merkfam machte, — Daß das Lied ſchon im 15. Jahrh. und zwar in Schlefien gefannt war, dafür 
bürgt folgendes Fragment in einem Quodlibet des Berliner Liederbuches, das aus dem 15. Jahrh. 
und wahrſcheinlich aus Schlefien ftammt. (Ms. mus. Z. 98. K. Bibl. Berlin): 






—— — — 
Nu lb» be lin» de los be 


217 


Das Lied ift eines Stammes mit: Ich hört 2 ri raufchen. 
eine Bariante des Liedes vom Sichelrauſchen dh. S 
„Ja gi üne ift die nn 
Bon Laub fo grün und breit: 
Ich hab mein Lich verloren, 
Der Schaden ift mir leid.” 


W. Badernagel beginnt eines feiner Lieder (um 1830) „Nun laube Linde, Taube!“ 
T Tauben, ſchleſiſch loben, fuhländifh auslaeve, ausfchlagen und Laub befommen. 


In Oberheffen beginnt 


406. Bie Linde im Thal, 


Erfte Melodie. 
Forfter 1556 Nr. 18, 


u 1] 
A ,qCCCCCGCCGCCCG 


w/m AR Wr BEE 
Ei \J Focmibii 


Es fleht ein Lind in jenem hal, 





ach Gott was mat fie Ha? 
an 





ren, sh ih fo gar fein Buhlen hab. 


[da 


Zweite Melodie, 
Aus 68 Lieder v. Berg u. Nemwber. c. 1550. Nr. 25. 


ih fein Bub » Ien hab.) 










Es fteht ein Lind in jenem Thal, ach Gott, was thut fie 


da? Sie 


ren, daß ich fo » gar fein Buhlen hab. 


1. Es fteht ein Lind in diefem Thal, 
Ah Gott, was macht fie da? 
Sie will mir helfen trauren, 
Daß ih kein Buhlen hab. 

2. So traur, du feines Pindelein, 
Und traur das Jahr allein! 
Hat mir einbraung Meiblein verheißen, 
Sie wöll mein eigen fein. 


5. Und da ich auferwachet, 
Da war es alles nicht: 
Denn nur die lichten Röjelein 
Die reiften her auf mid. 


6. So reis, jo reis, feins Nöfelein, 
So laß dein Reifen fein; 
Hat mir ein feins Meidlein verheiken 
Sie wöll mein eigen fein. 

7. Da brad ich mir der Dlättlein ab 
Als viel als ih ihr fand, 
Und gabs der Allerliebften mein 
In ihr fchneeweißen Hand, 


8. Da madt fie mir ein Kränzlein draus 





3.95 fam wol in ein Gärtelein, 
Darinnen id entſchlief; 
Mir träumet alfo ſüße 
Wie mein feind Lieb gegen mir lief. 
4. Sie thät mich freundlich umfangen, 


Sie gab mir viel der Freud; 
Nah ihr fteht mein Berlangen, 
Ih wünſch ihr viel der guten Zeit. 


Und feget mirs auf mein Haar; 
Das Kränzlein thät mich erfreuen 
Biel länger denn ein Jahr. 


218 


9. Und da das Yahr herumher war, 10. Das Liedlein fei gefungen, 
Das Kränzlein mir verbarb: Der Liebften zu Dienft gemadt. 
Was fraget ih nad dem Kränzelein, Ih wünſch ihr viel Freud und Wunne 
Da ic mein feins Lieb erwarb? Und aud viel guter Nadıt. 


Tert: Fl. Bl., 8°, 4 Bll.: „Gedruckt zu Nürnberg, durch Valentin Newber“ 
(ca. 1550). Bon 2 Piedern das erjte „Im thon So reuff, fo reuff, du füler 
thaw.“ Abdruck: Woh. 4, ©. 1. Der Drud bat bald do, bald da; wir haben 
das letztere durchweg geſetzt. Gleichlautender Tert Uhland, Nr. 27 nad einem fl. Bl. 
aus Augsburg. Erfte Melodie und blos eine Strophe bei Forfter, friſche Liedlein, V, 
1556, Nr. 18. Anfang im zwei Worten bei Forfter abweihend (wie man oben 
fieht). Verwandte Terte Woh. II, 223 (a. A. 221); III; 100 (a. A. 105); Büfching, 
©. 200. 


“5,2 Nicht in Älterer Sprache für nichts (f. Grimm, Gr. 3, 67). 5,4 reifen, mbt. 
rifen, berabfallen. In der Zonangabe ift aus Mißverſtändniß reuff flatt reif’ (falle) gedrudt. — 
Weiter unten werden noch ähnliche Traumlieder folgen, die hier an Strophe 3 fi anſchließen. 


* Die Linde ſpielt in der Volkspoeſie, befonderd in Liebesliedern, eine Hauptrolle. In 
ihrem Schatten und Abends in ihrem Blütenduft kofen fo gern die Liebenden. Hier klagt und 
träumt ein Süngling unter der Linde über entſchwundenes Liebesglück. Ueberhaupt war fie ber 
National» und Lieblingsbaum der Deutfchen von jeber: ihn pflanzten fie vor ihren Höfen und 
Dörfern, auf ihren Begräbnißplägen und Markticheiden (Flurgrenzen), fpäter vor Kirchen und 
Kapellen. Unter dem breiten, fchattigen, beilfamduftenden Laubdache der Linde ſammelten fih die 
fpielenden Kinder, führte der Jungling das Mädchen zum Reigen, fpielte der fahrende Sänger feine 
Weiſen, erlabte fi) der Hausvater zum Feierabend im Kreife der Seinen oder im traulichen Ge- 
fpräche mit feinen Nahbarn; unter ihr pflog der Hofmaier, der Dorffhulheiß, der Gau ober 
Landgraf feines Gerichts. 


407. Bie Fahrt zur Liebften. 


1.Na Oostland wil ik varen, 3. De nooten zijn ronde 
daar voont er mijn zoete lief, kruitnagelen ruiken zoo zoet: 
over berg en over dalen, ik weende dat mij vrijde een ruider 
[schier over derheiden] [schier over derheiden] 
daar voont er mijn zoete lief.* nu is het een arme bloed. 
2. Al voor mijn zoeteliefs deurtje 4.Gij nam ze bij der handen 
daar staan tvee boompjes klein, bij haar sneewitte hand, 
den een draagt nooten van muskaten, hij leidde ze alzoo verre 
[schier over derheiden] [schier over derheiden] 
den anderen draagd nagelen fijn. daar zij een bedje vand. 


5. Daar lagen zij tvee verborgen 
die lieve lange nacht 
van der avond tot den morgen, 
[schier over derheiden] 
tot scheender den lichten dag. 


Altniederländifhes Volkslied. Mitgetheilt bei Grimm, altv. Wälder II, 45. 
Bei Willens, Nr. 19, Strophe 6—9 (Hortfegung feines Auswanderungsliedes). Aus 
Thirsis Minnewit I, 101; bei Hoffmann, niederländifhe BL. Nr. 104, 


219 


Ueberfeßung. 

1. Nah Dftland will ich fahren, 3. Musfaten die find füße, 

Da wohnt mein feines Lieb. Die Näglein riechen jo aut. 
Fort über Berg und Thale, Sch meint, mid) freit ein Ritter, 
Schier über grüne Heiden] Da ward ein armed Blut. 

Hin unter die grüne Lind’! * 

2. Bor meins Feinsliebchens Thüre 4. Er nahm fie bei der Hände, 
Da ftehn zwei Bäumelein, Bei ihr! fchneeweißen Hand 
Das eine trägt Mudfaten, Er führt fie alfo fer Ende 
Das andre Nägelein. Da er ein Bettlein fand. 


5. Da lagen die Zwei verborgen 
Die liebe lange Nacht, 
Bom Abend bid zum Morgen 
Bid an den lichten Tag. 


Ein ähnliches Lied | in — vorhanden geweſen ſein. Ueberreſte ſind offenbar 
die gleichlautenden Strophen bei Uhland, Nr. 29, Strophe 6, und 30, Strophe 3. ig darüber 
die Anmerkung bei Ubland (Schriften 4, ©. 31 und 32), — Als Melodie mag in Deutfchland 
gedient haben: „Mit Luft tet ih ausreiten.” Gleicher Berlauf des Inhalte, hohes Alter 
und gleiche Form fprechen dafür. In den Niederlanden fang man ed nad) der folgenden Sing: 
weiſe: Naer Oostland wille wij rijden. 

Das weltliche Lied fand im 15. Jahrb. nicht nur in den Niederlanden und Schweden, fon: 
dern auch am Niederrhein geiftlihe Umdichtung. B. Hölfcher, Niederdeutſche geiftliche Lieder 
aus dem Münfterlande nah Hdichr. des 15. u. 16. Jahrb. giebt folgendes Gedicht von 13 Strophen 
mit dem Anfange: 


1. Hyr boven in dem bemel 2. „Wiltu by my fomen, 
dar wont myn foite Kr in mines vaders ruf, 
och, mochte ich by em fomen! fo leer oetmodich weſen, 
dar vor en kvere (mähle) ich nicht. fo werft du my gelif ıc. 


» Die im niederländifhen Text verdorbene 4. Zeile der Anfangäftrophe ift hier nad der 
ſchwediſchen Lesart (Svenska Folkvisor I, 235) rüdüberfegt, wo die Anfangsftrophe heißt: 


Till Österland ville jag fara, 
där bor aldra kärasten min, 
öfver berg och djupe dalar, 
allt under s& grönan lind. 


J Erklärung: 1) Dftland, Ofterland, Ooſtland ift jedem Bolfe die von ibm aus öſtlich 
gelegene Gegend, aljo gleih Dften, Sonnenaufgang. So nannten die Niederfachien das öſtlich 
angrenzende Land (nicht aber etwa ein befonderes Kuftenland der Oſtſee) das DOfterland. Die DOfter- 
fürften find die fähfiichen und meißnifhen Herzöge. Ebenfo verftanden die Baiern unter Ofterland 
bauptſächlich nur Defterreih, und Oſterfranken bezeichnet das öftliche Franten. — So ift auch in 
dem Boltälied: „Es 2 ein ſchloß in ofterreih“ unter legterem nur im Allgemeinen ein Oft: 
reich, nicht der Staat Defterreich zu verftehen. 

2) An das hohe Alter * Volksliedes gemahnt fo recht der volksthümliche Kehrreim 
zwiſchen der 3. und 4. Zeile jeder Strophe. Nach uraltem Brauch in der germaniſchen Volks— 
iyrik waren ſolche gleihbleibende Einſchiebſel, im Sfandinavifchen „‚Omquäd‘ genannt, urfprüng- 
lich für den Chor beftimmt. 


A0S*. Heberfiedlungslied. 
(Uitwijkelungslied.) 





Naer Oost-land wil - len wij rij - den, Naer Oost-land wil-len wij 
Nah Dft-land wol » In wir rei » ten, nah Dft- land mol-len wir 


220 


rn — — Reft. 








meè, Al o-ver die groe- ne hei- den {frisch o - ver die 
gehn, al üs ber die grü» me Hei« den, friſch ü« ber bie 





hei-den), Daer ss er een be- te-re steß. 
Hei = den), da wer «den wir bei - fer uns flehn. 


1. Naer Oostland willen wij ryden, 3. Ja, willekom moeten wij wezen 
naer Oostland willen wij meè, zeer willekom moeten wij zyn 
al over die groene heiden daar zullen wij avond en morgen 
[frisch over die heiden] [frisch over die heiden] 
daer iss er een betere ste£. mog drinken den koelen wijn. 

2. Als wij binnen Oostland komen 4, Wij drinken den wijn er uit schalen 
al onder dat hooge huis ent bier ook zoo veel ons belieft; 
daar worden wij binnen gelaten Daar is het zoo vrolijk te leven 
[frisch over die heiden] [frisch over die heiden] 
zij heeten ons willekom zijn. daar woont er mijn zoete lief. 

Ueberjegung: 
1, Nach Oftland wollen wir reiten, 3. Willlommen warb und gerufen, 
Nah Dftland wollen wir gehn, Sie luden gar froh und ein; 
Wol über die grüne Heiden, Wir follten al Abend und Morgen 
(Frifh über die Heiden] [Frifh über die Heiden!) 
Da werden wir beffer uns ftehn! Da trinten fühlen Wein, 
2. Ald wir nah Oftland famen 4. Wir trinken den Wein aus Schalen (Humpen) 
Zum Haufe hoch und fein Und Bier fo viel uns beliebt: 
Da wurden wir eingelaffen Da ift ein gar fröhliches Leben, 
[Frifch über die Heiden] (Friſch über die Heiden!) 
Sie hießen willtommen uns fein, Dort wohnt mein ſüßes Lieb, 


Tert und Melodie bei Willems, Oude vlaem. Liederen 1848. Nr. 19, Str. 1 
bis 4, Melodie mündlich in Brabant erhalten. Derfelbe Tert auch bei Hoffmann, 
Niederl, BL. Nr. 105. 


Willems bemerkt: „Man fingt dies Lied jährlich in Brabant bei den Bauern um Johanni, 
beim fogenannten Overholen (Einbolen) der Bauernmägde und fomit ala ein Ueberſiedelungs— 
lied. Das Einholen geſchieht in Wagen, die mit Blumen gefhmüdt find und von 4 oder 6 
Pferden gezogen werden, die fo fchnell traben, als fie nur können. Die fingende Geſellſchaft figt 
im Wagen auf den Kleiderfiften der neugemietheten Dienftboten, und diefe werden bei jedem Wirtbe- 
haus am Wege und bei Ankunft im Padıtbofe vom Mannesvolk beſchenkt. Vom Liede können nur 
wenige Bauern mehr ald 3 big 4 Strophen, gewöhnlich nur die erfte, weil der Wagen ſehr oft 
ftille hält zu einem Trunke und man beim Weiterfahren dag Lied immer wieder von vorm anfängt; 
doch alle erflären und fingen: daß fie nah Oftland fahren, obne eigentlich zu wiffen, wo DOft- 
land liegt; einige halten es für dad Rofenland. Gewiß ift, daß man dies Lied feit undenf- 
lihen Zeiten in den brabantifchen Kämpen bört, und es leidet feinen Zweifel, daß daffelbe aus 
den Zeiten überliefert ift, als taufende Bläminger und Brabanter nah Oftlande d, b. nad dem 
Norden Deutichlande auswanderten und dort Niederlaffungen für den Aderbau gründeten. Bid 
auf den heutigen Tag haben fie dort ihre wlämifchen Rechte und vlämifche Sprade vom 12. und 
13. Jabrb. ber mehr oder minder bewahrt.“ — Hoffmann weift diefen biftorifchen Urfprung zurüd 
und bält das Lied für weiter nichts, ald ein urfprüngliches Liebeslied, das fpäter bezüglich gemacht 
und bei dem Dienftbotenumzug gefungen wurde. Gegenüber diefen beiden Deutungen des Urjprungs 
jenes Lieded bin ich zu einer dritten Anficht gelangt: es ift urfprünglih ein Brautfabrtlied 
beim Abholen der Braut gewejen. Darauf hat mich folgendes weftfälifche Lied geführt. 


221 


408. Brautabholung. (?) 


Munter. Weſtfäliſch: Reifferfcheid. Nr. 47. 
cn) 






van nt end 


Nu up ji Rusterd, up ji Heernd,nu lat ud mal na Bökensdorf gahn, wi 





+ 








willt wol ball wi» der um-keh-ren, wack re Mäsgend find der ge-nog, dat 





dan-zen will wi em wol Ich » ren. 


2. Wi danzten hin, wi danzten ber 
Wi danzten vor dem Bölerhof her, 
Da fetten ſei us de Stöhle, 
Sei gaven des Beers, des Branwins genog, 
Den Win dronten wi ut Kroefen. 


3. Fru v. Harthufen, will ſei noch lang lion, 
Sall jei us den jungen Heren gion, 
Wol heimlich un verborgen. 
Will hei de jhöne Frölen nich heven, 
So kann hei fitten um forgen! 


Dieſes weftfälifche Lied, das beim Flachsriffeln gefungen wurde, erinnert in Text und Weiſe 
auffallend an das vorangebende niederländifche von der Effaprı und ift jedenfalld ſehr alt. — 
Aller Wahrjheinlichkeit nad war ed, wie das miederländifche Lied, urfprünglih zur Fahrt beim 
Abbolen der Braut beftimmt und gehörte zu den vielerlei Hochzeitsgeſängen, die man in der 
Borzeit hatte, darum ich ihm die obftehende Ueberfhrift gab, Die Melodie, erft voltstbümlich im 
Lindenſchmidéton, ift unzweifelbaft fehr alt. Der Zert ift einem Lokalereigniß (Hochzeit in der 
Familie v. H.) angepaßt. Auf eine Nederei nach erfolgter Hochzeit ſcheint Strophe 3 hinauszulaufen. 


J 2,5 Kroeſen, Krauſen, Krüge. 


409%. Die gebundene Nachtigall. 


1. De zon is ondergegangen 3. Men zal er de nachtegaal binden 
de sterren blinken zoo klar dat hoofdje al aan zijn vo£n, 

'k wou dat ik met mijn liefste dat hij niet meer zal klappen 
[schier over der heiden] [schier over der heiden] 
in een boomgaardje waar! vat twe zoete liefjens doen. 

2. »De boomgaard is gesloten, 4.»Al hebt gij mij dan gebonden 
en daar mag niemand in mijn hertje is mijnder gezond: 
dan die fiere nachtegaal, ik kan noch evenwel klappen 
[schier over der heiden] [schier over der heiden] 


die vliegt er van boven in.« wan twee zoetliefjes doorwond.« 


222 


Aus dem holländischen Liederbuche: Thirsis Minnewit, I, 101, bort als Strophe 6—9 
dem Liede „Na Oostland vil ik varen“ angehängt {f. Hor. belg. II, Nr. 106; Willem Rr. 19, 
Strophe 10—13; Ubland, ©. 949, — 


Ueberfegung: 
1. Die Sonn ift untergangen 3. ‚Ich will dir, Döglein, binden 
Die Sterne blinken fo Mar: Dein Haupt an deinen Fuß, 
Sch wollt, daß ich mit meim Liebchen Daß du nicht mehr fannft plaudern, 
In einem Baumgärtlein war! Was zwei Süßliebchen thun!‘ 
2. Der Baumgart'n ift verfchloffen 4. „Haft du mid aud gebunden, 
Und Riemand kann hinein, Mein Herz ift doch gefund: 
Als nur die ftolge Nachtigall Ih kann nod immer plaudern 
Die fliegt von oben hinein. Was zwei Sußliebdhen tbun.“ 


409%. Liebes-Blauderei, 
7 6} —— — ıp= 
55 —— au 


_4 





ih da⸗raus ein Trünsfeslein, ein Trünfeslein, dann wür« de mein Herz ge » fund! 


2, Als fie daraus getrunfen bat, 5. Ade, mein Allerherzliebchen, 
Da war ihr Herz gefund; Jetzt zieh ih nah Engeland, 
So will ih mit meinem Herzliebiten Nah Engeland will ih fahren 
Hin in den Brunngarten gehn. Und laſſen did, Mädchen, bier! 
3. Brunngarten ift zugeſchloſſen, 6. Dann ſchreib ich dir ein Brieflein 
Da kommt Niemand hinein, Dazu ein Kränzelein, 
As nur die fhöne Brunn-Radtigall, Das Kränzlein ift gut zum Riechen, 
Die fliegt von oben herein. Das Brieflein recht wohl dabei. 

4, Die Nachtigall wollen wir fangen 7. Hätt ih fünfhundert Gulden 
Und kürzen ihr den Flug, In meiner Kiften ftehn, 
Die Federn ihr abjchneiden, Sie thäten wohl nad mir fragen, 
Die find noch lang genug. Die jeo vorübergehn. 


8. Hab ih der Gulden feine, 
So hab ich doch friſchen Muth; 
So trag ich ein gülden Ringlein, 
Ein Feder auf meinem Hut. 


Kretzſchmer, Boltöl. IL, Nr. 185, vom Niederrhein. Das deutſche Lied hängt mit den vor 
—— niederländifchen Liedern von der gebundenen Nachtigall zuſammen, ohne daß ed eine 
Ueberfegung ift. An eigned Machwerk vom Herausgeber 3. ift nicht zu denken, da der Zert ganz 
voltsthumlich ift, bis auf 4, 2 kürzen den Flug. eptered mag Ueberarbeitung fein. 


g 1,2 Sprung, ſchönes altd. Wort für Quelle. 


223 


409%. Bom Abfdjiedsbrief des Treuloſen. 


Etwas langfam. Gouffemafer Nr. 53. 





On-der de lin - de-boom groe -ne daer ry-de ik naermijn lief, daer 


— — 





rijde ik naer mijn lie op ik rij-de of tij- de Mijn 
*“ lief en was daer niet, Mijn lief en was daer niet. 

1. Onder de lindeboom groene 1, Zum Lindenbaume grüne 
Daer rijde ik naer mijn lief :|: Reit! ih nach meinem Lieb, 

En op ik rijde of tijde, Und ob ich reit zu Zeiten, 
Mijn lief en was daer niet. ;]: Mein Lieb es war dert nicht. 

2. En op ik rijde of tijde, 2. Und ob ich reit' zu Zeiten, — 
Verdrooget moest gij zijn; Berzogen mußt du jein. 

Wij zullen l’avond wandlen Wir wollten abends wandeln 
En maken maken eenen hoed, Und machen einen Hut (Kranz) 
Ja maken een rozenhoed. Ja machen ein Rofenhut. 

3. Een rosenhoed van bloemen 3, Ein’ Rofenhut von Blumen 
Mit een kroonelind oft twee. Mit einem Band oder zwei. 
Wat kwam mijn lief te zenden Was that mein Lieb mir fenden 
Van Parijs over zee? Bon Paris über See? 

4. Wat kwam mijn lief te zenden? 4. Was that mein Lieb mir fenden? 
Een Parijs — brivetje. Ein Parifer Briefelein. 

Winne staet er in geschreven Was fteht darin gefchrieben 
Van hinnen mijn brivetje? In feinem Briefelein? 

5. Winne staet er in geschreven? 5. Was fteht darin gefchrieben? 
Jongfrouwe, leest den brief! Jungfrau'n, left felbft den Brief! 
Al spreken de Jongmans schoone, Es reden die Jünglinge ſchöne, 
En gelooft ze daerom niet. Glaubt ihnen darum nicht. 

6. Al spreken de Jongmans schoone, 6. Es reden die Burfhen gar ſchöne, 
Ze hebben een lozen zin. Sie haben ein loſen Sinn: 

Den appel die op den bogaert staet, Der Apfel, der noh im Baumgart fteht, 
Hij hevet wormen in. Hat einen Wurm oft drin. 

7. Den boegart is gesloten, 7. Der Baumgart'n ift geſchloſſen, 
Daer en komt niemand in, Da kommt Niemand hinein 
Niet anders als 't nachtegaeltje, As nur die Heine Nachtigall, 
Het vliegt van boven in. Sie fliegt von oben hinein. 


Aus Dünkirhen im franzöfiihen Flandern: Couſſemaler, Chants pop. des Fla- 
mands. Nr. 53. Dies vlämiſche Lied mit feinem Baumgartenfhluß ift ein Nachkömm⸗ 
ling des altniederländifchen Piedes von der Oftfahrt; auch die Melodie ähnelt der alten, 


224 


40. Ber Rath der Nachtigall. 


1. Augsburg ift ein kaiſerlich Stadt, 4. „Mein Gfieder befchneidft mir freilich nit, 
Darin da leit mein Lieb gefangen Ih will dir nimme fingen; 
In einem Thurn, den ich wol weiß, Ih bin ein Meins Waldvögelein 
Darnach fteht mein Verlangen. IH trau dir wol z'entrinnen.“ 

2. Ich lehnt mein Leiterlein an die Maur 5.,Bift du ein kleins Waldvögelein, 
Und Hört mein Lieb darinnen, So ſchwing did von der Erben! 
Da erfreut fich alles des darinnen was, Daß did der kühle Maienthau nit netz 
Ich hört ein Vöglein fingen. Der kalte Reif dich nit erfröre.‘ 

3.,So fing, fo fing, Frau Nachtigall! 6. „Und netzt mich der fühle Maienthau 
Die andern Waldvöglein ſchweigen, So trodnet mid Frau Summe. 
Sp will id dir dein Gefiedere Und wo zwei Herzlieb beifammen fein, 
Mit rothem Gold beſchneiden.“ Die zwei follen fih baß befinnen.“ 


7. Zwifhen Berg und tiefem Thal 
Da leit ein freie Strafe: 
Wer feinen Buhlen nit haben mwöll, 
Der mag ihn (wol) fahren laſſen. 


Heidelb. Hdichr. 109, Bl. 135 (um 1516 zu Augsburg gefchrieben).. Daber bei Ubland 
Nr. 16. Zwei Zufapftropben nah Nr. 6, die ganz andern Bersbau und ftörenden Inbalt haben, 
babe ich fortgelaffen. Die Hdſchr. hat nad) bayerischen Dialekt ftetd ai für ei, 3. DB. ainen. — 
Strophe 7 ift Lieblingsftropbe vieler Volkslieder. Ste meldet und bier den Ton, nach welchem das 
ganze Lied gefungen wurde und der in nächfter Nummer folgt. Strophe 3—6 kommen auch in 
dem Liede „Wol binter meines Vaters Hof“ — vor. 

Zum Inhalt vergl. Ubland III, 91 und deſſen Abhandlung in Germania VII, 2. Heft. 
Ein gelangener Kriegamann zu Augsburg fordert die Nachtigall zu Kusa auf; feine Liebfte lehnt 
eine Leiter an den Thurm und hört einen Wechfelgefang, deſſen alles was drinn ift, fie erfreut. 
* Rath des Vogels iſt ein beſonnener, eine Troͤſtung und Ermuthigung ſelbſt für den Ge— 
angenen. 


All. Guter Rath. 


Doriſch. Mel. 1512. 






Zwiſchen Berg und tie⸗fem Thal, da liegt ein freire Stra » ßen: Wer 





—— —— —— 










ſei- nen Buh-len nit ha-ben mag, der muß ihn fahren laſ— ‚ . 
Fragm. bei Schmelgel. 1544, Nr. 19 u. 11.] 
LH —— —— —A 


—— — — 





DU ⏑ —— 


2. Fahr hin, fahr hin, du haſt die Wahl, 
Ich kann mich dein wohl maßen! 
Im Jahr ſind noch viel langer Tag', 
Glück iſt in allen Gaſſen. 


225 


Melodie und erfte Strophe bei Deglin 1512 Nr. 3. Tonfag von H. Iſaak (Abdrud Lilien 
ron, Reben, Nr. 85). Auch blos diefe eine Strophe, mit verzerrter Melodie bei Dit, 1534, Nr. 9. 
Mit zwei Strophen (die hier) bei Bannius, Bicinia, Bern 1553, Nr. 3, Variation im Tert: 1,4 
der mag (fell) ihm fahren laſſen. Die Melodie ſteht im Driginal 1512 dorifh auf g, mit vier- 
fah größeren Noten und Taktzeichen G 2 (?/ı Takt), demgemäß bei Erk in Takt gejchrichen. 
Ohne Rotendauer zu ändern gebe ich fie naturgemäß im Takt. 

Die erfte Stropbe ift eine in vielen alten und neuen Liedern vorfommende fogenannte „Wander- 
ſtrophe“. Sie findet fih fhon in einem Liede des 15. Jahrh. „Ich hatt einen Salten mir auser⸗ 
foren“ (Brentano-Meujebah'ihe Hoſchr.), dann ald Schluß im Lied: Augsburg ift ein kaiſ. Stadt 
(f. oben); wieder im Liede: Wol binter meines Baterd Hof (Uhl., ©. 54), auch in „Hätt mir ein 
Göpesjweigelein“ (Ubl., ©. 51) und ald Eingang im Hafenfied und fonft in neuern Liedern. — 
Jedenfalls ift fie uralt und auch im Niederländi —* und Däniſchen gekannt. In alten däniſchen 
Liedern heißts nach Liliencron, Leben, Einl. ©. 

Miellen bierg og dyben dal 
bortrinde de ftride firömme... 
(Zwifchen Berg und tiefem Thal 
binfließen die wilden Ströme.) 


T Erklärung: 1,3: Wer feinen treulofen Buhlen nicht mehr halten kann. 2,2 Ich 
fann dich wohl entbebren, ich brauch dich nicht! 


412°. Nachtigall als Botin. 


1. Es fteht ein Lind in jenem Thal, 
It oben breit und unten ſchmal. 

2. Iſt oben breit und unten ſchmal, 
Darauf da fit Frau Nachtigall. 

3., Du bift ein kleins Waldvögelein, 
Du fleugſt den grünen Wald aus und ein. 

4. Frau Nachtigall, du kleins Waldvögelein, 
Ich wollt, du ſollſt mein Bote ſein. 

5. Ich wollt du ſollſt mein Bote ſein 
Und fahren zu der Herzliebſten mein!‘ 

6. Frau Nachtigall ſchwang ihr Gefieder aus, 
Sie fhwang fie für eind Goldſchmieds Haus. 

7. Da fie fam für des Goldſchmieds Haus, 
Da bot man ihr zu trinfen heraus. 

8.,Ich trink' fein Bier und aud fein Wein, 
Dann bei guten Gefellen frifh und fröhlich fein. 

9. Ach Goldſchmied, lieber Goldſchmied mein, 
Mach mir von Gold ein Ringelein! 

10. Mach mir von Gold ein Ringelein 
Es gehör der Allerliebſten mein!“ 

11. Und da das Ringlein war bereit', 
Groß Arbeit war daran geleit: 

12. Frau Nachtigall ſchwang ihr Gefieder auf, 
Sie ſchwang ſich für eins Burgers Haus. 

Erf u, Böhme, Liederhort. IL, 15 


226 


13. Da fie fam für des Burgers Haus, 
Da lugt brauns Maivlein zum Fenſter aus. 
14, ,Öott grüß euch, Jungfrau hübſch und fein, 
Da fchent ich euch ein Ringelein.“ — 
15. Was ſchenkt fie dem Knaben wieder? 
Ein Bufh mit Kranichfedern. 


16, Die Federn waren wohlbereit, 
Es fol fie tragen ein ftolzer Leib. 


Fl. BL, Straßb., bei Thiebolt Berger (um 1570), bei Uhl. 15 A. — Das 
Thema von der Botſchaft ver Nachtigall an Liebende kommt fehr viel im Volkslied, 
aber ſchon früher bei Minnefingern vielfah vor. So fingt Heinrih v. Stretelingen: 
»Nachtegal, guot vogellin, miner frowen solt du singen in ir dre dar« Bartſch, 
Liederd. ©. 209). 


42’. Nadıtigall als Botin. 


1. Dar fteit ein Lindboen en jenem Dal, 
33 bamen breit umd nedden ſchmal. 
(Kehrvers:] Ban Gold dre Rofen. 
2. Darıp fitter Fruw Nachtigall: 
38 bawen breit und nedden ſchmal. 
3., Gott gröte di, Frouw Nachtigall hübſch und fien! 
Wilt du des Leveken Bade nicht ſien?“ 
4., Des Leveken Bade kan ider nicht fien, 
Id fien der fo eim Nein Waldvögelien.“ 
5.,Bift du der fo ein Hein Waldvögelien 
Wann er kanſt du des Lenefen Bade denn fien?‘ 
6. Dat flog ſick ben, dat flog fid ber, 
Dat flog vor ein Goldſchmiedes Dör. 
7. Do de Goldringelien was bereit, 
Grot Arbeit was daraf geleit. 
8. Se ftrelen dat Vogelien den Ring wol über den Kop, 
Dat flog to Hamborg damit in de Stat, 
9. Dat flog fid ben, dat flog fid ber, 
Dat flog vor eines Borgers Dör. 
10., Gott gröte juw, Borger hübſch und fien! 
Wor hebbe gi juw jüngfte Dochterlien?“ 
11, ,,Se fitter in einer Kammerkien, 
Ban Gold ſtickt fe der ein Hötelien.“ 
12. Dat Vogelien nu was fer behend, 
Dat flog tom Heinen Fenſterwend. 


13, „Gott gröte juw, bruns Mädelien hübſch und fien! 
Dien Leifte ſchickt die ein Golvringelien.“ 


227 


14. ,. Schidt mie mien Leffte ein Golpringelien, 
Wilkamen fhal mi der Babe fien. 


15. Wat gaf fe em denn henwedder? 
Einen Hoet mit goldne Fedder. 


16. De Fedder hadd einen vergüldeten Twig: 
Ein fhöner junger Herr friegt wol em Wif. 


17. De Hoet hadd einen vergülveten Rand: 
Ein ſchönes Jungfreuchen friegt wol einen Mann. 


18, Der dieſes Ledeken hat erdacht, 
De hefft it der Xefve to Eren gemacht, 
Ban Go ſchenkt je em dre Rofen. 


Uhl. 15 B.: Aus der handſchriftlichen Chronik von Hans Detleff 1634 gedrudt in 
Joh. Pet. Mohr's Schrift „Zur Verfaſſung Dithmarſens“, Altona 1820, ©, 194 ff. 
Hierher gehört auch das altniederländifche Lied bei Hoffmann, niederl. BL. Nr. 89, aus der 
Weimar. Hdfhr. v. Jahr 1537: 
1. Het spruiten drie boomkens in ghenen dal, [alleine] 
Boven breet, beneden smal. (So, min liefken, so!] 


2. Boven breet, beneden smal, 
Daer op so rust de nachtegal. 


3. ‚Och nachtegal, klein vogelkijn 
Woudi daer minen bode sijn?‘ (ete. 11 Strophen). 


42°, Ber Minnebote, 


Flaͤmiſch. 







Daer was een sneewitt vo-gelt-je, al op een ste-kend dor-net - je. 


[Din don deij - ne) al op een ste-kend dor - net - je, (din don don.] 





1. Daer was een sneewitt vogeltje 1. Es ſaß ein ſchneeweiß Vögelein 
Al op een stekend dornetje, Auf einem Dornenfträudelein, 
Din don deijne. Din don deyne! 
2.,Wilt gij niet mijnen bode zijn?‘ 2.,Sag, willft du nicht mein Bote fein?‘ 
»Ik ben te kleijn een vogelkijn.« „Ich bin ein zu Hein Vögelein.“ 


3. ,‚Zijt gij maer kleijne, gij zijt snel, 3., Biſt du auch Mein, fo bift du ſchnell, 
Gij weet den weg?‘ — »Ik weet hem Weißt du den Weg?‘ — „Ich weiß ihn 


wel.« wohl.“ 

4.Hij nam den brief in zijnen bec, 4. Es nahm den Brief in feinen Mund, 
En vloog er me£& tot over't hek. Und flog damit üb'r Waldesgrund. 

5. Hij vloog tot aen mijn zoetliefs deur 5. Es flog hin vor meins Liebhens Thür: 

»En slaep gij, of waek gij, of zijt gij „Schläfſt du, oder wachſt, oder bift bu 

doodt?« todt?* 


15* 


228 


6. „'k en slape noch, 'k en wake niet, 6.,„Ich fchlafe noch, ich wache nicht, 
Ik ben getrouwed al een half jaer.‘* Ih bin getraut feit eim halb Jahr.““ 


7.»Zijt gij getrouwed al een half jaer, 7.,Biſt du getraut jeit eim halb Jahr, 
Het dochte mij wel duijsend jaer.« Es däuchte mich wohl taufend Jahr.“ 


Flämiſches Pied aus Nordfrankreich, bei E. de Eouffemaler, Nr. 48. Die Melodie 
hatte an zwei Stellen g, wo id) gis gefetzt habe. — Das Pied foll eine Epifode aus dem 
ifandinavifhen Gedichte „Gudrun“ fein, meint der Herausgeber in feiner Anmerkung. 


413°, Bie Hadıtigall als Botin. 


Erfte Melodie. 
Schr mäßig. er dem Bergifhen (Homberg). 






„Ih will wohl dein Bos»te fein, nur bin ih fon Mein Börge + lein.“ 


Zweite Melodie. 
Aus dem Eicbengebirge. (Dr. Arnolds Nachlaß). 
+ 





fein? „Wie follt ich kön-nen dein Boste fein, ih bin nur fon kleins Waldvög » lein!“ 


2.,Bift du Mein, fo bift du ſchnell, 4. „Ich ſchlaf nicht, ich bin nicht tobt, 
So beftell du mir die Botſchaft felbft! Ich hör was mein Lieb entbot; 
Nimm den Brief in deinen Mund Er ſchreibt mir wohl einen Brief, 
Und flieg dahin in einer Stund!‘ Er hat getraut ein ander Lieb. 

3. Sie flog über Berg und Thal, 5. Was ich ihm zu gönnen hab: 
Dis fie vor das Schlaffenfter kam; Das erjte Jahr ein jungen Sohn, 
Sie Hopft an mit aller Noth: Das zweite Jahr ein Töchterlein, 


„Schatz ſchläfſt du? oder bift du todt?“ Dis daß ihr fünfundzwanzig fern. 
6. Fünfundzwanzig an dem Tiſch, 
Dann weiß die Braut, was Sorge ilt; 
Für jedes Kind dann Strümpf und Schuhn, 
Dann hat die Braut noh Geld van duhn.“ 


Tert und Melodie aus dem Bergiſchen (Homberg): Erf, Liederhort, Nr. 91. 
Vorher bei Erf I, 3, Nr. 61. 


“ 6,4 van bubn, bolländiih vandoen = vennöthen, nöthig. 





229 


Al’. 
Langſam. 
ade änger. 





ar dem Sirch « hof fleht ein 
Vorſangert. 





4 
4 —J — —— — DE. 
—öIXVVA— m — En wi ram 

— — — w__ #7) 


Ro » jen=baum, 


Nachtigall als Botin. 


Mel. vor 1860. 






Kla = re Stein’ wie bie 
Alle. 





ding, von der Jung: beit ein 


2., Frau Nachtigall, Hein Vögelein, 
Willſt du Herzliebchens Botſchaft fein?‘ 

3., Wo wollt ich dein Botſchaft können fein! 
Ich bin ein klein Waldvögelein.“ 

4., Biſt du klein, ſo biſt du ſchnell, 

So trag meinem Lieb die Botſchaft ſchnell. 
5. Nimm du den Brief in deinen Mund 
Und flieg dahin in einer Stund. 

6. Sie flog den Berg, den tiefen Thal 
Bis daß ſie vors Schlaffenſter kam. 

7. Sie gab dem Fenſter einen Stoß: 
„Schläafſt du, meinLieb, oder biſt du todt?“ 


8. „Iq ſchlafe nicht, ich Bin nicht tobt, 
Id höre, was mir mein Lieb anbot.‘ 


ZTert aus Menzenberg bei Bonn: Simrod, Nr. 86. 
Strophen ſchon in Altrhein. Märlen, 1843, 


an =» der Lieb. 


9.„Er hat gefhrieben einen Brief, 
Er hat getraut ein ander Lieb.“ 


10.,,Hat er getraut ein ander Lieb, 
So wünſch ih ihm viel Glüd dazu: 


11. Das erfte Jahr ein Söhnelein, 
Das andere Jahr ein Töchterlein, 


12, Das dritte Jahr auch eins dabei, 
Dis daß es fünfundzwanzig fein. 


13. Fünfundzwanzig an Hofen und Schub, 
Sp gedenkt, ihr Jungen, was gehört 
dazu! 


14. Fünfundzwanzig an einen Tifd, 
Sp gedenkt, ihr Yungen, was Hei- 
rathen iſt!““ 


Ohne die zwei letzten 


Nr. 31. — Melodie handſchriftlich 


von W. v. Zuccalmaglio in Dr. Arnold's Nachlaß. 


Der Ramſtein iſt noch heute eine Ruine von einer im 14. Jahrh. erbauten Burg im 


Mofeltbal bei Cordel. 


AS“, 


Gemaͤchlich. 





F 2 » ti» gall, kleins Bü» ge» ee 
du magd fin, 


wär ib ge müet wie 








ih germüc wie du mags fin, la— 


Hadıtigall als Botin. 


Rieberrüchten ( am Niederrhein) 1890. 










el (la » viren, ma » gi» ren), wär 





vi. ren gahn). 


230 


2.He padet de Bref wal en de Mongd, 
He flog wal vilfentwentig Stond. 


3.,Schlopt ör, ſöte Liev? of flit dr dont?‘ 
„Ch ſchlop net, en ech bön ody net dout.“ 


4., Uer Lei da hat gefchedt enen Bref, 


He hat getrout en anger Lei.‘ 
5.„Hat be getrout em anger Lef, 


Dann gev öm God, wat eh dm gönn:“ 
6. Alle Dag en Broud, alle Johr en Kent (Kind) 


Ber dat ör vitfentwentig end. 


7. Der een geen (feine) Bods (Hofen), der anger geen Schoun (Schuhe) 
Dou Hat jonge Brout noch völ van Douhn (Sorge). 


8. Vüifentwentig an eenen Deich, 


Dann weet jonge Brout, wat Trouen (Heirathen) es (if). 


Bom Niederrhein (Nieverfrüchten; 1890. 


Dad vorfichende Volkslied, in vierfacher Geftalt und vorliegend und vom 16. Jahrh. bis 
zur Gegenwart gefungen, war urſprünglich wohl nur ein finniged Liebesliedchen von der Botſchaft 
der Nachtigall. Später fheint man einen Hochzeitsgeſang daraus gemacht zu haben, das be- 
eugt der zugefügte Schluß mit allerlei Wünſchen für Kinderfegen: ganz wie im niederdeutſchen 

iede „De Kukuk up den Zune fat“ Müllenhoff, S. 480). 


414. Bie Nadıtigall bringt Trauerbotſchaft. 


1. Es ftand ein Find im tiefen Thal, 
Dar oben breit und unten fchmal. 

2. Gar oben fah Fran Nachtigall, 
(Und andre Böglein in dem Wald. 

3., Ach Nachtigall, Walvvögelein, 
Zeig mir dein weißes Federlein. 

4. Zeig mir ſie weiß, zeig mir ſie roth: 
Lebt mein Lieb, oder iſt er topt?* 
5, „Er lebt nicht mehr, fie hab'n erfchlagn, 

Sein Grab fell edle Rofen trag'n!“ 


6. ‚Und edle Rofen und ander gut Kraut: 
Hätt id; mei'm ſchön Lieb nie vertraut! 


Kuhländiſch: Meinert, 1817, Nr. 120. 
aim tife Thal, woer oumde beraet onn uobe ſchmol.“ 





7, Biel zu vertraum ift felten gut, 
Die Knaben tragen ein falſchen Muth, 


8. Ein’ folgen Muth und falfhen Sinn, 
Betrügen manches Mägdlein ſchön. 


9.Und wenn fie e8 betrogen ho'n 
So laſſen fies in Spott und Hohn. 


10. Die jungen Knaben die halten ihr Wort, 
Gleih wie der Wind jagt Federn fort. 


11. Über junge Mägdlein, die halten ihr 
Wort, 

So, wie der Wind feinen Stein bringt 
fort! 


Driginal: „Dos ftound fen a Lindl 
Abdruck: Mittler 336. 


231 


415. Malduögelein (Ungelied). 


Mel. Gerle, Tabulatur 1546, 








zu 
flo » pft al» fo lei-ſe mit feinem Gold-fhnä = u » fein: ‚Stand 


















I, 7 0, 070,,0.70 00,070 Lan) 
zz rm — — — 
— 2 Ba kindikbeen wesen Pos Luger Sue 


2.„Bift du fo lang geflogen 
Wol durch den Willen mein, 
Komm heint um halber Mitternacht, 
So will id dic laffen ein; 
Ich will dic deden alfo warn, 
Ich will dich freundlich ſchließen 
An mein ſchneeweiße Arm.“ 


Tert von 5 Strophen nebft Melodie in „68 Lieder”, Nr. 27, Nürnb., Berg 
und Newber (ca. 1550). Wir geben mit Uhland 83A blos zwei Strophen, die 
übrigen malen die finnlihe Scene nad Art der Wächterliever weiter aus. — Ambraf. 
Liederb., 1582, Nr. 201 (Abdruck: Goevele-Tittmann, ©. 82) 7 Strophen mit dem 
Anfange: „ES flengt ein Meines Waldvöglein.“ Ebenſo im Lob. Pauls von der 
Aeltft 1602. Niederd. Tert Uhl. 83B. — Die Melodie mit der Anfangszeile bei 
Gerle, Tabulatur, 1546, zog ich der in 68 Liedern vor, weil legtere rhythmiſch ganz 
verzerrt ift. — Eine ſelbſtgemachte Melodie bei Ivo de Bento, 1569, Nr. 65, gehört 
nicht hieher. — Beſſer ift die niederländifhe Weife in Souterliedekens, 1540, Pf. 96: 
»Het vloch een clijn wilt vogelkin tot mijns liefs venster in.« Der niederländiſche 
Tert im Antwerpner Wb., 1544, Nr. 77, ift Ueberfeßung aus dem Deutſchen. Bergl. 

Kalff, S. 291. — 


416. Bein Einlaß für das Walduöglein. 


1. Mir ift ein kleins Waldvögelein 2. Und da e8 wenig fürbaf kam 
Geflogen aus meiner Hand, Auf einen dürren Aft, 
It mir geflogen aus meiner Hand, Dawarenderfleinen Waldvögelein ſo viel, 
Ach Gott, wem ſoll ichs klagen? Sie trugen groß Neid und Haß, 
Es fleugt dahin, es fleugt dahin, Je länger je baß, je länger je mehr, 
Steht ihm ſein Sinn Traur nit ſo ſehr. 


In grünen Wald nach Speiſe. Von Grund aus deinem Herzen. 


232 


3. Und da e8 ein wenig fürbaß fam, 4. Und da es ein wenig fürbaf fam 
Wol in den grünen Wald, Für Liebes Schlaflämmerlein, 
Hört es fein feins Lieb Pauten ſchlagen, Es Hopfet alfo leife daran 
Die Saiten warn ihm zerjprungen. Mit feinem Golpfchnäbelein, 

Es trauret fehr, es trauret fehr Es klopfet dran, e8 Hlopfet dran, 
Je länger je mehr Ihm warb nit aufgethan, 
Bon Grund aus feinem Herzen. Es ward nit eingelafjen. 


5. Wer ift num der da klopfet an? 
Ich laß dich mit herein! 
Wenn andre Meivlein Kränzlein auftrügen 
Ein Schleierlein müßt ih haben. 
Ih ſchämet mich fehr, ich ſchämet mich fehr 
Je länger je mehr 
Bon Grund aus meinem Herzen. 


Fl. Bl., Nürnberg, Balentin Newber (um 1550—70). Anfang: „Ift mir 
ein H. W.“ — Tert 8 Strophen, deren die 3 legten ſchmutzigen Inhalts hier getilgt 
find. Im wenig Worten anders, aber nicht beffer im Ambrajer Pob,, 1582, Nr. 214. 
Anfang: „Es ift mir ein Meines Waldvögelein ꝛc.“ — Daſſelbe Lied niederdeutſch bei 
Uhland 83B. — Niederländifh: »Het vloch een so cleijnen wittvogelken tot mijns 
liefs veijnster in«, Antwerpner Wb., 1544, ©. 115. Melodie in Souterliedekens, 
1540, Pſ. 96. Das Lied hat dort andern Berlauf und anderes Versmaß. 


AT. Unerfüllbarer Wunfd;. 


(Im Ton: Die Brünnlein die da fließen.) 


1. Ich wei; mir ein Heines Waldvögelein, 3., Ferr in des Meeres Grunde 


Das ift jo hübſch und fein; Da ſchwimmt ein Hechtelemm. 

Es flog wol nädten fpate Mas treit er in feim Munde? 

Für liebes Fenfterlein; Von Go ein Fingerlein; 

Es flog ihr auf den Geren, Es ift das allerbefte Gold 

Es flog ihr auf den Schoß, Und das id je geſach: 

Sie ſchriet ihm fein Gfiedere, Könnteft du mir’, Lieb, gewinnen, 

Ihr beiver Freud und die was groß. Ich wollt dich deſto lieber han.‘ 
2., Nun fleug, num fleug, gut Bögelein!‘ 4..Wie könnt ich dird gewinnen, 

„Wie kann ich fliegen? Du Herzenliebe? 

Du haft mir abgeſchroten So fann ih doch nicht Schwimmen 

AU mein Gezierbe; Und Waffer trüben. 

Du halt mir abgefchroten Ich Hab doch, Lieb, gerühret, 

Kurz und nit zu lang." — Gerühret feinen Grund: 

Der einen lieben Buhlen hat, Wenn ic dir nicht gefalle, 

Der thut gar manden Affengang. Sieb mir Urlob, du rother Mund!“ 


Bruchſtücke eines fl. Blattes, Strafb., Thiebolt Berger (um 1570). Daher 
Uhland, Nr. 29, als Str. 2—5. Die erfte Strohpe dort (Die Brummen die da fließen) 
gehörte wol nicht zu dieſem Liede. Jedenfalls wurde es aber nad gleicher Melodie 
gefungen, woraus fid das Zuſammendrucken erflärt. — v. Lilieneron, D. Leben, 
Nr. 102 wie hier, und noch zwei Zufagftroppen von Uhland's Tert, die zum Liebe 
vom Wundergarten (Bei meines bulen baupte) gehören, aber entftellt find. — 


233 


1,4 vor Liebchend Fenſterlein. 1,3 nächten, geftem Naht. 1,5 Geren, Schon des 
Gewandes. 1,7 ſchriet, von fchroten, ſchneiden. 2, 2 und 3 von Ubland ergänzt. 2, 8 Affen: 
gang tbun, = fih mande Poffen gefallen laffen. 4,7 und 8. Aus dem Umftande, daß die 
Umworbene ald Preid ihrer Liebe die unerfüllbare Aufgabe ftellt, auf den Meereögrund zu tauchen, 
muß em erkennen; daß feine Werbung abgewiefen fei. Er gebt und Batte einen Affen 
gang aetban. 


AS*. Brei Iungfränlein. 


Mel. bei Dit 1534, Worfter III 1549. 









Fe — =] 
rin da hört ich fingen, ja fin . . gen drei Bög » lein wolrge » ftalt. 
2. So fein es nit drei Bögelein, 3. Das erft das heißet Urfulein, 
Es fein drei Yungfräulein; Das ander Bürbelein, 
Soll mir das ein nit werben, ja werden, Das dritt hat feinen Namen, ja Namen, 
Gilt e8 das Leben mein. Das foll des Jägers fein. 


Melodie und Tert bei 3. Dit, 1534, Nr. 41; Forſter III, 1549, Nr. 30; 5. Dit, 1544, 
Nr. 25; Forfter V, 1556, Nr. 45. Xert überall 3 Strophen, wie bier und bei Ubland 21 A. 
Mit zwei Zufagftropben bei D. Laſſo, Teutſche Lieder, Nürnberg 1583, Nr. 20 (Abdrud Hoffm., 
Geſeliſch.ẽE. Nr. 270). Abweichungen bei Forfter: 2, 1 Seind ed denn nit drei J. 2,2 e& jeind 
3,1 GElfelein. 3, das muß mein cigen fein. — Der Zonfap 1534 ift v. L. Senfl, der 1549 von 
©. Othmayr. Die Melodie ruft nah Taktwechſel. — 3. Brabmd, deutfche Volkslieder für Chor 
ef. z Heft, Nr. 2 (1869), hat fie ein wenig abgeändert. Mendeldjohn hat das alte Lied neu 
omponirt. 


AS, Brei Fräulein. 


Il. Dort oben auf dem Berge 2. Die erfte ift mein Schweſter, 
Da fteht ein hohes Haus, Die ander ift mir gefreundt, 
Da gehnt wol alle Morgen Die dritt hat feinen Namen; 
Drei hübſche Fräulein aus*. Sie muß mein eigen fein. 


J. Dit, 1544, Nr. 40; Ubl., 21 B. Nach jeder 1. und 3. Zeile folgt ald derb fcherzender 
Kebrreim: „dölpel, dölpel, dölpel! — Die Melodie ift ein langweiliger Singjang, vermuthlich von 
Senfl gemacht, der den Tonfag dazu lieferte. — Beide Strophen wurden fpäter mit dem Mühlrad- 
Liede verbunden und fie werden ald „Wanderftrophen“ auch in andern Bolfäliedern und nod viel» 
fach begegnen; noch 1890 fonnte man fie mit geringer Abweichung in Schleswig bören. 


* Drudfebler: ein ftatt aus. 


234 


A9. Mühlred, 


Dort body auf jenem Berge 

Da geht ein Mühlerar, 

Das mahlet nichts denn Liebe 

Die Naht bis an den Tag. 

Die Mühle ift zerbrochen, 

Die Liebe hat ein End: 

So gjegn did) Gott, mein feines Lieb! 
det fahr ich ins Elend. 


Bergkrenen 1536, Nr. 54, Strophe 8 des Liedes ——— ſoll ich mit euch gan.“ 
Ebenſo Ambraſ. Liederb,, 1582, Nr. 70, ale Strophe 9 demſelben Liede eingeſchoben. Dieſe noch 
heute lebende Wanderſtrophe hat Uhland, Nr. 33 als beſonderes Liedchen ausgehoben. 


q Ellend, ahd. elilenti, mhd. ellende, andres Land, Fremde. 


AP, Bas Aühlrad. 


Mãßig. Mei. 1782. 








2. Das Mühlrad iſt zerſprungen, 4. In meines Vaters Luſtgarten 
Die Lieb hat noch fein End: Da ſtehn zwei Bäumelein: 
Wenn zwei von einander ſcheiden, Das eine trägt Muskaten, 
Sp geben's einander die Händ. Das andre braun Nägelein. 
3. Ah Scheiben, ad) Scheiden, ah Scheiden! 5. Musfaten die find fühe, 
Wer hat das Scheiden erdacht? Braun Näglein riehen wohl, 
Es hat mein junges Leben Die will ih meinem Schatz verehren, 
Zum Untergang gebradt. Daß er daran riechen fol. 


Aus: Fr. Reichardt, Muſikal. Kunftmagazin, Berlin 1782, I. Bb., ©. 99. 
Daher Erf I, 5, 53 und Pr. I, Nr. 313. — Der Anfang hatte ein finnlofes Wort: 
„Dort droben in jenem Thale“ ꝛc. Zwei eingefhobene Strophen, das falſche Mädchen 
mit vothem, wurmftidhigem Apfel vergleihend, find getilgt. 


Al9e. Bas Mühlrad. 


Mäkia langfam. Aus dem Helfen Darmftädtifchen, Meiningen, Weftfalen, Franfen. 





Da drosben auf je- nem Ber » ge da ficht ein bo «hei Haug, da 





——— * 
ſchau⸗ en wol al» le Früb- mor » gen drei fhö. ne Jung-frau-en ber» aud. 
* Bar. bei Silcher und Finf. 





2. Die eine heißt Sufanne 5. Da drunten in jenem Thale 
Die andere Anne-Marei; Da treibet das Wafler ein Rad 
Die dritte die darf ich nicht nennen Das mahlet nichts als Liebe 
Weil fie e8 mein eigen foll fein. Bom Morgen bis Abend fpat. 

3. In meines Vaters Garten 6. Das Müplvab ift zerbrocen, 

Da flehn zwei Bäumelein, Die Liebe hat noch fein End — 
Das eine trägt Musfaten, Und wenn fih zwei Herzliebchen ſcheiden, 
Das andre feins Nägelein. So reihen’8 einander die Händ. 

4. Muskaten die find füße, 7. Ach Scheiben, du bittere Scheiben! 
Feins Näglein die riehen fo wohl: Wer bat doch das Scheiden erdacht? 
Die will ich mei'm Schätzchen verehren, Der hat ja mein jung friſch Herze 
Daß's meiner gedenken ſoll. Aus Freuden in Trauren gebracht. 


Zert und Melodie nah Erf, Liederhort, Nr. 125. Sehr ähnlich ſchon bei Reichardt, mufi- 
kaliſches — — Berlin 1782, ©. 99 und 214 (f. oben), daher Erk J, 5, 53. Kr. II, 313. 
Elwert 1784, ©. 34 (daher Erlach I 169) aus Heffen. — MWunderborn I, 113. Deutſche Lieder 

. 3. und 4, Tess, ©. 18, Silcher II, 2. Fint 63. Wenden, Eölns ge 1826, ©. 256. 

ünſterſche öðeſch 214. Rhein. Märlein 94. Simrod, Nr. 154. Erlach, 4, 172, Mittler, 557. 
D. Bödel S. 13. Mündel ©. 147. Neifferfcheid 26. — Bei Silcher und ſchon im Lob. f. g. und 
A., 1818 find in zwei Strophen vereint, 3. und 4. weggelaſſen und zur 7. ein Zuſatz gemacht. Um 
die Melodie f für die achtzeilige Strophe paffend zu machen, ift ein Wiederholezeichen nach den 4 erften 
Zaften und an dad Ende g 2 — Unſer Lied ift — ein dreifaches, aus alten Lieblings— 
firopben aufammengefeßt. A) ** 1 und 2 ift die Erzählung von den drei Fräulein, davon 
der ältere Tert oben und Woh. III, 69. B) Strophe 3 und 4 find wieder zwei Wanderftrophen vom 
Bäumlein mit Mustaten und Rägelein; fie fommen vor in den Liedern „Bon deinetwegen“ ıc. — 
und „Sift chen e Minih uf Erbe.” C) Erft mit Stropbe 5 beginnt das alte Müblenlied, 
Zum Wunderborntert | (I 113) fagt Bntke: „Hür den, der die Lage faſſen fann, unfhägbar.“ 
Goethe's Gedicht „Schäfers Klagelied:“ Da droben auf jenem Berge, da ſteh ich taufend- 
mal an meinen Etab elebnet und ſchau hinab ins Thal — lehnt fih im Zertanfang und Vers: 
map an vorliegendes Volkslied. In Ehlers Gefängen mit Begleitung der Quitarre, 1804, ©, 24 
findet man jogar diefe Vollsmelodie zu Goethes Verſen. — Auch Uhland's und Heine's „Schäfer“ 
baben ähnlichen Eingang. — Das Thema in C. M. v. Weber's Trio für Pianoforte, Flöte und 
Bioloncello op. 63 (Andante-Sag, überfhrieben „Schäfers Klage“ ift ziemlich mit unferer Volks— 
weife überein immend. 


A419. Mühlrad. 


Mäpig. Aus dem — — um 1807, 











Da dro» ben auf je » nem Ber-ge da ficht ein bo s he Haus, da 








w — 
gu-i»ten al» le Mor » gen drei ſchö-ne Jung-ftau-en her— aus. 


236 


2. Die erite heißt Elifaberh, 5. Ach ſcheiden, ach ſcheiden, ach ſcheiden, 
Die andre Suſanne allein Wer hat denn das Scheiden erdacht? 
Die dritte die mag ich nicht nennen, Es hat mir mein junges friih Leben 
Die ſollte mein Eigenthum fein. Das Scheiden fo traurig gemacht. 

3. Dert unten in jenem Thale [6.Wenn ih einmal fol fterben, 

Da treibet das Wafler ein Rab, Wo gräbt man mid denn hin? 
Treibt nichts als lauter Liebe In meines Mädchens Luſtgärtchen 
Vom Morgen bis wieder am Tag. Wo viele Blümelein find. 

4. Das Mühlrad tft zerfprungen, 7. Und find es feine Rofen, 

Die Liebe hat noch fein End. So ift e8 Muskatenkraut: 
Wenn zwei von einander thun fcheiden Du haft mir die Ehe verfproden 
So gebens einander die Händ'. Jetzunder bift du meine Braut.) 


Aus Hagen's handihriftlihe Sammlung von 1807—1820. Die zwei Schlußſtrophen weichen 
von ber gewöhnlichen Lesart ab. Nur bei Erlah, 4, 72 (aus Darmfladt) und Scherer, Yunabr., 
72 ſtehen fie ald etwas abweichend: 6. „Und foll ich einsmals ge wo begräbt man mid 
bin? In meines Feinsliebchens Garten, wo rothe Röslein blübn. 7. Und find es feine Röslein, 
o iſts Muskatenkraut: du haft mir die Treu verfprochen, fo bift du meine Braut. 


49, Bas Mühlrad. 


(Müllers Abſchied.) 
larichmäßig. Weſtfäliſch (Keftners Handicrift). 





es —— 
Da dro⸗ben auf jenem Ber » ge, da ſte-het eingol » de⸗nes Haus, da 





fbauen wohl al» le frührmor » gen drei fchöne Jungfräuslein ber - aud, 


Diefelbe Mel. in anderer Taftart, 
Da droben auf jenem Berge. Handihriftl. aus Thüringen 1804. 





2, Die eine die heißt Elifabeth, 3. Da unten in dem Thale 
Die andre Bernarda mein, Da treibet das Wafler ein Rad, 
Die dritte die thu ich nicht nennen, Mid aber treibet die Liebe 


Die ſollte mein eigen fein. Bon Morgen bis Abend fpat. 


237 


4. Das Rad das iſt gebrochen, 5. Ah Scheiden, ach Scheiben, ad Scheiven! 
Die Liebe hat nimmer ein End: Wer hat doch das Scheiden erdacht? 
Und wenn zwei Liebenve feinen, Das hat mein jung frifh Herzchen 
Sie reihen einander die Händ, So frühe ſchon traurig gemadht. 


6. Das Liedlein, ach das Liedlein, 
Das hat ein Müller gemacht, 
Den hat des Ritters Töchterlein 
Dom Lieben zum Scheiden gebracht. 


Zert aus Weitfalen bei Reifferfcheid, Nr. 26. Erſte Melodie ift fhön, wenn auch durh Ber 
—— modern klingend. Aelter ift die thüringiſche Lesart, der nur die Anfangszeile in einem 
otenbuch beigefchrieben war. Bei ihr denkt man an die erft 1814 entitandene Melodie: „In 
einem fühlen Grunde da geht ein Mühlenrad.“ — Faſt wörtlidy gleich bei Elwert, 1784, Nr. 34 
aus Heffen, mit der Ueberrärift: „Müllers Abſchied.“ 





419°. Die Wundermühle. 


Ein Bädlein kommt gefprungen, 

Das treibt vier Mühlenrad: 

Das eine mahlt Muskaten, 

Das andre Nägelein. 

Das dritte mahlt die Sonne, 

Das vierte mahlt den Mond. 

Da dreht ſich ein wunderſchön Mädchen herfür 
Und dreht fi vor ihres Liebften Thür. 


W. Schuiter, re a Volkslieder Nr. 331. Hier aus dem Dialekt übertragen. Märchen: 
bafter Reim, jedenfalls alt und fcheint mythologiſche Anfpielungen zu enthalten. 


420. Bas Lied der Guggisberger. 


Langſam. Uralt. Aus der Schweiz (Kanten Bern.) 1790. 






— z — 
nn u —— #4, AU A A SE EEE LT 
IUE P° — —— — — — — 


ä = net dem Berg! 's iſt € = be-n-e Mönſch uſ Er-de, daß ich möcht by-n-ihm ſy. 


1.'8 ift ebe-n-e Mönſch uf Erde, 3. U flirbe-n-i vor Chummer, 
Daß i möcht by-n-ihm ſy. So leit me mi i-v’$ Grab. 
2. U mah-n-er mir nit werde, 4. J mynes Buehli's Garte, 


Bor Chummer ftirbe-n-i! Da ſtah zweu Bäumeli; 


238 


5. Das eine treit Mufchgate, 9. Es find nunmehr zweu Jahr, 
Das andri Nägeli. Daß mi ha-n-a di ghenft.“ 
6. Mufchgate die ſy ſüßi, 10. Dört unte-n-i der Teufi 
Und d' Nägeli die ſy räß. Da geit es Mühlirad; 
7. J gabs mym Lieb z'verſuche, 11. Das mahlet nüt als Liebi 
Daß's myner nit vergeß. Die Nacht und auch den Tag. 
8.,Ha di no nie vergeſſe, 12, Das Mühlirad iſch broche: 
Ha-n-immer a di denkt; Die Liebi het e-n-End. 


Beim Singen wird nad der erften Zeile jeder Strophe der Kehrreim eingefhoben: 
„Simeliberg! Und d's Vreneli ab em Guggieberg, 
Und d's Simes Hans Yoggeli änet dem Betg.“ 


Darauf wird die erfte Zeile wiederholt und zum Schluß die zweite angefügt, wie unter den 
Noten zu feben ift. — Bon den Doppelnoten wird die obere bei Wiederholung gefungen. 
hweizer-Volfölied aus dem Kanton Bern, dag „Buggisbergerlied“ genannt. Zuerſt 
edrudt bei 8. Spazier, Wanderungen durh die Schweiz. Gotha, 1790, ©. 341. Dann in 
. ©. Kubn, Sammlung von Schweizer-Kübreiben und alten Volksliedern. 2. Aufl. Bern, 1812, 
Mr. 20. In 3. Aufl. 1818, ©. 34. In 4. Aufl. v. Wiß, 1826, ©. 56. — Daraus mit feiner 
Melodie vielfach — Kretzſchmet II, Nr. 219; Erk I, 4, Nr. 2; Liederhort ©. 285; 
Tert bei Tobler II, 19; VBerftümmelt im Woh. III, 128. Eine Niederfchrift von Prof. Studer in 
Bern 1807, fand fih in Hagen's Manufcripten notirt, die Melodie ift bis auf wenige Noten der 
obigen gleih. — Man wird erkennen, daß je zwei Reimpaare zufammengebören und eine vierzeilige 
Strophe ausmachen, nur die 3. ift ausgefchloffen (könnte wegbleiben) und nah Strophe 12 feblt 
die zweite Hälfte, die fih auch wirklich ergänzt findet in K. Rockſſtuhl's Alpenrofen 1823 und fo 
lautet: „Wenn zwei von einander fcheiden, . gebend einander die Händ,“ 

Das Lied, mit Ausnahme des Kchrreims, der eine Nederei auf beftimmte Perjonen und Rofal« 
namen enthält — ift unbezweifelt febr alt. Denn es find bier zwei deutſche Volkslieder, die 
jhon zu Anfang des 16. Jahrh. befannt waren, aneinander gefügt. a) Strophe 4—7 bilden genau 
die 3. Strophe bei Ubl. 30: In meines Bulen Garten. b) Strophe 10—12 find gleich mit dem 
Lied vom Mühlrad. Uhl. 33: Dort hoc) auf jenem Berge, da get ein Mülenrad. — Die Behandlung 
des Kehrreims zeigt altnordifche Eigenart und auch die Mollweife fpricht für hohes Altertbum. — 
J. Kuhn bemerkt: „Diefes fehr alte Volkslied, das unter dem Namen „Simeliberg* bekannt ift 
und ehedem ſehr häufig gelungen wurde, foll eine wahre Liebeögeihichte aus dem Guggisberg zu 
Grunde haben, die aber nicht mehr bekannt ift. Die Guggisberger hören aber eine Nachfrage 
nach dem Urfprunge dieſes Liedes nicht gern; vielleicht nur darum, weil man ehedem fie damit auf 
zog.” — Der Kern des Liedes ift weit älter, als K. vermeint; nur der Kehrreim ift jüngere Zutbat, 
die fih auf die Guggisberger beziehen kann. 

Durch das ganze Mittelalter galten die Guggis- oder Gauchberger, wie die Ratenberger, 
für Leute, die fünftlich reden und Findifh handeln. W. Grimm im Freidant (S. 82) führt Hole 
gende Belege dafür an: 

Wisiu worte unt tumbin were 
diu habent die von Gouchesbere. 


Im Renner (323) werden diefe Worte parodirt: „boesiu wort unt boesiu were habent 
die von Lasterbere.‘‘ — Hand Sachs (Audg. v. Götz, 1, 52) fagt: „fein Werf find von Gauch— 
berk.“ Anderwärts werden Affenbere, Narrenburg und Göderliberg zufammengeftellt (Kinder, 
märden, Nr. 95). 


T BWorterklärung: 1,1 Simeliberg bedeutet ohne Zweifel einen Berg von runder 
Form, vom fchweizerifchen Wort simel, simbel, mhd. sinwel, rund, der Berg in Grimmd Märchen 
Similiberg (Nr. 142) wird als ein großer, kahler Berg befchrieben, beißt ie: Demfi und 
wird nur irrigerweife Simeli genannt. Doch kommt nah Grimm Märchen III, ©, 225) auch 
ein Berg Simeles in einer alten Urkunde vor. Guggisberg von Gugger, Kuduf. Unklar bleibt 
die Zufammenftellung beider Berge im Refrain: denn in der Heimath ** Liedes (in Guggis— 
berg, Kanton Bern) fommt ein Simeliberg geograpbifh gar nicht vor, wohl aber ein Drt 
diefed Namens in Trachſelwald und ein Simmel — oder Sindenbuel in Guggisberg, wie Tobler IL, 
Mr. 19 bemerkt. — 1, 1 Mönſch, Menſch; VBreneli, dim, v. Breni, Veronifa. Simed Hand 
Zöggeli, des Simons Hand Jaköbchen: änet, jenfeits; fu, fein. 2. mab, mag. 3. leit, legt; me, 
mi = man, mid. 4. Büehli, dim. v. Buhle, der oder die Geliebte. 5. treit, trägt. 6. räß, 
ſcharf, widrig von Geſchmack. 7. verfuchen, koften. 12,2 Schluß auch: Mys Lied das hat 
—n— End. 


239 


421. Goldmiühle. 


1. Dort nieden in jenem Holze 3. Hätt ich bes Goldes ein Stüde 
Leit fih em Mühlen ftolz, Zu einem Ringelein, 

Sie mahlet uns alle Morgen Meinem Bulen wollt ih’8 fhiden 
Das Silber und rothe Gold. Zu einem Goldfingerlein. 

2. Dort nieven in jenem Grunde 4. Was ſchickt fie mir denn wieder? 
Schwenmt fih ein Hirſchlein fein; Bon Perlen ein Krängelein: 
Bas führt es in ſeim Munde? „Sieh da, du feiner Ritter, 

Bon Gold ein Ringelein, Darbei geben? du mein!” 


Frankfurter Liederbüclein 1582 (1584) Nr. 66 Str. 4— 8. Fortſetzung des 
Liedes: Schein uns, du liebe Sonne. Uhl. S. 76. Woh. 4, 34. Nievderd.: „So 
fern in jenem Frankryke dar licht ein Möle ftolt. Uhl. 32 B. Niederd. Vob. 
Damb. 1884 Nr. 5. 


g 1,3 Gold mablen, freigiebig fein. Grimm, Myth. 1854, I, ©. XL; Jat. Grimm, 
Ueber Schenken und Geben (1848), ©. 144. Goldmühle, ein Pbantafiegebilde. Der Bergleid 
des Geliebten mit einem Hirſch begegnet und oft in Bolteliedern 4. B. in: Ich bört ein Hirſchlein 
raufhen. Im hoben Lied Salomonis cap. 2, 9 heißt: „Mein Freund ift wie ein Reb oder 
wie ein junger Hirſch.“ Den Ring treuer Liebe bietet daher der Hirfch in obigem Liebe. Die 
Goldmüble und der Gold tragende Hirſch, geben dem Ringlein, dad dem Geliebten zugedacht ift, 
einen märchenhaften — Der Inhalt des Liedes ſtimmt im Ganzen mit „Nun laube, Lind⸗ 
lein x. — fogar die legte Strophe ift gleich in beiden Zerten. 


422. Sonnenſchein. 


1. Schein aus, du liebe Sonne, 2. Dort fern auf jenem Berge 
Sieb uns ein hellen Schein! Leit fih ein kalter Schnee, 
Schein ung zwei Lieb zufammen, Der Schnee kann nicht zufchmelzen, 
Die gern beieinander wolln fein. Denn Gotts Wille der muß ergehn. 


3, Gotts Wille der ift ergangen, 
Zufhmoßen ift der Schnee: 
Gott gefegen euch, Bater und Mutter, 
Ih feh euch nimmermeh! 


Frankf. Liederbüchlein 1582 (1584) Nr. 56. Ambrafer Ldb. 1582, Nr. 66. — Don einem 
längeren Liede bier blos die drei erften Strophen, fo auch Uhl. Nr. 31 A, daſ. niederbeutih 31 B. — 
Die Melodie bei Scanbelli 1570, Nr. 16 ift nicht Volksweiſe, fondern ein rhythmiſches Unge- 
thüm. Sie ift wiederholt in Ammerbach's Zabulaturbuhe 1583 Nr. 18. C. F. Beder, Lieder 
und Weijen ILL, 16, fuchte fie zu vereinfachen, bat fie aber noch mehr verzerrt. — Die alte Volks— 
melodie ift nicht gefunden. 


J 2,2 Leit, liegt. 2, 3 und 3, 2 zufchmolzen, zerſchmolzen. 


240 


423. Verſchneit. 


1. Es ift ein Schnee gefallen 2. Mein Haus hat keinen Giebel, 
Und es ift Dod nit Zeit. Es ift mir worben alt, 
Man wirft mid mit den Ballen, Zerbrochen find die Riegel 
Der Weg ift mir verfchneit. Mein Stüblein ift mir falt. 


3. Ad Lieb, laß dich erbarmen, 
Daß ich fo elend bin, 
Und ſchleuß mid in dein Arme! 
Sp führt der Winter dahin, 


Miündner Cod. germ, 810 Bl., 146*, gefchrieben 1467, Das Pied hat noch 
3 Strophen müßigen Zufages, die Uhland Nr, 44 wegließ; wir folgen ihm. Boll« 
ftändiges Original im Altd. Lob. 165. 


424°, Verſchneiter Weg, 





— 
ih wollt zu meisnem Buslen gan, der Weg iſt mir ver-— ſchneit. 


1. Es ift ein Schnee gefallen, * 3. Der ein der was ein Keiter 
Dan es ift no nit Zeit; Der ander ein Edelmann, 

Ich wollt zu meinem Buhlen gan, Der dritt ein ftolger Schreiber, 
Der Weg ift mir zu weit. Denfelben wollt e8 han, 

2. Es giengen drei Geſellen 4. Er thät dem Meidlein kromen 
Spazieren um das Haus; Bon Seiden em Haarſchnur; 
Das Maidlein was behende, Er gab demjelben Meivlein: 
Es Iugt zum Laden aus. „Bind du tein Haar mit zu!* 


5.,, Ih will mein Haar nit binden, 
IH will e8 bangen lan. 
Ich will wol diefen Sommer lang 
Fröhlich zum Tanze gan.’ 


Mel. und vom Tert die erfte Strophe in Liederb. v. Berg und Newber, 68 
Lieder, Nürnberg (zw. 1542—63) Nr. 48. Auch in Grofltedlin 1535 Nr. 6. 

Bolt. Tert: Fl. Bl. 8: Drey fchöne newe Lieder (dad 2.) 0.9. u. D. (mol 
zu Nürnberg, Mitte des 16, Jahrh.). Text bei Uhl, Nr. 43, Wh. 4, 7. Auch er 
wähnt bei Fiſchart, Gefhidhtsft. 1590, Cap. 8. 

Bei Schmelgel 1544 Nr. 20 ein Fragment der Melodie mit dem Anfange: Es 
ift ein Schuß gefallen. 

Goethe benutzt die zwei Anfangszeilen unſeres Vollslieves zu feinem Liebe: 
„Scneider-Courage*. 


241 


T Grtlärung: 1,2 wann, mhd. wan = nur; nur es ift noch nicht Zeit zur Minneluft, 
die erft im Mai fommt. 2,4 lugen mhd. luogen, fchauen. 4, 1 fromen, mhd. framen, kaufen ; 
Kram auf dem Markte einkaufen und erg — Ein ftoljer Schreiber von dem ummworbenen 
Mädchen abgewieſen; fie will noch lange ledig bleiben und erfi den Maitanz genießen. Str. 4, 4 
enthält den Heirathsantrag ; die ablehmende Antwort bringt Str. 5. Das Mädchen will dad Haar 
noch ein Jahr fang hängen laffen; damit erklärt fie, ledig zu bleiben. Denn abgefchnittened oder 
wenigftend eingebundenes Haar war das Kennzeichen der Ehefrauen und ftrenge Vorſchrift für 
Berbeiratbete. Pangmwallendes Haar der Jungfrauen Zierde. — Das hier und in anderen Liebesliedern 
vorangeftellte Gefäg vom Schnee joll ſymboliſch andeuten, daß es dem Liebeöwerber hinderlich geht; 
Schnee ift bemmend für das Zufammentommen der Liebenden, meldet alfo bildlich: Hinderniffe. 


422°. Mm des Liebens willen gehangen? 
⏑— 
Es bat ein'n Schnee gefchneiset ed war wol an der Zeit, ich wollt zu mein'r Herz 


---- b— 


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lieb-ften gehn, (ich wollt zu meint Herzslicbsften gehn), der Weg war mir ver«fchneit. 


2., Nt dir der Weg verfchneiet 7. „Und wo id hinte gewejen bin, 
So babe durd den Schnee! ‘ Das kann ich euch bald fagen: 
„Mich friert in Händen und Füßen, Ih bin e8 heute gemwefen 
Im Herzen thuts mir weh.“ Bei einem Mäpdlein jung.“ 

3. ‚Friert dich in Händen und Füßen, 8.,, Biſt du es heute geweſen 
Thuts dir im Herzen fo weh: Bei einem Mädlein jung, 
Komm, leg dich in mein Bette, - Am Galgen ſollſt du hängen, 
Das rien wird dir vergehn.‘ Ei du gottlojes Kind!‘ 

24 — 9.„Soll ih am Galgen hängen, 
re ee fr, nicht, Ich bin fein Schelm, fein Dieb, 
Ih fürdt: ich möcht verichlafen Würd's eud denn — 
Mein' Treu und auch dein Ehr.“ Ueber euer eignes Kind? 

5. Füräift du, du mäcf verfhfafen "Die anbre Bl er Mahn: 

Dein Treu und auch mein Chr, „Ad hört, ach Ritter und Grafen, 


Ich werd’ dich ſchon ermweden, 


Wenn's um die Zeit wird fein.‘ Was ich eud erzählen werd!” 


11. Steig’ runter, fteig’ runter, du Knäb- 


6. Und wie der Knab nah Haufe kam, fein jung ! 
Die Mutter ftand in der Thür: Das Leben fei dir geſchenkt. 
„Wo biſt du hinte gewefen, Das Mädlein ſollſt du haben 
Ei du gottloſes Kind?““ Zu einem ehlichen Weib. 


Aus Schlefien: Hoffm. und Richter Nr. 125. 
Der Tert leidet etwas an Unnatürlichfeit des Berlaufs und der Schluß erinnert 
an den „Zimmergefell”. 


Ert u. Böhme, Piederhort. LI. 16 


[> 


242 


425. Bu Schah ob allen Schäßen. 


In dem Ton: Dein Murren maht, daß ich eine, 


Noch weiß ich eins, das mid erfreut 
Das mag mir niemand enleiden: 
Jetzt freu ich mich der Maien Zeit 
Der Blümlein auf breiter Heiven. 
Ich bin durchzogen manche Land, 

Der Blumen gleih ich nindert fand, 
Die mir ganz all mein Trauren wandt, 
Du Schatz ob allen Schäßen. 


. Die Blum ift hübſch und darzu fein 


Das thun ich euch befunde 

Sie hat zwei braune Äugelein 

Und einen roten Munde. 

Sie liebt mir vor allen Weiben, 
Sollt ih mein Zeit mit ihr vertreiben 
Ihr fteter Diener wollt id bleiben, 
Du Schatz ob allen Schägen! 


.Ei, wie haſtu mid fo härziglich 


Mit deiner Lieb umfangen, 

Daß ich fein Ruh mag han ohn Did 
Zu dir fteit all mein Verlangen! 

D Blum, du edle Wolgemuth 
Gedent, wie wehe ſcheiden thut, 
Mach mir mein Herze wolgemuth, 
Du Schat ob allen Schägen! 


4,3 gehn fo oft bis daß ih kumm, 


Mein Augen di zu jehen; 

Darnach freut fid) mein Herz und Mund 
Wenn er zu Dir fol jehen: 

Für dich mid Niemand freuen thut 
Dein eigen ift mein Leib umd Gut, 
D Blum, du edle Wolgemuth 

Du Schatz ob allen Schäten, 


5. Ob zu dir fomm des Klaffer Mund 


Wölt mich gegen dir fchelten, 

So bitt id did, Blum, zu aller Stund, 
Laß mid das nicht entgelten. 

Halt du dein Treu, nicht am mir brich, 
Es ift gewiß was id dir verſprich, 
Darum fol Niemand wenden mid, 


‚Mein Schak ob allen Schätzen. 
6. Gern wollt ichs thun, wol ich nicht kann 


Allzeit nach deinem Willen, 

Das merfet weder Frau noh Mann 
Und blieb ganz in der Stillen. 
Wenn ich erfenn das Herze dein; 
Als ih jetzund erfenn das mein, 
Sp wüſt ih, daß mich hältſt allein, 
Du Schatz ob allen Schägen, 


7. Wer mich ſolchs hieß, daß ich dich ließ, 
Thät mir keins Guten günnen; 
Der meinen Treu biſt du gewiß 
Mit dir will ich von hinnen 
Alles das, das dein Herz begehrt 
Biſt du edel Blum von mir gewährt, 
Zu gute Nacht, eh man uns hört: 
Du Schatz ob allen Schätzen. 


Fl. Bl. „Zwey ſchöne Lieder“ (das 1.). 


Gutknecht. (c. 1515— 1535), 
Die Mel, dazu war vermuthlich die folgende, von mir zum „Heiberöslein" ge 
ſetzte; denn ähnlicher Tertanfang läßt ſolches fchließen. 






Gevrüdt zu Nürmberg durch Jobſt 


A426. Heideröslein. 


Mel.: So weiß ich eind dad mich erfreut, dad Blümlein auf breiter Heide. 


ei» mem 
eis nen 


Sie gleidht wol 
Sie trägt aud 


Ro » fen» ftod, drum gliebt fie mir im 
vo » then Rod, kann züch - tig, freund« lich 





. 


$ - zen; 3. — — 
hr * 8008 gen. | Sie blürbet wie ein Ro » fe - ein, das 


Bäd- lein mie das Mün- de» kein. * Liebſt du mic, 










——t 


fo lieb ich dich, 





. Der die Röslein wird breden ab, 

Röslein auf der Heiden, 

Das wird wol thun ein junger Knab, 

Züdtig, fein bejcheiben. 

So ftehn die Neglein auch allein, 

Der lieb Gott weiß wohl, wen ih mein: 

Sie ift geredt, von gutem Gſchlecht, 

Bon Ehren hochgeboren. 

. Wann mic das Mägdlein nicht mehr will, 

Röslein auf der Heiven, 

Sp will ih weichen in der Still 

Und mid von ihm thun ſcheiden; 

So will id fie auch fahren lan 

Und will ein anders nehmen an, 

Ein fhöns, ein jungs, ein reiche, ein 
frumms, 

Röslein auf der Heiden. 

. Das Röslein, das mir werben muß, 

Röslein auf der Heiben, 

Das hat mir treten auf den Fuß 

Und gſchach mir doch nicht leide; 

Sie gliebet mir im Herzen wohl 

In Ehren id fie lieben foll, 

Beſchert Gott Glüd, gehts nicht zurüd, 

Röslein auf der Heiden. 


5. Behüt dich Gott, mein ſerzigs Her 


Röslein auf der Heiden! 

Es if fürwahr mit mir fein Scherz 
Ih kann nicht länger beiten; 

Du fommft mir nicht aus meinem Stun, 
Dieweil ih Hab das Leben mein; 
Gedenk an mid, wie ih an dic, 
Röslein auf der Heiven! 


. Bent mir her deinen rothen Mund 


Nöslein auf der Heiden, 

Ein Kuß gieb mir aus Herzendgrund, 
Sp fteht mein Herz in Freuden, 
Behüt dich Gott zu jeder Zeit, 

AU Stund und wie es ſich begeit; 
Küß du mich, fo küß ich Dich, 
Röslein auf der Heiden! 


‚Wer tft, der uns bieß Pieblein macht', 


Röslein auf der Heiden? 

Das hat gethan ein junger Hadt, 
Us er von mir wollt fcheiden; 
Zehntaufend Hundert guter Nacht 
Hat er das Liedlein wohl gemadt. 
Behüt fie Gott ohn allen Spott, 
Röslein auf der Heiven! 


Diefes ſchöne Volkslied des 16. Jahrhunderts fteht im Liederbud des Buch— 
druders Paul v. der Aeltſt. Deventer 1602; dort zweimal, jedesmal mit zwei Ein- 
leitungsftrophen, als Nr. 80: Wah auff, wach auff, meins Herken ein ron. Im 
Ton: Wach auff in Gottes x. umb als 103 Hör zu, mein Schak, dur einiger Troft. 
Daraus aud bei Uhland Nr. 56. Ohne 3, u. 7. Str. bei Bilmar. 

Daß ein ähnliches Lied früher aud in Oberbeutfchland gelannt war, bezeugt 
folgende Strophe aus Lechners Liederb. Nürnb. 1586 Nr. 22, die abgejehen von 
einer Kürzung, fo ziemlich der 3. Str. unfres Tertes entſpricht und fo lautet: 


Will und das Maidelein nimmer ban, 
rot röslein auf der beiden, 
fo wöllen wird nur faren lan, 


ein anders wölln wir nemen an, 
ein fchöng, ein junge, ein reiches, ein frummd, 
nad adelichen fitten. 


16* 


244 


Unverfennbar war unfer Lied hier das Vorbild zu Goethes Dichtung: „Es ſah 
ein Knab ein Röslein ftehn, Röslein auf der Heiden“ c. Goethe muß dieſes alte 
oder ein ähnliches Volkslied des 16. Jahrhunderts gekannt haben, bevor er fein Lieb 
dichtete, denn ohne dieſes Vorbild wäre die Uebereinftimmung im Refrain und in ber 
Allegorie (das geliebte Mädchen einem Heiveröslein zu vergleihen) und fonft mehr» 
fache wörtliche Gleichheit nicht denfbar. Das Bild vom Rofenbrehen dur einen 
Knaben wird hier nicht durchgeführt, wie foldes Goethe gethan hat. 

Unfer Volkstert braucht fi vor Goethes Nahbildung nicht zu verfteden. Es 
ift um den nedifchen, fröhlihen Ton reicher, als Goethes Tert mit feinem drama- 
tifchen Aufbau und feiner Zweidentigfeit. 


Diefe vorgefepte Melodie fteht zu einem geiftlichen Liede von Eradmud Alberus: Freut euch, 
freut euch in ag Zeit, ihr wertben Chriſten alle xc. in Babſt's Gſbg. 1545, Nr. 37; Babft IL, 
1560, Nr. 60; Lpz. Gb. 1586; Nürnb. Gb. 1589; bei Schumann 1539, ohne Melodie. Der 
eiftlihe Tert ſteht auf einem Einzeldruft (Nümberg, Kunigund Hergotin, c. 1530) mit der Ueber» 
Prift: Ein preißlied göttlichs woris . . . In dem Thon ald man fingt: So weiß id eind dad mid 
erfrept, das plümlein auf preiter beyde, (Abdr. WE. 1841, Nr. 295.) Daraus darf man folgen: 
Die fpäter beigedrudte Melodie ift die vom ebenbejagten weltlichen Liebe. Letzteres ift aber nicht 
weiter gefannt. Es handelte vom Heideblümlein. Richt zu gewagt iſts, daß ich die Melodie dem 
Heiberöslein vorgefept babe, deifen Weiſe bisher auch nicht gefunden ift. Richt nur der heitere 
Ausdrud, fondern au das Veremaß der Melodie paßt zum Heiderödlein. 


T 1,2 fie geliebt mir, gefällt mir. 2,5 Gteglein? Uhland (Schriften 3, 545) vermu- 
thet darunter die Stäbe, an welche der NRofenftraudh gebunden wird. Der Sinn wäre alfo, wie 
die Rofe und ihr Halter, fo wollen wir beide verbunden fein. Bilmar erflärt alfo: ich gebe meine 
Wege allein (bin verſchwiegen in der Liebe). Str. 3 ift ald fcherzhaft, nedend aufzufaſſen, aber 
nicht als ftörend fortzulaffen, wie Vilmar thut. 4, 3 Treten auf den Fuß, ein Zeichen der Liebe 
und bier ald Gegenwehr vom Mädchen geübt, fchmerzte nicht. 5,4 beiten, warten. 5,6 die 
weil, fo lange. 7,3 Hadıt, wohl nicht Hecht, fondern Hache, ein wilder, unwirſcher Menſch. 


427. Im Rofengarten. 


Melodie: Bon deinetwillen bin ich bie. 
Praetoriud, Mus. Sion. VII, 1609 Rr. 58, 






Fer Bel Ben wer 
ESF we | TEE | Bummn, jAEEEN Kempen HIECBHSERN Tasssamifi Tanz zum — Task Zinsen 
II TE TI I - TE) 
Tess 


| Jung-fräu » lein, foll ih mit euch gabn in eu-ren Ro« fen» gar» ten, 
R und da die ro» ten Rös- lein ſtahn, die ſchö- nen und die zar« ten, 


— — 









und auch ein Baum ber Blü = bet, von Ae⸗—ſten it er breit, fo» 





wohl ein füh » ler Brun » nen, der auch da- runster leit. 


2. „In meinen Garten kummſt du nit 3.9 fam zu ihr in Garten, 


Zu diefen Morgen früh, Wie mand gut Gfell mehr thut; 
Den Gartenſchlüſſel finpft du nit, Do ftund daſſelbig Yungfräulein 
Er ift verborgen hie, So gar in großer Hut. 

Er leit fo wohl verſchloſſen Es fang von heller Stimme 

Er leit in großer Hut; Daß in dem Garten eridall, 
Der Knab darf weifer Lehre Die Bögel in den Lüften 


Der mir den Garten aufthut“. Gabens den Wiederhall. 


245 


4.9 kam zu ihr getreten 5.,Gut Gſell! darumb mic beten haft 

Wie mand gut Gfell mehr thut, Das kann und mag nit fein! 

Ih wollt fie han gebeten, Du wollteft mir zertreten han, 

Ih bot ihr emen Gruß; Die liebften Blümlein mein; 

Ich ward zu einem Stummen, So kehr dich wieder um hin 

Bor Schand do ftund ich roth, Und gang du wieder heim! 

Dei allen meinen Tagen Du brüchteſt mid zu Schanden, 
Leid’ ich nie größer Noth. Fürwahr ift mir nicht Hein“. 


6.3 lehrt mich wieder umher 
Und gieng bald wieder heim. 
Do ftund daſſelbig Yungfräulein 
In feinem Garten allein. 

Sie pflanzt ihr gelbes Haar, 
Bon Gold hat e8 ein Farb; 
Mit ihrem rothen Mund 
Sie mir den Segen gab. 


Bergkreyen (1536) Nr. 54. Hier blos Str. 1, 2, 5, 6, 7, 9, wie fie Uhland 
Nr. 52 ausgehoben hat. Noch erweiterter und verborben ift der Text im Ambrafer 
Wb., 1582, Mr. 171. Auch auf fl. BU. Nümb., Fr. Gutknecht, daſ. V. Nember. 
Augsburg, Agathe Genglerin. Tert genau fo wie in dem Bergfreyen ſchon 1524 
in einer Hanbfchrift, Lieverb. von Joh. van Steynvorden. K. Bibl. Berlin Ms. 
germ. 4°, 651). Aus den Bergkreien 5 Strophen bei Nicolai, Alm. I, ©. 69, mit 
Melodie von Reichardt. Daher Kretzſchmer I, 81. Kurze Faſſung von 3 Str. bei 
Dan. Lagkner, Neuer Teutſcher Lieder I. TH.,Nr.19. Daher Hoffm., Geſellſchaftsl. 32. 
— Schlechte Berarbeitung: Bulpius, Euriofitäten 4, 218. Daher Erlach I, 137. 

Die vorgefegte Melodie ift die des Liedes: Von deinetwegen bin id bie. Da 
im Ambrafer Lob. von diefem Terte einiges herüber genommen tft, muß man gleiche 
Singmwetfe annehmen. 


428. MWundergarten der Liebe, 
Forfter IV, 1556, Nr. 15. 





Bon dei- net wil-ien bin ih bie, Herz » lieb, ver» nimm mein 
Sol gro » fe Lieb Hab ih zu bir, da » raus treib ih fein 


— — — ν] 
Ta I ie 
— — — — — 
u BE) 





fein, a mir Fr Fe auf» fhhlie =» Ken, ſchleuß mich, Herz » lieb, da» rein! 


Andere Lesart. 
„Bon deinetiwegen bin ich hier.” Liederb. des J. v. Berg u. Newber um 1550. Nr. 21. 
— — —— 












ann 
Ei. # 
Dei mei» ned Buh-len Haup» te da ſteht ein güld « ner —— 
da » rin da leit ver» fchlof » fen das jun» ge tt» ze mein. 





Wär ih bei mei-nem Bub =» fen, wie mödt mir baß ge » fein! 


1. Bon deinetwegen bin ich bie: 5. In meines Buhlen Garten 
Herzlieb, vernimm mein Wort! Da ftehn viel edler Blüt. 

AU mein Hoffnung fe ich zu Dir, Wollt Gott, ich ſollt ihr warten, 
Darin treib ich fein Spott. Das wär mein Herzens Freud: 
Laß mic der Treu gemiehen Die edlen Röslein brechen, 
Dein Diener will id fein. Denn es ift an ber Zeit 

Thu mir dein Herz auffhließen, Ich trau fie wohl zu erwerben, 
Schleuß mid, Herzlieb darein! Die mir im Herzen leit. 

2. Man bat uns beiv verlogen, 6, In meines Buhlen Garten 
Das weißt du, Herzlieb wohl. Da ftehn zwei Bäumelein, 
Das haben die falihe Klaffer gethan, Das eine trägt Musfaten 
Die find uns beiden nicht hold. Das ander Nägelein. 

Wir wollen ihn’ wieder vergelten, Die Näglein die find fühe, 
Rath zu, mein treuer Schag! Die Näglein die find räß, 
Erft will ich dich lieb haben, Die gib ih meinem Buhlen, 
Dem Klaffer zu Noth und Hafı. Daß er mein nit vergef. 

3. Bei meines Buhlen Kopfen (Haupte) 7. Zu Dienft ſei das gefungen 
Da fteht ein güldener Schrein, Der Allerliebften mein, 

Darin da leit verjchlofien Ihr Yieb hat mich bezwungen, 
Das junge Herze mein, Ih kann nit feind ihr fein: 
Wellt Gott ih hätt den Schlüflel, Diemweil ih hab das Leben, 
Ich würf ihn in den Rhein, (Das glaub fie mir fürwahr) 
Wär ih bei meinem Buhlen, Will ih fie nit aufgeben, 
Wie möht mir baß gefein! Und lebt ic taufend Yahr. 

4. Bei meines Buhlen Füßen 8. Und der uns dieſen Reihen fang, 
Do fleußt ein Brünnlein kalt, So wohl gefungen bat, 

Wer des Brünnleins thut trinken, Das haben gethan zwei Hauer. 
Der jungt und wird nicht alt. Zu Freiberg in der Stadt; 
Ich hab des Brünnleins getrunten Ste haben ſowohl gefungen 
Biel manchen ftolgen Trunk. Bei Meth und fühlem Wein, 
Biellieber wollt ich wünſchen Dabei da ift gefefien 

Meins Buhlen rothen Mund. Der Wirthin Töchterlein. 


Text bier aud dem Bergfrenen 1536, Nr. 46. Daher auch bei Riliencron, deutihed Leben 
im Volksliede Nr. 93 mit der Ueberfhrift „Wundergarten der Liebe”. Goedeke-Tittmann 
©. 56. — Aus gleiher Quelle Ricolai, Alm. II, Nr. 7, mit dem geänderten Anfange: Um deinetiwegen 
bin ih bier, und mit einer von fr. Reichardt fomponirten Melodie (Abdr. Kr. I, 314. — Nah 
Nicolai der Tert im Woöh. I, 212 (n. U. 267) mit Weglaffen der zwei Eingangeftropben. Dazu 
fagt Goethe: „Höchſt lieblich, aber nicht recht ganz.” — Ferner findet ſich das Lied auf fl. Blät- 
tern: a) Drey jchöne Lieder, Das erft, Bon beinetwegen bin ich bie (vo. O. Mitte des 16. Jahr: 
bunderts). b) Drey Hüpfch Lieder, das erft, Bon deinetwegen. Nürnb., Bal. Newber (um 1550), 
— c) Bafel, Sam. Apiario (um 1570). d) Bafel, Job. Schröter 1608. e) Augſpurg durch 
Mich. Manger. — Umbrafer und Franff. Lob. 1582 und 1584 bringen den Text weſentlich gleich 


247 


mit den Bergkreyen. — Dasfelbe Lied mit anderer Stropbenorbnung und mit Weglaffen der 2. 
— T% — der Heidelb. Hſchr. 343, fol. 132 (Erlach 1, 247). Gm Riederbeutfhen Lob. um 

‚ Rı. 68. — 

Ubland (Nr. 30) hat von obigem Terte blos Str. 3, 4, 6 und 8 audgehoben, Anfang: 
„Bei meines Buhlen Haupte.“ Gr bemerft mit Recht: Daß alles übrige nicht dazu gehöre und 
vermutbet (Schriften 4, 441), der wahre Eingang dazu fei in Deutfchland verloren gisananı und 
tönnte geheigen haben: Nah Dftland will id) A da wohnt mein füßes Lieb. Diefer Anfang 
findet fih im Niederländifchen, ift aber auch den frembdartigen Stoffen an die Spipe geftellt; ein 
Refrain ift hinzugelommen. — 

Man darf Uhland beiftimmen, denn die ex Eingangäftrophen find, der gleichen Melodie 
balber, aus einem Liede gleichen Anfangs berübergefchleppt, und dieſes ift ein def elied, dad 
von Klagen eines Liebenden Ritterd über Klaffer und Abfchied handelt und abgedrudt ift nad) einem 
offn. Bl. des 16. Jahrhunderts bei WER. 1841, ©. 859. — Die 5. Strophe oben hat fi in das 
Lied „Jungfräulein, fol ich mit euch gan“ verirrt, ebenfall® der gleichen Melodie wegen. — Die 
6. Strophe unfered Liedes ift eine vielbeliehbte Wanderftropbe. (Bergl. das Schmweizerlied vom 
Simeliberg und das fiebenbürgifche: Ich ſchmiß zwei edle Rofen, und viele andere Terte. — 

Eine geiftlihe Umdichtung des Liedes (fl. BI. Nümberg, Pal. Newber, o. J. c. 1550) 
beginnt: „In meines herren garten wachfen der blümblein vil; der glaub thut ſich ſchon warten, 
der lieb fein pflegen will ꝛc.“ — Diefer Anfang, der fih an Strophe 5 unfered Textes anſchließt, 
läßt folgern: bap man damald das weltliche Lied mit dem Anfange „In meines Bublen 
Garten“ — kannte. Auch in der Heidelb. Hf. ftehen die zwei Strophen vom Garten oben an, 
gleich nach der —— Einleitungsſtrophe. 

Die alte Melodie iſt und viermal überliefert. a) Berg und Newbers Ldb. 1550, Nr. 27. 
— b) forfter IV, 1556, Nr. 15. — Mit dem geiftlihen Terte: Umb deinetwillen bin ich bie und 
trag dein Sünden fhwer. co) Gefiud, Gfgb. 1607, III, Bi. 37. d) Praetorius, Muf. Sion. VIL, 
1609, Nr. 58. Leptere Faffung die beſte. — 


Barianten: 1, 1 Umb deinetwegen (Forfter. 3,1 Haupte ftatt Kopfen Uhland nad 
Ambr. und Nemberd Lob). Abweichungen in der Heidelb. Hf. find zahlreih: 1, 3 All mein Ber 
dir. 1,4 Darin treib ih. 3,4 Dein Herz und auch dad mein. 3,5 Ach Gott, hätt ich 

en Schl. 3,8 Er follt mir immer befchliegen dad junge Herze mein. 4. Zu meines Bublen 
üßen da fteht ein Brünnlein kalt; wer das Brünnlein trinken thut, der jungt und wird nicht 
alt. Ich hab fein oft getrunken wol manchen ftolgen Trunk, viel lieber wollt ich füffen meins 
Bublen rotben Mund. 5. In meines Buhlen Garten da ftehet alled wohl; darin fie mein thut 
warten, mein Herz ift freudenvoll ꝛc. — 8. Schlußftrophe: Der und das Liedlein neu gefang, 
don neuem ee bat, dad haben zwei Studenten getban zu Freiburg in der Stadt. Sie 
zn — I gefungen aus friſchem freien Muth; fie finds wol inne worden, wie Scheiden von 
er Liebe thut. — 

Im Ambraf. Lob. find die Sänger zwei Hauer zu Grimma in der Stadt. Anderswo: 
mei Reuter, ein Landdfncht, ein gut Seel. In den Bergreien ift verbrudt Freiburg ſtatt 

reiberg, der alten Bergſtadt. 


J MWorterflärung: 2, 1 erft, num erft reht. 5,1 jungt, verjüngt fih. 6,4 Näge- 
lein, Gewürznelten. 6,5 reft, räft = ſcharf, beifend auf der Zunge. 8, 3 Hauer, Bergleute, 
die dad Erz losarbeiten. 


429%, Iungbrunnen. 
Dorifh auf g. Mel. aus Kleber’d Handihr. 1515—24. 












Die Brünnslein, die da fie » fen, die foll man trin » J. ja 
und wer ein fte = ten Bu-len bat, der ſoll ihm win » fen, 





Dr » den, ber fei- nen Bu- len mei- den muß. 


348 


Zert und Melodie bei 3. Dit, 1534, Nr. 44 ; Gaffenbawerlin 1535, Nr. 8; Peter Schöffer IL, 
1537, Nr. 13; Trium vocum cantiones I, Nümberg 1541, Nr. 28. — Text auch aus einem 
bandichriftl. Notenbudy der Wiener Hofbibl. bei Wadernagel, AL. 1841, Nr. 851. Ebenſo Ivo 
de Vento 1570, Rr. 16; Fifchart, Geſchichtskl. 1590, ©. 173. — Ueberall nur diefe eine Strophe. 
— Wir geben die Melodie nah der älteften Quelle: Leonh. Kleber's God. BL. 117 zwifchen 
1515—24 gefchrieben. Der if; Zonfag dort ift von P. H. (Baul Hofheimer). Vom 
Zert dort blos ald Ueberfhrift: „Die Brünnle.“ — Die Tonart ift dorifh, verfept aufg. Der 
Anfang mit der Unterfetunde ift eine bei alten Zomarten oft vorfommende Eigenthümlichkeit, uns 
fremd: Wir, durch Leitton verwöhnt, fepen dafür gern die Unterquarte. Die Melodie genau fo 
bei Dtt, nur eine Quarte tiefer, dorifh auf d. (Abdruck v. Lilieneron, Reben S. 272, Zonjag 
aber von Senfl). — 

Was Ubland (Nr. 29) ale Strophe 2—7 nah einem zerſchnittenen Drucke unjerem Liebe 
angefhoben hat, gehört nicht dazu. — Die von Uhland gebrauchte Ueberſchrift „Jungbrunnen“, 
— ärt ng nicht aus diefem, fondern aus einem anderen Liede „Bon deinetwegen ꝛc.“ Ubland 30, 

trophe 2. — 

Zu beachten ift in unferem Texte die Form der Nibelungenftropbe, die fonft im Bolfe- 
gefange nur einmal, cben bier vorfommt. Das fpriht für hohes Alterthum unferes Liedes, dad 
im 15. Jahrhundert längft befannt war. Gimrod, Lieder der Minnefinger 1857, ©. 77 bat es 
unbedenklich unter alte Lieder von Ungenannten aufgenommen. — Nod heute hat das Brünnlein- 
Lied fpäte Nachkömmlinge, die unten — — 

Unſere Melodie gehörte auch zu dem Liede: Ich weiß mir ein kleins Waldvögelein (Uhland 
Nr. 29) und zur Parodie davon von 1505; Es flog ein kleins Waldvögelein Uhland 337). Zu 
lepterem Zerte in der Würzb. Bibl. fand ich fie beigefchrieben. 

Eine geiftlihe Umdichtung von Gong Löffel auf einem fl. Bl. um 1550 (bei WE. IIL, 
1292) beginnt: 


Der Gnaden-Brunn thut fließen Mit feinen gütigen Augen 

Den foll man trinken! Und richt dir deinen Fuß. 

D Sünder, du folt büßen, Wol durd das Wort des Glaubens, 
Dir thut Gott winken Chriſtus allein dir helfen muß. 


Mit Melodie, etwas geändert, bei Praetoriud, Mus. 8. 1609, VII, Rr. 74. Spätere 
geiftliche Zerte: Der Gnadenbronn thut flüßen, WE. II, 1294 ff. 

Dad „Treten auf den Fuß“ war ein altdeutfcher Rechtsbrauch (f. Grimm, Rechtsaltertb. 
142) und galt als Zeichen der Befigergreifung und Unterwürfigfeit der Frau. Diefer ſymboliſche 
Gebrauch wird fhon im 13. Jahrhundert erwähnt bei einer Trauung im Helmbrecht von 1534: 
üf den fuoz er ir trat. Der Herausgeber des Helmbrecht, Heinz, bemerkt dazu: „Noch ifte an 
der Grenze von DOberbaiern und Defterreih eine allgemeine Unfitte: daß die am Altar ftehenden 
Brautleute, fo wie der Priefter den ehelichen Bund eingefegnet, einander auf den Fuß oder Klei— 
dungsftüd treten. Sie verbinden damit die abergläubifche Meinung, daß der zuerft getretene Theil 
zeitlebens unter dem Pantoffel ſtehen werde.“ 


In unferem Liede ift das Fußtreten nur ein Zeichen der Liebe. — 


A299. Tritt zu! 


Erfte Melodie, 
Mäpig bewegt. Aus dem Odenwald und Raubeim bei Limburg. 1845. 





Wenn al» le Brünnelein flie - fen, fo foll man trin » fen. Wenn 






P} 
— —⸗ — 
na wa — — m. BERN EEE AT nn 
Een 7° En Fe u —— —— — 
DT | 





ih meim Schag nicht ru«fen darf, ju ja, ru» fen darf, thu ich ihm min » fen. 





249 


Zweite Melodie. 


Aus Dberheifen, 1880. 





— 


Wenn als» le Bäch-lein flie » ßen jo fol man trin » fen. Wenn 





1. Wenn alle Brünnlein fließen, 4. Sie hat zwei rothe Bäckelein, 
Sp fol man trinfen. Sind röther ald der Wein; 
Wenn ich meim Schatz nicht rufen darf, Ein folhes Mädchen findt man nicht 
Yu ja, rufen darf, Wol unterm Sonnenſchein. 
Thu ich ihm winken. u & — 

2. Ja winken mit den Augen | da 1 vie — —— — 
Und a nen Denn deine Lent die fhmähen mich, 
8 ift e in der Stuben, Ju ja, ſchmahen mid), 


Yu ja, Stuben, 


Und die mir werden muß. Ich muß mic ſchämen.“ 


3. Barum foll fie mir nicht werben? 6.„Was frag ich nad den Leuten, 
Ich feh fie doch fo gern; Die mich thun fhmähen? 
Sie hat zwei braune Yeugelein, Ei jo lieb id noch einmal, 
Yu ja, Yeugelein, Ju ja, noch einmal 
Die glühen wie die Stern. Dies fhöne Mädchen!“] 


Zert und erfte Melodie bei Erf, Liederbort: mündlih aud dem Odenwald, Gegend von 
Frankfurt a. M,, Darmftadt, Babenbaufen x. Auch Erk II, 1, 15. Zweite Melodie 1880 aus 
Oberheſſen durch Wolfram. 


Achnliche Rieder: aus —— Woh. II, 1808, ©. 193: Wenn alle Wäfferlein fließen, fo 
ſoll man trinfen. — Aus Franken: Krepfhmer 2, 175: Wenn alle Brunnen fliegen. — Aus 
Heſſen: Mittler 566 und Kuͤnzel, Geſch. v. Heffen 567: Wenn alle Waffer fliegen. D. Bödel 
Nr. 99. — Aus Schwaben: Meier 140. — Bom Rhein: Simr. 111 und Rhein. Märlein 117. — 
Siüf, ge BR. 507. — Tobler 122. — Scherer, Jungbr. Nr. 91 (wie Erf). Aus dem Hannö— 
verfhen: W. Meyer, Bolfäliederbuh 1872, ©. 99. — Sehr abweichend in Schleſien: Hoff- 
mann ©. 171. — Rod vielfach mündlid in meiner Sammlung: aus dem Elſaß, Naffauifchen zc. 

Die meiften Terte haben blos die erften 4 Strophen. für die geliebte Perfon, der man 
winfet, fteht bald fie, bald er. — 


429°, Ber Allerliebfte. 














 ‚Heiter. Aus em Dill- und Lahntreie, 1890, 
— — Pe nr er a 
Denen sy == i E#R== == 








Wenn al» le Bächlein flie⸗ßen, fo foll man trinken. Wenn ich mein’ Schak nicht 
















zu »fen darf, ju ja ru» fen darf, thu ih ibm win» fen, 


250 


Zweite Melodie. 


Munter. 











Aus dem Heſſen Darmſtädtiſchen Brauerſchwend) 1852. 








Fr — — 


Wenn Mi die Baͤchlein flie » 














Ben, dann wollen wir trinsfen. Wenn id) mein Schaß wieder 





ein » mal ich, ju ja, wieder 
1. Wenn alle Bächlein fließen, 
Sp fol man trinfen 
Denn ich mein’ Schat nicht rufen darf, 
Su ja, rufen darf, 
Thu ich ihm winfen. 


2. Ja winken mit den Yeuglen 
Und treten auf den Fuß: 
Es ift ja Einer in der Welt, 
Su ja, in der Welt, 

Der mir noch werden muß. 


ein» mal feh, jo thu 


ih ibm win» fen. 


3. Warum foll er mir nicht werben? 
Ih feh ihn gar zu gern, 
Er hat zwei ſchwarzbraun Yeugelein, 
Yu ja, Yeugelein, 
Leuchten heller als die Stern. 


4. Er bat zwei rothe Bädelein, 
Sind rother als der Wein. 
Ein ſolches Bürſchchen findt man nicht, 
Yu ja, findt man nicht 
Wol unterm Sonnenfdein. 


Tert und erfte Melodie aus dem Naffauifhen (Dill- und Lahngebiet) durch 


Hrn Wolfram 1890. 


Die zweite aus Erk's Nachlaß. — Ziemlich gleicher Tert 


aus dem Elſaß (Mekeral, Kreis Kolmar) durch C. Mündel niedergefchrieben 1884, 


Abweichungen im Elſaß: 1, 4 Wenn alle Wäfferlein fließen. 


Ih wink ihm mit 


den Augen, ich tritt ibm auf den Fuß, Es ift noch Einer im Münftertbal, vn mein noch werben 


muß. 4,3 Ein foldhes Anäblein. 


229°. 


Wenn alle Bäche fließen, 

Muß man trinfen. 

Der feinen Schag nicht füffen Tann, 
Ju ja, küffen kann, 

Der muß ihm winfen, 


2. Winken mit den Xeugelein, 
Scharren mit dem Fuß. 
Ich weiß ein ſchwarzbrauns Mägdelein, 
Yu ja, Mägdelein, 
Und die mir werden muß. 
3. Kann fie meine nicht werben, 
So ſeh ich fie doch gern. 
Sie hat folh ſchwarzbraun Yeugelein, 
Su ja, Yeugelein, 
Die glänzen wie zwei Stern. 


5. Bl.: 
Hamburg.) 


— 


„Fünf ſchöne neue Lieder“ 
Die Ueberſchrift habe ich der letzten Zeile des Gedichts entlehnt. B. 


Schönſter Engel. 


4. Ihr Mund iſt roſenrother 
Als der Wein, 
Ein ſchöner Schätzchen kann nicht fein, 
Ju ja, kann nicht ſein 
Wohl unter dem Sonnenſchein. 


5. Schönfter Schag, bleib mir getreu, 
Ich muß gehen; 
Alle Leute fhmähen mich, 
Ju ja, fhmähen mid, 
Und die mid, fehen. 
6. Kommt der Tod und greift mid an 
Und ih muß fterben, 
Dann fo ruf id noch einmal 
Ju ja, nod einmal: 
Ab, ſchönſter Engel! 


das 3.). (Gevrudt um 1815—20 in 


251 


429°. Iungbrunnen. 
— (Duett) Aus Breslau, 


— in dem er : bir»: ge da fließt ein Brünnelein tatt, und 











wer da» raud thut ze ber wird ja nim-mer alt.‘ 


Er: Er: 
2..36 hab daraus getrunfen 5.„Ade mein Schatz ich ſcheide, 
Gar manchen friſchen Trunk, Ade mein Schätzelein!“ 
Ih bin nicht alt geworben, Sie: 
Ich bin noch immer jung. ‚Wann kommſt du denn doch wieder, 
Sie: Herzallerliebiter mein?‘ 
3,, Das Brünnlein das da drüben flieht, Er: 


Draus fol man, immer trinf'n; 


Ber eine Feinsherzliehfte bat, 6.„Wenn e8 wird ſchneien Rofen 


Und regnen kühlen Wein — 


Der ſoll man immer winken.“ Ade, mein Schatz, ich ſcheide, 
Er: Ade, mein Schätzelein!“ 
4. Ich winkte div mit den Augen Sie: 
Ich trat dir auf den Fuß — 7.,&8 ſchneit ja keine Rofen, 
Sie: Und regn't auch feinen Wein: 
‚Ah mie ein ſchweres Roden Da kommft du denn nicht wieder, 
Wenn einer fcheiden muß!‘ Herzallerliebfter mein!‘ 
Aus Breslau: Hoffm. und Richter, Schlef. BL., Nr. 151. — Wie haben doch 
alle diefe Nachkömmlinge den alten ziemlich getreu bewahrt! Hier im den drei 


erften Strophen noch deutlihe Nachlläuge des vor 400 Yahren gefungenen Wunder 
gartenlieves mit feinem Jungbrunnen. 


T Roden, reuten, urbar machen = ſchwere Arbeit. (Der alte Ausdrud Orden {f, oben) 
war vergeſſen. 


430. Ber Berdrängte, 









— 
7 At! mir für » ge» nom» men zu die» nen fte = tig » Mich: | 
Ein An-der bat mich ver» drun » gen, bad« fel » big krän- ft mid. 









Be + trübt it mir mein Her « ze, a8 fe muß fab» vn lan; drum 


fie mich bat v vr: - » ven um ei.» nen an-den Mann. 


252 


2. Es ift der Fräulen Sitte, 3. Sie hat mid nicht alleine, 
Daß fie unftetig fein. Das adt ich weger Hein: 
Sie lan ſich mit lang bitten, Zween Hund an einem Beine 
Sie gehn in Kürze rein; Die bleiben felten ein. 
So Einer thut gefallen, Mit Greinen und mit Murren, 
Kein Treu fie fehen an: E83 mag mit anders fein: 
„Du bift mir der Liebft ob allen!“ Sie muß aus meinem Herzen, 
Nevens aus falfhen Wahn. Und nimmermehr darein! 


Text und Melodie aus Gaffenhbawerlin 1535, Nr. 14; Ambr. Lob. 1582, Nr. 32. Auf einem 

fl. Bl. Nürnb., 8. Hergotin (c. 1530) bat der Text folgende Barianten: 1,5—8 Daß fie mid 

bat verlaffen, und mag das wol verftan, daß fie fih bat gejellet zu einem andern Mann. 2. Das 

ift der ſchönen Fräulein Sitte, daß fie unftet fein; faffen fih nit lang bitten, fie geben furzen 

Bſcheid. Thut ihn'n ein Ander gefallen, kein Treu fehn fie nit an: „Du bift mein Irof ob allen!” 
reden fie aus falfhem Wahn. — 3, 5 Mit Grunzen und mit Murren. — 

ad diefer Melodie wurde 1524 vom Probft Hand zu Schwag (Tyrol) ein geiftlides 

2 ed — „Wo ſoll ich mich hinkehren, ſeit ich auf erd nicht han ze. (f. Hoffm., Geſch. d. 

„S. 472). 


J 1,7 verkoren, verſtoßen. 3,2 weger, wahrlich. 


431. Der ungeſchickte Liebhaber. 


1. Ich hätt mid) unterwunden 3. Wie ſoll ich mich drein ſchicken, 
Wollt dienen eim Fräulein fein; Wie ſoll ichs greifen an? 
Sie ſchneidt mir tiefe Wunden Ich hab ſo gar kein Glücke 
Dem jungen Herzen mein. Und bin ein traurig Mann. 
Wollt Gott, ſollt ich ihr dienen, Feins Lieb, ſo nimm zu Herzen 
Ihr ſteter Diener ſein, Mein Kummer und große Noth: 
Und wär es ihr gefällig, Ich fcheid mit großen Schmerzen, 
Ihr eigen wollt ich fein. Biel weger wär mir der Tod. 
2.3 was erft zu ihr fommen, 4. Da gab fie ihm den Segen 
Verſchwunden was mir mein Med, Mit einem freundlihen Kuf. 
Ih ward zu einem Stummen Sie ſprach: „Gott foll dein pflegen“ 
As ichs vernummen hätt, Und fhmudt ihn an ihr Bruft. 
Ich dorft nit um fie werben, Der weil ih hab das Leben 
Es was allein men Schuld; Ned ich zu diefer Stund, 
Biel lieber wollt ich fterben, Ich will dich nit aufgeben 
Eh ih verlür ihr Huld. Schafft, Lieb, dein rother Mund. 


5. Dis Lied das iſt gefungen 
Aus traurigem Widermut; 
Unfall hat mich verbrungen, 
Ich hofft, e8 werd noch gut. 
Ih will der Zeit erwarten 
Bis auf die felben Stund 
Auf diefer Hinnefahrte, 

So fpar dich Gott gefund! 


Fl. Bl. „Gedruckt Nürmberg durch Kunegund Hergotin“ (um 1530). „Zwey hübſche 
Lieder. Das Erſt, Tröſtlicher lieb, ich mich ſtets geb. — Das ander, Ich hett mich vnderwunden, 
wolt dienen eim Frewlein fein.“ — 

Auch im Berliner Ms. germ. quart 798. Gbenfalld im db. der Herzogin Amalie von 
Gleve Nr. 208, im niederrhein. Dialekt. Abdruf in der Zeitfchr. f. d. Philologie 22 Bb., ©. 421. 
— Eine Melodie fteht in Fabricius Liederb. 1603, Nr. 182, — 


253 


432°. Aüuzlein. 


Forſter III, 1549, Nr. 11. 





Ich ars med Käuzelein klei - ne, wo fol ih fe - en aus? | 
Bei Nacht fo gar al» keine, bringt mir fo man . en Graus. 





dad macht der Euren ins gesflalt, ihr drauen man = nig falt. 


2. Mein Gfieder will ich ſchwingen 3. Der Aſt iſt mir entwichen, 
Gen Holz in grünen Wald, Darauf ich ruhen ſollt, 
Die Böglein hören fingen Sein Blättlein all verblichen, 
Durch manderlei Geftalt. Erſt ward mein Freud verzalt; 
Ob allen liebt mir die Nachtigall, Das fhafft der Eulen böfe Tüd, 
Der wünſch ih Glück und Heil. Ihr Treu dient mir zu Rück. 


Forſter III, 1549, Nr. 11, mit Zonfag von G. v. Brant, wie hier. Nochmals dafelbft 
Nr. 64 mit Zonfag von Othmeyer, Zert in einigen Worten anderd: 1 2 Wo foll ih armer aus! 
1,3 bei Nacht fliegen allein (fo Uhl. 14 C). 
Eine längere, allegorifche Klage des Käuzleins von feiner Liebe F Nachtigall: „Ich armes 
—* ein Kuzlin iſt mein nam 2.“ — aus einer Hſ. zu Anfang des 13. Jahrhunderts ſteht in 
ichards Frantf. Archiv III, 263; neunzeilige Strophen. — Wieder ein Tert vom Jahr 1537 mit 
8 Strophen im Weimar. Jahrb. I, 117. — Dad Woh. I, 210 (a. U. 233) bringt Forſter's Tert 
—— und mit Zuſatz. Goethe bemerkt dazu: „Wunderlich, von tiefem, ernſtem, köſtlichem 
inn.“ — 
Das arme Käuzlein ſteht bildlich für einen Liebenden, der ſich bei Tage nicht ſehen laſſen 
darf, darum zur Nacht zu ki Geliebten {der Nachtigall) gebt. Troßdem hat er aber fein Glück, 
weil Kläffer * Eulen böfe Tück) ihn überall verfolgen. — 


S Erflärung: 1, 6 dramwen, drauen, bräuen, drohen, warmen (nicht trauern wie bad Woh. 

fegt). 2,5 liebt mir, gefällt mir. 3,3 deutet auf dad Grün der Hoffnung. 3,4 verzalt, 
articip von verzellen, a —55 — verworfen, geächtet. 3,4 erft, nun recht ward meine 
reude vereitelt. 3,6 zu Rüd, zurüd, verkehrt: ift mir binderlich. 


43%. Känzlein. 


—— — — aaazen I 
| —— — 





Nacht fo gar al» Te one bringt mit gar man»chen raus. 


2. Der Naft ift mir entwichen, 3. Muß id mid von dir fcheiden, 
Darauf ih ruhen fol, Herzlieb, ganz traurig bin; 
Die Läublein fein all erblichen, Es geſchach mir nie fo leive: 


Mein Herz ift Traurens voll. Ade! ih fahr dahin. 


254 


Jüngeres Lied bei Forſter III, 1549, Nr. 4 und J. Dtt 1544, Nr. 59; daber Uhl. 14 B. 
Bei Dit fehlt die 3. Strophe und Strophe 1, 2 heißt: heut ſoll ich fliegen aud. 1,3 ganz 
traurig durch den Wald (fo Uhland 14 A.) 

Die Melodie bei Forſter und Ott gleichlautend mit vierftimmigem Zonfap von 2. Senfl, 
(Abdruck bei Lil, d. Leben Nr. 61), ftimmt in ihrer rhythmiſchen Verzerrung mit der vorigen fechd« 
zeiligen, nur das Wiederholezeichen feblt. Ich babe fie vereinfaht. Gleiche Melodie wie Dit, 
aber noch Tonſatz von Mahu ftebt bei Ochſenkun, Tabulaturb, 1558, Bl. 78. Daher hat C. F. 
Beder, Lieder und Weifen I, 14 irrig den Diskant ftatt ded Tenor mit der Hauptmelodie mitgetbeilt. 


ST 2,1 Raft, mundartlich in Oberdeutſchland für Aft. 


433*. Espenzweigelein. 
Forſter III, 1549, Nr. 27, IV, 1556, Nr. 32. 


— 
Em 
m 





— 
Hätt mir ein Es⸗pes-zwei⸗ge-lein ge-bo⸗gen zu der Er⸗den. Den 








* _— nr e_ - 
liebften Bublen den ich hab ‚der f mir ei» der allezu for =» me. 





2. Er ift mir doch zu ferre nicht, 4. Ja zwifhen Berg und tiefe Thal 
Bei ihın hab ich gefchlafen; Da geht ein enge Straße: 
Bon rothem Gold ein Tingerlein Wer feinen Buhlen nit haben will, 
Hab ih im feinem Bett gelafjen. Der fol ihn allzeit fahren laſſen. 

5. Scheid dich nicht, herzes Dodelein, 

3. Und da ichs doch gelaffen hab, Bon dir will ich nit weichen; 
Will ichs wieder bekommen Hab feinen Andern lieber denn mid! 
Und thun, ob ich ſolchs bei mir hätt Im Reich findt man gar nicht deins 
Und wär mir feinmal genommen. Gleichen. 


Quelle für Tert und Melodie wie oben angegeben. Zert in beiden Quellen nur mit kleinen 
Abweichungen. PEN III, 134, a. X. 142. Strophe 4 eine Wanderftropbe. 


S 1,1 Göpe, mhd. aspe, Zitterpappel, tremulus. 5,1 Dode, Puppe, Liebkofewort bier. 


435’. Salbeifträndlein. 


Graßliedlein. 1535, Nr. 7. 








der mir der U =» fer » liebſte war, der ift mir leisder fer» me. 


Mehr Tert dort nicht. 


255 


Niederländiſches Lied. 


Souterliedefeng, 1540, Nr, 22. 







* [3 
fi MEN — GE SEHR — ME SE nA ZEN „AH ME BERNER 
u HH 
Br 


Schon im 15, Jahrh. als Ton zu geiftlichen Liedern (f. Hor. belg. ©. XXXT). 


433°. Enttäufcdung. 


Der Baldbeerftraud, der Wald-beerftrauch der wächſt wol aus der Er.» den: ih 


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hab ein» mal ein Schag gehabt, (ei ja ja! Schag gehabt) der ift weit in der Fer⸗ne. 


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1.9 weiß mir einen Diftelbaun 4. Kleine Fiſch und große Fiſch 
Gewachſen aus der Erben: Die ſchwimmen in den Teichen: 
Ih hab einmal ein Schat gehabt, Und wer die Tochter haben will, 
Der ift weit in der Ferne. Der muß die Mutter ftreichen. 

2. Ein wenig fern, ift gar nicht fern, 5. Haberftroh und Widenftrob 
Ih hab bei ihr geſchlafen; Iſt das fein Winterfutter? 

Ih hab ein golden Ringelein Wenn ich die Tochter haben fann, 
In ihrem Bett verloren. Was frag id nad der Mutter? 
3.9 hab gefucht und wieder fucht 6. Und wenn die Jungen freien gehn, 

Und Hab es nicht gefunden; So find e8 ſtolze Gäſte: 
Und wenn ich zu mein Schäglein fomm, Doch wie fie erſt verheirath find, 
So red ih mit der Mutter. Dann habn fie nichts zum Beften! 


7, Und wenn die Mädchen Freier hab'n, 
Dann blühn fie wie die Rofen: 
Dod wenn fie drauf verheirath find, 
Sind fie in Allen bloſe. 


Niederrbeinifher Tert bei Simr. Nr. 194. Derfelbe Tert, nur mit anderem Anfange, wie 
unter der Melodie fteht, bei Kretzſchmer IL, Nr. 184. 

Die 4. Strophe fommt fon im de ern 1740 in einem Tanz: und Hochzeitsliede 
vor (f. Böhme, Geſch. des Tanzes II, Rr. 351). 


256 
434. Das — 















Mir iſt ein * ‚ Gl» fin » ger« lein auf mei» nen Fuß ge=»fal » # 








in; fo darf ichs doch niht be =» ben auf: die Leut bie fü » ben? 
* Tenor II. 






Auer 
al . le. toth , Gold » fin « ger» lein. 
Die Melodie bei 3. Dit, 1544, Nr. 94, im I. und IL Tenor. Tonſatz von Senfl. Noch⸗ 
mals biefelbe Melodie, mit demjelben Rhythmus und von demfelben Tonfeger in c Takt zerriffen 
bei Forfter V. Ih., 1556, Nr. 6. Wieder andere Faffung vom Tonfeger Jobft v. Brant bei 
Forfter V, Nr. 9. Iſt das nicht bezeichnend für die Willkür der Gontrapunftiften bei Verarbeitung 
von übernommenen Volksweiſen? 
Vom Text ift blos diefe eine Strophe gefannt. Das Wunderhorn III, 129 {n. 9. 124) hat 
fie finnlod einem Räthfelliede vorangeftellt. 


435. Ninglein als Troft beim Abfdjied. 


Mäpig und fanft. 














— — 
und den Ring den lieb ih ſehr, am dich dent ih im - mer. 


2. Schätzchen, kränk dich nicht fo ſehr, 
Ich werd bald wiederkommen: 
Komm ich gleich im Winter nicht, 
So komm ich doch den Sommer. 


Schleſ. Volksliedchen, Hoffm. Nr. 163, 





436*. Verlorener Roſenkranz Mautenkranz). 


A, Jüngere Melodie. 
Aus 4 Fragmenten bei Franck, Farrago 1602 und Fasc. quodlib. 1611, Nr. 7. 





ftrauchelt ihm fein a-pfelgrau Roß wol übr ein Fenschel- ftau » den, ja Stau » ben. 


257 


B. Ueltere Melodie. 





ein Ha» el» ftau » den. Dad Ho » [ha Hei » a = he! 
* Fragment a bei Schmelgel 1544, Nr. 19, — b) bei Forfter II, 1540, Nr. 60. 


— 


. Zraut Hänſichen über die Heiden ausreit, 
Er ſchoß nah einer Tauben; 
Da ſtrauchlet ihm fein apfelgrau Roß 
Bol über ein Fenchelſtauden, ja Stauden. 
2. „Straudel nit, ſtrauchel nit, mein apfelgraus Roß! 
Ih will dich wol belohnen: 
Du ſollſt mic über die Heiden tragn 
Zu Elfihen meinem Bulen, ja Bulen!“ 
3, Und als er über die Heiden kam, 
Da begegnet ihm fein Bule: 
„Kehr wieder, kehr wieder, mein ſchönes Lieb! 
Der Wind der weht fo kuhle, ja kuhle. 
4, „Und daß der Wind fo kuhle weht, 
Hat mid doch nit gefroren; 
Berloren hab ih mein Rautenfranz, 
Den will id wiederum holen.‘ 
5.„Haft du's verloren dein Rautenkranz, 
Das laß dich nit gereuen, 
Bis Montag kommt der Krämer ins Land. 
Kauf dir, ſchöns Lieb, ein neuen!“ 


6. Auf den Montag, da der Krämer kam, 
Er bradt nicht mehr denn alte: 
„Nun jes, ſchöns Lieb, dein Schleierlein auf 
Und Taf den lieben Gott walten, ja walten!“ 

7. Der ums dies neu Lied erſtmals fang, 
Er hats gar wol geſungen; 
Er hat's den Mägdlein auf der Lauten geichlagn, 
Die Saiten find ihm zerfprungen, ja fprungen. 


Fl. Bl. 8,4 Bl. o. D. u. J. (Mitte des 16. Jahrhunderts) in der v. Meuſebach'ſchen 
Sammlung, Bellen Bibl. „Zwey jhöne Newe Lieder, Das Erfte, Bon dem Edlen Lindenfhmidt. 
Dad Under, Tramt Henfihen vber die Heyde reit = — b) Ein jüngerer Zert im Frankf. Liederb. 
er Nr. 103 desgl. im Lieder-Büchlin 1582, Nr. 43, (daher us. 114; il. 115; Tittmann 

©. 88) weiht nur in wenigen Worten ab. e) — um 1574 Ma. germ, 40 und 716 
K. Bibl. Berlin. Wieder abweichend und mit niederbeutfhen Worten gemischt. 


Ert u. Böhme, Piederhort. II. 17 


258 


Ubweihungen: 1582: 1,1 Zraut Händlein über die Heiden reit. 2,1 Und 
ftrauchel nit, m. gr. Rob. 2,4 zu Elfelein. 3,1 auf die Heiden am. 4,3 Rojenfranz 
* Rautenkranz). 5, 1 Roſenkranz. 5,2 wiltu wiederumb holen (fehlt der Reim!). 6, 1 Am 

ontag. 6,3 Sep, ſchönes Lieb, ein Schleier auf. 

Auf dem fl. Bl. zwiſchen 6 und 7 noch folgende Strophe: Ach foll ich auffegen ein Schleier: 
pe rn muß fih Gott erbarmen! Hab ich doch nur ein halbe Nacht gefchlafen in Liches 

me, ja Arme. 


Das Lied giebt fein Bild gebrohener Treue und verlorner Ehre. Des Pferdes 
Straucheln war ein übled Vorzeichen, daß der Ausreitende etwas Unangenehmes erfährt. Was? 
Sein Mädchen fteht vor ibm und klagt: das Gefchebene ift enthüllt. Die zerfprungenen Saiten 
(Str. 7) entſprechen dem Miflaute des zerriffenen Liebesglückes. Der Schluß bringt feine Zufage 
der Ehe, nur bitterer Hohn (St. 5) trifft noch das gefräntte Herz. — 

Im 16. und 17. Jabrbundert war das Lied beliebt, wie die Quellen und jagen. Im „Ala- 
modiſch technologifches Interim” (Rapperdweil 1675) ©. 143 fagt einer: er fei nicht jo alt, er könne 
noch „den alten Hildebrand“ und „But Henchen über die beide ausreit“ fingen vnd nah dem Tan» 
nenbaum eine Galgenarth (Gagliarde) fpringen.“ — Bis zur Gegenwart ift dad Lied im Kubland 
und Schlefien erhalten. 


456°. Rautenkran;. 


1,'8 reit der Hanjel in eim Schritt, 4. „Und ift dir hin vein Rautenkranz, 
Er ſchoß nah einer Tauben, Und den du thatft verlieren: 

Er ſchoß der Taub ein Federlein aus, Am Dienftag ziehn die Krämer ins Land, 
Und ließ fie wieder fliegen. Schöns Lieb, kauf dir ein neuen!“ 

2. Ich ging im Dörflein auf und ab, 5.,, Was hilft mir denn der neue Kranz, 
Mein ſchöns Lieb Fam gegangen: Wenn ich ihn nicht darf tragen? 
„Kehr um, Fehr um, du ſchönes Lieb! Mir ift gefallen mein Schleierlein weiß 
Der Wind der weht fo fühle”. Bon meim goldgelben Haare.‘ 

3. ,„Und weht der Wind gleich noch fo fühl, 6. Und als drei Vierteljahr um warı, 
Es thut mich ja nicht frieren; Der Kranz hat fi) gefunden; 

Iſt mir nur hin mein Rautenfranz, Sie habn ihn im ein Wieglein gelegt, 
Und den ich that verlieren.“ Mit grüner Seid umwunden. 


7. Haſt du von grüner Seid fo viel, — 
Dazu von rothem Golde? 
Und ald wir nädten beifammen warn, 
So rebten wir, was wir wollten. 


5. G. Meinert, Volkslieder aus dem Kubländchen, ©. 172. Hier ind Hochdeutſche übertragen, 
Meberfhrift: Die Entehrte. Orig. Mittler 346. 
Dasfelbe Lied aus Defterreih-Schlefien bei U. Peter I, ©. 251, mit dem Anfange: 


Als Hanfel über die Heid’ bin fprang, Er ſchoß der Zaub’ ein Feder aus, 
Schoß er nad einer Taube; Er ließ fie wieder fliegen, ja fliegen. 


A3T. Am Brunnen. 


Mel. 1534 und 1540, 





Ein Maidslein zu dem Brunsnen ging, und dad war fäusber » li» hen; | Sie 
Ber geg» met ihm ein Jün« ge» ling, er grüßt fie züdhetig « Tischen. 





ro » then Mund: ‚Ihr feid mir nit un» mäs=re tret be e.re, tret bes rel‘ 


2. Das Maidlein trägt Pantöffel an, 3. Bahr hin, fahr hin, mein Maivlein fein, 
Darin thuts einher fchnappen. Weil du bie nit wilt beiten! 
Wer ihm nicht recht zuſprechen fann, Es find bier noch mehr Drufelein, 
Dem ſchneidt e8 bald ein Kappen, Gen Rom dörf wir nit reiten; 
Kein Tud daran wird nicht gefpart, Bir han noch Maidlein dir geleich, 
Kann eim gar höflich zwagen; Als Glück thu dich bewahren! 
Sagt fie: woll nimmer umfer fein, Wer weiß, wen es zum erften reut; 
Sie hab ein andern Knaben: Dein Spottwort thue nit fparen! 

Laß traben, laß traben! Laß fahren, laß fahren! 


Tert und Melodie bier nah J. Dit, 1534, Nr. 59. Forſter II, 1540, Rr. 52, ohne 
3. Strophe und mit folgenden Varianten: 1, 1 Meidlein. 1,3 ftolger knab. 1,4 herzlichen. — 
Auf einem fl. Bl. NRümberg 1530 (f. folgende Nr.) hat das Lied 6 Strophen und den Anfang: 
„Das Maydlein zu dem prunnen ging, das was fauberleiche; begegnet ir ein jüngeling, er grüſt 
fie tugendleiche x.” — Drlando Rat II, 1573 mit 2 Strophen und felbftgemachter Melodie. — 
Der Zonfag bei Dit und Forfter ift von 2. Senfl. Abdruck bei Liliencron, Leben Ar. 108. — Im 
Bunderb. I, 156 (a. A. 162), Anfang nad Forfter, aber übel zugerihtet. „Schöne Anlage, bier 
fragmentarifh, ungenießbar.“ Goethe. 


T Borterllärung: 1, 8 unmäre, unlieb, gleichgiltig. 2,4 Sie fchneidet ihm eine 
Rarrenfappe, fie veralbert ibn. 2,6 fie kann einem den Kopf gehörig waſchen. 3,2 beiten, 


warten. 3,3 Drufelein, Truſel, mbd. trutschel, fofette &eberde, verächtlih für das ſpröde 
thuende Mädchen ; vielleicht auch fo viel wie Drufchel, Benennung für eine diebadige Perfon. — 


438. Vom Sräulein mit dem Arun. 
1. Es wollt ein Maivlein Wafler holn 3. So hau, mein liebes Töchterlein 


Bei einem fühlen Brunne. Daß es dich mit gereue! 
Das fand fie, an dem Wege ftan? Ah nein, du liebes Mütterlein, 
Ein Knäblein, das war junge. Er gab mir des fein Treue. 
Es jest fein Krüglein neben fi Hätt er mir fein Treu nicht gegeben 
Und fraget: wer er wäre? Es wär ihm nicht gerothen. 
Er ſprach: wollt ihr mein Buhle fein? Er hat der gulden Pfenning viel, 
Sie ſprach: von Herzen gere! Die woll wir von ihm ſchroten. 
Kommt here, fommt here! Kumm fpate, kumm fpate! 
2. Die Mutter zu dem Töchterlein fprah: 4A. Dort in meines Vaters Haus 
Wo warft du nächt fo lange? Steht ein Baum im arten, 
Ei du liebes Mütterlein Es ſei gleich) Ritter oder Knecht, 
Ich fund bei dreien Manne, So darf er mein nit warten: 
Der pfiff mir alfo wohl, Hab mir ein feins Lieb auserkorn 
Daß ih mit ihm mußt tanze, Gar heimlih und gar ftille. 
Der ander wollt mein Buhle fein, Ih hab mein Kränzlein bie verlorn 
Dem dritten gerieth die Schanze Durd meines Buhlen Wille. 
Bei Tanze bei Tanze. Schweig ftile! Schweig ftille! 


17° 


260 


5. Der uns biefes Liedlein fang, 

Bon neuem hat gefungen, 

Das hat gethan ein Landsknecht gut, 

Ihm iſt nit wohl gelungen. 

Er fingt und das und nod viel mehr, 

Er hats fo frei gejungen. 

Er hat kein Geld im Sedel mehr: 

Der Würfel hats ihm genummen 
Beim Brunnen, beim Brunnen, 


Fl. Bl. Gedrudt zu Nürmberg durch Kunegund Hergotin (um 1530). „Ein hubſch Lied, Das 
Mapdlein zÜ dem prunnen gieng. Ein anderes, Es wolt ein maydlein waffer holen bey einem 
fülen.” — Golzſchnitte: Liebende figend.) Weim. Sammelb. Rr. 18. — Fl. Bl. o. D. und Jahr 
(Rürnberg, Fr. Gutknecht?) „Drey Khöne newe Lieder“ (das 2.). — 

Melodie wie zum vorangehenden Liede. 


439. Beit zum Roſenbrechen. 


1. Die Röslein find zu brechen Zeit 4. ,Willt du mit mir, faum dich nit lang 
Derhalben brecht fie heut! In diefem Ziel, ja Ziel! 
Und wer fie nicht im Sommer bricht, Es geht ein friiher Sommer herein, 
Der brichts im Winter nicht. Der bringt uns Röslein viel.‘ 

2, Und brichft du fie im Sommer nicht, 5. Da braden fie der Röslein viel 
Das reuet dich, ja dich; Mit großer Freud, ja Freud, 
Es geht ein friiher Sommer herein, Bol auf, mit mir! brauns Mägdelein, 
Daflelbig freuet mid. Es ift jet an der Zeit. 

3. Der Sommer bringt uns fühlen Thau, 6. Sie braden ihnen der Röslein ab 
Ins grüne Gras, ja Gras: Zu einem Kranz, ja Kranz, 
Wär ich bei meinem feinen Lieb, Sie globten einander die Tren und Ehr, 
So wär mir defto baf. Das maht ihr Lieb erft ganz. 


7. Wer ift, der und das Liedlein fang 
Aus freiem Muth, ja Muth? 
Das thät ein reiher Bauernfohn, 
War gar ein junges Blut. 


Uhland Nr. 23: fl. Bl. Straubing, Andree Sommer. Ergänzt ift die befelte 
Anfangsftrophe aus Fiſchart, Geſchichtötl. cap. 6 (f. Alt, Lob. 137), 


%T 6,1 in= ihnen, Dat. plur., alte form für „fi“. 


440. Roſenbrechen. 


1.93 reit mir aus Kurzweile 2. Da begegnet ihr ein Herre, 
Für einen grünen Wald. Zumal ein feiner Mann: 
Was begegnet mir in der Aue? ‚Sag mir, du guter Gejelle, 
Ein wunderfhöne Jungfraue, Wie man die Röslen ſoll fällen, 


Nach Röslein wollt fie gan. Oder wie man fie breden fol? 


261 


3. Brit man fie gegen dem Abend, 4. „Die Röslein fol man breden 
So fein fie von Farbe bleich, Zu halber Mitternadit, 
Briht man fie gegen Morgen, Denn ſeind fih alle Blätter 
Ein ander hat fie verborgen, Mit dem kühlen Thau beladen, 
Den Schaden den muß ich han.‘ Sp iſt e8 Rösleinbrechens Zeit.“ 


Ambrafer Pieverb. 1582 Nr. 147. Auch Frankf. Liederbüchlein 1582 und 84 
Nr. 147. Daher aud Uhland 24. Daran gehangen noch zwei andere Lieder, bie 
bier ald Nr, 441 und 442 folgen. 


J. 1,1 Reit, ritt. 3, 1 gegen, nitd. und oberd. mit Dativ. 


Fragment der Melodie bei Franck, Fasc. quodl. 1611, Nr. 3: 








Ih ritt mir aud Kurz-mweis» in durch ei» nen grü » nen Wald. 


— — — — — 


441. Blümlein zum Kranz. 


1. Ich ſchuß nach einer Taube 3. Was ſah ich in dem Walde? 
In einem grünen Wald, Ih ſahe Hin und ber. 
So hoch auf einem Baume, Die Blümlein jo wohl geftalte 
Die faß und fang fo fhöne: Bei einem Brünnlein kalte 
Das war meins Herzen Luft. Darnach flund mein Begehr. 

2.96 meine nit die Taube 4. Da brach ich derfelben Blümelein 
Die mir entflogen ift. Zu einem Kranze ſchön 
Ich mein meines Bulen Güte Und gabs der Herzallerliebften mein: 
Darnach fteht mein Gemüte Ih kann und mag ihr nit feind gefein, 
Zu ihr fteht all mein Sinn, Sie ift meins Herzen ein Son. 


[Ambrafer Pob, 1582 Nr. 147 als Str. 5—8 dem fiede eingefhoben: Ich 
reit mir aus furzmweilen.] Uhland 24, 5—8. 


442. Liebeserklärung. 
1. Es wollt ein Mägplein früh aufftan 2. Ah Mägdlein, du viel junge, 


An einem Abendtanze gan; Laß mich nicht fein ſchabab! 

Sie leuchtet aljo ferne Du bijt meins Herzen Wonne, 
Gleichwie der Morgenfterne, Leuchteft wie die helle Sonne, 
Der vor dem Tag aufgeht. Kein lieber ich anf Erven hab. 


3. Es foll mir fein lieber nit werben, 
Das fag ih dir fürwahr, 
Dieweil ih hab das Leben 
Allhie auf diefer Erden, 
Und lebt ih taufend Jahr. 


[(Ambrafer ob. 1582 Nr. 179 Str. 9—12. So aud bei Uhl. 24 Str. 9 u. 10 
dem Liede angehängt: Ich reit mir aus kurzweilen. 


262 


443°. Einladung zum Noſenbrechen. 


Ic claem die boem al op, die mij te hoghe was. Hbf. des 15. Jahrh. 








Zweite Melopie. 
Ick elam den boom al op. Thofius, Lautenb. 17. Jahrb. 





1.Ik klomer den boom al op. 3. „Ik wilder niet met jou riden, 
En die mi te hooge was Ik wilder niet met jou gaen: 
De takjes braken aen stucken, Mijn moeder zouder mi schelden, 
En ick viel in het gras, Mijn vader zou mi slaen.“ 

2. ‚Lief, wilt gi met mi rijden? 4.,Waerom zou moeder jou schelden? 
Lief, wilt gi met mi gaen? Waerom zou vader ju slaen? 
Ick zalder jou henen leiden Ghi hebt de geele goudroosjes 
Daer de geele goudroosjes staen.‘ Voorwaer geen leed gedaen.‘ 


Holländifhes Volkslied. Tert aus Thirsis Minnewit, Amfterd. 1750 —52, 
II. 97. Daher Hoffmann, niederl. B. Nr. 112. Uhl. 22B. Schon im 15. Jahrh. 
gefannt und damals fein Ton zu geiftlihen Liedern benutzt. 

Erfte Mel. aus einem Hdf. des 15. Jahrh., bei Bäumker, nieverl. geiftl. Bolts- 
lieder des 15. Jahrh. Nr. 7. Der geiftl. Tert bei Hoffmann Hor. belg. X, 254. 


Die zweite Mal aus Thyſius, Lautenbuch. Anfang des 17. Jahrh. Ausgabe 
von Land III. Abth. Nr. 34. Bergl. zum Tert Kalff 382. 


J et 1, 1 Ic clam, ik klom = ich fletterte, ftieg. 1, 2 was, war. 
1, 3 takjes, Zweige. 2,4 Gelbe Goldröslein. 


443°. Einladung zum Rofenbreden. 


1,94 ſtech up einen Boem, 2. ,‚Soetlef, wil gi mit mi riden? 
De mi to hoge mas, Sötelef, wil gi mit mi gan? 
De Twige breden to Stüden Ick will juw, Söetlef, leiden, 
Und if vell in dat Gras, Dar de rode Röſelin ftan.‘ 


U EEE — EEE — — Au EEE nn 


263 


3.,.9d wil nicht mit juw rien, 4. Worümme wert be jum ſchelden? 
IE wil nicht mit juw gan: Worümme wert je juw ſchlan? 
Min Vader werd mi ſchelden, Gi hebbt jo den roden Röſelin 
Min Moder werd mi ſchlan.“ Kenen Schaden gedan. 


Uhland 22 A. aus deſſen niederd. Liederb. Nr. 39. Bergl.: „Ah Jungfrau, 
wollt ihr mit mir gan“ ıc. 


T 2,1 Soctlef = Süßlieb. 


444. Berlockung der üchnitterin. 


Forfter II, 1549, 1553, Rr. 73, 
















Ad Jungfrau, wollt ihr mit mir gän, a « ber wollt ihr mit mir reis 


ten? fo fauf ich euch en Sin⸗chel » lein vorm Schwarz » wald müßt ihr 








fhnei» den, ja ſchnei D . . . den. 
* Diefe Note nah der Ausgabe 1549 nur ein Biertel, 


Mehr Tert nicht gekannt. Sein Inhalt ähnelt der 2. Strophe vorigen Liedes. 





145. Hüt dur dich! 


Berg und Newber, 68 Lieder, 1550, 





büt bu Dich, ver= trau ihre nicht, fie mar» vet dich, fie mare ret Dich! 


2. Sie hat zwei Äuglein, die find braun, 3. Sie giebt dir ein Kränzlein wohlgemadt. 
Hüt du di! Hüt du Did! 
Sie hat zwei Auglein, die find braun, Sie giebt dir ein Kränzlein wohlgemadht. 
Sie jäh di nicht an dur ein Zaun, Für einen Narren wirft du geacht, 
Hüt du dich! Hüt du did! " 
Hüt du di, vertrau ihr nicht, Hüt du did, vertran ihr nicht, 
Sie narret did! Sie narret did! 


264 


Tert und Melodie aus dem Liederb. von 68 Liedern. Nürnb., Job. v. Berg und Nember 
(um 1550 und ſchon in erfter Auflage 1542) Nr. 33. Der vierftimmige Sag daher Liliencron, 
Reben ©. 280. — In den Bergkreyen II, 1547, Nr. 13, daher Nicolai, Alm. I, 112; Wunder: 
horn I, 207 (n. U. 192), ebenfo in einem fl. Bl., Nürnb., Bal. Newber „Drey Hübfhe Lieder“ 
(dad 3.) hat das Lied noch zwei Strophen mehr: „Sie hat ein gelb —— Haar, und was 
e redt, das iſt nicht wahr. Sie hat zwei Brüſtlein die find weiß, fie legts herfür mit ganzem 
eiß, hüt du dich 2c” Nun folgt Schlußftrophe wie oben. — Dafelbft heißt 2,4 „Sie werden 
dich überwerth anſchaun.“ — In v. Meuſebachs Hf. von 1568, Nr. 80 heißt diefe Stelle: „Sie 
fiht did an wol durh den Zaun.” — Ein Fragment der alten Melodie (aus F) bei Schmelpel 
1544, Quodlib. 8. Bei Anöfel, Newe Teutſche Riedlein, Nümb. 1581 mit felbftlomponirter Melo- 
die. — In Nicolai’d Alm. I, 112 ift die Melodie von Reichardt (daber Kr. II, 469). — Zum 
Wunderhorntert fagt Goethe: „Reim und Klang des Baudeville ſehr gut.“ 


446. Kauſerlin Mauferlin. 


Mixolydiſch. Gaſſenhawerlin, 1535, Nr. 12. 





Ich weiß ein feins brauns Mei =» de » lin, bat mir mein Herz be— 
E83 kann nur ein Kaufer-lin Maufer- lin fein, ib kann ihr nit ver 








, J Sie gfällt mir aus der ma« fen wohl, ihr 





Weis und Berd ift Gol⸗des⸗werth, es fleht ihr wohl—, was fie thun foll. 


2. Sie hat mir heimlich zugefeit 3. Freundliches Herz, mein auserwählt, 
Sie wöll mein Buhlin wefen, Halt dich nad meinen Worten! 
Hat mir mein traurig Herz erfreut, Mein Herz hat fi zu dir gefellt 
Meins Kummers bin ih g'neſen. Und brinnt an allen Orten, 

Unglüd vergang mit ſolchem Luft, Das fag ih dir aus Herzen Gier. 


Daß ich bleib recht, fo ift es jchlecht, Schrei id zu dir, mein höchſte Zier, 
Mein Trend ift anders gar umfunft. Schöns Lieb je mir ein gnädigs Ziel! 


a) Melodie und Tert aus Gafjenhawerlin 1535, Nr. 12. Zonfap von Heinr. Find, Altd. 
Liederbuch Nr. 197. Hier nochmals mit dem Original verglichen und berichtigt. — b) Baſeler 
Tenor c, 1540, die Melodie gleihlautend, mit erfter Strophe: Ich weiß mir ein feind 
Jungfräulein, hat mir mein Herz bejeffen. — e) Fl. BI. Nümb., Kuneg. Hergotin c. 1530: Weiß 
mir ein feines Megetlein hat mir mein Herz zc. — d) In einer Hf. von 1568 (v. Meufebadh's 
Sammt.) — der Text: Ich weiß mir ein fein brauns megdelein. — e) Fl. Bl. um 1590. 
Straßb., Thiobold Berger, wenig abweichend. — 

Geiſtliche Parodie von Knauſt bei WE. 1841, ©. 598. — 


T 1,3 Kauferlin Mauferlin, eine ſcherzendes Kofewort für Herzensdiebin, wie man jest 
hört „mein Mäushen“. — Das Scherzwort lautet 1530: Kuſer Mauferlein, 1540: fuche müferlin ; 
1590: kußen mußerlin. — 1, 6 Berd, Geberde. 2, 1 gefeit, gejagt; wefen, fein. 2,5 Der 
Luft, masc., oberdeutſch für die Luft. 


265 


447*. Reif und Schnee. 
Erfte Melodie. 






— —— Fr Bere —— 
Nu fall du Reif, du Aal» ter Schnee, fall mir auf meinen Fuß! Das 








Mägd-lein ift mit über hundert Meil,und das mir wer-den muß. 


Zweite Melodie, 
Fabricius’ Ldb., 1603, BI. 109. 





Nu fall du Reif, du Bal » ter Schnee, fall mir auf mei-nen Fuß 









Er ze 
— En 
ift nit ü> ber bun« dert Meil’, und dad mir wer⸗den muß. 








Dad Mägdlein 


2.3 kam für Liebes Kämmerlein, 4, Die Sonnen ift verblichen, 
Ih meint ih wär allein, Ift nimmer klar ald vor: 
Da kam die Herzallerliebfte mein Es ift noch mit ein halbes Jahr, 
Wol zu der Thür herein. Da ih dich erjt lieb gewann. 

3. „Gott grüß dich, mein feines Lieb! 5. Was fol mir denn mein feines Lieb 
Wie fteht unfer beider Sad? Wenn fie nit tanzen kann? 
Ih fichs an dein’ braun Äuglein wol, Führ ich fie zu dem Zange, 
Du trägft groß Ungemach!“ So fpott mein Jedermann, 


6.Wer mir will helfen trauren, 
Der rede zween Finger auf! 
Ich fehe viel Finger und wenig trauren: 
Alde! ich fahr dahin, 
Daß ih fo elend bin! 


Tert aus dem Franff. Piederb. 1582 (1584) Nr. 62. Daher Uhland 47A. 
Daf. 47B vie nieverd. Lesart: „Nu vall, du rip, du kolde ſchne“. 


447*. Reif und Schnee. 


1. Nun reif, num reif, du kühler Thau! 2. Nun fing’, nun fing’, Frau Nachtigall, 
Keifft mir auf meinen Fuß: Du Heins Waldvögelein! 
Das Meivlein ift über hundert Meil, Kämftu für mein Schlaffämmerlein, 
Und das mir werben muß. Ih wollt dich laffen ein. 


266 


3. Da ih in mein Schlaflämmerlein fam, 5. Dein Äuglein fein dir verblichen 


Ich meint ich wär allein, Dein Münbdlein immer rotbfarb, 

Da kam die Herzallerliebfte mein Ya, ift e8 noch kein halbes Jahr, 

Wol zu der Thür herein. Daß ih dich ſchöns Lieb erwarb.‘ 
4.,Nun fag, nun fag, braung Meidelein, 6., Daß mir mein Äuglein verblichen fein, 

Wie fteht mein und dein Sad? Das kommt, ſchöns Lieb, von bir: 

Seh ih an dein braun Aeuglein roth, Daß du mich übergeben will, 

Daß du trägft Ungemach. Kränkft mir mein Deut und Sinn. 


7. Wer will mir's helfen trauren, 
Der red zwei Finger auf! 
Sieh ih viel Finger, wenig traurigen Sinn, 
Alde! ich fahr dahin!“ 


Tert: Hl. Bl. 8, 4 Bl. „Gedr. zu Nürmberg durch Valentin Newber (von 
2 Liedern das erfte). Um 1550— 70, Abdr. Woh. 4, 8. — Die Mel. dazu war 
vor 1550 die von „ES fteht ein Lind im jenem Thal“ (Nr. 406), wie dort die Ton- 
angabe verrathen läßt. 





AAT, Reif und Schnee, 


1.936 ſaß und was einmal allein 3,, Grüß di Gott, mein feines Pieb! 
In einem Stübelein, Wie ſteht unfer (beider) Sad? 
|: Do fah ih zu der Thür hinein Ih ſichs an deinem Mündelein, 
Die Allerliebfte mein, :] Dein Herz leidt Ungemad). 

2. Bon Herzen was ih nie fo froh 4. Dein Münplein ift verblichen, 
Wußt felber nit, wie mir was, Iſt nimmer als roth als vor; 
IH gieng zu meinem feinen Bulen Do ich Did zum erften mal lieb gewann, 
Ih nahm fie in mein Arm. ft länger dann ein Jahr. 


5. Und wer mir trauern belfen will, 
Der heb ein Finger auf! 
Ich fehe viel Finger und wenig Treu, 
Drum fo hör ih Singens auf.“ 


Zert aus: Heidelb. Hdichr. 343, BI. 109, Nr. 143. (Bei Görred 89 geändert.) Uhland 470. 
— (ine geiftliche Parodie bei Knauſt, Gaſſenhawer 1571, Nr. 67 (WE, 4, 1172) mit der Ton- 
angabe: „Ih faß in meinem Sclaflämmerlein, ich meint ich wär allein.” Umdichtung: „Ich 
faß in Sorgen gar hinein und meint verlaffen fein, da fam der Seligmadher mein mit feinem 
Gnadenſche in.“ — 





447. Was frag id) nad) dem Reichthum? 


Etwas bewegt. Rheinländifh. 1890. 








Shop! Mein Schap der ift fo weit von bier, der mir nur wer = den muß. 


267 


2. Ei, foll er mir nicht werben, 4., Gott grüße did, ſchöns Schäßelein, 
Ich feh ihn doch fo gern; Was hör ich denn von dir? 
Er hat zwei ſchwarzbraun Augelein, Du fagft, du wollft mich nehmen — 
Sie glänzen wie zwei Stern. Und ſcheideſt nun fo weit von hier?‘ 
3, Einft faßich inmeinem Schlaflämmerlein, 5..Daß ich fo weit muß fcheiden, 
Ih dacht ih wär allein, Das machen deine Peut: 
Da trat der Herzallerliebfte mein Sie wollen dir einen andern frein, 
Zu mir ins Kämmerlein. Der hätte viel Silber und Gold.“ 


6. Was frag ih nad dem Reichthum, 
Was frag id nad dem Geld? 
Ich nehme mir einen Andern. 

Der meinem Herzen gefällt. — 


Aus Schwalbah (Kreis Wetzlar): K. Beder, Rhein. Vollslieverborn, 1892, 
Nr. 56. Hier nimmt das Lied einen verfühnenden Ausgang. 

Ein verwandter Tert bei Simrod Nr. 207, „ES ift mir gefallen ein 
falter Schnee, gefallen auf meinen Fuß. Mein Lieb ift vierzig Meilen von hier, 
und das mir werben muß ꝛc. — hat andem Schluß: Wie in den alten Zerten 
fprit der Treulofe auf des Mädchen dringlihe Frage fih ausweihenn aus: Er 
will erft Hochzeit mahen, wenn der Feigenbaum Rofen trägt und es regnet fühlen 
Bein. Da folhes unmöglih, ſchließt das Mädchen Hagend: „So muf ich armes 
Mägdelein in Schimpf und Schande ftehn.” 


AAT°, Bein Hindernig für Liebe. 


Mäßig bewegt. Aus dem Oberlahnfreig, (Altenkirchen, Hennetbal), 1880. 
— 7] | 






ift ja kaum ein hal = bed Jabr, daß ich nicht bei ihr Mar. 


I. Mein Schagiftfünf, ſechs Meilen von hier, 3., Was macheſt du, Feinsliebchen, hier, 


Das iſt ja gar nicht weit. Was machſt du hier allein? 
Es iſt beinah ein halbes Jahr, Haſt mir die Eh verſprochen, 
Daß ich nicht bei ihm war. Und wendeſt dich von mir? 

2.3 ging auf mein Sclaflämmerlein, 4.,Daß ich von Dir mid wenden muß, 
Ih meint, ih wär allein; Das haben meine Freunde Schuld: 
Da kam der Herzallerliebfte Ih follt einen Andern nehmen, 

Wol zu der Thür herein. Der reiher wär als du. 


5. Was frag ich nad) einem reichen, 
Was frag ih nah der Welt? 
Mein Schat mir ja gefallen thut, 
Mein Schag mir wohlgefällt." 


268 


Tert aus Heffen: Mittler Nr. 299. Melodie mit ähnlihem Tert aus Ober- 
hefien und der Lahngegend durch Wolfram 1880, nur bier die Patien umgelehrt: 
ihr ftatt ihm. 


447f. Bein Ginderniß für Liebe, 


Lebhaft. Aus der Lahngegend. 








ja!— ih ſehs an deinen Aeu—⸗ge⸗lein, du trägſt viel Her » ze » leid.‘ 


„2. Das Herzeleid das ich trage, 3., Daß ih von dir mich wende, 
Das trag ich allein durch di, ja, ja! Das haben mein’ Eltern verſchuldt: 
Die Treue haft du mir geſchworen, Ich ſollt' eine reihe freien, 

Jetzt aber hältſt du fie nicht.” Die hätte viel Silber und Gold. 


4. Was frag ih nad dem Reichthum 
Was frag ih nad dem Gelb: 
Ich freie mir meines Gleichen 
Ein Schätchen das mir gefällt!‘ 


Bielgefungenes Lied im Nafjauifhen (1860—1880). Anderer Anfang: „Gott 
grüße dich Emilhen, was machſt du bier allein?“ 


AAS. Wurzgärtelein. 


Räthſellied von beglüdter Liebe.) 
Forfter, V, 1556 Nr. 17. Discant. (Im Tenor verzerrt.) 





— 
Gſpiel, wol um ein klei-nes Wurz-gär-ten- lein, da- rin mad 





— — 
Freu » den viel des wunenig » lirchen Spiel. 


2. Er fprad: „Gott grüß eud, Frau 3. Der dem Zeltner den Zaum aufbindt, 
Gärtnerin! Das gefällt ihm von Herzen wohl; 
Wollt ihr mir nit verübel haben, Es Hingen die Aeft von rothem Gold, 
Ih will euch ſtecken zwei Bäumelein, Die Böglein fingen wohl: 
Die follen Mufcat und Nägelein tragen, Mein feins Lieb bat mid hold. 
Das follt ihr von mir haben.“ 


269 
4. Das Wurzgärtelein ift wohl gezäunt, 7. Wer ein Pferb an dem Baren hat, 


Es ift nit gar offenbar: Zu Fuß darf er nit gan: 
Suter Gefel, mad did auf die Fahrt Und welde Maid allein nit ſchlafen mag, 
Und mad dich zu ihr dar, Die nehm diefe Faßnacht einen Mann 
Mad das Gärtlein offenbar! — Und zieh mit Freuden dran! 

5. Der dem Zeltner den Zaum aufbindt, 8. Und wer des Weins nit trinfen mag, 
Das gefällt ihm je länger je baf. Der ift nit unfer Fug, 
Ich hab der Lieben aljo lang gedient; Der zieh in das bairiſch Schwabenland, 
Was gab fie mir zu Lohn? Da findt er des Waſſers gnug, 
Ein Kranz von Haberftroh. Da trinft er8 aus dem Krug. 

6. Der mit Katzen gen Ader fährt, 9. Der uns dieſes Liedlein fang, 
Der eggt mit Mäufen zu: Bon neuem gefungen hat, 
Alfo thut mander gute Gejell, Das hat gethan der Zeltner und fein Knab 
Der bat den Tag fein Ruh, Zu Damnenburg in der Stadt, 
Die ganze Naht darzu. So frei gefungen hat. 


Der Text liegt in folgenden alten Druden vor: a) Fl. Bl. in v. Raglerd Sammlung. „Ein 
bübfher newer Berg Raven, o. 3. Auf der Rüdfeite von neuer Hand gefchrieben 1518. Iſt 
abgedrudt in Rieder der Sachſen 1522, aber —— Abdruck Erk's Ruc; 4, 36. Dar—⸗ 
nah hier. — b) Fl. Bl. Nürnberg durch Valentin Rewber: „Drey hübſcher Bergkreyen. Der 
erſte, Ich zeunt mir nechten einen zaun. Der ander, Mich erfrewt ſchöns lich dein aneplick. Das 
dritte, Gott grüß mein lieb.“ Text 10 Strophen. Unten Holzſchnitt: Gärtner an einem Zaun 
grabend, Gärtnerin und ein Ritter. — c) Fl. BI. des 16. Jahrhundert? o. O. (Kuneg. Hergotin) 
mit denfelben 3 Liedern: „Drey re Bergkrayen, Der erft, Ich zeünt mir nechten einen zaun 
x.” (Bibl. in —* — d) Fl. Bl. Thib. Berger, ſ. Uhl. Nr. 51. — e) Ambraſer Lob. Nr. 166. 
— Forfter'd Tert blos erfte Strophe, f. unter den Roten. 


Bon den Barianten nur die wichtigften: 1, 3 freundlichs Wurzgärtlen u Bl). 1,4 das 
wuniglihe Spiel. 9, 3 Knecht, ftatt Anab. 9, 5 St. Anneberg, fo rihtig im Ambrafer Liederbuch. 
Die mäßige Schlußftropbe 10: „Singt er und das, er fingt und mehr, er hat fo frei gefungen. 
Gott bebhüt allen Frauen ihr Ehr, es ift unter die Radſchmied kommen, fie habens fo frei gefungen. * 


ST Grflärung: 1,1 zeunen, zäunen, einen Zaun machen. 1,3 Wursgarten, Gemüfe- 
ar im Gegenfaß zum Baum- oder Obftgarten. 2,2 verübel, für übel. 3,1 Zeltner, Reiter. 
‚ 2 Strobfranz ein Zeichen der Abfage und des Hohn, 7,1 Bar, die Krippe mit Raufe im 
Etall. 7,5 zieh, zieb. 8,2 ift nit unfer Fug, paßt nicht zu und. Zu Strophe 6 vergleiche 
ähnliches Lied Woh. 3, 217. 

Zur Saderflärung f. Uhl. III, 440. Das — des Gartens iſt bildlicher Ausdruck 


Ir raeloteffened Liebeöverftändnig. — Wer dem Zeltner den Zaum aufbindet, d. b. das Räth— 
el Löfet. 


449. Murr nur nit! 


Pet. Shöfter, 1513. Forſter I, N 






= zz rm: 
Ein Meid» fein fagt mir freundlih zu, wie fie mih liebt im Her = zen, 
Ich fih fie nit der» gleischen thun, al-lein mit ihr zu fcher = zen. 


mE AremE TER EEE EEE Li 7 0 
DA 7 0 TO 





I] 


ju, ju » ju! feins Meidslein, mur nur nit! 





270 
1. Ein Meivlein fagt mir freundlih zu, 2. Nimm auf zu gut, was ich dir fag, 


Wie fie mich liebt im Herzen; Thu did daran nit kehren. 

Ih ſich fie nit dergleichen thun Sich Lieb und Treu, vernimm mein Wort, 
Allein mit ihr zu ſcherzen. Mid diefer Bitt gewähre, 

Hat alle fein Fug; As ih dann trau. 

Brauns Meivlein Hug, Liebs Meidlein hau 

Mert was ih dich bitt: Merk was ich did bitt: 

Ju ju, ju ju, Ju ju, ju ju, 

Feins Meidlein murr nur nit! Feins Meivlein, murr nur nit! 


3. 9a, was man redt und halten thut, 
Das kommt zu gutem Gelten. 
Laß du nit ab, ob8 einen mut! 
Daß ich bei dir bin felten, 
It alles mein Schul, 
Bgehr Gnad und Huld; 
Merl was ich dich bitt: 
Ju ju, ju ju, 
Feins Meidlein murr nur nit! 

Tert und Melodie bei Pet. Schäffer, 1513, Nr. 4. Harmonift Maldinger. — 
Ebenfo, nur im Tert wenig abweichend Forſter I, 1539 (1549), Nr. 25. Wir geben 
Forſter's Text; derfelbe auch abgedruckt Goedele-Tittmann 35. — Melodie auch gleich 
lautend bei H. Gerle, 1532 (1537) und im der Bafeler Hpichr., 1540, BI. 83, — 
Berberbter Tert auf einem fl. Bl, Nürmberg, Bal. Fuhrmann Abdruck Mittler 503): 
„Ein brauns Mägdlein fagt mir freundlic zu.“ Ambraſ. Lob. 1582, Nr. 46: „Ein 
brauns Meyglein jagt mir zu." — 

Abweihungen bei Schöffer: 1,1 Ein magt die fagt mir. 1,3 fih nit dergleich, ob 
fie das thu. 1,4 mir, bei Forfter 1539, ihr (Schöffer und Forſter, 1549) beides richtig. 
1, 5 Brauns dierlein Hug. 1,8 Refr.: Schönd mäbdlein, murr nur nit. 2,3 fich lieb trew an. 
3, 5 nit mein Schuld. 

Geiſtliche Umdihtung: Ad mein Gott fprich mir freundlich # und tröft mich in dem 
bergen. Zriller 1555 und Praetorius, Mus. S. VII, Nr. 220. (Abdrud WE. 680.) Eine zweite 
Umbildung: Ich ſprach meim Herrm Gott freundlich zu. Knauſt 1571 (Wi. Nr. 715). 


CT Grelärung: 1,3 ich ſich, ich febe. 2,3 ſich, fiehe. 2,5 wie id darauf vertraue, 
3, 3 mut, mübt, verdrieht, ärgert, mbd. müejen, ärgern. 


450°. Brauns Mändelein. 


Sorfter III, 1549, M. NRewfidler, 1574, Winnenberg, 1582, 
2. 









) 

Mir iſt ein ſchönsbraun Meisde » lein ge» ie in mei» nen Sinn, | 

Wollt Gott, ih jollt heint bei ihr fein, mein Zrau-ren führ da » hin! 
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u mn 4. 5. 
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Tag und Nacht bab ich fein Rub, das ſchafft ihr fhön Ge » ftalt, Run nit, wie ich ibm 





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für « baß thu, mein feind Lieb macht mich alt, 


271 


2. Dem Meidlein id gem dienen wollt, 4. Denn was die jalfhen Zungen thun 


Benn ichs mit Fugen künnt, Iſt jegund an dem Tag. 
Darumb hab ich der Neiver viel, Ah du, mein feines Meivelein, 
Das mir nit wird vergünnt, Hör zu, was ih dir fag: 
Ich Hoff, fie folls erfahren bald, Halt dich mir ftet8 in Ehrn allein, 
Wie ichs fo treulic mein; Wie ich dich herzlich mem, 
Auf Erd ih mir nichts wünſchen wollt, So b'hältſt du Gunft mit dieſer Kunft, 
Denn bei ihr fein allein. Das glaub mir, Meidlein rein. 

3. Dem Meidlein ich mein Treu verfprih, 5. Damit will ich dem Meivelein 
Zun Ehren und anders nicht, Gefungen haben frei 
Als was doch fromm und ehrlich ift Zu guter Nacht ein Liedelein, 
Darnach ich mich ſtets richt. Aus Guts wünſch ich darbei; 
Soll denn mein Treu verloren ſein, Damit daß ſie gedenk an mich, 
Kräukt mir mein Sinn und Gmüth: Wenn ich nit bei ihr bin. 
Ich hoff, ſie ſolls erfahren ſchier, So bhüt dich Gott im Himmelreich: 
Mein Sach ſoll werden gut. Alde! ich fahr dahin! 


Melodie mit Text: Forſter III, 1549, Nr. 65. (Eine verdorbene Lesart bei Forſter V, 1556, 
Nr. 15 bleibt unbeachtet). — Melodie mit den Anfangsworten in Melch. Newſidler's „Teutſch 
Sautenbuch 1574. — Melodie mit Umdichtung zu einem emften Hochzeitslied bei Ph. v. Winnen- 
berg, Chriſtl. Reuterlieder 1582, Nr. 6: Mir ih ein liches Meidelein. — 

MelodioBarianten: 1.) W. hat e. 2. N. bat felf. 3. N. es. 4 N. noch Gadenz- 
Anbängfel. 5.) Forfter fe 6) W.ie|afge ff. 

Zert- Anfang bei Forfter 1549 im Tenor: Mir ift ein ſchöns braund Meidelein; dagegen 
heißts im Discant und aud bei Forfter 1556 und Newfidler: „Mir ift ein feins br. M.“ 


A450’, Feines Mändelein, 


Moll-Mei. PBicinia, 1846 I, Rt. 77. 






— — — — 


Mir iſt ein fei-nes Mei-de-lein ge-falln in meinen ww; 
Wollt Gott, daß ich follt bei ihr fein, mein Zrausren führ da = bin. 


weiß nicht, was ih für» der thu, das We » fen mat mih alt. 


Diefe Mollweife fteht ald Choral im böhm. Kantional, 1566, zu dem Text: 
„Run hört und merkt ihr lieben Leut, Chriſtus ift vor der Thür.“ C. v. Winterfeld 
(ev. Kirhengefang) vermuthet in diefer Melodie eine Tanzweife. Hier ift bewiefen, 
daß fie zur obenftehenden deutſchen Vollsmelodie gehörte, 


272 


A51. Hit nerftan! 


Forfter II, 1540, Rr. 35. 
Solo (Borfänger). Chor. Solo. 


—— Br FE 
a DTM 
| —— — 





1. Zu Regensburg hat es ſich ver-kehrt, ei nit» te ver-flan! die Maid⸗lein 
2. „Ach Jung⸗frau wollt ihr mit mir gan,““ ei, nit » te ver⸗-ſtan! da wo die 


Chor. Solo. 





ha» ben fpa =» nifch a’lehrt, ift wol» ge-tban, ei nit⸗te ver-ftan! ‚Gebt mir ein 
ro » then Rös » lein ftan? ift wol-ge=-tban, ei nit⸗te ver⸗ſtan! „Gib euch ein 





Kon, fonft laßt mich gohn! mein Müt» ters lein wird mich fehel= tem, ja ſcheh- tem,‘ 
Kron, thut mit mir gon! eur Mütster-lein wird nicht fhel =» ten, ja fchel» ten.“ 


Mehr Tert nit erhalten. Scheinbar ein Spottlied auf die Regensburger 
Mädchen. Die Melodie ſcheint eine Tanzweife zu fein. Die Vertheilung des Gefanges 
zwifhen Borfänger und Chor ift zwar urkundlich nicht verbürgt, doch wahrfheinlich. 


* glehrt, füddeutich für gelernt. 


452°. Ber vorfichtige Liebhaber. 
1., Ach Elslein, Tiebftes Elslein mein, 3., Ach Lieb, das fchredet mich allein, 


Wie gern wär ich bei dir! Daß ich nicht fahren kann; 
So find zwei tiefe Wafjer Und wenn dann bräd das Sciffelein, 
Zwiſchen mir und aud dir.‘ Müßt ih bald untergahn.‘ 

2., Willſt du Did lan abwenden drum, 4.,Ad nein, das foll geſchehen nicht, 
Weil der Wafler find zwei? Ih felb Hilf rudern dir, 
Da doch fonft mander junge Knab Damit du nur in kurzer Zeit, 
Leidt no fo manderlei.“ Herzlieb, herlommft zu mir.“ 


5., Weil du's, ſchöns Lieb, denn meinft jo gut, 
Will ichs gleih wagen frei, 
Allein das bitt ich fleikig dic: 
Steh mir ohn Falſchheit bei!‘ 


Aus: XXX Newer Liebliher Galliarbt von Nicolao Rofthio, I. Th., Erffurbt 1593, 
Nr. 16. Daher Hoffmann, Gejellihaftst., Nr. 16, mit der Ueberfchrift: „Liebe weiß 
Rath”; Uhl. Nr. 46, nad der Ausgabe von 1597. Gleichlautend in H. 2. Haßler's 
Luftgarten 1601; daher bei Ejhenburg, Denkmäler altd. Dichtkunſt, 1799, ©. 461 
und wiederholt Erlach 1, 211. — Das Lienen ift eine fherzhafte Traveftie des 
tragiſchen Liedes gleichen Anfangs von zwei Königskindern (f. oben unter Balladen). 


273 


452°. Ber Steg thuts auch. 


1.,&i num, mein feines Mägvelein 
Wie komm id heut zu dir? 
Es find zwei tiefe Wäflerlein 
Wol zwiihen mir und dir.‘ 

2. Das eine hab ih durchwatet, 
Das ander ift mir zu tief, 
Ih fürdt, ih möcht ertrinten, 
'8 wär mir nur Leid um did!‘ 


3.,„Ei nun, mein feines Knäbelein, 
Sp kauf du dir ein Schiff, 

Und fahre über das Wäflerlein, 
So bift du gleich bei mir.“ 

4,,D nein, o nein, feins Mägdelein 
Das Schiff koſt' mich zu viel: 
Ih werb mir legen ein Stegelein, 
Dann fomm id, wenn ih will. — 


Kuhländiſch (Meinert Nr. 22): „Ay onn my faind Mäderlai, wi fuomm ich hait zu dirt* — 
Scherzbaftes Lied. Strophe 1 erinnert an die Ballade: „Ah Elslein ꝛc.“, hat aber bier fcherz- 
baften Berlauf. 


453. Liebestraum. 


1. Ich weiß mir eine Jungfrau fhön, 6.9 thät mich faſt nicht ſäumen, 
Wollt Gott, fie wäre mein! Ich ritt dur den grünen Wal, 
Bon Perlen und von Golve Die Vöglein hört ih fingen, 
Zrägt fie em Kränzelein. Sie fungen beide jung und alt. 

2. Bon Perlen und von Golde 7.9 ritt nun alfo lange, 

Trägt fie ein Ehrenkranz, Bis ih mein feins Lieb fand: 


Mit ihr'n ſchneeweißen Händen 
Bracht fie mih an den Tanz. 


3.3 war in fremden Landen 


„Wie haft du mein vergeflen 
Und mid verlafien ganz!“ 


8.,Wie könnt id) dein vergeflen 


Du edler Amethiſt, 
Der du in meinem Herzen 
So tief verjeget biſt!“ 


Da lag id unbe fchlief, 
Da träumet mir eigentlichen, 
Wie mir mein Feinslieb rief. 


4. Und da ih num ermadhte, 9. Drauf gab fie mir zu Pfande 
Da war es Alles nichts, Vergißnichtmein ein Kranz, 
Es war die Nachtigalle, Den gab fie mir zum Pfande 
Die fang fo wonniglid: Mit ihrer ſchneeweißen Hand. 


5., Steh auf, du guter Gefelle, 10. Drauf gab ich ihr herwieder 
Und reit du durch den Wald! Bon Gold ein Ringlein Hein: 
Sonft wird deine Liebe jagen, ‚Den tragt von meinetwegen, 
Sie führ einen andern Gefelln.‘ Ach Herzallerliebfte mein!” 


Aus einer Papierhandihrift vom Jahr 1603 in der Rhediger'ſchen Bibliothef 
zu Breslau. Mitgetheilt zuerft in Hoffmann's „Monatsfhrift von und für Schlefien“, 
Jahrg. 1829, Breslau, I. Bv., ©. 550. Daher Woh. 4, 157; Erf, Liederhort, 
©. 347. — Hierher gehört auch: „Es fteht ein Lindlein in dieſem Thal, ad Gott” ıc. 
(f. oben Nr. 406). 


r — eigentlichen, eigens, beſonders; mhd. eigenliche, adv. (zum adj, eigenlich, was man 
ſelbſt bat). 





Ertu. Böhme, Liederhort. II, 18 


274 


454°. Traum vom NofenfAhneien und Blumenhaus. 


1, In meines Buhlen Gärtelein 3. Ich brach mir die Röslein abe 
Da lag ih und ſchlief; Zu einem Kranze, 
I: Da träumte mir ein Träumelein, I: Ich ſchickt fie meinem feinem Lieb 
Wie es ſchneiet über mid. :| Zum Lobetanze. :]| 
2. Und da ih nun erwachte, 4. So baut id mir ein Häufelein 
Und e8 war aber nit: Bon Peterfilien. 
I: Es waren die roten Röfelein, I: Womit war e8 bevedet? 
Die blühten über mid. :| Mit rothen Lilien. :| 


5. Und da das Haus gebauet war, 
Beihert mir Gott ein Weib, 
|: Ein Mägdlein von achtzehn Jahren 
Der war gut wohnen bei. 


Berglieverbüchlein c. 1730, Nr. 83 und 84, Zu einem Liede verbunden bei Uhl. Nr. 28. 
Erf, Liederh. ©. 347. — 


T Erklärung: 2, 2 nicht = nichts. 3,4 Robetänge Go hießen in Sadfen 
(Meißen) eine Art Berlobungdtänze. Eyr. Spangenberg in feinem Ebefpiegel (Straßb. 1570) fagt: 
Unfere Vorfahren haben foldye öffentliche Tänze auch darumb gehalten, damit ihre Kinder von den 
Nahbauern mochten gefeben werden, Ebeftifftungen fürzunehmen. Daber in Meißen und anderswo, 
äbrlih an gewiffen Tagen... . durch der Oberkeit Verordnungen die Lobe⸗Töntze gehalten. 

ehr darüber in meiner Geſch. des Tanzes in Deutfchland I, 59. 


45%. Blumenhaus, 


1.9 ging in Nachbars Garten, 5. Ich werb mir erft eins bauen 
Ich legt mich nieder und fchlief, Bon grüner Peterfill. 
Da träumte mir ein Träumelein Mit was foll ichs denn deden? 
Bon meinem feinen Lieb. Mit gelber Lilg' und Ti, 

2. Und wie ich drauf erwachte, 6. Und wie ih das Häusle fertig hatt, 
Da war Niemand bei mir, Beſchert mir Gott ein Weib. 
Als nur zwei rothe Röſelein Es war ein Mädle von achtzehn Jahrn 
Die blühten über mir. Die follt mein eigen fein. 

3. Ich pflüdte mir die Röfelein 7, ,Ei, warte doch, feines Mädelein 
Und band mir einen franz; Und warte nod ein Jahr, 
Ich ſteckt ihn auf mein’ Federhut Bis die Weid wird Kirſchen tragen 
Und ging zum Bräut’gamstanz.* Dann nehm ich dich fürwahr!‘ 

4. Und wie der Tanz am beften ging, 8. „Die Weiden trag'n feine Kirſchen, 
Viel mir ein Röslein 'rans: Sie tragn nur grünes Laub? 
Ih folt mein Lieb heimführen ‚Ei, wie foll ih denn did nehmen, 
Und hatt’ fein eignes Haus. Wenn du kein andern taugft?‘ 


Meinert 93 (daher Abdr. Mittler 974): „Ich gung in Nodvers Goerte”. Da- 
zu Meinarts Nachtrag, (EHſchr. der Wiener Hofbibl.) Nr. 2°, woher die 6—9 Str. 
entnommen ift. Die Uebertragung aus dem kuhländiſchen Dialekt von mir. 


4 3, 4 Bräutigamstanz (Braitrichtanz im Original), Verlobungstanz, Lobetanz in Sachſen 
genan 


275 


454°. Liebe weiß Rath (Blumenhaus). 





In meiened Ba» terd Garsten da lag ih und ich schlief, da 





träum » te mir einZräumeslein, als ſchneit es üz- ber mid, mid. 


2. Und da ich num erwachte, 4, Und wie ver Tanz am beften war, 
Da war e8 aber nichts: Sp war das Geigen aus: 
Es waren die rothen Rofen, Wir wollten beide heimgehn, 
Sie blühten über mir. Dir hatten keins kein Hans, 
3.3 brad mir ab ein Zweiglein, 5. Da baut ich mir ein Häufelein 
Ih band mir einen Kranz, Bon Peterfilie grün, 
Ich gab ihn meiner Herzliebften, Mit gelben Lilien dedt ichs mir, 
Auf daß fie mit mir tanzt. Mit rothen Röslein ſchön. 


6. Und wenn ichs num werd fertig han, 
Beſcher' mir Gott! was 'nein, 
Daß ih zu Jahr fann ſprechen, 
Das Häuslein das ift mein. 


Aus Schleſien: Hoffmann, ſchleſ. BL. Nr. 143. — Ein ähnliches Traumlied 
aber von Zuccalm. ſtark überarbeitet, mit ſchöner Mel, bei Kretzſchmer, BL, II, 88. 


Das Mädchen in Brunngarten ging, Da hatt’ ed einen ſchweren Traum 
Und fegte ſich nieder und fhlieh Bon feinem ſchönen Herzlieb. 


454°, Traum vom Blumenhaus. 


1.3 ging in's Vaters Gärtelein 4, Und da der Tanz am beften war, 
Ich legt mich nieder und fchltef; Da war das Geigen aus; 
Da träumte mir ein Träumelein, Da fol ih num mein’ Schag heimführn 
Als ſchneit e8 über mid. Und bat fein eigen Haus, 
2. Und da id nun erwachte, 5. Ein Häuslein will ih mir bauen 
Da war e8 aber nit: Bon Rojen und Nosmarin. 
Es war'n die rothen Röſelein, Und will mirs wohl befteden 
Die blühten über mid. Mit rothen Röfelein, 
3.935 brach mir eines abe 6. Und wenn ichs werde fertig han 
Zu einem Ehrenfranz, Beſchert mir Gott was 'nein, 
Ih nahms dem Liebchen mitte Daß ih zu Jahr kann fpredhen, 
Zu einem Ehrentanz. Das Häuslein das ift mein. 
Schleſiſches mon, in et Mundart am Fuß der Schneefopye gebört und 
aufgejchrieben. m gedrudt in J. E. Bifter, Neue Berlinifhe Monatefhrift 1802 ©. 280, 
mitgetbeilt von othe. Daraus bei Bůſching und von der Hagen, Volksl. 1807 ©. 200, dar 


18* 


276 


ber Woh. III, S. 100. Aus der fchlefifhen Mundart übertragen bei Erf, Loh. Nr. 1546 und 
bier. — Als Eingang des ſchleſiſchen Originals fichen 2 Strophen vom Tannenbaum: „Ob Zanne- 
boom, du bift a ädles Neid ꝛc.“ Damit ift auch die Melodie für das Traumlied angezeigt. 

Das Traumlied bildet den zweiten Theil von dem Liede: Wohl beute noch und morgen, 
das bier folgt: 


454°. Bas Blumenhaus. 


1. Dort oben auf dem Berge 3. Ein Haus wollt ih mir bauen 
Da fteht ein hohes Hans, Ein Stod von grünem Klee, 
Da fliegen alle Morgen Mit Buchsbaum wollt ih8 deden 
Zwei Zurteltauben "raus, Und rothen Nägelein. 

2. Ach wenn id nur ein Täublein wir 4. Und wann das Haus gebanet wär 
Thät fliegen aus und ein, Beſchert mir Gott was 'nein: 
Thät fliegen alle Morgen Mein Schägelein von ahtzehn Jahren 
Zu meinem Schatz hinein. Das fol mein Täublein fein, 


Mündlih aus der Gegend v, Heivelberg in v. Arnims Nachlaß mit der Jahr⸗ 
zahl 1806. Genau fo abgebr. in Woh. 3, 451 (a, A. II im Anhang ©. 93.) 
Daher Erf, Fieverhort S. 346. 


455°. Traum vom Rofenfchneien. 
Erfte Melodie. 


————— —— 1— — — — 
— — — 


nn men — nn nn 


Aus dem Odenwald, 
Eu | 






Wohl heu » te noh und mor »gen da Blei »be ih bei dir, wenn 





a » ber fommt der drit «te Tag, fo muß ih fort von bier. 


2, Wann fommft dur aber wieder, 5. „In meines Vaters Garten 
Herzallerliebfter mein?“ — Legt ich mich nieder und ſchlief, 
‚Wenns fchneiet rothe Rofen Da träumet mir ein Träumelein, 
Und regnet fühlen Wein‘. Wie's ſchneiet über mid. 

3.,Es fchnetet feine Rofen, 6. Und als ich nun erwachte, 
Und regnet aud kein’ Wein: Da war e8 lauter Nidts; 
Sp kommſt du auch nicht wieder, Es waren die rothen Nöfelein, 
Herzallerliebjter mein.” Die blühten über mid. 

4., Dann ih auch wiebrum käme, 7. Ein Haus will ih mir bauen, 
Was würb es helfen dich? Ein Stof von grünem Klee, 
Ih habe dich geliebet, Mit Buchsbaum ausftaffiret 


Uber heirathen thu ih did — nicht!“ Und gelber Lilie. 
8. Und als das Haus gebauet war, 
Beſchert mir Gott was 'nein: 
Ein Bürſchchen das von achtzehn Jahr, 
Das foll mein eigen fein,“ 


277 


Mehrfach mündlih, aus dem Odenwald (Neufirhen-Höhe) und ver Gegend von 
Mosbach in der Pfalz; — bei Erf, Liederh. Nr. 154. 

Mit zwei eingeihobenen Strophen aus einem fchlef. Gebirgähirtenlied bei Scherer, 
Jungbrunnen 92. Umgearbeitet im Wunderhorn II, 223 nah dem Gefhmade ver 
Romantiker; derfelbe Tert bei Reifferfcheid. Nr. 11. 

Dffenbar find hier der gleichen Melodie halber zwei Lieder aneinander gereiht: 
ein Abſchiedslied und von Strophe 5 ab ein Traumlier. 

Der Wunderhorntert wieder umgeändert bei Simrod Nr. 146. 

Kretihmer I, 79 hat zum Wunderhornterte die Mel. aus Nicolai Alm II, 29 
(E8 gieng ein Mägdlein zarte) beigeſetzt. 


Zweite Melodie. 


Mel. in Prof. Maßmann's Mſpt. vor 1820. („Bon Gebrüder Grimm im Bolfe gebört.”) 
Langſam. Auch in Lieder f. Jung u, Alt 1818, ©. 15 u. Reifferſcheid Nr. 11. 
“ 


— 












= 


a = ber fommt der drit =» te Tag, fe muß ih fort von bier. 





455°. Abſchied mit Bertröftung. 


1. Holzäpfelbäumelein, wie ſauer ift der Kem! 
Wenn einer ein ſchönes Schätchen hat, fo liebt ers allzeit gern. 
2.,Heute noch und morgen fo bleibe ich bei bir, 
Wenn aber fommt der dritte Tag, fo ſcheide ih von dir!‘ 
3.,Wann fommft du aber wieder, Herzallerliebfter mein?“ 
‚Wenn's fchneiet rothe Rofen und regnet fühlen Wein.‘ 
4., Es ſchneit feine rothe Rofen, vegnet auch fein’ kühlen Wein. 
Sp fommft du auch nicht wieder, Herzallerliebfter mein!“ 
5.,Was wärs, wenn ich auch füme? viel batten thäts dich nicht: 
Bon Herzen thät ich dich lieben, heirathen aber nicht!‘ 
. „Wenn du, Herzallerliebfter, mich nicht heirathen witt, 
So bitt ih Did von Herzen, entführ mid aber nit!“ 
7., Wenn ih did fchon entführet, die Schuld wär felber bein: 
So oft als ih bin kommen, haft du mid laſſen ein!‘ 
8..Hab id Dich eingelafien aus lauter Pieb und Treu, 
So bau id mir ein Häufelein aus lauter Marbelftein. 
9. Und als das gebauet war, beſchert mir Gott was 'nein: 
Ein Bürfhlein von ahtzehn Jahren, das fol mein eigen fein!“ 


nm 


278 


Aus Süddeutſchland (Baden, Schwarzwald 1880) in einer Frankfurter Zeitung 
mitgetheilt. Verderbter Tert des vorangehenden Traumliedes. 
Aehnliche Liederanfänge bei: Liederhort Nr. 81 und Kretzſchmer I, 127. 


U Erklärung: 5, 1 batten = helfen. 6, 2 entführ = verführ. 


455°. Bertröftung. 


1.935 hab mir laſſen geigen* zum Hinterthürle 'raus; 
Ih ging den Weg dahinter, ſchön Lieb, bis vor dein Haus. 

2., Vom Abend bis zum Morgen, ſchöns Lieb, war ich bei bir, 
Und wie der Sonntag anebricht, jo ſcheid' ich erft von bir.‘ 
3.„Mein Schat, wann fommft du wieder, Herzallerliebfter mein?“ 

‚Ei, wenu's wird ſchneien Roſen und regnen fühlen Wein.‘ 
.„Es fchneiet feine Roſen, es reg'nt fein fühlen Wein: 

So kommſt du nicht mehr wieder, Herzallerliebiter mein?“ 
‚Wenn ich glei wieder käme, mein Schag! was hülf dir das? 
Und dich nicht lieben thäte? dein Äuglein würde naf.‘ 


Aus dem Kuhländchen (im nordweſtl. Mähren) bei Meinert Nr. 73, Abdr. Erlach 
4, 218 im Dialekt. Schon von Meinert mitgetheilt in Fr. Schlegel's „Deutfhem 
Mufeum‘. Wien 1813. Anfang: Ich hor mi loffe geige. ©. 127. 

* Eine Hauptunterhaltung für Männer bier ift, unter Borantritt eined Geigerd oder Flöten- 


rg das Trinkglas in der Hand, durch dad Dorf zu ziehen. Daraus erflärt fi der Anfang 
edes. 


— 


* 


456. Lieblich geſellet. 
(Ein Reihe] 


Forſter II, 1540, Nr. 14. 









Lieb -Tih bat fh ge=fel - Tet mein Her in kurs zer Friſt. 
Zu Ein’t, die mir ge» fäl = let, Gott weiß wohlmwer fie iſt. 


2 [| 
Sie ie » beit mir ganz in «mig = lih die A « lerelich «fie mein, Gott 
* Drig. wiberlich gebehnt: 


[ 
r 








weiß wohl, wen id mein. 


2. Wohl für des Maien Blüthe 3.3 gleich fie einem Engel 
Hab ich fie auserkor'n; Die Herzallerliebfte mein. 
Sie erfreuet mein Gemüthe Ihr Härlein Frausgelb als ein Sprengel, 
Meinen Dienft Hab ich ihr geſchworn, Ihr Mündlein roth als ein Rubein. 
Den will ich halten ftetiglich Zwei blanke Aermlein die find ſchmal, 
Mit Willen ganz unterthan, Darzu ein rother Mund 


Dieweil ih das Yeben han. Der ladet zu aller Stund. 


279 


4, Mit Benuspfeil durchſchoſſen 
Das junge Herze mein, 
Schöns Lieb, hab kein Verdrießen, 
Set deinen Willen drein. 
Gſeg'n Did Gott, mein ſchönes Lieb! 
Ich fol und muß von dir, 
Du gefihft mid; wieder ſchier. 


Melodie und Tert wie bier bei Forfter IL, 1540, Nr. 10. Tert ſchon in Bergkreyen (1533) 
Rr. 27 und in Heidelb. Hi. 343. Etwad abweichender Text mit derfelben Melodie 1542 in den 
68 Liedern Nr, 29 (j. Altd. Wb. Ar. 131). Ferner der Zert wieder etwas geändert im Ambrafer 
eb. 1582, Nr. 71; Frankf, Lob. 1584, Nr. 19. — 

Der alte Text mit neuer Melodie von Fr. Reicharbt fteht bei Nicolai, Alm. II, 1778, 
Rr.5. Daraus bei Büfhing und Hagen 1851, ©. 122 und bei Kr. I, Nr. 307. 

Das Lied, das von Frauendienft und Benuspfeilen fpricht, darum nicht ein volldmäßiges 
Liebeslied ift, fondern zu den „Hofeliedern“ gehört, muß im 16. Jahrhundert fehr beliebt ge- 
weſen fein, weil wir davon zwei geiftliche Umbildungen finden: a) eine von Joh. Walther dem 
Jüngeren (Sohn des turfächfifihen Kapellmeifterd): „Lieblih bat ſich Bee ) eine nieder 
ern en 1571: „Lefflid befft fit gefellet, mun Harto to aller friſt.“ Abdruck WE. 


© 1,5 liebt mir, er mir. 1,7 meinen, im Sinn haben, gebenfen. 4,4 gib beine 
Zuftimmung, daß ich fohei 4, 7 du fiehft mich bald wieder, 


457. Winter-Reigen. 


1. Es Hat fih zu mir gefellet 2. Sie faun mir Freuden machen 
Ein feines Fräuelein Luft, Lieb zu aller Zeit 
Wiewol fie mir gefället Mit ihrem freundlichen Rachen, 
Ihr Diener wollt id, fein. Hätt id mir fie auserwählt. 
Ich dient ihr ganz mit Treuen Sie liebet mir vor allen, 
Demfelbigen Fräulein, Das red ih auf mein Eid; 
Ih dient ihr in allen Reihen Der liebe Gott foll ihr walten! 
Dis auf das Ende mein. Der Fluch ſei ihr gefeit. 


3, Erleb ich den liebften Sommer, 
Sp hebt ſich ein großer Streit 
Bor den Blümlein in der Aue, 
Darzu den Röslein roth: 

Ih mein die zarten Jungfrauen; 
Ich dient ihr früh und fpat, 

Ich dient ihr in allen Reiben 
Dis auf mein Hinnefahrt. 


Bergkreyen 1536 Nr. 52, Strophe 1, 2, 5. Das Übrige als zu viel Süßelei 
über weibl. Reize ift bier fortgelafien, wie auch Uhl. Nr. 38 ſchon gethan. Die 
Ueberfchrift hieß: „Ein ander Reye“. Eine Melodie dazu hat ſich nicht erhalten. 


* fiebet, ftatt geliebt, gefällt mir. 


280 
458. Mai-Keigen. 


1. Der Sommer und der Sonnenfdhein 3. Demfelben wader Mägdelein 


Ganz lieblih mir das Herze mein Schidt id neulih ein Kränzelein, 
Erquiden und erfreuen, Mit rothem Gold bewunden, 
Daß ih mit Luft im grünen Gras Dabei fie mein gedenken foll 
Mag fpringen an vem Reihen. Bei hunderttaufend Stunden. 

2. Des lacht die Allerliebfte mein, 4, Ic ritt Dur einen grünen Wald 
Wollt Gott, ich follt heint bei ihr fein Da fungen die Böglein wohlgeftalt, 
In Zühten und in Ehren! Frau Nachtigall mit ihnen; 

Das wär meins Herzen größte Freud, Nun fingt, ihr Hein Walpvöglein 
Darauf darf ich wol ſchwören. Um meines Buhlen willen! 


Nic. Rofthins Gallierven 1593, Nr. 20, Uhl. 39. 


T Erklärung: 2, 2 heint, an diefem heutigen Abend. 3, 5 bunderttaufend Stunden, 
hunderttaufend mal. 


459. Neffelkranz. 


Dit 1544, Nr. 24. Ochſenkun 1558. 
Pr 





2. Das Neflelfraut ift bitter und faur und brennet mid. 
Berlorn hab ich mein ſchönes Lieb, das reuet mid. 


3. Es reut mic fehr und thut mir in meim Herzen weh. 
Gſegn did Gott, mein holder Bul, ich jeh dich nimmer meh! 


Die Mel. ift viermal gleichlautend überliefert: I. Dit 1544, Nr. 24 (blos 
1, Str), Ochſenkun, Tabulaturb. 1558 Bl. 78%; Bafeler Tenor 1540 BI. 94; 
Fragm. bei Forſter II, 1540 Quodlibet Nr. 60, 

Eine abweichende, doch ähnliche Mel. bei Frank 1603 Quodlibet 4. 

Tert vollftändig in 3 Strophen, wie bier im Ambrafer Lob. 1582 Nr. 92, 
daher aud Uhl. 252 4. bei Ochſenkun hat er in 2. und 3. Strophe folgende finnlos 
fpielende Einſchiebſel: Verlorn hab ih mein [ftauderlets ſchnauderlets, kuſerlets mufer- 
lets, ftiefelbrauns] Meidlein, Das reuet mid). 

Diefe eingefhobenen Silben werden auf den Takt mit * gefungen und biefer 
fo viel mal als nöthig wiederholt. — Ein längerer Tert mit zwei unächten Strophen 
aus einer Hof. zu Brieg, Ende des 16. Jahrh. im Woh. 4, 46. — Noch heute 
lebt das Lied vom Nefjellranz in Böhmen (f. Wolf, Vollsl. aus dem Egerlande 
1869, ©. 61) und in Siebenbürgen (f. folgenden Tert). 


Bariationen des Anfangs: Ad Bauer (Frank), O Baurenknecht (Dit), Sieh, Bauren- 
Mneht (Ochſenkun) laß die Röslein ftan. 


T 1,3 Reſſelkranz, das Sinnbild der Abweifung. 1,4 reuet mich, ſchmerzt mid, vom 
mbd. riuwen. 


281 


459. Neſſelkranz. 


[Zur Yohannisfeier bei den Kränzen.] 









@ flug e flimwailt =fi =» jesleini, fe Me: « brich fly Aug ed ed öuß Leröuf), fe 





— 
Me» ri flug ed öuß. 


1.€8 flog ein klein Waldvögelein 4. Er wollt die Röslein brechen ab, 
Gen Mebrich flog e8 aus (heraus), Die längs am Wege ftehn (ja ftehn), 
Gen Mebrih flog e8 aus. Die längs am Wege ftehn. 

2. Es fagt zum Herzgeliebten mein, 5.,Laß ftehn, laß ftehn die Röfelein! 
Daß ich volllommen bin (ja bin), Die Rofen die find mein (ja mein), 
Daß ich vollkommen bin. Die Rofen die find mein. 

3. Da kam ein lofer Bauernknecht 6. Brih ab das bittre Neſſelein 
Bon ferne fam er ber (ja ber), Bind' dir ein Kränzlein draus (ja draus), 
Bon ferne fam er ber. Bind' dir ein Kränzlein draus! 


7. Gut Eſſen und gut Trinfen, 
Das ift jest wohl bereit‘ (bereit) 
Das ift jetzt wohl bereit‘. 


W. Schufter, Siebenb. Volksl. S. 92. Text hier überſetzt; im Dialekt blos die 
1, Str. unter der Melodie gegeben. Dr. Schufter bemerkt: „Bon den Mägden in 
Streitfort (Siebenbürgen) bei den Kränzen am Johannistag gefungen”. 


460°. Laß Fragen fein! 
[Altes Lied beim Johannistanz.)] 


Met. 1602 und 1621. 





ſchweig fill, ſchweig fill und laß dein Fra >» gen fein 


2. So bellet dann das Hünblein dein, 3. So fnarret denn das Thürlein dein, 
Säuberlihes Mägdelein! Säuberlihes Mägdelein! 
„Ruf den Wächter leife ein, „Nimm den Haspen in die Hand 


So läſſet ver Hund das Bellen fein. Sp gwinnt die Thür ein leifen Gang. 
Schweig ftill und laß dein Fragen fein!“ Schweig ftill und laß dein Fragen fein!“ 


282 


4. So ſchimmert denn Das euer dein, 5. Wo find ih denn dein Kämmerlein? 
Säuberlihes Mägdelein! Säuberlihes Mägpelein! 
„Geuß ein wenig Wafler brein „Bei der Kuhen an der Wand, 
So läft das Feur das Schimmern fein. Halt di nur auf die rechte Hand! 
Schweig ftill und laf dein Fragen fein!“ Schweig ſtill und laß dein Fragen fein!” 


6.Wie fol ih auf den Morgen thun? 
Säuberliches Mägpelein! 
„Zieh dich an und geh davon, 
Ss folt du auf ven Morgen thun. 
Schweig fill und laß dein Fragen fein! 


Melodie und Tert bei Mel, Frand: Newes Teutſches Muſikal. Fröhlihed Convivium. 
Cobugk 1621, Nr. 3. Daber Wunderh. II, 413 (a. U. 434) und Uhland 259; beide haben die 4. 
eile jeder Strophe überfeben, die in zweiter nicht benupter Stimme ftand. Auch in Henrici 
teuccii, Schöne Auftige, Weltl. Lieder. Wittemb. 1602, Nr. 21 ſteht das Lied. Daraus in 
Gräter's Idunna und Hermode 1816, Nr. 16, ©. 51. Wir haben nad Strophe 5 eine gar zu 
bedenkliche unterdrüdt. Uhland's Text mit einer modernen Durmel, in „Kemlieder des Soldaten“ 71. 
Das Lied war ſchon im 16. Jahrhundert vorhanden, denn in Schmelgel’d Quodlibet 1540, 
Nr. 8 ftcht ein Fragment: Wie fomb ich vor dem Hund hinein? Du auderwältes frewelein. — 
Tert anf einem fl. Bl. aus dem Ende des 16. Jahrhunderts (wahrſcheinlich Fr. Gutknecht) 
bei Mittler Rr. 913 und gleichlautend ein fl. BI. 1602: Zwey Schöne Newe Lieder (dad 2.) „Wo 
m 3 * — Vaters Haus, ſeuberliches Mägdelein? Abdruck im Wunderhorn, Birlinger's 
usg. II, ©. 126. 

Was man kaum erg finden wird, iſt bie geintide Umdichtung dieſes Liedes, bie 
ch ſchon 1646 in Werlin’d Handfhrift und fpäter bis Ende des 18. Jahrhundert? in enangeli- 
hen Geſangbüchern, z. B. im Erfurter finden. Anfang: „Wo find ic deines Baters Haus, aller- 

liebftes Jefulein? Die enge Straß geh ein und aus, da findeft meines Baterd Haus. Schweig 
ſtill, ſchweig fill, laß fragen fein!“ 


A460’. Kölner Bolkslied. 


„Alter Johannidtanz.“ Mone, Unzeiger VI. Beil. 





Wie fumm ich denn die Poortd be » rin! Sag du, mi Lien «chen, ſag! 





/ u Y * 
„Nemm de Rüng un ſchüddl de Klüng, fo ment ming Mo⸗der, et doet de WüngKumm 






du mi Liev-⸗chen kumm, kumm, kumm, kumm du mi Lievchen, kumm!“ 


* er ge Tert 8 Strophen bei Mone, Quellen und Forfhungen I, 159. Wiederholt 
Mittler Rr. .— 
Wieder ähnlich ein kuhländiſches Lied bei Meinert 1817, ©. 112, Abdruck Mittler 916. 


Anfang: 
‚Wie fuomm ich zu dar Thir binain, 
Main Ollerhatzlivſte main? ‘ 
„Zich aus di Stifl, fted d di Schlappe, 
Su heät di Mutter di Thir ni flappe. 
Kuomm, fuomm mein Dllerhaglivfter main!” (4. Str.) 


Eine Riederfhrift aus münbdlicher Heberlieferu 
„Bo find ich denn meins Schwiegervaterd Haus, wa 


er 


vor 1806 in v. Arnim's Nachlaß beginnt: 
es Mägdelein? Geb die Straße dort hinauf, 


da wirft du finden deins Schw.-Haud. Nu nu! fo fo! So mein Kindchen fo fo!” (ph. 


Birlinger’d Audg. II, 126.) — 


omit lebte das Lied des 16. Jahrhundert? bid um die Mitte des 19, Jahrhunderts in 


Deutfhland fort. 


Ein ganz ähnliches Lied, fogar mit gleichem Berdbau, gabs in den Niederlanden, das 


als Reigenlied am Johannisfefte bis in die Neuzeit 
Liebesluft audmalt. In J. W. Wolfe Wodana, 


Zert von 6 Strophen: 


efungen wurde und noch viel finnlicher die 
ent 1843, 31. 186 beginnt ber vlämifche 


Meideken jonc, meideken fier, 
waer staet uw vaders huisken hier? 


Dazu die Bemerkung: „Died Lied wird zu Dendermonde unter der Krone gefungen. Die 
Burſche und Mädchen halten fi dabei feft an der Hand und tanzen im Kreife herum.“ Alſo 


beim Zanz unter Blumengewinden (Krone) am Mitfommerfeft war 


as Lied feit Alterd üblich; 


vermuthlich hatte auch das deutfche Lied gleiche Beftimmung. Die Ueberfegung würde lauten: 


1. Mägdlein jung, Mägdlein fein, 
Wo fteht eur's Vaters Häufelein? 
„Geht nur an den grünen Weg 
Bor der Thüre fieht ein Mai” — 
Sprach das verliebte Mädchen. 


2. Mägblein jung, Mägplein fein, 
Wie komm ich zu dem Haus hinein? 
„Zieh die Schnure an der Klink 
Bis die Thür dann auffpringt“ — 
Sprach das verliebte Mädchen. 


So geht das Fragen und Antworten weiter. Bei der Frage: Wohin fted ich die Beine 
mein? folgt die Antwort: Steckt eure Bein an meine Bein, es foll fant Jan's Mitfommer fein. — 
ndere Lesart aus Gent, Willemd Nr. 234, daber Hor. belg. II, Rr. 154 mit der Ueber- 


ſchrift „Liebedunterriht”. — 


A461, Ritters Alage über Alaffer, 


— 


. Bon deinetwegen bin id) hie 
Herzlieb vernimm mein Wort! 
AU mein Begier fer ich zu bir, 
Zu dir trag ich fein Haß. 

Laß mid der Treu genießen 
Dein Diener will ich fein 

Thu mir dein Herz aufſchließen 
Schleuß mid, Herzlieb, darein! 


(2.Ach Gott, was foll ih Hagen (fingen) 


Trend ift mir worden theur; 
Furt lebet ih in Sprüngen 
Das büß ich alles heur. 
Bor Zeiten ſchien mir die Sunnen 
Jetz wills mir nimmer fein’; 
Ein Anderer hat mich verbrungen, 
Kränft mir das Herze mein.) 

3. Man bat uns beid verlogen, 
Das weißt du, Herzlieb, wohl; 
Das hant die falfhen Klaffer than, 
Seind mir und dir nit hold. 
Wen wöll wird wider gelten 
Was rathſt du, mein edler Schatz 
Denet will ich dich lieb haben 
Dep aller Klaffer Zorn, 


4. Nun grüß did Gott mit Treuen, 


Du mein fhön Kaiferin! 

Es muß mid immer reuen 

Bis auf das Ende mein, 

Daß du mich thuft verachten 

Du weiblih Bild fo werth; 

Ih wünſch dir ein freundliche Lachen 
Als was dein Herz begehrt. 


. Die Röslein in dem Garten, 


Ihr Adel und Gefhmad ift gut; 
Sollt id) meind Buhlen warten, 
Wär mein Will und mein ug. 
Rothe Röslein brechen, 

Es ift wohl an der Zeit; 

Ih habe Muth zu erwerben 
Die mir im Herzen leit. 


.I hab Muth zu erwerben 


Did auserwählten Schatz; 

In deim Dienft wollt ih fterben 
Wär mir eine Heine Sad. 

Und wenn ih wär zerhauen 
Berwundt bis auf den Tod, 
Ursle, holder Buhle mein, 
Beut mir dein Mündlein roth! 


284 


7. Da id fie küßt am legten 8. Nun ift die Zeit jetzt kummen, 
An ihren rothen Mund: Daß ih mi ſcheiden muß: 
Nun gfegen dich Gott, mein feines Lieb, So geſchach mir nie jo leide 
Und fpar di Gott gefund! Geſchach mir nie fo meh! 
Magft du did auch enthalten In dem ſcheid ih von dannen 
Ein Jahr, ein Heine Zeit: Mit Leid und Ungemad: 
Dein fteter Diener will ich bleiben Ih kanns nit bringen von dannen 
Dis auf das Ende mein! Ih wünſch ihr ein fein gut Nacht. 


9. Und wer ift, der des Piedefang 
Bon neuem gefungen hat? 
Das hat gethan ein gut Gefell, 
Gott gab ihm ein fein gut Yahr. 
Er hats gar wohl gejungen 
Bei friihem kühlen Wein, 
Darbei da und gefeflen 
Treu ſchöne Yungfräulein. 


„An hibſch lied, in der weyß: ich hat mich vonder wunden, woll denen aim 
frewlin fein“, Offnes Bl. in Kleinfolio. K. Bibl. Berlin. Abdrud Wadernagel, 
Kirchenl. 1841 ©. 859. Sehr verderbter Tert. 


“ 6,7 Ursle, Urfula. 


462. Warnung vor Hnbeffändigkeit der Frauen. 


Aus 68 Liedern Nr. 42, Ammerbach 1888, Nr. 58, 




















Por Zeisten war ich lich und wert, der die ich hätt er=- kom, 
Sept bat ed ſich fo gar ver 


— ee oz 
Denn fie will ein An- dern lie » ber ban. Niesmandzmwei Her - ren 










die » nen fann, ein muß man lieb’n, den an ® dern ver « lan: 





2. Hüt' eu, ihr jungen Knaben 3. Die Falten können fie ftreichen, 
Halt eud in guter Hut, Dieweil wir bei ihn'n ftahn, 
Daß euch die Lieb nit zwinge, Biel Sprihwort thun fie treiben, 
Daß ihr mögt abelon! Alsbald wir von ihn'n gahn; 
Ein guter Muth, ein furzes Ziel, Verheißen viel, und halten nur ein Theil, 
Nicht glaubt den ſchönen Jungfraun viel Dis fie und bringen ans Narrenfeil, 
Was heut ift lieb, ift morgen leid: Dann müflen wir ihn'n gefangen gahn 


Das jchafft ihr Unftetigkeit. Dieweil wir das Leben han. 


285 


4. Sie thun ung loden und fingen 

Bis wir ihn’ fliegen zu, 

Daß fie uns thun bezwingen 

Dieweil habn wir feine Ruh. 

Gleich wie man den Meinen Walb- 
vöglein thut, 

Man pfeift ihnen füß und machts 

ihnen gut: 


5. Ade, zu taufend guter Nadıt, 


Mein Trauern hat ein End! 

Hätt ich dein Untreu längft bedacht, 
Mein Herz hätt fi von dir gewendt. 
Fürwahr laß e8 gereuen did), 

Du b'trügſt ein andern fo bald als mid). 
Dein Untreu macht, vaß ich dein nit acht: 
Ade, zu guter Nacht! 


Wenn man fie dann gefangen hat, 
So ſchlägt man fie zu tobt. 


Tert aus der Heidelb. Hf. 343 fol. 44 (daher ſchon Görres 67 und Erlach I, 241). Mit 
einigen Barianten Ambrafer Lob. 1582, Nr. 28. Melodie aus: 68 Lieder, Nümb. 1559, Ar, 42. 
Dort nur 3 Strophen Tert und fehr verdorben. Volksthümlichere Lesart der Melodie folgt unter 
„Elend bat midy ꝛc.“ 


Barianten im Ambrafer Wb.: 1, 7 Der eine ift lieb der ander leid, damit ich von ihr 
fcheid. [Der eine batd Wort, der ander den Spott, damit werdend beid verführt (fo in 68 Riedern)]. 
2,5 Guter Mut ift halber Leib (d. h. Leben). 


J. 3,2 Dieweil, folange. 3, 4 Alsbald, fobald. 





463. Liebesklage, 














ar obn all mein Schul, 
mit Schmerzen ih das duld; 


um» fan = gen, fo 
ver » lan =» gen, 


E⸗ lend bat mich 
Nah der mir thut 


» fen Wort, do » mit fie mein Herz hat ver» führt; manch 





Dad mas chen ih «- re 





Se - fe gut, 


ein frau be = hut, und bringt fih felber in Mot. 


2. Pein und großes Herzeleiv 
Umb Frauen willn fürwahr 
Zu tragen viel ward mir bereit, 
Das fag ich offenbar. 
Ein weiblih Wort der Liebe trifft 
Davon warb mir mein Herz vergift‘. 
Ein Wochen lieb, die ander leid, Das Herze mein muf leiden Bein, 
Das ift ihr fteter Troft. Jedoch e8 muß geſchieden fein. 


Tert: Münchner Cod. germ. 810 Bf. 150 (um 1560 gejchrieben) Melodie mit 
einem geiftlihen Texte gleihen Anfangs im Dresdner Cod. 53 (um 1560 gejchrieben); 
Ein geiftliches Lied auf die Weile „Elendt hat mich vmbfangen“. Unfangsftrophe: 
Elendt hat mich ombfangen fo gar on all mein ſchuld; nad dem ich hab verlangen, 
mit ſchmerzen ich das duld. Das ift mein Gott, Herr Jeſu Chrift, der aller Welt 
ein Bater ift, mein heil und troft in aller noth, er Hillft mir hier und bort,“ 


3. Ave, ade, zu guter Nacht! 
Nun bin ih ganz elend. 
Hätt ih das an dir gebadht, 
Mein Lieb hätt längft ein End. 
Mein Sinn gänzlih nach Scheiven ſteht, 
Sp mehr je Zeit ald Tag vergeht, 


286 


Die Melodie ift zugleich die vom Lied: Bor zeiten war ich lieb ꝛc. 

Die Melodie fteht in Babſt's Gefangbuh 1551 IL Theil Nr. 69, mit vierfach 
größern Noten und dem Tempuszeihen O 3 (d. h. 3/ı-Takt) zu folgendem geiftlichen 
Texte: 


Elend hat mid umfangen 

So gar ohn all mein Schuld, 
Nah dem ich trag Verlangen 
Mit Schmerzen ich das duld. 


Genau diejelbe Melodie bei Pfalter Dauids. 


Das iſ mein Gott, Herr Jeſu Chriſt, 
Der a 

Mein Heil und Troſt in aller Welt, 
Er bilft mir bie und dort. 


er Welt ein Bater ift, 


Frankfurt a. M. 1582 Geite 75 


zum Lieve: Groß Unrecht muß ich leiden ꝛc. mit der Ueberſchrift: Pf. 25. Im Thon, 
Elend hat mich umbfangen. 
Diefelbe Melodie bat Ulenberg in feinem Pfalter 1582 dem geiftlihen Terte 
angepaft: D felig, dem der treue Gott Sein vbelthat erlaflen hat. Wieberholt in 
fpätern katholiſchen Gefangbüdhern (f. Bäumker II 367. 

Eine andere Melodie mit dem Tertanfange: Ellent bat mich vmbfangen bei 
Josquin (Regensburger Handfhrift von 1613, ſ. Eitner, Monatöhefte V. Yahrgang. 


— 


464. Mein Lieb verloren! 


. E8 geht ein friiher Sommer daher 


Und eim viel lichter Schein; 
Ich hätt mir einen Buhlen erworben 
Da ſchlug alles Unglüd brein. 


. Ich bätt mir ein Buhlen erworben, 


Den mußt ich fahren Ian, 
Das ſchafft ein Hein Schulve: 
Daß ih nit Pfennig han, 


.Es mahen die faljhen Zungen 


Die find darbie geweſen, 
Die fhnitten mir tiefe Wunden 
Der Treu ich wol genefen. 


. Sie ſchnitten tiefe Wunden 


In meines Herzens Grund 
Die ftehn noch unverborgen 
Schafft, Lieb, dein rother Mund! 


.Wo zwei Herzenliebe 


An einem Tanze gan 
Die laſſen ihr Aeuglin ſchießen, 
Sie ſehen einander an. 


Sie laſſen ihr Aeuglin ſchießen 


Recht als ihn' nit darum ſei, 
Sie gedenken in ihren Sinnen: 
Und läg ich nahe dir bei! 


Aus einer Papierhandſchrift des 


7. Jungfrau! Ihr ſeid edele 


Ihr ſeid ein weidelich Weib 
Und daß ich üch gerne nähme 
Das Gut ſteht ungeleich.“ 


.„Juker! Ihr ſeid edele, 


Ihr ſeid ein weidelich Maun, 
Und nähment ihr mich gerne, 
Kein Gut führt ihr nit an.“ 


.„Ich hör es die Lüte fagen 


Ihr ſeid ein Findeling.‘ 
„Sp will ih ein Magp bleiben, 
Bis daß ich reihe bin.“ 


. Da zog er von der Hände 


Bon Gold ein Fingelein: 
So jeh dir, ſchön Jungfraue, 
Dabei gedenk du mein! 


„Nun mag ich numme fingen 


Und mag fein Freude han, 
Ih hat mir ein Buhlen erworben, 
Den muß ih faren lan. 


.&8 ftehn dri Roſen in jenem Thal 


Die rufet, Jungfrau, an! 
Gott gefegen eud, ſchöne Jungfrau 
Und nehmet fein’ andem Mann! 


15. Jahrhunderts bei Fichard, Frankfurter 


Archiv III 1815 Seite 270 ff. Daher Uhland 36. Hier vom Dialekt gereinigt. — 


287 


Jedenfalls find bier zwei Lieder zufammengefhoben: Str. 1—4 und Str. 11 handeln 
vom verloren Lieb. Aber Str. 5—10 und 12 von Verlobung beim Tanze. 

Man kann Str. 5—10 als Epiſode betrachten, darin die Gelegenheit zur Treu- 
Iofigleit erzählt wird. 


465. Bie Spinnerin, 


Sragm. bei Schmelgel 1544. 





Str. 8, Wat bat der Rok-ken dir ge» tan, daß du mit wilt fpin-nen? 


Niederländiſche Weife. 
[»Die erste vreucht die ick ghewan«.] Souterliedefend 1540, Pf. 9. 





1 Ar — e Freud, die ih ge - warn, iſt mir gu Zraueren fom-men, 
"Der Un» fall bat mits an=ge » than, die Freud iſt mir ges» nommen. 





Und das fchafft nit ald Schei-dend Motb; muß meisden nun ihr Mündlein 






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4 0m VA „EZ BEE A" 
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roth; ad, wie bringt mir dad Rei » den! 


2. Den Unmuth, den ich im Herzen trag, 5. Ich trau ihr wol zu aller Stund, 


Den muß ich länger dulden, Der ih lang hab gebienet ; 
Deshalb ich ſelbſt mir viel gemacht, Ste hat mich oft gar hoch erfreut 
Daran bat fie fein Schulden, Bon mir wird fie gefrönet. 


Den will id trag'n bis auf fein Zeit, Sie ſchleußt mih im ihr Herz hinein 
Bis daß mir Freud mein’ Unmuth vertreibt Und läßt mich ihr befohlen fein 


Sie kann mir Kummer wenden, Allzeit in ihrer Liebe. 

3. Das Neflelkaut, das fie mir gab, 6. Do ih am nädften bei ihr was, 
Das wählt in ihrem Garten, Thät ichs freundlich umbfahen: 
Sie ſpielt mit mir und ich mit ihr „Geſegen dich Gott, du feines Lieb! 
Drei Schanz auf einer Karten. Da laß dir nicht verfhmahen. 
Die erften Schanz, die ih gewann: Und beut mir dein jchneeweiße Hand, 
Daß fie mir bot ihr Mündlein ſchön Sieb mir dein Treu zum Unterpfand 
Freundlich in aller Eile. Bon dir will ich nicht weichen! 

4. Do macht fie mir ein Kränzelein 7... Weichft du von mir, was [habt mir das? 
Bon Veil und von Rofen; Ih find wol deinesgleihen!" — 
Sie fprah: Set dich zu mir herein, Und do ich nädhten bei ihr was 
Thu freundlich mit mir koſen! Thät mir ein Heimlichs beichten, 


Sie band mir das Kränzlein auf den Hut, Das Beichten das ift manderlei: 
Sie fprah zu mir: Sei wohlgemuth ! „Feins Lieb du weißt wol mein’ Beſcheid: 
Ih will bald wiederkummen. Bon dir will ich nicht weichen! 


288 


8. Ah was hat dir der Roden gethan, 9. Der uns dies Liedlein hat gedicht, 


Daß du nicht magft mehr ſpinnen? Und Neues hat gejungen, 

Du fiehft mich über die Achſel an, Ein Rodenmaidlein zugericht, 

Sam wöll er dir entrinnen, Die Lieb hat ihn bezwungen. 

Feind Maidlein, fonimm dir wol der Weil Er denkt ihr oft und wünſcht ihr Heil, 
Daß did der Rocken nicht übereil, Sie ift ihm um fein Geld nicht feil 
Grüß mir die Spinnerinne! Die felbig Spinnerinne. 


Fl. Bl.: „Gin newed Lied, von einer Spinnerin. .. [Um Ende]: Gedrudt zü Nuͤrm— 
berg durh Kunegund Hergotin.“ Ic. 1530) Weimar. Sammelband Nr. 4. — Ein nieder: 
deutfches Fragment ſ. Uhl. 194. — Bulpius (Vorzeit III, 299) giebt von unferm Tert blos die 
1., 3., 4., 6. und 8. Strophe aus einer Nürnberger Meifterfingerbandfchrift der Weimarer Bibl. — 
Liederb. Paul's v. d. Aeltft 1602, Nr. 170 bringt 9 Strophen wie bier, nur wenige Worte anders. 

Das Lied von der Spinnerin muß im 15. Jahrhundert ſchon beliebt gewefen fein, denn 
*5 eine geiſtliche Parodie darauf, die nach dem Münchner Cod. germ. 808, fol. 4 
alſo beginnt: 


Die höchſten freüd. Geyſtlich. 


Die höchſten freüd, die ich gewan 

iſt mir zu trawren komen. 

Die welt hat mir lang nachgeſtelt 

hat mir gots huld genomen. 

Das iſt gar fer betrübt mein mut, 

ich fürcht ieg nur der belle glut 

das Flag ih umb und umbe. (WE. II, 1285.) 


466*. Bas Stüblein. 


Erfte Lesart. 
J. Dtt 1544 Nr. 14. Tonſaß v. 9. Jinat. 






Wann ic ded Mor-gend früb auf-ſteh, fo iſt mein Stübslein ge = bei =» zet 





fhon, fo fommt mein Lieb und beut mir ein guten Mor . gen. 


Undere Lesart. 
3. Dit 1534 Nr. 68. Tonfag v. 2. Senfl. 





Wann ich ded Mor-gend früb auf-ſteh und in meins Da - terd Stüb - lein 





1. Wann id des Morgens früh aufiteh, 
So tft mein Stüblein geheizet ſchon, 
So kommt mein Lieb und beut mir ein guten Morgen. 


289 
2. Ein guter Morgen ift bald dahin, 
Gott geb meinem Lieb |: ein fteten Sinn, :] 
Darzu ein frifch fröhliches Gemüthe! 


So der Tert bei Dit 1544; nur eine Strophe 1534. 


466°. Morgengruß. 


„Bann ich des morgen ſtuͤ aufſteh.“ Melch. Newfidlerd Lautenb. Straßb. 1574, Rr. 32. 
Mi 








Schmelgel 1544, Nr. 7. 


(Wann ich des morgens frü aufſtand.) 


1. Baun ih des Morgens früb auffteh, 
Zu meinem lieben Buhlen ich geb, 
So kommt mein Herzlieb und wünſcht mir ein guten Morgen. 


2. Ein guter Morgen ift bald dahin, 
Ih wünſch meim Buhlen ein fteten Sim, 
Ein fteten Sinn, darzu ein freies Gemüthe. 


3. Hätt ih ein Buhlen als Mancher hat, 
Ih wollt ihm aufbinden fein gelbes Haar, 
Sein gelbes Haar mit eitelbrauner Seien. 


4.3 wollts ihm aufbinden im rothes Gold, 
Ih bin meim Buhlen von Herzen hold, 
Bon Herzen hold, ich könnt ihr nit holder werben. 


Heivelb. Hoſchr. 343, Bl. 139 3w. 1520—50); Franff. Lob. 1582 und 84, 
Nr. 37; Ambrafer 32; Uhland, ©. 89; Woh. 3, 71 (mn. U. 72) — Dit 1544; 
Antwerpner Pob., 1544, Nr. 10. — Diefe Melodie bezeugt, daß äolifhe Tonart vor 
liegt und die Septe (es im vorangehender Melodie) berechtigt if. 
Eine weltliche Gegendichtung von 10 Strophen auf einem fl. Bl. Nürnb., Hans 
Gulvenmundt (Weim. Jahrb. 4, 428) beginnt: 
Wenn id ded Morgens früh aufftch, 
Alsbald ich in mein Armutb geh, 
Unglück, Elend fihlägt mir unter mein Augen, 


Bermuthlih hat unferm Zerte auch eine Durmweife angehört, die im Locheimer 
Pb. (1452), Arnold's Ausg., S. 157, zu finden ift. Ihre Ueberſchrift „Stüblein“ 
führte mich darauf und die Muſik paßt zum Versmaß des deutfchen Terted. Ihr ift 
dort ein lateinijher Text »Virginalis flos veneralis« aufgezwungen. — Unfer Lieb 

Ertu. Böhme, Fiederhort. I, 19 


290 
ftammt aus dem 15. Jahrh., da ſchon G. Iſaak e8 bearbeitete. Ein Wintermorgen 


junger glücklicher Eheleute ift in dem kurzen Terte vorher befungen. In dem längern 
bier wünſcht ein Yüngling erſt das Eheglüd herbei. 


467. Am Sonntag. 


1. So hab id doch die ganze Woche 2. So will mir doch die ganze Woche 
Mein feines Liebhen nicht geſehn; Das Lahen nicht vergehn; 
Ich fah es an einem Sonntag Ih ſah e8 an einem Sonntag 
Wohl vor der Thüre ftehn: Wohl in vie Kirche gehn: 
I: Das taufenvfjhöne Yungfräulein, Das taufendihöne Yungfräulein, 
Das tauſendſchöne Herzelein, Das tauſendſchöne Herzelein, 


Wollt Gott, ih wär heute bei ihr! :] Wollt Gott, ih wär heute bei ihr! 


Berglieverbüchlein, 1740, Nr. 90. Daher Erf, Liederh., 35* und Woh. 4, 174; 
Uhland, Nr. 63; Mittler 701, U, Träger, 1864, ©. 23. — Am Sonntag die 
Mädchen vor der Thür oder auf dem Kirchgang fehen, das war fonft die Gelegenheit 
zu Belanntfhaften für ehrlich Liebende; nicht Agenten vermittelten. 


A468. Büffen ift jungen Leuten erlaubt, 


1. Eine ſchön gute Naht, ein taufend gute Nacht, 
IH hab mir mein Betten auf dem Boden gemadt. 
2. In dem Sommer fit mid meine Mutter ind Gras, 
Herzen mid die Yunggefellen, was ſchadet mir das? 
3. Es ſchadet mir nichts, e8 ſchmeckt mir wohl, 
Davon werde ich ver Piebe jo voll, 
4. Ein braver Yunggefelle hat allezeit Macht, 
Yunge Mädchen zu herzen bei Tag umd bei Nadıt. 
5. Iſts abermals aus, wird wieder nichts draus: 
„Seht immer zu Haus und laufet der Mutter ven Zippel-Pelz aus!“ 


Bergliederbüchlein, ca. 1740, Nr. 95. Scheinbar ein Spinnftubenlievhen eines 
ausgelafjenen Landmädchens. 


469. SFenftergang. 








cr auf, tritt auf den Rie» gel von der Thür! wie gen ſäh ic, daß 
„sh laß dih nit, ih laß dich nit ber rein, dukünntftdann beimslich 





en ER Bram, ich tann ſchlet hen vet wie de 


291 


— — — 


A 
essen 


Mo +» ne ſchein; ſtand auf und laß mid ein, laß ein, laß ein! Taf 





ur an u HEE — 
E (am) Ar A ——— BE 
—* — 








ſchö-nes Fräu-e⸗lein. Stand auf und laß mid ein! 


Ein Ehilt-Lied oder Fenfterlied aus dem 15. Jahrh. bei Forſter IL, 1540, Nr. 34. 
Etwas im Tert abweihend bei Pet. Schöffer und Aptarius (1537), Nr. 21, mit dem 
Anfange: „Tundt auf, tundt auf den Riegel von der Thür." Ber O. Laffo, 1569, 
Nr. 16. Handfhriftlih bei Werlin, 1640, ©. 3827: „Thuet auff den Nigel von 
der Thür.“ Der Tert ift vom Pater Werlin geändert, auf Freund bezogen, 

Zert aus Forfter bei Hoffmann, Gefellfcaftsliever, Nr. 29, mit der wißigen 
Ueberſchrift: „Wenns weiter nichts ift!” 





470. Falſche Buhlerinnen. 
—— —— — 


O weh der Zeit, die ich ver⸗ gebrt hab in der Buh⸗ler Or— 
Nach-ren iſt wor⸗den mein Ge—faͤhrt', ih bin zum Thorsten wor =» den; 
—ñn 

















det. Ich baut auf Eid und was ſchier gar ver « bien =» bet. 

2. Die Meivlein geben fühe Wort, 3.36 habs gekoſt', beif nicht mehr an, 

Thun freundlih mit eiim fcherzen; Will eher Hunger leiden; 

Damit bin ih worden bethort, Mit falfher Liebe weit hindan, 

Ste meinend nit im Herzen. Solch Buhlſchaft will id meiden, 

Ihr Herz, Mut, Sinn ift g’richt dahin, Wil fürbaß mehr, — Gott mich ge 

Daß fie nur wollen haben währ! — 

Der Liebe G'winn: Mir eine auserlefen 

Thun eim den Beutel ſchaben. In Zudt und Chr, 


Die für gut hat mein Wefen. 


Forſtet II, 1540, Nr. 12. Rhaw, Bieinia 1541, I, Nr. 90. Ambrafer Lob. 1582, Nr. 29, 
M. Schärer, Teutihe Billanellen 1590, Nr. 2. — Im Wunderhorn I, 1806, ©. 114 eine Ueber 
arbeitung mit der Ueberfhrift „Das fahrende Fräulein”. Darin find nur die 4 erften Zeilen vom 
alten Terte beibehalten, alles übrige haben die Herausgeber des Wunderhorn binzugedichtet; gleiche 
wol bezeichnen fie ald Quelle „mündlih!” — Goethe nennt das Mahwerk „Zief und ſchön“. 


ST 1,3 Radıreu, zu fpäte Reue. 2,9 ſchaben, reinigen, leeren. 3, 3 hindan, von 
dannen, hinweg. 3,8 die mir zufrieden ift und mich nimmt, wie ich bin. 








19* 


292 


ATI. Loos des Buhlers. 






Hagl und Schnee thut er ihm web, er hofft ihm ſolls 


2. Wann er des Morgens früh aufſteht 

Thut er ſich ſchnell anlegen, 

Er wart't wann ſie zur Kirchen geht, 
Daß er ihr komm entgegen. 

Wann ſie ihn anblickt, ſein Herz erſchrickt 
Ein Wort kann er nicht jehen (ſagen) 
So grüßt ſie ihn und geht vorhin, 

Nach ihr thut er umſehen. 


. So geht er auf und wieder ab, 

Das thut fie bald vernehmen, 

Sein Herz ift ihm der Freuden voll, 
Wann er heimlih fol kommen; 

Auf eine Stund, die fie ihm gunnt, 
Gar ſchön thät er ſich mutzen, 

Er läuft ſtets um, ſucht Ränk und Krumm 
Mit Gaffen und mit Gucken. 


. Wann er dann zu der Liebſten kommt, 
Sein Trauren iſt ihm vergangen. 
Sie fpridt: Ihr feid hübſch und gelaf; 
Mit ihm kann fie wohl prangen, 

Und liegt ihn an, als fie wohl kann 
In Geden- und Narren-Weife. 

Er Spricht zu ihr: Herzenbegier 

Ein Schag ob allen Weiben! 


Gin Buh-ler muß ſich lei-den viel, ded bin id 
Died Tas ges treibt er Af-fen-ſpiel und führt Char - tau ⸗ fer 


Zriller 1555. 





in» nen wor = den; 


— — 


Dr » den! 


ge =» lin = gen. 


5. Ich bin euch, Yungfrau, von Herzen hold, 


Niht mehr kann ich gefagen; 

Wann mir eur Pieb nicht werben enfollt, 
Bon Leid müßt ich verzagen. 

Dann nimmt fie für em Aventür, 
Damit daß er geht traben; 

Macht ihm ein Kranz: die Lieb fei ganz, 
Und wart't auf andre Knaben. 


z. Ah Buhler, du viel armes Thier, 


Dann willt du Weisheit pflegen? 
Sie fpriht, fie hätt fein Gunſt zu dir, 
Darum laß unterwegen. 

Gelaub mir, du bift zu aller Frift 
Ein Märtyrer bie auf Erden: 

Du machſt dir Pein durd Liebe Schein, 
Da dir kein Lieb mag werben. 


Laß ab, laß ab, du armer Gaud, 


Solch Buhlſchaft darfft nicht fuchen, 
Das teuer löſch; beißt dich der Rauch, 
Schaff du nichts in der Kuchen. 

Sud anderswo, fein Lieb ift do 
Die dir mag widerfahren, 

Dein Lieb und Gunft ift gar umfunft, 
Dein Arbeit magft wohl fparen. 


Tert aus dem Liederbuch der Herzogin Amaly von Cleve. Hf. aus der Mitte 


des 16. Jahrh. Abſchrift in Fraukf. Stadtbibl, Abdruck des Originals im niederrhein. 
Dialekt in Ztihr. f. d. Philologie, XXIL, ©. 425 durd Dr. I. Bolte. Uebertragung 
bier von mir. Eine ſchlechte hochd. Uebertragung in der Berliner Hdoſchr. von 1568 
(Ms. germ., Fol. 752), Nr. 123, daher Bolte die werthlofen Varianten beigefegt 
bat. — Die Melodie fand ih in v. Triller's Singbüdlein, 1555, zu einem geift- 


293 


lichen Straflied mit folgendem Anfange, aus dem ich fiher ſchließe, daß fie zu vor⸗ 
ſtehendem weltlichen Texte gehört. Hier iſt der Anfang: 


Ein Säufer der muß leiden viel Denn Trank und Quaß über die Maß, 
Und führt des Teufeld Orden. Wie du kannſt felbft bedenken, 
Er thut mit ſolchem Affenfpiel Den Leib beſchwert, die Sinn verkehrt, 
Sein Leben zeitlich morden. Und ganz Geblüt thut kränfen. 


472. *chabab. 


Zanzlied, Dtt 1544, Nr. 91. (Nr. 1 der fünfft. Säge). Tonf. v. Senfl. 














GE iſt mit al» les Col » de, und das da — thut; 
ih bin dir nit gar bol » de, das macht dein Ue- ber-muth. 





Schab⸗ab ift mir ges mwah-fen ein ganszer Gar»ten vol. — Ich brach mir 








ab Ber: gi mein nit, bab mich lieb und act mein nit: 





— — — 
SH =» ab, ja fhab « ab bin ic. 


J. Grllärung: 1,2 gleißen, glänzen. 1,5 Schabab fein (ald Verbum) heißt ſchmäh 
lich abzieben, ſich fortpaden , abſchieben. Das Shabab ald Subftantiv —* eine Herbſt⸗ 
pflanze, das Achilleskraut (Euphrasia officinalis), bei deren Blüthbe es mit dem Sommer zu 
Ende (jhabak) gebt. Nah Schmeller 3, 305 und Stadler 2, 305 iftd die Pflanze Adonis auto- 
malis. Sinn bleibt derfelbe: mit der Liebfchaft ifts aus, 





473. Schabab. 


Fabricius’ Ldb. 1603, Nr. 118, Lautenſatz. 












Gut Gfell und du mußt war - » dem, das Mägd-lein liebt ein an » dem: bie 





Zu 
; = der bin ih ſchab-ab. Kann 








— —- - 
dir's niht gmug»fam Fa =» gen _ meinSchmen, € lend und je⸗ 





doch ich hoff, es wird fd noch an ibr felbft rä» chen fein. 


294 


2. Reut mid allein mein junges Blut, 3. So reut mich noch das Mägdelein, 


Welches nach ihr verlangen thut, Dieweil es ſo zart und fein, 
Daß ich von ihr ſollt ſein, Daß ſie ihr junge Tag 

Unglück kommt gar darein; Verzehren ſoll in Klag 

So muß ich doch bekennen Mit einem alten Mann, 

Und ſollt ich ſterben heunt: Da keine Freud iſt an, 

'S ift gewißlich wahr, ſags ganz und gar, Nur fauer fiht und fletig kriegt, 
So bin ih dod nit fein. Das Yahr nur einmal lacht. 


4. Alſo muß ich mich ſcheiden hin, 
Denn ih gleich jegund traurig bin; 
Nah trübfeliger Zeit 
Kommt gerne wieder Freud. 
Wenn Gott der Herr läßt feinen 
Sein lieben Sonnenfhein 
Im grünen Wald alsdann kommt bald 
Wieverumb Freud und Wonne. 


Text in Hainhofer8 Pautenb. II. S. 20 (Hf. um 1603). Ebenſo bei Fabricius 
Liederb. um 1603 Nr. 118 mit obiger Mel. — Bon 9 Str. find hier blos 1. 2. 
8 und 9 ausgehoben; die übrigen find gar zu fabes Gewäſch, wahrfcheinlih von einem 
Hofbevienfteten. — Auch auf einem fl. Bl. um 1600 und im Ambrafer Lob. 1582 
Nr. 250 mit 8 Strophen. 

Uebereinftimmend ift das niederl. Lied: ‚‚Gheselleken, du most wandelen‘‘ in 
der Sammlung: De nieuwen verb. Lusthof. Amfterdam 1607. — Eine Melodie 
war bisher unbelannt. 


ATA. Bie Mägdlein find von Flandern. 


Ammerbah, Orgelb. 1571, Rr. 7. 










Mein Feind » lieb ift von Flan-dern und hat ein’ war» fein Muth, 
Sie giebt ein um den an«bern, dad tbut die Läng mit gut; 
—N 


vd ed Er 


doch bin ih ſtets ihr als ler Wohl: gesmuth, ih wünfh ihr al» led Gut. 
2. Mein Feinslieb wollt mich lehren 4. Und wär mein Lieb ein Brünnlein kalt 
Wie ih mich halten folt. Und fpräng aus einem Stein, 
In Zühten und in Ehren Und wär id dann der grüne Wald 
Führwahr ich bin ihr hold. Mein Trauern das wär klein; 
Hold bin ich ihr, Grün iſt der Wald, 
Zu ihr ſteht mein Begier, Das Brünnlein das iſt kalt: 
Wollt Gott ich wär bei ihr! Mein Lieb iſt wohlgeſtalt. 
3. Was ſah ich nächten ſpate 5. Was ſah ich in dem grünen Wald, 
Un einem Fenſter ftan, Was fah ih bin und her? 
An einem Fenſterladen Ein Blümlein das war wohlgeftalt, 
Was hatt’ fie fchneeweiß an? Und das mein Herz begehrt 
Was hatt! fie an ihrer Hand? Grün ift ver Klee, 
Bon Gold ein Ringelein Alde, alde, mein feines Lieb! 


Die Herzallerliebfte mein. Ich feh dich nimmermeh. 


295 


6. In Schwarz will ich mich Meiven 7. Wer uns dieß Ptedlein neu gefang, 
Und [eb ih nur ein Yahr, Sowohl gefungen hat, 
Um meines Beulen willen, Das hat getan ein gut Gefell 
Bon der ih Urlaub hab; An einem Abend fpat; 
Urlaub bab ich Er fang e8 wol 
Ohn alles Schulden, Aus Friihen, freiem Muth, 
Ih muß gedulden. Er wünfdt ihr alles Gut’. 


Ambrafer Liederb. 1582 Nr. 39. Daher auch Uhland Nr. 49. Nad einem 
fl. Bl. um 1550 Wh. 4, 11 und Gövede— Tittmann ©. 47. Melodie bei Ammer— 
bad, Orgelb. 1571 Nr. 7. 

Borterflärung: 1, 1 iſt von Flandern = ift flatterhaft, unbeftändig. ‚3 fie 


giebt einen Liebhaber auf, wenn ein anderer kommt. 1,6 aller, gen. pl., bier K averbial = 
durchaus — — gut geſinnt. 6, 4 Sie hat mir den Abihied gegeben. 7,5 bat im 


Original überzäblige Sitten: „er hats fo frei gefungen”. 
475. 
Ad ſüßer Schatz auf diefer Erd. Aug. Rörmininger’d hoſchr. Tabulaturb. 1598, II, Nr. 11. 





Die Melodie ift fpäter zum proteft. Choral: Herr Jeſu Ehrift, meines Lebens- 
licht. Weltliher Tert nicht weiter gelannt. 


476. Marin. 


(Namentied.) 
Hand Leo Haßler 1601. Driginalform. 





Mein Gmüth ift mir ver» mwir«ret, dad macht ein ung» frau zart; = Hab 
Bin ganz und gar ver-wir-ret, mein Herz dad kränkt ſich — hatt. 





Tag und Naht kein Ruh, führ alle zeit gro» fe lag, thu ſtets ſeuf-zen und | 


wei » nen, in Trau- ren fchier ver » zag. 


2. Ach, daß fie mich thät fragen, Daß fie allein die ift, 
Was do die Urſach fei, Die mid fo fehr verwundt: 
Darum ich führ fol Klagen Könnt ich ihr Herz erweichen, 


Ih wollt ihr's fagen frei, Würd ich bald wieder gfund. 


296 


3. Reichlich ift fie gezieret 4.9 kann nicht genug erzählen 
Mit ſchön'n Tugend ohn Ziel; Ihr Schön und Tugend viel; 
Höflih wie ſich gebühret, Für Alle wollt ichs erwählen, 
Ihres Gleichen ift nicht viel. Wär ed nur auch ihr Wil, 
Fir andern YJungfraun zart Daß fie ihr Herz und Lieb 
Führt fie allzeit den Preis; Gegn mir wendet allzeit, 
Wann ichs anfhau, vermeine Sp würd mein Schmerz und Klagen 
Ich ſei im Paradeis. Berkehrt in große Freud. 


5. Aber ih muß aufgeben 
Und allzeit traurig fein, 
Sollt mir gleich koſten's Leben: 
Das ift mein größte Pein, 
Denn ih bin ihr zu fchlecht, 
Darum fie mein nicht adt. 
Gott wölls für Leid bewahren 
Durch fein göttlihe Macht! 


Gedicht und Melodie zuerft in: Yuftgarten Newer Teutfcher Geſäng, Balleti, 
Gallierden vnd Imtraden, 4, 5, 6 vnd 8 Stimmen: Componiert durch Hans Leo 
Hafler von Nürmberg. MDCI. . zu Nürmberg bei Paul Kauffmann. — BWieder- 
bolter Drud 1605 und 1610 ganz gleichlautend, Dafelbft Nr. 24 fünfftimmig, im 
joniſcher (micht phrygiſcher) Tonart. Die Anfangsbuchſtaben des Gedichtes bilden den 
Namen Maria, 

Diefer Melodie find bekanntlich mehrere geiftl. Lieder umntergelegt worden und fie 
führt als Choral darnad) folgende Namen a) „Herzlich thut mich verlangen“ (zuerft 
im Görliger Gſgb. 1613: Harmoniae sacrae ©, 455). b) „Ad Herr, mid armen 
Sünder“ feit 1643, dann 1648 im Gothaer Cantional ©. 455. — Später wird 
ihr der Rhythmus abgeftreift und fie benannt nad den Liedern: „O Haupt voll Blut 
und Wunden” — und „Befiehl du deine Wege“. In Seb. Bach's Matthäus-Paffion 
fteht fie zu „Wenn ich einmal foll ſcheiden“. 


ATT°. Tren bis zum Tod. 













Es —X drei Ge » fpierlen gut ſpa— jie« ven in ben Bald, fie 
b_b 


+—— 


gin «» gen al» Te drei bar =» fuß, der Ha— gel und Schne war kalt. 


2. Die Ein’ die weinte fehre, 4, „Haben drei Reitersknechte 
Die Andre war mwohlgemuth, Geſchlagen dein Lieb zutod, 
Die Dritte begann zu fragen: Ein andres ſollt du dir kieſen 
Was heimliche Liebe thut. Und tragen frohen Muth!“ 

3., Was habt ihr mich zu fragen, 5., Sollt id ein’ Andern lieſen, 
Was heimliche Liebe thut? Das thät meinem Herzen weh: 
Es haben drei Reitersknechte Ade, mein Vater und Mutter, 


Geſchlagen mein Lieb zutod.“ Ihr ſeht mich nimmermehr!“ 


297 


6. ‚Ave, mein Vater und Mutter 
Und mein jüngftes Schwefterlein! 
Will gehen zur grünen Linde, 
Dort liegt der Liebfte mein!‘ 


Tert: Antwerpner Liederb. 1544 Nr. 80, daher Hoffmann, niederl. BL. Nr. 118, 
„Het ghingen drie ghespeelkens goet‘‘. Weberf. von mir. Faſt wörtlich glei fand 
ich fpäter eine Ueberjegung bei Uhland, 3, 408. Melodie dazu fteht im Antwerpener 
geiftl. Gſgb. von 1539. (Een devot en profit boecxken) Nr. 156 mit der oben 
über der Melodie ftehenden Ueberſchrift. — Reitersknechte erflärt Hoffmann durch 
Landsknechte. 


Das Lied mag im 16. Jahrh. auch in Deutſchland geſungen worden ſein. Als 
Tonangabe wird es im Bonner Geſangbüchlein um 1570 angeführt „Es giengen drei 
Jungfrauen durch einen grünen Wald“. 

Andere Tonangaben bei Uhland 3, 409 und 490 angeführt, beziehen ſich auf 
ein ähnlich anhebendes Lied, das aber andern Versbau und andern Inhalt hat: 
handelt von zwei Gefpielen, die um den Beſitz des Liebften ſich ftreiten. — 

Hier fehen wir drei (richtiger zwei) Mädchen Morgens im Wiefenthau mit bloßen 
Fügen was für gefund galt, hinaus ziehen in ven Wald; zugleich ziehen aber vie 
Frühlingsfhauer mit Hagel und Schnee, fo daß fie Froft empfinden. „Die eine 
geht nad Blumen, die Andre nad) der Linde, nicht zum eigen oder zu traulicher 
Zufammenkunft, fondern zur Leiche des erfchlagenen Liebften. Diefen zwei Geftalten, 
dem lachenden Mädchen und dem tobt betrübten, gibt eben das wechſelnde Früh: 
(ingswetter feine zwiefältige Beleuchtung: Sonnenfhein und Schneefhauer zumal 
ftreifen über die Landſchaft und find die himfchreitenden Jungfrauen“. (Uhland). 

Im Kuhländchen hat ſich ein ähnlicher Tert erhalten, ift aber verfümmert und 
aus Gefpielen find Gefellen geworben, weil der alte hübſche Ausdruck Gefpiele 
nit mehr üblih war. Hier folgt das Lienen: 


477*. Ber Rofenbaum. 


1. Es gingen zwei Gefpielen 2. ©efpiele, liebe Geſpiele mein, 
Bis in den grünen Wald; Was will ih dir nun fag'n? 
Die eine die war barfuß, ‘8 bat mir em Baum mit Rofen 
Die andre fagt, 'Swär kalt, Mein jhönes Lieb erihlag'n. 


3. „Hat dir ein Baum mit Rojen 
Dein jhönes Lieb erſchlag'n: 
Sp fol derjelbige Rofenbaum 
Kein rothe Rofe mehr trag'n. 


Kuhländifhe Volkslieder gefanmelt von Meinert (1817) Nr. 64. (Drig. abgedr. 
Mittler 614). Fragment eines jedenfalls alten Liedes. Hier berichtigt von Uhland 
(3 ©. 407) Drig. bat Gefellen für Gefpielen. „Daß ver Rofenbaum den Liebſten 
erſchlagen, ift Mißverſtändniß und aus dem niederl. Terte zu berichtigen“. (Uhland). 





298 


ATS, Liebesklage. 


Die Melodie taftmäßig (Original). 
aeolisch. J. Dit, 1534, Nr. 3. 
ö—N— 





Ach Gott, wen ſoll ih kla-gen das beim — lich Lei-den mein? 
Mein Buhl iſt mir ver » ja = get, bringt mei » nem Her-jen Bein. 


— — 





Ich muß mich von ihr fchei» den, thut mei» nem Ser» zen weh. So 


ſchwing ih mich ũ⸗- ber die Hei» de, du ſiehſt mich nim-⸗mer meh! 
P. Schöffer, 1537. 





Die Melodie mit Taltwedfel (v. 3.) 
aeoliſch. Forſter V, 1556, Rr. 38. 



















Ah Gott, wen fol ih Ma gen dad heim » lich Lei-den mein! 
Mein Buhl ift mir ver» ja» get, bringt mei » mem Her-zen Bein. 


ih mid von ihr fhei » den, thut mei- nem Ser» zen web: fo 






u) 
= 





ſchwing ih mich ü» ber die Hei» den, du gſichſt mid nimsmer meh! 


Niederländifhe Melodie. 
Rijch god, wien sal ie claghen. Souterliedekens 1540, Pf. 67. 








299 


Ah Gott wen foll ih Hagen 

Das heimlich Leiden mein? 

Mein Buhl ift mir verjaget, 

Bringt meinem Herzen Bein. 

Ih muß mid von ihr fcheiden, 

Thut meinem Herzen weh; 

So ſchwing ich mich über die Heiden, 
Du fiehft mid nimmermeh! 


Tert und Melodie: I. Ott 1534 Nr. 3. Reutterlieblein 1535 Nr. 18. Gaſſen⸗ 
bawer und Rentterl. ca. 1536. Peter Schöffer II, 1537 Nr. 54. Bicinia II, 1545 
Nr. 85. Rotenbucher, Bergkreien 1551, Nr. 8. — #orfter II, 1556 Nr. 38; der: 
felbe im Rhythmus wenig anders II, 1549 Nr. 17. — Nieverländifhe Melodie in 
Souterliedekens 1540 Pf. 67. Tert Antwerpner Wb. 1544 Nr. 139, daher Hor. 
belg. II, Nr. 116 (4 Strophen). Die niederländiſche Notation bezeugt, daß die Ton- 
art auch der deutſchen Melodie äolifch fein muß. — Deutiher Tert überall nur dieſe 
eine Strophe, mit folgenden Abweihungen. Reutterlievlein 1535: Ad Gott, 
wen fol ichs Hagen das heimlich Leiden mein? Mein den will mir vergagen und 
leidet große Pein. Sol ih, ſchöns Lieb, nun ſcheiden? Thut meinem Herzen 
meh: So fhwing ich mid über die Heiden und gſich did nimmer meh. — P. Schäffer 
5,1. Ih muß fie fahren laffen, 6. ich fi fie nimmer meh. 

Nah dem niederl. Tert zu ſchließen, jcheint der Abſchied von dem Sommer: 
buhlen (ein Mädchen auf ein Jahr für die Reuter) gemeint zu fein. 


ATS. Müändleins Alage über Untreue, 


1. Ach Gott, wen foll ichs Hagen 2,3% hätt auf ihn gebauet 
Das heimlich leiden mein! As auf ein harten Stein: 
Mein Buhl ift mir verjaget Es hat mich fehr gereuet, 
In fremde Land dahin. Die Lieb ift worben Hein; 
Mein Lieb ift mir verjaget, Kann ic von ihm wohl ſpüren; 
Scheiden ift mir worben fund: Er ift voll arger Lift 
Ah Gott wen fol ichs Hagen? Und hat an mir gebroden, 
Mein Herz ift mir verwundt. Daran fein Zweifel ift. 


3. Daran follt ihr gebenfen, 
Ihr jungen Yungfraun fein! 
An aller faljher Knaben Treu, 
Und die ift wahrlich nit Hein. 
Denn fie find falfh im Herzen 
Sind aller Untreu voll, 
Mit Schimpfen und mit Scherzen, 
Wie man fie haben foll. 


Tert in der Heidelb, Hoſchr. 343 BL. 20°, um 1550 gefchrieben. 


300 


ATS, Reiters Blage über Untreue. 


1. Ach Gott, wen fol ichs Hagen, 2. Die Treu haft du mir geben, 
Daß id ganz elend bin! Herzallerliebfte mein; 
Mein Herz wil mir verzagen Ein Eid Haft du mir g'ſchworn, 
Wenn ich gedenk dahin, Du wöllſt keins Andern fein: 
Denk an das heimlih Scheiden Ein Eid haft du mir g'ſchworn 
Wehe der großen Noth! Du mwöllft keins Andern fein. 
Das gſchicht wohl unter uns beiden, Mein Treu ift an dir verloren, 
Biel lieber wär mir der Tod. Ich ſetz mein Willen drein. 


Heidelb. Hoſchr. 343. Bl. 89°, Daraus Mone, Anz. VII sp. 240. 
Eine zweite, veriworrene Strophe ift bier weggelaſſen. Das ift Umbildung bes 
vorangehenden ältern Tertes. 


479. Bas treue Mägdlein. 


Forſter III, 1549, Nr. 32. 






Ih ar- med Meidelein flag mid ſehr, wie 
Daß ih den Al rer» lieb» . » . fien mein, fo 





ı 
ı —————— 
joll mir mu ge ſche 2 ben! der mir die Zeit und Weil verstreibt, 


fang nit hab ge» fe . ben, 





fonft feinr auf die»fer Er : den, wann ich ge « dent, wie es ibm 











gebt, mein Herz in gro.hen Trau . . ren ſteht, wie kann ich fröh ⸗lich 








1. Ich armes Mädchen klag mic fehr, 2. Ach reicher Gott, gib mir das Glück 


Wie ſoll mir nur geſchehen! Wo er reit in dem Lande 

Daß ich den allerliebſten mein Bewahr ihm ſeinen graden Leib 

So lang nit hab geſehen, Vor Leid und auch vor Schande! 
Der mir die Zeit und Weil vertreibt, Das will ich immer danken dir 
Sonſt Kein'r auf dieſer Erden; Allzeit und alle Stunde; 

Wann ich gedenk, wie es ihm geht, Wann ich gedenk, wie es ihm geht 
Mein Herz in großen Trauren ſteht, Mein Herz in großen Trauren ftebt, 


Ih kann mit fröhlich werben. Kein Lieber foll mir werben. 


301 


3. Er zog mit meinen Willen nit bin, 
Doch war fein Herz mein eigen; 
Biel Guts ich mich zu ihm verſich 
Treu Dienft will id ihm erzeigen. 
Kein Falſch hat er an mir erlannt 
An meinem ganzen Yeibe; 

Noch ift der Knab fo wolgemuth 
Tür ihn nähm ich nit Kaifers Gut: 
Vergiß mein nit in Treuen! 


Melodie Hier nah Forſter IT, 1549 Nr. 32, Zonjag von Othmayr. Daf. 
Nr. 31 fteht diefelbe Melodie mit einem Tonſatz v. Senfl, aber im Abgefang ab» 
weihend und nicht beſſer. (Abdr. v. Lilteneron, Nahtrag, Ton 48). — Wieder 
anders und ebenfalls durch Dehnungen entitellt bei Dit 1544 Nr. 47. Melodie nad 
Ammerbachs Tabulatur 1571 bei Beder, Lieder und Weifen 2. Heft Nr. 16. — Im 
Nürnb. GB. 1611 wurde das Kirchenlied „Ich armer Sünder klag mich ſehr“ auf 
den Ton „Ih armes Mägdlein” geſungen. Die geiſtl. Melodie dort iſt aber eine 
andere, ald die hierſtehende. Wieder eine andere Praetorius VII, 1609 Nr. 67. 

Tert bier nah 9. Dit 1544. Ambrafer ob. Nr. 7. fl. Bl. Nürnb. Bat. 
Newber. Heivelb. Gſ. 343 fol. 107. Etwas abweichend bei Forſter 2, Str. von 
Zeile 7 ab: Wenn ich gedenk daß ihm wohl geht, mein Herz im großen Freuden 
ſteht. So aud Uhl. Nr. 71, der Dit und Forfter für feinen Tert benutzte. Ein ganz 
anderes Lied bei Forſter 3, 67: Ich armes Mägdlein Mag mic fehr, daß Unfall 
ih je länger je mehr. — 





450. Huftete Liebe. 
1. ‚Dein HerziftwieeinTaubenhbaus‘— 2. Gleich wie der Wind im Wetterhahn 


Man billig von dir faget: Bald hin und wieder fehret: 

Einer fliegt ein, der Ander aus, Ebenſo thut dein Lieb beftahn, 
Manch gut Gfell hats beffaget, Wie man ſolchs oft erfähret 

Ders hat erfahm in kurzen Jahrn Und wirds erfahren in kurzen Jahrn, 
Wie ſchnell dein Lieb ſich wendet. Wie ſchnell dein Lieb ſich wendet. 


3. Gleichwie Aprillenwetter pflegt 
Sich oft bald zu verkehren, 
Eben mit dir ſichs aud zuträgt, 
Doch wirds das End bewähren 
Und wirds erfahm in kurzen Jahrn, 
Was dir wird Hohmuth bringen. 


©. Lange, Newer Deupjcher Lieder, IL. Theil, 1592, Nr. 15. 








AS, Auckuks Fall. J. Ott, 1544, Rr. 30. 





fol uns die »fen Som-mer lang die Zeit und Weil ver =» frei » ben? 


302 


2. Ei, das fol thun Frau Nachtigall 
Die fit auf grünem Zweige; 
Sie fingt und fpringt, ift allzeit froh, 
Wenn ander Walpvöglein jchweigen. 


Derfelbe Tert: Uhland 13, 


ASP. Abfagebrief. 


Mel. handſchriftlich um 1550. Altd. Lob. ©. a1. 





2, Das fol fih thun Frau Nachtigall, 4. „Haſt du ein Andern lieber dann mich, 


Sie figt auf einem Zweige, Das act ich wahrlich Heine, 
Sie fingt und fpringt, ift freubenvoll, Da fig ich mich auf mein apfelgraus Roß 
Wann andere Vöglen ſchweigen. Und reit wohl über die Heibe. 


5. Und do ih über die Heiden fam, 
3. Mein Buhl hat mir ein Brief gefchidt, Mein feins Lieb trauret fehre: 


Darin da fteht geichrieben: „Laß fahren, was nit bleiben will! 
Sie hab ein Andern lieber dann mid) Man findt der ſchön'n Yungfräulin 
Darauf hab ich verzigen. mehre.“ 


6. Der uns das Liedlen neu geſang, 
Von neuem hat geſungen, 
Das haben gethan zween Reuter gut, 
Ein alter und ein junger. 


Gedruckt: Heidelb. Hoſchr. Nr. 343, Bl. 95*, Nr. 111. Uhl. 153. Altd. Lob. 
Nr. 168. — Es mögen Strophe 3—6 urſprünglich nicht dazu gehören meint Uhl. 
(Anmerkung zu S. 13) und gleihwol bringt er unter 153 dieſe doch. 

Die Melodie hat Erf dem weltlihen Tert angepaßt, ob fie dazu gehörte, tft 
nicht erwiefen, aber wahrſcheinlich. Sie ift zu der geiftlihen Parodie „Der Papft 
bat fi zu Tod gefallen“ aus dem 16. Jahrh. gedruckt und bandfhriftlih vorhanden: 
a) handſchriftlich zum Interimsliede um 1548 Hamb. Archiv, Katharinenkirche, |. Alto. 
ob. S. 31). — b) gedrudt in: Ein new Chriſtlich Pſalmbuch, Gryphißwalt 1597, 
Bl. 330° zu: „Nu treiben wir den Babit hinaus* und BI. 331 folgt darauf ohne 
Melodie zu: „Der Babft hat fih zu Tode gefalln“ (Melodie am Ende ſchlecht). — 
e) Nic. Herma, Die Hiftorien von der Sündflut, Wittenb, 1562, BI. RII® zu: „Gott 
ſchuf Adam grecht, fromm und weis“ (etwas abweichend von der Yesart 1597), 


303 


In dem Einzelvrud zu Zwidau um 1535 (WE. IM, 932) heißt die Ueberſchrift: 
„Bon dem Babit zu Rom, wie er fi zu Tode gefallen von feinem hohen Stule, 
In dem Thon zu fingen, Der Kuckul hat fi zu Tode gefalln,“ 


d‘ Erklärung: len (Böglen, Liedlen) undeutlich für ein. 





ASI“, Ber Abfagebrief, 
1. Mein fein Lieb ift hinweg geflog'n 4. Mein feins Lieb hat mir ein Brief geſchickt, 


Auf einem grünen Zweige Darin ſo ſteht geſchrieben: 
Wer will mir die winterlange Nacht Sie hab ein Andern viel lieber denn mich, 
Mein Zeit und Weil vertreiben? Sie hab ſich mein verzigen. 
2. Mein feins Lieb hieß mich niederſetzen 5. Daß ſie ſich mein verzigen hat, 
An ihre ſchmale Seiten, Darumb traur ich nicht ſehre. 
Sie ſach mich über die Achſel an, Laß fahren, was nicht bleiben will! 
Sie meint mein Geld im Beutel. Der ſchönen Fräulein find man mehre. 
3. Dieweil ich Geld im Beutel hätt, 6. Und der uns dieſes Liedlein ſang, 
Da ward ich werth gehalten: Von neuem hat geſungen, 
Da ich kein Heller noch Pfennig mehr hätt, Das haben gethan zween Schlemmer gut, 
Hat ſich die Lieb zerſpalten. Ein alter und ein junger. 


Fl. BL, Nümberg durch Valentin Newber (1550—70). Frankf. Stadtbibl. 
Sammelband 4, BI. 86. Ebenſo Frankf. (Ambraſer) Lob., Nr. 196. Goedeke— 
Zittm. 46. Das Lied ift eine Umbildung des voranftehenden Kudufslieves, mit dem 
e8 mehrere Strophen gemeinjan hat. 


T 4,4 verzigen = lodgefagt von mir, 


482, Der erſchlagene treulofe Liebſte. 


uhlandiſch 







wenn ein Maid ihr'n Frei⸗er lieb bat, fo thut er von ihr ſchei-den. 


1. Es bat fi ein Kuckul zu Zod gefhrien 3. Das Wort, das du vergefien haft, 


Bon einer hohlen Weide: Schöns Lieb wird dic gereuen!“ 

Und wenn eine Maid ihrn freier lieb hat, „Ich fattle mir mein edel Grauroß 
Sp thut er von ihr ſcheiden. Den Grunwald will id umreiten.“ 
2. „Zuvor, zuvor, 's kann auch noch fein, 4, Reiteft du den Grunwald um und um 

Haben wir beinander gefeflen. Bis unter die grüne Pinde, 
Du haft von Gold ein Ringelein Dort find der Annle Brüder drei, 


Auf meiner Hand vergefien. Sie hauen dem Herm ein’ Wunde, 


304 


5. ,, Berbind, verbind, fein Annelein, 6. Es Fällt ein Sternlein vom Himmel herab, 
Berbind dem Herrn die Wunde, 's fiel niever auf freier Straßen: 
Die ihm drei Brüder gehauen han, „DO mein! du bitterliher Tod, 
Berbind fie in einer Stunde,’ Hätteft du mir mein Lieb gelafjen! 


7. Hättft mir genommen die ganze Welt, 
Hättft mir mein Lieb gelafjen, 
Da wär ih immer hübſch fröhlich geweſt 
Zur See und aud zur Strafen.” 


Aus den Kuhländchen im Dialekt mitgetheilt von Kiejewetter bei Kregichmer I, 
©. 153. Hier ind Hochdeutſch übertragen. Eine müßige Strophe zwifhen 1 und 2 
blieb fort. Die Note unter * heißt fis, Erf ſetzt g Wie Anfang und alte Aus- 
drüde bezeugen, ift das Pie fehr alt, nod aus der Ritterzeit ftammend. Drei Brüder 
einer entehrten Schwefter haben den treulofen Herrn zerhauen, dem fie die Wunden 
verbindet und ihn nad feinem Tode noch bejammert. 


di 3,3 Driginal bat gruß Roß, ich überfepe Grauroß, das fo oft in alten Balladen vor- 
fommt, wie auch Grunwald für grünen Bald. 7,3 D mein! Alter Audruf des Schmerzes, 
entftanden aus der und dag Mein = Schaden, Verbrechen, Falfchbeit; niederdeutfh Meen. 


483. Aukuks Ausflug. 


Zwei Fragmente bei Schmelgel, 1544. Quodlib. 9. 





flug du Hin gar bal= de, wol in den grürmen Wal» de: Gud-guf! 


Andere Folge der Fragmente: Uhl. ©. 44. Diefelben Muſikfezzen auch in einem Quodlib. 
von J. Eccard 1578 „Rewe deupfche Lieder. Tenor Rr. 23.“ 





484, Bu Andernady an dem Rhein, 


Tandernacken opten Rijn. 
Daer vant ice twee maechdekens speelen gaen. 3. Dtt, 1534, Rr. 98 u. 99. 
x 





Ein im 15. und 16, Jahrhundert fehr beliebtes Lied der Niederländer und auch 
in Deutfhland gekannt. Melodie blos mit der Ueberſchrift „„Tandernack“, 1534 
bei Ott zweimal, der Anfang wie oben; das Weitere rhythmiſch verzerrt, ungenießbare 


305 


Tonfolge. Anders aber mit häßlicher Figuration in Newfibler's Lautenb. 1536; ber 
einfache Anfang bier. Zu einem geiftlihen Text fteht eine andere Melodie im Ant- 
werpner geiftl. LWb., 1539, Nr. 112, aber rhythmiſch ganz entftellt. Schon in Petrucci's 
Harmonie musices Odhecaton 1501 kommen Kompofitionen vor, mit einer Melodie 
dieſes Liedes als Cantus firmus, — Der vollftändige Tert, mit fhlüpfrigen Stellen, 
fteht im Antwerpner Lob., 1544, Nr. 49 und ift ein Geſpräch zwifchen einem Wanderer 
(fahrenden Spielmann) und einem gefallenen und verlafienen Mädchen, die ihr Schickſal 
erzählt und beflagt. Die erfte Strophe will id im Ueberfegung geben: 


F Andernachen an dem Rhein Was euer Herz beſchweren thut 

and ich zwei Mägdlein ſpielen gehn; Und was betruͤbet euren Muth!“ 

Die eine 66 mir traurig zu fein, „Ad das kann ich wohl euch jagen: 

In ibrem Augen die Thränen ſiehn: Es ift die Mutter, die das thut, 

‚Run fagt mir, liebe Gefpielin gut, Sie will meinen Bublen verjagen, verjagen.“ 





Mel. 1640, 













Du fu» re Bin » ter if fo Balt, 
Daß er ver +» faurret den grü» nen Wald, 





Blüm-lein auf der Hei » ben. 


1.D faurer Winter, du bit falt, 
Du haft verjauret den grünen Wald, 
Du haft verjauret die Blümlein an der Heide. 
2. Die gelben Blümlein fein worden fahl, 
Entflogen ift uns Frau Nachtigall, 
Sie ift entflog'n und wird ums nicht mehr fingen. 
. Sie ift entflogen zu dieſem neuen Jahr, 
Ein fteten Buhlen muß id han, 
Ein fteten Buhlen muß ic allzeit haben, 
4. Des Abends wenn ich zu Bette will gahn 
Und meinen jhönen Buhlen nit han, 
So trauert mein Herz und all mein Gemüte. 


= 


5. Des Morgens wenn ih früh auffteh, 

Mein Herz in großen Sorgen ſchwer, 

So kommt mein Lieb und beut mir ein guten Morgen. 
6. Guten Morgen, guten Morgen, mein feines Lieb; 

Ih hab did von Grund meines Herzen lieb, 

Ih hab did vom Grund meins Herzen auserforen. 


Text aus dem Ambrafer Lob., 1582, Nr. 37. Auch in niederbeutiher Mund- 
art „D fore winter, du bift kalt“ ꝛc. bei Uhl. 42 A. — Melodie 1640 bei Werlin 
©. 1326, mit etwas abweichendem Terte, wie umter den Noten. — Strophe 5 und 6 
bilden ein beſonderes Liedchen, das oben Nr. 366 fteht. 


Eıt u. Böhme, Liederhort. II, 20 


306 


486. Bie Stücke weiblicher Schönheit. 


‚ nDeutiher Tanz“. 





mit fie thun fihb meb » ven gar viel und man«nig-falt. 


2. Beid Jung und Jung zum fherzen 5. Die Hänblein weiß wie reiben, 


Gehört allzeit zufamm; Der Hals wie Helfenbein, 
In ihrer beiden Herzen Der ganze Peib wie Seiden, 
Brennen die Liebesflamm'n, Zwei braune Yeugelein, 
Doch daß folihes Alles Ja alfo wohlformiret, 
Geſcheh in Gottes Nam'n. Schön runde Brüftelein. 
3. Das Yung und aud das Alte 6. Fromm, freundlich und aud ehrlich: 
Sid ihm nit reimen woll: Darzu ganz tugendfam, 
Das Alt ift ungeftalte Sag id ganz ungefährlich, 
Das Yung ift freudenvoll: Das ift ein guter Nam, 
Darum aud feines Gleichen Und thut ein Yungfrau zieren 
Ein Jeder nehmen fol. Gar hoch und wunderfam. 
4, Zwei rofinfarben Mündelein, 7. Solch Tugend body ob allen 
Bier Yeuglein hell und Har, An euch, Yungfräuelein, 
Auch zwei liebhabend Herzelein Thut mir fo wohlgefallen, 
Goldfarbes krauſes Haar, Ah herzigs Herzelein, 
Gehöm allzeit zufammen, Seid wohlbelannt, doch unbenannt: 
Sag id ftetigs fürwahr. Laßt mich euer Diener fein! 


Hainhofer, Lautenbücher, 1603, II, 9 Goſchr. in Wolfenb.). Folgen dort noch 
5 langweilende Strophen. — Lantenberger, Liederb, 1607, Nr. 20. Bergliederbüch— 
fein (ca. 1730), Nr. 172, Iſt ein Hofeliev oder (nad Hoffmann) Geſellſchaftslied. 


AST’, Bes Goldfchmieds Töchterlein. 


Mei. mit Sautenjchrift in P. Fabricius’ Liederb. um 1608, Rt. 140 und 167. 









fo zeug dein be= fie Klei-der an und fprih du wilt zum Tan «ze gahn, und 











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—— TE HEHE — ——— — 

: 7° MU BEE AC. 2 
—— — — — — 









zeuch mit mir da- von, und zeuch mit mir da = von. 


1. Bift du des Goldſchmieds Töchterlein, 2. Ueber ein breite Wiefen, 


Din id des Bauren Sohn, Ueber ein jhmalen Steg! 

So zieh dein’ beften Kleider an Und haft du mid von Herzen lieb, 
Und ſprich: du wolltft zum Tanze gahn, Dein treues Herz mir Glauben giebt, 
Und zieh mit mir darvon! Uud zieh aud mit mir weg. 


3. Darum, du zartes Yungfräulein, 
Zieh du mit mir darvon! 
„Sch will zuvor mein Mutter frag'n, 
Räth fie mir das, fo will ichs wag'n 
Und ziehn mit div Davon.” 


Niederdeutfhes Lied bei Uhl. Nr. 253, aus dem Niederd. Lob. Nr. 131. 
Zwiſchen 2. und 3. Strophe fanden noch 6 andere, die ein Liebeslied für fih aus. 
machen und darum Uhl. wegließ. — Das Lied mag urfprünglich hochdeutſch geweſen 
fein, darum Bier ins Hochdeutſch zurücküberſetzt; jo auch Hoffmann, Geſellſchaftslieder 
Nr. 149. — Melodie zum erftenmal dur‘ Dr. Bolte im Jahrb. f. nieverd. Spradf., 
XII, Jahrg., Beil. Nr. 4 mitgetheilt, danach hier. — Sie paßt aud zum folgenden 
Zert (Fiſchers Töchterlein) der nur eine andere Verſion deſſelben Inhalts ift. 


AST’. Bes Fiſchers Töchterlein. 
1., Seid ihr des Fiſchers Töchterlein 5. Das Maidlein ſprach: „Ich thäts wol 


Dort nieden an dem See, ei ja See? gern, 
So follt ihr mir verheißen Und ſchlags nit geren ab; 
Mid nehmen zu der Eh, Ich will zuvor mein Mutter fragn, 


Eh noch der Herbft vergeh, ei ja geh.‘ Räth fie mirs, fo will ichs wagn, 
So bleib ih ungeſchlagn.“ 
2.. Ach gut Gefell, ih kenn euch nit, 


Weiß aud nit, wer ihr feid, = A An ne fragt, 
Ja fol mein Mutter inne wern, f * 
at Die Mutter zudt ein Zuberftang 

So würd fie mir die Haut zerberr, Und macht der Tochter d Weil fehr lang, 
Gut Gſell, ich laß mir wehrn. Daß ſie auf Böhmisch fang. 

3. ‚Jungfrau, ih bin ein Zimmermann, 7. Der gut Gfell ftund neben der Wand, 
Geboren aus der Stadt. Die Sad gfiel ihm nit wol, 
Ihr follt zuvor die Mutter fragn Sprad: ‚Maiblein, thu ein Sprung 

mir ein Antwort wieder fagn heraus, 
So bleibt ihr ungeſchlagn. Ich helf dir von der Mutter Strauß, 
Laß du die Alt! im Haus,‘ 

4. Ihr gfallt mir aus der Maßen wol, 8. Alsbald das Maidleindie Red vernahm, 
Zieht ihr mit mir darvon, Sie fprang dem Knaben zu; 
Legt eure befte Kleider an, Er nahme bei ihr fhneeweißen Hand, 
Spredt: ihr wollt zum Tanze gahn, Er führts mit ihm ins Ungerland: 
Und zieht mit mir darvon.‘ ‚Du haft defien fein Schand!‘ 


20* 


308 


9. Und da fie in das Ungerland fam, 11. Und da das Maiblein heime kam, 


Erhub fih große Noth, Da weinet e8 gar fehr: 
Da ſchlugs derfelbig Zimmermann Berzehrt waren die Kleider, 
Bon ihm, und wollt fie nimmer han: Verloren war die Ehr, 
‚Zeuh bin, fo haft dein Lohn!‘ Belam fie nimmermehr. 

10, ,Ud weh mir armes Maidelein, 12. Wer ift der uns das Liedlein fang, 
Wär ih wieder daheim! Bon neuem g’fungen hat, ei ja hat? 
Ah wär id in meiner Mutter Haus, Das hat gethan ein Fifcher, 

Kein Zimmermann brädt mid mehr Ein junger und ein frifcher, 
draus, Zu Dienft dem Filchermägdelein, ei 
Wollt befier halten Haus!” ja -lein. 


Fl. Bl. zu Straubing ben Andre Sommer (c. 1590). Zuerſt mitgetheilt im Weimar. 
Jabrb. 5, 218. — Der Refrain ift durch Wortwicderholung durchs ganze Lied fo auszuführen wie 
bei Strophe 1 und 12. — 


A488, Roland und Margareth. 


Erfte Lesart. 
Deutſcher Dank“. Hainhofer’d Lautenb, 1603, II, Bl. 36. 
—— — — 






— 
‚D Nah » bar, lie» ber Ro » bert, mein Herz iſt voh-ler Bein.‘ 
„D Nah » bar, lie= ber Ro - land, um wad mag es mol fein?“ 





‚Sobann Glödner liebt mein Gret =» te, dafrfel» big bringt mir Schmerz!‘ „Sei 
# 





j’friesden, lieber Ro» land, das ift noh wol ein Scherz! 
* Fragm. bei M. Frand, Fasc. quodlib, 1611, Rr. 2. 





Andere Lesart. 


Wolff Gerbard, Zabulaturb. f. Bioline. 
„Der Rolandt.“ Nürnb. Handfhr. von 1613. (Germ. Mufeum). 





Mitgetheilt durch Herru W. Tappert. 


309 


Dritte Lesart. 
Der englifhe Rolandston. 
Fabricius' Liederb. c. 1603, Nr. 9. (Mel. aus einem Lautenfag.) 





D —— lie-ber Ro » bert, mein Herz iſt vol = ler Pein! 
O Nadebar, lie» ber Ro » land, um was mag died wol fein? 


Rob.: Johann 






Glöck⸗ ner liebt mein Öre » ta, bdaf= fel - big bringt mir Schmen. Rob. : Sei jfrieden, lieber 





Roland, dad iR anh wei cn Gäm. 


Vierte Lesart. 
Ballade of Willoughby. 


Chappell, I, 115. 











The fif-teenth day of ju - 1y with gliet' ring sword and shield, Th 
a fa- mous figth in lan - ders was fouch-ten in the field. ’ 





bra - vest in the bat - tle was brave lord Wil-lough-by. 


Roland und Margareth. 
[Ein Lied von englifhen Comedianten allhie gemadht.] 


NB. Die agirenden Perfonen find: R. = Roland, Rb. = Robert, M. = Margareth. 
Gl. = der Blödner. 


1, 2. 

R. O Nachbar, lieber Robert, R. Sie fein mitnander aufm Kirchhof. 
Mein Herz ift voller Bein! Rb. O weh und was ſchadt das? 

Rb. O Nachbar, lieber Roland, R. Sie gauleln da, ich fürcht, 
Umb was mag das wol ſein? Sie thun, ich weiß nicht was. 

R. Johann Glödner liebt mein Greta, Rb. Sei zfrieden, lieber Roland 
Daſſelbig dringt mir Schmer;. Und thu du mein Gebot. 

Rb. Sei zfrieden, lieber Roland, R. Sie waren kommen zfammen, 


Das ift noch wol ein Schen. Nun ift mein Herz bier tobt. 


310 


3. 6. 
Rb. Leg nieder und verftede dich NR. D unbarmherzige Maguarit, 
Und höre was fie fagen. Haft Roland bracht ums Leben! 
R. Nun fo will ih aufftehn Gl. Süfes Lieb verlaffe ihn, 
Und will ven Schelmen jagen. Ih will dir Schläge gebn. 
Rb. So verlaß ih did, gut Ruland. M. D Robert, das gereuet mid. 
R. O Robert, was bift gefinnt! Rb. D daß ift dir ein Spott. 
Rb. Mein Klugheit fol dich helfen. SI. Kehr um zu mir und liebe mid). 
R. Ich fhlag den Glödner blind! R. „Ih fhlag den Glödner todt!“ 
4. 7. 
Gl. Was mangelt meiner Margareth, R. Fürwahr allhie da lieget er, 
Daß mich ſo fremd anſicht? Der dich hatt' auserwählt. 
M. Darum daß du mich nicht liebeſt M. Vergieb mir, lieber Roland, 
So wol, als ich thu gen dich. Mein' Schmerz kann keiner zähln. 
Gl. Haft du verloren Roland? Gl. Ei, umfonft ift alles Trauren, 
M. Das ift num längft gefchehn. Margarita, fomm mit mir! 
Gl. So will ih dich nun haben! M. Wir können Roland nit helfen, 
Rb. Aber hie liegt Einer, ſpricht: Nein! Kom Glöckner, ich geh mit dir! 


5, 8. 
Rb. Gott grüß euch lieb Margrethe, GI. Mein Hochzeit die foll jegund fein, 
Ih bring euch böfes Neus! M. Mein Willen haft bereit. 
M. Und was ift das Gutes, Robert? R.. Aber hörft du, Nachbar Glödner, 
Thut mir dafjelbig weis! Antwort, eh ihr heimgeht ! 
Rh. Euer Roland ift geftorben! R. [Wen liebft du Margaretha?) 
M. O Robert, haft du ihn gfehn? M. Ich lieb mein lieben Roland mein! 
Rb. Darum daß ihr liebt ven Glöckner. R. Nun geh in dKirchen, laut‘ Gloden, 
Gl. Laß ihn nur immer gehn! Heut fol mein Hochzeit fein. 
9. 
M. Ih lieb kein Andern den Roland. 
R. Du Glödner, geh nur hinweg! 
Gl. Wil Margaretha mid verlaflen? 
M. Du bift ein närrifcher Ged! 
Gl. Leichtfertigen Jungfraun trau ih nicht. 
R. Geh Glödner, mad das Grab. 
Nun ift Margaretha Roland, 
So bift du nun Schabab! 


P. Hainhofer's Lautenbücher 1603 (Handfhrift zu Wolfenbüttel, Aug. 18: 7. 8.) 
ZTert dajelbft U. Band Blatt 32 (offenbar Abfchrift eines Drudes). Mel. ©. 36. 

Nah einem fl. Bl. (o. 3.) ift das Rolandlied abgebrudt in den „Waft- 
nachtipielen“ von U. Keller II 1021, Stuttgart 1853: „Zwey Schone newe Lieder“, 
genannt der Roland von der Männer und Wenber Bntrew. Das erfte von den 
Männern [Ein wyl laft uns beifamen bleiben]. Das ander Lied von den Wenbern 
[: O nachbar Robert, mein berk ift voller pein.“ :] 


Der Roland war die Bezeichnung für ein um 1597 in Deutfchland auftauchendes und 
raſch beliebt gewordened Singſpiel ige) der englifhen Komödianten. Der ... des acht⸗ 
vis abgefaßten deutfchen Terted ift: „D Nachbar, Lieber Robert x.” oder Ah Nachbar 

bert. Den deutichen Text findet man abgedrudt bier und im Altd. Ldb. Nr. 85 nah Hain- 
hofer's Lautenbuch 1603. Auch bei A. Keller, Faftnachtipiele des 15. Jahrh. IL, 1021 und im 
Niederd. Liederb. 1883, Nr. 148. Ferner finden fih auf zwei fl. DU. der 8. Bibl. in Berlin 


311 


ye 726 und 731, dad eine von 1599 0. D., das andere 0.%. Magdeburg. Weiter ſtehts in einer 
um 16001603 zu Jaufen in Tirol entftandenen Liederhandſchrift, eine Abſchrift in K. T. Heintze's 
Bolkäliederfammlung, Hf. der Univ. Bibl. in Bonn ©. 504. 

Die Melodie in Lautentabulatur 1603 in Hainhofer's Lautentab. in Fabricius’ Liederb. 
1603 Rr. 9 einem anderen Terte (einem Namenlied auf Sophia) angepaßt und bei Ehappell I, 115. 
Ein Fragment bei M. Frand. 

Der Ton (Rolandeton) wird weiter angeführt in dem bei Lan — in Nürnberg 1609 
erſchienenen Liederbüchlein Nr. 68 (vergl. Weller, Annalen I, 268, Ar. 396 und 409), in einem 
Drud 1627 f. Birlinger’d Alemannia 16, 84 und in von Ditfurth’8 Liedern des 30jährigen 
Krieged ©. 152. 

Der englifhe Driginaltert ift bis jet nicht gefunden, fondern nur die bierftehende 
deutjche Bearbeitung. Auch eine niederländifche Weberfegung: Soet, soet Robbertgen ift ver- 
loren gegangen. Dagegen vermögen wir die Melodie, die fich einer außerordentlichen Beliebtheit 
erfreut haben muß, auf ihrer Wanderung von England über Holland nadı Deutichland gi verfolgen. 
In England erfcheint fie, wie Ehappell (Popular music of the olden time 1855—1859, ©. 114 
und 770) angiebt, in dem fogenannten Pirginalbud der ang be Elifabetb (Hf. in Cambridge 
Rr. 158, wohl erft nad) 1620 entftanden); dort ift fie von dem berühmten William Bird (1538— 
1623) gen t. In den Birginalbüchern der Lady Neville 1591 BI. 466 und des William Forfter 
1624 Nr. 6 und in Thomas Robinson’s School of music 1603 führt fie den Titel »Lord 
Willobies wellcome home,« weil nad ihr auch eine Ballade auf Peregrine Bertie Lord Wil- 
loughby of Eresby (+ 1601) gefungen wurde, der 1587 nad der Abberufung Leicefter'® den 
Dberbefehl über die in Holland gegen die Spanier fechtenden engliſchen Zruppen übernahm. 
Diefe us von 1204 fteht bei San, Reliques wol. I, 2, 19 und The Rocksburghe 


4,8.) — 

Aus Holland bringt Dr. Land (Tijdschr. voor Noord Nederl. Muziekgesch. I, 223, 
vier verſchiedene Aufzeichnungen der bier nur ald Soet Robbertgen bezeichneten Melodie, und 
zwar aus Thyfius Lautenb. (um 1600), aus Peter Lecnaertd van der Goes Druyven-Tros der 
amourensheyt 1602, ©. 102, aus Adrian Balerius, Nederlandtsch Gedenckclanck 1623, 
©. 695, und aus dem Paradijs der geesteliken en kerkeliken — 7. Aufl. 1670 
©. 695. — Angeführt wird fie auch in Wouter Verhees' Liederhandſchrift S. 219 zu: » Een 
nieu — op die voys van Soet Robbergen ; Door liefden reijn verwonnen ick blijuen 
moet (6. Sttr.). 

Hat nun diefe Melodie urfprünglih dem Willougbby-Liede oder dem Singfpiel Roland ange. 
hört? Diefe Frage läßt fih aus vorliegendem Material nicht mit ausreichender Sicherheit be— 
antworten. 

Wäre leptered der Fall, fo bliebe auffallend, daß die Melodie gerade in England nur einmal 
und ziemlich fpät unter dem Namen Rowland auftaudt. Es ift aber wohl denkbar, daß die eng‘ 
liſchen Schaufpieler, welche Leicefter'd Gunft genoffen und von ibm 1586 an den König Friedrich IL. 
von Dänemark empfohlen wurden (f. 3. Bolte, Jahrb. der deutfhen Shakefpeare Gelelfcaft 23), 
auch feinem Nachfolger in den Niederlanden ihre Ergebenheit beweifen wollten und auf die Melodie 
eined zu feinem Ruhm gedichteten, allgemein beliebten Liedes jenes Poffenfpiel reimten, weldes 
dann in der Fremde fo auferordentlichen Beifall fand. 

Endlih ift zu berüdfichtigen, daß das PVorbandenfein der Willougbby » Ballade ſchon für 
1591 durch Lady Nivelle's Virginalbuch bezeugt wird, während das Poſſenſpiel zum erften Male 
1596 in einer gereimten Befchreibung der Frankfurter Meffe von Marr Mangold ald etwas ganz 


Reued genannt wird: 
Einer fang: D Nachbawr Roland, 
Ein Lied, fommen auß Engelland. 


Bid auf weitered hätten wir alfo anzunehmen, daß die Melodie des Rolandliedes 
älter ift ald fein Text. . 

Diefe Nachrichten verdanfe ih Dr. Bolte's Auffag im Jahrbuch für niederdeutfhe Sprad- 
ferigung 13, ©. 64, der au dort ald Mufikbeilage 22 die Rolands » Melodie aus Fabricius 
autenbudh und die bei Chappell mitgetheilt hat. Im Altd. Lob. Nr. 85 habe ich blos den Zert 
gegeben ; die Weife war durch ein Berjehen weggeblieben. 

Den englifhen Driginaltert di der Melodie Romwland glaubte Ehappell, der vom beutfchen 
Lied nichts ee auf einem fl. Blatt um 1600—25 zu erfennen. Diefer auch bei Bolte a. a. O. 
abgedrudte engliſche Text in zwei Theilen hat aber mit dem Rolandd-Spiel nichtd gemein, Der 
Anfang dort heißt: 


John: Now welcome neighbour Rowland, Row: The best that ere you heard 
m London welcome home. Youle say ’t when I you shew. 
What newes is there I pray you? John: I hardly can belene it 
From thence I heare you come. Tis too goud to be true, 


312 


Der Rolandéton wird mehrfach zu Singfpielen von J. Ayrer (1598—1618) ange» 
führt: „In dei Rolands Thon” — „Wie man den Englifhen (Englendifhen) Roland fingt“ 
(f. Goedeke, Grundr. 415). 

Auch für geiftlihe Dichtungen finden wir den Rolandston vorgefhrieben. Im Hamb. 
Gefangbüdhlein 1612, S. 32 ift ein Chriſtliches Alag- und Troſtlied überfhrieben: „Im tbon, 
D Roland lieber Roland.” Anfang nah WE. III, 1016: 


Ah Gott, wen ſoll ichs Flagen Bor zeiten ſchien mir die Sonne 
das herzlich leiden mein? igt mag ed nit gefein; 

Mein Herz will mir verzagen elend bat freud verbrungen, 

das ich fo elend bin. ber unfall ift worben mein. 


Wiederholt 1J dies Klaglied im Coburger Geſangbüchlein 1621, S. 75 mit der Tonangabe: 
D Rolandt, lieber Roland. — Derſelbe geiſtliche Text ſteht ſchon 1682 im Greifewalder Gb. ©. 328 
bat aber zur Ueberſchrift: Im Thon, Ich danck dir lieber Herre. — 

Zu biftorifhen Liedern diente der Rolandeton. So zu einem Gedicht auf die Hanfa um 
1600, von Job. Domann: „Im Thon ded Ruland oder wie ed eimb beffer gefelt." Anfang nach 
Gödele, $ 174, Nr. 19: 

Wolan laft uns eins fingen, 
Ein Liedt vnd news Gebicht. 


Ein Lied auf die Braunſchweiger Fehde 1606 ift überſchrieben; „Im Thon Rolandt lieber 
Rolandt oder Mit luft vor wenig Tagen ein Jeger fam in Sinn.“ Anfang: 


Mit luft vor wenig Tagen 
Ein Krieger fam in Sinn. [Cod. hist. 198 der Göttinger Univ. BibL) 


Ein Abſchiedslied auf einem Drud zu Anfang des 17. Jahrhunderts (jept im Britt. 
Mufeum zu London) ift betitelt: Ein gar newes und ſchönes Lied, Einer Bayriſchen Jungkfrawen 
era gemacht. Im then: Warumb wiltu wegziehn, Mein Schap sc. Der Ins 

ulan on: 


Sungfrau, es ift mir leide, Wie muß ich, bergig® lich, 
mann ich gedend ber zeit, die ſach jetzund greiffen an? 
daß ih muß von euch fcheiden jagt mirs, ich ftirb vor fummer, 
vnd habt mich nie erfremt. ac lieb, ih muß darvon. 


W. Grimm in feiner Ausgabe des Rolandsliedes (1838) kannte von unferem neueren Roland: 
lied blos die Anfangeworte aud der Tomangabe im Coburger Gefangbuh 1621. Bergl. J. Bolte, 
Ueber die groß Verbreitung des englifchen Rolandetones feiner Zeit in läge f. nieberb. 
un J ©. 38 und deſſen Aufſatz im Jahrb. des Vereins f. niederd. Sprachf. 1887. 


489. Liebe blüht Winter und Sommer. 


Mel. 1540. 



















— 47 —ıiLı 1 
I vo-gelkens in der mui - ten sij sin-ghen ha- ren tijt; 
Waer s ie's mij ont -hou - den? ie ben mijns lief-kens qujt. 


Waer sal ics mij ont-hou-den? ende ichaerso gen an - sie! al 


spreek ic u liefkenso sel - ten, ic schenk u mijn hertken, is fier. 


1. Die Böglein in dem Bauer 

Ste fingen ihrer Zeit: 

Kann mid deß nicht enthalten, 
Wenn aud die Lieb fchafft Leid. 
Sollt id mic ihr enthalten? 

Ich feh fie gar zu gern. 

Sprech ih dich, Liebchen, fo felten, 
Schenk id dir fto mein Herz. 
Ich gieng noch a Abend 

So heimlih einen G ung 

Nah meines Liebchens hüre, 
Sie wußts mir keinen Dank. 
‚Steh auf, mein Allerliebſte, 
Steh auf und laß mid ein! 
Ih ſchwör bei meiner Treue, 
Ih lieb nur dich allein! 


» 


313 


3. Schöns Lieb, wolft dran gedenken, 

Daß ich einft dein Liebfter war, 

Und lag in deinen Armen, 

Nun bin ih unwerth Gaft. 

Du haft dich mein begeben, 

Dod trag id noch guten Muth: 
Die Lieb blüht Winter und Sommer, 
Was der kühle Thau nicht thut.‘ 


4.9 zog von meinen Händen 
Bon Gold ein Kingelein: 
‚Nimm bin! du Allerliebfte 
Das war die Treue mein! 
Und fo dich Jemand fraget, 
Wer dir das Ringlein gab, 
So fag mit hübfhen Worten: 
Der einft mein Liebfter war‘. 


5. Ich hörte geftern Abend 
So luftig einen Sang, 
Mein Liebhen wollt heirathen; 
Ich wußt ihr keinen Dank. 
Hat fie fi mein begeben, 
Trag ih doch noch guten Muth: 
Die Lieb blüht Winter und Sommer, 
Was der fühle Thau nicht thut. 


Niederländifches Neiterlied in Ueberfi 
Melodie, fteht im Antwerpner Lob, 1544, 


Das Driginal, mit dem vo e wie unter der 
Daher Hoffmann, niederl. Bolkel. Nr. 86. Die 


r. 38. 


Melodie in den Souterliedekens 1540 zu Pi. 44. 


A490. Liebe um Liebe. 


— 


Wollt Gott fie wäre mein! 
Bon Perlen und von Golde 
Trägt fie ein Kränzelein. 


- Bon Perlen und von Golve 
Trägt fie ein Ehrenkranz; 

Mit ihren fchneeweißen Händen 
Bracht fie mid an ven Tanz. 
.Ich war in fremden Landen, 
Da lag ih und ſchlief, 

Da träumet mir eigentlichen, 
Wie mir mein feins Lieb rief. 


. Und da ih nun erwachte, 
Da war ed Alles nichts; 
Es war die Nachtigalli, 
Die fang fo wonniglid: 


1 


ws 


— 


. Ih weiß mir eine Jungfrau ſchön, 


5.„Steb auf, du guter Gfelle 
Und reit' du dur den Wald, 
Sonft wird deine Liebe fagen, 
Ste führ ein andern Gfelln!“ 


.Ich thät mich faft nicht ſäumen, 
Ich ritt dur den grünen Wal, 
Die Böglein hört ich fingen, 
Sie fungen beide jung und alt. 


he) 


7.9 ritt nun alfo lange 
Bis ih mein feins Lieb fand: 
„Wie haft du mein vergefien 
Und mid verlafien ganz!” 


8.,„Wie follt ich dein vergefien 
Du edler Ametift, 
Der du in meinen Herzen 
So tief verſetzet biſt?“ 


314 


9. Drauf gab fie mir zu Pfande 10. Drauf gab ich ihr herwieder 
Vergißmeinnicht ein Kranz, Bon Gold ein Ringlein Hein: 
Den gab fie mir zu Pfanbe „Den tragt von meinetwegen, 
Mit ihrer ſchneeweißen Hand. Herzallerliebfte mein!* 


Nach einer Handſchrift in der Rhediger'ſchen Bibliothef zu Breslau im Jahr 1603, 
gedr. bei Hoffmann, Monatsihrift von und für Schleſien II ©. 550. Daher Uhl. 
Nr. 20 und Erf, Poh. Nr. 1544, — 

Das Lied, welches von einem Traume und deſſen poetifher Folge — Verlobung 
im Walde — erzählt, erinnert an die ähnlihen Traumlieder: Es ftand ein Pind im 
diefem Thal, ach Gott (Nr. 406 oben). — „Im meines Buhlen Garten da lag id 
und ſchlief.“ — „Wohl heute nody und morgen” ꝛc. — 

J. 3,3 eigentlih, mbd. eigenliche, eigens, befonders. 6, 1 faft, feft, ſeht, durchaus, 


ar. 8,2 Der Bergleih der ind Herz gejchloffenen Liebften mit einem in Gold gefaßten Edel 
ein (Amethiſt), hat etwas ritterliches, wie das ganze Lied an die höfiſche Poeſie gemahnt. 


491. Ber Nadıtigallengefang. 


Aug. Nörmininger'd Handſchr. Tabulaturb. 1598. 















—— — — = 
La: ol» fuft mit fih brin » get die fröh-lih Som - mer - 
Im grü + nen Wald jept fin = get wied-rum bor Freu =» Dig = keit 








Ohn Uns» ter» laß, mit bel» lem Schall, aus ib » rem Häld » ein zart 
fehbr schön und fein Frau Nah» ti» gall, fein Müh noch Fleiß fie fpart. 


2. Des Nachts, wenn ift fürüber 3. Mit ihrem fhönen Singen 
AN andrer Böglein Gang, Bewegt fie manchem fein Herz, 
So ſchwingt fie ihr Gefieder Daß er vor Freud möcht fpringen, 
Und fängt mit lautem lang Das fag ih ohn allen Scherz, 
Bald auf das neu recht an zu fchrein, Unter allen Waldvögelein, 
Dis das anbridt der Tag; Sie fein groß oder Hein, 
Ihr wunderfhöne Melodein Ihr feines gleich thut fein, 
Kein Menſch beſchreiben mag. Der Ruhm bleibt ihr allein. 


4. Ihr fhöne Stimme und Weife 
Man ehren thut überall, 
Drum ich fie jest auch preife 
Die edle Nachtigall; 
Mit lieblichem und fühen Ton 
Bringt fie al Sachen für, 
Ihr feltfam Gpicht fie ziert ganz ſchön 
Auf diefer Erden bier. 


Zert aus: Neue Teutfche Weltliche Lieder ge A ya Demantium. Nürnberg 1595 
Nr. 27. Abdrud bei Hoffmann, Geſellſchaftslieder Nr. 367. Goedele-Zittmann Rr. 164. 





315 


492. Botfchaft durch die Hadıtigall (Botenlied). 


1. Schwing did auf, Fran Nachtigall geſchwinde, 
Bor meines Piebhens Penfterlein dich finde, 
Sing ihm das Lied, welches ohn Beſchweren 
Neu erdacht meinem Schag zu Ruhm und Ehren: 

2.3 komm ber von euer jhönen Zarten, 
Welche mi aus ihrem Rofengarten 
Sendet zu euch, fampt einem Krauz geringe, 
Den id von ihrent wegen bringe. 

3. Glück und Heil fie wünfht von Herzen Grunde 
Ihrem Schat zu jeder Zeit und Stunde. 

Ihr zartes Herz ift gar fehr befeflen, 
Sie kann ihres Liebchen nicht vergeflen. 

4. Je länger je lieber heift ein Blümelein, 
Daraus hat fie gemadt das Ehrenkränzelein; 
Augentroft ift darunter gemenget, 
Vergißmeinnicht mit eingefprenget. 

5. Auch ift viel Ehrenpreis darinnen, 

So werdet ihr des Wolgemuths wol innen; 
Der Kranzbügel ift mit Ehren gemwunden, 
Ein treues Herzlein hat ihn gebunden. 

6. Merkt no mehr, was fie mir hat befohlen, 
Das fag ih euch ganz frei umverholen: 

Ohn Antwort foll ih nicht wieder fommen, 
Darumb merkt, was ihr von mir vernommen. 

7., Fleißig Hab ich dein Botſchaft verftanden, 
Antwort fol aud fein bei mir vorhanden: 
Schwing did auf mit deinem zarten Gefieder, 
Und grüße mit mein taufend Herzelein wieder! 

8. Nichts Liebers Hätt fie mir können ſchicken, 
Dadurch fie thät mein junges Herz erguiden, 
As das Kränzlein mit den fhönen Blumen, 
Die man fonft felten thut bekommen. 

9. Ein Demantn, ein Stein gar hart und theur, 
Welchen aud verzehren kann kein euer, 

St kaum meinem Herzen zu vergleichen, 
Doch thät e8 das Kränzlein erweichen. 
10. Bon mir fag dem allerfhönften Herzen 
Eitel Freud und Wonn’ ohn allen Schmerzen, 
Thu ihr vor der Prejeng großen Dank fagn, 
Fröhlich bin ich, weil fie mir ift gewogen. 
11. Sprid, id will fie wieder nicht vergefien, 
Ob ih mid gleich nicht kann hoch vermefien, 
Schwing did auf, fag ihrem rothen Mund 
„Gute Naht, Glüd, Heil zu aller Stund!” 


Flieg. Bl. vom Yahr 1639 auf Königl. Bibl. zu Berlin. Abprud Mittler, 
Boltsl. 594. 


316 


4953. Bertröftung auf Nofenfchneien und Weinregen. 


[v. h. auf Nimmerwiederfehr*]. 


1. Es grünen allyumale 2.3 will ein Schifflein tauen 
Die Zweiglein und das Gras; Um fahren über See 
Der Winter that ung Leibe, Und bringen meinem ſchönen Lieb 
Der Sommer kommt heran. Bon Rojen ein Kränzelein; 
Daß dem Knaben fein Haupt thät weh, Ein Kränzelein von Rofen 
Das kommt von einer Maid war jung: Und aud von gelbem Klee, 
‚Ad wer fol tröften mein junges Herz Bon Herzenliebe ſcheiden, 
Und meines Lieben rothen Mund?‘ Ah! fheiden das thut weh! 


3. „Run ſchweige, hübſches Mädchen, 
Und laß das Weinen fein! 
Wenn es Rofen fchneiet 
Und regnet Fühlen Wein, 

So wolln wir, Allerliebfte, 

AU bei einander fein“. 

‚Wann e8 Roſen ſchneiet 

Und regnet kühlen Wein, 

So folft du, loſer Keiter, 

An deinem Hals gehangen fein!‘ 


Liederb. der Herzogin Amalie v. Cleve (Anf. des 16. Jahrh.) Nr. 2. Das 
niederrhein. Original: „It loufet allzomeile die leufergin und dat gras ıc. (Uhl. Nr. 65). 
Hier ind Hochdeutſche übertragen. Bersbau verwildert, achtzeilig — Nibelungenftrophe. 


J 1,2 loufen, aus der Schale hervorbrechen, ausſchlagen. Ieuferhen, Läufer = Shöf- 
linge der Zweige. 2,1 tauen, mit Zaumerf verfeben, ein Schiff audrüften. 2,4 einem 
Jägerlied des 16. Jahrhundert? (Dort fern vor jenem Walde) heißs ganz äbnlih: „Die Jungfrau 
ftand an der Zinnen, fie ſach zum Fenſter raus, im rechter Lich und Treue warf fie ein Kränz- 
lein "raus von Feiel und aud von Rofen, von Feiel und grünem Klee: Bon Herzenliebe ſcheiden, 
fcheiden das thut weh. 


” Bergl. Ubl. U ©. 218 über die Eigenart der Volkspoeſie, das abftrafte nein, nichts, nim⸗ 
mer durch ein Bild auszudrücken. 


A494, Erhöre mich! 


1. Den lieben langen Tag 3, Gedenk der Seufzer groß, 
Führ ich ein ftäte Klag, Die mid ohn Unterlaf 
Und wann id dann foll fchlafen, An Leib und Herz frank machen! 
So gibt mird noch zu fhaffen, Vielleicht thuft Du nur laden, 
Sol großen Schmerz und Beine Denn id fo ftreng thu Magen, 
Gibt mir die Liebe meine, Daß ih fein Wort kann fagen. 

2, Du liebes Piebelein 4. Doch laß ich drumb nicht ab 
Wer wollt dir doch feind fein? Bon dir, dich ſtets lieb hab, 
Du bift wol werth der Ehre, Als den Troft meines Herzen, 
Daß di ein großer Herre Sp mir benimmet Schmerzen. 
So herziglichen liebe, Du wirft einmal in Ehren 


As ich gegen dir mich übe. Mich meiner Lieb gewähren. 


Autumnum 


Aus: „Theatrum Amoris. Newe, Zeutfhe, Amorfifhe Gefäng, mit fchönen Tuftigen 
Zerten.... mit 5 vnd 6 Stimmen componirt, und in Drud verfertigt durch Johannem Andream 


DO.II.“ (Lied Nr. 4 dafelbft.) 


(Serbfi!),. Noribergensem, Gebr. zu Nümberg, ben Georg Leopold Fuhrmann. 





495. Abfdjiedsfcene, 


In feiner eigenen Weife. 


1.3 ſah mir einen Hirfchen 
Der war jhön und zart, 
Bon wegen großer Liebe 
&o hart verwundet ward, 
Und darnach zerrifien 

Bon den Hunden fein, 
Welches muß gewefen fein 
So gar ein ſchwere Pein. 


.Solches muß ich jett leiden, 
Jetzund in diefem Fall: 

Und daß ich die Liebfte muß meiden, 
Und die ih haben foll, 

Die Schöne und die Zarte, 

Das holdſelige Bild, 

Welche Lieb viel härter ift, 

As ein ftählener Schild. 


.Ad, wenn wilt du wegziehen, 
Du mein hödfter Troft? 

Ach wenn wilt bu wiederflommen 
Und daß du mid erläft? 

Du Haft mir e8 zugelagt 

Das junge Herze bein, 

Und warn ih wiederumb kommen, 
In Freuden bei dir fein. 


4. Hiemit will ih mir faflen 


Ein frifhen freien Mut; 

Ih fahr dahin mein Straßen, 
Mein Sad) wird werben gut. 
Hat e8 Gott auserjehen, 

Hat e8 Gott auserlorn, 

So fol uns doch nichts hindern, 
Kein Diftel und kein Dorn, 


5. Einen freien frommen Mann 


Mir Gott fenden woll, 
Und der mid dahin führet 
Und da ih freien fol, 
Denn er ift alleine, 

Der dir ind Herze fit, 
Er wird aud wohl wiſſen, 
Was mir jegunder brift. 


6. Reihthum und auch Schöne, 


Adelig und Frumm, 

Und wann man's bei einander findt, 
So leuchtens wie ein Sonn. 
Dieweil mans aber felten 

Bei einander findt, 

So woll mir Gott befheren 

Ein frommes Mutterkind, 


7.Der Apfel ift rojenroth, 
Es ftedt ein Wurm darin; 
Die Meidlein die fein hübſch und fein, 
Sie führen ein falfhen Sinn. 
Hiemit fo will ichs laſſen 
Mein Liedlein kurz umd gut; 
Ich fahr dahin mein Straßen, 
Mein Sah wird werben gut. 


l. BL. o. D. und Jahr (um 1590). „Drey jchöne newe Lieder, Das Erfte, Ich jab mir 


einen 


irfchen, der war fchön und zart. In feiner eignen weiß & fingen. Golzſchnitt: Pen, 
Reiter und Dame.) Das ander Lied, Es hat ein Maypdlein ein ritt 


hreiber holdt .... Das 


Lied, Ach Bott was zeicht fie fib. Können beyde in einer Melodey gejungen werben.“ — (Biel« 
leicht in ——— Nürnberg gedrudt.) — In der 3. Strophe finden wir den Anfang des 
„Barum wilt 


päteren Liedes: 
ergleich. 


du wegziehen“. In der 7. einen im Volkolled endlos viel gebrauchten 


318 


496. Mahnung der £iebe. 


Ammerbach, 1583, Rr. 53. 





Ih habs ge» wagt friſch un« ver» ER in rech «ter Lieb und u +» en, h 
Ich b en. 


itt, halt fall, wie du mir haſt gesredt, ſoll dich niht eu = « 


| — 
———— — ur — TEE SEHE „A 





Melodie mit den Anfangdworten bei Ammerbach, Orgeltab. 1583, Nr. 53. Diefelbe mit 
einzelnen Noten anders, aber mit geiftlichem Texte in Winnenberg's Ehriftlichen Reuterliedern 1582, 
1 > Be Anfangszeilen gleichen dem weltlichen Tert bier. Diefer ftebt im Ambrafer Rob. 

‚ Rr. 14. 

Zu obigem weltlichen Zerte bringt Forfter I, 1549, Nr. 16 eine zweite Melodie, die noch 
weniger, als die bierftebende, voltsthümlich ift. Der Tert bat zwei Worte anders, 


Ih habs gewagt, —— Magd, 
aus rechter Lieb und Zreuen ꝛ⁊c. (wie oben). 


497. Noch ift die Zeit der Rofen. 
1. Nun fegen dich Gott, mein ſchönes Lieb, 3. Und wann id dann zum Tanz foll gan, 


Woll dich und mich behüten! So feh ich mich herumme 
Ih ſchlaf, ich wach, oder was id mad), Nah der Herzallerliebften mein, 
Sie liegt mir in meinem Gemüthe. Ob fie dar nit enftunde. 

2. Möcht ih ein winterlange Nacht 4. So jpringet fie vor mid an den Tanz, 
Bei der Herzallerliebften fiten, Recht wie der Morgenfterne: 
Und wär der Winter fchon fo kalt, Mein Herz ift jung und freuet ſich, 
Bor Freuden fo müßt ih ſchwitzen. Mein Augen jehen fie gerne. 


5. Möcht ich die winterlange Nacht 
Bei der Herzallerliebften kofen, 
Und wär der Schnee ſchon Keimes did, 
Noch blühten und die Rojen. 


Nach der Papierhdfhr. um 1574 vom Niederrhein (K. Bibl. Berlin, Ms. germ.40, 716). Etwas 
abweichend eine ältere Lesart in der Heidelb. Hoſcht. 343, fol. 95. Daher Görres 58 und &r- 
lad) I, 237 ; dafelbft befjerer Anfang: „Der liebe Gott der woll mein ſchöns Lieb in Ehren und 
Züchten behüten x.” Schlußſtrophe: „Vater und Mutter die bab ich lieb, darzu all mein Ver— 
wandten; und dennod wollt ich fie fahren lan, und dich, ſchöns Lieb, behalten.” 


319 


A9S. Reigen. 

1. Der Sommer und der Sommenfhein 3, Demfelben wader Mägvelein 
Ganz lieblih mir das Herze mein Schickt id neulich ein Kränzelen 
Erquiden und erfreuen, Mit rotbem Gold ummunden, 

Daß ich mit Luft im grünen Gras Dabei fie mein gebenten fol 
Mag fpringen an dem Reigen. Zu hunderttaufend Stunden. 

2, Da lacht die Allerliebfte mein, 4. Ich ritt durch einen grünen Wald 
Wollt Gott ich ſollt heint bei ihr fein Da fungen die Böglein mwohlgeftalt; 
In Züchten und in Ehren! Frau Nachtigall mit ihnen: 

Das wär meins Herzen größte Freud, Nun fingt ihr Heinen Waldvögelein, 
Darauf dürft ich wohl ſchwören. Um meined Buhlen Willen ! 


Nic. Rosthius, 30 Newer liebliher Galliardt. . I. Thl. Erfurt 1597. Nr. 20, 
Die Muſil ift von Roſt felbft komponirt, alfo nicht Volksweiſe, wie auch der Tert 
faum Vollkslied zu nennen ift. Uhland Nr. 39 rangirt ihn umter die „Reigen“, 


499, Reigen. 

1. Ich fing und fpring und was ih thu, 3. Man fit fo mand fröhlich Geberd' 
Niemand kann mid machen froh, Wol aus betrübten Herzen, 

Wenn ich gedenk der Hinnefahrt; Der feinen Buhlen meiden muß, 
Ah Scheiden, wie fällft du mir jo hart! Der leidt al ſolchen Schmerzen, 
Ih fann dein nit vergefien. Ih trag in meinem Herzen. 

2. Daß ich ihr mit vergefien kann, 4. So will ih greifen ein freien Mut 
Das nimmt mic ja fein Wunder; Ih hoff, es fol noch werben gut, 
Es ift vergangen Jahr und Tag, Und fpringn mit Freuden an diefen Tanz; 
Da ih in Buhlens Armen lag, Glück das kommt gegen dem andern Mai, 
Bol an ihr! Bruft gedrungen. Das geb und Gott zu Gute! 


5. Der allzeit mit den Heiligen gabt, 
Der gut gut fröhlih fingen: 
Wer feinen Buhlen zu Freunde hat, 
Der mag wol tanzen und fpringen, 
Ad Gott! hätt ich den meinen! 


Branffurter Lob. 1582 Nr. 106. Daher Uhl. 40. Schon bei O. S. Harniſch, newe 
auserlefene teutjche Lieder. Helmftadt 1588 (mit Singnoten) Nr. 8, blos 3 Strophen. 


900. Schöns Meidelein, wie bin ich dir hold! 


1. Haft du's nit gefifchet, fo fiſch e8 aber noch, 
Hat fie der Schimpf gereuet, fo thue ers aber noch. 
Iſt es denn das Unglüd heuer alles mein? 
Ade, du ſchönes Liebelein, du mußt mein eigen fen. 


320 


2. Weiß ich mir ein Meidelein auf diefer Erden, 
Iſt fie mir befchert, fo muß fie mir aud werben. 
Wol über allen Dant..... 

Geſchichts aber heuer nit, fo geſchichts überlang. 


3. Da kauft er ihr ein Gärtlein ſchmal, 
Der war gejprenfelt überall, 
Er war gefprentelt wohl auf den Fuß: 
„Es reut mid, daß ich fterben muß!“ 


4, Sterb id denn, fo bin ich todt, 
So gräbt man mid im die Röfelein roth, 
In die Rofen und in die Klee, 
Kein ſolchs brauns Meivelein befomm ich nimmermehr. 


5. Bon der Erden wol in das Haus: 
„Schau, liebe Frau Mutter, wie bin ih fo groß!” 
Da kauft er ihr ein Ringlein von Golb: 
„Ach ja, du jhönes Meivelein, wie bin ih dir fo hold!“ 


6. Da war bevedet ein Bettlein mit Fleiß, 
Da beihließt* er das Meivelein mit ganzen Fleiß 
Er drudet fie mit Tiebliher Art: 
Hat mir dasfelbig Meidelein drei Yahr zu Lieb gemart. 


Aus dem Memorial-Buh von 1581, im v. Stromer'ſchen Archiv zu Nürnberg. 
Mitgetheilt im Woh. IL, 209. Genaue Abschrift des Driginal® in Birlinger's Aus- 
gabe des Woh. II, 28; nach lesterem bier. — Das ift ein Miſchmaſch von alten 
Liederbrocken. Der Wandelvers (Str. 4, 1—2) fommt vor: a) in „Drei Lilien, die 
pflanzt” ꝛc. b) im Kinderliev „Pitterken Iet fin Patſchen (Bierchen) beſchlan“ aus 
Elberfeld. c) im niederrheiniſchen Repliede, Nr. 122 oben. d) im Lied „Sterben 
i ein ſchwere Buß“ ꝛc. — Zu Str. 5 vergl. „Zum Stolpen“ (Uhl. Nr. 274, 

tr. 6). 


* begrüßt flatt befchließt ift im a. Wodb. gefept. 


901. Ber Kater auf dem Dache. 


Mel. 1615. 





— — — — 
Es ſaß ein Käter-lein auf dem Dach, ed hät⸗te ſich bald zu to⸗de ge⸗lacht. 


2. Nun lache, nun lache mein Käterlein fein, 
Uebers Jahr ſollſt du mein eigen ſein. 


3. Wol in mein Aermlein will ich dich ſchließen, 
Und ſollt es gleich Vater und Mutter verdrießen. 

4. Ach Vater und Mutter verdreußt es auch nicht, 
Sie haben euch lieb und ſagens euch nicht. 


5. Sie haben euch lieb gewonnen, 
Fein warm ſcheint und die Somen. 


321 


6. Es ſcheint die Sonne, fo leuten die Stern: 
Bei meinem fein Liebelein wär ich fo gern. 
7. Bei meinem fein Liebelein allein: 
Gott weiß wohl, wen ich mein, ja mein. 


Tert im Berglieverbücdlein, ca. 1740 zweimal: a) ald Anhang zu: „Ad Tannen- 
baum“ xc. (©. 216) und b) als Zuſatz zu dem Lieve: „In meines Buhlen Gärtelein“ ꝛc. 
Da hat e8 in Str. 2 als Bariante: 


Nun tanze, nun tanze, mein feines Liebelein, 
Ueber Sahı folt du mein eigen fein. 


Melodie bei Franck, Fascic. quodlib,, 1615, Nr. 5. 





902. Bie Farben. 


Mei. 1610, 
E 4 - 















| Nah grü«mer Farb mein Herz ver » langt, da ih in Gelend mad. 
Das ift der Lieb ein Aure =» fang, recht fo das grüme Grad. 









Ent » fprof »fen aus ded Mai-en Shen mit man⸗—chem Blüm« lein 








Her » ge mein, zu die» fem neu» en Sahr. 


2. Um ihretwillen trag ich weiß 4. Blau haft du, Lieb, von mir begehrt 
In meines Herzen Grund, In rechter Stetigfeit; 
Mein Herz das fteht mit ganzem Fleiß Und wüht ih, was dein Herz begehrt‘, 
Nah ihrem rothen Mund. Das follt’ dir fein bereit. 
Darnad fe ih all mein Gedank Daran ſollſt du fein Zweifel han, 
Bei Tage und bei Nadıt; Mit Treuen ich did mein; 
Darnach fo geh ih manden Gang, Ih will in deinem Dienjt beftahn 
Die Zeit wird nimmer mir zu lang, Diemweil ic das Peben han, 
Denn ich fie [hauen mag. Bis an das Ende mein! 

3. Der rothen Farb hab ih fo viel, 5. Grau Farbe bringt mir Bein 
In Liebe brennt mein Herz Mit Seufzen und mit Klag'n; 
Daß fie das nicht erfennen will, Alſo ich ein’ trüblihen Schein 
Das bringt mir großen Schmen. In meinem Herzen trag. 
Ih ſäh es aud von Herzen ger, Daß fie ſolchs nit erkennt, 
Daß ih wär bei ihr allein. Mein Meiven bringt mir Pein; 
Ih Hoff fie ſoll in Ehren Mein Herz ja manhen Seufzer fend, 
Ihr junges Herz zu mir kehren, Ich hoff e8 werde ſchier ein End, 
Dieweil ih elend bin. Daß ich bei ihr möcht fein. 


Ertu Böhme, Bieberhort. IT. 21 


6. Gelber Farbe hat fie mi vermahnt, 


Da fie mir begegnet ſäuberlich; 
Ih ſeh fie gern, hat fie erkannt, 
Das maht mid freudenreic. 

Sie bot mir ihren rothen Mund; 
Ih dankt ihr zur felbig'n Stund, 


7. Schwarze Farbe mich erfchredt: 


Es muß ein Scheiden fein; 

AU meine Freud bat ſich bevedt 
Unt'r ihrem finftern Schein. 

Gott gſegen dich Lieb zu aller Zeit, 
Sceiden bringt mir die größte Pein. 


Mein Herz in großen Freuden fund, 


Tag und Nacht dent ich mit Fleiß; 
Da ward mein Sorg’n ein End. 


Wo ih aud bin, fern oder weit, 
Bergeh ich dein nimmermehr! 


Text in der Heidelb. Hdoſchr. 349, daher Görred 39 und Erlach I, 233, blos 4 Stropben. 
Hier nah dem Ambrafer Lob. 1582, Nr. 37; im Versbau ſehr verderbt, bier etwas zurecht gerudt. 

Melodie bat fih erhalten zu einer — Parodie: Nah ewger Freud mein Herz 
verlangt bei M. Praetorius, Mus. Sion. VIII, 1610, Nr. 230. Die mit * bezeichneten Noten 
waren im Original von doppelter Ränge. 

Daß das Farbenlied fhon alt und wenigſtens im 15. Jahrbundert längft befannt ift, be» 
weißt das Vorkommen feines Tones zu einem geiftlichen niederländifchen Liede von Brugmann: „Ic 
beb ghejaecht mijn leven lanc.“. Berliner Hf. des 15. Jahrhunderts, K. Bibl. Nr. 190. Abdruck 
diefes Marienliedes mit Melodie bei Bäumer, niederländijche geiftliche Lieder ded 15. Jahrhunderts 
Nr. 73. Der Tert bei Hoffmann, niederländifche geiftliche Lieder Nr. 109, hat aber andern Versbau. 

Die Ueberfchrift de Liedes beißt: »Na groenre verwe mijn hart verlanct.a Diefe 
Melodie ift aber nit die vorftchende Durmelodie, fondern eine aus dorifcher Zonart, daven der 


Anfang fo lautet: 






903. Bie Farben. 


1.90 Schwarz will id mich Heiden, 
Dieweils Trauren bedeut, 
Bonwegen meines Buhlen, 

Der mir ganz Urlaub geit, 
Urlaub ohn alle Schul: 

Hilf reiher Chrift vom Himmel, 
Daß ichs leid mit Geduld! 


2. In Weiß will id mich kleiden, 
Bedeutet große Freud, 
Bon wegen meines Buhlen, 
Der mir's Alles andeut; 
Iſt mir gar herzlich hold, 
Lebt mir in meinem Herzen 
Ueber Silber und Gold. 


3. In Roth will ih mich leiden, 
Bedeut inbrünftge Yieb, 
Bon wegen meines Buhlen, 
Daß er mich nicht betrüb. 
Hat mich geſchloſſen ein 
In feine Armelein, 
Kein Menſch foll mid abwenden 
Stets will ich bei ihm fein! 


4. In Blau will id mid kleiden, 


Bedeut ſchön Stetigkeit, 
Vonwegen meines Buhlen, 

Bringt mir jelängr jemehr Freud; 
Allzeit zu dieſer Stund 

Kann mich nichts beſſ'r erfreuen 
Dann fein roſenfarber Mund; 


5. In Meergrün will ih mid Heiden, 


Bedeut Bergiß nit mein, 

Bringt mir jelängr jemehr Freuden; 
Stets will ih bei euch fein 

Wills Gott und aud die Zeit, 

Die mi und euch erfreut; 

Es bringt mir dod auf Erben 
Ganz und gar fein Leid. 


6. In Beilblan will ih mid Heiden, 


Bedeut heimlichen Hold; 

Ja wenn ich ihm könnt werden 
Und er mein eigen ſein ſollt, 
Erfreut mir mein Gemüth 
Und alles mein jungs Geblüt; 
Es bringt mir doch auf Erden 
Ganz und gar keinen Muth. 


323 


7. In Grün will id mid; Heiden, 8. In Leibfarb will ih mid Heiden 
Spazieren wöll'n wir gahn; Dieweild auf Weiß ſchön fcheint, 
Es geht wol gegen den Sommer, Bonwegen meines YBuhlen, 

Was wölln wir heben an? Der mid fo fehr erfreut. 
Wol über ein grünes Feld! Dies Liedlein, jest erdacht, 
Sp will ih euch erzählen Sei eu, Herzlieb, gemadit ; 
Was ich führ in dem Helm. Ich Regina alleine — 


Ude zu guter Nacht! 


9. Regina ich genannt thu werben, 
Bil mich machen befannt, 
Mit Fug auf diefer Erben: 
Herzlieb, reich mir dein Hand! 
Kürzlich zu diefer Stund 
Sing ih aus Herzensgrund; 
Wills Gott, fo ſolls geſchehen, 
Nun ſpar euch Gott geſund! 


Aus: „Tugendhaffter Jungfrauen und Jungengeſellen Zeitvertreiber“ (um 1690). 
Das 110. Lied. Daher Woh.,4, 146. — Berbeſſert nah: Ditfurth, Volls⸗ und 
Gefellihaftsliever, Nr. 2. Auffallend ift das Schwanken zwifhen 7 und 8zeiliger 
Strophenform. Die fiebenzeilige jcheint vie Ältere und richtigere gewefen zu fein: es 
ift der Schüttenfamenton. — Das geiftlihe Farbenlied (f. Woh. 4, 151) „Im 
Schwarz will id mich Heiden“ ꝛc. halte ih für Nachbildung des weltlichen. 


904. Im ihren Füßen. 


Langſam und getragen. Mündlich aus Berlin. (1807). 
I a 






ee Kind, zu deinen Für fen  Tieg ich bier, wein’ bit =» ter = lich, 


Sollt ih did ver-laf-jen müf- fen, wärs die größ =» te Pein für mid. 








Lieber wollt ib den Schluß faf » fen, und mein junges Bes ben Taf» fen; 


— 7 Een. WERTE — 
denn von dir ent⸗fernt zu fh wär für mich die größ »te Bein. 

2. Gold und Silber, Meertorallen, 3. Nachts, wenn ih die Ruh erwähle 
Reichthum, Schätz und Evelftein, Und ins Ruhbett ſchlafen geh, 
Thut mir nicht jo wohl gefallen Thu ih mir im Traum vorftellen 
Als du, Schönfte, nur allein, Dein liebreihes Conterfait: 

Die Leut reden, was fie wollen, Wie dur redeft, wie du lacheſt, 

Du allein bift auserforen; Eine füße Miene macheſt; 

Fällt mir nichts ind Herz hinein Ich ftell mir im Traume für 

Als du, Schönfte, nur allein. Als wenn du bier fchliefft bei mir. 


2i* 


324 


4, Ulles was ich red und bene, 5. Schönfter Schag, willft daß ich lebe, 
Alles, Alles ift von dir; Sag zuvor: du liebſt mich noch! 
Wo ih nur mein Aug hinlenke, Oder willft den Abſchied geben? 
Stellt fi) mir dein Bildniß für Diefes Wort entjegt mich hoch. 

Iſt kein Künftler auf der Erden, Lieben mußt du oder haſſen, 

Kann aud nicht gefunden werben, Eins von beiden mußt du laflen, 
Der dich fhöner malet ab, Schönſter Schak, ich ftell dire frei: 
Als ih dich im Herzen hab. Haß mich oder bleib getreu! 


Vielfach mündlih und nah fl. BL. um 1750—1800. Zert auch gebrudt bei F. D. Gräter, 
Bragur II, nr 1792, ©. 219 und III, 1794, ©. 203. Mit Melodie bei Büfhing und von 
der Hagen, Volkel. 1807, ©. 26 Nr. 16. Daber auch bei Erf, Liederhort Nr. 96. Morgenbl. 
1809 Nr. 113. Audbund ſchöner weltlicher Lieder, Reutlingen 1810. [Gin bewegliches Liebeslied.) 
Erlach 2, 18. Kr. 1,548. Erk J, 5, 6. Ditfurtb II, Rr. 109. (Melodie wenig abweichend.) 
In neuerer Zeit wird das Lied nicht mehr gefungen und war wohl nie eigentlicdhes Vollslied, jon- 
dern nur in gebildeten Kreifen heimiſch. 

Auf einem fl. BL. 1793 wird es einem Juden in den Mund gelegt: „Merdwürdige und 
— Liebesgeſchichte — einem jungen verliebten Juden und einer überaus ſchönen Buͤttners 

rau, welche fih am Rhein bei Straßburg zugetragen, 1793. Nebft feinem Liebe: und Leib» 
Liede.“ Im diefer Erzäblung beifts am Schluß: Jakob fang (um fih die Brillen zu vertreiben) 
fo oft er am die jhöne Büttnersfrau dachte, zum öftern das ſchöne, fein von ibm jelbft erwähl⸗ 
tes Liebes- und Leib⸗Lied: „Schönftes Kind, vor deinen Füßen lieg ih und mein bitterlid ꝛc.“ 
(folgt das Lied wie oben, nur in wenig Worten abweichend). 

MWünfhelrutbe 1818 ©. 172 bemerkt: „So ift jegt noch eine Art von Gedichten im Bolfe, 
deren Sprache genau die Periode nah Opitz anzeigt, oft ſeht poetiich und gerumdet, mit manchen 
volksmäßigen Wendungen durchflochten und Ben zum Theil im Volke entitanden, da man ibren 
—— AL die Namen der Dichter leicht auffinden müßte; ich nenne 3. B. „Schönftes Kind, zu 

einen Füßen.“ 


805. Allerſchönſter Engel. 


Fröhlich. Berglied vom Harz, vor 1777. 


BE Er 






Al» lersfchönefter En » gel, al» lerrfchön.fted Kind, komm ei « le dich und 


füf » je mich, und mache geihwind! Al darrum fo bitt ich dich, fomm, mein Schag, und 


— — — — —F———— —————— —: 


füf» fe mid, mein als ler» fhönesfter Schag, ver » gif mein net! 


2. Deine ſchwarzen Augen 3.9 reif’ in der Welt herum 
Die ha'n mich verführt. :| Und dır bleibft hier; :] 
Dein Zudermund Doch ſchicke ich 
Hat manche Stund Tagtägelich 
Mein Herz gerührt. Mein’ Seufzer zu dir, 


AN darum fo bitt ich ꝛc. AN darım ꝛc. 


325 


4. Wafler, Waller, Wafler ber, 

Es hat Gefahr! 

Denn fonften verbrenn ich 

Ganz und gar. 

Komm, kühle, 

Denn ich fühle 

Daß mein Herz wie Wachs zerrinnt! 
AN darum ıc. 


Nicolai, Alm, II, Nr. 28. Auch aus Nicolai's Befig bei Büſching und Hagen 
Nr. 293, 

Auf diejelbe Melodie fang man in der Schweiz (ſ. Spazier, Wanderungen, 
1790, Mufilbeit. 4) folgendes Liedlein, das offenbar aus Deutfhland dahin gebracht 
worden war: 


Schwarzbraun find Hafelnüß, Darum fo bitt i di, 
Und fhwarzbraun bin id; Komm mi Schag und füffe mi! 
Die Knabe küſſe Maidfchene gern Allerfhönfter Engel, 
Und feiner will mid, Alerfhönftes Kind, 


Vergiß doch meiner nüt! 


006. Ber Liebeskranke. 


1. Schönes Herzchen mein, 3. Es ſchaffet mir allein 
Du biſt mein Augenſchein! Euer ſchön Geſtalt 
Daß ich nicht kann bei dir ſein, Euer adelich Schön' und werthe Kron 
Das bringt mein Herzchen in ſchwere Pein, Dazu die werthe Liebesflamm: 
Herzallerliebſte mein! Es muß geliebet ſein! 

2. Ich bin, feins Lieb, ſo krank, 4. Ach Feuer brennt fo ſehr, 
Die Zeit wird mir ſo lang, Die Liebe noch weit mehr. 
So rede nur mit mir ein Wort Viel lieber wollt ich ſein abgebrannt 
Mein Schatz, mein höchſter Hort. Denn von der Liebſten ſein abgewandt, 
Der Ehren eine Kron. Die Liebe brennt fo ſehr! 


Berglieverbüchlein, ca. 1740, Nr. 167. 


807. Heimliche Liebe. 








Mäßig langfam. In ganz Deutſchland verbreitet, 
— — — 
Kein Feu- er, kei-ne Koh-le kann bren— nen ſo heiß, als 





— von der Niemand nichts weiß. 


326 


2. Keine Roſe, feine Nelfe 3, Seße du mir einen Spiegel 
Kann blühen fo jhön, Ins Herze hinein, 
Als wenn zwei verliebte Seelen Damit du kannſt fehen, 
Bei einander thun ftehn. Wie fo treu ich es mein. 


Erf, Liederhort, Nr. 109. — Tert und Melodie zuerft gebrudt bei Büfhing und 
von der Hagen, BL., 1807, ©. 282. Daher Silder I, ©. 8. — Seitdem endlos 
viel gefungen und gebrudt. 


Bergleihe Wunderhorn II, 59, wo die 3 Strophen einem > angehan en find. 
Hoffmann, ſchleſ. B. 131. Meier 112. GSimrod 338. Mittler 371. Erf J, 1, 10 wi 4, 12. 
I, 2, 71. Erk, Germania 163 (wie bier). Liederb. f. Künftler 1833 ©. 227. Silder I, Rr. 1, 
mit Anfang der 2. Strophe. Krepfchmer I, ©. 211. Fiedler 192. Wolff, Halle der Völker 1837, 
©. 170, aud dem Ipgrunde bei Coburg, längeres Lied. Anfang: Allhier auf diefer Erden kann 
ja nichts Schönred, ald wenn zwei junge Herzen mit einander Scherzen und treu verliebt fein. 
Kein Feuer, keine Koble x. — Bei Scherer, Jungb. 60, noch 3 ang ng Stropben von 
Jentih und Steub in Münden. — Mit dem Anfange der 2. Strophe (Keine Roſe, keine Nelte) 
von Dr. Arnold, Pfennigmagazin Cöln 1834. 

Zu vermutben ift, daß diefes Lied einem älteren Schäferliede angehörte, das bier folgt; die 
3 legten Strophen darin find unfer Liedchen. 


508. Schäfers Liebeslied. 
Erfte Melodie. 
Schr mäßig und zierlich. Mündlih aus Schlefien (Hainau) ; auch in Südbeutfchl. bekanni. 












weiden, hat nie⸗mals feisne Rub, kei-ne Rub, kei-ne Ruh, hat niemals keine Rub. 


Zweite Melodie. 
Sehr mäßig. Aus Meſſel bei Darmftadt, 1844. 





BE 
weisden, bat nie» mals feirne Rub, bat niemals keine Rub. 


Dritte Melodie, 
Sehr mäßig. Vielfach aus Schlefien und der Niederlaufig, 1818. 







— —— — — —— — 

—— 
—— are 

— — ü — _ Zmmaiee mE mr 


Gin Schärfe trägt Sorgen des Morgens fehr frub, feis me Schäfrlein zu 


Bee onen 


weiden, bat niemals feine Rub, ſei⸗ne Schäfrlein zu  weisden, hat niemals feine Rub. 























* Schäfer trägt Sorgen 
Morgens jehr frub, 
Schäflein zu weiden 
emals feine Ruh. 

ends ſpät ſchlafen, 
gens früh auf; 


Sorgen bi8 am Morgen 


ibn auf. 


327 


3. Kein Feuer keine Kohle 
Kann brennen fo heiß, 
As heimliche Liebe 
Die Niemand nicht weiß. 


4, Keine Roſe keine Nelfe 
Kann blühen jo ſchön, 
Als wenn zwei verliebte Herzen 
Bei einander thun ftehn. 


5. Seße du mir einen Spiegel 
Ins Herze hinein, 
Damit dır fannft fehen, 
Wie treu ich e8 mein. 


Er, Lieverhort, Nr. 109°. 
im ädten Menuettftyl, 


Vielfach mündlich. Die alte weitverbreitete Melodie, 
babe ich vorangeftellt (Erf hatte fie als 2.). — Noch viele 


andere Melodien und Texte in Erks Nachlaß. Andere bei Hoffmann, ſchleſ. BR., 


Nr. 111. 


Ditfurth II, 88. Böhm. Bolksl,, 1891, ©. 40. — Bom alten Schäfer: 


terte, der hier folgt, find blos noch zwei Strophen beibehalten, die vielfah noch bis 


heute gefungen werben. 


Yelterer Tert. 


1. Ein Schäfer trägt Sorgen, 
Des Morgens ſehr früb 
Seine Schäflein zu meiden, 
Hat niemals |: feine Ruh, :| 
Hat niemals feine Rub. 


2. Des Abends fpät nieder, 
Des Morgens früb auf, 
Denn die * en — ꝙ Morgen 
Die wecken ihn auf, :| 
Die weden I auf. 

3. War David nicht ein König 
Aus Aarond Geflecht? 
War Nabel nicht die Shönfte 
Aus Schäfers |: Geichleht? :] 
Aus Schäfers Geſchlecht? 

4. Kein Feuer, keine Koble 
Kann brennen fo bei 
Als heimliche Liebe, 
So niemand |: nicht weiß, :] 
So niemand nicht weiß. 


F. Bl. aus Schleſien: 
Anderes fl. Bi. ebenfalls daber: 
Sorgen ic. 


Leipzig, in der Solbrig’ihen Buchdruderen. 


08. 


Etwas langjam. 


Kan 


„Sechs neue Lieder (dad 1.). 
wei — Lieder. 
zum geſell. Vergnügen, o. I. — 
Wol um 1820 gedrudt.) — 


5. Keine Hal feine Nelte 
Kann blühen fo fchön, 
Als wenn zwei verliebte Herzen 
Bei eimander |: tbun ftehn, :| 
Bei einander thun ſtehn. 


6. Tyranniſches Herze, 
Was quäleft du mich? 
Alle Leute die thun fagen, 
Du liebeft |: mich nicht, :| 
Du liebeft mich nicht. 


7. Raft reden die Leute, 
Lan bellen die Hund: 
Wenn du mich nur liebeft, 
So werd ich gefund. 


8. Setz du mir einen Spiegel 
Ins Herze hinein, 
Damit du kannſt jeben, 
Wie treu ich cd mein. 


Gedruckt in diefem Jahr (vor 1800). 
Nebft dem Liede: Ein Schäfer trägt 
Drittes fl. Bl. „Sieben Lieder (wovon das 5.) 


Schüfers Liebeslied. 


Oberlahn- und Dillfreis, 1880. 


Samen: 





Ein Echäsfer trägt Sor⸗gen bei Tag und bei Nacht, 


N Di, ur — Y 


feie ne Scäflein zu 








2. Die Strahlen deiner Augen 4. Geh heim zu deiner Mutter 
Die kenn ih nicht mehr, Und frage gefhwind, 
Du fucht mich zu betrüben, Ob du mic follteft nehmen: 
Das ift mir fo ſchwer. „Ach nein, mein liebes Kind! 

3. & bin ich nicht reiche, 5.D goldener Engel, 
So bin ih doch ſtolz Fahr immer nur Hin! 
Und ich trage meine Leiden Denn id will mir mein Herzen 
Stets immer mit G'duld. Nicht länger befhwer'n. 


909. Liebesgruß. 


Schr mäßig. Mel, vor 1807. 





wen » dig; mein leg-ter Tropfen Blut fei dir, mein En-gel gut! 


2.3 will indefien, 3. Weht, weht ihr Winde, 
Mein Engel und mein Kind, Und bringt mir einen Gruß 
Dich nicht vergefien, Bon meinem (fhönften) Kinde, 
Du liegft mir in dem Sinn. Darum ih trauem muß. 
Die Zeit wirds fügen, Küft ihr die Wangen 
Daß mein Vergnügen Sagt mein Berlangen, 
Nah überftanpner Bein Bringt ihr die Botjchaft mein: 
Bird deſto größer fein. Ich leb und fterbe dein! 


[4. Flieht, flieht, ihr Lerchen 
Ueber Berg und über Thal! 
Grüßt meine Schönfte 
Viel hunderttauſendmal! 
Flieht in den Garten, 

Thut meiner warten, 
Allwo die Treue blüht 
Ich leb und fterb vergnügt. 


und Melodie bei Büfching und Hagen, Volkel. 1807, ©. 14 und Melodienheft ©. 1. 
— Sie hatten den Tert aus einem J BL. in Fr. Nicolai's Beſitz; an dasſelbe war die Melodie 
gehehet. — Ein fl. Bl. 1790 „Acht fhöne neue Arien“ (die 4.) ſtimmt damit überein. — Rad 

üſching abgedrudt bei Gilcher, 11. Heft Ar, 7, der im 4. Takte die hübſche Aenderung brachte, 


329 


wie die Meinen Noten melden. — Fr. 1, ©. 489. Erf, Loh. Nr. 124 (blos die Melodie). Text 
auch bei Erlach 3, 78 und Mittler 658. — 

Die Melodie ift fhön, durch ihren Mollſchluß eigenartig und alterthümlih. Die 4. Tert» 
Strophe ift fpäterer Zufag, wie man aus folgendem Tert erfieht. 


Yeltere Faſſung (1725). 


1. Sind wir gefhieden 2.3 will indeffen 
Und leb ich fonder Dich, Mein Engel, meine Luft, 
Gieb dich zufrieden, Di nicht vergeffen, 
Du bleibft mein ander Ich.* Du ſchwebſt in meiner Bruft. 
Die Zeit wird fügen Bleib nur beftändig, 
Daß mein Vergnügen Und unabwendig 
Nah überftandner Pein Mein legter Tropfen Blut. 
Wird defto fchöner fein. Bleibt dir, mein Engel, gut 


3. Geht, gebt, ihr Winde, 
Und bringt diefen Kuß 
Dem ſchönen Kinde 
Das um mid trauren muß; 
Küßt ihre Wangen, 
Sagt mein Berlangen, 
Bringt ihr die Nachricht bei: 
Ich lieb und fterbe treu! 


Aus Picander's (Chrift. Fr. Henrici's) Emft- Scherghaffte und Satyriſche Gedichte, Anderer 
Theil. Andere Auflage. Lpz. 1725 ©. 155 (Borwort 1729); dort als „überfandtes Lied“ mit» 
etheilt in „Poftbericht der Liebe“, Auf S. und K. Hochzeit. Chemnitz, den 4. Sept. 1725. — 
Daber Erf, Liederb. S. 282, mit vorftehender Mel. verbunden. 


° Ander Ich, jeit dem 17. Jahrhundert gebrauchter Ausdruck nad dem lat. alter ego. 


510°. Liebesfcher;. 


Bewegung eines Ländlers. Schwäbiſch 1827, bei Silcher 3, Nr. 3. 












— — 
Wo e kleins Hütt-le ſteht, iſt e kleins Güt-le, 


Wo e kleins Hütt » le ſteht, iſt e kleins Gut; | und wo viel 





2, Lieble ift überall, Tieble auf Erde 
Liebte iſts überall, luftig im Mai; 

Wenn es nur mögle wär, z'mache wär, mögle wär, 
Mei müßt du werde, mei müßt du ſei! 

3. Wenn zu mein Schätle fommft, thu mer's ſchön grüße, 
Wenn zu mein Schätle kommſt, fag ihm viel Grüß; 
Denn es fragt, mie es geht, wie es fteht, wie es geht, 
Sag, auf zwei Füße, fag auf zwei Füß. 

4. Und wenn es freundle ift, fag i fei gftorbe, 

Und wenn e8 lache thut, ſag, i hätt gfreit; 
Wenns aber weine thut, Hage thut, weine thut, 
Sag, i fomm morge, ſag i komm beut. 


330 


5. Mädle, trau net fowol, du bift betroge; 
Mädle, trau net fowol, du bift in Gfahr: 
Daß i Di gar net mag, nemme mag, gar net mag, 
Sell i8 verloge, fell ift net währ. 


Melodie und Tert nah Fr. Silcher, Volksl. 3. Heft, Nr. 3 (1827). Daber Erf, Liederh. 

Nr. 68. Silcher's überarbeiteter Tert auch im Freibafen, II. Jahrgang, Altona 1839, 6. 34. — 
Ein ae abweichender Tert aus der Gegend von Heilbronn bei Walter, DE. 1841, ©. 69. 
(Wiederholt bei Mittler 698. Firmenich II, en 1846, ©. da: — Bergleiche te: 
Liederb. 209 (Silcher's Xert). Tröfteinfamteit © . 43 (ohne 3. und 4. Strophe). Krepichmer 
482, Simr. 225. Jungbr. 65 A 

r — diefem Texte bilden Strophe 3 und 4 ein beſonderes Liedchen, daß älter ift und hier 
nachfolgt 


810°, Gruß. 


Bewegt und frei. Mündlih aus Regensburg. 






Wann zu meim Schä «gel kommſt, fag, i Taf grü » fe; wann ed fragt, 





wie merd geht, wie es flieht, wie merdgebt, fag, auf zwei Fü-fe, fag auf zwei Fü» fe. 


2. Wann e8 fragt, ob ich krank, 
Sag, i fei gſtorbe; 
Wann e8 an z'weine fangt, 
Klage fangt, weine fangt, 
Sag, i komm morge. 


Nah Erk, Lieverhort S. 215 Nr. 68%. Scherer, Yungbr. 65 B.— 


810°, Gruß. 
Mäfig lanafam. Studentenmelodie, 
Einzeln. * a 






. eresc. dim. Bewegt. 








wie es ſteht wie mird gebt: fag, auf zwei Fürßen bi die de» tie es 
Bom Chor wiederholt. 













val» fa» lat fag, , auf zwei Fü-ßen, bei di = der ri» de» ra! 


331 


2. Wenn fie fragt, ob ih frank? 3. Mädel, trau nit fo wohl, 
Sag, ih ſei gftorben; Du bift betrogen; 
Wenns an zu weinen fangt, Daß ich did) gar nit mag, 
Klagen fangt, weinen fangt: Nimmer mag, gar nit mag, 
Sag, ih fomm morgen, Das tit erlogen, 
Hei dideriderallala! Hei dideriderallala! 
Sag, ih komm morgen, Das ift erlogen, 
Hei dideridera! Hei dideridera! 


Mündlich ans Berlin, durd Studenten dahin verpflanzt: Erf, Liederh. 68°. 
Erf II, 4/5 Nr. 46. Deutſche Lieder nebft Melodie Lpz. 1843. Auch in Commerd- 
büchern. 


5109. Lied an einen Boten, 
„Weftfälifcher Volkstanz“, 1767. Nicolai, Alm. II, 1778, Nr. 22, 





1. Benn du bei mein Schägschen fommft, fa, ih ließ fie grü = fen; 









wenn fie frage, mie mird gebt, fag: auf bei. den Fün fen. 







—— 

a aka 

—VCCGACCCA 
—— nn 







mei « nen fangt, ſag: ih für me mor gen. 


Diejes ift die ältefte Lesart des mweitverbreiteten Liedes, mit einer Melodie, die Erf in feiner 
Germania Ar. 177 als weftfäliichen Volkötanz bezeichnet, denn in einer Sandichrift vom Jahr 1767 
„Weſtfäl. Zänze” war die Melodie überfchrieben: „Schottifher Triller“. 

Nicolai's Lied ift wiederholt bei Kr. I, Nr, 276. Ert I, 4 ©. 23. Liederh. Nr. 69d (blos 
Zert). Derfelbe Tert (Wenn du zu meinem Schätzel fommft) auch im Wunderhorn I, 209 (a. U. 
232) wozu Goethe fagt: „Einzig luftig und gut launig.” — 

Vergleiche: Wyß 1818, & 17. Ert II, %, 49. Simrod Rr, 125. Fiedler 195 (Mittler 
nt em du mym Schäßeli humft.) Kämtner BL. ©. 315. Peter I, 218. Dunger, Run— 

as ©. 44. 


910°. Liebesfpott. 


1. Wenn ihr zu meiner Piebften kommt, 3. Und wenn fie geftorben ift, 


Sagt ihr'n guten Morgen; Bitt ih alle Bauern, 
Sprecht, es geht mir fehr wohl, Daf fie mit zu Grabe gehn 
Darf für mich nicht forgen. :|: Und fie helfen betrauern. 

2. Wenn fie feinen Kummer hat, 4, Meine rothe fammtne Mütze 
Darf fi keinen machen; Bil ih ſchwarz verbrennen, 
Bin ich ihr micht gut genug, Und in einem Bierteljahr 


Kann fie mid auslachen. Eine Andre nehmen. 


332 


Berglieverbüdlen (um 1740) daf. Nr. 132. Daher Erf, Lieverhort 68° umd 
Ad. Lob. S. 585. Diefer Tert ift dem vorangehenden ähnlih, aber nit fo harm- 
(08 im Scherz. 


ol. Welterfahrung. 


Mäkig. Mel. in ganz Deutſchland gefannt. 






>32 
Ob id; gleich fein’ Schap mehr hab, werb’ih ei» nen fin« den. Gieng die Strafen 





auf und ab, gieng die Stra- fen auf und ab, bid zu der Lin« ben. 


2. Als ich zu der Linden kam 5., Bei mir ſchlafen kannſt du wol, 
Stand mein Schatz daneben: Will dirs gar nicht wehren: 
‚Grüß did Gott, herztaufiger Schag!:!: Aber nur, herztaufiger Schatz, 
Wo bift du gewefen? Aber nur in Ehren!‘ 

3..Schak, wo ich gewejen bin, 6., wilden Berg und tiefem Thal 
Kann ih dir wol jagen: Saufen einft zwei Hafen, 
Bin gewejen im fremden Land, Fraßen ab das grüne Gras :|: 
Habe viel erfahren“. Bis auf den Rafen. 

4.,Was du da erfahren haft, 7. Als fie ih nun fatt gefreſſen hatt'n 
Kannft du mir wol fagen?‘ Legten fie fi nieder. 
„Hab erfahren, daß junge Leut Nun ade, herztaufiger Schatz, :: 
Bei einander ſchlafen“. Jetzt komm ich nicht wieder!‘ 


Zert bier nach einer Niederschrift unfern Wittenberg 1834 durch Dr. H. Leyſer. Gleichlautend bie 
auf das Anfangewort („Wenn ich gleich ꝛc.) bei Scherer, Jungbrunnen Nr. 118. Auch bei Erk I 
6, 45 mit Melodie aus dem Heffen-Darmftäbtifchen. Ebenſo von mir in Thüringen vor 1840 ge 
hört, Achnliche Texte: Walter 66. Wyß, Schweizer Rubreiben, Bern 1826, ©. 107. Hoffmann, 
ſchlef. VL. 133. Simr. 280 Schade Nr. 16. Woh. n. A. 1857, ©. 344. Birlinger Ausgabe I, 
170 (Scherer'8 Text). Fiedler 186. Mittler 573. Pröble Nr. 20 (blod 3 Stropben). Reiffer— 
fheid Nr. 27: Hab nun keinen Schap nicht mehr. R. Köhler, Anz. f. d. Alterth. VI, 274 (aus 
Almenau). — Im Wunderb. I, 1806, ©. 310 ftarf überarbeitet: Weltende, weil der Burſch er 
nl daß er bi dabin gefommen, wo die Welt mit Brettern zugefchlagen. — Diefer gefälfchte 
ert wörtlich 2 Shane bei Wederlin, Volksl. im Elfaß II, 220. — Pröhle Nr. 20 zujammen- 
gezogen, blod 3 Strophen: Zwiſchen Berg c. — 
Aus Strophe 6 und 7 diefes Liebesliedes hat fih dad fpaßige Hafenlied mit gleicher Me- 
lodie herausgebildet (f. oben I, Nr. 170), 


Varianten: 1,1 Wenn ih gleich fein Schäglein bab. (Schap nicht hab.) 1,3 
Sch das Gäflein auf und ab bis an die Linden. 7. Schlußzeilen: „Grüß dich Bott, berztaufiger 
Schap, wann ſehn wir und wieder?" — Diver Schluß in Thüringen: „Zmifchen Berg und tiefem 
Thal flo ein helles Wafler: Wenn du mich nicht baben willft, fannft du's bleiben laſſen.“ — 
Bartere ler die weftfälifche: blos Strophe 1, 2, 3 und 6, dann ald Schluß: „Wenn fie 
—— en haben, ſetzten ſie ſich nieder. Giebt mein Schatz mir einen Kuß, geb ich zwei ihm 
wieder.” — 


Die zwei Schlußſtrophen ſind hier nicht müßige Wanderſtrophen, ſondern gehören 

um Liede, wie Scherer richtig bemerkt: Weil das Mädchen die „Welterfahrung“ ſich nicht zu 

ge machen will, fängt der Burfche von etwas anderem zu fprechen an und erflärt dann rund 
beraus, nicht wieder zu fommen, 


333 


5120. Flug der Liebe. 


Langſam. Mel. 1800. 





Weils a «ber nicht kann fein, weils a⸗- ber nicht kann fein, bleib ih all-hier. 


2. Bin ich gleich weit von bir, 
Bin ih doch im Schlaf* bei dir 
Und red mit bir; 

Denn ih erwahen thu, :|: 
Bin ich allein. 


3. Es vergeht fein’ Stund in der Nadıt, 
Da nicht mein Herz erwacht 
Und an did gedenft,** 
Daß du mir viel taufendmal, :|: 
Dein Herz geſchenkt. 


Zert zuerft in Herder's Bolfäliedern, I. Th., Lpz. 1778, ©. 67. Seitdem unendlichemal 
edruckt. Das Volk hat daran nur zwei Worte geändert und wirklich gebeffert, nämlich * Traum 
fir Schlaf, ** denkt ftatt gedenkt gejept. 

Zum Abdrud des Textes im Woh. I, 1806, S. 208 urtheilt Goethe: „Einzig ſchön und 
wahr.” Herder bemerkt: „Die Melodie (jedenfalls die noch übliche) ift dem Inhalte angemeifen, 
leibt und ſehnend.“ — „Aller Mondihein, Mondichein die Hülle und Fülle, und die ganze Seele 
übergießend, ftebt in dem Liede „Wenn ich ein Böglein wär" — fchreibt H. Heine, die romant. 
Schule, Hamb. 1836, S. 222. — Erf, Liederh. Nr. 90, 

Der Tert im Volksmund tritt zuweilen in veränderten und erweiterten Lesarten auf: In der 
Gegend von Frankfurt a./M. fand Erf noch folgende Strophe: „Liebfter, ich will ja dich; bleib 
nur beftändiglich, weiche nicht ab, bis und der bittre Tod :]: legt ind kühle Grab,” Anderer Zu- 
fag bei Simrod ©. 275 und folgenden Terten. — 

Die Melodie finden wir, fo wie fie bier fteht und noch allgemein gefungen wird, zuerft 

edrudt in: „Liebe und Treue.” Gin Piederfpiel in einem Aufzuge. Nah Melodien von 9. 
hi Reichardt, Berlin 1800 (Oktav), Wieder fo um Melodienbeft dazu S. 14: „Lieder aud dem 
Liederjpiel Lieb und Treue von J. Fr. Reichardt. Berlin. Ben I. Friedr. Unger 1800. 4°, Dort 
ift das Lied „Schweizerlied“ bezeichnet. Vom Terte hat R. nur die 1. und 3. Etrophe, und lep- 
— in zwei Silben von Herder abweichend: [3. 2: ohne daß mein Herz erwacht. 3,4 wie 
u mir xc.] 

Die Grundlage unfered viel gefungenen, auch mit kindlichen Zerten von Jugendbefannten 
bermifchten Liedes ift enge Liebeslied auf einem fl. DI. „Sieben Neue Schöne Fieder (dad 2.) 
Gedrudt in diefem Jahr“ (beim erften Liede ftcht die Jahrzahl 1757): 


3. Engliſches Angeficht, 


1. Mag ich reden oder ſchweigen fill, 
Ich bitt, abſchlag mird nicht, 


Oder denken was ich will, 


Das Lieben ftebt frei, 
Wohl ein verborgene Lieb 
Ein Wolluſt sei. 


2. Sei ed beim Tag oder Nadıt, 
Bann ih vom Schlaf erwacht 
An dich gedenf. 

Hab ich dir viel taufendmal 
Liebed-Seufzer gefchentt. 


Was ich von dir begebr, 
Sonft bab ich auf der Welt 
Kein Freud nicht mehr. 


4, Meine Leuf die wehren mird wohl, 
Daß ich dich nicht Lieben foll, 
Weil du bift ſchlecht; 

Aber weil kein Red nicht fchadt, 
Lieb ich dich erft recht. 


5. Schaut nur an, das fleine Kind 
reift nah den Waffen geſchwind 
Und laßt nicht ab: 

Ich will dir treu verbleiben. 
Bis in das Grab! 


334 


12’, Wenn ich ein Möglein wär. 


1. Wenn ich ein Vöglein wär, 3. Bin ich auch fehr weit von bier, 
Und aud zwei Fügel hätt, Bin ih doch in Traum bei dir, 
Flög ich zu dir, Rede mit dir. 

Weils aber nicht kann fein, D wie viel tauſendmal, 
Bleib ih allhier. Seufz ih zu dir! 

2. Es vergeht fein Stund in der Naht 4, Wenns die Leut nicht haben woll’n, 
Daß nicht mein Herz erwacht Daß wir uns lieben foln, 

Und an dich denkt, So gute Nadıt! 
Wie du mir viel taufenbmal Obs glei die Leut verdrießt, 
Dein Herz geſchenkt. Lieb ih dich doch. 


Aus Bornhaufen im Braunfhweigifchen, 1820 durh Hoffm. v. F. aufgenommen, mitgetbeilt 
bei Erf, Liederh. 908, 

Gute Variante zu Herder's Tert: Strophe 2 und 3 find hier gegeneinander verfept; Die 
Schlußſtrophe fommt En auf dem fl. Bl. 1757 und in folgendem Württembergifchen Liede vor. 





12°. Wenn id; ein Böglein wär. 


1. Hopfa, der Wald iſch griha, 2. Obſchon die Eltern dein, 
Ho i denn fa Schazeli miha, Meine Freund zuwider jein 
Was fang i an? Das act id nidt; 
Warte nur ein Heine Weil, :|: Wer weiß, ob dieſes nicht :]: 
Gehts wiederum an! Aus Neid gefchicht! 


3. Wenn id a Vöglein wär 
Und auch zwei Flügeln hätt, 
Flüag id zu Dir. 

Kein Bogele bin i nit, 
Zwei Flügele hab i nit, 
Drum bleib ich bier. 


I. F. D. Gräter, Younna und Hermode. Eine Altertfums Zeitung für 1816. 
— —* Mündlich, an der Grenze v. Schwaben u. Franken aufgenommen. Lhort 
. 90°), 


“ 1,1 Griha, grün. 1,2 miha, mehr. 





812°, Liebesſehnſucht. 
Maäßig. Mündlich aus Waltdorf bei Neiße (Schlefien). 
Ne — a ——— 





ſchön⸗ſter Schag zu bir; a. ber du bift weit von mir, a⸗ ber du biſt 





weit von mir und 


id von dir. 


2. Schönfter Schatz, das weißt du wohl, 
Daß ih dich nicht lieben fol, 
Weils die Leut verbrieft. 
Weils die Leut fo ſehr verbriekt. Ja, viel bumderttaufenpmal 
Darum lieb ih dic, Denf ih an did. 


Erf, Lieverhort 90°. Mitgeth. v. Prof. Hoffmann v. F. um 1842, 


3. So viel Sternlein bin und ber, 
So viel Sandlörnlein im Meer, 
Denk ih hin zu bir; 


912°, Vergiß mein nicht! 


1. Wenn ih ein Walpvöglein wär, 2. Schönfter Schat, das weißt du wohl, 


Wollt ih fliegen über das Meer, 
Schönfter Tauſendſchatz, zu dir; 
Aber du bift gar weit von mir 


Daß ich dich nicht lieben fol, 
Weils alle Leut verbrieft. 
Weils alle Leut verdrießt, 


Und ih von bir! Drum lieb ih did. 
3. Drunten in dem Gärtelein 
Wächſt ein ſchöns Blümelein, 
Vlümelein Bergifnichtmein; 
Ich vergeh aud nimmer bein, 
Vergiß nicht mein! 


Aus dem Kubländchen: J. G. Meinert, Alte teutihe Volksl. 1817, Nr. 20. Aus dem Dia- 
left übertragen von Erf, Liederhort 904, 


ld. Trennung. 


Melodie: Wenn ich ein Vöglein wär. 


1. Schägelein, es kränket mich, 3. Wenn alle Wafler wären Wein, 
Deine Eltern leidens nicht, Wenn alle Berge wär'n Evelitein 
Daß id liebe Dich. Und fie wären mein, 

Aber ad, ih kann nicht mehr, So follte mir mein Schäßelein, 
Uber ah ih kann nicht mehr So follte mir mein Schäßelein 
|: Bergeflen dich. :]| Nod viel lieber fein. 

2.&8 mag fein beim Trinfen oder Effen, 4. Schägelein, num zum Beſchluß 
Ich kann deiner nimmermehr vergeifen, Diemeil ih von bir ſcheiden muß, 
Es vergeht ja feine Stund, Bon der Herzensluft: 

Es vergeht kein Augenblid, Reihe mir die Händelein, 
Daß ih nit Seufzer zu dir fchid Ich reich dir mein Mündelein 
Aus Herzensgrund. Zu dem Abſchiedskuß. 


Mündlih 1820 aus Poppelsporf bei Bonn von Hoffmann aufgefhrieben. Mit- 
getheilt in feiner Schöneberger Nadıtigall 1822 ©. A u. Findlinge I, ©. 111. 

Berg. Walter, Volkslieder 1841, Mr. 136. Simrod, Nr. 136, mündlih aus 
Menzenberg bei Bonn. 


336 


14. Was id, möchte. 


Mäpig bewegt. Aus Oberbeffen, Weftfalen und vom Rhein. 183990. 





Ab, was wird mein Schätzchen den-ken, weil ih bin fo weit ven ibr! 





weil ih bin, weil ih Bin, weil ib bin fo weit von ihr. 


2, Gerne wollt id zu ihr geben 4. Gold und Silber, Evelftein — 
Wenn der Weg zu weit nicht wär. Schönfter Schatz, gelt bu biſt mein? 

3. Gerne wollt id ihr was faufen, 5. Du bift mein und id bin bein, 
Wenn id müßt, was rathfam wär. Ei was kann dann ſchöner fein! 


Grt, Loh. Nr. 75 aus dem Hefien-Darmftädtiichen (Babenhaufen, Gießen). — Ziemlich gleich 
aus dem Kr. Weplar bei Beder Nr. 60: „Ah was wird mein Schätzchen denken, daß ich bin fo 
weit von ibr!“ — Wenig abweichender Tert, aber vierzeilig und mit derfelben Melodie aus dem 
Paderborn'ſchen: Neifferfcheid Nr, 43. Dort ift die redende Perfon ein Mädchen: 


1. Ach was mag mein Schap wohl denken, 2. Gerne möcht ich ihm was fchenfen, 
Denn er ift jo weit von mir? Wenn ich wüht, wad ratbfam wär, 
Gerne wollt ic zu ibm geben, Gold und Gilber, Edelftein, 

Denn der Weg h weit nicht wär. Schönfter Schag, und du bift mein! 


3. Du bift mein und ich bin dein, 
Ah was kann wohl fchöner fein! 
Echt, da kommt mein Echäpchen her, 
Welchen fchönen Gang bat er! 


Andere Melodie. 
Heiter. Rheinpfalz. Dr. Zinß, 36 Lieder, Nr. 29, 


— — 











Was wird wohl mein Schätzlein den-ken, dab ih bin fo weit von ihm? 
Gelt, mein Schap, ed thut dich krän-ken, daß ich nicht mehr bei dir bin. 


— — 


— — — —ñ —h ⸗⸗ 
datz — ich nicht, daß — ich nicht, daß ich nicht mehr bei dir bin? 
915. Mein Jungchen. 
1. Seht da kommt mein Jungchen her, 2. Reih mir doch das Schnupftuch ber, 


Was fürn fhönen Gang hat er! Daß ih ihm den Schweiß abfehr, 
Kommt gelaufen, daß ihm jchmwigt, Und ihm küfje fenen Mund 
Seht, wie ihm fein Müschen ſitzt! Tauſendmal in einer Stund. 


Friſchbiet, oftpreuß. Boltsl. 1593, Nr. 38: aus Königeberg. Bergleiche den Schluß des vor⸗ 
bergebenden Liedes, 


337 


916. Bas Hütten. 


Gemüthlich. In ganz Deutſchland ſeit 100 Jahren geſungen. 





Ich hab ein klei⸗-nes Hütt-chen nur, es ſteht auf ei - ner Wier fen-flur, 





2. Am Hüttchen klein ſteht groß ein Baum 4. Fließt unterm Baume hell der Bach 
Vor welchem ſiehſt das Hüttchen kaum, Schwätzt alles ſüß den Vögeln nach; 
Schützt gegen Sonne, Kält und Wind In dieſem Hüttchen bin allein 


All die darin verſammelt ſind. Mags länger ohne dich nicht ſein. 

3. Sitzt auf dem Baume Nachtigall, 5.D du mein Liebſtes auf der Welt, 
Und ſchlägt im Grünen füßen Schall, Das Hütten dir gewiß gefällt, 
Daß jeder, der vorüber geht, Bit zärtlich, raufe Winde wehn 
Gern lange horcht und ftille fteht. Willſt du nicht mit ind Hüttchen gehn? 


Aus Volksmund a) in Thüringen 1840, fo auch Fink, Haudihag 1893. b) aus dem Raffau- 
iſchen und Dberbeifen 1890 genau ſo. 

Das Lied ift um 1780 entjtanden und ift eine vom Volke zurecht gefungene Variante eines 
Gedichts von I. Wilh. Sleim, das er 1775 dichtete (f. Gleim's Gedichte „Mein Hüttchen “). 
Zuerft gedrudt in Jacobi’d Iris vom Mai 1775 ©. 151, das hier zum Bergleiche folgt: 


1.3 hab ein kleines Hütthen nur, Daß jeder, der porübergebt, 
— auf er — ıah Ihr horcht und ftille ſteht. 
ie Wieſenflur iſt groß, i n! 4, Und unterm Baum fließt heil ein Bach, 
Bilft mit ind Hüttchen gehn? Schwatzt Alles füß dem Bogel nad 
2. (wie oben, aber legte Zeile heißt:) In diefem Hüttchen bin allein, 
AU die darinnen find. Mags länger nicht mehr fein. 
3. Und eine kleine Nachtigal 5. (wie oben, nur legte Zeile fo:) 
Singt auf dem Baume füßen Schall, Willſt mit ind Hüttchen gehn? 


Wieder ein 18 Strophen langes und langweiliged Lied gleichen Anfangs gabs am Ende des 
18. Jahrhunderts. Abdrud Erf II, 2,47. — Die jept beliebte Volksweiſe ift erft feit Anfang des 
19. Jahrhunderts nahweisbar. Erf fand fie in einem Notenheft für Flöte 1800—1810. 

Nah diefer Melodie wird dad von Hauff gedichtete Soldatenlied „Steh ich in finſt'rer Mit: 
ternacht gefungen ; zuerft mit obiger Melodie in Serig’d Auswahl 1830, 


917. Waldanbentener. 


Erfte Melodie. 


Bon altmärkifchen Bauernburfhen beim Hufarencorps 1813 gehört. 
Maͤßig ſchnell. U, Kregihmer'd Nachlaß. 















mn Lu "TE ——— 
WE (2  TRRHBHEEE Su —— 
I 1 > SEENEL ———— — 






As id an einem Sommer » tag 
im grüsnen Wald im Schat⸗ten lag, 


—— — — — — — 
* Bares - — 
— — 


ich von fern ein Mäd-chen ſtehn, die war gang un» besfchreibelih ſchön, ſah 
Er! u Böhme, Liederhort. II. 22 


| hei du = de» ralla⸗la. ſah 





id von fem ein Mädchen fichn, die war ganz um » be—ſchreib⸗lich ihön. 


Zweite Melodie. 





 Mäßig. Aus Franken vor 1820. Erf II, 2, 39, Kr, IL, Rr. 96. 
Dessen — 
Als ib an ei» nem Som⸗mer— tag, ; 
im grü- nen Wald im Scat»ten —* vol- Te. ri dum da! ſah 


IR. 1% BGE Fat — — — 
Kuh En u. tee, et 7° VE SEE 





Dritte Melodie (neuern Urfprungs). 
Marihmäßig. Aus S&teswig-Holftein 1892 und dem Naffauifchen 1880. 








RER er m Nr) Gun. —— — 
FT — — — 2 — —CCCc.X 
GER. (FE BEE AMEEEP” NS Th ARE et EI —— 







F — Maid 1 — os in derSchweiz,in derSchweiz und Ti - vol, 


wo die Järger-büchrfen knal-len und dieSchweiser-mäd « chen fal =» len, in der 
[ ee 


















Schweiz, in der Schweiz und Ti » rol ; tol. 

1. Als ih an einem Sommertag 3, Siefprad: „ Mein Herr, ichkenn euch nicht, 
Im grünen Wal im Schatten lag, Ih fen ein Mannsbild von Geſicht; 
Sah ih von fen ein Mädchen ftehn, Denn meine Mutter fagte mir 
Die war ganz unbeſchreiblich ſchön. Ein Mannsbild ſei ein wildes Thier.“ 


2. Und als das Mädchen mich erblickt, 4., Mein Kind, glaub das der Mutter nicht! 
Nahm fie die Flucht in Wald zurüd; Lieb nur ein ſchönes Anugeſicht; 
Ich aber eilte auf fie zu Denn weil fie ift ein altes Weib, 
Und fprad: ‚Mein Kind, was flieheft ou?‘ Drum haſſet fie ung junge Leut.“ 


5.3 fette mich an ihre Seit, 
Da war fie voller Zärtlichkeit; 
Ich drüdte fie an meinen Mund, 
Da war geihloflen unfer Bund, 


339 


Tert bier mündlich aus Thüringen, um 1840. Ziemlich gleich Erf IL, 21, 39. 
Walter, 1841, ©. 32. Meier Nr. 128. Abweihend Hoffmann Nr. 131. Müller 
S. 108. Kr. II, ©. 258. Pape, Liederb. d. Soldaten, 1883, ©. 108 umd andere 
Drade. 


* Diefer Tert mit feinen verfhiedenen Weifen war jederzeit ein gern gefungenes „Marfchlied 
der Soldaten“ im Manöver und beim Ausrüden zum Exerciren. Es wurde aud nad) der Melodie 
„Ih hab ein Meines Hütthen nur“ — und fogar nad der a — der Preußen 1813: 

„Mit frobem Muth und heiterm Sinn“ gefungen (f. Erk I, 
Mit anderem ige en vom Heſſ. Inf. =. in Kaffel gefungen, (Zewalter, 
Volksl. in Niederheifen L, 
F ich an — — 
Im gr Wald im Schatten (ag } hinter Meg, bei Paris in Chalons; 
ie 


deutichen Büchfen knallen und die rothen Hoſen fallen, 
— Meg, bei Paris in Chalons ꝛc. 


518*. Vergebliche Liebesmüh. 


Mäßig. Mel. 1816 ſchon gedruckt. 












jetzt ſeh ichs vor Au⸗gen, es kann ja nicht ſein. ſein. 


2. Wo ich gehe, wo ich ſtehe, 4., Friert dichs an deine Finger 
Das Herz thut mir weh; Zieh Handſchühle an; 
Den Leuten iſts zuwider Bleib nur ein Weil ſtehen, 
Wenn ich mit ihr nur geh. Klopf noch einmal an.” 

3., Herzig Schätzlein, biſt du drinnen, 5., Was batt mir mein Klopfen, 
Steh auf und mach auf! Du machſt mir nicht auf; 
Es friert mich an meine Finger, Du thuſt mich veriren 
Bin ſonſt nicht wohl auf.‘ Und lachſt mid nur aus.‘ 


Buſching, Wöcentlihe Nachrichten, Breslau 1816, I, ©. 354: aus Franken. 
Daher Erf I, 3, 14. Liederhort Nr. 131. Scherer, Jungbr., Nr. 108. Finf Nr. 25. 


S hatt = hilft. 


518*. Kein Einlaß. 


Mäkig beweat. = u. und aus der Wetterau 1840. 





U 
Sin: fies Schaͤtz » den, wi wa» red red Mir: ‚. en, — du drin, ſo mach auf! Es 





friert mich an mein’ Fin» gern, ih halts nicht mehr aus! 


340 


Andere Melodie. 
Mäpig. Aus der Rheinpfalz. Dr. F. Zink, 36 PL. Nr. 34. 







J | a: 
® I ET 1 ” 
4 


— 
Schön⸗ſtes Schätzchen, lie» bed Mät⸗chen, biſt du drin, ſo mach' auf, eẽ 











"TE EEE, GEHE GE 


friert mih an mein’ Fin»gern, ich halt’Smicht mehr aus, ich haltö nicht mehr aus. 

2., Frierts dich an dein Fingern, 4.9 wollt daß mein Schätzchen 

Zieh Handſchuh drauf an, Ein Feigenbaum wär, 

Damit du fannft Hopfen: Daun thät ich drauf fteigen, 

Klopf noch einmal an!“ Wenn er no jo hoch wär. 
3. Was batt mich mein Klopfen, 5.9 wollt daß mein Schätchen 

Du machſt mir nicht auf; Ein Neltenftod wär, 

Du thuft mich nur feriren Dann ftellt ih ihn vors Fenfter, 

Und lachſt mid brav aus. Daß e8 alle Leut jühn! 


Erk I, 6, 26 und Liederbort 1218: aus dem Odenwald und der Wetterau; aub am Rbein, 
in Weitfalen und der Udermarf heimiſch. Simrod Nr. 216: „Ah Annchen, ſchönes Mädchen!” 
Walter S. 67. Im Odenwald und Dillfreis: „Katbrinden, wadres Mädchen, made mir die Thür 
auf.” Kärntner DE. 1869, ©. 225: „Kathrine, bift du drinna?“ 

Im Odenwald fingt der Burfch ftatt 4. und 5. Stropbe folgenden Schluß: 


Laͤßt du mich nicht eine, Und bleibe für morgen 
So geb ih nah Haus, Und immer zu Haus. 


919°. Berlorene Mühe. 


1.,Büberl, wir wolln aufe gehn 4., Thut vieleicht der Schlaf di drud'n? 
Wollen unfre Lampeln bfehn; Schlaf, i jag dir fort die Muck'n, 
Komm, liebs Büberl, komm! i bitt.‘ Schlaf, liebs Büberl, ſchlaf! i Bitt.‘ 
„Närriſches Diendl, i geh dir Holt nit.“ „Närriſches Diendl, mi ſchläferts 
Be bolt nit.“ 
2. : f 
Be in ie a  5.,9BiÜf vieleicht e biſerl ff? 
Greif, liebs Vüherl, greif! i bit.‘ Solls fürwahr fein Menſch nit wifin; 


. Küß, liebs Büberl, küß! i bitt.‘ 
„Närriſches Diendl, i naſch dir holtnit. Narriſches Diendl, iuß di halt nit,“ 
3., Thut vielleicht der Durft di plagn? 6., Gelt, i fol met Herz dir ſchenkn 
Komm, will di zum Brunne tragn; Immer willt an mi gedenkn? 
Komm, liebs Büberl, fomm! i bitt.‘ Nimms, Itebs Büberl, nimms! i bitt,‘ 
„Närriſches Diendl, es durft mi holt nit.“ „Närriſches Diendl, i wills halt nit.“ 


Originaltert auf einem fl. Bl. in von Arnim's Sammlung: „Fünf weltliche Schöne neue 
Lieder das 1.). Gedrudt in diefem Jabr. Um 1790. Darnach mit leinen Abänderungen, um 
anftögige Ausdrüde zu entjernen, im Wunderh. I, 372 (mn. A. I, 373): „Zrefflibe Darftellung 
weiblicher Berhulichkeit und täppifchen Männerweſens.“ (Goethe) Wieder auf einem fl. BI. vor 
1800: Sieben neue Weltliche Lieder [(Köffen) (f. Maltzahn, Bücherfhap)). Das Lied ſoll urfprüng- 
lich fhwäbifch fein, wie das Wh. angiebt, bat aber nicht durchweg ſchwäbiſchen Dialeft. Nah 
Scherer (Jungbr. 160) ift es oberbairifh. Ich folge feiner Schreibung, die auch in Birlinger's 
Woh. I, 276 vorgezogen ift. 


341 
IP. Hansi und Gredl. 


Sch’, mei Han⸗ſei, auf die Alsma,thean ma fang-a Küh und Kal» ma, 








geb, mei Hansjei, was i di bitt! „Na, mei Gredl, heut geh i dir nit!” 


2., Geh, mei Hanfei, nimm dei Pfeife, 3., Hanſei, fer nit fo vermehn, 
Thua ma ſchö ons oba ſchleifa, Thua mit mir a Schmalzkoſt eßn, 
Geh, mei Hanſei, was i bi bitt!‘ Geh, mei Hanfei, was i di bitt!‘ 
„Ra, mei Gredl, heut ſchleif i dir nit.“ „Na, mei Gredl, heunt if i dir nit.“ 
4. ‚Wenns o’ nit magft, fo laßt es bleibn, 

Bhaltft dei Kuh mit ſammt der Feign, 

Gloab no nit, daß i di nomal bitt; 

Na, koan fellan Buabn den brauch i nit.‘ 


Zert und Melodie bei Kobell, Oberbair. Lieder, Münden 1860. Nr. 99. Der Text ſchon 
bei Reureutber, bair. Gebirgslieder, München 1832; daher Mittler Nr. 1108. 


J 2,2 oas = eind; ſchleifa — tanzen. 


020, Ernftes Liebeslied, 


Mei. in v. Sedendorf's Mipt. vor 1808. 









„ Etwas langfam. Zert in defien Muſenalm. 1808, S. 45. 
Pf F Ta Bm —— —— — — En nl — — 
m — vr EEE ei ei I 






Es ift für- wahr kein Kre » a » tur, die nit zur Lieb ersfchaf- fen wär. 





Weil Gott ja die Lieb er-fhapfen, : : r r 
wer kann 7 denn — — Lie⸗ben treu und fort in Ehr'n, es iſt kein 


Menſch der mirs kann wehr'n. 


2. Es liebt das Hein Waldvögelein, 4. Hört doch nur das Lerchlein an, 
Warum ſolls mir verboten ſein? Es ruft und ſchreit nach ihr'm Geſpan, 
Ich liebe Eine unter allen, Es ſchwingt ſich in der Luft herummer 
Sie hat zwei Aeuglein wie Korallen, Im Frühling ſo wie auch im Sommer, 
Sie iſt ſo weiß als wie der Schnee, Es trillert, es ſingt, es pfeift ſo laut, 
Schön zärtlich iſt ihr Contrefait. Es ſucht ſich ein Geſpänlein auf. 

3. Dies iſt die einzig auf der Erden, 5. Aber nein, es dauert nicht lang, 

Die ſoll und muß mein eigen werben. Bald kommt der Tod, reift eins davon; 
Die ih mir hab fürgenommen; Du magft trauren oder weinen, 
Sollte ih fie nicht befommen, Anderft kanns unmöglich ſcheinen. 

Ih möcht auf der Welt nicht fein, Liebes Lerchlein, ſchweig mir ftill, 


Ih legt mic felbft ins Grab hinein. Und dent, daß Gott fo haben will! 


342 


6. Meine Augen werben naf, 7. Schönfter Engel, dent allzeit 
Bann ih nur gedenk an das, Wie's geht in der Ewigkeit: 
Daf mein Liebftes auf der Erben Denn nur kurze Zeit auf Erben 
Sol zu Staub und Aſchen werben. Thut nur unfer Leben währen. 
Dleib getreu bis an das End, Bereu die Sünden groß und Hein, 
So machts ein richtig Teftament. So wirft ein Kind der Geligfeit fein! 


8. Liebſter Schatz, ich bitte Dich, 
Denk nur kurze Zeit an mich! 
Auf meinem Grabftein wirft du lefen: 
Wer einmal dein Schat geweſen, 
Aber jetzt ift Alles aus, 
Der Tod ver löſcht die Liebe aus. 


Tert nad einem fl. BI. vor 1800: „Zwei weltliche fhöne neue Lieder“ (das 
erfte). Anfang: „Es ift ja feine Kreatur“. Aehnlich Simrod, Bollsl., ©. 248. 
J 4,6 Geſpan = Genoffe, Batte. 
921. Ausgeflogen. 


Mündlich aus Thüringen vor 1840. 





Es fliegt gar man» bed DBö + ge» lein dem ans dem in dad Ref; 
GE ißt und trinkt gleih wad co findt, da » zu das Ms ler-beft. 





Bit du ind Neſt ge» 0 :» gen, fo flieg audh mie » der raus! Du 








bift ein » mal mein Shop ge « weft, er — die Lich » . {haft aus, 


2. Es fist ein jedes Vögelein 3. So freift du eime Reiche 
Nicht immerdar im Neft; Mid arme läßt du ftehn; 
Es ſchwingt aud feine Flügelein Und wenn du auch den Krebsgang geht, 
Und hüpfet auf die Aeft. So kränkt e8 mid nicht fehr: 
Ih hab mich aufgeihwungen Ein’ Arme kann noch werben reich, 
Auf einen grünen Zweig; Die Reihe aber arm; 
Und wenn e8 dich auch fehr verbrieft Wenn du die Reihe genommen halt, 
Das gilt mir Alles gleich. Kann gehn, daß Gott erbarm! 


4. Kein Trau'rkleid laß ich machen 
Mir deinetwegen nicht; 
Ich werde wol noch laden, 
Wenn du einft weinen wirft. 
Scheint dir aud jekt die Sonne 
Und geht auch mir der Wind: 
E8 wird ganz anders kommen, 
As du es haft im Sim, 


Zert aus der fränfifhen Schweiz bei Scherer, Yungbr., Nr. 104. Ganz ähnlich 
von mir in Thüringen um 1840 gehört. Bei Kretzſchmer II, 195 blos 2 Strophen. 


343 


Berl. Erf I, 4, 37. Hoffmann, ſchleſ. VL., ©. 109. Sim, Nr. 242. — Un 
unfer Volkslied hat fi ein Gedicht von E. Geibel ftark angelehnt: 


Es fliegt manch Vöglein in das Neft und fliegt auch mieder aus, 
Und bift du 'mal mein Schap geweft, fo ift die Liebſchaft aus ꝛc.“ 


022°. Im Wald bei der Amfel, 


‚ Rubig. Mel. 1807 aus Küftrin. 









— —— 
Se » flern A⸗bend in der ſtillen Ruh Hört ih in dem Wald der Am» fel 


















NN 
MEER "UT V⏑ V— 
; + Wr THE 7° HS —— [1 


(hmei-het fh um mid ber und füj «fet mid. 


1. Geftern Abend in der ftillen Ruh 3. Kommt daher und ſchmeichelt mir fo ſchön 
Hört ih in dem Wald ver Amſel zu; Sie läßt ihre Treuheit zärtlich fehn. 
As ih nun da fah Bald ich fie erblidt, 
Meiner ſchier vergaß, Rüdte fie an mid 
Sprad mein Schag: ‚Nun hab ich dich, Sprach bei ihrer Bruft allein: 
Komm herzu und küſſe mid!‘ Ewig mir getreu zu fein.” 


tu 


.„Ei, du Schmeihler, — fprad fie un- 
erfhredt, 4. So viel Laub an Buſch und Linden ift, 
Ber hat dir mein'n Aufenthalt entvedt? Soviel mal hat mid der Schmeichler füßt, 


„Ja im grünen Wald Ja, ih muß geftehn, 

Ift mein Aufenthalt, Daß fonft nichts gefchehn, 
Wo ih zuvor in meinem Sinn Die Amſel in dem Wald allein 
Ganz vergnügt gemejen bin.” Könnte meine Zeugin fein. 


Tert aus Schwaben (aus dem Munde des Volks im Ries): a) in F. D. Gräter's 
Bragur II (1792), ©. 221. Daher Erlach 2, 21, wie bier. Auch nochmals Bragur III, 
243. — b) mit einigen Wbänderungen, die einem ſüdd. fl. BL. entnommen, bei 
Büſching und Hagen, Bollsl,, Nr. 38. — Melodie, in Küftrin 1807 vom Proreftor 
3. 4. Gotthold aufgezeichnet, aus Hagen's handihriftliher Sammlung. — Der Tert 
aus Bragur mit einer ſelbſtgemachten Mollmelodie bei Kr. IL, Nr. 149, 


922’. Im Wald bei der Amfel. 


Erfte Lesart. 
Langſam. Aus dem Heffen-Darmftädtifchen (Dreieichenhain), 1853. 


Bert. era zerersos 
—— id 

—— = - ee — 
— — — — —— — — — 


Ge⸗ſtern A⸗bend in der ftil » In Ruh hört ih in dem Wald einer Am +» ſel 














————— —— 













Andere Lesart. 
Langſam. Aus dem Odenwald. 1880. 


Schaß und ſprach: Jetzt hab dich, und füß - te mid. 


ſchmei⸗chelt fh an mid, und tüß . te mid. 


Dritte Lesart. 
Aus dem Wefterwald, Lahn: und Dillfreid. 1850—90, 











bört ih einer ſchö⸗nen Am ⸗ſel 





Vierte Lesart. 
Aus der Rheinpfalz: Dr, Fr. Zinß, 36 deutfche Volkslieder. 
€yy. 1882. Nr. 32, 









1 > 5 N I ii a Be m. 
AA id 5 nn 
a — —— ——⏑ ⏑⏑ 


— — ⸗⸗ 
Geſtern A-bend im der ſtil len Ruh — hört ich in dem Walde ei⸗ner Am⸗ſel 





zu — As ih nun fo ſaß, mei-ner ganz ver-gaß, kam mein 





Schag und ſprach: Jept hab ih dich und küße—⸗ te mic, 


345 


2. Ram daher und ſchmeichelt mir fo ſchön, 3. Eidu Schmeichler, ſprach ich unerjchredt, 
Ließ fo zärtlich ihre Treuheit fehn; Wer hat dir mein Einſamkeit entvedt? 


Schmieget fih an mid, Diefer grüne Wald 

Drüdt und küßte mid, Iſt mein Aufenthalt, 

Schwur bei ihrer Lieb: mir ganz allein Wo ich oft vergnügt in meinem Sinn 
Getreu zu fein. Gewejen bin. 


4, Soviel Laub als auf der Linden ift, 
So vielmal hat mid mein Schaf geküßt; 
Doch ih muß geitehn, 
's hats Niemand gefehn; 
Nur die Amfel in dem Wald allein 
Könnt Zeuge fein. 


ZTert und erfte Del. bei Erf, Liederhort, Nr. 163, mündlich aus dem Heflen- 
Darmftädtifhen (Dreieihenhain und Schlierbadh im Rottgau). In einem fl. BI. aus 
2. Hälfte des 18. Jahrh. wird dies Lied einer Schäferin in den Mund gelegt und 
lauten die beiden Schlußverfe von Str. 1 alfo: „Kam Tiren und fprad: Nu hab 
ih dich!“ Möglich, dag der Urfprung unferes Liedes bis in die Zeit der Pegnik- 
ſchäfer zurüdreiht. — Im Thüringen und Schlefien (f. unten 522°) fingt man es 
nad der Melodie: „Mädel, rud, rud, rud an meine grüne Seite“, daher die viel- 
fahe Bermengung beider Terte. — Unfer Volkslied hier erinnert an das Lied Wal- 
thers von der Vogelweide: „Unter der linden | an der heide‘ (ſ. Pfeiffer's Aus- 
gabe von Walthers Gedichten, Nr. 9). 


922°, Im Wald bei der Amfel. 


Ziemlich langfam. Mel. aus Thüringen 1840. Hildburgh. 1853, 





fein, fie al» lein foll mein Ber» gnüsgen fein! 


2, Geftern Abend in der ftillen Ruh 3. Geh, du Heuchler, Schmeidler, von 
Hört ih in dem Wald der Amel zu; mir weg! 
Eh ich's mich verfah, war fie nicht mehr da. Der hat dir mein’ Aufenthalt entvedt? 
Nur die Freiheit, Freiheit nur allein, In dem grünen Wald ift mein Aufenthalt 
Sie allein foll mein Vergnügen fein. Nur die freiheit, Freiheit ꝛc. 


4. Soviel Laub ald auf der Linde ift, 
So vielmal hat mih mein Schatz geküßt. 
Ih kanns frei geftehn, ’8 hats kein Menſch gefehn. 
Nur die Freiheit, Freiheit nur allein, 
Sie allein fol mein Vergnügen jein. 


316 


Mündlih aus Thüringen (Ümgegend von Weimar) um 1840. Ebenfo aus 
Hilvburghaufen 1853. Derfelbe Tert bei Mittler 1872 aus Heflen. Auch bei Erk JI, 3, 41. 
Aehnlich Pröhle Nr. 28. Der Refrain von der Freiheit ift neuerer Zufag; nur 
aber nicht erft 1848, wie Pröhle meint, fondern ſchon früher hinzugelommen; denn 
fo hört ih fhon um 1840 das Lied und Erf bringt es ebenjo im Jahr 1839. 





022°, Freiheit der Liche. 


Marſchlied der Solvaten.] 
Marihmäßig. Mehrfach mündlich vom Rhein und Heffen. 1880—92. 









Be-ftem Ur bend in der ftilrlen Rub, bört ih ei =» mer fhö-nen Am« fel 









An DEE EN 
zu. Eins, zwei! und fie fang fo fon, dab mein Ber» fland blieb ftchn: 





— — 
Frei⸗heit nur al» lei» me, nur al» lein ſoll mein Ver-gnü⸗-gen fein. Eins, zwei! 


„ * Bar. in Kaſſel: *Var. in Gießen: 








2. O du Heuchler, o du Schmeichler, 3. So viel Lanb als an der Linde iſt, 
Wer bat dir mein' Aufenthalt entdedt! So vielmal hab ih mein’ Schaß geküßt. 
|: Ja da draußen in dem Wald I: Sie kanns frei geftehn, 

Da ift mein Aufenthalt. :] ‘8 bat fein Menſch gefehn. :| 
Freiheit nur alleine, Freiheit nur alleine, 


Nur allein foll mein Vergnügen fein. Nur allein fol mein Vergnügen fein. 


Tert und Melodie von Soldaten im Infanterie Regiment „Kaifer Wilhelm“ in 
Gießen 1892. Ziemlich gleich lautend vom Rhein bei Beder Nr. 53* und aus ber 
Umgegend von Kafjel bei Lewalter III, 30. Ueberall der Melodieſchluß auf ver 
Dominante der Zonart. 

Ueberbliden wir die Pitteratur des Liedes von der Amfel: Bragur II, 1792 
©. 221. Büfhing-Hagen Nr. 38. Erlach 2, 21. Kretzſchmer II, Nr. 149. Erf 
1, 3, 41, Erk, Lieberh. ©. 364. Simrod Nr. 131. Hoffmann, fhlef. BL, S. 128. 
Mittler Nr. 872. Ditf. II, 125. Pröhle Nr. 28. Scherer, Yungbr. Nr. 87. 
U. Peter I, 218. U. Wolf, Egerland ©. 16. A. Andre, Soldatenliever 36. Mün— 
del S. 70. Lewalter III, 30, Bödel ©. 39. K. Beder, Rhein. BL. 53. Noch 


vielfah handſchriftlich. REES 
928. Ber Leute wegen. 
Mäßig. Thüringiſche und ſchleſiſche Melodie. 


—— — == 


—— — 
1. Un «ter mei ned Paster feinem Fen- ſter, ach da gehn die Mä- del wie Ge— 





















fhneisden, Schag, ih bin dir gut, ih mag dich Tei= den! 


2. Und in meine® Vaters feinem Garten, 
Ah, da thun die Mädel auf mich warten. 
Wenn die Leut nit wär'n ꝛc. 


Mündlih aus Thüringen (1840). Aud bei Finf 200 und Hoffmann, ſchleſ. 
BL. Nr. 141. Die Melodie ift eine Variante von: „Geftern Abend in der ftillen 
Ruh”. Aus ihr entftand die zu „Mädle rud“ (ſ. 525). 


524. Bas Mädel laß ich nicht! 


Aus —5 (1830), Schwaben (1840) und Schlefien (1841). 












— — — 7. 4 
MY mM 









Ten » fler: „Kerl, wo bleibft fo Hang? wol bei dem Den» fche? 


2..Hab dir's oft gefagt: 
Komm um halber acht! 
Und nun ift e8 fhon um halber Zwölfe, 
Bart, du loſer Bub’, ich will dir helfe!“ 


3. Bater zanke nicht! 
Beim Menfhe war ich nicht, 
Ich war bei meinesgleihen Buben 
In der Nachbarſchaft wol in ver Stuben. 


.„Vater, zanfe nicht! 

Beim Menihe war ih nicht — 

Bater zanke nicht, e8 ift vergebens: 

Das Mädel laß ich nicht, es ift mein Leben!‘ 


5. S ift ein junges Blut, 
Ich bin ihr gar zu gut. 
Mädchen, rud rud rud an meine Seite, 
Ich bin Dir gar zu gut, ich kann dich leiden ! 
6. Wenn die Leut nicht wär'n, 
Könuft mei Schätzchen werd'n; 
Wenn wir werb'n den grünen Hafer ſchneiden, 
Ih bin dir gar zu gut, id lann dich leiden! 


348 


7..3n dem Böhmerwald 
Pfeift ver Wind fo Falt: 
Mädchen, rud rud rud an meine Seite! 
Ih bin dir gar zu gut, ih kann dich leiden“. 


Tert aus Thüringen und Schleſien (Hoffm. Nr. 140). Wehnliher Tert aus 
Schwaben bei Kr. II 202: Wenn i in d’Heimath geh, fcheint der Mond fo ſchön; 
f&heint der Mond in meines Vaters Gärtle: „Bub, wo bleibft fo lang?“ „‚Bei meinem 
Mädle.“ — Noh andrer Tert Walter ©. 38. Zurmühlen Nr. 10. Aus dem 
Elſaß bei Mündel: „Wenn ich heime geh, fheint der Mond fo ſchön“ ıc. — 
Melodie mündlih aus Thüringen, ähnlich bei Hoffmann. 


925. Bie Ausermählte. 


Leicht bewegt. Schwäbiſche Volksweiſe nah Meier, ſchwäb. BL, Nr. 13, 










Mäsde» ke, ruck ruck ruf an meisne grü=-me Seie⸗te, i hab bi 


— — — 
— — 
GE VVV vVvVv ve — — — — 


Biſt ſo lieb und gut, ſchön wie 
du mußt bei mir blei⸗be, mir die 





gar fo gem, i kann die lei⸗ de 






Mid) und Blut, 


Zeit ver» se Mä =: de = ke, ruck ruck md an meine grüs«me 





Sci»te, i hab di gar fo gem, i kann di Tei= de. 


Barianten von Silcher. 1836, 








En 
Mur aut Hr N N 


2. Mädele, guck guck guck in meine ſchwarze Auge, 
Du kannſt dei lieblichs Bildle drinne ſchaue. 
Guck no recht drei nei, du mußt drinne ſei; 
Biſt du drinne z'Haus, kommſt au nimme raus. 
Mädele, guck gud guck x. 


. Mädele, du du du mußt mir den Trauring gebe, 
Denn ſonſt liegt mir ja nichts mehr an mei'm Lebe. 
Wenn i di net frieg, gang i fort in Krieg, 

Wenn i di net hab, ift mir d'Welt ein Grab, 
Mädle, du mußt mir den Trauring gebe, 
Denn fonft liegt mir ja nichts mehr an meim Lebe. 


= 


349 


ZTert in biefer Form erft 1836 allgemein befannt als ſchwäbiſches Volfdlied. Nur die erfte 
Strophe ift aud einem älteren Bolfäliede (f. umten) entlehnt; die 2. und 3, Strophe find Zufap, 
ür Silcher gedihtet von Heinrich Wagner (pfeudon. Wergan), damald Tübinger Seminarift, fpäter 

anzleirath in Stuttgart. — Die Melodie ift den vorangehenden Volksliedern Nr. 523 und 524 
entnommen und man findet fie verſchieden notirt. Urfprünglic war fie durchweg im %/.Taft, wie 
die altihmwäbifhen Zanzweifen; aber durch das 3 mal fpielend wiederholte rud, ruf, rud entftand 
eine Zakterweiterung, ein einzelner Takt. So e- wir fie und fo ift fie im Volksmund; 
ebenfo mit Tattwechfel bei Meier, ſchwäb. BL, Ar. 13, Silcher Männerl. 8, Heft Nr 7, 1836) 
giebt fie durchweg aus 4/4. Takt; dad macht die Melodie fchleppend, war nicht urfprünglich und 
wird nicht fo gejungen. Ich habe Silcher's Abweichung in der Tonfolge angemerft. 


Yeltere Form (1827). 


1. Mäbel, ruf rud rud an meine grüne Seite, 
Ich bin dir gar zu gut, ich mag dich leiden. 
Wenn die Leut nicht wärn, 
Könntft du meine werben. 
Komm mit mir den grünen Hafer fhneiden, 
Ih bin dir gar zu gut, ich mag dich leiden, 
2. Mädel, rud x. 
Schönes Mädel mein, 
Du follft mein eigen fein; 
Komm mit mir in den grünen Garten, 
Meinen fhönen Blumen aufjuwarten, 
3. Mädel, rud ꝛc. 
Wenn du wirft mir gbör'n 
Soüft mein Weibchen werd'n, 
Ich bab dird längft ſchon zugeſchworen, 
Und did für mein Schägchen auserforen. 
4. Mädel, rud ıc. 
Glaub mirs fiherlih: 
Ich verlaß dich nicht! 
Komm nur her an meine linke Seite, 
Du biſt viel zu ſchön, ich mag dich leiden. 


Aus Schumacher's handſchriftl. Wb. 1827, Nr. 55. 


in Süddeutfhland geſungen.“ 


5. Mädel, rud ac. 
In dem grünen Wald 
Weht der Wind fo alt, 
Wo die Vöglein fo fchöne pfeifen. 
Und die Buben nah den Mädchen greifen. 
6. Mädel, rud ꝛc. 
Wenn wir heimmwärtd gehn, 
Scheint der Mond fo san; 
Scheint der Mond an meines Baters Fenſter: 
„Kerl, wo bleibft fo lange bei dem Mädchen?“ 
Menſche.) 
7. Mädel, ruck ꝛc. 
Bater, zank nur nicht, 
Beim Mädchen war ich nicht, 
War in meines Nachbars feiner Stuben, 
Spielt zum Zeitvertreibe mit den Buben. 
8. Mädel, rud ıc. 
Mutter, brumm nur nicht, 
Dom Mädel laß ich nicht! 
Denn ich hab ihr einmal zugeſchworen, 
Sie zu meinem Weibchen auserforen.“ 


Dabei die Bemerfung: „Allgemein 


926. Böhmermald, 


Auf dem Böhmerwald 

Weht der Wind fo falt, 

Daß de Vögli nit mehr finge: 
Werden de Mädels alt, 

Werben de Herzerl kalt, 

Können de Bua nichts mehr g'winna. 


Fränffhes Vollsliedchen vor 1840 längſt befannt, gefungen nad der Melodie 
von Reifigers Walzer (Webers letter Gedanke). Auch mit dem Anfange: „Aus dem 


Böhmerwald” ꝛc. 


Vergl. Nr. 524 Str. 7. 


350 


927°. Bäumlein fleigen. 
Aus der Harzgegend. 1855. Wenig anders aus Hannover. 1860, 









Ich wollt ein Bäumlein ftei » gen, bad nit zu fleirgen war. Da 


bra» den al«-Te Mes ftiechen, da Bra «hen alele Mer fli + chen, und 


— 
+ ⸗— Ten Dre DE Do | 
—A a a 19.7 iO I EA oo 0 | ii. 7 7 
—IA — —— .-4 ICC.CCCCCCCOCCCCCCCCCCAAX 
——— — — — — 


ih fiel in das Grad, und ih fiel in das Grad. 
2. Ach wenn das dod mein Schätzchen wüßt, 5. Und kömmt er dann nicht wieder, 






















Das ih gefallen wär, So bleibt er weg von mir; 
Es thät jo manden weiten Schritt, Heirath ih einen Andern, 
Dis daß es bei mir wär. Was frag ih denn nah Dir? 
3. Die Blätter von den Bäumelein 6. Es ift kein Apfel fo rofenroth, 
Die fielen all auf mid. Es ftedt ein Wurm darin. 
Daß mid mein Schat verlaffen hat, Es ift fein Bürfhchen auf der Welt, 
Das kränket mid ja nicht. Es führt ein falfhen Sim. 
4. Das mid mein Schat verlaffen bat, 7. Ein falfher Sinn, ein froher Muth 
Das ift noch fo und fo: Berführt das junge Blut. 
Er wird bald wieder kommen Ih habs gehört von Alten: 
Bon Herzen bin ich froh. Die Lieb thut felten gut. 


Tert und Melodie bei Pröhle, Volkslieder und Volksihaufpiele. 1855 Nr, 33, A., 
daher der Tert bei Scherer, Yungbr. 90B. Die Melodie ähnelt der zu: „A 
Schüſſel und a Häfelein“ (f. Nr. 551). 

1,3 Das Selbft-Brechen der Äſte bedeutet Untreue. 3,1 Das Blätterfallen, 


h | 
ald Sombel der gebrochenen Treue, kommt auch vor in den Federn: Fein. Alm. II, 114 und 
Wob. I, 375 und III, 294, 





927°, Bäumlein — 


Maͤßig ſchnel· — von Een 1840 und Schwalbad (Kr. Weplar) 1890. 






Ih wollt ein Bäume ein ftei = gen, dad nit zu flei » gen war; da 
za 73 7 





beug= ten ſich die Mes fischer und ih fiel in das Grad. 


2. Ah wenn e8 nur mein Schätzchen wüßt, 
Daß ic gefallen wär, 
Da thät fie gleich ein' weiten Sprung, 
Bis daß fie bei mir wär. 


Erf, Liederh. 103°. Schon Erf II, 4/5 ©. 35. Der Inhalt des Liedes ift 
alt; vergl. den verwandten nieberl. Tert des 15. Jahrh. oben Nr. 279, 


351 


927°. Berfliegen. 


Mäfig bewegt. Aus dem Siebengebirge 1860 und Heffen-Darmftädtifchen 1847. 





Andere Melodie. 
Heiter. Aus dem Lahn und Dillfreis, Wefterwald und Kaſſel. 1880. 





ei- mem Mei» men Rie-ge-lein, mit ei» nem Bei» men MRie =» ge-lein, ber 





tie »gelt if die Thür, vers riergelt ift die Thür. 


2, Ach riegle nicht fo fefte zu, 5. Ich ftieg einmal ein Bäumelein 
Mein Schag mein Augentroft; Das nicht zu fleigen war, 
Ich will ja bei dir fchlafen Da beugten ſich die Aeſterchen, 
In deinem Arm und Schooß. Und ich fiel in das Gras. 

3.,Ei willſt du bei mir ſchlafen 6. Ach Aepfelchen auf dem Bäumelein, 
In meinem Arm und Schooß, Und das gebiet id dir: 
So muft du drauf im Garten ftehn Du folft nicht eher abfallen 
Im grünen, grünen Gras“. Bis daß ich fomm zu dir. 

4., Ei, ſollt ih drauf'n im Garten ftehn. 7. Bon einem Yepfelbäumelein, 
Im grümen, grünen Gras, Da brach ih mir ein Reis: 
So fallen all vie Blätterchen Aus einem wadern Mägvelein 
In meinen Arm und Schook‘. — Da mach ih mir ein Weib. 


[Anderer Schluß ftatt Str. 6—7:] 
Die Kirfhen von dem Bäumelein 
Die ſchmecken zuderfüR: 

Ah wenn mid nur mein Mütterlein 
Bald heirathen ließ.) — 


Erf Liederhort Nr. 103 mit erfter Melodie; eben jo aus dem Siebengebirge in 
Arnolds Volksliedern 1860. — Tert bei Scherer, Yungbr. 90 A. mündlih aus 
Franken, daher St, 5—7, die Erf fehlen. — Wenig anders Simrod Nr. 114. Die 
legtangeführte Schlußftrophe fteht bei Erk und ftammt aus dem Hannöverſchen. 





352 


928°, Ber Meberläufer. 


Erfte Melodie. 
Etwas bewegt. Süddeutfche Mel. vor 1808 (aus Franken 1820). 





) 
In den Sarsten wolln wir ges ben, wo die ro=tben Ro= fen ſte- ben; 





da ftehn Ro⸗ſen gar zu viel, gar zu viel, gar zu viel, bred mir eine wo ich will. 


Zweite Melodie. 


Zn m mn mer ann 





Hört ihr nicht den Iä » ger bla» fen in dem Wald auf grü » nen Nasfen, 





(N 
den JA» ger mit dem grü = nen Hut, der die Mäd⸗chen Tie= ben thut. 


1. In den arten wolln wir gehen, 3. Arm bin id, das muß ich befennen, 
Wo die fhönen Rofen ftehen. Darf mich aber reicher nicht nennen, 
Da ftehn Rofen |: gar zu viel :] Wär id reih und hätte viel Gelb, 
Brech mir eine, wo ih will. Liebte mich die ganze Welt. 


2. Wir haben gar oft beifammen gefeflen, 4. Du brauchſt nicht fo ftolz zu ziehen, 
Wie ift mein Schatz fo treu gewefen! Weil du bift fo hoch geftiegen; 
Hätt' mir nicht gebildet ein, Mas du bift, das bin auch ich, 
Daß mein Schat fo falſch könnt’ fein. Du bleibft für dich und ich für mid. 


5. Hört ihr nit den Jäger blaſen 
In dem Wald auf grünen Rafen, 
Der Yäger mit dem grünen Hut, 
Der meinen Schat verführen thut? 


353 


Der Tert findet ſich kürzer und länger, mit verfchiedener Stropbenfolge und auch mit dem 
Anfange „Hört ihr nicht den Jäger blafen“. Im Wunderh. II, 22, wie bier, aber blos 1,, 
2. und 5. Strophe. Die 4. und 5. Strophe nach einem fl. BI. bei Mittler 966. Der Wunbder- 
borntert bei Kregfchmer II, 161 mit Rothringer Melodie. — Aus der Wetterau 1., 5., 3. (mit 
Melodie). Im —— 5., 1., 2., 3., 4 (mit Melodie). Im hannöveriſchen Harz (Pröble 
Nr. 50): 5,, *, 2,, 3,, 4. und einer fremden Strophe: „Rieben, lieben das ift gut 20.” — Bei 
Simrod Rr. 164 mit dem Anfange: Wer will mit in dem Rofenthal gehen. Wieder 
abweichend in Münfterfche Geſch. 221. — 

Die erfte Melodie in 2. von Seckendorf's Mipt. vor 1808 zu dem Sägerterte, der auch 
in deſſen Muſenalmanach 1808, ©. 63 ſteht: 


Schönſtes Hirfhlein über die Maßen, 
Hörft du nicht den Jäger blajen? 

Jäger mit dem grünen Hut (grünen Hut), 
Liebe mich aus Herzend Muth! 


Mit demfelben Texte —* Melodie gleichlautend aus Franken um 1820 bei Erk I, 5 Rr. 17. 
— Rad diefer wurde jedenfalld das hier ftehende Liebeslied ra und iftd auch die Weife zu: 
Das kann einen mebr ergößen, ald ein angenehmer Wald. — 


Barianten: 1. In den Garten wollen wir geben, wo die ſchönen Röslein ftehen, ſtehn 
die Roͤslein gar fo fhön, bred ich mir die allerfchönft (pflüd ich mir eine wo ich geb). 2. Wie 
oft haben wir beifammen gefeifen, da dein Herz noch treu gewefen, ich bätt mirs nicht gebildet 
ein, daß dein Herz fo falfh könnt fein. 4. Du braucht dich nicht fo ftolz zu er (= drum 
brauchft du nicht fo zu ftolgiren), wer du bift, der bin auch ich, drum fo bleibe du für dich (fl. Bl.). 
5. Hörft du die badifchen Jäger nicht blafen? Naffau.) 5, 3 in des grünen Waldes Rafen (der 
in diefem Wald thut jagen. 5,4 der die Mädchen (der mich allzeit) lichen tbut. 5, 4 Jäger 
mit dem Federhut. 


928, Bormurf an die Stolzirende. 


1. Wer will mit zum Rofengarten gehen, 4. Arm bin ic, das muß ich befennen, 
Allmo die Rofen am fhönften ftehen? Drum darf ich mich fein reiche nennen. 
Stehen der Rofen im Garten fo viel, Wär ich reich und hätte viel Geld, 
So kann man brechen, wo man will. So wär id angenehm in der Welt. 


2. Haben die Rofen bei einander gefefien 5. Gehe nur fort mit deinem Gtolzieren, 
Du bift einmal mein Schatz geweſen, Du brauchſt mich nicht fo lange zu verieren, 
Drum haben wir die ganze Nacht Diemweil du untren worben bift, 

Wol bei einander zugebradit. Bedank ih mich für folhe Lift. 


3. Du bift ſchön, biſt doch nicht die Schönfte 6. Nun zum Abſchied will ich dir ſchenken 
Du bift reich, biſt doch nit die Reichſte, Einen Kuß, folft meiner geventen, 
Drum fo bild did gar nicht ein, Weil du untreu geworben biſt, 

Daß du follft die Keichfte fein. Bedank ih mi für falſche Lift. 


Fl. Bl. in v. Amim’d Sammlung: „Bier ſchöne, neue weltliche Lieder (dad 2.). Wohl um 
1800 gedrudt. — Ganz fo in Everaert'd ald Rummer 109 in der „A. Sammlung der ſchönſten 
und angenebmften Arien. Köln a./Rb. (um 1810), 

ve u Strophe 4 dad Lied: „Wenn ih an den legten Abend x.” Zu Strophe 5: 
„Nachtigall, ich hör dich fingen x.” 


Ert an. Böhme, Piederhort. II. 23 


354 


529, Frau Hadıtigall. 


Neuere Faffung. 
Mäßig langfam. Boltöweife feit 1807 bekannt. Erf, — Nr. 159. 





—— .gall, ih hör dich fin» gen, dad Herz im Leib möcht mir zer— 





fprin»gen: fomm nur bald und fag mird wohl, wie ih mich ver 





hal »ten ſoll — — mie ih mid ver « hal» ten foll. 


Aeltere Faffung. 
Im Singfpiel „Sänger und Schneider”. Berliner Bartitur. 1814, 


o Ma 
Des — — — 

















# + 
NRahzti» gall, ih hör dir fin» gen, das Herz im Leib möcht mir zerfpringen, 





fom «» me doch und fag mird wohl, wie ih mich ver » hal » tem fol, 





wie ih mich, wie ih mich ver» bal =» tem fol. 


1. Nachtigall, ich Hör dich fingen, 4. „Chu dein Herz in zwei Stüd theilen, 
Das Herz im Leib möcht mir zerfpringen ; Komm zu mir, id will dirs heilen; 
Komm nur bald und fag mirs wohl, Schlag die Grillen aus dem Sinn, 


Wie ih mich verhalten foll. Laß die Lieb nur fahren hin! 

2. Nachtigall, ich ſeh dich laufen, 5. Laß die Lieb nur immer fahren, 
Aus dem Bädlein thuft du faufen, Weg mit folden ftolzen Narren 
Zunfft dir dein Hein Schnäblein ein, Die fih fo viel bilden ein: 
Meinft e8 wär der befte Wein. Ölauben daß fie befler fen!“ 

3. Nachtigall, wo ift gut wohnen? 6. Geh nur Hin mit deim Stolzieren 
Bei der Linden, an der Dohnen, Du darfft mich nicht lang veriren, 
Bei der ſchön Frau Nachtigall? Haft nicht Urfach ftolz zu fein, 


Grüß mein Schatz viel tauſendmal! Schau nur in dein Herz hinein! 


7. Haft gemeint, du wollft mid fangen, 
Diefe8 war nur dein Verlangen; 
Aber nun ift Alles aus, 

IH ſuch mir eine Andre aus. 


Text und Melodie bei Erf, Liederh. Nr. 159: Bielfah mündlich aus dem Brandenburgifchen, 
Cleviſchen, Bergifchen, Heffen-Darnftädtiihen, Franken, Sclefien x. Mit Benupung von fl. BU. 


355 


aus den Jahren 1750, 1786, 1801, 1806. — Das ift ein feit 1750 bis zur Gegenwart in vielen 
Barianten gefungenes Lied. Nur Strophe 1—3 find überall ger und das Lieb ift damit 
eigentlich zu Ende. Strophe 6 und 7 werden jegt felten gehört, find aber ſchon auf dem fl. BI. 
um 1750 verbunden. — Außer den erwähnten fl. BU. haben wir ‚von dem Liede folgende Auf- 
zeichnungen und Drude: 

a) Wunderh. I, 1806, ©. 93, blod 3 Strophen. Goethe fagt dazu: Eine kunſtloſe Behand- 
lung zugegeben, dem Sinne nah höchſt anmuthig.” Diefe 3 Strophen find wiederholt in Schöne 
berger *3 1822, S, 3, Menzel 303. Vilmar 217. — b) Büſching und Hagen, Volks⸗ 
lieder 1807, S. 203 und Melodienheft ©. 23. Text von 10 Strophen nach einem di BI. und 
münbdlicher Lesart zufammengeftellt. — Diefer Tert ıft wiederholt bei Erlach 3, 144. Fink, Haus» 
ſchaß ©. 30. Kregichmer I, ©. 492 (Melodie finnlod umgeformt). Woh. Audg. 1857, I, 103, — 
e) Fl. Bl. um 1790 in von Amim’d Nachlaffe, abgedrudt in Birlingerd Woh. I, 525, hat 
10 Strophen, die mit Büſching's Tert ziemlich übereinftimmen. — 

Bergleihe Münfterfhe Gefhichten 1825, ©. 230 (4 Strophen). Simtock ©. 222. Mittler 
464, Meier 88. Mündel 42, K. Beder, Rhein. Volksl. Nr. 90. Jul. Maier, Bolfälieder I, 
Nr. 9 aud dem warzwald; daher er Scherer, Jungbrunnen Nr. 106. 

Die ältefte Notation der Melodie haben wir 1807 bei Büfching, fie ift aber verfehlt. In 
dem Singfpiel „Der Sänger und Schneider“, Muſik von Drieberg, aufgeführt am K. Theater in 
Berlin, 23 Nov. 1814, kommt Lied und Melodie vor. Nach der Partitur des K. Theaters ift die 
Abihrift in Erk's Nachlaß (f. oben). Auch fchon bei Erf I, 1, 25. — Erf nennt die Taktirun 
confus. Das meine ih nicht: Der Polonaifen-Rhythmus, der in der 2. Hälfte unverkennbar, if 
aud in der erften Hälfte durchgeführt und Deklamationsfehler giebtd nicht. 


Barianten: 1, 3 Komme doch (nur) und fag mird bald. 2,3 du tunfft ac. — du tunfft 
dein kleines Schnäbelein, meinft es ift x. (fl. Bl. um 1750). 3,1 Nachtigall, bier ift gut 
wohnen. 3,4 Grüß mein Schag zu taufendmal (1750). 4,1 Jh will mein Herz in zwei 
Stud theilen. 5,2 Weg mit folden Hocdhmuthänarren Büſchingh. 6,4 Schäme dich in dein 
Herz hinein! 7,4 Ich ſeh mir eine Schönre aus, — Der Bogel ift geflogen aus (1750). Zu. 
faßftropben im fl. Bl. 1750 und bei Büſching zwifchen 5 und 6: Es freut (reut!) mich mein 
junges Leben, das mit folder Lieb umgeben; daß ich ſoviel leiden muß, ach das ift ein ſchwere 
Bup! — Deine Schönheit bat mich gebunden, ich hab deine Lich empfunden; deine Lieb und 
Süpigkeit hat mir oft mein Herz erfreut. 10. Strophe bei Büfhing: Ich bin ftill hab lang ge- 
ſchwiegen ꝛc. ift einem anderen Liede entlehnt. — 


T 3,2 Donen, Dohnen (bier für Kronen zu lefen); nah Grimm, Wib. II, 1220, Done 
— BZimmerdede, Bühne, Krone ded Baumes. Birlinger (Woh. I, 88) erflärt es gar für Reben- 
Laube, baldachinartiges Gebüfh! — Mifverftändlih hört man zuweilen „An der Donau“ fingen; 
im Elfaß hieß die Eteite: „Richt in Spanien, nicht in Polen.” 





950°, Ben Leuten zum Trub. 


Rubig. Mei. 1828. 











Komm zu mir in Gar» ten, fomm zu mir ind Grad; fprih aus dei» nen 


— 





Jamsmer, es bringt mir nicht Schmerz. 


1., Komm zu mir in arten, 3, Und wenn ſchon bisweilen 
Komm zu mir ind Gras; Die Falſchheit ſchlägt ein, 
Berzähl mir dein Yammer, So muß ic halt denken, 
Es bringt mir fein Schmerz!‘ Es muß alfo fein. 

2., Geh, hole mein Mantel, 4. Und wenn ſchon bisweilen 
Geh hole mein Rod: Der Tod (hat) regiert, 
Vest muß ich marjcieren, Er hat mir weggenommen 
Muß nehmen Bhüt Gott! Meine allerfeins Lieb, 


23* 


5. Mein allerfeins Liebchen 


Iſt die Schönft in der Sonn, 


Berblendet die Sonne, 


356 


6. Mein allerfeins Lieben, 
Nimm mid auf dein Schoß, 
Jetzt will ich dich erft lieben, 


Berbunfelt den Mond. Den Leuten zum Trotz! 


7, Den Leuten zum Poflen, 
Den Leuten zum Trug 
Will ih mein Schatz lieben, 
Wenn mirs glei nichts nutzt.“ 


Wunderhorn III, 22 (a. U. 21). Nah der Aufzeihnung in der Mosbacher 
Gegend aus dv. Arnim's Nachlaß durd Erf mwieverhergeftellt im der Neuausgabe Des 
Wunderhoms von Birlinger-Erecelius, I, ©. 215. Die Melodie aus Franken (1828 
in Heidelberg von Prof. Baumftark und W. v. Zuccalmaglio gehört), daher ſtretzſchmer II, 
Nr. 151. Sie ift eine Variante der nahfolgenden Notation. 





930°. Ben Leuten zum Trub. 






Mo ift denn das Mädschen, dad mich fo lieb bat? Es iſt drau-fen im 


— 


.„Komm zu mir in Garten, 
Komm zu mir in lee, 
Und Mag mir dein Jammer 
Und Mag mir dein Weh!* 


«Was foll ih denn Hagen, 
Herztaufender Schat! 
Wir beide müſſen ſcheiden 
Und finden fein Platz. 


. Geh, hol mir mein Mantel, 
Geh, hol mir mein Stod; 
Jetzt muß ich marſchieren, 
Muß nehmen Bhüt Gott! 

. Und wenn ſchon bisweilen 
Die Falſchheit fchleiht ein, 
Sp wolln wir halt denfen 
Es muß jhon jo fein. 


= 


pe 


m 


Sar » ten, briht Rö » fe» lein ab, 


Mündlich aus dem Odenwald (Alsbach). 






6. So wolln wir halt denfen, 
Der Tod hat regiert; 
Er hat mir genommen 
Mein allerfeinft Lieb. 


7. Mein allerfeinft Piebchen 
Nimm mich in dein Schuß! 
Jetzt wolln wir erft lieben 
Den Leuten zum Trug, 


8. Den Leuten zum Pofjen, 
Den Leuten zum Trug: 
Ih will mein Schat lieben, 
Denn michs gleich nichts nutzt. 
9. Ach Scheiden, ah Scheiden, 
Wer dich hat erdacht, 
Hat mir und meinem Schätzchen 
Viel Leides gemacht. 


Erf, Liederhort, Nr. 104; vorher Erk J. 3, S. 3. Nah Erk und Wunderhorn 
der Text im Jungbrunnen Nr. 62, wo die 9. als Wanderſtrophe weggelaſſen iſt — 
Noch ähnliche Lieder: Meier 117. Ditf. II, 88, Mittler ©. 632, 633 und 661. 


357 


850° Ben Leuten zum Trutz. 
1. Ei foll ich denn leiden und habs nicht verſchuldt? 
Sab fo ein jhön Schätzchen, ift voller Geduld. 
2. Wo ift denn das Mädchen, das mich fo lieb Hat? 
Da draußen im Garten, pflüdt Röfelein ab. 
3.,Geh zu mir in Garten, geh zu mir in Klee, 
Komm Hag mir dein’ Sammer, dazu au dein Weh.“ 
4., Was fol ih dir Hagen, mein herztaufiger Schatz? 
Jetzt müfjen wir foheiden, für uns ift kein Plab. 

5. Wenn all die Leut jagen, mein Schaß jet nichts nutz, 
So lieb ih mein Schägchen den Leuten zum Trutz. 
6. Wenn all die Leut fagen, mein Schätzchen fei ſchwarz, 

Wo ſchwärzer, wo lieber, mein einziger Schatz. 


7. Wenn all die Leut ſchlafen und wieder ich komm, 
So rufet mein Schätzchen: „Ei Schag, fei willkomm!“ 


Aus Heffen: Mittler Nr. 937. Aus Erk's Nachlaß die 2. Zeile verbefiert. — 


sl, Ber rechte Troft. 
[Yäger und Schäfertn.] 
Mäßig langſam. Schweizerifch. (Nah F. Reichardt's Liederſpiel: „Lich u. Treue.“ 1800). 





Er: ‚Wie fommts, daß du fo trau »rig bift und gar nicht ein-mal lachſt? Ich 





ſeh dird an den Au-⸗gen an, da du ge > wei» met haft.‘ 


Sie: Sie: 
2. „Und wenn ich auch gemweinet hab, 4., Mein Schag ein wadrer Jäger ift, 
Was geht es did denn an? Er trägt ein grünes Kleid, 
Ich wein, daß du es weißt, um Freud, Er hat ein zart roth Miündelein, 
Die mir nit werben kann.” Das mir mein Herz erfreut.” 
Er: Er: 
3,, Wenn id in Freuden leben will, 5.,Und ob ich glei ein Jäger bin 
Geh ih in grünen Wald, Und trag ein grünes Kleid: 
Bergeht mir all mein Traurigkeit, In Regen, Schnee und kühlen Wind, 
Und leb, wie mird gefallt.‘ Bin ich allzeit bereit.‘ 


Beide: 
6. Biſt du mein Schatz, bin id dein Schatz, 
Veinslieb, ſchön Engelskind: 
Komm zu der Heerd, auf grünen Platz. 
In Wald, wo Freuden find, 


358 


Nicolai, Alm. 1778 II, ©. 35 (daher Ar. I, 226), Die Moll: Melodie dort ift von Rei» 
chardt componirt. Die hier ftehende iſt ſchweizeriſch und gedrudt in Fr. Reichardt's fi iel 
„Liebe und Treue“ 1800, Sie wird oft vertauſcht mit: „S’ift no nit — regnet hat.” Die 
5. Strophe hier ift nad Erf, Lhort. Nr, 146. Bei Nicolai heißt fie: „Mein Schatz, ein holde 
Ehäfrin ift, fie trägt ein weißes Kleid; fie hat zwei zarte Brüftelein, die mir mein Herz erfreut.” 
— Nicolai’d Tert ftebt au im Wohorn. III, 215 mit geänderter Schlufftropbe: „So bin ide 
wohl, fo bift du's wohl, Feind Lieb, ſchön Engeldfind; fo ift und allen Beiden wohl, da wir 
beifammen find.” 

Ert benugte außer mündlicher Ueberlieferung aus Thüringen, waben, Schlefin auch ein 

. BI. von 1757: „Sieben Neue Schöne Lieder“ (davon das 7.) — Das Lied muß ſchon zu An« 
I des 17. Jahrhunderts bekannt gewefen fein, denn in einem fl. BL. Drey fchöne Geiſtliche 

ieder. Gedr. zu Bafel, bey Job. Schröter 1613] beginnt das 2, Lied: „Ah komm du, du liebe 
Seele mein, und Mag mir deine Sad; id ſehs an deinen Aeugelein, du X: viel Ungemad. 

Die Anfangäftrophe verwendete Goethe zu feinem „Zroft in Thränen.” Zuerft im Taſchenb. 
für 1804, Tübingen. Heraudg. von Wieland und Goethe. — 


88. Abgelehnte Theilnahme. 


J 
—— — — — TE: EEE Te ME 
1 # IP Fi | ar. zn BE ER rn VER EEE ey 








SH ſeh dirs an den Au-—gen an, daß bu gemeine haſt, daß 





2. „Und wenn ich auch geweinet hab, 3. Und wenn du gleih ein Yäger bift 


Was gehts denn Andre an? Und trägft ein grünes Kleid, 
Hat mir mein Schat was Leids gethan, So lieb ih doch mein Schatz allein, 
Wenn ichs nur tragen fann. Und bleib ihm ftets getreu.” — 


4., Gut Nat! du herzigs Engelskind! 
Jetzt geb ih in den Wald; 
Da vergeß ich al’ mein Traurigkeit 
Und leb wie mirs gefallt.‘ 


Tert aus Thüringen und Franken bei Erf, Wh., S. 321. Derfelbe in Scherer's 
Yungbr. Nr. 85A. Sehr abweichend und Fed bei Simrod Nr. 206. — Melodie im 
Algen. Commersb,, 1875, Nr. 93. 


5310. Abgelehnte Theilnahme. 


Etwas bewegt. Aus dem Brandenburgiſchen. 1860, *) 













— 
Wenn ich in Frei⸗-heit le⸗ben will, geh ih in'n grü nen Wald, da ver 


geht mir alle meine Trau + rig-feit, und Te» be wie es mir ge» fallt 

















359 
2. Und wenn mein Schag ein Jäger if, 4. Wie fommts, daß du fotraurig bift 


Trägt er ein grünes leid; Und auch nicht einmal lachſt? 
Das Jagen und das Jagen Ih ſehs an deinen Aeuglein an, 
Das Yagen ift meine Freud. Daß du geweinet haft. 

3. Und wenn mein Schat ein Schweizerinift 5. Und wenn ich auch geweinet hab, 
Trägt fie ein rothes Kleid: Was geht es Dich denn an? 
Sie hat zwei zarte Bräüftelein, Ih hatt' einmal ein'n Schaf recht Lieb, 
Daß mir's mein Herz erfreut. Der mein nicht werben fann. 


* Die Melodie, 1860 von einem Nachtwächter zu Barnewitz gehört, ift eine gute Variante 
der Reicharbt’fchen oben. 


082. Ber Thunichtgut. 


M. Frand, Fasc. quodlib. 1611 Rr. 6. 





hab'n fie mich ind E⸗lend ge⸗ſchickt, daß ichs er» fahren fol. 


1.9 hab mein Leben fein Guts gethan, 3. Und wer mit Katzen adern will 


Und Habs aud nicht im Sinn. Der {id die Maus voran, 
Was wird mein adlig Schätchen denken, Dann geht e8 allzeit horvebor, 
Das ich fo liederlich bin? Die Maus die läuft voran. 
2. Wer einen fleinigen Ader hat, 4. Es iſt nichtlang, daß esg'regnet hat, 
Und auch ein' ſtumpfen Pflug, Die Dächer tröpfeln noch: 
Und wer ein untreu Schätzchen hat, Ich habe mal ein Schatz gehabt, 
Mt das nicht Kreuz genug? Ih möcht, ich hätt ihn noch! 


Bollftändiger Text aud Heffen: Mittler 776. Don einem ähnlichen alten Liede die Anfangs- 
firophe mit Melodie oben. Original in Fur mit Mollſchluß. — 

Die Anfangsftrophe führt Leſſing 1777 in einem Briefe an Nicolai unter den Pöbelliedern 
jo an: „Ich hab mein Tag nicht gut gethan; habs auch noch nicht im Sinn: Und wo id ein« 
mal geweſen bin, da darf ich immer bin, immer bin.“ 

Bleihen Inhaltd mit diefem Mifchlinge ift folgendes Lieb: 


Unkraut und Gärtner. 


1., Wie kommts, daß du fo traurig bift 3., Doch wer mit Kapen adern will, 
Und gar nicht einmal lachſt? Der fpann die Mäud voraud, 
Id, ſeh dird an den Augen an, So geht ed alled wie der Wind, 
Daß du geweinet haft.‘ & Fingt die Kap die Maus. 

2.„Und wer ein’ fteinigen Ader bat, 4.Hab all mein Tag fein Gut gethan, 
Dazu ein’ ftumpfen Ding, Habe auch noch nicht im Sinn; 
Und wem fein Schaß zum Schelmen wird, Die ganze Freundfchaft weiß es ja, 
Hat der nicht Kreuz genug?“ Daß ich ein Unkraut bin.‘ 


Wh. 3, 216 (a. U. I, 210). Goethe bemerkt: „Quoblibet von der beften Art.“ — 
Das Adern mit Kapen (Strophe 3) ift auch erwähnt im Liebe: „Ich zeunt mir nächten 
einen Zaun.” — Ald Melodie hat Fink (Hausfhag) beigefept: Es ift nit lang daß gregnet hat. 


360 


933. Ber luſtige Spötter, 
Schuſters Abendlied.) 
Gemächlich. ſKreßſchmer I, 1838, Nr. 186. Daher Fink, Hausſchatz. 





[Balstalsterri valste» ra!) und thät ã Mãd⸗le führe. A⸗hal a⸗ ha! a⸗dha!] 


2. Ich gung enmal ſpaziere 4. Sie ſagt, ich ſollt ſie nehme, 
Und thät & Mädel führe. Sie macht' mird recht bequeme. 

3. Sie fagt, ich follt fie küſſe, 5. Der Sommer ift gefommen, 
Es brauchts Niemand zu wife, Ih hab fie nicht genommen. 


T Ahm! ift fo audzuführen, ald wenn jemand vor Langeweile gähnt. 


Andere Lesart. 
Heiter. Aus Hanau und Dillenburg. 1880. 












— u u 
Sch gieng einmal ſpa-zie «re, Hmihm! id gieng ein-mal fpa » zie⸗ re zum 








val» te» ri zum tra! be» geg. met mir ein Mädschen. Hm hm! 


2. Sie fagt, fie hätt viel Gulde, 4. Sie fagt, id follt fie küſſe, 
's warn aber lauter Schulde. Die Mutter ſollts net wifle. 
3. Sie fagt, fie thät viel erbe, 5. Sie fagt, ich follt fie nehme, 
'3 warn aber lauter Scherbe. Ih braucht mich nicht zu fchäme. 


6. Der Sommer ift gelomme, 
Ih hab fie net genomme. 


Noch ähnliche Lieder: Ert I, 5, 14 (mit Mollweife). Meier ©. 116. Meinert 
©. 50. Hoffmann, fhlef. BL, Nr. 69. Commersbüher. — Das Gegenftüd dazu 
bei Simrod Nr. 213, überſchrieben: „Was fie erfahren hat.“ 


1.34 ging einmal fpazieren, hm hm! 3. Der Sommer ift gefommen, 
a — —— Jungen, Er hat mich nicht genommen. 
illaderi laderade! 4. Er fagt, er hätt’ taufend Thaler 
Mit einem ihönen Jungen. Er F ja — Bun 


2. Er fagt er wollt mich nehmen, 5. Er fagt er wär von Abel: 
Und wenn der Sommer käme. Der Sauhirt war fein Vater. 


361 


954. Ber ungehenerlidye Freier. 
Munter. Aus Heffen-Naffau, 1880, 





SH Hätt e « mal en Freier, bo» Ho! das waren Uns gesheuser, ho— 


re SI —— 
mm m — — —— — — ——— — — — 
— — — ——— 


be, ho bo, ho » hol 


2. An'n Hals bot e wie e Eichbaum, 4, Un dem Weft hot e feinen Rück nic, 


Und Zähne hot e, wie e Reitgaul. Un dem Rod bot e keine Knöpf nid. 
3, An de Schub Hot e feine Sohle, 5. Sold en Freier follt ich nehme? 
Die Strümpf hot e geftohle. Dep müht ih mich ſchäme. 


Längerer Tert mit noch mehr Uebertreibung bei I. Lewalter, BL. aus Niederheffen III, Nr. 36. 


980. Berfehlter Rath der Mutter. 


Mäfig langfam, Aus dem BWürttembergifchen. 1806. 







Ei p >» ee, loß der no ro» tha, loß mer de li» ) . le ei 2 
Es fa dr jo wer-le met gro-tha, wenn bu das Maid-le mitt 





Loßt mer das Maid»le net, bin i dei Am-ma net; gang mer vom Gſicht! 


2,,Ei Amma, thient de net muda! 
Denn i das Pifele fieh, 
Möcht v8 jo werle-n- abruda: 
Gient der no weiter fei Mich! 
Wenn i das Maidle net krieg, 
Amma, fo zuih i in Krieg — 
Mei Seil! i gang.“ 


Erf, Liederhort Ar. 150. Erk U, 4/5 Nr. 3. Mitgetheilt von Dr. Hohnbaum 
in Hilbburghaufen 1839. 


J —— dim. von Philipp; no, — — RM grotha, gerathen ; witt, willft; 
Amma, Mutter = Mama in der — t, thu; muda, muden, fich über etiwad 
aufbalten; adrude, erdrüden (hier vor Liebe) ; — ie "Mei Seel, mein Seel! (Audruf.) 


362 


956. Bergebliche Warnung. 


Maͤßig. Bielfah mündlich, durch ganz Deutſchland bekannt. Schon 1807 gedr. 

















lan ge nicht ge» fehn, fo lan⸗ge nicht ge » fehn. 


Andere Lesart. 











4 haste meinfeinbe — 








lan » ge niht ge» fehn, fo Han» ge nicht ge» fehn. 


2.3 fah fie geftern Abend :| 6. So mußt du junges Weibchen 
Wohl in der Hausthür ftehn. :| Mit deinem zarten Leibchen 
Wohl bei der Wiege ftehn; 
3. Sie fagt, ich ſollt fie füflen, 7. Muft fingen Ru-Ru-Rinnden, 
Die Mutter follts nicht wifien; Schlaf du mein liebes Kindchen, 
Die Mutter wards gewahr, Schlaf du in guter Ruh 
Daß Jemand bei ihr war. Und thu dein Aeuglein zu!‘ 
4., Ach Tochter, willſt du freien? 8. „Adı hätte das Feu'r nicht fo fehr gebrannt, 


&u mi id — —— — 
BERN SED DR Di. 3) Die Liebe noch viel mehr. 


5. Wenn andre junge Mädchen 9. Das Feuer kann man löſchen, 
Mit ihrem grünen Kränzchen Die Liebe nicht vergeffen, 
Wohl auf ven Tanzboden gehn, :| |: Ja nun und nimmermehr. :| 


Erf, Liederhort Nr. 35, ebenfo der Tert im Woh. 4, 364. Aus dem Branden- 
burgifhen und andern Gegenden. 


Das Lied ” fehr verbreitet: Text und Melodie ur bier) bei rim. und Hagen, Bolfe- 


lieder 1807, Rr. 35. Abdrud bei Krepichmer I, Nr. 301. — Melodie und Tert ſchon 1806 in 
der Mufitalifchen Zeitung ©. 746, mit dem Anfang der 2. Sion * ſah ihn —— Abend. So 
auch im Liederb. des d. Volks 1883, Nr. 673. — Wh. . 73 (n. Aus abe III, 161). 


Anderer Beröbau. — Ert I, 1, 22. — Walter ©, * — 3 ©. 87. — Fiedler 182. — 
Mittler Nr. 1031. — Wolff, Halle der Völker II, 191 aus dem J 1. Sun — —*— Thür. 
Volkél. Nr. 29. — Hoffmann, Schleſ. PL. Nr. 120. — Simtock Rr. ‚ Rt. 172. 
Woh. 4, 364 aud dem Petite — Erf, Bdbort. Nr. 35; au 5 — —— Jungbr. 
Rr. 125. Noch vielfah mündlih in Erk's Nachia und meinem B 4 

In Thüringen fang man badfelbe Lied nah der Melodie: wollt ein Jäger jagen drei 
Biertelftund vor Tagen (}. Härtel, Liederlex. 368). 

tatt vieler Varianten mag gleich der volfändige ältere Tert aus Büſching's Bolfeliebern 

1807 bier flehen: 


363 


1.3 hatte mein Feinsliebchen, :]: 6.50 mußt du, armed Weibchen, 
So lange nicht gefehn. :]: 2 * ri en 

2, Ich ſah e eſtern Abend |: ol an der iege ehn, :]: 
Bol an — ſtehn. :]: 7. Und fingen Lira.Lämmchen 


Schlaf ein, ‚mein liebes Männchen, 
Thu beine Auglein zu! :]: 
8. Hättſt du nicht eingelaffen 


3. Ich dacht, ich wollt fie grüßen, 
Die Mutter jollt’d nicht wiſſen; 


Die Mutter wards gewahrt, A 
Daß Jemand de it mar ne ae 
4. Ad Mädel, willft du freien? 9. „Ad hätt die Lieb nicht fo gebrannt, 
Das wird dic bald gereuen! &o wärn wir nicht fo nah befannt; 
Örreuen wird ed dich, Das Feuer brennet fehr, 
Daß du verläffeft mic. Die Liebe noch viel mehr. 
5. Wenn alle junge Mädchen 10, Das euer kann man löfchen, 
Mit ihrem bunten Kränzchen Die Liebe nicht vergeffen 
Wol auf den Zangboden gehn, :]: Ja nun und nimmermehr!” :]: 





987°, Falſcher Sinn. 


Maßig geſchwind. Aus Schleſien (Gegend von Hainau). 1845. 









Bar. aus dem Odenwald. 





2. ‚Wenn id auch wiederlommen thät, 6. Iſt gleich der Apfel rofenrorh, 


Mein Schat was hilft es dich? Schwarze Kernlein die find drin: 
Lieb hab ich dich vom Herzen, Und fobald der Knabe wird geborn, 
Aber heirathen mag ich Dich nicht.‘ Zrägt er ein'n falſchen Sinn, 

3. Haſt du mich lieb von Herzen, 7. „Ein’n falſchen Sinn, ein'n ſtolzen Mut 
Uber heirathen magft mich nicht, Den tragen fie allzugleich ; 
Ei fo bitt ich dich, ſchönſtes Schätzchen, Wenn fie ein Mädel verführen thun, 
Berführe du mich nicht! Iſt ihre größte Freud.” — 

4. ‚Wenn ih auch dich verführe, 8. [Ihr Yungfern feid ihr fternenblind, 

- Die Schul ift felber dein; Dver feht ihr gar nicht wohl? 
Denn fo oft id bin gelommen, Seht ihr nicht die Hirſchlein laufen, 
Haft du mich gelaflen ein,‘ Die man jest ſchießen foll? 

5.Ich hab dich eingelaflen 9, Die Hirſchlein, die man ſchießen fol, 
Aus lauter Lieb und Treu, Laufen alle in ven Walp: 
Hab gedacht, du wirft mich nehmen, Junggefellen foll man lieben, 


Gelt, Schätchen, e8 hat dic; gereut?“ Eh daß fie werben alt. 


364 


10, Und wenn fie alt und runzlich find 
Kriegen Grüblein im Geſicht, 
Spricht Eine zu der Andern: 
Nimm du dir'n, ih mag ihn nicht. 


11. Wenn du ihn nicht magft und ich ihn 
nicht will, 
Wen, Geier! foll er dann? 
(Was fängt man mit ihm an?) 
Ladet man ihn im die Kanone, 
Schießet ihn nah Amfterdam.] 


Nah Erf, Volksl. III, Nr, 57 und 58. Zert aus dem Brandenburgifchen und der Provinz 


Sachſen; auch Schlefien, daher erfie Melodie. 


Ohne den Zufaß Strophe 8—11 noch 


eine Redart 


daſelbſt 59 aus dem Odenwald. — Ziemlich ap Zert wie bier aus Weftfalen: Reifferfcheid 119. 


Mündlih aus Limburg und Weplar um 18 


0; dort ift der Zuſatz Strop 


8 fo gekehrt, daß es 


beißt: Ihr Bürfhchen, feid ihr blind oder fcheel? ꝛc. und Strophe 9: Schöne Pt Mädchen 


muß man lieben, eb fie werden alt. 


Auh der Kanonenſchuß bis Amfterdam 


ehlt nicht; dafür 


beißt in Weftfalen die Schlußgeile: Und ſchießt ihn weit von dann. 


887°, Salfıher Sinn. 


(Heltere Form des Liedes. 


— 


. Die Zeit kommt, daß ich wandern muß, 
Mein Schak, mein ebler Troft! 
„Dann wilft du wiederum kommen, 
Daß du mich erfreuen thuft ?“ 

. Und wenn ih dann ſchon wiederum komm, 
Bein Herzlieb, was hilft es dich? 
Lieb will ich dich wohl haben, 

Uber heirathen thu ich dich nicht! 

.Ei wilft du mich lieb haben 
Und nehmen thuft bu nicht, 

Ih bin ein wadres Mädchen, 
Verführ du mich aber nicht!“ 


. Und wenn ich dich ſchon verführen thu, 
Die Schuld ift felber dein; 
Wie oft bift du aufgeftanden 
Und haft mich gelafjen ein. 
. Ei, wenn ich dich ſchon eingelaffen hab, 
Aus Ehren und guter Treu, 
Du Haft mir aber die Eh verſprochen, 
Gelt Schag, e8 hat dich gereut? 


12) 


—2 


_ 


zi 


Aus Herm. Keſtner's handſchriftlichen Liederbuche in Oktav. 


1809.) 


6. Ihr Yungfern fein ihr ſternblind, 
Oder feht ihr jonft nicht wohl? 
Seht ihr den Hafen entlaufen, 

Den ihr jetzt [hießen follt? 

. Den Hafen, den ich jest ſchießen foll, 
Der lauft wohl durch den Wald, 
Schöne Mädchen foll man lieben, 
Bevor fie werben alt. 


. Und wenn fie dann Runzeln kriegen 
Und Falten ins Geſicht, 

Spridt Einer um den Anden, 
Nimm du fie, ih mag fie nicht. 
Es it fein Apfel jo rojenroth, 

Es ftedt ein Kernden drin: 

Es ift fein Knab jo hübſch umd fein, 
Führt einen falfhen Sinn. 

10, Ein falihen Sinn und ftogen Muth 
Den führen fie allzeit: 

Wo fie ein Mädchen betriegen können 
Das ift ihr Herzeusfrend, 


Das Lied ift von 


1 


je a) 


= 


Sal, Grimm’ Hand zw. 1809—1813 gefchrieben und die Abſchrift eines Drudes 
im „Volksboten“, wie bemerkt ift. Der Tert ſtammt fehr wahrfheinlih aus Heflen. 


Litteratur: U, Zaupfer, Nachlefe zum bairifhen und oberpfäher Miotikon. 
Münden 1789 ©. 49. — Wünfhelruthe, Ztſchr. 1818 ©. 108. — Kretzſchmer IL 
©. 344. Hoffmann ©. 175. Meier ©. 82. Simrock Nr. 196. Ditfurth IL, 
©. 193. Aus Heſſen: Künzel, Geſch. v. Heflen 566. Daher Mittler Nr. 1006, 


Reifferſcheid, weſtf. BL. 


Auerbach, Schwarzwälder Dorfgeſchichten 1843 I, ©. 89. 
Fiedler 


©. 119. Erk IT, 1 Nr. 67—59. Aus der Pfalz: Mittler 1004. 


365 


S. 193. Kr. IL, Nr, 165 mit der Melodie: „Ich fland auf hohem Berge‘. Im 
Kreis Wetzlar ift der Anfang: Es kommt die Zeit, daß ꝛc. Beder, Rhein. BR. 
Nr. 81: Bald fommt die Zeit, daß ꝛc. 


888°, Berzeihung. 


Ziemlich bewegt. Aus der Udermarf (Gramzom). 












wie«- der ver Him-mel fo blau Die 


Es Teudh » tet chen 





2. Wol alle die Veilhen die blühen bei der Nacht, 
Die haben mein Herze zum Verlieben gebradt. 


3. Einf ftand ich unter Linden in einem grünen Wald, 
Da kam ja mein Schönfter und küßte mich bald. 


4. Warum bift du nicht gelommen, als ich dich gerufen hab? 
Denn du hatteft vernommen, daß mein Herze du warſt.“ 


5.,, 3a vorhin warft du fpröve, aber nun und nimmermehr!‘ 
„Ei fo bitt ich dich, mein Engel, verzeih es doch mir!“ 


Melodie und Text aus Erk's Liederhort Nr. 106. 


838, Verſuchung. 
Etwas bewegt. Aus Pommern. 1855. (Brufenfelde bei Fibdichom). 


















68 leuchtet ſchon wies der der Him-mel fo blau, die Blusmen die 





— 


blü ben in dem Tieb » li-den Thau. 


2. Vorzüglich die Veilchen die blühen bei der Nacht, 
Die haben mir mein Herze fo voll Liebe gemadıt. 

3. Barum bift nicht gekommen, als ich dich gerufen hab? 
Denn ih hab ja vernommen, daß du mein Herze haft. 

4. Ich thu ja Dich fhon winken, du mein zärtlihes Kind, 
Sonft müßte ich verfinken, drum eile geſchwind! 


5,3 ſaß wohl unter einer Pinde in einem grünen Wald, 
Was fam daher gefahren? Ein Edelmann jehr ftolz. 


366 


6.,Ach höre, Liebes Mädchen, was thuft du hier im Wald?” 
„Ich bin von jenem Dorfe, ich fu ein wenig Holz“. 


7. Ach höre, liebes Mädchen, laß liegen dein Holz, 
Komm feg dich in ven Wagen follft fahren mit mir ftolz!“ 


8.,., 3 ſetz mich nicht in Wagen, fahr nicht mit ihnen ſtolz, 
Biel lieber will ih gehen nad meiner Eltern Haus‘, 


„Hier haft dur hundert Thaler, Heid’ dich recht recht ordentlich ein, 
Dein Bater und deine Mutter follen Amtsleut bei mir fein! 


Sehr ähnlich nad Weife und — aus Rönnebechk bei Granſee, 1854. 


539. Aur; — 


Fränk. Volkelied durch Dr. Hohnbaum notirt) vor 1820. 





Wilt du mei ſei, will i dei ſei, woll me Hoch-zeit mare! Will 


um" EEE VE DEREN >. VEEEEEE | 
Tr A —— — — — Di I Te 
__{_ 1 9. | — 





du nit, will i au nit, wolln we's blei-sbe To » fe. 


940. Bu bift mein! 


Gemaͤchlich. Mei. vor 1808 (aus Süddeutſchland). 





Herezig lieb Schäspe » le, thu mir ver ⸗ zeihn, ann ‘mi 
is u Wegen meisner mußt lei-den fo vie. | Leid! ed nur im Ge-müth, 


ee EI -———- 





mein Herz das ſchenk ich dir, dein willich le⸗ben, dein will ich fein: gelt, Schag, bift mein? 


Melodie und Tert in v. Seckendorfs Mufenalm. 1808 ©. 47. Das Mipt. 
Sedendorfs in v. Hagens Sammlung gelommen. Daher Erf, 


54. In den Augen liegt das Her. 
Fränfifh dur Dr. Hohnbaum vor 1820, 


00 4 HERE «TE —— — 
1 her Su FERNE ER 





b S | der Näh, s 
134 — m —— als Pr ver» Rt i | es brauchts auch wei - ter 





367 
2.39% hab noch nie mit ihr gerebt, 3. In ihrem Äugle fteht a Schrift, 


Und dod will ich mit Jedem wett, Da les ich draus, was mich betrifft; 
Das weiße liebe Täuble Seis heiter ober trübe, 
Bird noch mei Weible. So les ich Fiebe. 


942. Hur einmal lebt man auf der Welt, 


Aus dem Odenwalde 1845. 





2./: Die Treuheit feiner Seele, :| 3. |: Im Sommer blühen die Rofen, :| 
Hat mid, zur Lieb gebracht, gebracht. Sie ftehn in voller Pradt, ja Pradt, 
Hat mich zur Lieb gebradit. Sie ftehn in voller Pracht. 


4. Es wachſet ja nicht vergebens 
Kein Blümlein auf der Flur 
Seid froh und benugt euer Leben: 
Denn einmal lebt man nur! 


< 


543*. Suhön ift die Jugend, 


Mündlic aus der Lahngegend u. —— vom Rhein 
Etwas bewegt. u. Odenwald 1880—90 


Ruta" EEE) ME”? TREE „- Mimi „oEE | GER € HERE „m TEEN n> TEEN 
—ACOVCCOCCCCACCACCCCcoc 








mehr! Drum ſag ichs noch ein⸗mal: fhön find die Ju⸗gend⸗jahr; ſchön iſt die 





Zu » gend, fie kommt nicht mehr. 


Yeltere Melodie. 
Fröhlich. Aus Thüringen (Meiningen 1840, Hildburgbaufen 1853). 











Schön ift die Jus gend bei fro» hen Zei» ten, ſchön ift die 







Ju ⸗ gend, fie kommt nicht mehr! Drum ſag ichs noch einmal: Schön ift bie 


dim. 








Zur gend, ſchön if die Ju- gend, fie fommt nicht mehr! 


2. Bergangne Zeiten komm'n niemals wieder, 
Verſchwunden ift das junge Blut. Drum fag id ꝛc. 


3.3 hab ein'n Weinftod und der trägt Reben 
Und aus den Reben fließt edler Wein. Drum ıc. 


4. Es blühen Rofen, es blühen Nelken, 
Es blühen Rofen, fie wellen ab. Drum ꝛc. 


5. Man liebt die Mädchen bei frohen Zeiten 
Man liebt die Mädchen zum Zeitvertreib. Drum ꝛc. 


[6. „Ah Mutter, Mutter, berzliebfte Mutter, 
Frühmorgens reijet mein Schag von hier.“ Drum ꝛc. 


7.,,2aß du ihn reifen, laß du ihn ziehen, 
Mer weiß, wo dir dein Glüf noch blüht!‘ Drum x. 


Sehr verbreitetes Lied, feit 1830—90 am Rhein, im Elſaß, Naſſau, Heflen, 
Thüringen, Sachſen zc. viel gefungen mit manderlei Zufabftrophen und vielen 
Aenderungen. Hier nad mündlicher Ueberlieferung. — Mit ähnlicher Melodie (aber 
4/ Takt) bei A. Andre, Soldatenliever Nr. 19. Ziemlich gleih dem bier ftehen- 
ven Lied bei K. Beder, Rhein. Vollsliedb. Nr. 138. Mit älterer Melodie aus 
Meiningen bei Erf I. 6, 20 und Härtel, Liederleriton ©. 514. Mündel (Nr. 119 
der BL. aus dem Elſaß): Schön ift die Jugend zu allen Zeiten. — In Sachen 
mit dem Anfange der 3 Strophen: Es blühen Rofen, es blühen Nellen. — 
Zum Tert vergl. Jeitl's Notizen in Schnorr's Ardiv IX ©. 381. 

Das Lied ift aus folgendem ältern ſchönen Terte hervorgegangen: 


5A’. Schön ift die Iugend. 
[Xelterer Text.) 


1. Schön ift das Leben bei frohen Scherzen, 
Die und das Alter ganz verwehrt, 
Wer wird nicht lernen noch lange geizen, 
Eh uns der Kummer ganz verzehrt? 
Die Rofen blühn allem im Lenze, 
Bald ftehn fie welt und blätterleer. 
Drum pflüdet Rofen und bindet Kränze, 
Schön ift die Jugend, fie kommt nit mehr. 
2, Greift dann zum Becher, fingt frohe Lieder, 
Schön ift die Jugend, fie fommt niht mehr 
Bergangne Zeiten fommen niemals wieder, 
Drum trinkt die Gläſer alle leer! 


369 


Die Mädchen lieben ein junges Fäntchen, 
Drum laft uns froh und munter fein: 
Hoch leb die Liebe und alle Mädchen! 
Hoch leb die Freundfhaft und aud der Wein! 
3. Drum junge Leute folgt meinem Rathe, 
Und nutzt der Jugend edlen Trieb! 
Denn fpät erliegen die Helventhaten 
Eures Muthes auf den erften Hieb. 
Das Alter hat auch der Sorgen viele, 
Dann fann man nicht mehr freudig fein 
Dann find der Yugend Iuftge Spiele 
Uns nichts mehr als ein blaſſer Schein. 


Fl. 31. „Ite Sammlung, worin die fhönften und angenehmften Rieder und Arien ze. Köln 
a. Rh. bey Ghriftian Everaertd (um 1820 gedrudt). Nr. 2 
Aus diefem fhönen Gefellfchaftsliede iſt das — Sept viel gefungene Volkslied entftanden, 
das dom alten Zert blos noch einzelne Zeilen bew 
Er entftand daraus ein in bierzeiliger Ernie "abgefaßter Zert, gedrudt auf einem J 
DL „Modes Arien“ (die 9.), um 1820 (mol in Berlin bei Zuͤrngiebel und Litfaß), der ſchon fe 
verwildert, aljo älter if. Der Anfang lautet: 


en ift die Jugend bei frohen Reizen, 
Schön ift die Jugend, fie kommt nicht mehr! 
Man J uns lehren nach ihnen geien, 
Bid und der Kummer ganz verzeh 
2. Die Rofen blühn an einem Pflängdhen, 
Bald ftehn fie welt bald blätterleer. 
Drum pflüdet Rofen und bindet Kränze, 
Schön \ die Jugend, fie fommt nicht mehr. (6. Str.) 


944. Mankelmüthige Liebe, 


Sehr mäßig. Aus dem Heffen-Darmftädtifchen. ——— Meſſel, —— x. ) 





O Hims mel, wie lang fol ih noch tra «gen dad bitte» re Joch! 





trüb, weil du ver» gife feft die Lich. 


2. Wenn du men Schatz willft fein, 3. Wer fih eine Roje abbrict, 
Mußt du mid lieben allein; Dfterd mit Dornen ſich ſticht. 
Mußt hübſch zu Hauſe bleiben, Geh hin und ſchweige ſtill, 

Mußt andre Burſche meiden: Hör was ich ſagen will: 
So du das aber nicht thuſt, Trau nur der Schönheit nicht gar, 
Haſt du zum Lieben kein Luſt. Denn ſie bringt Viel' in Gefahr. 


Erf, Wh. Nr. 149. Schon Erf, Volkslieder II. 1, 79, wenig abweichend. 
Anderer Anfang: „Ah Himmel (DO Liebe), wie lang fol ih noch“. 


Erfu. Böhme, Pieberhort. I. 24 


370 


945°. Bmeifle nicht an meiner Treu! 


Ranafam. Aus Lindenfeld im Odenwald 1859. 








Schön. fted Kind auf Die =» fer Erd, zweifs Te nit an mei» mer Treu! 





2. Schönftes Kind, ich liebe dich! 3, Wenn du wilft in Garten gehen 
Über eins — du haſſeſt mid. Schau die fhönen Blümlein an, 
Du haft mir |: mein Herz :| genommen, Schau, wo fie am fhönften, ſchönſten ftehen, 
Tag und Nacht hab ich fein Ruh. Brich fie ab und denf an mid! 


4. Was hilft mid ein fchöner Garten, 
Wenn ich nichts darinnen hab! 
Mas hilft mich mein junges raſches Leben, 
Wenn ich nichts zu lieben hab! 









Schön-fter Shap auf die» fer Er » den, zweifele nicht an mei-mer Xreu! 





Du folft ja mein ei » gen wer⸗ den, wenn du mir nur bleibft ge » freu. 


2. Vater, Mutter wollend ja nicht leiden, 5. Spielet auf, ihr Mufilanten, 
Schönſter Schatz, das weißt du wohl. Spielet auf ein Saitenfpiel, 
Sag mir die gewiſſe Stunde Meinem Schätzchen zum Gefallen 
Wenn ich zu dir fommen foll! Weil ih von ihr ſcheiden will. 

3. Komm, wir wol’n in Garten gehen, 6. Rosmarin und Lorbeerblätter 
Wollen Röslein ſchauen an: Mad ih meinem Schatz ein’ Strauß, 
Schau, wo fie am fchönften ftehen, Das foll fein die legte Ehre, 
Brich dir ab, Schaß, dent an mid! Das fol fein der Abſchiedsgruß. 

4, Dft haben wir beifammengejfefien, 7. Dann geb ich meinem Pferb Die Sporen, 
So mande liebe lange Nadıt, Zu dem Thor reit' id hinaus 
Und ven fühen Schlaf vergeflen, Und du bleibft mir unverloren, 
Mit der Liebe zugebradht. Bis ich wiederfomm’ nah Haus. 


Mündlih aus dem Elſaß 1889. — Hier find Strophen aus dem Liede „Stets 
in Trauem muß lebn“ herübergezogen. 


371 


946. Warte nod ein Iahr! 


Mäßig. Aus Pommern 1860. 





tn. LEE ERREGER» — — — 
m —⏑ ⏑⏑ Te N = A m — 
Gabe „ WlsmBeeEL, _JERSBzreE, Mu} FEN, is) FE HEROEBMSEEEGE KERN EEE 27 u 


1. Dort ob'n auf je » nem Ber-ge, da ſteht ein bo - hes Haus, da 









* 
— ee — — 
Bi; er — — — "EEE EEE. A Ka 
— gu” a nu 


haut ja al»le Mor» gen, da ſchaut ja al⸗-le Mor-gen mein feirnes Kieb« hen 





raus, mein feir ned Rich» chen 'raud. 


2.3 bot ihr guten Morgen, 3. „Ach warte, Lieben, warte, 
Sehr wohl gefiel ihr das. Ah warte noch ein Yahr, 
Sie thät mir wohl freundlich winken, Dis daß der Birnbaum Kirfhen trägt, 
Ihr’ Yenglein die wurben naf. So heirath ih dich fürmwahr. 


4. Und trägt er feine Kirſchen nicht, 
Dann blüht er rofenroth, 
Dann kann ums Niemand jcheiden 
Als nur der bittre Tod. 


Melodie und Text aud Bufendorf bei Fidihow (Pommern) 1860. Boraud ging eine Halb 
ſtrophe, deren Fortſetzung die Sänger vergeffen hatten: 


„D grün Holzäpfelbäumden, 
Bie fauer ift dein Korn x. 


Eine Redart aus Malchow bei Berlin hat den Anfang; 


Seht dort an jened Endechen, Da ſchaut ja alle Morgen 
Da ftand ein hohes Haus, Mein feines Liebchen heraus. 


Schluß: &o bleibft du doch mein Feinsliebchen 
Bis und abfcheidt der Tod. — 


94T. Bei Mondenfcein. 


Etwas langjam. Aus Defterreih-Schlefien 1865. (Erf, Liederihag III, Nr. 69.) 












Gesftem bei Mon » densfhein ging ih ſpa- gie» rem, in dem Haud- 





gär » te » lein, in dem Haus-gär- te » lein, bei Mon» ben» (hen 


2. Da faß ein Mädchen drein 3, Mädchen, was machſt du hier 
Wol ganz alleine, So ganz alleine 
|: In dem Hausgärtelein :) |: In dem Hausgärtelein :| 
Dei Mondenſchein. Bei Mondenſchein?“ 


24* 


372 
4.,Ich bind ein Kränzelein 5. &8 foll dem Liebchen mein 


Bon grünen Cypreſſen Wenn e8 wird kommen 
l: In dem Hausgärtelein :| I: In das Hausgärtelein :] 
Bei Mondenfcein. Bei Mondenfhein.“ 


948. Treue Liebe. 


A. Uelteres Lied. 
Sehr mäßig. Alte Mel, vor 1820, 















Ah wie ins mög » lih dann, daß ih dich laſ— — — dich von 


Da — — — | —t— + 41-4 — 4 —f _ 7 a 
4 _ Ai m 74 — — VA—— A AT Bo 
u — — = . 





a — — u Be 


Her » gen lieb, das glau · be mir! Du haft dad Her» ze mein fo jehr ge 


er 
wi; ee ER — 
au cu 


nom » men ein, daß ih Fein’ An « dem lieb, Mie-be fo Tehr. 





2. Obſchon das Gläd nicht wollt, 3. Stoß mir das Herz entzwei, 
Daß ich dein werben follt, Wenn du ein falſche Treu 
So lieb id dennoch Dich, Oder nur falfhe Lieb 
Glaub's ſicherlich! Spüreft an mir! 

Es fol fein Andrer fein, Dir will id jederzeit 

Der mich foll nehmen ein, Zu Dienften fein bereit, 
Als du, o ſchönſtes Kind, Dis daß ih kommen werd 
Dir bleib ich treu! Unter die Erd. 


4. Nach meinem Tod alsdann, 
Auf daß du denkſt daran, 
Nimm an der Todtenbahr 
Diek Reimlein wahr: 

Hier liegt begraben drein 
Die dich geliebt allein, 
Die dich geliebet hat 
Bis in das Grab, 


Zert auf einem fl. Bl.: „Neun ſchöne neue Weltlihe Lieder (dad 5.). Um 1750—1780 
Ebenfo: „Drey ſchöne neue Lieder (dad 2.). Um 1800. Daber in Erk's Kiederhort Nr. 76 und 
deſſen Woh. 4, 207. Auch bei —— Jungbt. ©. 152, daher die kleine Abweichung am Schluß. 
Aehnlich Ditfurth II, 85. A. Wolf, BL. aus dem Egerland ©. 66 (1869). Reuer Text bei 
Walter 274: „Blau Blüht ein Blümelein.“ 

Die Melodie wurde vor 1820 im der Gegend von Hilbburghaufen durh Dr. Hohnbaum 
aufgeihrieben und am Erk eingefandt. Gleihlautend eine Niederfhrift von Guftav Reihardt um 
1830; — anders bei Richtet und Marſchner, —— 1850. Alte Melodie und neuer Text bei 
Krepfäimer L, 25 und Hoffmann, Boltsafb. 1848 ©. 3 
daſß Die alte ſchöne Melodie und der ſinnige, etwas düftere Zert wurde verdrängt durch folgende 

affung. 


373 


B. Neueres Lied. 


Original. (ME 
— — 


Volkeweiſe. 





Her⸗zen lieb, das glau-be mir. 


nom» men ein, daß id 





2. Blau ift ein Blümelein, 3. Wär ic ein Bögelein, 
Das heißt Vergißnichtmein; Wollt ich bald bei dir fein, 
Dies Blümlein leg ans Herz Scheut Fall und Habicht nicht, 
Und denk an mid! Flög ſchnell zu bir; 
Stirbt Blüth und Hoffnung gleich, Schöß mid ein Jäger tobt, 
Wir find an Liebe reich, Fiel ih in deinen Schooß; 
Denn die ftirbt nie bei mir, Sähſt du mid traurig an, 
Das glaube mir! Gem ftürb id dann. 


Zert R eine Umformung des alten Volksliedes dur Helmine Chezy um 1824. Die Melo- 
die ift von fFriedrih Küden 1827 fomponirt, aber vom Vollke zurechtgefungen worden, wie bier 
der Bergleih beider Redarten lehrt. 

Das Driginal ift gedrudt im „Küden-Album, IL. Bd., Nr. 11.” Beipaig, F. Kiſtner's Ber- 
lag. In einer enge zu diefer, kurz vor Kücken's Tode erfolgten Ausgabe, erklärt ſich der 
Komponift über die Urbeberfhaft wie folgt: „Diefed Lied — fpäter mit einigen Abweichungen 
unter dem Namen Thüringer Bolkslied allgemein befannt — ift von mir im Jahre 1827 
componirt und wie alle meine aus der Zeit ſtammenden vielfachen Inftrumental- und Gefang- 
compofitionen ungedrudt geblieben. Die voltöthümlichen Aenderungen rühren höchſt wahrſcheinlich 
von Silcher her, und haben wohl weſentlich zu der großen Verbreitung und Beliebtheit des Liedes 
beigetragen. Gewiß ift, daß fhon Anfang der dreißiger Jahre die Studirenden von Jena nad 
Tübingen es brachten und Silcher die Melodie nah dem Gehör aufgefchrieben hat.” 

— —XA auch zwei Briefe Kücken's an W. Tappert, Abdruck in der Neuen Muſikzeitung 


374 


949. Nichts Schöners als Treu, 


Mäfig. Melodie mündlich aus Schwaben. 





42* Her» gen im Lesben gar ſchön fh er =» ger» a & 


enn fie es ver» fie = ben und recht zuefam- men ge = ben; 








fi nichts Schönere als Treu. 


1. Zwei Herzen im Leben 3. Frag alle Bekannte, 
Gar ſchön ſich ergeben, Frag alle Verwandte, 
Wenn ſie es verſtehen Frag alle Verliebte, 
Und recht zuſammengehen; Frag alle Betrübte, 
So kaun ja auf Erden Frag Himmel und Erden, 
Aus zwei Herzn Eins werben: Frag, was fann gefragt werben: 
Sie fagen, es ſei Sie fagen, es fei 
Nichts Schöners als Treu. Nichts Schöners ald Treu. 
2. Die Perlen, Korallen 4. Nun ſei es beihlofien, 
Die können zwar prahlen; Ganz treu, unverbrofien; 
Die Perlen, Rubinen, Div will ih mein Leben 
Die können das rühmen; Ganz treu untergeben: 
Sie fünnen zwar trußen, Und den du wirft fragen, 
Ihr Schönheit aufpugen: Der kann dirs glei jagen: 
Sie jagen, e8 fei Daß Schöners nichts fei 
Nichts Schöners als Treu. Als bleiben getreu. 


Liederhort Nr. 156. Text nah einem fl. Bl., 8%: „Acht furzweilige weltliche 
Lieder“. Gebr. 1786, Das 3. — Ein anderes fl. Bl.: „Sechs fhöne Neue Lieder“ 
(um 1800. Abdr. Woh. 4, 176). Berg. Freim. Pfeiffer, Sefenheimer Wb., ©. 143. 
Winfhelruthe, 1818, S. 8 (blos 2 Strophen). Kr. I, 1840, Nr. 256. 

In einem Glüdwunfhihreiben vom 15. Aug. 1725, welches der Straßburger 
Drganift Francisens Yof. Schmid der damald neuvermählten Königin von Frankreich 
überreichte, kommen ald Unterfchrift zu einem Sinnbilde folgende Worte vor: „Wann 
Zwei fih ergeben, ganz einig zu leben, fo fann ja auf Erden aus Zweien 
Eins werden“ (f. Deutſche Jeſuiten-Poeſie Oder Eine Sammlung Catholiſcher 
Gedichte, Welhe zur Berbeflerung Allen Reimenſchmiden wohlmeinend vorgeleget, 
Megalissus, Franckfurth und Leipzig 1731, ©. 39). 


375 
900. Waſſernoth. 


Mäpig bewegt. Mel. nad) 1815. 





zu Eob » len; auf der Brü- de, da lag ein tie =» fer Schnee; ber 





Schnee der ift ge « fhmolszen, dad Wafe fer fließt in Ser. 


2. Es fließt in Liebchens arten, 4. Wenn Gott mich freundlich grüfet 
Da wohnet Niemand drein; Aus blauer Luft und Thal: 

Ih kann da lange warten, Aus diefem Fluffe grüßet 
Es wehn zwei Bäumelein. Mein LFiebhen mich zumal. 

3, Die fehen mit den Kronen 5. Sie geht nicht auf die Brüden, 
Noch aus dem Wafler grün: Da gehn viel fhöne Fraun, 
Mein Piebehen muß drin wohnen, Sie thun mich viel anbliden, 

Ih kann nicht mehr zu ihm. Ih mag die nicht anſchaun. 


Tert im Woh. I, 88, angeblih münblih. Eins der zarteften Piebeslieder, davon 
Goethe jagt: „Anſchauung, Gefühl und Darftellung, überall das Richtige.” — Im 
Wahrheit haben die Herausgeber des Woh. ihren Tert hergeftellt aus folgendem Liedchen, 
das fhon 1784 bei Elwert, Reſte alten Gefanges, ©. 55 feht: 


1..3u Goblenz el der Brüden 2. Er fliegt in Liebchens Garten, 
Da liegt ein tiefer Schnee, Da ftchn zwei Bäumelein : 
Der Schnee der ift gefhmolzen Das eine frägt Mustaten, 
Das Waſſer fließt in See. Das andre Nägelein. 


3, Mudfaten die find füße, 
Braun NRäglein riehen wohl, 
Die geb ich meinem Feinsliebchen 
Daß es meiner gedenten fol. 

Das find drei Wanderftrophen, davon die erfte, wenig verändert, im Liede „Es 
dunfelt in dem Walde” vorfommt und lautet: „Zu Straßburg (Frankfurt, Braunſchweig) 
auf der Brücke“ ꝛc. Elwert hat dies Liedchen vor tie Ballade „Ich flund auf einem 
Berge“ gefetst; daraus darf man fhließen: daß man ed nad gleicher Melodie wie 
die Ballade fang. — Die oben beigefügte, vollsthümliche Singweiſe hat Louiſe Reichardt 
um 1815 komponirt. 


01. Gezänk zwiſchen Liebeslenten und Berföhnung. 
Munter. z Mel. mündlich um 1840 aus Thüringen. 


















Ein Shüf- fel und ein Härfelein ift all mein Kühe ge-fhir; ded 


N = - 
—— — 
7 — — — ⸗— 7— — — — 
wenn ich halt an dich ge⸗denk, fo mein’ ich, To mein’ ich, ich mein ich wär bei bir. 
Bar. bei Erf. 
























A Schüf-la und? a Rain =bel, 


376 
2.,Haft g’fagt, du mwolltft mid nehmen, 4., Ich glaub, du bift befoffen, 


Sobald der Sommer käm; Du dummer Godel du! 
Der Sommer ift gelommen, Ich ſcher mich nicht, fehr mich nicht dran, 
Du haft mich nicht genommen. Ich hab bald einen andern Mann, 
Geh fhäme dich, geh ſchäme dic! Ih kriege, ich friege 
Gelt ja, du nimmſt mic noch?‘ Bald einen andern Mann.‘ 

3. „Wie kann ich dich denn nehmen, 5.„D krieg mir nicht die Kräuke, 
Wenn id did gar nit mag? Sonft hab ich glei den Froft; 
a bift ja wüſt vom Angeſicht, Ich lieb did immer Mar und rein 

erzeih mirs Gott, ich mag did) nicht; Du folft mein liebes Schätchen fein, 

er ſchere dich, geh pade dich, Solft immer, folft immer 
Und fhau mid gar nicht an!“ Mein liebes Schätzchen fein!” 


6., Was hören meine Ohren? 
Nicht wahr, du liebſt mich noch? 
Schlag ein, ſchlag ein, ſchlag ein aufs neu: 
Wir bleiben, bleiben uns getreu, 
Wir bleiben, wir bleiben, 
Wir bleiben uns getreu!‘ 


Ein aus Süddeutſchland flammendes, in Defterreih, Bayern und ber Rheinpfal; um 1820 
bid 1840 viel gefungened Lied. Text nah Erlach 4, 183. Cine häflihe S a * * 
erg iſt fortgeblieben. Unvollftändig (blos 2 Strophen) im Whorn. 

I, 373). Das entftellte Fragment (Haft gejagt, du wollft mid nehmen) beuriheitt 64 
* ehe Hauch faum ff 3 zu halten.” Das paßt eilich nicht a 9 das ganze und wahre Volks⸗ 

lied. — Ein Text im Dialeft aus Oberbayern und De terreich bei Eng: gen 1807, Nr. 89: 

AHäfela, a Schüffela id all mein Küchengſchirr. Läd' ich ed afe ela, da gäbe a ſchlechts 
Geklirt. Mein Schag thut mir nadlaufen, was * = = au faufen: a Häfela x. — Wie⸗ 
der anderer fübdeutjcher Text mit Melodie bei Erf II „A Shüfla und a Reindel 
(Ziegel) ift all mein Kuchlgeſchirt ꝛc.“ Aehnlicher ahbent * at bei Kregichmer II, 190. Eine 
Bariante vom Rhein (Ehrenbreitfein 1880) beginnt: Zu Haus hab ih ein ädhen, fo ſchön 
wie Milh und Blut. Sie ift mit mir, fie trinft mit mir ıc, 


T 5,1 die Kränke, Fallfucht. 


002*, Bertröftung. 


Ein guter neuer Dang. Du haft mich wöllen nehmen. 
myxolydisch. Bernd. Schmid, Orgeltabulatur, IL Th., Straßb. 1577 (am Schluß). 














Du haft mich wöl« in neh » men, ja wenn der Somsmer fäm. 





ift der Sommer fommen, du haft mich nicht ge » nommen: ach, Lie » ber, nimm mich noch. 


[Hoppedang darauf.) 








377 


1. Du haft mich follen nehmen, 2. Ach, Meiblein jung von Jahren, 
Ia, warn der Sommer käm; Berzeudy nur no ein Zeit! 
Nun ift der Sommer kommen, Es fann dir widerfahren, 

Du haft mich nicht genommen: Kein Fleiß will ich nit fparen 
Ad, Lieber, nimm mid noch! Auf daß du werbft erfreut 
Ah Lieber, nimm mid nod. Zu diefer Sommerzeit, 


3. Ach wöll uns Gott befcheren, 
Da wölln wir bitten nun; 
Daß wir in Zucht und Ehren 
Uns mögen zfammen fehren! 
Das hab ich ihr gemacht, 

Da id ritt auf der Jagd. 


Tert in: „Newe kurtzweilige Teutfhe Lieder mit 5 Stimmen... dur Jacobum 
Regnart“, Nürnberg 1580, Nr. 1. Daher Hoffmann, Gefellihaftsliever, Nr. 44. 
Bei Goebete-Tittmann S. 14 nad der Ausgabe von 1586. — Die erfte Strophe 
lebt no im Munde des Bolls (f. vorige Nr.). — Ich halte das Gedicht für wirf- 
liches Vollslied. Die Melodie ift fhon 1577 vorhanden und als Tanz bearbeitet, 
alfo nicht von Regnart 1580 komponirt. 


202°, vchlechte Bertröftung, 


Sangfam. Aus Keffenich bei Bonn. 1819. 


u 
m m I en 
CCCGꝰYDAACCCGIAECGCCCGICECECCCCCCC. 
hend 





weißt es nicht. Ei, Herzrlich-chen, ge » dent an mid! 


2. Das Unkraut ift mir gewachſen 3. Du haft gejagt: du wolltft mic nehmen, 
Der ganze Garten voll, Sobald der Sommer füm; 
Es ift mir gerathen im Mondenfcein, Der Sommer ift fommen in das Land, 
Da id und mein Herzliebchen bei'nander Du haft mich nicht genommen beider Hand: 


fein. Ei, Herzliebhen gedenk an mid! 
Ei, Herzliebihen, gedenk an mid! 


4.,Ach Mädchen, willft du warten, 
So warte noch ein Jahr, 
Wenn ich kein’ Andre kriegen en-kann, 
Wenn ich fein’ Andre trauen en-barf, 
Ei, fo trau ich dich fürwahr!“ 
von Hoffmann ald Bonner Student 1819 age Pr ſteſſenich; die Melodie notirt 


vom — Lohe daſelbſt. Alterthümlich klingt die Melodie äoliſcher Modus); auch die Sprache 
im Texti, beſonders in Strophe 4 die doppelte Negation durch en iſt alt. — 


378 


In einem gefchriebenen Liederheft zu Meperal im Elſaß (1854) fand ich den Anfang fe: 


1., Du fagft, du wollft mich nehmen, 2..3ch thät dich germe nehmen, 
Sobald der Sommer antommt. Wenn du nur reicher wärft ; 
Der Sommer ift gefommen, I: Du bift mir viel zu arme, :| 
Du baft mid nicht genommen, Zu meinem großen 


Aber gelt’, du nimmft mich doch?‘ 
3. , Bin ich dir viel zu arme 
Zu deinem großen Gut, 
ide will id in ein Klofter gehn :| 
ill werden ein frommes Kind.‘ 


800. Bie Genügfame. 


1. Es that ein Knab anfpannen 3.„&i Hansle, lieber Hansle! 
Sechs apfelgraue Roß, Ich ſeh, ihr habt mid, Lieb; 
Dahin that er wohl fahren Geht doch zu meinem Bormund hin 
Bis auf das hohe Schloß. Und feht: daß ihr mich friegt. 

2. Und wie er kam gefahren, 4. Ei Handle, lieber Hansle 
Da war Niemand zu Haus Dann ziehn wir in ein Dorf, 
Als nur die ſchöne Kuhmagd, Und habn wir gleich fein Häusle, 
Zum Laden fchaut fie "raus. So trieben wir in ein’ Korb. 


5. Sind gleich fein’ Fenſter drinnen 
So fchneiden wir Löcher 'nein, 
So wird im ganzen Mährenland 
Kein ſchöner Häuslein fein.” 


Meinert, kuhländiſche Volkslieder Nr. 119. Mittler 347. Driginal: Dos that a Anavle 
fponne x. Knabe bezeichnet bier Anchht. 


804°, Croft eines habelofen Mäddjens, 


Sehr mäßig. Aus dem Hefjen-Darmftädtifchen. 

















Ach Sch — was bat ih dir zu Ber = de ges tban, daß Du ver⸗ ad - Kefl 





un» gen gestban, die be =» lügen mi und dich. 


2. O du falfche falſche Zunge, du verlogener 3. Die Armuth die ift gar fehr veradt, 
Mund, Man ftellt fie hinter die Thür: 
Was wird es helfen dich? Ja hätt‘ ich der gelben Dufaten ſoviel 
Gott wird dich firafen fiherlih, |: Dann zög man mid berfür. 
Bor feinem Angeſicht! 


379 


4. Ich hoffe noch einmal recht reich zu werdn, 5. Das ewige Leben viel fhöner ift 


Aber niht an Geld und Gut: As Geld und Evelftein. 
Wenn ih erlang das ewige Lebn, Ei, fo wünſch id; meinem Schat viel 
Ei fo bin ich reich genug. taufend gute Nacht: 


Das foll der Abſchied fein. 


Erk, Liederhort Nr. 102: aus dem Heffen-Darmftädtifhen (Dffenthal, Neunkirchen). Auch in 
Franken, Thüringen und Schlefien heimifh. Ziemlich gleich der Text bei Scherer, Jungbr. Nr. 82, 
mündlih aus dem Ries. 

Schon handihriftlih von 1759 ift das Lied vorhanden, und wieder fl. Bl. Hamburg um 
1615—20 „Drey fchöne ganz neue Lieder“ (dad 3.: Mein Schap, was bab ich dir zu Leide ge 
tban? — Bergleiche ähnliche Terte, Bragur I, 274. Meinert II, 253. Wolff, Halle der Völker 
161. Ditfurtb II, Rr. 87—89. Simrock S. 272. Mittler ©. 619, 

— hat unſer Lied die 4. und 5. Strophe mit dem „Wenn ich an den letzten Abend 
8 “ 


904. Troſt. 


1. Mein Schag, was hab ich bir zu Leide 3. Wenn ich an den legten Ort gedenk, 
gethan, Da ich öftermald gewefen bin bei dir, 


Daß du verläffeft mid? Und wenn id daran gebenf, 
Das haben die falſchen Zungen gethan, Veinft’ Liebchen, was frag id) nach dir? 
Die belügen mid und did 4. Mein Bater hat gefagt, ich follt eine 


Reihe nehmen, 
2. Deine falfche Zunge, dein belogner Mund, Die hätte fein Silber und Gold, 


Der bat belogen mid, Und eh’ id eine nehme, 
Sie bat belogen mi und Dich Biel lieber (will) ich in Armuth ſchweben, 
Du falſches Angeſicht! Eh ich dich verlaſſen wollt. 


5. Ich verhoffe noch einmal reich zu werden, 
Aber nicht an Silber und Gold; 
Und wenn id in die Ewigfeit werde kommen, 
Bin ih fhon reich genug. 


Aus dem re —— vor Johann — Freytag. In Curia signatum, 
Wernigrod 1759, ©. 251. In der Sammlung H. Pröble. 
ier haben wir vi ältere Form des vorigen und lie des nachftehenden Liedes; dad 
alte Lied ift noch ohne Refrain. 


000. Ber lebte Abend. 


Maßig. Vielfach mündlich: aus der Bergſtraße, Odenwald x. (1826.) 





nahm, denn der Mond fchien fo heil, ich mußt fcheir den von ihr, doch mein 





Herz bleibt fitd bei dir! Nun a» de, a⸗ de, as» deinun as 





de, a⸗de, ade! nun a = de, Shak Ic» be wohl! 


2. Meine Mutter hat gejagt, ih follt ne Reihe nehm'n, 
Die da hat viel Silber und Gold; 
Dod viel lieber will ih mid in die Armuth begeb'n, 
Als ich dich verlaffen folt. Nun ade x. 
[3. Großer Reihthum bringt mir feine Ehr, 
Große Armuth feine Schand; 
Ei, fo wollt ih, daß ich taufend Thaler reicher wär, 
Und hätte did an meiner Hand. Nun abe x. 
4.9 gedenke noch einmal reich zu werbn, 
Aber nit an Gold und Gut: 
Wollte Gott mir nur jhenten Das ewige Leb'n, 
Ei fo bin ich reich guug. Nun ade ꝛc. 
5. Das ewige Leben, viel Glüd und Seg'n 
Wünſch id dir viel tauſendmal. 
Du bift mein Schag, du bleibft mein Schat 
Bis in das fühle Grab. Num ade x. 


Erf, Wh., Nr. 101: vielfah münblih von der Bergftraße und vom Rhein, aus 
Schleſien, Franken, Thüringen und dem Odenwald. — Wie ver Tert aus dem alten, 
fhon 1759 vorhandenen Liede „Mein Schag, was hab ih“ zc. (f. vorige Nr.) ent» 
ftand, wird man erfehen. — Die 3. und 4. Strophe werben nicht überall ge 
fungen. — Der Refrain ift neu und offenbar aus dem Liede: „Warum bift bu 
denn fo traurig” ıc. herübergenommen, Im den ältern Pesarten findet man die Melodie 
noh ohne Refrain und blos 3 Strophen Tert fo 3. B. bei Erk I. 1, 19 (1837, 
Bergiſchj. Silher X, Nr. 9 (1842). Fink, Hausſchatz. Dagegen mit Refrain 
bei Erk I, 2, 50 (1838 von der Bergftrafe). Hoffmann, Schlef. BL, 176, Ditf., 
fränt, BL, 2, 78. Meier 104. — Bergl. Terte bei Simrod Nr. 167. Mittler 
935. Jungbr. 81. Tobler I, ©. 255. Mündel Nr. 92. K. Beder, Rhein. 
Lob. 72. Nach Erf Anfiht ift aud die Melodie neu und zuerft um 1826 befannt. — 


— — 1, 1 Wenn ih an denjelbigen nn edenk, als ih Abihied nahm 
von bir. 3 Denn” die Sonne — eu mehr x. i viel lieber wollt ih ewi 
der Armuth — 3,4 ch ih dich. 5,4 Ade zur födnen guten Nacht. Refrain: 4 
ade, ade, abe :] fFeindlichchen lebe wohl! 





906. Bie Maidli im Schwizerland. 


—— | Schweizeriſches Bolfel. um 1825. 






I ba da⸗ſheim en aid. ti ba, und's Maid» li hät mi lieb, ac, 










wie bab i fo ücbeitban, daß i nit bi nem blieb! O Maid-li mi, o 





Maideli mi, chönt i mu wie-der Bi dir fi! O Maid-li mi, o 





Maid » li mi, chönt i Wwie- ber bi dir fit 


2. Mit andre Maidle iS mers gang, 4.4 Dütſche Ho i welle han, 


Daß i's Kaum fage dan: Do war en onder Plag, 

Sie han mi plagt und Bintergang Die hätt mi gärn gefrefle gar, 

Und für ein Narre han. Gärn g’prügelt alle Tag. 
D Maidli mi ꝛc. O Maibli mi ꝛc. 

3. Zu Paris da ein’ mi Herzle gen, 5.4 Italienern ba i g'ha, 

Ha gmeint, es geng wol a, Bon der auch bim i gheilt: 

Do hatt! mi Maid! en andern gjehn Die hätt! a körios Hearzle gar, 

Und ließ mi gar no ſtah. Mit Zwölfe hatt! f’es getheilt. 
D Maidli mi x, D Maidli mi ıc. 


6. Und Kurz und gut mit einem Wort, 
Döhs mad i body bechaunt: 
Die Maidli's find in feinem Ort 
Sp wie im Schwizerland. 
O Maidli mi ꝛc. 


Wyß, ſchweiz. Kuhreihen, 1826, Nr. 40. Daher Mr. I, Nr. 152. — Iſt 
ſprachuch nicht rein fohweizerifdh. 


907°. Liebesſchmerz. 


Mäpig langjam. Erf, Liederh. Nr. 158. 











Den Sonnstag, den Mon«tag in al» ler Frub, da fam mir ei» me 


a7 
ir — — — Tea ME — — 







— » te 


2. Und als ih zu ihr gekommen bin, 
Da thät fie mir was fagen in aller Still: 
Ih follt fie nicht verlaſſen in aller ihrer Noth, 
Ich follt fie treulich lieben bi8 in den Tod. 


doh noch ein » mal zu ihre komm'n. 


382 


3.. Schau an, ſchau an mein bleihes Angeſicht, 
Schau, wie mid die Liebe hat zugericht! 
Kein Feuer ift auf Erben, das brennet alfo hei, 
Als die verborgne Liebe, die Niemand weiß. 


4, Die Dom’ und Difteln die flehen gar zu ſehr, 
Die falfhen Zungen aber nod viel mehr; 
Biel lieber wollt id gehn, wo Dom und Difteln ftehn, 
Als wo zwei falfhe Zungen beifanmen ftehn. 


5. Mit Tranern muß ich fchlafen gehn, 
Mit Trauern muß ih wiedrum früh aufftehn; 
Mit Trauern und mit Weinen verbring ich meine Zeit, 
Dieweil ich nicht kann haben, was mein Herz erfreut. 


6. Geht dirs wohl, fo gedenk an mic, 
Geht dirs aber übel, fo kränkt es mid. 
Die froh wollt ich fein, wenn dirs nur wohl ergeht, 
Obſchon mein junges Leben in Trauern fteht. 


. Ach berzelieber Schatz, ich bitte dich noch eine: 
Du wolleft aud bei meinem Begräbnif fein! 
Bei meinem Begräbnif bis in das kühle Grab, 
Dieweil ih dich fo treulich geliebet Hab.” 


— 


Bielfah mündlich aus dem Brandenburgiſchen, Heffen-Darmftädtifhen, aus Schleſien, Thü- 

> en x.: Erf, Liederhort Nr. 158. Text ſchon auf fl. BU. zu Ende des 18. Jahrhunderts, von 
re benupt. — 

Aebnlihe Zerte: Wunderb. II, a. A. 201. Er ag 2, 179. Hoffmann, ſchleſ. BE. 
Nr. 152. Ditfurtb, fränt. BL, 2, 78. Simrock ©. 243, Altrhein. Märlein 95. Thüring. DE. 
Nr.22, Mittler 657, Ert II, 3, 37. Jungbr. 84 A. 8. Beder, Rhein. BR. 70. Die Melodien 
bei Krepfchmer (aus Lothringen), bei Ditfurtb, Hoffmann und Beder ziemlih gleih mit der vor- 
ftebenden, aber alle flimmen nicht zum ZTrauerinbalte ded Zertes. 

Eine Umbildung dei Volksliedes durch Klamer Schmidt, gedrudt in Voß, Mufenalm. 1798, 
©. 94; daher Erlach 5, 38: „Der Sonntag, der Sonntag in aller früh“. — 


Abmweihungen: 1,1 Am Sonntag, am Montag (Ded — des Montags) in aller 
Fruh. 1,3 hab Urlaub genommen. 1,4 ich follte dod noch einmal wiederfommen. ‚2 da 
that fie mir was Magen. 3. Bergleihe Meinert ©. 253, Strophe 3. 3,3 dad bremen tbut fo 
heiß. 3, 3 Biel lieber wollt ich wünfchen, ich läg im fühlen Grab, fo fäm (wär) ich aud (doch) 
von allen meinen Leiden (Sorgen) ab. 4,3 Du baft ein Herz, viel härter ald ein Stein, da« 
rinnen fo viel Seufzer verborgen fein. 4, 4 ch ich mit falfchen Zungen wollt ummegebn. (Achn- 
liche Lieblingsſtrophen vielfach!) Stropbe 5 und 6 fommen auch in dem Liede vor: Heut hab ich 
die Wacht allbier. 6. Bergleihe Elwert, Ungedr, Reſte ©. 36. 7. Bergleihe Büfhing und Hagen, 
BR. ©. 29, Nr, 92 Str. 2. 





807°, Heimlicher Liebe Bein, 
Maͤßig langfam. Mel, 1840. 







TR 
Mein Schap der ift auf die Wanderschaft bin, ich weiß aber nicht, was ich je 





trau» rig bin: viel »Teiht it er todt und liegt in gu» ter Rub, drum 









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bring ih mei » ne Zeit fo trau» rig gu. 


2. Als ih und mein Schag in die Kirche wolln gehn, 
Biel falihe, Falfche Zungen unter der Thüre ftehn; 
Die eine redet dies, die andre redet das, 

Das macht mir gar oft meine Yeuglein naf. 


3, Die Difteln und die Dornen die ftehen alfo fehr, 
Die falfhen, falfhen Zungen* aber nod viel mehr. 
Kein Feuer auf Erben es brennet fo heiß, 

As heimliche Liebe, die Niemand weiß. 


4. Ach herzelieber Schak, ih bitte Dich noch eins: 
Du molleft auch bei meiner Begräbniß fein! 
Bei meiner Begräbniß bis in das fühle Grab, 
Dieweil ich dich fo treulich geliebet hab. 


diefem Jahr.” Aus der Zeit zwifchen 1780— 1800. Abdruck (ohne Melodie) bei Erf, Liederh. 
Rr. 158%, — Nah diefem fl. BI. ift der Text im Wunderh. 3, 17 (1808) gemacht, d. b. ed wurde 
folgende ftörende 5. Strophe mit Drudfehler (ehrlich für ehlich) angehängt: 


„Ad Gott, was hat mein Bater und Mutter mn 
Sie haben mid gezwungen zu einem ehrlihen Mann, 
Zu einem ehrlihen Mann, den ich nicht geliebt, 

Das maht mir ja mein Herz fo fehr betrübt.” — 


Schon die fritifche Talvj (Charakteriftit 1840, ©. 448) bemerft: „Der im Wbh. angebängte 
Shlußverd, der die Sängerin (offenbar die Braut eines reifenden Handwerksgeſellen) als verheis 
rathet darftellt, paßt nicht zum Ganzen.“ — Trotzdem wurde diefer Zufap bis zur Gegenwart fort» 
geihleppt. Scherer, Jungbr. 84 B und Birlinger, Wdb. 2, 220 haben ihn wenigſtens eingeflam- 
mert und den Drudfebler getilgt. — 

Eine Mollmelodie bat C. M. v. Weber zu diefem Liede fomponirt; fie ift monoton und 
falfh deflamirend. Die bier beigefegte ſteht in Krepfchmer's Volköl. I, 198. Mag fie immerhin 
von — verfaßt fein, fie iſt ſchöner als die Weber'ſche, darum fie auch Scherer in feinen 
Volksliedern Ar. 10 nicht verfchmähte. 


* Der Vergleich der falfchen Zungen mit Dornen und Difteln kommt in Sprüchen und Liedern 
des 16. und 17. Jahrhunderts —28 vor. 
So heißts z. B. in A. Knöfel's Newe Teutſche Liedlein, Nümberg 1681 Nr. 20: 


„Dorn und Diſteln ſtechen ſehr, 

Falſche Zungen noch viel mehr; 

Doch wollt ich lieb'r in Dorn und Diſteln baden, 
Denn mit falſchen Zungen ſein beladen.“ 





558*. Lieben bringt groß Freud. 


Einfach und innig. Shwäb. Volksweiſe. 





Dad Lie » ben bringt groß Freud, es wii: fi al»le Rent; weiß 





mir ein ſchö— ned Schä » ke» lein, mit zwei fhwarzbrausmen eu » ge »lein, bie 





mir, die mir, die mir mein Herz er »- freut. 


1. Das Lieben bringt groß Freud, 2. Ein Briefle ſchrieb fie mir, 
Es wifjes alle Leut. I follt treu bleibe-n-ihr. 
Weiß mir ein jhönes Schäßele, Drauf ſchick ih ihr ein Sträußele, 
Mit zwei ſchwarzbraune Wengele, Schön Rosmarin und Nägele, 
Die mir, die mir, Sie fol, fie fol, 
Die mir mein Herz erfreut. Sie foll mein eige fein! 


3. Mein eige fol fie fein, 
Kein'm Andre mehr als mein. 
So lebet* wir in Freud und Leid, 
Bis und Gott der Herr auseinander fheidt 
Ade, ade, 
Ude, mein Schag, abe! 


* (ebet = ſchwäbiſch für leben. 


Schwäbiſches Bolkälied. Zuerft mit Melodie bei Silcher, Bolkälieder für Männerſtimmen, 
2. Heft, Nr. 9. Daher bei Erf, Liederhort Ar. 72, 

Tert gleichlautend bis auf ein abweichendes Wort: „Das Lieben bringt groß Leib“ 
im Freibafen IL Jahrgang, Altona 1839, ©. 31. Abdrud durch Erf im Woh. 4, 206. — Leid 
ift offenbar Drudfebler. 

Dasfelbe Lied (mie lg auch bei Meier, ſchwaͤb. BL. S. 107. Hochdeutſch in Serig's 
Auswahl, Lpz. 1844. Nürnb. Liederb. f. Studenten 1852. Altrhein. Märlein 1843, S. 116 
M. 196. Ditfurth II, 96. Krepfehmer II, Nr. 160 (aus Lothringen?) : Das Lieben macht groß Freud. 

Sehr abweichend ift folgende Lesart: 


908, Mein eigen foll fie fein. 


Mäkig bewegt. Aus der Lahngegend und vom Taunus. 


















F — 


Auf Zrau » ern folgt groß Wreud, das tröſt' mich al-le Bet. Weiß 








mir —, das mir ‚ dad mir mein Herz er » freut, 
2. Sie hat ein ſchwarzbrauns Haar, 3. Ein Brieflein ſchrieb fie mir, 
Zwei Yeuglein die find Kar. Ih foll treu bleiben ihr; 
Sie hat mit ihrem Rofenmund, Drauf ſchick ich ihr ein Sträußelein 


Aus lauter Lieb mein Herz verwundt, Bon Rosmarin und Nägelein, 
Hat fie, hatfie, hat fie mein Herzverwundt. Sie foll mein eigen fein! 


385 


4. Mein eigen foll fie fein, 
Kein'm Andern mehr ald mein. 
So leben wir in Fried und Freud, 
Bis uns der Tod von einander fcheibt. 
Ude, ade, ade, mein Schatz, leb wohl! 


Bielfah mündlih aus dem Naflauifhen (Lahngegend) und im Taunus um 1880. 
Sehr ähnlih Scherer, Jungbr., Nr. 57, aus dem Würtembergifchen. 


Abweihende Ledarten: 1,1 folget Freud, 
Weiß mir ein a Schäpelein. 
Haar. 2,3 Ihr hübfcher 
wie Feuer gar (Scherer). 
Hübic 


1, 2 ich lieb mein Schap allzeit. 1,3 
1,5 die mir. 2,1 Sie hat ein goldgelbs (blondes, rothgelb) 

und, ihr rother Mund bat mir mein Herz im Leib verwundt, es brennt 
3,1 Sie woll treu bleiben mir. 4, 5 Ade, ade, ade, feind Schägelein! 
ift die Faffung aus der Bavaria III, ©. 997, von einem Bauernburſchen im Wirthö- 
haus zu Merkendorf 1860 vorgefungen: 


1. Auf Trauern fotgt bald Freud, 
Das tröft und allezeit. 
Mei mir ein ſchönes Mägdelein 
Mit zwei ſchwarzbraunen Yeugelein, Ihr Rödelein fein gezieret, 
Die mir mein Herz erfreut. Und alddann — wie fchautd mid an! 
3. Schöne Scleicherlein®* hat fie an, 
Die ftehn ihr gar gut an. 
Geht fie ded Morgens über die Gaſſen, 
Schau ich ihr nah und fannd nicht Laffen, 
Dieweil fie mir's hat angetban. 


* Shleicherlein = Schuhe ohne Haden. 


2. Schöned Müplein hat fie an, 
Das fteht ihr gar qut an. 
Ihr Brüftelein die fein gefchnürt, 





9099, SHtändıhen. 


Aus der Gegend von Frankf. a. M. 
nn — —— 
m ann 


Ach, Ihönfter Schap ver» zeib es mir, daß ich fo ſpat bin kom⸗-men; 


Sehr mäßig. 









doch 





bei » Ge Lieb zu dir mich noch da =» zu ge» zwun⸗gen. 


2. Ach ſchläfſt du ſchon, wenn ich jet fomm, 
So fanft in deinem Bettchen, 
Sp möcht ih did gar inniglich 
Mit meinem Liedlein mweden. 

3. Erwed id did, erfchred ich Dich, 
Sp thuts mein Herz erbarmen; 
Gern läg ich dir, o ſchönſter Schat, 
Im deinen beiden Armen! 


4, Dein zwei ſchwarzbraunen Yeugelein, 
Die gar fo freundlich bliden, 
Sollt dir daran geſchehn ein Leid, 
So fpräng mein Herz in Stüden. 

5. Der große Gott vom Himmelsthron, 
Der Alles thut regieren, 
Der Himmel und Erd erfhaffen bat, 
Wird und zufammenführen. 


. aus der Gegend von Frankfurt a. M. bei Erf, Liederh, Nr. 93. Mündlih aus dem 
Itgrunde: Wolff, Halle der Völker. 1837. Bd. II, ©. 167, ohne 5. Strophe. Vergl. Wh. IL, 13. — 
Ganz ähnlicher Text bei Hoffmann, ſchleſ. DL. Nr. 65. 


Ert u. Döhme, Liederhort. II. 25 


386 


9099, Bitte um Gegenliehe, 
1. Ach ſchönſtes Kind auf diefer Erb, 4, Wenn ich dich ſeh fpazieren gehn 


Thu mirs doch nicht abfchlagen! Wohl auf und ab im Zimmer, 
Wenn ich bei dir verflaget werd, :|: Und wenn ich dich nicht haben kann, 
Thu mir fein Zom nicht haben. Kein Andre mag ich nimmer. 

2, Die Leut find ſchlimm, fie reden viel, 5. Das Blümelein Vergiß nit mein 
Das wirft du felber willen, Soll dir verehret werben; 
Und wenn ein Herz das andre liebt, Das Blümelein fol bei dir fein, 
Thut e8 die Leut verbrießen. So lang die Lieb wird währen, 

3. Schön bin ich nicht, das weiß ich wohl, 6, Der große Gott im Himmel brobn, 
Haft in mir fein Bedenken: Der Alles kann regieren, 
Ehrlih und fromm ift mein Reihthum, Der Himmel und Erd erihaffen Hat, 
Mein Herz will id dir ſchenken. Wird und zufammenführen. 


Nach einem bandfchriftlichen Liederbuh von 1750 bei Erf, Liederh. Nr. 93*, 


960°, Augentrof, 


Sehr mäßig. Mei. bei Erf, Lohort. Rr. 94. 


















fen! Du haft mir ja die Er ver « fagt, haft mir mein Herz fo jhwer ge 





macht, kann bei ner nicht ver» gef = fen. 


1. Ach ſchönſter Schag, mein Augentroft, 2. Des Morgens wenn ih früh auffteh, 
Haft meiner ganz vergeflen? Die Sonn geht auf mit Strahlen, 
Du haft mir ja die Treu verfagt, Seh id mein Schatz ſchneeweiß gefleibt, 
Und mir mein Herz fo ſchwer gemacht, So hüpft mein Herz vor lauter Freud, 
Gänzlih Haft mich verlafien. Bor lauter Lieb und Freude. 


387 
3. Des Abends wenn ich fchlafen geb, 5. Ich trag ein Ring an meiner Hand, 


Denk ih an jene Stunde, Darin da fteht dein Name; 
Denk ih wohl in dem Herzen mein: Und wenns von Gott verorbnet ift, :]: 
Wo wird mein Schat, mein Engel fein, Sp kommen wir zufammen. 


Den ih fo trenlich liebe? 
4, Die Lent find ſchlimm, fie reden viel, [6.Nun wünſch ich dir ein’ gute Nacht 


Das wirft du felber willen; Und alles Wohlergehen, 

Und wenn ein Herz das andre liebt, Ein’ ſüßen Schlaf, ein fanfte Ruh, 
Und keins dann eine Faljchheit übt, Ein angenehmen Traum dazu; 

So thuts die Leut verbrießen. Nah Haufe muß ich gehen.) 


Vielfach mündlich aus dem Odenwald, aus der Gegend von Franffurt a. M. und Gießen ꝛc. 
Erf, Liederhort Nr. 94. Schon in Ert’d Voltsl. II, 6, ©. 26. Auch ähnlich bei Hoffmann, 
ihlef. DL. ©. 97. Simrod, S. 276. Amold, Boltil. M, ©. 610. Scherer, Jungbr, Rr. 63. 
Kürzerer Text, blos 3 Strophen in der Wünſchelruthe 1818 aus dem Paderbornfhen. Das Lied 
von Strophe 2—5 handelt von treuer Liebe, ift ein Ständchen an die Geliebte; dazu will 1. Strophe 
nicht recht paffen! doch iſts mit ſolchem Borwurfe nicht ſchlimm gemeint. 


Barianten: 1, 1 Anfang auch: „Schönfterr Schap — Schatz) mein Augentroſt.“ 
2,2 Geh aus auf grüner Heide. 2,5 Vivat, ihr Brüder alle! Strophe 5 ift aus dem ältern 
Liede, das voranftebt, ge Strophe 6 fteht bei Erf unter Anmerkungen. Sie fommt 
auch vor in dem Liebe: D Engel, allerihönftes Kind, Str. 5 aud dem Nafjauifchen 1874 fo: 
„Hier haſt du ein Ring von feinftem Gold, darin ftehn zwei Namen; wenn ed von Gott verordnet 
ift und in der Lieb kein Falfchheit ift, fo fommen wir zufammen. 


J Augentroſt (Euphrasia offieinalis) eine Wieſenpflanze, die ihren Namen der ihr zu 

gihrie enen Heilkraft bei Augenfrankheiten verdankt; ihre befcheidene Blüte fällt wenig in die Augen. 

er —— wird ſeit dem 16. Jahrhundert in der Dichtung gebraucht für Liebchen, für das, was 
man gern flieht. 


860°. Gott wird uns zufammenführen. 
Etwas langfam. Lahngegend und Weitfalen. 


Sr m — — — 
Ei 





Ich gieng einftmald ums Haus ber » um und [hlih mib an den La⸗-den: Schön 


————— — — — —— — —— 
Freeze Bears ss: 


Schäpelein, fieh auf und laß mid hersein, ich kann ja nicht länger mehr war=ten.‘ 














2., Ich mad dir nicht auf und laß dich nicht herein 
Die Thür ift zugeſchloſſen; 
Und daß du geftern Abend bei 'ner Andern bift geweſ'n, 
Das hat mich fo fehr verbroffen.” 

3.,Die Leut fein ſchlimm, fie reden viel, 
Das wirft du felber ja wiflen; 
Und wenn eins das andre von Herzen liebt, 
Das thut ja die Leute verbrießen. 

4, Hier hab ich ein'n Ring von feinem (feurigem) Gold, 
Darinnen ftehn zwei Namen, 
Und wenn es ja von Gott verorbnet ift, 
So kommen wir beide zufammen, 


25* 


388 


5. Der große Gott vom Himmel herab, 
Der Alles thut regieren, 
Der Erd und Himmel erfhaffen hat, 
Der wird ums zufammenführen. 


Mebrfah mündlich und fhriftlih aus den Rheinlanden bei Beer Nr. 54. Ziemlih gleich 
aus Weftfalen 1874 durh Dr. Crecelius. Gehört eigentlich unter die Fenftergang-kieder. 

Abmweihungen: Anfang a) in den Rheinlanden auch; Ich lief zweimal umd Haud 
berum, das dritte mal vor den Laden x. b) Kreis Weplar: „Ich dab meine Shönfte 
fpagieren gehn, mein Herz that ſich erfreien. e) In Weftfalen nnd Rheinlande: Ih ging 
einftmald am Fenfter berum. d) Bei Mündel, Eif. BL, 34: Dreimal um das Häufe- 
lein herum und drei mal um den Raben. 


61, Alles ſteht in Gottes Hand. 


Erfte Melodie, 
Schr mäßig. Aus dem Lahn u. Dillfreis. 


— — —— — 
Be EA ee 
= — — By 














D Enz=gel, al » ler⸗ſchön⸗ſtes Kind, ſieh doch wie ich mich krän⸗ke! Mein 








Herz das fpringt, mein Blut das rinnt, fieb doh wie ib mih quä » le! 


Andere Melodie. 
Sehr mäßig. Aus dem Odenwald. 





D Enegel, al + lerefchönsfted Kind, fieb doch wie ich mich quä » Te! Mein 





Herz das rinnt, dad Blut raudfpringt, o En-⸗gel al »Ter-fhöndtes Kind. 


2. Du haft mir ja die Treu verfagt, 3.3 hoff ja bald in kurzer Zeit 


Haft mir mein Herz fo ſchwer gemadt! Ein’'n andern zu befommen; 
Wie betrübt ih bin, wo foll das hin? Der foll ja fein fo hübſch und fein, 
Mein Schag ift mir genommen. Biel ſchöner als die Sonnen. 


4.93 hab ein Ring in meiner Hand, 
Darinnen ftehn zwei Namen; 
Und wenn e8 Gott fo haben will, 
Sp kommen wir zuſammen. 


Erf, Liederhort Nr. 95, Tert und zweite Melodie: aus dem Odenwalde (Alsbach und Rhein 
beim) und der Wetterau. Ebenſo Erf I, 6, Nr. 1. Dasfelbe Lied mit erfter Melodie aus dem 
Lahn- und Dillfreife 1880 durch Wolfram. Text auch aus Hanau bei Mittler, Nr. 618. — Die 
Melodie bei Erf gehört zum Liebe: „Auf diefer Welt hab ich fein Freud.” Die untergelegte 1. Str. 
ift im Reim verfehlt. 


Abw ——— Folgende ſtörende Strophe vor der legten findet ſich in allen Terten, der zu⸗ 
olge das Lied ald Klage eines Burſchen in der Fremde erſcheint: „D Franfreih, du verwünſchtet 
and, hätt ich dich nicht gefunden! Mein Schap ber ift fo weit von hier, ich zähle und Stunden.” 


389 
962*, Botſchaft durch die Nachtigall. 


Maͤßig. Mel. aus dem Coburgiſchen. 







Mein Ber » lan»gen ſteht al » lein zu dem Hetz⸗al⸗-ler-lieb-ſten mein. 


2. Wer fchreibt mir ein Briefelein 4, Merk nur fleißig, was er rebt, 
An den Herzallerliebften mein? Ob er fi entfärben thät; 

Ob er ift frifch umd gefund, Db er weinet oder ladıt 
Ob no lacht fein rother Mund? Ob er meiner gar nicht acht. 

3. Schwing did auf, Frau Nachtigall, 5. Ob er meiner gar nicht acht, 
Grüß meinen Schag vieltanfendmal! Wünfh ihm eine gute Nadıt. 
Grüß mir ihn aus Herzensgrund, Kehr dich um und flieg davon, 
Wünſch ihm, daß er bleib geſund! Untreu befommt doch ihren Lohn.“ 


Melodie und Zert: Erf, Liederhott Nr. 127. Das Gedicht nah fl. Blättern um 1750 und 
dem „Bergliederbüchlein“ um 1740, ©. 110, wo der Tert beginnt: Jetzund fällt die Nacht herein.” — 
Die Melodie mit erfter Strophe zu einem Volksliede mündlih aus dem Coburgiſchen bei Erk L 4, 
Nr. 22, Dieſes Lied vom Thüringer Walde, mitgetbeilt von Dr. Hohnbaum in Hildburghaufen, 
bat aber andern Berlauf, handelt vom Beſuch bei der Liebften. — Die Melodie hat die Grundzüge 
von: „Bas fann einen mehr erfreuen, ald ein angenehmer Wald?" — 


T Der Gruß der Nachtigall (Str. 3) fommt in zahllofen Bolfslieden vor. Vergl. Woh. LI, 
217 (n. 9. DL, 220). Auch in Goethe's Fauſt: Scene in Auerbachs Keller, wo Frofh fingt: 
„Schwing dih auf, Frau Nachtigall, grüß mir mein Liebchen zehntaufendmal.” 


62’. Botſchaft. 


1. Jetzund fällt die Nacht herein, 4. Schwing did auf, Fran Nachtigall, 
Menſchen und Vieh ſchlafen ein, Grüß mir mein Schätzchen tauſendmal, 
|: Menſchen und Vieh haben Ruh Grüße fie aus Herzen⸗Grund, 
Schließen ihre Augen zu. :] Wünſche daß fie bleib geſund! 

2. Hoffnung, Hoffunng komm nur bald, 5. Hör' ob fie ſich reſolvieret 
Meines Herzens Aufenthalt, Oder ſich von ferne zieret, 
|: Mein Verlangen ſteht allein Ob fie feufzet oder lacht, 

Zu der Allerliebften mein. :| Oder meiner gar nidt adıt. 

3. Wer fohreibt mir ein Briefelein 6. Sie ift weiß und ich bin ſchwarz, 

Un die Herzallerliebfte mein? Dennod bleibt fie mein taufender Schatz 
Ob fie no frifh und gefund, Und wenn fie glei meiner nicht acht, 
Ob noch lacht ihr rother Mund. Wünſch ih ihr eine gute Nacht. 


7. Öute Naht, mein Schägelein! 
Weil e8 muß gefhieden fein, 
Will ich bedienen deinen Mund 
Tauſendmal in einer Stund. 


Berglieverbüdlein, ca. 1740, Nr. 91. 


390 
563. Ber leichtfertige Liebhaber. 


Mäßig geſchwind. Aus dem Heffen-Darmftädtifchen. 





Ich ging durh ei» nengrad»grü.« nen Wald, da hört ich die Bö «ge» fein 





in dem Wald, die bör ib fo ger» me wohl fin » gen. 


2. Stimm an, ftimm an, Frau Nachtigall! 
Sing mir von meinem Feinsliebchen, 
Sing mir es fo hübſch, fing mir es fo fein: 
Zu Abend da will id bei ihr fein, 

Bill Schlafen in ihren Armen, 

3. Der Tag vergieng, die Nacht brach an, 
Feinsliebchen das kam gegangen; 

Es klopfte fo leife mit feinem Ring: 
‚Mad auf, mach auf, herzliebftes Kind, 
Ih hab es ſchon lange geftanden!‘ 

4. „So lange geftanden das haft du nicht, 
Ih hab ja noch nicht geichlafen; 

Hab immer gedacht in meinem Sinn: 
Wo ift mein allerliebft Schätzchen Hin — 
Wo bift du fo lange geblieben?“ 

5., Wo ich fo lange gewefen Bin, 

Das kann ih dir Schätzchen wol fagen: 
Wol bei dem Bier, wol bei dem Wein, 
Allwo die [hönen Mädercher fein, 

Da bin ich auch jederzeit gerne.‘ — 

6. Ihr Yungfern nehmt euch wol in Adht, 
Und traut feinem Yunggejellen! 

Sie verſprechen euch viel und haltens nicht, 
Sie führen euh alle nur hinter das Licht 
Und thun fih nur immer verftellen. 


Erf, Liederbort Nr. 97; vorher Erf IL, 1, 26: aus dem Heffen-Darmftädtifchen. Ebenfo im 
Naffauerland 1885. Aus Franken bei Scherer, Jungbr. 115, bis auf einige Worte gleich. — Weni 
abweichend: Ich ging mit Luft dur einen grünen Wald: Wph. IIL, 1806, ©. 83. Dana 
&imrod 282, Kern Zerte: Pröhle ©. 59: Der leichtfertige Liebhaber „Ih gieng fpazieren durch 
den Hein“. — Ditfurtb II, ©. 11 ffenbergigteit) — A. Wolf, Egerland 56. Zurmüßlen ©. 106. 
Krepfchmer II, 212, überarbeitet. — Die Ueberfchrift bei Erf: Waldwöglein, bei Scherer: Erfahrung. 


Barianten: 2, 2 Frau Nachtigall. 3,3 klopft leiſe an den Ring d. h. hier; an den 
Thorring, zum Aufmachen der Thür dienend. 5,4 bei einem garten Jungfräulein. 5,5 Bald 
hätt ih dich Schägchen vergefjen — und Pröhle),. 6,3 Sie verſprechen auch viel und halten 
fein Zbeil, fie führen euh am Narrenfeil, fo machens die Schelme alle (Pröhle). 6, 5 Sie ſuchen 
euch hinter dem närrifchen Spiel (Erf). 





4So viel Stem am Him⸗mel fte » ben [an dem goldnen blau » en den) 
So viel Schäf-lein ald da ge= ben in dem grü= nen, grü« men Feld; 





mal fei du ge =» grüßt, fo viel mal ſei du ger grüßt! 


2. Soll id denn nimmer fehen 4. Mit Geduld will id e8 tragen, 
(Nun ih ewig ferne muß?) (Denk ih immer nur zu dir;) 
Ad, das kann ich nicht verſtehen Ale Morgen will id fagen: 
D du bittrer Scheidensſchluß! D mein Schag, wann fommft zu mir? 
Wär ich lieber ſchon geftorben, Ale Abend will ih ſprechen, 
Eh ih mir mein Lieb erworben, Wenn mir meine Yeuglein brechen: 
Wär ich jetzt nicht fo betrübt. D mein Schat gedenk an mid! 

3. Weiß nicht, ob auf diefer Erden, 5. 9a, ich will dich nicht vergeflen, 
(Die des herben Jammers voll) (Enden nie die Liebe mein ;) 
Nah viel Trübfal und Beſchwerden Wenn ich follte unterbeffen 
Ich dich wiederfehen foll! Auf dem Todtbett fchlafen ein. 
Was für Wellen, was für Flammen Auf dem Kirchhof will ich liegen, 
Schlagen über mir zufammen, Wie ein Kindlein in der Wiegen, 
Ad, wie groß ift meine Noth! Das die Lieb thut wiegen ein. 


Ein in diefer Form in ganz Deutfchland gefanntes Lied, dad nur zum Theil wirkliches Volks— 
lied ift. Der Tert fteht zuerft im Wunderhorn II, ©. 199 in zehn breigeiligen Strophen, ohne 
die bier eingeflammerte zweite Zeile in jeder Strophe. Daber Abdr. bei Simrod Nr. 124. Scherer, 
—— 76. Die Zufäpe erfolgten der Melodie halber zuerſt im Teutſchen Liederb. f. Hoch— 
—— Stuttg. 1823, ©. 435. Mit dieſen Einſchiebſeln ging das Lied in alle neuern Sammlungen 
über: Silcher 1,Rr. 10 (1825). Kregfchmer I, Nr. 76. Abein. Märlein 92. Erf, Liederhort Nr. 59, 
[sgar in die neue Ausgabe ded Wunderbomd II, ©. 198. (1845.) Die alte Form fteht noch im 

b. für deutfche Künftler 1838, ©. 139 und in »Lenore« von Holtey 1828 (So viel Blumen als 
da fliehen). Die Melodie ift nicht gleichaltrig mit feinem Texte, fondern war eine feit 1809—1814 
viel gefungene Soldatenmelodie: „DO du Deutiäland, ih muß marfchieren.” Sie wurde 1823 dem 
Liebesliede angepaßt und zu dem Zwede die Tert-Einfchiebfel angebracht. 

Nach der Kritit Bilmard (Handbüchlein 182) ift in unferem Liede nur 1. 2. und erfte Hälfte 
der 4. Strophe Volksgut, alles übrige ift Kunftdichtung dur die Herausgeber des Wunderhorns. 
Die 3. Strophe in zweiter Hälfte enthalt fogar eine Reminidcenz eined Gedichted von Ganig (+ 1699) 
auf den Tod feiner erften Frau. 


Barianten: 1,2 An dem blauen Himmelszelt. 1,4 grünen, weiten Feld. 2,1 nun 
ih in die Ferne muß. 2,6 ein Lieb erwerben. 2,7 wär ich jepo nicht betrübt. 4,2 daß 
ih fem muß fein von dir. 5,7 das ein Lieb thut wiegen ein. 


392 


865. Geld ift die Lofung. 
| Mäßig. Schleſiſch. 











1. Mad⸗chen, hei = rath' nicht zu früh, ſteck dich nicht in Sorg und Müh! 





lern ein we⸗nig Höf-lich-keit, warste nur, warete nur, warete bis ge leg · me Zeit 


2. Wenn die Burſchen dich lachen an, 3. „Ach wer hätte das gemeint, 


Dent du nicht, fie woll'n dich han; Daß ihr falfche Freier ſeid, 
Denn fie find vol falſcher Lift, Die die Tugend laflen ftehn 


Geb'n gute Wort :]: und haltens nicht. Und nad :|; taufend Thaler gehn. 


4. So ift feiner mehr auf der Welt, 
Der mid) liebt und nicht das Geld. 
Ei fo ſei er nicht mein Freund, 
Der das Geld :|: und mich nicht meint.“ 


Hoffmann, Schlef. VL., Nr. 62. Das Lied wurde aud mit folgendem Zufag gefungen: 


Denfft du denn du Darte, Denkt du denn, du Nafeweiß, 
Daß ich nah dir harre? Daß ih mih um Kr res" 
So ein Kerle wie du bift Ich dreb mich um, ich lach dich aus, 


Wächſt auf unferm Pferbemift. Und ſuch' mir wieder 'n Andern aus. 


966. Liebesbetheuerung. 


Mäfig langſam. Brandenburgiſch. 





Mäd- chen, wenn ich dich er.-blit- fe, hab ih kei-—-ne Ru-he mehr, 





je « der Tag und je + de Stun- de it für mich gang freu-den =» leer, 


Andere Lesart. 
Wefterwald, Lahn- u. Dillkreis, — — u. —— 1880— 90. 


Ziemlich bewegt. 









GEH HE 
— — 
(N) 
Mäd-hen, wenn ic dich er-blil» ke, find ih feiisme Ru » be mehr; 


a a er — 
— An 


jeden Tag und je » de Stun-de iſt meinser von Freu «- den leer. 
" Bariante im Odenwald, 





ar 














je » den Tag und je «+ de Stun « de hab ih fei» ne Freud nicht mehr, 


393 


1. Mädchen, wenn ich dich erblide, 5. Alle Leute, die dich haſſen, 

Hab ich feine Ruhe mehr; Sagen dies und jen's von dir, 
Jeder Tag und jede Stunde Sagen all, ich foll dich laſſen, 
Sind für mid ganz freubenleer. Und mein Herz nicht ſchenken dir, 

2. Wo ich gehe, wo ich ftehe, 6. Aber ich Habs längft geſchworen, 
Liegt mir ftetd mein Schag im Sinn; Daß ichs treu von Herzen mein; 
Seufzer ſchick ih im die Höhe, Dich Hab ih mir auserkoren, 
Thränen ſchick ich zu dir Hin, Ohne dich kann ich nicht fein! 

3, Kommft mir zwar aus meinen Augen 7. Ja fo lang das Wafler rinnet 
Aber niht aus meinem Sinn; Und die Berge tragen Wein, 
Kannft es mir in Wahrheit glauben, Und fo lang das euer brennet 
Daß ih in dich verliebet bin. Soft fürwahr mein eigen fein! 

4. Die erfte Liebe geht von Herzen, 8. Sollt ich aber unterbeflen 
Die zweite aber brennet heiß: Auf dem Todbett fchlafen ein, 

D wie glüdlih ift der Yüngling, Kannft auf meinem Grabftein lefen: 
Der von feiner Liebe weiß! Schönfter Schatz, vergiß nicht mein! 


Zert und erſte Melodie aud dem Brandenburgifhen: Erf III, 1,73. Text bie auf die 
4. Strophe gleih bei Scherer, Jungbr. 71: aus der fränfiihen Schweiz. Aus Schlefien ähnlich 
Hoffmann Nr. 160 (ohne 4. und 6. Strophe). Vielfach bandfchriftlih, weniger vollftändig aus 
Thüringen (1850 von Profeffor R. Hildebrand aufgefchrieben), aus dem Odenwald 1852; aus dem 
Wefterwald, Lahn: und Dillfreife und der Wetterau 1880 — 1890. — Einzelne Strophen dieſes 
Liedes find auch anderen Liedern einverleibt, * „Hilf, o Himmel ih muß ſcheiden“ (Erf U, 
4/5 Rr. 56), „Ah in Trauern muß ich leben” Erf, Roh. 365). Unmöglid bleibt darum, die 
Beftandtheile unfered Textes zu beftimmen. 


Barianten: 1,1 a wenn ich dich erblide, hab ich feine Ruhe mehr ıc. (aus 
Trebbin 1866). Strophe 4, 1 Treue Liebe gebt von Herzen, treue Liebe brennet heiß (Schlefien). 
Stropbe 4 bei Scherer: „Hörft du nicht die Bögel pfeifen, draußen auf der grünen Heid? Die 
werden dir die Botſchaft bringen, daß mein Herz dein eigen fei.” 


967. Troft in der Kerne, 


Neueres Volkslied uach 1840, 





1. Bon dir ge⸗ſchie⸗den bin ih bei dir, wo du auch wei = left 





bift du bei mir. Bon dir zu laſ⸗ſen vermag ih miht, o du mein 





Al» led mein Re » bend» licht. 


394 


2, Nur dein gedenk ich, bin ich erwacht, 
Du bift mein Traumbild in ftiller Nadt; 
Am blauen Himmel feh ich dein Bild, 
Im Sternenfhimmer ftrahlft du mir mild. 


3. Singt dort im Heine die Nachtigall, 
Hör id, Geliebt, dein’ Stimm erfhalln; 
Der Blumen Balfam bringt deinen Gruß, 
Die Lüfte fäufeln mir deinen Ruf. 


4. Ach, ich muß ſcheiden, muß weiter fort, 
Ich Hör nicht mehr dein ſüßes Wort! 
O ſel'ge Stunden, o kurzes Glüd, 
Bringt keine Sehnfuht mir je zurüd! 


Lied 1849 von fühl. Soldaten bei ihrem Aufenthalt in Thüringen viel gefungen. 
Noch 1880 mit einigen Abänderungen und Zufägen im Lahnthal und am Mittelrhein 
gehört. Andere Melodie in Hagen's handfhriftliher Sammlung (1840—42) mit 
blo8 2 Tertftropben. 2. Erf, der das Gedicht ind Jahr 1840 fest, hat ihm eine 
alte Melodie von 1807 angepaft (f. deflen Liederſchatz III, Nr. 165). 


Abweichende Lesarten: 1,2 meil ich bei dir. 1,3 dich zu verlaſſen, o hart Ge⸗ 
fit, du bift mein Alles mein einzig Glück! 2,2 du bift mein Sternlein in dunfler Nacht. 
3,3 Hör ih im Heine die Nachtigall, iſts deiner Stimme geliebter Schall. 


968. Maädchentreue. 


Ernfl. Mel. aus Schlefien, Brandenburg, Meiningen u. Heſſen (Wetterau). 





Wah » re Freundſchaft foll nicht wan « fen, wenn man gleih ent»fer » met 





ift, weil man doch in dem Ge » dan « fen die ent⸗ 


fen » te Freundsfchaft füht. 


Barianten, 
1. Thüringen, 





1. Wahre Freundſchaft fol nit wanten, 2. Keime Ader fol mir ſchlagen 
Wenn man gleich entfernet ift, Wo ih nicht an dich gedacht; 
Weil man doch in dem Gedanken Für dich werb ich Liebe tragen 
Die entfernte Freundſchaft (Freundin) Bis in tiefe Todesnacht. 

füßt. 


395 
3. Wenn der Mühlſtein träget Heben, 5. So nimm benn hin vom blafien Munde 


Und daraus fließt füher Wein, Den Abſchiedskuß, der weinend fpricht, 
Wenn der Tod mir nimmt das Leben, Und denk an diefe Trennungsftunde 
Hör ich auf dein Freund zu fein. O einyger Freund, vergiß mein nicht! 
1. Jetzo fhlägt die Trennungsftunde, 6. Im Stillen werd ih Thränen weinen 
Reißt gewaltfam mid von dir; Und träumend dir zur Seite ftehn, 
Es Schlägt zu früh die Scheiveftunde, Und feh ich Gottes Sonne feinen 
Ad, ich fand mein Glück in dir! Werd ich für dich um Segen flehn. 


Tert und Melodie aus Schlefien: Hoffmann Nr. 108. Ziemlich gleih, nur mit Verſetzung 
der Strophen bei Erf I, 6, Rr. 25 aus Meiningen, Heilen, —— Mit ähnlicher Melodie 
aber — in Fink's Hausfhagp. Das Lied ſtammt aus der Mitte des 18. Jahrhunderts und 
war bis um bie Mitte unferes® Jahrhunderts in gang Deutſchland fehr beliebt (f. Hoffmann, 
Weimar. Jahrb. II, 198). 

Störend wirft im diefem überfhwänglichen Liede folgende eiferfühtelnde Zufapftropbe, 
die wir oben audgelaffen: „Wo mag er Bin? wo mag er fteden? Mir abnet nichtd von Ras 
Pe er 2. andern Mädchen fherzen, ich bleib fein Liebchen nur allein! (oder: „fein gutes 

er, t er allein.“) 
Str. 4—6 bilden ein Abfchiedölied, das hier angeſchoben ift. 


569. Bie Freudenloſe. 


Mäfig langfam. In Wet u. Mitteldeutſchland befannt. 





weit, er kommt nicht ber: ah wenn id bei mem Schätz-chen wär! 


Andere Lesart. 
Mäßig. Aus der Wetterau 1892 und dem Odenwald 1890, 















— — * 
Auf Die «fer Welt bab ih Mei« ne Freud, ih hab ein Schatz und der iſt 


———— Ge — —— —— 
——— Ste —— — es 


weit; er iſt ſo weit, ſo weit, über Berg und Thal, ja Thal, daß ich ihn 























nicht mehr ha » ben ſoll. 


Dritte Lesart. 





396 
2.9 ging wol über Berg und Thal, 4.„Ach Goldſchmied, lieber Goldſchmied 


Da ſang ſo ſchön Frau Nachtigall, mein, 
Sie ſang ſo ſchön, ſie ſang ſo fein, Schmied meinem Schatz ein Ringelein! 
Sie ſang von meim Feinliebelein. Schmied ihr es an die rechte Hand, 


Sie ſoll mit mir ind Niederland.“ 


3. Und als ih vor Stadt Wefel fam, 5., Ins Nieverland da mag ich nicht, 
Sah ich mein’ Schaauf Schildwach ftahn; Und lange Kleiver trag ich nicht; 
Da blut’ mein Herz, es kränket fid: Denn lange Kleider und ſpitze Schub, 
„Ach ſchönſter Schatz, verlaf mich nicht!“ Die kommen keiner Dienftmagd zu.” 


a) Tert und erfte Melodie bei Erf, Liederhort Nr. 126°. Vielfach mündlih: vom Niederrhein, 
aus dem Ddenwald, aus Thüringen, Franken, Brandenburg x. b) Aus Schlefien: Hoffmann 
Nr. 136, ziemlih gleih. c) Bom Sn: Pröhle Nr. 37. d) Jungbrunnen Ar. 96, wenig ab» 
weidhend. e) Aus Heffen: Mittler Nr. 983, bis auf wenig Worte mit Erf 6. f) Simrod 
Nr. 127. g) Im Wunderborn III, 81 (Liebeswünfche) find nur 1.—3. Str. ächt. Abdrud des 
Textes daher Simrock Nr. 126. Mittler 984. Erf I, 1, S. 39. h) Vergl. auch Meier ©. 225. 
i) Schade 307, k) Mündlich vielfach aus dem Lahnthal, aus dem Taunusfreis (1880), aus der 
Wetterau 1892, Weftfalen, Hannover und Helgoland (1839): 


Barianten: 1,1 Auf a Erd (Simrod,. 1,3 Erift fo weit in fremde Land (über 
Berg und Thal). 1,4 Daf ich ihm nicht mehr ſehen (ergehen) fann. 2,3 Diefen Abend will 
ih bei dir fein (Qungbr.). 3, 1 Und als ih bin zur Vorſtadt (Wefel, Hannover) fam, wo 
mein Herzliebfter Schi . ftand. — Und als ich in Borftadt fam, ſah ich mein’ Schag auf 
Schildwach ftahn! 3 Mein Fleiſch und Blut verwandelt fih. 3,4 Ah ſchönſter Schag ge- 
den? an mih! 4,3 linfe Hand. 4,4 ind... Schwabenland, Sachſenland, Schlefierland, ins 
fremde Land. 5,3 Schnabelſchuh, gewichſte Schub. 5,4 feiner Armen zu. 
Auf Helgoland fang man zwifchen 3 und 4 folgende vermittelnde Strophe: 
„Berlaffen thu ich dich ja nicht, nein, nein, mein Kind, glaube ficherlich : 
Ich bleibe dir im Tod getreu, ed mag gleich fein, gleich wie es fei. — 


970. Ber traurige Bun, 
Wehmüthig. Bayeriſch Silcher 12, Rr. 4. 









Zu Dir ziebtd mi bin, wo i geb und mo i bin, Hab kei 





Raft und kei Ruh, bin a trausri» ger Bua Wenn i d'Wölh- fl au 





n = 
bitt: nehmts mi auf, nehmts mi mitt, fliesgend fort mit 'em Wind, und Taf» jen 


a — — 
EEE EEE" — —— mu um DE Bun 


trausrig mi da= bint. La la la la Tas» larla a-la a____ 





Sr > = dol. 











la» la» la la la la la la» lasla, ala lal____ la. 


2. Und i weiß no wie heut, 

's bat der Mond ſo ſchön g'ſcheint, 
Biſt no g'ſeſſe bei mir, 

Eh i fort bin von dir; 

Haft mi drudt bei der Hand, 

Haft mi naus zeigt ind Land, 
Haft dei Köpferl an mi g’loint 
Und Haft fo bitterlih g'woint. 


3., Bhüt di Gott, lieber Bua!“ 


Haſt mer gnomme all' mei Ruh; 
Was d' mir Alles biſt geweſt, 
Sag i dir erſt, wenn du gehſt.“ 
Wie's mer des hot ſo gſagt, 
Hots mei Herzerl gwaltig padt, 
Han i dD’Augerl zubrudt, 

Und han die Thräne verfhludt. 


4. Bin gar weit umme g'vennt 
In der Welt ohne End; 
Han di g'ſucht ber und him, 
Find' kei Dienderl meh, wie di; 
Jedem Baum han i's gfagt, 
Jedem Bach han i gfragt: 
Wie's der geht und wie's der is, 
Und ob du denkſt no an mi gwiß. 





Tl. Bes Buben Herzeleid, 


Maͤßig bewegt. Oberbayeriſch. 


—2 
AACCCCCCCCOCCCCCCAMV zur wenn 
— — Er u DE 

AT un 












— 
Da ſteh i hier o⸗ben, ſchau a»ba an' Ge, 
Und nir⸗gends mei Diern⸗derl, drum is mir fo weh. 





Näh und i fuhsin der Weit, aber i konns net fin» be,drum hab i kei Freud. 


2. Sonft hat mi Als ong'lacht, 
Sonft hat mi Als g'freut, 
Es war mir koa Berg z'hoch, 
Koa Weg war mir z'weit. 
Mei Herz war fo ruhig, 
Met G’müth war fo frei, 
Und hätt i's nie g'ſegn, 
Kunnts halt no a fo ſei'. 


3. Und wenn hinter'n Berg na 
D'Sunna 'nab geht ſchö' ftaat, 
Und wenn der ganz Himmel 
Mit Sterneln is b’faat, 

Da tröpfeln mir d'Augn, 

Und i bet’ dann zum Herm: 
Bann geht wol mei Sum auf? 
Dann leudht' mir mei Stem? 


Aus dem bayr. Gebirge: U. Halbreiter, Summlung auserlefener Gebirgslieder. München i 
a zur Nr. 6, Daber Silcher, Volkel. f. Männerft., 10. H. Nr, 12. Scherer, Volkol. 





398 
570. Herzeleid. 


Rabi⸗ Ber: Aus Weſtfalen (Herfurt), dem Dilltreid und Kreid Wetzlat 188090. 




































— 
ak ſteh ib am Bers»ge und’! Herz wird mir bang, Die 
Wie wird mir nah'm Lieb» den die zeit ja fo lang. 
ne A a ae un Sn 
; — 
Beeren 
Bögslein fie fingen, der Kuk— kuk der jhreit, Bier ſteh ih fo ver» 


* varianten in — 


faf = fen, hab nir— genda kin Freud, Freud, 
2 





2.Hab all’ meine Federn abgeftreift von meinem Hut, 
Kann Reine bier lieben, bin Keiner bier gut. 
Sonft hat mich Alles angeladht, ſonſt hat mid Als erfreut, 
Sonft war mir fein Berg zu hoc, fein Weg mir zu weit. 

3. Des Morgens, wenn d’Sonne hinterm Berge aufgeht, 
Und des Abends wenn d'r Himmel fih mit Sternen befät, 
Dann heb ich meine Hände und bete zum Herm: 
Wann geht doch meine Sonne auf, wann leuchtet mein Stem? 


Das Lied ift freie, aber ſchöne Umbildung des vorangehenden Liedes. Mel. eine andere. 


972*. Sonft und jebt. 
Schr mäßig. ſt 8 Aus ° Pofen. 





Ad, Blümlein blau, ver- dor«re nicht! du ftehft auf grü=mer Hei » ben. Du 





as» ber "er ich is mei ben. 


2. Den Ring und den ih hab von dir, 3.Den Gürtel, ven ih Hab von dir, 


Den trag id an dem finger: Den trag ich um die Lenden: 
Du bift einmal mein Schag geweft, Du bift einmal mein Schag geweſt, 
Jetzunder aber nimmer. Nun aber hats ein Ende. 


Mel. und Zert aus es Rawicz (Pojen). Derfelbe Text mit ärmlicher Durmelodie 
bei Hoffmann, ſchleſ. Volkel. Nr. 8 


399 


972°, Blümlein blau, verdorre nicht. 


Aus der Gegend von Lübbenau in der Niederlaufip. 






Ad, Blümslein blau, ver»dor» re nicht, du ftehftauf grüsner Heisdei Du 


bift ein-mal mein Schatz ge - weft, jept a » ber muß ich dich mei« den. 


2. Des Abends, wenn ih zu Bette gb 5. Wol alle grüne Sträucelein 
Gedenk ih an die Liebe, Die wachen aus der Erde: 
Dann ſchwing ich mic) zum Fenfter hinaus Und wenn das Mägblein ein’ Piebften hat, 
Und ſeh ganz leife darnieder. Iſt er nicht weit von ferne. 

3. Ein Andre fah ich bei ihm ftehn, 6. Er kann nicht weit von ferne fein, 
Kein Wort konnt ich mehr ſprechen, Er hat bei ihr gefeflen, 

So möchte mir mein junges Herz Er hat von Gol ein Ningelein 
In taufend Stüden zerbrechen. In ihrer Hand vergeflen. 

4. Und wenn der Hirſch ins Wafler fieht, 7. Das Ringelein, das er vergaß, 
Daraus barf er nicht trinken; Das war zum Unterpfande 
Und wenn der Burfch ein’ Liebfte hat, Und das Berſprechen, das er gab, 
Darf er auf Andre nicht winfen. Das war zum Gott erbarme! 


Tert und Mel. aus der . von Lübbenau in der Niederlaufig. Ganz anderer Inhalt, 
ald der im vorigen Terte. Zu Str. 6 vergl.: Mir ift ein roth Goldfingerlein. 


978*. Kränzelkraut. 
Nicht geſchwind. Schlefiſch. 
Sn u 


Ro »fel, wenn du mei= me wärft, nun ja ja, nun ja ja! und nah mei-nem 







Wil » len thätft,nun ja ja, nu! 


2. „Deinen Willen thu ich nicht, 3. Rofel, pflüd dir Kränzelkraut, 
Nun ja ja! nun ja ae Du folft werden meine Braut! 
Schlag dir lieber ins Geſicht.“ 
Bel at 4, „Kränzelfraut das pflüd ich nicht, 


bin jung und heirath nicht.“ 
5. Bit du jung und heirathſt nicht, 
Bin ih ſtolz und mag dich nicht. 


Hoffmann, ſchleſ. Volksl. Nr. 90. Erf DI, 6, Rr. 41. 


400 


973’. Aränzelkraut. 


Richt zu ſchnell. Aus Rönnebet bei Granſen (Grafſch. Ruppin) 1857, 





viel ver-traut. Di» va di» va, di» ral» lasfat 


2, Biel vertrauen thut jelten gut, 6. Mädchen, pflüd dein Kränzelfraut, 
Ih wünfh mei'm Liebchen alles Gut! Uebers Yahr folft du werden Braut!‘ 

3. Alles Gut und noch viel mehr, 7. Kränzelkraut das pflüd ich nicht, 
Und daß er wieder kömmt zu mir. Ih bin jung und heirath nicht!“ 

4. Kommt er wieder und holet mich, 8.,Bift du jung und heirathſt nicht, 
Die alte Liebe ruftet nicht. Bin ich ſtolz umd nehm dich nicht!‘ 

5, Sie geht wohl neunmal wieder an, 9., Biſt du ſtolz und nimmft mich nicht, 
Eh die alte Lieb verruftern fann. So ſcher id mich den Teufel um dich!“ 


Ganz ähnliches Lied aus Oftpreußen bei Frifchbier, 100 oftpr. BR. 1893 mit der Ueberſchrift: 
Was fi, liebt, das nedt fih x. Anfang: 


1. Mädchen pflüd bir img er Kränzelfraut, dad pflüd ich nicht, 
Du follft werden meine Braut. Ich bin jung und heirath nicht x. (8 Str.) 


878° Kränzelkraut. 


Munter. Märtifh (aus Piepin bei Nauen) 1849. 


— a = — — — 
——— 


Pea-tet-⸗ſil j·je, du ſchö—- nee Kraut, ih hab dem Shäp-chen viel ver⸗traut. 





























| —— 
— — — 5 Ed NT 3 3 W353 del 
— Ha 7 me —— vv 


viel der» traut und noch viel mehr, bid er wie» der-fommt zu mir. 
2. Kömmt he wedder oder nich? 3. Mäten, plüd du Kränzelfrut, 
Alte Liebe roftet nic. Dät ander Jaohr wärft du miene Brut! 
Fläder, Flor und Flunkerſtein, „Kränzelfrut dat pflück id nid, 
So fol der Schelm verloren fein! Id bin fo jung, id frei no nid.“ 


4. Bift du fo jung und freift no nid, 
So bin id korjös umd nehm di nid. 
„Bift du korjös und nimmft mi nid, 
So fer id mi den Diebel um did!“ 


401 


974°. Alte Liebe roftet nicht, 
N Melodie aus der Udermarl. Erf IT, 1, Rt. 27. 


—— 

mu I me ZEN Bu HEERES BEER, 

Di, 112 
dl. 17 17 





Chä»gel gar Vie-les ver» traut; gar Bierled ver» traut und vie-les ver- 





fpriht! Arte Lie-be bie ro»ftet nicht. 


Undere Melodie. 
Sehr mäßig. Aus dem —— Erf II, 1, 26. 


de fo ET 
—— — 


— — — 
— — BER ——— El 
Ta I ——— dd 


Schätzche in Un-gnabfich; in Une gnad fich”, et mich fo fehr, id) 























Ad, was thut * mein — — weil es bei meim 









foll mein Schag ver - laf» fen, und das thut meh. 


2. Peterfilie, du grünes Kraut, — 
Was hab ih meinem Schätche fo Vieles vertraut, 
So vieles vertraut, das ſag ich ihm ja nicht; 
Die alte Liebe die roftet nicht! 


974”, Beterfilie. 


1. Was hab id; meinem Schätlein zu Leide getban? 
Es geht wohl bei mir ber und fieht mich nicht an; 
Es ſchlägt fein Augen wohl unter fid 
Und fieht einen andern Schat wohl lieber als mid). 

2. Peterfilie, du edles grüne Kraut! 

Was bab ich meinem Schätchen fo vieles vertraut; 
Biel vertrauen, thut felten gut, 
So wünſch id; meinem Schäßelein alles Cuts. 

3. Alles Guts und nod viel mehr! 

Ach wenn ih nur ein Stündelein bei meinem Schätzchen wär, 
Ein Biertelftüändden, zwei ober drei! 
Damit wollt ih mit meinem Schatz zufrieden fein! 


Zert aud Wh. III, 105. Birlinger’d Audg. II, 188. Ein Lied ähnlichen Anfang. .Rr. 585. 


Er! u. Böhme, Lieberhort. U. 26 


402 


975. Allemeil kann mer net luſtig fein! 
Tert u. Mel. ſchwäbiſch. Silchet IL, Rr. 6. 





Als les weil fa mer me Tu flig fe, al» Tlerweil bot mer kei 





Freud; al» le» weil liebt mer fei Schä-pele net, Schärperle net, al» lermweil 


bot mer Hei get 


2. Alle Tag, wo-n-i di gfehe han, 
Han i mei Freud ghet an dir; 
Wenn i en Tag lang di |: gar net fi, :] 
Kommeft mer no ſchöner du für. 

3. Aeugele hot fe in ihrem Kopf, 
Grad wie von weitem zwei Stern, 
Wie der Karfunkel im |: Ofe gligt, :] 
Wie na Licht in der Latern. 


Der Bau der Melodie ift frappant: zweimal dreitaftifche Rhythmen, dann 2 vierzeilige. 
Bleihen Anfang hat ein GSoldatenlied. — 


576. Die Vöglein im Tannenwald. 













Tanzliedchen.) 
Mäfiig bewegt. ‚Spwäsifg. 1822. 





Shä ge» Te fein? Börge«» le im Tan- nen- wald pfei«- ft fo heil. 


1. Bögele-n-im Tannewald 2. Bögele-n-am fühle Bad 
Pfeifet jo hell, tirili! Pfeifet fo ſüß, tirili! 
Bögele-n-im Tannewald Bögele-n-am kühle Bad 
Pfeifet fo hell. Pfeifet jo ſüß. 

Pfeifet de Wald aus und ein Pfeifet de Bach auf und ab, 
Wo wird mein Schätele fein? Dis i mein Schätzele hab. 
Bögele-n-im Tannewald Bögele-n-am fühle Bad 


Pfeifet jo hell. Pfeifet fo füß. 


403 


3. Bögele-n-ums Lauberhaus 
Pfeifet fo leis, tirili! 
Bögele-n-ums Lauberhaus 
Pfeifet fo leis. 

Pfeifet fo zart und fei, 

's Schägle wird drinne fei. 
Bögele-n-ums Lauberhaus 
Pfeifet fo leis. 


Schwäbiſches Volkslied. Zuerft befannt durch Silcher, Boldt. f. Männerft., 5. Heft (um 
1835) Nr. 1, blos mit den zwei erften Strophen. Genau fand fih die Melodie in Uhland's 
Nachlaß, vor 1822 aufgezeichnet, aber mit 3 Strophen Text wie bier. Abfchrift durch G. Scherer 
1875 an Erf, Im Liederhort ©. 212 er das Lied nah Silcher. Bei Meier, ſchwäb. Volksl. 
©. 108 wenig abweichend, auch blod 2 Str. — Ueber der Mel. bei Uhland ſteht: Tanz. 


T Erklärung: 1,1 Bögele, plur. Bögelein. 1,2 pfeifet, plur. pfeifen. 


977. Sommerfeld. 
Lebhaft. Ditmarſches Tanzliedchen. 













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HEESESEREGEEEET, Se ÜEESEmEEEE WEEN UNZT Suäziiaiciiieie LT TNERNBEGEESEEe EEE 











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St und mon Lyd- bet wilt Sumsmer-feld gaen, [Sumsmer-feld gaen], wilt 









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A » BEER 1» — ⏑ V»O»LAä—,,—O — 
ET dd I 7 Sm EEE ı. IMMER .. HERESEREEEN ,, TE 
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hof» fen und bin» den, als an» der Lüd’ doen. 


2. Ander Lüd' hoffet und bindet dat Koern, 
I und mym Lysbet fittet achter den Doern. 


3. Ahter den Doern daer waßt mael ſchoen Kruud, 
Daer bind it myn Lysbet een Krenzelyn uut. 


Mel. und Tert: Niederd. Liederb, Hamb. 1884 Nr. 38. Text fhon bei Müllenhoff, Sagen 
x. 1845 ©. 49%. 


Dbgleih das Lied aud den Ditmarſchen ftammt, fo ift doch die Melodie dem alten fcherz- 
haften Studentenliede angehörend: 


„Lepus = der Safe, sedebat = er ſaß, 
in herba = im Graſe, edebat und fraß.” 


Letzteres ſ. Dr. Polle, Ban, Iuftiged Liederb. Dresden 1877, Nr. 163, 


T Erklärung: 1,1 gaen = gehn. 1,2 wilt hoffen = wollen häufeln; Lüd — Leute. 
doen = thun. 2,2 —* achter den Doern = ſitzen hinter der Dornenhecke. 3,1 waßt = waächſt, 
ſtruud — Kraut, 3,2 uut = daraus. 


26* 


404 
978. Liebe und Sehnſucht. 


Etwas Tangfam. Melodie um 1820 bekannt. 





ja, ja, weißt nicht, wie aut ih dir bin! 


2. So, fo wie ich dich Tiebe, 3. Dod, doch darf ih dir trauen, 
Ss, fo liebe aud mid)! Dir, dir mit leihtem Sinn? 
Die, die zärtlichſten Triebe Du, du fannft auf mid bauen 
Fühl' ich allein nur für Dich! Weißt ja, wie gut ich Dir bin. 


4, Und, und wenn in der ferne 
Mir, mir dein Herz erfcheint, 
Dann, dann wünſch ich fo gerue, 
Daß uns die Liebe vereint. 9a, ja ꝛc. 


Neuered Volkslied, um 1820 in Norddeutſchland entftanden. Mel. von Par vierftimmig ge 
fegt (1820), aber nicht von ibm componirt. Vergl. Erf, Germania Nr. 215. 


979. Geänderter Vorſatz. 


1. Es wollt ein Burſch auswandern — Auf diefer weiten Erde — 
Nicht wich von feiner Seit Früh brach der Eltern Blick. 
Ein feines holdes Mädchen 4. D 
rn , . Du wußtelt, daß ich arm war, 
Einft war's feine liebte Freud. Haft dennoch mic) geliebt! 
2.„Kehr um, du hübſches Mädchen, Gabft du dein Herz 'ner Audern, 
Kehr um, geh nicht mit mir! Du hätteſt mich nimmer betrübt.” * 
Die Augen gehn mir über 5. D 
—“ .Der Burſche reiht die Rechte 
Kann reden nicht mit dir. Mit Seuſen und mit Flehn: 
3. „Ich bin verlaflen, alleine, „Bergieb, vergieb, Herzliebfte, 
Du warft mein Schug, mein Glüd Ih kann nicht von dir gehn!“ 
Als weftfälifches Volkslied zuerft ne in D. Weddigen, Gefammelte —— L Bd. 
©. 60, Minden 1884. Ein ähnliches Lied bei A. Müller, Volkslieder aus dem Erzgebirge 1883, ©. 88: 
1. Es wollt ein Burfh auswandern, Bin verlaffen von den Leuten 
.. — er es Als wie ein verlornes Blut. 
ein hen gab ihm das Geleite, 4. Du baft gewußt, daß ich arme bin, 
Das war ihm jein liebſte Freud’, —A * — verliebt ? 
2., Kehr um, du hübſch feind Mädchen, Hättft du dein Herz einer Reichen angehängt, 
r PR geh nn — mit mir! Du bätteft mich nicht fo betrübt!“ — 
eine Augen gehn mir über, 5, ichte ihr fei h 
Kein Wort kann ich reden mit dir.‘ — —— ab alt Penn em 
3. „Ich bin ein armes Klöppelmädchen, „Der liebe Gott helf dir weiter! 


Hab weder Geld noch But, Ih komm ſchon wieder nah Haus.” 


405 
980. Bas gebirgiſche Mädel. 


1.9 bin a gebirgiſches Mabel, 4. Un Suntig da thu ich mich puße, 
Ka Hippeln unn halt immer gut; Nachd hör ich de Predigt mit aa; 
Wie dreh ich mei Klippel, mei Fadel — Nachd gieh zum Schatele hute, 

Sp arm id bin, ha ih doch Mut. Da ſchau mer anonder ſchie aa. 

2. Ardäppeln ha ih auf men Tifchel, 5. Ka ich glei net finge unn rede, 

Ra Schminkele Butter derbei, AS wie's drin im Predigtbuch ftieht, 
Doch bin ich gefund wie a Filchel, Sp fann ich doch finge unn bete 
Breng niemals kaan Doctor was ei. U mannichs gebirgifches Lie. 

3. Daderzu hab ih aan a nei's Häubel, 6. Unn wenn ih aham bin gegange, 
Das is neimodifh unn ſchie. Guckts Schatzel mich ſehnerlich aa 
Das Hemmel, Kaſchettel unn Leibel Unn fragt mich gar oft voll Verlange: 
Hab ich gemangelt heut früh. „He, fag mers när brauchſt d'dä fen Maa? 


Alft. Müller, Bolkölieder aus dem Erzgebirge 1883, ©. 120. Vielfach münblih. Lieb 
beim Spipenklöppeln. Schon vor 1850 befannt. Firmenich 2, 253. Sehr abweichend und ohne 
6 Str. der Zert bei Hruſchka und Zoifcher, Böhm. Bolkälieder 1891, ©. 250. 


< 1,2 klippeln, Flöppeln. 2, 1 Arbäppeln, Erbäpfel, Kartoffeln. 2, 2 Schminfele, 
Bischen. 2, 4 Breng, bring. 3, 2 fie, fchön. 3, 3 Hemmel, Hembel, Hemd; Kafdettel, 
Jaͤckchen, Jaquet. 3,4 gemangelt, mit der Wäſchrolle geglättet. 4,1 Suntig, Sonntag. 
4,2 Nahd, nahher. 4,3 huge, mit der Handarbeit befuhen. 6,1 abam, nad Haufe, heim. 
6, 2 fehnerlih, ſehnſuchtsvoll. 6, 4 när, nur; dä, denn. 


981. Bas launenhafte Mädıhen, 


1. Nächten, da ich bei ihr was, 3. Nächten, da ich von ihr ging, 
Schwasten wir dann dies und das, Sie gar freundlih mich umfieng, 
Auch ſehr freundlich zu mir ſaß, Dazu fehr ferr mit mir gieng, 

Sagt, fie lieb mich ohn all Maß. Und war gar fehr gut al Ding. 

2. Nähten, da ich von ihr ſcheid, 4. Heute — da id zu ihr kam, 

Freundlich wir und herzten beid; Bar e8 alles widerzam, 
Mir verhieß bei ihrem Eiv, Böſen Beſcheid ih da befam, 
Mein zu fein in Lieb und Leib. Mußt abziehn mit Spott und Scham. 


Nie. Rosthius, XXX Newer Liebliher Galliardt. Erf. 1593. Gfchenberg, Dentm. 455; 
wiederholt Whom I, 276, Hoffmann, Gefellfchaftsl., 2. Aufl. S. 36. Daher Bilmar, Volkslieder 
6.187. Erlach I, 205. 


T Erklärung: 1, 1 Nächten = geftem Abend. 4,2 widerzam, mhd. widerzaeme — 
wider alled geziemen, verkehrt. 


082. Ber Gärtuerburſche. 





‚Bu =» ten Tag, Herr Gärtneräömann, bat er nicht Ra » ven» bel, 





7 EEE VEEEEEREEEEEE, \: DEREN Y KREEEEN BEE KusmzensBruein ——— 
No» ma» rin und Thy» mi- an und ein we» nig Quen bel.‘ 


406 
2.,Ja Fräulein“, das hab ich wohl, 4, „Burfche, Hol ein Sträußchen her 


Dranfen in dem Garten, Aus dem Rofengarten, 
Wollen Sie fo gütig fein Nimm dich aber wohl in Acht, 
Und ein wenig warten?“ Tritt nicht auf Rabatten!“ 

3. „Burfche, Hol den Seſſel rein 5. Und der gute Junge ging 
Mit den goldnen Spigen, Freudig nad dem Beetchen, 
Fräulein wird wohl müde fein Doch fein blaues Auge hing 
Und ein wenig figen.“ An dem jhönen Mädden. 


6. Blumen wand er ihr zum Strauß, 
Ad, mit heikem Sehnen; 
As er ihr das Sträußchen reicht, 
Floſſen feine Thränen. 


Volkslied aus Thüringen, Tert und Mel. bei W. Irmer, die deutfchen Volfälieder. Neue 
Folge, Berlin 1842. Auch bei Fiedler 194. Mündlich mit derfelben Mel. aus dem Lahnkreis 1885, 
Unvolift, Tert aus dem Würtembergifchen (Urach) bei Erlah 4, 186. Das Lied ftammt jedenfalls 
aus der jentimentalen Wertber-Periode (1780-—1800). 

Gleihen Anfang bat ein ſchmutziges Lied aud dem Ende des 17. Jahrh. (Meued Weltl. 
Liederbüdhl.), das von Geilheit und Noth einer Magd banbelt. 


Guten Abend, Gartenmann Unfer Köchen Trumpe 

Habt ihr nicht Lavendel, Hat fi — weh gethan 
Knabenkraut und Thymian An der Wafferplumpe, 
Meifterwurz und Stendel? Ad die alte Schlumpe! (6. Str.) 


* Statt Fräulein fteht durchweg Mamſell. 


985, Bie Beruhigte, 
Munter. Deſterreichiſch 





Bann i haͤld 


frua af» ſteh 


und zua main 
Sehr ſchnell. 


Deandl geb, 









fragt mi das Deandl: „Bet Kimmſt o » da fimmft 





ned, o⸗da wia gehtd, 0» da wia fichtd, 0» da mad tuafl, o » da mad 


ze 
vr BEER ‚EEE GE 7° EREEEREHEE 


et 
—— ‚- MEER - wann — rn —7— 
De en 





treibſt, oda bin i da med liab?* 


1. Wänn i haͤld frua affteh 2.Säg i'm Deambl: „Iä!" 
Und zua main Dearndl geh, 38 T'glat hearzli fraͤh; 
Fraͤgt mi das Deambl: „He! Fraͤgt mi dä nimma: „He! 
Kimmft oda fimmft ned, Kimmft oda fimmft ned, 
Oda wia gehts, oda win ftehts, Oda wie gehts, oda wie ftehts, 


Oda was tuaft, oda was was traibft, Oda was tuaft, oda was traibft, 
Oda bin i da ned liab. Oda bin i da ned liab? 


407 


Liederhort Nr. 82. Zuerft bei F. Tſchiſchka und Schottky, Defterr. Volksl. 1819, ©. 89. 2. Aufl. 
1844, ©. 71. U. Diabelli, Defterr. Volksl. mit Begl. der Guitarre. Wien (um 1830). Bardale 
1829, Nr. 27. Ert I, 3, 7. Srepfchmer II, 440. Erlach 4, 339. Liederb. für Studenten. 
Nürnb. 1852, ©. 258 (Hochdeutſch). Silcher 4, 12. Aehnlich: G. Reicharbt, Volkel. (Leipzig) 
Nr. 1. Ueberſchrift: „'S Ganderl: Wann i in der Früh auffteh und zu meinem Dienderl geh.“ 
Andere Mel. Strepfhmer I, ©. 456. 


884°. Bitte und Iurürkmeifung. 


Bedachtſam. Schweizeriſch 1812. 















Mys Lieb, we du zur Ghil-de thueft gu, ug mi nit 
Süſt füge bie fu =» le Ghlop = per » lüt, mir  gziebje-n»en 





geng «et fo a, 
an» gta =: 8 ma. 


2. Mys Lieb, we du i d's Wirthshus thueft ge, 
Bring mir nit geng fo das Glas! 
Bring's nume de-n-angere Meitſchene o, 
Däich nüſti, du gönniſt mir's baf. 


3. Mys Lieb, we du zum Tanz thueſt ga, 
Tanz nit geng nume mit mir! 
Tanz nume mit angere Meitſchene o; 
ZNacht chunnſt deh notti zu mir! 


4. Mys Lieb, we du deh z'Närit thueſt ga, 
Chram mir nit geng e fo viel! 
We du dy’8 Güetli verchramet heft, 
Was fol i deh thue mit dir? 


5. „Ha dir no nie nüt vercdhrämerlet, 
Ha dir no nüt vertha. 
Du bift mer nieme fo Inbi gfi, 
BWie-n-i derglyche ha tha.“ 


er im Berner Dialeft: Schweizer Kühreiben und alte Bolfdlieder 1812, ©. 37. 
Aufl. 1818, ©. 51. Wyß, Terte zu der Sammlung von Schweizer Kühreihen und Volksliedern. 
Bern 1826. S. 63. Schon bei Spazier, Wanderungen durd die Schweiz. Gotha 1790, ©. 340, 
Mufitbeil, Nr. 83. — 

Die Melodie ift intereffant durch den verlängerten Auftakt, fo daß eine Periode von 5 Takten 
entfteht, der eine von 4 Zaften folgt; bur Suieerholung ift das Gleichmaß hergeftellt. Zu 
— —— Rotation im Lieberhort Nr. 107, mit 1/g« und abwechſelnd 12/4, Takt, liegt 
ein Grund vor. 


Hochdeutſche Ueberſetzung: 


1. Mein Lieb, wenn du zur Kirche thuſt gahn, ſchau mich nicht immer ſo an! Sonſt ſagen 
die müßigen Klapperleut Plappermäuler), wir zögen einander nach. 2. Mein Lieb, wenn bu zum 
Wirthshaus thuft gehn, bring mir nit immer dad Glas! Brings nur den andern Mädchen auch, 
denke gleihfalld, du gönneft mird wohl. — 3. Mein Lieb, wenn du zum Tanz thuft gehn, tanz 
nit nur immer mit mir! Tanz nur mit andem Mädchen auch, zu Nächt fommft du dennoch zu 


408 


mir. 4. Mein Lieb, wenn du dann zu Marfte thuſt gehn, kauf mir nicht immer fo viel Wenn 
du dein Gütchen verfrämert haft, was foll ih dann thun mit dir? — 5. Hab bir noch nie nichts 
verfrämert (verfchwendet), hab dir noch nichts verthan. Du bift mir niemals fo lieb geweſen, daß 
ich dergleichen hätt gethan. 


984°, Berfahrene Fiebe. 


Etwas langfam. Böhmisch. 





Im Eom:mr it gu Ban - dem, ſcheint und die Soma 





fo fhön warm, ma fei= ned Lieb Lie» beit ein An » dem, dos 





bob ich ſchon lang da⸗fahrn, dos bob ih ſchon Tang. da⸗ fahrn. 


2. Daß er ſo lang neat komma is, 5. Sie gehn mit einander die Straßen 
Dös drüßet mich wohl in der Welt, Bon Herzen weinet fie ſo ſehr — 
Ein' Andern hat er's geliebet, „Ei, fahren da mußt du mic laſſen, 


I: Das bat gemadt das große Gelb. ;| Mag dir g'ſchehn, wieder liebe Gott will !* 


3, Das hat gemacht das Geld und Gut, 6. Feins Liebel, wennft am Tanzboden gehft, 


Dazu der große Ober-Muth — Red nur ka helles Wort af mid 
Ei, daß mir und arme Dienftmabelein Sonſi reden die Feut von mir u von bir. 


I: So fehr und fehr verachten thut. :| Sie fogen du freieft mit mir mehr. 


4. Ei weil man fie verachten thut, 7. Schöns Schagl, wennft am Tanzboden 
Beraten thut wohl a fo ehr, gehft, 
So trau id ja au fein Lebtag Tanz du nur mit meina Geſpielin, 
Kein’ ſolchen falfhen Knaberl mehr, U dent, du tanzt ſchon mit mir mehr, 


Kein folhen falſchen Spigbubn mehr. Schöns Schatzl dent, is a fo viel. 


Böhmische Vollslieder 1891, III. Abth. Nr. 61 (©. 144), Die 2 legten Strophen begegnen 
und aud im vorangehenden Schweizerliede. — Der Inhalt des Liedes 4 zerfahren. St ed die 
Klage einer Dienftmagd über Berachtung und Untreue, fo daß fie in Str. 5 den Liebſten aufgiebt, 
fo paffen dazu nicht die Schlußſtrophen, darin fie ihn zu ftiller Liebe und Borficht ermahnt. Ber: 
muthlich find zwei Lieder nach gleicher Melodie zufammen gefungen. 


J 1,3 flatt Andern wohl richtig Andere. 2, 2 drüßet — verdrießt. 3,2 Ober- Muth, 
Uebermuth. 3,3 wir ftatt man. 


409 
980. Alles umfonft. 


Melodie: Wenn ich an den legten Abend ac. 








(Sr men in Pu arm m. mn zur men mar na ar nm 






geht ja vorüber und haut mich niht an. Sie Schlägt ih» re Aeugelein wohl 





un » ter fih und fiebt ei= nen An =» dern viel Tie= ber als mid. 


1. Was hab ic) denn meinem Feinsliebchen gethan? 
Sie geht ja vorüber und ſchaut mid nicht an; 
Sie ſchlägt ihre Aeuglein wohl unter ſich 
Und fieht einen Andern viel lieber ald mid. 


. Das maht wohl ihr ftolger hochmüthiger Stun, 
Daß ich ihr nicht ſchön und nicht reich genug bin 
Ei bin ich nicht reich, fo Bin ih do fromm: 
Herztaufendes Schätzchen, was ſcher id mich drum! 


. Jetzt will ich mein Herze nicht länger mehr quäln 
Und will mir ein ander ſchön Schätchen erwähln; 
Wohl außer den Augen, wohl außer dem Sinn: 
Herzallerfhänft Schätshen, fahr immer nur hin! 

. Bahr immer nur Hin! ich halte dich nicht, 

Ih hab meinen Sinn auf ein Andre gericht; 
Ih hab die Gedanken von dir abgewandt 
Biel befier, ih hätte dich gar niemals gefannt! ‘ 


„Ah, junger Gefelle, ih rathe bir nicht, 

Die Berge find hoch, du erfteigeft fie nicht!" — 
‚Wie hoch find die Berge, wie tief ift das Thal, 
Jetzt feh ih mein Schätzchen zum allerlegten mal! ‘ 


6.,Ach, junger Gefelle, ich rathe dir nicht! 
Die Waffer find tief, die durchſchwimmeſt du nicht. 
Die tief find die Wafler, fie haben keinen Grund, 
Laß ab von der Liebe, 8 iſt Alles umfonft!" — 


. Und wenn fi ver Hafe thut fangen einen Hund, 
Und eine Muskat muß wiegen fehs Pfund, 

Und wenn ein Mühlftein ſchwimmt über ven Rhein, 
Se folft du aud länger Feinsliebchen mir fein!) 


— 


> 


u 


— 
— 


Text und Weiſe aus dem Odenwald und von der ——— bei Erf, Liederbort Nr. 123. 
Ohne 7. Strophe ziemlich gleihlautend bei Scherer, Bee . 102. Aus dem Untertaumudfreife 
(BWürges, an —— riftlich durch Herrn Lewalter, blos 1., 2. 3., 4. und 7. Str. mit 

arianten. rjerer 


einigen B ert bei Silchet 8, Nr. 4, 


410 


Mebnlihe Zerte: Erf III, 1, Nr. 7. Hoffmann, fchlef. Volköl. Nr. 87. Meinert S. 253, 
Rhein. Märlein 125. Krepfchmer I, 529. ESimrod Rr. 205. Ditfurtb 2, 81. Whorn 3, 105, 
fehr abweichend. Bragur I, 274. Mittler Nr. 647—50. 

Die Melodie bei Silcher fiimmt mit Erf überein, bis auf eine er Verzierung, welche 
oben nie Heine Noten angezeigt ift; außerdem fept Silcher bei * a ftatt b. — Das Volk fingt 
gewöhnlich folgende 3 Strophen, wie fie Silcher gebracht hat: 


1. Was hab ich doch meinem Feinsliebchen gethan? 
Es geht ja vorüber und ſchaut mich nicht an; 
Es —8 ſeine Augen wohl unter ſich — 

Und hat einen Andern viel lieber als mich. 


2. Das machet ihr ſtolzet hochmüthiger Sinn, 
Daß ich ihr nicht ſchön und nicht reich genug bin; 
Und bin ich auch nicht reich, ſo bin ich doch jung, 
Herzallerliebfted Schäpele, was kümm'r' ich mid drum! 
3, Die tiefen, tiefen Waffer die haben feinen Grund, 
Lap ab von der Liebe, fie iſt dir nicht gefund! 
Die gr hoben Berge, das tiefe, tiefe Thal — 
Sept feh ih meinen Schatz zum allerlegten mal, 


Tertvarianten: 1,1 Ei, was bab ih meinem — — zu Leide gethan? 
(Woh.) Ei, was hab ich denn meinem Feinsliebchen * Lahnkreis). 2,1 Dad macht wohl 
ihr Hochmuth, ihr eigener Sinn, weil ih... 2,2 dieweil ich nicht reich und ſchön genug bin. 
2,4 hberzallerliebfted Er ift das nicht genung? 3,3 Wohl aus den Augen, wohl aus 
dem Sinn: du närrifhes Mädchen, fahr immer dahin! (Scherer) 4, 1 Fahr immer bin, ih mag 
dih nicht. 4,3 Auf ein’ Andre gericht, auf ein Andre gewendt, viel beffer ich hätte di nie. 
mals gefennt (Scherer). 5. Und haft bu deinen Sinn auf ein Ander gericht, die Berge find hoch, 
die erfleigeft du nicht. Wie höher die Berge, wie tiefer das Thal, jept feh ih mein Schäden 
zum allerlepten mal (Scherer). 7,4 So follft du die Herzallerliebfte wieder fein! — So ſollſt 
du auch wiedrum Herzliebchen mir fein! 


986. Unendliche Liebe, 


1. Schätle, was hab ich dir Leids gethan, 
Daf du dein Bürſchle nicht ſchaueſt an? 
Daf du dein’ Aeuglein fo unter dic ſchlägſt, 
Daß du zu mir feine Liebe mehr trägft, 


2. Schau mir nur einmal ind Angeſicht, 
Schau, wie die Pieb mich hat zugericht! 
Schmedt mir ja weder Speife noh Tranf, 
Din ja von lauter Liebe fo frank! 


3. Wenn gleih der Himmel papieren wär 
Und jedes Sternlein ein Schreiberle wär, 
Und ſchrieben ein jedes mit fieben Händ, 
Schrieben fie doch meiner Liebe kein End, 


Meinert Nr, 126, ©. 253. Diefer Tert nimmt eine andere Schlufwendung. Der Shluf 
vom papiernen Himmel ift eine Wanderftrophe, vergl. das Schweizerlied: „Es het e Buur es Töd- 
terli” {L Bd. Nr. 80) und das Lied: „Mein Schäpchen will wandern“ (Nr. 589). 


41 
887. Getäuſchte Liebe und frifche Hoffnung. 


Aus Langsdorf in der Wetterau. 1892, 






Wenn du wüß»teft mei » ne Schmerzen, wie ich mich um dich be=trübt, 
Dies fed geht mir fo zu Her-zen, weil ih dih fo treu ge= liebt. 








Dir : Dieneften wi is eben, fhön » fir En⸗gel die » fer Welt; 








Dir hab ich mid ganz er» ge= ben, hab fein Anzdre aus » er» wählt, 


2. Wenn ih fchlafe oder wade, 3. Wenn ich meinen Stand betrachte, 
Liegft du mir in meinem Sinn, Welcher ift für mich zu ſchlecht; 
Thu ih mir Gedanken machen Wenn id) aber dran gebenfe, 
Nur allein um did, mein Kind. Kann er mir noch werben recht; 
Ih bin feft an dich gebunden, Denn ih bin no jung von Jahren, 
Diefes Herz gehört nicht mein; Wer weiß, wo mein Glüd noch lauft 
Drum fo zähl ih Tag und Stunden, Unglüd hab ih ſchon erfahren 
Dis ih fünnte bei dir fein, Und die Lieb vor's Gold erkauft. 


588. Warnung an die Liebſte. 


Etwas bewegt. Aus dem Untertaunus (Hennethal) 1890. 






baf»fen, muß dich ver=-laf»fen.” Ei fo fahr ih ei» ne an-dre Stra-— Ben. 


2. Wenn ich gedenk wol an die Worte 3. Eiduglaubeft wohl, du wärft vie Schönfte 
Die du mir gabft vor deiner Thür! Wol auf der ganzen weiten Welt? 
Ob ich wolein Zeit lang nicht bin fomımen, Aber fo was darfft du gar nicht glauben 
Hat Das falſche Herz ein Andern g’nommen Denn du läffeft dich ja verführen. 
Und du haft mir ja verſprochen, Deine Schönheit ift fo eitel, 

Mich zu lieben immer für und für, Sie verfhwindet wie Die Ros im Wald. 
4, Du bift eben grad’ wie ein Vogel, 
Der bald Hin bald her zum andern fliegt. 
Und du wirft dich aud wol einmal fangen 
Gleich wie ein Vogel im der Bogelftange. 
Dann wird man fehen, wie dirs wird gehen, 
Wenn du einmal gefangen bift. 


412 


889. Fahr immer dahin, 
Allegretto. Schwäbiſch. Silder, 9, 3. 





Ansdern, der geht mir fhon nah; ih hab ei» nen An⸗dern, der liegt mir im 





— 
HEHE». — 
a ae — — rn m 
eE___| ı, 


— mu FT 
* Sinn; drum her- zi » ged Schätzchen, fahr im-mer da» hin! Drum ber = zi— ges 





Schäg-hen, drum her » zi » ges Schäkschen fahr im» mer da» hin! 


2. Fahr immter dahin, ich achte dein nicht! 
Ih Hab meinen Sinn auf ein'n Andern geridt't; 
Ih hab meinen Sinn auf ein'n Andern gewandt, 
I: '8 wär befier, ich Hätte di nimmer gefannt. :| 
3. Und wenn der Himmel papieren wär, 
Und alle Steme Schreiber wär, 
Und fchrieben von Morgen bis in die Nacht, 
: Ste hätten meine Lieb’ nicht zu Ende gebradit. :| 


990. Bas Breneli. 


(Einladung mit Vorſicht.) 
Childlied aud der Schweiz. 


„Gu-ten — A⸗ be, Pre ne» Ti! Chömt i nt HH we» ni“ fi, 





höm i nt HH weni» a m dr d«- me dor 
2. Chumm mer nit vor myne Thür, 3. He, fo dumm fry z’Abefis, 
DU i thua der Riegel für! Diteiter iſch a dLaube g'ſtützt, 
Chumm mer nit vor mynes Hus Un e nagelneut Thür, 
DU i la der Pudel us!“ Un es firauigs Riegeli für. 


Allgem. Schweizerlieverbuh. Aarau 1833, ©. 140, 


S 1, Breneli, Diminutiv v. Veronica; chly wenili, ein fein wenig; der, dir; une cho, 
hineintommen! 2. DI, oder; der Pudel = den Pudel. 3. fry, frei, 4° Abefig, zur Abend» 
geſellſchaft: ftrauigs, fitopernes, loſes. 


413 


991. Bas ermählte Schähchen. 
Erfte Melodie, 
Bergnügt. Aus dem Bergifchen und Cleviſchen. Loh. Nr. 69. 





—— — — 


u 
IT N Id I ie do; 
49, — ,ı 


hy ba-be mir ei⸗nes cer-mäh-let, ein Schäß-hen und dad mir ge» fällt; 





iſt hübſch und fo fein, vom Zugend fo rein, fein ta-pfer und ehr⸗lich fih hält. 


Zweite Melodie. 
Mäkig bewegt. Aus dem Meftrich (bei Kaiſerslautern). 1859, 

















— — er — —— — 
E ’ —— — — 
— — 





hübſch und fo fein, von Tu⸗gend fo rein, ah Schätzchen ah mwäsreft du mein! 


Dritte Melopie, 
Bemäßigt. Aus Thüringen und Sachſen vor 1840. 












bübfh und fo fein, von Zu »gend fo rein, fein ta= pier und ehr» lich fi 





1,9 babe mir eines ermählet, 3. Glaube nicht den falfchen Zungen 
Ein Schäghen und das mir gefällt, Die mir und dir nichts gun’; 
Iſt hübſch und fo fein, Bleib ehrlih und Fromm 
Bon Tugend fo rein, Bis daß ich wiederlomm, 
Bein tapfer und ehrlich fi hält, Drei Jahre die gehn bald herum. 
2.3 hab es mir öfters laſſ'n fagen, 4. Und wenn ih dann wiederum komm, 
Du hätteft ein Andern fo lieb; Mein Herz ift vor Freuden fo voll; 
Doch glaub ih es nicht, Dein Aeuglein jo Har, 
Dis das es geſchicht, Dein ſchwarzbraunes Haar 
Mein Herze bleibt ewig bei bir! Bergnügen mid tauſendmal. 


Zert diefes Liedes ſchon auf fl. Bil. um 17501800 zu finden, nad einem ſolchen abgedr. 
bei Büſching und Hagen 1807, ©. 87 (Miederbolt bei Erlah 3, 106). — Wenig abweichender 
Zert mit Mel. aus dem Bergifhen bei Erk I, 65 und im Liederh. Nr. 69, wie hier. Mit anderer 


414 


Mel. Krepfhmer IT, Nr. 171, daher Silchet II, Nr. 3. Mit dritter Mel. aus Thüringen bei Finf, 
Hausſchaß Nr. 59, daher Härteld Lieder-erifon 371. — Im Künftler-Liederb. 1833 mit Webers 
Melodie. C. M. v. Weber comp. den Tert ald J 53, Nr. 3 und op. 60, Rr, 6. 

Noch andere Terte: Altrhein. Märl. 119. Simrod 230. Fiedler 192, Zurmühlen ©. 9. 
Scherer Jungbr. Rr. 59 aus der fränf. Schweiz. Mehrfach mündl. noch aus dem Weftrih 1859. 
Taunus 1877 in Ert's Nachlaß. 

Ein alter verwandter Tert, gedr. von J. Grunewald, fteht in v. Stromerd Familienbudh 1581, 
daher Wph. III, 146 {n. A. 138): Ich hab mir ein Maidlein audermählt. 


Barianten: 1, 1 Ich hab dir mir eind erwählt (dir ſteht als Dativus ethicus). 1,2 ein 
Schägchen (Mädchen) das mir d’r gefällt. 1, 5 drum will ich fie Tieben allein — oder: Ach 
hen, ad) wäreft du mein! — 2, 1 Die Leut tbun oftmals fagen. (fl. Bl.) 2,5 mein Herz bleibt 
immer vergnügt (fl. Bl.). 3, 2 die meiner und deiner veradht. 3,5 gehn bald dahin. 4, 2 für (vor) 
Freuden mein Herz zerfpringt (Silcher). 4, 5 erfreut mich wiel tauſendmal — oder: vergnügt mid 
ganz und gar. — Zufag Str. 5: Da drunten im Keller beim Faß, da ift ed bald troden bald naß 
da —* fie ein ein kühles Glas Wein: ach Schätzchen, ach wär ich bei dir! 


992. Berlokung zum Ehiltgang. 
Elſa und Ulrich.) 





— u ———— — 
„O Ue» Ti mon Ue li, chumm du zu mer z'Chilt! I bad Bir 
— 





Schnit-te, fie ſy gar nit Bitter, ifo gar fo mild.“ 


2.,,D Elfi, mys Eifi, 3.„O Ueli, my-n-Ueli, 
I derf nit geng do! Der Uetti feit nit! 
We's d'r Aetti vernähmtt, Er thut ſi verſchwere, 
Daß i geng ſo chämti, Er well's nimme wehre, 
Wie würd's mer ergo!‘ Es helfi doch nüt. 


Wyß, Schweizer Kühreihen u. BI. 1826. Daher Kr. J, 215. Text Mittler 1209. 


993. Wünſche. 


Nãßig langſam. Aus dem Odenwald. 1839, 
9-8 u —— — — — 
re — — 


Ab, wenn doch mein Schätzchen ein Ro- ſen⸗ſtock wär, ei fo ſtellt ich'n nord 














bh m‘ 

a a a dr 

— — — — — 
Frese SER Gun — — —— 


Fen-ſter, ei fe ſtellt ihn vors Fen-ſter, daß all die Leut Ah 



















2. Ach wenn doch mein Schätzchen ein Feigenbaum wär, 
Ei ſo thät ich drauf ſteigen, wenn er noch ſo hoch wär! 

3. Und wenn doch mein Schätzchen ein Roſenkranz wär, 
Ei ſo thät ich dran beten, wenn er noch ſo lang wär! 

4. Und wenn doch mein Schätzchen ein Zuckerſtock wär, 
Ei ſo thät ich ihn küſſen, bis nichts mehr dran wär! 


415 


Aus Aldbah im Odenwald und Leheim a, Rhein. Erf, Ldhort Nr. 105 (blos 1. u. 2. Str.). 
Auch im Taunus (Niederreifenberg 1879) gefungen, daher die zwei letzten Strophen. Aehnliche 
Terte in Alsatia, von Stöber 1853, ©. 170. Meier S. 40. Bei Hoffmann, ſchleſ. Volksl. Nr. 70 als 
Sprud. — Gewöhnlid, find die beiden erften Strophen dem Liede angehängt: „Schönftes Schägchen, 
wadred Mädchen" — und „Wo ift denn dad Mädchen, das mich fo lieb hat?“ 

In Grimm’s Kinder und Haudmärden (2. Aufl. 1822, III, 130) wird ald Redendart unter 
dem Volle angeführt: „Wenn mein —* ein Nelkenſtock wär, ſetzt ihn vors Fenſter, daß ihn Jeder⸗ 
mann ſäh.“ Eine rer derbe Umbildung fang man 1830 in Kurheſſen: „Ach wenn doch mein 
Schätzchen ein Hechelſtock wär, fo thät ich drauf fipen, wenn ed noch fo fpig wär. Ach wenn 
doch mein Schägchen ein Ofenblech wär, RB that ich drein kochen, wenns noch fo heiß wär.“ 
In der Wetterau: „Ci wenn doch mein Schaͤßchen ein Erbfenftroh wär, fo würf ich es in den 
Säuftall, maht den Riegel dafür.” Die Wünfche, daß das Liebchen ein Nelken» oder Rofenftod, 
Feigenbaum x. wär, fommen noch in zahllofen deutfchen Liedern vor, befonderd in den Schnaber- 
büpfin. Aber auch in einem fchottifchen Liede bei Walter Scott (überf. von Henriette Schubert) 
Lpz. 1817, ©. 153 heißt: 


1. D wenn mein Liebchen jene Rofe roth wär ıc. 
2. ein Weizenkorn, 3. eine Goldfifte wär ꝛc. 


Nach obigem alten Liede dichtete Tiedge dor 1807 fein Lied: D möchte mein Liebchen ein 
Rofenftot fein! dann nähm id von draußen den Liebling herein und ftellt ihn vors Fenſter im 
Frühlingdwehn, da könnt ich ihn immer und immerdar fehn (7 Str.). 


— — 


594. Zurkliche Rufe. 


1. Ei du ſchöne Sonnenblume, 3. O meine liebe Zuckerſüße, 
Du haſt mir mein Herz genomm, Du thuſt mir mein Herz ausgieße, 
Du liegſt mir in meinem Sinn Drum iſt es ganz durchaus naß 
Wie der Kern im Kümmerling. Die ein altes Regenfaß. 

2.D du fhöne Rlapperfhlange, 4.D du ſchöne Nachtviole 
Du haft mir mein Herz gefange, Du haft mir mein Herz geftohle, 
Du liegft mir in meiner Haut Maid, mein Herz brennt lichterloh, 
Die die Wurft im Sauerkraut. Wie ein Büſchel Erbſenſtroh. 


Mündlih 1885 aus Eſchborn bei Wiesbaden (Kr. Höhft) durch Wolfram. Auch im Erz- 
gebirge (f. Müller S. 139) und Thüringen (f. Schade ©. 314) gefannt. 


TG 1,4 Kümmerling, Gurke, auch eine Sorte kleiner Aepfel. 


995. Gute Hadıt! (Ständchen.) 


Etwas bewegt. 











—— — — 
— INGE „ Aug 
= | en a RR nn id. 


1. Gute Nacht, gute Nacht, mein feirned Lieb, gute Nacht, fchlaf wohl, mein 






daß dich die En⸗gel hüsten al’, die in dem ſchö-nen Him⸗mel find, gute 
rit. 





Nacht, gute Nacht, mein fei- mes Lieb, fchlaf wohl von nah »ten lind. 


416 


2. Schlaf wohl, ſchlaf wohl und träum’ von mir, 
Träum von mir heute Nacht! 
Daß wenn ih aud da fchlafen thu, 
Mein Herz um did doch wacht, 
Daß es in lauter Piebesgluth an dich der Zeit gedadıt. 
3. Es fingt im Bufh die Nachtigall 
Im Haren Mondenfein; 
Der Mond fhaut in das Fenſter bir, 
Gudt in dein ftilles Kämmerlein, 
Der Mond ſchaut dich im Schlummer da, doch ich muß ziehn allein. 


Zert und Mel. bei Silcher, 8. Heft, Nr. 11. Daber bei Krepfähmer II, Ar. 255. Der 
Anfang der Mel. in Thüringen vor 1840 gefannt, aber mit dem Anfange: „Gute Nacht, gute Nacht, 
liebe Anne Dorotbee, gute Naht, gute Nacht, ſchlaf wohl!” 


996. Ber redjte Kuckuk. 


Mäfig bewegt. 








Der Kud-t fuf 


Bra 


fhnei» en, fo wird er nicht naß, der Kuck⸗kuk, der Kuck-kul, der Kuc⸗kul nicht na. 
* Zufag zur 5. Str.: 


auf dem Birmbaum ſaß, Ku 














a — — . 
en ⸗ — ER 
—— En?» nn 


und drüf an das Thür» lein, geb fel= ber ber» ein, der Kuck⸗kuk ꝛc. 


2. Der Kuckuk fliegt übers Nahbars fein Haus, Kuduf! 
„Schön Schägel, bift drinnen? komm zu mir heraus! 
Der Kuduf, der Kuduf, der Kuduf ift draus.“ 


3. „Ich fteh nicht auf und laß dich nicht 'rein, Kuduf! 
Du möchteſt mir der rechte Kuckuk nicht fein.‘ 
Der Kudul, der Kuduf, der Kuckuk nicht fein. 


4. „Der rechte Kudul der bin id ja Thon, Kuduf! 
Bin ich es meind Vaters fein einziger Sohn, 
Dem Kudul, dem Kuduf, dem Kuduf fein Sohn." 


5.,, Bift du es deins Vaters fein einziger Sohn, Kuduk! 

So zieh nur beim Schnürlein und drüd an das Thürlein, 
Geh felber herein! 

Der Kudul, der Kuduf, der Kuduf ift mein!‘ 


Aus dem Heffen- Darm — Offenthal) und dem Bergiſchen: Erk, Liederh. Nr. 173. 
Schon in deſſen Volksliedern „Nr. 53. Genau fo der Text bei Uhland Nr. > nach einem 
fl. DI. des 18. Jahrhunderts, Hut Amim’d Sammlung im Wh. IL, 214 (a. U. I, 241, wozu 
Goethe bemerkt: Neckiſch bie ru Fragenhaften, doch gefällig". — Auch bei —— Hausfhap 
©. 149 und Ditfurth 2, Nr. 1 


417 


Hierher gehört das Lied: „Der Täuber flog wol in das Holz, wo mann die re 
.. berbolt“ (FI. BI. aus der Zeit um 1750), f. Gräter, Idunna und Hermode II, ©. 


(18 
* harten bed Terted: 4, 2 Din ich ed meim Bater fein einziger Sohn. 5 Ei bift du beim 


Bater fein einziger Sohn, fo sieh nur am Schnürle, geb rein zu dem Thürle, 's kann anders nicht 
fein, du Kuduf :|: bift mein! 


997°. Liebesklage und Abſchied. 


Rangjam, Aus Schwaben und dem Brandenburgifchen (Oranienburg). 











) - 
Heat hab ih die Macht all» hier, ſchön ⸗ſtes Kind, vor dei » ner ver 


— — FR du denn jo un» bam« — zig — 


2. Harfenklang und Saitenſpiel 
Die hab ich laſſen ſpielen ſo oft und viel; 
Ich hab ſie laſſen ſpielen ſo oft und ſo viel, 
Bis daß mir keine Saite mehr klingen will. 


3. Ach in Trauern muß ich ſchlafen gehn! 
In Trauern muß ich wiederum früh aufſtehn; 
In Trauern und in Weinen verbring ich meine Zeit, 
Dieweil ich nicht kann haben, die mein Herz erfreut. 


4. Geht es dir wohl, ſo denk an mich, 
Geht es dir aber übel, ſo kränkt es mich. 
Froh wollt ich ſein, wenns dir und mir wohl gut, 
Obſchon mein jungfriſch Herze in Trauern ſteht. 


5. Hohe Berg und tiefe Thal, 
Jetzt ſeh ih mein Schätzchen zum (aller) letzten Mat! 
Die Sonn und auch der Mond, das ganze Firmament 
Das wird fih um mic trauern bis an mein End. 


Vielſach mündlih: aus dem a Pe Badiſchen, aus 
Thüringen, Schlefien. Ert, Liederh. Nr. 132. Ert II, Wodh. 4, 367. — Sehr ähnlich 
fhon der Tert mit andrer Strophenfolge * einem fl. Bi. 1786: „Fünf fhöne neue Lieder, 
(das 2.) Gebr. in diefem Jahr.“ Hier ift er 


1. Heut hab ih die Wah allhier, 3. Berg und Hügel auch tiefes Thal 
Scönfte, vor deiner verfchloffenen Thür. Schreien über mir wohl hunderttaufendmal. 
Stehft du nit auf, und läßt mich bei dir ein? Froh wollt ich fein, wenn's dir nur wohl gebt, 
Wie kannt du denn fo unbarmberzig fein ! Obſchon mein treues Herz in Trauren fteht. 
4. Bute Nacht, gute Nacht, Frau ser a 
2. Harfenklang und Saitenfpiel Grüßet meinen Schag viel taufendma 
I: Hab id, lafjen fpielen fo oft und viel, :| Grüßet fie aus meined Herzend Grund, 


So daß mir keine Saite mehr klingen wil, Ich wünjc ihr, daß fie auch wohl bleibe geſund. 
Ertu. Böhme, Liederhort. 11. 27 


418 


5. Geht ed dir wohl, fo denfe an mid! 
Geht es dir übel, fo fränfet es mid; 
Froh wollt ich fein, wenns dir nur wohl gebt, 
Obſchon mein treues Herz in Zrauren ſteht. 


Mit diefem Zerte ftimmt bid auf zwei Zeilen der meftfälifche bei Reiffericheid Ar. 38. 
Auf einem fl. BI. aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. beginnt das Lied fo: 


Liegft du ſchon in fanfter Rub 
Und thuft dein fhwarzbraun Aeuglein zu x. (f. Woh. II, 219.) 


Im Wob. I, 1806, ©. 84 ift der Tert mit andern Beftandtheilen verarbeitet. „Anmutbiger, 
. ir Arial In Birlinger Ausg. des Woh. IL, 167 ift er nach v. Arnim's Rahlaffe 
wieder beraeftellt. 

In Sübddeutfhl. beginnt das Lied mit der 3. Str: „Ab in Trauern muß id ſchlafen 
gehn“ (f. unten). In ber zn Wyß ©. 85) beißt das entfprechende Lied: Hoch aufm Berg 
und teuf im Thal Woh. 4, 368). Bergl.: Simrock S. 242 (= Mittler 792). Kretzſchmet IL, 362. 
Wolff, Halled. B. II, 163 (= Mittler 795). Ditfurtb IL, 85 und 86. Birlinger'd Woh. II, 166—167. 
Jungbrunnen Rr. 93. 


Barianten: 1, 1 Jetzt hab ih die Wacht allbier = Heunt hab ih die Wach allbier. 
1, 2 Schönfte vor deiner, 1,3 ſtehſt du nicht auf und läffeft mich nicht ein? 3. Berg und 
Hügel, tiefe Thal ſeh ich heut zum leptenmal. Sonn und Mond, das ganze Firmament, trauern 
mit mir bid an das End (meftfäliih). 4. Gut Nacht, gut’ Naht Frau Nachtigall, grüß meinen 
Schap viel taufendmal! 


897°. Betrübter Abfıhied. 
1. Hoch aufm Berg und teuf im Thal, 
Sol id denn um dich truren wohl überall? 


2. Die Sonne und der Mond, das game Firmament, 

Split id denn um dich trauren bi8 an myn End? 
3. Schlafeft du allda in guter fanfter Ruh 

Und fchliegeft deine [hwarzbraunen Yeugelein zu? 
4. Schlafeſt du allda und laſſeſt mich nicht ein, 

Und ladeft mich gar eben zur Hodzyt bald ein? 
5. Froh will ic fein, wenns dir wohl geit, 

Wenn ſchon myn junges Herz in Truren fteit. 
6. Seit es dir wohl, fo freut es mid; 

Seit es dir aber übel, fo kränkt e8 mid. 


7. Harfenflang und Saitenfpiel 
Hab ich laſſen fpielen fo oft und fo viel; 


8. Hab ich laſſen fptelen fo oft und fo viel, 
Bis daß mir feine Saite mehr Hingen will, 


Aus der Schweiz, bei Wyoß 1826, ©. 85. Daher Woh. 4, 368. Auh im Schwarzwald 
gefungen, woher Auerbach in feinen Dorfgefhichten J. Bd. zmei Fragmente (2. und 7. Gtr. hier) 
ringt. 


419 


598. SHerzensmeh. 


Mei. 1817 aus Gotha fo, wie die Fleinen Noten melden. 
Sangfam. Wenig verändert von Silcher. 1836. 





Mein Herz » lein thut mir gar zu —A 
Das macht, weil ib in Trau⸗ren ſteh. 






nr 4 
Br, m I I TI 
m, 


—— 
—— 


web gleich wenn ib dich an «seh; ach ſoll ich dich ver-laſe- fen? Das 





thu ih mim » mer= meh. 


2. Mein Herzlein thut mir gar zu weh! 
Das macht, weil id in Sorgen geh. 
Wenn ih im Garten fteh, 

Meine fühe Blum nicht eh, 
Um eine weiße Lilje 
Thut mir mein Herz fo weh. 


So bei Silcher, Volksöl. f. Männerft. 4 Heft, Rr, 5 (vor 1836), Daraus abgedr, bei Kretzſch⸗ 
mer, B. J, Rr. 293 (1840), Nur die erfte Strophe und Melodie ift Volksgut, die zweite Str. hat 
Hermann Kurz für Silcher hinzugedichtet. 

Die Mel. ſteht zuerft in Büſching's wöchentl. Nachrichten, Berlin 1818, II, ©. 53, mitgetb. 
von Dr. med. Hohnbaum, mündlih aus Gotha 1817, mit folgendem Zertfragment: 


Mein Herze thut mir weh, weil ich in Trauren ſteh. 
Mein Herze thut mir weh, gleich wenn ich dich anfeh. 
AH foll ich dich verlaffen? Das thu ih nimmermeh. 


Dana wiederholt Ert II, 1, Nr. 2, 1845 und Liederh. Nr. 117 


In v. Amim’d Sammlung, um 1808 von ungeübter Hand gefhrieben, fteht folgendes Fragment: 


1. „Mein Herz das thut mir ein klein wenig web, 
Dad maht weil ih in Trauern fteb. 
Es tbut mir weh, wi wenn ich ihn anfeh! 
Ei ſoll ih ihn verlaffen? Das thu ich nimmer meh! 
2. Ich kann nicht allzeit bei dir fein (Fortgang fehlt). 


Dieſes Fragm. bezeugt, daß die Redaktion von Silcher und Kurz die richtige ift und dem 
Zerte von 1817 eine Zeile fehlt. 


99. Bas Herzensfenfter. 


1.9 bin nit verbunden 2. Du haft mid, o Schönfte, 
Und bin auch nicht frei, In Ketten gelegt, 
Komm, heile die Wunden Komm, zerreife die Banden, 
Und lindre die Pein! So werd id erlöft. 


27° 


420 


3. Tyrannifches Herze, 4. Und was mein Herz quälet, 
Was quäleft du mid? Iſt dir ja befannt: 
Denn alle Leut fagen Drum will ich ftill ſchweigen 
Du liebeſt mid nicht. Und fagens Niemand. 


5.3 laß mir ein Fenfter 
Ans Herz mahen ein, 
Damit du fannft ſehen: 
Wie treu als ich mein. 
Fl. Bl. in von Amim’d Sammlung. Gedrudt um 1790-1800: „Sechs mweltlihe Schöne 
er —— 5.). Gedr. in dieſem Jahre. Dagegen heißts ſcherzhaft in Kärtnifche Volksl. 


Diandle, was denkſt der, Und du ſieg (fiehſt) mer nit drin, 
Mei Herz id fa Fenfter, Wie falfh dag i bin. — 


600°. Ber Gleichgültige. 


Langſam. Mel. aus Franken. Kr. J. Nr. 180. 





Scha⸗tzetl da ſtehn, wie die rotb Nä— gerl ſo ſchön. 


1. Wenn ich zum Thor hinaus geh, 2. Mädchen, was denkſt von mir, 
Setz ich mein Hütchen in die Höh; Daß du mich thueſt verir? 
Wenn id dann weiter fumm, Meinft du, daß ich mich kränk, 
Seh ih mid rund und um, Dver ins Wafler jent? 

Seh da mein Schätchen ftehn, Liegt ja die Schul am bir, 
Mit ihr blau Aeuglein ſchön. Daß du fo bandelft mit mir. 


3. Mutter, was kochen wir heut Nadt? 
Nudeln, daß's donnert und fradit. 
Nudeln zum Sapperment, 

Nudeln find angebrennt, 
Unten und oben gan, ſchwarz, 
Frißt ja kein Hund noch fein Rat. 


Zert aus Münfter: Münfterfhe Geſchichten 1825, ©. 219. Die erfte Stropbe ift dem frän- 
fifhen Lied „Wenn ih nah Wappushof geb” beinabe wörtlih gleich, weshalb diefe Mel. vorge⸗ 
fept iſt. Ziemlich gleih bei Schottky, öfter. BL, 1817: „Wiar i von Zell außi geb, ſeß i main 
Huderl in d’ Höh X.“ — Im Dvenwald fang man: „Wenn ih nah Michelsbach geb, ſchwenk ich 
mein Hütel in dHöh. Wenn ih Stück nauße fumm, ſchau ich mid rundi-dum: Seh ih wohl 
Linnefeld ſtehn, aber mein Schägel nicht mehr.“ 

Aus Weftfalen (Keſtner's Hdſchr.) eine ähnlihe Mel. mit dem UAnfange: „Wenn du mein 
Liebchen willft fein, fo mußt du mich lieben allein.” — 

Driginell und altertbümlich find die dDreitaftigen Rhythmen, die aud in der ſchlefiſchen 
Lesart (unten b) bemerkbar find. Bermutblich war es eine fübdeutfche Tanzweife, die aber auch 
nah Weftfalen und Schlefien gelangt ift. 


421 


600°, Bermahnung an den Geliebten. 
Langſam. Aus Neiße in Schlefien. 1857. 










N 
1. Wenn id zum XThü- rel’ naus geb, fo ſchwing ich mein Hütchen in die Höh. 





= 
Wenn ih ein Stüd wei= ter fomm, ſeh ich mich zwei= dreimal um, ſeh ih mein 








Schaͤtz⸗chen ſchon ftehn, wie ei-me Ro«⸗ſe fo ſchoͤn. 
2.,Ei Nellen und Rosmarin 3.Wenn du mein Schätzchen wiltft 
Schätzchen, jett ſcheid ih von dir!“ fein, 
„Scheideſt du oder nicht, So mußt du mid lieben allein, 
Schätzchen, ih laß dich nicht. Mußt öfters zu Haufe bleib'n 
Hab did geliebt und lieb dich noch, Mußt nicht andre Mädel frei'n. 
Kein Andrer ift mir lieber als du, Wenn du das aber nicht thuft, 


So hab ih zum Lieben feine Luft.‘ 


4.,Der Bater hat ſchon gefagt: 
Nehmt euch vorm Lieben in Acht, 
Auf daß man eu nicht erblidt 
Beide beim Tageslicht 
Hilft dann fein Bitten, fein Kath, 
Das Schätzel muß werben Solvat.“ 


601. Bergiß nicht mein! 


1. Wer kann verbenten mid, 2. Ohne dich muß ich jest fein, 
Daß ih fo liebe dich? Das bilft du dir ſchon ein. 
Diejes hat deine Schönheit gemadıt, Was wir Zwei haben gerebt, 
Die hat mich zum Lieben gebradt. Sol fein mit Roſen bededt. 

Bergiß nicht mein! Vergiß nicht mein! 


3. Wann man mid legt ins Grab, 
Sp komm brich Rofen ab! 
Schreibe an das Kreuze mein: 
Hier liegt der Getreuefte dein. 

Vergiß nicht mein! 


Aus Uhland's Nahlaf: Handihrift 1842 von Alb, Schott. 


422 


602°. Abteumpfen zwifchen Burſchen und Mädchen, 


Cothen bei Reuftadt-Eberöwalde. 1858. Don Mädchen gehört. 






und wir al» [e wir fen-nen und 


—7 
al «Te, ja ja ja und wir al ⸗le, 





Andere Melodie. 
Aus Weltfalen, bandichr. 18031812 (Keftner’d Hpfr.). 



















les ben, ja wir Bei» de, ja 










un) Tnkbinieiiigpise ze eier" — 

u RE A > TI) HERREN Em | 
——— 

—— —— — 


ja wir Bei-de be» füms mem und nicht. 











ja wir Bei» de, ja 
2. Wer etwas Berjchwiegnes, Verſchloſſnes will haben :] 
: Der muß e8 feinm Mädchen :| in der Liebe nur fagen. 


3. Dann bleibt e8 verjchwiegen, dann bleibt e8 verſchloſſen, 
: Sowie man das Wafler :| in die Donau gegoffen. 


4. Ei fo will ih do num und nimmer fein Mädchen mehr lieben, 
Denn fie ift ja für fih und ich bleibe für mid. 


5. Solde Mannsleut, wie ihr feid, die gibt e8 fehr viele, 
Denn fie wahfen in Halle, wie die Schweine im Stalle. 


6. Solde Mädchen wie wir find, die giebt es fehr wenig, 
l: Denn fie wachſen in Sadjen, wie die Rofen-Drangen. 


Mel, gleih aus Küftrin vor 1860 mit dem Tertfragment der 2. Str.: Wer etwas verfchmwieg- 
nes in Seelow will haben, der darfs ja fein Mädchen :: :]: in Seelow nicht fagen. 


423 
60%. Ohne Horgen. 


Aus Bettenbaufen i. d. Wetterau. 1890, in Würges im Taunus. 1879. 
iner, Zwei. 





2. Sattle mir e8 ein Pferd 4. Iſt au es kein Stern 
Auf dem ich mag reiten. Der auf uns leuchtet 
|: Einer: Auf dem id I: Einer: Ei jo glänzt ja 
Zwei: meim Lieben :] Zwei: Der Himmel, :| 
Ale: Auf dem ich mein Liebchen Ale: Ei fo glänzt ja der Himmel 
Entgegen thu reitn. Beftändig Davon. 
3. Und ift e8 aud Einer 5. Wer weiß} denn, wo und 
Der uns nit mag leiden Das Glück nod leuchtet. 
|: Einer: Ei der muß je |: Einer: Ei das kann ja 
Zwei: Aus unfer :| Zwei: nod heute. :| 
Ale: Ei der muß ja ans unſer' Ale: Ei das kann ja noch heute 


Geſellſchaft hauß'n bleibn. Oder Morgen geſchehn. 


603. Bas verlaſſene Diendl. 


Maͤßig langſam. Aus dem bayeriſchen Hochlande. 





bab i heunt woa » na ſehn: und do 





hab i's holt afragt, wad nm Dien » DI » id gſchehn? 


2. Und's Diendl hot gfagt: 4.,3 bin a arms Diendl 
„Warum folt i nit woan? Kumm nimmer auf d'Höh; 
Und mei Bue der is gflorbn, Hab koan Batern, koa Mutter, 
Und jest bin i alloan.” Koa Bübl nit meh,” 

3. Ei du wunderliebs Diendl 5. Und du wunderliebs DiendI, 
Hör auf mit dein Woan: Hör auf mit den Woan; 

Du darfft um a Büberl, Schau, i wüht dir a Büberl: 
Das gftorbn is, nit woan. Geh, bleib nit alloan! 


Aus: „Bayerifhe Gebirgälieder .. . von Eugen Neureuther. Münden 1831. Heft L, erſtes 
Blatt. Ein dazu gehöriged BL. trägt die Ueberſchrift: Eugen Reureutber, fecit 1829. — 

Daber —X 4, 315. Rrep! mer II, Rr. 198, Erk, Liederh. Nr. 71. Mittler 704. 
Schottky 1836, ©. 150. Schmeller, Mundarten 538. F. v. Kobell, oberbair, Boltsl. 1860, Nr. 19, 
im Text mundartlih etwas abweichend. — 


424 
604. Mei Bienei. 


Sanft. Oberbayriſches Gebitgslied. 






woaß a ſchöns Die» nei, dad hot an ſchön Gang. 


2.36 woaß a fhöni Alm 5. Und i fo’ nimmer fign, 
Und die hat an’ Kleeplag: I fo’ nimmer ſteh', 

Und da geht dees ſchö Dienei Und i muaß zu ihr auffi, 
Und dees i8 mei Schatz. Auf d'Alm auffi geb. 

3. Und beim Dienet feiner Hütt'n 6. Aus 'n Thal bin i ganga, 
Da finga die Schwalbn, Auf d'Alm bin i g’vennt, 
Und da laufe die Gambjein Und do hats mi do’ weitn 
Glei' Her über d'Alm. In Juchezn kennt. 

4. Mei Lebn und mei Freud, 7. Du flachshaarets Diendel 
Und mei Kopf und mei Sinn Di bon i fo gern, 

38 allweil beim Dienei Und i kunnt wegn den Flache 
In der Almhüttn Hin. Glei' a Spinnradl wer'n. 


a Eh Gebirgslied vom Schlierfe. Mündlih bei G. Scherer * Volksl. 
Nr. 63 (dort auch die Mel). — Vergl. „Bayeriſche Gebitgslieder mit Bildern von € eureutber. 
Münden 1831. Heft 1, BL. 2; — und „Dberbayerifche Lieder“, gefammelt von F. v. Kobell. 
Münden 1860, Ar. 38. — 

er ar "unter Schnaderhüpfln begegnet und der Anfang, fo 3. B. in Kärntniſchen Bolte- 
iebern 


1.3 wah a ſchöns Glöderl, 2. Das Diandi dad möcht i, 
Das hat an ſchön Klang, Das hätt i fo gern, 
J waß a fhönd Diandl, Das hat a Bar Äuglen, 
Das hat an fhön Gang. Als wie a Paar Stern. 


Bergl. Hoffmann, ſchleſ. BR. ©. 101. 


605. en 









1. Schauts au» Fi, wied regn't, — au⸗ — or — ſchauts au» Ri mies 


Wafrfer vom Dach a- bi ſchießt. — N heut woa=nen 








ſehn, und? do hab FT halt g’fragt, wad m Diern⸗dl id g'ſchehn. 
* Am Schluß jeder Strophe wird der erfte Sag „Schauts augi ac.” wiederholt. 


425 


1. Schaut's außi wie's regnet, 4.,„Ei du wunderlichs Dierndl 
Schaut außi wies gießt, Hör auf mit dei'm Woa'n: 
Schaut außi wie d' Regen Du darfſt um a Büeberl 
Vom Dach abi ſchießt. Der gſtorben is, nit woan'n!“ 

2. Gar'n wunderlich Dierndel 5.,9 bin a arms Dierndl 
Hab i heut woanen g’jehn, Kumm nimmer auf v’Höh, 
Und da hab i8 halt gfragt, Hab koan Bater, loa Mutter, 
Was am Dierndel iS gſchehn. Ka Büeberl nit meh!‘ 

3. Und 's Dierndel hat gjagt: 6. Und du wunderliebs Dierndl 
‚Warum fullt i nit woa'n? Hör auf mit dei'm Woan'n! 
Und mei Bua der is geftorb'n Schau, i wüht dir a Büeberl, 
Und jest bin i alloan.‘ — Geh, bleib nit alloan! 


Aus dem Bayerifhen Hochlande. Erf, Liedertafel 1882, Nr. 101 (Sap von Fr. Riegel in 
rn Krepfchmer BR, II, 203. Härtel, Liederlerit. Nr. 636, Allgem. deutfched Commersb., 
ang. 


J Ertlärung: 1, 1aufi hinaus. 2,1 Diemdel = Mädchen. 2, 2 woanen == meinen. 


606. Haube oder Iungfrau bleiben? 


Melodie: „Da droben auf jenem Berge“. 


1. Mein Bübli iſch e Strider, 3.„Ad nein, will fie nit binden 
Er firidt e mande Nadıt, Wild noch mehr fliegen lahn, 
Er firidt an einer |: Haube, ;| Bis ander Jahr 1 Sommer || 
Siſch' noch nit ausgemadt. Bil zu dem Tanze gahn. 

2. Bon Seiden iſch die Haube, 4. Mit Freuden zu dem Tanze 
Bon Sammet ifh die Schnur: Mit Trauren wieder beim: 
„Biſch du ein wadres |; Mäple, :] So geht e8 jedem |: Mäpdle, :] 
Bind' du dein Härle zu.‘ Und nit nur mir allein! 


MWohom III, 59. Schwäbiſches Volkslied, mündlih. Die Fortiegung des Terted dort bringt 
das Lied: Da droben auf jenem Berge ac.; damit ift die Mel, verrathen. 





607. Liebesgnal. 


| Allegretto. —— Silcher, Heft 8, Nr. 12. 




















1. Und ſGan ich hin, ſo * du ber, dad macht mein Sen fo ſchwer, fo fer; und 










BEE . SuSE) „ NDR] IE TENEEESRENGER 
——— —⸗ EN MEN (Em Hemmer ee VVV——— 
u 7 Dep nn nn nn DE nn nn En nn Mu. RS - DEE 
— — —— — m Tg u Ga 









ein »zigdsmal, ein ein⸗zigs⸗-mal mit-leideswol auf mei-ne Lie-bei + qual! 


426 


2. Und komm ih an, fo gehft du meg, 
Das fegt mein Herz in Schred, in Schred; 
Und will ih nad, fo ſchiltſt du laut, 
Daß Alles nah mir fchaut. 

D bleib nur ein einzigsmal 
Tröftend ftehn bei meiner Liebesqual! 

3. Und fpredhe ich, fo ſchweigt dein Mund, 
Das ftiht mein Herz fo wund, jo wund, 
Und fag ih ja, fo fagft du nein! 

Das maht mir große Bein. 
O ſprich nur ein einzigsmal 
Mitleidsvoll in meine Liebesqual. 

4. Und weine ich, ſo lacheſt du, 

Das ſchnürt mein Herz ſo zu, ſo zu, 
Und lächle ich, dann weineſt du, 
Das ſcheucht mir alle Ruh. 

O wein nur ein einzigsmal, 

Still und mild in meine Liebesqual! 

5. Doch, Herlein, das iſt ja dein Brauch, 
Gerade ſo bei Andern auch, 

Und weil du mich am meiſten fliehſt, 
Glaub ich, daß du mir glühſt. 

O glüh nur ein einzigsmal 

Licht und warm in Liebesqual! *) 


* Nah der Schlufftrophe wirb der erfte Theil der Melodie wiederholt, um mit dem Grund: 
ton zu fließen. 





605. Liebesbetheuerung. 
Aus dem Naffauifhen und Oberheſſen. 















Sh lie» be did, fo lang ib Te= ben wer «- de, fo lang ein 





Er > de, Bid Got» td En + gel einft die Tod «ten weckt! 


2. Ach Mädchen habe doch Erbarmen 
Mit deinem freund, der dich fo zärtlich liebt! 
O ſchließ ihn ein im deine zarten Arme, 
Der Leib und Leben gerne für dich giebt! 

3. Ja Alles, Alles will ich für dich wagen, 
Was nur zu wagen irgend möglich ift; 
Ja felbft den Tod will ich für dich ertragen, 
So theuer mir ja aud das Leben ift. 


427 


4, 9a Tiebft du mich, vertaufch ich nicht mein Leben 
Ja nicht mit dem, der Kron’ und Scepter trägt; 
Was du mir giebft, kann nur ein Gott mir geben, 
Denn deine Lieb" maht Herz und Sinn bewegt. 


Reueres Lied, erft feit ungefähr 1850 am Rhein gefungen. Tert und Melodie mehrfach aus 
münbf. Ueberlieferung in Hefjen-Raffau, duch E. Wolftam in Dillenburg und Ph. Lewalter 
in Bibled, deffen Bruder hatte ed aus der Fremde mitgebraht (nm 1860). Der Tert ift noch 
länger, aber die Fortjegung zu ſüßlich. 

Auch aus dem Elſaß in einem um 1850 gefchriebenen Liederheft, darin heit 3, 4: Wenn 
deine Lieb nur einzig ift für mid, Statt der Schlußſtrophe fteht folgende: 


Ja alles, alles will ih für dic laffen, 

Ja alles fütag ih aus dem Sinn, 

Dennoch bleib id; auf meiner rechten Straße, 
Obſchon ich gleich ein Fremdling. — 


Bergl. Mündel ©. 80, K. Beder, Rhein. BL, Nr, 147 Ya gen Xert, der auch kunſtge⸗ 
rechter ift!). Bermuthlich ift durch fl. Blätter der Tert unter'd Volk gefommen. 





609. Mein allerliebfter Gans. 


Aus dem Elſaß. Wederlin II, ©. 182. 


emmmisriröuueeid . EEE Gi u — —— ar 

sem BREUER A TE N — 

IT TI m Mg 17T 2 
‚ JJ—— ce [| * ur 


Ich und mein al » ler« lieb-fter Hand, wir find zwei ſchõ .ne Leun⸗ite; 
Wir küf« fen und, wir drü⸗cken und, dies war mein’ größ » te Freu- de. 





— — 
















Sagt ihr Leu te, was fang ib an, daß ih den Hand be » fomsmen 


fann? Und fagt ihr 2euste, was fang ih an, daß ich den Hand besftommen Tann? 


2. Am Sonntag an der Kirchenthür 3. Am Montag, wenn'r an db’ Arbeit geht, 
Da fteht er in Parade, Da Hopft er an das Läden, 
Mit ſchwarzen Hofen, weißen Strümpf Er küſſet mich, er drüdet mid: 
Er hat fo jhöne Wade! ‚Sutn Morgen, liebes Gretchen ! 
Sagt ihr Leute ꝛc. Sagt ihr Leute ꝛc. 


4. Das ift das Lied von meinem Hans, 
Er hat mir wohlgefallen: 
Er ift der Schönft im ganzen Thal, 
Das wiflen’s, ſagen's alle, 
Sagt ihr Leute ıc. 


BWederlin bemerkt, dab ihm dieſes Lied von einem Fabrifarbeiter in Gebweiler mit großer 
Emphaſe und Uebertreibung vorgefungen worden fei. 


428 


610. Lerſchmähte Liebe, 


Ländler. Steiriſches Lied, um 1840 befannt. 









ei Dien» bel id barb*auf mi, i weiß nit wa= rum? und 





wenns nit bald gut wird, fo bring i mi um! Sept führt ma's ein 





nim-ma mebr ganz; dasbrichtmir mei Her - ze, wird nim-ma mehr ganz. 





2.3 habs ihr verſprochen, habs heirathen well'n, 
I muß mi no amal an’s Fenfterl hinſtell'n. 
Wills nomal verfuhen, will nomal fie frag'n, 
Bil nomal mei Herzerl zum Fenſterl hintrag'n. 


3.3 hab fhon woln Hopfen und hab mi net traut; 
Jetzt hab i fo trauri zum Fenſterl' neing'ſchaut; 
Denn wenn ma bei Dienderl ein'n Andern drin fiebt, 
Ma ſollts gar wit glauben, wie hart daß eim g’fchieht. 


4. Mei Dienderl, mei Dienverl, w'rum bleibjt mir nit treu? 
J muß di jet laflen, mei Glück 18 vorbei! 
Du wirſt's fhon bereuen, geh immer nur zu: 
D Herr Gott im Himmel, o ſchenk mir jest Ruh! 


* barb, herb — böſe, mißmuthig. 





429 


611. Wunſch noch ledig zu fein. 


Bermuthl. alte Tanzmelodie. Elſaß, Wederlin IL, ©. 206. 






Wenn ih noch le » dig mär, gäb ih mein’ Fin» ger ber, Fin⸗ger von 
Ati» 0» lo, ti» o = box. 





mei « ner Hand, dad ift be » kannt. 


Dieſes Scherzliedchen ift im ganzen Elſaß bekannt. Wederlin bat es Fabrilarbeitern nachge⸗ 
ihrieben. Die Melodie wird wiederholt mit den 3 Silben: Triolo x. (immerfort). 


612. Ber Herzensdich. 


1.Bom Bald bin ih fommen, 3. Gib mir, was du geitohlen, 
Wo's ſtockfinſter ift, Heraus gib mir mein Herz! 
Und ich lieb dich von Herzen, Du behalts nur, du behalts nur, 
Das glaub mir gewiß. Es war ja nur mein Scherz. 

2. Da lacht er, da lacht er 4. Du behalts nur, behalts nur, 
Der ſchelmiſche Dieb! Es war ja nur mein Scherz: 
Als wenn er nicht wüßte, Ih gehör dein, bu gehörft mein 
Wie ih ihn hab lieb. Zufammen das Herz. 


Im „Sejenbeimer Liederbuch“. Ausg. zu „Goethe's Friederike” von Freimund Pfeiffer 1844, 
©. 135. Jede Strophe fließt mit: Ei ja, ei ja, ei ei, ei ei, ei ja, ei ja. (Art Jodeln. 
Scheinbar Volkslied, fteht gleich hinter: D Straßburg ⁊c. Weberfhrift von mir, im Orig. keine. — 


613. An den Abendftern. 
Ruhig. Aus Weſtſalen (Keſtner's Handihrift*). Bor 1820. 






Mia 
BAND, 





fer » ne feb, fo ge» dent ih: ab hätt ich dich! Schön + fte 






weine nicht, ih Bin ver » liebt in dich! 
* Mebr Tert dort nicht. Zur Ergänzung dient der ganz gleiche ſchweizeriſche: 


430 


1. Schönfter Obedſtern! 3. Schönftes Röfeli roth! 
Ei, wie gje-n-ih dich fo gern! Will did liebe bis in Tod. 
Wenn ich did vo Witen gie, Will dich liebe us Herzes Grund, 
Denkt mein Herz, du feift bi mir, Will dich liebe Tag und Stumd. 
Refr.: Schönfti, weine nicht, ih bin Refr.: Schönfti x. 
verliebt mit bir. 
2. Schönfte Tulipan! 4. Schönftes Röſeli mein! 
Dini Schönheit laht mid an, Chönt ich ellei chlei bei dir fein! 
's iſt kei ſchönri uf der Welt, Du bift mein und ich bin beim, 
Die mim Herze beſſer g'fällt. Keines andern lieber fein. 
Refr.: Schönfti, weine nicht zc. Refr.: Schönfti ꝛc. 


Handſchriftlich bei Stutz. Daher Tobler, Schweizeriſche VL. I, ©. 135. Jedenfalls alte, 
ſchöne Melodie und älter als Wagner's Lied an den Abendſtern (Tannhäuſer). 


J 1,5 verliebt, verlobt. 4,2 chlei, klein wenig. 


614. Trutz nit fo! 
Munter. Elſaſſiſch. 











Trutz nit fo, trug nit ſo,'s kummt e Zit biſch wiederum froh! Trug nit fo, 







. 
ei ar te ni er: 
er wumn "yeiiiEN „ TORBEE: „_ TEEN In. BEA 

—— 
Na 7, 










trup nit fo, "shummt e Bit bifh wierum froh. 


2, Meini Frau und deine Frau 4. Gieng einmal wol in die Stadt, 
Sind zwei ſcheeni Weiber: Wo es jhöne Mädchen hat, 
Eine liebt ein Zimmermann I frag die erft, i frag die zweit, 
Die andere ein Schreiber. Die dritte gab mir fein Beſcheid. 

3, Gieng einmal wol über d’Brüd, 5. Hab’ einmal ein Schätle gehabt, 


Da hat mein’ Schaf ein Anderer gliebt; I ba gemeint e& liebet mid); 
DubiftmeinSchag, du bleibſt meinSchatz, Hab nachg'fragt: 's hat zwölf gehabt 
Und wenn du ſcho en Andren haft. Der dreizehnt alfo, der war id. 


Aus dem Elſaß: Wederlin II, ©. 322. Diefe luftige Melodie ift dem neueren Volkslied 
„Ad Gott es drudt das Herz mir ab“ — als Refrain angefügt. 


615. Herzensbeklemmung. 


Solo. Neueres Volkslied vom Schwarzwald. Nach Ert's Notirung 1882, 





















— —— 
Ach Gott, es druckt das Herz mir ab, daß i meinsSchatz ver-lo⸗ren hab! Wo 








431 
Chor. (Etwas fihneller.) 


__ NT, ,_ 8 
I 23 0 1 5 75 — 





er — — Ar 
I — — —— Ei 0er u‘ | 
De a U Ve 
Diud nit fo, drud nit fo! vkommt die Zeit bift wie» drum frob; 


zoomen 





@B. \ 5 — — — — — 


drud nit fo, drud mit fo! 'skommt die Zeit, bift wie» drum frob. 


2, Er fam des Nachts an meine Thür, 4, Und nimmt er fih 'en andre Schatz, 


Da lag e' Schloß und Riegel für; So Spring i gleich mit einem Sat 
Er rief wol eim«, er rief wol zwei- Wohl in den Bad, wohl in den See, 
Er rief wol dreimal mir, Wohl in das tiefe Meer. 

Drud nit jo x. Drud nit fo x. 

3., Geh du nur hin, geh du nur bin! 5. En andren Schaß den nimmt er net, 
Und bin i net nad deinem Sum, Und in das Meer da fpring i net! 
So nimm dir nur e'n andern Schaß, Ruft er des Nachts nur einmal mir, 
Und fümmer di net drum!" So braudt ers treimal nit. 

Drud nit fo ꝛc. Drud nit fo x. 


Neuered Volkslied aus Baden und Würtemberg (Schwarzwald). Tert nah Erf, Liedertafel, 
7. Heft Rr. 151 (1882). Auch ich hörte ed 1885 von einem Schloffer, der es als Handwerkeburfe 
1875 in Baden mitgefungen hatte. — 

Das Lied ift eine Umbildung eines Gedichts von D. Roquette 1854, dad nur 3 Strophen 
bat, davon die Anfangäftropbe lautet: 


„Ad; Gott, ed drudt dad Her; mir ab 
Dap i mem Schap Balet geb’n hab! 
Sch ſuch ihn bier, ih ſuch ihm dort, 
* ſuche ihn an jedem Ort. 

Druck nicht ſo, druck nicht ſo, 
's kommt die Zeit, wirft widrum froh. 


Die Mel, ift von Jul. Thümmel 1854 mit Roquettes Tert erfhienen. Das Driginal etwas 
anders (f. Liederb. des deutfchen Bolked Lpz. 1883, Nr. 483). Den Kehrreim hörte ih in Y/eXaft 
luſtig fingen, fo wie Rr. 614 oben. 


616. Abers Heirathen fallt mir nicht ein. 


Mäfig bewegt. Bolfämel. 1846. (Bon einem Reiermann in Groß-Gerau gebört). 





Deine, weirne, weisne nur nicht! ih will dich Tiesben,asber bei» rasthen nicht. 





Ich will di Lieben, niemald be» trüben, will treu dir fein, will treu dir fein: 





aber's Heire »rasthen, aber'd Per »t « rasthen, das fällt mir nicht ein! 


432 


2. Glaube, glaube, glaube nur feft 3. Hoffe, hoffe, Hoffe mein Kind, 
Daß melne Liebe dich niemals verläßt Daß meine Wort ſtets aufrihtig find 
Wenn ich auch wandre, foll keine Andre Immer beftändig, niemals abwendig, 
Die Meinige fein, die Meinige fein: Wil treu dir fein, will treu dir fein: 
Abers Heirathen, abers Hetrathen, das Abers Heirathen ꝛc. 
fällt mir nicht ein. 


Wenig abweichend iſt die alte Lesart bei Elwert, Ungedruckte Reſte, 1784, S. 41. 


1. Weine, weine, weine nur nicht! 2. Glaube, glaube, glaube nur feſt, 
Ich will dich lieben, doch heute nicht; Daß did mein Treu niemals verläßt. 
Ich will dich ehren, fo viel ih kann: Allzeit beftändig, niemals abmwendig, 
Aber's Nehmen, Wil ich treu fein, 


Aber's Nehmen fteht mir nicht an. Aber gebunden, das geh ih nicht ein. 
3. Hoffe, boffe, hoffe mein Kind, 
Daß meine Worte aufrichtig find. 
Ich tbu dir ſchwören, bei meiner Ehren, 
Daß ich treu bin, 
Aber's Heiratben ift nicht mein Sinn. 


Diefen älteren Tert fomponirte C. M. v. Weber Op. 54. Peterrd Auswahl Rr. 7 fo: 





Ob ihm die Vollksweiſe vorſchwebte, bleibt unentſchieden, nur diefe 4 Takte flimmen ziemlich 
mit ihr überein, 


617. Lieb und Leid, 


Etwas bewegt. z Aus dem Taunus 1877. 





das nicht füfe Freu⸗den, wem die Lieb von beisden fpricht! 


2. Wer Rofen da will breden, 3. Die ich fo gerne hätte, 
Der ſcheu die Dornen nicht! Die ift mir nicht erlaubt, 
Wenn fie auch gleich heftig ſtechen, Ein Andrer fteht am Brette, 
Genießt man fie do friſch. Der fie mir bat geraubt. 


4. Wenn ich einit fterben werde, 
Auf dem Topbett fchlafen ein, 
Solft du auf meim Grabftein lejen: 
„Hier liegt der Getreufte mein!” 


Mei. und 1. Str. aus dem Taunus (1877) durch Ph. Lewalter. Beinab gleichlautend von 
Friß Ert 1837 in der Gegend von Darmftadt aufgefchrieben. Text durch W. Plönnied 1854 mehr- 
fah aus Darmftadbt. Ganz ähnlicher Tert aus dem Erzgebirge bei Müller ©. 55. 


433 


617’. Lieb und Leid, 


Vielfach aus dem Elfaß 1889. 





Wer lie» ben will, muß lei= den, ohne Leiden liebt man nicht. 





ſpricht! 


2. Wer Roſen will abbrechen, 
Der ſcheu die Dornen nicht. 
Wenn ſie gleich heftig ſtechen, 
So genießt man doch die Frücht. 


3. Mich drückt, ich darfs nicht ſagen 
Mich drückt ein hartes Joch; 
Mich drückts und ich darfs nicht klagen, 
Ach Himmel, hilf mir doch! 


4. Die ich ſo gerne hätte, 
Die iſt mir nicht erlaubt; 
Ein Andrer ſitzt am Brette, 
Hat mir mein Herz geraubt. 


5. Hätt' ich dich nie geſehen, 
Wie glücklich könnt ich ſein! 
Aber leider iſts geſchehen: 
Mein Herz iſt nicht mehr mein! 


Dielfah im Elſaß aufgeſchrieben durch Seminariſten 1889: aus Schweighauſen bei Ergenau 
und in Lembach. Längerer Text im Liederb. eines Mädchens 1855 zu Metzeral. — Abweichend aus 
anderen Kreiſen: Mündel Nr. 42, mit Strophen anderer Lieder vermiſcht. Vergl. auch Böckel, DE. 
aus Oberheſſen ©. 93 und Beder, Rhein. BL. Nr. 152, 


Örundlage des voranftehenden Liedes 1820. 


1. Mer lieben will, muß leiden, 3. Den ich fo gerne hätte, 

Denn ohne Leiden liebt man nicht. Der ift mir nicht erlaubt; 

Sind das nicht ſüße Freuden, Eine Andre faß ihm zur Seite, 
Wenn die Liebe von Beiden gefhicht! Denn die hat mir ihn geraubt. 
Wer die Rofe will abypflüden, Wär ich bei diefem Kaufe 

Muß die Domen aud vernichten; Die erfte Käufrin gewefen, 

Ob fie gleich jo fchmerzbaft ftechen :]: D dann hätt ih, o dann hätt ich :: 
So genieht man doch die Frudt. Den Prozeß felbft aufgelöft. 
. Ic liebe, darfs nicht jagen 4. Drum trodnet euch, ihr Thränen, 
D du hartes ſchweres Joch! D ihr Seufzer bebet euch! 

Ich brenne und darfs nicht Flagen, Und fagt ed euren Schönen, 
Denn mein Herz das liebt ihn noch. Denn ich geb in's Todtenreich, 
Ich gräme mich faft täglich, Weil er mich nicht mebr licbet, 
Aber alles ift vergeblich: Das thät mich ganz betrüben, 


[5] 


181 


Drum, ihr Schönen, ſagt's ihm doch, :|: 
Denn mein Herz das liebt ihn noch. 


3. Bl. „Drei neue Lieder (dad 1.). 
5 bie 1820). 


Erf u. Böhme, tiederhort. 11, 


Gedr. bei Langband, Altonaer Thor. 


D Himmel, o Himmel! : 
D Himmel, hilf mir doch! 


Hamburg (um 


25 


434 
615. Regeln für Liebende. 


1. Wer lieben will, muß leiden 2. Thut ihn ſchon was betrüben, 
Und fein Bergnügen meiden, Muß an fih lernen üben 
Nicht reden, denken viel, In Schweigen und Geduld; 
Berborgne Schmerzen tragen Wann's Herz rent, muß man lachen, 
Sein Leiden Niemand Hagen, Sich ftelen wie die Sachen 
Und leiden in der Still: So auch den Schein vergulbt 
Das ift der Liebe Ziel. Und leiden ohne Schuld. 


3. Das hab id auch empfunden, 
Weil mid die Lieb gebunden 
Mit ihrem Bande hält; 

Drum werd id treu verbleiben, 
Aufs Grab mir laſſen ſchreiben: 
Hier hat fi eingeftellt 

Der Treufte von der Welt. 


Auf einer Handihrift, Mitte des 18. Jahrh., abgeichrieben dur Hoffmann v. F., 1843 an 
Erf gegeben. Nah Inhalt und Form ein anderes, ald das jept gefungene Lied, 


619. Lebe wohl, vergig mein nicht! 


Schr mäßig. Aus dem Untertaunus (Würges) 1877. 





Arte Leuste fol » lens wiſ ⸗ſen, 2 ig 46. 
wa⸗ rum mei ⸗ ne Thra⸗ men flie⸗ Ben und mein Herz ſo ttau- rig if: 


in 


BE ne — — — — — — 


le «be, le«be wohl, ver-—⸗giß mein nicht! 


Abweihungen. 
Langſam. Aus der Wetterau ı und dem Dillfreife 1890, 






A = Te Leu: te fol» lens wii» fen, 
warum mei«-ne Thrä⸗nen 


flie» fen und mein Herz fo traurig if: 











ge ebe, Te» be wohl und ver«giß mei-ner nicht! 


Andere M-elodie. 
Semuütbvoll. . Aus Thüringen 1850. 















Alsle Leu-te ſol-hens mwifefen, wa-rum mei « me Thrämen flie» fen und mein 


— — — — — — 





Herz fo trauerig iſt. Le— be wohl, ver » gig mein nicht! 


435 
2. Liebes Mädchen, 's geht zu Ende, 4, Liebes Mädchen, laß dich küffen 


Reih mir deine zarten Hände Und das Band der Liebe fliehen. 
Und dein holdes Angefidt: Dieſes Band der Piebe fpridt: 
Lebe wohl, vergiß mein nicht! Lebe wohl, vergiß mein nicht! 

3. Bater, Mutter wollens nicht leiden, 5. Auf meim Grabftein kannſt du lefen, 
Darım müfjen wir uns ſcheiden Wie ih dir fo treu geweſen, 
In ein Sand, wo's beſſer ift: Wie ih dich fo treu geliebt: 
Lebe wohl, vergif mein nicht! Lebe wohl, vergiß mein nicht! 


Zert und Mel. aus dem Untertaunus 1877 durh Ph. Lewalter. Wenig abweichend im 
Naffauerlande und in der Wetterau 1890. Wieder etwas anders und mit anderer Mel. aud Thü— 
ringen vor 1850 (f. Härtel, iederleriton). 


Barianten: 1, 1 Alle Leutchen (Reutcher) wollens wiſſen (Naffau). 2, 1 Schönfter, 
Schag, jept gehts zu Ende. 2,3 lieblich Angeſicht. 3,1 Meine Eltern thuns nicht leiden. 
4, 2 Und in deine Arme fchliefen. 4, 3 weil dein Herz fo freundlich if. 3,3 dad ir ift. 
5. Auf dem Grabftein fannft du pflanzen eine Blum und Rojenkranze, eine Blume die da ſpricht: 
Lebe wohl, vergiß meiner nicht! (Raffau.) 


620. Gelöbniß der Treue, 


1.&8 ift Zeit zu offenbaren 3,9 will nicht von dir ablaffen 
Und zu flagen meinen Schmerz: Nicht von deiner Treu abftehn, 
Schönfter Yüngling, did nur liebet Dis des Himmels Sternlein blafjen 
Ja fürwahr mein treues Hey. Und der Mond zu Grunde geht. 
2.31 dem Lieben, in dem Leiden 4. Bis die Sonne ihren Schein verlieret 
In dem Trübſal, Angſt und Noth: Berg und Hügel fallen ein, 
Nichts kann mich von dir abfheiden, Solleſt du's an mir nit fpüren, 
Als allein der bittre Top! Daß ich dir werd untreu fein! 


Aus dem Elſaß bandihriftlid 1884. 


621. Herzigs Mariandel, 


„ Heiter. Aus dem Elfah. Wederlin IL, ©. 203. 















—— — — — * 
„Her-zigs ® tirandel, wo gehſt du denn hin!“ Ich geb nahStragburg bin, 


7 e 
asno » ni »er ſind.“ No ma ni, la de-ri de⸗ cr. 


2., Herzigs Mariandel, was machſt denn du dort?‘ 
„Ich geb, mir ſuchen ein Mann, der mich ernähren kann.“ 
No na ni, la deri beri. 
.„Herzigs Mariandel, du findeft fein” Mann.‘ 
„Ja, wenn ich find kein Mann, fang ich zu weinen an.“ 
No na ni, la deri beri. 
4., Herzigs Mariandel, das Lied ift gemacht. 
„Iſts gemacht, ſei's gemadt: Lieb hat kein Narı erdacht.“ 
No na ni, la deri deri. 








> 


28° 


436 


622. Mein Mädden. 


Rubig. Aus dem Sundgau, Wederlin, Eli. BL, III, 210. 





Mäd-hen nur (nur), Kat mein Mädschen nur. 
2. Ein fo ſchön Geſicht 4. Jetzt geb ih fo gern 
Hat fein Mädchen nicht, Bei dem Abendftern 
Auf der ganzen Flur (Flur), Auf der Flur nah Haus (Haus), 
Auf der ganzen Flur. Auf der Flur nah Haus. 
3, Bei der Gartenthür 5. Seht das Abendroth 
Hat mein Mädchen mir Das am Himmel ftoht! 
Sanft gedrüdt die Hand (Hand), Mädchen, gute Naht (Nadtt), 


Sanft gebrüdt die Hand. Mädchen, gute Nacht! 


623. Eiferfüdhtelei. 


Dreher. Elſaſſiſch. Wederlin IL, ©. 314. 











Borgel Fiks und Vo-gel als, und fein Fink ift fein Spag, und ein 
were em — — — 











roth-haa-rigs Mä «del will i mit für mi Schaßz. 


2., Du Hunbsfutt, du Spitbue, 4, Wenn du mit dim Schätzle 
Un du Spatenfange, So äugelig witt fi, 
Du biſch geſchter z'Nacht So nim ä Babirle 
Zue mim Schätzele gange.‘ Un wickel's dari. 

3.,9 bin nit binem gſäſſe, 5. Un kaüf'm ä roth Bändle 
J bin numme g'ſtand'n; Un bind äs ſatt zue: 
I ba där's mit gfräſſe, Su kummt dir fe fremder 
S'iſch noch vor der Hand, Schmaroger därzue.“ 


J. 3,1 binem, drinn. 4,2 äugelig, eiferfühtig. 


624. Ber Maiftrauß für den Liebften. 


1.3 hän mim Schag en Maie gmacht, 3.9 hän em dri tho Ziperef, — 
Er foll mer e hole am Samtig 3 Nadıt. Daß er miner nit vergef. 

2.3 hän em dri tho Nägeli 4.9 hän em dri tho Beielichrut — 
Es ſei kei ſübrers Chnäbeli! Jez hän i gmeint, i ſei fi Brut. 


437 


5.9 hän em dri tho Maiero, — 6.3 hän em dri tho Ehillefoppe — 
Die bin i doch fo herzli froh! Er fol mer au li nohe toppe. 
7.9 hän em dri tho Rosmari — 
J boff, er foll min eige fi. 


Handihriftl. bei Stug. Xobler I, 146. 

S 1,2 Er fol mir ihn holen am Samftag zur Naht. 2, 1 Ih hab ihm drein gethan 
(gebunden) Nägelein (Nelfen). 3, 1 Bipereß, GEopreffen. 4, 1 Beielichrut, Beilhentraut. 
5, 1 Maiero, Majoran. 6, 1 Chillefoppe, Kirhen-Diop. 6, 2 nobe toppe, ein wenig nad 
tragen, nachgeben. 


625. Bas Lieben keine Sünde. 


Etwas langfam. Appenzeller Lied 1826. 






Ond 's Lie-be das hal» te mer for Mi Sönd (ju doli duli 
AR 





hu, fa Sönd) wen» me ſchö-ne Mei» te» li fendt (ju doli duli ali 





hu. abi dohudi bo alli hoalli hu, duille ho alli hohidi- o, 





1. Ond's Liebe das halte mer für kä Sönd, 
Wemme ſchöni Meiteli fenbt. 

2. Aber wemme grad wüeſti Meiteli fendt — 
So halte mers Liebe für große Sönd. 

3. Ond alli Meiteli, jongs ond alte, 
Hand äbe e Büebli am Hals. 

4, Die ſäh mit de Zähne, mie Schnupf fo wyß, 
Suecht äben o äs mit allem Flyß. 

5. Ond die mit em Hoor, wie ne Ziegel brennt, 

ben o mit Gwalt emme Büebli norennt. 

6. Ond die mit dem Auge, wie D’Nacht fo hell, 
Hätt gern ä Büebli grad uf der Stell. 

7. Ond die füh mit de Bade, wie Chryde fo roth, 
Berg uf ond ab fümme Büebli nogoht. 

8. Drum män-i, bis d'Welt emol nümme ftobt, 
De Meitleni 'sS Liebe-n-o nit vergoht. 


438 
Tert bei Woß (Schweiger Kubreiben) Nr. 50: Wppenzeller Lied von der Liebe. Text auch 
bei Mittler Ar. 1208, Mel. au in Braga, III. Heft. 


1,2 wemme, wenn man. 2,1 müelte, häßlich. 3,2 Abe, eben. 4,1 ſäh ſſelt) — 
dort. Schnupf, Schnee. 4,2 o äs, auch eine, 5,2 emme, einem; norennt, nachrennt. 
7,2 fömme, feinem; nogoht, nachgebt. 8, 1 män-i, mein ich; nümme, nicht mebr. 8,2 Den 
Mägdlein das Lieben auch nicht vergeht. 


626°. Entfdeidung. 


Melodie: „Stetö in Trauern muß ich leben“. 


1, Kleine Blumen, Heine Blätter — 4. Was nüst mir ein fhöner Garten, 
Reich mir freundlich deine Hand! Wenn ich nichts darinnen hab! 

Und das Band, das und verbinde, Was nügt mir mein junges Yeben, 
Sei fein zartes Rofenband! Wenn ich nichts zu lieben hab? 

2, Wie oft han wir zufanmgefefien 5. Spielet auf, ihr Mufitanten! 
Mande liebe lange Nacht, Spielet auf ein Saitenfpiel, 

Selbft den Schlaf han wir vergefien Mir und meinm Schag zu gefallen, 
Und mit Lieben zugebracht. Mags verdrießen wen es will! 

3. Lieben find zwei fhöne Sachen, 6. Vater, Mutter wollens nicht haben, 
Wenn man keine Falſchheit übt, Schönfter Schag, Das weißt du wohl, 
Freudig thut das Herz mir lachen, Drum thu mir die Wahrheit jagen: 
Wenn man ftündlih ſcharmuzirt. Ob ih wiederkommen ſoll? 


Liederbuch des deutſchen Volkes. Lpz. 1843 Nr. 599. Das Lied, dad vor 1800 entſtanden 
fein mag, ift aus Beftandtbeilen anderer Bolkslieder aufammengefept, nur die Eingangsftropbe ift 
aus Goethe's Gedicht gleichen Anfangs entlehnt und zwar aus deſſen 1. und 4. Str. zufammenge- 
ftoppelt. Goethe dichtete 1771 (Sefenbeimer Liederb, ©. 131): 


1. Kleine Blumen, Heine Blätter 4. Fühle, was das Herz empfindet, 
Streuen wir mit leichter Hand, Reiche frei mir deine Hand, 
Gute junge Früblingsgötter Und das Band, das und verbindet, 
Zändelnd auf ein luftig Band. Sei fein ſchwaches Rofenband. 


Die 3. Strophe bier, die auch zumeilen zu dem Liebesliede: „Ah in Trauem muß ib x.“ 
herangezogen wird, fand Erf ſchon K einem k BI, vom Jahr 1786, wo fie zu dem Liede „Edle 
Seele, du mein Leben“ gehört und etwas abweichend fo lautet: 

Lieben find ‚m ar fhöne Sachen, 

Wenn man feine Falfchbeit ſpürt; 

Täglich thut das Herge lachen 

Wenn man ftündlib fareffirt. 


626°. Bas Bündniß. 


1. Kleine Blümlein, Heine Blätter 3. Und fo lang das Feuer brennet 
Reich ich dir mit leifer Hand, Und die Reben tragen Wein, 
Und das Band, das fie verbindet, Und fo lang das Wafler fliehet, 
It ein rothes Roſenband. Soll und muß die Ehe fein. 

2. Ganz mit Rofen fo umgeben [4. Blaue Augen, ſchwarze Haare 
Reich mir freundlih deine Hand. Haben mid zur Lieb gebracht. 
Auf der Jugend Frühlingszeiten Ders nicht glaubt, der wirds erfahren, 
Folgt der Hochzeit Rofenkranz. Ich habs felber durchgemacht.) 


Aus dem Dillfreid 1885 aufgefhrieben durh Wolfram. Anfangsftropbe ift Umbildung von 
Goethe's Gedicht. * 


439 


627. Getreuheit. 


icht b A 
Reicht bewegt = Aus dem — 










Ge⸗ſtern U» bend da gieng ih wol in dad Win-⸗kel⸗ſpiel, da ſah ich mein Feins— 





lieb» den am Zen « fir — tun » fe tun » fe tunt! am fen = fter ſtehn. 


2. Warum ftehft du vorm Fenfter 3.,, Die Liebe und Getrenheit 
Und winkeſt mir ja nidt, Die ſchick ih dir ja nicht, 
Und ſchickſt mir dein Lieb und Getreuheit Wir beide wir find in der Liebe — 
Zunfe, tunfe, tunk! — Tunke, tunfe, tunk! 
Und Getreuheit nicht?“ In der Liebe verpflicht.“ 


4. Es ſchwimmen fi zwei Blümlein 
Auf einem weißen See, 
Wir beide wir ſcheiden uns nimmer — 
Tunke, tunke, tunk! — 
Uns nimmermehr. 


Reifferſcheid, weſtſ. Volfel. Ar. 28. Unter allen Volksliedern kein entſprechendes gefunden. 


628. Brohende Bitte, 


Gemächlich. Mei. vor 1800. 





vy 
Ah Mädechen nur ei» nen Blick, nur einen Druddei- ner Sand, dad 





wä «re mirbimmelisfhes Glüt ___, das ih noch niesmald em » pfand. 


Die Mel, mit Einſchiebſel für den Scherzverd. 








u. 


2. Amor flug in jener Stunde 4. Lieder die will ih dir fingen 
Als ich dich Engel gefehn Sie flimmen ja alle für did; 
Tief in mein Herz eine Wunde: Ruhe fannft du mir nur bringen, 
Mädchen, ah um mid ifts geſchehn! Ah Mädchen, erhöre du mic! 

3. Die Ruhe ift nun dahin, 5. Das Maß meiner Leiden ift voll, 
Und qualvoll ift jest mein Loos, Sieh Mädchen, diefe Piftol! 
Sterben ift mein Geminn, Geladen mit Pulver und Blei, 


Wahrlih die Leiden find groß. Sie madet von Leiden mid frei. 


440 


6. Ach Mädchen, erhöre mich bald, 7. Liebe macht glüdlih macht Fröhlich, 
Und ſei doch nicht immer fo Halt, Liebe macht arm und macht reich, 
Lindre doch einmal den Schmerz Liebe maht Bettler zum König, 


Und ſchenk mir doch endlich dein Herz. Liebe macht Alles ja gleich. 


Liebeslied vor 1800 entftanden. Solche Liebeöwinfelei mit der Piftole in der Hand ftammt 
aus der verrufenen Wertherperiode. Text bier nah W. Walter, BR. 1841 ©. 193, vor 1830 als 
Handwerksburſch ——— So hörte ih ed auch in Thüringen vor 1840. Erf, Lieder— 
ihag I, Nr. 2 giebt blos 1. und 6. Str. — Niederrheinifches Fragment bei Zurmübhlen Nr. 11, 
Anfang: Liebe ift füßer Honig, Liebe macht glüdlih, macht reih x. (f. oben 7. Str.), dann folgt 
4. und 6. Str. — Abweichend und fehr zerfungen im Elfaß: Mündel Nr. 11. — Die Mel. fand 
Erk auf einem Notenheft für Flöte (um 1800 gefchr.) zu: Liebe macht glücklich, macht 6 — 

Dieſelbe Melodie dient auch zum Soldatenſcherzlied: Immer und ewig im Schritt, Schritt, 
Schritt (Tert fo immerfort wiederholt). Dder „Ad Karel, dir tömet mein Lied, Lied, Lied“ 
(weiter fein Text). 





629. Liebe madıt Alles gleich. 


Aus der Lahngegend. 1880. 






(*) 
Einft ging ib im Tan » nen» wald ber, 


Da hört ih ein Borgel- ei Bad muß dad für cin 


















EEE ——— 
Bo » gel wohl fein: das muß ei » ne Na «ti» gall fein. 


2. Eine Nachtigall kann es nicht fein, 4. Komm, Piebhen, erhöre mid bald! :]: 
Eine Nachtigall ſchlägt nit im Wald, Komm und lindre mir meinen Schmer; 
Sie ſchlägt wie die Wachtel im Strauch Und ſchenk mir auf ewig dein Herz! 
Sie ſchlägt nur im Rofenftraud, 

3. Drunten im Keller beim Faß 5. Die Liebe macht arm und macht reich, :]: 
Da ift e8 bald troden, bald naf. Die Liebe macht Fürften und König — 
Da zapft fih der Wirth pas Bier fürs Gelb, Die Liebe macht Alles gleich. 

Und id liebe, wie mirs gefällt. 


Zu beiden legten Strophen vergl.: Ad Mädchen nur einen Dlid. 


630. Troft beim Abſchied. 
Schlüſſel zum Herzen.) 


1. Benn Zwei von’ander ſcheiden, 3.„Darfft nicht jo weinen, 
Thuts Herzerl gar zu weh! Darfſt nicht jo bang fein! 
Schwimmen die Augen im Wafler, Biſt ein kreuzſauber Dirnel 
Wie d'Fiſcherle im See. Ich laß dich nicht allein. 

2. Wie die Fifherle im See 4. Mein Herz und dein Herz 
Schwimmen hin, ſchwimmen ber, Sind zufammen verbunden; 
Schwimmen auf und nieder: Das Schlüfferl, das das aufſperrt, 


‚Büberl, kommſt bald wieder?‘ Wird nimmer gefunden, 


441 


5.'8 wird nimmer gefunden, 
Und's fperrt nimmer auf, 
's ift ein brennende Lieb 
Und ein Kreuzſchlüſſerl darauf. 


Defter. Volksl., mitgetb. von Tihifhfa und Schotify 1817. Aus dem Dialeft ind Hoch⸗ 
deutich — von Talvy S. 456. 
Der Anfang erinnert an Geibel's ſchönes Lied: Wenn ſich zwei Herzen ſcheiden. 





631. MAond ſcheinlied. 


u bewegt. 


Einzeln, Chor. Bergiſch. 
— 











er ⸗ ſtoh⸗ len gebt der der Mond auf, Dlau, blau Blü- me lein! Durch Sil-ber » wölfschen 
Shor (tafcher) — — 





A 
r—+h —— 


gebt fein Lauf. Ro—ſen im Thal, Män- del im Saal, o ſchön-ſte N fa! 
2. Er fteigt die blaue Luft hindurch, 3.D ſchaue Mond durchs Fenſterlein, 
Blau, blau Blümelein! Blau, blau Blümelein! 
Bis daß er ſchaut auf Löwenburg“. Schön Trude, lock mit deinem Schein! 
Roſen im Thal, Roſen im Thal, 
Mädel im Saal, Mädel im Saal, 
D fhönfte Roſa! D fhönfte Rofa! 


4. Und fiehft du mich und fiehft dur fie, 
Dlau, blau Blümelein! 
Zwei treu're Herzen ſahſt du nie. 
Rofen im Thal, 
Märel im Saal, 
O ſchönſte Rofa! 


Bergiſches Volkslied. Zuerſt gedruckt mit Melodie in: Bardale, herausg. von Prof. Baum- 
ftarf und v. AZuccalmaglio 1829, Nr. 9. Dann 1840 in Kretzſchmer's Boltsliedern I, Rr. 36. 

Denfelben Zert giebt K. Simrot in feinem Werke „Die Rheinländer“. wi ig 1840 ©, 431 
mit folgender Bemerkung: Der Löwenberg, worauf die Löw enburg ſtand einer von den 
7 —* * Siebengebirges. Auf der Löwenburg ſpielt ein (hönee es Boltölied: (folgt 
der Abdrud) 

Das Lied wird am Niederrhein an feftlichen Schwingtag en (bei der Flachsbereitun 
Ende Dftober von jungen Mädchen gefungen, wie v. ———— handſchriftlich bemerkt. An 
in der Kölner Zeitung 5. Dec. 1847 wird erzählt: 

„Nachdem die — ſich in —2* vor ihrem Schwingſtöcken geordnet und die flap- 
pernde "alebet begonnen haben ꝛc. — wird der Schwingtag mit einem feierlichen Liede in Molltönen 
eröffnet, welches anhebt: 

Wo geht ſich denn der Mond auf? 
Blau, blau Blümelein! 

Oberm Lindenbaum da geht er auf. 
Blumen im Thal, 

Mädchen im Saal, 

D du tapfre Rofa! 


442 


Diefe Strophe wird fo oft wiederholt, ald Schwingerinnen anweſend find, und das Haus, 
der Wohnort einer jeden, wird ald Aufgangdpunft des Mondes — u dieſer Arbeit ver⸗ 
ſammeln fie ſich unter freiem Himmel oder in einer Scheune oder Schoppen ıc. (Mehr bei Reins— 
berg-Düringsfeld. feftlihes Jahr 295.) 

Aus dieſer einen, verbürgten Strophe aud Volksmund hat wahrjheiniih W. v. Zuccalmaglio 
durh Zufag und mit Benupung der Volksweiſe vorftebendes Lied bergeftellt. Neu komponirt für 
Männerhor wurde das ſchöne Lied von Fr. Schneider, Klahre u. U. 


632. Ber Auß in Ehren. 








Schwarz · brau ⸗· nes Mäg » de -lein, wo men» det du dich bin? Ein’n 





Un» de » ven zu fie» ben, mb as ber zu be= trü» ben: ab 





— ⸗ 
ſchwatz⸗btau-nes Mäg ⸗ delein, was haſt du in dem Sim? 
2. Schönſte mein Engel, 3. Kuß für Kuß, 

Mit Tugend ausgeziert! Das ſchadet dir ja nicht. 
Jetzt geh ich nicht von dannen Ein Küſſelein in Ehren 
Bis daß ich hab empfangen, Iſt jederzeit erlaubt, 
Ach ſchönſte, mein Engel, Und Keiner iſt auf Erden 
Den Abſchiedskuß von dir. Der es nicht alſo glaubt. 


Mel. und Tert nah Erf II, 6, Nr. 36: aus dem Heſſen-Darmſtädtiſchen, auch im Oderbruch 
und in Schleſien gangbar. Weltefte Aufzeichnung bei Elwert, Ueberrefte, 1784 ©. 39, mit einigen 
Barianten. Bei Büſching⸗Hagen 1807, ©. 199 nah Elwert, mit Hinzunahme folgender Stropke: 

Nun adieu, beichloffen, 

Die Heiratb ift gemacht. 

Das ih von dir muß fiheiden 
Das bringt mir groß Leiden. 
Adien, zu taufenmal, 

Adieu zur guten Nacht! 

Mit diefer Zuſatzſtrophe bei Erlah I, 171. Simtock 210. Wenig abweichend Ditfurtk, 
fr. D2. II, Rr. 134. 


Barianten bei Elwert: 1, 1 Schwarzbraund Augelein. 2, 1 Schönft, ad 
Schönfte. 2,2 deren Gerz mit Lieb ift ausgefüllt. 2, 6 einen warmen Kuß von dir. 3,1 Auf 
auf Kuß. 3,4 jedermann erlaubt. 3,5 und Niemand bat auf Erden des Küſſens fib beraubt. 


633. Mebermuth. 


Etwas bewegt. Mel. aus der Wetterau. 1890. 






vv F i 
und ſteh morsgen wiesdber bei Bei» ten auf, bei BZeis ten auf! 


443 


2. Kannſt du nit ſchlafen ein, 3. Berlaß dich nur auf mic, 
So nimm ein Schlaftrumt ein: Ich hei—bheirathe did. 
Zrinf ein Schälhen Thee, Wenn wir Hochzeit machen, 
Was ſchadet dir Kaffee Wird mein Mädchen lachen 
Dver ein Glas Wein? |: Und munter fein. ;] 


Dann fhläfft du ein. 
4, Die Lieb ift rojenroth 
Sie liebt bis in den Tod. 
Eh ih warb geboren, 
Hab ih ſchon geſchworen, 
|: Ewig treu zu fein. :| 


Zert aus L. Uhland's Nachlaß (um 1820 für ihn aufgefchrieben); die 3. Str. bier zurecht 
gerüdt. Mel. und ziemlich gleicher, befferer Tert aus der Wetterau 1890. Die Mel. gleicht der 


zu „Johann von Nepomut”. 








Ich hab ſchon drei Sommer mird Heimgehn vor » g’nom-me, ich hab fhon drei 





nimmer, auf mi warts no immer, wie wird ihr denn g'ſchehn? Die Nacht ift ſchon 


—— — 





a⸗be, man ſieht gar nichts mehr. Heut muß ichs heim ⸗ ſu⸗chen, wenns noch fo weit wär. 


2. Im Tannenwald hinten 3. Was thu ich ihr bringen? 
Da werd ichs ſchon finden, A Ringel am Finger; 
Im Tannenwald hinten Was werb id ihr bringen? 
Da ift fie daheim. U rofenfarbs Band. 
Kohtfinfter ifts freilich, „Ih will did erlöfen, 
Im Wald hint abſcheulich Weil treu biſt mir g'weſen!“ 
Kohlfinſter iſts freilich, Ich will dich erlöſen 
Das machen die Bäum? Vom ledigen Stand!“ 
Ich ſieh ſchon von weiten Sie ſchenkt mir ihr Herzel, 
Den Mondſchein aufgehn, Sie verwußt ſich net mehr. 
Die Sternlein am Himmel „Du himmliſcher Vater, 
Die leuchten fo ſchoͤn. O ſchau a mal her!“ 


Steieriſches Volkslied bei Schloſſet Nr. 151. Concordia II, Nr. 645. Auch im Sal 
burgifhen gefannt. U. Peter, Volketh. aus Defterr. - Schlefien S. 159 mit anderem Ausgang: 
der Knabe vor dem Fenfter wird abgewiefen, 


444 


635. Heimkehr aus der Fremde. 
Langjam. Schleſ. Mei. 



















mir die Urzfasche fasgen, thu mir die Ur-ſa-che fa» gen, was ich ge⸗than ba 


b dir?“ 
2. Kann dir fein Urſach jagen, 4. Und als er wieder nah Haufe kam, 
Weiß weder Zeit noh Stund; Teinsliebihen ftand an der Thür: 
Komm ich im fremde Länder, „Sott grüße did, mein Schätcen ! 
Gar bald vergeh ih dein!“ — Sehn wir einander hier?“ 
3. Und als er in die Fremde kam, 5. Was that er ihr bald ſchenken! 
Dacht er noch etlih mal: Ein ſchönes Golpringelein. 
„Muß wieder heim nad Haufe, Was ſchenket fie ihm bald wieder ? 
Muß halten mein ehrlich Wort!“ Ein ſchönes Kränzelein. 


6. Womit war es gebunden? 
Mit lauter Liebeshand 
Wol mit Jelänger je lieber 
Mit lauter Liebesband. 


Aus Schlefien (Gegend von Haynau) Erf II, 4|5, Nr. 60. Die Melodie aus Moll ift ſchön 
und weiſt das Lied auf vergangene Jahrhunderte ie Sie paßt aber nur zum Ausdruck des 
Abſchiedsſchmerzes, nicht zur Wiederfebendfcene und Berlobung. — 

Am Rhein (f. Beer Nr. 136) fingt man das Lied nah der Mel.: „Nichts Schöntes thut 
mich erfreuen“. Text dort gleich, nur die legte Zeile heißt: Mit Gottes Vaterhand. 


T In Str. 3 find die Worte „ich vergeffe dein!“ doch nur im Scherz gefprochen. Str. 5, 4 
fteht im Driginal „Goldkrängelein“; das ift poetifche Uebertreibung, es war doch nur ein Kranz 
von Blumen, wie die Schlußſtrophe ihn befchreibt. 


636. Bes Adiffers Wunſch. 


Sic Aus Steiermark vor 1817. 





Her » zen dad Wohl und dad Web. 


2. Sonft war mir mein Schiff und mein Ruder mein Welt: 
Jetzt gnügtd mir gar nimmer; wer fagt was mir fehlt? 
3. Allein ift8 mir b’ihwerli, allein will® nit taug'n; 
Mir fehl'n no zwei Handerl, mir fehl'n no zwei Aug'n. 


445 


4. Zwei Handerl zum Rudern, wenns Schiff fih thut ſträub'n, 
Zwei Augerl als Sternl'n, wohin i's fol treib'n. 


Bergl. Krepfchmer II, 197. Der übliche Jodler ift am Schluß der Mel. von mir weggelaffen. 


Mäßig. Vor 1840. 


— FARBE > Zr 
a nun 
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Her zigs Scha » Kerl, laß dich her =» zen, ih ver = geh vor Lie⸗ bei- 





a un —— — BEER Eigen .. SARA un 
* 4 — EI dd. TN gs gi dt zei, 
a — — ——— 


— — 
— PA IT II 7 


jchmersgen; denn dad weißt du ja fo wohl, daß ih dich € = wig lieben foll. 
Jodeln. 












— 


ri⸗a⸗di; denn du weißt ed ja fo wohl, daß ih dich € =» mwig lie= ben ſoll. 


2. Einen Strauß hab ich gewunden, 3. Und mein Herz thu ich dir fchenfen, 
Und mein Herz darein gewunden, Daf du immer follft an mid) gevenfen, 
Denn du weißt e8 ja jo wohl, Denn das weißt du ja fowohl, 

Daß id) dich ewig lieben foll. Daß id dich ewig lieben fol. 


Iprolerlied: Fink, —— 1843. Ziemlich gleichlautend aus Volksmund im Elſaß bei 
Mündel Rr. 87: Herzig Schätzel, laß dich herzen. — Ein verwilderter Text mit Fragmenten aus 
verfchiedenen Liedern bei Mündel Nr. 93. Der Refrain ift derfelbe wie bier, Die erfte Strophe 
beißt: „Auf der Mühle bab ih gut mahlen, bift die Schönfte unter allen. Gelt, das weißt 
du gar zu wohl, daß ich dich ewig lieben fol,“ ftimmt ziemlich mit folgendem ſchwäb. Zerte. 


Schwäbiſcher Tert (vom Nedar). 
Handfhriftlih 1827 in Schumacher's Liederb. Nr. 59. 


1. Unterm Bruftlag thut mird jude, 3. Bei meiner Seel, i hab di lieb ghabt, 
Komm herzigs Schagl und Taf bi drude! J bab dirs oft gefagt, daß i di lieb hab, 
Denn du weißt ja gar zu wohl, Und du weißt x. 

Daß i di ewig lieben fol. 4. Und ’ne Strauß i hab'n g'funde, 

2. Mit feiner (Feder kann i fchreibe, J hab 'en a’berzet, i hab 'en g'bunde, 
Was i deintwege hab müffe leide. Und du weißt ja gar zu wohl, 

Denn du weißt ꝛc. Daß i de Strauß dir gebe fol. 


5. Drum taufig Schagel, fomm laß di herze, 
Denn i vergeb vor Lieb und Schmerze, 
Und i fag der'd noch emal, 

Daß i di ewig liebe foll. — 


Zufag: Den i fo gerne hätt x. (f. folgende Rr.) 


446 


637°. Mas fang id an? 


Heiter. (Zanzweife). Mel. und Tert aus Schlefien. Hoffm. Nr. 66. 












1. Ah den ih hätt fo gem, der iſt von mir fo fern, und ben ich 
2. Einn Schö «nen krieg ich nicht, ein'n Wir» fin will ich mict, und Te» dig 


I 1 1 2 1 








a gar niht mag, den ſeh ih al» Te Tag. 
bleib ih nicht, wad fang ib am? 


Underer Tert. 


Den ich jo gerne hätt "En Schöne krieg i nit 
Der ift fo weit eweg Keinn Wüfte will i nit, 
Und den i gar nit mag, Und ledig bleib i nit, 
Den g’feh i alle Tag. Bas fang i an? (1827). 


Zweiter Tert aus Schwaben und der Schweiz. Auh im Elſaß, Mündel Ar. 93 (Schluß). 
Bei Walter 1841 ©. 269 den Anfang verkehrt: Den ich gar nicht mag x. 
Diefed Liedchen wird gewöhnlich an vorftehendes angehängt. 


T Einen Wüſten (Wüfchten), ſchwäbiſch für Häßlichen, Gegenfag au Hübfchen. 


635. Bor und nad) der Hochzeit. 


Gemächlich. Schleswig⸗Holſtein. 1891. 











1. Zwei wei—ße Blü » me» lein hab ih ge» fun» den, ich hab fie 





— ] 
wohl, dab ib dich e⸗—wig, e⸗wig lie « ben fol. 


2. Zwei weiße Enten jhwimmen auf dem Wafler 
Und viele Fifhe find in dem Teiche. 
Ja denn du weißt ꝛc. 


3. Bor der Hochzeit da find wir Brautleut 
Und nad der Hochzeit da find wir Eheleut. 
Ja denn du weißt ıc. 


4, Bor der Hochzeit da giebt es Küffe, 


Und nad der Hochzeit da giebt es Stöße. 
Ja denn du weißt x. 


447 


5. Bor der Zeit da giebt e8 Flitterwochen 
Und nad der Hochzeit da giebts Zitterwochen. 
Ja denn du weißt zc. 
6. Auf meinem Leihenftein da fannft du's leſen, 
Daß ich dir ewig bin treu gewejen. 
Ja denn du weißt es gar zu wohl, 
Daß ich dich ewig lieben foll. 


Bergl. im vorigen Lied (6378) denfelben Kehrreim. 


639. Bas Abendliedchen. 


Munter. Umgegend von Bonn. 1820. 









Ich fin : ge mein 








A⸗ bend » lied . den, und ih muß gobn; ich 





ban ein knutt- rich Uehm-che da = hei» me ftohn. 


2. Und ſoll das knuttrig Uehmche 
Alleine fein, 
So fol mein Abendliedche 
Gefungen fein. 


Aus A bei Bonn. Nah der Aufzeihnung von Prof. Hoffmann v. F. 1920 bei Erf 
II, 4/5, ©. 82. Ebenſo Liederb. Nr. 99. Vermuthlich ein Reigenlied der Mädchen. 


J 1,3 Knuttrich, verbrieplih. Uemche, Dehmche, Obeim. 


640. Friedel und Gretelein. 
(Bäurifhe Liebeserklärung.) 


1. Der Friedel lief einmal ins Holz 2. Das Gretel hub an zu lachen: 
In ſeinem Uebermuth und Stolz, „Bor Freud thut mir mein Herze krachen, 
Da begegnet ihm der Buhle fein; Wenn ich did, Friedel, an thu jehen, 
Er ſprach: ‚Gott grüß dich, Gretelein! Und muß auf meinen Eid verjehen: 
Du bift mein Schat, ich bin dein Fritz, Herz, Yung und Leber haft mir befeflen, 
Dein Lieb zerrütt mir all mein Wit! ‘— Bor Lieb möcht ich Dich lebendig freſſen!“ 


Ivo de Vento, Newe Teutſche Lieder mit 4 Stimmen, Münden 1570 Nr. 4. Nicht die 
Mel. dort, aber der Tert ift volksthümlich, jedoh nur ut Erheiterung für höhere Geſellſchaftokreiſe 
gedichte. Der II. Abfag hat anderen Versbau wie ſolches in Madregalen üblih war. 


J 1,6 Die Liebe zu dir bringt mich um meinen Verſtand. 2, 4 verjeben, ausfagen, 
verfichern. 


448 


64. Bu meine kleine Welt! 


Ziemlich langſam. Mei. 1839 aud der Uckermark. 





# 
ih von deisnem Mun-de die No «» fen bre » hen kann? 


2. Du bift fo voller Tugend 6. Du haft e8 eingenommen, 
Wie eine Roſe blüht; Behalt e8 femerhin; 

D, angenehme Jugend Kein Andrer jolld bekommen, 
Auf deinen Wangen glüht. So lang ih leb und bin. 

3. Laß dich ja nicht verführen, 7, Jetzt möcht ich gerne willen, 
Wenn ich nicht bei dir bin, Was wohl dein Herze denkt; 
Laß dich fein Herze rühren, Du haft es mir entriflen, 
So lang ich leb und bin. Ich küſſe was mich kränkt. 

4, Die Freundfhaft ſchenke Allen, 8.9 küſſe diefe Ketten, 

Dein Herz behalte dir, Die du mir angelegt, 

So wirft dur wohl gefallen Und will mein Yeben wetten, 
Der Belt, fo wie auch mir. Daß Keiner ſchwerer trägt. 
5. Hätt ich dich nie gejehen, 9. Wird mir die Zeit zu lange, 

Wie ruhig könnt ich fein! So denkt mein Herz an did; 
Allein es ift geichehen, Macht mir die Sehnfuht bange, 
Mein Herz tft nicht mehr mein. So unterftüg'ft du mid. 


10. In Allen, was ich wähle, 
Dent ich, ob dirs gefällt. 
D meine Heine Seele! 
D meine Heine Welt! 


W. Irmer, Bolkölieder Ar. 59 (1842), Das Lied war feit 1820—1840 in Norbdeutichland 
ein viel gefungenes. 

Zert genau fo: a) „Fünf ſchöne neue Lieder“ (Nr. 1), Berlin, Zürngiblſche Buchdruderei (fl. Bi. 
o. 3. 1820). b) Sechs ſchöne und neue Lieder (Nr. 3.), Frankf. a. d. O. Trowisfh und Sohn 
(nad 1821). e) C. 2. Laſch, Neues Gefelfchafts-Liederbuch. L Bändchen, 2. Aufl. Berlin 1822. — 


64. Meine kleine Welt. 


Aus dem Elſaß. 


Wann kommt die fro » be Stun« de, der Aurgensblid ber » an, dab 





ih von deinem Muns-de die Ro» fen breschen kann? 


449 


2. Du bift fo ſchön von Jugend, 6. Du haft es mir genommen, 
So ſchön wie ein Rubin, Behalt e8 immerhin; 

Bon angenehmer Tugend Rein andres folld bekommen, 
Wie eine Morgenblum. So lang id leb und bin, 

3. In allem, was ich wähle, 7. Laß dich nur nicht verführen 
Denk ih: ob dirs gefällt. Wenn ich nicht bei dir bin! 

D angenehme Seele, Laß dich nichts Fremdes rühren 
D Heine ſüße Welt! Und bleibe wie vorhin! 

4. Wird mir die Zeit fo lange 8. Die Freundſchaft ſchenkſt du allen, 
Dentet mein Geift an did; Dein Herz behalt für mid, 
Macht mir das Schidjal bange, So wirft du mwohlgefallen 
So trägt mein Herze dich. Der Welt fo wie aud mir. 

5. Hätt ich dich nie gefehen, 9. Nun küß ich dieſe Kette, 

Wie glüclich könnt ich ſein! Die du mir angelegt, 
Ab'r leiver iſts gefchehen, Daß ich mein Yeben rette: 
Mein Herz ift nicht mehr mein. Sie Niemand ſchöner trägt. 


Aus BWiller im Elſaß 1889 durh Hrn Geyer. Mel.: Wer lieben will muß leiden. 





64°. Brautlied, 


Etwas langjam. Aus Würges im Taunudgebiet. 1877. 
—2 






BZ Pi 8.5 177 
EMER CREFREGFEE > 3 EN [SE TEE 0 EEE TEE Is 
nn u ee 

—⸗ id En — 


— — 
Stunsde, 





Jetzt fommt die fro = be der MWurgen» blid ber: mn __, 











das ib von deisnem Mun » de die Ro » fen breschen kann, 


2. Die Rofen voller Jugend, 4. Hätt ich dich nicht geſehen, 

So fhön als eine ift Wie glüdtid könnt ich fein, 

Mit angenehmer Tugend Allein es ift gefchehen, 

Du fein gezieret bift. Mein Herz ift nicht mehr mein. 
3.9 warte mit Verlangen 5. Du haft e8 mir gefhworen 

Auf jenen Augenblid, Auf ewig treu zu fein, 

Mein Kind, dich zu umfangen Der Schwur wird nicht gebrochen 

Iſt ftets mein größtes Glüd. Mein Herz ift nicht mehr mein. 


6. Du Haft es mir genommen, 
Behalt es fernerhin. 
Kein Andrer ſolls bekommen 
So lang ich leb und bin! 


Tert 1858 aus Ettingshauſen (Heffen-Darmftadt). Mel. blos mit der Anſangszeile durch Lewalter. 


Erf. Böhme, Liederhort. II. 29 


450 


642. Berfehltes Ständen im Mai, 


1. Ich bin fo fröhlich ausgegangen, 2.3 will dir ein Meyen maden 
Aber traurig wiebrum heim: Bon Rofemarein, 
Ich wollt zu meinem Schägelein, Den folft du mir tragen 
Aber es läßt mid, nicht rein. Wol über den Rhein, 


Es fteht nicht auf, es läßt mich nicht rein: Wol über ven Rhein, wolüber das Meer: 
Es giebt noch mehr ſchöne Schägelein. Behüt did Gott, mein Schätzelein, 
Sp hübſch und fo fein! Ich feh dich nimmermehr! 


Aus dem Elſaß: Gefchriebened Liederheft um 1840, 


643. Mahnung zur Heimlicdhkeit der Liebe, 


Rubig. Mei. aus Bayern (?) und Weftfalen. 











1 Bien ran 
Ich hab zu dir ge » faat: mein Kind, ich Tier be dich! Und 
Und bit du mir ge - meigt, fo den » fe oft an mid! 


— 






en 0 En 
mis — — J— —— — — — — — — 
fo du den-ken willſt, ſo ſtell es al -ſo an: daß Rie-mand aus fer 


Varianten: 





2. Die Liebe muß bei uns anjetzt verſchwiegen ſein, 
Drum ſchließ die ganze Luſt in deinem Herzen ein. 
Und iſt es dir ein Ernſt, daß ich dich lieben ſoll, 
So bleibe mir getreu, liebe und ſchweige wohl. 


3. Die Wächter find beftellt, fie wollens gerne fehn, 
Dod ihnen zum Verdruß fol gar kein Blid gefhehn. 
Ja weder einen Blick, noch einen Piebestuf 
So lang ich im Geheim die Liebe bergen muß. 


4. Laß nur die Wächter ſtehn, ich laß gewiß nicht ab, 
Vielleicht erfährſt du bald, was ich beſchloſſen hab'. 
Ich ſchenke dir mein Herz, bleib du mir nur getreu, 
Bis daß einmal der Tod unſer beider Herzen ſcheidt! 


Text und Mel. bei Krepjchmer- Zuccalmaglio IL, Nr. 271, angeblich aus Süddeutſchland 
(Bayern). — Eine fürzere Ledart von blos 2 Str. und mit nur unbedeutender Variante in der Melodie 
giebt Reifferfcheid, weitf, BL. Nr. 35 aus dem Münfterfchen, 1812 au in Hildesheim gefungen: 

1.3 hab ein Wort geredt, mein Kind ich liebe dich, 
Und bleibft du mir getreu, gedenk ich ſtets am dich. 
Wenn du mid) lieben willft, fo fang ed alfo an: 

Daß Riemand außer und die Liebe merken kann, 


451 


2. Die Wächter find beftellt, fie möchtens germe fehen, 
Doch ihnen zum Berbruß foll auch kein Blick gefchehen. 
Die Liebe unter und muß fo verbergen fein, 

Drum faffe frifhen Muth in deinem Herzen ein. 


Auffallend ift die große Uebereinftimmung dieſes Volksliedes mit dem Liebesliedchen, das 
man in Wort und Weiſe Joh. Seh. Bach zugefchrieben hat: 


„Willſt du dein Herz mir ſchenken, fo fang es heimlich an, 
Daß unfer beider Denken Niemand erratben kann, 

Die Liebe muß bei beiden allzeit verfchwiegen fein, 

Drum fchließ die größten Freuden in deinem Herzen ein! 


644°, Marnung, 


Munter. Hagen’? Mipt. Nr. 54. Mel, aus Berlin um 1820. 












= > 
Mäd- chen, haft du Luft zu trugen, trog du nur! Wird dir mwahr- lid 
Wird dir wahrlih wenig nu-gen, glaub ed nur! Deirne Un» treu 





He ——— — — 


wer⸗nig nu = Ben, 
wäbrt nit im » mer, 











| denn es giebt noch Frau» en » Mm · mer, fo mie du. 


2. Meinft du denn, du feift Clorinde? 5. Benus, ſei du mir nur günftig, 


Du bift ir! Leite mich, 

Du bift wahrlih nicht die Schönfte, Wenn ih hab ein Schätzchen nöthig 
Glaub es mir. Gieb mir Glück! 

Laß nur deinen Hochmuth ſchwinden Bilde ihre junge Seele, 

Deinesgleichen kann man finden Daß ſie mehr aus Neigung wähle 
Ueberall! Als aus Luſt! 

3. Soll ich meinen Freund beneiden, 6. O, ich ſeh ſie ſchön gebildet 

Den du liebſt? Vor mir ſtehn! 

Sollt ich um den Vorzug ſtreiten? Iſt ein Mädchen, wie ein Engel 
Nein, ich nicht! Rein und ſchön. 

Bleibe du ihm nur gewogen, Dieſes zuckerſüße Täubchen, 

Denn er iſt gewiß betrogen, Saget ſchon, ſie ſei mein Weibchen, 
So wie ich. Nun, trotz' nicht! 

4. Mein Gewiſſen iſt zufrieden, 7. Mädchen, gehe und erzähle 

Vorwurfsfrei; Dein Geſchick! 

Du haſt unſre Lieb entſchieden, Warne andre deines Gleichen 

bin frei. Für Unglück: 

Meinetwegen ſei nur ſpröde, „Spröde Mädchen, laßt euch finden 

Wiſſe, daß ich mich nicht tödte Sonſt bleibt ihr, wie ich, dahinten, 
Dir zur Lieb! Trotzet nicht!“ 


Aus Hagen's Mipt. Dort die Bemerkung: „Aus einem Rürnberger fl. Bl.; aber aud hier 
(Berlin) mit der Weiſe befannt, welche mündlich aufgenommen wurde” v. d. Hagen, Das Lied 
iſt jedenfalls lange vor 1800 entflanden und gedbrudt. 


29* 


452 


644°. Trutze nur! 


Mäßig bewegt. Aus dem Elſaß. 










re bat du Buft zu tru-— gen? tru » ge nur! | Dei 
Slaub, es wird dir nicht viel mu «gen, glaub ed nur! 





al, ja ür bereall, ja ü » ber + all! 
2. Gelt, du meinft du bift die Schönfte 3. Schön gebaut und ſchlank gewachſen 

Bon Geſicht, Bon Natur, 

Und dazu die Angenehmfte? Gleich als wie der Flachs in Sadfen; 
Glaub es nicht! Ölaub es nur! 

Deine Schönheit währt nicht immer, Gleich wie eine fhöne Roſe 

Denn es giebt ja Frauenzimmer Kommft du aus der Mutter Schoße 
l: So ſchön wie du! :| l: So zart hervor. :| 


Aus dem Elſaß (Kreid Weißenburg) durch Herm Borwip 1889, 
Aehnliches Liebeslied bei Ditfurtb, 1874 in 110 Liedern Nr. 65, Mit politifcher Parodie in 
deffen bifter. Liedern des Preuß. Heeres Nr. 81 (auf Napoleon 1814): 


„Kaifer haft du Luft zu trugen, trupe nur! 

Wird dir aber wenig nußen, glaub es nur! 

Deine Falſchheit währt nicht immer, 

Denn dein Glück geht bald in Trümmer, 
Bald auch du!” — 


Andere Melodien dort. 


644°. Einladung und Liebesgeftändniß. 


Aus dem Odenwald und von der Beraftraße. 1839, 
Maͤßig. Dieſelbe Mel. auch zu: Mann-(Frau) du ſollſt nah Haufe kommen. 







Mädchen mit den blauren Au⸗-gen, fomm mit mir! . 
Laß uns Himsmeld-won «ne faurgen, fol» ge mir! | Drunten in dem 





filsien Thasle zu dem ſchö-nen Wafsfer- fal» le, wan-deln wir! 


2. Mädchen, haft du Luft zu trugen, truge nur! 
'3 wird dic wahrlich wenig nuten, glaub es nur! 
Deine Schönheit wird verblüben, 
Und dein Jugendreiz entfliehen, glaub es. 


453 


Abweichender Tert aus der Lahngegend (1880). 


1. Mädchen, mit den blauen Augen, fomm zu mir! 
Du wirft Himmeldwonne faugen, glaub e8 mir. 
Drunten in dem tiefen Thale, 

Bei dem Haren Waflerfalle, wandeln wir. 


2, Mäpchen haft du Luft zu trugen, truge nur! 
Glaub, es wird did; wenig nugen, glaub es mir. 
Deines Gleihen giebts ja immer 
Ta, es giebt nody Frauenzimmer, jo wie du! 





645. If denn Lieben ein Berbredjen? 


a) Neuere Melopie. 
Bewegt. Melodie aus dem Elſaß. 1889. 

















Iſt denn Lie-ben ein Ver » — darf man denn nicht 


Nicht ven fei- mem Lich » 


en, fi nit fei =» ner 


* 
= 

a 

3 

* 





Ken o htDann freut mich fein Glüc des Le-bens, dann be- klag ich die Na- 





tur: Hab ich denn ein Herz ver » rg - benö o⸗der ſtets zu kla⸗gen nur? 


b) Alte Melodie vor 1810. 


Etwas bewegt. 





Iſt denn Lioben ein Ber» bres chen? darf man denn nicht zärtelich fein? nicht von 





fei s nem Lich =» hen fpre=chen und ſich nicht ber die » be freun? Dann ge 











—— ——vü 
reut es mich des Le⸗bens, dann be» flag ih die Na +» tur: Hab ih 


—— — 
——— —VCCC 





denn ein Herz der » ge» bend o « der doch zum Kia» gen nur? 


454 


2.D warum mußt‘ ich dich jehen? 3, Lange hab ich meine Klagen 
War das Schidjal mir fo gram, Stummen Felſen zugebradt; 
Daß ih dahin mußte gehen, Ad, id darf es Dir nicht fagen, 
Wo dein Biid mir Alles nahm? Was fo hart mich leiden mad! 
Ruh und Frieden find verloren, Kennteft du die heißen Triebe 
Sind geopfert, find dahin: Die mein Herz dir fo verhehlt? 
Ad, wär! ich doch nie geboren, Liebe ift e8, heiße Liebe 
Weil ih fo unglücklich bin! Die mich fo unendlich quält! 


4, Ewig, ewig muß ich ſchweigen, 
Schrecklich ift mir dieſe Pflicht. 
Ad, ich darf mich dir nicht zeigen, 
Denn das Schidfal will es nicht! 
Ewig werb ih mid betrüben, 

Ewig trag id meinen Schmerz! 
Dod darf ich dich auch nicht Lieben, 
Sp verehrt Did doch mein Hey. 


Neuered Volkslied vor 1810 entitanden, denn in dieſem Jabre erfchienen fhon Variationen 
darüber im Mufitbandel. — Das Lied wurde viel gefungen und ift noch heute im Bolkdämunde, 
meift nach der alten Melodie. 


Abweihungen: 1, 3 mit (flatt von). 1,5 denn gereut es mich zu leben. 





646. Im Mai. 


Neuere Boltöweife, 














1. Drauß it Mlsles fo präcdetig, und es iſt mer fo wohl, wenn mei'm 





eu = ec, und es blüht mer au da- rin: im Mai, im fhönen Mais han ti 


= 





viel no im Sim, ban i viel no im Sim. 


2. Wenn die Böglein thun finga 
Frühmorgens zieh i aus, 
Kann i's halt no verzwinga, 
Hol i's Schätzele ins Haus. 
Und es wird ſich ſchon mache, 
Denn i moans halt fo gut, 
Unfer Herrgott der wird wade, 
Daß me z'ſamme uns thnt. 


Neueres Volkslied aus Schwaben: Gedicht v. F. Richter um 1835. Diefe Mel. nicht von Silcher. 
J 2,3 verzwinga, erſchwingen. 


455 


647. Bie Liebe vermelket nicht. 
Ziemlih langfam. Aus Burgfolmd (Kr, Weplar). 






Die Ro» fen und die Mel » fen und fFlie-der und Jas- min, die 


— — 





wer:den all ver « wel » fen und wer⸗den all ver⸗blühn, und wer⸗den all ver» blühn. 


2. Die Rofen und die Nellen, 3. Nur nit die Lieb und Treue; 
Und Flieder und Jasmin, Wenn fie verloren ift, 
Sie werben wieder grünen, Es feimt fein Herz aufs neue 
Sie werberi wieder blühn. Wenns fhon gebroden ift. 


4. Die Lieb ift Gab und Güte, 
Die Lieb ift Feine Pflicht, 
Die Lieb ift eine Blüthe, 
Sie blüht und welfet nicht. 


K. Bedter, Rhein. Volksliederb. Nr. 58. 





648. Was das Menſchenherz braudıt. 








Rubig. Aus dem Lahnthal. 1880. 
fe 
Die Er» de braucht Re » gen, bie Sonne braucht Licht, — 
Der Him mel braucht Ster » ne, wenn die Nacht ber » ein « bricht; m 





Herz, dem er ſeins kann ver » traum. 
2. Und hat er eins gefunden, 3. Ein Yüngling wollt reifen, 
So kann er fih freun; Das fiel ibm fo ſchwer; 
Denn es kann ja ohne Liebe Da kam aus der Ferne 
Kein Menſch glücklich fein, Sein Liebhen daher. 
Er fragt niht nad Gele, Jetzt fühlt er ſich glücklich, 
Wird nach Reichthum nicht ſchau'n, In die Augen hinein z'ſchau'n; 
Wenn er hat nur ein Herz, Denn er bat ja ein Her, 
Dem er feins kann vertraun. Dem er fein kann vertraun, 


Aus dem Lahntbal 1880 durh Wolfram. Ziemlich gleih 1890 aus Dietenbofen (Ar. Wep- 
lar) durh 8. Beder, wo 3. und 2. Str. vertauſcht find. 


456 


649. Borbedentung. 


Etwas langſam. Aus dem Odenwald und Bergiſchen 1829. 1838. 






Schön» * Schatz auf * den, ich lieb dich ganz al. lein: ich hoff, du 


i 
au: sure Lan ser m mm ram zn nn u 





folft mir wer⸗den, follft auch mein ei » gen fein. 


Zweite Melodie. 
Mäßig bewegt. Oberlahnkreis 1880. 







— —— En» gel, ih lieb dich ganz al» lein: ich 





boff, du follft mein wer⸗den, mein ei-gen ſollſt du fein! 


2. Giebft du mir Wein zu trinfen, 4. Ja, ja, ich habs geſehen 
So thu ih dir Beſcheid; Und nicht mehr ſehen kann, 
Thuft du mir heimlich winken Mein Herz thut mir fo wehe, 
So ift mein Herz erfreut. Es brennt wie Feur und Flamm. 
3. All' Freud ift mir benommen. 5. Glaub nicht der falfhen Zunge, 
Bor lauter Traurigkeit, Die mi fo fehr veradt: 
Weil ih mein’ Schag feh kommen Wer mir mein’ Schat nicht gönnet, 
In einem weißen Kleid. Dem fag ich gute Nadıt. 


6,3 geb nicht aus den Stegen, 
Ich geh nicht aus der Stadt, 
Bis ih mein Schats gefehen 
Und ihn gefüffet hab. 


Vielfach mündlich aus dem Odenwald, dem Cleviſchen und Bergifhen: Liederhort Nr. 84. 
Schon in Ert's Volksl. I, 2, Rr. 29, Die Melodie gehört urfprünglic zum - „Es wollt ein 
Jäger jagen.” — Mit anderer Met. aus dem Lahnkreiſe, blos 1., 3., 4. und 5 . Str. 

Berl. Ext I, 2, 29 (daber Fink, Hausfchag). ärebſamei IL, ©. 25. Ktepfchmer I, 426. 
Schleſ. Volksl. ©. 203 (andere Mel). Ditfurtb II, 69. Simrod 240. Altrhein. Märlein 108. 
Mittler 658. Scherer, Jungbr. ©. 158 (wie Erf). Reifferfheid ©. 74 (aus Heffen) mit anderer 
Mel. und Berfegung der Strophen. 


Abweichende Lesarten: 1, 1 Schönfter Schag, mein Engel. 4,1 Weil ih es hab ge 
jeben. 4,3 Thut mir mein Herz fo weh — das thut mein Herze kränfen, 4, Als ich ibn ſah 
von ferne und tbät ihn ſchauen an, brennt mir mein Herz vor Liebe wie eine Feuerflamm. — 
5, Das thun die falfchen Zungen, die mich und dich veradht: die mir mein Schag nicht gunnen, 
den fag ich gute Nacht. — 6. Ich geh nicht aus dem Städtchen, ich geh auch nicht aus der Stadt, 
bis ah ich * Feinsliebchen wohl in den Armen hab. 


457 


650. Traumbild, 


Aus dem Lahnthale u. Dillfreid 1880. Wehlar 1890. Aus den Taunus 1879. 
BEP er 





u 
A "=: — ‚SB WER GSREHEEEEE 7° DREI 7 GER 


Ich ging im nächt-lich flil » len Hai-me, des Nachts bei hellem Monden- 





war fo fhön wie ei» nme Re . be, es waar, bei Gott, fo wahr ich 





le = be, die Schön-fte, die ih je ge = fehn. 


2. Als fie mic) fah, da wollte fie entfliehen, 3. Wir festen uns ins Grüne nieder, 


Bergeblih war all ihr Bemühen; Sie küßte mich und ich fie wieder, 
Ih faßte fie an ihrer Hand: Wir kannten unfre Liebe faum. 

BWilft du mich wiederum verlaflen, Und fo verfhwand fie unter Küſſen, 
„Wilft du mich lieben oder hafjen?“ Wollt ihr es denn noch weiter wiſſen? 
Die Antwort war ein leifes „Ja!“ Ich wachte auf, es war— ein Traum. 


Pielfah mündlih aus Heffen-Raffau (1880—1890 und fpäter) dur Hın E. Wolfram in 
Dillenburg. Andere Anfänge: Ich sing einmal bei Mondenfheine — Ich ſchlief in 
(Ich ftand auf) nädhtlid ftiller Heide. 

Achnelt der Mel. „Iſt denn lieben ein Berbrechen ıc.“ 


651. Bom Küffen. 


Heiter. Aus dem Untertaunus und Dillkreis. 1880. 


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re) TAB 





— 
fügt!“ alslein ich kann ibn ja nicht meisden, weil er ein lie-ber Jun⸗ge iſt. 


2. Man bat doc wahrlich nichts als Plage 4A. Es find wohl mehr die böfen Leute, 


Nun einmal bier auf diefer Welt; Die fehn und immer ins Geficht; 
Die Mutter zankt mich alle Tage Doch meiftens gehn wir ja bei Seite, 
Um etwas, das mir wohlgefällt. Und dann? dann fehen ſie's ja nicht. 
3. Was iſts nun weiter, mich zu küſſen? 5. Dod id bewahre mein Gewiflen, 
As ob dies gar ein Unredt ift; So wird gewiß aud mir verziehn; 
Die Mutter muß das befier wifien, Er fol mid künftig nicht mehr küſſen, 


Sie hat ſchon längft vor mir geküßt. Nein Mutter, künftig küß ih Ihn! 


458 


652. Aurz angebunden. 


— — ———— 
I; 





— — — man 
Wat häww'f denn mie⸗nem Schägchen dahn, dat be fo fuur ut » fühl? Hei» Ba, 








boy» faf=fa, dat be fo fuur ut - füht? 


2. He warb wol weder munter wern, 


Wenn erft die Sunne fohient, 


Heißa, hopfafia, 
Wenn erft de Sunne fhient. 


3. Un wenn be nid werr munter ward, 


So laht en böſe fien, 


Heißa, hopſaſſa, 
So laht en böſe ſien! 


4. So nehm ick mi en andern Schatz, 
De bäter is as du, 


Heißa, hopſaſſa, 


De bäter iS as du. 


Aus dem Hannöverfchen (Zeven). Erf II, 1, 33. Bergl. Woh. 3, 105 (a. U. 110). 


6595. Zweifel an der Treue, | 


1. Zwoa kohlſchwarze Täubaln 
Hab'n Flügel liechti: 
Und daß mi mei Büabal 
Nit treu bleibt, fürcht i! 


2. Zweg'n was bleibſt denn aus? 
Zweg'n was kimmſt denn nit her? 
Mir iſt halt, als war i 
Dei Schatzal nit mehr. 


3. Mir hat von Valiebtſein, 
Von Treu ſein was tramt; 
Und i wollt und i mecht, 

3 hatts Wachwerden vaſamt. 


Greinz⸗Kapferer, Tiroler Volkslieder ©. 146. 


4. Jatz ward ma ſo antriſch, 
Jatz ward ma fo bang: 
I moan halt und fürdt halt, 
I machs nimma lang. 


5. Wo id denn die Freud 
Und wer bat ma's entfüart? 
Bor kurzem da hats no 
Im mein Herzen loſchiert. 


6.9 ſuech und i frag 
Und i find's nimma mehr — 
Sie is ma halt auszogn 
Und's Kammal i8 leer. 


Tg 1,1 Schwarze Tauben mit weißen — ſind unmöglich, unwahr. Das Bild mit 


einem Eontraft wird gebraucht, um zu fü 


agen: W 


e man don einer fhwarzen Taube feine lichten 


fügel: fo erwartet man von dem Geliebten, der fich früher treu bewieſen, keine Untreue; aber 
eind wie dad andere kann vorfommen. 2,1 zwegen was, wegen welcher Urfache, warum bleibft 


du aus? 3, 1 valiebt, verliebt. 


3, 2 tramt, träumt. 


3, 4 verfamt, verfäumt. 4,1 Sept 


wird mir fo verbrießlih. 6,4 Kammal, Kämmerlein. 


459 


654. Anfrage. 
Aus dem Taunus, Wefterwald u. Lahn⸗ u. Dillkreis 1880. 
— — — — — 


| — — — — —— — 
a RE — — 


Hier ſitz ih auf Rarfen, mit Veil—chen be«frängt, w und ih lie⸗be ein 


















Mäbdschen, und ih lie» be ein Mäbdschen, wie es mir ge » fällt. 


2.,Ein Mädchen zu lieben 4, Meinen Bater zu fragen 
Das darfft du ja nicht, Das braud ich ja nicht; 
Denn wer weiß, obs dein Vater, Meinen Bater, meine Mutter 
Dem wer weiß, obs deine Mutter, Die heirath ih nicht. 
Zufrieden ift. 

3. Geh heim zu deinem Bater 5. Schag, wenn dur nur wüßteft, 
Und frage geſchwind, Wie gut ih Dir wär, 
Ob wir ung dürfen nehmen, Du thäteft mich lieben 
Geh, eil dich, mein Kind“. Biel taufendmal mehr. 


Das Lied hat mit dem alten von Klamer Schmidt blos die zwei Anfangszeilen gemeinfam, 
fonft nichts. — Auch mit zwei anderen Einleitungäftrophen und ablehnender Antwort des Mädchens 
wird das Lied in angezeigter Gegend noch gehört. 


1. Ach Herzchen mein Schaͤtzchen, 3. Geh heim zu deiner Mutter 

Das frage ich dich: Und frage ann. 

Db du willt mein eigen Ob wir uns follen nehmen, 

Auf ewig willſt fein? Sch heimlich mein Kind! 
2..Dein eigen zu werben, 

Das kann ich ja nicht: 1.0 brauch fie nicht zu fragen, 

Wer weiß ob mein Bater Sie ſchenkt mich dir nicht, 

Wer weiß ob meine Mutter Es wär beffer geiwefen 

Zufrieden au find,“ Wir kennten und nicht.” 


5. Schap, wenn du nur wüßteft 
Wie gut ich dir wär, 

Ihärfl du mid auch tüſſen 
Biel tauſend mal mehr. 





695. Mom Ringlein. 


Sangjam. Böhmisch. 










grün, trag'n nir ald Tau » ter Liebe, trtag'n nir ale lau=ter 





Lies be, wa to-tbe As pfe » ein. 


460 


2. Die Apfla die fein fühe, 
Die Äüpfle die fein gut, 
|: Die muß mein feins Lieb eflen, 
Wenn ihr das Herz weh thut. 


5. Der Wind thut fi verfehren, 
Oder ih verkehr mich nicht: 
I: Ich lieb mein Schat in Ehren, : 
Kein’ Andern aber nicht“. 
6. Er zog von feinem Finger 
Bon Gold ein Ringelein: 
„Nimm hin, du wackres Madel, 
Nimm Hin die Treu von mir, 
Dös Ringlein ſchenk id dir!” 
„Was fol ich mitn Ringl machen, 
Wenn ih net tragen darf?“ 
„Legs ein in tiefen Kaſten, 


* 
* 


3.,Schöns Madl foll ih di loben 
Oder ſchänden“, bift dus werth? 
|: Haft du zwa braune Augen, 
Darunter ein faljhes Herz“. 


4, „Wos kannſt du mir beweifen? 
Wenn ih neat reich fatt bin, 
|: Schau did) um nad deines Gleichen :] Laß liegen, laß ruhn und raften 
Und laß mich, wer ich bin. Dis du e8 tragen darfſt““. 
8. ,„ Wenn id in Kaften gehe 
Und fhau das Ringlein an, 
Mein Herz möcht mir zerfpringen, 
Ih möcht mich ſelbſt umbringen, 
Wennft mein neat werden fannft‘“. 


Hruſchta u. Toiſcher, Böhmiſche Volkslieder 1891, ©. 143 (III, Rr. 59). Zu Strophe 1—2 
vergl. das Lied vom Mühlrad (Altd. Lob, 183). Zu Str. 6 Alt. Lob. 110, 11 ff. (Tagelier). 
Str. T und 8 aus: „Ed warn einmal drei Reiter gefang'n ıc.” 


* fchänden = ſchelten. 


656. Bes Adiffers Liebe. 


Deſterreichiſch. 














1. Afm Waj + ja 











bin i gfeahr'n, bab foan Ruda 


nid braucht: 's6 Ka + raſ⸗ 









i 


flärn han 


. Bon ung zwoa Mal Wegs 3. Af'm See bin i gſchwumma 


38 a Wald und a Gee, 
Und da fhwimmt a ſchöns Diärndl, 
Kimmt nimm’r in d' Heh. 
4. Bald foahr i afm 
Bald foahr i afm 


Afm See bin i gfoahrn 
J — zz hani af amal 
Mein Diärndl valoarn. 
Waſſa, 
Roan: 


Bald han i a Diärndl, 


Bald bin i allvan. 


Schottky, Defterr. DL, 1817 Nr. 67. Daher Braga, 2. Heft, Nr. 7. — Bergl. zu Str. 4: 


Bald grad ih am Nedar x. 


J 2,1 Mal, Meilen. 4,2 Roan, Rhein. 


461 


657. Zerwürfniß. 


Semeffen. Nieder NReifenberg 1876, 






Und du glaubft, du wärft die Schön» fl, aber auch die Rei-che⸗ 





acht', ver-aht ih auch. 


2. Deine Schönheit wird vergehen, 4. Alle Leutcher die dich kennen 
Wie das Blümlein auf dem Feld. Sagen dies und jen’d von bir; 
Es kommt einReiflein wol inder Nacht Sagen all, ich ſollt' mich trennen, 
Und nimmt dem Blümlein feine Madt. Sollt mein Herz nicht ſchenlen bir. 
3. Wenn du glaubft id thät Dir nadhgehn 
Aber ah — Das denk nur nidt. 5. Hab ih was von dir genojien, 
Denn eine Schwalbe bringt feinen So fag ih ſchöns Dank dafür, 
Sommer Denn unfre Liebe ift verflofien, 
Und über-die-weil verlaß ich Did. Und der Abſchied vor der Thür. 


658°. Minden im Rofengarten. 


Heiter. Aus Rönnebed bei Granſee 1854. 


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Er⸗laub'n Sie mir, o Schönfter in Garten zu gehn, da ſeh ih ei-me 





Blu-me von Per »« ne  ftehn. Er » laub'n Sie mir zu brechen? 


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iſt die böchsfle Zeit, die Schön» beit der Blumen mein Herz er + freut.“ 


2.D Minden, o Minden, du einjames Find, 
Wer bat dir denn folhe Gedanken eingegründt, 
In mein’n verſchloßnen Garten zu gehn? — 
„Du fiehft mir in die Augen, ich muß es frei geftehn. 
3. Nur Einer, fonft Keiner, der mir in die Augen fticht, 
Je fhöner die Blumen, je lieber man fie bricht; 
Die lieblihften Küßchen, die fhmeden mir fowohl! 
Was wir beide willen, Niemand's erfahren foll. 


462 


4. Muf denn ein Jeder wiſſen, was ih und du gethan? 
Daß wir uns beide füffen, was geht das Andre an? 
Wir beide find verbunden aus lauter Lieb und Treu, 
Glückſelig find die Stunden, wenn wir beifammen fein! 


5. Gehorfamer Diener, gehorfamer Knecht, 
Ei, wollen Sie mid lieben, jo lieben Sie mid redit! 
Dver haben Sie ein Andre viel lieber noch als mid? 
Gehorfamer Diener, fo bleiben Sie für fi!’ 


658%. Blumenbrechen. 


Aus Reunfirhen im Odenwald 1846. 





———— —— — 





een men 


fe: ed-m Blu .me von ferne ja da ftehn. 


2, Erlaube fie zu brechen, 4. Wir beide find verbunden 
Es ift die ſchönſte Zeit, Mit lauter Lieb und Treu, 
Die Schönheit diefer Blume Glückſelig fei die Stunde, 
Die mir mein Herz erfreut. Wo wir beifammen fein! 

3. Nur eine, fonften feine, 5. Das einfame Küſſen 
Die mir ins Auge ftiht; Das jhmedt und beiden wohl, 
Je ſchöner die Mädchen, Und was wir beide wiflen, 


Je lieber man fie fieht. Das Keins erfahren fol! 


659. Herzig ſchöns Schätzeli. 


1. Ach herzig ſchöns Schätzeli, 2. Ond du, herzig ſchöns Schägeli, 
Wie gfallſt mer ſo wohl! Gedenk du an mil 
J will di lieb haba Ond es iſt dir e-n’ Andere 
Bis in den Tod. Bil lieber als i, 
I will di lieb haba Bil ſchönner als i, 
In Freud ond i Leid, Ond du herzig ſchöns Schägeli 
Bis is der Tod vonenandera ſcheidt. Gedenl du an mi! 


Appenzellifch, bei Firmenih 2, 661. Mittler 1219, 


463 


660. Rechte Liebe, 


Etwas bewegt. Aus Wieſenbreidenbach (Heffen-Darmftäbtifch) 1858, 







D wie mwohl iftd je » dem Mensfchen, der von fei » ner Lie» be weiß! 





Rechte Lieb die läßt mihtfäla-fen, reh-te Lich Die ru» het nicht. 
2. Wenn ihr wüßt', was mir am liebften 5. Safen 'mal zwei Turteltauben 
Nur foviel gelegen ift Dort auf einem dorren At: 
Sparet ihr viel Sorg und Mühe, Wo fid zwei Berliebte ſcheiden, 
Ein ever fehr vor feiner Thür! Da verwelfet Laub und Gras. 
3. Hier kann ich nicht länger bleiben, 6. Laub und Gras ift ſchon verwelket, 
Hier hab ich gar fein Blaifier. Aber meine Liebe nit. 


Hier muß man nichts als Waſſer trinken, Rechte Lieb die läßt nicht ſchlafen, 
Bei meim feins Liebchen Wein und Bier. Rechte Lieb die ruhet nicht. 


4. Spielet auf, ihr Mufilanten, 7. Stern zwei Sternen an dem Himmel, 
Spielet auf ein Saitenfpiel — Leuchten heller als der Mond: 
Meinem Schäghen zu Gefallen, Der eine leucht für mein feins Liebchen, 
Weil ih von ihm ſcheiden will! Der andre vor die Kammerthür. 


661. Liebesplauderei. 
Ruhig. Unter-Wefterwald 1880. 


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Wenn wir und nicht wie «der fe» ben, bleibt doh unf» re Lie » be ftehn. 


2. Wir haben bei einander gefeflen 3. An dem Himmel ftehn zwei Sternlein 
So mande liebe lange Nacht Leuchten heller al8 ver Mond: 
Und dabei den Schlaf vergefien Eins das leucht auf mein Schlafzimmer, 
Und in Liebe zugebradht. Das andre auf mein Schägelein. 


4. Lieben ift ein ſchöne Sache, 
Wenn man feine Falſchheit hegt ; 
Freundlich thut das Herz mir laden 
Wenn ich mein ſchön Schäglein feh. 


Zert auch: Böckel, Boltdl. aus Oberheffen, Nr. 51. Müller, Erzgeb. Volksl. 134. 


464 


662. 's wars lebte mal. 


1. Drei ſchneeweiße Täuble 3. Zu dir bin ih gange, 
Flieg'n über den Wald: Zu dir hats mich g'freut 
Schön Schatz hab ich g’hatten, Zu dir fomm id nimmer 
War achtzehn Yahr alt. ‘8 ward fette mal heut. 

2. Drei ſchneeweiße Täuble 4. Zu dir bin ih gange 
Flieg'n Hin und & wieder: In Regen und Wind: 
Die Lieb ift vergange, Zu dir fomm id nimmer, 
Kömmt nimmer wieder. Du liederlichs Kind. 


Mündl. aus Suüddeutſchland, gefungen nah der Mel.: „Und die Würzburger Glödli.” Rob 
viele Varianten f. unter Schnaberhüpfeln. 


663. Mißtrauen. 


Gemäßigt. Aus Niederheſſen. (Rengertöbaufen 1891.) 
"sr 





Mein Schap der gieng zum Berg bi-nauf, weinste bit=ter» li he XThrä » men: 





Shap, ac Schap, wo willſt du hin? ah Schatz wo willft du hin? Sollft bei mir blei « ben!“ 


2.,, Was fol ih denn num bei dir thun? 3.,Ich Liebe keinen andern Schatz, 


Was foll id bei dir machen? Ich liebe dich von Herzen. 
Denn du liebſt einen andern Schat Wenn du nicht bei mir bleibft, 
Du liebft ein fhönern Schatz, Und mir die Zeit vertreibit, 
Thuft mich auslachen.“ So leid ih Schmerzen.” — 


4. Es giebt auch Mannsleut in der Welt, 
Die fein fo faljh als wie das Geld; 
Denn wer aufs Wafler baut 
Und feinem Schab vertraut, 

Der ift verloren. 


J. Lewalter, Volkel. aus Niederbeffen IH, Nr, 18. ar äbnlih aus ber — 5— 
Mittler Nr. 830. —* Schap det lauft zum Berge rauf. Böckel 97D. Zurmühlen Rr. 37. 
Beral. auch Krepfchmer II, Nr. 186, vermutbfich überarbeitet: 


Mein ar der lief dm Berg binauf, 
Schönftes liebes Gertrudchen! — 

Mit bitterm Weinen : 

Allerſchoͤnſtes —— (9 Str.) 


465 


664. Liebesglück. 


1. Hab oft die ganze Nacht 2. Sonn hat fih fürgemadt, 
Bor ihrer Hütten gewadht, Hat auf die Blümlein g’ladht, 
Hab oft hinein gefhaut Bis auf dem Gras fie fih 
Und übern Rain, Herausgeftredt. 

Hab’ obn die Stern gezählt, Hab nie mi umgewendt, 
Hat auch nit eins gefehlt, Hab an mei Dim’l g'denkt, 
Als deine Aeugelein, Hat juft zum Fenſter "raus 
Lieben ganz allein, Ihr Köpferl g’ftredt. 

Holia bo, hola bo ꝛc. Holia ho, hola bo x. 


3.Da hat fie mir gewinkt, 
Hat mit den Yeuglein g’blinkt, 
I habs gleich wohl verftanden, 
Wie fied meint, 
Eil g'ſchwind ins Stüberl hin, 
In ihre Arme drinn, 
Habs g’herzt und g’füßt und g'drückt, 
Und ſchier faft g’weint. 
Holia ho, hola ho ꝛc. 


3 es Bolkölied, neuen Urfprungs (um 1860 bekannt). Faſt in allen Taſchenlieder⸗ 
en Ren von Eiher. — Fragm. bei Köhler, Volksbrauch im Boigtlande ©. 328, 


665. Liebeswechſel. 


Munter, j el. aus Alsbach an der Bergfir. 














Thür bat fein Schlof, und mein’ Schap Fin ih los. 


2. Aus iſts mit mir, 3, Und wenn fie trodnet net aus, 
Im dem ganzen Revier, Und ift allemeil naf: 
Und wann die Donau austrodnet Jetzt muß ich gehn fhauen 
No heirathen wir. Um em anderen Schatz. 


Zert mündlich aus dem Schwarzwald, in Auerbach’3 Dorfgeſchichten I, 1845, ©. 311. 
u — un nur mit anderer Eingangsftropbe, unter den Zanzreimen im Woh. III, 1808, 
. in. A. 


1. Du Dienerl du netts, 2.,Aus iſt fie mit dir, 
Du lieaft mir im Hera, Im ganzen Revier; 
Du kommſt mir nit raus, Wenn die Donau eintrodnet, 
Bis vie Liebe ift aus,‘ Dann beiratben wir.” 


Er! u. Böhme, Lieberhort. II. 30 


466 


3.,Sie trodnet mit ein, 
Bleibt allweil naß: 
Sept muß ich halt fchauen 
Um ein anderen Schaß.‘ 
Nochmals fteht die Einleitungsftrophe vereinfamt im Woh. III, ©. 119: 


Aus ift ed mit dir, Mein Thür hat fein Schloß: 
Mein Haus hat kein Thür; Bon dir bin ich los. 


666. Aus ift das Liedchen. 


Aus dem Oberlahnkreis und Kr. Limburg 1885. 





Aus iſt das Lied» chen, ah wär ich bei mei'm Lich » hen! Wenn ich gleich nicht 





2, Ale Leuthen fragen glei: 3. Es mag reich fei oder nicht, 
Iſt auch dein ſchön Schätzlein reich? Schätzlein dich verlaß ich nicht. 
Alle Leutchen fragen gleich: Es mag reich ſein oder nicht, 
Iſt das Mädlein reich? Schätzlein, dir bleib ich verpflicht't! 


667. Aukuks Liebesleben. 
Schäferliedlein.) 
Heiter. Mel. aus Breslau 1821) u. Gotha (1839). 






Ich bin Kuck-kuk und bleib Kuck⸗-kuck, und laß mich Kuchk- kuck nen-nen; und 


Ber Sn 


wer mein'n Nam'n nicht nen «nen fann, dem geb ih mich zu er » fenenen. 





Den Winter bin ih in dem Wald, denSommerauf grü « nen Au »en; da 





hat mein Herz ſein'n Aus»fent-halt bei fhösnen Scäferd-frau » en. 


2. Wenn meine Schäflein auf der Heid Und ſchrei mit heller Stimm: Kuduf, 
In grünen Thälern grafen, Daß in die Au erflinget, 
So hab idy meine Luft und Freud, Und ruf der jhönften Schäfrin zu, 


Se mid auf grünen Rafen, Daß fie mir eines finget. 


in biefem Jahr (um 1800). 


— Man beachte, daß die 2. 


fen = Mäufe fangen. 


467 


3. Mit einem Wort, e8 bleibt dabei: 


Kuckuk will ich verbleiben, 
Und will ver Schäfrin meine Treu 
In Lieb aufs Neu verihreiben, 


Bis endlih kommt der Böglein Tod 
Und ftößt mir meine Glieder: 
Behüt did Gott meine Schäferin, 
Bis daß ich komme wieder! 


Heltefte Quelle für diefed Lied ift ein fl, BI. „Sieben ganze neue welt. Lieder (dad 1.). Gebr. 


Fl. Bl, aus Göln, f. Wenden, Coͤlns Vorzeit 1826, ©. 254; daher 
Eimrod 220. — Handjhriftlih aus dem Heffifchen in von Arnim's Samml. (vor 1810.) Danadı 
Woh. I, 352 (neue Ausg. 1845, in der von 1806 noch nicht!). — Mit Melodie aus Franken und 
der Gegend von Gotha bei Erf II, 4|5, Nr. 59. — Mel. und 
und dreift, Lieder,“ herausgegeben vom Breslauer Schullehrer-Berein. Bresl. 1821, I. Heft, ©. 5. 
älfte der Mel. glei ift der zu: Es liegt ein Schloß in Defterreich, 


erfte Str, fhon in „120 zwei⸗ 


668. Ber gefoppte Hermann. 


1. Hermann auf der Treppe fah 

Hermann weinte jehr; 

Sprad zu ihm das Mägdlein roth: 

„Hermann, was ift deine Noth? 
D du goloner Hermann!“ 


2.,, Daß ih möchte ſitzen 


In dem Stübchen dein!“ 

Sprad zu ihm das Mägplein fein: 

„Hermann, das kann aud wohl fein, 
D du goldner Hermann!’ 


3. Hermann in der Stuben faß, 


Hermann meinte fehr; 

Sprad zu ihm das Mägplein roth: 

„Hermann, was ift deine Noth? 
D du golpner Hermann!” 


4,,, Daß ih möchte küſſen 


Deinen rothen Mund.‘ 

„Küß du unfern Puvelhund 

Bon dem Schwanz bis auf den Mund, 
D du dummer Hermann!” 


Aus der Zeitichr. „Wünfchelruthe,“ Hamb, 1818 ©. 177. 





669. Brohung genen den Nebenbuhler. 


Mel. aus der Gegend v. Coburg. Bei Wyß 1818, ©. 67, 
in der Schreibung abweichend u. eine andere Mel. 












Bf de, 


2. Wenn i's Buri's Kätzli wär, 
So wellt i lerna mufe; 
Abends fpot ins Goßli goh, 
Un morgens wieder berufe. 












treff ich Dich, do bäft ed doh, an a⸗ner⸗mal bli-abft da-heime. 
3. Min allerliebftes Schagerli, 


Dos 18 im Wiarth fin Haller, 


Hot en ifenes Rödli oo, 


Si Nam i8 Mustateller. 


Vergl. Stöber, Elf. Vollsbüchl. (n. A.) 71: Wenn ig ed Buure Chapeli wär. Anfang bei Wyß: 


Wenn du in mus Gädeli geift, 
Berfe-n-i mit Steine: 


J. 1,1 Gopli, Gäßchen. Gaben, Gemah, Zimmer, Kammer, Hütte. 
Str. 3 ift Nachklang des alten Zrinkliedes: Den liebften Bublen ꝛc. 


Zriff i di, du haſch es deh, 
D's ander mal binbft daheime. 


2, 2 mujen, mau« 


30° 


468 


670. Heffifcher (Mogelsberger) Ruggufer. 


Lebhaft. Stuttgarter Liederkranz, Lieft. I, 1827—30. 





















tele) „EEE — * 
— — 19 Ar TE BEE BEE ER Ein 

— EB an a DI IF RP u | u | n 
HE — —— 


Heffifhe Melodie. 
Aus dem Odenwald (Meffel) 1876. 





Wie bob ift der Him-mel, wad glirkern die Stern': was ba-me bie 





Bu » we die Mäd«» der fo gem. 


Diefelbe Mel. nochmald aus dem Odenwald (Aläbadh) 1859. Anfang: 


Kathrindhen, :]: ee nit fo weit naus 
Die Buwe fin Schelme, die lachen dich aus, :|: 


Wieder 1859 aus Lindenfeld im Odenwald: 


ſtathrinchen, Kathrinchen, geb mit mir ind Grad, 
Da pfeiffe die Vögel, da Flappert der Has, 


Ruggufer, urfprünglic ein landeigenes Hirtenlied in Appenzell; dann aud überhaupt kurze 
Liebesliedchen nah Art der Kiltfprüche, die lofe zufammengefügt werben. 


671. Mahnung an den Liebften. 


Aus der Umgegend v. Fulda 1880, 















Was füh » reft du in deinem Sinn?binsweg du fal = fched Herz⸗chen! 





Ge » densteft du noh an jenen Drt, wo wir bei-famemen ge = fei-jen? 


2.36 hab fhon mande lange Nacht 3. Die Leute fein ſchlimm, fie reden viel 
Den jühen Schlaf vergefien: Das wirft du felber wiflen. 
Gedenkſt du noch an jenen Drt, Aber weil ja mein Herz das deine liebt, 
Wo wir beifammen gefefien? Das thut ja die Leute verbriehen. 


4, Du trägit ein’ Ring an deiner Hand, 
Darinnen fteht mein Name: 
Und wenn es von Öott verordnet ift, 
Sp fommen wir beide zujammen, 





469 


672. MWiedererkennen des einfligen Geliebten. 


(Die gebrodene Treue.) 
Ziemlich langſam. Aus dem Dillfreid mehrfach. 1880—90. 






Müsrde kehrt ein Wan-desrer zus rüd, nad der Heirmath, feiner Lie⸗be Glüd. 





EEE * am Rhein. 
u 





ftrauß, ſtrauß. 


2. Und die Gärtnerin, fo hold und ſchön, 
Tritt zu ihren Blumenbeeten hin, 
Und bei jedem Blümlein, das fie bricht, 
Rollen Thränen ihr vom Angefidt. 


3., Warum weinft vu, holde Gärtners Frau? 
Weinft du um das Beilhen dunkelblau, 
Oder um die Rofe, die bein Finger Brit?“ — 
„Nein, um diefe Rofe wein ich nicht. 


4. Ich weine nur um den geliebten Freund; 
Er zog in die Welt fo weit hinein, 
Dem ih Treu und Eid gefhworen hab, 
Den ih, Gärtnerin, gebrohen hab.‘ 


5... Warum haft du mir denn nidt getraut? 
Deine Liebe auf den Sand gebaut? 
Sieh den Ring, der mic tagtäglih mahnt 
Un die Treu, die du gebrochen haft! 


6. Nun fo trifft mid Wandrer das Gefhid 
In der Heimath meiner Lieben Blid; 
Drum fo gieb mir, holde Gärtnersfran 
Einen Blumenftrauß von Thränen bethaut. — 


7, Und mit diefem Sträußchen in der Hand 
Wil ih wandern durd das ganze Fand, 
Bis der Tod mein müdes Auge bridt: 

Lebe wohl, leb wohl, vergiß mein nit!” — 


Am Rhein (K. Beder Nr. 112) in einigen Worten anderd. Im Speffart fang man: Es kehrt 
ein Wanderdmann zurüd, nach der Heimath warf er feinen Blick (lenkt er feinen Schritt). Bergl. 
Friſchbier, Oftpreuß. DE. 7. 


470 


673. Beine Liebe ohne Horgen. 


Mäßig langfam. Aus Hennweiler u. Rußbaum a. der Nabe. 18M. 





Es giebt ja kei-ne Ro⸗ſe oh⸗ne Dornen, es giebt ja kei-⸗ne Liebe ob-me 


BI m 4} 
Mn ah | 





Sor:gen; denn wo zwei Feindslieb-hen fein, da muß bie ein da-von bestrosgen fein. 


2. Schönftes Mädchen, zu Dir darf ih nicht mehr kommen, 
Denn die Menfhen haben alle faljhe Zungen; 
Sie abſchneiden all dein Ehr, 

Schönftes Mädchen, zu dir fomm ich nicht mehr. 

3. Laß dir all dein Ehre nidht abſchneiden, 

Trag alles mit geduldigem Leiden! 
Trag all dein Peiden mit Geduld, 
An unferm Unglüd ift ja nur die Liebe fhuld. 

4. Trag alles mit gebuld’gem Herzen 
Denn die Liebe fie macht viele Schmerzen; 
Denn die Piebe ift bald bier, bald dort, 

Sie ift ja nie an ei'm beftimmten Ort. 


Becker, Rhein. Volksliederborn Rr. 73. Vermuthlich ifts die Mel. au zu folgendem Terte. 


674. Hur heraus mit der Wahrheit! 


1,,Schat, id möcht ed gern willen, 3.3 weiß wohl, was dich verdroſſen, 
Ob dein Herz mir ganz entriffen? Daß die Thür war zugefchlofjen 
Dver ift ed nur ein Scherz? — Und nicht kamſt zu mir herein, 
Nichts wär froher als mein Her. Das wird wohl dein Aerger fein. 
2.3 bin manden Weg gegangen 4. Wäreft du allein gelommen, 
Um dein Herzchen zu erlangen, Hätt ic dich herein genommen; 
Ich hab es aber nicht gekriegt, Aber zwei? das tft zu viel, 
Weil e8 fo verborgen liegt. Du allein du warft mein Ziel! 


5. Dein Andenken, das ich habe, 
Bleibt verſchwiegen bis zum Grabe, 
Und mein Aug iſt thränenvoll, 
Wenn ich von dir ſcheiden fol‘. 


Mündlich aus Heſſen: Mittler 1015. Daſelbſt 1014 eine längere Lesart mit noch zwei Ein- 
leitungäfttopben: 1. Es bat ein Gärtner feinen Samen, ohne Unfraut darunter zu haben: denn 
allemal wo zwei Verliebte fein, da muß eins von betrogen fein. 2. Es wähft fein Rofe 
ohne Dornen, es ift fein Liebe ohne Sorgen. Wenn du mic lieben willft, fo liebe mich allein, 
oder laſſe nur dein Lieben fein. 


471 
675. Bes Mädchens Reue. 


1. Es giebt kein’ Rof' ohne Domen 2., Jetzt vergeß ich deinen Namen, 
Und feine Lieb’ ohne Bein: Dieweil du meinen aud; vergißt, 
D wie glücklich iſt das Mädchen, O ſo geh in Gottes Namen 
Das nicht weiß was Lieben heißt! Dahin, wo der Pfeffer wächſt!“ 


Aus Riederfulgbah Kreis Zabern im Elſaß) 1884. 


676. Schön Dännerl im Thal, 
1. Bin ih das jhön Dännerl im Thal, 4. Bin ih das ſchön Dännerl im Thal, 


Schleuß Federn; Strick Socken; 
Da kommen die Jägerburſch all, Da kommen die Gaſſenbuben all 
Wollens lernen. Wollen locken. 
Geht nur, all ihr Geſellen, Geht, reiſt, ich mag nicht ſpielen 
Ihr könnt euch nicht anſtellen. Ihr ſeid mir viel zu viele. 


Ih bin das ſchön Dännerl im Thal, Ih bin x. 
Und bleib das ſchön Dännerl allemal, , gin ich das ſchön Dännerl im That, 


zı 


2. Din ih das ſchön Dännerl im Thal, Thu giefen; 
Strid Bändlein; Da kommen die Schützenburſch all 
Da konımen die Schreiberbuben all Wollen ſchießen. 
Wollen tändeln. Seht, laßt das nur bleiben, 
Ich laß euch nicht tändeln Mein Blumen ſind keine Scheiben. 
Mit meinem Vortuchbändeln. Ich bin ꝛc. 
Ich bin ꝛc. 6. Bin ich das ſchön Dännerl im Thal 
3. Bin ich das ſchön Dännerl im Thal, Thu lieben; 
Eß Zucker; Da kommen Studentenburſch all 
Da kommen die Schubladenbuben all Mit den Hiebern. 
Wollen kuden. Ja ja, ihr meine Herren 
Geht, laßts euch vergehen, Ih will euch nicht ausfperren. 
Ich laß euch nichts fehen. Ih bin das jhön Dännerl im Thal, 
Ih bin x. Und bleib das fhön Dännerl allemal. 


Wunderhorn III, 1806 ©. 55: Nach einem fl. BI. des 18. Jahrh. Danad fertigte Fr. Kind 
fein Gedicht: Das Mäbdel im Thal. Anfang: 
„Bin ich nicht ein frifh Mädel im Thal 
Zum küſſen? 
Da tommen die Junker —— 
Und grüßen x. [f. Er 
Letzteres Lied ift von Reißiger komponirt. 


ad 5, 204.] 










Da 


dro » ben aufm Ber-gel, fu » fu! da ſteht wohl a Wu» zerl wie 





du, da ficht wohl a Wu =» zerl wie du. 


472 


2. Geh abe, mei Wuzerl, zu mir, 5. An Müllner den lieb i mit Fleiß— 

I zahl dir an Wei und a Bier. Der ſchenkt mir fei Herzerl fei treu’s. 
3. J geih dir a Nuß und an Fern, 6. Mei Herzerl, mei Herzerl ift treu, 

Wennſt anderft mei Schazerl willft wer'n. a Scılöfierl, a Schlöfferl dabei. 
4,,Ch daß i en Wittimer nahm, 7. Un einziger, einziger Bue 

Eh häng i mi zhöchſt aufm Boam. Hats Schlüfferl, hats Schlüſſerl dazue. 


Aus Schottky's Mſpt. vor 1809 Nr. 24. Aehnliches Liedchen aus dem Vogtlande bei Kretzſch⸗ 
mer I, Rr. 132: „Da draußen auf dem Bergle, bu, bu! do ſteht grad fo a Huzzerl wie du zc. — 


* Wuzerl, Kofewort für Buben und Mädchen, für Fleine drollige Perfon. 


678°, Laß rauſchen! 


Erfte Mel. Forfter V. 1556 und Graßliedlin 1535. 











La rau⸗ſchen, Sische » fe, rau» ſchen und klin » ge wol durch ” Korn! 





— 
weiß ih ein Maidlin trau » ren, bat ib«- ren Bu len ver«- Tom. 


Bereinfahte Form der Melodie. 


Berlins Hodſcht. 1646. 
Mel.: „Die Amſel dicht zu morgen.“ Altd. db. S. 270 (mit falfhem Schlüffel). 
















(Ih hört ein Sich -Tein rau« fen, wol rau» fchen durh dad Kom, ich 





hört ein fein Magd Ela» gen, fie hätt ihr Lieb ver = fom.] 


1.9 hort ein Sichellin rauſchen, 2., La rauſchen, Lieb, la rauſchen! 
Wol rauſchen durch das Korn, Ich acht nit, wie es geh: 
Ich hort ein feine Magd Hagen Ih hab mir ein Bulen erworben, 
Sie hätt ihr Lieb verlorn. In Beiel und grünen lee”. 


3. „Haſt du ein Bulen erworben 
In Beiel und grünen Klee: 
So fteh id bie alleine, 

Thut meinem Herzen weh! 


Mel. und untergelegte Strophe bei Forfter 1556, V, Mr. 65. Zonjag von F. v. Brant. 
Dort blos diefe Strophe. Tert zujammengeftellt bei ühland 34A. Entnommen iſt Str. 1 aud 
Graßliedlin 1535 Nr. 15, die 2. und 3. aus Schmeltzel, 1544, Quodl. Nr. 25 mit anderer Me- 
lodie, die gleich hier folgt. 2 diefe 3 Strophen zufammengehören, ift durch Forfter’d vermittelnde 
Strophe ( k oben) außer Zweifel, 


473 


Derjelbe Tert auch im Wunderhorn II, 50 {n. A. I, 50) aber mit eingefchobener Zuſatzſtrophe: 


Ich hört ein Hirfchlein raufchen, 
Wohl rauſchen dur den Wald; 
Id hört mein Lieb fi klagen: 
„Die Lieb verraufcht fo bald.” 


678. Laß rauſchen. 


Andere Melodie. 
I. Theil. (Bortanz). Schmelgel, 1544. Quodl. 25. 






La rau» fchen, Lieb, a Tau = ſchen, ih acht niht wie es 





fei D . ne, thut mei» mem Her»zen web, thut mei» nem Herszen meh. 


Bir jehen hieraus, daß das ſchöne alte Liedchen vom Sichleinraufchen ſchon im 16. Jahrh. das 
Melodien hatte, die hier unter a und b gegeben find. Nach Vergleich der 3 erhaltenen Stim- 
men von den „Graßliedlin 1535“ kann idy Feitellen. daß der verlorene Tenor diefelbe Mel. hatte, 
wie fie Forfter und bewahrt hat. Ein E Bl., Nümb. um 1580 giebt ein geiftl. Klagelied: Ad 
Elend über die maſſen x. Im Thon: Rauſche, Sichelein, rauſche. — 

Das ift ein vielgefungened Klaglied einer entfagenden Jungfrau, in Wort und Weife fo 
wehmũthig, wie wenige fonft. Der Berlafjenen ift das Raufchen der Sichel im Kom eine Mah— 
nung an geſchwundenes Glüd (die Liebe verraufchte fo bald), während das liebesfrifche, wohlgemut 
Mägdlein beim Abmähen des Kornes noch ded Frühlings und des zärtlihen Verſtändniſſes zurüd- 
dent. „Es kann faum etwas Schönered geben, ald den Gegenſatz und zugleich die Uebereinftim» 
mung zwiſchen der vertieften ftillen Liebestrauet — und dem heiteren, aber eintönigen und nie 
leife wehmüthigen Klingen der Sichel im reifen Korn, was hier fo ganz ohne Emphafe in wirkli 
rührender Einfalt ausgeſprochen wird.” (Bilmar ©. 192). 

Das flimmungsvolle, ergreifende Liedchen wird in modernen Liederbüchern oft bid zur Un- 
fenntlichteit entftellt, 


474 


67%, Sichlein raufchen. 


Aus Franfen. Ditfurtb II, 74. 





Hoͤr ih ein Sich» lein 


Kom; Hör ih ein Feins-— lieb 


ri - ra - raus fchen, ja 


Ha =» gen, «8 








rau « [hen durch das 





— — — 
bät- te ſei-nen Schatz ver— 





lorn, es 


2. Haft du ven Schatz ver-li-la-loren, 

So ſind wir ganz allein, 

So gehen wir mitſammen 

I: Und machen ein Kränzelein. 

‚Ein $ränzelein von Ri-Ra-Rofen, 

Ein Kränzelein von Klee; 

Zu Straßburg auf der Bruden 

Da lag ein tiefer Schnee. 

. Der Schnee der ift zerſchmi-ſchma- 
ſchmolzen 

Das Waſſer lauft dahin; 

Zu meinem Feinsliebchen 

Stehn alle meine Sinn. 


hät» te fei-nen Schatz ver- lorn. 


5. In mein's Feinsliebchens Gi⸗Ga-⸗Garten 


Da ſtehn zwei Bäumelein, 
Der eine trägt Muskaten, 
Der andre braun Nägelein. 


6. Muskaten die find ſi-ſa-ſüße, 


Braun Näglein die find riſch; 
Die will ih mei'm Schat verebren 
Daß er meiner nicht vergift. 


7. Hab’ deiner nicht vergi-ga-gefien, 


Hab’ allzeit an dich gedacht. 
So wünſch ih dir, lieb Schätzchen, 
Biel taufend gute Nacht! 





67%, Sichlein rauſchen. 
Erſte Melodie. 


Mäßig bewegt. 






Es dun⸗-kelt in dem Wal +» » 


* nah Haus fe 


Aus der Gegend von Potödam. Fiederbort Ar. 143. 








Kom wolln wir ab. fchnei-den, fo 


gut ald wir ver⸗ſtehn. 


Zweite Melodie, 


Maäßig geſchwind. 


— 


Aus Dahme, an der Grenze von Brandenburg und Sachſen. 1840. 











— 











— ——— — 


IS = 
— —— 





— — 


— — FE 


F3 Dun» filt vor um Wal» de, 





ud A 
Kom wolln wir ab » fjchnei-den, fo 


4 
aut ald wir ver « ftehn. 


nah Sau « je wol « fen wir gehn; „mus 






— — 
— — 


475 


Dritte Melodie. 


Aus Pommern. 1860, 











Es dunskelt in dem BWal-de, nah Haufe wol-Ien wir gehn; wir 


CH — — a ĩ 

IAA ——— — 
—— — — — 
CCCC 


wolh⸗len das Kom ab » ſchnei-den, fo gut als wird ver⸗ ſtehn. 












Vierte Melodie. 
Sanft bewegt. In Heidelberg 1858 von Zuccalm. aufgezeichnet. Arnold, Volksl. L ©, 18, 





hört ein fei= ne Magd Ha-gen: fie hätt ihr Pieb ver» form. 


1. Es dunfelt in dem Walbe, 4. Ein Kränzelein von Roſen 
Nah Haufe wolln wir gehn, Ein Kränzelein von Klee, 
Das Korn wolln wir abſchneiden, Zu Frankfurt an der Brüden 
So gut ald wird verftehn. Da liegt ein tiefer Schnee. 
2. Ich hört ein Sichelein raufchen, 5. Der Schnee der ift geihmolgen, 
Wol raufhen durch das Korn. Das Waſſer läuft dahin: 
Id hört mein Feinslieb Hagen, Kommft du mir aus den Augen, 
Ihr Ehr Hat fie verloren, Kommft du mir aus dem Ginn. 
3. „Haft du dein Ehr verloren, [6. In meins Feinsliebchens Garten 
Hab ih ja doch die mein; Da ftehn zwei Bäumelein, 
So gehn wir beide zufammen Das eine trägt Musfaten, 
Und winden zwei Kränzelein. Das andre Nägelein. 


7. Musfaten die find jüße, 
Braun Näglein die find gut: 
Ei fo wünſch ich meinem Herzliebhen 
Einen frifhen und fröhlichen Muth.] 


Zert und beide erfte Melodien bei Erk, Liederh. Nr. 143, Beinabe ebenfo aus Pommern 
1860 (daber die dritte Mel.). Auch die Lesart aus Defterr. Schlefien bei Peter I, 249 faft gleich. 
Sehr ähnlicher Tert aus der Harzgegend bei Pröhle Nr. 31: Was dunfelt in dem Walde. 


Barianten unweſentlich: Sang man oben: Zu Straßburg an der Bruden da liegt 
ein tiefer Schnee, fo heißts bier: Zu Frankfurt an der Brüden ꝛc. — in Pommern: Zu Franf- 
furt an der Dver, — im Harz: Zu Braunfhmweig auf der Brücke; anderwärtd: Zu Coblenz 


Fri — Brücke. — Die Wanderſtrophe faſt überall angehängt, obgleich nicht zugehörig und darum 
tend. — 


Dieſe ſehr verbreitete Lesart iſt aber eine Abänderung und Entſtellung des urſprünglichen 
Charakters: erſt war es ein Lieb eines entſagenden Mädchens, daß fein Lieb verloren: bier iſt 
die Ehre verloren. 

Ein Ähnliches Lied mag es außer dem oben angeführten „La rauſchen“ fhon im 16. Jahr. 
gegeben haben, das ſcheinbar 5zeilige Strophen hatte: „Woll wir das Korn abfchneiden, 


oder woll wir es laſſen ſtahn?“ — wird ald Ton angeführt zu: „Gott gnade dem großmächtigen 
Kaiſer fromme x. 


476 


679°. Sichlein rauſchen. 


Weſtſäl. und Elſaſſer Melodie. 





wolln dad Korn ab » ſchnei⸗den, wenn wir ben — ſehn. Wal⸗de, laßt 

2. Ich hör ein Sichlein rauſchen, 4..Haft du ein Mägdlein erworben 

Wol raufhen durch das Korn, In Beilchen und grünen Klee, 

Ich hör Feinsliebchen Hagen, So fteh id hier alleine, 

Sie hätt ihr Lieb verlor. Thut meinem Herzen weh.“ 
3., Laß raufhen, Lieb, laß rauſchen, 5. = bör ein Hirſchlein raufhen 

Ich acht nicht wie es geh, Bol rauſchen durch den Wald, 

Ich thät mein Lieb vertauſchen Ich hört mein Lieb ſich Hagen: 

In Beilden und in lee‘. Die Lieb verraufht fo bald! 


6. Laß raufhen, Lieb laß raufchen, 
Ich weiß nit wie mir wird; 
Die Bächlein all verraufden, 
Doc keines fi verimt. 


—— weſtfaͤl. BL. Nr, 42. — Die 5, Str. erſcheint mir ng denn fie ift die 
felbe wie im Wunderhorn II, 50 und deffen Einfluß zu vermuthen, Die 6 — die zum 
Sichlein = Hirſchlein raufchen auch noch das Baͤchlein rauſchen et ift vollendet jchön, 
aber fhwerli aus dem Bolkdmunde. — 

Krepfehmer I, 42, der dieſelbe Mel. ald Elfaffer Mel, Bun: bat nad der Anfangdftrophe 
die Fortfegung aus dem Wunderborn III, 113 entnommen. Wederlin DI, 178 nad Kretzſchmer. — 


679°. Ehre verloren, 


1. Ich hör ein Sichel rauſchen, 4, Der Schnee der ift zerronnen, 
Wol raufhen in dem Kom: Das Wafler flieft dahin. 
Ih hör mein Feinslieb weinen, Du kommſt mir aus den Augen, 
Ihr Ehr hat fie verlor. Dod nit aus meinem Sinn. 
2..Du haft die Ehr verloren, 5. In meines Vaters Garten 
Ich habe noch die mein; Dort ift ein breiter Stein, 
&o binden wir zufammen Dort haben wir gefefien 
Das letzte Kränzelein. Biel Nächte ganz allein. 
3. Ein Kränzelein von Blumen, 6. Dort haben wir geſeſſen 
Ein Krängelein von Klee. Bei Regen und bei Wind, 
Zu Straßburg auf der Bruden Jetzt muß ich von dir fheiden — 


Da liegt ein tiefer Schnee, Mein allerliebftes Kind! 


477 


7. In meines Vaters Garten, 8. Muskaten die find ſüße, 
Dort ſtehn zwei Bäumelein, Braunäuglein die find ſchön: 
Der eine trägt Musfaten, Jetzt muß ich von dir laſſen 
Der andre Braunäugelein. Und werd dich nie mehr fehn. 


A. Peter, Volksthüml. aus Defterreih.-Schlefien 1865 ©. 249. Hier find offenbar Str. 5 
bis 8 fpäterer Zufag, davon die 2 letzten Wanderſtrophen. 


679°, Sichlein raufıhen. 


1. Es duntelt in den Bergen, 3. So gehn wir beide zuſammen 
Es dunkelt überall: Und machen ein Kränzelein, 
Ich hört ein Sichellein rauſchen, Ein Sträußelein von Roſen, 
Sie rauſcht wohl in das Korn. Ein Kränzelein von lee. 

2.3 hört ein’ feine Magd Hagen, 4.3u Koblenz auf der Brüde, 
Sie hatt! ihr Lieb verlorn, Da liegt ein tiefer Schnee, 
Haft du dein Lieb verloren, Der Schnee, der ift gefhmolzen, 
Die meine hab ih nod. Das Waſſer lauft dahin. 


5.&8 lauft in Abrahams Garten 
Da ftehn drei Bäumelein: 
Der erfte der trug Muskaten, 
Der zweite Braunnägelein, 
Der dritte, dem ich meine, 
Der fol mein eigen fein! 


Aus Karden an der Mofel 1820 durh Hoffmann v. F. aufgefchrieben. 


679% Trauer über das verlorene Lieb. 


1. Ach, Bäumchen, du ftehft grüne, 3, Ein Kränzelein von Rofen 
Gott geb dir lang zuftehn ! Und auch von gelbem Klee: 
Ih hab mein Lieb verloren, Denn fi) zwei Herzlieb ſcheiden, 
Drum muß id trauren gehn. Ja ſcheiden und das thut weh. 

2. Haft du dein Lieb verloren, 4. Ach ſcheiden, über fcheiden, 
Sp hab ich noch das mein; Wer hat das Scheiden erdacht? 
So wollen wir zwei beifammen Der hat zwei junge Herzliebhen 
Und brechen ein Kränzelein. Bon Freuden zum Trauern gebradt. 


Simrod Nr. 197. Dort no ein flörended Anbängiel von 5 Strophen, die ein befonderes 
Maireigenlied bilden: Ah Aepfelben auf dem Bäumen {f. dadfelbe). 


478 


679, Klagelied über das verlorene Lich. 


Ernſt. Aus Keſſenich bei Bonn. 1819. 









* — u 
Wie grürnme ik die Bin- de — 0o-bn iſt fie breit: Sch 





bab mein Lieb ver = lo » ren, dr Scha-den it mir fo leid, der 


Scha-den it mir fo leid 


1, Wie grüne ift die Finde, 15. Ab, Äpfelhen auf dem Bäumchen 
Dben ift fie breit: Wie hoch gebieten ich Dir. 
Ih hab mein Lieb verloren Du ſollſt nicht ehnder fallen, 
Der Schaden ift mir fo leid. Dis daß mein Lieb kommt zu mir. 
2. Haft du das deine verloren, 6. Das Äpfelchen ift gefallen, 
So hab ih nod das mein, E83 bat ein Würmchen in, 
So wollen wir zujammen Gleich wie die Junggeſellen, 
Uns breden ein Kränzelein. Die führ'n einen falihen Sinn. 
3, Ein Kränzlein von Biolen 7. Wir woll'n ihnen wenig glauben, 
Und aud von gelbem Klee: Wir folln ihnen wenig thun; 
Und Scheiven, bittere® Sceiden, Man foll fie laſſen laufen, 
Ah Scheiden das thut weh. Verſchleißen ihre Schub. 
4, Ah Scheiden, bittres Scheiven, 8. Denn find die ihr'n zerbroden, 
Wer hat ung das Scheiden gemadt? So find die unfern noch ganz, 
Es hat zwei junge Herzliebfte Dann woll'n wir die unfern verſchleißen 
Bon Freuden in Trauern gebradit. Auf einem Abendtanz. 


Aufgefbr. von Hoffmann v. F. ” Keffenih bei Bonn 1819, Hdihr. in von Meuſebache 
Sammi. 8. Bibl. Ms. germ. 4710 Nr. 4. Mel. aufgezeichnet von Paftor Lobe dajelbft. Sie 
klingt alterthümlich: doriſch. Str. 5—8 find Zufap, der ein Tanzlied bildet if. Simrod Nr. 197 
ähnliches Anhängfel). 

Ein ganz ähnliches Lied fand ih in Dberheffen: 


„Isa grüne ift die Linde, 
Bon Laub fo grün und breit: 
Sch hab mein Lieb verloren, 
Der Schaden ift mir leid x. 


Poetifch ift die Erinnerung an die grüne Linde, darunter die Glüdlichen einft faßen und mun 
nit mehr. Bergl, oben ©. 218. 





479 
680. An die Unbeſtändige. 


Langſam und getragen. 








zu’ m wur —— 

—— —— zen 1-9 #457 ESEzer Yo Fun sc EEE Dur 
na 7 u BP BE EEE 
—X — 4 — — 

ne 


1 Kisnme Ro»fe obene Dor » men, feis ne Lie =» be ob » 
Glaub, ih bin zum Leid ge»bo =» ren, kann fürswahrnidt an »bere 





Pein! | Was ih ju= he zu er« ge» zen, 
muß id aus den Au⸗gen jez » zen. 


fein, | Blaub, dag ih nur im» met 








bin auh cin Sklav ded Un « glüdd bin. 
2. Did, mein Engel zu erwerben, 3. Eines kann ich nicht verftehen, 
Diefes ift mein Wunſch und Sinn. Fällt mir im Gedanken ein: 
Wegen deiner werd ich nicht fterben, Wo zwei Herzen zufammen ftehen, 
Ob ich Dir gleich zuwider bin. Muß die Fieb beitändig fein. 
Du gefällt zwar meinen Augen, Man kann fingen oder pfeifen, 
Aber eins will mir nicht taugen: Kann man's doch mit Händen greifen: 
Wenn man mich zur Tafel weiit, Wo zwei Hund an einem Bein, 
Wo man Andre abgejpeiit. Einer muß betrogen fein. 


4. Soll idy denn nody länger lieben? 
Ei! fo lieb ich doch allein; 
Mir foll mein Herze nichts betrüben, 
Ich will Tieben nur allein. 
Du braucht mich nicht zu veriven 
Ih laß mich ja nicht verführen; 
Lieber Lieben ftell ich ein, 
As jo falſch geliebt zu fein. 


FL Bl. „Fünf fhöne Arien (die Erſte). Gebr. in diefem Jahr (um 1786)" Man fang 
das Lied nach der Melodie „Schönftes Kind a deinen —— ich habe dieſe nach der Notation 
bei Ditfurth II, Nr. 109 vorgefegt. Berg. dafelbft Nr. 1 


651. Anruf der Hatur zur Liebesklage. 


Aus Groß Biberau (am Fuß des Ddenmwaldes) 1844 von Fr. Erf aufgenommen, 









— — 


Aicpfen, Fel + fin, bo-be Ber- ge, finfiere Wa ien, tie» fed Thal. 
Wil-de Ihie » re, Waf- fer-wel » Ien, Bö gel die » fert eu » ren Schall, 





















bel» fet mir den Schmerz be» mei «nen, fe» bet doch den Jam- mer an; 





_ä == 
bei »fet Fell-ſen, helh⸗fet Stei-ne, weil fonft nichts mehr heh⸗ fen kann. 





2. Euch will ih mein Unglüd Hagen, 
Und euch fagen in ber Still, 
Das was mid jo ſehr thut plagen, 
Und was mir gefhieht fo viel. 
Andre find zur Freud geboren 
Leben in Bergnügfamleit, 
Ich zum Leiden auserforen 
Sterben muß vor Traurigkeit. 


Zur Zurteltaube vergl. Mittler ©. 571. 


3. Ich bin gleih dem Turteltäubchen, 


Welches feinen Bund gemacht, 
Dem fein Ehgemahl geftorben 
Sitzt auf einem dürren Aft 

So will ih mein Leben ſchließen 
Wie das Turteltäubelein ; 

Bill auf dürren Äſten figen 
Und will nicht mehr fröhlich fein. 


2dh, 271. 


Yeltere Form (1740). 


1. Klippen, Felſen, hohe Berge, 
Finfter Wälder, tiefer Thal, 
Wilde Thiere, Waflerwellen, 

euer, Luft und Bogelfhall: 
elft mir meinen Schmerz beweinen, 
Schauet meinen Jammer an! 

Helft ihr Felfen mit den Steinen, 
Helft doch, wer da helfen kann. 
2. Euch will ich mein ir Magen 

Und befennen in der 

Wie mid Alles fehr thut plagen, 
Und muß leiden viel zu viel. 

Spt muß ich von Choris fcheiden, 
Sagt, wo kann ich fröhlich fein? 
Sagt mir, ob ein größer Leiden 
In der ganzen Welt mag fein? 


3, Ungelüd fpannt feinen Bogen 
Zielt auf mich mit feinem Pfeil, 
Hat die Schnur ſchon aufgezogen, 
Mich zu ſchießen in der Eil. 
Und ich weiß von feinen Sünden 
Wenn ih all mein Thun betracht, 
Weiß fein Urſach nicht zu finden 
Warumb Ungelüf mid plagt. 

‚Andere leben ftetö in Freuden, 
Ich aber in Traurigkeit; 

Andere wiffen nichts von Leiden 
Und ih weiß von feiner Freud. 
Andere fein zur Freud geboren, 
geben in Vergnüglichtkeit: 

Ich zum Leiden auderforen 
Und erfterb in Traurigkeit. 


— 


Dergliederbüchlein 1740 Nr. 101. Auffallend, daß das Lied noch ziemlich treu im Odenwald 


1844 gehört wurde, 


682. Erinnerung an ſchöne Stunden. 


Etwas beweat. 











Aus Schönau (Baden). 1848. 








— ner — * » — 











—— 


Ihr Ge » dan -ken hal-tet ein! 








ibr vermebrt nur mei » ne Bein. Trauernd 





dent ih an — re die ſchon läng » ftend — FETTE ER Gr 





v 
7 
nug, daß ich mich drein er » gieb, und dich doch be-ſtän-dig lieb. 


2. Ach, ih weiß noch Zeit und Drt, 
Und ic hör noch jedes Wort, 
So von Pieb ganz unverbrofien 
Seel in Seele war gejhofien. 
Ja, ich zähle noch den Kuf, 

Den ich jett entbehren muß. 


3. Wenn ich werb geftorben fein, 


Schreib auf meinen Grabesftein: 
„Hier in dieſer kühlen Höhle 

Liegt der Leib der getreu'ſten Seele, 
Die geftorben vor der Zeit 

Blos von Lieb und Traurigkeit.“ 


481 


Der Zert von 7 Str. auf einem fl. BL, 5 Kieder, wohl in Berlin vor 1810 gebrudt. Die 
—— Strophen find noch werthloſer, als die hier. — Ein hiſtor. Lied auf Jourdan's 
Rüuͤckzug 1796 (bei Ditfurth IL, 178 ift ſchon Parodie unſers Textes: „Ihr Franzoſen haltet ein! 
fchlagt nicht gleich fo bißig drein. Die Mel. ift eine andere. 


683°. Leichter Troft. 
(Nieverfähfiihes Bauernlied.] 


Bedäachtig. 





Run laet und ſengn dat A-bendleed, denn wi mö » tet gan; dat 













=irEreisS: 






Känn’ten mit dem Wi » ne dat Ta = ten wi ftan. 


2. Dat Kännten mit dem Wine 6. Dat mi min Schat verlaten bet, 
Dat moet getrunfen fien, Dat kommt alfd: 

Alfo moet dat Abendleed Sie dacht ſick to verbetern 
Gefungen, jungen fien. Und betrog fid darmd, 

3. Een Kännlen wolln wi brinfen 7. Des Abends wenn et late i8, 
Keen Geld habn wir nich meer; Stund hei wol vor der Thüer 
De Wirt will uns wol borgen, Mit ſinem blanken Schwerde 
So lange wirs begeer. Stund hei dafüer. 

4. Wol unterm Tannenbaume 8. finem blanken Schwerde 
Auda id lag {it as een Held 
In mines Feinsliehlens Arme Mit em will id et wagen 
Die liebe, lange Nadıt. Int wiete, wiete Feld. 

5. Die Blä'er von de Bäumen 9. Mit em will id et wagen 
Die fallen ob mi: To Water und to Land. 

Dat mi min Schat verlaten het, Dat mi min Scha verlaten bet, 
Dat fröet mi. Dat givt mi feene Schand, 


Zert und Mel. bei Nicolai, Alm. II, 1778, ©. 171, mitgetb. von Dr. Juſtus Möfer, 
Wiederholt aus Möſers Hodſchr. bei Büfching und Hagen, Voltäl. 1807, Ar. 103, Daher Krepich- 
mer I, 375, Nr. 155. — Tertabdr, im Wunderborn I, (a. U. 32, bochdeutich), wozu Goethe 
bemertt: „Schr lobenswürdig, von der recht gut lyriſch-epiſch-dramatiſchen Art.” Xert wie 
derhoft bei Erlach 4, 282. Jungbr. 9HC. — Der Tert beftebt aus 2 Liedern: einem Trinkliede 
(Str. 13) und einem Liebesliede (4—9), das mit einer TZraum-Erzäblung vom Blätterfallen einleitet. 


Barianten: Im Weftfälifhen Keſtner's Mipt.) fingt man den Anfang fo: 


„Ru will wi fingen dat Abendleed, nu wi willt gabn, 
Dat Tönnefen met dem Beere dat Taten wi ſtahn. 


Die 3. Str. heißt in „Münfterfhe Geſchichten“ 1825 ©. 220: 


„Gen Kröfeten will wy noch drinfen, feen Geld bebbe wy nich meer, 
De Wert fall us wol borgen, behüd us God de Heer!” 


5,4 fröet, freut. 7,1 late, ſpaͤte. 8,2 glid ad, gleich ald. 


Ertu. Böhme, Liederhort. U. 31 


482 


683°. Leichter Troſt. 


SF 


Aus der Bormarf. 





— ——— Lid 


Wol unster ei= mer Lin» de fchlief ih die Nadıt, in mein feind Lieb-chen 





Ars men die gan ze Nacht. 


2, Die Blätter von der Linden 4, Des Abends in der Späte 
Die fielen auf mid: Kommt er vor die Thür; 
Daß mih mein Schag verlaflen hat Mit ihrem Heinen Riegelein 
Das krenlet mid. Riegelt fie die Thür. 

3. Daß mid mein Schat verlaffen hat, 5. Mit feinem blanken Degen 
Das beißt aljo: Zieht er ins Feld; 

Es findt fih wol ein Anderer, Zu Wafler und zu Lande, 
Dann bin id froh. Wie e8 ihm gefallt. 


Büfhing und Hagen, Volksl. 1807, Nr. 117: Aus Volksmund in der Priegnig (Bormarf; 
mit Mel, aufgezeichnet durh Dr. Kannegieher. Abdr, Kregichmer I, 229, 


683°, KBlätterfallen. 


Mäfia bewegt. Hoben-Saatben bei Oderbera. 1853, 
— ——— — un = —— . 
ee 





Wohl un » ter grünen Bäu:m meslein (dplief id die Radtt, in mein Feins⸗lieb « hend 





Ür » me »lein, da» rin ih {ag. 


2, Die Blätter von dem Bäumelein 3. Daß mich mein Schag verlaffen mußt, 
Die fielen auf mid: Das ift wohl fo: 
Daß mih mein Schat verlaffen mußt, Ich hoff es, wird ein Andrer fein, 


Und das weiß id. Und des bin ich froh! 


683°, Ein Trofimort des Getrenen. 


Aus Rönnebed bei Granfee. 1854. 


* 

















1. Stier uneter die»-fem Bäume, lein — die gan⸗-ze Nacht, in 





mein Feins- lieb⸗chens Ar» men, da «rin id Tag. 


483 


2. Die Blätter von dem Bäumelein 5.3 bot wol guten Abend, 
Die fielen al auf mid: Ei! wie gefiel ihr das! 
Ich follt mein Schatz verlafien, Sie drüdte mid ans Herze, 
Ab'r nein, das thu ich nicht! Ihr' Auglein waren naf. 

3. Und follt ih ihn verlaflen, 6.,Ach, warte, Liebchen, warte 
Dann beißt e8 fo und fo! — Ah warte noch ein Jahr, 
Nehm ich mir gleih ein’ Andre Dis unfer Birnbaum Kirſchen trägt, 
Und dann bin id froh. Heirath ich dich fürwahr. 

4, Geftern Abend ging ich fpäte 7, Und trägt er feine Kirſchen, 
Wol vor Feinsliebhens Thür, So blüht er rofenroth: 

Mit tranerigem Herzen Und Niemand foll uns ſcheiden, 


Stand fie dafür. Als nur der bittre Tod!“ 





654. Aufgegebene Liebe, 











Etwas beweat. Met. 1825. 
— — — — — — — — — — 
— —— — — — — 
—————— — — 
1. Hier unte-n - im Schat⸗te, bier unte-n - im Grad ver⸗ gif re -n=-id'äßiebe, die 

















län» ger je bad. Fi⸗de⸗ ralleralele » ra, de » rablerallera, firderral-le » la. 
2, Hieniede, bieniede-n am — 
Hie git's keine falſche Chnabe meh. Fiderallerallera ꝛc. 
3. Im klare Waſſer da ſchwämme die Fiſch: 
Wie wohl iſch dem Meitſchi, wäs ledig iſt! 
4. Ja ledig ſyn-iſch gar es guets Ding, 
Und lyt me-n-im Bett, jo brieggte leis Ching. 
5. Dört änet de Berge-n-am Thuner See 
Dört ha-n-i mys Schägeli zum lettemal gſeh. 
Wok, Schweizer Kubreihen 1826 Nr. 40, Daher der Text bei Mittler 1205. 
ST 4,2 brieggte, quäfet. 5,1 änet, jenſeits. 


685°. Schwere Trennung. 
Maͤßig langfam. Aus Heffen-Darmftadt, Meiningen, Homburg und Schlefien. 





will mib um » fhau en nah Tint und 


Ich ” wol 
Meinem Schäpshen zu föhrei« ben den Ab ⸗ſchied an die Abi; 





a-:m die Thür, wol a«- me das Haus: Ah Herz- chen fhönftes 
„ * Variante aus Homburg. 





484 


2. Er Hopit an ganz leife mit feinem goldnen Ring: 
‚Schag, jhläfft du oder wacht du, du allerfhönftes Kind?“ 
Sie war ganz erfhroden, aus dem Bette fprang fie raus, 
Thät das Hemden überwerfen, zum Fenſter ſchaut fie 'nans. 
3. „Geh weg von meinem Fenſter, geh weg von meiner Thür! 
Sonft greift ih meine Waffen und fhlage nad dir. 
Du haft mir verfproden die Treue jo feit, 
Du haft fie gebrochen, geh hin wo bu geweſt!““ 
4. Da diefe zwei Verliebte auseinander gegang'n, 
Sind die Thränen von den Augen beruntergerannt. 
Die Thränen von den Augen, die Tröpflein von den Wangen — 
Aber diefe zwei Verliebte kommen nicht mehr zuſamm'n. 


Die Mel. mit — Strophe bei Erk, Liederhort Nr. 122. Die Faſſung der — 
Strophen dort nicht aut. Beſſer und darum bier benußzt die hei Hoffmann und Richter, ſchleſ. 
Boltsl, Nr. 159. Ziemlich gleih aus Mittelfranken bei Scherer, Jungbr. Rr. 109. 


Barianten: 2. Str. bei Erf: „Ich weiß nicht wie ichd made, daß ich fie aufmedfen 
thu; wie foll ichs anfangen? Sie liegt {hen in der Ruh. Ich trat wohl an ihr Fenſter, klopfte 
an mit meinem Ring: Ach Herzchen, ſchönſtes Schägchen, wen haft du bei dir drin? 3. Das 
Mädchen thät erſchrecken, aus dem Bett fprang fie beraus x, 

Die ſchöne Schlußftropbe (bei Erf nur balb) lautet bei Scherer: 

„Und als die zwei Berliebten haben Abſchied genommen, 

Da find ihnen die Thränen in die Augen getommen ; 

Die Thränen in die Augen, die Tröpflein auf die Wang'n — 
Wir zwei verliebte Herzen fommen nimmermehr zufamm'n!“ 

Diefelbe lautet dialektiich in Bayern (Schmeller'd Wib.) fo: 

Und da’ Handl und Gredl haben Urlaub genumma, 
Nacha' fan na* die Zähar aus'n Yuan gerunna. 

Und die Zähar aus'n Augn und die Thraͤna aufs Wang: 
Und da’ Hand! und Gredi kema-r-a nimma zjamm, 


"na ihnen. 
635°. Schwere Trennung. 
Erfte Melodie. 
Mäßig. Aus Schlefien (Neukirch bei Goldberg). 









+ m A ERR . 
Ih will mib um - fhausen mad Tint und Pa » pie, meinem 
— * — 











Schätzchen muß ich fchreisben mol an die Stu—⸗ben⸗thür. 


Andere Melodie, 
Aus dem Brandenburaiichen, 1854. 


——— -r- — — n — — 1 —ñ — — en zul BE «| 

== 7 — — — — — 

Immer Verka. aus —— * 
Ih muß mich um» fchausen nach Tint und Pa pier, meinem Schähchen zu 

















Bon * 


ſchrei. ben wol hin⸗ter bie Thür. 


.Ih will mid umſchauen 

Nach Tint und Papier, 

Meinem Schätzchen muß ich ſchreiben 
Wol an die Stubenthür. 


.Bol an die Thüre, 

Wol ane das Haus: 

„Ah Schätzchen, liebſtes Schätzchen, 
Unfre Freundſchaft iſt aus!” 

. Ich gieng wol an das Fenſter, 
Klopfte an mit meinem Ring: 
„Ach Schätzchen, liebſtes Schätzchen, 
Wen haſt du bei dir drin?“ 

Sie thäte ſehr erſchrecken, 

Aus dem Bette fprang fie raus, 
Thät ein Kittel überwerfen, 

Zum Fenfter [haut fie raus, 


485 


5. Geh weg von meinem fFenfter, 
Geh weg von meiner Thür! 
Sonften greif ih nah den Waffen 
Und ſchlage nad dir, 

6. Du haft mir verſprochen 
Die Treue fo feſt; 

Du haſt fie gebroden: 
Geh hin, wo du geweit!‘” — 


7. Und als die zwei BVerliebten 
Haben Abſchied genomm'n, 

Da find ihnen die Thränen, 
Bon den Wangen geronn'n. 

8. Die Thränlein von den Augen, 
Die Thränlein von den Wang'n: 
Wir zwei verliebte Herzen, 
Kommen nimmermehr zuſamm'n.“ 


9. „Ei du, vergolbtes Hüttchen, 
Sieb mir noch einen Glanz! 
Unfre Liebe ift zerriffen 
Wird nimmer mehr ganz.“ 


Tert und erfte Mel. bei Erf IIL, 1. Nr. 6 und Liederhort Nr. 1226, Die 2. Mel. in deſſen 
Rachlaß. — Der Schlußftrophe ganz ähnlich ift die in Homburg 1852 und auch in Hildburg- 
haufen gelungene: 

Ich hab noch zwei Conventlein,* 
Die geben feinen Glanz (lang) : 
Die Liebe ift zerriffen, 

Sie wird nimmer wieder ganz. 


* Eonventlein wol Gonventiondthaler (Speziesthaler), öſterr. Münze nah der 1750 ge: 
ſchloſſenen Uebereinfunft. 


656°. Bas ungetrene Schätzchen. 


Vielfach aus den Heffen-Darmftädtifchen. 


Etwas bewegt. 


| a 

I 1 [I a I aA ii I TU 
— = ⸗ 

> 27 













jeß» und gebt dad Frühjahr an, 





grü- men an, und Al-les fängt zu grü-men an, 

5. Ich gieng wol über Berg und That !]: 
Da hört ich fhon die Nachtigall 
Auf grüner Heid und überall. 


2. Es wachſen Blümlein auf dem Feld, :]: 
Sie blühen weiß, blau, roth und gelb. :]: 

3. Und wenn ſich Alles luſtig macht, 
Geh ih zum Scäglein bei der Nadıt. 

4. Wenn ih zu meinem Schätlein geh :: 
Da fingt das Lerchlein in der Höh, 
Weil ih zu meinem Schäßlein geb. 


6. Und als ich vors Schlaffenfter gieng, 
Da hört ih ſchon ein Andern drin, 
Da fagt ih, daß ich nicht mehr käm. 


486 


7. Hab ich dich nicht recht treu geliebt, :: 8. Nun geb ich in den grünen Wal, :|: 
Und dir dein Herz niemals betrübt? Zu fuhen meinen Aufenthalt, 
Aber du führft eine falfhe Lieb! Beil mir menSchägleinnichtmehrgefallt. 


Erf, Roh. Nr. 108. Pielfah mündlih aus dem Heffen- Darmftädtifhen. (Dreieihenhain, 
Reinbeim, Offenthal, NReunfirhen) Wenig anderd Erf I, 3, Rr. 22: Es fängt fi ſchon das 
Frühjahr an (Umgegend von Franff. a. M.). 

Litteratur: Wbh. 4, 197. Schwäbiſch: Meier S. 75. Fränfifh: Ditfurtb II, ©. 104. 
Heſſiſch: Mittler 990. Stöber, Alsatia, 885, ©. 56. Kobell, oberbair. BE, 1860, ©. 17. 
Simrod 104. Pl. Bl: „Fünf fchöne neue Lieder.“ Das erſte. Scherer, Jungbr. Rr. 107. 
ZTobler I, 149 (Kt. Luzern). Bielfadh mündlid aus Heffen-Raffau und dem Elſaß und Hannover. 


Abmweihungen: 1, 1 Jepunder geht (Es fängt fi fhon) das Frühjahr an. 2, 1 Es 
ift nichts Schönred auf der Welt, ald wie die Blümlein auf dem Feld; fie blühn x. 2, 3 Ein 


Jeder liebt was ihm gefällt. 3, 2 Und ich auch gar nicht fchlafen mag, geh ih zum Schäglein 
bei der Naht. 5, * eim fo fdhönen Bafferfall i , 


656’. Bas ungetreue Schätzchen. 


Aus dem Kr. Weplar u. der Gegend v. Marburg. 1880. 






Jetzt- und gebt das fFrühsjahr an, und Al ⸗les fängt zu 





grünen an, und Als led fängt zu grünen an. 


2. Es blühen Blümlein auf dem Feld, 6.„Schatz, ich hab dich ja jo getreu geliebt, 


|: Sie blühen roth, blau, weiß und gelb. :] Ich hab dir dein Herz noch nie betrübt: 
3. Und als id kam wohl auf die Hab, Set aber ſeh ich — falſche Lieb!“ 
Da pfiff die Lerche über mir: 7. eg geh ih in den grünen Wald, 


Willſt Du zu deinem Schätzchen gehn? Zu fuhen meinen Aufenthalt, 
4. Und als id Fam über Berg und Thal, Weil mir mein Shag nicht mehr gefallt. 


Da jang eine ſchöne Nachtigall, 8, Und als ih auf die Anhöh kam, 

Da raufht ein ſchöner Waſſerfall. Da hört ih fhon die Nachtigall 
5. Und als ich kam vor Feinsliebchens Thür, An einem [hönen Waſſerfall: 

Da hört ih einen Andern brin, 9..Schlag dir Alles aus dem Sinn 


Da jah ichs, daß ichs nicht mehr bin. Und laß die Lieb nur fahren bin! :] 


10. Laß die Lieb nur immer fahr'n, 
Was frageft du nad folden Narı'n?“ :]: 


Aus dem Kreis Weplar und Umgegend von Marburg 1880, Die 3 legten Strophen nah 
einer Lesart aus dem Taunus (1876). Gtatt diefer 3 Str. hat Scherer, Jungbr. Nr. 107 folgen: 
den fhönem Schluß: 

8, Und wenn ich über die Aue geh 9. Jetzt leg ich mid ind Federbett, 
Da fingt dad Lerchlein in der Höh: Bis über die Ohren zugebedt, 
Ade, du falfcher Schap, abe! Bid mich ein andres Lieben weckt. — 


487 


656°. Bas ungetrene Schätzchen. 


1. Jetzunder geht das Frühjahr an, 5. Und wenn ich dur die Auen geb, 
Da hör ih fhon den Bogeljang So fhreit der Kuduf in der Höh, 
Und Alles fängt zu grünen an, Wenn ich zu meiner Herzliebften geb. 

2.’8 ift Alles Iuftig auf der Welt, 6. ‚ Behüt did Gott, mein Herz, mein Schatz! 


Es giebt viel Blümlein auf dem Feld, Du haft mir oft die Thür aufgemacht, 
Die blühen weiß, blau, roth und gelb. Treu wünfh id dir ein gute Nacht!‘ 


3. Und wenn fih Alles luſtig macht 7. Und als ih vors Schlafzimmer fam, 
Und ih ja gar nicht ſchlafen mag, Da hört ih fhon ein’n Andern drin, 
Geh ih zum Schätlein bei ver Nadıt. Da fah ih fhon, daß ichs nicht bin. 


4, Jetzt geb ich über Berg und Thal, 8. Je geh ih in den grünen Wald 
Da bör ih ſchon die Nachtigall Dort juh ih meinen Aufenthalt, 
Auf grüner Heid und überall. Weil mir mein Schaf nicht mehr gefallt. 


Aus dem Elſaß mündlich 1886: aus Niederfulgbah (Ar. Zabern) und Altingen (Ar. Altkirch). 
In Stöber'd Alsatia 1851 ©. 56 beginnt dad Lied mit der 2. Strophe. 
Ganz ähnlich in der Schweiz: Tobler I, Ar. 54. „Und jegund fängt das Frühjahr an, und 
> fobt zu grüenen an. 2. Hei! jep,ifcht Tüftig uf der Welt, es giebt viel Blümlein uf dem 
eld x. 
Aus Drandfeld (im Hannöverfchen) 1880 mit dem Anfange: „Jetzt bricht der fchöne Frühling 
an und alles fängt zu blühen an ıc. 


687. Bie Trenlofe. 


1. Ad wie reuet mich mein Leben, 4. Es kann mirs fein Menſch verdenken 
Weil ich treu geliebet hab; Weil ich ganz ein Andre lieb, 

Ob es jetzt ſchon iſt vergebens, Es thut mich zwar herzlich freuen, 
Hab ich doch das mein' gethan. Weils noch viele Jungfern giebt. 

2. Aber du biſt untreu worden, 5. Du wirft noch an mid gedenken, 
Liebſter Schag, gedenk daran, Was du zu mir haft gerebt; 

Daß du haft die Treu gebrochen, Es thut mich zwar herzlich kränken 
Ih bin keine Schuld daran! Doch bleibe ich nicht allein. 

3. 9a ich leid e& mit Geduld, 6. Fest bin ich nicht mehr gebunden 
Und ih ſchäm mich nit darum: An did, mein berzlieber Schatz, 
Eine Andre kann mir werben, Alle Liebe ift verſchwunden, 

Weil ih dich doch nicht bekumm. Jetzt gib ich dir gute Nacht. 


7. Gute Nacht zu jeder Frift! 
Weil du einem Andern bift, 
Gib ih dir den legten Blid: 
Gute Nacht, id wünſch dir Glüd! 


Aus dem Elfah: 2b. von 1855 zu Meperal im Kreis Kolmar. 


users 


488 


638. Zum Tode betrübt. 


Langſam. Aus Hennethal im Naſſauiſchen. 1890. 








bin des Le-bend müs de, ver» hart mih in die Erd! Wohl 









in die Erd, wohl in das Grab, die » weil ih dirs ver » fprorchen hab; 





da «rum, da» rum fter » ben, darum fter« ben wir. 

2. It denn dein Herz von Eifen, 3.D du getreufte Seele 
Jawohl von Stahl und Stein? Komm und lindre meine Pein! 
Getreu will id dir bleiben Sieh doch, wie ih mich quäle 
Bis in den Tod hinein, Bis in ven Tod hinein. 
Bis in den Tod, bis in das Grab, Bis in den Tod bis im das Grab, 
Dieweil ich dirs verſprochen hab, Dieweil ih dird verſprochen hab, 
Darum, darum fterben wir. Darum, darum fterben wir. 


4, Biele taufend Seufzer 
Schid id, ſchick ich zu dir, 
Wohl durch den kühlen Wind, 
Den fühlen Wind zu bir, 
Wohl durd den Wind, wohl in das Grab, 
Dieweil ich dird verſprochen hab, 
Darum, darım fterben wir! 


Bergl. Erf I, 2, 70. 


659. Ber verſchmähte Liebhaber. 


Mäßig langfam, Mel, aus Neubrüd bei Frankfurt a.D. 






Oft Manscher muß lei «den und hats nicht ver» fhuldt: Ich 





weiß mir'n ſchöns Kräutlein, dad heißt die Ge» buld. 


489 


2, Im Leiden verieren, das geht mir nicht ein, 

Ich lanns nicht begreifen, bin noch vieler zu Mein. 

. Hoffärtiges Weibsbild, was führft du im Sinn? 
Meinft dann, dein Stolzieren bringt dir ein Gewinn? 


4. Warum thuft du wanken bald hin und bald her? 
Bald gfällt dir dann Diefer, ein Andrer gleich mehr. 


5. Ei pfui deiner Liebe! und fhäme dich doch; 
Bleibe du fein bei Einem: wie Viele liebft du noch? 
6. Und daß ih von eim Weibsbild verieret follt fein, 
Das bild fih doch wahrlich nur Keine nicht ein! 
7. In Einjamfeit leben ift befjer für mid, 
Kann ichs fein auslachen das falſche Geſicht! 
8. Ich weiß mir eine Rofe von ſchöner Geftalt, 
Den Gerud und die Schönheit verliert fie gar bald. 
9.4 jag mir nur Einer, was beftändig dann fei? 
Half find die Weibsbilver, ih fags ohne Scheu. 


RN 


Ert, Liederhort Nr. 62: Tert mündlich aus der Gegend von Frankfurt a. D. Mit Be 
nugung eines fl. Bl. „Sieben fhöne neue Weltliche Lieder” (dad 2.). Gedr. um 1750—1780. — 
Das fl. DI. abgedrudt im Wdh. 4, 178. Ziemlich gleich in Gräters Ztidhr. Bragur I, 1791, 
&.275, in Schwaben von einem a Frauenzimmer aufgenommen. Abdruck bei Büſching, 
Volksl. S. 148 und Erlah IL, 7. In Bragur: „Die Wanfelmüthige“ überſchrieben; Tert 5 vier: 
zeilige Strophen. — 

Vergl. dazu: Ei, foll ih dann leiden und habs nicht verfhuld! Hab fo ein fhön Schäg- 
chen, ift voller Geduld.“ — Diefes ift oft die Einleitungäftropbe zu: „Wo ift denn das Mädchen, 
das mich fo lieb hat? 


690. Ber ärgerlicdye Liebhaber, 


1, In den finftern Wäldern. 2. O ihr hohen Berge, 
In die Wollen ſchwarz, Ballet auf mid) zu, 
In den Diftelfeldern Und den Müpen berget 
Fühl ih mich fo ganz. In der kühlen Ruh! 
Wo die Wollen Iuftig fein, Tauſend Seufzer fhid ich dir 
Ah da fühlt mein Herz nur Pein: Durch die kühlen Winde hier: 
Das glaubft du nur nidt. Das glaubft du nur nidt. 


3.„Das ift übertrieben“, 
Sageft du mir ftets, 
Ach was ift das Lieben? 
Nimmer mehr geräthe, 
IH will e8 nun laffen ganz. 
Du bilt eine dumme Gans! 
Das glaubft du nur nidt. 


Wunderborn IL, 195 (a. A. 196): Mündlib. Bei Schurd, Geſch. d. d. Liedes 1870 ©, 196 
einem fahrenden Sänger in den Mund gelegt. Eine ftarfe Priefe bringt vorlegte Zeile. 
Eine Umbildung von Str, 2 ift das Lied: D ihr Berg und Hügel fallet über mich! 


490 


691. Bie Traurige. 


1.3 weiß ja, warum ich fo traurig bin: 
Mein Schat ift gezogen nah England bin, 
Er hat mic gelaſſen alleine, 

Da fig id, fpinne und weine. 


2. Den Samftag vorm heilgen Ofterfeft, 
Da bin ih zum legtenmal Iuftig gemelt; 
Des Dftertags zog er feine Straßen, 
Da hat mic; alle Freude verlaffen. 


3. Ad lieber Schat, fehre bald wieder heim 
Und fomm zu deinem treuen Mägpelein, 
Ah komm in ihre Arme, 

Laß fie an deinem Herzen erwarmen! 


4. Was hilft mir alles Gut von Brabant, 
Wenn mein Liebfter ift in England, 
Was alle Schäte von Flandern, 

Wenn er in der fremde thut wandern. 


W. Walter, Volkélieder 1841, Rr.86. Walter börte um 1830 das Lied im Dfterlande 
(Gebiet zw. Saale und Mulde), aber der Ausdruf Samſtag weift auf Süddeutihland hin. Fink 
dichtete 1811 ein Lied, deffen Anfang der 2 Str. unferes Bolkslicdes auffallend gleiht: „Am 
al Abend vorm Ofterfeft, da bin ichs —— mal recht luſtig geweſt ꝛtc.“ ſ. Hausſchaß 
Nr. 201). Wahrſcheinlich hat er den Volksmund gekannt und benußt. 


< 4, 1 Mit Brabant's Gütern, ebenſo mit Flanderns Schäpen wird der ſprüchwörtliche 
Reichthum Hollands angedeutet. 


692. Bummer Borfah. 


Erregt. Aus dem Rheingau (Niederwald) u. Lahnthal. (1880.) 





Schön » fir Schag, mein Au» gen» troft, haft mei» ner ganz ver 











———— ———— m ma» MR m mm — 


ſchwer ge⸗macht, foll mir nicht fein ver « gef = fen. 





2. Als ich dich ſah zum erftenmal, 3. Und wo es fih aufhalten wird, 
Da thatft du mir gefallen. Das wirft du felbft wohl wiſſen: 
Da dacht ih in dem Herzen mein: Wol bei dem Wein, wol an dem Main, 
Wo wird das fhöne Kind wol fein, Wo all die fhönen Bürſchchen ſein, 


Mo wird e8 fih aufhalten? Da wirb es fih aufhalten. 


491 


4.9 häng mid auf und bring mich um, 
Das follt ihr alle wiffen! 
Mein Schat hat jetzt ein'n Andern lieb, 
Das bat mich ja fo fehr betrübt, 
Betrübet bis zum Tode, 


Der Inhalt ift bier ein anderer, ald in den Zerten gleichen Anfangs. Die Mel. gleicht der 
„D Zannebaum ꝛc.“, nur am Ende wenig umgebogen. 


693. Liebesjammer eines Borfknedts, 


Alte Pesart. 
Dreber- Melodie, Aus Thüringen (um 1800). 






Es full ſech halt'g Keerner met ber Lie-be ab» ge» be, 
Sie bradt ju ſchon mansche fhön-sne Ker» le ömd * et Naͤcht'n 








bat mer mei Trut ⸗ſchel die Lie-be ver— fat: id han fe ver 





Hat, ich ban je ver » klat. 


Neuere Lesart. 
Etwas bewegt. Aus dem Naffauifhen, Oberheffen, Wefterwald u. der Wetterau, 1580—15%0. 








Es fol fh ja Kei-ner mit der Lie-be ab » ge a Sich 
Denn die bracht fo manches jun» ge Bürfchchen ums Re «- ben, & 





2.3 hatt nu mei Trutfcel ins Herz nei gefchlofie, 
Und fie hat gefagt, fie woll mich nit loſſe; 
Do reit mer der Tenfel den Schulze fei Hans, 
Der führt fie zum Tan. 


3.&o gehts, wenn mer de Menfher zum Tanze läß geh: 
Do muß mer halt immer in Sorge 'rum fteh, 
Daß fie fi verliebe in andere Knecht, 
Su Menſcher ſind ſchlecht. 


4. Nu ſchmeckt mer ke Eſſe, nu ſchmeckt mer fe Trinke, 
Un wenn ih ſoll arbeit’, fo möcht ich verfinke, 
Un wenn ich foll ſprech, ich hätt fie mit lieb, 
So wär ih e Dieb. 


492 


5. Un bin ich geftorbe, fo läßt mich begrabe, 
Und laßt mer von Schreiner ſechs Breter abfchabe, 
Und laßt mer zwee feurige Herzen druff male, 
Ih kann fie bezahle! 
6. Und laßt mer anftimme die Sterbegefänge: 
Do leit nu der Eſel die Quer um die Länge, 
Im Lebe do hatt er viel Liebesaffäre, 
Zu Dr.. muß er were. 

Ein in ganz Mittel- und Norbdeutichland gefanntes Lied, das beſonders viel in Spinnftuben 
Thüringens und Heffend um 1820—1830 gefungen wurde und zwar immer im Dialeft. — Es foll 
1706 von Veit Räumſchüſſel, uriprünglih im Altenburger Dialekt, gedichtet fein. Gedrudt ift 
der Zert: a) im Coburg: Meiningifchen gemeinnügigen — 1804, daher Erlach 4, 279, b) aus 
dem —— * — bei Büſching und Hagen 1807, Nr. 94, darnach Mel. und Zert bier. c) obme 
erfte Str. im Woh. III, 1808 ©. 65 {n. U. 67). d) Firmenich, Bölferft. IL, 94 und 139, e) aus 
dem ſächſ. Erz * Ar. Müller 1883 ©. 106. — Mehrfach mündlih aus Oberheſſen und Nafjau, 
Wetterau ıc. * im Hannöverſchen als „der gebildete Hausknecht“ bekannt. 


J.G, 4 were, werben. 


694. Liebesſchmerz. 


Vermuthlich der Klaggeſang der als Spielmann verkleideten Gattin des Grafen von 
Rom (Ulerander v. Des) aus einem verlorenen Drama des 18. Jahrh.) 


Sehr mäßig. Aus Bayern u. dem Heffen-Darmftädtifchen. 1840. 
















Was eh» let dir, mein Her, daß du in mir fo 





heftig re» gef? Wa-rum cr» bu 


tomm ed, da du di in mir fo 





did mit fol» er Stürf und Mahl? Wa » rum ent» ziehft du 
+. — 





mir den fü» fen Schlaf der Naht? 
Andere Melodie. 


Elſaß (Willer), 1889, 








Wo fehlt es dir, mein Her, dab du in mir fo ſchlä⸗geſt? 
Wie fommt ed, daß du dic in mir fo hf » fig re>g 





ri 
PWa:rum er bebft du did mit folscher ftar » ken Macht? Warrum entgiehft du 








mir den fü +» Ben Schlaf der Nadt! 


493 


2.3 weiß die Urſach wohl, darf felber nicht erſt fragen, 
Der Himmel bat jet Luft mein Herze fo zu plagen. 
Es ſchlagen über mich die Unglüdswellen ber, 

Ich ſchweb in voller Angft auf einem wilden Meer. 


3.9 kam vor furzer Zeit in einen fhönen Garten 
Darin erblicdte ih viel Blumen mancher Arten, 
Und unter dieſen fah ich eine Roſe blühn, 

Nichts mehr begehrte ih, als fie an mich zu ziehn. 


4. Ich aber ging zu weit, ich habe mich vergangen: 
Was ich jo fehr geliebt, das kann ich nicht erlangen; 
Denn diefe Roje ift für mich gewachſen nicht, 
Vielleicht geſchiehts nod heut, daß fie ein Andrer bricht. 


. Ah, hätt! ich meinen Fuß dir nicht zu nah gefeßet, 
So hatt! ver Dornenſtich mein Herze nicht verleget! 
Mein allerfühnfter Sinn hat mid dahin gebradht, 
Daß ich bin fo verwund’t und auch darzu veradt't. 


[+1 


6.D, edle Rofe du, fo unter Dornen fiteft, 
Und wenn du mir aud glei mein ganzes Herz aufrigeft: 
So will aus Liebe ih die Wunden tragen dir: 
D gönne mir das Glück und denk' einmal an mich! 


7, Jetzt muß ich ganz betrübt aus dieſem Garten gehen, 
Weil mid mein Engelsfind vor Augen nicht kann fehen. 
Wer meinen Zuftand weiß, der jpotte meiner nicht! 
Sonft müßte wünſchen ich, daß ihm wie mir geſchicht. 


8. Iſt dieſes nun mein Lohn mein zeitlihes Berlangen, 
Daß ih jo manden Schritt bin übers Meer gegangen 
Und babe did erlöft aus Ketten und aus Banden 
Die Rof', die ich geliebt, fteht jet in fernen Landen. 


a) Zert und erfte Mel. aus der Maingegend bei Erf II, 1, Nr. 3. b) Ein wenig abwei— 
chender, aber metrifch verwilderter Tert bei: Mündel, Elf. BL. Nr. 81, daber die bei Erf fehlende 
Schlußftropbe. Elfaffer Melodie 1889 mündlich erhalten. e) Text von 14 Strophen aus Franken 
und Zuttlingen bei Ditfurtb, Volks- und Gefellichaftslieder 1872 Nr. 32, mit Ert's Melodie. — 
d) Ziemlich gleih mit Ditfurth der Tert in „Ganz neue Luft-Rofen.“ 1807, Nr. 21. Derfelbe 
Zert von 14 Str. abgefchrieben in der Boltöliederrammlung von K. T. Heinze ©. 504 (Bonner 
Univ.»Bibl.). — e) Blos 3 Str. Tert mit Mel. aus Pommern in Feftgabe an Erk Nr.3. — 
Längere Zerte mebrfah auf fl. BI. und 8. Bibl. Berlin. — 

Dr. $. Bolte (das Märchen von 7 Grafen, Abhandlung in der Ztichr. f. Volkskunde 1893, 
©. 61 ff.) vermuthet mit vollem Recht: daß dieſes zu Anfang diefed Fabrbunderte viel gedrudte 
Lied irgend einem Drama des 17. oder 18. Jabrb. über die Sage vom Grafen von Rom angehört 
babe, da die Strophen in der Profaerzählung diefer Sage vorfommen und fie an ſich felbft nicht 
recht verftändlich find. Der Versbau zeigt Stropben aus 4 Alerandrinern, was ebenfalld auf Kunit- 
dichtung feit der Mitte des 17. Jahrh. hinweiſt. 

u der Sage vom Grafen v. Rom (oben unter Nr. 29 von und behandelt) gehört auch ein 
Lied von dem Markgrafen Badenwill, welder im Krieg von den Türken gefangen und nad 
überftandenem großen Ungemad befreit worden ift. (Fl. BL. dutch Dr. Bolte a. a. D. ©. 63 ab» 
gedrudt.) „Run ._ zu und ſchweiget ftill, wir fingen vom Grafen Badenwill, wie ift es ihm 
ergangen ꝛc. — Davon wieder eine hunger Bearbeitung in gleicher Verdform, die vom Grafen 
Watlenvill handelt, bei Kregihmer, DR. II, Nr, 4. 


494 


695. Liebesklage. 


Ziemlich langfam, Mündf. aus Eiſentoth a. d. Lahn. Becker, Rhein. Licderb. Rır. 71. 
— — 
⸗ 












— 


Dort un» ten geht mein Trau-ern an, bie Schei-de-ſtund iſt kom⸗men. 





2. Ach ſchönſter Schatz, du Engelskind, 3. Dort unten ſteht ein weißes Haus, 


Wer hat das denn verſchuldet? Das iſt geziert mit Blumen, 
Die böfen Leut, die alles thun, Da geht mein Schag jahrein, jabraus, 
Die habens ja verſchuldet. Ih kann nicht zu ihm kommen. 


4. Gleich wenn der Hirſch friih Waſſer fieht 
Und kann dann noch nicht trinken: 
Wenn einer fein Feinsliebchen fieht, 
Und kann ihm doch nicht winken, 





696. Ber Abſchied im Korbe. 


Etwas bewegt. Mündlic aus dem Heffen-Darmftädtifchen (Alsfeld). 





‚Wo gehſt du bin, du GStol » ze? wad bab ih bir et 
daß du an mir vo » rs ber» gebit und fchauft mih gar nicht an? 





2, „Wärft du nicht hergelommen, 3. Der Abſchied ift geichrieben, 
Hätt nicht nach dir geſchickt; Das Körblein ift gemadt; 
Hätt anders mich befonnen, Wärſt du mir treu geblieben, 
Biel befier wärs für mid. Hätt ih nicht falſch gedacht. 
Denn reih und ſchön das bift du nicht, So nimm das Körblein in die Hand, 
Das weißt du felber wohl, Und leg den Abſchied drein; 
Und deines Gleichen wie du bit, Hinfüro ſei fein geſcheiter, 
Belommt man überall. Laß falfche Liebe ſein!“ 


Erf, Liederhort Nr. 88: mehrfach mündlich und nad fl. BI. von 1800—1824. In von Ar- 
nim’d Nachlaß vor 1806 findet fi unfer Lied ziemlich getreu, aufgefchrieben zu Mosbah, aber 
unvolftändig, zur 3. Str. feblt erfte Hälfte. Im Birlinger'd Ausgabe ded Wunderborn II, 100 
—*— Text ergänzt durch Ert's Liederhott. Im Mob. 1508, ©. 103 — er verarbeitet. — 
Scherer, Jungbr. 103 wie bier, nur im einzelnen Worten andere. — Bei Simrod Rr. 165 mit 


495 


dem Anfange: So fahr nur bin, du Stolze. — Aehnliche Lieder: Hoffmann ©. 106, Erlad 3, 
73 (aud der Wünfhelrutbe). Mittler 661. Ditfurtb IL, 81 und 82. Srepfchmer II, 232. 
Erf III, 1, 38: Willi du mich denn micht mehr lieben? — U. Peter I, 256. — Ein fl. Bl. 
vor 1800 beginnt: ” frage dich, du Stolze. — Im Kreis Weplar 1880 fang man: Wo willft 
du bin, du Stolzer. Im Brandenburgifhen: Wo kommſt du ber, du Stolze, was hab ih dir 
Leids gethan. 

ch habe das Lied in Dialogform fo geſetzt, daß er die erſte und fie die 2, und 3. Stro- 
pbe fing. So aud im Texte bei Erlabh 3, 73: wo er um Aufklärung ihres Schweigend bittet 
und fie ihm antwortet: Der Abſchied ift gefchrieben. Erk und Scherer laffen den ganzen Tert 
von ibm allein fingen. Das ift faljh, denn das Kommen zum en (Str. 2) war doch nicht 
Sache des Mädchens, alfo fie giebt den Korb. Am richtigften wird das ganze Lied vom Mädchen 
allein gefungen, wie in folgender Lesart aus dem Taunus 1877 geſchieht: 


„Geh du nur bin, du Stolzer, was hab ich dir Leidé gethan, 
Daß du an mir vorübergehft und fchauft mich gar nicht an? x. 


697°. Wie du mir, fo id; Dir, 


Sangjam. Mel. aus dem Odenwald. 








Lang ge » nug bab ich ge» ſchwiegen, a-ber nun ift Alles aus, weil du 


mich fo fehr ver- ah? und mei-ne Treu⸗heit mur aus⸗lachſt. 


2. Haft gemeint, du bijt die Schönfte, 4. Was nützt mir ein fchöner arten, 


Das ift aber weit gefehlt; Worin ſchon Andre drinnen gehn? 
Wer du bift, der bin auch id, Brechen mir die Röslein ab, 
Wer mich veracht', den veracht auch ich. Daran ich meine Freude hab? 

3. Deine Schönheit wird vergehen (5. Gift und Gall hab ich getrunken. 
Die die Blümlein auf dem Feld; Iſt mir tief ins Herz gefunfen, 
Kommt ein KReiflein im der Nadıt, Daß ich faft kein Leben mehr hab: 


Und nimmt den Blümlein ihre Pradt. Ih muß eilen in das Grab.) 


Erf, Liederbort Nr. 131: vielfad mündlich aus dem Odenwald (Neuntirher-Höhbe), aus Schle- 
fien, Thüringen und dem Brandenburgifchen. Ziemlich gleih Scherer, Jungbr. Rr. 98, mit Ber- 
taufhung der 3. und 4. Strophe, wie au bier geſchehen. Die Schlußftrophe, die fhon 1786 
vorfommt und bei Erf unter den Anmerkungen fteht, erinnert an das Lied „Sift Alles dunfel.” — 

Aehnliche Lieder: Büfhing, wöcentl. Nacht. II, 2 (1818). Erf I, 4, 5. Silcher 6, 5. 
Krepichmer I, 283. Meier 42.” Hoffmann, fchlef. BL. 107. Simrot 317. Ditfurtb 2, 77. 
Peter I, 255. Wolff, Halle d. B. II, 186. — Dem Liede werden gewöhnlich noch fremdartige 
Strophen einverleibt und angebängt; zu ihnen gehört oben die legte. 


Abweihungen: 1. Jept iſts Zeit, hab lang gefchwiegen, weil du bift fo hoch geftiegen, 
an; aus deiner eignen Macht und haft mein Treu jo wenig geacht (fl. BI. um 1786). 12 da- 
—* : Geb nur bin mit deim Verlangen, thu dich an ein Andern bangen! Mein Herz ſteht nicht 
mebr zu dir, weil du's untreu meinft mit mir. — 2, 1 Geb nur bin mit deim Stolzieren, du 
ſollſt mich nicht mehr feriren. Wer du bift ꝛc. (1786). 3,4 und raubt dem Blümchen feine 
Kraft. — 3, Was du von mir vernommen, — id) fag dird frei ind Gefiht — war aus treuen 
vo. a: ach darum vergeß ichs ewig nicht! (Odenwald). — Zu Str. 4 vergl. Wh. IL, 33 
(a, 9. II, 32). 


496 


697°. Iorn- und Straflied. 


Mäpig. Mel. aus Thüringen 1816, 






Sei nur fi, haft lang ge = fhmwiergen, weil du bit fo hoh ge- 





7 v 
ftiegen, weil du mich fo ſehr versaht/ft ja, und mei=-ne Ttreu⸗heit, ja und meine 











Zreu-beit fo gar aus ⸗ lachſt. 


2. Deine Schönheit wird vergehen 3. Gift und Gall hab ih getrunfen, 
Wie ein Blümlein auf dem Feld; '8 ift mir tief ins Herz gefunfen, 
's kommt ein Reiflein in der Nacht, Daß ich faft fein Yeben mehr hab, 
I: Da, und raubt dem Blümelein :] I: Da, und muß mich grämen :| 

AU feine Pradt. Dis in das Grab, 


[4. Was Hilft mir ein ſchöner Garten, 
Worin ich nichts zu hoffen hab? 
Stehn ſchon Andre, die drauf warten, 
Kaufen mir die Röslen ab, 
Lafien mir die Störle ftehn. 
|: Ei fo bedank ih mid :| der Bürſchlein fhön.] 


Zert und * aus dem Coburg'ſchen. Mitgeth. von Dr. Hobnbaum in Büſching's wöcent!. 
Nachrichten II, 2 (1816). Daber bei Kr — 1, 283. Härtel's ee 679. Eil- 
der VI, 3 (tete en bat Silcher weggelaffen). Direft von Hobnbaum Erf I, 4, 5. 

Aehliche Texte bei Erk, Loh. 131#, aus Thüringen (Wolff, Halle der Völker "ses. Eben: 
daher Schade, Weimar. Yabık. III, 310. 

Laͤngeres Lied und andere Mel. bei Meier Nr. 42 aus Zübinger Gegend. Abdr, Mittler 1001. — 

Barianten: Schweig nur fill, bab lang geſchwiegen (Erf. — Sei nur ftill, bab fang 
geihmwiegen (Erf). 


695°. Trübfinn. 




















Maͤßig. Gegend v. Frankfurt u. Oberbeſſen 1850. 
Er —— 
an; 5* + 


S'iſt Ale led dun-kel, s'iſt Al⸗-les teüe be, die⸗weil mein Schaß ein’ An⸗dermm 





liebt. Ich hab ge⸗meint, fie lie-bet mich, ich hab ge⸗meint, fie lie» bet mid: 





Ach nein, ach — ach nein, ah mein, ach nein, ab mein, fie baf-jet mich. 


497 


* Anfang in der Wetterau. 





1.’S ift Alles dunkel, 's ift Alles trübe, 3. Was nütt mir den ein ſchönes Mädchen, 
Dieweil mein Schag ein Andern liebt. Wenn Andre mit fpazieren gehn, 


Ih hab gemeint, fie liebet mic, Und küffen ihr die Schönheit ab, 

|: Ach nein, ad) nein, :| fie hafjet mid. I: Woran id meine :| Freude hab! 
2. Was nütt mir denn ein fhöner Garten, 4. Bald kommen num die [hwarzen Brüder 

Wenn Andre drin fpazieren gehn, Und tragen mich zum Thor hinaus 

Und brechen mir die Röslein ab, Und legen mid ins fühle Grab, 

I: Woran ich meine :| Freude hab! I: Worin ih ewig :| Ruhe hab. 


Bolkslied aus Oberheffen und dem Fuldaifhen, foll um 1850 entftanden fein. Mehr als 
15 2edarten liegen mir vor. a) Mel. und Text wie bier, 1885 in Frankfurt a. M. von Arbeitern 
aus Fulda gefungen. b) Aus der Umgegend von Marburg durch Dr. Grecetius in Allemannia XII, 
183. c) aus dem Harz bei Pröhle Nr. 35. Unfeng: „Iſt Alles duntel.“ d) Aus dem Elfaß, 
Mündel Rr. 30: „S ijt Alles trüb, 's ift Alles dunkel.” e) Aus dem ſächſ. Erzgebirge, Alfr. 
Müller 113. f) Aus dem Taunus, Scherer, Jungbr. Nr. 399, Anfang mit 2. Strophe. g) Aus 
dem Darmftädtifchen, Ad. Andre, Liederb. für den Soldaten 1882, Rr. 16. h) Preuß. Soldaten» 
liederb. 1881, Nr. 146. i) In Schlefien (Brieg) lautet der Anfang: „Mir wird fo traurig, mir 
wird fo trübe, dieweil mein Schag ein Andern bat.” Friedländer Nr. 100. k) Im Hannöver- 
f (Umgegend von Drandfeld) um 1880 gefungen. And in Keftner’d Handſchriften. Gewöhnlich 
ſchließt das Lied mit 4. Strophe. 1) In Oftpreußen fehr beliebt. Friſchbier, oftpr. BL. 1893 Nr. 61. 


1 Barianten: 1,1 Iſt alles Dunkel, 1,3 Ich hab gedacht (aeglaubt) 1,4 Ab’r 
nein, ab’r nein (Heffen). 2, 1 Was batt (hilft) mir (Elfaß). 2, 2 Wenn Andre immer bei ihr 
ftehn. Str. 4 bei Pröhle und Soldatenliederbudh: „Ja dort auf jenem Rafenhügel, da baut man 
mir ein einfam Haus, dann kommen all die fchwarzen Brüder und tragen mid ind fühle Grab.“ 
Stt. 4 bei Scherer: „Kommt nur heran ihr fhwarzen Leute und er mich zum Thor binaus und 
leget mich ind fühle Grab, woran ich meine (feine) Freude hab.“ ine garftige Zufapftropbe, vor 
der 4. eingeſchoben, beißt in Heſſen und im Harz: „Kirſch und Kümmel hab ich getrunken, fo 
viel, daß ich kaum ftehen kann, und wenn id) feine Freud mehr hab, fo legt man mich ins fühle 
Grab.” In Dfipreußen heißt fie: „Kirfh und Kümmel hab ich getrunten, von nun an trinf 
ih Branntewein, und find ich feinen Frieden mehr, fo legt mid ins fühle Grab hinein.“ Das 
ift Berftümmlung von „Gift und Galle hab ich getrunken“, was in dem Liede „Lang genug hab 
ich gefhwiegen” vortommt (f. vorige Nummer). 





698, Trübfinn. 


Langſam. Aus Hohen Saathen bei Oderberg 1852. 
























Iſt Al⸗les dun-kel, ift Al-les trü- be, diesweilmein Schak ein’ Andern liebt. 





SER ee 


Er bat ge »fagt, er lie⸗bet mid, ja a-ber nein, er baffet mid. 


2. Was hilft mir denn ein fhöner Garten, 3. Was hilft mir denn ein ſchönes Mädchen, 


So Andre doch darinnen gehn? Wenn doch Andere mit ihr gehn? 
Sie pflüden mir die NRöslein ab, Sie küffen ihr vie Schönheit ab, 
Woran ic meine Freude hab. Woran ich meine Freude hab. 


Erlu. Böhme, Liederhort, U. 32 


498 


4. Dort unter jener grünen Linde 5. Gift und Galle hab ih getrunten, 
Da baut man mir ein einfam Haus, Daß ich faft fein Leben mehr hab; 
Und wenn ich feine Freud mehr finde Es ift mir tief ind Herz gefunfen 
Da trägt man mid zum Thor hinaus. Und ih muß fcheiden ins fühle Grat. 

6. Dann kommen ja die fhwarzen Träger, 
Sie bringen mid zum Thor hinaus; 
Sie legen mich ins fühle Grab, 
Woran ih meine Freude hab. 


699°. Abfage. 


Erfte Melodie. 
Mäßig. Aus dem Brandenburgifchen. 






ich werd mich drum nicht be » trü » ben und fann le » ben ganz al» ein. 


Zweite Melodie. 
Mäkta. Aus der Mittelmart (Granſee 1854, 


7 NEE — 
Se 

















Willſt du mich denn nicht mehr Tie » ben, ei, fo magſt du's laſ⸗ſen fein; 





ih werd mich drum nicht be» trü = ben, ih leb ganz für mih al» lein, 

2. Glaub, du machſt mir feinen Kummer, 4. Du willft mid nur immer lieben 
Wenn du läßt zufrieden mid; Bei der Naht, wenns finfter ift, 
Eine Schwalb' maht feinen Sommer, Thuft am Tag did meiner jhämen, 
Leicht kann ich vergeflen dic. Solche Liebihaft brauch ich nicht. 

3. Hab id dich doch fennen lernen, 5.36 werd ſchon mein Ziel erreihen, 
Wie dein Herz beſchaffen ift: Und den Segen aud dazu, 

Gleich thuft du vor Liebe brennen, Daß ich finde meines Gleichen, 
Wenn du eine Andre fiehft. Der mid treuer liebt ala du! 


6. Haft du Guts von mir genoffen, 
Sage Dank, behalts bei dir! 
Unfere Liebſchaft ift geſchloſſen, 
Und der Korb fteht vor der Thür. 


Erf, Liederh. Nr. 145: aus Brandenburg, Schlefien, Pommern, Thüringen, Heffen, Schwaben. 

weite Mel, aus Erk's Nachlaß. — —— Text, aber länger aus &leften bei Hoffmann 

. 79. — Bom NRedar bei Scherer, Jungbr. Nr. 105, daber 4, RER: fonft gie mit Erf, — 

Abweichend bei Erf II, 1, 38, Kalter 9%. Simrot Nr. 316, chade Nr. 27. Mittler 1003. 

Meier 119. MBeter 1, 257. — Gıf fand das Lied ſchon in einem gefhriebenen Liederb. um 1750 
und benutzte ed. — Roc vielfah mündlid in Erk's Nachlaß und meinem Befik. 





499 


699%. Abfage. 


Erite Melodie, 
Mäfig bewegt. Aus dem Dillfreid 1880. 









MWilft du mich denn nicht mehr Tie » ben, ei fo kannt du's laſ-ſen fein; 






m " EEE GER — — 
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LE | | | ul BE JERENEEEE NEE, TEE: ZEN TE“ Bra BEE: u ERBEN BE & — 
— — Lama 17 Nu AH...” EEE 5 





werd mich dei» ner nicht be » trü» ben, und kann Ie= ben ganz al « lein. 


Zweite Melodie. 
Mäßig. Aus der Wetterau Langsdorf) 1890. 
— N a a ee 









Willſt du a» ber nicht recht lie » ben, ei fo kannt du's laſ-ſen fein; werb mich 





nie »mald um dich be. trü-ben, ob» ne did fann ich ſchon fein. 


2. Slaubft du denn, ich thät mich Fränfen 4. Was Hilft mich ein ſchöner Garten, 


Wegen deiner falihen Treu? Denn er keine Rojen trägt? 
Sei verfihert und gedenfe, Was nützt mich ein ſchönes Bürſchchen, 
Wir müflen bald geſchieden fein. Wenn es feine Liebe hat? 

3. Eine Schwalbe macht feinen Sommer, 5. Ich vergefje deinen Namen, 
Und das fag ich noch dazu: Wie du mein'n vergeffen haft; 
Made du mir keinen Kummer Nimmermehr komm'n wir zufammen 
Und laß mid in meiner Ruh! Scher dich bin, wo Pfeffer wächſt! 


6. Unfre Liebe ift geichloffen 
Und der Korb fteht vor der Thür. 
Sei verfihert und gebenfe: 
Ih fann leben ganz allein. 


Bollftändiger Text und erfte Mel. durh Hrn Wolfram in Dillenburg. Zweite Mel. und 
4. Str. durh Hrn —— der übrige Text aus der Wetterau brachte nicht dazu gehörige 
Roh fo gas aM Rapoleond Tod 1821. Aebnlicher Tert: Meinft du denn, ich foll mich fränten? 
(Mittler : 


699°, Abfage des Mäddıens. 


‚ Möpig. Bom Rhein 185060. 






—— — — ren 


nein, id kann wohl den» fen, daß ed als» fo beſe⸗ſer ſei. 


32* 


500 


2. Beier in der Zeit gebrochen 3. Du fannfts jelber nicht verichweigen 
Das nicht länger halten Tann. Was dein Herz im Schilde führt; 
Schlangen, die einmal geftodhen, Deine Wort’ find lauter Pfeile, 
Nehmen täglih Gift nur an. Wie dein Herz ift ausftaffirt. 


4. Statt der Ehr und Treu und Tugend 
Iſts nur Trug und Heuchelei. 
's ift nur fhad für meine Yugend, 
Daß fie mit dir verborben fei. 


Aus der Rhbeinpfalz ; Mittler 1002. Bergl. Kernliedet der Soldaten Nr. 17. 








nl si 
An dem Him-mel find zwei Ster= ne, Teuh-ten bel» ler ald der Mond, 





2. Willſt du mid denn nit mehr lieben, 3. Dentft du denn, ich habe Kummer, 


Ei, fo fannft du's laſſen fein; Ob du gleich nicht Tiebeft mich? 
Ih will mid drum nicht betrüben, Eine Schwalbe macht feinen Sommer, 
Denn ich bleib für mich allein. D wie bald vergeh ich dich! 


Hoffmann, ſchleſ. Vollsl. Ar. 83: aus Wilbelminenort. 


700. Ber Baum im Odenwald. 
A. Die jegt üblihe Form (feit 1830). 








bin ich ſchon viel tau »fend-mal bei meinem Schag ge + weft. 
B. Melodie 1810. 


esse u ann — — 
& eu —— —— —— 
—— — — — — — 





Es ſieht ein Baum im O⸗den⸗wald, der hat viel grüne Aeſt 





bin ich ſchon viel tau=fendemal bei meisnem Schap ge » weft. 


501 


Urmelodie v. %. Reiharbt 1781, 













rm 


nur mit prunsfen»dem Gesfpann um fei «ne Gärs-ten fährt. 


1. Es fteht ein Baum im Odenwald, 4. Der Bogel figt in feinem Neft 


Der hat viel grüne Xeft, Wohl auf dem grünen Baum: 
Da bin ih fhon viel tauſendmal Ach Schätzel, bin ich bei dir g’weit, 
Bei meinem Schatz geweft. Oder ift ed nur ein Traum? 

2. Da figt ein ſchöner Bogel drauf, 5. Und als ich wiedrum fam zu Dir, 
Der pfeift gar wunderſchön; Gehauen war der Baum: 
Ih und mein Schätel horchen auf, Ein andrer Liebfter ftand bei ihr — 
Wenn wir mit 'nander gehn. D du verwünſchter Traum! 

3. Der Bogel fitt in feiner Ruh 6. Der Baum der fteht im Odenwald 
Wohl auf dem höchſten Zweig; Und ich bin in der Schweiz; 
Und ſchauen wir dem Vogel zu, Da liegt der Schnee fo kalt, fo kalt: 
So pfeift er alſo gleich. Mein Herz e8 mir zerreißt! 


Zert nach dem Wunderhorn 1808. — 


Barianten und Berbefferungen der Hdihr.: 5, 1 zu ihr (richtig). 5, 2 Verdorret war 
der Baum. 5,4 D du verfluchter Baum! (Driginal.) Andere fingen: „Ja wohl, ed war ein 
Traum.” — Wollt Gott, ed wär ein Traum! (Scherer.) 


Diefed ſchöne Lied, offenbar Kunftgediht, aber zum Volkslied geworden, fteht zuerft im 
Wunderborn III, 1808, ©. 116, mit der Ueberfhrift: „Aus dem Odenwald.” Wie die Heraud- 
geber fpäter erflärten, wurde es ihnen von unbekannter Hand eingefhidt, aber von derfelben Hand, 
—* 8* viel umftrittene Lenore-Lied einſandte. [Erf hat das Blatt in v. Arnim's Nachlaß geſehen 
und fopirt), — 

Eine Melodie dazu (f. oben B) findet ſich zuerft in en alte deutjche Fieber 
aus dem Wunderborn mit befannten, meift älteren Weifen. Heidelb. 1810, Nr. 9. War das 
eine Volksweiſe? Nein. Es ift eine vom Kapellmeifter Fr. Reichardt zu einem ganz anderen Texte 
(einem SHerbftliede: Nicht lobenswürdig ift der Mann) fomponirte Singmweife, wie fie im Driginal 
unter C zu fchauen ift. Sie war gedrudt erjchienen in „Lieder für Kinder aus Campe's Kinder: 
bibliotbet mit Melodien, bey dem Klavier zu fingen von J. Fr. Reichardt, K. Preuß. Gapell- 
meifter. Hamburg 1781, II. Th. ©. 19. Wiederholt im Mildheim. Liederb. 1792, Nr. 344. Diefe 
angepaßte Melodie fand unverändert Aufnahme in Zarnack's Boltsliedern, Berlin 1820, II, Nr. 47. 
Eine geringe, nur den Auftakt betreffende Umbildung erfuhr Reichardt's Melodie 1830 durch den 
Sohn dei Komponiften, dem K. Mufifdireftor Guft. R., der fie in einem Hefte „Bolkölieder für 
Sopran, Alt, Tenor und Baß, op. 9, Lpzg., Hofmeifter” — in der Faffung wie fie oben unter 
A ftebt (nur in Es dur eich. berausgab. — Diefe noch heute übliche Yorm fand Eingang im 
Liederb. f. d. Künftler, Bar in 1833, €. 200, Erk's Volksliedern, I. Heft 1837, Kretzſchmer 1840, 
I, 220, und fie wurde befonderd durch Silcher's Männerlieder und Erk's Liederbefte durch gan 
Deutihland befannt. Cine wirkliche Voltäweife im Odenwald oder fonft wo aufjufinden, ift Er 
trog vieler Nachftellung nicht gelungen und meint er: „es fei das Volkslied dort in Vergeffenbeit 
gekommen.“ Richtiger Grund: meil es ald Kunftlied nicht im Volksmunde war, konnte es auch 
feine Boltöweife haben. Die von Reichardt verfaßte ift vollsthümlich genug und überall gelungen. 


502 


701. Bie Unbeſtändige. 


(Du bift von Flandern.) 
Maͤßig bewegt. Aus Schiefien u. Brandenburg, 1840. 





ne Au-gen, fhö =» ne Strab » len, 9— — 
ne rostbe Wan- gen prab » ih «me ro» the Lip pen, 








fhö » ne Mar- mor»Flip» pen, fiebt mein Ge + ſicht. 


Andere Lesart. 
Mel. aus Rönnebed bei Ruppin, 1854. 





sie! 

1, Schöne Augen, jhöne Strahlen, 4, Dan kann denken, wie es jchmerzet, 
Schöne rothe Wangen prablen, Wenn ein Andrer mit ihr jcherzet, 
Schöne rothe Lippen, Mit den Augen zielet, 

Schöne Marmorklippen Mit ven Lippen jpiele, — 
Lebt mein Gefidt. Iſt mein Verdruß. 

2. Unter dieſen Schönen allen 5. Fahre hin, du falſche Seele! 

Thut mir Eine nur gefallen; Ich will mich um dich nicht quälen; 
Aber ihretwegen Willſt du mich nicht lieben, 

Feſſeln anzulegen, Sondern nur betrüben, 

Das thu ich nicht. Bleib wer du bift! 

3. Ich will ſtets in freiheit bleiben, 6, Jetzt hab ich mir vorgenommen 
Meine Zeit mit Luft vertreiben, Nimmermehr zu dir zu kommen; 
Auch in jungen Jahren Denn du bift von Flandern, 
Mein Herz wohl bewahren Liebit Einen um den Andern: 

Bor Liebesihmer;. Drum haß ich did. 


a) Zert zuerft in „Gang neu entiproffene Liebes Roſen 1747, Nr. 6. Abdr. bei Hoffmann, 
Findlinge II, 244 und bei Erf, Liederhort Nr. 113, b) Mit einzelnen Worten anders, aber beijer 
nah fl. BU. von 1750—1800 bei Büfcing und von der Hagen, Volkslieder 1807, ©. 274. Dar- 
nah hier; auch bei Erf I, 1, Nr. 4. c) Beinah gleich Hoffmann, Schleſ. Volkel. Ar. 107. 
d) Etwas verfchieden bei Weiden, Cölnd Vorzeit ©. 255, Simrod Nr. 204, Meier ©. 271. 

Erfte Melodie aus Erk's Liederhort 113. Bid auf 3 Noten gleih bei Hoffmann, Mebr 
Abmweihung bei Büfhing. Im 2. Mel. ift der alte, feltene, nur in franz. Mufit und bei 3. Raff 
zuweilen gebraudte Schluß (mit Umgehen des Leitetones) beachtbar. 


T 1,2 von Hoffmann gebefjert fo: Schöner rotber Wangen Prablen. 1,3 jchöne rothe 
Klippen — für Zähne ift Unfinn im Drud 1747 und bei Erf. 6, 3 von Flandern fein if 
in alter Zeit fprüchwörtliche Bezeichnung für wanfelmütbig (f. viele Eitate bei Uhland 4, ©. 44). 


503 


702. Bie Trauernde, 
Langjam. Aus Schlefien, Hoffm. Ar, 139. 













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Was führ ich denn fo fürn trau-ri—ges Ler ben, daß mir mein Schatz hat 


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geb ich mei⸗nem Schatz viel tau⸗ſend gu⸗te Nacht. 





2. Viel tauſend gute Nacht, viel tauſend gute Stund'n — 
Ach, hätt ih doch ein Wort mit ihm reden gekonnt! 
Dieweil ich aber jehe, daß dieſes nicht kann fein, 

Die andre falihe Herzen zu fehr dawider fein, 


3. Drum will id mir kaufen ein afchegraues Kleid, 
Darunter will id tragen groß Herzeleid 
Groß Herzeleid und einen getreuen Muth 
Wie e8 das Turteltäubelein auch thut. 


4. Das Turteltäubelein* fo hübſch und fo fein, 
Es ruht nie auf einem grünen Zweigelein, 
Es trinkt auch niemalen das Wafler jo rein, 
Es ſchlägt erft mit beiden Flügelein drein. 


. Und bin ih aud nicht ſehr reich dabei, 

So ift doch gewiß mein Herze getreu; 

Es gäbe wol mander Eintaufend-Thaler-Scha, 
Wenn er nur fände ein getreues Her. 


— 


Aus Schlefien (Reidrei) 1840. Hoffmann v. F., ſchleſ. BL. Nr. 139. Die 4. Str. nach 
Scherer, Jungbr. 94, müdlih aus dem Ried, Sie ifi beifer, ald die durch gg einer 
Zeile entftellte aus Schlefien. Das herzinnige Lied mit feiner klagenden Mollweife hat Dr. Amold 
Volksl. 9. Heft, ©. 20) aufgenommen und Mhön bearbeitet. 


® Veber die Trauer der Zurteltaube f. Altd. Wälder 2, 34 ff. Die Turteltaube war in 
älterer deutſcher Dichtung ein beliebtes Bild fittlicher Reinbeit und treuer, trauernder Wittwenfchaft. 
Ihres Gatten beraubt, läßt fie fi immer nur 7 einem bürren Aft nieder, auch trinkt fie fein Mares 
Waſſer mehr, fondern trübt es zuvor mit ihren Fuüßen. 

Auch in einer ſchwed. Ballade (Svenska Folkvisor 1, 168) will Walborg trauem wie die 
Zurteltaube: 


Hon hvilar aldrig pä grönan gren, Sie ruht nie auf dem grünen Zweig, 
Hennesben är’ al sä trötta, Ihre Beine find nicht müde; 
Hon dricker aldrig det vatten rent, Sie trintet nie das Waffer rein, 


Men rörer det föret med fötter, Sie rührt es erft mit den Füßen. 


504 


703. Batenka (Adlüffelblume). 


Mehmüthig. _ Aus dem Badiſchen Schwarzwald. 













1. Jetz gang äi durchs Wie » fertbal na*, brech lau-ter Ba-ten»-fa mir 





lauster Ba » ten» fa und Klee: 


ban jo koi Schär-pe » le meh! 


* na hinunter. * a — ab. 


2. Und wenn i's verlore doch hab, 3. Ach's lebt jo und iſt mir net treu! 
Warum liegts denn net in ſein'm Grab? Und i weiß: jet iſt Alles vorbei, 
Thät zum Grab jo mit Klage Und die Rofe und die Nelte 
E Sträufele ihm trage Müffet traurig verwelfe, 

Aus lauter Batenke und Klee: Berwelte Batenka und lee; 
I han jo koi Schäßele meh! I han je koi Schätele meh. 


A. Mel. und erfte Strophe aus dem — 2 1854 im Kinzigthal und vielen 
Orten an der Grenze zwiſchen Würtemberg und Baden von der Dorfjugend Abends geſungen und 
dort aufgezeichnet vom Tübinger Student K. Rüdinger. Derfelbe, fpäter Lehrer in Frankf. a. M. 
bat fie mir 1885 mitgetheilt und dabei erzählt, daß er fie auch an Silcher übergeben babe, der 
fih noch ind Strophen vom damaligen Seminariften Fifcher binzudichten ließ und dag Ganje 
mit dem Anfange: „Durchs Wiefethal gang i na” in fein Bolfdl. für Männerft., 12. Heft Rr. 7 
aufnahm. (Dielen Zert f. oben.) 

B. Shwäbifhe Goloniften in Pofen (Trzeciewiec), die 1773 unter friedrih II. dort: 
bin getommen, fangen das Liedchen aus der alten Heimath noch 1885, wie ein Auffag im „Schmwäh. 
Merkur 1885, 8, Nov., Nr. 264, Sonntagsbeilage berichtet, und zwar fo: 


Geh gang i ind Wieſethal bene, A Sträußle daraus flechte 
Sind lauter Batenfa durnah; Bon lauter Batenka und Klee: 
Batenka will i breche, ep ban i fei Schäßele meb! 


C. In der Schweiz (Aargau) bat das Lied (nah Rochholz, Alem. Kinderl, ©. 174) fol« 
genden Wortlaut: 


J gob-ne durch d' Bächli matt ab, Es Chränzli drüs flechte. 
Und günne Madänele ab. Us lüter Madänele und Chlee: 
Madänele muß i breche, Ib ba-n-i kes Schägeli meh! 


Tg 1. Bähli-Matt, Wiefe am Bach. 2. günne, pflüde.. 3. Madänele, Matteneli, 
Mattendäneli, Mattetäich, Händſcheli find fchweiz. Namen für Schlüffelblume (primula veris). 
Sie gilt in der Blumenfprache ald Symbol verfhmähter Liebe, was die Schlufzeile bier ausfprict. 
4. es, ein. 5. lüter, lauter. 

a im Elſaß iſt das Liedchen gefannt und bei Mündel Nr. 107 einem längeren Terte 
angehängt: 


Sept geb ich ind Nicderland ab Schön Kränzlein will ich machen, 
Und breche Harungele ab, Bon lauter Harungele und Klee: 
Harungele will ich brechen Sept hab ich fein Schägele meb! 


J 2. Harungele, ranunculus, Hahnenfuß. 


505 


704. Bie Schwermüthige. 


[Mei Mutter mag mi net.) 
Etwas langjam. Schmwäbifd von 1830, Sildher 4, 7. 










u” 
et | — 
—— 
* De 


ib * rem Schaß, wer fteht 





bei mir? AU ſtehn bei ib - rem Schap, 





all ftehn bei ib » rem Schap; wer fieht bei mir? wer ſteht bei mir? 


2.Mei Mutter mag mi net, 4. Wenn i nu gſtorbe bin, 
Und fein Schat han i net; Tragt mi zun Kirchhof Hin, 
Ei worum ftirb i net, Legt mi ins Grab hinei: 
Das thu i do? Mer weint um mi? 

3, Geftern i8 Kirchweih gwe, 5. Laßt die drei Rösle ftehn, 
Mi hot mer gwiß nit gfeb, Die an dem Kreuzle blühn: 
Denn mir ift gar jo weh, Hänt ihr das Mädle kennt, 
I tanz ja net. Des drunter liegt? 


Schwäbifhes Volkslied. Tert in diefer Form zuerft bei Walter 1841, ©. 147. Daber 
Wob. 4, 127 und mündlich bei Scherer, Jungbr. Nr, 129. — Ein älterer Tert ohne die Anfangs- 
dag und Str. 4 ſteht ſchon in Kriege» und Volksl., Stuttg. 1824, ©. 123, alfo mit dem An- 
ange: Mei Mutter mag mi net. Ebenſo mit obiger Mel. bei Silchet 4, Nr. 7. — Ei, 
—— Nr. 165 giebt unſerem Liede eine moderne Melodie, welche der nachfolgenden ziemlich 
gleich fommt. . 


705°, Sie allein war mein Glück. 
Ziemlih langfam. Beder, Rhein. Liederb. Nr. 51. Aus Thalfang (Hochwald). 







* “u ST 73 0770 70000 — 
———— — — — 
EEE DEE EEE EEE 


As ih auf Ber » gen ftand, ſah Rös⸗ Tein blübn, die 











ih zwei ei me 







al- lei» ne war mei⸗ne 











Freusde, nur fie aleleis ne, fie war mein Glüd. 


2. Mein” Schwefter mag mid nicht, 3. Wenn ich geftorben bin 
Ein’ Bruder hab ich nicht, Tragt mich zum Kirchhof Hin, 
Und fterben will ich nicht, Dann ruhn wir beid zufamm'n 
Bin noch zu jung. An einer Seit. 


Nur fie alleine ꝛc. Nur fie alleme ꝛc. 


506 


4, Kennt ihr das Mädchen nicht 
Das auf dem Kirchhof liegt? 
Sie hat mir treu geliebt, 
Sie war mein Glück. 

Nur fie alleine ꝛc. 


Bergl. Mein Mutter mag mic nicht. 


705°. Sie allein war mein Glück! 
Mäßig bemegt. Aus Mufhenheim i. d. Wetterau, 






Freu «de, ja fie, ja fie al» lein, fie war mein Glück. 


2. Ins Kloſter geh ich nicht, 3. Wenn ich geftorben bin, 
Heirathen mag ich nicht, Tragt mid zum Kirchhof hin 
Und fterben will ich nicht, Legt mid ins fühle Grab 
Bin noch fo jung. An ihre Seit‘. 

Ja fie alleine ꝛc. Ja fie alleine x. 





706°. Liebesklage. 


Langſam. Mündl. aus Franken Königshofen im Grabfelde). 






Trau-ern und Un » ruh bring ih mein Be «bein zu; ten 





Troſt fann ih mehr ba» ben, wo»mit ib mich kann Ta» ben: 





mei- m in der Still und ſeuf- je oftemald viel. 


2, Mein Herze thut mir weh 3. Wie kanns denn anders fein 
Ich liege oder ſteh, In folder Piebespein? 
Mag ſchlafen oder wachen, Wenn zwei verliebte Herzen 
Sp macht es mir zu fchaffen; Treu mit einander jcherzen, 
Obſchon die Augen zu, So ift doch allzumal 


So hat das Herz niht Ruh. Das Leben voller Dual, 


507 


4. Mein Wirtſchaft ift bald aus, 
Jetzt muß ih aus dem Haus: 
Muß Alles hinterlafien, 
Muß reifen fremde Straßen; 
Mein Schat der ift nicht hier 
Und ich bin weit von ihr. 
Zert mebrfah mündlih: Fl. DI. aus der Zeit 1750—1820 und Erf, Ldh. Nr. 116. 
Tert in Wolff's Halle der Bölter IL, 165 mit dem Anfange: „In Sorgen ohne Ruh.“ 


Mit demfelben Anfange bei Hoffmann, fhlef. Volkel. Nr. 162 aber verbunden mit dem verwandten 
Liede: „Ich wollt ich läg und jchlief.” Mel. dort fehr abweichend. 


706°. Liebesklage. 


Melodie: Mah auf, o Schäferd Kind. 


1. In Trauren und Unruh 4. Nur dein Abweſenheit 
Bring ich mein Leben zu; Bringt mir nun ſolches Leid; 
Kein Troſt kann ich mehr haben, Wenn ih an dich gedenke 
Mit dem ih mid kann laben: Zu Tod ich mich faft kränke. 
Ich weine in der Still Wenn nur ein Viertelftund 
Und weine oft gar viel. Ic mit dir reden kunnt! 

2. Mein Herze thut mir weh, 5. Wanns aber nit kann fein, 
Ich liege oder fteh; So traurt die Seele mein; 
Mag fchlafen oder wachen, Biel find der faljhen Herzen 
So giebt e8 mir zu fchaffen: Erfennen nit die Schmerzen, 
Wenn jhon die Augen zu, Daß ih unſchuldig leid 
Hat doch das Herz fein Ruh. Und doch beftändig bleib. 

3. Wie kanns denn anders fein 6.3 leb und fterbe bier, 

In folder Liebespein? Mein Herz das fchenf ich dir; 
Wenn zwei verliebte Herzen Mein Treu werd ich nicht brechen, 
Treu mit einander jcherzen, Mein Zorn an dir nit räden: 
So ift doch allzumal Bergnügung follt du haben, 

Das Leben voller Qual. Wenn ich werd fein begraben. 


Ert, Liederhort Nr. 116% aus: „Bang neu entiprofjene Liebes Roſen ... 1747, Nr. 13." — 
Auf einem fl. BL. von 1786 mit folgenden geringen Abweichungen: 1,1 In Sorgen und Unrub. 
1,4 womit id. 2,4 fo madt ed mir. 3,5 fo ift doch allemal. 

Sehr abweichend auf einem fl. Bl. Gölln um 1763 (blod 5 Strophen, die 2. fehlt und die 
übrigen nur theilweife übereinftimmend). 





707. Liebeswunden, 
Sangjam. Mel. aus Anbalt-Zerbft. 







Ich wollt, ih läg und fchlief, viel tau » fendlaf-tem tief im 


A . n ’ * 
tie » fen Schooß det Er » den, weil du mein nicht kannſt wer » den, und 





nichts zu bof-fen hab, ald nur das füh« le Grab. 


508 


1.3 wollt, ich läg und ſchlief 3. Hätt ih dir nicht getraut 
Biel taufend Klaftern tief, Und auf dein Wort gebaut, 
Im kühlen Schooß der Erben, Dann hätt ich nicht empfunden 
Weil du nit mein fannft werben So heiße Liebeswunden, 
Und nichts zu hoffen hab Die jekund brennen mid, 
Als nur das fühle Grab, Und nimmer ftillen fi. 

2. Du fagft: du liebeſt mid — 4. O Erde, ded mich zu! 

Das Widerfpiel jeh ich! Hier find ich feine Ruh; 
Eine Andre thuft du lieben, Bertilge meinen Namen 
Sudft mi nur zu betrüben Löſch aus die Piebesflammen, 
Drum fage nimmermehr, Löſch aus die heiße Glut 
Daß du mich Liebft fo jehr! Die mi fo brennen thut! 


Erf, Liederbort Nr. 115, 

Bielfah mündlih: aus dem Brandenburgifchen, Sachſen, Schlefien, Franken, Heften. Mit 
Benupung eines fl. Blattes aus der Zeit von 17501820: „Acht jhöme ganz neue Lieder (dad 3.). 
Gedrudt im Jahr, da ich noch Junggefelle war.” 

Barianten: 2,4 Mid aber zu betrüben. 3, 5 Sie jetßund auälen mib und niemals 
ftillen ſich — fo heiße Liebeöglut, die fo fehr brennen thut. 4,2 ih find allbier kein Rub — 
daß ich fchlaf in der Ruh. 5, 5 und mad) der Lieb ein End, fo fterb ich fchon content (fl. Bl. = 
wohl die urfprüngliche Yaffung). 

In neuerer Zeit wird das Lied vermengt mit: „In Trauern und Unruh“ — 3. B. Simrod 
©. 249. Wolff, Halle der Völker II, 165 und im Schlef. Lied bei Hoffmann Nr. 162. Auch die 
reg Zerte werben mit einander vertauſcht. Hier ift die Derzweifelnde ein Mädchen, im 

eſ. e er. 


708°. Verzweiflungsvolle Nachricht an die Schiffersbraut. 


1. Einſt ging ich am Ufer der Donau entlang, 
Wollte ſehen, ob mein einziger Wilhelm da ſtand, 
Er iſt zwar verſchwunden, er iſt ja nicht mehr da, 
Es tönte ſchon wieder die holde Nachtigall. 


[2. Hier iſt ja die Laube, jo allein fig ich bier, 
Ah wär doch mein einziger Wilhelm bei mir! 
Hier haben wir gefeflen jo manden lieben Tag, 
Und haben mande Stunde in Liebe zugebradt. 


3. Dort oben auf dem Berge da fhwang er feinen Hut: 
Ude, mein liebes Mädchen! dir war ich einft jo gut. 
D Rofa, o Rofa, o weine nidt fo fehr, 

Gedenk an deinen Wilhelm, wenn er nicht mehr wär!) 


4. O Wilhelm, o Wilhelm, verlaß dein Mädchen nicht! 
Gedenk an jene Worte, die einft dein Mund verfpridt. 
Du haft mir Treue geihworen, ich breche fie auch nicht, 
Ich will dich treulich lieben, bis einft mein Auge bricht! 


5. Gedankenvoll verfunten, fie ward es nicht gewahr, 
Daß ganz in ihrer Nähe ein Yüngling bet ihr war: 
„DO trauriges Mädchen, was weineft du fo fehr? 
Was ringft du deine Händchen? dein Wilhelm — ift nicht mehr! 


509 


6.9 fomm es dir zu fagen, aus fernem fremden Land, 
Mo mir dein Wilhelm ald Bruder war befannt. 
Drum, trauriged Mädchen, ach weine nicht fo fehr, 
Ring’ nicht deine Händen: dein Wilhelm ift nicht mehr!‘ 


7., Die Fiſchlein die ſchwimmen von oben herab, 
O trauriges Mädchen, hier findſt du dein Grab; 
Und ſchlagen die Blige auch über mich zufammen, 
Zerſchlagen meine Glieder, id ſuch' meines Wilhelms Grab.“ 


Fl. Bl.: Sieben fhöne nene Lieder (das 1.), Franff. a. D. und Berlin, bei Trowitzſch und 
Sohn (v. J. um 1830—1840.) Selbftmord der Berlaffenen endet die Tragödie. 


708. Am Hfer der Donau, 


1, Einft ging id am Ufer der Donau umher, 
Und wollte einmal fehen, ob mein Robert da wär, 
Sie rang wol mit den Händen und rief ja noch einmal — 
Da hört man nichts als Lieder der holden Nachtigall. 


2. Ah Robert, ach Robert, vergiß dein Mädchen nicht! 
Gedenfe an die Worte, die mir dein Mund verfpricht! 
Du haft den Eid gebrochen, ich aber thu es nicht, 

Ih will dich treulic lieben bis einft mein Auge bricht. 


3. In Gedanken verfunfen ward fie e8 nicht gewahr, 
Daß nah aus der Ferne ein Yüngling bei ihr war. 
„Ah troftlofes Mädchen, mas weineft du jo fehr? 
Du ringft ja mit den Händen, was madt bein Herz fo ſchwer? 


4. Ach troftlofes Mädchen, ah weine nicht fo jehr! 
Dein Robert ift entflohen, er ift ja gar nicht bier. 
Ih kann e8 dir ja fagen, id fomm aus fremdem Land, 
Wo ih mit deinem Robert als Bruder war befannt.‘ 


5., Ach Gott, was muß id hören, nun ift e8 mit mir aus! 
Sie faht fih im die Haare und rauft fie alle aus, 
Komm’, ftrahlender Blig, fahr über mich herab, 
Zerfchmettre meine Glieder, ih fuhe Roberts Grab.“ 


6.,Die Schifflein die ſchvimmen, der Sommer der ift da, — 
Daß ih von dir muß ſcheiden, das geht mir gar zu nah!‘ 
Der Yüngling der ſchwenlte noch einmal feinen Hut: 
‚Leb wohl, du theures Mädchen, ich bin dir herzlich gut!‘ 


Frifhbier, 100 altpreußifche Volkslieder Nr. 13 (Kpzg. 1893). Aufgeichrieben vor 1877. 
Diefe Fafjung ift in der Form korrekter und darum wohl älter ald die vorangehende. 


510 


708°. Schmerzliche Trennung auf immer. 


Sehr gemeffen. Mel. 1846 von einem Stettiner Geſellen. 











— ging am U «fer der — um» ber, zu ſchau⸗-en ob 





da! ed däm:mert der Ur bend fhon wied⸗rum jo nab. 


3,D trauriged Schidfal! e8 kommt ja bald die Zeit, 
Daß wir uns müflen trennen einander fo weit. 
4.8 fahren die Scifflein, der Wind der geht fehr gut, 
Freu du di, mein Mädchen, ich bin dir herzlich gut! 
5. Und Heinrich der winkte nod einmal mit dem Hut 
Und ſprach: „Mein liebes Mädchen, ich wünſch, e8 geh Dir gut!“ — 
6. Hier lieg ih im Laube, im Laube lieg ich bier. 
Mein Heinrich, der mich liebet, der ift ja nicht mehr bier. 
7. O trauriges Mädchen, verzage du nicht, 
Ih will did gern lieben, aber beirathen nicht! 
8. Es firömen die Wollen vom Himmel herab, 
Und hier, mein guter Heinrich, bier find ich mein Grab! 


708°. Schmerzlicher Abſchied. 


Sehr gemeſſen. Oberlahnkreis und Ar. Hanau 1985. 





Einft ſaß ih in der Lau- be, einft SE ih in dem Buſch, da 


65 Sat — 


kam mein lie» ber Heinsrih und gab mir ei= nen Kuß, da kam mein lieber 































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IE ; u u VA BEE 7° TEE 7° TEE GE ARE 

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Hein⸗rich und? gab mir ei⸗-nen Auf. 























2., Ach Heinrih, lieber Heinrich, jest fommt ja bald die Zeit, 
Daß wir uns müfjen trennen von einander weit.‘ 

3.,Ach traueriged Mädchen, verzage du nur nicht, 
Ich will di gerne nehmen, jett kann ich aber nicht!“ 


511 


4, Der Heinrih der ſchwinget no dreimal feinen Hut: 
„Adjes! mein liebes Mädchen, ich wünſcht, e8 gieng dir gut!” 


5. Die hoben, hohen Berge, das tiefe, tiefe Thal: 
Jetzt feh ih mein Feinsliebchen zum allerlegtenmal! 


705°. Hannchen und heinrich. 


Behalten. Lahn⸗ u. Dillfreid, Limburg, Hanau und Weplar, 1880, 





Schön Hannhen ging am Urfer der Dosnau bin und ber, und 


u ur 
mer Po 1 
AD. \.2 7 AU #° GA 7° BEER 1” HEERES 9” EEE ERREGER EBREEEEE 9° — — — — 





wollste ein-mal ſeh⸗en, ob Hei⸗ne⸗-rich da wär. 


2. Da ſaß fie auf der Lauer 7... Und müflen wir uns tremnen, 
Da ftand fie hinterm Buſch, So ift e® mit und aus. 
Da kam der liebe Heinrid So reif id mir meine ſchwarzen 
Und gab ihr einen Kuf. Schönen Haare aus.‘ 
3., Du lieblihes Mädchen, 8. Da winkte der Heinrich 
Verzage nur nicht! Noch einmal mit dem Hut: 
Ich möchte dich gern lieben „Ade, mein liebes Mädchen, 
Jetzt aber darf ichs nicht.“ Ich wünſch, es gieng dir gut!“ 
4. „Willſt du mich gerne lieben, 9. Er winkte mit den Augen 
Deine Eltern leidens nicht, Er kratzte mit dem Fuß: 
So nimm dir eine Andre, „Nun lebe wohl für immer, 
Die reicher iſt als ich.““ Weil ih abjheiden muß!“ 
5. Sie winfte mit dem Auge, 10. Da ſaß fie fo traurig 
Sie kratzte mit dem Fuß, Am Ufer auf dem Stein: 
Und wußte ja nod gar nicht, „Von der Welt bin ich verlaflen, 
Daß er nun wandern muß. Hier bin ih jo allein!‘ — 
6.,Du liebliches Mädchen, 11. Wer weinet da draußen 
Jetzt kommt bald die Zeit An dem Fenſter ſo laut? 
Daß wir uns müſſen trennen Es dunkelte der Abend, 
Von einander weit.“ Entſchlummert war die Braut. 


12. Da fallen die Sternlein 
Vom Himmel body herab: 
„Ave, mein liebes Mädchen, 
Bei dir find ich mein Grab!” 


Vielfah mündlih aus dem Unterlahn» und Dillfreid, Kreis Weplar, Limburg, Hanau (1890 
bis 1885) durh Hm Wolfram, 


512 


109%. Bie Berlaffene. 
Finfter und langfam. Aus dem Hannöverſchen. 






Der Himmel ift fo ü» be, ſcheint we » derMond noch Stem; der 





Jüngling, den ich lie = be, der it fo weit ent » fernt. 

2. Ach hätten meine Augen 4, Bor Kummer und vor Sorgen 
Den Yüngling nie gejehn, Kann ih nicht ſchlafen ein: 
So könnt id froh und glüdlich Im Schooß der fühlen Erde 
Durch dieſes Leben gehn! Wird Ruhe für mic fein. 

3. Du gedachteſt mic zu Fränfen 5. Wenn ih ſchon längſt geftorben 
Wenn du mit Andern fderzt: Mein Leib zur Aſche it, 

Ich werd es dir gedenken So fannft du zu dir fagen: 
Und fchreiben in mein Herz. Die hab ich einft geliebt. 


Aus Imbfen bei Dransfeld (Hannover) 1880 an Erf eingefandt. Diefelbe Mel. mit ganz 
anderem Terte: Der Himmel ift dunkel xc. aus Niederbeffen bei J. Sewalter III, Rr. 1.— Beral. 
auch Mittler Nr. 766. Pröble 39. Bödel 31. Müller ©. 71. 


709%. Beim Herzlieb. 


Etwas langſam. Aus dem Lahnkreis, 1880, 


— — 





* ee et 


Mäd » hen, das ih lie - be, das ift fo» meit ent » fernt, 


2.3 ſchneid' nicht gern kurz Gerfte ab, 4. Die Leutcher die darumme ftehn 


Steh aud nit gern früh auf: Die find uns all nicht gut. 
Bei mein jhön Schäglein geh ich gern, Ich aber mad mir gar nichts draus 
Das ift der Welt Gebraud. Und faſſ' mir friſchen Muth. 

3. Muß denn ein Jeder willen, 5. Was fauf ih meinem Schätzelein 
Was ih und du gethan? Wohl für ein neues Jahr? 
Wenn wir uns beide küſſen, Ein Bürſchchen auf der Meſſe 


Was gehts die Leute an? Bon vierundzwanzig Jahr. 


513 


709. Beim Herzlieb. 


Bettenbaufen in d. Wetterau. 





Mädchen, das ih lie » be, das ift fo. meit ent» fernt. 


2.9 ſchneid nicht gern kurz Gerfte 4. Wille denn ein jeder wiſſen, 


Steh aud nicht gern früh auf, Was ih und du gethan: 
Bei meinem Schäglein ſchlaf ich gern, Wenn wir uns beive küffen, 
Das ift der Welt Gebraud. Was gehts ein andern an. 
3. Die Leute, die bier um uns ftehn, 5. Wir beide fein verbunden 
Sind mir umd dir nicht gut: Aus lauter Lieb und Treu; 
Ih aber frage nichts darnach Glückſelig fein die Stunden, 
Und faſſ' ein feften Muth. Da wir zufammen fein. 


Bergl. D. Bödel, Oberh. BL. ©. 38, 


710. Ber falfdye Baron. 


Etwas ſchnell. Aus dem Siebengebirge. 





Fort aus mei-mem An = ger» ſicht, ih hab mit dir zu fchafrfen nicht! 


2.D Baron, du Herzenspieb, 4.9 hatt fo feft auf dich vertraut, 
Wenn dic einer recht befchrieb! Ih hätt ein’ Kich auf dich gebaut; 
Meine Feder ift viel zu fchlecht, Aber ih bin es nicht allein, 

Ih kann dich nicht beichreiben recht. Die falfh von dir betrogen fein. 

3.D Baron, du faljher Wicht! 5. Jetzt leb' ich recht wohlgemuth, 
Alles ift falſch, was du verfpridit. Beſſer als du bei allem Gut. 

Alles ift falfch, was du verheißt, Jetzt Schlaf ih in guter Rub: 


Und der ift blind, der das nicht weiß. Gute Nacht, die Thüre zu! 


Zert bei Simrod 201. Mel. aus dem Siebengebirge (durb Dr. Arnold). 


Er! u. Böhme, Liederhort. II. 33 


514 


ZU. Treue und Untreue. 
Der Burſche fingt: Aus Gambach (Wetterau). 





fies be, ver⸗laß ih dich nicht! 


2. Und bift du in Gſſellſchaft, 3. Steh id an der Weſer 
So nehm did in Act, Und du an dem Rhein, 
Daß du ja keinem Andern Ei fo fällſt du mir taufend, 
Die Liebe zufagit. Ja taufendmal ein. 


(Das betrogene Mädchen:) 


4, ,„ Die Rofen im Garten 
Das Fiſchlein am See: 
Mein Schak ift mir untren, 
Mein Herz thut mir weh.‘ 


Zufammengefhobene Vierzeiler (Schnaderhüpfin). 


712. Falſche Schwüre. 


Mäkig bewegt. Aus dem Brandenburgiſchen und Schleſien vor 1840 


Seen 


Linsen gina ein » mal fparzie » ren in den Morstden » bain. 


— — — — ”—- 
— 7— — — Tg 


bald fand ib zu ihr im Grü-nen dort ein Süngeling ein, 























Undere Melodie, 
Schr mäßig. Aus der Udermarf 1839. 
> 





— 





bald fand ſich zu ihr im Grü⸗nen auch ein Jüngling ein. 


1. Linchen gieng einmal ſpazieren 2. finden war ein gutes Mädchen. 
In ven Morthenhain; War ſchön, jung und treu, 
Bald fand fi zu ihr im Grünen Linden war ein gutes Mädchen, 


Dort ein Yüngling ein, Eimas Schalt dabei. 


515 


3. Schön und niedlich war der Bube, 
Lieblih fein Gefang. 
Schön und nieblih war der Bube, 
War wie ein Birken ſchlank. 


4. „Gieb mir doch ein einzige Küßchen, 
Liebes Linden ber!“ 
Hierauf reicht fie ihm ein Küßchen 
Und nod etwas mehr. 


5. Eh fie von einander ſchieden, 
Schwur der Züngling Treu; 
AL fie von einander waren, 
Bar der Schwur vorbei. 


6. Schattig ift der Wald und dunfel 
Und id jo allein! 
Schattig ift der Wald und dunkel, 
Und mir hilft fein Schrein. 


7.,Linchen, deine Wangen blaſſen““ 
Sprad die Mutter einft, 
Linden deine Wangen blafien, 
Und du weinft allein? 


8. „Ach, ein Yüngling bat geſchworen 
Und fein Schwur ift fort, 
Ad ein Yüngling hat geſchworen 
Und mein Kranz ift fort.“ 


9, ,,, Mutter, ad in wenig Tagen 
Werd ih nicht mehr fein, 
Mutter, ah in wenig Tagen 
Scharrt man Pinden ein,‘ 


10. Dann jo fegt am grünen Hügel 
In dem —— 
„Dieſer ſchwarze Todeshügel 
Hüllt ein Mädchen ein!“ 


Text aus Berlin und gleichlautend auf fl. Blättern: a) Neuer Liederkranz. 6. Theil. Berlin 
und Franff. a. D.. bei Trowigih und Sohn ©. 43 (um 185040). b) Bier vortrefflihe Schöne 


Lieder (dad 1.), Deld bei E. 


udwig und Sohn (vor 1840). 


Noch vielfah mündlih: aus Schleſien (Kr. Streblen 1840), aus der Udermarf (Brenzlow 
1839), Kr. Weplar (1840), Duisburg (am Niederrhein 1839), Thüringen (Altenburg 1854) und 


anderen Gegenden. 


Varianten find zahllos, aber unmejentlich, der Tert ift bald länger, bald fürzer: 1,2 in 


den grünen Wald. 
Jüngling (der Bube). 8. Es hat ein 


(Reim: ein Füngling wohlgeftalt.) 
üngling mir geſchworen, und find 


2,1 Schön und reizend (lieblid war der 
chwur war falſch, es 


hat ein Juͤngling mich betrogen und fort war mein Kranz. 


713. Bie verlaffene Arme. 
Melodie: Ich hab ein kleines Hüttchen nur. 


. Blüh auf, blüh auf, du Sommerkorn! 
Ih hab mein feines Yieb verlorn; 
Blüh auf, blüh auf, du Nellenſtrauch! 
Ih ſchau mir wieder eine Andre aus. 


2. „Wird denn dein Tüchlein nie mehr weiß, 
Daß du fhon eine Andre fretit? 
Wird denn dein Kränzlein nicht mehrgrün, 
Daß du mih läßt im Winkel ftehn? 

3, Du läßt mid ftehn im Winkel, 

Du giebſt mir nichts zu trinken, 
Du giebft mic weder Bier noch Wein, 
D, ih armes, armes Mädelein!“ 


4. Das Mädchen hat ein'n Trauermuth, 
Sie thut wie's Turteltäublein thut; 
Das Turteltäublein das thut ſo: 

Im Winter kriechts in's Haberſtroh. 


5. Im Sommer ſitzts auf einem dürren Aſt, 
Ei wär ich reich, ſo gält ich was; 
Ja wär ich reich und hätt viel Geld, 
So liebte mich die ganze Welt. 


6.,„ Wenn du auch fein Geld nicht haft, 
Wenn du nur Treu und Ehre haft; 
Mit Treu und Ehr nehm ich vorlieb, 
Die wär e8, wenn id) bei dir blieb?‘ 


7. „Aus Treu und Ehr geſchieht das nicht, 
Du biſt ein Schelm, id trau bir nicht; 
Du bift ein Schelm, du bift ein Dieb, 
Haft alle hübſchen Mädchen lieb.“ 
33* 


516 


A. Peter, Volkothümliches aus Defterreihiih-Schlefien. Troppau 1865, ©. 245. 
Ein Fragment dieſes Liedes jhrieb Hoffmann 1842 in der Umgegend von Jauer (Schie- 


fien) auf: 

1. Blüb auf, blüh auf, du Sommerkorn, id babe meinen Schatz verlorn. Blüh auf, blüh 
auf, du Rofenftrauch, ich fuch mir einen andern aus, 

2. Das SKränzel das bleibt immer grün, läßt du mich gleich beim Zange ſtehn. Bin ich 
nit ſchön und vie genug, hab ich doch Zreu und Ehr genug. 

3. Das Zurteltäubel tbut alfo: im Winter ſitzt's auf Haferftrob, im Sommer figt'd auf grünem 
Grad: Ei wär ich reich, fo gält ich was! 

Im Kubländifhen Zerte (Meinert Nr. 10, Mittler Ar. 1247) nimmt dad Lied einen an- 
deren Audgang: 


1. Blüb auf, blüh auf, Sommerkom ! 3. Blüb auf, blüb auf, Roſenſtrauch! 
Hab mein ſchönes Lieb verlorn. Ich ſuch mir ein anders aus. 

2.Blüb auf, blüb auf, Sommerweiz! 4. Blüb auf, blüb auf, Blümlein blo !* 
Iſt mir um mein Lieb fo leid. Mein ſchönes Lieb ift wieder do.** 


» bio, blau. ** do, da. 


714°, Bie Entehrte. 


Gemaßigt. Niederbeifen. Lewalter III, Nr. 12. 


So fhön wie ei« ne Ro «fe, die auf dem Stengelerbläht, jo ſchoöͤn iſt auhcein 





Sungfräuslein, wenn fie ihr Kränzchen auf +» zieht. 


2. So falſch wie eine Schlange, 4, In einem fremden Städtchen 
Die auf der Erde umkriecht, Wer nimmt fi meiner an? 
So falſch ift auch ein Yunggefelle, Ich darf es Niemand erzählen 
Wenn er fein Mädchen verführt. Daß ih noch Eltern hab. 

3. Und wenn er fie verführet hat, 5. Ach Hätte mich meine Mutter 
Auf freier Straß läßt er fie ftehn; As ich geboren war, 

Dann denkt das Mädchen in feinem Sinn: Ein Stein an Hals gebunden, 
Wo fol ih nun weiter hingehn? Ins tieffte Meer verfentt! 


6. So wär id gleich geftorben 
Als ein unſchuldigs Blut, 
Und hätt aud nie erfahren, 
Was falfhe Liebe thut. 


* Diefelbe Melodie, aber durchweg nad Moll verfegt, fand ih in Dr. Arnold'é Nachlaſſe auf 
einem Blatte von Zuccalmaglio'd Hand. War diefe Verfegung ein Kunſtſtückchen von 3. oder bat 
er fie am Niederrhein, wo man fonft noch mebr Mollmeifen hörte, fo gefunden? bleibt fraglid. — 
Jedenfalls wurde Moll zu dem düfteren Liede fchredlicher ald alle vorhandenen Durmelodien. 


714. Bie Entehrte. 





1. Wie ſchön ift doch eine Lilje, 2. Wie häßlich iſt der Schaum vod, 
Die auf dem Waſſer ſchwimmt! Der auf dem Waſſer [hwimmt! 
Wie ſchön ift doch die Jungfrau Wie häßlich ift der Yunggefell, 


Wenn fie ihr Chr behält! Wenn er ein Mädchen beſchimpft! 


517 


3. Und wenn er fie befchimpfet Hat, 4, Und geh ich in die Fremde, 
So läßt er fie ja ftehn. Mer nimmt fi) meiner an? 
„Wenn ic mird recht bedenke Ich darf mich nicht berühmen, 
Bo foll ich jest hingehn? Daß ih nod Eltern han. 


5.9 hab ja wol noch Eitern, 
Die hatten mich fo lieb; 
Es thut mir leid vom Herzen 
Daß ich fie hab betrübt!“ 


Hoffmann, Schlef. Volksl. Nr. 150. Die Mel. dazu ganz werthlos und unpaffend. Bergl. 
Ditfurtb II, Mr. 134. Mittler Nr. 800. 
Barianten: 
1. Wie ſchön ift dod eine Rofe (Nelte) 
Die auf dem Stengel blüht: 
So ſchoͤn ift aud eine Jungfer 
Wenn fie in ihrem Kranze geht. 
Dieſes Liedchen wird einem andern angehängt, das anhebt: „Mein Schag hat mir ein’ Brief 
geihrieb'n.” 


T1F. Rene eines gefallenen Mädchens. 


1. Wie hübſch ift eine Roſe 5. Mein’ Bater und meine Mutter 
Benn fie am Stengel nody fteht: Die hatt! ich beide fo lieb: 
So hübſch ift auch eine Jungfer, E8 gereuet mid von Herzen, 
Wenn fie ein Sränzlein trägt. Daß ich fie habe betrübt! 

2. Wie liftig ift ein Schwalbe 6. Ach hätte mich meine Mutter 
Wenn fie am Teich rumfliegt: Im erften Bade erfäuft, 
So liftig ift auch ein Junggeſell, Dver mid mit einem Steine 
Wenn er ein jung Mädchen betrügt. Ins tieffte Meer verfentt! 

3. Und hat er fie betrogen 7, Biel lieber wär ich geftorben, 
Auf fremder Straß läßt er fie ſtehn; As ein unfhuldig Blut! 
So gebentt fie in ihren Herzen: Daß ih nie hätt‘ erfahren 
Wo fol ih denn jest hingehn? Was faljche Liebe thut! 

4. Zieh ih in fremde Länder, [8.3 kann nicht allgeit traurig fein, 
Wer nimmt ſich meiner an? Wenns mir jo übel geht; 
Ih darf michs ja nicht rühmen, Drum laß id den lieben Gott walten, 
Daß ih noch Eltern hab. Der Alles am beften verftebt.] 


Aus dem Raffauifhen 1880 — 1890 durh E. Wolfram. Die Schlußftrophe bier fland 
als Anfang. 


715. Bie verſchmähte Geliebte. 


Emft. Aus Dreieihenhain bei Darmftadt. 1852. 












56 bin jo manden Weg ge >gan-gen, um deisne Liebe zu er— fan gen, 





ih a» ber hab fie mie gerkriegt, weil fie fo tief  versbor.gen liegt. 


518 


2. Ich weiß ſchon längft was dirverbroffen, 4. Und kommſt du in ein ander Stäptchen, 


Daß ich die Thür hab zugeſchloſſen, So finpft du glei ein ander Mäpchen, 
Und daß du konnteſt nicht herein, Da wünfh id dir viel Glück Dazu, 
Das wird gewiß dein Aerger fein. Bis an die ftille Grabes⸗Ruh. 

3. Und wäreft du allein gelommen, 5. Die Thränen, die ih hab vergoflen, 
So hätt ich dich herein genommen, Die find aus meinem Herz geflofien, 
Denn zwei und drei, das find zu viel, Die Thränen wifh ich nicht mehr ab, 
Nur du allein, du warft mein Ziel. Ih nehm fie mit ins fühle Grab. 


6. Das Denkmal, das ih von dir habe, 
Das nehm ih mit zu meinem Grabe, 
Das Denkmal geb ich nicht mehr "raus, 
Ich nehm es mit ind Todtenhaus. 


Aus Dreieihenhain bei Darmftadt 1852. Gleichlautend in Wort und Weife (bie auf eine 
falfche Note) aus Neubrüd bei Müllroſe Reg.-Bez. Franff. a. d. D.). 


716°. An die Ungetreue. 


Mipt. um 1806 in v. Amims Sammlung. 


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Ver⸗denk mird nicht, daß ih dich mei-de, weil du fo gie und ib jo — 
Soll denn mein Herz noch Schiffbruch lei» den, brech ich das Band der Lieb ent ⸗zwei 


Mäpig bewegt. 






































und mad mich frei von alsler Pflicht, ver⸗denk mird nicht, ver- ben? mirs nit? 


2, Wer wird ein ſolches Herze lieben, 4, Dein Falfchheit die war verborgen, 
Das allenthalben naſchen geht? Meine Treu war offenbar. 
Muß mit betrübten Augen fehen, Ih kanns auf friiher That bezeugen, 
Daß Schon ein Audrer bei ihr fteht. Daß ſchon ein Audrer bei dir war. 


Das was nad fremdem Athem riecht, Ich will dirs aber and gedenken 
Das lieb ih nicht, das mag ich nicht. Und nicht vergeffen in vielen Yahr'n. 


3.3 will nicht mehr die Gaf’ betreten, 5. Deine Schönheit hatı" mich bewogen 
Wo du nun wirft am Fenſter ftehn. Daß du allhier mein Schag follft jein; 
Ih will in feiner Kirch mehr beten, Aber ih mein, ih möcht vergehen 
Wo du nun pflegft hinein zu gehn. Und nicht allzeit mebr bei bir fein. 


Wenn ih dich aber werd ftehen fehn, Daß du mich willt fürn Narren haben, 
Werd fort ich gehn und dich nicht fehn. Das bild du dir nur gar nicht ein. 


6. Fahret num Hin, ihr faljhen Augen, 
Werft eure Strahlen weit von mir! 
Ihr follt Hinfüro nicht vor mich taugen, 
Das jag ih num euch mit Plaifier. 
Wer mid binfüro will bei dir fehn, 
Muß früh aufftehn, fpät ſchlafen gehn. 
Aus von Arnim's bandihriftl. Sammlung (vor 1808, Mit Mel. von ungeübter Hand und 


Zert ortbograpbifch verwildert. Vermuthlih aus dem Odenwald. Im Wunderhorn nit auf- 
genommen, 


519 


716°. Tren und falfdh. 


Sehr mäßig. Aus dem Ddenwald. (1840). 













— — 


re mird niht, daß ich dich mei-de, da du fo falfh, und ich fo treu! 
Eolldenn mein Herz Schiffbruch Iei-den, ſo reißt das Band der Lieb ent-jwei. 


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EI EI. TEN , 3 I RNEEEREE),_ SEE III MammmmMBE _ Tu Tun HAMMER “car Ram Dame „Am —— EEE Ein A 
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Drum fprih mich frei von al» ler Pflicht! Ver⸗denk mird nicht, ver⸗denk mird nicht! 





2. Wer wird ein ſolches Herze lieben, 3. Ich will nicht mehr die Gaß betreten, 


Das allenthalben najhen geht? Alwo du an dem fFenfter figt, 
So mit betrübten Augen jehen Will aud in jener Kirch nicht beten, 
Wied jedem nur zu Dienften fteht? Allwo du gegenwärtig bift; 


Und was nad fremdem Athem riecht, Ja wo id dich werd fehen ftehn, 
Das lieb ih nicht, das lieb ih nicht. Werd ich fortgehn und dich nicht fehn. 


4. Hab ich dich nicht recht treu geliebt, 
Als ein aufrichtig treuer Freund? 
Hab keine Falſchheit ausgeübet, 

Und habs recht treu mit dir gemeint. 
Jetzt aber werd ih fo veradt't, 
Für meine Treuheit ausgelacht. 


Ein Odenwälder Volkslied noh um 1840 fehr beliebt. Vielfach mündlich, daher bei Erf I, 
2, Rr. 34. Schon feit 1740 wiederholt auf fl. BU. gedrudt, mit allerhand Zufäpen und Aende- 
rungen. Hoffmann, Findlinge: fl. BL. von 1754. Mittler Nr. 875. Birlinger, fhwäb. DR. 
©. 1 ſſchlechte Lesart). von Ditfurtb II, 79 (mit falfcher Melodie). 


717°. Liebesforgen. 


Ziemlich langfam. Aus Gellertshauſen (Kr. Weplar). 







; 1 
MEN 5 — 





Mäd-chen, will du mir's ge=flch-en, ge» ſtern küßt ein Anderer 





Dich. Durh den Bufh hab ichs ger fehren, und bied war mir är«ger 






lich, und did war mir är ger lic. 


2. Blaue Augen, blonde Haare, 3. Erfte Liebe, fie geht von Herzen — 
Das bat mich verliebt in dic. Und die zweite brennt fo heiß. 
Wers nicht glaubt, der wirds erfahren, D wie glüdlih ift das Mädchen, 
Bas die Lieb für Sorgen madıt. Das von feiner Liebe weißl 


520 


4, Rosmarin und Beilchen, Nelten 5. Spielet auf, ihr Mufilanten, 
Mad ich meinem Schat zum Strauß, Spielet auf ein Abſchiedslied 
Das fol fein fein lest Gedenken, Meinem Liebchen zu Gefallen! 
Das fol fein fein Abſchiedsſtrauß. Mags verdrießen, wen e8 will. 


5 Beer, Rhein. Vollsliederb. Ar. 77. 
er Mündel, Elf. BL. ©. 127, nur gleiche — — Fortgang anderd. Erf, 
Liederh. 365. Särel, Volkol. * 180. Das Lied wird auch zu der Mel. „Morgen muß mein 
Schaß verreifen“ gefungen. Bergl. auch das Lied: Die erfle Liebe geht von Herzen. 
Statt der lußſtrophe fingt man in Wetzlar; Sollt id aber unterdeſſen auf dem Krankbett 
fchlafen ein, jo fannft du's auf meinem Grabftein leſen: „Schönfter Schag, und du bift mein!“ 


IT. Eiferfüdhtelei. 
1. Iſt das nicht ein närriſch Mädchen, 4.,Mußt du denn gleich Alles ſehen? 


Das ich mir erwählet hab? Stör mid nicht in meiner Ruh! 
Es ift feind im ganzen Städtchen, Jeder Knabe liebt das Küſſen, 
Das mir jo gefallen thut. ‚Jeder liebts fo fehr wie bu. 
2. Blaue Augen, ſchwarze Haare, 5. Biſt einmal mein Schak —— 
Haben mich verliebt gemacht, Haſt einmal mein Herz 
Wers nicht glaubt, der kanns erfahren, Wärſt du nicht ſo fs — 
Blau hat mich ums Herz gebracht. Wär'n wir heut noch gute Leut!“ — 
3. Schätzchen, willſt du mirs geſtehen, 6. So nimm dein Körblein in die Arme, 
Geftern küßt ein Andrer dich! Schließ dein falfhes Herz hinein. 
Hinterm Bufh hab ichs gefehen, — Was nügt mir dein fhöner Name, 
Glaubſt du denn, mich ärgerts nicht? — Wenn es ift nur Trug und Schein? 


7. Barum liebft du nur das Küſſen 
Bei der Nacht, wenns finfter ift? 
Und am Tag, wenn's Peute fehen, 
Thuft du nicht, als kennſt du mic! 


A. Müller, Bolfölieder aus dem Ergeb. 1883, ©. 61. 


718. Mit dir wird nichts daraus! 


Hildburabaufen. 1852. 





“ w 
Das Lie: ben. fiebt eim ge - den frei, mag le» ben wer da will! --Ein 





wenig lieb Hab ich dich wohl, dab ih dih a» ber nch-men foll, das 


j ein, 


bild dir ja nicht 





521 


2. Du denkſt, du Hättft mid ganz gewiß, 3. Darum mein Kind, fo liebe nicht 


Mit dir wirds gar nichts draus! Und fieh dich befier für! 

Ein Ander ift mir gefallen ein, Du bift von mir ganz abgetrennt, 
Der fol binfort mein eigen jein, Als wie ein Kind, das laufen lernt, 
Mit dir iſts ganz ſchnapp aus! Der Stuhl fteht vor der Thür! 


4. So wünſch ih taufend gute Nacht 
Und alles Wohlergehn, 
Ein'n ſanften Schlaf, ein ſüße Ruh 
Ein'n angenehmen Schatz dazu: 
Nach Hauſe muß ich gehn. 


Statt Strophe 2 und 3 auch folgende Strophe: 


Dein ftolgen Kopf, dein’ Lügenmund, 
Den hab ich längft erfannt: 

Du . mir Lügen vorgemadht, 

Du haft fie aber felbit erdacht: 

Du bift die Schlimmft im Land. 


719. Gegen falfcye Liebe. 


Ruhig. Schmwäbifche Volksweiſe. Rad Serigs Lob. 1827. 






Prabift du gleich mit dei» nen Wangen, die wieSchneeund Ro » fen pran⸗gen, auch bie 
* Bar. bei Sildyer 1826, 






Ro » fen mwel-ten ab. 


2. Raum gedadt, :]: 5. Madteft mir :]: 
Iſt der Freud ein End gemacht. Stets nur Kummer, Sorg und Müh! 
Geftern Luft und Freud genofjen, In der Naht bei Sturm und Regen 
Heute durch die Bruft geichofien, Lief ich deiner Lieb entgegen, 
Morgen in dem kühlen Grab. Und du bift fo falih an mir! 

3. Beine nit, :]: 6. Fort von mir, ;]: 
Falſche Seele, weine nicht! Falſche Seele, fort von mir! 
Denn was nüten ſolche Thränen, Jetzt zerreiß ich alle Stride, 
Die aus falfhem Herzen firömen, Bei mir findeft du kein Güde — 
Bo kein Treu zu finden ift? Hätt ich did zuvor gefannt! 

41. Sieh das ift, :]: 7.'8 giebt nod viel, :]: 
Aller Mädchen Freud und Pit: Zwei, drei Rofen auf einem Stiel: 
Viel verſprechen, wenig halten, Schönftes Blümlein in dem Garten, 
Im der Liebe ganz erlalten, Rothe Roſen auf mid warten, 


Ch der Tag vorüber ift. Brech mir ab, was mir gefällt. 


522 


Schwäbiſches Vollslied aus dem Nedarthal. Tert nad Scherer, Jungbr., Nr. 113, 
die vollftändigfte und befte Lesart. — Weniger gut Meier, ſchwäb. BL., Nr. 50. 
Erk I, 3, 62 aus dem Bergifhen 1839: „Out gedacht, gut gedacht, wird der Luft 
ein End gemacht“. — Die Singweije geben wir nad der ziemlich allgemein gefungenen 
Lesart, die zuerft in Serig's Liederb, Ppz. 1827, Nr. 141 und daher in Erfis Ger- 
mania 350 fteht. Bei Silher IL, 1826, Nr. 8 zu „Kaum gedacht“ ift ver Anfang 
etwa® anders, aud fo in feinem Commersbuh zum Text: „Morgenroth*. 

Diefes ſchwäbiſche Volkslied benutzte Hauff 1824 zu feinem weitverbreiteten 
Soldatenlied „Morgenroth* (Reiters Morgengefang). Unfer Vollslied felbft aber 
ift entftanden aus einem Liede von I. EChriftian Günther. Zuerft gevrudt im Nad- 
trag zu defien Gedichten, Breslau 1751, ©. 108, daraus id einige Strophen als 
Beweis anführen will: 


1. Wie gedacht: 2. Diefes ift 
Bor geliebt, jept ausgelacht; Aller Jungfrau'n Hinterlift: 
Geftern in die Schöß' geriffen, Piel verfprechen, wenig halten; 
Heute vor die Bruft lseiEn Sie entzünden und erfalten 
Morgen in das fühle Grab. Dfterd ch’ ein Tag verflieht. 


3. Und wie bald: 
Mißt die Schönheit die Geftalt; 
Rübmft du gleih von deinen Farben, 
Daß fie ihres gleichen darben, 
Ah, die Rofen werden alt! — 
Günther war geboren 1695 und ftarb 1723. Bald nah dem Drude dieſes 
Liedes (1751) wurde e8 durch Volksmund umgebildet und wirklich verbefiert. 


720. Liebeszweifel und Troft. 





Volks lied. 





Sie: Schwar⸗zes Band, du mußt ver-ge-hen, a- ber mei-ne Lie-be nicht; mei«ne 


rm En er 
um Cum LEERE" TERN” ERREGER EEE WERE" GEREREREEN 
2 EEE — —— 


EAN — —— — (Eee „ah: REN — 
N ce ei 





Lie» be Blei» bet im »- mer fte= ben, ſchwar⸗zes Band, mußt mei. ter gehn. 


2. Dorn und Difteln thun fehr ftechen, 3. Bift Schon längſt zu mir gekommen 


Falſche Zungen no viel mehr; Jetzo willft dur weiter gehn? 

Da thut einer zu dem andern fpredhen: Und das thut mich aljo herzlich kränken: 

Geh du doch zu der nicht mehr! Was die Schuld und Urſach fei? 
Er: 


4, Spielet mir auf, ihr Mufilanten! 
Rühret euer Saitenfpiel! 
Spielet meinem Schätlein zu Gefallen 
Dis zu ihr'r Schlaflammerthür! 


Schleſiſch. Hoffmann Nr. 61: Aus Haynau umd Grabig. 

Ein Gedicht gleichen Anfangs mit anderer Mel. bei Pitfurth, fränt. BR. II, Re. 29: 
„Schwarzed Band, du bift mein Leben, du bift mein Zufriedenheit 2.“ — tft Kunftproduft, wie 
die Ausdrücke Cupido und Phyllis bezeugen. Darin fommt ald 2, Str. allerdings die bier fte- 
bende Anfangäftrophe vor, aber mit beiferem Reim am Ende: „Zur Erkenntniß meiner Pflicht.” 

Das ſchleſiſche Lied ift eine lofe Zufammenfegung von 4 Wanberftropben. 


523 


721. Leichter Wechſel. 


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mich mein Echaß auf ge»ben? ih muß dei den mit Gesbuld. 


2. Haft du gemeint, du mahft mir Kummer? 3. Haft du gemeint, du bift die Schönfte 
D wie leicht vergeß ich dic! Wohl gar die Reichſte in der Welt? 
Denn eme Schwalbe bringt feinen Dod deine Schönheit wird vergehen 

Sommer, Wie die Blümlein in dem Feld. 
Wenn fie gleich die erfte if. 


4. Find ih kein Ende meiner Klagen, 
Geduld, und no einmal Geduld! 
Dies fei mein Troft, denn ih kann fagen 
Ih bin nicht meiner Leiden Schuld. 


F en Elſaß (Kr. Weißenburg) durh Hm Loreng. Vergl. „Ah in Trauern muß id 
eben.“ s 





723°. Abfıhiedsklage eines Mädıhens. 


1. Ach! in Trauren muß ich (eben, 1. Es jind zwei Steme an dem Himmel 
Ah! wie hab ichs dann verſchuldt? Leuchten wie das Mare Gold; 
Weil mird hat mein Schatz aufgeben, Der eine leucht zu meinem Schätzchen, 
Muß ichs leiden mit Geduld. Der ander durch das finſtre Holz. 


2. Bater und Mutter die wollens nicht leiden. 5.Sind wir oft beiſammen geſeſſen 
Gelt, mein Schatz, das weißt du wohl? Manche — —* u j 
Du haft Recht in allen Saden, Haben wir oft den Schlaf vergeffen 
Kaunft dein Olüd mod befier maden Und mit Lieben zugebradt. 
Beil ih dich nicht Friegen fol. 


3.Rosmarin* und Lorbeerblätter 6. Morgen, wenn ich früh aufftehe, 
Berehr ich dir zu guter Legt: Iſt mein Schätzchen ſchon aufgepukt, 
Das ſoll ſein das letzt Gedenken. Schon mit Stiefeln, ſchon mit Sporen 
Weil du mich manchmal ergetzt. Giebt er mir den Ahſchiedskuß. 


Aus einem —— Liederbuche eines Handwerkeburſchen bei Gräter, Bragur 1791 
(1. Th. ©. 272). Daher Wunderh. 3, 74 und Elach 2, 5. 
Die übrige Litteratur bei folgenden neueren Zerten. 


* Der Rosmarin gehört in Norddeutſchland zu den Trauerpflanzen. Die Leichen 
träger auf dem Lande, iweihe eine Jungfrau beerdigen, erhielten fonft einen Rosmarinzweig an 
einem Bande befeftigt, um den Arm gewunden. In Thüringen wurde fonft bei Begräbniffen von 
At und Yung em Leidtragenden, auch dem Pfarrer und Gantor, vor Wegtragen der Leiche ein 
— * nebſt Citrone überreiht. Im dieſer Deutung fingt Juſt. Kerner in Reiſe— 
atten : 

„Rosmarin ift Wehmuth, Trennung, 

Roien deuten Lieb und Freude, 

Lorbeer deuten Ruhm und Sieg.” 


524 


In Süddeutihland dagegen hat der Rosmarin, ein Liebling der Landmädchen vorzugsmeiie, 
eine fröhlichere Bedeutung. & ift hir eine bohzeitliche Pflanze, deren Zweige der Brautfübrer 
und die Brautjungfer, bei dem Gange in die Kirche zur priefterlidyen Einfegnung, in den Händen 
tragen. Auch Sjeigen Kinder, die bier zum Erſtenmal = Abendmable geben, tragen einen 


Rodmarinzweig nebft einer Gitrone in der Hand, weil fie ihren Ehrentag feiern. 


722’, Abfdjiedsklage. 


Mäßig langfam. Mel. aus der Umgegend v. Franffurt a. M. 1837. 


















Ad in Trau- ern muß ih le» ben, ſag wo.ran bab ichs ver »« fhuld ? 
* 


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— ——— Dei: MEERE GEHE SEHR ——— Im —— — — IH - — SEE E 
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Weil mein Schap mird hat auf- ge» ben, muß ide tra» gen mit Ge— buld. 


2. Wo ich geh auf Weg und Straße 5. Spielet auf, ihr Mufilanten! 
Sehen mird die Leute an; Spielet mir ein Saitenfpiel, 
Meine Augen geben Wafler, Meinem Schätzchen zu Gefallen, 
Ich kein Wort mehr fpreden ann. Weil ih Abſchied nehmen will. 


.. 
— 


.Vater, Mutter wollens nicht leiden, 6. Rosmarin und Porbeerblätter 
Schönfter Schatz, das weißt du wol: Schenk id dir zu guter Legt: 
Kannſt dein Glück noch befier maden, Das fol fein das let Gedenken, 


Weil ih dich nicht haben foll. Weil du mich nochmals ergekt. 

4. Sind wir oft beiſamm'n gejeflen [7. Stehn zwei Sternlein an dem Himmel, 
Manche ſchöne halbe Nadıt, Leuten heller ald der Mond; 
Haben den fühen Schlaf vergeflen Einer leucht' zu mei'm Feinsliebchen, 
Und mit Lieben zugebradit. Einer leucht' ins fremde Land.) 


Bielfah mündlih, aus dem Heffen» Darmftädtifchen (Dreieichenhain, Dffenthal), aus dem 
Brandenburgifhen (Gramzow, Wildnad), Sahfen-Meiningen (Herpf), Schlefien, vom Riederrbein x. 
Bei Erk, Liederhbort Nr. 164. Ebenfo Scherer, Jungbr. ©. 190. — Andere Terte Simrod 137, 
Aus Ermland in Oftpreußen in Wolff's Zeitfhr. II, ©. 430. Rhein. Märlein 95. Mittler 
©. 548. Hoffmann, Schlef. BL. Nr. 158. Ditfurtb Rr. 82 und 83. Meifferfcheid Nr. 45, 
Zurmüblen Rr. 35. — 

Mel. hier aud der Umgegend von Frankfurt a./M. (Erf I, 2, Rr. 9) und aus dem Darm- 
ftädtifchen. Unendlihe PVarianten hat diefes Lied, daß es fchwer, ja unmöglich ift, ed nad feinen 
urfprünglichen Beftanbtheilen wiederzugeben. Oft wird es mit Lieblingäftropben aus verſchiedenen 
anderen Liedern zufammengefept, ſolche Wanbderftrophen find 5—7. Ein Miſchling im Wunderb. I, | 
84 (n. 9. 95): „Anmuthig fingbarer Klang.” Goethe. 





722°, Abſchiedsklage. 


 Mäßig. Aus dem Elſaß 1889. 





Schaß ift unstreu wor-den, muß ich lei» den mit Ge» buld. 


525 


Undere Pesart. 





Stets in Trausern muß id) 


le « ben, fagt, wo » mit 


And Dbernburg in Dberheffen 1862. 


hab ichö verfhuld, dag mein 





Schatz ift un-treu wor-den? muß es 


2. Erfte Lieb die geht von Herzen, 
Zweite Lieb die brennet Heiß: 
D wie wohl iſts emem Menfchen, 
Der von feiner Lieb nichts weiß! 


3. Bater, Mutter woll'ns nicht leiden, 
Schönſter Schag, du weißt e8 wohl. 
Sag mir nur die g’wiffe Stunde, 
Wann ich zu dir fommen fol? 


41.88 ftehn zwei Sterne an dem Himmel, 
Schein'n fo hell auf uns herab; 
Der erfte fheint vors Liebhens Fenſter 
Der andre über Berg und Thal. 


5. Stahl und Eifen kann man bredyen, 
Aber treue Liebe nit: 
D wie wohl ift einem Menschen, 
Der von feiner Lieb nicht weiß! 


lei-den mit Ge—⸗ duld. 


6. Wir find fon mandmal bei'nander 
g'weſen, 

Wohl ſchon manche halbe Nacht, 
Und den Schlaf dabei vergeſſen 
Und mit Liebe zugebracht. 

7. Rosmarin und Lorbeerblätter 
Trägt mein Schatz im Hochzeitsſtrauß, 
Das ſoll ſein zum Angedenken 
Das ſoll fein zum legten mal. 


[8. Ich geb’ mei'im Pferd ſchon jetzt die Sporen, 
Reit jest ſchon zum Thor hinaus: 
‚Du mein Schaß, bleibft mir erforen 
Dis ich wieder bei dir bin!‘ 

9, Spielet auf, ihr Muſikanten, 

Spielet auf ein Saitenfpiel. 
Meiner Herzliebften zum Gefallen 
Kann verbrießen, wen es will.] 


Elfaßer Volkslied. Text und Mel. aus Gried (Kreid Straßburg-Land) aufgefchrieben vom 
Seminariſt Hm Alfr. Gall 1889, Tert etwas bunt wie es der Vollksgeſang liebt. 


Im Labn- und Dillkreis Tert blos 1., 2, und 7. (Schluß), vorber noch folgende Str.: 
Meine Thränen find die Tinte, 
Meine Wangen dad hy sr 
Meine nd bie Feder, 

Damit fchreib ich, Liebſter, dir, 


722°, Liebesgram. 


N} 

— 

————— — — — — ⏑—— 
—⏑⏑——— — — — 
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Sag’ mir die ge-mif- fe Stun-de, warn ih zu dir fom-men fol! 


2. Haben oft beifamm’'n geſeſſen mande ſchöne halbe Nacht, 
Und den Schlaf dabei vergeffen und mit Liebe zugebracht. 


526 


3. Wo ich geh auf Weg und Strafe, fehen mir die Leute an; 
Meiner Augen Thränen fließen, ich kein Wort mehr fpreden kann. 


4. Meine Augen find die Federn, meine Wangen das Papier, 
Meine Thränen find die Tinte, wenn ih fehreiben will zu dir. 


Boltölied aus Thüringen und Sachſen um 1860. 


723. Bie vermehte Treu, 


Muthwillig. 







Defterreihifch 1844. 


is mir nir g'wach-ſen als laurter  Unsfraut. 


2. Und wann mi d'Leut frag'n, 3. Der Wind hats verfitehrt, 
Ob mein Treuheit ſchön blücht, Uebers Ed außi trag'n, 
So gieb i eaͤn z' Antwort: 


Und hiezt mag i mein Treuheit 
Der Wind hats verfüchrt. Gar nimmer derfragn. 


Anton Ritter von Spaun, „Die öfterr. Bolköweifen.” Wien 1845, ©. 38. Erf, Loh. Rr. 85. 


T 1,1 Hiezt, jept. 2,3 ein, ihnen. 3,2 außi, hinaus. 3,4 derfragen, erfragen. 
Zur Ausſprache fei bemerkt: daß a durchweg & zu ſprechen ift. 





724. Bas zerbrodene Ringlein. 


Ränbler. 








er Som-mer gebt um-⸗ mi, fall'n d'Läu-berl vom Bam. Wenn ei. 
Jodeln. 





mal mein lieb Scha-herl aus Oe ⸗ſter- reich kam! (füm) 


2. Jetz is ä heut fomme, 3. 's Ringerl is brochen 
Was hat ä mir bracht? Zu taufend Trümma: 
Und a Ringerl am Finger! B'hüt di Gott, mei lieb Schagerl, 
Und a Brieferl im Sad. I mag di nimme! 


Mündlich aus Klofter Alt-Ottingen bei Braunau am Inn (1857). 


527 


725. Bank-Buett am Fenſter. 
[(Gefungen und gefproden.] 
Gemädlid. Aus Brodewin bei Hohen-Saathen (unfern Oderberg) 1852. 


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um? u._ AMMERSEE WEHEN SEEN” TERN wel 
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Schag,mein aus » er » wählster Schatz. 
Geſprochen (nah Str. 1: „Schön Danf mein Kind!” 


2. Es ift heute fhon der dritte Tag, 5. Zu fehen deinen rothen Mund 


Il: Daß ich dich nicht mehr gefehen hab. :| Deine ſchwarzbraunen Yeugelein. 
Geſpr.: „Warum bift du nicht gelommen ?” Geipr.: „Die braudft du nicht zu jehn.“ 
3. Und wenn ich gleich gelommen wär 6.3 Hab fie ſchon gefehn einmal 
Härtft du mich nicht gelaflen ein. Mit einander fpazieren gehn. 
Geſpt.: „Hättft können probieren.“ GSefpr.: „Kränkt es dich?“ 
4, Probieren fteht einem Jeden frei: 7. Es fränkt mid) fehr, e8 ſchmerzt mich fehr, 
Schönfter Schag, laf mic zu dir 'rein! Outer Schag, thu es nimmermehr! 
Gefpr.: „Was willft du darin machen?“ Gefpr.: „Heute nicht, aber morgen wieder.“ 


8, Und fo du's morgen wieder thuft, 
Schönſter Schag, laß ih ab von dir! 
Gefpr.: „Ei fo mad er doch; ift er's nicht, fo finde Andre.” 
Schluß (nah anderer Melodie): 
a) Ein angenehmes Saitenjpiel das ift mein Zeitvertreib, 
Und wenn ich nicht mehr fpielen kann, dann pfleg ich meinen Leib. 


b) Benn fid die Manndleute blöde ftelln, muß man fie laffen gehn, 
Es giebt noch fo viel in der Welt, die und wohl gerne febn. 


726. Bie Zudringliche. 
(Standalfcene vor der Wohnung des Geliebten.) 
Raſch und heftig. Aus dem Taunus u. der Wetterau. 


















die- weil mein Schap ein And » re liebt, möcht ich mich ſelbſt umsbrin« gen! 
Geſprochen von Einem: Halt! Werda! oder: Wer ift draußen? Wer klopfet an?) 


528 


2. Ein fhönes junges Mädchen, 4. Und wenn ich eine Canaille bin, 
Ihr Schatz hat fie verlaflen; Bift du der Schelm alleine; 
Sie fragt, ob er nicht bei euch wär, Und wenn id eine Canaille bin, 
Sudt ihn auf allen Straßen. So bin id dod die deine. 
Geſprochen: Nein, er ift nicht hier!) (Halte Maul,Ganaille, oderich ſchlag dir drauf!) 
3. Ad ſchönſter Schag, fennft du mich nicht? 5. Schlag nur auf meinen rothen Mund, 
Denkſt nicht an jene Orte, Ih geh dir nicht von Leibe, 
Da du oft lange bei mir ſaß'ſt Bis daß du mir die Stunde jagt, 
Und gabft mir gute Worte? Daß du mi nimmt zum Weibe. 
[Schweig, Canaille!) [Heiratben tbu ich, aber jept hab ich feine Zeit!) 


6. So gehts, wenn man nah Burſchen tradt't, 
Das Burfhenfleifh ift theuer! 
Zulegt wird man noch ausgelacht, 
Es giebt viel falſche Freier. 


Bielfahb mündlih: aus dem Taunus, der Wetterau, Oberbeffen, vom Rbein Lorchhauſen), 
Kr. Weplar (Daubhaufen, Hennetbal), Fulda x. — Aus der Gegend von Göttingen 1865 (im 
Ert's Nachlaß). Gedrudt bei Meier, ſchwäb. BL. Nr. 143. D. Bödel, BL. aus Oberheſſen 
©. 68. Zurmühlen Nr. 79 und 36 (verdrebter Zert). 9. Lewalter BR. aus Niederbeif en III, Rr. 16 
tu N — Das Lied ſtammt aus der Meuzeit und wird viel gefungen. Mit Bedauern 
fragt man: Wie kann das Bolt an —— unpoetiſchen Auftritten Gefallen finden? Was der Ge— 
— angehoͤrt, wird bier in Verſe gebracht und geſungen! 


Varianten unmefentlih: 2, 1 Ein hochverliebtes Mädchen. 3. Gelt, Schag, du kenneſt 


mich nicht mehr? Weißt nicht an jenem Orte, wo du mich an die Bruft gedrüdt und gabft mir 
füge Worte? 6, 1 So gebte, wenn man Soldaten traut! Soldatenfleiſch ift theuer! 


1727. Bie Gefangene. 


Langſam. Aus lus Sqleswig · vo Holſtein 1891 u. Hannover 1870, 





Ste: be ib am Ei» fen» git =» ter, in der ftil« Ten Ein» fam «keit, 





fla ge laut und wei-ne bit »ter, fla » ge Gott mein Her » ze » leid. 


Andere Lesart. 
Langfam. Aus dem Wefterwald, Dillfreis u. Rheingau 185090. 








Ste-be ib am Ei-ſen- git— ter, in der ſtil-len Ein-ſam-keit, 


—— Eee 
u un Su M — — — TE En — — — nl 





Bi a — ——— 4 9 —— HH  — — —— 


fla-ge laut und wei-ne bit =» ter, fla » ge Gott mein Her » ze = leid, 


529 


2. Ach wie bin ich jo verlafjen (6. Trauter Yüngling, meinft du's redlich, 
Auf der Welt von jedermann! Oder liebſt du nur zum Scherz? 
Freund und Feinde thun mich haſſen Männerränfe find gefährlich 
Keiner nimmt fih meiner an, Für ein junges Mädchenherz. 

3. Einen Bater, den ich hatte, 7. Barum mußte ih dic jehen? 

Den ih oftmals Bater 'nannt, War das Schidjal mir jo gram, 
Eine Mutter, die mic liebte, Warum mußt ich dorthin geben, 
Die hat mir der Tod entwandt. Wo dein Blid mir Alles nahm? 

4, Beide find für mid; verloren, 8. Ruh und Frieden find zerriffen, 
Solide Opfer find dahin: Troft und Freuden find dahin; 

D, wär id dod nie geboren, D wär id dod nie geboren, 
Beil ih jo unglüdlich bin! Weil ih fo unglüdlih bin!) 

5. Ach wie düster (dunkel) find die Mauern, 9. Beſter Yüngling, nimm zum Pfande 
Ah wie find die Ketten ſchwer! Diefes blondgelodte Haar 
Ah, wie lange wirds noch dauern, Mit dem rothen Seivenbande, 

Mt denn feine Rettung mehr? Das auf meinem Buſen war. 


10. Und wenn ich einft jterben werde, 
Und getrennt von dir muß fein, 
O, fo pflanz auf meinem Grabe 
Rofen und Bergiß nit mein! 


Zert und Mel. vielfach mündlih von 1870— 1891: aus Schleswig-Holftein (am vollitän- 
digften, wie bier). Ziemlih gleih im Wefterwald, Dillfreid, Oberbeffen und Rheingau 1580, 
Hannover 1870, ohne Str. 68. — Anderwärts kürzer, mit Verſetzung der Strophen und Anfang: 
„D wie dunkel find die Mauern“ (A. Müller, BL, aud dem Erzgebirge 1884, ©. 64). „D 
wie büfter find die Mauern“ (aus dem Elfah, handſchriftl. Liederbeft aus Niedheim 1845). 
Mit gleihem Anfange bei Mündel ©. 230 langes Gedicht: Klage eined ausgewanderten getrennten 
Ebemannd. — Am Rhein: „Ah wie bin ich fo verlaffen“ (Beer Nr. 166). — Aus Ober— 
beffen bei Bödel ©. 17. — 

Zweifelbaft bleibt der Urbeitand des fehr verbreiteten, aber nicht alten Liedei: Str. 6— 10 
balte ih für fpäteren Sufab. voran gebt die Klage einer oder eined Gefangenen. Solls vielleicht 
die Klage einer gefangenen Kindsmörderin fein? — Nah der rheinländifhen Sage foll das Lied 
von einem gefangenen Lehrer auf der Feſtung Ehrenbreitenftein verfaßt fein. 


Barianten: 5. Ad, was find die Mauern dunkel und wie find die Ketten ſchwer! ꝛc. 
6. Theurer Jüngling, meinft du's redlich oder meinft du's nur aus Scherz? Ach bedent, es ift 
efährlich für ein junges Mädchenherz! (Hannover und Heſſen). — 10. Wenn ih auf dem Kirch« 
Ai gun in dem ftillen Kämmerlein, jo pflanzt mir auf meinem Grabe Rofen und Bergißnichtmein, 
( en.) 


728°. Briefter als Arzt. 


| Sehr mäßig. Aus Schlefien u. Thüringen. 


















ſehr, daß ich dich find, freut mich ſeht, daß ich dich find, 
Ert u. Böhme, Piederbort. II. 34 


530 


Sie: 6. Unfer Herz und unfer Sinn, 
1. Guten Abend, liebes Kind, : Denn du bift und bleibft mein Kind! 
Freut mid fehr, daß ich dich find‘. :: 7, Heine Hände find ſchneeweiß: 
2, Liebes Kind, was madeft du, Liebe dic mit ganzem Fleiß. 
Schläfeft oder wacheſt vu? 8. Deine Stirn ift kugelrund: 
Er: Liebe dich aus Herzensgrund. 
3. Schlafe nicht, id bin ſehr frank, 9. Deine Lippen find zuderfüß, 
Werd es nicht mehr maden lang. Geb ich dir viel tauſend Küß. 
4. Mädel, lauf zum Priefter g'ſchwind, 10, Deine Zähne von Elfenbein: 
Daß er uns zufammenbind. Liebe dich ja ganz allein! 
5. Wenn wir werben beifammen fein, 11. Deine Augen kirſchbraunſchwarz: 
Wird fih unfer Herz erfreun. Und du bift und bleibft mein Schag! 


12. Deine Wangen rofenroth: 
Liebe dich bis in den Top. 


Mindlih aus Schiefien (Hainau), Thüringen und vom Niederrhein: Erf, Liederb. Nr. 128, 
— Hoffmann und Richter Ar. 144; Mel. daſelbſt etwas einfacher. — Scherer (Jungbr. 66A) bat 
je zwei Strophen zufammengezogen. — Das Lied mag urfprünglich ernft und traurig geweſen fein, 
wird jept aber zum Scherz und Zeitvertreib gefungen, ift jogar zu einem Geſellſchaftsſpiel geworden 
(f. folgenden Tert). 

Barianten: 1,2 D daß ich dich wieberfind! — Ach wie frob, daß ich dich find. 4,1 Lauf 
mir nah dem Priefter geſchwind. 7, 1 Deine Hände fchleierweiß (freideweiß). 9, 1 Dein 
Mündelein zuderfüß, babe dich vielmal geküßt. 11,1 Deine Augen beil und Mar, liche dich 
fhon mandes Jahr. 


728°. Priefter als Arzt. 


[(Gefang mit Pantomime *.] 
Mäpig bewegt. Niederrbeinifh. 





mich, daß ih dich find‘, fru»se mich, daß ih Dich find, 


Sie: 6. Deine Hände find ſchlohweiß: 
1. Öuten Abend, liebes Kind! !]: Liebe did, daß Niemand weiß. 
Freue mich, daß id dic find. :]: 7. Deine Bruft ift kugelrund: 
2. Liebes Kind, was madeft du? Liebe dich aus Herzensgrund. 
Schläfeſt oder wacheſt du? 8. Deine Augen find kirſchenſchwarz: 
Er: Denn du biſt und bleibit mein Schatz. 
3. Schlafe nicht, ih bin jo krank, 9. Deine Lippen find filberweiß: 
Werd ed nicht mehr machen lang. Lieb dich uf jede Weis! 
4. Lauf geſchwind zum Priefter bin, 10. Deine Zähn find Elfenbein: 
Daf er uns zujammenbring! Schönfter Schat und du bift mein. 
5. Wenn wir dann verbunden fein, 11. Deine Wangen find rojenroth: 


Wird fih unfer Herz erfreun. Liebe dich bis in den Tod! 


531 


Bom Niederrhein (Meurd) bei Erf, Liederhort 1288, ſchon Erf I, 4, Nr. 53. 


* Das Lied wird in dortiger Gegend mit einer ganz eigenthümlichen Begleitung, nämlich mit 
Schall durh Händeklatfhen, aufgeführt. Die Singer en paarweife einander gegenüber, jo daß 
fie mit den Knien aneinander ftoßen. Mit Abfingen der 7 Silben jeder Zeile finden folgende Handbe- 
wegungen ftatt. Bei Silbe 1 ſchlägt jeder Ausführende mit beiden Händen auf die Kniee; bei Silbe 2 
Maticht jeder mit feinen Händen (die in gleicher Höhe zu halten find); bei 3 klatſcht die rechte 
Hand des Einen in die rechte feined Rachbars (gegenüber) und bei 4 linke gegen linke Hand; bei 
Silbe 5 klatſcht jeder wie bei Silbe 2, und bei der 6. Silbe wie bei der erjten, enblid bei der 
7. Silbe wie bei 2 und 5 feine eigenen Hände zufammen. Im Ghore ausgeführt, macht diefe 
Begleitungsart einen ganz fonderbaren Effett. 

Aehnlicher Tert (tbeild in anderer Folge der Strophen) bei Kretzſchmer IL, Nr. 153. Die 
Mel. ift unrichtiger Weife dort in Gmoll gefchrieben. Derſelbe Tert bei Simrod Nr. 134. 


J. 6,1 Schlohweiß, von Sclehe, weiß wie die Schwarzdornblüthe. 11,2 Bariante: 
Bleiben roth bis in den Tod. 


725°. Liebesglürk. 


Mäßig. Aus Meurs am Niederrhein, Loh. Nr. 128°, 











ar 


a ——— — 
—A— —— —— 
— EEE 





Wei-zen auf dem grü-men Feld, wie der Wei-zen auf dem grü-nen Feld. 


2. Mein Glück blüht an jedem Ort: 5. Deine Zähne ſind Elfenbein: 
Schönſter Schatz und ich muß fort. Schönſter Schatz und du biſt mein. 

3. Deine Haar ſind kirſchenſchwarz 6. Deine Wangen find rojenroth: 
Denn du bift und bleibft mein Schatz. Liebe dich bis in den Tod. 

4. Deine Augen find hell und Mar 7. Lauf geſchwind zum Priefter hin, 


Die die Sterne an dem Himmelsfaal. Daß er uns zufammenbring! 
8. Wenn wir dann beifammen fein, 
Wird fi unfer junges Herz erfreun. 


Man beachte die zweimalige — —— im 4. und 6. Takte hier wie auch in voriger 
Melodie. — Der en, des Liedes erinnert an: „Blüh auf, blüh auf du Sommerkorn.“ 
SH In 2. Zeile der folgenden Strophen, wo Silben fehlen, fingt man: fort, ja fort, Schaß, ja 

b.x. 


729%, Bas todtkranke Schäthchen. 


Mäßig langjam. Aus Hildburgbaufen. 
— —— 






Schä + tzi⸗chen, mad mas cheft du? fchlä-feft 0» der wascheft du? „Schla=fe 


Ser —, — 


= 
— — — 





nicht, ich bin fehr krank, werd es nicht mehr machen lang, und der Tod macht mir fo bang. 
34* 


532 


2. Ach du Tod du bittres Kraut, 3. Stirbeft du, fo fterb aud ich, 
Hätt' ich dirs wol zugetraut, Sterb’n wir beide jeliglich ; 
Daß du mir mein Schag wegnimmit, In das Grab ſenkt man uns ein, 
Und mein Herz fo fehr beffemmft ? Weil wir zwei Brautleute fein. 


4. Auf dem Grab da liegt ein Stein, 
Wächſt darauf ein Blümelein; 
Blümelein ift rofenvoth; 

Liebe dich bis in den Tod! 


Aus der Gegend von Ban: Erk I, 4, Nr. 46 und 53, Liederhort Nr. 129. 
Wolff, Halle der Völker IL, 171 (aus dem Ipgrund). Jungbr. 66B aus Thüringen, ftimmt 
mit Erf, Altrh. Märlein &. 131. Mob. 4, 357. Hoffmann, ſchleſ. VL. ©. 167. ittfer 577. 
Erlad 4, 107 (Mob, 4, 357) aus Urach im Mürtembergifchen. — $repichmer II, Nr. 188: Schäße- 
lein, was macheft du! (aus Sadjien). 

Hierher En das Fragment bei Reiffericheid Nr. 43, von unmuſikaliſcher Hand notirt: 
„Auf meinem Grab da liegt * Stein ꝛc.“ 


729%. Bas todtkranke Schäthchen. 


Langſam. BWürtembergifch um 1820. 









Grüß de Gott, herzrtau » fi» ger Echag! Hab id doch bei dir fein Platz, 





us ih doch bei dir fein Pla. 


2. Ei fchläfeft oder wacheſt vu? 6. Sterben ift ein harte Bein, 
Dver haft du deine Yeuglein zu? Wenn zwei verliebet fein. 
3. Ich fchlaf nicht, ich bin krank, 7. Stirbeſt du, ſo ſtirb auch ich, 
Werds nimmer treiben lang. Sterben wir glüdſeliglich. 
4. Geh du mir zum Doftor gſchwindt, 8, Rofen die find rojenrotb, 
Der mir Geſundheit bringt. Und men Schat ift fhon tobt. 
5. Der Doktor ift ſchon da, 9, Auf meinem Grab da fteht ein Stein, 
Der hat dir Gefunpheit bracht. Drauf fteht: Vergiß nicht mein! 


Aus Uhland's Nachlaß, für ihm im dem 1820er Jahren aufgefchrieben. Rotation in Cdur 
war fehr ungenau und langweilig, von Erk etwas zurecht gerüdt. t gebrehlid. — 


730. — Bitte. 


Sanft. Unterlahnkreis u. Limburg. 
E N 


va - been, her ı, Tre 
—— 





Schei⸗den iſt ein har » te —— wo en schen bei ein= an = der 


EEE 


fein, wo zwei ffeinälich» — bei ein-an« der fein. 


























533 


2. Geh nur zum Doktor gefhwind, 6. Geh nur zum Edwald hinein, 
Der uns die Geſundheit bringt. Da wird mein Gräblein fein. 
3. Geh nur zum Pfarrer geſchwind, 7. Auf dem Grabe fteht ein Stein, 

Der uns zujammenbringt. Da wird mein Nam’ drauf fein. 


4. Gelt, du mein Schaß, du beteft für mid 5 —5 JF —— — 


in? 
Wenn id geſtorben bin? 9. Brich fie ab, trag fie heim, :]| 
5. Wie kann ich beten für did, Trag fie in dein Schlaffämmerlein, 
Ich weiß nicht, wo du bift. Daß du nicht ſchläfſt allein. 


Aus Scheidt (im Dillfreid) um 1880. 


731°. Früher Tod der Geliebten. 





E —— 
Auf dem Se da ar 
SchwarzbraundXeuglein, wie die Kosral » Ien: | Sag, Mädchen, wie bift du fo 





(hön ge » flalt, gieichwie die Ro + fen in dem Wald: 


2. Die Rofen blühen, fie müſſen verberben, 
Und der Menſch muß einmal fterben; 
Kommt der Tod, der die Liebe zerbricht, 
Nimmt weg mand ſchönes Angefict. 


3. Auf dem Grabftein, da fann man's leſen: 
Die hier rubt, ift mein Schatz geweſen. 
Jetzt hat fie der Tod dahin gerafft, 

Und mir fo ſchweres Leid gebracht! 


Aus Elberfeld: Erf III, 1, Rr. 20. Ziemlich gleicher Text mit einer Bariante derjelben 
Mel. aus BWeftfalen: Reiffericheid Nr. 30: „Auf dem Waffer ſchwimmt ein Schwan.“ 


* Schwanen, alte Form für den Plural von Schwan, bier aber ded Reims megen für Nom. 
sing. gebraucht. 


73V. Bergänglicdykeit der Liebe. 


Zangjam. 





Co hat Gott die Welt er-fchafr-fen, | ; u; ; , 
An» ders läßt ed fih nicht ma + hen: iſts ein» mal im Her » zem 





drin, fo gehts jo » bald niht aus dem Sinn. 


534 


2. Auf dem Seeda ſchwimmen Shwanen.— 3. Roſen wahjen und verberben 
Schwarzbraun Yeuglein wie Korallen, Und der Menfh muß einmal fterben, 
Mägdlein alfo ſchön geftalt, Kömmt der Tod, die Pieb zerbricht, 


Gleich wie die Rofen in dem Wal, Nimmt weg dein ſchön Angeſicht. 
4, Auf dem Grabftein da kann man's leſen: 
Der da liegt ift mein Schag geweſen, 
Der da liegt in Verweſenheit, 
Vergeß ih nicht in Ewigleit. 


Bom Niederrhein: Krepfchmer IL, Nr. 155. Die Mel. hab ih aus dem dafür ungeſchickten 
. auf 3/4Takt gebracht. Text fehr ähnlich bei Simrod Nr. 144. Aud fo in Oberbeffen Mittler 
. 1036, ohne die Eingangäftrophe. 


731°. Bergänglidjkeit. 


Langſam. Aus der Udermark 1539. 














In dem früh - ling, in dem Gomsmer, ER 
Mensfhen «le + ben hat viel ee Men · ſchen « le · ben das ver» 

















— — ———— = 











geht, als wie die Blümlein auf dem feld. 


2. Es fällt ab und muß verberben, 
Und der Menfh muß einmal fterben; 
Menn im Geift das Licht fällt ab, 
So heißts mit mir: muß fort ins Grab! 


3.9 muß reifen fremde Straßen 
Muß mei'm Schag ein'n Andern laſſen; 
Ab'r ich Hoff, e8 währt nicht lang, 
So kommt der Tod, nimmt uns davon, 


4, Auf meinem Grabftein kann man’s lefen, 
Wer allhier mein Schag gewefen; 
Wer allhier im Staube liegt, 
Den kann mein Herz vergeffen nicht. 


Aud Angermünde in der Udermarf ber von einem Schäfer), aus Golberg (1840) und aus 
dem Odenwald (Großhaufen 1842): Erf II, 3, Rr. 61. 

Wenig anders aus Hohen Saathen bei Derberg 1852. Mit einer Vorſetzſtrophe: „So hat 
Gott die Welt erſchaffen“ Simrod Nr. 144. Auch fo bei Kregfchmer I, Nr. 155. Xert von 3 
Str, verderbt in Schumacher, Hoſchr. 1827, Nr, 13, aud der ee 

Bergl. Ditfurth IL, 83 und 91. Meier 236. Simrod 248. Seckendorf ©. 45 anderes fl. Bl.: 


„Es ift doc feine Greatur 
Die nicht zur Lieb erfhaffen iſt.“ 


Mündlih aud dem Elfaß: An dem Frühling, an dem Sommer x. 


535 


731°, Liebestraum. 


Aus dem Dillfreis und Umgegend v. Shwalbad. 







Wonne: des — Lesben es muß " vergehn, "gleich wie ic bie Blümlein auf dem Feld. 


2. Es muß verblühen, e8 muß verwellen 3. Aufmeinem®rabfteindafannman'slefen, 
Und der Menſch muß einmal fterben. Da drim' ift dein Schat gemwefen; 
Wenn Gott ihm ſpricht das Leben ab, Der da drimmen im Grabe liegt, 

So kommt der Tod, muß fort ins Grab. Den kann mein Herz vergeſſen nicht. 


4. Es wuhfen Blumen auf feinem Grabe, 
Da kam ein Reiter daher gefahren: 
Ah, Reiter, laß doch die Blümlein ftehn, 
Feinsliebchen fol fie felber ſehn! 


Auch mit dem Anfange: Wohl in dem Frühling, wohl in dem Sommer. — Der Schluß 
bier wie in „Drei Lilien zc.” 
In Weftfalen (1885) heißt der Anfang: 
1. 2ottchen, Rottchen, wir woll'n eins trinken, 
Luft und Liebe die muß verfinfen. 
Denn einft die Liebe bei aus und Nadıt 
Hat manchem fhon groß Leid gebracht. 
2. Auf dem See da ſchwimmt ein Schwan ıc. (mie oben bei b). 


732. Bermelkter Myrthenftrauß. 


Ruhig. Umgegend v. Dillenburg 1880 u. aus der Wetterau 1890, 





Mein Schap bat mich ver» fat - fen it Gab» re lang fhen for, mußt 


- I en EEE ME ER EEE EEE — —— a 
Ge ze — — — — 1 —— zer 
ln + Gen Eu inet 7 





2. Er famı zur Abſchiedsſtunde 3. Der Strauf war meine Freude, 
Ganz ſchmuck im Somntagsrod, Er ift mein höchſtes Gut. 
Und thät zum Angedenlen So lang er grün thät bleibn 
Den Myrthenſtock mir ſchenken: So lang er friich thät bleibn, 


„Wenn der blüht, bin ich zurüd!* l: So blieb ih wohlgemuth. :| 


536 


4, Die Myrthen find vermellet, 
Dahin ift all mein Glück: 
Mein Schag hat mir nicht gefchrieben, 
Mein Schatz ift ausgeblieben 
Kehrt nimmermehr zurüd: 
Dahin ift num mein Glüd. 


Eine neuere Variante aud der Wetterau 1890, auf einen Soldatenabfhied bezogen, lautet: 


1. Mein Schap hat mic verlaffen, 3. Mein Schag hat mich verlaffen, 
Mußt fort in heiligen Streit, = meiner nicht gebadht : 
Bor fremde Feindesihaaren ie Mortben, unverdroſſen 
Das deutſche Recht zu wahren: Mit Thränen ſtets begoifen 
|: Freiheit und Einigkeit. :] |: Bei Tag und ftiller Nacht.: 
2. Et fam zur Abſchiedsſtunde 4. Verwelket ſind die Myrthen 
Im ſchmücken Waffentock; Verwelket iſt mein Glück! 
Er thaͤt zum Angedenten Mein Shap bat nicht gefchrieben, 
Ein liebes Pfand mir ſchenken: Mein Schag ift audgeblieben, 


|: Den ſchönſten Mortbenftod. :] I: Kebrt nimmermebr zurüd. :] 


733. Ber fallende Stern. 


1.93 ging im Wald fpazieren, Und als ih fam zum Wald heraus 
Da fiel ein Stern herab. Da ftand ich wohl vor Liebchens Haus. 
Ih thät's im Herzen fpiren, Und als ih kam zur Kammer hinein, 
Der Stern der fiel herab. Da lag fie fhon im Todtenſchrein: 


Der Stern der fiel herab. 
Aus Herborn (Naffauifh) 1880 aus Volkömunde. Mel. nicht gefunden. 


734. Ber Tod des Schahtzes. 


Aus der Rabenau bei Gießen 1847 u, 1852. 





Die Blumen auf dem el» de, fie thun ver» wel» fen: Ges dent, o Menſch an 


— — — — — — — 





dei-nen Tod, daß du, ja du noch ſter-ben thuſt. 


2. Da hilft fein Trauern nicht 4. Sie hat zwei Bäcklein 

Und auch kein Weinen, Sind roſenroth. 

Bis daß der Tod das Herze bricht Sie ſind ſo roth wie Türkenblut, 

So lang laß ich von mei'm Schatz nicht. O weh, o weh, mein Schatz iſt todt! 
3. Sie hat zwei Aeuglein 5. Da droben an dem Grabſtein 

Wohl hell und Mar, Steht es gejchrieben: 


Sie find fo Hell als wie der Schnee Der Todt‘, der in dem Grabe liegt, 
Drum fag id zu meim Schag adje! Der ift men Schat geblieben. 
6, Da droben auf dem Grabftein 
Steht e8 zu leſen: 
Der Todt', der in dem Grabe liegt, 
Der ift mein Schatz geweſen. 


537 


735. Treulieb am Grabe der Geliebten. 


Pangfam. Aus Meurs 1820. 





Schreib un an je» nem Dr» te mit eig- mer Hand die Worste: 





e = wig ih Tier be, fie ru⸗het all» bier.” 


2. Zreu hab ich geſchworen, 4, Denk meiner in der Stille, 
Und hab id} fie verloren, Die in des Grabes Hille. 
So fei nın aud der Tod Uns eint aud der Tod, 
Mein einziger Troft! Mein einziger Troft! 
3. „Und follten deine Füße 5. Streu’ du das Grab mit Blumen, 
Mein'n Grabftein betreten: Gedenk an jene Stunde, 
So [hide nur einen einzigen Mit Rojen und Beilden, 
Seufzer zu mir! Vergißmeinnicht!“ 


Mündlich aus Meurs, Erk I, 3, Nr. 16. Wurde um 1820 — 1840 viel geſungen. Bon 
Str. 3 an wird die Berftorbene tedend eingeführt. 


736. Bie frauernde Braut. 


Aus Rönnebed bei Granfee 1854. 









Ih Ieb=te fonft fo frob und frei, mwuß » te nichts von Bor » gen, 





denn Scherz und Pich war imsmer neu bei je» dem neu-en Mor- gen. 


2.3 fang und fprang, fo freuten ih 5. Mienchen, ſprach er, du bift mein, 


Die Lämmerchen auf der Wiefe, Und dein iſt mein vor allen 
Im ganzen Dorf da nannt man mid |: Mein Herz. das foll ja dein nur fein, 
Die Heine muntre Lieſe. Sonft thut's mir feine gefalln. :| 


6. Da freut ih mich fo inniglich 
3. Denn ad mein Wilhelm war mir gut, Schon zählt ih Tag und Stunden; 


Ih kann es nicht verfchweigen, Die Myrtbe, die ſproß ſchon fo früh 
Er war das allerbefte Blut, Zu meinem Hochzeitstanze, 
Er nannte mich fein Eigen. Die Füße wollten nicht mehr ftehn, 
Sie fhmebten jhon zum Tanze. 
4. Die Mädchen alle fahn auf ihn, 7. Hier fteh ih, Gott, als diefe Braut, 
Die ſchlanke Dörthe dachte Verlaſſen nun und weine: 
Ihn ſchallhaft in ihr Netz zu ziehn, Iſt doch mein Wilhelm auch ſchon todt 


Mein Wilhelm floh und lachte. Hier unter dieſem Steine. 


538 
8. Der Leichenftein fteht trauernd ba, 9. Drum endlich, wenn es Gott gefällt 


Ih knie bier vor ihm nieder, Und mir mein Wunſch gelinget: 
Ich reich ihm meine Hände bar, Dann nimmt er mid aus diefer Welt 
Reicht‘ er mir feine wieder! Zu meinem Wilhelm hinne. 


737. Entfhmundenes Glürk. 


Mäfig langfam. Mehrfach mündlich aus dem Raffauifchen und Oberheſſen 1880 — 1890. 






Einf lebt ih fo glüd-fih, end lebt ih fo froh, da 





Andere Pesart, 
MWebhmütbia. Aus Dberbeifen (Butzbachj und vom Rbein. 


— — e 


Eint war ib fo glükslih, einſt war ib fo froh, dert 




























7 — 
Ab anregt GR L 
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wohn » te mein Lieb⸗chen in dem Hütt-hen von Stroh. 


2. Dort wohnte mein Yiebchen, 4. Da ſtand'ſt du vor dem Feuſter 
Dort blühte mein Glück; Und fhauteft zu mir, 
D felige Stunden, Dann fprahft du, liebes Mädchen, 
Bann kehrt ihr zurüd? Bon Liebe zu mir. 

3. Frühmorgens wenn die Sonne 5. Ach Mädchen, du warft meine, 
Dur den Nebel ſich drüdt, Du warft mir getreu, 
Da ſaß ih in der Laube Schnell flogen die Stunden 
Und fpielte mein Stüd. Der Liebe vorbei. 


6. Du wohnft nicht mehr drüben, 
Im Hütthen von Stroh: 
Und ich werde nicht mehr glüdlid 
Und ich werbe nicht froh. 


Bielfah mündlich aus Heflen-Naffau und vom Rhein 1880—1890. Ebenſo 
im Elfaß aus einem um 1860 gefchriebenen Lieverheft. — Zurmühlen ©. 35. — 
K. Beder, Rheiniſcher VBolkslieverbom 1892, Nr. 160. — Tert auch 1879 von 
Bergleuten bei Barſinghauſen (Hannöverifh) durch Erk aufgefchrieben. 


Varianten: 3. Des Morgend wenn die Sonne dur den Nebel ſich zieht, dann ſaß ih 
in der Laube und fpielte ein Lied. — Der: Wenn früb aud dem Nebel die Sonne fih erhob, 
da fang ich fo zitternd ein fröhliches Lob. — 4. Einft faß in der Laube, einft ſaß ich unterm 
Build, da fam mein liches Mädchen und gab mir einen Auß. — 6. Ah Mädchen, du bift fpröde, 
dein Fenſter ift leer: Jetzt leb ich nicht mehr glüdlich, frob bin ich nicht mehr. 

* Die oberen Noten vorm Schluß der 2. Mel. werden beim erften mal, die unteren bei ber 
Wiederholung gefungen. 





539 
738. Liebchens Grabmal. 


Schufter, fiebenb. BR. 41 B. 





bui » ben Wensfter bin » ouß. 


1.36 ſchmiß zwo äddle Ruiſen 4. Wat ſtieht ze ſeinge' laͤwe Söckten? 
Zum huihen Fenfter hinouß. Dö ſtohn zwee Biemcher zört. 
Ih hatt meing Herzgeläwterchen tröfen, Doat ten dont driet dä Maſchket, 
Dat et jö ſterwe moßt. Doat vander dä Nägeltſcher. 

2. Woor foal em et na begröwen? 5. Wat ftieht ze ſeinge laͤwe Föſſen? 
U feinges Gruißvöters fd Gräm. Dd fprängt e Brännden kaͤl; 
Bat foal af ki ve Graͤw woaflen? Doat dielt fih än zwee Fleeslker, 
Völ Däfteln uh Ruiſekrockt. Dä driewen zwee Milleräv. 

3. Wat flieht ze feinge läwen Hiewden? 6. Doat ien doat mehlt dä Maſchlet, 
Dd ftieht ien gäldä' Shräft. Doat vander de Nägeltiher. 

Wat flieht dorä’ gefchriewen? Di Maſchkät doocht ſich ſöſſer 
„Dä größte Troa äm Häus.“ DE Nägeltſcher noach vil gäts. 
Ueberſetzung: 

1. Ich I zwei edle Roſen 4. Was ſteht zu ſeinen lieben Seiten? 
um hohen Fenſter hinaus, Da ſtehn zwei Bäumlein zart, 
ch hatt! mein Herzliebchen getroffen, Das eine trägt Muskaten, 

Daß es ja fterben mußt. Das andere Rägelein. 

2. Wohin foll man ed nun begraben? 5. Was fteht zu feinen lieben Füßen? 
In jeined Großvaters fein Grab. Da fpringt ein Brünnlein kalt, 
Was fol aus feinem Grabe wachen? Das theilt fih in ie Flüßchen, 
Biel Difteln und Rofenfträud. Die treiben zwei Mühlenrad. 

3. Bad fteht zu feinen lieben Häupten? (Kopfe.) 6. Das eine mahlt Muskaten, 

Da fteht ein goldne Schrift. Das andıe Nägelein. 
Was fteht daran gefchrieben? Die Muskat daͤucht fich fühe, 
„Die größte Treu im Haus!” Die Räglein noch viel mehr. 


Son se au Volkslied. Mel. und Tert bei W. Schufter, fiebenb. Bolkälieder Nr. 41. 
Zert en bei Hulker, Gedichte in fiebend. Mundart. Hermannftadt 1840. Daher Firmenich, 


Boͤlke 

Das bis —* r art, märdhenbaft und dunkel. Unverftändlich bleibt das Sterben durch Rofen- 
er i = ur Inhalt ift nur Dariante zu: „Bei meined Buhlen Haupte x.” (Wundergarten 
er Liebe 


73%. Bas Liebchen im Grabe. 
Mel.: Dort finket die Sonne im Werften. 
Mündlih aus —— um 1850, 











2 — — — — 
Ich ha⸗ be den Frühling ger feh«en, ih ba» be die Blu-men be» — der 




















ti 2 | = 
NE 7 BEDESEE en BP EEE 
Hört ihr die Slo-de, fie läutet zur Ruh! Läu » te ja Täuste nur 
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* 4 — Se | 





zu —, läu-te zur fe» lis gen Rub! 

2. Der lieblihe Lenz ift verſchwunden, 4. Dort liegt fie mit Erde bevedet 
Die Blumen find alle verblüht: Und Rofen blühn auf ihr'm Grab. 
In's Grab ift mein Liebchen gefunfen, Und könnt ich fie wieder ermeden, 
Berftummet der Nachtigall Lied. Die einftens die Roje mir gab! 

Hört ihr die Glode x. Hört ihr die Glocke xc. 

3. Der Frühling er kehret einft wieder, 5.D Bater, o Bater dort oben, 
Die Blumen blühn all wieder auf, Du fieheft von oben herab. 

Die Nachtigall fingt ihre Lieder: Und alles, was lebet auf Erven, 
Mein Liebchen — wacht nicht wieder auf. Das findet von felber fein Grab. 
Hört ihr die Glode :c. Hört ihr die Glode x. 


Zert a) nad einem fl. Bl., gedr. zu Schönchel bei a b) Fl. Bl. 0. O. u. J. 
(um 1830—1840). ce) Handſchriftl. Liederb. eines Soldaten (1850). Die Melodie mündlich 
aus Thüringen um 1850. Sie gebörte urfprünglih zum Lied „Dort finfet die Sonne im 
Weften;“ von dieſem Zerte ift auch der Refrain herübergenommen. Bei Sildyer (11. Heft, 
Nr. 2) ift der Tert überarbeitet (blod 1—3 bier ähnlich) und die Melodie dazu von Silcher kom» 
ponirt. — Bei Mündel, Elf. DL. Nr. 125 blos die Anfangeftropbe und daran gefept Strophen 
aus dem Liede „Ah Mädchen nur einen Blid.” — 

Das Lied mag um 1830 entftanden fein, war erft volfäthümliches Kunftlied, das fehr viel 
Berbreitung Sn und vom Volke vom Elſaß bis Pommern zurecht gefungen, aber auch zerfungen 
wurde, wie folgende Lesarten darthun. 


739, Bas Liebchen im Grabe. 


Erfte Melopie. 
Langſam. Aus der Wetterau 1890. 


Emmen rennen: 
— — zu u u. Gy 
ch 


Zr 4 
Ih ba» be den Frühling ge »fch-en, id ba » be die Blusmen ge» grüßt, 


























———— _ IM] EAST _ >= CHE 
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Ai 2 2 Ai 14 7 Fa u. _ — Dre ı 





die Nachtigall im Stillen be» lau-fhet und ein himm⸗li-ſches Mädchen ge - küft. 


Zweite Melovie. 
Rheinländisch (Bedker, Rhein. Volksl. Nr. 158). 1892, 
* 












Ich ba» be den Frühling ge-ſeh- en, ih ba » be die Blu⸗men be» grüßt, 





541 


Dritte Melodie. 


Brandenburgifch (Granfee 1854). 






Ih babe den Frühling ge » feh» en, ih ha⸗be die Blumen be» grüßt, die 








——8 — 
LI oo 7 ) 0 FIT 2 a Zn 77 
U © TEEEREN (REEN TEE! „SEEN kr — suieir Hier rzmeep“ BEN BECGEEN VE 
IF MED F_ ———— EBENE 9° ji BEN U GEHEN 7° BEE, 7° a u 


Rad «ti» gallim Stillen be» lau » jet, ein himm⸗li-ſches Mädschen ge » küßt. 










Bierte Melodie. 
Rubig. Aus Pommern (Alt-Storten) Feftgabe an Erf 1876, 











Bu 
—— — 
ICCOAVCCOCCOACCCCOCCCCCDCCCCCX 
——— — V 


Rah» tie gall Stim⸗me be » lau ſchet, ein himm⸗li-ſches Mädshen ge = küßt. 


2. Der lieblihe Lenz ift verſchwunden, 4. Dort liegt fie bei vielen Millionen, 
Die Blumen find alle verblüht: Sie ift ja fo weit von mir entfernt, 
In das Grab ift mein Liebchen gefunten, Geſchmücket vielen Kronen 
Und verftummet der Nachtigall ihr Pie. Emig, ewig im himmlischen Zelt. 


3. Dort liegt fie mit Erbe bevedet, 5. Der lieblihe Lenz kehret wieder, 
Rojen blühen auf ihrem Grab. Die Blumen blühn all wieder auf, 
Ah könnt ich fie Doch wieder erweden, Die Nachtigall ftimmt frohe Lieder 
Die einftens die Roſe mir gab! Und mein Liebchen das wacht nimmer auf. 


6. Was ift Doch der Menſch hier auf Erden, 
Wie eine Blume fo fällt er ab: 
Da kommt ein vauher Wind gezogen, 
Und ftürzt uns alle in das Grab. 


Bielfah mündlih: aus dem Naffauifhen, Oberheſſen und der Wetterau, Odenwald, dem Rhein- 
lande, Brandenburg und Pommern. 


Varianten unweſentlich. Gewöhnlich fingt man blos 1., 2. und 5. Str., was vollftändig 
enügt. — Die 3. Str. beißt ın Pommern: „Und kehret der Frühling auch wieder, die Blumen 
e blühen mir nicht; die Nachtigall fingt ihre Lieder: mein Mädchen, ach! böret fie nicht. — Ger 

mwöhnlih wird nad der 3, noch folgende Strophe eingejchoben: 


„Ad Vater, ach Pater da droben 

Du haft mir mein Liebchen geraubt, 
Es giebt ja der Mädchen noch viele, 
Aber keine ift für mich jo gebaut.“ 


542 


740. Brei £ilien. 


Aus Thüringen und Sachſen 1850 ; aus Heidelberg 1833 
Mäßig. (mie die untern Roten). 





| | | | Ak 










— I 
fam ein folezer Meister und bradh fie ab. Juspis beirtasfar far fa, jur Bin 





peiera» fa + farfa; da tam ein flol-zer Mei-ter und brach fie ab. 
2. Ach Reitersmann, ad Reitersmann, 3. Und ſterbe ich noch heute, 


Laß doch die Lilien ſtehn, So bin ich morgen todt, 

Sie ſoll ja mein Feinsliebchen Dann begraben mich die Leute 
Noch einmal ſehn. Ums Morgenroth. 
Juviheiraſaſaſa Juviheiraſaſaſa 
Juvivallerallera! Juvivallerallera, 

Die ſoll ja mein Feinsliebchen Dann begraben mich die Leute 
Noch einmal ſehn. Ums Morgemoth. 


Text und Mel. bier aus Thüringen und Sachſen (mir um 1850 bekannt); auch in Schwaben, 
am Rhein und in DOber- und Nieberbeffen gekannt und noch viel — Gleichlautende No⸗ 
tation ſiehe W. Wedemann, Volkél. 4. Heft, 1864, Nr. 27. eier, ſchwaͤb. BR. Nr. 205. 
Etwas abweichend Schauenburg's Commerebuch 1888. J. Lewalter I, 13, K. Becker Nr. 49. — 

Der myſtiſche Text von 3 Strophen iſt aus Bruchftüden anderer, ſehr alter Liedet zuſammen ⸗ 
gefegt, und zwar aus dem Schluß des Jägerliedes „ES blied ein Jäger ıc.”, J. Bd. ©. 54, daher 
au die Melodie übertragen worden ift, deren Refrain recht an Jagdluſt gemahnt, aber zum 
melandolifchen Texte bier fih wenig fhidt. Die Schlufftr. kommt auch im Lied vom verwundeten 
Knaben vor (f. L Br. ©. 342). 

Das Lilienlied fcheint erft um 1830 als befondered Lied aus alten Fragmenten entftanden 
zu fein, und wurde ya von Studenten in Heidelberg, Jena, Göttingen gefungen. 

——— tudenten 1833 ſangen das Lied nach Mittheilungen von Dr. Klävemann 
wie folgt: 


1. Es blies ein junger Jäger wohl in ſein Jägerhorn, und alles was er blies, das war 
verlorn. Mit — fa, juvallerallera, und alles was er blies dad war verlorn. 

2. Und ſterbe ich noch heute, fo bin ich morgen todt, dann begraben mich die Leute beim 
Morgenroth. 
— ra Lilien, drei Lilien die wuchfen auf ihrem Grab, da fam ein ftolger Reiter und 
rach fie ab. 

4. Ach Reiter, ad Reiter, laß doch die Lilien ftehn! Die foll mein Herzallerliebfter noch 
einmal ſehn. 


An der Einleitung bier fehen wir noch den —— mit dem alten Jagerliede. Dieſe 
ließ man weg und behielt obige 3 Stropben, deren Folge man verbrebte, aber nicht befferte. 

Unter den Barianten find folgende zwei fehr verbreitet und den an fi ſchon dunkeln Zert 
bis zum Unfinn entftellend: 1,2 die pflanzt ih auf mein (ftatt ein oder ihr) Grab. 3,4 ins 
Morgenrotb, ftatt beim oder ums Morgenrotb. — 


» Blübende Blumen auf den Gräbern früb Verftorbener werden am Schluſſe zablreider 
Lieder erwähnt. Nah altem Volksglauben gingen die Seelen der Abgeichiedenen Lieben in Blumen 
(in Lilien) über, welde darum Riemand abbrechen durfte. 


543 


741. Nitters Abſchied. 


Lochheimer Lob. 1452—60, Nr. 8. 





Ich fahr dahin, wann ed muß fein, ich fcheid mid von der Rich ⸗ſten 









mein, zur Letz laß ih dad Her-ze mein, die-weil ih leb; fo ſoll es 





fein, Ich fahr dahin, ih fahr da- hin! 





1.9 fahr dahin, wann e8 muß fein, 3. Daß ih von Scheiden nie hört fag'n! 
Ih ſcheid mid von der Liebften mein. Davon jo muß ich mid beflagn; 


Zuleg laß ich das Herze mein, So muß ich Leid in meim Herzen tragn, 
Dieweil ih Ieb; fo foll es fein. So mag e8 anders nit gefein. 
Ih fahr dahin, id fahr dahin. Ih fahr dahin, ich fahr dahin. 


2. Das fag ich (ihr umd) Niemand meh: 4. Ich bitt dich, liebſte Fraue mein, 
Meim Herzen geſchach noch nie jo weh; Wann id di mein und anders kein, 


Sie liebet mir je länger je mehr. Wann ich dir gib mein Lieb allein, 
Durh Meiden muß ich leiden Pein. Gedenk, daß ich dein eigen bin! 
Ih fahr dahin, ih fahr dahin. Ih fahr dahin, ich fahr dahin. 


5. Halt (du) dein Treu fo ftet als ich! 
Wie du wilt, fo findeft du mid. 
Halt did in Hut! das bitt id did. 
Geſegen dich Gott! ich fahr dahin, 

Ich fahr dahin, ih fahr dahin. 


Mel. und Zert bandfhriftlic im Lochheimer Lob. (1452—1460) Nr. 8. Ausgabe von Arnold 
und Bellermann ©. 103. Die verwilderte Drtbograpbie ift bier — und die Melodie verein⸗ 
* Zuerft wurde die Mel. mit erſter Strophe veröffentlicht von J. U. Hoffmann in 4 Minne- 
iedern aus diefer Hdfchr. 1826, dann bei Krepichmer, Voltdl. 1840, I, Nr. 269. — Fr. Silcher 
(Heft 4 Nr. 5) giebt fie zuerft für 4 Männerftimmen harmonifirt, mit einer Zujaßftrophe von 
9. Kurz. Mit diefer Zufapftropbe trifft man das Lied in allen Männergefangbeften und die Mel. 
fo redigirt wie oben. — 

Das Driginal der Notation bat leider weder Schlüffel noch Taktart vorgezeichnet. Es bleibt 
daher einiger Zweifel, ob man Disekantſchlüſſel oder Tenorfhlüffel leſen foll, und ob demgemäß 
die Tonart ionifch oder doriſch (auf g verfept) ſei. Man bat * jedoch meiſt für das 
ioniſch entſchieden; nur P. Druffel, deutſche Lieder des 15. und 16. Jahrh. hat doriſch vorgezogen. 
Erf war auch dafür, hat aber nach allen Verſuchen zuletzt in feiner Bearbeitung Liedertafel auch 
jonifh gewählt. — Auh die Taktart gegen das Ende hin ift zweifelhaft. Sept man Gtride 
an die 3 ftörenden Noten unter *, fo ift der Taft glatt. Dder man betrachte Diele 3 Roten ale 


544 


Tafterweiterung (9/,), auch gut. Werner liegt es, zum Taktwechſel N geiten, wie Amold (Boltäl. 
2. Heft Nr. 10) getban. Punkte anfepen, was A: geſchehen, ift ja 

Das Abſchiedélied des Ritters erfuhr im 15. ee folgende intise Umdichtung in 
der Pfullinger Hoſcht. (Abdr. WE. 1843, Nr. 132 


Ih var zu dir, ei rein, 
Und bitt dich vmb bein findli Klein, 


far, id * dahin. 
gefällt mir, 


Zu dir fer ich mein * ein, 


Du biſt der fünder tro 


allein. 


Ih var zu dir, Maria rein, 


Erklärung: 1, 1 wann = denn, jo auch in Str. 4. 

1, 4 dieweil, die Zeit (jo lang ich lebe). 
* der geiſtlichen Umbichtung heißen: Ich fahr dabin, ih fahr dabin. 
‚ 1 Die eingeflammerten Worte nicht in der Handichrift. 


pam —8— eichent. 


72. 


1, 3 zur —* zum Abſchiede, 
1,5 Der 
Das — hat: 





Schweres Scheiden. 


(„Die Tageweife.“] 


solisch. 


Mel. bei Dit 1534 Nr. 20— 24. 




















BE 


Ih ftund an eienem Morgen beim » lich an ei » 








nem Ort, de bätt ib mid ver 





bor-gen, ich bort Mägeli » de Wort 





ftund bei feirnem Bub » 


‚IH ftund an einem Morgen 
Heimlih an einem Drt, 

Da hätt! ich mich verborgen, 

Ich hört Mäglihe Wort 

Bon einem Fräulein hübſch und fein, 
Das ftund bei feinem Buhlen: 
Es mußt geſchieden fein. 
.„Herzlieb, ich hab vernummen 

Du wöllft von binnen fdier, 
Wenn willft du wiedertummen? 
Das follt du fagen mir.‘ 

„Run merk, feins Lieb, was ich Dir fag! 
Mein Zukunft thuft mich fragen: 
Weiß weder Zeit noh Tag.” 

. Das Fräulein weinet fehre 

Sein Herz was Unmuths voll: 
‚So gieb mir Weiſ' und Lehre, 
Wie ih mich halten fol! 

Für dich fo fe ih all mein Hab, 
Und willft du bier beleiben, 

Ich verzehr dich Jahr und Tag.‘ 


len, es mußt ge » fchie » den fein. 


don ei« nem Fräuslein bübfch und fein, dad 





4, Der Knab der ſprach aus Muthe: 
„Dein Willen ih wol ſpür; 
Berzehrten wir dein Gute, 

Ein Jahr war bald hinfür, 
Darnah müßt es geſchieden jein; 
Ih will did freundlich bitten: 
Set deinen Willen drein!“ 

5. Das Fräulein das ſchrie, Morde! 
Mord über alles Leid! 

Mich kränken deine Worte, 
Herzlieb, nit von mir ſcheid! 

Für dich da fer ih Gut und Ehr, 
Und ſollt ih mit Dir ziehen, 

Kein Weg wär mir zu ſchwer.“ — 

6. Der Knab der ſprach mit Züchten: 
„Mein Schag ob allem Gut, 

Ih will did freundlich bitten, 
Schlag folh8 aus deinem Muth! 
Gedenk mehr an die freunde dein, 
Die dir fein Arges trauen 

Und täglich bei dir fein!“ 


ebrverd muß ana: 


‚3 liche, 





545 


7. Da kehrt er ihr den Ruden, 
Und ſprach nit mehr zu ihr. 
Das Fräulein thät ih ſchmucken 
In einen Winkel ſchier 
Und weinet, daß fie ſchier vergieng; 
Das hat ein Schreiber gefungen, 
Wie's einem Fräulein gieng. 


Das war das berühmtefte aller Abfchiedslieder im 15.—17. Jahrhundert. Schon 1480 war 
es befannt, da um diefe Zeit Prater geliz Faber im Ton diefer Tagemweite ein Lied dichtete „Bon 
den Bilgern der heiligen Statt.” — Bom Tübinger Prof. Heinr. Bebel wurde ed um 1506 ind 
Latein überfegt, um es den Humaniften mundgerecht zu machen und fo in deſſen Schwänke (Face- 
tiae) aufgenommen ald: Vulgaris cantio: i De an einem morgen ıc. per Henricum Bebe- 
lium, in carmen latinum redacta Bebelii Facet. Amsterd. 1660 p. 379. (Auch in andern 
Audg. Lipsia 1600 ©. 283.) 


Weltlihe Terte fteben: Bergkreyen 1536 Rr. 25, fl. Bl. aus derfelben Zeit flimmt genau 
iu den Bergkreyen. (Daber Gödeke-Tittmann ©. 91.) Außerdem in allen Mufitbühern, wo die 
J ge Er (f. unten). Nach den beften Quellen Ubland Nr. 70. Wir geben den Tert nad) 

A 1534. 


Die Melodie: a) J. Dit, 1534, Nr. 22—26 mit Tonfägen von 2. Senfl. Die befte 
Lesart. b) Kleber, Orgeltab. 1515—1524 fol. 148, Tonſatz von Senfl. Stimmt bid auf eine 
Note mit a. — ce) Gaftenhawerlin 1535 Nr. 14, Tonſatz von M. Greiter. d) Find 1536, Nr. 12, 
etwas melodifch abweichend. e) H. Iſaat's Tonjag bei J. Ott 1544, Nr. 73 (fehr abweichend). 
f) Wieder ein Tonſatz von Senfl bei Dit 1544, Nr. 108, wenig anders ald a. g) Bieinia, 
Wittenb. 1545. h) Kotenbucher, Bergkreyen 1551. i) Fragment bei Schmelgel 1544, Quodl. 6, 
Niederländifh in: Souterliedekens 1540, Nr. 27: Ick ghinck al ghister avont so hemelije 
op een ort. Gine Variante der Melodie zu „Helft mir Gotts Güte preifen“ bei Vulpius 1609: 
a|checdje a. Wieder abweichend zum Todesliede in Wolder's Gſgb. 1598. 

Das Lied erfcheint vielfah in geiftliher Umdichtung; a) Schon ein fl. Bl. um 1500 

edrudt zu Et er dem tod, eim geiftlich lied zu fingen. WE. IL, 1297. Wiederholt 

4. Bl. um 1518 f. WE. Nr. 1296. Vulpius Gigb. 1009. Noch fpäter gedrudt Im Anbang 
u: Pſalmen Davids... Herborn, in der Grafibaft Naſſaw. 1622. Erfurter Gefangb. 1648: 
Boiegefpräg zwifchen dem Tod und einem jungen Manne: 


Ich ftund an einem Morgen Bon einem jungen ſtolzen Mann, 
Heimlih an einem Drt, Der Tod der fam gefchlichen, 
Da hätt ich mich verborgen Greif ihn gewaltig an. 


Ich hört Mägliche Wort 


b) Andere Umdichtung um 1518: WE. II, 1296: „Ich ftund in großen forgen.” — e) (Bom 
Sündenfall). — Zwiegefpräd — Adam und Eva, fl. DI. "Fünf anderlefene Genftliche Lie- 
der... Gedr. zu Marpurg 1565. Abdr. bei Gödele-Tittmann ©. 247: „Ich fund an einem 
morgen ꝛxc. (4 deiten wie oben) „Die Heva klagt ir grobe Not, der Adam thut fie tröften mit 
Gottes beilgem Wort.“ Dasſelbe niederdeutfh: WER. Nr. 677. d) zrischäd zwijchen Leib und 
Seele 1528, aus Brentano’ Hoſcht. bei Hoffmann, Geſch. des AL. Nr. 224. e) Zwiegefpräch 
zwifchen Gott und dem Menfchen bei Anauft 1571. Abdr. WE. Nr. 676. 

Auch zu biftorifchen Liedern dienen die Verfe des weltlichen Abſchiedsliedes. 

Unfer Lied, eins der älteften Scheidelieder, deffen Ton in Liederbühern „die Tageweiſe“ 
— fann und davon überzeugen: daß die Abſchiedslieder aus Tageliedern entſtanden 
nd. 


T 1, 4 Mlagende Worte. 1, 6 Variante bei Dit Nr. 22: Das fprad zu ihrem Buhlen. 
2,6 Du fragft nach meiner Wiederkunft, Rüdlebr. 3,5 für dich feg ich daran, gebe bin, alles 
was id beige. 3, 7 verzehren = für Jemand die Zehrung, den Unterhalt bejorgen; ich werde 
dich ernähren, wenn du da bleiben will. 4, 1 aus Muth, mit gutem Bedacht, nach Ueberlegung 
4, 4 binfür, vorüber. 5, 7 Ubland bat ftatt zu fehwer, zu ferr = zu fern, zu weit. 6, 4 Muth, 
Sinn. 6,5 —* nicht deine Verwandten (Vater und Mutter) und bleibe bei ihnen. 7,1 Den 
Rüden kehren in der Bedeutung: er riß fih von ihr lod. 7, 3 fchmuden, ſchmiegen. 





Erf u. Böhme, Piederhort. II. 35 


546 


743°, Abſchied von Innsbrurk, 
a) Melodie nad dem Driginal. 


Forſter, L 1539. 











Inns ⸗ bruck, ich muß dich Taf» fen, id fabr da» bin mein Stra-fen in 





frem»de Land da » bin. Mein Freud ift mir ge- nommen, die ih nitweiß be-fom- 





b) Diefelbe Melodie im volfsthümlihen Rhythmus dargeftellt v. B. 









DEeSZ==i=EESS 


frem»de Sand da» bin. Mein Freud ift mir ge» nommen, die ih nit weiß be 





fomsmen, wo ih in E—lend bin. 


1. Innsbrud, ich muß did lafjen, 2. Groß Leid muß ich ertragen, 
Ih fahr dahin mein Strafen Das ih allein thu Hagen 
In fremde Land dahin. Dem liebiten Buhlen mein. 
Mein Freud ift mir genommen, Ah Lieb, nun laß mih Armen 
Die ih nit weiß befommen, Im Herzen dein erwarmen, 
Wo ih in Elend bin. Daß ih muß dannen fein. 


3. Mein Troft ob allen Weiben, 
Dein thu ich ewig bleiben, 
Stet, treu, der Ehren frumm. 
Nun muß did Gott bewahren 
In aller Tugend fparen, 

Bis daß ih wiederfumm. 


Mel. und Tert bei Forſter, Friſche Liedlein I, 1539, Nr. 31, dort die Mel. im Discant. 
Daber der Text bier und bei Uhland 69A. — 

Mit folgender Zufagftropbe auf einem fl. Bl., Nürnberg, Fr. Gutfnecht (zwijchen 1554— 1580) 
en einem vergl. Augsb. duich Mid. Manger um 1570, ebenjo im Ambrafer Ep. 
158 t. 128, 


„Ah Fräulein, du folt nit weinen, Ich will did nit aufgeben, 
Du bit doch nit alleine ; Dieweil ih hab dad Leben, 
Nimm dir ein ringen Mut! Hätt ich des Kaiſers Gut. 





547 


Noch mehr Zuwachs nach Volkäliederart bringt nachfolgender Text. 

Als Harmonift der Melodie ift Heinrich Traat genannt. Diefer war vor 1492 Kapell- 
meifter an der Johanniskirche zu Florenz, Lehrer ded Prinzen Lorenz von Medici und faiferlicher 
Geſchäftsträger an genanntem Hofe, fpäter in Wien Stapellmeifter des Kaiferd Marimilian (+ 1519). 
Da Iſaak in diefem Amte ftarb, jo mag fein Todesjahr fpäteftend 1518 fein. Wahrfcheinlih war 
Iſaat ſelbſt der wirkliche Komponift (nicht blos der Harmonift) diefer ſchönen Abſchiedsmelodie, mit wel- 
cher er ein umvergängliched Denkmal ſich gefegt hat. — Den Zert für ein Handwerfsburfchenlied 
zu balten, ift grundlos: die höfiſche Sprache darin weift auf einen Hofes oder Kunftdichter. — Es 

ebt die Sage, Kaifer Marimilian, der fo oft und gern in Inndbrud ſich aufbielt, hätte felbft dies 
Abſchiedslied gedichtet und fein Kapellmeifter Iſaak es komponitt. — 

Das Lied mit feiner herrlichen Melodie ftammt jedenfalld aus dem Ende des 15. Jahrhun⸗ 
dertd und war fhon 1505 fo belicht, daß auf feine Weife ein geiftliches Lied gedichtet wurde. 
zum er im Mündyner Cod. germ. 808 vom Jahr 1505 und fein Anfang lautet nad 

. I, 1020: 


„Brolich fo wil ich fingen Maria wardt geboren 
Ich hoff mir fol gelingen, Don wer Anna außerforen, 
So ichs will heben an: Bon Joahim der heilig man. 


Ueberfhrift: Ein liedlein von fanndt Anna vnd Joachim. In dem thon Inſpruck ich muß 
dich laſſen. — 
ac) der Reformation wurde die Singweife zu mehreren geiftlichen Dichtungen benupt. Zu- 
nächſt gabs eine geiftlihe Umdichtung von dem ev. Pfarrer J. Heß (+ 1547 in Breslau), die 
lange beliebt war und zu Begräbniffen und Hinrichtungen vom Volke gefungen wurde: 


D Welt ih muß dich laffen, Mein Geift muß ich aufgeben, 
Ich fahr dahin mein Straßen Dazu mein Leib und Leben 
Ind ewig Baterland, Segen in Gottes gnädig Hand. 


Mit diefem Texte ging die Melodie in die en. Kirchengefangbücer über. Später (im 
17. Jabrb.) fang Paul Gerhard nach diefer Weife fein Abendlied: Nun ruben alle Wälder. 
Unter diefem Namen lebt die Melodie noch jegt, freilich ihres alten Rhythmus entkleidet, im evan- 
gel. Kirchengeſang und werden hunderte von Liedern nad ibr gefungen. 

Selbft in den fatbol. Kirchengefang (f. Bäumker L, Rr. 407) fand fie Eingang und zwar in 
neueren Geſangbüchern zu dem Saframentsliede: 


D allerhöchſte Speife Thu und den Hunger ftillen, 
Auf diefer Lebensreiſe, Mit deiner Gnad erfüllen, 
Wahrhaftes Himmeläbrot, Und retten von dem Tod. 


Ein Stüd deutichen Lebens, deutſcher Gefühleinnigkeit muß diefer fanften jonifchen Weiſe 
innewohnen, daß fie 5 Jahrhunderte durdylebte und immer noch als Choral gern gefungen wird. 
©. Bad foll ſich dahin ausgeſprochen haben: er wolle für diefe einzige Melodie, wenn er fie er 
funden hätte jein beftes Werk bingeben. (Allgem. Kirchenzeitung 1836 ©. 51). Ebenjo foll Mo- 
zart fih geäußert haben (ſ. Tucher, Schap des ev. Kirchengefanges 1840, ©. 1). — 


T Erklärung: 1,1 In alten Hdichr. und Druden gewöhnlib Jobruck, Ißbruck, fo 
au bei Forfter. Das ift bayriſche Mundart. Schmeller 1, 70: Der In (3”.), der Innfluß, in 
älterer Orthographie gewöhnlih Yhn, Dn, womit die Ausfprache J” übereinftimmt. 1,1 laßen 
(mbd. läzen) entipricdyt mehr dem Reime; Straßen. 1,5 die ich nicht zu erlangen weiß. 
1, 6 Elend, mbd. daz ellende, Leben in der Fremde (Grimm, Gram. 3, Aufl. 385). Sinn alfo: 
wo ich fern von der Heimatb bin. 2, 3 der Herzallerliebften mein. 2, 6 dannen, mbd. dannen, 
von da, nämlich von Innsbruck. 3,5 fparen, erbalten. 


TAB’, Abfihied, 


(Umbildung ded voranftehenden Liedes.) 


1. Junsbruch, ih muß did laflen, 2. So fahr ich über die Heiden, 
Ih fahr dahin mein Straßen, Bon meim Buhlen muß ich fcheiden, 
Iſt wider meinen Dant. Seh hinter mid zurüd, 
Der mir mein Buhln bat gnommen, Ich werf mich did herumme, 
Den halt ih nit für einen Frommen, Bis ich wieder zu dir kumme, 
Das Jahr ift mir zu lang. Und wünſch dir, Feinslieb, Glüd! 


35* 





548 


3. Das Mägplein jprah mit Schmerzen: 4. Der Knab der ftund alleine; 


‚DO web, o weh! meins Herzen, „Veinslieb, du follt nit weinen, 
Daß ih dich muß fahren lan! Sollt haben ein leichten Mut. 
Hab ih in all mein Tagen, Ich will did nit aufgeben 
Kein Menſch nit lieber gehabet Dieweil ih hab das Leben, 
Denn dich, Herzlieb allein.‘ Und hätt ich Kaiſers Gut! 


5.„ Damit ſcheid ih von dannen; 
Maria und St. Amen 
Möllen mir behülflich fein 
In allen meinen Dingen, 
Daß fie mir nit mißlingen. 
Gott b'hüt mir die jhönfte Kaiferin !“ 


Heidelb. Hdichr. 343 Bl. 1076. Görred 123. Uhland 69B. Str. 1,1 Statt „Jeprugfh“ 
lieſt Görres „Zurüd!“ Auch diefer Tert, befonderd der Schluß erinnert an den höfiſchen Gefang. 


743°, Abſchied nom Liebchen. 


Leonh. Lechner 1577. 





— = 





Her» zen Pein. Wie könnts mir üb» ler  gfalelen, denn fo die Liebſt ob 











A + Ten von mir fo muß ge» fhei = det fein 
2. Die Treu ich oft bevente, 3. Ihr Auglein mich erfreuten, 
Mein Herz in Trauren jente, Wann id fie ſäh zu Zeiten; 
Wenn ih es recht betracht, Doch alte Lieb roft nidt. 
Mid freut nichts auf der Erden: Das tröft mih ab meim Schmerzen, 
Wann fie mir nur möcht werben, Sie dent noch mein im Herzen, 


Mein Herz vergieng fein Ohnemacht. Wie denn von mir täglih geſchicht. 


Ein Seitenftüf zu: Innsbruck ich muß dich faffen. Mel. diefelbe wie der Discant in Iſaal's 
Zonfag bei Forſter. Tert ift freie Nachbildung. 

Quelle: „Der ander Teyl Newer Teutfcher Lieder au drey Stimmen... Durch Leonardum 
Lechnerum Atbefinum (aus dem Etichland) Componiert. NRümb. 1577, Nr. 16. — Ein fpäterer 
Drud beißt: „Der erft vnd ander Theil Der Teutfchen PVillanellen Leonardi Lechneri . .. Nürnb. 
1590. (Damadı bier.) 

Tert ſchon bei Forfter IV, 1556, Nr, 18 etwas abweichend: 


„Ad Lieb, ich muß dich laſſen, Die könntd mir übler afallen, 
Ein Zeit groß Schmerzen faſſen, Daß ich die Liebſt ob allen 
Weil ich von dir muß fein! Sollt meiden fo weit von dem Rhein.” 





549 


744. Abſchied im Winter. 


Forſter L, 1539. Pet. Schöffer 1537. Gerle 1532. 













GEnt=lau = bet ift der Wal =» de gen die» jem Win = » ter talt. 
De» rau » bet werd ich bal » de meins Liebe, dad macht mih alt. 














— 
mir beim»li» hed Rei» den und macht mir fhme = - » rem Muth. 


* Dit 1544. Forſter 1549. 





Spätere Choralform. 
Ich dank dir, lieber Herre,_(Morgenlied). 





1. Entlaubet ift der Walde 2. Was läßt du mir zur Lebe, 
Gen diefem Winter kalt, Mein brauns ſchwarz Mägpelein, 
Beraubet werd ich balve Daß mid die Weil ergeke, 
Meins Liebe, das macht mid alt; So id von dir muß jein? 

Daß ih die Schön muß meiden, Hoffnung muß mid ernehren, 
Die mir gefallen thut, Nah dir fo würd ih krank: 
Bringt mir manndfaltig leiden, Thu bald herwieder kehren, 

Macht mir faft ſchweren Mut. Die Zeit wird mir zu lang! 


3. So weil, laß dich nit affen! 
Der Maffer feind fo viel; 
Halt dich gen mir rechtfchaffen! 
Treulich dich warnen will; 
Hüt dich vor falſchen Zungen, 
Darauf ſei wol bedacht! 

Sei dir, ſchöns Lieb geſungen 
Zu tauſend guter Nacht. 


Quellen: Forſter I, 1539, Nr. 61. (Daher Mel. und * Strophe.) Gaſſen⸗ 
hawerlin 1535 Nr. 1. Pet. Schöffer und Apiarius, 65 teutfcher Lieder 


537, Nr.42. J. Ott, 





550 


1544, Nr. 54 und 55. Heidelb. Hdidhr. 343, Bl. 96. Nach verſchiedenen Lesarten bei Ubland 
Nr. 68. Abweichender Text: Ambr. Lob. 1582, Nr. 16. Liederbuch Paul's von der Aeltft 1602. 


Barianten: 1,1 Entlaubt ift nun der Wald. 1, 5 Schönft. 1, 7 das bringt mir 
heimlich Leiden. 1, 8 madt mir ein ſchweren Mut. 2, 1 Läßt du mir nichts zur Lege. 
2,2 ſchöns braund Meidelein. 2,5 Hoffnung thut. 2,6 fo wird ih franf. 2,8 die Zeit ift. 
3,1 Feindlieb, laß dich nicht affen. 


T Erklärungen: 1,8 faſt fehr, gar. — Letze, Abſchied. 2,5 ernehren, mbd. ne- 
rian, erhalten, retten. 2, 7 Kehre bald wieder zurüd. 3,1—8. Zieb dic zurüd Geliebte! 
Höre nicht auf das leidige Gefhmwäg und die Derläumdungen in den Winterftuben! Bleib mir treu! 


Die fhöne, ruhige Melodie finden wir feit 1545 dem geiftlihen Morgenliede „Ich dant 
dir lieber Herre“ geeignet und mit diefer Bezeichnung bis jeßt in ev. Ghoralbühern. Die 
Motation in Babſt's Gſgb. 1545, II, Nr. 46 ftimmt genau mit der bei Forſter überein. 


725. Wiünfde beim Abſchied des Ritters. 


Nah dem Lochheimer Liederb. Ar. 17. 
” 












Der Bald bat fib ent » lau . s bet gen die » fem Win: ter 





me zT 
USE AMT — — —— — ——— — Mauer — — 
— 0 
A — — — CEST 7 (FE 


ich ſo lang muß mei « den, die mir ge falsin if: das jchafftder Klaf-fer 










— — — . 


Rei » de, dar = zu ihr ar=ger eilt. 


2. Ihr Angeficht aus ftetem Mut 3. Gefegn dich Gott, mein ſchönes Bil, 
Erireut das Herze mein, Gott geb dir Glückes viel! 
Und möcht mir widerfahren gut, Du führft mi doch an deinem Schild, 
So wollt ich fröhlich fein. Set mir ein kurzes Ziel. 
O ſchwarze und graue Farbe Nun komm berwieder balde, 
Darzu fteht mir mein Sinn; Es mag uns nüger fein, 
Dabei fie mein gedenken joll, Sp gar mit reihem Scalle: 
Wenn ich nicht bei ihr bin. Gott mad uns forgenfrei. 


Lochheimer Liederb. (um 1452). Bon der langen und langweiligen Reimerei bier blos die 
1., 2. und 6. Strophe, die am volfätbümlichften unter den höfiſchen Berfen erfcheinen. 

Die Melodie ift rhythmiſch vielleicht entftellt, aber immer noch erträglich, wenn man fie nicht 
durchweg in den vorgefchriebenen ¶ · Tatt einſperrt, ſondern Taktwechſel annimmt, wie ich oben 
gethan. An dem überlieferten Rhythmus ift nur die Rote unter * vergrößert. 

Volkslied mar das Ganze nicht, aber der Zert doch das Vorbild zum voranftebenden Volke— 
liede. Im 16. Jahrh. wird der Ton: „Der Wald bat ſich entlaubet“ angeführt ſ. Weller, 
Annalen I, 210, Nr. 49) aber zu einer jechszeiligen Strophe, damit fann die bierftchende achtzci- 
ligen Mel. unmöglich gemeint fein. 

Bemerkt fei noch: das obige Mel. der Zenor eines dreiftimmigen Sapes ift, und diefer 
jedenfalls zu der Älteften mebrftimmigen Muſik in Deutichland gebört. 





551 


746. Bas Lied vom Scheiden. 


Mel. 1549. 















Ach Gott, wie weh thut Schei-den! bat mir mein Sea _______ ver⸗wundt; fo 





trab ih ü =» ber d’Heisden und traur zu al=Ier Stund. Der Stunden der feind als 


8 Gott wie web thut Schei-den! bat mir mein Herz ver » wundt; 
So trab ih ü >» ber d’Hei- den und traur zu al» ler Gtund. 





Der Stunden der find al» fo viel, mein Herz trägt heim⸗lichs ei» den, wie 





wohl ich oft fröb-lih bin 


2. Thät mir ein Gärtlein bauen (4. Mich dunkt in all mein Sinnen 
Bon Beil und grünem Klee, Und wenn id bei ihr Bin 
It mir zu früh erfroren, Sie fei ein Kaiſerinne, 
Thut meinem Herzen weh; Kein lieber ih nie gewinn; 
Iſt mir erfror'n bei Sonnenſchein, Hat mir mein junges Herz erfreut, 
Ein Kraut Yelänger jelieber Wenn ih an fie gevente, 
Ein Blümlein Bergiß nit mein! Verſchwunden ift all mein Yeiv.] 
3. Das Blümlein, das ich meine, 5. Sollt id meins Buhln ermwegen, 
Das ift von edler Art, Als oft ein Auder thut, 
Iſt aller Tugend reine, Sollt führn ein fröhlichs Leben 
Ihr Mündlein das ift zart; Darzu ein leichten Muth? 
Ihr Auglein die jeind hübſch und fein. Das kann und mag dod nit gefein. 
Wenn ih an fie gevente, Geſegn dich Gott im Herzen, 
So wollt ich gern bei ihr ſein. Es muß geſchieden ſein. 


a) Zert und erſte Melodie bei Fotſter IIL, 1549, Nr. 17. (In den Ausgaben 1552 und 
63 nur mit einzelnen Worten andere.) Darnady bier, auch bei Gocdefe-Tittmann und im Wunder- 
born I, 207 a, U., mit Weglaffen der 5. Strophe. — b) Wenig abweichend der Tert und obne 4. Str. 
in Heidelb. Hoſchr. 343 fol. 890. Daher bei Ubland 67 und Bilmar ©. 177. — c) Eine dritte 
ſeht abweichende Lesart aus einem handſchriftl. Lob. von 1510 der Klofterbibl. St. Gallen, abge- 
drudt in der Abendzeitung, Dreöden 1819 Nr. 297. br fehlt ebenfalld die 4. Strophe. 





552 


Die alte Melodie, in 4/4:Taft eingefperrt, ruft nah Taktwechſel. Die erfte Rote beift 
1549 e; in einem Eremplare war bad tiefe e mit Tinte hinein corrigirt ; die fpäteren Ausgaben 
baben das hohe ce als Anfangeton. — Sehr ähnlich in den Gadenzen, aber rhutbmifh noch mebr 
—* ift die Mel. in Souterliedekens 1540 zu Pf. 89. Sie beginnt ebenfalls mit e; ibr 
weltlicher Tert ift weiter befannt ala der Eingang: Help God, hoe wee doet Scheyden. — 
Die — ſchöne Singweiſe ſteht in „Deutfche Lieder für Fe und Alt 1818, S. 20“ und ift von 
C. Groos 1817 fomponitt. 


T 5,1 fih erwegen, aufgeben, verzichten. 5, 5 gefein = fein. In der oberd. Volke 
ſprache folgt noch jept nad fünnen und mögen die Porfilbe ge (gefein). — 


Erfrorene Blumen und verwüſtetes Gärtlein (Str. 2) find Bilder ded durch Trennung ober 
Untreue zerftörten Liebesglückes, fie fehlen darum nicht in Abſchiedsliedern. 


747. Bon redjter Lieb und Stätigkeit. 


Mel. um 1560. Dreädner God. M. 53, 


ESS 


u © z 
Wiewol ih arm und ce lend bin, fo trag ih doch ein fe = =» dem 























u 
Sinn, Hoffnung thut mih er» näb » ven; was wir von Gott be» jhhe=ret ift, 





foll mir fein Menfh nit meh . . . . . ren. 


2. Biel falfher Zungen haſſen mid, 4. Mein Herz das ift betrübet ſehr, 
Ich Hoff, es fol fie helfen nicht, Gott alle Ding zum Beften kehr! 
Gott ift von großer Güte, Ih fahr dahin mit Schmerzen, 
Dem ich mich allezeit befild, Ih fi, daß ichs nit Ändern kann, 
Der wird mich wol behüten. Gott tröſt alle betrübte Herzen! 


3, Und wärn der Neider noch fo viel, 5. , Färſt du dahin, und läßt mich jchier, 
Sp gefhicht doch, was Gott haben will, Was läßt du mir zur Lebe hier? 


2 


Gott iſt mein Troſt auf Erden. Daß ich mich Leids ergetze?“ 
So ſchwör ich doch bei meinem Eid: „Die rechte Lieb und Stetigfeit 
Kein lieber fol mir werben! Laß ich dir, feins Lieb, zur Pete!“ 


Tert in der Heidelb. Hoſcht. 343 BI. 336, ohne die 3. Str. Forfter V, 1556, Nr. 49, bloe 
1. Str, mit dem Anfange: Obſchon ih arm und elend bin. — Ivo di Vento 1570, Nr. 8. 
Niederrhein. Fiederhdfhr. 1574, BL 1116. Frankf. Lob. 1582 (Mmbrafer) Nr. 227. Dafelbit 
Nr. 27 zu 20 Str. erweitert. — B. Hölfcher, Niederd. geiftl. Lieder S. 71: Bu wal dat id efen- 
dich bon. Tert bier nad Ubland 82. — 

Melodie im Dresdner Cod. M. 53 zum Zerte: Bid mir gnädig o Herre Gott (daber Altd. 
Ldb. 431). Winnenberg, Chriſtl. Reuterlieder Nr. 7, Mel, entjtellt. Diefelbe Weife zum geiftlichen 
Liede: „O Herre Gott, ich ruf au dir“ bei Praeturius VII, 56, VIII 1609 Rt. 282. — Auch 
zu polit. Liedern verwendet f. Liliencron Nr. 593. — 


1,3 ernähren, erhalten. 2,4 befilch, befehle. 5, 2 zur Lege, zum Abſchied. 5,3 ven 
meinem Leid erbole. 





553 


748. Gruß aus der Ferne, 


Mel. frei nach Forfter III 1549, Nr. 18. 





Der Mond der ſteht am böh =» = :» fin, d'Sonn hat fihb un» ter 
Mein Heins- lieb liegt in WR » =» » tben, ah Gott, wie folle ihm 








= Im Res gen und im Wind, wo ſoll id mih him 





ee 
fh =» » ven, da ich mein feindlieb find, da ich mein Feind - « Tieb find? 


2. Mein Feinslieb wollt mid, lehren, 3. Manch'r geht zu feinem Buhlen 
Wie ih ihm dienen fol. Bei lichtes Monen Schein; 
In Zühten und in Ehren, Was giebt fie ihm zum Lohne? 
Das weiß ich felb8 gar wohl, Ein Rofenfrängelein, 
Und kann auch nod viel mehr. It grüner denn der Klee. 
Der fi feins Buhlen thut rühmen, Ih muß mid von dir fheiden 
Der bat fein Heine Ehr. Thut meinem Herzen weh. 


4. Ach Scheiden, immer Scheiben, 
Wer hat dich doch erdacht! 
Haſt mir mein junges Herze 
Aus Freud in Trauren bracht, 
Darzu in Ungemach: 

Sei dir, ſchöns Lieb, gefungen 
Alde, zu guter Nacht! 


Forfter III, 1549, Nr. 18. Audg. von 1552 Nr. 19. Daher auch Ubland 86. — 

Zum Verſtändniß bemerkt Uhland (Schriften 4, 8): „Der Gefell will in ftürmifcher 
und doch mondheller Nacht zum Feinslieb geben, aber wie ſoll er bei folder Helle dahin gelangen ? 
Sie hat ibm Vorſicht empfohlen und er ſelbſt weiß, dag man mit feiner Liebe nicht ei zo foll. 
Wer bei lichtem Mondfchein zur Geliebten gebt, dem wird ein Rofenkranz grüner denn Klee (d. b. 
ein Neſſelkranz, das Sinnbild der Abweifung); darum muß er verzichten, befagt die herbe 
Trennung und fingt der Liebften nur von ferne eine gute Naht zu.” — 


749. Beim Meth und kühlen Wein. 


Stand, Fascic. quodlib. Coburg 1611. Rr. 6. 


az — 









Wa-rum wilt du weg ⸗ zieh-en, o du mein ei-ni—ger Troſt? Wann 





willt du wie- der⸗kom⸗men, auf Wr du mich er» loſt? 





— 


— 


1607. Jahr.“ Das 10. Lied, Abgedr. Woh. 4, 232. J— 
Wien 1874, ©. 511. — In diefem Abſchiedsliede antwortet der Geliebte auf dad 


und Dichtung. 
ragen des Mädchend mit nedendem Spott. 


Klagen und 


554 


. Barum wilt du wegziehen, 


Mein Schat, mein Augentroft? 
Wann willt du wiederlommen, 
Auf daß du mid erloft? 


. Und wenn ich auch gleich wiedrum käme, 


Was bülf es aber dich? 
Lieb will ich dich wol haben, 
Aber nehmen mag ich di nicht. 


. Gleih mitten in dem Maien 


Wenn Alles blühen thut, 
Die Hein Waldvöglein fid freuen 
Und ander Thierlein gut. 


. Mägplein, willt du tanzen 


So fag mirs gwißlich zu, 
So gib ic dir ein Thaler 
Und Meines Geld darzu. 


.Mägdlein willt du freien 


So warte noch ein Jahr 
Kommt mir fein Piebre in mein Sinn, 
So nehm id did fürwahr. 


. Ein Yahr kann ich wol warten, 


Ein Yahr geht bald dahin, 
So bitt ih eud, zart Yünglein ſchön, 
Führt nur ein fteten Sinn! 


. Reihthum und Schönheit, 


Fein adelig und fromm: 
Wo man die vier beinander findt 
Leucht heller als die Sonn. 


.So man fie aber felten 


AU vier beifammen findt, 
So woll mir Gott beſcheren 
Ein frommes ehrlidhes Kind. 


9. 


10, 


12, 


— 
— 


So bald mir Gott thut beſcheren 
Ein zartes Jungfräulein, 

Bleib ich bei ihr in Ehren, 

Thu ſtetigs bei ihr ſein. 

Von ihrentwegen duld ich alls 
Wenn ich gleich ſterben ſoll, 

Ich bin ihr auch im Herzen hold, 
Das weiß der lieb Gott wohl. 


.Es iſt fein Apfel jo rösleinroth, 


Es ſteckt ein Würmlein drin: 
Es ift fein Jungfrau fo hübſch und fein, 
Sie führt ein falfhen Sinn. 


Wie man nun einen Apfel, 

Der ſchön ift, nit flugs ißt, 

Sondern ſchält und beſchaut ihn vor, 
Daß kein Würmlein drinnen ift; 


3. Alſo fol auch ein Jeder 


Auf ein freundlihs Weibsbild 
Sein Lieb nicht werfen, bi® daß er 
Sicht, was fie führt im Schild. — 


. Wer ift der und dies Pieblein fang, 


Friſch frei gelungen hat? 
Das hat gethan ein junger Knab 
An einem Abend fpat. 


Friſch frei hat ers gefungen 


Beim Meth und kühlen Wein, 
Dabei da fein zejeflen 
Drei zarter Yungfräulein. 


. Die ein die ift fein Schwefter, 


Die ander ghört ihm zu, 
Die dritt die ift ihm lieber 
Denn die andern alle zwu. 


Aus „Gar ein newes Liederbüchlein . . . Gebr. zu zus durch Johann Langenberger. Im 


agner’d Archiv f. deutiche Sprade 


Diefes Lied begegnet und ſchon in einer handſchriftl. Sammlung deutfher Volkslieder mit 


bebräifhen 2ettern, zu Worms am Ende des 16. Jahrh. angelegt (f. Dr. Fel. Roſenberg's Difier- 
tation, Braunſchw. 1888, ©. 26). Dort hat der verderbte Text nur 9 Strophen, viele der bierftehenden 
fehlen, wieder andere find fhon ftörender Zufag, wie bier. Alfo ift auch jeme ältere Faſſung, 
nit die urfprünglihe. — Mit Str. 6 bier fcheint das Lied zu Ende zu fein; die übrigen find 
zugewachiene Wanderftropben. 

Ein ganz anderes Lied mit 13 achtzeiligen Strophen ſteht im Liederbuch Paul's von ber 
Aeltſt 1602, Ar. 93. Anfang: Warum willt du wegzieben, o du mein böchfter troft x. Ueber: 
fhrift: Im ton: Frölih in allen Ehren. Zu diefem Xiede, dad nur in den 4 Anfangäzeilen dem 
Abſchiedsliede ähnelt, ift ein Liederbuch des Fabricius 1603 die Mel. vom „Rolandt” beigefegt. — 

Daß zu unjerem Abichiedsliede einft die Choralmelodie „Ehriftus der ift mein Leben“ 
gebört habe, ift durch nichts r erweifen. Wenn auch im Coburger Gſgb. 1621 über diefem geift- 
lichen Texte die Tonangabe ftebt „Warumb wilt du wegzieben,“ » fann damit nur auf eine 


gleich metrifhe und pafjende Singweife hingewieſen fein für die Sänger, welche die von Bulpius 





555 


1609 fomponirte Choral-Melodie nicht kannten; denn man fieht hier: daß unfer Choral die welt: 
liche Abſchiedsweiſe nicht ift und man hat darum feinen Grund, aus jener Tonangabe auf welt- 
lihen Urfprung unferes Choral zu folgern. 

ögen nun verwandte jüngere Ficder folgen, deren Inhalt ſich mit dem vorftehenden Ab» 
fchiedeliede berührt. 


750. Beim Wegzug. 


1.,[Wol] heute noch und morgen 
Da bleibe ich bei Dir, 
Und wenn ed kommt der dritte Tag, 
Dri, dri, dritte Tag, 
Scheid ih, ſchöns Lieb, von dir!‘ 


2.. Warum willt du denn fheiden, 
Ah Schatz, mein edle Zier? 
Wann willt du wiederkommen? 
Ro, ko, kommen, 
Das follt du fagen mir. 


3.,Und wenn ih gleih nun wiederlomm, 
Was wird es helfen dich! 
Lieb will ih di wol haben, 
Ha, ba, haben, 
Aber nehmen mag ich dich nicht!‘ 


1.,Was hilft mir denn die Pieb und Treu, 
Wenn du mich nicht nehmen willt! 
So kann ih wol eradten, 
Ach, ad), achten, 
Daß ich die Liebſte nit bin.“ 
5., Ah Yungfrau, ihr ſeid ftareblind 
Oder ſeht ihr jonft nicht wohl? 
Ei feht ihr nicht, was Hafen fein, 
Ha, Ha, Hafen jein, 
Und die man ſchießen foll. 


6. Die Hafen fol man hießen, 


Die laufen in dem Wald: 

Schöne Jungfern fol man küſſen, 
Kü, fü, küffen, 

Eh denn fie werben alt. 


7. Es ift fein Apfel fo rofenroth 
Es ftedt ein Wiürmlein drinn: 
Kein Jungfer die wird geborn, 


Auserkorn, 


Sie trägt ein falſchen Sinn! 


Bergliederbũchlein c. 1730, Nr. 35. Hierher gehören auch die Lieder Nr. 455 und 749. 





751. Ade, did, Gott bewahr! 





So ſcheid ich 










bin in gro-fen Sor - gen, 








dau- ert mich, wer weiß wenn id 





nun mit Schmerz 


nun mit Schmerz; von 


mein Rot ift 


5 
» nige 


dir, mein ei Her, und 


von dir, mein ei» nigd Herz! 





556 


2.D könnt es möglich fein 3. Pfleg dein der liebe Gott, 
Bald zu vergeflen bein, Du zartes Mündlein roth! 
Und in folh Gedanken Gewiß um deinetwillen 
Zu meiden jhwere Bein! Erleid' ih nod den Top, 
Aber da ift fein Hoffnung nit, Ih zeuch jegumd von dir dahin, 
Mein Sinn ift gar auf did gericht. Doc ſtets in heißer Lieb ich brinn 
Ah könnt e8 möglich fein Pfleg dein der liebe Ott, 
Bald zu vergefien dein! Du zarte Mündlein roth! 


4. Ave, dich Gott bewahr! 
D du, Augfteinlein klar, 
Gott wöll von dir abwenden 
AU Unglück und Gefahr! 
Schöns Lieb, e8 muß geſchieden fein, 
Gedenk allzeit im Beften mein: 
Ade, dich Gott bewahr, 
D du Augfteinlein Mar! 


Hainbofer, Sautenb. I, 1603, BI. 16. (Tert, wohl Abſchrift eines fl. Blattes, bat neh 
zwei überflüffige Strophen vor dem Schluſſe. Ebenfo Langenberger, Liederb. 1607 Rr. 14. 


752. Wandern und Abfıhied. 


Worfter III 1549, Rr. 65. 






Wol-auf, gut Gfell von bin» nen, meins Bleisbend ift bie mit meb! 
der Mai.» e tbut und brin-gen den Vei-el und grü- nen Klee. 






3 
3 
= 
— 
— 
- 
— 
= 
_ 
3 
= 
= 
= 
= 
= 
2 
= 
7 
* 
— 
= 
- 
— 
= 
- 
= 
“23 
2: 
= 


) 


ein Gſang; fie fingen 





mit bel»Ier Etim » » men den gan» zen Som-mer lang. 


2. Ich kann nit mehr gejchweigen, 3. Gewalt, du bift ein große Bein, 
Es gelag mir nie fo hart, Web, der dich tragen muß! 
Daß ih trag heimlich Leiden Du übeft gen mir folden Schein, 
Gegen eim Fräulein zart. Mein Leid war nie fo groß: 
Ihr Lieb hat mich umfangen, Hat mir ein Eid gefchworen, 
Darzu ihr ſchön Geftalt: Sie wöll mir bleiben ftet, 
Daß id dich Lieb muß meiden, Sie wöll daran gedenken, 
Darzu zwingt mid Gewalt. Wenn fie ein ander bät. — 


4. Das Mägdlein an der Sinnen lag, 
Ste fah zum Fenfter hinaus, 
Aus rechter Pieb und Treue 
Warf fie zwei Sränzlein raus; 
Das eine was von Beile, 
Das ander von grünem lee: 
„Soll ih did, feins Lieb, meiden, 
Meim Herzen dem gihicht groß Weh!“ 





\\WM\ 


557 


Zert nad gen III, 1549, Nr. 65, wo nur 3 Strophen ftehen, theild nach dem Frankf. 


2b. 1582, Nr. 


Die 2 Strophe fteht nur im Frantf. LAb. und zwar als 
„Ih fach mir ig: einem Walde ein feined Hirfchlein ſtahn“ —, wohin fie nicht gehört. 


6. zum Liede 
Ubland 


(Nr. 64) hat fie herübergezogen und dem vorftehenden Liede zugeeignet. 
Eine Verzerrung der Mel. mit blos * Strophe bei Forfter II, 1540, Nr. 18. Text 


aud im Ambr. Lob. 1582, Nr. 18 (blos 3 Str. 


Gin anderes Scheidelicd gg * 2 — von hier, ſonſt aber ganz abweichend und 


nichtöfagend, in Heidelb. Hoſchr. 3 


753. Hun ade, mein Schäbelein! 


1. Schätzchen, Gott bewahre did! 
Weil das Glüd erfordert mid 
Will ich bedienen deinen Mund 
Tauſendmal in jeder Stund. 


2. Himmel, was gedenkeſt du! 
Läſſeſt du denn ſolches zu, 
Daß ih foll fheiden von meinem Herz 
Welches mir bringet Bein und Schmerz? 


3. Ach du zuderfüßer Mund, 
Made mid einmal gefund 
Und erquid mein mattes Herz 
Welches brennt wie eine Kerz. 


Bergliederbüchlein c. 1730 Nr. 96. 


4. 


Kann ich gleich nicht bei dir fein, 
Dennod bleibt du allzeit mein ! 
Hinfort werd ich Dich, mein Licht, 
Nimmermehr verlieren nicht. 


5. Lebewohl! ih muß nun fort 


6. 


Hin an den beftimmten Ort; 
An den Ort da ih nicht bin, 
Ach da ſchick ih Seufzer hin. 


Nun ade! mein Schäßelein, 
Weil e8 muß geſchieden fein, 
Will ich bedienen deinen Mund 
Tauſendmal in einer Stund, 


754. Lebe wohl, geliebtes Leben! 


1. 2ebe wohl, geliebtes Leben! 
Weil ih dich verlaffen muß. 
Weil ih dir zulegt muß geben 
Den betrübten Abſchiedskuß. 
Gute Naht, mein liebes Kind, 
Bleibe ftets wie ich gefinnt! 


2. Ach wo joll id mich hinwenden? 
Troft und Freude weicht von mir; 
Aller Orten, aller Enden 
Sehnet fih mein Herz nad dir. 
Ohne did, mein Sonnenfhein 
Muß ich ohne Leben fein. 


Bergliederbüchlein 1740 Nr. 65. 


3. Weil du mir mein Herz geftohlen, 


4, 


Angenehmer Herzenspieb, 

Iſt ohn Zweifel nur befohlen, 
Daß ih Did foll haben lieb; 
Denn Al’s, was der Himmel thut, 
Kann nicht anders fein, als gut. 


Oder willſt du mich probieren, 

Ob ih aud beftänvig bin? 

Du darfſt mid nicht vecognofciren, 
Dein ift mein Herz, Muth und Sinn. 
Soll die Treu unenpli fein 

Bis mid dedt ein Leichenftein! 








558 


759. fein fihmerer Leiden als das Scheiden. 


Mel. bei Hainhofer I. 1603 Lautenbuch. 





— —— 


GE iſt auf Erd fein ſchweter Leid'n, als wenn fich zwei Herzlich müf-fem 








dei» ner Noth 


ſcheid'n. Ja bit» ter Tod mit 


und gans=zen Mott*: dir 


— — u — — — —— 





Andere Lesart. 
Mel. bei Praetorius, Mus. Sion. VII. Rr. 189 zu: Ich hab mein Sad x. 





Dritte Lesart. 
„Wie es urfprünglich componiret worden“. 





* 
wu 


1. Es ift auf Erben fein ſchwerer Leiden ‚Ein Jungfrau ſchön und darzu zart 


Denn wann zwei Herzlieb müſſen ſcheiden. In diefer Stadt ihr Wohnung bat, 
Ya bitter Tod, mit deiner Not Ganz wohl geziert, wie ſichs gebührt 
Und ganzen Rott,* Die Kläffer imt: 

Dir kann ih nichts vorgleichen. Ih kann ihr nicht vergefien. 

2.€8 liegt im Elfaf ein wertbe A. Dur Lieb verwundt, darfd Niemand 

Stadt, jagen 
Bon der Straße fie ihren Namen hat, Mein Weh und Leid keim Menfchen 
Wenn ih daran gebenf, mein Herz Hagen, 
mir kränkt, Vor Trauern ich oft gerne ſchwieg. 

Solchs id dir fchenf, Noch muß id mid 
Das untreu ſcheiden zur Lebe. Ganz friſch und fröhlich ftellen. 


*Sdſchr. hat Ratb, das ift finnlos; der Reim verlangt Rott, = Rotte, Haufe. 





559 


5. Ja wenn ich gedenk an viel der Stund 

Darin ih küßt ihren rothen Mund, 

O adelig Zier alleine nad dir 

Steht mein Begier, 

Kein’ lieber mag mir werben. 

. Dein Auglein ſchwarz, dein gelbweif; 
Haar, 

Dein Angefiht fo freundlid zwar, 

Haft mir mein Herz, ich gar nicht ſcherz 

Mit großem Schmerk 

In Trauren gebracht aus Freuden. 

. Schöns Lieb beut mir dein ſchneeweiß 
Hand 

Seh hin, hab dir mein Treu und Pfand 

Bortrau du mir, daß ich will bir 

Mit ganzer B’gier 

Mein Treu und Glauben jchenfen. 

. Schöng Lieb, du bift die Werthe mein, 

Auf dich vortrau ich ig allein. 

D edle Rof, in deinen Schof 

Werf ih mein Loos, 

Solchs mir ig ift gefallen. 


a) Text aus der Premjchen —— ng 
K. Bibl. Berlin Ms. germ. fol. 753. 
Liederb. 1852, Nr. 118 hat noch zwei ——— 
nig abweichend. Diefe 2. Str. lautet: 


Es liegt am Rhein ein werthe Stadt 
Eöln fie ihren Namen bat; 
Wenn ich gedent, mein Herz mir kränkt, 


) Ein 


9. 


. 


e 


Darumb, ſchöns Lieb, laß dichs erbarmen, 
Hab ein Mitleiven mit mir Armen 
D treuer Hort, gedenk an dein Wort, 
Fahr immerfort 

Meiner nimmer zu vergefien. 


. Schöns Lieb, dies Lied fer dir gemacht, 


Wünſch dir viel taufend guter Nacht, 
Aus ſchwerer Pein das Herze mein 
Der Liebfte allein 

Schenk ich dies Liedlein zur Lebe. 


Und der ung dies Liedlein hat gemacht, 
Große Lieb hat ihn darzu gebracht, 
Schon ungenennt, ob man ihn kennt, 
Ift ein Student. 

Den Klaffer zu Trotz und Neide. 


. Mein Herzes-Liebelein ewig ohn Ende, 


Nimm ig vor gut, was id) dir fende, 
Obſchon die Gab ift gering und Hein, 
Gott weiß, daß ih von Herzen mein. 


(um 1565— 1570, aus Magdeburg ftammend 
weiter wenig jüngerer Tert im Ambrafer 
tropben Zufag und ift bie auf Str. 2 we 


Solchs ich dir fchent, 
Das untreu Scheiben zur Letze. 


It Tert a das Abfchiedslied eines Studenten von der jhönen Straßburgerin, fo ift 
der zweite ein Abſchied von der jhönen Gölnerin. 

Eine garftige Umbildung auf das Schickſal ded Säuferd erfuhr dad Lied um 1580: 
5. Bl. in von Meufebah’s Sammelband 7943 (wol in Rümb. bei H. Koler nm 1580 bis 
1600 gedrudt.): 


1. Auf Erden ift fein ſchwerer Leiden, 
Denn wann fich einer von neuem muß kleiden, 
Ein neuer Rod, ein Wammes darzu 
Ein gut Paar Schub, Und faufet ein: 
Ein Kleid darbei fteht gar fein. Alfo muß ichs bleiben laffen. 
3.3 hab ein Rod, der hat kein Falten, 
Die Hoſen find hinten und vorn gefpalten, 
Die Strümpfe hängen mir über die Schub, 
Gleich wie ich ibm thu, 
Hab ich mir fein andre zu faufen x. (9 Str.) 


Die Melodie diefes Abfhiedslieded wurde zwei geiftlichen Liedern geeignet, nach welchen 
fie in ev. Choralbüchern noch den Namen führt: a) Ich weiß ein Blümlein hübſch und 
fein, b) Jh hab mein Sad Gott heimgeftellt. Mehr davon unter geiftlihen Liedern. 

Ein geiftlihes Lied 1584 von Rudolf Bontic. (Abdr, WER. V, ©. 52) führt die Zonan- 
„Im Elſaß liegt ein wertbe Stadt.“ 


2.Nürnberg ift eine werthe Stadt, 
Darin es viel der Krämer bat, 
Ja hätt ich Geld, da zög ich hinein 


abe (Das ift die 2 Er. unſers Abſchiedsliedes.) 


er geiſtliche Text iſt Parodie und beginnt; 


„Ih weiß mir gar ein wertbe Stadt, 
Bon Frieden fie den Namen bat, 
So id fie nem 


Gott angenehm, 
Auf Erd ift nicht ſeins Gleichen.” 
Hierufalem, 





560 


Fl. Bl. „Lied eined Armen wol geplagten Manned, wie er ober fein ungezogenes böſes Weib 
flaget. Im Thon: Es ift auff Erden fein ſchwerers Leid.“ (Zufammengedr. mit dem 
Pfaffenlied: Es hat ein Bawr ein ſchönes Weib.) Abdr. bei Körner, bift. BL, Nr. 28a, 


D Weib, o Weib, das Got fen Magt, 
wie fehr bin ich mit dir geplagt! 

vor dir hab ich fein raft noch rub, 
fein raft noch rub, 

in elend bring ich mein leben zu. 


756°. Brei Reiter am Chore. 


| Semüthlic bewegt. Mel. aus dem Anf. des 18. Jahrh. Durch ganz Deutſchland verbreitet. 









GE rit» ten drei Mei» ter zum Tho— re hin-aus, a» de! Und 
Feinslieb » hen das fhau»te zum sen» fter hin-aus, a» de! 


nz 
71 
RE 








de, ade, a- dei ja Schei- den und Mei-den thut weh. 


2. Und der uns ſcheidet, das ift der Tod, ade! 
Er jcheidet jo mandes Mündlein roth, ade! 
Er fheidet fo manden Mann vom Weib, 
Die konnten fih machen viel Zeitvertreib. 

Ade, ade, ade! 
Ja Scheiden und meiden tbut weh. 


3. Er ſcheidet das Kindlein wohl in der Wieg'n, ade! 
Wann werd ich mein ſchwarzbraun's Mädel doch frieg'n? ade! 
Und ift es nicht morgen, ad! wär es doch heut, 
Es macht uns allbeiven gar große Freud. 
Ude, ade, ade! 
Ja Sceiden und Meiden thut weh. 


Ewiges und ungerftörbares Lied des Scheidend und Meidend.“ (Goetbe.) 

Zert und Mel. bei Erf, Liederhbort Nr. 63 nnd deifen Germania Nr. 188, nach vielen 
mündl. und fhriftl. Quellen. Letztere find: 

Nicolai, Alm. L, 1777, ©. 72—75 (mit Mel.). Elwert 1784, ©. 138. Bragur III, 1794, 
©. 269. Woh. I, 253 (a. U.) Wdh. I, 270 (Birlinger'd Ausg.). Erf I, 1, 6. Kreßſch⸗ 
mer I, 51. Altrhein. Märlein 100. Serig's Auswahl 1830, ©. 89. Lieder für Jung und 
Alt 79. Lob. f. Hochſchulen 1823, ©. 25. KünftlersLiederb, 145. Hoffmann, ſchleſ. BL. ©. 173. 
Grlah 4, 73. Meier 127. Gimrod 261. Pröble ©. 58. Fiedler 177. Schade, Handwer— 
ferl, 224. Mittler 604. Menzel 378. Scherer, Jungbr. 73 A. 

Fr. Reihardt, Muſikal. Kaknsstıin I, 1782 & 165 Tert und Mel. Dafelbft fein Aus 
ſpruch: „Sie ift mir eine der allerfchönften Boltämelodien, die ich kenne.“ Im deſſen Piederfpielen 
1804, ©. 96 ift diefes Lied benupt. — 

Die 2. Strophe kommt ſchon vielfah in Liedern des 16. Jahrh. vor, 3. B. in: Ich bört ein 
Fräulein Flagen (Forfter ILL, 61), Es hieng ein Stallfnecht feinen Zaun (Ambr. Lob. 1582, Nr, 121), 
Es wollt ein Mägpdlein Waſſer holen (daf. Nr. 109. — 





561 


Die Melodie des Abſchiedsliedes wurde vielfach benugt, 3. 2. a) Ih bör ein 
wunderlide Stimm, Guduf! von fen im Walde man jo vernimmt, "Sudut! (Jägerlied 
bei Nicolai I, 1777, ©.1. Erlach II, 118.) b) Es zog aud Berlin ein tapferer Held 
(Schill). o) Bemoofter Burſche sich ib aus (Studentenlied). 

Aeltefted Vorkommen des Anfangs von unferem Reiterlied ald Tonangabe zn Gleim's Lied 
auf den Preußentönig: Fl. Bl., Neun Liebes» und Kriegslieder, auf jepige Zeit 1760, Dort fteht 
über dem 5. Liebe: Me. „E8 giengen drey Purſche zum Thor hinaus, adje!“ Dad 


Lied beginnt: 
„Es lebe dad Haus wohl von Berlin! Bivat! 
Der König von Preußen und Stettin, Vivat! 
Wohl von Berlin ein tapferer Held 
Regiert nebft Gott jept in der Welt, 
Vivat, vivat, vivat!“ 


Vollſt. Text 10 Str. bei Hoffmann, Findlinge II, 226. Ditfurth, hiſtor. Lieder des Preuß. 
Heeres Nr. 32.) — Das Lied bei Elwert ©. 138 weiſt ſogar auf die Zeit von 1710 zurüd. 

Die Ältefte Notation in Deutſchland fand Erf in von Meuſebach's grünem Sammel- 
band vom Jahr 1786 auf ein befondered Notenbl. gedrudt wie folgt: 


Ep 


| am 9* an na is gr Pe ' Schön Danf! Du bift fo lieblich, du 








—— 
biſt ſo ſchön, ich mag dir gern in das Au⸗ge ſehn. Schön Dank, ſchön Dank, ſchön Dank! 


Fl. Bl. 8. 8 Bl. und 1/4 Bogen Notenbeil. „Sieben ſchöne neue Lieder.“ Das erfte: Gott 
gib dich liebes Mädchen mir (mie oben). Weberfhrift: Mel. Es ritten drey Studenten 'rein oder: 
arjhieren wir zum Thor binaud, adje! 
Die Mel. „Ed ritten drei Reiter zum Thor hinaus” findet fih fchon in einem 1774 zu Rom 
gedrudten ital. Werte, wie folgt: 







Tedesca. 
m’ ISın 2: 
mo — wre eng 
Ir DI A-0-,. ne 





Aus: Dell’ origine e delle regole della Musica colla storia del suo progresso, 
decadenza e rinnovazione di D. Antonio Eximeno ... In Roma 1774 (ald Mufitbeil. 15). 
Dazu wird auf ©. 453 bemerkt: Das ift die Melodie eines deu tichen Liedes, das vor 4 Jahren 
ein Bettler diefer Nation dur die Straßen Roms fang. 

Dom Terte unferes Liedes ift kein fo hohes Alter ald von der Melodie nachzuweiſen: er 
mag erft in der 2. Hälfte des 18. Jabrb. (vor 1777) entjtanden fein. Die Melodie jcheint älter 
als der Abſchieds⸗Text zu fein. Zu welchem Licde % fie urjprünglid gehört? Sehr wahrſchein⸗ 
lich zum Jägerlied vom angeſchoſſenen Kuckuk Ich hört ein wunderliche Stimm) fam dann in 
den Mund der Handwertsburſchen Marferen wir zum Thore binaud) und aud der 
Studenten Es ritten 3 Studenten rein” — „Bemoofter Burfche zieh ih aus.) — 

Auh im Holländifchen kennt man unfere deutihe Melodie zn einem Kudufsliede. Wenn 
Willemd Nr. 20) fie aber im vollften Sinne des Wortes zu den niederländifchen — 
rechnet, fo muß ich gegen dieſe grundloſe Behauptung Widerſpruch erheben. 


Abweichungen: 2 Feinsliebchen gudte zum Fenſter. ‚ 3 Und wenn es muß 
geibieden fein. 2,2 Röslcin rotb. 2,4 die lange lebten in Fobliaheit — die Tag und Nacht 
beiſammen fein. Str. 2 fo bei Scherer: Goldringlein reihen und das thut weh, wir beide wir 
fcheiden und immer meb. Und der und fcheidet ıc. — 3, 2 Ich werde mein ſchwarzbrauns Mäd- 
lein noch kriegen. 3,3 Und tbät es gefcheben in kurzer Zeit. 


Erf u. Böhme, Liederbort, II. 36 





562 


756’. Abſchied vom Liebchen. 


1. Es ritten drei Reiter zum Thore hinaus, abe! 
Es ritten drei Reiter zum Thore hinaus, 
Veinsliebhen ſchaute zum Fenfter heraus. 

Ade, o weh, ade! 


2. Ach Mägplein, laß dein Schauen fein, 
Ih kann fürwahr nicht bei dir fein! 
3., Kannſt du fürwahr nicht bei mir fein, 
So reih mir nur dein Händelein! “ 


4. Händlein reihen und das thut weh, 
Wir zwei wir fcheiden und nimmermeh: 


5. Es ſcheidet und dann der bittre Tod, 
Er fcheidet fo manches Mündlein roth. 


6. Er ſcheidet das Kindlein von der Wiegen, 
Die Yunggefellen wohl von der Lieben. 


7. Er ſcheidet ſo mandes Mann und Weib, 
Die lange Yahr lebten in Fröhlichkeit. 


8. Drum Hänblein reihen und thuts auch weh, 
Wir zwei wir ſcheiden uns nimmermeh. 
Abe, o weh, ade! 


Mündlih aus der * ie von Bonn 1820 dur Hoffmann v. F., daber Erf, Liederh. S. 211. 
Aehnlich ein fl. BI. um 180 
756°. Abſchied vom Liebchen. 


— 


5. Auch nicht nur dein kleins Fingerlein, 
Darzu auch dein rothes Mündelein.“ 


Es ritt ein Jäger den Berg hinauf, abe! 
Es ritt ein Jäger den Berg hinauf, 


Sein’ Liebſte ſchaut zum Fenſter hinaus, 
Ude, ade, abe! 
2., Ach Schätlein, laß dein Schauen fein, 
Ih kann nicht allzeit bei dir fein.‘ 
3. Kannſt du nicht allezeit bei mir fein, 
So reihe mir dein lieb8 Händelein.“ 


— 


Nicht nur allein dein Händelein, 
Darzu aud dein Heines Fingerlein. 


3. Bl. 8 in von Arnim's Sammlung: 
in diefem Jahr. 


aus der bandieirift. Sammlung Usteri bei Zobler, ſchweiz. BR. I 
in allen Stropben wie bei 1 umd 8, 


„Bier weltlibe Schöne neue Lieder .. 
(Wobl um 1780—1800, vermuthlich in — —— Derſelbe Tert 
‚1 


6. ‚Mündlein reihen und das thut web, 
Wir beide fheiden uns nimmermehr ! 
7. Und der uns fcheidet der ift der Top, 
Er ſcheidet mandes Mündlein roth. 
8. Er ſcheidet jo manden Manı vom 

Weib, ade! 

Er ſcheidet ſo manden Mann vom Weib, 

Die Jahr und Tag beijammen feind.‘ 
Ade, ade, ade! 


. Gedrudt 


2. Xertwieberbolungen 





563 


757°, Abſchied vom Liebchen. 


Erfte Lesart. 
Mäßig bewegt. Aus der Gegend von Frankfurt a. M. 1838. 





Gene ee —7 
Schatz der ſchaut zum Fen-ſter her-aus. As» de, o weh, a » de! 


Zweite Lesart. 























Mäßig bewegt. Aus Butzbach (Wetterau), aud bei Silcher 7, Ar. 2. 
SEE ieS 
— m — ⸗ 


— * fen wir zum Thor hinaus, a» de! Test reisfen wir zum Thor hinaus, a= de! Tept 






reifen wir zum Thor hinaus, mein Schag der [haut zum —J— heraus. A⸗de, o weh, a » de! 


2. Mein Schaß, laß du dein Schauen fein, ade! 
Mein Schag, laß du dein Schauen fein, 
Ih kann fürwahr nicht bei dir fein. 
Ude, o weh, abe! 


3. „Kannft du fürwahr nicht bei mir fein, ade! 
Kannft du fürwahr nicht bei mir fein, 
Sp reih mir nur dein Hänbelein! 
Ude, o meh, ade! 


4. Händlein reihen und das thut weh, ade! 
Händlein reihen und das thut weh, 
Wir Zwei wir fcheiden uns nimmermeh! 
Ude, o web, abe! 


5. Kirſchen die find ſchwarz und roth, ade! 
Kirfhen die find ſchwarz und roth, 
Ich lieb mein‘ Scha bis in den Tod! 
Ude, o weh, ade! 


Erk, Liederh. Nr. 64% und Erf, Germania Nr. 189. Str. 4 obne Auftakt zu mas Neu» 
ered Volkslied erft um 1830 befannt geworden. Text ift ift Umbildung von Ar. 756% 

Ganz ähnlichen Tert hörte 1820 Hoffmann v. F. in der Gegend von Bonn, mit fol enden 
Abweihungen: 1,1 Es ritten drei Reiter zum Thor binaus, ade! 1, 3 Feindliebehen haute 
zum Bone beraud. 2,1 Ach Mägpdlein lap. y Str. 4 fol en drei Strophen aus dem be- 
fannten Liede: Es ſcheidet und dann der bittre Tod (ſ. oben). Letzte Strophe bier fehlt. 


Abweihbung: 3, 3 So reich mir dein ſchneeweiß Hänbdelein. 


36* 





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565 


759. Trennungsfhunde. 


Ziemlich langſam. Mel. um 1830 bekannt, 











So jchlägt die bit» tre Trennungd-ftun » de und reißt ge» walt-fam mich von 





dir, denn ah! ih fand mein Glüd in dir. 


2. Im Stillen werd ich Thränen weinen 3. So nimm denn hin vom blaffe Munde 


Und träumend dir zur Geite ftehn; Den Scheidekuß, der leiſe ſpricht: 
Und ſeh ich Gottes Sonne ſcheinen, Gedenke oft der Trennungsſtunde, 
Werd ich für dich um Segen flehn. Leb wohl, leb wohl, vergiß mein nicht! 


Zert ſchon auf einem fl. BI. (vor 1829) „Fünf neue Schöne Lieder“ ſdas 2). 

Mundlih aus Thüringen um 1840. Bei Fink, Hausihag, mit anderer Melodie. Diefe 
3 Strophen, welche ein befonderes Lied bilden, find auch angefchoben dem Liede: Wahre Freund» 
haft foll nicht wanten. 


Barianten: 1,1 Sie naht (die bittre Trennungäftunde). Es fhlägt x. 1,3 fie naht 
zu früh (ed fchlägt fo früh) die Scheideftunde. 3,2 den Abſchiedskuß, der weinend ſpricht. 


760. Schwur der Treue, 


Handſchriftl. Liederbuch eines Soldaten. Arnſtadt. 1848 gefchrieben.) 


1. Ach fie naht die Abſchiedsſtunde 4. Dich verfolg ih noch als Leiche, 
Die uns bier fo ſchmerzlich trennt; Wenn du meiner je vergißt, 
Noh einen Kuß von deinem Munde Und im Todtenhemde ſchleiche 
Der auf meinen Yippen brennt. Ih dir nah auch wo du Bit. 
2. Treue hab ich dir geſchworen: 5. Nimm zum Liebesunterpfande 
Fluch treff mich und ewige Bein, Dies mein dunkel Lodenhaar 
Heil und Seligkeit verloren Mit dem ſchwarzrothgoldnen Bande 
Wenn ich je vergefie dein! Das an meinem Bujen war. 
3, Sollft du je meineidig werden 6. Nimm fie hin die dunfle Rode, 
So treff did des Rächers Fluch Ewig, ewig lieb ich dich! 
Dich verfolgt mein Dolch im Leben Horch, wie tönt fo dumpf die Glocke! 
Und mein Geift im Leihentud. Lebe wohl und dent an mid. 


7. 2ebe wohl, im Geiſte küfje 
Ich geliebtes Mädchen dic. 
Lebe wohl, ein Engel müſſe 
Did begleiten, wo du bift! 








566 


761. Lebemohl! 


Mäßig langfam. Aus dem Elſaß. 1889. 






Le » be⸗wohl, du, die ih e mwig lie- bel Le» beswohl, Ge »lich-te den⸗ke 





mein! Ah könnste ih, mit blu»ti» gm Thrä» nen grüb ih dein 











Bild tief in mein Herz bin » ein! 


2. Sieh, es naht der Trennung bittre Stunde, 
Scheiden fällt ja meinem Herzen ſchwer. 
Ah nimm den letzten Kuß von meinem Munde, 
D Theure, morgen haft du mich nicht mehr! 


3. Morgen trennen uns fhon Thal und Hügel, 
Unfre Herzen trennen dieſe nicht. 
Diefer Kuß der fei ein theures Siegel; 
Verfluche ihn, wenn je mein Herz ihn bricht! 


4. Selbft dem Tode geh ich fühn entgegen, 
Der Gedank an dich verfhafft mir Muth. 
O liebite Maid, um deinetwillen 
Ya opfre ich den letzten Tropfen Blut. 


5. Sieh, Geliebte, wie fo ſchön vie Sonne 
Morgen ſcheint fie über Meer und Teich. 
Dort lebt ein Yüngling, denfet dein mit Wonne, 
Und wenn ihm fhon der Gram die Wange bleidt. 





762. Trennung. 


1. Ach weh! Ad weh! 3. Ach Herz, Ah Herz 
Zwei Herzen werden getrennet! Thu dich nicht länger quälen! 
Ih muß von dir und du von mir, Wie's Gott will han, fo muß es gahn, 
Obgleich die Liebe brennet. Den woll'n wir uns befehlen. 
2. Ach weh! Ach weh! 4. Ach Tod, Ab Tod, 
Did Schatz nun muß ich meiden! Verkürz mir meine Jahre! 
Ih muß von dir und du von mir, Zu leben id nicht mehr begebr, 
Ah Gott, du macht fold Leiden ! Hilf daß ih von hinnen fahre! 


Bergliederb. c. 1740, Nr. 234. 


u  — eu 





567 


763. Altes Abſchiedsliedchen. 


1.,Mävel, warum betrübft du Dich 2.,Geh nur hin und lebe wohl! 
Dieweil ih muß verlaflen did? Geht dirs gut, jo gfällts mir wohl, 
Ih kann nicht immer bei dir fein, Geht dirs übel, fo kränkt es mid) 
Drum gieb did drein!‘ Weil du betrübeft dich.” 


Elwert, Ungedr. Refte alten Gefanges 1784, ©. 36. „Boll der ſchönſten Unſchuld“ bemerkt 
Elwert zu diefem Liedchen 


764. Croft beim Abſchied. 


Aus der Rheinprovinz und Untertaunudfreid 1880. 












2 * * Ei Mei-neft daß ich 
Mädchen, wa» rum wei-neft du, wei-neſt du ſo ſehr? daß ich dich nicht 






a eg Mädchen warum wei⸗neſt du, wei» neft du fo ſehr? 





2. Mädchen, ich Fehr bald zurüd, 
Kehre bald zurüd ! 
Will dich lieben in der Ferne, 
Und wer liebet, kehrt fo gerne. 
Darum, Mädchen, traure nicht, 
Traure nicht fo fehr! 


Kurzes Lied. Im alten Faſſungen viel —— vom Kleidverkaufen und Kindleintaufen ein— 
game: Bergl. Erf I, 2. Rr. 12. Kregichmer I, 269. Härtel, Liederleriton 494. Müller, Erzgeb. 
oltel. S. 67. Meter, öfterr.-fchlef. Volkel. 239. 





769. Ade, mein Lieb! 


1. Zu guter Nacht, mein Licht, 3, Unterbeflen fei, 

Meines Lebens Pracht! Wie ich dir bin, getreu! 

Zu guter Naht, mein Licht, Der Himmel rechne dies, 

Ich ſeh dich nun in langen Zeiten nicht. Wenn ich nicht werde fein beftändig und 

getreu ! 

2. Und follt e8 gefchehn, 4. Gott ſchütze Dich! 

Daß ich werde fehn, Gott fhüge dich und mid! 

Wenn Not und Tod und Unglüd Gott geb ung aller Englein Macht! 


Nicht anders treiben mich und dich zurüd. Ade, mein Lieb, zu taufend guter Nacht! 


Bergliederbüdlein c. 1740, 





568 


766*. 


Aomm mieder zu rechter Zeit. 


Erfte Lesart. 


ei⸗ langſam. 


Wo le —— 
1 — — TE —⏑— — —“ 
ax 


Ich fann und mag nicht fröhlich fein; 


ka aus der Umgegend v. Stuttgart u. Mannheim. Silcher 10, Rr. 11. 


—— —— Sr ER A U 





wenn An =» dre fchla-fen, jo muß id 





waschen, muß traurig fein. 


Mäßig lanafam. 





Andere Lesart. 





—— 
— — 


TD 
e 
fi 


F * und mag nicht fröh-lich fein, 





ſo muß ich 


ſchla⸗fen, 


wenn And» re 





waschen, muß trau⸗rig fein, 


muß trausrig fein, 


Dritte Lesart. 


Mündl. aus Weftfalen. 1885. 





waschen, muß den» fen dein. 


1. ‚„Ich fann und mag nicht fröhlich fein; 
Wenn Andre jhlafen, 
So muß ih waden, 
Muß traurig fein.‘ 

2. ‚Mein Schag, du darfft nicht traurig fein ! 
Wenn dich die Leut fragen, 
So thu nur jagen: 
Schatz, du bift mein. 

3. Bon der Lieb zu ſcheiden, das thut fehr weh; 
Im Rofengarten 
Will ich dein warten 
Im grünen lee.“ 

4., Brauchſt meiner nicht zu warten im 

grünen Klee; 

Frei dir eine Reiche, 
Die deines Gleichen, 
Laß mih Arme ſtehn. — 


5. „Ic frei ja nicht nicht nad Gelv und Gut; 
An Gottes Segen 
Iſt Alles gelegen, 
Wers glauben thut. 


6. Wers glauben thut, der ift nicht bier, 
It weggenommen, 
Wird wiedrum fommen 
Spät oder früh.“ 


7, ‚Kommt er nicht wieder zu rechter Zeit, 
Will ih ihn meiden, 
Will von ihm fcheiden 
Auf ewige Zeit.‘ — 


8. Wer hat denn dieſes Lied erdacht? 
Drei Goldſchmiedsjungen 
Die habens gefungen 
Zur guten Nadıt. 





569 


Erf, Liederb. Nr. 157%, ©. 352: vielfach mündlich aus dem Badifchen, Darmftädtifchen und 
der Gegend v. Meiningen, Henneberg, Waſungen. — Gleihlautend Junger. BOB. — Andere 
Lesarten: Elwert (folgt unten). Münfterfhe Geſch. S. 200. Simrod ©. 271. Erf L 4, 47, 
I, 5, 65. Irmer Nr. 16. Mittler 616. D. Schade, thür. BL. Nr. 21. Neifferfcheid Nr. 31. 


766°. Abmeifung des reichen Liebhabers. 


1. Ich kann und mag nicht fröhlid fein; 4.,Nad Geld und Gut da tradht ich nicht, 
Wenn alle Leute fchlafen, An Gottes Segen 
So muß ih wachen, Iſt alles gelegen; 
Muß traurig fein.‘ Ders glauben thut.” — 


2. Ad, Mädchen, dur follft nicht traurig fein, 5. ,Wers glauben thut, der ift nicht bier, 
Im Rofengarten Er ift ein König, 
Bill id dein warten Er ift ein Kaiſer, 
Im grünen lee.“ Er führt den Krieg.‘ 


3.,Im grünen Klee folft du nicht ftehn. 6. Ach Gott, wer hat dies Lied erdacht? 
Frei dir ein Reiche, Es habens gefungen 
Frei deines Gleiche, Drei Jägersjungen 
Die dir gefällt.‘ Zu guter Nacht. — 


Elwert, ungedrudte Nefte alten Gefanges 1784, ©. 15. (Mbdr. Erlah 1, 165.) Im Wun— 
derb. I, 1806, ©. 206 ift diefes Lied umgearbeitet und „der Schildwache Nachtlied“ betitelt. Statt 
Mädchen (2. Str.) ift Knabe geſetzt. Die 3. Str. heißt: Zum grünen Klee da komm idy nicht: 
zum Waffengarten voll Hellebarden bin ich geftellt x. Die 6. Str. (Schluß): Halt! wer da? 
Rund! wer * zur Stund? Verlorne Feldwächt ſang es um Mitternacht: Bleib mir vom Leib! — 
So der Text auch von Silcher 10, Nr. 11 wiederholt. — Wolff (Halle der Völker II, 188) war 
fo glüflih, für diefed Arnimſche Machwerk ald heimathlichen Boden den „Itzgrund“ angeben 


zu fönnen! 


Zu diefem Machwerke im Woh. bemerkt Goethe: „Dem tiefen und dunfeln Sinne der Aus: 


drud gemäß.” 


766°. Ade, mein cha! 


Schr mäßig. 





| 
1. „A⸗ de, mein Schap 


Mel. 1807. 





ih muß dich mei-den, von dir ab: 





ſchei- den, an ansbern Drt.‘ 


2.,.Schat, geht du denn fo weit von mir? 
Im Rofengarten 
Will ih dein warten 
Im grünen Klee.” 


4.,Was frag ich viel nah Geld und Gut! 


An Gottes Segen 
Iſt alles gelegen, 
Wers glauben thut.“ 


3. ‚Darfft mein nicht warten, bin vielzu fchledht; 5. ‚Werd glauben thut, der ift nicht hie; 


Frei dir ein Reichen, 
Der Deinesgleihen, 
ft eben recht.‘ 


Iſt weggeritten, 
Kommt morgen wieder 
Spät oder früh.‘ 





570 


6. Kommſt du nicht wieder zur rechten Zeit, [7. Wer hat denn diejes Lied erdacht? 


So find wir beide, Es habens gefungen 
Geſchiedne Leute Drei Golvfhmiedsjungen 
Auf ewge Zeit.” — Zur guten Nadıt.] 


a) Tert bier aus F. 9. Bothe, Früblingdalmanadh. Berlin 1804, S. 70. Daber Etlach 2, 135. 
Derjelbe Text mit Melodie (von Klamer Franz in Halberftabt eingefandt) wieder gedrudt bei Büſching 
und v. d. Hagen, Volksl. 1807, ©. 28. ef. Nr. 11. Daher Kreßſchmer I, Rr. 206. — b) Erf, 
Liederh. Nr. 157, der alte Tert mit einigen —— und Zufügung der 7. Str. aus dem 
Brandenburgifchen. — e) Scherer, Jungbr. 80 A cbenfo, mit 3 Zufagftr. aus der Pfalz. — d) Mün- 
del Nr. 134 wörtlich gleich mit Botbe. — Aehnliche Terte: e) Pröble 41 A. fl Schade Nr. 20. 
g) Hoffmann Nr. 160, kürzer und mit anderem — h) A. Peter 236. i) Mittler S. 617. 
k) Rn aus Heſſen in Alemannia XII, 188. — 1) Fiedler 200 (Fragm.). 

er Text ift eine Umbildung und zwar das Gegenftüd von dem vorangebenden: dort giebt 
das Mädchen, bier der Knabe den Abſchied. Am Schluß nimmt dad verihmähte Mädchen das 
Wort, um wieder einzulenten oder (nah Pfälzer Lesart) zu höhnen. Diefem Sinne gemäß muf 
ich die Anführungszeichen zur Klarſtellung des Zwiegeſpräches, wie fie bei Bothe, Erlab, Erf und 
Scherer fteben, für verfehlt halten. Unbezweifelt, wie aus dem gegentbeiligen Liede Elwerl's und 
dem flaren bei Pröble folgt, ift die ganze 2. Strophe ihr, die 3. ibm in den Mund zu legen 
und fo wechjelweife von Strophe zu Strophe fort. 


Parianten: In Strophe 2 fteht bei Bothe und Erf: „Frei dir eine Reiche, die Deines 
gleiche;“ diefe Gefchlehhtöverwechslung paßt nicht zur Situation bier, fondern ift zu lefen, wie 
ih oben geändert. Str. 4, 2 und 3 beißt bei Botbe: „Wenn ich nur babe, was mein Herz labe.“ 
Erk verbeifert diefe Stelle wie oben. Befremdlich PN in Str. 4 die legte Zeile; fie ift nicht iro- 
nifh zu nehmen; deutlicher beißt fie bei Pröble: Das glaube nur. — 6, 2 bei Botbe: So find 
wir beide, :|: gefchiedne Leute. Schererd Shlufftropben nah der Pfälzer Lesart lauten: 
6. Kommt er nicht wieder zur rechten Zeit, fo laß ich mir machen :]: ein Zrauerfleid. 7. Kein 
Trauerfleid, ein’n rotben Rod, den will ich tragen :]: zum Hohn und Spott. 8. Wer bat denn 
diefed Lied erdaht? Es habend gefungen zwei Mädchen aud Ungam zur guten Naht. — 


766°. Treuherz auf der Schildwacht. 


Belebt, aber nicht fchnell. Aus Baden u. dem Elſaß, Heffen-Raffau, Wetterau u. Schledwig. 











Schag, meinSchag, reif’ niht fo weit von bier! Im Ro » fen 





gar = ten will ic dein mar» ten, im grü-nen Slee, im wei ⸗ ßen Schnee. 


Andre Lesart. 
Aus dem Brangenburgifchen (Trebbin) 1855. 









— —— — — — „ Immane . ıE 
2 E * ——————— —— — m aa 
Un — v —— — — 
Su u — — _ 
Scag, wenn du rei » fen willft, reif’ nicht jo weit von mir! Im Ro» fon 


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Gern [TEE „ZEMEr 10 ED” BET DEEuEmEEEN — 
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— 
an 1 7 ner Zus 


gar » ten will ich dein war » ten, im grü-nen Ile, im wei « gen Schnee. 





571 


1.,Schag, mein Schaß, reif’ nicht fo weit von hier! 
Im Rofengarten will ich dein warten 
Im grünen Klee, im weißen Schnee.‘ 


2..Mich zu erwarten, das braudeft vu ja nidt, 
Geh du zum Reichen, zu deines Gleichen, 
Es ift mir lieb, es ift mir recht.“ 


3.,9 heirath nicht nach Geld und nah Gut; 
Eine treue Seele thu ich mir wähle, 
Wer glauben thut. : 


4.„Wers glauben thut und ver ift weit von bier, 
Er ift in Schleswig, er ift in Holftein, 
Er ift Soldat und bleibt Solpat. 


5. Soladatenleben und das heißt luſtig fein. 
Wenn and’r Leut ſchafen, fo müſſ'n wir waden, 
Auf Schildwach ftehn, Patrouille gehn.” 


6.,Schildwach ftehn, das braudeft du ja nicht; 
Wenn di d'Leut fragen, fo ſollſt du fagen: 
Schatz, du gehörft mein und ich bin bein.“ 


7. Wer hat dieſes ſchöne Lied erdacht? 
Drei Goldſchmiedsjungen die habens geſungen 
Wohl auf der Wadıt. :]: 


Zert und Mel. vielfah mündlih: a) aus freiburg im Br. von einem Soldaten 1884 auf: 
gefchrieben, wie bier. b) Aus Darmftadt 1880, blos die 4 erften Strophen. — c) Aus dem 
Elſaß (Kr. Weißenburg) 1888, ohne 3. und 7. Strophe. — d) Aus dem Naffauifchen 1880. — 
e) Aus der Wetterau 1891, Anfang: Schag, wenn bu reifen willft, reid nicht fo weit von bier. 
f) Mit gleihem Anfange aus dem Brandenburgifhen. — g) Aus Schleswig 1891: Schag, mein 


Schag, ſcheid nicht jo weit von mir! — 


Barianten: Anfang verfhieden, ſchon oben angezeigt. 2, 2 Nimm dir ein Reichen, nimm 
Deinesgleichen. 3, 1 Mein Herz fteht nicht nah Geld und nicht nah Gut. 7, 3 Zur guten 
Naht, oder Zum Zeitwertreibe.. 6,3 Schatz, ich bin dein, und du bift mein. 


» In der Mel. werben im Elſaß an dieſer Stelle zwei Achtelnoten d d eingefhoben und dazu 
wird „juchhe!“ durch alle Strophen gefungen. 


767. Abfıhied treuer Liebenden. 


Mäßig bewegt. Schleſiſch. 














de! jeßt muß ic jchei » den, weils an- derd nicht kann A 


Muß dich, mein En » gel mei » den, gieb dich ge » duh- dig drein! 





Ad Schag, mein En-ge » fein, gieb dich ge » dul-dig brein; mir 








werd'n zu» fam-men fom men, wennd Got-ted Will’ wird fein. 





572 

2. Wir haben beifammen gefeflen 3. Neih' du in Gottes Namen 
So mande liebe Nadıt, Zu Wafler und zu Land! 
Sp manden Schlaf vergeflen Kommt du zu jungen Damen, 
Aus Liebe zugebradt. Verlieb dich nicht ſobald! 
Aus Lieb von Herzensgrund Kehrſt du ins Wirthshaus ein, 
Hab ich dein ſüßen Mund Und trinkſt ein Gläslein Wein: 
Viel tauſendmal geküſſet Sollſt mirs zur Geſundheit trinken, 
In einer Viertelſtund. Wenn du mein Schatz willſt ſein. 


4. Wir werden zuſammen kommen, 
Wenn's Gottes Will wird fein, 
Und Niemand fol uns trennen 
Als nur der Tod allein. 

Wenn einft verweft wird fein 
Der Leib und die Gebein, 

Wirſt du in jenem Leben 

Mein ſchönſter Schag noch fein.“ 


Aus Schlefien vielfah mündlih und fchriftlich überliefert. Gedrudt bei Hoffmann, Schleſ. 
Volksl. Nr. 65. Wenig abweichend bei Erf I, 6, 19 nnd Liederbort Nr. 119. Notation der 
Mel. bier nah Erf, Text nah Hoffmann. Die trauliche Abfchiedöfcene würde geftört durch 
eine nach der 2. noch gefungene Strophe, welche die Anwejenbeit von Bater und Mutter voraus 
fept, wad poetifh undenkbar. Sie beginnt: Gott bezahl euch Bater und Mutter, was ihr an 
mir gethan ac. 


Barianten bei Erf: 1,1 Ade, nun muß ich ſcheiden. 3,1 Fahr bin. 3,3 ſchö— 
nen, bübfchen Damen. Str. 4: Und tbun fie mich begraben tief in die Erd hinein, fie werden 
mich verfcharren zwiſch'n Feld und Marmelftein zc. (wie oben). 


768. Ade, zu guter Hadıt! 


Mäpig. Aus Sachſen (1848), Franken u. der Rheinpfalz 1880. 









1. Arde, zur gusten Nacht, jept ift der Schluß ge- macht, daf ich muß ſchei- den. 





ImSommer wächft der Klee, im Wins ter fchneitd denSchnee, ich muß dih mei » den. 


2. Es trauen Berg und Thal, [3. Das Brünnlein rinnt und rauſcht 
Wo ih viel tauſendmal Wol dort am Holverftraud, 
Bin drüber gangen; Wo wir gefejlen. 
Das hat dein Schönheit gemadt, Wie mander Glockenſchlag, 
Die mid zum Lieben gebradt Da Herz bei Herzen lag, 
Mit großem Berlangen. Das haft du vergefjen!) 


4. Die Mädchen in der Welt, 
Sind falſcher als das Geld 
Mit ihrem Lieben. 

Ade zur guten Nacht! 
Jetzt ift der Schluß gemacht 
Daß ih muß ſcheiden. 


| 





573 


Aus Sachſen und Thüringen: Schanz und Paruder, deutfches Ldb. 1848, ©. 296. Ebenſo 
Serig’d Auswahl, 7. Aufl. Lpzg. 1850 ©. 443 und in Commersbüchern. — Aus Franken und Hanau 
bei Scherer, Jungbr. Nr. 100, daher die 3. Str. — Mündlih aus der Rheinnlal 1882, Vergl. 
Dr. Zinffer, 36 deutfche Volksl. 1882, Ar. 36. Eine unnüpe Umdichtung mit Beibehalten des An- 
fange durd Fink ftebt in deſſen Hausſchatz. — 


769%. Bunkle Wolken, 


[Handwerksburſchenlied.] 
Schrittmäßig. Aus dem Kubländchen vor 1840. 








— — 
Ich waß wol, wenns gut wan⸗dern is: wenn das Steig-le ſan-dig is, 
an 


ee 


und das Lind-le lau-big id, und der Weg (nicht) ſtau-big iſt. 


2. Ich waß wol, was mein Piebfte ſpricht; 3.'8 kommen gar finftre Gwolken rei, 


Die alte Liebe rojtet nicht, Es ſoll und muß geſchieden fei. 
Sei fie glei wo fie will, Ade, du ſchöns mein Lieb! 
Sei fie glei wo fie will. Du haft mir mein Herz betrübt. — 


Lied mitgetb. bei Kregfchmer, Boltälieder I, 225, erhalten durch Hofrath Kiefewetter, der es 
von Handwerfsburfhen fingen hörte. — 

Der Text ift jedenfalls alt, dafür fpricht die alte Wortftellung (du jchöned mein Lieb) und 
die Wendung von den finftern Wolken in der Schlußftrophe, die ſchon im nachfolgenden Lied des 
16. Jabrb. vorkommt. 


769%. Bunkle Wolken. 





Es gebt ein dunf=le Mol » ken rein, mich deuchts es werd ein 





Rergen fein, ein Re» gen aus den  Wol>»ten, wol in das grü « ne Grad, 


Nah Schmelgel’d 7. Quodlib. 1544. 














Es geht ein fin » fler Wol-fen be» rein, ih forg ed muß ge» reg » net 
— — + # 


Bergl. dazu vorangebendes Lied Str. 3. 





574 


770. Abſchied. 


A. Uelterer Tert. 


Ruhig. 


Peer 


Schätz⸗chen, a = bei Schei-den thut weh. Weil ic denn jcheirden muß, fo gieb mir 









mr er Er Tec nr Ta ur 

EU VER TEEN) —— 

ENG Y ACHERN P HEN "eo Suse: 3 Dur) IEEOSI F* Kulm > Ar 7 
a 


eis nen Kuß. Schägshen, a » de! Schei-den thut meh! 





Die Mel. mit diefer bier — — Teztſtrophe zuerſt in Büſching'e wöchentl. Nachrichten 
1816, I, 353, in der Gegend von Würzburg gebört und notirt von Dr. Hohnbaum. Das Lied- 
chen wurde zweiftimmig von einem Knaben und Mädchen auf einem Kirfhbaume gefungen. Ab- 
drud bei Krepfchmer I, ©. 515 und Liederbort Nr. 67. 


B. Süngerer Tert (1827). 


1. Liebchen ade! 2. Liebchen ade! 
Scheiden thut weh! Scheiden thut weh. 
Weil ich denn ſcheiden muß, Wahre der Piebe dein, 
Sieb mir den legten Kuf. Stets will ich treu dir fein! 
Liebhen ade! Liebchen, ade! 
Scheiden thut weh. Scheiden thut weh. 


3. Liebchen ade! 
Scheiden thut weh. 
Wein nicht die Auglein voth, 
Trennt uns ja felbft fein Tor. 
Liebchen, abe! 
Scheiden thut weh. 


Diefer, jept allgemein befannte dreiftropbige Tert mit der alten Mel, fteht zuerft bei Fr. Sil« 
her, Boldt. f. Männerftimmen III (1827), Nr. 12. Strophe 2 und 3 find von Sttmar Schönkutb 
dem älteren Text —— Silcher ſetzte Pauſen bei den Melodieenſchnitten. 

Auf dieſe Volksmelodie dichtete Hoffmann v. F. 1835 fein Kinderlied: „Winter, ade! 
Scheiden thut weh. Aber dein Scheiden macht, daß mir das Herze lacht. Winter, ade! 
Sceiden thut web.” Es ift durch Schulliederbefte ſeit 1840 durd ganz Deutſchland verbreitet und 
beliebt geworden. 

Lepteres für einen Nachklang vom alten Volksbrauche ded Winteraustreibend zu halten (f. Wolff, 
Zeitihr. f. Mythol. III, 312) war ein gelebrter Jrrtbum, den Hoffmann in feinen volfätbüml. 
Liedern (S. 201) berichtigt bat. 


771°, Zum Abfdied, 


Schr mäßig. Mel. vom Niederrbein 1829, 





my * 
—— — — — 
—— — — — —— 


« RAR * * 
Schätz-chen, reich mir dei» ne Hand zum Be ⸗ſchluß und Un- ter» pfand! 


{ — — — ——— 
Prerssnreenss 
ua \D Pam = 17 — = u — [P7 


Zum Berfchlup ei-nen Auf, weil ib von dir jchei » den muß. 
























575 


Undere Lesart. 


Untertaunus u, Lahnkreis 1880. 





Zum Be» [blu ei-nen Kuß, 


2. Scheiden ift ein hartes Wort; 
Du bleibft hier und ih muß fort. 
Weit und breit ift die Zeit, 
Breiter viel die Emigfeit. 


3. Wenn wir uns nicht wieder jehen, 
Bleibt doch unjre Liebe ftehen. 
Liebſt Du mich wie ich Dich, 
Nimmermehr verlaß ich dich! 


Zert und Mel. aus —— am Niederrhein: Erf, Volksöl. I, 2, 31. 


ber Zert bei Scherer, Jungbr. 7 


weil ih von dir 


ſchei den muß. 


4. Auf dem Berg da fließt ein Waſſer, 


Schätzchen, wär es fühler Wein: 

Kühler Wein foll es fein, 

Schatz, du ſollſt mein eigen fein! 
5. In dem Wafler jhwimmt ein Fiſch; 

Glücklich ift, wer das vergißt, 

Glücklich ift, wer das vergift, 

Was nicht mehr zu ändern ijt! 


Liederhort Nr. 74. Dar 


In einer abweichenden Abe aus Sachſen fommt nah Str. 5 noch folgende vor: 
Willſt du mich noch einmal fehn, 
Steig auf jened Berges Höhn, 
Blick bernieder in das Thal, 
Siehft mi da zum leptenmal. 


Dann macht fehr paffend unfre 3. Str. den Beſchluß. 


Abweihungen in Sadjen: 1, 1 Mädchen rei mir deine Hand. 
2, 3 Harted Wort! ih muß fort, hin nad) einem fremden Drt. 
3, 5 nimmer mebr vergeß ich dein! 


Unterpfand, 
unfre Freundichaft ftebn. 


1, 2 Zum getreuen 
3, 2 bleibt doch 
5, 3 Diefed geflügete Wort 


fhon Ende des 17. Jahrh. nachgewiefen (f. Büchmann, geflügelte Worte 1874, ©. 65) 
Ritteratur: Ert J, 2, Rr. 31; I, 6, Nr. 39. Liederh. Nr. 74. Ditfurth IL, ©. 139. 


Mittler Nr. 874. Kregichmer IL, ©. 326. Bödel Rr. 117, 


Schade, Volksl. S. 301. Mündel 


Nr. 102. Müller, Ergeb. DR. ©. 140. Peter, Voltätb. aus Defterr.»Schlefin 256. Schmip, 


Eitten ©. 162. Reifferſcheid ©. 82 (andere Mel.). 


dem Raffauifchen und Heſſen mit Melodien. 


Zobler II, ©. 209. ündlidh vielfab aus 





TI. Zum Abfdied, 


Mel. aus dem Siebengeb. 1860, 


Bewegi. 








Lie⸗ben, lie⸗-ben, das — 








wer * ver = fie =» — — 





as» ber wer es nice recht 


2. In dem Walde fingt ein Vogel, 
Das ift eine Nachtigall. 
Nachtigall, o Nachtigall, 
Grüß mein Schaß viel taufendmal! 


der muß ch» re neh- men an. 


3. Auf dem Berge fpringt ein Wafler, 
Wär e8 lauter Fühler Wein, 
Kübler Wein, kühler Wein: 
Schätzlein, könnt id bei dir jein! 





576 


4. Schätzchen reih mir deine Hand, 6. Scheiden ift ein hartes Wort, 

Deine Hand zum Unterpfand, Du bleibft hier und ih muß fort. 
Zum Beihluß einen Kuf, Weit und breit — ift die Zeit, 
Weil ih von dir ſcheiden muß! Breiter ift die Ewigkeit. 

5. In dem Waſſer ſchwimmt ein Fiſch: 7. Wenn wir uns dann nicht mehr ſehn 
Glücklich iſt, der das vergißt, Bleibt doch unſre Freundſchaft ftehn, 
Das vergißt, das vergißt, Freundſchaft ſtehn, Freundſchaft ftehn, 
Was nicht mehr zu ändern iſt! Bis wir dann uns wiederſehn. 


Text bei Simrod Nr. 152 (vom Mittelrhein. Mel. aus dem Siebengebirge (bi auf eine 
Note gleich der unter a). Text ift bier erweitert: Zum Abſchiedsliede find bier drei andere nicht 
zugehörige Strophen vorangejhidt. Ebenſo aus dem Lahn- und Dillfreis 1880— 1890. 


772. Leichter Abſchied. 


Mäpig bewegt. Mel. vom Thüringer Walde 1839. 





Jetzt wird der Berfchluß ge »maht: Schön-ftes Schäg-hen, gute, gute Nacht! 





Du bileibft bier und ih muß fort, fcheirden an ein an-dern Dt. 


2. Reih mir deine rechte Hand 4. Es kommt ein Reiflein in der Nadıt, 
Zum getreuen Unterpfand! Nimmt dem Blümlein feine Kraft, 
Einen Kuß zum Beſchluß, Seine Kraft, die nicht allein, 

Weil ih von dir fheiden muß! Seine Schönheit obendrein. 


3. Dentit, du wärft die Schönft allein? 5. Da drunten im Teich da ſchnalzt ein Fiſch: 
'8 giebt ihr! mehr die ſchöner jein; Yuftig, wer noch ledig ift! 
Deine Schönheit wird vergehn, Led'gen Leuten geht es wohl, 
Wie die Rofen im Garten ftehn. Ihre Kinder ſchlafen ſchon. 


6. Da drunten im Thal da liegt ein Steg, 
Darüber geht mein Schat feinen Weg; 
Der Weg der führt wol hin und ber: 
Wer weiß ob es der rechte wär. 


Zert und Mel. aus Thüringen und Heffen-Darmftadt: Erk IL, 4/5, Nr. 13 und Liederbert 

Nr. 130. Ziemlich gleich aus Unterfranken bei Scherer, Jungbrunnen 79B. Mit einigen Barian- 

ten aus Schumacher's Yiederhandfchrift von 1827 (Hannover, Keſtner's Mufeum) mitgetbeilt von 

Greceliud in Alem. XII, ©. 186, ohne 2. und 5. Strophe. Härtel's Liederleriton Nr. 145, 

35 Thür. Wald, aber blos b., 6. und 1. Strophe: Da unten in dem Teiche da ſchnalzt ein 
isch x, 


Abweihungen: 1,1 Jepund (Jepo) ift der Schluf ae I wird Be 
ſchluß gemacht: jchöniter Engel gute Rad (es iſt vollbracht). 2 ſchönſtes Mädchen, gute 


Nacht. 1,3 einen Kuß zum Beſchluß, weil ich von dir ſcheiden a 3, 1 Du meinft, du 
wärft. 3,2 2 ’8 giebt noch viel die fhöner fein, 4, 2 nimmt dem Blümlein feine Pradt. 
4,3 feine Pracht nicht allein. 4,4 feine Schönheit auch dabei. 6,1 Dort unten am Bad 
da liegt ein Steg. 6,3 Der eine gebt bin, der andre gebt ber. 6, 4 Ich weiß nicht, welder 
der beite wär (Schumacher). 








N. N. if ein fhö-nes Städtschen, dad da in dem Tha-le liegt, 





bift mit Mädschen aus = ge » ziert, daß man fei- ne Freud dran fieht. 


2. In dem Thale fließt ein Wafler: 3. In dem Wafler ſchwimmt ein Fiſch: 
Wär e8 lauter kühler Wein, Puftig, wer nod) ledig if: 
Wär es lauter kühler Wein, Ach wie weh, wenn ich geb, 
Sollteft du mein eigen fein. Sag ih: Schönſter Schat ade! 


4. Schätzchen, muß ich von dir gehn, 
Bleibt doch unfre Lieb beftehn. 
Einen Kuß, zum Beſchluß, 

Weil ih von dir fheiden muß! 


Zert, und Mel. aus Weftfalen: Reifferfcheid Nr. 41. Dort mit dem Anfang: Bölendorf 

— Ortchen, das da in dem Thale liegt. In Sachſen fingt man: Eiterlein ich muß dich laffen. 

er weſtfäliſche Text ift ein Fragment ded vorangehenden Licbesliedes, wie aud feine Melodie nur 
eine Bariante davon iſt. 


Der Anfang erinnert an: Hamburg ift ein ſchönes Städtchen x. 


774. Zum Abfdjied, 





Nun leb wohl, mein fei-nes Lieb-chen! nun leb wohl, uf ce =» wig 





wohl! Weit und breit, weit und breit, Kum⸗mer ift nun mein Ge +» leit. 


2. Auf dem Berge ift ein Wafler, 3. Auf dem Berge fließt ein Wafler, 
Wollt, e8 wäre kühler Wein; In dem. Wafler ſchwimmt ein Fiſch: 
Kühler Wein, kühler Wein Südlich ift, der vergift 
Sollft mein Troft mein Labſal fein! Was nicht mehr zu ändern ift. 


Bei Krepfchmer-Zuccalmaglio II, Nr. 152. Angeblih vom Niederrhein. Mel. ift gleich der 
zu: In den Garten wolln wir geben. 


Ertu. Böhme, Liederhort. 11. 37 





578 
775. Frohe Liebe. 


Heiter. Aus Bettenhauſen i. d. Wetterau 1892, 





nicht recht kann, der fang nicht zu lie» ben an. | 


2. Wenn wir und nicht wiederjehn, 3. Taufend Küſſe, liebes Kind, 
Bleibt doch unfre Lieb beitehn: Schid id dir wohl durd den Wint, 
Ich bin dein und du bift mein, Durh ven Wind und durh das Meer: 
Schatz, was fann dann ſchöner fein! Schag, wenn ich nur bei Dir wär! 
Bleihlautender Tert aus dem Odenwald 1858 durh W. v. Dönniges. 
Zum Scherz fingt man als Aufag noch folgenden Kinderreim, von dem fcheinbar die Melodie 
entlehnt iſt: „Bauer, bind dein Pudel an! daß er mich nicht beißen kann. Beißt er mid, ver 
ag ich dich, Taufend Thaler Loft es dich.“ — Vergl. zum Tert auch O. Bödel, oberb. BR. ©. 41 


776. Abfıhied vom Schähtzchen. | 
Etwas langjam. Altes Lied, aus dem Fürftentbum Meurs und aus dem Bergifchen 1838 
und Weftfälifchen 1840, 


Be 


Mb » fchicd muß ih neh » men bier wei » ter muß ib man = dern. 













al » ler jchön-fte Kind, hei-rath kei» nen An» dem! 


2. Gräm dich nicht und züm mir nidt, 4. Und wenn did der Wind anmweht 


Werd bald wiederfonmen, Auf der freien Straße, 
Geſchieht es auch im Winter nicht, So gedenfe: daß ih did 
Geſchieht e8 doh im Sommer. Nimmermehr verlafle! 

3. Hörit du dann die Bögelein (5. Nimmer von dir lafle ich 
Durh die Wälder fingen, Weder bier noch dorten, 
So gedenke, daß ich dir Eingenommen haft du mid) 
Thäte Botſchaft bringen. Mit fo fühen Worten. 


6. Eingenommen haft du mid, 
Muß ich felber jagen, 
Und fo viel ald du nad mir, 
Thu ich nah dir fragen.) 


Mündlih aus dem Fürſtenthum Meurs (1838) und dem Bergiſchen 1842. Gebrudt ki 
Erk II, 1, 46, ©. 55. — Ganz äbnlicher Tert aus dem Paderbornſchen 1812 von der Familit 
v. Harthauſen aufgezeichnet, daber Reifferfcheid, weitfäl, VL, Nr. 118. 


Barianten im Paderborner Tert: 1, 1 Abſchied nehmen muß ich jet. 1,3 D du Hr 
allerliebfte mein. 2,1 Keinen Andern beiratb nicht bi ich wiederfomme. 





579 


777. Scheiden und Meiden. 


Mäßig. Aus dem Naſſauerlande 1880. 


—— om] 






dei⸗net-halb. Aus dem Lan⸗de, aus dem Lan⸗de, aus dem Lande muß ich fort. 


2. Wo die helle Sonne fcheinet, 3. Unterm Apfelbaum im Garten, 
Da verweilet ftet8 mein Schatz. Da ſprach eins dem andern fo: 
Gute Naht, taufendmal, Gute Nacht taufenpmal, 
|: Wenn wir können :| uns nit frein! |: Deun wir können :| uns nicht frei'in! 


4. Und jo muß ih aus der Heimath 
In das ferne, fremde Land, 
Meinethalb, deinethalb. 

In die Fremde muß ich fort. 


Aus Alberode (Kr. Wipenhaufen) durh Wolfram. Tert genau fo 1854 in einer Zeitfchrift, 
deren Titel ich nicht angemerkt hatte. 


778. Abſchiedsworte. 
Leichter Abfchiev. ] 
Aus Kreis Weplar und Oberlahnkreis. 





Schä » ge» lein, da ich kann, und da ich fann nicht bei dir fein!‘ 


2. Kannft du fürwahr nicht bei mir fein, 4. Und als ich vor das Städtchen fam, 
Zaufend Seufzer ſchick ich ein, Stand mein Schatz und weinte ſchon. 
Tauſend Seufzer, mein liebes Kind, „Schönſter Schag, wein’ nicht fo laut, 
Wil ich dir ja fchiden dur den Wind.” Wenn ih wiederlomm’, wirft du es 

meine Braut.“ 

.Durch den Wind und durd) das Meer, — 5. Wenn ih ab'r nicht wiederlomm, 
Schönfter Schag, wie gefällft du mir! Sieh dich nah einen Andern um. 

Du bleibft bier, aber ih muß fort, Sieh did um und ſchau ihn an, 

Weiß nod nicht, an welchen Drt.‘ Daf du auch befommft ein braven Mann! 


ws 


[4 


Mündlich aud dem Kreis Weplar und dem Oberlahnfreis durh E. Wolfram 1890. 

Zert gleihlautend im Elſaß: Mündel 117, mit zwei Strophen rk „Lieben und 
lieben das ift qut, wer es recht verfteben thut x. Mit anderer Mel. ähnliches Lied bei Beder, 
Rhein. Riederb. Sk. 32, 


37* 








580 


779. 0 bleib bei mir! 


Mäßig bewegt. Aus Schwaben und dem Elfaß. 






J EAN —— 
Die die Blüm-lein drau » fen 
Und dn millft mir's Herz ver = 





u » ten in der A» bendelüf» te wehn! 
it » term,und du willft von mir nun gehn! 


* —— ( 
—————————— — — 
— AS „en © en m —— 


bleib bei mir und geb nicht fort, mein Herz ift ja dein Hei-mathesort! 





* Das Volk fingt im Elfaß: 
— — 








in mei » nen Her-zen iſt der fhönfte Ort. 


2. Hab geliebet dich ohn Ende, 3. Ach da draußen in der Ferne 
Hab dir nie was Leids gethan, Sind die Menfhen nicht jo gut; 
Und du drüdft mir ftumm die Hände Und ich gäb' für dich fo geme 
Und du fängft zu weinen an. Al mein Leben, all mein Gut. 
D meine nicht, o geh nicht fort, D bleib bei mir, o geh nicht fort, 
Mein Herz ift ja dein Heimathsort! Mein Herz ift ja dein Heimathsort. 


Als Bolfdlied aus der Umgegend von Hobenftaufen zuerft bei Silcher, 12. Heft Nr. 1 (um 
1840). Darnach Tert und Melodie bier. Wird im — noch beute viel geſungen, mit unbe 
deutender ſchlechtet Melodievariante, die offenbar Silcher gebeffert bat. Auch das nicht volke— 
mäßige gis im 5. Tafte ift vermutblich von ibm gefept. Das Gedicht foll von Sternau fein, 
wäre alſo fein eigentliches Volkslied, ift aber in Süddeutſchland fehr beliebt, 
Mit folgender Zufapftrophe im Elfaß gebört: 

„Und du willft num von mir fcheiden, 

Laffen mich fo ganz allein? 

Raubeſt mir nun alle Freuden: 

Lebe wohl, vergiß nicht mein! 


780. Siheidelied, 


Etwas langfam. Aus dem Heffen-Darmftädtifchen 1858 und Taunus (Wärgerd 1877). 
ii 














fheisden wir al» le in Frie⸗den, doch fehmerzt und die Trennung fo fehr! 





581 


2. Bergebung, wie fann ich noch fherzen? 4. Wie kann ich die Gegend vergefien, 


Ih fühle der Abſchied thut weh. Worin wir zufrieden einft warn? 
Wie kann ic den Sammer verſchmerzen, Die Pläge, worauf wir gefeflen 
Denn wir uns fo lange nicht jehn? Deglüdet im vorigen Jahr. 

3. Bergieb mir, wie ich dir vergebe, 5. Komm laß di noch einmal umarmen, 


Bon neuem folld nicht mehr gejchehn. D Theure! gedenke an mid. 
Du weißt ja, wie fehr ich dich liebte, Bol Rührung erftredt fie die Arme 
Wie gern du von mir wirft gefehn. Und fafjet zum legtenmal mid. 


Zert und Mel. aud Kammerbof (Heffen-Darmftäbtifh) 1858. Die Mel. nur einige Roten 
abweichend (wie hier) aus’ Würged im Taunus 1877. 


781. Züärtlicher Abſchied der Dorfſchönen bei ihrem Wegzuge. 


‚ Etwas bewegt. Aus Rönnebed bei Granſee 1854. 








Nun a» de, mein ſchön-ſtes Le= ben, nun a = de, mein fhönfter Schatz! 





2. Zieh ich gleih aus dieſem Dorfe, 3. Wenn ich gleich ein Vöglein wär’ 


Zieh ih drum nicht aus der Welt. Daß ich heut noch fliegen könnt, 
Meine Lieb fol ſich nicht ändern, Wollt ich fliegen über den Rhein, 
Dieweil ich lebe auf der Welt. Zu dem Herzallerliebften mein. 


4. Zeufend Seufzer will ich ſchicken 
Mit der Botſchaft, daß ich treu, 
Mit der Botihaft in das Haus, 
Wo mein Schat geht ein und aus. 


782°, Scheiden. 


Sangfam und innig. Allgemein befannte Melodie, 1823 zuerft gebrudt. 







Da +» rum bift du denn fo trau-rig? bin ih al ⸗-ler freu» den voll! 


Meinft, ih mwollste dich ver» laf » fen? du ge-fälft mir gar fo wohl. 





582 


Süpddeutfhe Melodie. 


Langſam. 


Ta EP — 


tv 


* 
— 


— 


mit Mel. aud dem 


Meinft, ih 





wohl, 


A. Aeltere Faſſung (1823). 


.‚ Warum bift du denn fo traurig? 


Bin ih aller Freuden voll! 
Meinft ih follte dich verlaflen? 
Du gefällt mir gar fo wohl.‘ 


„Morgen will mein Lieb abreifen, 


Abſchied nehmen mit Gewalt; 
Draußen fingen ſchon die Vögel 
In dem Walde mannigfalt.“ 


. Safen da zwei Zurteltauben 


Safen wohl auf grünem Aft: 
Wo fid zwei Verliebte ſcheiden, 


Da wählt nicht mehr Paub und Gras. 
. ‚Laub und Gras das mag verwelfen, 


Aber treue Liebe nicht; 
Kommft mir wohl aus meinen Augen, 
Dod aus meinem Herzen nicht.‘ 


du ge » fällft mir gar fo wohl. 


G. Scherer, Boltäl, Rr. 27. 


nn mn 


fönn» te dich ver-laf »- fen? Du 





ge» fälft mir gar fo 


B. Ert's Faffung. 


. Warum bift du denn fo traurig? 


Din ih aller Freuden voll: 
Meinft ich follte dich verlafien? 
Du gefällt mir alfo wohl. 


Eh ih did, mein Kind will Laffen, 


Muß der Himmel fallen ein, 
Und die Sternlein fi erblafien, 
Sonn und Mond verfinftert fein. 


. Safen da zwei Turteltauben 


Dben auf dem dürren Aft: 
Wo fi zwei Berliebte jcheiden, 
Da verwelfet Laub und Gras. 


. Laub und Gras das mag verwelten, 


Aber treue Liebe nicht; 
Kommft mir zwar aus meinen Augen, 
Aber aus dem Herzen nicht. 


Eins der ſchönſten Volkälieder aus dem Anfange unferes Jahrhunderts. 


Ritteratur: 1.) Büſching und von der Hagen 1807, 
blos 4 Str. Anfang: Warum bift du denn mein Kind fo traurig? Zertabdr. Erf IL, 1, 

2.) Teutſches Liederb. f. Hochſchulen. 1. ©. 433 mit 
Melodie: Warum bift du denn fo traurig? — Hat wieder nur 4 Str. wie 


randenb, 


©. 25, Nr. 9 (ohne Melodie). Tert 
Nr. 39, 


üfhing. Abdr, Er» 


lad III, 476. Kregichmer I, Nr. 284. Mittler 797. Bilmar 183, Haſe, Liederb. des d. Boltes 
1883, Nr. 554. — 3.) Erf, Liederb. Nr. 118 aus verfhiedenen Gegenden, mit der alten, allbe 
fannten Mel. von 1823. — 4.) Aus Franken: Ditfurtb 2, ©. 68. 5.) Vom Thüringer Wald bei 
Schleicher Nr. 29: Schäkchen, warum bift du denn fo traurig? — 6.) Aus Thüringen bei Schade, 
Weimar. Jahrb. IIL, 305, Nr. 9. — 7.) Rhein. Märlein 5. 9%. — 8.) Aus Bonn: Simrod 
Nr. 315: Schäplein, warum bift du ıc. MWeberfhrift: Soldatenreht. 9.) Bom Schwarzwald; 
Maier, Volkel. 3. Heft, Nr i. 10.) G. Scherer, Bolfal. 1864, Nr. 27 mit füddeutiher Melodie. — 
11.) Aus dem Elſaß: Mündel Nr. 51 mit vielen Zufägen. 12.) Aus BWeftfalen: Reiffericheid 41. 
13.) Ein gang abweichender Tert von der Mofel: Erf, Ldhort 1188. 


Barianten: 1, 1 Schag, mein Schag, warum fo traurig? (ſ. oben). 1, 3 meinft ich 
könnte (wollte, follte) dich verlaſſen. 1,4 all zuwohl, gar zuwohl. B. 2, 1 Eh ich dich mein 
Schap. 2,3 die Sonne ganz erbleihen. 2, 4 und der Mond verlier'n den Schein. B. 3,1 Mor: 
gen muß ich von dir reien. 3,3 luftig fingen fchon die Vögel draußen in dem grünen Wald. 

. 3, 1 Sigen dort (einft) zwei Turteltauben. 3,2 oben auf dem bürren Aſt. 3,4 da wächſt 
weder Laub noch Grad. 4,4 aber nicht aus meinem Sinn. 





583 


182», 
Weitfälifhe Lesart. 
Schr mäßig. Aus dem Paderborn 'fchen. 


6-2... - — — — Fr an — — ee ——— 
—3* 5 —R° —— = == 5 ie * — a! If — — — — —* 
r — —7 — —— —— 




















— —— > — rn 





Morgen will mein Schag ab » reis fen, Ab⸗ſchied nimmt er mit S 





2. Schatz, warum bift du fo traurig? 3. Schätzchen, wenn ich dich vergefle, 


Ih bin aller Freuden voll; Soll der Himmel fallen ein; 
Meinft, ih thäte dich verlafien ? Wo fi zwei Verliebte ſcheiden, 
Du gefälft mir gar zu wohl. Da verwellet Laub und Gras. 


4. Laub und Gras verwelfet zwaren, 
Aber treue Liebe nicht: 
Kommft mir zwar aus meinen Augen, 
Aber nicht aus meinem Sinn. 


Aus dem Paderbornſchen bei Reifferfheid Nr. 41. Diefe Ledart um 1815 — 1820 von der 
Familie v. Harthaufen aufgezeichnet, beweiit: daß die Anfangsftropbe nicht fpäterer Zufag zu un— 
jerem Liede ift, wie Erf meint und fie audfcheidet; nur paßt fie nicht gut in die Mitte des Liedes, 
wenn ſchon Fragen und Berficherungen der Treue vorangegangen find. Die Melodie bier ift nur 
eine gute Variante der alten 1823 gedrudten ; fie bezeugt, daß zu Anfang des 18. Jahrh. ſchon 
Tert und Weife in Norddeutfchland befannt war. 


782°, Eine Schwalbe madt keinen Sommer. 


Mari. Soldaten-Marfchlied. 








— — 
drau⸗ßen fin » gen ſchon die Börgel (ſin⸗gen ſchon die Vö⸗gel) in dem dunsfelsgrümen 
Chor-Refrain®. 


— ll — 
— — 


Bad. Ah es fällt mir fo ſchwer aus- ein-an-der zu gehn, wenn die 





— Jen ce — — 


— — ⸗— — — —— 
Hoff» nung nicht wär auf ein Wie-derſehn. Drum a» de, drum a» de, drum a- 















de, drum as de! Herz» liebschen, le» be wohl! 





584 


* Der Refrain abweihend von Hefien-Darmftädter Solvaten 1880: 





wohl, auf Wie » der» fehn! 


1. Morgen will mein Schat abreifen, 3. Laub und Gras das mag verwelfen, 
Abſchied nehmen mit Gewalt, Aber unfre Liebe nicht. 
Draußen fingen fhon die Vögel Du kommſt mir aus meinen Augen, 
In dem dunfeln, grünen Wald. Aber aus dem Herzen nicht. 
Refr.: Ach es fällt mir fo ſchwer Ach es füllt mir ıc, 
Aus der Heimath zu gehn, 
Wenn die Hoffnung nicht wär 4, Eine Schwalbe madt fein” Sommer, 
Auf ein Wiederfehn. Ob fie sieh die erfte ift; 
2. Safen da zwei Turteltauben, Und mein iebchen maqht —* Kummer, 
Beide auf nem grünen Aft: “u gleich die Schönfte ift. 
Wo fi zwei Verliebte fcheiden, ch es fällt mir ıc. 


Da verwelfet Laub und Gras. 
Ah es fällt mir ıc, 


5. Spielet auf, ihr Muſikanten, 
Spielet auf ein Abſchiedslied, 
Meinem Lieben zum Gefallen, 
Mags verdrießen, wen es will. 

Ach es fällt mir ꝛc. 


Neuere Marfchmelodie in gar Deutſchland gelungen. Mündlih aus Sachſen, Preußen (1866) 
und Heffen-Darmftadt (1880). Aebnlicher Tert aus dem Elſaß (Mündel Rr. 51) wo zwei Strophen noch 
vorangeben „Warum bift du denn fo traurig ac.“ 

Die Soldaten in Norbdeurfhland und am Rhein haben zu diefer Melodie ald Anfangäftropbe 
—— „Hamburg iſt ein ſchönes Städtchen, weil es an der Elbe liegt; drinnen wohnen 
ſchone Mädchen, aber feine Jungfer nicht. Und es fällt mir fo ſchwer von einander zu geben ıc.“ 
en Strophe 4 und 5 von oben. Die Paufen füllen die Sänger aus mit den Silben: 

um, fchum. 


782°, Sirheiden. 
1. Schag, mein Schag, warum fo traurig? 2. Mein ich doch, liebft mich von Herzen 


Bin doch aller Freuden voll. Und feift mir von Herzen treu: 
Schatz, mein Schatz, du haft befohlen, Oder ift es nur ums Scherzen? 
Daß ih dich nur lieben fol. Führft du mih am Narrenfeil?‘ 





nm .n— 


585 


3. Ach die Mutter kanns nicht leiden, 4. Hätt ich dich, herzliebftes Schäglein, 


Daß ich fite neben dir — Hätt ich Dich, du rother Mund, 
Müſſen von einander fheiden, Hätt ic Dich in meinen Armen, 
Scheid ih nur mit Schmerz von bir. Wär mein junges Herz gefund !* 


5. Sitten dort zwei Turteltauben 
Auf dem dürren Eichenaft. 
Wenn zwei junge Liebchen ſcheiden, 
Han fie weder Ruh noch Raft. 


Mündlih von ber —* Erk, Liederh. 11682. 
Das Lied hat ganz anderen Inhalt als voriges Lied: nur der Eingang und die Zurteltauben- 
ſtrophe find benußt. 


782°, Tauſendſchähzchen. 


1. Nun adien, mein Tauſendſchätzchen, 5. Stehn zwei Stern am hohen Himmel, 
Lebe wohl, mein Engelskind! Slänzen heller als der Mond; 

Jetzt reij’ ich aus dieſem Städtchen Der eine ſcheint über mein Feinsliebchen, 
Und muß fhöpfen friihen Wind. Der andre über Berg und Thal. 

2. Jetzt geb ich meim'm Pferd die Sporen, 6. Seben ſich zwei Turteltauben 
Zu dem Thor reit ih hinaus; Dort auf jenen Dornenaft: 

Schatz, du bleibft mir unverloren, Wo fi) zwei Berliebte ſcheiden, 
Bis ich wieder fomm nah Haus. Da verwelfet Laub und Gras. 

3. Wenn ich wieder nad Haufe komme, 7. Zwar bin id noch jung an Jahren, 
So will id heirathen dich; Das Marſchieren mir gefällt, 
Heiratheft du aber einen Andern, Etwas Neues zu erfahren, 

So will id verklagen did. Wie e8 zugeht in der Welt. 
4. Rosmarin und Feigenblätter 8. Spielet auf ihr Mufifanten, 
Geb ih dir beim Äbſchiedskuß; Rühret euer Saitenfpiel, 
Die folln fein ein Angevenfen, Mein'm Feinsliebihen zu Oefallen, 
Weil ih von dir ſcheiden muß. Weil ih von ihr ſcheiden will! — 


Pröble, Bolfslieder Nr. 48, aud dem Hannöverſchen Harze. 
Abfhied vom Liebchen vor der Wanderung des Gejellen. Allbekannte Lieblingsſtrophen find 
4,5, 6 und 8 bier. 


783. Abſchiedslied. 










Ich muß ri » frem »de Stra⸗ßen, 
e 


muß mein'n Schap ein'm Ansdern Taf + fen. | Schei⸗den, ad) Schei-ben thut fo 





weh, wenn zwei Feind » Tiebschen aud-ein-an» der gehn. 





586 


1.3 muß reifen fremde Strafen 2. Liebes Schäglein, ſchweig nur ftille, 
Muß mein'n Schag ein'm andern laſſen, Dent, e8 wär’ ja Gottes Wille, 
Scheiden, ad Scheiden das thut weh Denk, daß es Gott fo haben will 


Wenn zwei Feinsliebhen auseinandergehn. Ich lieb mein'n Schaf ganz in der Still. 


Aus Hennetbal bei Schwalbadh 1880. Untertaunus und Hr. Weplar. 
Mel. fehr ähnlich der „Lottchen, Lottchen, wir wolln eins trinfen.“ 


784 In Eöln it meine Liebe. 
Wanderlied. 
1. In die Ferne muß ich wandern, in die Ferne muß ich gehn, 
Muß die geliebte Heimath meiden, tief im Herzen thut mirs weh! 


In dem Colonia ift meine Liebe :]: 
Mir wird fo bange, :|: das Herz in meiner Bruft. 


2. Wie mande Stunde hat geihlagen, in der ich nicht an dich gedacht; 
Dod gerne wollt id Alles tragen bis in die ftille Todesnacht. 
In dem Colonia x. 


3, Die erfte Liebe geht von Herzen, die andre brennt nicht mehr jo heiß: 
Wie glüdlih ift der Menſch auf Erden, der nicht weiß was Vieben heißt! 
In dem Colonia ıc. 


Bom Rhein um 1840. 


785°. Abſchied. 


A. Allgemein verbreitete Form. 
Mäßig. Schwäbiſch aus dem Remsthal 
— — 


—— — - = —— — — 
* ar X en ia B 
—— — EI 











| Muß i denn, muß i denn zum Städ ech naus, Städste« Te naus, und 
MWenn i fomm, wenni komm, wenn i wie - drum fomm, wie-drum komm, febr i 





— — — Kam nen 
du mein Schag bleibft hier! eG MR Air fo 
ein, mein Shah bei Sr Kann i gleidy net all» weil bei dir fein ban i 








doch mein Freud an dir; wenn i fomm, wenn i fomm, wenn i wiebrum komm, 





wiederum fomm, kehr i ein, mein Schap bei bir. 





587 


2. Wie du weinſt, wie du mweinft, daß i wandere muß, 
Wie wenn d’ Lieb jest wär vorbei! 
Sind au drauf, find au drauf der Mädele viel, 
Lieber Schatz, i bleib dir treu. 
Denk du net, wenn i a Andre fieh, 
No fei mein’ Lieb vorbei; 
Sind au drauf, find au drauf der Mädele viel, 
Lieber Schatz, i bleib dir treu. 


3, Uebers Yahr, übers Jahr, wenn mer Träuble ſchneid't, 
Stell i hier mi wiebrum ein; 
Bin i dann, bin i dann dein Schätele nod, 
So foll die Hochzeit fein, 
Ueberd Jahr do ift mein Zeit vorbei, 
Do g’hör i mein und bein, 
Din i dann, bin i dann dein Schätele nod, 
So fol die Hodyzeit fein, 


Schwäbifh. Tert und Mel. wie bier zuerft gebrudt in Fr. Silcher's XII Volkslieder für 
Männerftimmen (um 1827), Heft 2, Nr. 12. Daber Erf, Liederb. Nr. 120. Die 2. und 3. Strophe 
bat für die Silcherſche Ausgabe ein junger Schwabe, Heinrih Wagner (pfeudonym Wergan) in 
Tübingen 1824 hinzugedichtet (fiehe deſſen „Stehpalmen“. 4. Bändchen. Stuttg. 1833). Die 
urfprünglichen Strophen mögen die von ung unter B gegebenen fein. Die Melodie ftammt aus 
dem Reméthal. Tertnahdruf in den Bolfdliederfammlungen von Simrod 255. Mittler 697. 
Pröble Nr. 46. Scherer, Jungbr. S. 177 und in allen Tafchenliederbühern. Schon im Frei— 
bafen. Altona 1839. 2. Heft S. 40. Im Elſaß (Wederlin II, ©. 186). Silcher's Tert wenig 
abweichend: Muß i jet :]: zu mim Städtele naus. 

Das Schwabenliedle fand weitefte Verbreitung nicht nur durdy Singvereine, fondern auch ala 
Einlage zu dem Liederfpiel „Stadt und Sand“ — und wird meift in bochdeutfcher Uebertragung 
in ganz Deutichland gefungen. Gelbft der Jugend ift die Melodie bekannt durch Hoffmann's 
Kinderlied: „Nachtigall, Nachtigall wie fingft du fo ſchön!“ 

Die Mel. ift (nad Pröhle) lebendig, treuberzig, zutbulid. 

Einige ſchwäbiſche Wortformen der 1. Ausg. (4. B. Johr, Hochzig, non für no, wen nun 
* man) hat ſpäter Silcher felber entfernt. Nicht fo Scherer, ee Nr. 74 A, dem 
ich folge. 


789”, 


Yeltere Form. 
Mäßig. Aus dem Odenwald. 












— —— a —— — = 
Muß ich denn, muß ich denn, zum Dörflein hinaus, und du Be | 
Bann ich komm, wann id) komm, wann id) wiedrum komm, kehr ich ein,meinSchag bei dir. 





Kann ich gleich nicht all» zeit bei dir fein, hab ich doch mein Freud an bir; 





588 


2. Kein Bauernmädchen mag ich nicht, 

Schau mid nur feine an! 

Was batt mich ein ganzer Hut voll Gelv? 

Nur Unglüd ftell ih an. 

8 muß eine fein ganz hübſch und fein, 

Muß kommen aus der Stadt, 

Die vom Kopf bis zum Fuß ganz 
fauber ift 

Und feinen Fehler hat. 


3. Wennmirder Pfaff fein Weib nicht jchaft, 


Sp weiß ih mir fhon Rath: 

Daun geh ih auf den Werbplat Hin 

Und werb ein Herr Solvat. 

Und da krieg ih Geld und da zieh ic 
in's Feld, 

Und da ift mein Herz erfreut; 

Und warn ich zu meim Schäschen komm, 

So lieb ichs wieder aufs neu, 


Zert und Mel. aus dem Odenwald und der Gegend von Franff. a. M. (Dffenthal, Dreieichen- 
bain) bei Erf, Liederb. Nr. 120°. Derfelbe Tert etwas beffer geordnet aus der ſchwäb. Alp bei 


Scherer, Jungbr. 74 B, wie hier. 


Man wird zugeftchen, daß die 2. und 3. Str. bäurifh grob find und in den fchönen Stro- 


phen bei Silcher guten Erſaß fanden. 


786°. Abſchied non Berlin. 


Etwas langfam. 


Aus Heffen-Rafjau. 





Bon dir muß ich ſchei⸗ den, prädhsti » ges Ber⸗-lin! Al: le mei-ne Freuden 





find von nun an hin. 


Ich wollt daß die An» dern aus den Thoren wandern! 





Ah du fhörner Ort, warum muß ih fort? 


2, Unter deinen Linden, 
Wenn der Frühling lacht, 
Wird fih Abends finden, 
Was den Tag vollbradt. 
Seelenruh und Stärke 
Von des Tages Werke. 
An des Liebchens Bruſt 
Ruht ſichs voller Luſt. 


3. Auf der Haſenheide 
War ich oft vergnügt. 
Und ſo manche Stunde 
Mich dahin verfügt. 
Stunden ſind verfloſſen 
Die ich hab genoſſen, 
Stunden find dahin: 
Prächtiges Berlin! 


4. An der Königsmauer, 
Wo der Mond aufgeht, 
Stand ih auf der Lauer 
Bis die Thür aufgeht. 
Drunten in der Stube 
Sitzt ein Heiner Bube, 
Spielt mir etwas vor 
Vom Berliner Thor. 


5. Moabit und Pankow 
Auch Charlottenburg, 
Noch einmal möcht ich reifen 
Eure Fluren durd. 
Schöneberg vor allen 
Du haft mir gefallen 
Lebe wohl aud du, 
Lichtenberg dazu. 











589 


6. Rebe wohl, o Mädchen, 
Weil ih ſcheiden muf. 
Ih kann nicht mehr weilen, 
Weiter muß ih nun 
In ein Heines Städtchen 
Yebt man ohne Mädchen 
Leb in guter Ruh 
Schönfter Schag dazu. 


Bon Handwerktöburfchen vor 1850 viel gefungen. 


7. 2ebet wohl ihr Lieben 
Gott verleih euch Glüd! 
Nimmer kehr ich wieder 
Nah Berlin zurüd. 
Lebet wohl ihr Feinde, 
Auch ihr beiten Freunde 
Bleibt, ihr Linden grün! 
Lebe wohl, Berlin! 





786”. 


Undere Melodie. 


Etwas bewegt. 








Aus Dillenburg u. dem Taunus 1880. 


u —— — nt 
zum 


Freu⸗den find ſchon längft da » bin. 


2. Stunden find verfloffen 
Die ih hab genofjen, 
D du jhöner Drt, 
Weiter muß ich fort! 
3. Auf der Hajenheide 
War id ganz vergnügt, 
Da war große Freude, 
Jetzt iſts aber nichts. 
‚An der Königsmauer, 
Wo mein Schäden fteht, 
Stand id auf der Yauer 
Bis die Thür aufgeht. 


— 





5. Tritt man in die Stube 
Sitzt ein Heiner Bube, 
Spielt mir etwas vor 
Vom Berliner Thor. 

6. Prächtiger Thiergarten, 
Bald verlaß ich Dich, 
Kann nicht länger warten, 
Weiter reife id. 

7, Unter deinem Schatten 
Hier auf fühlen Matten, 
D du ſchöner Drt, 
Weiter muß id fort. 






8. Wenn aud alle andern 
Aus Berlin thun wandern 
Bleibt mein Herz bei dir, 
D wie wohl wird mir! 


187. Abſchied beim Wein. 


Aus dem Lahnthal. 





Seid munster und fröb »lih, al-les was nur jun= ge Bur ⸗ſche fein! Se» pet 





nie » der bei ein Glas Wein! 


bier euch 





590 


2. Dann wollen wir trinfen 4. Dann wollen wir ſprechen 
Bis der Thaler ift verzehret, Ein angenehmes Wort, 
Denn e8 hat uns Allen Wollen Rojen abbrechen: 
Recht wohl gefhmedt. Schatz, ih muß fort! 
3. 3m Rofengarten 5. Mein Schatz ift traurig, 
Da wollen, wollen wir Weil ih muß zum Thor hinaus 
Auf einander warten Schwarzbraunes Mädchen, 
Auf ein Glas Bier. Bleib ftets zu Haus! 


6. Adjes, mein Yiebchen, 
Reich mir deine zarte, zarte Hand, 
Bis ih wiederum komme 
Ins Heimathland. 


Durch Herm E. Wolfram 1890. 


788°, Leichtfertiger Abſchied. 


Quftig. Aus dem Labntbal 1880. 





freu «» en fib mit fro » bem Mutb, mein Ro » fin « hen ift mir 


gut. 





Fal-lee» ri» fale le» ra, fal« le» rallalasla, falsle» ri, fal« le» ra, fal>le 






vr VE — ? mr EnEnE 


rallala» la da! freu-en ſich mit fro » dem Mutb,mein Ro +» fin» ben ift mir gut. 





2. Lieb Roſinchen, ih muß ſcheiden, 3. Schreib auf marmorfteinerne Tafel; 
Drum bridt mir mein Herz vor Yeide, „Bier liegt fanft mein Schag begraben 
Wenn wir uns nicht wiederjehn, Friedrich Wilhelm Auguſtin“ — 

So muf ich vor Leid vergehn. Die getreufte Dienerin. 


4, Du Getreuſte meiner Seele 
Schlummre fanft in dunkler Höhle. 
Du haft oft um mic geweint: 

D wie haft du's gut gemeint! 


7885. 
Andere Lesart. 


‚Mein Roſinchen, ih muß ſcheiden, 2. Komm ich in ein andres Städtchen, 
Mir vergeht das Herz vor Leiden, Frei ich mir ein ander Mädchen, 
Komm und reich mir deine Hand, Frei ich eins nach meinem Sinn, 
Denn ich muß ins fremde Land. Mein geliebter Schatz iſt hin. 


— 





591 


3. Ruhe fanft in deiner Hülle, 
Du Getreuſte meiner Seele, 
Dis dir einft das Licht erjcheint, 
D mie treu haft du's gemeint! 


Aus dem Dillkreis 1880, Aehnliches Lied, Abſchied eined Soldaten, mit anderer Mel, aus 


dem Eleifhen: Erf I, 3, Nr. 11: 


789, 

1. Nun adje, jett gehts zum Reifen, 
Nun adje, jegt reif’ ih fort! 
It das nicht ein großes Leid 


Wenn man zwei von einander fcheibt? 


2. Du gehft in den Rofengarten 
Du bridft mir zwei Röfelein ab, 


Du aber belommft den doppelten Rohn, 


Ich aber muß gehen weit davon. 


„Schön Mamſellchen, ih muß ſcheiden.“ 


Abſchied vom Liebrhen. 


3. Bater und Mutter die wollens nicht 
haben, 

Bater und Mutter die jehens nicht gern. 
Und darım will id folgen 
Folgen bis in den Top. 

4. So lang wolln wir ledig bleiben, 
So lang wolln wir ledig fein, 
Dis der Buhsbaum Wolle fpinnt 
Und das Feuer den Schnee entzündt. 


5. Bind’ ein Bänblein an den Arm, 
Und ein Sträuflein auf meinen Hut, 
Dieweil ich von dir, Liebe, 

Abſchied nehmen muß! 


Aus einem im Eljaß um 1840 gefchr. Riederbeft. 


790. Mebers Jahr! 
Matroſenlied.] 





1. Ue- bers Jah, mein —— ũ⸗ bers a 


wenn die Ro» * blühn im Gar⸗ten, 





— 








SE 


= — du mid er — 











Jahr, mein Schap, ü» bers Jahr, 


2. Komm ich nicht zurück übers Jahr, 
Wenn des Kuckuls Ruf erflungen, 


Dann bat mih die See verfchlungen, 


Dann leb wohl auf immerbar! 


Uebers Jahr, mein Schag, übers Jahr. 










üsberd Jahr, mein Schap, ü - bers Jahr! 


3. Und fomm idy zurüd übers Jahr, 
Und hat fi bewährt dein Lieben 
Und bift du mir geblieben, 

Dann gehn wir zum Altar — 
Uebers Jahr, mein Schag, übers Jahr. 


Aus dem Elſaß (Niederfteinbach bei Weißenburg (durh Herrn Gajlel). 


Mit Genehmigung des Originalverlegers Herrn Carl Rüble in Leipzig. 





592 


791°. Abſchied von der Geliebten. 


Aelteres Lied. 
Mäßig bewegt. Mel. des 18. Jahrh. (noch 1829. 





fo reif ih men von hier und muß Ab ⸗ſchied neh-men. 
D du ale ler-fhön-fte Bier, Scheirden das bringt Grä » men! 





Schei · den macht mich fo be- trübt, weil ich dic, die mich ge » liebt ürber alele 





Ma » Ken, foll und — ver⸗laſ⸗ 


fen. 


2. Wenn zwei gute Freunde fih von einander trennen 
Wie das ift fo jämmerlih, mußt du felbft befennen ; 
Noch viel größer ift der Schmerz, wenn ein treu verliebtes Herz 
Muß von feines Gleihen eine Beitlang weichen, 


3. Schatz, leb wohl und dent an mid, denn id muß nun fcheiden, 
Du wirft mir aud ewiglic im Gedächtniß bleiben. 
Hörft du oftmals Vögelein, wife daß es Boten fein, 
Die mit ihrem Singen einen Gruß dir bringen. 


4. Küffet dir ein Lüftelein Wangen oder Hände, 
Wille, daß es Seufzer fein, die ich zu dir ſende; 
Zaufend fchi ich täglich aus, die da wehen um dein Haus, 
Dieje da zu finden, die mid fonnte binden. 


5. Diefes hab’ ih noch zulegt meiner Taufend Freude 
Jetzt zur Nachricht aufgefegt; und nun heißts: Ich ſcheide! 
Lebe du in Fried und Ruh, bis du thuft die Augen zu; 
Reid mir deine Hände, denn es geht zum Ende. 


Erf, Liederbort Nr. 111: vielfah mündlih aus dem Brandenburgifhen, Schlefien, Sachſen, 
vom Niederrhein ꝛc. 

Die Mel. wurde am Ende des 18. Sant. verarbeitet zu dem Scherjliede vom Schulmeijter 
und den Kinden: Abode fg. — J. Sam. Petri, Anleitung zur prakt. Mufit. Lpzg. 1782, 
©. 455 bringt diefelbe Mel.: Gdur 4, ghlddjee/d?|cce/hhlaa|g}:] Mm 
der Flötenihule von F. Devienne fommt dad Thema genau fo vor, dabei aber der franzöſiſche 
Tertanfang: „Ah! vous dirai-je, Maman.“ Mozart fchrieb über diefes Thema aud Baria. 
tionen. Auch in englifchen und deutfchen zä en gebrauchte, alfo internationale Melodie, 

Die Weife „Morgen muß id fort von fer diente 1799 einem Friedensliede: Fl. Bl. 80. 

4 Bl. „Neue Srenbeitölieder 1799“. (Davon das 2.) Vom Frieden. 


Uf die Wys: Ach mein allerliebftes Kind, 
jepo muß ich fcheiden, 
1. Frieden ift es lieblis Wort, 
De Engel thuend echs fingen x. (10 Str.) 


Vermutblih in Straßburg gebrudt. 








593 


791*. Abſchied. 


— 


.Nun fo reis id weg von hier 
Und muß binfort meiden 

Did, mein allerihönfte Zier! 
Scheiden das bringt Leiden; 
Scheiden macht mic fo betrübt, 
Weil ich Die, die mich geliebt 
Ueber alle Maßen, 

Sell und muß verlafjen. 


2. Wenn zween gute Freunde ſich 
Bon einander trennen, 
Wie ift das jo jämmerlich, 
Muft du felbit befennen, 


Noch viel größer ift der Schmerz, 


Wenn ein treu verliebte Herz 
Muß von feines Gleichen 
Eine Zeitlang weidyen, 


3. Sollte man mir Seel und Herz 
Bon einander reißen, 
Wär es dod fein folder Schmerz 
Gegen den zu heißen, 
Wenn ein feit verbundnes Paar, 
Das da ſtets beifammen war, 
Bon einander ſcheiden; 
Ah, das bringet Leiden! 


4. Ach, ihr lieben Götter ihr, 
Könnt denn ihr das fehen, 
Daß ih forthin für und für 
Muß in Lieb vergehen? 
Wann ic habe was gethan, 
Höret nur mein Zeugen an: 
War nicht mein Gewiſſen 
Stets aufrecht beflifjen? 


5. Warum foll mid denn fo fehr 

Mein Berhängnif treiben, 

Daß wir fort nicht dürfen mehr 

Bei einander bleiben? 

Meine Wunden jhmerzen mid), 

Weil ih fol jo jämmerlich 
ndern meine Sinnen, 

Denn ih muß von binnen. 


Aus: „Zugendhaffter Jungfrauen und Jungengefellen Zeit-Bertreiber (um 1690) 


Daher Liederhort Ar. 1112. — 


J Erklärung: 4, 8 aufrecht, aufrichtig. 


Erf u. Böhme, Liederhort. U. 


6. 


D denn da ich jheiden foll, 
Warum muß ic) lieben, 

Und das, jo mir thäte wohl, 
Hilft mich erſt betrüben? 

Mein Herz jeufzet Weh und Ad, 
Weil mir Das nicht folget nad, 
Was in meinem Leben 

Mir könnt Labſal geben. 


„Nur nody dieſes tröftet mich, 


Und du darift es gläuben, 
Daß ich nicht werd ewiglich 
Bon dir außen bleiben; 
Mein Striemen werben fort 
Wieder eilen an den Drt, 
Da fie angefangen 

Hülfe zu erlangen. 


. Denk zu Zeiten nod an mid, 


Wenn id werde fhreiben; 
Du wirſt mir aud ewiglich 
Im Gedächtniß bleiben. 
Hörft du oftmals Bögelein, 
Wille, daß es Boten fein, 
Die mit ihrem Singen 
Einen Gruß dir bringen. 


. Schleiht zu dir ein Winden ein 


Hier auf diefer Gaſſen, 

Wille, daß es Seufzer fein, 

Die von mir gelaſſen; 

Zaufend ſchick ich täglich aus, 
Die da jchleihen um dein Haus, 
Dieje da zu finden, 

Die mich funnte binden. 


. Diefes Hab ich noch zuletzt 


Meiner Tauſend⸗Freude 
Zur Nachrichtung aufgejekt; 
Nun fo heißts: Ich ſcheide! 
Lebe du in Fried und Ruh, 
Dis du thuft Die Augen zu; 
Reich mir deine Hände, 
Denn es geht zu Ende. 


Nr. 195, 


7,5 Striemen, Wunden vom Schlagen. — 


38 





594 
791°. Lebemohl. 


Andante. Mel. comp. v. Silcher III, Ar. 8. (1827. | 
me 





Mor: gen muß ib fort von bier und? muß Ab ſſchied neb » men, | 


ee 
du al» Ter« fhön»fte Zier, Schei-den dad bringt Grä » men. 
— — — — 














— 4" 
Da ib dich fo Febr ge» liebt üsber al» Te Ma» fen; 








fol ih dich ver » ff =» fen, ſoll ich Dich ver» Tafrjen! 


2. Wenn zwei gute Freunde find, 3. Küffet dir ein Lüftelein 
Die einander kennen, Wangen oder Hände, 
Sonn und Mond bewegen ſich Denke, daß es Seufzer fein, 
Ehe fie fih trennen. Die ich zu dir ſende; 
Noch viel größer ift der Schmerz Tauſend ſchick ich täglich aus, 
Wenn ein treu verliebtes Herz Die da wehen um dein Haus, 
In die Ferne ziehet. Weil ich dein gedenfe, 


Zert im Wunderborn 1808, III, ©. 31. 

Nach der 2. noch folgende Strophe, die gewöhnlich nicht gefungen wird: „Dort auf jener 
grünen Au fteht ein jung —* Leben, ſoll ich denn mein Lebelang in der Ferne ſchweben? Hab 
ih dir was Leids geben, bitt dich, woll's vergeſſen, denn es gebt zu Ende.” | 





792°, Hilf, o Himmel, ich muß ſcheiden! 


Aus Jugenbeim bei Darmftadt. 





a—- NT: —— — 
==; — — * 
— —— — 


Hilf, o Simsmel, ich muß fcheirden und muß far gen Le⸗be-wohl! Ei-me 


Dsses: a — 


Zeit lang muß dich mei-den, was mich felbft be» trüben foll. 











2. Alle Leute die dich haflen, Dich hab ih mir auserforen, 
Sagen dies und jenes mir, Ohne dich kann ich nicht fein. 
Sagen all id fell did laſſen, 4. Sollt id) aber unterbeflen | 
Und ſoll bleiben weg von dir, Auf dem Todbett ſchlafen ein, 
3. Aber ih hab Treu geſchworen So thu auf meinen Grabftein ſetzen 
Wie ih es von Herzen mein; Eine Blum „Bergiß nicht mein !* 


Erk II, 4/5, Nr. 56. Nach anderer Mel. in Takt auch im Sannöverfhen: Guter Himmel 
id muß fcheiden. Die Strophen 2—3 werden im Naſſauiſchen in das Lied „Kleine Blumen“ 
eingefhoben; daraus folgt, daß diefe Mel. au dem ebenangeführten Terte diente. 





TI 


595 


792, Guter Himmel, 


ich muß ſcheiden! 


Andere Melodie. 









Gu-ter Him⸗mel, 






euer Basen an 
Bes — 


1. Guter Himmel, ich muß ſcheiden 
Und muß ſagen lebewohl! 
Eine Zeit lang muß ich meiden, 
Das was mich erfreuen ſoll; 


2. Und mit ganz betrübtem Herzen 6 


Muß ich ſagen dieſes Wort; 
Und mit wem ſoll ich nun (herzen? 
Guter Himmel ih muß fort. 


3. Alle Leute, die dich haſſen 
Sagen die und jenes mir, 
Sagen mir ich foll did laſſen 
Soll mein Herz nicht fchenfen dir. 


1 


4. Über ih hab es geſchworen 8, 


Dir auf ewig trem zu fein; 
Dich hab ih mir auserforen, 
Ohne di kann ich nicht fein. 


Aus dem Elſaß (Meperal, 
Wolfram. Ziemlich gleich in Heffen ( 
fien gefungen, f. Peter ©. 247. 


ib muß fchei-den, und muß fa » gen 







ei = ne Zeit-lang muß ih m mei=den das, was mich ver » gnü-gen foll. 


hoſchr. Liederb. 1855). 
ittler 751), wo Str. 5 fehlt. 


Hannöveriſch 1860. 





Le » be» wohl! 





5. Und fo lang das Teuer brennet 


Und die Felſen tragen Wein, 
Und fo lang das Wafler rinnet, 
Soll und mußt du bleiben mein. 


Sollt id aber unterbefjen 


Auf dem Todtbett fhlafen ein, 
Kannſt auf meinen Grabftein fegen 
Eine Blum’ Vergiß nicht mein! 


‚Du die Schönfte unter allen 


Nimm nur diefe Bitt von mir; 
Du allein thuft mir gefallen, 
Gieb tein heiligs Wort von dir. 


Ih wollt wünſchen, ich könnt reden, 
Wie ichs treu von Herzen mein: 
Meine Aſche in der Erben 

Soll zu deinem Dienfte fein. 


GEbenfo aus dem Taunus 1880 durch 
Auch in Defterreih-Schle: 


795. Auf Wiederfehn! 





else: —— — 


Jüng-ling 








wohl, le» be wohl —, 


laß mich le⸗ben, denn es kann nicht — a 


Re» be wohl, le » be 





596 


2. Hör was id von dir verlange, 4, Und jetst reif ih in die Fremde, 
Höre was der Yüngling jpricht Was wird meine Freundihaft denken? 
Laß mid küſſen deine Wange, Ja fie denfet noh an mid: 

Lebewohl, vergiß mein nicht ! Lebewohl, vergig mein nicht! 
Lebewohl :|: aufs Wiederfehn! Lebewohl xc. 

3. Wenn das meine Eltern wühten, 5. Wenn das Wafjer ftille fteht 
Was mich drüdt auf mei'm Gewiſſen, Und der Brummen nicht mehr gebt, 
Ja ih trag ed nur für mid: Und mein Herze traurig ift: 

Lebewohl, vergiß mein nicht. Lebewohl, vergif mein nicht! 
Lebewohl :|: aufs Wiederjehn ! Lebewohl x. 


6. Wenn die Sonne nit mehr fcheint, 
Und das Mädel nicht mehr weint, 
Und die Liebe nicht mehr ift: 

Lebe wohl, vergiß mein nicht! 
Lebewohl ꝛc. 


Aus dem Elſaß (Kreid Weißenburg) 1889 durch Herm — Mel. und Text blos 3 Stro— 
phen. Vollſt. Tert aus Doſſelheim (Kreis Zabern) im handſchriftl. Liederbuch eines Bauernmübd- 
chens (vor 1870). 


794. Bie Elfäffer Auswanderer, 


. Ih verfauf mein Gut und Häushen 5.,Hier können wir nicht bleiben, 


— 


Um ein ſo geringes Geld, Hier können wir nicht fein: 
Muß reifen auf fremden Straßen Denn die Huiffierd und Notarien 
In ein andres Theil der Welt. Haben unfern größten Theil.‘ 

2. Als wir auf Meg hinkamen, 6. Als wir auf Havre famen 

In die Schöne feite Stadt, Da ſchrieben wir zurüd: 

Gehn wir zum Herm Präfelt Adje, ihr jungen Leute, 

Legen unfre Schriften ab. Wir machen jetzt unfer Glüd.‘ 
3.,derr Präfelt, ah Herr Präfelt, 7, Als wir ins Land 'nein famen, 

Wir haben eine Bitt an Sie, Ins Yand Amerika, 

Ihr jolt ven Pak unterfchreiben, ‚Kamen fie mit Kreuz und Fahnen, 

Wir wollen aus Frankreich ziehn.‘ Und fpraden willlommen an.‘ 

4., Was habt ihr für ein Urſach? 8. „„ Willlommen, ihr deutfhen Brüder, 
Was habt ihr für ein lag, Willkommen ihr deutjchen Leut! 
Wollt euer Leben risfiren Wir wollen euch verjorgen, 

Im Yand Amerika?“ As unfre eignen Leut.““ 


Aus mehreren um 1840—1850 im Elſaß geichriebenen Liederbeften. Die Orthograpbie war 
arg verwildert. Andere (entftellte) Lesart: Mundel Nr. 211, 


1795. Ausmwandererlied. 


Etwas langjam. Aus Oberheſſen u, der Wetterau 188090, 






Nun ift die Zeit und Stun-de da, wir rei-fen nah A⸗-me-ri— fa. 








Die Wargen ftehn jchen vor der Thür, mit Weib und Kind marfchieren mir. 





597 


2. Die Freunde, die uns find verwandt, 4. Und ald wir famen nah Baltimor 


Reichet und zum legtenmal die Hand: Da redten wir die Hand empor, 
„Ihr Freunde, weint nur nicht fo ehr, Wir riefen aus: Viktoria ! 
Wir fehn uns nun und nimmermehr!*“ Nun find wir in Amerika, 

3. Und als wir famen in Bremen an 5. Wir reiten als noch weiter fort, 
Und ſchaun das große Wafler an, Und trauten auf den lieben Gott. 
Wir fürdten feinen Waflerfall: Der Müffigang ift num vorbei, 
Der liebe Gott ift überall, Ihr Brüder, e8 muß gearbeit’t fein! 


Neuered Bolkälied. Tert und Mel, bier mündlih aus Oberheſſen dur —— in Dillen⸗ 
burg und Köhler-Qugge aus der Wetterau, ebenſo aus dem Thüringer Wald 1851 
Ziemlich gleihe Terte: O. Bödel, oberheff. Volkslieder Nr. 45. Schmip, Eifler Sitten 160. 
Pe Ztſchr. — Myth. I, 99 durch W. v. Plönnies in Darmſtadt eingefandt. — Aus dem beif. 
Hinterlande durch Greceliug in Alemannia XII, 189. Meier, ſchwäb. Volkslieder 257. Schloſſer, 
fteir. BR, ©. 338. A. Müller, DR. aud dem Grigeb. S. 48. — Archiv f. Litt.Geſch. IX, 389. — 
Längere Terte und abweichend "bei Mündel, Elſaſſ. BL. Nr. 207, 205. — Das Lied ift ſchon ge 
drudt als das ſehr beliebte Lied der Auswanderer in „Heſſ. Sitten, Sagen und Gebräuche.“ 
Heraudg. von Guſt. Kaute Lehrer). Offenbach 1846, ©. 86. 


Abweihungen: 1, 1 Jeßt ift die Zeit und Stunde da x. Die übrigen Varianten 
nur unweſentlich. 


796. Bie Auswanderer nad; Amerika, 
Etwas langfam. Aus dem Naffauifchen u. Heffen 





Auf ihr DBrü » der laßt und wal-Ien ftöh-lich nah A» mesrri» fa! 








Unf-re Schweftern find fhon drü » ben in Phirlas-delsphi » a ; a. 

2. Seht, das Schiff ift ſchön gerüftet 3. Wem's gefällt nad ſei'm Verlangen, 
Und der Schiffer fteht ſchon da, Dernehme ſich ein ſchwarzbrauns Mädchen 
Daß wir können überjegeln Drüd fie feit in feine Arme 

Nach Philadelphia. Dis der Tod fie trennt. 


4. Heut zum legtenmal, ihr Brüder 
Sehen wir und nod einmal, 
Doch wir fehen uns bald wieder 

In Philadelphia. 


Aus dem Naffauifhen (Dillfreid und Weplar) und dem heſſiſchen Hinterland um 1885. 
Durch Herrn E. Wolfram — Zert auch bei D. Böckel, oberh. Volksl. Nr 59. Aechn- 
lich Meier, ſchwäb. BL, S 





598 


797. SGerzenstraut (Friedel). 


[Vorläufer der Tagelieber.] 


1. ,‚Slafst du, friedel ziere? 
man weckt uns leider schiere. 
ein vogellin sö wolgetän 
daz ist der linden an daz zwi gegän.‘ 


2. „Ich war vil sanfte entsläfen: 

nu ruofestu, kint, wäfen ! 

liep äne leit mac niht gesin. 

swaz du gebiutst, daz leiste ich, 
friundin min,“ 

‚Die frouwe begunde weinen. 

‚du ritst und läst mich eine 

wenn wilt du wider her zuo mir? 

ow& du fuorst min fröide samet dir,‘ 


= 


1., Schläfft du nod, mein Leben? 


Es ift wol Zeit uns zu erheben; 
Ein Bögelein fo wolgethan 
Hebt auf dem Lindenzweig zu fingen an.‘ 


2.,Ich fchlief fo fanft, den Weden 


So eilig, ift mir, Kind, ein Schreden. 
Lieb ohne Leid mag nimmer fein: 
Was dugebieteft, leift ich, Freundin mein.” 


3. Die Frau begann zu weinen: 


‚Du reiteft, läfjeft mid alleine. 

Wann fommft du wieder ber zu mir? 

Web, meine Freud nimmft du fort 
mit bir!‘ 


Lied vom Minnefinger Dietmar v. Aift vor 1170. Nach der Redaktion von K. Bartib, 
Liederdichter des 12.—14. Jahrb., ©. 5. — Etwas abweichend bei Lachmann, Des Minnefanges 
. 39, 18 und Wadernagel, Lefeb. 4. Aufl. 223. — Ueberfegung von K. Simrod, Minne 

nger ©, 45. 


T 1,1 Friedel Gelichter, ein Schmeihelname. ziere = jhmud, ſchön. 


798. Wächterlied oder Tagelied. 


Mel. 1535, 





MWol-auf, wol» auf mit lauter Stimm 
„Wer noch bei 


fei » nem Burlen liegt, 


thut und ber 
der mach ih bald von 


Wih =» ter —— 


Innen. 








Ich fih da- ber 





1. ‚Wach auf, wach auf!“ mit heller Stimm 
Sprach fih ein Wächter gute. 
Und wo zwei Lieb bei einander fein, 
Die halten fih in Gute, 
Daß ihn fein Arges widerfahr, 
Und ihn die Sad nit mißlinge,“ 


die Mor»gen » röt 





wol durch die Wol⸗ken 
* Walther. 





2. Der Knab der was entihlafen gar, 
Und ſchlufen aljo füße 
Die Jungfrau die was weile 
Wedt ihn mit einem Kufle, 
Sie küßt ihn freundlih an fein Mund: 
Jetzt geht es an ein Scheiben. 





599 


3. Und der ung ſcheidet, das thut der Tod, 4. Der Knab wol auf fein Rößlein fprang, 


Der ſcheidt uns alfo harte; Er ritt gar bald von dannen. 

Er ſcheidt doch mandes Mündlein roth Die Jungfrau eilt ihm nad hindan, 
Darzu mein Bulen zarte. Groß Leid ftieß ihr zu handen. 

O reiher Gott, durd deine Güt, Reiteft du hinweg (mein feiner Knab) 
Wir fheiden uns zwei fo harte! Mein Herz thut nad dir finmen. 


Mel. und Text blos 1. Str. in Reutterliedlein 1535, Nr. 13. Diefelbe Mel. mit geiftlichem 
Zerte in Job. Walther's Gefangbüdhlein 1551, Nr. 74: „Wolauff, wolauff mit lauter ftimm, 
thut und der Wechter fingen; wer noch in feinen Sünden liegt, der mad ſich bald von binnen. 
Ich ſeh daher der Engelſchar, ein groſſes Heer, wol durch die Wolden dringen.“ — Driginal der 
Mel. bat S-Takt, von mir, ohne eine Note zu ändern, in 3/9» und 8/4.Takt gefept. 

Heidelb. Hdihr. 343, DI. 1398. Görres 111. Zu Str. 3 vergl. Uhland S. 386 und andere 
moderne Abfchiedslieder. 


799. Tagelied, 


Aus 68 Lieder ca. 1550, 





zwei Lieb bei ein » = anz=bder fein, fchei-den fi sad! es ta >» get 
* Winnenberg 1582. 





1. Der Wächter der blie8 an den Tag 4. Das Fräulein frei vor Leid: „Ade! 


An einer Zinnen, da erlag, Behüt dich Gott vor allem Wehl““ 

Er bliefe an des Tages Schein: Du bift meines Herzen höchſter Troft ; 

„Wo zwei Lieb bei einander fein, Bedenk, Herzlieb, mein Elend groß, 
Scheiden fih bald! Das ich erduld; 

Es taget vor dem grünen Wald.“ Noch bin id dir von Herzen hold!“ 


2.,,So höre Knab, vernimm mein Sag: 5 Was zog er von ben Händen fein? 
Es ift aoch lang nicht Lichter Tag, Bom Token Gold im Fingerlein: 


Der Mond fheint durd die Wolfen her, „Seh hin, feins Lieb, hab dirs zur Leg, 

Der Wähter Ihredt und beide gern, Damit du dic deins Leids ergehft 
Das fag ich dir: \ = Zu diejer Friſt; 

Die Mitternadt iſt nicht hinfür.“ Du mir die Alerliebfte biſt.“ 

3. Er ſchwang fie lieblih an fein Bruft, 

Er lebt nad feines Herzen Luft. 6. Der uns das Liedlein hat gemadt, 

Die Zwei ſchied'n fich bei der Zeit, Der bat gedicht ein ganze Nacht; 

Der Knab ſchwang fih über die Heid Ein junger Knab Hat großen Preis, 
Durd den Than: Frauen zu dienen war ihm heiß; 


„Geſegn dich Gott, mein ſchöne Frau!““ Mid, freut, Herzlieb, dein rother Mund. 





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E 
er mach ſich bald von Hin =» nen.) 


Mel. mit obiger Weberfhrift in Souterliedekens 1540 zum geiftlihen Liede: Die onder 
gods beschirming is ghesten. — Diejelbe Mel. mit einiger Abweichung fhon im Antwerpner 
geiftl. Licderb, 1539, Nr. 120, mit folgender geiftlichen Parodie: 


Hoe luyde sanc die leeraer opter tinnen, Wie laute fang der Lehrer auf der Zinnen: 
So wie met sonden is beswaert Wer nun mit Sünden ift befchwert, 

God latet hem verwinnen, Gott laß es ibm gewinnen *, 

Ende keere hem in tijts tot Gode waert, Daß er bei Zeit zu Gott fidh kehrt, 

Eer hem die doot den wech onder gaet Eh ihm der Tod den Weg bintergebt: 

Hi is wijs dit can versinnen. Mer weis’ ift mag dies befinnen, 


Der weltliche Tert ift nicht erhalten, weder deutich, noch niederländiih. ine Rüdüber- 
feßung, mie ich fie oben verfucht habe, wird die Anfangsftropbe annäbernd berftellen. 

Bemerkt fei, daß ſchon im 15. Jahrh. das MWächterlied eine niederländifche geiftliche Umbdich- 
tung erfuhr. Sie ſteht aud einer Wiener Hdfchr. ded 15. Jahrh. abgedr. mit Mel. hei W. Bäumter, 
niederl. geiftl. Lieder des 15. Jahrh. Lpz. 1888. Nr. 35. — 

Auch in Deutichland fand das MWächterlied um 1430 durch Loufenberg eine geiftlihe Um- 
bildung, aber die Melodie ift eine andere, wie folgt. 

Eine vierzeilige Mel. in der Hdfchr. Z. 98. 15. Jahrh. K. Bibl. Berlin — hat die Ueberfchrift 
„Der wachter an der zynnen“ (weiter fein Zert). Die Zonfolge ift ganz abweichend von der 


obenftehenden: de|lfdfglaa. 


*» Gewinnen = gelingen. 


som, 
Straßburger Parodie eines Wächterliedes. 
Deutiche Mel. 1429. 





dab er in Beisten das be + fell, 5 ; 
eb ihm der Tod den Weg ver » ftell, | das rath ih ihm uß Min » men. 


Mel. uud Text in —— geiſtl. Liederdichtungen, ehemals in der Straßb. Hoſcht. 121, 
DI. 456, Textabdruck Wackernagel, KR. 1841, Nr. 749. Mel. im Driginal nah Wackernagel's 
Abſchr. im Alto. Liederbuch Nr. 106. 

Daß eine geiftliche Umdichtung vorliegt, ift nicht zu bezweifeln. Wie der weltliche Urtert 
pebeißen, ift nicht beigefügt, aber zu vermutben, daß es ein Tagelied war, ähnlich dem nieder 
ändifhen: „Wie laut fo fang der Wächter auf der Zinnen“. 





602 


802. Wach auf, mein Hort! 


Tagelied.) 
Forſtet III, 1549 Rr. 6. 


) 


Dam 









Wach auf, mein Hort, vemimm mein Wort, merf auf wad ih dirfa = = ge! 
Mein Herz das wüth nad dei» ner Güt, Taf mich Frau nit vera - . gen! 
Ta 


di BET“ Im Summe Mar mim Dikmpen mem ET TEE ‚Salem BAA Keen 
4 — 1 Ze — a Een] —— A 8 
ee — 








Er} feg zu bir all mein Be» gier, das glaub du mir, laß mich dein 


— an 





Treu ge» nie s . . en. 


2., Du junger Knab, dein Bitt laß ab, 3. O Frau, mit nicht bin ich bericht, 


Du bift mir viel zu wilbe! Daß ich euch wöll betrügen. 

Und wenn ich thät nach deiner Bet, Wenn einer käm und das vernähm, 
Ih fürcht, es bleib nit ftille. Er wüßt uns beiden lügen. 

Ih dank dir faft, du werther Gaft Darauf du bau, und mir vertrau 
Der Treue dein, Du reines Weib, 

Die du mir ginnft von Herzen.‘ Der Schimpf fol did nit g’reuen! 


Zert bier nach Forfter III, 1549, Nr. 6. Biel längerer Tert von 7 Strophen und 2 Ein- 
Ihiebjeln, darin das Nachgeben der Frau, das Beilager und der Abſchied finnlih audgemalt tft, 
ftebt in Bergfreyen 1536, Nr. 38 und Frankf. Wb. 1582, Nr. 202. (Abdrud bei Gödele -» Titt: 
mann 77, Mittler 147.) Altd. Lob. ©. 201. Tert im feinen Alm, II, 52, mit Mel. von 
Reihardt. (Daher Krepfchmer 1, 306.) Diefelbe Lesart auf einem fl. Bl.: Nürnb., Val. Rember 
„Ein Schöne Tageweyß x.“ WE. ©. 839. 

Auffallend ift eine geiftlihe Umdichtung zu Anfang des 16. Jahrh. in der Klofter Neuburaer 
Hdſchri, daber Mone, Ani. 8, 352 und Sefmam, Geh. d. KL, Nr. 282 nad einem fl. Blatte, 
gedrudt zu Regensburg: „Ein geiftli tagweiß von vnſer Frawen. Im thon: wach auff mein bort.” 


Maria, mein Hort, vernimm mein Wort, 
Merk auf was ich dir fage! 

Zu dir ich fchrei, Jungfrau Marei: 
Hilf, daß ich mit verzage! 

Seid ich dein Kind erzurnet find 

Ya durd mein Sünd, 

Darumb ich mid fehr Mage. (9 Str.) 


T 2,3 die Bete, Verlangen, Bitte. 3,7 Schimpf, Spaß. 


803. Täunfcdhung. 


3 Dt 1534. Ar. 92. 





603 


2.35 hört ein Waffer fließen, 
Ich meint e8 wär der Rhein, 
Zwei braune Äuglein ſchießen 
Der Lieben zum Fenſter ein. 


3. Ich brach drei Pilgenblättlein, 
Ich warf ihrs zum Fenſter ein: 
„Schlafeſt du oder wacheſt, 
Steh auf, feins Lieb, und laß mich ein!“ 


4. „Wie wär ihm, wenn ich ſchliefe, 
Und dich nicht herein ließe? 
Ich bin in Liebes Arme, 
Ih kann und mag nit aufeſtehn!““ 


5. „Liegft du in Liebes Arme 
An Liebes Ärmelein, 
So muß 28 Gott erbarmen, 
Daß ichs nit felbs fol fein!“ 


gl. DI. 80. 4 DI. „Zwey newe Lieder, dad Erft, Wol auff, wir wöllend weden (Nümb.). 
Gedrudt durh Hand Guldenmund.“ (13 Strophen, f. Altd. Liederb. 162.) Ebenfo fl. DI. Nuͤrn— 


berg, Kunegund Hergotin (um 1530). 


Wieder fl. Bl. Dal. Newber. 


Ubland 85 nur 5 Str, 


wie bier; die übrigen mußten fortbleiben. — Melodie bei J. Dtt 1534, Nr. 92 mit Tonſatz von 
2. Senfl. Gleihlautend ein Fragment in Schmelgel’d Quodl. 1544, Nr. 8. 

Geiftliche Umbildung: „Wollts auf, wir wollen ind Leſen.“ Corner's Gfgb. 1625, Nr. 368, 
(ſ. WR. 830 (die geiftliche Weinbeere). Auch Altd. Lob. 587 und Bäumter I, 311. 


804. Mad, auf, meins Herzen Schöne! 
[Tageliev.] 
Zriller 1559 (1555). Prätorius VIII, 1610. Nr. 141. 





Ih hör ein füß 


die börich fo lieb-lih fin » 






Er 07. mag ————— EEE; Nr AN GEBE — — 
Wo ne ur" BEE“ ar ——— 
a Be Se a 


D +» tisent ber drin . . 


2.3 Hör die Hahnen krähen, 
Ich ſpür den Tag dabei, 
Die kühlen Windlein wehen 
Die Sterne leuten frei. 
Singt uns Frau Nactigalle, 
Singt uns ein ſüße Melodei; 
Sie meldt den Tag mit Schale. 


3. Der Himmel thut fi färben 
Aus weißer Farb in blau, 
Die Wollen thun fi färben 
Aus ſchwarzer Farb in grau. 
Die Morgenröth thut berichleichen: 
Wach auf, mein Lieb, und mad) mich frei! 
Die Naht will mir entweichen, 








Wach auf, meind Her » zen ein Schö=ne, 
Ge » tö » me 


gen, 16 "mein ich fäh 






— 
zart Al-ler-lieb-ſte mein! 
von Meinen Waldevög » lein: 


des Ta » ged Schein vom 


EN 











4. Ich follt dir ein Boten fenden, 
Der mir ein Botſchaft würb, 
Ih fort, er thu fi wenden 
Daß unfer Lieb verbürb. 
Schick di zu mir alleine, 
Feins Lieb, bis unverzagt! 

In Treuen ich dich) meine. 


5. So darf ih Niemands vertrauen, 
Herzlieb, in diefem Fall; 
Die Klaffer mahen uns ein Grauen, 
Der ift fo große Zahl. 
Wenn unfer Lieb fi fol meiden, 
Der Klaffer findt man überall, 
Noch will id mich nit jcheiden. 


604 


6. Du haft mein Herz umfangen 8. Selig fei ver Tag und Stunde, 
Mit aller inbrünftigen Gier; Darin du bift geboren! 
Ih bin fo oft gegangen, Gott Grüß mir dein rothen Munde, 
Feins Yieb, nad deiner Zier. Den ih mir hab auserkoren! 
Ob id dich möcht erfehen, Kann mir kein Piebre nit werden. 
So wird erfreut das Herz in mir, Feins Lieb, {hau daß mein Lieb nit fei 
Die Wahrheit thun ich jehen. verlom! 


Du bift mein Troft auf Erden. 


7, Mein Herz das leidet Schmerzen 9. Feins Lieb, merk auf mein Singen, 
Darzu Häglihe Pein. Es geihiht in feinem Scherz. 
Wo zwei Herzenlieb thun herzen, Der Klaffer will mich verbringen 
Die einander nit fünnen fein, Mit feinem falfhen Herz; 
Keins thuts dem andern verfagen; Das bringt mir groß Leiden. 
So wird erfreut das Herz in mir, Gott geb dir tauſend guter Nacht! 
Die Wahrheit muß ich fagen. Bon binnen will ih mid ſcheiden. 


Zert nah: Fl. Bl. o. D. u. Jahr. „Ein ſchone tageweyß. Wach auff meines bergen ein 
fhone zart aller Tiebfte mein.” IK. Bibl. Berlin. Abdrud WE. 1841, ©. 839. b) Fl. Bl. 
0. D. u. I. „Ein ſchöne tageweiß. Wach auff meind berpen cin ſchöne. Abdruck Gödele- 
Zittmann ©. 75. c) Fl. Bl, Magdeburg, Wilh. Roß. Abdrud Mittler 844 und Aldt. Ldb. 118. 
Alle ſtimmen außer der Ortbograpbie überein. d) Ambrafer ®db. 1582, S. 219 wenig abweichend. 


Die Melodie bei Triller 1550 (1559), daber bei Praetorius 1610 zu dem geiftlihen Terte: 


Merck auff, merk auff, du fchöne, Bnd auff die guten märe 
du Ghriftliche Gemein, von deinem Breutgam hübſch vnd fein, 
Auff das lieblich Gethöne, nad allem wunſch vnd baere. 


dad Gotted Wort fo rein, 


Bei Zriller ald Ueberfhrift: Ein Gefang von Chriſto vnd feiner heiligen Gemeine auf eine 
alte TZagemweid. Daß vorliegende Mel. zu dem weltlichen Texte geböre, bezeugt nicht nur ber 
gen ähnliche Anfang der geiftlihen Parodie, fondern auch ein gleihlautendes Melodiefragment bei 

chmeltzel 1544. Quodlib. 19, 

Schon 1525 wurde von Hand Sachs eine geiftliche Umdichtung (f. Altd. Lob. Nr. 118) ge 
liefert: „Ein fhöne Tagweid vom wort Gotted. In dem tbon: 86 auff, meins hertzen ein 
ſchoöne.“ Anfang: 


Wach auff, meins bergen ein ſchöne, du Chriſtenliche ſchar, 
Und bör das ſuß gethöne, dad rein wort Gottes klar, 
Das yetz fo lieblich Mlinget! Es leucht der belle tag, durch Gottes güt ber dringet.“ 


(Etliche geyftliche Lieder für die laven zu fingen 1525. Bergfrenen 1536, Nr. 36. WE. 240. 
Niederdeutih im Magdeb. Gſgb. 1543.) 


Dad Reformationslied von H. Sachs fand in der Schweiz eine Nachbildung: zu Bern wurde 
ed 1558 bei Apiario — als Frũühlingslied auf die Reformation in Bern (f. Toblet J. S. 179). 
Der Anfang lautet: „Wach uf, mind bergen ſchöni, du chriftenliche fhar, und höre das ſüß getöni, 
dad reinwort Gottes Mar, das iez fo lieplich Elinget, die welt dartwider zmwinget, in allen landen 
macht es den feindt zu fchanden.“ — Aud dad Marienlied „Wach auff, mein bort jo ſchöne, 
du allerliebfte mein“ (WE. II, 1400) fang man nad derjelben Weife. — 

Die Melodie gebe ich unverändert, aber rhythmiſch. Erk bat fie, wie das Menfurzeichen 
es fordert, in 4/4-Takt abgetheilt. — 

Im feinen Alm, von Nicolai II, 3 (daher Krepfchmer 1, 286) fteht dad Tagelied nah den 
Bergreiben III, 1547, mit einer Mel. von Fr. Reihardt. — Wiederholt bei Hommel, geiftlice 
Bolfelieder ©. 130. 





605 
805. Harter Entfdluß. 


Forſter III, 1549, Rr. 61. 











Ih hört ein Fräuslein Pla» gen, für- wahr ein weib-lichs Bild, Das 
Ihr Herz wollt ihr ver-za =» gen nah ei= nem Rit« ter mild. 





Fräuslein fprah mit Lüsften: er liegtan meisnen Brüsften, der Al » Terslieb-fte mein. 


1.3 hört ein Fräulein Hagen, 3.,„So wollt id gerne weden 
Fürwahr ein weiblichs Bild, Den Allerliebſten mein, 
Ihr Herz wollt ihr verzagen Ich ſorg, ich thun erſchrecken 
Nach einem Ritter mild: Das junge Herze jein. 
Sprad fid die Frau mit Lüfte: Er ift meins Herzen ein Gſelle, 
‚Er liegt mir an der Brüfte, Er jei gleih wo er wölle, 
Der mir der Liebeft ift.‘ Wie gern ich bei ihm wollt fein!‘ 
2, Die zwei bie thäten raften 4. Ach Scheiven immer Scheiben, 
Nit gar ein halbe Stund; Wer hat dic (do) erdacht? 
Der Wächter ob ven Kaſten Du haft mein junges Herze 
Den hellen Tag verkundt; Aus Freud in Trauren bradt; 
Er thät jein Hörnlein ſchellen; Du haft mein junges Herze 
„Grau, weder euren Gjellen! Aus Freuden bradt in Schmerzen; 
Bann es ift an der Zeit.“ Ade! ich fahr dahin! — 


Mel. und — Tg Strophe bei Forſter III, 1549, Nr. 61. Text von 4 Str. aus der 
Heidelb. Hdjhr. 343, Bl. 110, daher auch Uhland Nr. 87, befte Lesart. Bei Forſter etwas ab- 
weichend. Abdrud Aitd. Lob. 117. Ambraf. Edb. 1582, Nr. 31 verftümmelt, daher Gödeke und 
Zittmann ©. 81. — Fl. Bl., An ang des 16. Jahrh. K. Bibl., Berlin: Altd. Gedichte L, 
Libr. impr. rar. Fol. 115, daf. IL, 31; (ältefter, aber nicht befter Zert von 6 Str.) — Berg- 
freyen 1536, Nr. 53 ftimmt ige mit dem fl. Bl. — Noch fpätere fl. BU. kannte Uhland (f. 
defien Quellangaben im III. Bd). — Im Bergliederbüchlein 1740, Nr. 162 verwilderter Text von 
3 Strophen. — Im Wunderb. I, 318 (1806) ein entjtelltes, halb albernes Reimwerk („Das große 
Kind“ überfhrieben), dad Goethe „Höchſt ſüß“ bezeichnet. Die erfte Str. aus Forfter, das übrige 
—* Herausgeber und dafür als Quelle „mündlich““! Die neue Ausgabe bringt dafur 
hland's Tert. — 


J. 1,2 Fürwahr dad Bild eined Weibed. 2, 3 Kaften, der Raum unterm Dache des 
Haufes, fonft auch Boden und Speicher genannt; das fl. Bi. lieft Zimmer. 2,5 fchellen, fchallen 
laffien. 2,7 wann, in älterer Sprache wande, wende, wenne = denn. 4. Diefe Schlußftr. 
fließt aud) das Lied „Der Mond der fteht am höchſten“ (Ubland 86). Bei Forfter heißt der Schluß: 


Wir zwei müffen ung jcheiden Muß ih mid von dir ya 
Gegen den lichten Tag. Gſchicht meim Herz groß Leiden: 
Ah Sceiden, immer Scheiben, Alde zu guter Nacht. 


Wer hat dich doch erdacht? 


Aus vorftehender Melodie ift offenbar der protefl. Choral: „Herr Chrift der einig 
Gotté Sohn“ (zuerſt 1524 in Walther's Geſangbuche) hervorgegangen. Zum Bergleich ſtehe bier 
die Notation desjelben: 






w. 5% — — 
— 





606 


806. Bie Sonne ift verblichen Wächterlied). 


Forſtet III, 1549 Rr. 42. 





‚Die Sonne ift ver=- blischen, die Stern feind auf = *  : ger gang, | 
Die Nacht die kommt ge » fchlichen, Frau Nach » ti» gall mit ih » rem ©fang. | 





mach fih bald aaf — — die Fahrt!‘ 

2. Und das erhört ein Gefelle, 5. Die Jungfrau erfhrad jehr, 
Der ſchrie dem Wächter zu: Ihr Herz was Leides voll, 
„Ah Wächter, traut Gejelle, Sie wollt fein Freud mehr hören, 
Gib deinen Rath darzu, Botſchaft gfiel ihr nit wohl. 
Wie ih das fol angreifen Ein Hemd thät fie umſchnüren 
Daß ih käm vor die Thür!“ Ein Hemdlein das was weiß; 
‚Gar heimlich fol du fchleichen, Den Knaben fie erblidet, 
Eh der Wächter thät pfeifen, Ihr Herz vor Freud erquidet, 
Daß man dich gar nit fpür!‘ Gehrt ihn mit ganzem Fleiß. 

3. Der Knab unverborgen 6. Der Knab der thät fih ſchmucken 
Für ihr Sclaffämmerlein, Gar freundlih an ihre Bruft, 
Er ſprach zu ihr mit Sorgen :] Sie thät den Knaben druden 
„Zart ſchönes Jungfräulein, Mit ihrem freundlichen Kuß. 
Neu Mär will ich euch ſagen, Der Knab fieng an zu ringen 
Da ich kein Zweifel han: Mit dem Jungfräulein zart; 
Es leit ſich einer im Hage, Der Wächter an der Zinnen 
Der führt ein ſchwere Klage, Fieng an ein Lied zu fingen, 
Es mag euer Buhle fein.“ Eine jhöne Tageweis: 

4. Die Jungfrau ſprach mit Sinnen: 7., Gſegn did Gott im Herzen, 
„Es bat dic ſonſt gedeucht, Zart edles Frewelein! 
Der Mond hat mir geſchienen Du bringſt meim Herzen Schmerzen; 
Die Stern han mir geleucht.““ — Es mag nit anders jein, 
„D zartes Yungfräulein, Bon dir muß id mich ſcheiden 
Ih jag euch das für wahr: Bart edles Frewelein! 
Er liegt in grüner Aue, Ih ſchwing mic über die Heiden 
Sein Yeib iſt ihm zerhauen In Braun will ih mich Heiden 
In großen Treuen zwar.” Durh Beil und grünen Klee ‘ 


Mel. und Text bei orfter IL, 1549, Nr. 42 (daber Tert im Woh. III, 252, a. A. I, 389). 
„Iſt und lieber als die vorangehenden,“ (Goethe) In 68 Liedern (Newer'd bb.) Nr. 15. Xert 





607 


aud in ber Heidelb. Hdfhr. 343 Bl. 95. Daher Görred 96, mit der Ueberfchrift: Freudiger 
Willlommen. Etwas abweihend im Ambrafer Liederbuch 1582, Nr. 58 (daher Mittler Nr. 15, 
mit der Ueberfchrift: Liebedftunde. 

Der älteſte Drud zwiſchen 1515—1530 fl. DI. bei Jobſt Gutfnecht, bringt entftellende 
Drudfebler, die 6. Str. unvollitändig und folgende Strophe vor der 7.: „Der Wächter an der 
Zinnen der jang fein Melodei: Die Nacht fährt und von binnen, ed muß gefbieden fein. Scharfe 
Windlein tbun fih weben, fhön leuchtet die Morgenröth. Das Fräulein das ward jehen (redend) : 
„Der Tag der thut ſich näben, erft muß ich leiden Noth.“ 

Die weltliche Melodie wurde zu geiftlihen Texten benupt: a) bei Gefius, Geiftl. deutfche 
Lieder 1605 zu: Wacht auf, ihr stiften alle, feid nüchtern allezeit. Ebenfo die Mel. wieder 
etwad abweichend bei M. Praetorius, Mus. Sion. VIII, 1607, Nr. 229 ıf. Altd. Liederb. Nr. 116). 
b) Zum Zerte: Für Freuden will ih fingen, ebenfalle bei Praetorius (f. Altd. Lob. a. a. D©.). 

Auch zu dem biftorifchen Liede auf den Kurfürften Friedrich von Sachſen 1547 diente die 
Eingweije Forſter's (f. v. Filiencron, bift. PL. Nr. 588 und Töne Nr. 24). 


807. Ber treue Wächter, 


Mel. bei Rotenbucher, Bergfreyen 1551. Nr. 25. 






Aus ber» tem Web Flagt ih ein Held in firen » ger Hut ver = bor- 
‚sch wünſch ihr Heil, die mir ge-fällt, fomm ſchier löf’ mich aus Gor- 





wie fhläfft fo lang! willſt fehn «lich 


D weiblih Bild, 





Klag nit bö . . . ren? 


Laß dich er» werden mein 





— rm) 








mich ber tiö +», = ren‘, 


1. Aus bertem Weh Hagt fih ein Helm 2. Ein freier Wachter hört die Mär, 


In ftrenger Hut verborgen: 

‚Ich wünſch ihr Glüd, die mir gefallt, 
Komm ſchier, löſſ mich aus Sorgen! 
D weiblichs Bild, wie jhläfft fo lang! 
Willt ſehndlich lag nicht hören? 
Laß dich erweden das Gejang, 
Schick dic zu Liebes-Anefang, 

Dein Lieb will mich bethören.‘ 


Lag fill an einer Zinnen. 

Es fragt wer bie verborgen wär, 
Thät und das Liedlein fingen: 

„O kühner Held willft mir vertraun 
Die Klag will ich dir wenden, 
Sehnſt dich fo hart nach meiner Frau'n? 
Ohn Zweifel follt du auf mich baun, 
Freundlich will ich fie aufwecken“. 





608 


Hört jämmerlihen Schmerzen! 

Es liegt ein Held in grüner Au, 
Fürwahr ich thu nicht ſcherzen. 

Legt an nur Wat, beſorgt euch nicht, 
Euch ſoll nicht(8) widerfahren! 

Habt eben Acht auf ſein Gedicht 
Wie hart ihn eure Lieb anficht, 

Eur Ehr thut ſelbs bewahren!“ 


. Der Wächter ruft zum drittenmal 


Thät ihm die rechte Zeit do nennen; 
Er nahent zu des Herren Saal 
Dabei man follt erfennen, 

Daß er ihr fteter Diener wär 

Wöllt Bulſchaft mit ihr pflegen: 
‚Ah Wächter erft hör gute Mär! 
An deiner Red merk ich fein Gfähr 
Dewahr ftill uns nun vor Schlägen!“ 


„Wächter, mein Herz haft mir erfreut, 


Thu's fröhlih mit mir wagen! 

Sag meinem Held den rechten Bſcheid, 

Nah Ehren thu ich nit fragen. 

Geh heimlih dar wol mit mir der 

Ob einer fi wöllt melden, 

Steh ftill bei mir wol an der Wart, 

Wann (dem) alls mein Hoffen ich zu dir 
bab, 

Du ſollt fein nit entgelten.“ 


3. ‚Mein Trauen gänzlich zu dir fe, 7. Die frau den Held gar ſchon empfing, 
Wächter, ein freier Gjelle; Küft in an feinem Munde, 
Mein Kleive laß ich dir zu Letz, Zu rechter Lieb er mit ihr gieng, 
Mach uns kein Ungefälle! Macht ihr viel Freud und Wunne. 
Geh heimli dar, nimm dir der Weil, Der Wächter fprah: „Nun lieget ftill, 
Daß dic) mein Geſpan nicht merken, Thut euch ohn Sorgen rühren! 
Die Diener feind ein weichel Theil, Fürwahr ih euch des Tages Ziel 
Sieb, daß dich feiner übereil, In rechter Früh ich melden will 
Zu Hoffnung thu mid ftärken.‘ Ih will euch nit verführen.“ 
4.,Wacht auf, herzallerliebfte rau, 8. Sie lagen lang in großem Luft, 


Ihr rechte Lieb thät ſich mehren; 
Er griff ihr lieblih an die Bruft: 
‚Schöns Lieb, thut dic zu mir kehren! 
Ich weiß nit, wenn der Wächter jchreit, 
Wir zwei wir müfjen ſcheiden!“ 
Das Fräulein ſprach wohl zu der Zeit: 
„o weh meins Herzens ein großes Yeid, 
Wie fol ichs überwinden!“ 


. Der Wächter fah am Firmament 


Daß fi die Naht thät enden: 
‚Ein ftarter Wind vom Orient 
Thut ung den Tag ber jenden. 

Die Hahnen fohreien auf der Heid 
Die Hündlein die thunt jagen, 

Frau Nachtigall fit auf grünem Zweig, 
Singt uns ein ſüße Melodei: 
Wolauf, e8 will nun tagen!” 


. Sie füßt ihn lieblih an fein Mund 


Und thät ſich von ihm jcheiden: 
„Schöns Yieb, du haft mir das verkündt 
In Schwarz wölft du dich Heiden. 
Schwarz ift das große Herzenleid 
Und bedeutet Stetigkeit. 

Gejegn dich Gott, Herzlieb, behend! 
Ih fahr dahin in das Elend, 

In Grau will ih mic Heiden.” 


Tert aus GI. Bretano’d Liederhdfchr. (Anfang des 16. Jahrh.) Cod. chart. saec. XVI, 
fol. 76 (früher in von Meufebah’d Sammlung, jept K. Bibl. Berlin). 

en XZert von 12 Str. bei Forfter III, 1549, Nr. 13. (AUbgedrudt im Wunderb. I, 
391 (n. A. I, 384. Birlinger’d Ausg. I, 284), wozu Goethe fagt: „Macht bier zu großen Com 
traft: denn ed gehört zu der tiefen, wunderlichen, deutfchen Balladenart.” 

Die Mel. in Rotenbucher's Bergkreyen 1551, Nr. 25 (zur geiftl. Umbichtung) iſt die 
beſſere Lesart, als dur Dehnung entftellte bei Forſter. 


1,1 bert = hart. 3,1 Gefpan, Mitknecht, Gefell, Gefährte, eigentlih Milchbruder, 


J 
von Span, Milch (wie in Spanferkel). 





609 


* 


ſtliche Umdichtung. 
Leiſentrit 1684. 






Aus her⸗tem Weh klagt menſchlichs Sfchlecht,esftund in großen Sor * = gen. 
Wann kommt der und er » lö» fen möcht, wie lang liegt er ver-bor = = gen. 





fen dein ei-nigs Wort und laß ihn ab-her dringen, den Zroft ob al-Ien Dingen. 


Diefe geiftliche Umdichtun 8 des MWächterlieded ift vorreformatorifh und findet fich ver 
in Bal. Holl's Hdfihr. vom Jahr 1525 (WE. II, 1156). „Aus hartem we Flagt fih ein held in 
ftrenger hut verborgen.“ Nachdem tritt fie in einem evangel. Singbuch: Rotenbucher's Bergreien 
1551 mit oben ftebender Mel. auf. Katbolifcherfeits tritt fe ohne Singweife im Tegernſeer GB. 
1574 auf, derjelbe Tert mit einer Melodie in Leifentrit’d kathol. GB. 1584. Sie ift eine 
andere als die bei Forfter und Rotenbucher, und volkäthümlicher ala die erfte. Daß fie dem welt: 
lihen Volksgeſang angebörte ift nicht —— aber zu vermuthen. Es kann rechtwohl 
das vielgeſungene weltliche Wächterlied zwei Melodien gehabt haben. Oder ſollte die 2. Mel. 
einem anderen weltlichen Texte angehören? Welchem? iſt nicht ermittelt. Ihr Anfang ähnelt ſehr 
dem Schüttenſamenton, davon wir nur Fragmente (f. Nr. 242) beſitzen. 


* Anfangdnote im Drig. f ftatt g, Druckfehler. 


808. Ber Morgenftern. 
Erfte Melodie. 


Mel. 15. Jahrh. 







De Mor⸗gen- fter« ne befft fit up gerdrungen, 
Gar ſchön hebben uns de klein' Waldvöglein afungen, 


wol a «ver Berg unde de⸗ pe Dal, van 





— 
Fröurden fin » get und de Te» ve Nachetergal, van Fröusden fin-get und de le » ve 
# 










Rh * » rt. gal. 


2. Van Fröuden ſinget uns de Wächter an der Tinnen, 

Weckt up den Helt mit ſachten ... Sinnen: 

„Wael up, waek up, it is wol an der Tit!“ 

Und beſchütt der Junkfrouwen er Ere, dem Helt fin junge Lif. 

. Yroum Nachtegal was möde, je let aff von erem Singen, 

Dat Megdlin dat was junk, fe fach den hellen Dad her dringen: 
„Wael up, feins Lei! wi fint in groter Not; 

Ervör dat min Voder unde Moder, vel lever fo wer wi dot.“ 


* 
pn 


Erf u.Böhme, Piederhort. U. 39 





610 


3., Nun ſchwich ftille, Megdlin, van dinem Truren! 
se wil mi [hwingen aver de bogen Muren; 
Du hefft mi Mot, Hert und Sinne benamen, 
Und wenn de leve Got wil, fo werde if wedder kamen.‘ 


. Das Megvelin ftunt an hoger Tinnen 

Und dachte, wo je den Helt darvan möcht bringen, 
Ein fohnewitt Bepvelafen fe toret 

Darmit je den Helt aver de Muren let. 


6.„Nu var darhen, fing Lef, dat di Got behöde! 
Du mafeft mi fcheident alfo müde, 
Du befft min junge Herte ut Fröuwden in Trurent gebradt, 
Dat if van di mot fheiden, adde to vel duſend guder Nadt!* 


7.De uns dit Letlin hebben gefungen, 
Dat hebben gedan twe framerjungen, 
Se hebben it ganz wol bevadıt, 
Unvde wünfhen allen Junkfrouwen vel dufend guder Nadıt. 


or 


Zert im Niederd. Liederb. (um 1600). Daher Ubland, Bolkälieder Ar. 79 A. — Melodie 
aus der Berliner Hdihr. Z. 98. 15. Jahrhundert. 

Andere Mel. zur geiftlihen Umdichtung: Der Morgenftern ift aufgedrungen, erleucht 
daher zu diefer Stunde zc. bei Praetorius ‚1609, Nr. 194. (Abdr. Alto, ob. Rr. 108.) 


Tg 5,3 toret = zerriß. 5,4 let = lich. 


809. Tagesanbrud. 


1., Es ift nit Tag, es taget fchier, 3..Was fol ich dir zur Lege Ian? 

Der Tag der ift mit Freuden bie; Es geht mir leider nit faft wohl.“ 
Hätt ih den Tag in meinem Schrein, ‚Seht dirs mit wohl, es ift mir leid, 
So müßt er mein Gefangner fein.‘ Mein feins Lieb bat mir abgejeit. 

2. Und dein Gefangner will ich nit fein, 4. Er gab mir Urlaub vor der Zeit, 
Ih fahr dahin und laß dich hie.“ Fürwahr er buhlt ein ander Weib: 
‚„Fährſt du dahin und läßt mich bie, Buhlt er ein Weib, buhl ich ein Mann, 
Was läßt du mir zur Lege hie?‘ Damit ſcheidt fich die Fieb von dann.‘— 


5. „Ach Frau, ihr habt ein ftolgen Leib, 
Ich mein, ihr feid eins Grafen Weib.“ 
‚Und bin ich jchon eins Grafen Weib, 
Sp zeucht er mir ein ftolgen Leib.‘ 


Zert nad) 3 Druden übereinftimmend: a) Fl. Bl. „Gedrudt zu Nürnb. durch Balentin 
Nember an 1551—1580). Bon 2 Liedern dad 2. Das erjte ift das Eppele von Gailingen. 
b) #1. Bl. Zu Augfpurg truckte Mattbeus Frand (um 1580). c) Fl. Bl. Gedrudt zü Auafpurg 
—— Manger (um 1590). Daher Uhland 77.) Alle haben noch eine nicht dazu gebörende 
6. Strophe: 

Es reit ein Ritter wolgeton, 
Da begegnet ihm ein Jungfrau ſchon, 
Kg mein Pferd ift wol bejchlagen 


Es kann die fhönen Mäidlin tragen.” 


Diefe Zufapftropbe erinnert fehr an das Lied vom gelbfraufen Haar (oben Nr. 74, 
Ubland 108): aber auch an das Replied (Nr. 122), fomit an die Wolfdietrich-Sage. Vermuthlich 
gabs eine Ballade, davon diefe Anfangäftrophe erhalten blieb. 





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612 | 


Antwerpner Liederb. 1544, Nr. 19. Daher Ubland Rr. 78. Willemd 66. Hoffmann 
Nr. 64. — Mel. in Souterliedekens 1540, Pi. 47. Zu einem geiftlihen Liede des 15. Jahrk. 
fchon die Tonangabe: „Had ie de [lotel van den dach, ic worpse .. .“ (f. Str. 6 bier). Ber: 
gleiche denfelben Wunſch des Mädchens im fiebenbürgifchen Hochzeitslied: „Et full e Metche frä 
ufftan.” — 


T 1,2 ſchoon dab, ſchon Tag, Tagesanbruch. 1, 2 mode, ungen. 2, 1 jchimpen, 
fherzen, fpotten. 2,2 und laß ihn fihlafen den Allerliebften mein. ‚3 hinten, fchenten. 
3, 1 rampſalich, unglüdlih. 4, 1 ontiprang, auffprang. 6, 2: 

ätt ich den Schlüffel zu dem Tag, 

ch würf’ ibn in die wilde Maad. 
Und von der Maas bie in den Rhein, 
Da follt’ er nimmer gefunden fein. 

Das Driginal hat durchweg G-Talt. So auch Erf. Hier rhythmiſch ein wenig geändert; 
bei 1 Note verlängert: bei 2 Punfte gefept. 


811. Ei, du ſchönes mein Lieb! 


Mel. in 68 Lieder Nr. 20 (vor 1550). 





Ir: —⸗ — —— — 
Ich bin durch Fräuleins Wilslen ge» ritsten fo man⸗chen Tag 











— — 
fo bitt ich euch, ed⸗les Fräu-lein, was habt ihr euch be⸗dacht — ? Habt ihr mich Wil— 






len zu neh-men, ſo verheißt mirs bei der Zeit? Ich fol und muß von hin— 














nen, ei du ſchö⸗nes mein Yieb! mirgliebtein nn * + = derd Weib. 
2. „Liebten dir die andre Weiber 4. Er nahm fie bei der Hände 
So kehr dich weit von mir! Bei ihr ſchneeweißen Hand, 
Nun ſprechen fih die Leute, Er führt fie an ein Ende 
Wie ih die Schönfte jet; Ueber ein fhmalen Gang, 
Das Yob will ich behalten Wol in ein Kämmerlein finiter, 
Meinem feinen Buhlen allein, Da lag der Held und ſchlief; 
Aus friſchem freiem Gewalte, Der Wächter an der Zinnen — 
Ei, du ſchönes mein Lieb! O ſchönes mein Lieb! 
Deins eigen will ih jein.” Den hellen Tag anblies. 
3. Zart Frau, ih hab gefcherzet, 5. ,„ Leit Jemand bie verborgen, 
Iſt mir von Herzen leid, Der heb fi bei der Zeit, 
Ih bin durch eurent Willen Daß ihn die Leut nit jpüren 
Geritten fo mande Zeit; Wol bei dem ſchönen Weib; 
Des ſollt ihr mich, zart Fraue, Die Morgenröth thut ber bringen 
Allzeit genießen Ian! Ueber Berg und tiefe Thal, 
Thut euer Herz aufichließen Die Heinen Waldvogelein fingen — 
Schließt mid darein, Ei, du ſchönes mein Lieb! 
Herzallerliebfte mein! Darzu Frau Nachtigall, 


> 





613 


Zert aud: Bergfrenen 1536, Nr. 45. Fl. Bl. Mitte des 16. Jahrh.: Drey ſchöne lieder 
(dad 2.) Ambrajer db. 1582, Nr. 101. Ubland 81. Graßliedlin 1535, Nr. 9. 

Mel. im Liederb. von 68 Liedern. Nürnberg, Berg und Newber (um 1550) Nr. 20. Dort 
blos die erften 3 Strophen. Ich gebe Erf’ Redaktion. 

Diefelbe Mel. etwas abweichend in Souterliedekens 1540, Pf. 36: Ick heb om vrouwen 
wille ghereden so menighen dag. 


812°, Wiederbegegnen am Brunnen. 
(Ein Nachklang der Wächtlieder.) 





wer bei fei » nem Schätz-lein Teit, der ſteh nur auf, es ift fchon Zeit: der 





Zag briht an mit Gtrabslen, ja Strahlen!” 


Andere Lesart. 


Mel. aus dem Weſterwald vor 1880, 








nod bei fei» nem Schätz-lein liegt, der fteh nur auf und mach ſich fort, ver 





Zag fängt an zu ftrabslen, zu » ma » len.” 


2. Das Mädchen aus dem Bette fprang, 4., Guten Morgen, guten Morgen, herz⸗ 
Den Tag wollt fie anfhauen: taufender Schat, 
‚Bleib liegen nur, herztaufender Schat, Wie haft du heint gefchlafen?“ 

Es ift fürwahr noch lang nit Tag, ‚Ih hab geihlafen in deinem Arm, 


Der Wächter bat uns belogen, Ih hab gefchlafen, daß Gott erbarm! 
Betrogen!‘ — — Mein Ehr Hab ich verfchlafen, 
Verſchlafen!““ 

3. Das Mägdlein früh zum Brunnen ging, 5., Wenn du dein Ehr verſchlafen haſt, 
Friſch Waſſer wollt ſie holen, So laß dichs nicht gereuen! 
Da begegnet ihr derſelbige Knab: Ih bin fürwahr derſelbige Knab, 
Der Nachts bei ihr geſchlafen hat, Der auch noch Geld und Güter hat: 
Und bot ihr ein guten Morgen, Dein Ehr will id dir bezahlen, 


Berborgen. Ja zahlen!“ 





aus Heffen bei Mittler 172: „Der 


614 


6,,Mein Ehre die bezahlft du nicht, 
Du bift ein lofer Schelme. 
Wenn Feur und Stroh beifammen leit, 
Und wenn auch Schnee dazwiſchen ſchneit, 
So muß e8 doch endlich bremen, 


Ja brennen!‘ 
Erf, Liederhort Nr. 135: vielfa 


mündlih aus dem Hefjen-Darmftädtifchen. Aehnliche Zerte 
ächter auf dem Thürmlein ſaß.“ Sungbrunnen Ar. 121. 


Ferner im Kubländchen befannt Meinert 120), in Schledwig-Holftein (Müllenboff ©. 608) in 
Schleſien (Hoffmann 87). Simrod 283. Tert auch im Wdöhorn I, 347, wozu Goctbe ſagt: „Voll 
Anmuth und Gefühl.“ 


Eraser 


der Wächter auf dem Thurme ſaß, 


SI, Thürmerlied, 


A 








— 
u 


Aus Niederreifenberg im Taunus 1878, 
* u 


















rief er mit bel-lerr GStim-me: Steht 





auf, ſteht auf, 


ihr jun» gen Leut! wo 


eind o=der zwei bei = fam-men leit, der 








* 


Tag fängt an zu leuch-ten, zu 


. Das Mädchen wohl aus dem Bette ſprang, 


Den Tag wollt fie beſchauen. 

‚Sei ftill, fei ftil, mein junger Knab! 
Es find noch zwei drei Stund bis Tag: 
Der Wächter hat uns betrogen, betrogen. 


. Ei wenn ung der Wächter betrogen hat, 


Komm ber und leg dich nieder! 

Komm leg did in mein’ Arm hinein, 
Uebers Jahr follft du mein eigen fein, 
Mein eigen ſollſt du werben auf Erden!“ 


. ‚Dein eigen werd ich nimmermehr, 


Das kannſt du fiherlih glauben. 

Wenn du's befhwörft mit deiner Treu, 

Daß dir kein andre lieber fei, 

Sp will ih dir's ſchon glauben, ja 
glauben?“ 


5. Des Morgens ald der Tag anbrad 


Ging fie wohl Wafler holen, 

Da begegnet ihr derfelbig Knab, 

Der die Naht bei ihr geſchlafen bat, 
Erbotihr einen guten Morgen, verborgen. 


5. ‚GutenMorgen, du herztaufender Schag, 


Wie haft du hint geichlafen?‘ 

„I hab geihlafen in deinem Arm, 
Und hab verſchlafen, daß Gott erbarm! 
Mein Eh'r hab ich verſchlafen, verſchlafen.“ 


. ‚Dein Ehr, dein Ehr die verſchläfſt du nicht, 


Laß dich das nicht gereuen. 

Ih bin fürwahr ein reicher Knab, 
Der auch viel Geld und Güter hat, 
Dein’ Ehr will ich bezahlen mit Thaler.‘ 


8.,Mein Ehr, mein Ehr die bezahlft du mir nicht, 
Du bift ein Iuftger Schelme. 
Wenn Feur und Stroh beifammen leit, 
Und wenn auch Schnee dazwiihen jchneit, 
Thut e8 doch endlich brennen, ja brennen.” — 


Mündlid aus dem Taunus 1878 (Niederreifenberg). — Ziemlich ira Zert (aber obne 3. 
und 4. Str.) aus dem Elfaß: in einem zu Megeral 1855 gefchriebenen 


T 6,2 bint, vergangene Nacht. 


iederbuche gefunden. 





615 


812°. MWärhterlied, 


1. Die Naht mag fein fo finfter als fie will, 


Der Yungbuab ging auf die Gafle; 

Er ſchlug dem Mädchen vors Lädelein: 
„Schatzelein, fteh auf und laß mich ein, 
Du haft mirs ja verheißen, ja verheißen.“ 


2. „Und wenn ich dir's verheißen hab 


So darf id dirs nicht holten: 
Es könnt einer oder der ander im Winkel 


ſtehn, 
Der dich ſieht hereiner gehn, 
Der thät uns ja verrathen, ja verrathen.“ 


5. Und als das Mädel fo früh aufſteht, 


Friſch Waſſer wollt fie holen, 

Da begegnet ihm derſelbige Knab 
Der bei ihr gefchlafen Bat, 

Und beut ihr guten Morgen, ja Morgen. 


.‚Öuten Morgen! guten Morgen mein 


berztaufiger Schatz, 
Wo haft denn du gefhlafen?‘ 
„Ih hab gefchlafen, in deinem Arm 
Hab geichlafen, daß es Gott erbarm! 
Mein Ehr Hab ich verfchlafen, ja ver- 


ſchlafen.“ 
7., Und wenn bu deine Ehr verſchlafen haft 
So laß dichs nicht gereuen: 
Ich bin fürwahr derſelbige Knab, 
Der noch Geld im Beutel hat, 
Dein Ehr thu ih dir bezahlen, ja be— 
zahlen!‘ 
8. „Mein Ehr, mein Ehr die bezahlt du 
mir nicht, 


3. ,€8 ift fürwahr mein getreuer Kamerad 
Der thut uns nicht verrathen: 
‚Bleib ſtehn! bleib ftehn! mein getrener 
Kamerad 
Dis das Glödlein zwölfe ſchlagt, 
So thuft du nun rufen, ja rufen!‘ 


4. Der Wächter, der auf dem Thürm- 
lein faß, 
Sein Hömlein thut er blafen: 
„Steht auf! fteht auf! ihr jungen Leut; 
Wer bei feinem Schägelein leit. 
Der Tag fängt an zu firahlen, ja 
ſtrahlen!“ 


Du biſt ein loſer Schelme! 
Und wenn man Feuer und Stroh zu- 
jammenlegt, 
Und fein Schnee dazwiſchen legt, 
So thut's doch emblih brennen, ja 
brennen.“ 


Mündlih 1884 aus Niederfulzbach (Kreis Zabern im Elfaf). 


813°. Gaffatengehen. 


Erk, Boltöl, I, 5, Nr. 66 und gleihlautend Lohort. 1358. 
Aus dem Meiningſchen u. Eoburgfchen. 








Ein jun-ger Anab gaf» fa ten ging wol um der Jungsfrau wil -len. 





laß mih ein! ih hab ſchon lang ge» fan « den.” 


* Saffaten = volksthümlich für das deutfchlat. gassatim, in der Abenddämmerung auf der 
Gaſſe herum fhlendern, vor dad Fenfter der Liebſten geben. Roh zu Mozart’d Zeit gaffaten 
gehn — ein Ständchen bringen. 





2.,, Haft du fo lang geftanden bier, 
Kein darf ih dich nicht laſſen; 
Doch ſchwöreſt du mir fieben Eid, 
Daß dich Niemand gejehen hat, 
So will id rein Dich laſſen.“ 


3.,Die fieben Eid die ſchwör ich nicht, 
Sie find mir viel zu fchwere: 
's dürft Einer in der Ede ftahn, 
Und mid und did gejehen han, 
Wir Beide wären verrathen.” — 
4, Frau Nachtigall am Laden ſaß, 
Sie fang mit heller Stimme: 
Wer jett bei feim Feinsliebchen leit, 
Der fteh nur auf, 's ift hohe Zeit, 
Der Tag fommt angegangen. 


5. Frühmorgens da der Tag anbrad, 


Das Mägdlein holte Wafler; 

Gie gieng wohl über den ſchmalen Steg, 
Da begegnet ihr des Jägers Knecht“: 
„Feinslieb, wie haft geſchlafen?“ 


.„Und wie id heut geſchlafen hab 


Das darf ih dir wol fagen: 

Ih hab geſchlafn in Liebes-Arım, 
Ih hab geſchlafn, daß Gott erbarm! 
Mein Ehr hab ich verſchlafen.“ 


7., Ei hab ich dirs nicht geftern gſagt, 


Du follft did meiner halten; 
Hättft du dein Kämmerlein zu geichlofin, 
Und hättft ven Knabn nicht eingelafin, 
Dein Ehr hättft du behalten. 


8. Dein Ehr haft du verloren jekt, 
Die mein hab ich behalten; 
Denn Vorgethan und Nahbedacht, 
Hat Mandhen in groß Leid gebradt: 
Man hats gehört von Alten.“ 


Text: Mehrfah mündlich und nah einem fl. Bl. um 1790: Bier neue weltliche Lieder. 
(Das 4.) Gedrudt in diefem Jahr, da der Merg vorm April war. 

Zu vergl. ift: „Es war einmal ein junger Knab“ (Ambraſ. Liederb, 1582, Nr. 204) 
und Wunderborn I (1806), 317 (n. A. Erk 3, 36), und Wph. 4, 307. 


* Bar.: Ihr Liebfter ihr entgegen fam. 


813*. Gaffaten gehn. 





Hoffm. Schlef. PL. Nr. 53, 








— 


Ten » fir. Zu einem Fen⸗ſter ſchrie ih rein: Steh auf, feins Mädl und 











laß mich ein! ih hab ſchon längft ge » ftan » ben. 


2.Ob du fhon längft geftanden haft, 
Kann ich dich nicht rein laſſen; 
Der Bater der ift nicht daheim, 


Die Mutter ſchläft noch lange nicht ein, 


Bleib noch eine Weile draußen! 


3. Wenn Vater und Mutter wird fchlafen fein 


Dann will id did rein lafien; 

So geh du in die Kammer hinein, 
So lang wie e8 dein Will wird fein, 
So lange will id dich halten.” 





617 


4. Und als er in die Kanımer 'nein kam, 6. Und als der Knabe die Rede vernahm 


In der Kammer war's fehr finfter; Aus der Kammer that er gehen. 

Er dadt, er käm ind Paradies — Feind Mädelein unterdem Wändelein faß, 
Da ſaß ein Mädel ſchön roth und weiß Ihre Shwarzbraunen Yeugelein wurden 
In ihrem ſchneeweißen Kleide. ihr naß, 


Gie fing bald an zu weinen. 

5. Und als es fam um Mitternadht . „Weine nicht, weine nicht, feins Mädelein! 
Die Wächter thaten fchreien: Um mid, darfft du nicht weinen! 
Wenn einer bei feiner Schönftliebften ift, Ih habe fhon mande liebe Nacht 
So mad) er fih auf und geh nad) Haus, Um beinetwegen zugebradht, 

Der Tag kommt angebrungen. Es bat mich auch feine gereuet. 


— 


a) Aus Schleſien. Hoffmann, Schleſ. BL. Nr. 53. b) Aehnlicher Tert im gleichen Vers— 
maß bei Mündel: Elf. Volksl. Nr. 23. „Es ging einmalam Abend fpät ein junger Knab 
fpazieren ꝛc.“ ec) In der Mark (1854) hat das Lied den Anfang: Als ich geftern Abend auf 
der Baffen ging, unter mein Feinsliebchens Fenſter ıc. 


813°. Gaſſaten gehn. 


Mäßig. Aus Mußbach a. d. Hardt (Reinpfalz) 1867. 









R n — H EM 
— — — —— | pr DEE Y 
tre= ten zu der Herz= al» ler »liebeften ein: Schö-ner Schap, fleig nur auf und 


faß mich ein, denn ich will beut bei dir ſchla-fen, ja jchla=» fen. 


2. Und bei mir ſchlafen darfit du nicht, 
Ih kann aud nicht aufmachen; 
Es könnt‘ einer oder zwei beifammen ftehn, 
Die könnten und wohl auf dem Fuß nachgehn, 
Die könnten uns verrathen, verrathen. 


3. Und als das Glödlein zehn Uhr fchlägt, 
Da treten die Wächter auf die Gafle: 
„Steigt nur auf, fteigt nur auf, ihr junge Leut, 
Die ihr jet darin beifammen jeid, 
Der Tag füngt an zu bleihen, ja bleichen. 


4. Das Mädchen, das erihroden war, 
Sprang glei wohl unter den Laden: 
„Bleib nur liegen, :]: du junger Knab! 
Es find noch ſechs Stund'n bis an den Tag, 
Die Wächter haben uns belogen, ja logen.“ — 





618 


5. Und als das Glödlein ſechs Uhr fchlägt, 
Da holte das Mädchen Wafler, 
Da begegnet ihr der junge Knab, 
Der heunt bei ihr geſchlafen hat, 
Sie bot ihm guten Morgen, ja Morgen. 


6. ,,, Den guten Morgen botft du mir? 
Wie haft du denn die Nacht geichlafen? 
„Ih hab gefchlafen in deinem Arm! 
Ih hab geichlafen, daß Gott erbarm! 
Ich hab mein Ehr verloren, ja verloren. 


„Wenn du's dein Ehr verloren haft, 

Ei, fo will ih fie dir bezahlen 

|: Mit lauten Silber und rothem Golb, :| 

Mit lauter neue Thaler, ja Thaler.‘ 

8.,. Daß did Gott frafe, du Böfewicht! 

Du fannft mir meine Ehre nicht bezahlen, 

|: Da belfen feine Thaler und rothes Golp, :| 

Du mußt meine Ehr mir wieder geben, ja geben!” 


9, Und eh der Mond wurde dreimal voll, 
Da führte der Burſche das Mädchen, 
Er führte fie an den Traualtar, 
Daf ihre Ehr ihr wieder geben war, 
Und ver liebe Gott war ihnen gnädig, ja gnädig. — 


1 


Pfälzifches Bolkdlied wurde nur von Burſchen gefungen. 


SA. SKenftergang*. 


Mäßig. Mel. v. Jahr 1816 bei Erf, Liederb. Nr. 77. 
* 












F 





⸗ 


s , ü . : wollt ih zu mem 
Ic wünfht, ed wäre Nacht, mein Bett-hen wär ge mat, ol he Yor dem 





mer Aekm eis fie mir auf» mad. 


Undere Lesart. 





‚Su » ten U = bend, mein Schap, gustn U» bend, mein Kind! 





——— — 
————— 


fomm aus Lieb zu bir, 
ab, mah mir auf die Thür, 





mahb mir auf die Thür!‘ 





619 


2., Wer ift denn dafür? 4, „Morgen fruh Hab ich kein Zeit, 
Wer Hopit an der Thür?! — Da fehn mid alle Leut 
„Schönfter Schatz, ich fteh allhier, Hätteft du mir diefe Nacht, 
Ih komm aus Lieb zu bir: Deine Thür wol aufgemadt, 
Mad mir auf die Thür!“ Hätt e8 mich erfreut. 

3.,Die Thür ift ſchon zu, 5. Schönes Geld und ſchönes Gut 
Es ſchläft Alles in Ruh; Schöne Mädchen giebts genug. 
Und du weißt, daß man bei Nacht Ließeſt du mich heut nicht ein, 
Niemand die Thür aufmacht; Mag ih aud dein Schat nicht fein, 
Komm morgen früh!‘ Komm nicht mehr zu dir.“ 


Zert und erfte Mel. bei Erf, Loh. Nr. 77: vielfach aus Schlefien, Franken, dem Branden» 
burgifchen und Heffen-Darmftädtifhen. Ebenfo bei Hoffmann, fchlef. PL, Nr. 54. Amold, Volks: 
Lieder (aus dem Siebengebirge, — 


* Dasjelbe Lied, faft wörtlich gleih mit Erf, ſchtieb Hoffmann von F. ald Bonner Student 
1819 im Mofelthale nieder. Er bemerkt dazu: „Das Fenſtern war früher bier überall ftarf 
Sitte, wie noch jept in vielen Gegenden Deutthlande und befonders in der Schweiz. Pater Aegi« 
dius Jaid verbot ed noch fireng im Jahr 1801 in feinem „Amulet für Jünglinge” ©. 9; * 
er unter den üppigen nächtlichen Beſuchen aus „dad Heimgarten“ nennt, was wahrſcheinlich (?) 
das Fenftergeben ift.” — Hoffmann irrt fi: unter Heimgarten ift das Heimführen der Mädchen 
— —— zu verſtehen, denn auf die Gart gehen heißt umherziehen, alſo Heimgarten 
— HSeimziehen. — 


Litteratur: Mit den Anfängen „Ich wollt (wünſcht) es wäre Nacht“ oder „Bald 
iſt es wieder Nacht“ iſt das Lied ziemlich verbreitet. Erf (I, 1, Nr. 46) erhielt es von 
Dr. Hobnbaum, der ed 1816 in Franken notirt hatte. Münfterfhe Geſchichten 1825, ©. 230. 
Mittler 563, 562. Kregfchmer II, ©. 336, 471. Schade, Weimar. Jahrb. S. 3062, 24. 
Schleſ. BL. ©. 88. Pröhle 6.43. Scherer, Jungbr. ©. 236, aus der Pfalz. 

In F. Reichardt's Liederfpiel „Juchhei!“ (nach einer patriot. Anekdote) Tübingen 1804, ©. 80 
fordert der Feldwebel dad „Zittermädchen“ auf zu fingen: „Ich wollt ed wäre Nächt, mein Bett 
lein wär gemacht.“ 


sr. Kein Einlaf. 


Aus dem Dillfreid um 1880, 





—— — 
Muß ein-mal zu mei-nem Schätz⸗lein em! ob fie 





mir auf ⸗ madıt. 


muß einsmal vor ib» rem Fen ſter ftehn, 
2. Die Thür die war zu, 4. Schnee weiß und braumroth, 
Schlief alles in Ruh. Schwarze Auglein wie der Tod. 


„Schatz, du weißt es, daß man bei der Ale, die zu meinem Schätzlein gehn, 
Nadıt, Alle, die dort vor der Thüre ftehn, 

Keinem Menſchen feine Thür aufmacht, Die ſchieß ich tobt. 

Komm morgen früh!‘ 


3.,Morgen früh hab ich feine Zeit, 5. ‚Berbrieht dich das fo fehre, 
Dann fehens ja die Leut. Wilft du gehen davon? 
Hätteft du mir geftern bei ver Nacht Willſt du ein Andres lieben, 
Hätteft deine Thüre aufgemacht, Wirft mir mein Herz betrüben, 


Hätteft mi erfreut. Bleib nur bei mir!‘ 





620 


815*. Nächtlicher Beſuch. 


Sehr mäßig. 





— 
—— — wol nädh «ten fpä » te ind Gafl-wirtbi Bär » te » lein; das 





Gärt- lein war ge = zie- vet mit fchömen Rörfe » lein, mit fchönen Rö+je » lein. 


2.9 pflüdte mir eins abe, 6. „Weinsliebfte, num muß ich ſcheiden, 
Zum Fenſter gab ichs 'nein: Der belle Tag bricht an.“ — — 
Schatz, ſchläfeſt oder wacheſt, Das Mädel fieng an zu weinen, 
Herzallerliebſte mein?‘ Daß Feinsliebſter ſcheiden ſollt. 

3.,Ich ſchlafe nicht, ich mache, 7. Was zog er aus ſeiner Taſchen? 
Von dir hab ich kein Ruh; Ein Tuch von Seiden ſo roth: 
Wenn ich einmal mit dir reden könnt, „Zrodne ab, trodne ab die Thränelein, 
Bon Herzen wollt ichs thun!“ Die du um mid vergoß'ſt.“ 

4. Die Thür die war verichloffen, 8.,In meines Vaters Garten, 

Der Knabe drang fi 'rein. Da ftehn zwei Bäumelein: 
In ihrem ſchneeweißen Hemdelein Der eine der trägt Musfaten, 
Hiek fie ihn willlommen fein. Der andre braun’ Nägelein. 
5. Sie fegten ſich beide darnieder, 9. Muskaten die find füRe, 
Darnieder auf eine Bank; Braun Nägelein die find gut: 
Sie ſaßen beifanmen die liebelange Nacht, Ei jo wünſch ih meinem Schätzchen 
Die Zeit ward ihnen nicht lang. Ein'n frifh und fröhlihen Muth, 


10, Ein frifh und fröhlich Leben 
Und viel Gelüde dazu; 
Denn heuer bin ich hie 
Und zu Jahr anderswo.“ 


Aus Schlefien (Umgegend von Hainau) bei Erf, Boltäl. 1841, I, 6 Nr. 46. Zu beachten 
ift der melodifh feine ungewöhnlihe Schluß. Das folgende Yied "hat gleihen Eingang, aber 
anderen Berlauf. 


815*. Berabredung. 


1. Ein Knäblein ging fpazieren 4. Die Thür ward aufgeſchloſſen, 
In's Rofengärtelein; Das Knäblein eingelo'n; 

Das Gürtlein war gezieret Er fand fein Lieben weinen, 
Mit ſchönen Blümelein, Seit nächten weint fie ſchon. 
2. Er thät ein Röslein brechen, 5. Was zieht er aus der Taſche? 

Zum Fenfter warf er's 'nein: Ein ſeidnes Tüchelein: 
Thuſt ſchlafen oder wachen, ‚Nimm hin, nimm bin, Herzliebite, 
Herzallerliebfte mein?‘ Trodn’ ab dein’ Yeugelein? 
3. Ich ſchlafe nicht, ich wache, 6.3 hab dich nicht verlaflen, 
Bor dir hab ich Fein Ruh; Das fiel mir ja nicht ein; 
Wenn ich könnt mit bir reden, Nur foln die Leut nicht wiffen 


Bon Herzen wollt ichs thun.“ Bon unfrer Lieb und Treu. 





7. Und gehft du in die Schenke 
So tritt nit vorn hervor, 
Tritt in den binterften Winkel, 
Für g’wiß, ich zieh did) hervor. 


8, Und wenn ich dich werd ſchwenken, 
So jieh du mich nidt an; 
Dann werden die Leute denken, 
Die find einander gram. 


Kubländifh: Meinert Nr. 112. (Mittler 335.) 
Driginalanfang: A Knavle gung fpozire ai's Ruoſe 
Bat die bier unter a ftebende, jchlef. 


ſ — Erk 


9. Und red ich mit einer Andern, 


Dann kränk du dich nur nicht; 
Ich red mit einer Andern 
Ich denk allein an dich. 


10. Und wirſt du wollen heim gehn, 


So wart nur nicht auf mich: 
Geh fort das ſchmale Steigelein, 
Für g'wiß ich komm dir nach!“ 


Hier von mir ind Hochdeutſch übertragen. 


etelai. Ldhort Nr. 133 ebenfalls diefe Ueber- 
el. vorgejept. 


Etr. 6—9 ähneln dem Schweizerlied: Mys Lieb we du zu Chilche xc. 


8,1 ſchwenken, die Mädchen beim Tanz emporheben, eine altbäuerifche, aber noch in 


a | 
Süddeutichland beliebte Unfitte. 


815°. Bas verlaffene Madden. 


1.3 gieng einmal fpazieren 
Ins Rofengärtelein, 
Das Gärtle war ſchön gezieret 
Mit Blumen und Röfelein. 


2. Drei Rösle thät ich abbrechen 
Und warf fie zum Lädelein nein: 
„Schatz, jhlafeit du oder wacheſt du 
Oder liegit du ganz allein?‘ 


3. Ich Schlaf ja nicht, ih wach ja wohl, 


Bor der Lieb hab ich es fein Ruh. 
Ban wege meinem Allerherzliebften 
Der mir gefallen thut.“ 


4, Sie ließ den jung Knab ein, 
Sie festen fih auf die Bank, 
Die zwei die ſaßen zufammen, 
Die Zeit war ihnen nicht lang. 


5.,D Schätle, willit du heirathe, 


Heirathe nimmer mid: 
Ich will dir Alles bezahlen 
Und will dir's geben Gleit.‘ 


D Schätzle, willft du ſcheide 
Willſt ſcheide weg von mir? 

Ach nein, mußt noch nicht ſcheide, 
Bleib noch ein Jahr bei mir!“ 


.Warum willſt du es bezahlen 


Aus deinem väterlich Gut?“ — 
‚Ich geh nun in fremde Länder 
Find’ fhöne Yungfräulein gnug.‘ 


. Da ih in fremde Länder fam 


Denkt ich bald wieder heim? 
„Wär ich daheim geblieben 
Und hätt gehalten mein Wort! 


9. „Das ſchwarzbrauns Mädiche 
ließ gar ein’ hellen Schrei: 
So hans die verlafjenen Mädiche, 
Man führt fie am Narrenfeil. 


Mündlih aus Meperal (Kreid Colmar, im Elſaß) 1884 durch Herm Gurt Mündel nieder: 


geichrieben. 


d 9,3 band = haben‘. 





622 


816*. Fenflergang. 


Mäßig. Mel. aus Cõthen u. Brandenburg Oderbruch) 


BEE = PS SS2 — — —— 

Sram: — — tr — ———— 
5 fann nicht ſitz'n, ich kann nicht fteh'n,ich muß zu mei » nemSchätzchen gehn, zu 

— 

mm mn 














LEN? — ——- I u — — a En — + 
meisnem Schäß - hen muß ich gehn, und wenn ih follt vorm Fen- fter ftehn. 


Zweite Melodie. 


Aus Schlefien ; Hoffm. 76. 




















1 —- x N —— . nn 
7 — —— — = - 
| zz: — SEE me==2 
⸗ 
mei · nem Schägchen un ‚ter die Wand, da flopf ib an mit leirfer Sand. 
2., Wer ift denn da, wer flopfet an, 5. Da Stand fie auf und ließ ihn ein, 
Der mich fo leis aufweden kann?‘ Sie heißt ihn auch willlommen jein; 
„Es ift der Herzallerliebfte dein, Sie reiht ihm die ſchneeweiße Hand, 


Steh auf, feins Lieb und laß mich ein!“ Da fieng fie bald zu weinen an. 
3.,Ich fteh nicht auf, laß dich nicht ein, 6. „Weine nicht, weine nicht, mein Engelein! 
Dis Bater und Mutter fhlafen fein; Aufs Jahr folft vu mein eigen fein, 
Stell did ein wenig an die Wand, Mein eigen ſollſt du werben gewiß, 

Sie werdens nit mehr machen lang.‘ Sonft feine die auf Erden ift!“ 
4.,Ich kann nicht länger hier außen ftehn, [7. Und wenn ver Himmel wär Papier 
Ich feh die Morgenröth aufgehn; Und jeder Stern ein Schreiber wär, 
Die Morgenröth, zwei belle Stem: Und ſchrieben al’ mit taujend Händ, 
Bei meinem Schat da wär ich gern!” Sie ſchrieben doch der Lieb fein End. 


Zert bier nah Erk's Nedaltion im Liederbort Nr. 126. Die rg Schlufftropbe 
aus Franken (bei Erf in den Parianten). Sie lautet im Wopb. III, Ich wollt, daß alle 
Felder wären Papier, und alle Studenten fehrieben bier; fie ſchrieben ja bier die liebe lange Nacht, 
fie fhrieben ung beiden die Liebe nicht ab. 

In Weftfalen (Reifferfheid 21) ift der Wortlaut: „Ich wollt der Himmel wär Papier, und 
alle Sternlein Schreiber ſchier; fie fehrieben wohl mit fiebzig Hand, und fhrieben doc der Lich 
fein End.“ — Sie bildet aud die Schlußftrophe im Schweizerliede „Es bat e Buur es Zöchterli“ 
— Ganz Narr Wunſch fommt auch im Serbifchen und im Neugriehifcen vor, wie Zalım, 
Berfuh ©. 450 nachgewieſen bat. 


816*. Gang zur Liebfien ans Fenſter. 


Gtwas langfam. Aus dem Darmftädtifchen 1838 u. Siebengeb. 1860. 









Ge » pund bricht die Nacht he« rein, * al » le Reut« ne ſchla⸗fen ein, us 
* Siebengeb. — 





Bessere —— 


al-fe Leutchen gehn zur Rub und ſchließen ib » re Aeug⸗lein zu. 


— — — 





623 


Andere Melodie. 


Etwas langjam. 








al =» le Men» fchen gehn zur 
2. Heint will ich nicht ſchlafen gehn, 


Will erft zu meinem Schätzchen gehn, 


Bill gehn an ihr Schlaffämmerlein, 
Bil fehen, ob fie drin mag fein. 


3. ,Wer ift denn draus? wer flopfet an, 


Der mich fo früh aufweden kann?‘ 
„Es ift ter Herzallerliebfte dein, 


Steh auf, mein Find und laf mich ein!“ 


Zert und erfte Melodie aus dem Heffen-Darmftädtifchen (Dreieihenhain 1838). 


nd al-Te Men-fchen fhlafen ein. 


Ruh, 


Aus der Wetterau 1890. 


Teen 7 Zum Eu 





fhlie- gen ib » ne 


4, „Herein darf ich dich laſſen nicht, 
Denn meine Mutter jhläft noch nicht; 
Mein Bater ift draus bei rothem, fühlen 

Wein, 
Er wird nicht lange mehr außen fein,” 

5., Ich werd nicht lang mehr bierjtehn, 
Ich jeh die Morgenröth aufgehn, 
Morgenröth, zwei jhöne Stern: 

Bei meinen Schäghen wär id gem!‘ 


Meug » lein zu. 


Wenig ab« 


weichender Zert mit zweiter Mel. aus der Wetterau (Rangsdorf) 1890. Ebenjo bei O. Bödel, 
oberbeff. DL. — Aus dem Giebengeb. die Mel. in Arnold's Boltäliedem mit Simrock's Text 


(Nr. 182): 


1. Jetzt kommt die fröhliche Nacht heran, 
Daß alle Leutchen ſchlafen gahn, 


Daß alle Leutchen fih geben in Rub, 
Und fchließen ihre Auglein zu. 


Ganz anders lauten bei Simrod die Schlußftrophen: 


4..Ih bin weiß uud du bift ſchwarz, 
So bleibft du doch fürwahr mein Schatz; 


Und wennn du meiner vn und gar nidht achtft, 


So wünſch ih dir ein ſchöne gute Nacht. 


5. Ein fhöne gute Naht, eine angenehme Zeit: 
Ich möcht gern wiffen, wer bei dir leit?* 
‚Wer bei mir leit, dad weiß ich wohl, 

Ich weiß aud, wen ich lieben foll.‘ 





SI6°. Abends am Fenſter. 


. Yegund kommt die Nacht herbei, 
Wo alle Menſchen ſchlafen ein. 
Und alle Menjhen gehn zur Ruh 
Und fliegen ihre Aeuglein zu. 


tv 


. Ich kann noch nicht ſchlafen gehn, 
Muß erſt zu meiner Herzliebſten gehn, 
Zu meiner Herzliebſten will ich gehn 
Und will ſie wecken aufzuſtehn. 


= 


.„Wer ift draußen und Mopfet an, 
Der mid jo leis aufweden kann?‘ 
„rag nicht lang, wer draußen mög!’ fein, 
Steh auf, mein Schäglein, und laß 

mich ein!“ 





4. Rein kann ich dich lafjen nicht, 
Denn meine Mutter fhläft noch nicht, 
Der Bater ift draußen beim rothen, 
fühlen Wein 
Er wird nicht lang mehr draußen fein. 
5. Außen fann ich nicht lange ftehn, 
Ih ſeh ein Lichtlein fo hell aufgehn, 
Ich mein, es wär der helle Morgenftern: 
Bei meinem Schäglein wär id gern. 
6. Könnt ih krähen wie ein Hahn, 
Könnt ih ſchwimmen wie ein wilder 
Schwan, 
Wie bald wird ich fein zu Frankfurt an 
dem Main. 
Grüß did Gott, mein herztauſendſchön 
Schägelein ! 





624 


Aus Niederfulsbah (Kreid Zabern, im Elfaß) 1885 von Mündel aufgefchrieben. Ganz ähbn- 
ih: Simrock Nr. 181 (daber M. 287): Jept kommt die fröhliche Nacht berein. Der Berlauf bier 
(nah St. 5) ift ein anderer, als im vorigen Liede. Die Bitte wird bier abgefhlagen, dert 
ewährt, aber mit Thränen. Hier zieht der Burfche luftig weiter, dort tröftet und verfichert er, 

as Mädchen bald zu beiratben. 

Bei Krepfhmer II, Nr. 154 ein von Auccalmaglio überarbeiteter Tert „Des Abends fann 
ich nicht Schlafen gehn.“ Darzu eine gemachte Mollmelodie und Refrain (gar beimelig). Die Schluß⸗ 


ftropbe beißt: 
Hätt ich Federn wie ein Habn, 
Und könnt ih fchwimmen wie ein Schwan, 


So wollt id fhwimmen wol über den Rhein 
Hin zu der Herzallerliebften mein. 


816°, Keinen Einlaß. 


Etwas bewegt. Aus dem Lahnthal, Limburg u. Weſterwald. 


&ejl: SIE — — 
— —— — 























Es iſt bald Zeit zum Schla-fen gehn, muß erſt zu mei⸗nem Scäglein gehn, zu 





meinem Schätz-lein muß id; gehn, muß erft wohl vor dem jFen = fter ftebn. 


2. Mer ift denn drauf? wer Hopfet an, 3.96 kann dich ja nicht laſſen ein, 
Der mid fo leis aufweden kann? Dis Vater und Mutter zu Bette fein! 
Es ift der Herzallerliebfte dein, Stell du did dort an jene Wand, 
Steh auf, mein Schatz, und laß mich ein! Denn Bater und Mutter fhlafen balv. 


4. Ich kann allbier nicht länger ftehn, 
Seh dort ein helles Licht aufgehn, 
Die Morgenröth, zwei helle Stern: 
Bei meinem Schätzlein wär ich gern. 


Auch mit anderem Anfange: a) „Ih kann nicht ſitzen, ih kann nicht ſtehn, zu mei» 
nem Feinsliebchen da will ich gehn ꝛc. b) Heint Naht will ich nicht fchlafen gebn x. 
ec) Es bricht die finftre Naht herein, wo alle Leute fchlafen ein, wo alle Leute gehn zur 
Rube und ſchließen ihre Auglein zu. d) Bor der erften Strophe wird au gefungen: „Auf 
diefer Welt hab ih fein Freud ac“ 

Unfer Lied finden wir in vielen Varianten gedrudt: a) im Wunderb. III, 80 (a. 4. 81) 
mit der nicht dazu Er Eingangäftropbe „Auf diefer Welt hab ich fein Freud“ — und zwei 
ftörenden Schlufftropben („Ic zieh in Krieg 2c.” und „Ein Bildchen laß ich maden mir“). Diefe 
Anbängfel erklären Hoffmann und Erf für unächt; Scherer, Jungbr. 69 bat fie beibehalten, aber 
in Klammer geftell. — b) Kregichmer I, Nr. 321, vollft. Wunderborntert mit Mel. — ce) Ber 
giſch: Erk I, 1, 38. — d) Tbüringifh: Weimar. Jabrb. II, 307, mit Woh. weſenlich gleich. 
e) Weſtfäliſch: Neiffericheid Nr. 21, ſtimmt mit Wdb., und noch die Wanbderftr. vom papiernen 
Himmel. — f) Koburgiih: Erk I, 4, 22 äbnlih Wolff, Halle d. B. I, 197. Anfang: Hoffnung, 
Hoffnung komm nur bald. — g) Schlefifh: Hoffmann Nr. 76. — h) Gegend von KHötben und 
Provinz Brandenburg (Oderbruch): Ert II, 3, 16. — i) Rheinifh: Simrod Nr. 180 (M. 603). — 
k) Schwäbifh: Meier ©. 255. — 1) Defterr. Schlefien: Peter I, 261. m) Defterreih: Schottkn, 
1819, &. 74, — n) Kubländifhb: Meinert S. 46 (daher Mittler 166): Dar Mond, dar ſchannt 
ball on fhien. o) Fränkiſch: Ditfurtb IT, 102: Und jepund kommt die Nacht berbei. p) Diden- 
burgifh: WFirmenih I, 233. — q) Vom hannöv. Harze: Pröhle Nr. 23. — r) Heſſiſch: Mitt- 
ler 152. — s) Böhm, Voltölieder 1891, Nr. 39. — t) Wendiih: Haupt-Schmaler IL, 48. 

Das Lied wurde auch nach der Melodie „Auf diefer Welt hab ich xc. geſungen; daher 
erflärt fih das Uebergreifen beider Texte ineinander. 

Unfer Tagelied findet ſich fchon ziemlich gleih 1740 in folgendem Terte: 





817. Au wirft mohl wieder kommen! 


1., Wer ift denn, der da klopfet an, 


Der mich fo leis erweden kann?‘ 
‚Es ift das ſchöne Hänfelein: 


Steh auf, feins Lieb, und laß mich ein!‘ 
2., Ich kann dich nicht einlaffen, 


Mein Vater iſt noch nicht eingeſchlafen; 
Ich denk, er iſt wol bei dem Wein, 
Ich hoff er wird nicht lange ſein.“ 


3., Soll ich denn nun noch länger ſtehen? 


Ich ſeh die Morgenröth hergehen, 
Darzu zwei lichte Sternelein, 
Steh auf, feins Lieb, und laß mid) ein!‘ — 


4., Traut Hänſel, komm ſattel mein Pferd. 


Das jetzund auf der Ströh thut ſtehn; 
Mein feins Lieb hat mir Valet gegeben 
Ich darf nicht wieder zu ihr gehn.‘ 


5... hab dir nicht Valet gegeben, 
Du haft dir's felber genommen. 
Ob du gleich ziehft in fremde Land, 
Du wirft wol wieder zu mir kommen.“ 


Bergliederbüchlein c. 1740, Nr. 44. Iſt die Grundlage ded vorangehenden Liedes unter Ar. 816. 





Fen⸗ſter, er ritt vor Lieb⸗chens Fen⸗-ſter: Ei, fhläfft du 0» der wacht?“ 


.„Mag ſchlafen oder wachen, 

Ih laß dich doch nicht ein: 

Ich kenn dich fhon am Reden 
Daß du der Redt nicht feift.“ 

., Kennſt du mid fhon am Reden 
Daß ih der Rechte nicht fei, 

So fteh nur auf und flag auf ein Licht, 
Auf daß du mich erfennft!‘ 
„Die Kohlen find erlofchen, 

Die Kerzen find verbrannt — 
Reit du nur bin du Stolzer! 
Ih hab dich fhon erkannt. 

. Warum famft du nicht nächten, 
Da ich di kommen hieß?” 
‚Das that ih dir zum Beiten, 
Daß ich dich fchlafen ieh.‘ 


Tert na 


Hoffmann, Shlef. Volksl. Ar. 58. 
Redaktion im Jungbrunnen Rr. 117. 


6.,Du jagft mir wol vom Schlafen, 


Doch ſchläfſt du felber nicht, 
Zu einer Andern gehft du, 
Zu mir fommft aber nicht.“ 


7.,Bin ich zu dir nicht kommen 


Bei Regen, Schnee und Wind? 
Kein Weg hat mic verbrofien, 
Den id gegangen bin. 


8. Drum Schat, willft du mid haben, 


So ſags mit einem Wort! 
Sonſt geh ih unter die Soldaten, 
Marihier mit ihnen fort; 


9.„Ihuft dur glei fortmarſchieren, 


Marſchier nur immerhin! 
Zieht doch ein andre Mutter 
Mir aud ein frommes Kind.” 


(Mel. daſelbſt Ar. 57. UL) So aud die 


Bei Hoffmann Nr. 57 noch eine andere Redart mit dem Anfange: 


(3 gieng ein Rnäblein bublen, 
Ja bublen bei der Nacht; 


Erf u. Böhme, Liederhort. II. 


Gr ritt bie vor das Fenfter :|: 
„Schläfſt oder wacheſt du?“ 


40 





626 


818*. Kurzer Beſcheid (Kenftergang). 


Umgegend v. Frankfurt a. M., Oberheſſen 1880. 





Ich gieng ein-mal fya »zie » ren, fpa » zie-ren bei der Nacht, 





‚Shap, fhläfft du o » der wacht?‘ 


2.,Ich ſchlafe nicht, ich wache, 4, „Und wenn du fortmarſchiereſt 
Ich laß dich nicht herein; Was mad ih mir daraus? 
Ih hörs an deiner Rebe, Da frei ih mir ein’ Andern 
Daß du der Recht nicht feift.“ Und lade dich brav aus.“ 

3., Ei bin ich gleich der Rechte nicht, 5.,Ich bin oft zu Dir gegangen 
So rede nur ein Wort, Dei Regen, Schnee und Wind; 
Sonft gehe ih unter die Soldaten Kein Gang hat mich verdroſſen, 
Marſchiere morgen fort.‘ Den ih gegangen bin. 


6. So geh id denn mit Freuden, 
In meines Baterd Land: 
Du wirft vor Wehmuth fterben 
Und kriegeſt feinen Mann.‘ 


Aus der Umgegend von Franff. a. M. 1838. Erf I, 1, Rr. 13. 


819. Bor dem Fenfter, 


Ausdrudavoll und heimlich. Aus dem Siebengeb. (1860). 


—* 

— =] — — Ir N 
em. mar , um mm. Zu mr) 7 zu > 
[7 + 


Soll ſich der Mond nicht bel »Ier fheisnen, foll fih die Sonn nicht früb auf 














ET TEE” „AT TEN 
— —— — botzan [Em — — 
— jerge Krmmal sen > 20 Ba 


u A ne ge en en 
gehn, ſo will ih die-ſe Nachtgehn freien, wie ih zu-vor auch hab ge-tban. 





2. Als er bald auf die Gafle trat, 3..Steh ſtill, fteh ftill, mein feines Lieb, 
Da fieng er an fein Lied und fang, Steh ſtill, fteh ſtill und rühr dich nicht! 
Er fang aus fchöner heller Stimme, Sonft wedft du Vater, wedit du Mutter, 


Daß fein Herzlieb zum Bett’ rausfprang. Daß ift ung Zwein nicht wohlgethan.“ 


- 


— 





627 


4. „Was frag ih nad Vater, was nah 5. Da ftanden die Zwei wol bei einander 
Mutter, Mit ihrem zarten Münvelein, 
Bor deinem Yenfter muß id ftehn; Der Wächter blie8 wol an den Tag: 
Ih will mein ſchönes Lieb anfhauen, „Ade, es muß gefchieven fein!‘ 
Um das ih muß fo ferne gehn.‘ — 


6. Ja Scheiden, Scheiven, über Scheiden 
Thut meinem jungen Herzen weh; 
Daß ich mein ſchön Herzlieb muß meiden, 
Das vergeß ich nimmer meh! 


Text aus der Gegend von Bonn: Simrod Nr. 193. Melodie bei Arnold, Volkslieder, 
I. Heft, ©. 6. 






= 
820. Bor der Thür. 
Mel.: Fahr, fahr auf der Poft. 
Scherzend. Ende des 8. Jahrh. 


EEE TEEN ER" 
Auf, auf, Shäß »le fteb auf! 


2., Nein, nein, e8 fann nicht fein! 5, „Geh, geh, geh du nur fort! 
Die Mutter fchläft bei mir, Geh du nur immerfort, 
Der Hund liegt vor der Thür Geh an ein andern Drt, 
Nein, nein, ed kann nicht fein! Geb, geh, geh du nur fort!“ 
3. Still, ftill, red nicht zu viel! 6. Wer, wer, wer ift denn ber, 
Sag dirs mit einem Wort, Der iſt ein Schelm und Dieb, 
Pad dic bei Zeiten fort! Der mir mein Schat verführt, 
Still, fill, red nicht zu viel!“ Wer, wer, wer iſt denn der? 
4. Wo, wo, wo ift denn Die, 7. Nun, num, fag id adje! 
Die mir die Lieb ganz ſchenkt Allerliebſt Schägelein, 
Und an Kein'n andern hängt, Allerliebft Engelein, 
Wo, wo, wo ift denn die? Nun, nun fag ich adje! 


Fl. Bl. in von Amim’d Sammlung: „Fünf luftige ſchöne Lieder” (dad 4.) Mel. um 1795 
bis 1800, Mel. — *— 


Im „Zafhen-Liederbuh. Paſſau 1828, Nr. 68 ſteht ein ähnlicher Tert mit Angabe der Mel.: 
Auf, auf, Schägle ſteh auf ıc. 


Wo, wo, wo ift der Mann, 
Der ein folh Weibchen küßt, 
Wie mein liebd Gretchen ift. 
Wo, wo, wo ift der Mann? (14 Etr.) 


40* 





628 


821. Abendbefud, mit dem Berlobungstinge. 


1, Dreimal um das Häufelein herum, 3., Die Leut find falſch, fie reden viel, 
Und dreimal um den Laden: Wenn's zwei einander lieben, 
‚Steh nur auf, mein Schat, laſſe mid Wenn's zwei einander lieben, lieben thun 


herein, So thuts die Leut verbrießen. 
Denn ich kann nicht länger warten!“ 
2. „Ich ſteh nicht auf, laß dich es nicht herein 4. Ich Hab ein’ Ring von feinem Gold, 


Die Thür ift zugeſchloſſen; Darinnen fteht mein Name. 
Denn du bift geftern bei einer and'ren Und wenns der liebe Gott haben, haben 
gewefen, will, 
Das bat mid ſehr verbroffen.“ So kommen wir zufammen. 
5. Der liebe Gott, der über und wohnt, 
. Der Alles thut regieren, 


Der den Himmel und die Erde erihaffen, erſchaffen hat, 
Wird und zufammenführen.‘ 


Tert bei C. Mündel, Elf. DL. Nr. 28. Aus der Umgebung von Straßburg. — Kürzer und 
abweichend aus Schumader's Liederhandſcht. (c. 3827) mitgeth. in Alemannia XI, ©. 182: 
„Dreimal um dad Haus herum x.” 


Darin fehlen Str. 3 und 5. Nah Str. 2 fommen folgende Schlußſtrophen: 


„Reich bin ich nicht, das weißt du wol 4.,I hab ein’ Ring von feinem Gold 
"gar aber kein Bedenken: Darinnen fteht mein Ramen, 

brlih und fromm ift mein Reichthum, Und wenn’d von Gott zu boffen ift 
Mein Herz will ich dir ſchenken.“ So fommen wir zufammen.‘ — 


822°, Had) Engelland gehen. 


Weſtſaäliſch (1820). —— 
— — — 
{ I — — — = 
& t ——— — 
Wenn ſich die Hab» men frä » ben, jo iſts noch lang fein Zag, da 























gehn die Jung » ge » fel » Tem wohl ein» jam in der Nacht. 


Andere Lesart. 






Bergijh. Ar. Kr. IL 245. 
ru 











er rn m LE 
— — nt ——— 
A wol — —0 
NIT EEE Dem u En 


1. Denn fi die Hahnen frühen, 2. Und wenn fie dann fpazieren gehn, 
So iſt's noch lang fein Tag, Sie find nicht gern allein, 
So gehn die Yunggefellen So Hopfen fie ans Kämmerlein: 


Spazieren bei der Nadıt. „Feinsliebchen, laß mih ein!“ 





3. „Ich made bir nit auf, 
Ih laſſe di nicht ein, 
Ih hörs an deiner Stimme, 
Daß du Feinslieb nicht ſeiſt.“ 


4. „Hörft du's an meiner Stimme, 
Daß ih Feinslieb nicht bin, 
So ftede an dein Fichtlein, 

So fiehft du, wer id bin." 


629 


5. „Mein Kerzlein ift erloſchen, 
Mein Licht ift ausgebrannt.“ 
„Lebwohl, Herzallerliebfte, 

Ih geh nah Engelland.“ 
6.,Gehft du nah Engelland, 
Wann fehrft du wieder heim?“ 


„Mitten in dem Sommer 
Wohl in der fhönften Zeit.“ 


7. Und wenn e8 Roſen ſchneiet, 
Und regnet fühlen Wein, 
So muß ein jeder Knabe 
Bei feinem Feinslieb fein. 


Mel. mit unter ln 1. Strophe in Herm. Keftner'd Nachlaß (Hannover, Keftner Mufeum). 
i 


Der vollft. Tert bei Re 


erfheid ©. 121 (ohne Melodie). Bei Kretzſchmer I, 245 mit dem An- 


ng Dann wenn die Hähne krähen, noch lange es nicht tagt xc. Mit dem Anfange: 
18 f 


Wenn 


9 der Hahn thut frähen: Wph. IL, 207 und Mittler Nr. 255. Bei Simrod 304: 
ih die Hähne fräben Hoffmann, fchlef. DL. Nr. 56—58. Zurmühlen Rr. 119. 
Bödel Nr. 73. Jungbr. Rr. 117. Ert I, 2, 


ch ging einmal fpazieren. 


822. Erkennungszeiden. 


1. Wenn der Hahn thut frühen, 
Dann ift nit lang bis Tag. 
Dann gehn die jungen Bürſchchen 
Spazieren die ganze Nadıt. 

2. Und wenn fie dann fpazieren gehn, 
Dann gehn fie gern allein, 

‚Steh auf du mwaderes Mädelein, 
Komm laß mic zu dir herein!‘ 
3.,Ich laß di fürwahr nicht herein, 

Ich weiß nit wer du bift; 
Ic hörs an deiner Rede, 
Daß du mein Schat nit biſt.“ 


4.,Hörft du's an meiner Rebe, 
Daß id dein Schatz nicht bin; 
So zünde dir ein Lichtlein an, 
So ſiehſt du wer ich Bin.‘ 

5. „Kein Funk' mehr in der Ace, 
Das Teuer ift ausgebrannt.” 
„Adjes mein Schag und ih muß fort, 
Muß reifen nad Engelland.‘ 

6.,Nah Engelland zu reifen — 
Dann kommft du wieder heraus?“ 
‚Im Sommer, im Sommer, im Sommer 
Dann komm ich wieder heraus, 


7. Die Hochzeit woll'n wir halten, 
Die Hochzeit bei der Nacht, 
Wenn Bater und Mutter fchlafen 
Dann halten wir's bei der Nacht.“ 


Aus Oberheffen, bei Bödel Rr. 73. 


823. Gaffelreim beim Senftergang. 


Munter. Mündlih aus Schwaben 1880. Umgegend v. Tuttlingen. 












Pfiff ge-than: „Blon» de, gud raus!“ 





630 


2. Dreimal ums Bettfhetle rum: 3.,8 Künlkele biet i nit raus, 
„Schätele, bift drinna? 8 Künkele ift mei: 
Diet mir dei Künkele raus, Wenn du d'ra fpinna mitt, 
Ich will dra fpinna.” Komm zu mir 'rei! “ 


In E. Meyer's, ſchwäb. Kinderreimen Nr. 237 heißt die Anfangäftropbe: 


Dreimal um d’ Scheiterberg, 
Dreimal umd Haus, 
Dreimal en Pfiff gethan: 
Schwarze! gud "raus! 


GT 11Scheiterbeig = Scheiterberg, ein pyramidal aufgebauter Haufe gefpaltenen Brenn» 
bolzed in Bauernhöfen. 2,3 Künkele — Aunfel, der Spinnroden (ein Stab mit dem anar 
bundenen Flachs). 


824. Finſtern (= Senfterln). 


Heiter. Niederd. Lob. 1884, Nr. 40. 








u + 
Dat du mon Schätäfen bift, dat du mol wei! Sum bu de Nacht, 





2. Rum du üm Middernacht, 3. Klop an de Kamerbör, 
Rum du Klok een! Faat an de Klink! 
Bader flöpt, Moder flöpt, Bader meent, Moder meent, | 
It flaap alleen. Dat deit de Wind. 


Text bei Müllenboff, S. 490. Zum Stelldihein, „Dat du myn Leenften biſt.“ Auch Firme 
nid 3, 150. Groth (Quidborn ©. 269) benupte ihn FB feinem Liede De Duv: „Wo id din 
Vaderhus?“ Bergl. „Wo find id deines Vaters haus“ (Ubland ©. 678). 


825. Kiltgang *. 


1. ,‚Marianneli, biſch dinne? humm, due mer uf! 
Es friert mi a dinger, bi funft nit wol uf.‘ 
2. „Sriert'8 di a Dinger, leg Hänfheli!) a, 
Chanſch'?) zu den Andere uf d' Gaſſe ga.“ 
3.,Uf d' Gaſſe ga, des ifch mer ebe rädt; 
Du heſch mi nit wölle, i bi d'r zfchlächt.‘ 
4.,Du biſch mer nit zſchlächt, de biſch m'r ebe rächt, 
Vater und Mueter die düen gar läß). 
5.9 ba di jo wölle, dur weiſch es jo wohl, 
Im Hindergadent) obe im Eggeli vor®). 
6. Dört vor in d'r Chille®), dört iſch e Stei, 
Dört ch'neue mer nider und beten e dhlei?). 





631 
7. Dört vor in d’r Chille, dört ifch e Tritt 
Wo me die Lieble zſäme git®). 
8. Me git fe zfäme, Bar um Bar, 
Chume-n-i äht?) au eimift dorthar 10)? 
G. A. Seiler, die Basler Mundart, ©. 128, Xobler I, 148. 


» Ehilt- oder Kiltgang in der Schweiz (bef. Aargau und Bern), die der Verlobung und 
Heirath vorangehenden nächtlichen Befuche der Junglinge bei Mädchen. 


T 1) Handihube. 2) Kannfl. 3) zeigen großen Unmillen. 4) Hintergemadh. 5) vor. 
6) Kirche. 7) ein wenig. 8) ehlich eingefegnet. 9) wol. 10) dorthin. 


826. Anderes Kiltlied, 
.Es ift e8 guets Hirtli, des kennt me gar wohl, 
Dod weiß es nit, wo-n-e8 hi trybe fol. 


2. Tryb ume, tryb ane, tryb ber und tryb Bi, 
Schön Anneli zu, vor ſy's Lädeli: 

3., Tryb bi-n-u tryb her, tryb ber und tryb Bi, 
Tryb über die Gaß zu me-n-Andere hi.‘ 

4. „Und über die Gafle, das ift mer nit recht: 
Und i merfe-n-i bin dir viel zu ſchlecht. 

5.U wär ig es Bögeli, wär ig e Schwan, 
So flög i dervo-n-über Berg und Thal.” — 


6.,Du biſch mer nit z’jchlecht, du biſch mer grad recht! 
Doch Bater und Mueter die thüe gar läg* 


7. Sie thüe gar lätz, und fie wei's nit ha, 
Daß i di meh ſöll ybe la**.“ — 


8., U thüe fie fo läg, und wei ſi's nit ba, 
So wei mer dod vo der Liebi nit la! 


9.U vo der Liebi da la-ni nit, 
So lang mer Gott myr Lebe git!" — 


10, ,U git mer Gott mys Lebe no lang, 
So will i di liebe mys Lebelang. 


11. Myr Lebelang, und drey Tag dernah! 
Is chumm, jeg will i di ybe la! — 


— 


* [üp = unwillig, verlegt thun. »vbe fa herüber laffen. 





632 


827. Brittes Kilt-Lied. 


Schweizer Kuhreihen u. Boltölieder. Bern 1812, S. 39. 









Es iſch es Meitfhit in die » fem Zmwing?,'ähett al »- Ti Nacht drei 









Ehil »terd in. (Ja wohl!) 


ern) 


Dad fin drei fol ge Gfel» Ile; hei | 





u N Ti —————— — a ——— 
— — FRE Ze — V TERN 
— 
oT — —— ——— > For — 7 EEE] [can Mar | 






veBrerne» lit mit mel- le: Ber-fleibft du mi wohl? 


2. Das Meitſchi gäb lieber tufig Pfung, 
Daß Nimmer ihm das Liedli fung. Ja wohl! 
Me da—n—ihms nit verfchwige ®, 
Me fpielt ihm's uf der Gige. 
Verſteihſt du mi wohl? 


Ein viel gedrudted Lied Erf II, 1, 12. Kurz II, 163. 
TG 1) Meitfhi, Mädchen. 2) Zwing = Bezirk. 3) Burfche, die auf nächtlichen Beſuch fom- 


men. 4) Breneli = Abkürzung von Beronifa. 5) taufend Pfund. 6) Man kann es ibm nicht 
verfchweigen. 


828. Kiltgang. | 


Heiter. Aus dem Berner Oberland. Zeitihr. Schweiz 1859, ©. 16. 

















Und wenn die fin- fire Nacht thut kommen, und ih zu meinem Schäßel geb. 





Ih kom⸗me heut zu dir für » wahr, darum bin ih Iu=ftig, 





false fe de» ri zumtra «la» la. 


829. Bes Schweizermädchens Enttänfchungen (Chiltlied). 


1. Schägel, i was traurift du, weinift du, chlagiſt dur? 
Schägeli, was traurift du, weinift dur fehr? 
„Ach, wenn i meyn, i heig e Schat, 
Ah! fo rumpelt, rumpelt nur de Cha. 
Refr.: Darum, darum traure-n-i, weine-n-i, chlage-n-i fo ſehr.“ 





633 


2. Schägeli, was traurift du, weinift du, chlagiſt du? 
Schätzeli, was traurift du, weinift du fehr? 
„Ah wenn i meyn, i heig es Lieb, 
Ah! fo iſch numme —n —e Dieb. 
Refr.: Darum ꝛc. 


3. Schätzeli, was trauriſt du, weiniſt du, chlageſt du? 
Schätzeli, was trauriſt du, weiniſt du ſo ſehr? 
Ach, wenn i meyn, jätz chunt er g'ſchwind, 

Ach! — ſo iſch's nüt as der Wind. 
Refr.: Darum ꝛc. 


Aus Wyß, Schweizer Kühreihen und Volksl. 1818. 





830. Die Arobenadjt*. 


Langjam. Dom Niederrhein. 





„Lies bed Mäd- chen, ib ſteh drau-» Ben an beim Fen-fter « lein; 


——— ——— — 


— — EEE” PO u: De 
N rm | E::] 





börft du nicht die Win » de -brau» fen? komm' und laß mich ein! 


2. Ach ih bin fo herzlich müde, 5. Yet hör ich das Fenſter krachen, 
Hier im Sturm zu ftehn. Bald fieht fie Heraus; 
Liebes Mädchen, holder Engel, Nun wird fie die Thür aufmachen 
Höre doh mein Flehn!“ Dann fomm id ind Haus. 

3.,, Ah fo warte nur ein wenig, 6. So gewiß ift denn die Wonne 
Dis fih nichts mehr rührt.‘ — Heut bei dir zu fein. 
„Liebes Mädchen, holder Engel, Schönftes Mädchen, Herzensfonne, 
Komm mad) auf die Thür. Du bleibft ewig mein!” — 

4. Schon die halbe Naht gefungen, 7.,„, Ei jo fomm und genieß die Wonne, 
D ih armer bier! Die uns glüdlih macht, 
Laß dich doch erbitten, Täubchen, Dis die goldene Morgenfonne 
Komm, mah auf die Thür! Uns vom Schlaf erwacht!“ 


Mündlih aus der Umgegend von Meurd im Glevifchen (1839): bei Erf I, 3, Nr. 10. 


” „Diefed Lied aus dem Fürſtenthum Meurd bezieht fih auf eine bei den dortigen Land— 
leuten üblihe Sitte beim freien, worüber Str. 7 noch weitere Andeutungen giebt” (Erf). — 
Ueber Probenädhte vergl. 8. Weinhold, Frauen im MA. 1851, ©. 174. 





634 | 


831, Liebe in Höthen. 


Mäßig langfam. Mel. aus der Gegend v. Granff. aM. (Dreieihenhain). 





Sich an, mein fhön-fled Kind, was muß ih lei— nt A:k Ge 
Wad ih von Her=- zen lieb, dad muß ih mei = ben. 
m 





lergensheit ift mir ge» nommen, Hoffnung - dei tröft ich mich - wird wiebrum fommen. 


2. Mit was für einem Band bin ich gebunden! 
Hab weder Tag noh Naht fein rub'ge Stunden. 
Drum, Schat, fei wohlgemuth, thu nur nicht wanken: 
Es ift das Allerbeft, lieben in Gedanken. 


3. Amor bat fharfe Pfeil, man darf nicht trauen. 
Denn wer recht lieben will, muß wohl auffhauen: 
Und wer recht lieben will, ver muß oft leiden: 
Es gieb der Leute viel, die's widerftreiten. 


4, Ei nun, fo bleibt8 dabei, ich will nicht weichen, 
Dis endlich mir der Tod das Herz thut beugen: 
Dis man den jungen Leib ins Grab wird tragen: | 
Dann kann man jederzeit von Treuheit jagen. 


Erk, Liederbort Nr. 114. Deffen Bolfälieder I, 6, 52. In einem alten gefchriebenen Lieder: 
buch aus der Zeit um 1720 fand Erf folgende Ledarten: 1. Was ih von Herzen lieb, dad 
foll ich meiden: Mein allerfhönftes Kind, viel muß ich leiden. Alle Gelegenheit ift mir genommen; 
ich hoff auf beffre Zeit, fie muß aud kommen. 2. Mit deinem Liebedband bin ih gebunden; hab 
weder Raft noch Ruh zu feiner Stunden zc. (wie oben). 3. Nichts befferd in der Welt ift wohl 
zu finden, ald wenn zwei Herzen fich recht treu verbunden zc. 4. Herzallerliebfter Schag, werd nicht 
abwendig! Bleib mir in Liebe treu, ich bleib beftändig ꝛc. 


83. Eheftandslob. 


Raſch. Aus dem Unterlabn- u. Dillkreiſe 1880, 

















= * De —— — 
J Sich an, mein lie-bes Kind,wad muß ih lei⸗den. Al-Te 
I Wad midy von Herrzen freut, das muß ich meiden. 


Gr » le» gen⸗ heit 





635 


1. Sieh an, mein liebes Kind, 3. Wenn man recht Lieben will, 
Was ih muß leiden! Wie muß mans maden? 
Die mir am liebften ift, Muß öfters zu ihr gehn, 
Die muß ich meiden. Muß freundlih laden; 

Ale Gelegenheit Und wenn fie dann nicht will 
Iſt mir genommen, Sich zu dir neigen, 
Hoffnung, — des tröft ih mid — Muß man beifeite gehn 
Wird wiederum fommen. Muß ftille ſchweigen. 

2. Mit was für einem Band 4. Es ift fein größte Freud 
Bin ic gebunden? Auf diefer Erden. 

Hab weder Tag noch Nacht Als wenn zwei junge Leut 
Kein ruh'ge Stunden. In Ehſtand treten; 
Drum Schätzchen, halt nur feſt, Da findt man keine Noth, 
Thu nur nicht wanken. Kein Kreuz kein Leiden, 
Lieben iſts Allerbeſt, Nichts als der bittre Tod, 
Lieben in Gedanken. Der kann uns ſcheiden. 


Zert ohne Mel. bei Erk, Liederh. Nr. 114%, vielfach mündlich aus Franken, Heſſen⸗-Darm⸗ 
ſtadt ꝛc. Mit Benutzung von fl. BU. aus der Zeit von 1750—1820. Mel. zu einem faft 
wörtlich gleichen Liede aus dem Unterlahn- und Dillfreis 1880, durh E. Wolfram. — 

Bergl. ähnliche Lieder: Hoffmann, ſchleſ. PL. Nr. 75. Wolff, Halle d. B. 1837, I, 
©. 166 (aud dem Jparunde). Meier, jhwäb. BR. 125. Scherer, Jungbr. 67 (mündlih vom 
Schwarzwalde). 


Abweichungen: 1,1 Ei du mein lieber Schap, was ich muß ich leiden. 4,1 Es kann 
nichts Schönres fein. 


Weit verbreitet war dieſes Lied, eg im Brandenburgifchen findet ſichs; in Hohen-Saathen 
bei Oberberg wußte 1851 eine SOjährige Frau noch folgende Strophen: 


1,68 find zwei junge Leut 3. Wenn einer lieben will, 
In Lieb verbunden. Wie muß man’d maden? 
|: Mit was für einem Band :] Muß zu den Jungfern gehn 
Sind fie gebunden! Muß freundlich Tachen. 

2. Chriſtoph, mein lieber Jung’ 4.D Liebe, halte feft 
Gib dich zufrieden! Und thu nicht wanfen. 
I: Heirath dir eine Braut, :]| rn iſts Allerbeft, :] 
Sei mit zufrieden ! ib’n in Gedanken. 


Diefes Lied wurde fonft wahrfcheinlih bei Hochzeiten gefungen; darauf weift die Schluf- 
ſtrophe hin, die ein Lob auf den Eheftand enthält. Ferner wurde in Heffen gleich darauf das 
Sungfernfranzlied (Wir mwinden dir den Jungfernkranz) gefungen. Dann folgte ein auch im Naf- 
ſauiſchen und Thüringen (1830) gefannter Reim, ber bein ar dad Geleit ded Brautpaared zu 
Bett andeutet oder ein Ständchen ıft und fo lautet: 


Stille, ftille! nur fein Geräufh gemacht! 
D darum feid mir alle ftill, 

Dieweil mein Schägchen le will. 
Stille, ftille! nur fein Geräufh gemacht. 


Wenig Lieder find zum Lob des Eheftanded gebichtet und vom Bolfe gefungen worden; befto 
Eheftand»}eheftand. 


mehr über dad Thema: 





636 


832. Jung und Alt daffelbe gefallt, 









aht Tag ſollſt 


1., Friſch auf, mein liebes Töchterlein 
Und Hab ein guten Muth, 

Ueber acht Tag ſollſt du ein Bräutleinfein!‘ 
„Ach Mutter, das wär gut; 

Zum Handel bin ich willig bereit: 
Nach eim Mann verlangt mich ſehr, 
Allein zu ſchlafen bringt kein Freud 
Macht jungen Mägdlein gar lange Zeit, 
Drum gebt mir immer ber!“ 


.„Alſo mein Kind, gehorh mir fein, 
Was ich dich heiß, das thu, 

So wirft du im Ehſtand glüdlih fein 
Wirſt haben Freud und Ruh.‘ 

„Das thu ich ja, mit ganzem Fleiß 
Din ih euch ghorfam alle Zeit, 
Dann ih nur euren Willen weiß, 
Gebt mir nur zwen auf eur Geheif, 
Ih nimm fie alle beid. 


„Mein Tochter, zwen befommft du nicht, 
Schlag dirs nur aus dem Sinn!‘ 
„So gebt mir ein, doch mid bericht, 
Wem ich verheirath bin?" — 

‚Kennft du wohl Doctor Oratias?‘ 
„ho! den alten Böſewicht? 

‚Halts Maul! es ift ein reiher Mann.‘ 
„Ah Mutter, ih muß ein jungen han, 
Den alten mag ich nicht.“ 


.Ach dir verftehfts nicht, junge Maid, 
Drum folg deiner Mutter Rath: 
Geld bevedt all Gebrechlichkeit, 

Weil er's die Menge hat.‘ — 

„Will gfchweigen feiner Geſchicklichkeit 
Zu erzähln wär gar zu lang; 

Auch Hilft er durch fein Gſchwindigkeit 
Vom Leben zum Tod in kurzer Zeit, 
Macht aud viel Gſunde krank.“ 


ein Bräutslein fein! „Ei, Mut » ter, 


Yrand, Fasc. quodlib. 1611, Rr. 6. 








dad mär gut.“ 


5., Auch kann er künftlih Zähn ausbrechen 


Neufesen anftatt in Mund, 

Biel meifterlihe Augen* ausftechen, 
Macht viel Hörend taub zur Stund.“ — 
‚ Laß deine Schelmei, e8 wird gereuen Dich, 
Wo du den Mann ſchlägſt aus. 

„sa nimmermehr überrebt ihr mich 
Daß ich ſollt wohn'n ellendiglich 

Bei dem alten Greis im Haus.“ 


.,Wär ih als du, und ſtünd bei mir, 


Den Mann ließ ih nit fahren.‘ 
„Hätt euren Sinn, wär fo alt als ihr, 
Ih nähm ihn herzlich gern, 

Denn Alt und Alt fol fih paaren 
Jung ift aufs Jung verpidt: 

Nun bin ich aber noch jung an Jahren, 
Ihr feid alter Sachen wohl erfahren, 
Nehmt ihn, ih mag ihn nicht!“ 


.Ei, willt du nicht, fo merk ich eben, 


Dein nasweiß Maul halt dann: 
Ih will did in ein Klofter geben 
Bermählen eim hülzen Mann.‘ — 
„Hoho! mit diefem albern Gedicht 
Bringt ihr mid niht an Tanz: 
Nunnenfleifh ift mir gewachſen nicht, 
Der Ulte wenig Freud anridt, 

Der Jüngling behält die Schanz.“ 


.So hör ich wohl, ein Jungen nähmit frei, 


Wenn er wär fromm von Ehren, 
Höflich, ſchön, aud reich Dabei.‘ 

„Da freilich, von Herzen gern!” 

‚Ei meinft, wann ich ein ſolchen wüßt, 
Ih wolltn dir henfen an Hals? 

Ja wohl er follt Dich druden nicht, 
Wollt ihn wohl felber behalten: 

At Ziegen leden auch gern Salz.‘ 


Fl. Bl.: „Zwei Schöne newe Lieder... Gedr. im Jar 1609. Danach gedrudt im 
Weimar. Jahrb. V, ©. 220 ff. und hier. Anderes fl, Bl. Bafel 1612, 





637 


Geiftlihe Parodie 1612 (bei WE. 5, 460), Im thon: Friſch auff mein liebes Töchterlein, 


„Friſch auf, du liebes Herze mein, Er will dir weifen Weg und Steg 
und hab ein kecken Muth, wie er denn allzeit pflegt: 

Denn Gott der will dein Vater fein, Wer Gott vertraut au allerbeft 
und haben did in Hut. und fid auf Menfchen nicht verläßt, 


Den ſchützt er allzeit feſt.“ (4 Str.) 


TS 4,7 Sejhwindigkeit, Gewandtheit. 5, 3 Augen, Hühneraugen. 7,9 die Schanz be» 
halten = das Spiel gewinnen, den Borzug behaupten. 


833. Der Mutter Warnung, 





Die Mut » ter fprach zum Töch-terlein fein: „Bleib mir daheim im Haus! 
Und faß mir nur fein Büsbihen mein, gud nit zum Fen-fter 'naus!” 





rw Zöchterslein wir der das Mütterslein fagt und wein⸗te ſehr da-zu: „Ah Mer-ga Bor 





Mut-ter, mein Müt » ter» lein, Ge = fiel! -» den lan mir fein Ruh.‘ 


en 


2. Die Mutter fprad: ‚OD Töchterlein mein, 3, Die Mutter fprady zum Töchterlein zart: 


Den Gfellen trau nit z'viel! ‚Ih habs erfahren oft, 

Sie bringen oft die Mädichen fein Daß mandes ſchöne Mädichen ward 

Gar bald in traurige Spiel.‘ Betrogen umverhofft.‘ 

Das Töchterlein wider das Miütterlein Das Töchterlein wider das Mütterlein 
fagt: ſprach: 

„Ich weiß nicht, wie ich thu, „Du ſagſt mir viel davon. 

Ach Mütterlein, Gſelle und Bübichen Ach Merga Box Mutter mein, gib mir 

Sprechen mir immer darzu.“ ein Mann, 


Sonft weiß ih ihm nimmer zu thun!“ 
Mel. mit der 3. Strophe in der Münchner Hdſchr. des Werlin aud dem Klofter Seon um 


1646 (Altd. Liederb. 228). Der vollft. Tert aus einer Hdjchr. zu Anfang des 17. Jahrh., im 
Befige des Herm Dr. Fr. Zelle in Berlin, der mir Abſchrift gütigft mittbeilte. 


834. Noch viel zu klein! 


1, Zum Stolpen, zum Stolpen 3., Gott grüß euch, Gott grüß eud) 
Da fteht ein hohes Haus, :]: Frau Malerin hübſch und fein! 
Da fleugt wohl alle Morgen Wo habt ihr, wo habt ihr 
Ein weiße Taub heraus. Eur ſchwarzbrauns Töchterlein?“ 
2. Die Taube, die Taube 4.,Mein Toͤchterlein, mein Töchterlein 
Die bat ein weißen Fuß, :|: Das ift noch viel zu Hein; 
Sie ſchwingt fih alle Morgen Sie ſchläft wol noch, fie jhläft wol noch 


Frau Malerin in ihren Schoß. Wol ein Yahr allein.“ 





638 


5.,, Ein Jahr, ein Jahr 6.Wol von der Bank, wol von der Banf 
Das ift mir viel zu lang!‘ — Wol auf den Tiſch: 
Sie ſchwingt ſich, fie ſchwingt ſich „Seht, liebe Frau Mutter, 
Bon der Erden wol auf die Bank. Wie groß bin ich!‘ 


Dieſes Scherzlied von den Idealen eined Badfifches ficht in dem Bergliederbühlein c. 1740, 
Mr. 87. (Daher auch Uhland 274). Noch folgen weitere 6 Strophen über Liebelei und lüder— 
liches Leben, die wegbleiben mußten. Bilmar ©. 234 blos Str. 3-6: „Gott grüß euch Frau 
Malerin ıc.” 


T Bu Stolpen, 3 Meilen öftlih von Dresden auf einem Bafaltfelfen fhön gelegen ftebt 
ein altes, bie 1754 befeftigt gewefened Bergfhloß, das vom 13.—16. Jabrb. häufig die Mefideni 
der Meißner Bifhöfe, fpäter Mhfifches Staatdgefängniß war und jet ziemlich verfallen ift. 


835. Ein altes Lied nom Freien. 
Aus Weftfalen. H. Keſtner's Höfchr.) 









Mägpdlein, frei du nicht fo früb, fep dich nicht in Sorg und Müh! Frei 





= 


du nah deisner Ge» le»gen-beit und Tem ein wernig Höfrlich-feit! Frei 





Mehr Text nicht dort. Zur Schlußvariante find noch die Worte angeführt: „So werd ih 
begraben wohl vor die Kirchentbür, da kommt mein Herzallerliebfte al Sonntag für.” Diefer 
Schluß bat Gemeinfhaft mit dem Rephied Nr. 122, 

Bergl. diefen Tert mit anderer Mel. Nr. 565. 


836. BMergeblidye Warnung der Mutter. 


Mutter: 








639 


2.,Hanfel, dein Gretelein 4., Hanſel, dein Gretelein 
Hinkt ja, was groß und Hein Hat ja kein Hellerlein, 
Arbeit ihr mehret.‘ Kommt gleich in Sorgen.‘ 
„Mutter, das ift ja gut, „Mutter, und hats fein Gelb, 
Giebt mir eim’ friſchen Muth: Its auch nit groß gefehlt, 
Machts nicht verkehrt.” Könnens ja borgen.“ 

3. ,Hanfel, dein Gretelein 5. ‚Hanfel, dein Gretelein 
Wird bald halb blind fhon fein, Soll eine Furt fein, 
Wie ſolls da gehen?‘ — Prügeln und fragen.‘ 
„Mutter, das ift erft recht! „Mutter, das frifcht die Lieb; 
Bei Leib nit haben möcht, Dreimal für jeden Hieb 
Daß Als thät ſehen.“ Werd fie abſchmatzen.“ 


6.,D du dummes Hanfelein, 
So nimm dein Öretelein, 
Hab dir dein Schelle.‘ 
Hanfel nahme Oretelein, 
Hüpft in den Himmel 'nein, 
Plumpt in die Hölle. 

Schluß: 
Wer das Lied noch nit fann 


Sing e8 von vome an, 
Dis ers gelernet. 


v. Ditfurtb, Hundert Lieder des 16. und 17. Jahrh. Nr. 100: ee um 1650. — 
Die Melodie Mlingt auffallend modern und dürfte wohl erft aus dem 18, Jahrh. ftammen. 


837. Bie Heirathslufige. 


Munter. Schleſiſch. 







1 Kr Mutter 's hat Frei-er bier, weiß ih ge» nau: Gr 
“1 Der Nahbar vom San» de, hätt gem ei- ne rau. 





mir fo reiht ei» ne Luf.- Ab Mutter, was gebt ihr, wennd gleich et⸗-was koſt?“ 


2.,Ach Tochter, ich geb (e8) ven Willen nicht brein, 
Du mußt e8 noch fhlafen ein Jahr lang allein. 
Dazu aud fteht dir (e8) der Freier nicht an, 

Ach Tochter, ich geb dir noch feinen Mann.“ 

3. Ach Mutter, bringt ihr doch nicht vor folhe Ding’! 
Der freier der liebt mich ja nicht ein Mein wing; 
Er hat mid fo lieb und er bat mirs gejagt — 
Ah Mutter, wie ihr mir die freier verjagt!‘ 

4.,Ach Tochter, du bift ganz toll auf einen Mann: 
Geht dir e8 denn übel, mir darfft du's nicht klag'n, 
Und fommft du mir mit einer Klage ins Haus, 
So jag ih did mit dem Thürriegel hinaus,“ 





640 
5., Ach Mutter, ich werd’ ja zu euch nicht mehr kommen; 
Der freier der hat mir mein Herze genomm’'n; 
Er hat mird genommen, er bat mich jo lieb — 
Ah Mutter, ih häng' mid, wenn ich ihm nicht Frieg!‘ 


Aus der Liegniger Gegend: Hoffmann, ſchleſ. Voltäl. Nr. 96, 


838, Bie Apinnerin. 


‚ Munter. Mündl. aus dem Bergifchen u. Elevifchen 1836. 


[#5 au BE a VEN TEARET 0 — — 
BI — u AM — 9 EEE (EEE) .. GEGEN ——— 
7 Zur 





Spinn, fpinn, mei.ne lie⸗-be Tochter! Ich fauf dir’a Paar Schub. — 
„Ab ja, meine lie-be Mutter, aubSchnallen ba » zu. Id kann ja nicht 





fpinnen, es ſchmerzt mich mein Finger und thut, und thut, und thut mir jo meh!“ 


2. Spinn, fpinn, meine liebe Tochter, 3. Spinn, fpinn, meine liebe Tochter, 
Ih kauf dir'n Paar Strümpf'! Ich kauf dir ein Kleid! 
„Ah ja, meine liebe Mutter „Ad ja, meine liebe Mutter, 
Schöne Zwidlein darin. Nicht zu eng und nicht zu weit. 
Ih kann ja nicht fpinnen x. Ih kann ja nicht fpinnen ac. 


4. Spimn, ſpinn, meine liebe Tochter, 
Ich kauf dir einn Mann. 
„Ad ja, meine liebe Mutter, 
Der fteht mir wol an! 
Nun kann ich ſchon fpinnen, 
Es ſchmerzt mich kein Finger 
Und thut, und thut, und thut mir nicht weh.“ 


Liederhort Nr. 55. Schon bei Erf J, 3, 51. Sehr verbreitetes Lied. Zuerſt im Wunderd. 
3, 41 (a. U. 83). In 24 Lieder zum Woh. 1810, Nr. 14 eine andere Mel. die aus „Lieder zum 
unfchuldigen Zeitvertreib 1754, ©. 26. Daher Zamad II, Nr. 32 und Krepfchmer I, Ar. 119. 
Sie gehört aber zu einem anderen Texte. — 
Pas: ähnliche Lieder: Ert II, 3, 43 aus dem Magdeburgifchen, mit niederd. Tert und 
anderer * Hoffmann 144 (Mittler 586). Meier 151. Ditfurtb II, 128. Mittler 69. 
Müllenboff ©. 610, Nr. 22. Eimrod 408. Birlinger 11. Firmenich I, 155. Meinert 21. 


Pröhle 157. Jungbr. 159. Noch vielfah mündlich in Ert's Nachlaf. Auch in den böhn. 
Volksl. 1891, Nr. 190 (fhon Prager, Samml. 1834). Spinn, fpinn, mein ſchöns Nannerl, ich 
fauf die neue Schoub ꝛc. 

Mit dem moralifchen, gemachten Spinnerliede Woh. III, 38 (a. A. 36) „Spinn, Mägdlin 
fpinn“ — bat unſer Scerzlied nichtd gemein, als den Anfang. 





641 


838, Tanz, Liebchen, tanz! 





SB: 








Tanz, Teb· hen tanz! ih kauf dir eine Kapp! Da ſprach das lo» fe 











Lieb » hen: „E Kapp ift mir zu knapp!“ Bor un« fen Pfar » rer 


a —— N am 

KR mL, BERMBEIHET DE LER „_ —— 
WE 
Na 7 RE. er 






tanz ich nit, denn folshes if die Re—gel nit, die MNergel nit.“ 


2. Tanz, Lieben, tanz! 3. Tanz, Lieben, tanz! 
Ih fauf dir einen Rod. Ich kaufe dir Biscnit. 
Da ſprach das loſe Lieben: Da ſprach das loſe Liebchen: 
E Rock iſt mir zu grob. Biscuit verführt mich nicht! 
Bor unſern Pfarrer ꝛc. Vor unſern Pfarrer ꝛc. 


4. Tanz, Liebchen, tanz! 
Ich kauf dir einen Mann. 
Da ſprach das loſe Liebchen: 
Jetzt tanz ich, was ich kann. 
Bor unſern Pfarrer tanz ich jetzt, 
Denn ſolches iſt die Regel jetzt. 


Mündlich aus dem Elſaß (Schweighauſen bei Ergenau) 1889 durch Herm Nießberger. 
Im Elſaß Kreis Molsheim) fand ich auch ein mit a übereinſtimmendes Spinnerlied: 


Spinn, en meine liebe Tochter Kann wager (wahrlich) nicht ſpinne, 
Sch kauf dir eine Kapp. Bon wege meine Finger, 
‘a, ja, meine liebe Mutter, Er thut mir fo weh. 


Bon lauter Damaft. 


Das Anbieten geht fo fort, Haldtub, Fürtuh, Schuhe werben geboten, aber das Mädchen 
lehnt das Spinnen ab, big die Mutter fpriht: „Ich kauf dir ein’ Mann“. da kann das Mädchen 
weiterfpinnen, der Finger thut nicht mehr weh. 


839. Bon einem folgen Birnelein. 


J. Werlin, um 1646, 






Ich fing 


ein Lied und weiß nit wie, von ei-nem Mann, der ift nit 




















bie, er iſt in fremde Lande. Er 


darf mit mehr zu und da» ber, ift 





ihm ein gro» fe Schan-de, ja Schan » de. (Die Zaftirung von Werlin.) 
Ertu. Böhme, Liederhort. II. 41 





642 


Fragment. 
Stand, Fasc. quodlib. 1611, Rr. 3, 





= 
El 
Ich wollt gern fingen und weiß nit wie, von ei=-nem Yuslen der ift nit bie, er 





ift in fer-ne Lan» de. 


1.3 wollt gern fingen und weiß nit wie, 5. Sie wird ihm folgen ja Hinter ſich 


Bon einem Dirnlein, ift jest nit bie, Und würd oft gehn den alten Schlich, 
Laufft in der Rofenauen, G'wohnheit ift bös zu laflen; 
Geht oft fhalunzgen auf und ab Erft würd fie gwaltig einherprangen. 
Und läßt fi gern anfchauen. Zu Kirchen und zu Strafen. 

2. Das felbig Maidlein ift Hübjh und fein, 6. Die Sad würd fi erft jchiden fein, 
Und tritt auf zwei Pantoffel herein Ihr Mann müßt deden — Mantel jein, 
Kann gar hübſch einher ſchnappen. Dann würd fie erft wol fchaffen. 
Geht Einer für fie und grüßt fie nit recht, Wenn er fih nur fein narren lieh, 
Sie hängt ihm an ein Kappen. Sie macht' aus ihm ein Affen. 

3. Sie fpridt: er fei ein rechter Narr, 7. Das mag ich mit der Wahrheit jeben, 
So er nichts zu ihr fpredhen darr, Es ift desgleih wohl mehr geſchehen: 
Er gfallt ihr nit von Herzen, Hüt' euch, ihr jungen Gfellen! 

Sie wollt gern haben ein frehen Knaben, Der jett will greifen zu ver Eh, 
Der flugs mit ihr thät fcherzen. Der darf fi weislich ftellen. 

4.3 weiß wol Ein’, der hätt fie gern, 8. Der ein Pferd kauf, ſchau wie es lauf, 

Er leuchtet ihr wie der Morgenftern, Dann ewig ift ein langer Kauf; 
Doch mag er ihr nicht werben; Das Maidlein das ift geile; 
Wenns dazu käm, daß er fie nähm, Legt fih hübſch und pranget ſchon, 

Sein Glüd wär nur auf Erben. Es beut ſich felber feile. 


9. Damit will ih mein Lied beſchließen, 
Ih förcht, es möcht das Maivlein verdrießen, 
Werd’ nimmer mit mir tanzen. 
Es gfallt mir auch ein wenig wol, 
Dann es kann viel Kramanzen, 


Fl. Bl. in Fol. Anfang des 16. Jahrh. „Ein new lied von einem ftolgen mendelein, In 
in tbon, die welt die bat ein thumen muet oder ed fur ein pawer jnd a — Abdrud in 
VER er: S. 39. Daher der Tert bier und im Altd. Lob. 201 el. in Berlin’ 
— um 1646, . 234 mit dem untergelegten Texte. Die im fl. BI. angeführten Melodien 
“ andere, — 
Das Lied fhildert das Thun und Treiben der Dirmen und * zur Vorſicht beim Hei⸗ 
tathen. Die Benutzung der Mel. zu politiſchen Liedern ſ. Nr. 305 oben. 


T 1,4 fhalunzen, ſchalkhaft bliden, Tiebäugeln. 9, 4 Kramanzen, Geremonien, lim 
ände; vom ital. gramanzia = negromanzia, die bei Todtenbefehwörungen gebräudlichen, munder- 
ichen Bewegungen. 





643 


840. Flitterkranz*. 
Mätig. Beſchwind. 

















— Hin» ter un ⸗ſern Pit » te, Flo» ri! : i 
Io fieht ein Napp mit Grüt »te, flo «» ri! Bo » ri, Flo ri! ber 

















or un — 
ro. Bear . — 


San. | 

. — — ——— —— N || 

— , (HEERES HERREN _ Er u > “rn 
RNIT, —* — — ⏑—————— 












Flit » ter⸗-kranz, der flit» tert al mein Le» ben-lang, Flo » ri! 


2.Wer faß denn da wol drunter? 3. Wer ſaß denn da wol bei ihr? 
Flori! Flori! 
Unſe Marie, die Jungfer, Unſe Hans, der Freier. 
Flori! Flori! 
Flori, Flori, der Flitterkranz Flori, Flori, der Flitterkranz 
Der flittert all mein Lebenlang. Der flittert al mein Lebenlang. 
Floril Flori! 


Aus Alt⸗Litzgöricke bei Freienwalde (Brandenburg). Erk J, 6, 11. 
J 1,1 Pitte, Brunnen. 1,3 Napp, Napf, Topf; Grütte, Grüpe. 
» „Mit diefem Liede pflegte man früher die fih noch im Gtillen Tiebenden Pärden zu 


neden. Statt Marie und Hand wurden jedesmal andere Namen des aufgegogenen Pärdend ge- 
nannt.“ So fagt der Auffchreiber; aber richtiger gebört das Lied zu den „Mailehen“ (f. unten). 


54. Bedenken in der Bräutigams-Wahl, 












— — 
Mäd⸗chen, willſt du frei=-en, fo shit-ke dich da» zu! So 





I. — —— 
nimm dir ei "men Schu» fer, der macht dir knap-pe Schuh! 


2. Doch die Schufterweiber 5. Dod die Fuhrmannsweiber 
Müſſen Leder fchneiven, Müfien Wagen fhmieren ; 
Lieber will ih ein'n Paſtor nehmen. Lieber will ih ein'n Soldaten nehmen, 
Trag ih Sammt und Seiden. Kann ic brav marjdieren. 

3. Dod die Paftorweiber 6. Doch die Soldatenweiber 
Dürfen ſich nicht pußen: Müſſens Brot weit holen; 
Lieber will ih ein'n Amtmann nehmen Lieber will ih ein'n Bäder nehmen, 
Fahr ih in der Kutſchen. Hab ih Brot im Dfen. 

4. Doch die Amtmannsweiber 7. Doch die Bäckerweiber 
Müſſen Butter wachen: Müſſen Butter jhmelzen: 
Lieber will ic ein'n Fuhrmann nehmen, Lieber will ich ein'n Schlädter nehmen, 
Trag ichs Geld in Taſchen. Iſt mir Wurſt nicht ſelten. 


41* 





644 


8. Doch die Schlädhterweiber 9. Doch die Gaſtwirthsweiber 
Müſſen Blut auffangen: Müſſen Bier auffüllen: 
Lieber will ih ein'n Gaftwirth nehmen, Lieber will ih ein Mädchen bleiben, 
Klapp ich mit der Kanne, Hab id meinen Willen. 


Mündlich aus Thüringen und Sachſen. Beinahe gleih aus Halle bei Erf I, 3, 64. 


842. Schwere Wahl. 


Mäßig bewegt. Aus dem Kr. Hanau 1880. 













—— 
——— — ERS 4 ame 
1. Schneisder, den mag ich net,fchneid’t mir viel zu. Lieber will ih mir e 













Sam \ 
—— —* 















v BE Be we 
SE mE Tee Kan FREE en, Em 


Schu » fir nem-me, macht F e Paar Schuh, Schub. 


—— — 





2. Schuſter, den mag ich net, 4. Jäger den mag ich net, 
Hat ſchwarze Händ, Schießt zu viel todt, 
Lieber will ih mir e Weber nemme, Lieber will ih mer e Bauer nemme, 
Macht mer e Hemd. Hab ih mei Brot. 

3. Weber, den mag ich net, 5. Bauer, den mag ih net, 
Tritt mit dem a Iſt e grober Hund: 
Lieber will id mer e Yäger nenme, Lieber will ih mer e Doktor nemme, 
Trägt en Federhut. Macht mid gefund. 


6. Doktor, den mag id) net, 
Kommt zu viel in die Welt; 
Lieber will ih mer e Andern nemme, 
Der mir gfällt. 


843. Wahl des Bräutiganis. 


. Mädchen, willft' en Pfarrer nehmen? 3. Mädchen, wilft' en Schulmeifternehmen? 


— 


„Nein, Mutter, nein! „Nein, Mutter, nein! 
Dann heißt man mich die Pfarrerin, Dann heißt man mic die Schulmeiſtrin 
Auch die Mägdefchlagerin. Auch die Länfelnaderin! 
Nein, Mutter, nein!“ Nein, Mutter, nein!“ 

2. Mädchen, willft en Prevger nehmen? 4. Mädchen, willſt' en Fleifher nehmen! 
„Nein, Mutter, nein. „Rein, Mutter, nein! 
Dann heißt man mid die Predgerin, Dann heißt man mich die Wleifcherin 
Auch die Fahnenzielerin. Auch die Bälebrutichlerin! 


Nein, Mutter, nein!“ Rein, Mutter, nein!“ 





645 


5. Mädchen, willſt' en Tifchler nehmen? 7. Mädchen, willjt' en Döpner nehmen? 


„Nein, Mutter, nein! „Nein, Mutter, nein! 
Dann beißt man mid die Tifchlerin Dann heißt man mich die Fiſcherin 
Auch die Hobelfpänfreißerin. Auch die Lehmkneterin. 
Nein, Mutter, nein!“ Nein, Mutter, nein! * 

6. Mädchen, willft' en Schufter nehmen? 8. Mädchen, willſt' en Kirfchner nehmen? 
„Nem, Mutter, nein! „Nein, Mutter, nein! 
Dann heißt man mid de Scuiterin Dann hieß man mid die Kirſchnerin 
Auch die Zole-fliderin. Auch die Zirmknäperin. 
Nein, Mutter, nein!“ Nein, Mutter, nein.” 


9. Mädchen, willft' en Bauer nehmen? 
„Ja! Mutter, ja! 
Dann heift man mid Frau Bäuerin 
Auch die fleifige Kireſch-⸗Nähterin. 
Ja, Mutter, ja!” 


W. Schufter, Siebenb. Volkoͤl. S. 112. Hochd. Ueberfegung von 2. 





844. Hur keinen Suhreiber! 


Mel. nach Kleber’s Cod. 1515— 1524, 





ob ih mollteinen Schreirber? „Au web nein“fprab ih: „nähm ich denn ein’ 





Schreiber zu einem Mans» ne, fo bieß man mid Frau Schreibe - rin, 





und ein Din„ten »ze » te» rinzwär mir ein Schan «be, fein Ehr im Lan» be.” 


Zert bei I. Dit, 115 Liedlein 1544, Nr. 39. Weiter keine Strophe (ſ. Uhland 276). Die 
Mel. bei Dit, mit Tonſatz von Senfl, ift durch Wiederholungen und Zuſätze ganz entftellt. Ein- 
fach ift die Volksweiſe in Leonb. Kleber's Goder (1515—1524) BI. 1156, Als Harmonift des drei- 
ftimmigen Orgelfages ift H. P. vermerkt. Der C.F. ift in den Baß verlegt. Zwei Melodien- 
fragmente bei Schmelgel 1544, ebenfalld rhythmiſch — bezeugen die Verbreitung des 
Liedes, darin bei heitathsfähigen Mädchen der Stand der Schreiber (d. h. der Beamten und 
Gelehrten) ſehr ungünftig erjcheint. 


T Dintegeterin = Tintenflererin, von zetten, verzetteln (f. Grimm, Wib. II, 1183). 





646 


845. Bein Aaufmann, fondern ein Beamter foll’s fein. 


1. Ein Kaufmann däucht fich ftolz und fein 2. Das Mägdlein lacht, hub an und fprach: 
Bei einem hübfhen Yungfräulein; „Das Kränzlein ift eim Andern g'madt, 
Er ſprach :]: mit großen Schmerzen: Drei Jahr :]: will ichs noch tragen; | 
„Ad, ach, ſchenkt mir doch nur Krängelein! Hört um diefelbe Zeit wieder ber, | 


— — — — 


Ein ſchöner Jahrmarkt ſoll euer ſein, Iſs euch gelegen von ohngefähr, 
Das fag ih euch von Herzen!“ Da woll'n wir mehr von jagen.‘ 


3. Abe, Kaufmann, zu guter Nacht! 
Deiner man hie gar wenig acht, 
Nah dir, :|: thu ich nicht fireben; 
Friſch auf, ihr „von der Feder“ gut, 
Nah) euch fteht all mein Sinn und Mut, | 
Euch will ih mich ergeben ! | 


Gr. Lange, Newer Deutfcher Lieder. I. Theil, Breslau 1592, Nr. 7. 





846. Ein Soldat muß es fein! | 
1. Bann eines will heirathen, 3. Sie haben fo ſchöne leider an 
Und kann nicht anders fein, Bon weiß und gelbem Tuch, 
Heirath e8 einen Soldaten, Sie haben wenig Weiber 
Sie feind fo hübſch und fein. Doch Jungfraun hab'n fie genug. 
2. Sie feind von Qualitäten 4. Fürs Brod dürfen wir nicht forgen, 
Und reden all fo fein, Wanns nod fo theuer wär, 
Ic laß mirs nit ausreden: Der Wirth der muß uns borgen, 
Ein Soldat muß es fein. Er muß es uns ſchaffen ber. 
5. Der Kaiſer auch daneben 
Er giebt ung aud das Gelb, 
Das ift das ſchönſte Leben 
Wohl auf der ganzen Welt. 
v. Arnim's bandfhr. Sammlung. Um 1806 aud Württemberg. 
SAT. Schwere Wahl. 
1. Mei Mueter will mi zwinge, 2. Mei Mueter will mi zwinge, 
Des wunderbare Weib, Des wunderbare Weib, 
I fol en Weber nemme, I fol en Bäde nemme, 
Do wär i recht net gfchent. Do wär i recht net gichent. 
Sonft heißt me mi Frau Webern, Sonft heißt me mi Frau Bädern, 
En alte Schnellerftehlern. En alte Wedefreflern. 
Des Ding des thuer i net, Des Ding des thuer i net, 


Koin Weber nemm i net. Kom Bäde nemme i net. 





647 


3, Mei Mutter will mi zwinge, 
Des wunderbare Weib, 
I fol en Schneider nemme, 
Do wär i recht net gſcheut. 
Sonft heißt man mi Frau Scneidern, 
En alte Stubenfh ..... 
Des Ding des thuer i net, 
Koin Schneider nemm i net. 


Aus Urah (im Württembergifchen). Hdichr. von 1834 in G. Scherer's Befip. 


848. Bräutigams Wahl. 


1. Es Hunt en junge Murergfell: 4. Es Hunt en junger Schniderg’fell: 
„Hübſchi Yungt, witt du mich?‘ ‚Hübfhi Jungi, witt du mid?‘ 
‚DO nei, o nei, du Pflafter-helle, „D nei, o nei, du Noble-fäbler, 
Es hünd mi hüt fcho fiebe welle: I will di fo wenig a8 d'r Weber. 
Ein Anderer muß es fein.“ Ein Anderer muß es fein.“ 

2. Es Hunt em junge Chüefergfelt: 5. Es chunt en junger Pfiftergfel: 
‚Hübfhi Jungi, witt du mid?‘ ‚Hübjhi Yungi, witt du mich?‘ 
„D nei, o nei, du Chüebeli-binder „O nei, o nei, du Dirlidangg 
I will di fo wenig a8 d'r Schinder: Wenn i di gfeh, fo wird i chrank. 
Ein Anderer muß es fein.“ Ein Anderer muß es fein.“ 

3. Es Hunt en junger Webergjell: 6. Es hunt en junge Bettler-bueb: 
‚Hübfht Jungi, witt dur mich?‘ „Hübſchi Jungi, witt du mich?‘ 
„O nei, o nei, du Schiffli-ſchießer, „He jo, he jo, du Bettlerbueb, 
I will di fo wenig as d'r Chüefer. Du treift mer's Brot im Sädle zue: 
Ein Anderer muß es fein.“ Kein anderer mueh es fein!“ 


Zert aus Römerswyl, Kt. Quzern. Tobler I, 138. Bariante im Kanton Zürih, wo in 
jeder Strophe die Frage (2. und 3. Zeile) fo lautet: 


„Meiteli hopp und Meiteli hä, 
Meiteli, witt du dä?“ — 


T 5,1 Pfiſter = Weißbecket. 5, 3 Dirlidangg = Teigfneter. 


849. Brautwahl. 


1. Unn wenn i emal e Jumfere will, 3. Mi Brueder ifh e dummer Narr, 

So will i o 'ne redite! Der geht unn nimmt e läge, 
Die fpinne fa unn nähe fa Die fa nidd fpinne, nähe nidd, 
Die bläge fa unn flechte. Unn flechte nidd unn bläße. 
Heifafa! bopfaja! Heilafa ꝛc. 
Heifa! heifo, hopſaſa! 

2. Unn wenn i emol e Jumfere will, 4, Mi Brueder iſch e dummer Narr, 
So will i o 'ne redte: Der geht unn nimmt die läge 
Ihr Gſichtle fei wie Milh unn Bluet, Bon altem groben Zwild, bei Gott! 
Ihr Hoor vo guldige Flechte. Ein alter grober Fätze. 

Heiſaſa ꝛc. Heiſaſa ꝛc. 


Ober⸗Elſaß. Stöber, Volksbüchlein. Nr. 200. 
J 1,4 blägen, flilen. 3,2 a läge, eine falihe. 4,4 Fätze, Wegen. 





648 


850*. Hur keinen Alten! 
1. Wenn der beit Wein ins faul Faß käm, 3., Soll ih mein Kränzlein halten feit, 


Darin müßt er verjauren: Will e8 doch nicht meh bleiben. 

So wann jungs Mädlein ein Alten nähm, Lieber wollt id) mit einem jungen Stnaben 

Ihr Herze müßt drob ertrauren. Mein Zeit und Weil vertreiben.“ 

2. Und nimmt das Maidlein einalten 4. Und wär das Fäßlein no jo rein, 

Mann So findt man Drufen drinnen: 

So trauren all die Gäfte, So welch Yungfräulein fäuberlih fein, 

Drum bitt ih, zarts Yungfräulein, Die find von falfhen Sinnen, 

Halt du dein Kränzlein fefte! Ein Zuderlad mit Spinnen, ja Spinnen. 


Fiſchart, re cap. 8 ald Kannenlied angeführt. Gödele-Tittmann ©. 52. 
Auch angehängt dem Liede „Wol hinter meined Vaters Hof.“ (Nürnberg, Drud um 1550). 
Rd wine Dort abweichend 2. Strophe: Und wenn die Linde dad Laub verliert, fo trauern 
all die Afte ꝛc. 


4,2 Drufen, Hefen. 


850*. Keinen Alten! 


1. Blümlein blau, verblüheft du, 3. Fült man gut Bier in Eſſig 'rein 
Du ftehft auf grüner Heide, Dann wird e8 bald jauer: 
Und was die größten Prahler find, Heirath fih ein jung Mädel ein'n 
Müſſen von uns fheiden. alten Mann, 

Ihr Herz fteht ihr in Trauer. 

2. Scheiven fie gleich zur Winterzeit, 4. Und wenn die Lind das Laub verliert, 
Dann fommt der liebe Sommer; So trauern alle Xefte: 
Hat Einer Luft und Lieb zu mir, Junges Mädel, ich bitte Dich, 
Der wird fhon wieder kommen. Halt du dein Kränzlein feite! 


5.,Ich mag es halten, wie ih will, 
Es will mir nicht mehr bleiben, 
Viel lieber feß ih ein Häublein auf 
Bon weiß gefponnener Seide.” 


Aus Klein-Kreidel bei Wohlau (1848). Iſt Rachkomme von zwei alten Liedern: Uhland 4S A. 
Ubland Nr. 114. Berg. Hoffmann, Schleſ. Volksl. Nr. 89, 


8551. Ans machen die Thaler. 


r — — 











Händ «fen fa im Echo» ren» ftin un plit» ke fi» ne Schob, da 





fa » men wak-ker Mä- fen ber, un fab fo nie» ge to. 





649 


2.,Mälen, wenn du frien mut, 3. Un wenn bu mi nit frien wut, 
So frie du na mi, Sr werb ed deſparat, 
Ed hebb en blanke Daler, Un ga in de Frümbde 
Den will ed geven di. Un werbe glid Soldat. 


4.,Hans nümm fe nid, Hans, nümm fe nic, 
Se het en’ ſcheiven ot!‘ 
Dat beit'n nix, dat deit'n nir, * 
Dat werd wol webber god. 


Aus dem Galemberg’jhen und Bremifchen 1812 von Legationdrath A. Keftner aufgezeichnet. 
Haft gleihlautend in „Bremer Kinderreime” ©. 10: Als Hänsken in de Schorftcen fat, 
un flifde fine Scho, do feem en wakker Mäken ber, dat keek fo niege to (ohne die 3. Strophe). 
2. Händfen, wenn du freien wullt, fo fregge du na mi xc. 

Diefed Scherz. und Spottliedchen fingt man im Dberwefterwald und Kreid Hanau nad 
derjelben Mel. in — Art: 


1. Es war einmal ein Schuſter, 3. Un wenn mer amol beiſamme ſei, 
Der flickte ſeine Schuh; Do keafe mer uns e Haus, 
Da kam ein ſchönes Mädchen Do ſetze mer und in’ Schornftein 
Und ſah dem Schufter zu. Un ſchaue owwe raus. 

2. Ach Mädche, mwillfte heirathe, 4.Do keafe mer und e Dibbche 
So heiratbe mid. Und koche und e Bohnfüppche, 
Ich hawwe noch zwei Kreuzer, Do keaf mer und e Taſſ' 
Die hänge ih an did. Und mafe und e Spaß.” 


J. Shornftein (Schorfteen) bier nicht der ra" —— die Heerdplatte; jedenfalls 
ein warmes Pläpchen am Heerde hatte Hand ſich gewählt. ibbche, Töpfchen. 


* Bariante in Harthauſen's Aufz. und Bremer, Kinderbuch: „Schmer Salven up, ſchmer 
Salven up. 


852. Tambours Liebeswerbung. 
Luſtig. Aus dem Dillkreis und Kr. Wetzlar 1880. 














— u- ze 
G3 wa = ren drei Tam-born die rei» fin in die rem» de, cs 
Refrain. 


- „BEE. vn va Su Baer Er 

— —— OEEEN Si TORE EST; Gier: Sie  ina FEi 
— — — — ———————⏑ — 
— J 





rom bom-bom! die rei» fin in die Frem— de, 


2. Der jüngfte von den brei'n 5., Sag an, bu alter Herr, 
Der liebt ein ſchönes Mädchen. Kann ich die Tochter haben?‘ 
3.,Sag an du fhöne Dam, 6.,Sag an, du junger Herr, 
Kann ich Dich aud wohl kriegen. Was ift denn dein Vermögen?“ 
4..Wilft du das Mädchen haben, 7. Was mein Vermögen ift? 


Muft du den Bater fragen.” Die Trommel und zwei Schlägel.‘ 





8. „Wenn das dein Vermögen ift, 


Kannft du meine Tochter nicht friegen.” 


9. ‚Nein, ach mein lieber Mann 
Ih hab noch eins vergefien. 


10. Mein Bater und der ift 
Der König von Vtalien.‘ 


11. „Wenn das dein Bater ift, 


Kannſt mein Tochter kriegen.“ 


12.,Nein, adj, mein lieber Herr, 


Ich will deine Tochter nicht haben! 


13. Bei uns zu Haus im Land 


Da giebts aud ſchöne Mädchen.“ 


Anderer Anfang: Es giengen drei Tamborn durch einen Wald fpazieren. 
Auch 1872 von Fr. Erf gehört in Elberfeld von einem Gefellen aus Hefien: 


Er gieng'n end drei Tamburn 
ol in den Wald fpazieren. :] 


Zum romme domme, domme dinn fafafa! 
Wol in den Wald fpazieren x. 


853. SHelbfi-Empfehlung der heirathslufigen Mädıhen. 


— 


.Wer wagts und will mid nehmen? 
Ich bin jeden Tag bereit 

In den Eheftand einzutreten, 

Ich hab nicht lang mehr Zeit. 
Emwig ohne Mann zu fein, 

Wär für mich eine Höllenpein. 


2. Niemand braucht fih mein zu ſchämen, 


Ich bin ſchön von Angeſicht. 

Der zum Weibe mid will nehmen, 
Der betrügt ſich wahrlicd nicht. 
Lunge und Leber find noch friſch. 
Ich bin munter wie ein Fıld. 


3.9 kann Complimente machen, 
Die ein Fräulein fo genannt, 
Ih kann auch Franzöſiſch fallen, 
Habe ſchrecklich viel Verftand. 
Und wenn man mid) tanzen fieht, 
Glaubt man ih wär aus Maftrict. 


4. Ich kann mid aud felbit frifiren, 


Auf die allerfhönfte Art, 

Und aud meinen Mann barbiren, 
Dadurh wird viel Geld eripart. 
Wer es nur mit mir probirt, 
Wird gewiß nicht angeführt. 


. Ich kann nähen, ih fann ftriden, 


Weiß, wie man die Nadel faft, 
Bin gelehrt in allen Stüden, 
Was zu einer Wirthſchaft paßt. 
Thätig bin ih Tag und Nacht 
Und treib Alles mit Bedacht. 


. Bei dem lieben Hochzeitsfeſte 


Soll es gehn recht luftig zu: 

Wir eflen, trinken, haben viel Gäſte 
Und ein Jeder fpielt dazu. 

An dem zweiten Tag darauf 

Ziehen wir nad) Coblenz auf, 


Zurmühlen Nr. 136, vom Niederrhein (Bierfen). Aehnliches fpricht ein Zanzreim aus Hol» 


fein (Müllenboff 489) aus. 


En —* Deeren bin ik, 
Fien Gaern fpinn if; 


Kann knütten (ftriden), kann neien, 
Kann Sülverdraet dreien (dreben). 


Ein Elfaffer Volköreim (Stöber Nr. 202) heißi: 


Sebbeli!), widd mi? 

E nädd Maidele bin i! 
Kann buce?), kann badhe?) 
Kann allerhand Sadıe. 


1) Seppel (Joſeph), willft du mich? 


Kann ftride, kann näie, 

Kanns Rädel 'rum dräie, 
Sebbele, widd mi? 

E braevs Maidele bin i! 


2) Lauchwäſche machen. 3) baden, baden. 


In Flotow’d Oper „Martha“ fingen die Mädchen auf dem Sklavenmarkte äbnlih: „Ich kann 
fliden, ih fann ftriden, nädeln, fädeln“ x. 





651 


854 Bon zmölf Anaben (Spruch). 


Meine Mutter zeihet mid: 

Zwölf Knaben freien mid; 

Der Erft der that mir winken, 

Der Andre mein gedenken, 

Der Dritt der trat mir auf den Fuß, 

Der Biert bot mir ein freundlihen Gruß, 

Der Fünft bot mir ein Fingerlein, 

Der Sehft der muß mein eigen fein, 

Der Siebent bot mir das rothe Golp, 

Der Acht was mir von Herzen hold, 

Der Neunt lag mir an meinem Arm, 

Der Zehnte was noch nit erwarmt, 

Der Elfte was mein ehlih Mann, 

Der Zwölft gieng in der Still darvon. 

Die felbigen zwölf Knaben gut 

Die führten ein frifhen freien Mut. 
Forfter II, 1540, Nr. 28. Gödele-Tittmann ©. 37. Woh. I, 120 (a.A.L 109). Bir 
— Ausg. I, 107. —— gr töftlich“ bezeichnet ed Goethe. — Simrod ©. 219 anders, 


Fiedler 195 und 196. Firmenich 43. — Uchnliches Lied im Däniſchen, bei Herder II, 1779, 
©. 153: Nordlands Künfte. — 


T 1 zeiben, in einer Sache etwas audfagen, anzeigen, bejchuldigen. 


855. Bie heirathslüfternen Bauernmägdlein. 


1. Schleit di doch de lütke Düker! 5. 


Ufe Hans wil Greitken frein, 
Dacht id doch, de lange Schlüder 
Wäre alfo got ad min, 


2. Konnt he nich fo fräntlich küren, 6. 


As he mi de Kirmes gaf; 
Nu löpt He na anderen Deren 
Sid de Haden bolle af. 


3. Andre Mälens hedd got füren, 
Een geit na der anderen fort, 
Ever met mid armen Deren 
Kürt od nih en Minſch en Wort. 


-ı 


4. Uje Weihe fan verledden: 8. 


„Dans de hedd en Dog op di!“ 
Ever wat help mi dat füren, 
Kümmt he doch noch nid to mi. 


Weſtfäl. Volkslied: Reifferfheid S. 121. 


| 
2. der Teufel drein! 2, 1 füren, reden. 
imen. 4,1 Unire Wäſch'rin fagte legtbin. 
alfo 60 Ellen. 6,3 Tüge, Zeuge, Audftattung. 
Leute fagend auch. 7,4 jümmer, immer. 


Gene Ko un een Paar Swine 
Hedd de Bader mi vermalt, 
Un dat Flas i8 alle mine, 
Wat de Moder flehft un brakt. 
Linne heb id of drei Stige, 
Un de Bedden fin all fir; 

Un wat failt an mine Tüge? 
Ever-et paffiert noch nir. 


.Sin id nid) 'ne glatte Deren? 


Ale Lüe feggt et od, 
Un doch lat fid noch nir hören, 
Jümmer bliv id leddig doch. 


Sull dat Ding noch lange duren 
Ga id ſülveſt op de Frit, 

Denn wat ſe ock alle küren, 
Endlich wör et doch mal Tit. 


1,1 Dukker, im holländiſchen ſoviel als Teufel, Ausruf des Unwillens = Schlag doch 
2, 2 Kirmes gaf, Kirmed-Gefchenke gab. 
5,3 Flad — Flachs. 

7,1 glatte Deren, hübſche Dime. 


2, 3 Deren, 
6, 1 Stige = 20 Ellen, 
7,2 Ale 


8,4 Tit = fit. 





652 
356. Bie Banernmagd ſucht einen Mann. | 

1.,Uh herze liebe Bauersfrau, 3., Ach berze liebe Bauersfrau 

Ah gebt mir euren Mann So gebt mir euren Sohn 

Mit feiner großen Taſchen, In feinem levernen Köllerden, 

Die ift voll Böhmfher Groſchen Mit feinen bunten Federchen, 

Die wollen wir verzehren, In feinen ſchwarzen Stiefelchen, 

Es ſoll uns fein Menſch wehren, [Mit feinen gelen Fiedelden:] 

Beim Bier und fühlen Wein Denjelben will ih han 

So wolln wir luftig fein.‘ Zu meinem ehlihen Dann.‘ 
2.,Ach berze liebe große Magd, 4.,.Ach herze liebe große Magd, 

Mein'n Mann den friegft du nicht Meinen Sohn den Friegft du nicht, 

Mein Mann der ift mein eigen, Er ift ein friihes Blüten, 

[Er kann fein fieveln und geigen.] Er freit an Richters Grietchen, 

Drum folft du ftille fchweigen, Sie hat ein friſches Müthchen 

Du wirft ihn ſchwerlich kriegen, Darzu ein großes Gütchen, | 

Mein Mann der ift mein Mann, Diefelbe will ihn han 

Ih muß ihn felber han.“ Zu einem ehlihen Mann.“ 


5. Ach herze liebe Bauersfrau, 
So gebt mir euren Knecht, 
Den langen diden Brofen 
In feinen Sonntagshoſen, 
Ein Kranz von bunten Rojen, 
Er kann jo freundlich koſen, 
Denfelben will ih han 
Zu meinem ehlihen Mann. 


Bergliederbüchlein c. 1734, Nr. 192. Ubland 275 mit Auslafjung von der eingeflammer: 
ten Zeile. 


* Brofen = Ambrofius. 


857. Wenn er doch käme und mid, nähme! 


Aus dem Wefterwald und Dillfreid. 1880, 

















NR - . — — — — — 
—— — —— 
Tg —— —— Br a zei 2 a0 „mm ” vum mu Zen 
pe — — ⸗ —en —⸗ — — 
Iſt wie-der eins aus, wird noch nichts draus, mein Schatz al» ler—⸗ 


lieb « fter bleibt im-mer zu Haus. 


2. Ach wenn er doch käme, 3. Jetzt kommt er Hoho! 
Auf daß er mich nähme, Kann ſagen: Yo, jo, 
Auf daß ih den Leutchen Komm, reich mir dein Händen 
Aus den Augen "raus käme. Und fage: Io, jo! 


4, Komm, rei mir dein Händchen, 
Du zuderfüß Männden ! 
Komm, reich mir dein Händchen, 
Und fage: Yo, jo! 





653 


858. Bas Wirthshaus an der Lahn. 
N Mäßig geſchwind. 








gs fteht ein Wirthehaus an der Lahn, da halten al» Te Fuhr⸗ leut 






Nie =» mand lb =» ben. 


2. Die Wirthin hat aud einen Mann, 4.Die Wirthin hat aud eine Magp, 
Der fpannt den Fuhrleut'n felber an; Die figt im Garten und pflüdt Salat; 


Mein will 


Er ſchenkt vom allerbeften Sie kann es faum erwarten, 
Ulrichſteiner Fruchtbranntwein, Bis daß das Glöcklein zwölfe ſchlägt, 
Den ſetzt er vor den Gäſten. Da kommen die Soldaten. 

3. Die Wirthin hat auch einen Knecht, 5. Und als das Glöcklein zwölfe ſchlug, 
Und was er thut, das iſt ihr recht, Da hatte fie noch nicht genug, 
Er thät gern carreffiren; Da fieng fie an zu weinen: 
Des Morgens wenn er früh aufiteht, Mit ei, ei, ei und ad, ad, ad: 
Kann er fein Glied nicht rühren. ‚Nun hab ich wieder Keinen!‘ 


6. Und wer hat wol dies Lied gemacht? 
Zwei Solivaten auf der Wacht, 
Ein Tambour und ein Pfeifer. 
Und wer das Lied nicht fingen fan, 
Der fang e8 an zu pfeifen. 
[Run wird die Mel. gepfiffen.)] 
Rheinl. Volkslied. Wird befonderd von Studenten zum Zeitvertreib in der Kneipe gefungen 
und mag wol aus Stubentenfreifen ftammen, darum in allen neueren Gommerdbüchern feit 1840. 
Es ftammt jedenfalld aus der Zeit, wo der Fuhrmannäberuf noch ein poetifher war und darum 
diefem Stande viele Liebedabenteuer angedichtet worden, deren wir fchon mehrere zu Anfang dee 
16. Jahrh. erzählt fanden. 
Aehnlich bei Krepfchmer I, Nr. 174. Ditfurtb II, 343. Meier, ſchwäb. DL. Nr. 82. 
Simtock Nr. 345. Ert I, 2, Rr45. 
Ein verwandtes Lied mit dreizeiligen Strophen fand id in Keſtner's Handſchriften 1809 bis 
1814 aufgezeichnet: „Es ſteht ein Wirthshaus an dem Rhein, da kehrt ein braver Fuhr- 
mann ein. So, fo, fo, mein Fuhrmann fo. — 2. Frau Wirtbin habt ihr ein gut Glas Wein? x.“ 


859. Lebter Verſuch. 
a) Ältere Lesart. 
J. Dtt, 1544 Nr. 7. Yorfter III, 1549 Nr. * Schöffer u. Apiarius, 1537 Nr. 60. 
or 


— 











Ich ſoll und muß ein Bu «len ba ben, (Tra⸗be dich, Thier +» fein trab!) 
Solo Ghor — 





Und ſollt ich'n aus der Er⸗ den gra-ben. Trade dich, Thier lein trab. 





654 


b) Andere Lesart. 





folltö ibn aus der Er » den grabn, [Bi » re » baum, feind Anne = lein!] 


M. Frand, Fasc. quodlib, 1611, Nr. 3. 


c) Dritte Lesart. 


1. Auf jener Wiefen ſchenkt man ein 4. Er kauft ihr einen breiten Hut, 
Den allerbeften Branntewein Er war wel vor die Sonne gut 
Bor funfzehn Pfennige. Bor funfzehn Pfennige. 
2. Das Mädchen will ein’ Schlemmer han, 5; Wol vor die Sonne, wol vor den Wind, 
Und ſollt fien aus der Erde grabn, Schlaf heunte bei mir, mein liebes Kind! 
Bor funfzehn Pfennige. Bor funfzehn Pfennige. 


3. Der Schlemmer der hat der Pfennige 
fo viel, 6. Das Liedlein das ift abermals aus: 
Er kauft dem Mädchen was fie will Die Yungfern bleiben alle zu Haus 
Bor funfzehn Pfennige. Bor funfzehn Pfennige. 


Bergliederbüchlein c. 1740, Nr. 41. 





859*. Für fünfzehn Pfennige. 
Erfte Melodie. 
Aus Thüringen. Nicolai, Alm. 1777, J. Rr. 17. 





Das Mägd»lein will ein” Frei- er hab'n, und follt fien aus der 
Refr. 








Er » de grabn für funf « gehn Pfenn:ge. 


Zweite Melodie. 
Brandenburaifhe Melodie aus Nicolai’d Nachlaß Hagens Mipt.). 








Das Mägdtein will ein Frei / er habn, und jollt fien aus der Er» de grabn für 
=  „  * Bar. bei Erf. 





funfzehn Pfennge, für funfzehn Pfennge. 





655 


2. Sie grub wol ein, fie grub wol aus, 6. Wol für die Sonne, wol für ven Wind, 
Und grub nur einen Schreiber aus ‚Bleib du bei mir, mein liebes Kind, 
Für funfzehn Pfenn’ge, Für funfzehn Pfenn’ge. 
3. Der Schreiber hätt das Geld fo viel, 7. Bleibſt du bei mir, bleib ich bet dir, 
Er kauft dem Mädchen was fie will, AU meine Güter ſchenk ich dir 


Für funfzehn Pfenn’ge. Sind funfzehn Pfenn’ge. ‘ 
4. Er kauft ihr wol ein’ Gürtel ſchmal, 8., Behalt dein Gut, laß mir mein’ Mut, 
Der ſtrotzt von Gold wol überall, Du findtft wol Eine die's gerne thut 
Für funfzehn Pfenn’ge. Tür funfzehn Pfenn'ge.“ 
5. Er fauft ihr einen breiten Hut 9. Die's gerne thut, die mag ich nicht, 
Der war wol für die Somne gut, Hat traun von feiner Liebe nicht 
Für funfzehn Pfenn’ge. Für funfzehn Pfenn’ge. 


10. Ihr Herz iſt wie ein Taubenhaus, 
Fliegt Einer ein, der Andre fliegt aus 
Für funfzehn Pfenn’ge,‘ 


Zert und Mel. hier nad Nicolai, Alm. I, Nr. 19, — 
Erf, Liederh. Nr. 192 nad Nicolai und dem Bergliederbüdhlein. Die Lesart aus Soldin 
im Brandenburgifchen ift nur Bariante von Nicolai's Tert. — 


Litteratur-Ueberblid: Apiarius 1537, Rr. 60. — Forfter III, 1552, Nr. 60. — 
Altd. Liederb. 232A,. Umformung im Wbh. J, 91 (a. 4. 80), — 9. Dit 1544, Mr. 7. Berg 
liederbüchlein 1740, Nr. 41. — feiner Alm, I, 103. Daher Erf I, 3, 43. Wdh. I, 281 
Ks U. * wozu Goethe fagt: „Bon der allerbeften Art, einen humoriftifhen Refrain zu nupen.“ 

{ad 1, 110 und Krepfchmer I, 236 abgedrudtt. — Büfhing, wöchentl. Nacht. IL, 51 
er Galle ohrer.) — Idunna und Hermothe 1816, ©. 61. Hoffmann, fchlef. BL. 99. Dit- 
furtb II, 48, 49 und 204. Meier 323. Gimrod 359, 


860. Ber erhoffte Freier. 

— Lie. Aus — Kr. — (Bei —* — 1880. 

— — — — —— a 
— — — — — 

— * HI 
Wer ift denn draußen, Frau a Tu » lo» hin? wer ift denn draußen, Frau Mut » ter? 
































— —— —— 
—— — — » VER MEER. ER um Mer: I: TEE 1, UP 5. DOES u Ümmmmee- — 
———— — —— —— ———— — Bag EEE —“ 


„Ein ſchön jung Jüsgerlein, mein liebed Töchterlein ; ein [hönjung Fägerslein, meine Tod » ter.” 


2. Wo foll er figen? Frau Mutter Thylochin, 
Wo foll er figen, Frau Mutter? 
„Auf Stühl und Bänkelein, mein liebes Töchterlein, 
Auf Stühl und Bänkelein, meine Tochter.“ 

3. Was fol er efjen, Frau Mutter Tylodin, 
Was fol er eflen, Frau Mutter? 
„Ein Stüdhen Schweinefleifh, mein liebes Töchterlein, 
Ein Stüdhen Schweinefleifh, meine Toter.“ 

4. Was fol er trinken, Frau Mutter Tylodin, 
Was fol er trinken, Frau Mutter? 
„Ein Gläschen fühlen Wein, mein liebes Töchterlein, 
Ein Gläshen Wein, meine Tochter.“ 








656 


5. Wo fol er fhlafen, Frau Mutter Tylochin, 
Wo fol er ſchlafen, Frau Mutter? 
„Bei dir im Bettelein, mein liebes Töchterlein, 
Bei dir im Bettelein, meine Tochter.“ 


Ganz ähnlicher Tert mit anderer Mel. bei Hoffmann, fchlef. BL, Nr. 97: „Steht Einer draußen, 
Frau Mutter!“ Much bei Peter, Volketh. aus Defterr.-Schlefien &. 228. 


861. Iunggefellenftand. 


Schmelgel 1544. Quodlib, 20. 





Diefed Fragment ift wohl der Ältefte Beleg von Liedern der Hageftolzen. 


862. Ehelofer Stand. 


Mäpig. Untertaunus und Kreid Limburg. 1880. 


un 





Dann bat man nur al»le Morgen ftetd al» lein für fih zu for» gen, 






wie man pfle» get fei « nen Leib. 
2. Mancher möcht vor Liebe ſterben 4. Ich will meine Jahr erwarten 
Eh er in den Ehſtand kommt. Bis daß ih recht mannbar bin. 
Iſt er kaum ein Jahr darinnen, Dann wird ſichs noch einmal ſchicken, 
Thut er ſich recht wohl beſinnen, Daß ich Eine werd erblicken, 

Wie er wieder kommt heraus. Die erfreut mein Herz und Sinn. 
8. Geh nur hin, du junger Lecker, (5. Kommen mir die Heirathsgrillen 
Geh nur hin, du jung frifh Blut: Kommen fie mir in den Sinn, 
Bald wird aus dem fühen Leden, Thu ih mir ein Pfeiflein füllen, 
Bald wird aus dem fühen Schmeden Das vertreibt mir meine Grillen, 

Nichts als Kummer und Verdruß. Fliegen mit dem Rauch dahin.) 


Text und Mel. aus dem Kreid Limburg und Untertaunud. — Aus Coburg bei Erf I, 5, 
Nr. 10, mit derfelben Mel. ein unvollftändiger Tert. — Aus Heffen bei Mittler Nr. 945, daber 
die 5 Str. oben. Simrod 222. Mündel 229. 





657 


863. Brautwerbung. 
[Ein Sächſiſch Liedlein.] 









‚Bor is ju-we | parber, De ri Sal 18 im Hof und drift dat Bei“ 





Gu den Dad Herr —R Hir bin id, — (und fomto dei, unddat du wol-left 


Frau Go-de » gei! Frau! 









Dot —- 
gesven mel diene ur J— to der Eh? — Dat mä-ſten deck gar und ganz 





wol besfcheirden, wol-le Ba = der Ho⸗ ensthei, wolsIe Mo⸗der Cor der get, 





fülsven dei ſchnucker ſchnacker wal« ter Köfsker » nöl» fen van Irı » tbei. 


2., Wor i8 juwe Moder Godegei?‘ 4.,Wor i8 juwe Süſter Gifelprut?‘ 
„Sei is im Hof und melft dat Bei.“ „Set i8 im Hof und weit* dat Krut.“ 
„Guden Dad, Frau Godegei! Guden Dad, Fru Giſeldrut! 

Hir bin id x.‘ Hir bin id x. 

(Uinfinge und Sintwert wie Bir. 1, 5., Wor is juwe wader Ködernölten?‘ 
3.,Wor is juwe Broder Bolenftolt?‘ ‚Set i8 im Hof und ſchält Zipölken.“ 
„Hei i8 im Hof und haut dat Holt.“ „Guden Dad, wader Ködernölten! 

„Guden Dad, Her Bolenftolt! Hir bin id x.‘ 
Hir bin id ꝛc.“ (Schluß mit Antwort des Mädchens fehlt.) 


Aus Oth Sigfriden Harniſch, Newe luftige Teudſche Liedlein mit dreyen Stimmen. sen 
ſtedt. 1591, Nr. 12. Daher der T% bei Uhland Rr. 273, In Str. 1 und 2 bittet der fFreier 
um die Tochter (bei Bater und Mutter) in 3 und 4 um die Schwefter (bei Bruder und 
Schweſter), darnach ift * — zu modificieren. Vergl. Rochholz, Kinderl. ©. 164. Dldenburger 
— 1851, S.7 


J Erklärung: 4,2 weit dad Kraut, d. h. ſchneidet die Krauthäute aus. 5, 1 Köder 
nölfen, Küchennelte. 5, 2 Bipölfen, Zwiebeln. 


Ert u. Böhme, Liederhort. II. 42 





564. Bedenken gegen das Heirathen. 


Munter. Mel. aus der Wetterau (Umgegend von fFriedberg). 1847. 





Wenn ih and Hei-ratben den =» fe, 





Her» ze thut fih Aränsfen, wenn ich ge.» dent da=ran. Soll tre=ten in den 


any ET 
BOY eines Gin „dee „me: Find SEES 





an Eee ammEN „Tee „ET 
— —— — ———— 


Angſt und Kummer 


2. Heirath ih eine Arme, 
So wie idy felber bin, — 
So heißt e8: Öotterbarme, 
Wo wenden wir beid' uns hin? 
Kein Leinwand und fein Tuch, 
Kein Strümpf und feine Schub, 
Kein Haus, kein Hof, fein Kammer! 
Fürwahr, es ift ein Jammer, 
Wenn's man betrachten thut. 


3. Heirath ih eine Reihe — 
Wie gerne ich fie hätt — 
So thut fie mir ausftreichen, 
Was fie für Geld gehabt. 
So heißt es Tag und Nadıt: 
Hab did zum Mann gemadt! 
Du Lumpenhund, du Prahler 
Haft feinen halben Thaler 
Zu mir ind Haus gebradt! 


ma =» den, die 


nicht ge» fal= len tbun. 
4, Heirath ih eine Schöne — 


Wie ih fie gerne hätt — 

Es möht wohl Einer konımen, 
Dem fie gefallen thät. 

Er thät fie lieben allein, 

Ih müßt der Hahnrei fein, 

Er könnt ihr gute Worte geben, 
Und liebte fie daneben, 

Wie's öftermal gefchieht. 


. Ich kanns nicht beſſer machen, 


Ich bleib für mich allein; 
Um Andre auszuladen, 
Dleib ih für mich allein. 
Nur meinen Mund allein 
Verſorg ih und fonft kein'n, 
Und fann um Liebe bublen, 


Wenns mir gefallen thut. 


Tert aus dem preußifhen Samlande mitgetbeilt von Reufh in: Preuß. Provinzialkl. Br. 27. 
©. 551. Königsb. 1842. Mit anderer Melodie und Text unvollftändig bei Hoffmann, ſchleſ. VE. 


Nr. 184. Andere Terte Simrod Nr. 220. Mündel Nr. 231. 


ittler 141 und 1007. Aehnliche 


Melodie bei Hoffmann Nr. 95, wo zum Heiratbölied ein anderer Anfang ftebt: Brüder, laßt das 


Sorgen! 





865. Ber Brautkauf. 


Schleſiſch. 


Sind drei drau-ßen, Frau Mutster! di= del di-del-dei! „Frag, was fie 





wol = In, mei=-ne 


Tod » ter!” 





659 


1., Sind drei draußen, Frau Mutter!‘ 5. ,Einer will mich haben, Frau Mutter!‘ 
„Frag, was fie woll'n, meine Tochter!“ „Frag, ob viel Thaler, meine Toter!“ 
2. , Einer will mich haben, Frau Mutter!‘ 6., Vierhundert Thaler, Frau Mutter!‘ 
„Frag', ob viel Thaler, meine Tochter!” „Das ift zu wenig, meine Tochter!“ 
3. , Dreihumdert Thaler, Frau Mutter!‘ 7.,Sind drei draußen, Frau Mutter! ‘ 
„Das ift zu wenig, meine Tochter!“ „Frag, was fie woll'n, meine Tochter.“ 
4., Sind drei draußen, Frau Mutter?‘ 8. , Einer will mich haben, Frau Mutter!‘ 
„Frag, was fie woll'n, meine Tochter!” „Frag, ob viel Thaler, meine Toter!“ 


9. , Fünfhundert Thaler, Frau Mutter!‘ 
„Den ſollſt du haben, meine Toter.“ 


Hoffmann, ſchleſ. Volkäl. Nr 98. 


Das Lied erinnert an den altgermanifhen Brauch, dag die Braut erfauft werben mußte. 
Näheres über Brautkauf f. Weinhold, die deutihen Frauen im Mittelalter 1851, ©. 260, 
Daſelbſt auch ein darauf bezügliches nordifches Liedchen: 


Isländiſches Tanzlied (Vikivacki). 
(Aus Lynybye faeröiske quaeder p. 37, überfegt von Weinhold.) 
Mädchen find in einem Haufe verjammelt und fingen, während ibre Liebhaber an die 


Thüre treten: 
‚Bas will Hof, und was will Alf?‘ 
„Stein bieten Hof, Stein bietet Alf." 
‚Was bieten alle Burſche Hofs?“ 
„Stein bieten alle Burfche Hofe.“ 


Sie werden böhnifh abgemwiefen, geben fort, fehren zurüd; der Gefang beginnt in voriger 
Weiſe und die Burfche bieten Kupfer zum Brautkauf. Weniger verächtlich abgewieſen, bieten fie 
zum drittenmale jeßt Gold. Da fingen die Mädchen: 


Willkommen Hof, willkommen 9 ! 
Willlommen al ihr Burfchen Hofe! 


Die Männer treten in dad Haus und der Tanz beginnt. — In diefem Volksſpiele hat ſich 
der altgermanijche Rechtsbrauch des Brautkaufs erbalten. 


566. Berlobung durch Aranz und Trau (Geſchenk 
an die Braut). 


1.3 hab mein Herz zufrieden geftelt, 3. Ich nahm den Kranz in meine Hand, 
Mir ein feins Meivlein ausermählt Gab ihr mein Trau zu einem Pfand 
Kein Mann fol mird nit nehmen; Bon ihr wollt ich nit weichen: 

Und fumm ich über taufend Mei, Weichſtu von mir, rächt's Gott an dir, 
Tröft Gott mih im Ellende. Man find noch wol Deinsgleidhen. 
2.9 gieng mir in ein Stüblen Hein, 4. Weichſtu von mir, rächts Gott an dir, 
Darin da was die Lieb allein, Weichſtu von mir, rächts Gott an dir, 

Wollt freundlih mit mir koſen; Nach feinem göttlihen Gefallen! 
Do band fie mir ein Kränzelein Wiewol man find viel fhöner Kind, 
Bon Beil und rothen Rofen. Liebft du mir doch ob allen. 


42» 





660 


5. Nach treuer Sitt ift jet mein Bitt, 6. Wolauf, wolauf, Gelüd und Heil, 
Nach treuer Sitt ift jet mein Bitt: Ih hab wol überfummen mein Theil, 


Du wollt nit von mir weichen! Glück zu, Glück zu mit Freuden! 
Wiewol es jett die Zeit nit geit, Hab mir ein Feinslieb außerwählt, 
Daß ich kann bei dir bleiben. Kein Mann fol mirs nit erleiden. 


(Beibeib. Hdſchr. 343, Fol. 84.) 
Hier mögen zwei nordifche Kalter in Ueberfegung folgen: 


A. Spieltanz zur Berlobung 
in einigen dalekarlifchen Orten Schwedens. 


Komm, fomm, Maria lich, Alle in dem Kreife bier 
Und reich mir deine Hand: Bezeugen mir e8 laut: 

Hier haft du das Ringelein Maria hat gelobet bier 
Und um den Arm das Band! Zu werden meine Braut, 


R. Dybeck, Runa 1842, 4. Bd., 70. Meberfegt von K. Weinhold, deutfhe Frauen ©. 227. 


B. Upländifher Reihen, eine Berlobung darftellend. 


Der Chor fingt: Der Burſche: 
1. Es fommt ein Ritter geritten ber, 4. Hier haft du den Berlobungsring 
So luſtig follte er reiten. Du follft mich nicht betrügen. 
För ba ba ba, för na na na! Chor: För ba ba ba, für na na na! 
So Iuftig follte er reiten. Du ſollſt ihn nicht betrügen. 
[Während dieſes ar ift der Burſch in den —— 
Kreis getreten, gebt auf fein Mädchen zu und fingt:] Das Mädden: 
2. Und fhöne Jungfrau darf ich fie 5. Und willſt mich jchließen and Herze dein, 
Wohl an das Herze fchliefen ? Sollſt mir zuvor geben ein Krönelein. 


Chor: För ba ba ba, för na na na! 


Ghor: Bör da da ha, für na na na! Sollſt ihr zuvor geben ein Krönelein. 


Wol an das Herze fchliehen. 
Das Mädchen: Der Burſche: 


3. Und willft mich fliegen an’d Herz dein, 6. Hier haft du Kron und Kranz dazu, 
Sollſt mir vor gebn ein Ringelein! Du ſollſt mich nicht betrügen. 
Chor: För ba ba ba, för na na na! Chor: För ba ha ba, för na na na! 
Souft ihr vor gebn ein Ringelein. Du follft ihn nicht betrügen. 


Aus R. Dybeck, Runa 4, 75 (1842). Uberfept von E. Weinbold, deutihe Frauen &. 227 


867*. Gefang bei Berlobungen. 





kangſam. Aus Vecheln Unterlahntteio) und Welterod (gr. St. Goarshauſen) 1880, 
==>: een 










Mert auf, o Ghrif,, was ih er» Mär: Wo fommt der Eh ⸗ſtand ber! Der 





Eh» ftand ber? Er kommt von fei » nem — — Gott hat ibn fel« ber 





Pa ta «Died, im Ba » ra» Died. 


einge » richt't im 





661 


2. Als Gott Adam erſchaffen hat, 
Da madt er, daß er fhlief, 
Ja daß er fchlief. 
Nahm eine Ripp aus feinem Leib. 
Und baute ihm daraus ein Weib, 
Sekt ein die Eh. 


3. Der Ehftand ift ein ſchwere Buß, 
Und macht aud viel Verdruß, 
Ja viel Verdruß. 
Man muß ſich willig ergeben drein, 
Muß denken: es muß geheiratht't ſein, 
So lang Gott will. 


4. Der Ehſtand iſt ein ſchwerer Stand, 
Verbunden durch Prieſters Hand, 
Ja Prieſters Hand. 

Und keiner darf ſich wagen drein 
Der dieſes Band auflöſen will, 
Der Tod allein. 


5. Und euch Verlobten wünſchen wir 
Viel Glück und Seligkeit. 
Ja Seligkeit. 
Wir wünſchen euch viel Glück und Segen 
Und nach dem Tod das ewge Leben, 
Das geb euch Gott! 


Dieſes Lied wird bei Verlobungen (Hillig) von Burſchen und Mädchen vor dem Haufe 
der Braut gefungen, um vom Bräutigam dafür ein Trinkgeld zu erhalten. 


Dasfelbe Lied aus gleicher Gegend ongfen bei St. Goar) ſehr verderbt im Reim und In— 


halt bei Becker, Rhein. Volksliederborn Nr. 3 


867’, Hochzeitlied. 


[Am Hochzeitabend vor dem Haufe gefungen.] 


1. Höret, was ih euch erflär, 
Wo kommt denn der Ehſtand her? 
Merkts auf mit Fleif: 
Er kommt von feines Menſchen Gedicht, 
Gott felber hat ihn eingericht 
Im Baradeis. :|: 


2. Da Gott den Adam erfhaffen bat, 
So madt er, daß er fihlaft, 
Thut ihm nicht weh: 
Er nahm ein’ Ripp aus Adams Leib 
Und ſchuf ihm glei daraus ein Weib, 
Sekt ein die Eh. :]: 


3. Daß Gott der Ehſtand angenehm fet, 
Weil er bei der Hochzeit fei, 
Was hat er gethan? 
Er nimmt den Ehftand hoch in Acht 
Beil er aus Wafler Wein gemadıt. 
Zu Eanaan. ;]: 


Aus Wendeldheim in Schwaben: Birlinger, ſchwäb. VL. Nr. 18. 
ap: gerũckt. — Gine andere längere Ledart aus Wurmlingen, daf. Nr. 17. Unvollftändig aus 


der Schweiz, bei Zobler I, ©. 155. 


4. Paulus fpriht den Ehftand gut, 
Den Eheleuten jagen thut 
Die Seligkeit zu. 
Wenn man ihn hält und fürdht auch Gott, 
Und thut aud halten fein’ Gebot, 
So jei e8 fhon genug. . 


5. Wie man den Ehſtand halten fol, 
Das kann leicht ein Jeder [wohl) 
Sich bilden ein: 

Daß allezeit die ehlich Pflicht, 
Wie man’d' vor dem Altar fpridt, 
Muß gehalten fein. 


6. Eine Bitt hab ich, ihr Hochzeitsgäſt, 
Daß dieß das Brautvolf nicht vergeh 
Und ſeid fo gut 
Berrihtet vor [für] fie ein Gebet, 
Daß fie den Ehftand recht antret' 

Und halten thut. 


Tert bier metrifh etwas 





662 


867°. Niederfingerlied* bei Hochzeiten. 
1.Wo kommt denn au der Ehftand her, 2. Paulus ſpricht den Ehſtand guet, 


Wo Oott hat eingefet? Wem-mere recht halte thuet; 

Hat guet gethan Iſt ſchon gethan. 

Wo Gott der Ehſtand hat eingeſetzt Mer wünſche euch, ihr Hochzeitleut. 
Hat er uß Wafler Wein gemadt Biel Glüd und Sege 

In Oallilän. Das wünfhe mer euch. 


3, Mer wünſche euch, ihr Hochzeitleut 
Es Wiegeli und im ene Yahr 
Es Chind darein. 
Mer wünfhe euch e guete Nacht, 
Daß ihr der Ehſtand recht antrat't — 
Das wünfhe mer euch. 


Zobler I, ©. 154. Vollftändiger und richtiger bei Birlinger, ſchwäb. BL. ©. 18—21. 
Diefed Lied wird (1883), nur no in vier Gemeinden ded Kantons Quzen, am Abend des 
Hochzeitstages den Brautleuten vor dem Haufe gejungen, von einem Borfänger, Sekun— 
danten und Chor, 


* Niederfingen = mit Geſang zu Bette bringen. 


567°. Einfekung des Eheftandes. 
Hoczeitslied zur Begrüßung der Braut. 
Maͤßig. v. Ditf., Fränk. B. II Rr. 191. 





Ber » nehmet, ihr Freunde, was wir euch er=-fläm: wo fommet der Ehſtand wohl 
Nun mersfet recht auf und und hö— ret und gern, wir fingen ein gött= li» de 





ber? Hat die fen Stand ein Menſch er-biht? | . f 
eher! — Gott hat ihm felbft ein « gerricheig im rei zen ⸗ den Garsten der 





Welt, im reirzensden Garsten der Melt. 


Mehr Text bei Ditfurtb. 


* Mit diefen zwei Liedern (dem bier und dem nadhftebenden, wohl von Geiftlichen oder 
Lehrern gedichtet und fomponirt), begrüßte man in früherer Zeit in Franken (There, Nürnberg :c.) 
die Braut am — ieh ge Sie wurden von 6 Marien- und 6 Chorjungfern gefungen, 
der Art: daß fih die Braut mit einer brennenden Kerze in die Mitte ftellen mußte, und die 
Sängerinnen einen Kreis um fie bildeten. Hierauf wurde Wein, Kuchen x. an diefelben vertbeilt. 





663 


868. Gefallen am Ehftand. 
(Polterabendlied.) 


Bom Odenwald und der Bergftr. Erf III. 1,12, 
Rubig. Ziemlich gleich aus Meurs, Erf III. 1, 13. 









fhon zu der Eh verpfliht, ja ap ver » pflicht. 


Andere Melodie. 
Aus dem Oberlahnfreife (Allendorf, Elboff, Genfungen ꝛc.) 1880. 








Mir ge » fällt dad Ehr-ftandd-le » ben bef » fer, als dad Klo + fier- 





denn ich bin zur Eh ver » pflict, zur Eh ver » yflict. 


1. Mir gefällt das Ehſtandsleben 2. Bater, thut Euch doch erbarmen, 
Beſſer, als ins Klofter gehn. Und verfhafft mir einen Mann, 
In das Klofter mag ich nicht, Der mid drüdt an feine Bruft, 
Ich bin ſchon zu der Eh verpflict. Denn zum Heirathen hab ich Luft. 


3. Was wird dann die Mutter fprechen, 
Weil ih nicht mehr ledig bin? 
Sie mag ſprechen was fie will: 
Ich will heirathen in der Still. 


Aus Dberheffen, dem Odenwald, Umgegend von Frankfurt, Wetterau und Meurs am Nieder 
rbein x, 

Das Lied wurde fonft und in manden Orten noch jept am Polterabend (Rumpelabend) 
von Freundinnen der Braut gefungen. Nederei in Form eined Ständchens. 


J. 3,1 Sprechen = jagen. 





664 


869, HBolterabendlied. 


Reicht bewegt. ’ Aus Fleidbah (im Dillfreid). 1980. 


Enno EEE EST GI BEER 
——— —— . WARE „Er HERE Bneninme „ — — 
. Men [mean Sue Zul VMBE ——— SERIE — — TEEN San cm ve 
u A a A 





Ah Herz ⸗chen fhön-fted Schäpchen, wad hör ih von dir? Da 





du willſt bei » ras.tben, wie ſchwer fällt es mir! 


2. Willſt du ſchon beirathen, du jhönes junges Blut? 
Du wirft fhon erfahren, wie das Heirathen thut. 


3. Dann weinen die Kinder und rufen: Mama! 
Der Bater fpricht wieder: Kein Brot ift mehr da. 


4. Willſt du das Ringlein tragen, das ich dir geben that 
Herztaufend ſchönes Schätzchen, bis in das kühle Grab? 


Bleihe Mel. aud dem Siebengebirge mit dem ziemlich gleichen Tert aus Rheindorf bei Sim: 
rock Nr, 325: „Ab Schönfte, ab Schönſte, was bör ich von dir?“ Auch mit dem Anfanae: 
„Kathrinchen, was hör ich doch reden von dir?“ (Naffauifch.) 


S69. Auf dem Wege nad) dem Hodzzeitshaus *. 


Heringen (Kr. Limburg) 1885. 





GE farmen zwei ge» gan» gen, wohl vor fFeindslieb- chend Haus, die 





wa»rn ge »-» la - den zum Hoh =» zeitd =» ſchmaus. 


2. Ach Schönfte, ah Schönfte, 
Was hör’ ih von dir? 
Willſt du ſchon heirathen? 
Wie fhwer fällt es dir! — 


Dieſes Liedchen wird in der Regel am Hochzeitstage von den männlichen Bekannten des 
Bräutigamd gefungen und zwar auf dem Wege zum Haufe der Braut. Gin anderes dann 
am Haufe felbft: „Komm beraus x.” (folgt). 





665 


870. Bor dem Haufe der Braut am hochzeitstage. 


Boltämel. 1885. 
Ktehrvers. 








1 

1 

Komm ber » aus, komm ber» aus, du trau =» ri» ge Braut, 
Wir fie » ben bier vor dem Hody » zeitd » haus. 






En —— 
weh, wie wei » net die » fe Braut fo ſehr. 


2. Dieſes Jahr trägt ſie einen Kranz auf dem Kopf, 

Uebers Jahr werden ihr die Haare ausgeroppt. Oh weh ꝛc. 
3. Dieſes Jahr trägt ſie einen Siffel um den Hals, 

Uebers Jahr hat ſie weder Salz noch Schmalz. O weh ꝛc. 
4. Dieſes Jahr trägt ſie ein Ringlein an der Hand, 

Uebers Jahr führt fie ein Kindlein an der Hand. O weh ıc. 
5. Dieſes Jahr trägt ſie noch Zwickel-Zwickelſtrümpf, 

Uebers Jahr hat ſie weder Schuh noch Strümpf. O weh ꝛc. 
6. Dieſes Jahr trägt ſie noch ſchön gewichſte Schuh, 

Uebers Jahr läuft ſie noch barfuß dazu. O weh ꝛc. 
7. Dieſes Jahr trägt fie einen kattunen Rod, 

Uebers Jahr wird ihr der Buckel ausgekllopft. O weh ꝛc. 


f eh und Mel. im Limburger Kreife (Heringen) um 1885 gehört und von E, Wolfram 
aufgezeichnet. 

s — glaube ih die volksthümliche Grundlage zu einer Umdichtung im Wunderhorn II, 
©. 14 — zu haben (nachgedrudt Simrock Rr. 232, M. 1030), die wieder eine Abänderung in 
Zarnad'd Volksliedern 1820 erfuhr. Diefem Machwerke wurde in „24 alte d. Lieder“ aus dem 
MWoh. 1810, Nr. 12 eine Melodie untergelegt, die bei Zarnack und Krepfehmer I, 131 nachgedruckt 
ift. Und woher die Melodie? Man ftaune! Sie gehört zu dem Pfingftliede „Nun ift des Hei» 
fand’ Werk vollendet”, gedrudt im Katbol. Gfgb., Wien (1775) Nr. 5. — Zum Bergleihe möge 
der Text von Zarnad-Wunderhbomn folgen: 


1. Komm raus, fomm raus, du fchöne Braut, 3. Wink nur, wink nur, find leihte Wink, 
Dein’ gute Tag find alle aus. Bald drüdt am Finger dich der Ring. 
D web, o web, o, web, o weh! D web, o weh, o web, o weh! 

Was weint die fhöne Braut fo jehr? Was weint die fhöne Braut fo fehr? 
Sie muß die Jungfern laffen flehn, Die goldne Kette legt fie an, 
Sie muß nun zu den Weibern gehn. Um ihre Freiheit iſts gethan. 

2. Leg an, leg an auf kurze Zeit 4. Spring beut, fpring beut den legten Tanz, 
Das glänzend ſchöne Höchzeitskleid. Morgen ift verweltt der Hochzeitokranz. 
D weh, o web, o weh, o weh! D web, o weh, o weh, o weh! 

Was weint die fhöne Braut fo ſehr? Was meint die junge Braut fo fehr? 
Sie muß, wenn andre tanzen gebn, Sie muß die Blumen laffen ftehn, 
Bon nun an bei der Wiege ftehn. Sie muß jept auf den Ader gehn. 


Ein ähnliher Hochzeitsreim im Vogtlande (Dunger, Runda Nr. 738) lautet: 
Mädel raus! Mädel raus! 
Deine guten Tag fenn aus, 
Waͤrſchte bei deiner Mutter gebliebn, 
Hättfte dein guten Tag getrichn, 
Mädel raus! Mädel raus! 
Deine guten Tag fenn aus. 





"666 


871. Mralter Gefang des Brautzuges. 
A) bei Annäherung an die Kirche: 


Etza hamm mer nimma weit, 

Etza komme mer mit der Bräut, 

Etza lä mer ihr gebn an Segu 
Zum ehelihen Leben. 


B) bei der Rückkehr nah Haus: 
Etza komme mer mit an Weib, 
Mit n Mann is fie ei’ Leib; 
Bor Sind und Schand bewahr 
Das neue Ehepaar! 


Aus Eifter im Bogtlande, noch bis 1840 üblih. Dunger, Runda Rr. 735 und Nr. 736. 





872. Iungfernkranzlied. 


1. In meines Vaters Garten 2. Lawendelkraut und Thymian, 
Da wächſt ein ſchöne Blum, Blum, Blum: Das wählt in unferm Garten. 
Drei Yahr muß fie noch warten, Wie lang bleibt doc der Freierdmann? 
Drei Jahr find jchnell herum. Ich kann nicht länger warten. 
Schöner grüner, fhöner Jungfern- Schöner grüner, ſchöner Yungfern- 
franz, bei der Nacht, franz, bei der Nacht, 
Schöner grüner, ſchöner Jungfernfranz. Schöner grüner, ſchöner Jungfernkranz! 


Tert aus Fleiſchbach (Labngegend) 1850. — Die 1. Strophe ohne Refrain iſt aus dem Hu— 
farenliebesliede: Wohlan die Zeit tft fommen (f. Erlah 5, ©. 599). Die 2, aud dem Sungiem- 
franzliede aus Weber's Freiſchuͤtz. 

Boran geben dem Liede folgende 2 Reime: a) Wenn man ein Mädchen lieben will, wie muß 
mand mahen? Muß alle Tage zu ihr gehn xc. (f. das Bolfelied: „Sag an mein ſchönſtes Kind xc.), 
b) Stille, ftille, nur fein Geräufh im Haus! Still und ftill und wiedrum ftill, dieweil mein 
Schätzchen ſchlafen will! Stille, ftille, nur fein Geräufh im Haus!“ — 


873. Beim Hanben der Braut, 


Mäßig bewegt. Aus Schlefien (Konradsdorf bei Hainau). 1839. 





grün; ad das Kränz⸗chen gebt dir mab, es iſt lei-der nicht mehr da. 





Zweite Melodie. 


Aus Schlefien, Hoffm. Nr. 105. 





Braut, wo ift dein Kränzschen bin, 








Ah, das Kränzchen gebt dir nah, 


2. Kränze ftehen zwar ſehr ſchön 
Do die ftets im Kranze gehn 
Werden öfters ausgelacht, 
Drum, o Kränzchen, gute Nacht! 


3. Deines Hauptes ſchönſte Zier, 
Dieſes Kränzchen raubt man dir, 


Wo nimmſt du's wohl nun wieder her? 


Sorge nicht, du kriegſt nicht mehr. 
4. Laß das Kränzchen Kränzchen ſein, 

Denn es bringt dir doch nichts ein; 

Aber viel Gewinn haſt du, 

Gehſt du ohne Kranz zur Ruh. 


5. Erſtlich liegſt du nicht allein, 
Anders ſchläfſt du nicht bald ein, 
Dann erwärmeſt du dich bald, 
Iſt es gleih im Winter kalt. 





1 


das dir fland fo niebelic grün? 





ift feirder nicht mehr dba. 


6. Sicher ziert e8 übers Jahr 


Deiner feinen Todter Haar. 
D wie fhön wirds dieſer ftehn, 
Denn es ftand der Mutter ſchön. 


. Aber füme auch nun fchon 


Uebers Jahr ein Heiner Sohn: 
Gelt! das Söhnden wär dir lieb, 
Weil dein Kranz in ihm beflieb. 


. Öute Naht nun, liebe Braut! 


Sonften werb id) zu vertraut; 
Morgen grüßet man did ſchlau 
Nicht mehr Braut, nein junge Yrau. 


Lachſt du heute über mich, 


Morgen lad) ich über did; 
Denn dann fprihft du ohne Scheu, 
Daß mein Scherz doch Wahrheit fei. 


10, Fragft Du, wer der Schäfer fei! 
Ich bekenn' mich frank und frei 
Zu der Heinen Scäferei 
Hör! ich bins bei meiner Treu. 


Aus Konradädorf und Breslau, 


Diefes Lied, aus Bolldmund aufgenommen vom Gantor Jakob in Konradädorf, wird in 
Schleſien bei Hochzeiten — und zwar von den —— nach dem ſogenannten 


„Hauben der Braut“, d. 


bnehmen des Brautkranzes und 


ufſezen der Haube, dem Zei— 


hen der Frau. — Gleiches Lied mit anderer Mel. bei Hoffmann, ſchleſ. BL. 105. 
Der Tert ift entſchieden feine Volks- fondern Kunftdichtung, vielleicht von einem Gelegenheitd- 


dichter abgefaßt und verbreitete fi dann. 


874. Altniederländifcher Horhzeitsgefang *. 


Die bruijt en wollt niet te bedde. 








Souterliedekens 1540 Rr. 150. 





668 


Bom Tert nur die Anfangdzeile erhalten. Bermutblih war es ein Hodzeitölied, wie der 
gleihen den Brautleuten vorgefungen und vorgetanzt wurden, wenn man fie nad alter Geremomie 
zu Bette geleitete. Ein ähnlicher Zert aus Deutihland „Ein Bräutlein wollt nicht gebn 

u Bett” fteht in H. 8. Haßler's Luſtgarten 1600, Nr. 11—14. Die Gompofition ift von Hasler, 
ertinbalt ſehr finnlidh. 

Reffing bat in einem Brief an Nicolai 1777 (f. Leffing’d Werke, 12. Bd. Malgabr': 
Ausg. ©. 591) unter den Pöbelliedern folgenden Reim angeführt, der jcheinbar auf den bei Haßlet 


zurüdführt: 
Ein Bräutlein wollt nicht gehn zu Bett, 
Nit weiß, ob fie es hätt’ vwerredt xc. 


No ein alter ER rg der niederländifhen Bauern fteht in Thyſius' Lautenbuch (um 
1600), Ausg. von Land ©. 44, darüber der Zertanfang: Ey de bruijt lach op haer bedde. 


875*. Morgengabe*, 


W. Schufter, Siebenb. Volksl. Nr. 8. 







— — — — a 
Hr: no „ be# J 
—— — — am — —— 
4 Bun | — —— —— — 


Em kuft mer ug en Manstel zä 

















fho»fe » Ion, Döt, waͤ Döf. 


2. Em fuft mer ug en Kirſen 
3a em Repreiß. 
|: Drangter geng ech fcholelen :|: 
Wi e gälden Reiß. 


wi en gäl« ben en gäl« den 


Ueberjegung: 
1, Er kauft mir aud ein’ Mantel 2. Er kauft mir aud ein Pelzchen 
Zu einer Morgengab; Zu einem Ehrenpreis. 
Darin geh ih ſchaukeln Darin geh ih ſchaukeln 
Wie ein goldne Dod. Wie ein golden Rös. 


S 1,3 fchaufeln, fpazieren. 2,1 Pelzchen, Muff. 


* Morgengabe lalthd. en: mittellat. morganaticum) mar das Geſchenk, das 
der Ehemann am Morgen nad der Bermäblung feiner Gattin zu machen pflegte. 


875*. SBrauthänfeln *. 





1. Berirt die Yungfer Braut! 3. Berirt die Jungfer Braut! 
Sie hat es wohl verbienet, Und hört nicht auf zu fragen, 
Denn fie hat fi erfühnet Sie muß nun Alles jagen, 
Bei einem Yunggefellen Wie fih die Sache reimet 
Sich gejtern einzuftellen. Und was fie hat geträumet. 

2. Berirt die Jungfer Braut! 4. Berirt die Jungfer Braut! 
Denn fie ift mit Verlangen Es habens auch die Alten 
Mit ihm zu Bett gegangen, Vor dieſen ſo gehalten, 

Und hat bei ihm geſchlafen, Daß wir es beſtermaßen 


Drum müſſen wir ſie ſtrafen. Beim alten GBrauche) laſſen. 





669 


5. Berirt die Yungfer Braut! 6. Berirt die Yungfer Braut ! 
Es werden ihre Kinder Und mwünfdet ihr ©elüde 
Schier künftig viel gefünder, Zu diefem Meifterftüde 
Wenn wir mit Scherz und Laden Und zum Gevatterfuchen, 
Ein wenig Pollen maden. Ihr Kindlein zu bejuchen! 


Bergliederbüchlein c. 1730, Nr. 12. Mit Weglaffen zweier Strophen mit unfaubern Scherzen. — 


* Dad Brauthänfeln am Tage nah der Hochzeit war in Thüringen noch bis 1840 
im Gebraud. 


876. Rockenlied aus Siebenbürgen. 
[Anfingelied am legten Hochzeitabend.) 


Am legten Hoczeitabend bringen die Nachbarinnen und Freundinnen der jungen Frau einen 

Roden, d. b. an einem ziemlich ftarfen jungen Eichftamm (früher wohl nur ein ftarfer Roden- 

iel), einen diden Hanfzoden (eine Keit, Koit), an welchem zuweilen Eierfhalen, Werg, hölzerne 
öffel ꝛc. hängen, Dabei fingen fie in der Haudflur diejes Lied: 


Spechton. 





2 
Mer welhle gohn, mer wel⸗ le ſtohn, 
Mer welle ei rel Fra en Rof«» fen ne e = ne Ro» ken trobn. 


F I. 
Wir wollen gehn, wir wollen ftahn, Hört hier, ihr Mann, der Bräutigam, 
Wir wolln verjungen Frau denKodentragn. Was wir euch wollen fag'n: 
Ei, was trag'n wir ind Haus? Eure Frau die follt ihr lieben 
Biel Ehr und Glüd Die jungen Mädchen laſſen gehn! 
Auch fo viel Zufriedenheit, Hört ihr, ihr Frau, de Braut, 
Aud fo viel der guten Zeit, Mas wir aud wollen fag'n: 
Auch fo viel Ueberfluß Euern Mann den follt ihr lieben, 
Und viel der guten Yahr! Die jungen Knete Laffen gehn! — 
Und viel Komähren „„ [Streit um den Roden:) 
Und viel der heißen Zehrung! Nehmt ihm, zerbrecht ihn! 
Giebt ihr Gott ein’ jungen Sohn, Könnt ihr ihm nicht zerbrechen, 
So nütt fie ihm mit Glück! So ftirbt eud eure junge Frau 


In dem allererften Yahr. 


III. 


[Iept ergreifen die im Zimmer den Roden und ziehen ihn trog des Widerftandes der draußen 
ftebenden hinein, worauf ibn der junge Mann mit der bereit gehaltenen Art zerhaut (früher wohl 
über das Knie brad). Darauf fingen die in der Sauöfur 


1. Wir treten auf den Beſen, 3. Wir treten auf den Ofen, 
Wir wollen gerne eſſen! Wir wollen gerne Braten. 
2. Wir treten auf ein Zinken, 4. Wir treten auf ein Bott'hen. 


Wir wollen gerne trinken! Wir wollen gerne Kraut'hen. 





670 


5. Wir treten auf Plunzen 7.Wir treten auf ein Diel, 
Wir wollen gerne dunzen. Wir wollen gerne viel. 

6. Wir treten auf ein Schweinden 8. Gebt ihr ung immer Wein, 
Wir wollen gerne Weinen. So wirds eur’ Ehre fein! 


T 4,1 Botthen, Faß. 5,1 Plunzgen, Klumpen. 5,2 dungen, ſchwellen. 


Anderer Schluß: 


5. Wir treten auf die Planen 7. Wir treten auf den Zappen, 
Wir wollen gerne danfen, Daß die Braut und gab ein Lappen. 
6.Wir treten auf den Kirbiß, 8. Der Bräutgam bat no einen Hahn, 


Daf der Bräutgam geb was Mürbes. Ah, den frefien die Zigeuner. 
9. Die Braut hat noch ein Hähnlein, 
Ah, das muß aus dem Topfe gehn: 
Nun maht euh fröhlich! — 
TS 5,1 Planten, Bretterwert. 7,2 Lappen, Tuch. 
W. Schufter, Siebenbürgifche Voltdl. S. 85. Ich habe die hochdeutſche Ueberfegung gegeben. 


877. Abſchied der Braut von ihren Ingendgenoffinnen. 


Siebenbürgiſch. 








danft mir zwier: „Ab ein-zig Herz-lieb-chen, wohl i 


1.36 follt einmal den Berg umgehn, 
IH ſah mein Herzliebhen am Weg da ftehn, 
Ih grüßt es jetzt, es dankt mir zwier: 
„Ach einzig Herzliebchen, wohl iſt es mir!“ 
Refr.: Ich ſoll hinweg, ih muß davon 
Der lieb Gott weiß, wann ih wiederkomm! 
Ad, warn werd ih wiederlommen? 
Wenn die Shwarzen Raben weiße Federn haben. 
2.36 ſah zwei Rojen in des Baters Hand: 
„Ach einzig lieber Vater, langt mir eure Hand!“ 
Ich ſah zwei Nofen in der Mutter Hand: 
Ah einzig lieb Mutter, langt mir eure Hand! 
Refr.: Ich foll hinweg ꝛc. 
3.36 ſah zwei Rofen in des Bruders Hand: 
„Ah einzig lieber Bruder, lang du mir deine Hand!” 
Ich fah zwei Roſen in ver Schwefter Hand: 
„Ah einzig lieb Schweiter, lang du mir deine Hand!“ 
Refr.: Ich foll hinweg x. 





671 


4.36 ſah zwei Roſen in dem Gebüſch 
„Ah, einzig lieb Gſpielen, halt! ihr euch nur friſch!“ 
Refr.: Ich ſoll hinweg ꝛc. 
W. Schuſter, Siebenbürgiſche Volksl. ©. 76. 


„Am Borabendend der Hochzeit verſammeln ſich alle Geſpielen der Braut und dieſe nimmt 
weinend Abjchied von ihnen, während fie ihr das vorftchende Lied zum Abſchied fingen.” — 


878. Abſchied der Braut vom Elternhaus. 


ÄÜoliſch. N a. Kubländifch. 1835. 












Die Pferd han ro » tbe Nie-ma und die Rei-ter fil- ber-ne Sporn! Schid 





dich, feins Mäd-le und ſchuh dih! von bin«nen wol-Iem wir fahr. 


Die Pferd han rothe Riema und die Reiter filberne Sporn: 

Schick did, feing Mädle und ſchuh dich! von hinnen wollen wir fohrn. 

Sie ließ den Fuhrmann bitte gar um ein Heine Kurzweil, 

Daß fie fih kann bedanken gegen ihren Vater“ fein. 

‚Habt Dank, habt Dank, Herr Bater, herzliebfter Vater mein! 

Ihr werb’t mir nimmer ſchaffe fa fronrojhenes Rödlein.‘** 

„Fahr fort, fahr fort du Tochter, herzliebftes Töchterlein mein! 

Gehorch deim edlen Herren, gehorſamſt follit dur fein!“ 

” &o gebt der Dank fort durch 4 folder Strophen, indem an diefer Stelle ftatt „Vater“ in 

2. Strophe Frau Mutter, 3. Herr Bruder, 4. Schmwefter geſetzt wird. 


»* An diefe Stelle tritt: 2. fa rothshaar Schubelein. 3. von Seiden ein Tüchelein. 4. Ka 
roths Zufchnürelein (Gorfett). Alles übrige vom Text dur alle 4 Strophen gleih. — 


Aus dem Kubländchen (in Mähren), En Are von R. Kiefewetter und mitgetbeilt in 
ſtretzſchmer's DR, 1840, Nr. 18. Die Melodie bat altertbümliche Modulation Goliſch). 


879. Alter Hodjzeitstanz mit Gefang. 


Mäßig geſchwind. Aus der Schweiz. 





Bin al⸗ben e wertbi Toch⸗ter gſy, bin us 'em Hus, ha nümme diy, cha 
* 





wen i ba, die much i ji gen all ver⸗-lah, much lue⸗ge wie'd mer 























— — — — — 
— —— nm mn nu nn mu: 
9 ñïß— — — — — = Pr, tr 
va a — 7 9 vw — — Sure — —Y =. 


duf » fe gang; o du mi trü»li mer » tbe Schag, jib bu-me i, beih mer Plap? 





672 


Die Braut: Bräutigam: 
1. Bin alben! e werthe Tochter gſy?, 2., Biſch freyli e werthi Tochter gſy, 
Bin us 'em Hus, ha nümme dry?, Mueft ebe fo-ne werthe Fru ſy, 
Cha nümme dry mys Lebelang. E werthe Fru dys Pebenlang. 
Dir Uettit, d's Miet, Brueder und D'r Aetti, d's Müeti, Brueder und 
Schwöſter und wen i ba, Schwöſter und wen i ba, 
Die mueß i jiten all verlah®, Hätt längft di gern by ne aha !?, 
Mueß Iueged, wies mer duſſe gang”. U-n-i ba beitet!! ſcho gar lang, 
D du, mi trülis werthe Schat, D du, mi trüli werthe Schag, 
Jitz hume i, hefh? mer Pla? Chunft 1? endlig? 3 ba der Plag.“ 
Säfte: 


3. Juchheye, ihr Burs und Meitfcheni !3 
Hüt fol e Tag der Freude fy, 
Der Freude fy mit Spiel und Klang! 
D’ Manne, d' Wyber, Jungi un Alti un Jederma 
Soll Iuftig ſy, und Freud dra ba, 
Mit Efie, Trinke, Tanz undGſang! 
Suche! fyt luftig, fparet nüt, 
Ihr trülige 1? Hodzyt-Lüt! 


Aus: Wyß, Kubreiben und Bolkälieder 1818, ©. 55. Zobler IL, 201 in neuer Ortbograpbie. 

Ueber diefen uralten Hochzeitägefang bemertt Wyß: „Als Vortanz bei Hochzeiten in der 
Schweiz wurde derfelbe überall nad uralter Sitte noch am längjten fin der Gegend von Bucheag- 
berg (Kr. Solothurn) getanzt und gefungen. Sept ift er nicht mehr in Uebung.” — 

Für hohes Alter Spricht auch die Mollweife (fireng genommen äoliſch). 


* Das im Driginal gefepte Chroma vor g halte ich für modern und falih: g (nicht gis) 
ift bier richtig. 
1) einft. 2) geweſen. 3) fomm nicht mebr drein. 4) Bater. 5) verlaffen. 6) zujeben. 
7) draußen geben wird. 8) treuer. 9) haft du für mich Plag. 10) Hätten längft dich gern bei 
fi —— 11) Und ich hab gewartet. 12) Komm ſt du endlich? ch hab dir Platz. 13) Mädchen. 
14) liebwerthe Hochzeitsleut. 


SS0*, Ber Gutzgauch. 


Mel. 1540. 













Der Gupsgauh auf dem Zau⸗ne ſaß, der Gutzgauch auf dem Zaune 





faß, ed regnet jehr und er warb naß, ed reg⸗net febr und er ward nah. 


Guch- guck! Bud + gud! 
\ 
® Dberftimmen: 


naf. Bud» gud! Bud + gud! 


2. Darnach do fam der Sonnenjdein, 3. Alsdann ſchwang er fein Gfiedere 
Der Gutzgauch der ward hübſch und fein. Er flog dorthin wol über See. 





673 


Tert und Mel. bei Forfter IL, 1540, Rr. 29, mit fehöftimmigem Zonfag von 2. Lemblin. 
Daher abaedrudt Beder, Lieder und Weifen 1853, ©. 10. Deifen —— die Partitur Uhland 
Nr. 11. ar im 16. und 17. Jahrh. beliebt. Der Anfang „Der Kuckuk auf dem Zaune ſaß“ 
ng fi in einem fürflliden Quodlibet von Le Maiftre, Geiftl, und Weltl. Teutfche Gefäng 1560 

tr. 90; wieder in: 10 Quoblibet bei Frank, Muſikal. Grillenvertreiber 1622, Fifhart, Ge 
Thichtätl. 1575, Gap. 4 gedenkt diefed Liedes mit den Worten: „Gut Haniden unter dem Zaune 


Ich es regnet fehr und er warb naß. — Noch bid auf die Gegenwart lebt dies Lied, fogar noch 
deifen Singweiſe. — 


Aus der verftümmelten Faffung bei Forfter wird der Sinn des Liebes nicht verſtändlich. 


Zur Ergänzung muß man bie vollftändigen Ledarten aus Schleswig, Weftfalen, Schlefien ıc. hin- 
zunehmen, die bier folgen. 


880”. Altes Hodzzeit-Anfingelied, 


1.De Kudul op dem Zune fat, 6. Der Abenbtanz der dauert nicht lang, 
Dar regent en Schur nnd he werd nat. Er dauert einen Heinen Sommer lang.“ 


2. Do keem de blyde Sunnenfhien, - 
7. Gott gave de Bruet, wat id äer wünſch: 
Do warb der Kuduk hübſch und fien. Dat erfte Iaer enen jungen Prinz, 
8. Dat ander Jaer enen Apfel rot, 
3. De Kuckuk breed fin Federn ut Ene junge Dochter in den Schoet. 
Und flog wol awert Goldſchmeds Hus. 9, Und dat fo fort van Jaer to Iaer, 


4. „Outen Tag, guten Tag, lieber Gold» Und dat bet fief und twintig Jaer. 


ſchmied mein, 10, AU fief und twintig um den Diſch, 
Schmied meinem Schag ein Ringelein! Dann weet de Fru, wat Huesholen 18. 


5. Schmied meinemsSchatz einen Roſenkranz 11. Huesholen und dat is Arbeit, 
Einen Rofenkranz zum Abendtanz! Für Där to ftaen is Fuelheit. 


12. Na Danz to gaen is Luftigfeit, 
Na Karl to gaen is Eerbarkeit. 


Aus dem Ditmarfhen: Müllenhoff, Sagen, Lieder ıc., ©. 480. 

Wie das alte Kuckukslied als Eingang zu einem nenjehiägeiunge fommt und, was 
id im Altd. Lob. S. 260 zuerft behauptet habe, urfprüngli dazu gehörte, wird nicht befremden, 
wenn man erwägt: daß der Kuduk bei unfern Altvordern göttlihe Verehrung genoß und als 
Baia Bogel —— un® Einfluß auf Leben, Liebe und Ehe hatte. — Bergl. die große 
Abhandlung über den Kudut von Dr. Mannhardt in Wolfe Ztſchr. f. Muth. III, 209—260. 
Ubland ır 87—89. MReifferfheid, weft]. BL. ©. 145 und Grimm's Mythologie. 

Meine Ehen ‚daß das Lied die — eines heidniſchen, durchaus mythiſchen Textes 
fei, theilt auch Rei *8 R. Köhler (Anz. ſ. d. A. V. ©. 269) bezweifelt ſolches. 


880°. Ber Audkıuk, 


[Hodzeitgefang.) 
Lebhaft. Reifferſcheid, weſtfäl. Volkel. Nr. 9. Kr. I Nr. 146. 





a _ I. 1 A: Ben 
— —— —— —— — MER — 






De Kuk⸗kulk up den Tu⸗ne ſatt, 
et tegent en Schurund be wor nati. De Kute-kut up den Zu» me 





fatt (ti » tu » fat), et regnt en Schur und be wor natt. 


2. Up Regen folget Sonnenfdin, 3, De Kudul trof fin Feddern ut, 
Dann wert der Kuduf hübſch un fien. He trof domit no Goldſmets Hus, 
Ertl u. Böhme, Lieberhort. II. 43 





674 
4.,Ach Goldſchmidt, lieber Goldſchmidtmein. 6. „In dieſen Danz kommt Niemand im, 
Schmied mir von Gold ein Ringelein! Un ſullt's de a of „Julven fin,“ 


5. Schmied mir von Perlen einen Kran, 7. Den uierunbpwangig rimſ en Diſch 
Damit ich komm in dieſen Tanz.“ Dann weet de Brut wat Hushallen is. 


—— Rr. 9. Dazu weitgehende, mytbologifhe Deutung in den Anmerkungen ©. 145 ff. 
Un der Stelle * eblen die Wün | he an das Brautpaar (f. vorangehenden vollftändigen Zert). 
Achnliches Lied und el. aus Weftfalen bei Kregfchmer II, 140, 


* Das ift einer der wenigen Fälle (vielleicht der einzige), daß von einem alten Liede dei 
16. Jahrh. auch die alte Melodie bis zur Gegenwart erhalten blieb. 


880*. Der Aukuk als Liebeswerber. 
(Anfingelied bei Hochzeiten.) 
Mäßig. Aus Granzow in der Udermarf. 1843. 






Der Luk» Mg up den Tu» ne fatt, dat re» gent um fihniet, un 


er war natt, es re» gent un fchniet, und er war natt. 


2. Er flog über Berg un tief Grünn 4. Er ſchickt dir viel, er bringt dir viel, 
Bis dat a une NN. äha Fennfta ftünn. Aber niemals kommt er felber zu dir. 


INN, hia größt di de Brutmanın fo fein, 5. N. hia größt di de Brut fo fein, 
Hia ſchickt a di ein Kränzelein. Hia ſchict ſie di ein Ringelein. — 


* Menn das Lied geſungen iſt, fo A Femand aus * ‚iu u dem Burfchen oder 
zum Mädchen, je nachdem er oder fie zuerft zur it: „NR. beb din Brut (Brutmann) 
angefungen, angeklungen, angediht, angedach erötelt, angeprötelt, angenägt (genäht) angefägt. 
Wenn 't di berzallerlefft Engel if, dann gi fründlih und bedank dit — Dieſer erwidert darauf: 
„Ih bedanf mi öwen br Brot fie (be) iß lang no nich grot (groß)." — Was diefe formelbhafte 
Antwort bedeutet, ift unerflärt. 


J. 2,1 Grünne, Gründe. 2,2 a, er; äba, ihr; ftünn, ſtund. 3,1 hin, hiermit. 


SS, Aukuks Haren. 





—— — 
er Kuk⸗kuk auf dem Zau⸗ne ſaß, hei-di, hei-da, bei dal⸗le-ral⸗-la! Da 





fam ein Regen und er ward naß. Hei. bi, hei⸗da, an — hei⸗dal · le» ral⸗· la! 





675 


2. Da fam ein warmer Sonnenſtrahl, ꝛc. 5. Die dritte macht ein Feuer an, 
Der Kuduf ward bald wieder rein. ıc. Die Vierte fest ein Töpfhen dran. 


3. Der Kuduk ift ein braver Mann, 6. Die Fünfte bettet den Kuduf fein, 
Er ſchafft Abi ſechs Weiber an. Die Sechſte legt fih zu ihm hinein, — 
4. Die Eine kehrt die Stube aus, 7. Der Kuduf ift ein braver Mann, 


Die Andre ſchmeißts zum Fenfter 'naus. Er ſchafft fih nur ſechs Weiber an. 


Aus Zerbft: Erf IL, 2, 38. — Bei Krepfchmer II, 314 wörtlich faft gleich, aber mit an— 
— Er 2/4, angeblih aus der Pfalz und dem Elſaß. Im Wunderhorntert III, 1808, 
. 130 heißts: 
Der Guckguck ift ein braver Mann 
Der fieben Weiber brauchen kann x. 
Weiteren Zuwachs in der Zahl der Frauen bis 10, 12 und 14 bringen andere Terte. 
Bergl. Fiedler ©. 196, 198. Simrock Nr. 120: „Der Kuduf ift ein braver Mann, der 14 
Weiber brauchen kann.“ Hoffmann, Findlinge I, 105. 


SI. Auckuks Harem. 


Aus Hattengefäß (Kr. Hanau). 













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er» fie Frau, die fegt das Haus, witste wit⸗te witt juch» bei -raf- fa. Die 


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to «ti» a, lau» to» ri» a, Mitte witste witt juch « bei» raf» fa! omm ! 

2. Die dritte kocht den Haferbrei, 3. Die fiebent' macht das Bette warm, 
Die vierte trägt die Butter herbei, Die achte jhläft in Kuduls Arm. 
Der fünften ſchmeckt es gar zu gut, Die neunte dedt das Bettchen zu, 


Die ſechſte kriegt den Zuderhut. Die zehnte wünſcht ihm gute Ruh. 


882, Nach der Hodyzeit. 


1. Heur gen diefen Summer — 2, Die Braut die heißt: Ach leider! 
Ih armer elender Mann. Der Bräutgam: daß Gott erbarm! 
Ein Weib hab id genummen, So hab wir feine Kleider 
Warum hab ich gethan? Und find Gottd Marter arm; 
Armuth hat mir die Lauten g'ſchlagen, So hab wir weber Salz noch Schmal;, 
Elend hat mir gepfiffen, Kein Butter ift darinne, 
Zu der Eh hab ich gegriffen, Ich trau mirs Feind gewinnen, 
Rath zu i wie heißt die Braut? Wär ih zum Thor hinaus! 


43® 





676 

3. Mein Schwieger wollt mir helfen 5. So ſchwing ih mich über bie Heide, 
Mit einer ſchaͤbigen Kuh, Wohl über das weite Feld; 
So trägt fie faum das Leben, Mein Weib wollt ich verfaufen 
Fleifhhader fprad mir zu: Wohl um eim leichtes Gel; 
„Die Haut ift beffer denn das Fleiſch, So ſchwing ich mich über die breite Heid 
Nun wie wilt du mir geben? Mit mandem guten Gefellen, 
So trägt fie kaum das Leben Es heirath ever da wölle! 
Und giebt fein Mil dazu.“ Der Eh hab ih genug. 

4. Wenn ic zu Morgen früh auffteh 6. Der nun das Pieblein nen gefang 
Und in mein Stüblein geh, Bon neuem gefungen hat, 
So bin id hart gelegen Das hat gethan ein guter Gefell 
Mein Lend die thut mir meh; Zu Budweiß in der Stadt; 
So hab wir zerriſſen' Polfter und Kiffen, Er fingt uns das und fingt uns mehr, 
Kein Feder ift darinne, Er hats gar wohl gefungen, 
Ich trau mir fein zu gewinnen, Vom Weib ift er entrumnen, 
Der Teufel bleib im Haus. Zu ihr kommt er nit mehr. 


Heidelb. Handfhr. Nr. 109, BI. 104. Fl. BI. des 16. Jahrh. Darnad bei Uhland Nr. 277. 
Die Handfhrift hat nur wenig Worte anders f. Abdrud bei Görred S. 151 und daher Erlach I, 
266; „Fürwahr gen biefen Sommer.“ 


T 4,6 Feder = Sedel. 


883. Auckuks Liebeleben. 


[Schäfer und Schäferin.] 
Mäfig gefhwind. Aus Franken u. Thüringen, 





Ich bin Kuk⸗kuk und bleib Kuk⸗kuk, und thu mid Kuf-kuf nen»nen, Ber 





mei» nen Nasmen nit mer » fen ann, dem gebichy mich zu er » Fen.nen. Den 





Win⸗ter bin id in dem Wald, den Sommer in grürnen Au-en, dba 





hat mein Herz fein'n Au » fent-balt bei fhö- nen Schärferd Frau-en. 


2. Wenn meine Schäflein auf der Heid 3. Mit einem Wort: es bleibt dabei, 


Im grünen Thale grafen, Kudut will ich verbleiben, 

So hab id meine Yuft und Freud Und will der Schäfrin meine Treu 

Set mid auf grünen Rafen In Lieb aufs Neu’ verfchreiben, 
Und ſchrei mit heller Stimm: Kudul! Dis endlich fommt der Böglein Tod 

Daß's im die Au erflinget, Und ftößt mir meine lieder. 

Und ruf der ſchönſten Schäfrin zu, Behüt dich Gott, meine Schäferin, 


Daß fie mir eines finget. Bis daß ich lomme wieder! 


—— — 





677 


Mel. und Tert bei Erf II, 4/5, Nr. 59. Mel. und erfte Tertftrophe mündlih aus Franken und 
der Gegend von Gotha. Text theilweife nad) einem fl. Bl. gedrudt zu Köln a. Rh. (wohl vor 1815). 
Derſelbe Tert bis auf einzelne Worte bei Simrod Nr. 121. Ein weniger guter Tert im Woh. I, 
1845. ©. 352 aus Amim’d Nachlaß: „Bin ich ein Kuduf, thu mich felbft Kuckuk nennen ꝛc.“ 

[Bergl. Shure, Geſch. d. d. Liedes ©. 97, wo dad Liedhen zu den Zaubermärden und Wald: 
idyllen gerechnet und einem Schäfer in den Mund gelegt wird.) 


T 2,4 Wafen = Rafen. 


854. Altes Lied vom Hodjzeitmachen (Bettelhodhzeit). 
A. 
Schnell. Fink, Hausſchatz Nr. 39, Krepfchmer I, 147. 
1 


» 











1. Be » fen » bin» derd Toch -ter und Ka » chel » mas dherd Gohn, die 
at« ten fi ver » fpro « chen und mwollt'n ein » an » ber han. 


— EZ v De 2 
2. Da fam die Mut » ter g'fprunsgen und rief wol ü» ber» laut: Vic 
—AA — ——— —— — — — —— — 
BE a V — KAREL?" DEE OEM ———— 
NT Sm: 7 macht ———————— Im ME Fee — Jen u — — 


to » ri» al Bic-to » ri» a! Mein Toch⸗ter iſt 'ne Braut. 


ar 





















3, Dreimal um den Dfen rum und dreimal um und um: 
Stoft mir nur feine Kachel ein und ftoßt mir nur nit um! 
4. Hat eimer einen Stall voll Heu, fo wird die Kuh nicht mager: 
Hat ein'r ein hübfhes Schwefterlein, fo friegt er bald 'nen Schwager. 


B. 


1. Kleine Fifhe, große Fiſche findt man in den Zeichen: 
Der das Mägdlein haben will, der muß fie fein erſchleichen. 
2. Stoßt mir nur feine Kachel ein, es raucht mir in der Stuben: 
Der eine fhöne Schweiter hat, der kriegt au bald — ein’ Schwager. 


Dergliederbüchlein 1740, Nr. 235, 


Heiter. Aus Laubach (Oberheſſen) 1859. 





Mah⸗ne⸗ män⸗chers Grit -» be un Helsfen:derd — Suhn, dad 


Da Tief derBabd’r im Dorf er » emm,un fhrise imemer « laut: Bic 





warn zwa bra «ve Leu » ter = cher, bei moll» de fib gem hun, 
to « tie a, Bi» to » ri» a! mi Gritt-che id e Braut. 


T Mahnemader, Korbmacher. Gritthen = Gretdhen. Hedenbender, Befenbinder. Keuter 
her, Leutchen; hun, haben. 





678 


D. 


Bürftenbinderd Tochter und Schurzfellfliderd Sohn, 
Die haben fih verfproden, um einen grünen Lohn. 
Die beiden find verbunden in lauter Pieb und Treu: 
Glückſelig ift die Stunde, wo fie beifammen fein! 


we. — (Weftfalen) 1840. Vergleiche ähnliche Spottreime: Meier, Volksl. 65 
Meinert 2 
B. 


's Korbmachers Dochter un's Beſenbinners Sun, 

Die woll'n enann heirate, der vatter will's net hun. 

Die Mutter lauft zum Dor enaus um kreiſcht als iwerlaut: 
Victoria! Victoria! mei Dodter id e Braut. 


Aus der Rheinpfalz, Bavaria IV, 370. 


F. 


1. Bürftenbinders Tochter und Bejenbinders Sohn, 
Die haben ſich verjproden, fie woll'n einander bon. 


2. Die Mutter kam gelaufen und ſchrie im Laufen laut: 
Victoria! Bictoria! mein Tochter is 'ne Braut; 


3. Und wenn fie erft beifammen find und haben dann fein Haus; 
So ſetzen's fih ins Körbel und guden oben raus, 


Grimm, Kinder- und Hausmärchen III, 214. 


SS). Bas Geleit geben (Le conduite), 


[Bei Hochzeiten gefungen von der Jugend.) 
Munter. Elſaß. 









Z' Nacht, wenn der Mond ſcheint, rapspeltS auf der Bruk-ken: führt der Han »fel 








— — — 
— —————— —— — — —— ———— ———— ——— 


's Gre⸗ del mit dem frumsmen Ruf» ten. Pfeift der Knecht, tanzt die Magd 





beim, 





alsli Erfer le — al⸗le Mys,wo Wärde-le han, deri-fe zur Hochzeit kum⸗me. 


Weckerlin, Elf. DR. II, Nr. 18. Derſelbe Text bei Stöber, Elf. Volkel. N. 190. Daſelbſt 
noch folgender ähnliche Reim aus Mülhauſen über Bettelhochzeit: 


Baſel uff'm Blumeplatz Kruckſtiel un Ofengabel 
n der engen Gaſſe, Das find mine Hodzitfnabe, 
—* a Fuchs unn danzt e Has, Edellidd unn Beddellidd 
ſele ſchlad die Drumme, Das find mine Hochzitlidd. 


Alle Diäerle, wo Wädele han, 
Miän zur Hochzit kumme. 








image 
not 
avallable 


630 | 

6. Ene aule Buerlappe, 9. Schulten Frittken, dull un vull, 

Un twe habe Nibbelappen, Kreig fin Greitken, dat nit wull, 

Un auf für de laufe Welt Gaf ihr'n Küflen up de Snute: 

Drei ſeß Penige baar Gel. — Geh Mar Yaufef, min Aug’ is ute! 
7. Obends gieng de Hochtiet an, 10, Tweilf Aur giengen fe to Hus: 

Löftig woren Fru un Mann, ‚Donnerhaal, — dat was en Schmus!‘ 

Löftig woren alle Gäfte, Seggt de vide Schulte Drull 

Dre broden Heringe was dat Beſte. ‚Ha, wat i$ min Wampen vull! ‘ 
8. Junge, drink! es fmedet föte, 11. De Brügamı ginf met finer Brut 

Donner auf, et is Gelöte! In d'Kammer, puft de Lampe ut: 

Junge, drink! et is Brannewien, Nam fin Wifle in den Arm, 

Is en Klumpen Suder drin. se, wat wert min Herze warm! 


12. Un de dat Lehd gefungen het, 
Was en verlumpen Fahnenſmett, 
De up der Holtit auf met at, 
Un tiegen Lur dem Griber fat. 


Krepfchmer und Zuccalmaglio, Volksl. II, Ar. 351. Bergl. Mel. 621, 


888. SHausrath. 


Ei, du mein ſchöne Margret! hätteft du mid, 

So hätteft gut Leben vergeben wie id. 
1.36 hab ein Haus, darauf fein Dad, 

Die Fenſter find mit Lumpen vermacht. Ei du mein ſchöne x. 
2.3 Hab ein Dfen, darin fein Kachel, 

Dann ih darzu komm, fo muß ich lachen. 
3.95% hab ein Kuche, darin fein Holz, 

Und wann ich drein fomm, fo bin ich nicht ftol;. 
4. Ich hab ein Pfannen, daran fein Stiel, 

Weiß nit, was damit machen will. 
5.36 bab ein Keſſel, daran fein Hiemen, 

Und wann ihn fucde, fo find ich ihn niemen. 
6.9 Hab ein Stall, darin fein Kuh, 

Wann ih drein komm, fo beſchmier id mein Schub. 
7.96 hab ein Keller, darin fein Wein 

Wenn ic drein komm, ſo ſchenk ich nicht ein. 
8.3 Hab ein Bettftatt, darin fein Boden, 

Die Federn find mir ins Wirthshaus geflogen. 
9,35 hab ein Beutel, darin fein Gelb: 

Kein braverer Kerl ift in der Welt. 
10, Das Lied das ift jegunder aus, 

Nun geh mit mir in das Wirthshaus. 


Aus einem Liederbuch, dad im Berner Oberland gefchrieben ift: Xobler I, 151. 
5,1 Hiemen = Hängebogen, Hängefette, 5, 2 niemen = nirgends. 





681 » 


859, Hausrath. 


1. Man geiget der Braut zur Kirchthür hinein — 
Denk einer was fie weint. 
Refr.: O Heieli, oho, o weielt, o weh! 
Jez ift die Braut keis Meiteli meh! 


2. Man geiget der Braut in den vorberen Stuhl 
Wo me zwei Liebi zämen thud. 
O Beieli x. 


3. Man geiget der Braut zum Opferftod, 
Dort macht man ihren den rechten Knopf. 


4. Man geiget der Braut zur Kirchenthür hinaus; 
Denk ein Jeder, jett ift e8 ans. 


5. Man geiget der Braut zum Efien, 
Iez hat fie fein Mefler. 


6. Man hat ein alte Sichel im Haus, 
Man maht der Braut ein Meſſer draus. 


7. Man geiget der Braut ins Bett hinein, 
Jez hat fie kei's Dedelein. 


8. Man hat ein alten Federſtrauß, 
Man madht der Braut eis Dedelein daraus. 


9. Man geiget der Braut ins Bettelein, 
Jez hat fie fein Kiffelein. 


10. Man bat ein alten Igel im Haus, 
Man madt der Braut ein Kiffele draus. 


Das erfte von „Drei ganz neue Rieder“ gebrudt im biefem Jahr. Züricher Stabtbibl. XVIIL, 
1792, 2. Daher Tobler I, 153. 


890*. Schnur und Schwieger. 


Erſte Lesart. 


Ammerbach, Drgeltabulatur 1578 Nr. 42. 
(mixolyd.) „Mein Mann, der „Mein Rann, ber tft in —— gogen.” — um eine Quinte böper, 














Eu 
Mein Dann de der iſt in Rrieg € gerzogn,vor Neid jo muß ih fter » ben. 





Nim ⸗merkumm, wad gäb ihdrum! Gin An » dern wollt ih wer» ben. 





‚ 682 


Andere Lesart. 











SEE 


ſprach die 





Heinz, wilstu Ghri-fta ban? 





da da dba, 


1. Mein Mann der ift in Krieg zogen, 
Bor Leid fo muß ich fterben; 
Nimmer fumm, was gäb ih drum! 
Ein Andern wollt ich werben. 


2..3 will dir meinen Sohn geben“, 
Sprad die alte Schwieger 
Aumeh ja, da da da! 
Sprad die Schnur hinwieder. 


3. „Heinz, willtu Chriftrin haben?“ 
Sprad die alte Schwieger. 
Will fies fein, fo ift fie mein, 
Sprad der Sohn hinwieder. 


4.,Wann wöllt ihr dann Hochzeit haben?“ 
Sprach die alte Schwieger. 
Gilt uns gleich, wann es ſei, — 
Sprad die Schnur hinwieder. 


5. „Was foll ich euch ins Haus ſchenken?“ 
Sprad die alte Schwieger. 
Dein neuen Pelz, mir gefällts, — 
Sprad die Schnur hinwieder. 


6.,Wa8 wollt ihr für ein Handwerk 
treiben ?* 
Sprad die alte Schwieger. 
Gelt, mein Heinz, wir treiben keins? 
Sprad die Schnur hinwieder. 


7. „Womit wöllt ihr eud) denn nähren?“ 
Sprad die alte Schwieger. 
Mit Käs und Brot und was man hat, 
Sprad die Schnur hinwieder. 


8.,Wo wollt ihr heint dann liegen?“ 
Sprad die alte Schwieger. 
Bei dem Heerb auf der Erb, 
Sprad die Schnur hinwieder. 








al» te Schwie » ger. 


Au» me ja, 


fprah die Schnur ber » wi » ber. 


9., Wo wollt ihr den Hausrath nehmen?“ 


10, 


12, 


13, 


14. 


15, 


16. 


Sprad die alte Schwieger. 
Frag nit drum! wo wird befumm, 
Sprad die Schnur hinwieder. 


„In welches Haus wolltihrdann ziehen?” 
Sprad die alte Schwieger. 

In dein Haus, du muft draus, 
Sprad die Schnur hinwieber. 


.„Das Haus das ift mein eigen“ 


Sprad die alte Schwieger. 
Iſt es dein, es wird nody mein, 
Sprad die Schnur hinwieder. 


„Woltft du auf meinen Tod hoffen?“ 
Sprad die alte Schwieger. 

Lebſt du lang, fo ift mir bang, 
Sprad die Schnur hinwieder. 


„Sieb mir meinen Pelz wieder!“ 
Sprad die alte Schwieger. 

Der Pelz ift mein, ift nimmer dein, 
Sprad die Schnur hinwieder. 


„Wolltft du mich den pocden erft?“ 
Sprad die alte Schwieger. 

Ih bin Herr, und du nicht mehr! 
Sprad die Schnur hinwieder. 


„Ich dürft dir Eins an Schleir geben“, 
Sprad die alte Schwieger. 

Wie du will, nu, e8 gilt! 

Schlug die Schnur hinwieder, 


„Auweh, aumeh meins armen Kopfs!“ 
Sprach die alte Schwieger. 

Liebe Schnur, halte nur! 

Ih gib dirs Alles wieder, — 


17, Alfo nahm diefer Krieg ein End 
Mit der alten Schwieger; 
Iſt es nit nod der Sitt? — 
Buck ſich Einer nieder! 








683 


Orl. Lassus, Der ander Theil Zeutfche Lieder. München 1573. Nr. 1. Daher ohne Mel. 
bei Erf, Liederhort ©. 124 und Hoffmann ©, 223 und bier. — Fl. Bl. 80. 4 Bil. „Ein ſchön 
Lied Bon der alte Schwieger, vnd jrer Schnur, fampt jenem Son SHeingen, Inn feinem eigen 
Thon...“ Am Ende: Gedrudt zu Nürmberg, durh Hand Koler (um 1570). ler. Dtenthal, 
Fröliche newe Teutſche vnd Franpöfifche Lieder... Nürnberg 1574, Nr. 13. (Seine Mel, nicht 
Volksweiſe, wie auch nicht die bei Laffo.) — Wenig abweichend Ambrafer Liederb. Nr. 132. Nah 
anderen fl. Blätten und Utentbal der Zert bei Uhland 276. Damit ſtimmt Wöh. 4, 132, — 
Im Bergliederb. 1740 fehr verdorben und trümmerhaft und mit fhmugigen Zufägen. 

Die Volksmelodie bei Ammerbach, Orgeltabulatur 1571, Nr. 42. Ziemlich gleichlautend 
M. Frand, Fasc. quodlib., Coburg 1611, Nr. 3 und deffen mufifal. Grillenvertreiber 1622 Nr. 5. 

Der Tenor wird 1579 in einem Drud zwei biftorifchen Liedern auf die Spanier in den 
Niederlanden vorgefhrieben: Im Thon: Wie die alte Schwieger (f. Weller IL, 408). 


T Erklärung: 3, 1 Heinz, Kofename für Heinrihd. 4, 4 Schnur, mbd. snor, snuor, 
Schwiegertohter. 14, 1 pochen, mbd. bochen, pochen, trogen: Willft du vorher mir fchon 
trogen, fo wiffe, daß ih Herrin bin im Haufe! 17,3 der Sitt, mhd. sit, site, der Gebrauch, 
die berrfchende Gewohnheit. Iſts nicht heute noch fo? Wer fich getroffen fühlt, büde fich nieder 
und ſchweige. — Das Wort hinwieder habe ich fo ftehen laffen, wie Erf, Hoffmann u. U. es 
ſchreiben, obwohl ih hinwider (dagegen) für richtiger halte. 


890°, Bie junge Schnur und die alte Schwieger. 


Aus dem Brandenburgifchen, vielfach. 
nn en 





Willſt du denn meinSöhnden ba » ben? fprahdie al» teSchwiege » rin. 





Ja, ich muß ihn ha-ben, ja, ich muß ihn haben, Sprach das junge Mädchen wie» der. 


Zweite Melodie. 
Mäßig. Aus der Gegend von Darmſtadt. 







Gelt, du willſt mein Sohn ha=ben? ſprach die al» te Schwie-ger: 


Ja, ih will ihn ha⸗ben, ja ih muß ihn ba» ben, ſprach die Jung gleihwie » der. 


1.Wilft du denn mein Söhnen haben? 3. Wo wollt ihr denn Fleiſch hernehmen? 


Sprad die alte Schwiegerin. Sprad die alte Schwiegerin. 

Ya, ih will ihn haben, In dem Sclädterlaven 

Ya, ih muß ihn haben, Da ift Fleiſch zu haben, 

Sprad das junge Mädchen wieder. Sprad das junge Mädchen wieder. 
2. Wo wollt ihr denn Brot hernehmen? 4. Wo wollt ihr denn Bier hernehmen? 

Sprach die alte Schwiegerin, Sprad die alte Schwiegerin. 

In dem Bäderladen Wo die Kanne hängt 

Da ift Brot zu haben, Da wird Bier gefchentt, 


Sprad; das junge Mädchen wieder. Sprad das junge Mädchen wieder. 





684 

5. Wo wollt ihr denn Geld hernehmen? 7.Wo wollt ihr das Haus hernehmen? 

Sprad die alte Schwiegerin. Sprad die alte Schwiegerin. 

Im dem Wechſelladen Jagn die Alten raus, 

Da ift Geld zu haben, Habn wir gleih ein Hans 

Sprad das junge Mädchen wieder. Sprad das junge Mädchen wieder. 
6.Wo wollt ihr das Bett hernehmen? 8. Ei, fo möcht ich mid erhenlen! 

Sprad die alte Schwiegerin. Sprad die alte Schwiegerin. 

Sted Stroh in Säd, Wunſch euch taufend Glüd, 

Hab ih ſchon ein Bett, Kauf euch gleih ein Strid, 

Sprad das junge Mädchen wieder. Sprad das junge Mädchen wieder. 


Text und Melodien bei Erf, Loh. Nr. 36. 


Tertabweihungen: 1, 1 Willt du denn mein Frighen haben? ſprach die alte Schwie- 
er (Fl. Bl., abgedr. Rob. des d. Volks 1883, Nr. 948). — BWillft du meinen Sobn denn haben? 
—— Mädel, willft meinen Sohn heiratben ? — 1,2 ſprach die alte Schwieger (Scherer). 

‚3 Ja, den will ich haben, ja den muß ich haben. 2, 1 Wo werdt ihr denn Brot hernehmen? 
z' 3 Dort im Bäderladen. 3,3 In den Bleifherbänten, wird das Fleiſch ſchon hängen = Geh 
ich in die Bank, frieg ich furz und A 1 Wein bernehbmen? 4,3 Bo der BWeinfranz 
bängt, da wird Wein gefchentt. che fiebn Strobefäl, machen aud ein Beil. 8,3 © 
ein taufend Glück! hier ift glei ein Strid. — 


Aehnliche Lieder: Erk I, 1, 15. Hoffmann, ſchleſ. DR. 232. Mittler 655. Jungbr. Nr. 158. 
Schottty 58 (2. Aufl.). Aus dem Yargan: Tobler I 124. Simtog Nr. 236. Kü Geſch. 
von Heſſen ©. 536. Schuſter, ſiebenb. BL. Nr. 135. Mündel, Elf. BL. Nr. 225. 


891, Spott gegen Mißheirath. 


1.8 jagt ein Falle zwei weiße Hermelein, 4. Ei ift e8 Tag, oder will es ſchier tagen? 
Es leit fo hart gefangen Oder will die liebe lange Nacht 
Das junge Herze mein. Nimmermehr kein End nit haben? 
2. Es leit jo hart gefangen und hat doch ,; Es ift mit Tag, es taget aber ſchier: 


teine Macht, Iſt doch die liebe Mitternacht 
So kumm, du Heiner Henfel, R : 
Fübhr die Speier und Mlaffer Hin! Bez wenlihen. Yalkr, 


3. Ein frifh jung Weib bei dem alten 6.Wol auf, du alter fauler Mann, mit 


Mann entihlief, deinem jungen Weib, 
Biel länger und je öfter Und der heur zu diefem Yahr 
Sie den hellen Morgen anrief. Nimmer auf den Dfen gefteigen kann! 


7. Man follt ein ſolchen, ein folhen alten Mann 
Mit einem eifernen Flegel 
Zu der hinten Thür ausſchlan. 


Zert in: Bergkreyen 1536, Nr. 44. Daher auch Uhland Nr. 84, 


T Erklärung: 1, 4 Hermelin, altd. harmin (im Drud „ermeleyn“) ein im nördlichen 
Europa und Afien lebendes "großes Wieſel, deffen brauner Pelz im Winter —— wird. Nicht 
ohne Wiß iſt das Bild von der Sag des Falken auf dad Hermelin dem von dem Mann, 
der ein junges Weib beirathet, an die — geſtellt, um die —— und den Spott bis 
Volkes über folden u und pſychologiſchen Standal Pag 7 3 Speier, Spötter; 
Klaffer, Schwäger, es befonders liebend nachredet. fhier, bald. 5,3 gar neulichen, 


ganz fürzli er vorbei. Das it eine Anfpielung auf die nädtlichen Geufzer des jungen Weibes. 





— 


685 


892. Keine Alte! 
1.9 armer Mann, was hab ih g’thban! 2. Wenn ich des Nachts ſchlafen will gan, 


Ein Weib hab ih genommen. Freundlich mit ihr will ſcherzen, 

Hätt ih es unterwegen g'lan, Mit mir fängt fie ein Hader an, 
Ich werd no wol befommen, Das bringt meim Herzen Schmerzen. 
So oft als michs gereuet hat, Sprech ih zu ihr: Ruck her zu mir, 
Das könnt ihr wol ermeſſen. Sie thut als fei fie entſchlafen 

Mit ihr muß ich zu Hader ftan Bil ih ein Freundfhaft von ihr han 
Zum Bett und aud zum Effen. Gar theuer muß ichs erfaufen. 


3. Den Kauf den treib ich oft im Jahr, 
Damit bleib ich bei Hulden 
Mit meiner Fraun, der ich fürwahr 
Die finger muß vergulden. 
Viel Ketten, Schauben will ſie han, 
Merkt auf, ihr jungen Knaben! 
Alſo geſchicht eim alten Mann, 
Der ein junges Weib wil haben. 


Ambraſer 2db. 1582, Ar. 83. FI. Bl. Kuneg. Hergotin 1530. (Weim. Sammelband.) 
Mittler 853, 


893. Sichläfert did) noch? 


Mel. 1540, 





Bei she Schlärfert ih noch? Schlä⸗fert dich noch? 


2. Er freit wol um frau Claren, 
Die war bei achtzehn“ Jahren. 
Schläfert did, no? 


Forfter II, 1540, Rr. 66 (wiederholt 1549, 1553, 1565). XTonfeper nicht genannt. 
Driginal eine Quart tiefer, doriſch mit d beginnend. R 
Ein ähnliches Lied bei P. Schöffer 1537, Nr. 53 und Dit 1544, Nr. 2 (fünfftimmig): 
„Es wollt ein alt Mann auf die Bulſchaft gan, 1, 
Da legt er feine beften Kleider an.” (Weiter fein Xert.) 


* Statt achtzehn (1540) fteht achtzig im Drud 1553. 


394. Ber verſchmähte Mebgerfohn. 


1.68 hätt ein Mebger ein Töchterlein 2. Do ftand eins Mepgers Suhn barbei 
Bor einem dürren Holze, Mit feiner fhweren Täfchen: 
Bann e8 wollt nimmer Maget fein, „Bahr hin, fahr Hin! mein Metgerlein! 
Bolt haben ein Reiter folge. Kein Wampen will id) dir mehr wäſchen.“ 





686 


3. Wol an! wol umb die Mitternacht 5. Das Medlin gäb ein Rübler drum, 


Das Medlin was entichlafen: Darzu ein kälbrin Braten, 
„Wach auf, wach auf, mein Tröfterin! Daß man das Liedlin nimmer fung, 
Ih will dir ein Freundlichs machen.‘ Sie möht des gar wol gerathen. 

4. Das Medlin hätt ein Fingerlein 6. Nun merfet, ihr Herren allefam, gar eben! 
Mit rothem Gold gezieret: Dem Medlin hat gelungen: 
„Seh hin! ſeh hin! mein Reiterlein, „Hätt mir mein Mutter ein Burger geben, 
Du fannft mir die Nacht hofieren.“ Kein Reiter hätt ich genummen.“ 


7, Der und das Liedlin neu gefang, 
Bon neuem hat gefungen, 
Das Hat gethan eins Metzgers Suhn, 
Ein Ander bat ihn verbrungen. 


Aus Bol. Hold, Liederbandichrift BI. 160 (um 1524), Ubland 171. Die Mißbeiratb einer 
na mit einem Ritter (Reiter) und dad Verſchmähen des bürgerlihen Standes wird bier 
urchgehechelt. 


J 1,2 auf die hagere Geſtalt des Mädchens anfpielend. 1,3 wenn, denn. 1, 3 Bam- 
pen, Eingeweide des gefhlachteten Thiered, Kaldaunen. 4, 4 bofieren, den Hof mahen. 5, 1 Rüb- 
ler?, eine Münze? oder ein Lederbiffen aus dem Fleiſchladen, wie der Kälberbratn? 5,4 ge 
rathen, erlangen. 6, 2 dem Mägdlein ift die Wahl gelungen: ironiſch, wie die folgenden Worte 
der Reue beweisen. ) 


895. Kleiner Mann, große Frau, 
Luſtig. Aus Schleẽwig⸗Holſtein. 1891. 





Es war ein Blei» ner Mann, be» juh ⸗ be! eiene gro- fe Frau 


— —— 
ET „EEE ie 7 je Finn en PT — — — 
7 TERRA, >° RER — 





wollt er habn, nude, nude, nude valslaslerra, hop⸗ſa⸗ ſa - fa. 


896. Eheftandsleiden einer jungen Frau. 
Weſtfãliſch. 







De Yabr dao was 'Ene fi nme Brüt, treisbirdelsteng! nu gaut mi de Knüppeld 





Hüt, trei » di · del · tey, dreisdi » bel» bit-fen dol» Ta» la! 
2. De Jaor do harr’-I-'ne fine Müflen: 4. Te Jaor dao harı 'E wol fif Paar Scho, 
Dao wolln mi de Jongens wol küffen. Nu hangt der aolle de Lappen üm de. 


3. Nu heb if 'ne aule Müſſen, 5. Te Jaor dar harr'fne fine Kiſten Linnen 
Nu will mi fein Minsk maer küffen. Nu find 't aolle Lappen un Plünnen. 





687 


6. Te Yaor dao konn it Win aftappen, 7. Te Jaor dao konn 't te Beere gaun, 
Nu mot'k minen Mann de Büdfen lappen. Nu mot 'f bi der Weigen ftaun. 


Weftfäl. Volkslied. Text und Mel. mitgeteilt in Mone, Anzeiger IV, 
T 1,1 De Jaor = Borm Jahr war id feine Braut. 1, 2 gaut, geht; Hut, Haut, 


2,1 Müffen, Müge. 3, 1 aule, alte. 5, 2 Plünnen, Plunder. 6, Wein abzapfen. 
6, 2 die Hofen fliden. 7,1 zu Biere gehen. 7,2 Weigen, Wiege. 


897. Eheftandsklagen. 
A 


Aus dem Braunfchweigifchen vor 1845. 














Ad wenn id doch eift mal im Himmel eift wär, | D 
Dei Gib ftand dei madt mi dat Le » ben fo ſchwer! und 





wörr if doch oll Ziet ne AJungsfer 
bärre mif niemaldin d'n Eih—-ſtand 


— Dit 
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4 


—— 
e⸗ge⸗ben! 





fin ee dd, ei ei ja, po⸗pei⸗a, ei eis ja po « pei! 


2. As id noch 'ne Yungfer was, was id fau fin, 
Sau fin als feine gnädige Frölen mag fien, 

Da drei id dat Köppken fau, fau und fau, fau, 
Da was id fau fnider fau fnader datau, 
Nu fitt id bi ’r Wege und finge ei, ei ꝛc. 

3.48 id noch ’ne Jungfer was, ging id tau Danz, 
Up Märkte, up Hochtied und of wol uter Lands 
Da teilen de Jungens von der Siete mid an, 
Ein jeder der wünfdhte tau fien miene Mann 
Nu fitt id bi r Wege ꝛc. 


4. Un wenn denn tau Hufe nift mehr was tau dauhn, 
So deh' id det Abends mit 'n Spinnra’ utgahn; 
Dat fang fid, dat ſpann ſick nad Luft un Plaifier, 
Da fühen dä Yungens: „rt is doch'n nett Dier'. 
Nu fitt id bi 'r Wege x. 


Mündlih 1845 aud Berlin von einer aud dem Brandenburgifchen ftammenden Frau. 


B. 

1. Drei Rofen im Garten, 2. Jetzt hab ich geheirath‘, 
Bier Liljen im Wald: Mas hab ih davon? 
Jetzt muß ich heirathen, E Stübchen voll Kinder, 
Sonft werd ih zu alt. E Iumpige Mann, 


Aus der Rheinpfalz 1883. 





688 


C. 


Fingerring und Sammetband — 
D wär’ ih noch im ledgen Stand! 
Hätt ich feinen Mann genommen, 
Wär ich nicht ins Unglüd kommen. 


Umgegend von Würzburg 1886 und Rheinpfalz 1883. 


898. Rene des jungen Ehemannes. 
Nicht au geſchwind. Mündlih aus Münden 1822. 




















* woaß a floand Haͤu⸗ — am NRoan, das Häusferl ie groß und nit 





floan; und al’ meisne Zim⸗ma die gfälln ma halt nim-ma, denn 





i bin im Häusferl al» loan, ja, denn i bin im Häusferl al» Ivan. 


2. Biel Bögerl, bald groß und bald Hoan, 4. Mei Better! iſt woad und nit Hoan, 


Die fingen vorm Häuferl am Roan, I äber lieg härt wie auf Stoan, 
Ihr Gſangerl thut fallen Dä woalz': mi umma, 

Ab'r '8 will mir nit gfallen As Hätt i an Kumma, 

Denn i hör dös Ofangerl alloan, Denn i lieg im Betterl alloan. 


Ja, denn i hör dös Gſangerl alloan. 
3. Am Berg vorm Häuferl i8 a Stoan, 5. A Dia hät der Wirth von der Gmoan, 


Drauf fit i, ſchneid allimeil Spoan Die war für mi vet, haͤb i gmoant; 
Die Ausfiht ift prächti, Zum Weib Häb t f' gnumma 
Do fieht ma weit mädhtt, Den vorigen Summa, 


Doch freut mi des Schaun nit alloan. Seitdem bin i nimmer alloan. 


6. Jetzt will’8 fie aber nimma recht thoan, 
Dös Häuferl dös werd' ma ſcho zkloan; 
Die Ruah is ausgflogen: 

Sie hat mi betrogen. 
O i wollt, i wär wieder alloan 
Ja, i wollt, i wär wieder alloan! 


Dasſelbe Lied auch hochdeutſch (fl. DI. um 1820—1830) „Drei neue Lieder” (dad 3: 
Mein Häuslein ſteht am Rhein, ift nett und nicht fo Mein, doch alle meine Zimmer die 
freuen halt mid; nimmer, denn ich bin im Häuslein allein sc, 


J 3,1 Stoan, Stein. 





689 


899. Wurf wider Wurft. 


Mel. 1540. 





Es wollt ein Frau zum Wei-ne gan, be » ro» ri masto» ri! fie 





A. Tert bei Forfter. B. Tert bei Glanner. 
1. Es wollt ein Frau zum Weine gan, 1. Es wollt ein Frau zum Weine gan, 
Herori matori, Herori matori, 
Sie wollt den Mann nit mit ihr lan. Sie wollt den Mann nit mit ihr lan. 
Guretſch, guretſch, gurigi, maretſch, Guritſch, guretſch, guritzi, maretſch, 
Herori matori. Herori matori. 


N 2. „Und wilt du mic nit mit bir lan 
2.,Wolft du mid denn nit zedhen lan, ” hose . * 
— en seh So will ih zu einer Andern gan. 


So wollt ih zu eim Andern gan.” 3, Der Mann der ift der Narr im Haus 
Guretſch, guretſch x. Die Frau lebt Tag und Nacht in Sauß. 


Text A und Melodie bei Forfter IL, 1540, Nr. 32. Daher Hoffmann. Text B mit gleicher 
Mel, bei Caspar Glanner, geiftl. und weltl. Liedlin mit 4 und 5 Stimmen, Münden 1578, 
Nr. 31. Daher Hoffmann (Gejellihaftslieder Nr. 327), der auch die Ueberſchrift gab. — Die finn- 
lofe Lautenverbindung im Kehrvers foll wielleiht Nahahmung des Fauchens einer Katze fein? — 


900. Ber beirogene Ehemann. 


Aus dem Untertaunus und Rheinland. 


ui . Milieu . dümiiee , Ted. 3 ale 
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ja, die Mutster ſchickt fie mir.” Milchtüh mit Le» der⸗zeug? D weh, o weh, o 
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Er! un. Böhme, Lieberhort. II. 44 





690 


2. Als ih in die Küche kam 4. Und als ih in die Kammer kam, 
Da hingen viele Säbel da, Da ftanden viele Stiefel da. 
D weh, o weh, o weh! D weh, o weh, o meh! 
D liebes Weib, nun fhau mir an? D Weib, nun fhau mir an, 
Was fein für Säbel da? Was fein für Stiefeln da? 
„Bratipieße find e8 ja, „Milhtöpfe find es ja, 
Die Mutter fhidt fie mir.“ Die Mutter ſchickt fie mir.“ 
Bratſpieß mit Portepee? Milhtöpf mit Sporen dran? 
D weh, o weh xc. D weh, o weh x. 

3. As in die Stube fam, 5. Als ih in das Bette kam, 
Da hingen viele Mäntel da, Da lagen viele Hufaren drin. 
D weh, o weh, o weh! D web, o weh, o weh! 
D Tiebes Weib, nun fhau mir an, D liebes Weib, nun fhau mir an: 
Was fein für Mäntel da? Was fein für Ruſſen da? 
Nachtjacken find es ja, „Milchmädchen find es ja, 
Die Mutter fchidt fie mir.“ Die Mutter jhidt fie mir.“ 
Nachtjacken mit Achſelknöpf'n? Milchmädchen mit Schnurbärten? 
D weh, o weh, o weh ꝛc. D web, o web, o weh x. 


Hierber gebören die — Lieder vom Ehebruch in Abweſenheit des Mannes „Ed fuhr 
ein Baur ind Holz x.” ). 


oben Rr. 167) 


Pfaff bei der Ziegeldeckersfrau. 
Sorfter II, 1540, Nr. 16. 






[1 
1. Der Zieg » ler auf der Hüt»ten faß mit feii-nerr Hau en, be» 
2. a Her » re Hie= ber Her» re mein, was zeibt ihr a » ber mid, dag 


gegnet ihm der ſchwar · ze Pfaff mit feismer Frau » en, mit fei «mer f-7 . en. 
ihr miralele Mor » gen bei meiner Frauen liegt, bei mei- ner Frau⸗en liegt?“ 





902°, Ber Ehemann in der Mühle. 


15. Iabrh. 


oo — 649 — — — Jñ 
En une u A — SEE ME > AEN TER — M-| ts 

2 —— Fri 
Be me ae Ur ee er 





Es ſuld ein man fein mo-le fan, numpil an * — —— ber 





FE ze 
I BETT me ge > Derer” — men Ges DaB Ba - — BEmEEr- GREE 
ee Mn EEE — 


bat»te we» der roß noch wagen, rumpil an der tu=re nicht! Rum⸗pil an der 


— 












— — — GW 
a we Bu — een —— Se 
= —— —— En 

Tr N Pla —— MER ET) FERBEBBEEEHEEEN, [Sig BAER DESE Fi REES Zul EI — - Kamm tt —— —— 


tu» re nicht, mein man der iſt zur mo⸗le nicht, her iſt do bi «e * =» me, 


Dreiftimmiges Liederb. Hdihr. Ende des 15. Jahrb., K. Bibl. Berlin, Mufit. Samml. Z, 98, 













691 


90%. Ber Ehebrecher auf der Lauer. 


Berg und Newber, 65 Lieder. Nürmb. 1542—49, Nr. 35. Ausg. v. 1549, Nr. 35. 


— — —— 
ea — — — A — — 





Da el 
Sollts im Gwelb nit fin« fer fein, —Rumspel an der Thü-re nit! — 





fcheint wedr Sonn noh Mon da » rein. Rum-pel an der Thürre nit! mein 





Mann der ift das bei» me nit. Sm Gmelb it fin »- fter. 


Gin ähnliches Wiegenlied mit Nebenbedeutung aus dem Brandenburgifhen. Ert J, 6, 49 und 

50, Darin fingt die treuloje Frau, damit der am Fenſter laufchende Anbeter es höre und vor« 
fichtig A een Mann der ift daheim! 

ch: Pant Holftein. Idiotikon 3, 136. gg Bölkerft. 1,104. O. W. L. Richter, 

Preuß. 3 lätter. Bd. 21, Königäb. 1842, ©.5 


903. Bas böfe Weib. 


1. Wie kommts, daß ich fo traurig bin? 6. Wenn fie des Nachts will fhlafen gon 
Mein Muth und Freud ift gar dahin, Sie muß ein halb Pfund Schandlen 
Iſt mir zu Trauern kommen; bon 
Wär ih jo witzig fert als heur, Damits ihrn Pelz thut flöhen, 

Kein Weib hättih genommen, genommen, Sie ift ein feltfamböfes Weib 

2. Ic meint: Wenn einer ein Fräulein hätt, Ich kann nicht bei ihr bleiben, ja bleiben. 
Sie thät was er fie hieß und bät, 7. Wenn fie des Morgens will aufiton, 
Kurzweil mit ihr zu haben; Sie muß ein wüllins Tüchlin bon, 
Das Iange Mefier henkt fie an, Damits ihr Baden thut reiben 
Das furz will fie nit tragen, ja tragen. Und wenn fie auf die Gaß will gon, 

3. Und wenn id num gen Markt will gon, Daß fie ihr roth thun bleiben, ja bleiben. 
Sie meint, ih ſoll fie mit mir Ion, 8. Sobald fie aus dem Haus will gon 
Rod und Mantel zu kaufen, Ein Maß Roswafjer muß fie bon. 
Rock und Mantel des beften Tuch, Den Bifemapfel an der Schnur, 
Macht mir mein Rößlein laufen, ja Das zeucht fie aus der Kiften herfür, 

laufen. Bei ihr will ich nicht bleiben, ja bleiben. 

4. So thu ih als ein Biederman, 9. Und wenn fie aus dem Haus will gon, 
Ein graues NRödlein kauf ih ihr an, Ein halben Batzen muß fie bon, 
Sie ſpricht, fie wölls nicht tragen. Ins Krämers Haus thut fie laufen: 
Es ift ein wunderböfes Weib, Ah Krämer, lieber Krämer mein 
Sollt ihr allvier abſchlagen, ja ſchlagen. Gib mir die Feigen zu faufen, zu 

5. Wenn id unter die Met will gon faufen. 
Spridt fie, ſollts unterwegen Ion, 10. Und wenn fie in die Kirche will gon 
Das beft Fleiſch follt mir faufen Sie muß ein Bierling Gufen bon, 
Und wenn ichs unterwegen wollt lon Damits ihr Schleier thut heften; 
Das Haar thäts mir ausraufen, ja Es ein wunderfhönes Weib 

raufen. Will länger bei ihr beiben, ja bleiben. 


44* 





692 
11. So bald fie aus der Kirchen geht, 15, Hamman Deich ift ein ehrlich Mann 


Zwo Stund bei Gvatter Margret fteht, Sitzt auf ein Roß und reit darvon, 

Die Scher die thun fie jchleifen; Kurzweil fann er nit treiben, 

Es ſchnei, e8 reg, es wehe der Wind Er hat ein wunderböſes Weib, 

Bon einander thuns nit weichen, ja Bei ihr kann er nicht bleiben, ja bleiben. 
weichen. 


i 6. Es iſt ein leiden böſer Mutz 

12. Hör zu, mein Ovatter Margret zwar, 16. ©8 
Mein Schelm mid, geftern nahm beim Sie ſchafft den ganzen Tag fein Nut, 

Haar, Im Hans fann fie nit raften, 


Und gab mir vil der Maulbiren, Cs ift ein wunderböfer Diug, 

Daß umb den Tiſch und Wand, Thut nichts dann greifen und taften, 

Damit thät umbher zwiren, ja zwiren, ja taften. 
13. Und wenn fie in den Stall will gen, 17, Der ums das Liedlein neu gefang 


Sie muß ein Paar Pantöffelin bon Bon neuen hat gefungen, 

Die Kühe die thut fie melfen, Er fingt uns das umd fingt ung mehr 
Es ift ein ſeltſamböſes Weib, Aus Herzengrund nach feiner Gehr, 
Thut nichts denn fluchen und ſchelten, St ihm gar wohlgelungen. 


ja ſchelten. 
14. Und wenn fie in das Bad will gen 18, Und da das Liedlein ward gemacht 
Sie muß ein Vierling Seife bon, Das geihah an einer Bofjelnadt, 


Damits ihr Haut thut reiben; Bei ihr kunnt ichs mit bleiben, 
Es ift ein eitelböjes Weib, Es war ein feltjamböfes Weib, 
Ih kann nicht bei ihr bleiben. Den Teufel mit zu vertreiben, vertreiben, 


FI. Bl.: „Ein new Lied von einem böfen weib. In dem thon, Wie kumpts, das jch fo 
traurig bin x. — Ein ander lied, O werder mund x. Am Schluß: Gedrudt zu Nürnberg durch 
Kunegund Hergotin (c. 1530). Derjelbe Drud verzeichnet Anz. 8, 368, Nr. 101, 102. Bei Belle, 
Ann. I, ©. 214, Nr. 66, Gremplar in Weimar. 


904. Ein Lied non böfen Frauen. 
Bedäachtiglich. Mel. 1778. 





—7— —7 —— 
dicht, drum traut nur feiner, drum traut nur keinner Frau⸗-en nicht! 


2. Adam, der erfte Vater mein, 3. Frauen fpotten immerdar, 
Stimmt mit allen überein: Wie die Sarah hät gethan; 
Da die Eva ihn verführte, Sie find gut zum Disputiren 
Wo der ganze Fall herrührte. Und das Wort allein zu führen. 


'S ift gewiß x. 'S ift gewiß :c. 





693 


4. Holofernes, wer hat Dich 
Umgebracht jo jämmerlich? 
's fam von Judith, einer Frauen, 
Die den Kopf dir abgehauen. 
S ift gewiß ıc. 


5. S ift no ein Erempel da 
Bon den Hauptmann Sijjera,* 
Dem der Nagel nicht durch Haaren, 
Sondern dur den Kopf gefahren. — 
Drum ifts gewiß und kein Gedicht, 
Was der Mund der Weisheit fpricht. 


Tert und Mel. wie bier bei Nicolai, Alm. II, 1778, Nr. 24. Ebenfo bei A. Harder, Alto. 
Volksliedet mit ihren urfprünglihen Melodien für Pianoforte oder Guitarre bearbeitet. Lpz. 1809, 
L Heft. Wieder fo der Tert in v. Hagen’d Handfchriften (nah 1807), abgebrudt bei Erf I, 4, 
Nr. 12, Die Melodie dafelbfi bat Erf mündlih aud Nürnberg, von Erlanger Studenten gefungen. 
Ebenfo bei Fink Nr. 87 und Härtel, Lexikon Nr. 702. Die neuere Faffung der Mel. läßt die 
Wiederholung in der Schlußzeile weg. — 

Das Lied mag aus dem 17. Jahrhundert ftammen, denn ſchon im Jabr 1737 kommt ed mit 
anderer Melodie in „Zafelconfett” vor. Ein fl. Bl. um 1750 hatte Erk kopiert. Text bid auf 
wenige Worte überall gleih. Der Berfaffer war bibeltundig, was auch die Laien jener Zeit 
oft waren. 


Barianten: 1,4 Und fein Glück auf feine Sandbank bauen (f. Hagen). Und fein Haus 
aufd andre bauen (Ric.). 1,6 Drum traut doh x. 4,5 die dim Kopf heit abgehauen. 


* Abraham à ©. Clara in: Judas, der Erk-Schelm, II. Th., Gölln 1690, ©. 141 fagt: 
„Mit dem Stein hat David den Goliath, mit dem Nagel bat Jobel den Sifera, mit dem Schwerbt 
bat Judith den Holoferned, mit der Langen bat Joab den Abfalom überwunden, aber mit dem 
Namen Jeſu überwinden wir den böllifhen Feind.” — 


905. Drei liebe Frauen. 


1. Es was einmal em ſchnöder Mann, 5. Alfo beſchloſſen ſie ven Rath; 


Der hatt‘ ein Fräulein lobejan, 

Was thät er fih vermefjen? 

Der thät ihr groß Leid und Ungemad 

Er gab ihr manden harten Schlag 

Des kunnt fie wol nit vergefien. 

. Der Mann wol zu dem Weine ging, 

Das Fräulein zu ihren Nachbarn — 

Ihr'n Jammer thät ſie ihn'n klagen; 

Derſelben Fräulein waren drei, 

Die eine ſprach: Nun hörent mich 

Was ich euch will ſagen! 

. Bann es kummt auf den Abend ſpät, 

Daß der Mann vom Weine gebt, 

In weiß wöll wir ung Heiden; 

Wir wöllen mit dir heime gahn, 

In einem Winkel wöll wir ftahn, 

Drei Knüttel wöll wir bereiten. 

‚Wir wollen treten auf ein Drt, 

Daß wir hören feine Wort, 

Daß er uns nit finde; 

Dir wöllen und dreien Marien 
gleichen 

Und ihm die Haut gar wohl erftreihen, 

So er darnad wird ringen. 


Der Mann kam von dem Weine fpat, 
Er fing bald an zu fluchen: 

‚Wo bift du, du ſchnöde Haut? 

An dir da kühl ich meinen Muth, 
Ich denk dich hie zu fuchen.‘ 


6. Das Fräulein dem Mann entgegen ging, 


Mit guten Worten fie ihn empfing. 
Nah böfelihen Sitten; 
Er thät ihr groß Leid und Ungemad, 
Er gab ihr manden harten Schlag, 
Unangefehn ihr Bitten. 


7. Das Fräulein fiel nieder auf ihre Knie: 


„Hilf mir, Maria Jacobe, 

Hilf du mir viel Armen! 

Hilf mir, Maria Salome: 

Ihr lieben Marien alle drei, 
Laßt euch mein Leiden erbarmen!“ 


8. Wiebald die Marien das vernehmen 


Aus dem Winkel fie da famen, 

Sie ſchwiegen alle drei fo ftille; 
Alda hub fih groß Wunderſpiel, 
Sie gaben ihm der Streich' jo viel, 
Es gieng nad ihrem Willen. 





694 


9. ‚Kumm mir zu Hilf, o du mein Gott! 11. Wie bald die Marien das erhörten 
Was thund euch die Schläge fo noth? Bon den Schlägen fie fi kehrten. 


Künnt ihr nit im Himmel bleiben? — Und aus dem Haufe verſchwunden; 
Haft du bei Gott fo viel der Macht, Der Mann ward von den Schlägentranf: 
Daran ſo hab ich nit gedacht, ‚Mein liebes Weib hab immer Dank! 


Bon Wunder will ih da ſchreiben.“ Ih bin ein armer Sünder!‘ — 
10. Das Fräulein fiel niever aufihre Knie: 12. Ihr Männer, habt eure Weiber lieb, 


„Hör auf, Marie Yacobe! Daß ihr nit habt ein fteten Krieg! 
Laßt meinem Mann jein Leben! Das will euch jett fagen ; 

Hör auf, Marie Salome! Der Weiber Lift jend geſchwind und jchnell, 
Ihr lieben Marien alle drei, Hüt du did, mein gut Gefell! 

Groß Opfer will ih euch geben!“ Ih warn dich vor dem Schaden. 


Fl. DB. Straßb. bei Thiebolt Berger (c. 1570): „Bon dreyen lieben Frawen.” Auch im 
Ambrafer Ab. Ar. 228. Aus beiden Quellen bei Uhland Nr. 295. 


906. Burke did, Hänfel! 


1. Dude did, Hänfel, dud dich! 2. Dude dich, gut Gfell, dud did! 
Dud did, laß fürüber gan! Dud did, laß fürüber gan! 
Das Wetter will fein Willen han. Das Unglück will fein Willen han. 


3. Dude did, Simon, dud dic 
Dude did, laß fürüber gan! 
Die Frau will ihren Willen han. 


Bei Nic. Zang, Schöne Newe Außerlefene Lieder. Franff. a. d. D. 1594, Nr. 17. Daher 
Uhland Nr. 296. Hoffmann, Geſellſch. 8. ©. 307. „Dud dich, Hänslin, dud dich!“ wird in 
Fiſchart's Gefhichtätl. 1617, ©. 307 als ein Spiel verzeichnet. 

Das Liedchen mit Mederei gegen Pantoffelbelden, predigt praftijche Lebensweisbeit: Dude 
dih, d. b. unterwirf dich, füge 4 in die unvermeidlichen Umſtände. Laß die Laune eines 
böſen — austoben und bleibe dabei ruhig, wie Sokrates den Angriffen feiner Frau Tantippe 
gegenüber. — 


3,1 Simon, eg wie SieMann, ein Ehemann, der unter dem Pantoffel fteht 
ſſ. —— bair. Wtb. 3, 182 


907. Wie es den Männern ergehen kann. 
Bayeriſch. Kr. I, Rr. 115. 


— — —— 


Die Frau wollt wall⸗ſahrn gehn, eh heb juq heh! Ihr Mann wollt auch mit gehn, 




















bei didel didel lam-dam-dam, dam. 


1. ‚Du mußt zu Haufe bleib’n, heh juhheh!_ 3.,„Drei Spuhlen Garn fpinn id nit, 
Drei Spuhlen Garn mußt du fpinnen; Wallfahren geh ich mit.“ 
hei divelvidellamdamdan! ‘ 





695 


4, Die Frau die war nit faul, 7. Was hat der Nachbar gejagt? 
Schlug ihren Mann aufs Maul. „Meine Frau hats grad fo gemacht.“ 
5. Der Mann jhlüpft zur Hinterthür hin 8.,Herr Nachbar, wolln meitergehn, 
aus, Wollen zum Amtmann gehn.“ 
Springt in ſeins Nachbars Haus. 9. „Herr Amtmann, was wolln wir ihm 
6. „Herr Nachbar, was will ich ihm jagen, jagen, 
Meine Frau hat mid, gefhlagen. Unfre Weiber haben uns geſchlagen.“ 


10. „‚Haben fie euch geichlagen, haben fie red: 
Ihr feid nur Weibersknecht. 


Dasfelbe Lied vom er Ehemann im Schweizer Dialekt aud Gtallifon, Kanton Züri: 
„Et wotte Frau i’ irthhus ga, und ira Ma wott au mit ga“ bei Tobler. Wefentlich 
gleich Mittler 263. 


908. Bie zärtliche Ehefrau. 


1. Es will e Frau uf Babe! go 5. Do nimt die Frau de Reche 
Und will ve Ma nit node lo.? Und will de Man derftedhe. 

2. Wo die Frau vo Bade hund, 6. Do ſpringt de Ma zum Feiſter“ us 
So figt de Ma uf em Ofebank. Und fpringt i's nächſti Nachberhus. 
3. ,Wie mengs Ei hed's Hüenli g'leid?“ 7., Die Frau die hed mi g'ſchlage do!‘ 
„Eis hed's geleit und zweu vertreid.?“ „Und mini macht mir's au eſo. 

4., Ma, du heſch ſi g'eſſe, 8. Cchum, mer wend iez zſäme ſto 
D' Scale lid i der Aſche.“ Und wend die rau zjäme flo.“ 


Aus dem Kanton Luzern bei Tobler II, ©. 189. Im Ganzen . mit Mittler Nr. 265 
Simrod Nr. 237, 249. Weitere Parallelen im Archiv f. Lit-Geih. 1886, ©. 206. Zeitichr. f. d. 
Mundarten VII, 211—214, 


T Grflärung: 1) Baden, berühmter Kurort in Aargau. 2) nachkommen laffen. 3) ver 
ſchleppt. 4) Fenſter. —— 
909. Der geprügelte Ehemann. 


Aus Steingerf Kr. Biedenkopf). 
Solo. Chor. Solo. 





Schimber wim bimbim bim bim! der Aunrad der wollt ach mitgeh, fhimber wim bim bim! 


2., Der Kunrad muß dehame bleibe, 3.„ Dei Koih und Kälber treib eich nit, 
He Kunrad! Und ad dehame bleib ei nit.“ 
Er muß der Koih und Kälber treibe 4. Was foll eich do gefrefie? 
Schimber wim bim bim bim. Ad gebt mer was zu eſſe! 


Er muß der Koih und Kälber treibe, 5. Do hinne of de Doppebanf, 
Do fteiht en faurer Molletrank. 


Schimber wim bim bim!* 





6. Do kannte welche ſchlappe, 
Dod bleib mer vo de Matte, 


7.Un als de Fra vom Tanzplatz kam, 


Der Kunrad enner der Matte ftand. 


8. Do kriegt je fih de Stede: 
„Ei will der wohl gelede! 


T 6,2 Matte, Mape. 


696 


9. Der Kunrad fprang zum Fenſter naus, 
Er fprang in Nachbar Heinrihs Haus. 
10. „Ei Nachbar, was ih euch will ja’: 
Wos hot meich doch mei Fra geſchla'!“ 
11.,,Ei Nachbar, dir es reicht geſcheh', 
Zum annermal läßt de Matte ſteh'!“ 


7,2 enner, binter. 


910°. Ber Weltlauf. 
(Weiberfinn.) 


Mäͤßig bewegt. 


Mel. aud dem Brandenburgifchen. 





er krank, fo ſei 


m St 


D » fen» bank! und 





2., rau, du ſollſt nah Haufe komm'n, 
Denn dein Mann ift ſchlecht.“ 
„Iſt er ſchlecht, fo fei er fchlecht, 
Ei fo ift mird eben redt: 
Und ih komm nit nah Haus,‘ 


3. „dran, du follit nah Haufe fomm'n, 
Denn dein Mann ift tobt.“ 
„Iſt er tobt, jo ift er tobt, 
Bin ih doch aus aller Noth: 
Und ih komm nit nah Haus.‘ 


4. „Frau, du folft nah Haufe fomm’n, 
D' Träger find in deim Haus.“ 
„Sind die Träger in meinem Haus; 
Ei fo tragt den Schelm hinaus: 
Und ih komm nit nah Haus.‘ 


5. „rau, da ſollſt nah Haufe komm'n, 
D' Schüler find vor der Thür, 
„Sind die Schüler vor der Thür, 
Ei fo gebt ihn ihr Gebühr! 

Und ih fomm nit nah Haus.“ 


6. „rau, du folft nah Haufe komm'n, 


Sie tragen ihn ſchon fort.“ 
„Tragens ihn fort, fo tragens ihn fort, 
Kommt er an den rechten Ort: 

Und ich fomm nicht nah Haus.‘ 


7. „rau, du ſollſt nah Haufe fomm’n, 
Sie graben ihn ſchon ein.“ 
„Grabens ihn ein, fo grabens ihn ein, 
Komm ih doch von meiner Bein: 
Und ih fomm nit nah Haus.“ 


8., Frau, du ſollſt nah Haufe komm'n, 
D' Freier ſind im Haus.“ 
„Sind die Freier in dem Haus, 
Ei ſo laßt mir Keinen raus! 
Und ih komm gleich nah Haus.‘ 


De mündlich, aus dem —— 


a. d. Doſſe), aus dem Hefjen-Darmftädtifchen 


iſchen (Neuftadt-Eberöwalde, Angermünde, Neuſtadt 
Dreieichenhain, Offenthal), aus Sachſen⸗Meiningen 





697 


(Herpf) x. Daher Piederhort Nr. 162 und Jungbr. Nr. 157. Ditfurth II, Nr. 201 (M. 260): 
„Bäurin, du follft heima gehe" ꝛc. Aus Heffen Mittler 259. 

Bergl. Erk, Boltölieder I, 5, Nr. 60. Bei Büſching-Hagen Nr. 15, ©. 38, Melodienbeft 
©. 4 kommt dad Lied fo vor, daß Alles was der Mann bier fpriht, von der Frau gefprodhen 
wird. Die Schlußfte. ift jedenfalld dort uncht. Anfang des Textes: 


PBariante: 





Bergl. Mone, Anzeiger 1835, 4. Jahrg., Sp. 337. 


910’. Ber Weltlauf. 


Aus Defterreich. 


Etwas langfam. Mäßig gefhwind. 







Got fei Dant! Lia » ba Franz, nur noch an Dan! na-dha mwüll ih 


2..Waib, Waib, ſollſt ham gehn, 4.,Waib, Waib, folft Ham gehn 
Dain Män is recht fchledht.“ Dain Män dear is dod.“ 
„38 ſchlecht? gſchiacht eam recht! „Is a dod? dreitn God! 
Liaba Franz ꝛc.“ Liaba Franz ꝛc.“ 
3., Waib, Waib, ſollſt Ham gehn, 5.,Waib, Waib, ſollſt ham gehn, 
Dain Män ligt in Zign.“ Dain Män wiard bigräbn.“ 
„Ligt in Zign? Laßt'n lign. „Wiard bigräbn, braucht ma's nid zfägn. 
Liaba Franz ꝛc.“ Liaba Franz ꝛc.“ 


6.,Waib, Waib, ſollſt Ham gehn, 
A Frair i8 im Haus.” 
„Is ar im Haus? Laßts n nid aus! 
Liaba Fraͤnz, biazt fan Dany; — 
Denn ih wüll glai ham gehn.‘ 


Defterreihifh. Fr. Tſchiſchla und Schottiy, Defterr. VL., 2, Aufl., Peſt 1844 ©. 60 (erfte 
Aufl, 1819, ©. 165), Daher Liederbort Nr. 162b, 


T Erklärung: 1, bam, beim, nah Haufe; a, er; nacha, hernach. 3, in Zign, in den 
fegten Zügen. 4, dreft, tröfte. 5, ma, mir. 6, frair, Freier; biazt, jept. 





698 


910°. Ber Weltlauf. 


GErzählend. 







Mäpig gefhwind. 







fei er frant! Noh a Tän- zerl 


2.,Weib, du folft gihwind hamet gehn, 
Den Doktor habens jhon gholt.‘ 
„Din Doktor? raſch gerollt! 
Noch a Tänzerl oder zween ꝛc.“ 


3. Weib, du folft gſchwind hamet gehn, 
Dein Mann is ſehr ſchlecht.“ 
‚28 er ſchlecht? gichiehts ihm recht. 
Noch a Tänzerl x. 


4., Weib, du follft gſchwind hamet gehn, 
Sie gebens letzte Del.‘ 
„© letzte Del? mein Empfehl! 
Noch a Tänzer! x.“ 


Mündlih aus Bayern: Erf, Loh. Nr. 16%, Auch Erf I, 4, Rr. 61. 


— — — m 
„Weib, du follft gſchwind ha » met gehn, dein Mann der is jehr frank.‘ 


0 » der ziween, und dann wer i glei beismet gehn.” 





— Sm Ze 
„38 er frank? 


5.,Weib, du follft gihwind hamet gehn, 
Dein Mann liegt in Zügen.‘ 
„Liegt r in Zügn? Laftn liegen! 
Noch a Tänzerl ꝛc.“ 

6. ,Weib, du folft gihwind hamet gehn, 
Dein Mann der i8 ſchon tobt.“ 

„38 er tobt? ſei er tobt! 

Noch a Tänzerl x.” 

‚Weib, du jolft gſchwind hamet gehn, 
En Andrer is jhon da?* 

„N Andrer da? hopſaſa! 

Nun kan Tänzerl mehr, bedank mi ſchön! 
Jetzt, jetzt werd i glei hamet gehn.“ 


— 


Vergl. Kretzſchmet I, 


S. 283. Büſching und von der Hagen ©. 297. Firmenich, Germ. Völkerſtimmen III, 160. Der 
Tert ift aud von C. M. v. Weber aufgezeichnet und komponirt. 


910°, Weiberfinn. 


Zanzmäßig. 








= 


Terre: 





— 
ame. — 
* + Br 
‚Bäusrin, du 
eg — 
——— eg en oo 
-IasS ZT | 
Liz wW | 


Noch ift 


2. Bäurin, du ſollſt heimegehn, 
Dein Mann liegt in den legten Zügen! 
Und liegt er in den legten Zügen, 
So laft ihn mir liegen. 

Komm, lieber Franz x. 


ſollſt bei» mesgehn, dein Mann ift jehr krank, dein Mann ift ſehr Frank.‘ 





08 Zeit zum Hei» me-gebn, 


Mündlih vom Hundrüd. 1890. 








et 
—— 
noch iſt es Zeit zum Hei⸗me⸗gehn. 
3. Bäurin, du ſollſt heimegehn, 
Dein Mann kriegt die legte Olung! 
Und kriegt er die Iette Olung 
Sp madt meine Empfehlung. 
Komm, lieber Franz x. 





699 


4. Bänrin, du ſollſt heimegehn, 6. Bäurin, du ſollſt heimegehn, 
Dein Mann ift tobt! Ein alter Freier ift im Haus! 
Und ift er denn tobt, Und ift er im Haus, 

So hats feine Noth, Sp werft ihn hinaus! 
Komm, lieber Franz ıc. Komm, lieber Franz x. 
7. Bäurin, du ſollſt heimegehn, 

5. Bäurin, du follft heimegehn, Ein junger Freier ift im Haus! 
Dein Mann wird begrabn! Und ift er im Haus, 

Und wird er begraben, So laft ihn nicht raus. 
So will ih mich laben. Komm, lieber Franz, noch einen Tanz! 
Komm, lieber Franz ꝛc. Nun ift e8 Zeit zum Heimegehn. 


911. Bie betrübte Wittwe. 


Sehr mäßig. Mündl. aus der Gegend v. Wefel u. Kanten a. Rh. 1838, 







[ 
um’ 
I 
LEANF 
zarı 





Kö» fir, min« ne Mann es doot, 


Dasto » ver ed min’ Reu fo et li» rum las rum Bei + en! 


N 2 2 
Bu vu "MEERE — —— TE BEE 
sr ——— En 





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MEERE? ME? TuERZ {EAU DEE „EN FOL TAT TUMEEN ABER 5. Ti PIE: MORE 

WU 0) MM MM DAMEN „img ir Ta © Mm 7 EEE DE DER HEMEEEN GE HN Dia 

NY rg 7 SR 7 EN HEN SCHE EL Tal Zap FEN PEN BEN 


Lisrum Ta-rum lach ba ha! li⸗rum la⸗rum, valslasderra! lirrum la»-rum Lei» er. 


2.Nu fett ed mei val op fin Graf 3. Sei foot der koom en hallef Übr, 
On gohn der en ſöwe Johr nit af. Geng fei ald met de Köfter derdür. 


Erf I, 2, Rr. 56. Firmenich 1, 388. Der Kehrreim nad jeder Zeile wie unter den Noten 
audzuführen. 


T Erklärung: 1. Köfter, Küfter; Reu, mhd. riuwe, Betrübnif. 2 mei mich; Graf, 
Grab; on gohn der, und gebe; der ein Flickwort. 3 Gei foot, fie faß; hallef Uhr, halbes Stünd- 
hen; derbür, durch. 





912°. Bas Rautenſträuchelein 


oder 
Traum eines Ehemannes. 


Sorfter II, 1540, Nr. 21. 





do fteht ein Rautenfträusche» lein gemwunden aus der Er =» den. 


1. Car body auf jenem Berge, 2. Und do eutfchlief ich unter, 
Do fteht ein Rautenfträudelein Mir traumt ein wunderfjhöner Traum 
Gemwunden zu der Erben. Wol zu derfelben Stunde. 





700 
Bollftändiger Zert: 


1. Car hoch auf jenem Berge 4. Und da ih nun erwacet, 
Da fteht ein Rautenfträudelein Da ftund ein altes graues Weib 
Gewachſen aus ber Erben. Bor meinem Bett und ladet. 

2. Und da entfchlief ich unter, 5. So wollt id, daß es wäre, 
Da traumt mir ein ſeltſam Traum Daß man ſieben alte Weiber 
Zu der ſelbigen Stunde. Um eine Junge gäbe. 

3. Mir träumet, wie ich hätte 6. So wollt ich auch die meine 
Sogar ein wunderſchöns Kind Geben um ein Bratwurſt, 
Bei mir an meinem Bett. Und um ein Seidlin Weine. 


Forſter II, 1540, Nr. 21, blod 2 Strophen Text. Bollftändig: Fl. BI. 9, „4 Bl. Ein 
ſchönes Lied, von der alten Schwiger.. . . Ein anders Lied, von dem Nautenftödelein.“ (o. D. u. 
J., 2. Hälfte des 16. Jabrb.). FI. BI. 80. 4 Bl.: „Ein ſchön Lied, von der alte Schmwiger ... 
Ein ander Lied, Bon dem Rautenftödelein. Gedrudt zu Nürmberg, dur Hand Koler (1567—80). 

Ambr. db, 1582, Nr. 216. Aus einer Hdfchr. des 16. Jahrh. bei M. M. Maver, „Des 
alten Nürnbergs Sitten und Gebräude 1835, 2. Heft, ©. 44." — Ubland 290. (Mittler 741.) 
Entftellt dur modernen Zuſatz und Stüde eines anderen Liedes im Wunderb. I, 78, wesbalb 
Goethe richtig bemerkt: „Eine Art Trümmer, febr lieblich.“ — 

Noch manche andere Spottlieder auf alte Frauen könnte man anführen, 5.8. 'S ift nichte 
mit den alten Weibern xc.; weil fie aber im Auddrud zu grob und gemein find und das 
Gefühl verlegen, mußten wir dergl. unterbrüden. 


912’, Traum und Wunfd eines Ehemeibes. 


1. Dort außen uf jenem Berge :]: 5. Alfo wollt ih den meinen, :|: 
Do fteht ein Rofenhederlein Mit einem ſcharfen Hagedorn 
Geneiget zu der Erden. Wohl zu dem Markt hintreiben. 

2.36 lag einsmals darımter, :]: 6.3 wollt ihn bieten feile :]: 

Do träumet mir ein ſchwerer Traum Um ein halbes Weifbrot, 
Wol zu derjelben Stunde. Und um fieben Eier. 

3. Mir träumet: Wie mir wäre !|: 7. Das Weißbrot wollt ih efien, :|: 
Wenn ein alter grauer Mann Dis ih meines alten Mannes 
In meinen Armen läge. Schier thät vergefien. 

4. Wollt Gott, daß es wäre, :]: 8. Die Eier wollt ih braten, : 
Daß man fieben alte Mannen Dis mid Gott eines jungen Mannes 
Um einen jungen gäbe. Gar ſchier hätt berathen. 


Nahbildung des vorangehenden Liedes. Heidelb. Hoſcht. 343, fol. 936, Daher Görred und 
Erlach I, 265 und Ubland 291. — In Newber's 68 Rieden 1542, Nr. 31 ficht vom Text wur 
die Anfangsſtrophe: Dort hoch auf jenem Berge, da fteht ein Rofenftödelein geneiget zu der Erben. 


J 1,2 Rofenhederlein, von rosenhac, Roſenhag, Roſenhecke, Roſengebüſch. 


913. Die alte Trumpel. 


1. Do id mein erjtes Weib nahm 2.36 gieng wol in die Kirchen 
Die alte Trumpel, Und rufet laut zu Gott: 
Ih kunnt ihr nie geniehen, ‚Ad reiher Chrift von Himmel, 


:: Sie war verfunfen. :| Und wär mein’ Alte todt!‘ 





701 


3, Und do ich wieder heime kam, 7. Ach, ihr lieben Leute, 
Mein Alte die was todt; Nun fharret weiblich zu 
Was hatt" ich mir erworben? Und. follt fie wieder auferftehn 
Groß Jammer und groß Noth. Wie wollt ih Armer thun? 

4.9 fpannt für einen Wagen 8. Ich ließ auf ihr Grab führen 
Bier ftarfe gute Roß Bierzig Fuder Stein, 

Und ließ mein’ Alte führen Ich hätt! fein gröfre Sorge nie, 
Wol auf den Kirchhof, Mein Alte käm wieder heim, 

5. Und do ih auf den Kirchhof kam, 9.3 ließ das Kupfer Schwingen, 
Ein Grab was ihr bereit, Recht wie man Todten thut, 
Und follt id aber weinen, Ich ließ ihr ein Seelmeß leſen 
Es war mir doch nit leid. Und befahl fie zu Gott in Hut. 

6., Nun ſcharret zu, num ſcharret zu, 10. Und do ich wieder heim kam, 
Das alte böſe Weib, Vergangen was mein Leid: 

Bei ihr hab ich verzehret Do es des Nachtes finſter ward, 
Mein' jungen, ſtolzen Leib. Legt ich mich zu der Maid. 


Fl. Bl. um 1530: „Zwey newe Lieder, Das erſte, Wol auff, wir wöllens wecken. Das 
ander, die alte Trumpel. Im thon, Es het ein biderman ein weib, jr dück wolt fie nit lan. 
Gedr. zü Nürmberg durh Kunegund Hergotin. (Weimar. Sammelb. Nr. 44.) Auch in einer Hdichr, 
des 16. Jahrh. bei M. M. Mayer, Des alten Nürnbergs Sitten und Gebräuche, 2. Abth., 1. Heft, 
©. 47 (blos 9 Str.). Danad bei Uhland Nr. 292, Eine efelhafte Str. zwifchen 5 und 6 habe 
ih wie Uhland weggelaffen. — Die angeführte Tonangabe ift entſchieden falih, da fie metrifch 
Mh — ig richtige Mel. hierzu war: Der Ziegler auf der Hütten ſaß mit feiner Hauen 
(fiehe Rr. r 


914. Ber Tod von Bajel. 


Rr.27. Büſching u. Hagen 1807, Nr. 122. 


— mu 
—— — 


ih hatt! fie faum drei 



























2. Da gieng ih auf den Kirchhof 5. Schartt zu, ſcharrt zu, ſcharrt immer zu, 
Und bat den lieben Tod: Das alte böfe Weib. 
|: Ad lieber Tod zu Bafel (Bafel) Sie bat ihr Pebetage (Tage) 
Hol mir mein’ Alte fort!“ Geplagt mein’ jungen Leib. 

3. Und als ich wieder nad Hauje kam 6. Und als ih wieder nah Haufe kam 
Mein Alte war jhon tobt; Am Winkel warn mir zu weit; 
IH jpannt die Roß an'n Wagen, (Wagen) Ih wartete faum drei Tage (Tage) 
Und fuhr mein’ Alte fort. Und nahm ein junges Weib. 

4. Und als id auf den Kirchhof kam, 7. Das junge Weibel, das ih nahm, 
Das Grab war jhon gemacht, Das ſchlug mid) alle Tag: 
Ihr Träger tragt fein ſacht (jachte) „Ah lieber Tod von Bafel (Bajel)* 


Daß die Alte nicht erwadt. Hätt' ih mein Alte noch!“ 





702 


Be und v. der Ran Boltdl. m, Nr, 22. Abdrud bei Kregichhmer I, 129. Erf II, 
1, Rr. 56. Erf, Lob. ©. 359. Erlach 2, 117. Wederlin II, ©. 156. Simrod Rı. 246. 
Schon badfelbe Lied mit entftellter Schreibung bei Ricolai, Fein. Alm. I, Rr. 7. — Ganz äbn- 
fiher Text Mittler 179 (aus ven: „Und als ich achtzehn Jahr alt war, heitath ich mir ein 
Weib.“ Wieder ähnlich Ditfurth Nr. 46. Schade, Volksl. ©. 293. Meier S. 344. Pröble 
©. 159. Schloffer S.2%8. Wyß, Schweizer Kühreiben Nr. 42, Xobler, ſchweizeriſche Volksl. 
I, CXL Mündlich aus Heſſen-Naſſau 1890 mit — Melodie. — Bei Nicolai beißt die 
Ueberfärift: „Ein Shweizerlied von jungen Weibern. Mündlich verändert.” 


® Der Tod von Baſel bezieht fih offenbar auf den Bafeler Todtentanz von. Mattb. 
Merian 1657. Das deutet auf die üdfiche Heimath des Liedes und das beiläufige Alter desſelben. 


915. Honnentrof (14. Iahrh.). 


1, Gott geb ihm ein verborben Jahr, 2. Soll ih ein Nünn gewerden 
Der mic macht zu einer Nonnen Dann wider meinen Willen, 
Und mir den fhwarzen Mantel gab, So will ih aud ei'm Knaben jung 
Den weißen Rod darunten! Seinen Kummer ftillen. 


3. Und ftillt he mir den meinen nit, 
Daran mag be verliefen. 


Limburger Chronik (Fasti Limpurgenses), Beplar 1720, ©. 37. Roſſell's Ausg. Wiek 
baden 1860, ©. 462: „In derfelbigen zeit (1359) fung und vi man di Lied.“ — Yo im 
14. Jahrh. zu Limburg a. d. Lahn hörte man diefe Nonnenklage, gewiß aber nicht zu de moder · 
nen Melodie, die Zuccalmaglio in Kretzſchmer's BL. IL, 459 beifügte und dabei den Text ergänzte 
— Der Chronikentert des Liedes wurde vielfach abgedrudt 3. B. bei Herder, BR. II, 62. Ubland ©. 33. 
Erlach 1, 159. Talvy 377, Simrod 355 (geändert). — Im Wdh. I, 33 etwas geändert. Goetbe 
fagt dazu: „Launenbaft verworren und doch zum Zweck.“ 


T 3,2 verliefen, verlieren, aufbören, verderben. 





916. Honnenlied (15. Iahrh.). 


1. Der mir mein Lieb verwiejen bat, 2. Er nahm fie bei der Hände, 
Bon dem ih das nun han, Bei ihr fchneeweißen Hand, 
Der muß fein Lieb verliefen Er führt fie über Rheine 
Und nimmer keins erkieſen: In ein Klöſterleine: 

Das wünſch ihm aber ich! „Nun lerna, Töchterlein!“ 


3.,, 3 weiß nit, was ich lerne 
Und ich gelernet han, 
Ih find in meinem Bude: 
Gut Gefellen will ih ſuchen, 
Den id verloren han. 


.  Hofchr, des 15. Jahrb. bei Mone, —* 1835, Sp. 453, dort iſts Str. 7—9 im Jäger⸗ 
liede „Wol uf wir wellind jagen.” — Bei Uhland 330 Nonnenlied audgeboben. 


T Driginal lieft: 1, 1 verwiefet bat. 1,2 bon ftatt han. 





703 


917. Aloſterſcheu (18. Iahrh.). 


1. All' mein’ Flachs und all mein Werg 2. Nonnenleb’n ift mir nicht geb'n, 


Das hab ich aufgefponnen: 
„Frau Mutter, id) habs zuvorgefagt, 
Ih taug zu feiner Nonnen! 


Bergliederbüchlein c. 1740, Nr. 235. 
Scheinbar Rodenftubenlied. 


Ih kann nicht länger warten: 
Biel Lieber ift mir ein junger Gfell, 
Denn Einer im grauen Barte.“ 


GEbenfo Fiedler, Boltöreime aus Deffau ©. 199. 


918. NHonnenklage (16. Iahrh.). 


— 


. Ach Gott, wen ſoll ichs Hagen 
Das heimlich Leiden mein! 
Mein Herz will mir verzagen 
Gefangen muß ich ſein; 

Ins Kloſter bin ich gegeben 
In meinen jungen Jahrn, 
Darin ich mußte leben, 

Kein Freud noch Luſte haben: 
Das klag ich allzeit Gott. 


2. Nun höret zu dieſer Stunde 5. 


Was ich euch ſagen thu! 
Verflucht ſein all mein Freunde, 
Die mirs haben bracht darzu. 
Daß ich mich ſol erwehren 

Das nit zu wehren ift, 

Mein Gut thun fie verzehren 
Mein Seel höchlich beſchweren 
Das klag ich vom Himmel Chriſt. 


3. Ich weiß ein andern Orden, 6. 


In dieſem bleib ich nicht 

Ich bin des innen worden 

Es ſein nur Menſchengedicht, 
Damit ich bin verbunden 

Bis in das zwölfte Jahr; 
Die Wahrheit hab ich funden, 
Mein Strick ſein aufgebunden, 
Mein Andacht iſt verloren gar. 


a) Fl. BL: Nũrnberg, Chriſtoph Gutknecht (c. 1530). 


4. Den Orden, den ich meine 


Den hat Gott ſelbſt geſtift 

Den ehlichen Stand alleine 
Als man findt in der Schrift: 
Es iſt nicht zu ſein alleine 
(Spridt Gott) ven Menſchen gut, 
Darumb ſchafft er noch Eine 
Aus feinem Fleifh und Beine 
Die ihm auch Hülfe thut. 


Das was Adam und Eva 

Die Gott zufammen pflicht, 
Den Orden follten fie halten 
Und den nit maden zu nicht; 
Ihr Brot im Schweiß erwerben 
Für ihrem Angeſicht, 

Sonſt müßten ſie beide ſterben 
Und ewiglich verderben 

Wol in der Höllenpein. 


Dem wöllen wir nachfolgen, 
Das helf uns der liebe Gott! 
Wöll'n Chriſtum laſſen ſorgen 
Der uns allzeit behüt, 

Auf ihn allein vertrauen, 
(Auf keinen Menſchen mehr) 
Welcher uns kann ernebre 
Behüten für falfcher Lehre 
Ihm fei Lob, Preis und Ehr! 


Abdrud bei Mittler Nr. 843. b) Fl. 


Bl.: „Ein new lied von einer Nonnen, die ſich beflagt jred Drdend. Im tbon von der Stat 


Tool.“ 


O. J. u. Ort. Nürnb. (c. 1530) Hand Guldenmundt. 


c) Bergkreyen 1536, Nr. 48. Mit 


Duelle b übereinftimmend, beide im Reim weniger correft ald a. d) Ambrafer Ldb. 1582, Nr. 109, 


flimmt mit a ziemlich überein. 





704 
919, Aloſterhaß. 


Fabricius’ Liederb. um 1603, Nr. 166, 





Ich follt ein Rönnlein wer » den, 
Ih eß nicht ger-ne Ger» fie, wach aud nicht ger» ne frub. 


2. Im Klofter, im Kloſter 
Da mag ich nicht geſein, 
Da ſchneidt man mir mein Härlein ab; 
Bringt mir groß ſchwere Pein. 
Gott geb dem Kläffer Unglück viel 
Der mid armes Mägpelein 
Ins Klofter bringen will! 


3, Und wann e8 fommt um Mitternadht 
Schlägt man die Gloden an, 
So hab ih armes Mägdelein 
Nah nie fein Schlaf gethan. 
Gott geb dem Kläffer Unglüd viel 
Der mid armes Mägdelein 
Ins Klofter bringen will! 


geb dem Kläffer Unglück viel, der mid armes Mägpdelein 






ih hatt’ fein Luft dar» zu: 





ind Klofter bringen will. 


4. Und wenn id vor die Aebtiffin fomm, 
So fieht fie mich fauer an; 
Biel lieber wollt ih freien 
Ein hübſchen jungen Mann, 
Und der mein fteter Buhle mag fein, 
So wär ih armes Mägvelein 
Des Faſtens und Beten frei. 


5. Ude, ade, feins Klöſterlein! 
Ade, gehab dich wohl! 
Ich weiß den Herzallerliebften mein, 
Der mid erfreuen joll: 
Auf ihn fe ich mein Zuverſicht, 
Ein Nönnlein werd ich nimmer nicht — 
Ude, feins Möfterlein! 


Nach einer Pap. Hdfchr. der Rehdigerſchen Bibl. v. J. 1603, mitgetb. in Hoffmann’d Mo— 
natöfhrift von und für Schlefien. Breslau 1829, II, 547. Nah Thottd Hdihr. 778 au Kopen- 
bagen (16. Jahrb.) bei Uhland Nr. 329; bie auf einige Worte mit Hoffmann übereinftimmend. — 
Mit Mel. bei Fabricius, Liederb. 1603, Nr. 1668, Dafelbft noch zwei werthloſe Stropben ange» 
bangen und Anfangsftropbe verwildert: Zeile 3 und 4 heißen: Ich ſchlaf nicht gern allein und eß 
des Morgens frub. 

Sehr ähnlich, aber blos 3 Str. bei Elwert, Unger. Refte S. 17 mit dem Anfange: „Ih 
eß nicht geme Gerſte.“ — 


* Das Driginal bat hier gis, was entſchieden falfch ift, mweil ed den vorliegenden ion. Modus 
zerftört. Vergl. das richtige G im brittlepten Takte. 


920. Klofterhaß. 


1. Ich eh nicht gerne Gerfte, 
Steh aud nicht gern früh auf, 
Eine Nonne fol id werben 
Hab keine Luft dazu. 

Ei fo wünjd id dem 
Des Unglüds noch foviel, 
Der mid armes Mädel 
Ins Kloſter bringen will. 


Elwert, Refte alten Geſanges. 


Gießen und Marb. 1784, ©. 17. 


2, Die Rutt ift angemefien, 
Sie ift mir viel zu lang, 
Das Haar ift abgefchnitten, 
Das macht mir angft und bang; 
Refr.: Ei fo wünſch ih dem x. 
3. Wenn Andre geben fchlafen, 
So muß id ftehen auf, 
Muß in die Kirche gehen, 
Des Glöcklein lauten tbun. 
Refr.: Ei jo wünſch ih dem x. 
Darnach im Woborn I, 


©. 30 (1806) mit Aenderung der 4. Zeile. Goethe bemerkt: „Launenhaft, verworren und doch zum 
Zweck.“ — Cine Umarbeitung von Zuccalmaglio mit gemadter Mel. bei Krepfhhmer II, ©. 456. 





705 


921°. Klofterleben. 


Mel. aus der Gegend von Frankfurt a.M., aus dem Magdeburgifchen 





2. Des Morgens, wenn ich zur Kirche geh, 
Muß fingen die Meß alleine ; 
Und wenn ich das Gloria patri fing, 
So liegt mir mein Schätzchen immer im 
Sinn: 
D Himmel, was hab ih gethan! 
Die Liebe war Schuld daran. 


3. Da kömmt mein Vater und Mutter her, 
Sie beten für fih alleine; 
Sie haben fo fhöne Kleider an, 
Ih aber muß in der Kutten ftan: 
D Himmel, was hab ich gethan ! 
Die Liebe war Schuld daran. 


und aus dem Münfterlande. 





4. Des Mittags, wenn ic zum Eſſen geb, 
So findt ih mein Tiſchchen alleine; 
Dann eß ich mein Brot und trinfe mein 

Wein: 
Ach, könnt ic bei meinem ſchön Shägden 
fein! 
D Himmel, was hab ich gethan! 
Die Liebe war Schuld daran. 

5. Des Abends, wenn ich ſchlafen geb, 
So find ih mein Bettchen alleine; 
Da lieg ih denn, daß Gott erbarm! 
Ad hätt ich mein Schätchen in dem Arm! 
D Himmel, was hab ich gethan! 

Die Liebe war Schuld daran. 


Erf, Kiederhort Nr. 148. Bielfah mündlih: aus dem Magdeburgifchen, Brandenburgifchen, 
Schleſien x. — Auch handfhriftlihb von Dr. H. Lyſet 1835 bei Wolfenbüttel ng (in 


meinem Befip). Mit Benupung eines fl. Blattes : Sieben anmuthige und luftige neue 


ieder, um 


1790 (das 6. Lied). Hoffmann, Findlinge ©. 101: „Es ift fein fchönered Leben als in das Klofter 


zu 


gehen. 
Herder (Boltdl. II, 1779, ©. 62) giebt eine zerfungene Lesart aud dem Munde des Volks 


in Thüringen. Gleich der Anfang fteht in Widerfprucd mit dem folgendem: 


1. Kein fhönre Freud (?) m Erden ift 
Als in das Klofter zu ziehen, 
Ih hab mid; drein ergeben 
Zu führen ein geiftlich Leben: 
; D Liebe, was hab ich gethan! :] 


2.Ded Morgens, wenn ih in die Kirche geh 
Muß fingen die Meß alleine! 
Und wenn id) das Gloria patri fing 
So liegt mir mein Liebhen immer im Sinn: 
D Liebe, was hab ih getban! x. 


Bei Krepfchmer IL. Nr. 249 diefer Tert (Rein fhönre Luft auf Erden ift ıc.) mit einer Mel., 
die von unferer oben eine Bariante, alfo paffend ift. 
Im Bunderborn III, 34 (a. A. 32) lautet die Anfangöſtrophe: 


Das Klofterleben ift ein harte Bein, 

Weil ih ohn mein Liebchen muß fein. 

Hch habe mich drein ergeben zur Zeit, 

Den Orden ertrag ich mit Schmerz und mit Leid. 
D Himmel, wad hab ich gethan? 


Die Liebe war ſchuldig daran. 


Er! u. Böhme, Liederhort. U. 





(5 Str.) 
45 


706 


Das fonft fehr verbreitete Klofterlied wird jept längft nicht mehr gebört. In jünafter Zeit 
—* * Volk zuweilen noch die Parodie —— Leben ein harter Schluß“ 
Erk I, 4, 6). 


927. Bas Klofterleben. 


1. 'S ift keis verbrieflihers Lebe, 3. Wenn ih in die Stube hume, 
As wenn men i's Chlöfterli göt; Dört ftat mei Tifchli allei; 
Darinne mueft du blibe Ih iffe das Brod und trinke de Wi 
Mueft alli Schäteli mide. Und denke: Hätt i mid Schägli derbi! 
Refr.: O Himmel was han i gethan! 4, Wenn ih in das Chämmerli hume, 
Die Liebi ift Schuld daran. Dört ftat mis Bett allei, 
I liege dari, daß Gott erbarm, 
2. Und wenn id i d'Chille gange Und denke: Hätt i mis Schägli im Arm! 
Und bete mein Brevier, 5. In der Nacht, wenn id erwache, 
Und wenn id das Gloria patri fing, So greif ih hin und ber; 
So liegt mir mein Schägeli ftets im Sinn. Da mag ic grife wo ih will, 
D Himmel x, Es blibt doh Alles Leer. 


6. Dirt chömed mi Vater und Mueter 
Si chömed un fuehen mi bei; 
Si hend gar ſchöni Chleiveli a, 
Und i mueß i der Ehutte fta. 


Tobler, Schweizeriihe BL. S. 202: Mundartlih aus dem Freiamt Aargau durch Prof. 
Rochholz. — Schon im Boffifhen Mufen Alm. für 1777, Hamb. ©. 79, aud dem Kanton Sdhwv; 
mitgetbeilt, aber der Dialekt mit vielen fchriftdeutihen Wörtern durchſetzt. — Wie in der Einfamteit 
und dem ftrengen Dienfte des Klofters die jungen Nonnen doch immer wieder mit ibrem Gedanken 
m den Freuden der weltlichen Liebe zurüdfehren, ift- in einer ganzen Gruppe folder Nonnen» 

lagen befungen. 


922. Bas verſchmähte Honnenkleid. 


Alte Mel. vom Riederrbein. 


eo Se 
J— ea —— — 


‚Va-—ter, iſt denn nicht er» fhafefen für mich ei» ne Männ-lih » keit? 
Daß ich ganz al » lein muß jchla-fen in dem Bett der Ein » jam » feit? 


SS SFESS ——— 
De — — 


und in meisnen junsgen Jah⸗ren, mei-ne Haa » re laſe⸗ſe ſchee⸗ren, die von 




















Gold be» glän» get find?‘ 





2. „Nein, mein Rind, auf diefer Erben 
Bilde dir nichts anders ein: 
Du muft eine Nonne werben 
Und mußt bleiben feufh und rein. 
Du mußt, wann die Öloden Hingen, 
Gott zu Ehren Meffen fingen: 
Sieb dich nur gelafjen drein. “ 


3.„Bater, wollt ihr denn begehren, 
Daß ich foll, als euer Kind, 
Mir die Haare lafjen jcheeren, 
Die wie Gold geflammet find? 
Soll ih in den jungen Tagen 
Eine Nonnentappe tragen? 
Hab ih das an euch verſchuld?“ 


4.,„Ich hab mir nun vorgenommen, 
Du mußt in ein Kloſter ziehn, 
Mir gefällt die Art der Nonnen, 
Beil fie keuſch und heilig find. 
Du mußt, wenn ich werd verwefen, 
Mir die Todtenmeſſe lejen, 
Daß ih mög erlöfet jein! 


5., Vater, wollt ihr denn begehren, 
Daß ich fol, als euer Sind, 
Diefen großen Stand verſchwören, 
Den Gott jelber hat beftimmt? 


707 


6..95 muß deinen Frevel ftrafen, 
Du verliebte® Amors Kind! 
Muß ih doch alleine fchlafen, 
Der ich krank und elend bin. 

Ich erleive täglih Schmerzen 
Und du fannft mit frohem Herzen 
Deine Tage bringen zu.“ 


7. ,Bater ſchweigt von euren Schmerzen, 
Ih weiß wie mir ift zu Muth: 
Ihr habt Ruh in eurem Herzen, 
Ih erleive Höllenglut. 
Meine Gluth ift nicht zu dämpfen, 
Dis ich einftens werde fümpfen 
Mit dem Amor bis aufs Blut.‘ 


8. „Geh nur bin, du Weltgefinnte! 
Du verführft mir meinen Geiſt, 
Der ih dir als meinem Finde, 
Ale Lieb und Güt' erweilt; 

Aber nun will ichs verſchwören, 
Mid nicht mehr an dich zu ehren, 
Denn du haft die Welt fo lieb.” 


9. ‚Bater, laft mid Gnade finden, 
Seht nur meine Jugend an! 
Laſſet die Gedanken ſchwinden 
Und gebt mir doch einen Mann! 


Denn er ſpricht: durch euch auf Erden 
Eoll die Welt vermehret werden! 
Seid ihr denn nod mehr als Gott?‘ 


Wenn ih ohne Mann follt leben, 
Müßt ich meinen Geift aufgeben: 
Drum gebt mir nur einen Mann!“ 


Fl. Bl. aus dem Ende des 18. Jahrh. Danach in Büſching's Volksliedern 1807, Nr. 19. 
Daber bei Erlab III, ©. 95 und bei Kregfchmer IL, Nr. 217. Ein anderes fl. Bl. des 18. Jahrh., 
abgedrudt bei Mittler Nr. 847, ftimmt ziemlich überein, aber Str. 4 und 5 fehlen. 


Eine neuere und kürzere Sedart aus Vollsmund am Niederrhein bei Zurmühlen Nr. 91 hat 
einen anderen Ausgang: des Kindes Bitte wird erbört. Die Anfangsftrophe —* Vater, iſt 
denn nichts —8 als für mich ein Nonnenkleid? Soll ich denn alleine ſchlafen in der Zeil 
der Einſamkeit? Und in meinen jungen Jahren mich nur bärmen und nur plagen, gönnt ihr mir 
denn keine Freud?* — Darauf folgt Str. 2 und 9 wie oben und endlih Schluß: 


„sa, mein Kind, es foll gefcheben, 
Du follft haben einen Mann! 
Wenn es dir wird übel geben 


Aller Schuld mußt du dich ergeben, 
Weil du mir thuft widerftreben 
Und willft haben einen Mann.” 


Zrag ich feine Schuld daran. 


‚Ale Schuld die will ich tragen, 
Herzallerliebfter Bater mein, 

Werl Ihr mir nicht thut abjchlagen, 
Daß ich eine Frau foll fein.‘ 


45* 





923. Bie bekehrte Gottesbraut. 


Maͤßig bewegt. 





Es wollt ein Jungfrau ind Klo» fter 


Ihr follt euch nur das 






Aus dem Taunudfreid 1878, 


ehn, die Welt war ihr zu » wi » der. | 
Kind an» sehn, die Au-gen gehn euch ü- ber 





vor lau⸗ter Luft, vor lauter Freud, vor TausterSchönsheitd+ga » ben: B 





tönnt ih dich, ſchat- man»ted Kind, zu 


1. Es wollt eine Jungfrau ins Kloſter gehn, 
Die Welt war ihr zuwider. 

Sollt ein Menfh das Kind anfehn, 
Die Augen giengen ihm über 

Bor lauter Lieb, vor lauter Freud, 
Bor lauter Schönheitsgaben: 

‚Ad könnt id did, fharmantes Kind, 
Zu meinem Weibe haben!‘ 


2.„Der Himmel fol bewahren mid, 
Ein Mannsbild anzufhauen! 

Ich lebe ja ganz Höfterlich, 

ALS wie die Klofterfrauen. 

Sort, fort mit folder Eitelkeit 
Fort, fort mit folden Sachen, 
Ich denke an die Ewigkeit, 

Ins Klofter will ih traten.“ 





mei « nem Weibchen ba» ben!‘ 


3. , Mein Schag, mein Find, was für "em 


Freud’ 
Wirſt du im Klofter genießen? 
Waun du darin ein furze Zeit, 
Wird did das Leben verbrießen. 
Es wird dir werben angft dabei 
An mic wirft du gedenken, 
Umfonft, zu fpät wirds aber fein, 
Wirft dich zu Tode kränfen.‘ 


. „Du redeft mir beweglich zu, 


Recht kräftig ins Gewiſſen, 

Berftöreft mi in meiner Ruh, 

Es follt mich ſchier verbrießen. 
Diemeil du gut e8 mit mir meinft, 
So will ih mich bedenken: 

Der Ehſtand ſcheint mir befier zu fein, 
Mein Herz will ih dir ſchenlen!“ 


a) Arnim's handſchriftl. Sammlung vor 1806 (aus Württemberg). Ziemlich gleih, nur in 

der Anfangszeile abweichend find folgende Drude: b) FI. Bl. Bier ſchöne neue weltl Lieder 
(das 1.): „Eine Jungfrau wollt ind Klofter gehn.“ Etwa um 1790—1800 zu Göln a. Rb. ge 
drudt. Amim’d Sammlung. ce) Fl. Bl. Bier ſchöne Klofterlieder (das erſte). Wohl vor 1804 
edrudt (v. Arnim’d Sammlung): „Ed will eine Sungfer (Jungfrau) in Klofter gehn.” dı Damit 

immt genau bis auf ein Wort überein dad fl. DI. abgedrudt bei Büfhing 304. Wiederbolt Er- 


lab 3, 170. e) Aus mündlider — — ei Meier 268. v. Ditfurtb II, 134 (mit 
fhöner Mel.). f) Ferner Schottty's Mſpt. (ohne 4. Strophe) vom Rhein. g) Endlih mit Mel. 
aus dem Taunus, 

In Schubart'd Chronik wird die Mel. erwähnt: Die Jungfrau will ind Klofter gehn. — 
Schon in Siegfr. Fiſcher's geiftl. Liedern, Hildesheim 1757 wird ald Ton angegeben: Mein Tochter 
foll ind Klofter ziehn. 





\ 709 


924. Ben Sommer grüßen (13. Iahrh.). 


1.Ich wil den sumer gruezen 2. Des wil ich in ruofen 
sö ih beste kan, in der vrouwen ban, 
der winter hat mir hiuere ich fih die liehte heide 
leides vil getän. in gruner varwe stan. 


3. Des suln wir alle gähen 
die summerzit enphähen 
des tanzes ich beginnen sol, 
wil ez iu nicht versmähen, 


Hdſchr. des 13. Jahrh. aus dem Klofter Blaubeuren ©. 70. Ausgabe von Schmeller bes 
titelt Carmina burana 211 


925. Aufforderung zum Reigenfpringen. 


Springen wir den reigen Der winter der der heide 
nu, vrouwe nün! tet senede not 
Vröun uns gegen den meigen, der ist nl zergangen: 
uns kumet sin schin. sist wunneclich bevangen 


von bluomen rot. 
Carmina burana 178. Hdſchr. 57. 


926. Aufforderung zum Spiel und Tanz. 
(Mäpcenlied des 13. Jahrhunderts.) 


Ich wil trüren varen län, Süeze minne, räme min. 

üf die heide sul wir gän, mach mir ein krenzelein 

ir vil liebe gespilen min daz sol tragen ein stolzer man, 

dä seh wir der bluomen schin. der wol wiben dienen kan. 
ich sage dir, ich sage dir, ich sage dir, ich sage dir, 
min geselle, kum mit mir! min geselle, kum mit mir! 


Carmina burana p. 213. — Zu ber lateini hen Ueberſetzun sa gar ſteht als deut⸗ 
ſchet alterthümlichet Kehrreim: Mandaliet, Mandaliet, min geselle kumet nit. 


927. Ras — 


Salzburgiſches Minnelied in Tanzform, vor 1392. 





pey der di-ren auf demstro, in der stie-ren macht es fro. 





710 


2. Die mit lust dem gesellen gut 3.In dem lauzz, so der herter schreit 
druckt sein brust, hei, wie wol es tut! ho treib auzz, hoho des ist Zeit. 
der ist zoren, wer sie weckt Si erwachent nach der mü, 
mit dem horen vnd erschreckt. umbesachet sint die Khü. 


Zweiter Theil (Nadtanz). Duett. 





+ m 
Sie: Tch muzz hyn, mein traut ge - sel, ich hab ze lang ge- 
Er: Traut ge - spil, ge wy got well, ich laz dich [chai - den 


— — eo 
Sie: flaf - fen hy pei dir. Da sin dy khü noch 
Er: nicht so bald von mir. Ain frisch vnd wol - ge- 






—r — — 
Sie: vn-ge-mol-chen, dar - vmb ist mir gaeh, re - spot-tet wird mir 
Er: mu- te di - ren kan vnd wais ge - Iymph, a-rumb sorg ny - man 


"—- — — == — — —— — — 
— — — 
— 


Sie: von den vol - chen, sold ich trei - ben nach. 
Er: vmb dy y - ren, € ist nur ir fehimpf. 


Aus Spörl's Liederbandfhrift: God. 2856 der k. f. Hofbibl. in Wien, fol. 187 (um 1392 
vollendet). Ein ſehr finnlihes Minnelied über Sennerleben, merfwürdig durd fein Alter und jeine 
Zanzform. Die Mufit, zu welcher offenbar ein Kubbirten-Signal benugt ift, zeigt ſchon die ſpäter 
allgemeine Form der deutichen Tänze: den Bortanz im geraden Takte, aus Naturtönen des Horns 
Fon worauf dasjelbe Thema im Tripeltaft ald Nachtanz auftritt. 


Der Schreiber und Dichter war jedenfalld, wie man aus beigefchriebener Erklärung ſchließen 
muß, ein Salzburger. Da nun die meiften übrigen Gedichte jener Hdfhr. von dem ald Minne 
liederdichter befannten Mönd von Salzburg verfaßt And, fo darf man denjelben auch ald Verfaſſet 
des — Tanzliedes vermuthen. Warum nicht? Waren doch nicht alle Mönche ftomm. 
=. der Berf. war ein fahrender Sänger voller Lebensluſt. Im Original gebt der Zwiegejang 
noch weiter. 


< 1. Untarn ift gewonlid redn ze Salzburg, vnd bedütt jo man izzt nah mittem tag, 
über ain ftund oder zwo. (So ftcht in der Hdfchr.) Untar-slaf = Mittageihlaf. — sumer, im 
Sommer. diren, Dime. stieren, Stirne. Lauzz, mb. lüz, Verſteck, Lauer, von luzen, lau» 
ſchen. umbesachet, unbeſchickt, nicht beforgt find die Kübe. vngemolchen, ungemolfen. ist 
mir gach, id) eile; von den volchen, von den Leuten, vom Volke. treiben nach, als legte 
binten nah. gelimpf, geziemendes Betragen. Schimpf, Scherz, Spaß. 





711 


928. Tisell-tasell. 
[Tanzlied von Neivhart. 13. Yahrh.] 







zit be-gun-de nä-hen; die boum den win-ter stoun-den val: u- ber- al 


— — — t—— — — 
* — — =] — —— 
te nz BR DE TER DB m 0 























sint sieniuwes 


Mel. aus F. H. v. Hagen’d Handſchr. ded 15. Jahrh. Abdrud in deſſen Minnefinger IV. Bd. 
Mufitbeilage. Text daf. III, 210. Bergleihe Haupt's Ausg. des Neidbart, ©. 26 und 126. 
Uebertragung und Taktirung der alten Noten von mir. 


loubes ri-che worden, dar - un-tersingtvrou nach - ti-gal 


929, Bas thu id) nit! 


Pars I (Vortanz). Peter Schöffer 1513, Nr. 11. Yorfter IL, 1540, Rr. 61. 
* — 






Ich kam für Lie-bes Fen-ſter-lein an ei-nem Urbendipa » te; | 
Ih sprach zur Al»ler-liebeften mein: ich fürdht, ih fummzu dra =» te, 





Gr » zeig mir doch die Treure dein, die ich von dir bin warten, fieh, Liebe, laß mich ein! 


2.,Bei meiner Treu ih dir verſprich, 
Ich will dich nit verfehren; 
Mein Treu ih doch an dir nit brid, 
Thuft du mid nu gewähren. 
Kumm Glück und ſchlag mit Haufen drein, 
Daf fie mi thu gewähren: 
Sieh, Liebe, laß mid ein.“ 


Pars II Machtanz). 





Eich, lierberGe » fell, es mag nit fein, da «rum jo laß dein War » ten. 
Sehn dih mit mac der Liebe mein, es ift darrum zu far + ten; 





wann Lieb und Leid das hat fein Sinn,da-rum fo tbu dich mashen,trautbolsderlieber Mann! 
kein folsche Frau ich doch nit bin, dichfabsren will ich laſ-ſen: ich thu ſein wahrlich nit! 


Die Mel. bat äoliſche Tonart; das von mir im Altd. db. 299 vorgefepte P ift falſch, ob— 

wohl es die Mel. wohltlingender macht. 
1, 1 Für Liebes Fenfterlein = vor das Fenſter der Geliebten, 1, 4 drate, bald. 1,6 bin 
warten, erwarte, hoffe. 2,2 verkehren, verführen, betrügen. 2,3 brih, breche. 2,4 mid 
gewähren, meine Bitte erfüllen. 








712 


930. Mãdchenkunde eines Fahrenden, 


Tanzlied.) 
Munter. 1 





|» fpring an die » fem Ringe, des be «- fan fo ice | 
on 


büb » fhenfräu » lein fin » gen ale ich's ge » er - net 





bar. — Ib ritt durch frem-de Lande, da fa ib man- der 





ban »de, da ih die Fräu » lein fand. 


2. Die Fräuwelein von Franken 5. Die Fräuwelein von Sadfen 
Die fih ih allzeit gern; Die haben Scheuern weit; 
Nah ihn’ ftehn mein’ Gedanken, Darin da poft man Flachſe 
Sie geben fühen Kern. Der in der Scheuren leit. 
Sie fein die feinften Dirnen, Wer ihn‘ den Flachs will pofien, 
Wollt Gott, ich follt ihn’ zwimen, Muß habn' ein Flegel große, 
Spinnen wollt id lem! Dreſchend zu aller Zeit. 

3, Die Fräumelein von Swaben 6. Die Fräuwelein von Baiern 
Die haben golden Haar, Die können kochen wol, 
Sie dürfens frifchlih wagen, Mit Käfen und mit Eiern 
Sie fpinnen über lar; Ihr Küchen die find voll. 
Wer ihn' den Flachs will ſchwingen, Sie haben jhöne Pfannen 
Der muß fein nit geringe, Weiter dann die Wannen, 
Das fag ih euch fürmwahr. Heißer denn ein Kohl. 

4. Die Fräuwelein vom Rheine 7. Den Fräuwelein joll man bofieren 
Die lob ih oft und did: Alzeit und weil man mag, 
Sie find hübſch und feine Die Zeit die kummet ſchiere, 
Und geben freundlih Blid. Es wird fih alle Tag, 
Sie können Seiden fpinnen, Nun bin ich worden alte, 
Die neuen Liedlein fingen, Zum Wein muß ih mich halten, 
Sie feind der Lieb ein Strid. Allvieweil ih mag. 


Locheimer Lob. Nr. 42, Schlußbemerkung des Schreibets: Do halt ichs aub mit. Ag» 
dorf 60 (alfo 1460 geichrieben). Dieſes Bänkelfängerlied läßt und erfahren: daß fih ver 400 
Jahren die Mädchen auszeichneten in Franken durch hübſche Geftalt, in Schwaben durd Spinnen, 
im Rheinlande durch Sangedluf, in Baiern durch Kochkunft, in wre (Niederfachfen) dur volle 
Scheuern und Flachsbau. Allen folle man fo lange es geht den Hof machen (= ihnen bofieren). 


J 1,1 Unter Ring ift der Reigen gemeint, der gefprun en wurde. 5,3 poſſen, Kopien, 
drefhen, ſchlagen mit einem Holzfchlägel (Blau), alfo F 
Zag an Tag. 


achs bläuen. 7,4 Ginn: Es treibt fi 





713 


931. Alter Reigen um das erſte Beildyen (15. Iahrh.). 


Mel. 1550, 











Der Mei » e, der Mei » e bringt und der Blüm-lein viel. Ich 


trag ein frei Ge » müstbe, Gott weiß mol mem ichs will, Gott 


weiß wol wem ichs mil. 


1. Der Maie, der Maie 2.36 wills eim freien Gefellen, 
Bringt uns der Blümlein viel, Derjelb der wirbt um mid; 
IH trag ein freis Gemüthe, Er trägt ein ſeidin Hemmt an 
Gott weiß wohl, wen ichs will. Darein fo preift er ſich. 


3. Er meint, es ſäng ein Nachtigall, 
Da wars ein Jungfrau fein: 
Und fann er mein nicht werben, 
Trauret das Herze fein. 


Der Tert dieſes alten Mailiedes ift eingerüdt in dem Faftnadhtipiel von Hand Sachs: Der 
Neydhart mit dem Feyhel. 1562. Niedergefchrieben durd Hand Sachs den 7. Febr. 1562 (f. deffen 
Gedichte, 4. Buch, 3. Theil, Nürnb. 1578, BI. 50). Abdrud des Driginald bei Wadernagel, Kir- 
hen, 1841, ©. 848. Mit verbefferter Schreibweife bei Uhland 19 und durh W. Grimm in Wolf’s 
Zeitſchrift für Mythol. 1851, I, 358, 

Die Boltömelodie mit erfter Tertftropbe ift erhalten zu einer geiftlichen Umdichtung von 
Jak. Klieber in: Geiftl. Ringeltenge 1550. Dasfelbe geiftliche Lied mit anderer Melodie (aus Moll) 
in Babſt's Geſangbuch 1553, II, Nr. 35. Mit einer dritten, ebenfalls nicht volksthümlichen Moll» 
mweife bei Praetorius, Mus. Sion. VIII, 1610, Rr. 264 (f. Altd. Lob. Nr. 280). 

Klieberd Umdichtung erſchien fhon um 1530 in einem fl. BL. „Vier ‚geiftliche Reienlieder... 
Nürnberg, Kuneg. Hergotin.“ Abdrud bei Gocdefe-Tittmann ©. 244. 

Hand Sad führt das meltlihe Maienlied an als ein Lied zum Reigen um den jFenbel 
(Beilchen), die erſte Frühlingsblume, und läßt ed von der Herzogin vorfingen, die anderen 
fingen nad. Dieje Art der Ausführung beim Bolkdtanz war jeit Altere Brauch (f. meine 
Geſch. des Tanzes in Deutſchl. I, S. 151 und 54). Das Reigenlied zum Weierltanz ift aber viel 
älter, ed mag im 14. Jahrhundert, wenn nicht ſchon zu Neidhart's Zeit entftanden fein. Im 
15. Jahrh. wird fein Ton u einer niederländifchen geiftlichen Dichtung (f. Hoffmann, Hor. belg. II, 
Ginl. ©. 24: Die mei, die mei, die meie, die brinct...) angeführt. 


J Grtlärung: 2, 3 hemmat, ahd. hemedi, mhd. hemede, Hemd. 2,4 preifen, brifen, 
mbd. brisen, fohnüren. 


932. Aranzſingen. 







Mit Luft trit ih an die ⸗ſen Tanz, ih hoff mir werd ein fchö ner Kranz von 





ei » mem ſchön Jung-fre» me » lein, da » rumb wil ih ihr ei » gen fein. 





714 


2. So trit ih bie auf einen Stein: 3. Oott grüß euch all in einer Gmein, 
Gott grüß mir's zart Jungfremelein, Die großen dazu aud die Hein; 
Und grüß euch Gott allfammt geleich, So id Eins grüß, das Under nit, 
Sie feien arm oder reich! Wär ich fein rechter Singer nit. 


Zert und Mel. bei Job. Dit, 1544, Nr. 106. Der Tert gehört zu dem langen Rätbjelliede: 
„Ih fumm aus fremden Landen ber“ (f. dasfelbe vollftändig unter Rätbfelliedern). 





933. Ber Schäfer von Heuftadt. 


Neltefter Dreber. Zanz im Elſaß vor 149. 














Der ſchef — fr von der nu» wen flat der bat mon do⸗chter gar 
Ich hab fe im did vnd mil ver » feit, ih meyn ih well je ım 





e ⸗ ne | Nun Hab dir myn Ddoceter, ib gib dir mon doch-ter: Die 


fin » gent die ſhef » fer al » Ke. 


Vom Tert ift blos diefe eine Strophe erbalten. Sie wurde 1490 alö Thema zu einer 
Predigt verwendet (j. WE. III, Nr. 1310) und ftand in einem Handichriftenbande der verbrannten 
Bibl. des em. Seminars zu Straßburg Cod. G. 184, XV saec. Bl. 59: Hie fohet an ein ſchympf⸗ 
liche rede, genommen vs eim weltlichen Lied. Vnd ift fort vff ein geiftlihen fon. Har vmb jol 
ſich nyeman ergeren jo man bört die vor rede, funder beite ein wil, es wurt beifer denn die wert 
an jn ſelbs Iuttent.” Die Borrede beißt: Der fcheffer von der numwenftatt (Text wie oben fteht). 
Dann folgte die geiftlihe Auslegung des weltlichen Liedes bid BI. 65, wo noch am Schluß 
ftand: „Vnd dife bredige bat gefeß berre cünrat pfettefbeim, vnſer getruwer bichuattet. Anno 
MCCCCLXXXX (1490). 

Eine geiftlihe Parodie des 16. Jabrb. bat WE. IIL, 1310 mitgetbeilt: 


Der ſchäfer von der neuen ftatt Sein weg er mich weife, 
Iheſus, der fünig der ehren, mich ſelbe trend vnnd fpeife, 
Der ſich zum birten dargftellt bat, fonft mag ih fommen nit ind ewig Leben. 


Der laß mich jein ſtimm bören, 


Aus der Hommelfteiner Hdichr. zu Anſpach, 16. Jabrb., BI 94. Ueberſchrift: Der Schäfer. 
In der Wolfenb. Foliohandſchr. 76, 13. Ausg. von 1596, Bl. 319 dasſelbe geiftlihe Lied mit dem 
ka Der Schaffbirt in der meuen ftatt. UWeberfchrift: Im Thon: Der Scheffer in ber 
neuen ftatt. 

Die Melodie bis zum Wiederbolungszeihen fand ich in Schmelgel’d Quodlib. 1540, Ar. $, 
den Ubgefang in einem Quodlib. bei Yorfter III, 1549, Nr. 49. Die 4 legten Takte find von mir 
ergänzt. Die Lesart im Altd. Lob. 298 ift nach der bierftebenden zu berichtigen. Die Weiſe ift 
volfsthümlich und für jene Zeit überrafchend ſchön. — Bei M. Franck, Fasciculus quodl. 1611, 
Nr. 2 ein abweichendes Fragment: Der Schefer von der Neuftadt, jub, juch, bobe den. Noch 
1620 in dem Quodlibet „Grillenſchwarm“ kommt der Textanfang vor: Der Schäfer von der Reu- 
ftadt, juch, juchho, hohei! — 

aß es wirklich eine Tanzweiſe war, wie ich früber vermuthete, beſtätigt eine Stelle in der 
lat. Schrift: Epistolae obscurorum virorum 1515, heraudg. von Böding ald Supplement 
feiner Huttenaudgabe. Da beißt es im 33. Briefe des erften Buches: „Neulih habe ih Hutten 
bei dem Abendtanze im Haufe des Schultheißen mit ihr dreimal im Chorreigen getanzt; da 
blied der Pfeiffer die Weife vom Schäfer von der neuen Stadt (cantilenam de pastore 
de nova civitate) und jogleich faßten alle Zänger ihre Mädchen an, wie es gebräuchlich ift. Und 





715 


auch ich ich drüdte die meinige fehr innig an meine Bruft und faßte fie mutbig bei den Händen“. 
©. meine Tanzgeſchichte I, ©. 324, wo das lateinifhe Driginal des Citats mitgetbeilt ift. 

Zu Hutten’s Zeit noch war alfe der Schäfer von der Neuftadt eine beliebte Tanzmweife, nad) 
welcher Hutten beim Schulzen ven Straßburg mittanzte. 


954. Abendreihen. 


Erfte Lesart. 


Geiftl. Ringeltange 1550. 





Wie ſteht ihr bie und ſeht mih an? Ihr meint ic 











—- 
fol eur Vor » finger fein. 


Undere Lesart. 
Berwald's Lpz. Gfb. 1552. Babſt's Gſb. 1559. 





Wie ſteht ihr al» Te bie und mar «tet mein und meint, id 


fol eur Bor» fin » ge » rin fein. 


Der geiftlihe Text, offenbar Umbdichtung eines weltlihen, ſchon 1530—1550 auf fl. Bl. 
gedrudt unter „Vier geiftlihe Reienlieder.“ Nürnb., Kunegund Hergotin, dafelbft Val. Newber. 
Berfaffer ift Jacob Klieber in Nürnberg. Mit Melodie uerjt im „Geiftliche Ringeltentzen. Mag» 
deb. 1550, Nr. 11. Wenig abgeändert in Berwald’s Leipziger Gibg. 1552, BI. 234; dann in 
Babſte 68 1559, II. Thl., Nr. 37 (no nicht in der Ausgabe 1545). 

Die Melodie bat durch alle Gefangbücher Drudfebler: Die Noten unter 1 und 2 ftehen eine 
Etufe zu tief, f ce, was Unmuſik gibt. Newber 1561 und Sen. GB. 1564 fegen fd, was wieder 
falih it. Im Bonniſchen Gefangbüchlein 1582, Bl. 120 fehlt die Note d. — Abdrud des Tertes 
nah Babft bei WE. III, 859. 

Der weltliche Urtert ift nicht mehr gefannt, fein Anfang mag aber wie bier flebt fo ger 
lautet haben. 


935. Abendreihen. 
— — 1537. 


Will nie» mand fin» gen, fo fing as be — will nie » mand 


= oo 


fin » gen, fo fing a = ber id: Es 



















—- 
Anab um mich, es wirbt ein jun » ger Knab um mich. 





716 


Geiftlihe Umdichtung. 










Wil niemand fin » gen, fo will fin » gen ih: Der Kö-nig aleler 


= = — 
Eh “Ten freit um mid, der Kö«nig aller Eh » ren freit um mid. 


Das weltliche Reibenlied in: 64 teutfcher Lieder. Pet. Schöffer und Apiarius 1537, Rr. 57. 
Driginal in Cdur. Zonfag von Genfl. Genau fo in: Trium vocum carmina a diversis mu- 
sicis composita. Norimb. 1538 (bei Formfchneider). (S. Allgem. mufital. Zeitung 1828, 
S. 779.) — Die geiftlihe Umdidhtung von 22 Str. bei Nic. Hermann in deifen: Hiftorien ven 
der Sindfludt. Wittemberg 1562. Am Ende des Liedes „In die Johannis 1560. Daraus im 
Nürnb. Gſgb. 1561, ohne die Wiederholungen. Zert: WE. III, 1433, 


936. Ringeltanz. 


Boltämel. 1550. 









Heint hebt ſich an ein A » bend » tanz, (i » ja, ei⸗ 


ja! des freu» et ih mein Her . 

Geiftlihe Ringeltenge. Magdeb. 1550, Nr. 9 zum Zert von Jak. Mlieber: „Ich weiß, der 
Herr der ift mein Hirt, Alleluja! Derbalb mir gar nichtd mangeln wird.“ Mel. beigedrudt. 
Geiftliher Zert bei WA. TIL, Nr. 888: Der XXIII Pjalm, in dem tbon, Heint bebt fib an 
ein abent tang, nah fl. Blättern und obiger Quelle. Fl. Bl. „Bier Geiftlihe Reven lieder“ 
(dad 3. davon). Nürnb. durch Friedr. Gutfneht (um 1535). Wieder gedrudt um dieſelbe Zeit, 
Nürnb. durch Kunegund Hergotin. Rochmald: Nürnberg, Valentin Newber. Ueberall obne Mel., 
aber mit der Zonangabe: „Heint bebt fih an ein abendt Tantz.“ — 

Bon dem weltlichen Tert ift blos diefer Anfang gerettet. Dbiger Zufag in Klammer if 
von Böhme im Altd. Lob. Nr. 283. Zur Ausführung des weltlichen Tanzes bringt der Drud 
1550 die Randbemerktung: „Bier heben die Kinder die armen in die höhe als zu der Freude.“ 


957. NRingeltanz. 


Mei. 1550, 





deisnen Kindern aus al » ler Notb, das bitt ich Dich, gewähr du mich! 


Aus: Geiftlihe Ringeltenge. Magdeb. 1550, Nr. 1. Ucherfhrift: „Ein Ringeltang affe 
Bater vnſer geſtellt.“ Text von Balten Vogt. Abdrud WE. III, 1245. 





717 


Die Mel, ift im Original confud notirt; in der zweiten Hälfte bat fie 4/eTaft, wodurch der 

Text mißhandelt wird. Ich habe den 3/4-Tatt fortgeführt und für den Zweck Rn Noten gekürzt 

= A eingefhoben. — Der weltliche Text ift nicht angegeben, zweifelsohne war es ein 
iebesliedchen. 


938. Ein Ringeltant 
von Chrifto, in der Weile „So flampen wir die Hirje”*. 


Geiſtl. Ringeltenge. Magdeb. 1550, Nr. 12. 
Chor. Solo, 











Beifl.: Wolt ir böm 
Retl.: Volt — — 


ein news ge« dicht? dad fingen wir euch mit frew.» den, mad 
— — — — [5 flam»pen mir die Hitſe!! — 











Gott an und bat an » ge »- riht, das fingen mir euch und 
N — — — — — — — — — [5 fam ⸗ pen wir, ſo 


ſprin-gen auf mit frew » ben. 
flam » pen wir die Hirt =» fe.) 


* Hirfeftampfen war vermutblih ein Gefellihaftäfpiel und die angeführten Worte bil- 
deten den Kebrreim des verlorenen Zanzfpiellieded. Einen ähnlichen „Stampen müffen die Staden!” 
en ich in einem Liede von 1608, welches das lüderliche Landéknechtöstreiben in den Niederlanden 

efingt: Anfang: Wolt ihr hören ein neues Gedicht, was im Niederland gefchehen ift x. 





939. Ein Abendreien. 


Mel. vor 1560. 





un 
—⏑⏑ el —— 
lieb ⸗ ſten Ge>fpie»Ien mein, wir wolln ſin⸗gen ein Ur bendstein, 
cn) 





von une ferm Her» ren Ge» fü » len. (16 Str.) 


„Ein Abendreien vom Herm Chriſto, Fur hriftlihe Jungfreuelein, vorzufingen.” 

Zert und Mel. in „Die Hiftorien von der Sindfludt ... . Durh Ricolaum Herman in Joa— 
chimſtal. Wittenberg 1562. Borrede: Datum Joachimsthal am tag Bartholomei .. . 1560. 
Niklas Herman, der alte Gantor.” — Die Mel. hat nicht Herman’d Unterfhrift, die fonft bei feinen 
eigenen Weiſen fteht. Man darf daraus auf Volksweiſe ſchließen. Bollftändiger geiftlicher Tert 
bei WE. II, Rr. 1377 und 1432. Am Schluß der 16. Str. nennt fih Herman als Berfaffer des 
Gedichts: „wünfht euch der Herman allzumal.“ 





718 
940. Ein chriſtlicher Abendreien. 


Ric. Herman, 1560. 


= —ı= — — 
Kompt ber, ihr lieb-ſten Schwe » fterr- lein, an die » fen AU » ben 














-. — — m (mr — — — wc; KREBS; Tampa 
nur —— — — — — 
tanz, laßt und ein geiſt-lich Lie-de » lein fin » gen um ei» nen 


— 















Kranz, fin » gen um ei-nen Kram. 


Lied von Nicolaus Herman in deifen: „Sonntags Evangelia.“ Wittenb. 1562, BL. 145* 
(Borreden von 1559 und 1560). Meberfchrift: „Ein chriftlicher Abendreien, vom Leben und Ampt 
Johannis des Täufers, fur chriftliche, züchtige Jungfräulein.“ 

Diefelbe Mel. auch in Nic. Herman’d „Hiftorien von der Sindfludt... Wittemberg 1562” 
zu einem Brautliede: 

Graf Andres Schlick, der edle Herr, 
Gab fih in ehlichen Stand 

Daß er bewahr fein Zucht und Ehr 
Fürs Satans Trug und Band, (8 Etr.] 


Betitelt: Ein Brautlied, zu chren gemacht dem Wolgebornen Grauen und Herm Andre 
Schliden, Grauen zu Paſſaun vnd Weiſſenkirchen . .. Herm vff Winterig x. anno 1560, 

Die Mel. noch ald ev. Choral: „Lobt Gott ibr Chriften allzugleih“ gejungen, ift 
fiher Volksweiſe (Tanzmel. zu einem Jobannistanze oder Abendreien), weil die übliche Bezeich 
nung N. H. (Nic. Herman) feblt und der Tert es andeutet. 


94. Altniederländ. Tanzlieder (Dansliedekens). 
A. 


In den Souterliedekens 1540 zu geiftl. Liedern benugt. 
Hoe soude ic vruecht bedriven. Pi. 133, 













Ilk quam al daer, ick weet wel waer met heijmelije ghescalle. * Daſ. Pi. 132. 





* Diefe Mel. wird bei Willem’! (Nr. 36) dem biftorifchen Liede (Geufenliede): Wi wilter 
hoeren een nieuw lied vorangefept, das ald Ton vorgezeihnet hat: Den ouden man bij 
de vyere sat. 





719 


C. 


Den lancsten dach van desen jare, die brengt ons vruechde cleijne®. Pi. 125, 
— — — — 





*Vermuthlich Johannistanz (Sonnwendfeft). 


942. Naſentanz. 


Schmeltzel, 1544, Quodl. Nr. 4. 


Ss ——— 


Wer geswinnen will den Kranz, Kö »nig mern am Na» fen 











tanz, der fomm bid Sonn-tag frub gen Kumspeld-brunn dar = zu. 


Ueber Nafentanz ift nichtd näber befannt; zu vermuthen iſt ein Spiel oder Volksfeſt. Das 
fcherzbafte Lied kannte in Wien der aus Bayern ftammende Schulmeifter Schmelgel, der es in feinem 
Quodlibet von den Nafen als Schluß anreibte. Denjelben Tert fomponirte Orl. Laſſo —— 
(1576, Nr. 18—20). Einen ähnlichen Text bringt „Das Obren vergnügende Tafel ˖Confect, 173 
(f. ©. Lindner, Geſch. des Liedes im 18, Jahrh., Beilp. €. 24). 


⸗ 


943. Reigen mit Spiel. 


Eee 


Jung»frau, in ro » tben Rod, kommt ber zu mir! Es 


W. Schmeltzel, Quodl. 1544. Nr. 9 u. 19. 








fein nit büb »fher ut bie, denn ih und ihr. 


In einem beutigen Kinderreim „Es regnet auf der Brüde“ (Simrod, Lob. Nr. 851. Erf I, 
5, 26. Köhler, Bogtl. Glaube und Brauch, Anb. 24. Erf I, 4, 37) kommt dieſelbe Aufforderung 
zum Zange vor, wie bier, 





720 


944. Hans beim Ta. 


Schmelgel, 1544. Quodl. 4. 











Schau, wol tritt der Handslein da =» ber, wol 


nah der Läng und 


an 






ze ne — 

TTRREREERTEE —— — — — — — —— — — — — Kamm. Fiat Laer BES | 
= Tr — mu wu Cr u — mE” mn . 
v An) Bm, unit Eu ei im - BE: 


nab der Zwerch: bad bi» fa»di, bi» fa-di, ba, ba, ha, da! 


Nochmals diefelbe Mel. im 19, Quodlib, mit den Worten: 


Alfo tritt unfer Handl dortber 
nach der Läng und nad der Zwerch Quer). 


945. Tanzreim, 


Tenor. Schmelgel, 1544. Quodlib. 8 u. 9. 





A. Nun reusen mih die gu »- ten Schub, bie ib umb 
B. So mus mih mein gu » te Schub, die id mad 





fie ger +» tif » fen  (bab). 
ihr zu tre » ten (bab). 


In v. Arnim's bandfhriftl. Sammlung vor 1805 fand ſich folgende vollftändige Stropke: 


„Nun reuen mid die guten Schub, 
Die ih um fie zerriffen: 

Drum reite ih nun immerzu 

Und will fie lieber miffen.“ 


946. Fragment ans einem Tanzliede. 






— rn — — — — — 
Die weil er un⸗ſer Schweſter hat, fo muß er unſer Schwager ſein, Schwager ſein. 


* Die Mel. erinnert an den Schluß ded Grofvatertanges. 


Aus einem Quodlibet „Bettler-Mantel“ von Job. Ghroen Bye in Meißen). Gebrudi 
in deffen Dreißig Neue auferlefene Paduanen und Galliard... Rümb. 1612. 


Uehnlihes Fragment. 
M. Frand, Fasc. quodlib. 1611. Nr. 3 u. 31. 






Io, De 

— 

— J— — SEE I Basar) FRISCHE] ma ImaEEN mem Teen er — 5! 
a EEE Er 


So muß er unefer Schwager fein, fo wollnwir Al«Te fröh ⸗ lich fein. 





721 


947. Behraus oder Großuntertan:. 


Langfam. In ganz Deutfhland feit dem 17. Jahrh. gekannt. 








Ald der Groß » va »ter die Groß» mut » ter nahm, da war der Groß. 





Fe + der- beit, mit mir und dir ind Gtroß! Stroh! 


In Taubert's Tanzmeiſter Leipz. 1717 iſt dieſer Tanz befchrieben; der alte Taubert kannte 
ihn ſchon aus feiner Jugend, 
= 44 Seb. Bach's Bauerncantate (um 1740) kommt der Schlußſaß ald Ritornell in einem 
uett vor. 
Zur Geſch. des Großvater-Tanzed vergl. Böhme, Geſch. des Tanzes I, 184 und II, Nr. 355. 





948, Ber Enrillon non Dünkirchen. 


Allo non troppo. Flämiſch. Eouffemater Nr. 80, 





Een ka-Te-manden rok, een wit mantlijntje d’rop, en weest ije wer da 


een 
EEE mE II Ye 
a _ 





De. al 





rok. En zou’kdaermöeniet la-chen? De fruijt-pan op zijn kop. 


Eine Jupe aus Calamande 

Ein weißes Mäntlein drauf, 

Und wißt ihr, wo ich wohne? 

Dort in Sankt Gilles-dorf. 

Ein leinewabnen Reifrod 

Ein Rod von Matten (Strobgefledte), 
Sollt id damit nicht laden? 

Das Bratentud auf fein Kopf. 


Das Lied war fhon 1761 befannt und wurde damals auf dem DOpernball getanzt und noch 
jept dort ald Schluß eines gewöhnlichen Balles üblih. Die Melodie ift ald Carnevalmelodie 
beliebt und wird auf dem Glodenfpiel (Garillon) vorgetragen. 





Er! u. Böhme, Liederhort. II. 46 





722 


949. SHpringel- edder Langedanz der Bitmarfen. 


1.,Dat geit hier jegen den Samer, 5., Ach neen, du min Dochter, 
Jegen de leve Samertiet: Alleine jhalftu nicht gan, 
Die Kinderlen gan fpelen So wede du up binen Brober, 
Un dem Dale! — dat fpraf ein Wief. Und lat nen mit di gan.‘ 

2..Ah Mömelen, min leve Moder, 6. , Min Broder is jun, is men ein int, 
Mochte id aldar tom (Aventdanze) gan, Ick wecke een altes nicht: 
Dar id höre de Pipen gan Bel lever wed id einen andern Man, 
Und de leven Trummen fchlan?“ Den it fprefen ſchal.“ 


3., Ach neen, min Dodter, nidten dat, 7.,O Dochter min, Got geve di grot Heil, 
Du fhalt, du ſchalt ſchlapen gan!‘ Got geve di grot Heil! 
Eee ee a er Nu if di füren nichten fann, 
So ga du al darben!‘ 


4.,Ach Mömelen min, dat deit mi de Not 8. Do fe tom Aventdanze kam, 


Dat beit mi de Not, To dem Kinderſpele kam, 
Kame ik tom Aventdanze nicht, Se let er Ogen herummer gan 
So mot id fterven dot.“ Eer fe den Küter fant. 


9, De Rüter de was gut, 
He tod af finen Hot, 
He kuſſede fe vor den Munt 
An dem Danze, dar je ftund. 


Hand Detlef's Ditbmarf. bift. Relotion, Handihr. der U. Bibl. zu Kiel BI. 27 (Neocorus 
I, 569). Daber Ubland 37. Müllenboff, Sagen, Märchen und Lieder aus Schledwig S. 482, 
Erf, Wh. S. 312, Feder bat andere —— ih folge Müllenhoff; alle Silbendehnung bat 
Ubland und Erf weggelaffen. * Tanzlied, das an ähnliche Sommerlieder Neidhart's erinnert, 
gehört ind 16. oder 15. Jahrh., obgleich es erſt um 1634—1650 von Detlef niedergeſchrieben iſt, 
ald er die Ditmarf. Chronif ded Neocorus (Joh. Adolfi) fortfept. 

Die Melodie dazu hat ſich nicht gefunden. Aehnlichkeit mit den Worten der 2, Str. bat 
zwar eine nieberländifche Tanzweife in den Souterliedekens 1540, Pf. 60, überſchrieben: 


„Moder, liebe Moeder, mocht ick ter linden gan.“ 


Zu fühn wäre die Annahme, darin fei die niederdeutfche Springeltanzmweife erhalten geblieben, 
zumal der Versbau nicht paßt. Aber St. 2—8 bier ftimmen ziemlich überein mit dem Siede den 
zwei Königsfindern (Ach Mutter, liebe Mutter), dürfte man io gleiche Melodie für das Tanzlier 
vermuthben? — 


J. 1,1 Samer, Sommer; bier, heuer, dies Jahr, abd. hiure aus hiu-iaru. 1, 2 Tit, 
Zeit. 1,4 Wif, Weib. 2,1 Mömelen, Mütterhen; Möme, Mutter, 3,2 du ſchalt, du ſollſt 
4, * — 6,1 men, nur. 6,2 altes, durchaus. 7,3 ftüren, ſteuern, wehren. 
8,3 let, ließ. 


Die Ditmarfchen kannten vor Alterd an Tänzen blod den langen Tanz, darin fib ale 
mit einander, fo tanzen wollten, nach der Reihe anfaßten; denn der Biparendan (BPaartan;z), 
wo nur zwei und zwei tanzen, wurde dort erft um 1559 eingeführt. Diefer alte, einbeimifche Lange 
.. war zweierlei Art: „erftlih der Trümmelen Dan f der mit Treten und Handgeberden 
ſondlich audgeführt wurde (alfo nicht Trommeltanz, wie Ubland und Erk meinten, fondern ein 


Gebärdentanz, ein getretener Tanz mit Pantomimen, wie Müllenboff mir brieflih erklärt). Der: 
felbe war aber zu Reocorud Zeit (1630) ſchon bei vielen nit mehr in Gebrauch. Gefungen 
wurden dazu Lieder, wie „Her Hinrich und fine Bröder alle dre“ oder „Mi boden dre —— 
Medlin.“ (Man darf daraus vermuthen: daß zu dem Trümmekentanz alle hiſtoriſchen Lieder und 
Balladen gefungen wurden.) 

Der andere lange Zanz bieß Springel-Danz und ging durdhaus in Sprüngen und im 
Hüpfen. Die Ausführung gefhah in folgender Weife: Der Borfinger, der wohl auch einm 





723 


anderen fundigen Sänger zu fi nimmt, fteht und hat ein XZrinfgefchirr in der Hand, und hebt 
den Gefang mit einem Berfe an, welcher darauf von dem ganzen Fran wiederholt wird, Dann 
bebt der Borfänger wieder an und fingt einen zweiten. Nachdem fo ein oder mehrere Berfe ge» 
fungen und wiederholt find, fpringt einer hervor, der den Tanz führen will, nimmt feinen Hut 
in die Hand, tanzt im Gemach umber und fordert fo die andern zum Tanzen auf (in der Geeften 
nimmt er aud wohl einen Gehilfen zu fi, der ihm den Zanz führen und regieren hilft). Darauf 
faffen fih alle nad der Reihe an, doch fo, das vornehmen Perjonen oft die hohe Hand gegönnt 
wird, Wie fih num der Bortänzer nah dem Gefange und Borfinger richtet, fo richten Ne die 
Nachtänzer nad ihrem Führer und zwar in fo großer Einigkeit, daß ein Bortänger in die 200 Per» 
fonen an der Reihe führen und regieren kann. 
Nach Neocorus I, 177 und Müllenhoff, Sagen, Märden und Lieder aus Schledwig 

S. X Hier nur ein Audzug; den niederbeutfhen Wortlaut der breiten Ghronifbefhreibung, 
f. Böhme, Geſch. ded Tanzes I, 49 und in Birlinger's Wph. IL, 73.) 

f Man fieht hieraus, daß der Springtanz oder Reigen mit feiner Berkettung eine Art Polo- 
naife war. 


950. Tanz, Mandlein, tanz! 
M. Frand, Mufital. Grillenvertreiber 1622, Quodl. 2, 





I — — — = 
ar, ws — 


Tanz, Mägdlein tanz! und laß dich nicht ge » reu » en die a⸗de⸗li⸗chen Sprüng! 


1. Tanz, Mägplein, tanz! 2. Neig dich zu mir, 
Un laß dich nicht gereuen Thu mid freundlich umfahen 
Dein’ böflihe Sprüng, Mit deinen Armlein ring, 
Die machen mid, gar herziglich Auf daß ich deſto williger 
Fröhlich und guter Ding. Mit dir herumber fpring. 


Aus einem langen Liede bei Paul von der Aelft 1602, Nr. 131. (Das übrige ift fades 
Gewäſch, im Versbau verwildert und im Inhalt fehr unedel. — 


951. Anna Aufanna. 
1. Anna Sufanma, fta up un böet Füer! 
‚Ab nä, myn lewe Moder, dat Holt is fo düer.“ 


2. Schür my den Örapen un fäg wy dat Hues, 
Hüet Avent koemt bier dre Yunggefellen int Hues! 


3. Wöllt fe ni kamen, fo wöllt wy fe halen 
Mit Pier un mit Wagen, mit Iſern beſchlagen. 
4. Könnt fe nich danzen, jo wöllt wy je leren; 
Wy wöllt je de Scho in Botter umferen. 


Aus Schledwig-Holftein. Müllenhoff S. 483. Die tanzluftige Sufanne erinnert an bie 
ebenfo gefinnten Mädchen bei Reidhart und wirft das Liedchen noch immer in jugendlicher Friſche. 


T Grflärung: 1, 1 böet, mach, ſchaffe. 2, 1 Grapen, metallene Töpfe. 4, 2 Scho, Schuhe. 


46* 





724 
952. Eiferfüchtelei beim Bauerntan;. 


V. Haußmann, Tänze. 1609, Nr. 25. 





Tanz mir nicht mit meisner Jungsfer Kärtben, fonft fcherz ih mit deiener lie=ben 






Öre » then. Laß mir wad mir wersden foll, Tie= ber Bru⸗-der börft du wohl; 











Tanz mir micht mit meiner ung» fer Kistben. 


2. Scherz du nur mit deiner lieben Grethen, 3. Herz mir ja nicht meine Jungfer Käthen, 
Sotanzich jegt mit meinerdungfer Käthen, Sonft komm ich zu deiner lieben Gretben 


Und führ fie die Läng, die Quer Eins ums ander, nichts umjunft, 
Auf und nieder, bin und ber: Wil tu haben meine Gunft: 
Scherz du nur mit deiner lieben Grethen. Herz mir ja nicht meine Jungfer Käthen! 


4.,Kommft du mir zu meiner lieben Örethen, 
So herz id dir deine Yungfer Käthen 
Sei zufrieden, laß geſchehn 
Will mit dir aud übel fehn, 
Kommft du mir zu meiner lieben Grethen.“ 


Lied und Mufit —— ) bei V. Haußmann, Teutſche Täng... Rümb. 1609, Nr. 25. 
Auch im „Venudgarten . 2 L. Haßler und Pal. Haufmann , Nürnberg 1615, Rr. 36. 
Fragment bei M. Frand, — —* 1611, Rr. 2. 





953. NHachbar Krofius. 


(Bauerntanzlied.] 

1, In unfers Nachbarn Brofius Hans 4, Der Brofius hat ein roth Leder an, 
Da geht ein Garten hinten aus, Ein Feder auf feinem Hute ftan, 
Da wählt gut Peterfilie, Dazu ein feine braune Jopp — 

Es ift gut Suppenkraut. Er war ein feiner Mann. 


2. Und wenn wir flohen ein Kälbergerös, 5., Ach Broſius, fomm du heim zu mir! 
Und thun daran ein Topf voll Klöß, Den beiten Kloß ven geb ich dir, 


Darzu thun wir den Gundermann: Drauf fannft du fatt zechen ſchier 
Es ſchmeckt fo leiven ſüß. Ein gute Kann mit Bier!‘ 

3, Die Peterfilie die ift gut, 6., Den Kloß den nehm ich wahrlih an, 
Broſius ftadts auf feinen Hut. Ah liebe Thrin, beiß auch davon! 
Da wadelt ihm jein Federbuſch, Und wenn wir ihn nun geflen ban, 
Es daudt ihm leiden gut. Zum Tanze wolln wir gan! 


Thomas Elsbeth, Newe Außerlefene Lieder. Sranff. a, d. D. 1599, Nr. 12. (Abdrud aus 
—— Geſellſchaſts.“L. Nr. 346.) Vollks⸗Mel. dazu in Det. Fabriciug handſchriftl. Liederb 
von 160 

In M. Rinckhhardt's Schauſpiel Monetarius seditiosus (1625) tanzen und fingen bie 
Bauern „ihren Bürgertang: In unferd Nachtbarn Bruſigs Hauß.“ 





725 


954. Bfeif auf, der Bauer will tanzen! 


zu Ar — Tu — un Gr BER — BEN 





— mn — 
—— — —— — 
Baur, Baur, was trägft im Sa⸗cke! Nichts, nichts denn Käs und But⸗ter. Sollt’ der 





Baur nit voll fein, trinkt er nichts denn fühlen Wein? Pfeif auf, der Baur will tanszen! 


In „68 Lieder, Nürnb. Job. v. Berg und Newber.“ Zwifchen 1549—1563. Tenor Nr 10. 
Nah der 1. Ausgabe 1549 Ditcant Ar. 10. — Bergl. das Gedicht bei Orl. Laſſo 1589, Nr. 24. 
Abdruck bei Mittler ©. 833, 





955. Ber Borreihen beim Bauerntangze, 


























Mel. für Sadpfeife. Handſchriftl. Liederb. Ende des 16. Jahrh. 
Peer — — 
Em Sadpfeir fer mit feiner Lyr der macht fih fröh⸗lich bei dem 





Bier. Li» rum li- rum li» rum li-rum li-rum lierum Ri-pup 





——— — — 


— ——— JE a Te Er en 
— TA | Km Ce En — 
lirum lierum losdensdei, Stoppe-fad, Stoppe-fad, Stoppe-fat hat den Bor- an. 
(Borreihn) 


Ein verwandter Reim vom tanzluftigen Bauer bei Ric. Zange, Weltl. Lieder zu drei Stimmen. 
Berlin 1617 lautet: 
Pip up, pip up, Speleman, 
Schla up deine ®yra! 
Lyr Iprum, :]: lollekendey — 
Pfeiff auf der Baur will tanken. 
Lyrum, Inrum Tollefenden ! 


956. Ber Borreihen. 
1. Was foll ih machen denn aus dir? 2.93 fih: du bift weder heiß noch Falt, 


Weil du bift jedem gleich al® mir Drumb geh mir aus den Bohnen** bald! 
Gewogen wol, und id nit foll An einem Bein nicht einig fein 
Bei dir allein geachtet fein Der Hunde viel im Liebesfpiel 
Und Ban allein den Borreih: Muß einer han den Vorreih: 

Lirum, lirum, lillekendey!“ Lirum, lirum, lillelendey! 


Dieſe ehe der Tanzmuſik ſchon im vorigen Reim.  ** Zu den Bohnen- 
liedern vergl. Ubland Nr, 235 





726 


3. Gönnft du mir nicht denfelben ganz 4. Die Lied ih dir zu Ehren fchenf 


So haft verfpielet ſchon die Schanz Weil ih dein GStetigleit bevenf 

Grün bleib bei dir, roth wähl id mir; Und merf dein Treu, vie mich giebt frei 
Bhalt dein grün, roth fei mein Gwinn, Und laß mid aus dem Taubenhaus, 
Wil noch wol findn ein Borreih: Zu hüpfen an dem Nachreih: 

Pirum, lirum, lillekendey! Lirum, lirum, lillekendey! 


D. ©. Harniſch, Newe luſtige Teutſche Liedlein mit 3 Stimmen, Helmſtadt 1591, Nr. 23. 


957. Firlefanz. 


M. Franck, Muſikal. Grillenvertreiber 1662, Quodl. 6. 





Tan» zen wir den fir» le» fans von Schwa⸗ben; fie find nit all an 
# 


die » fem Reibn, die wir fol» Ten ba» ben. 


Der Tert im Altd. db. S. 396. Ueber „Firlefanz“ vergl. meine Tanzgeſchichte. 


958. Haberfüen*. 
(Bauernluft im Mai.) 
J. Dit 1534, Nr. 96. SForfter IL, 1540, Nr. 45. 


- 4 — m ro 
———— 























Im Mei» on, im Me » m hört man die Hah-nen Mrä =» bem. | 
Freu dich, du ſchö nes Baurn-meidl! wir wöl» Im Ha» ben fü » en! | 





Du bift mir lie» ber dann der Knecht, du tbuft mir mei» me alrte Recht. 





727 


1. Im Meien, im Meien 2. Es feind ja nur zwölf Monat 
Hört man die Hahnen krähen. Im ganzen langen Yahre; 
Freu dich du ſchönes Bauern meidl, Das fagen uns die Weifen 
Wir wölln den Habern fäen.* (Wol) ganz und gar fürwahre: 
Du bift mir lieber dann der Knecht, Ein jever hat fein eigen Art, 
Und thuft mir meine alte Recht. Einer der zehrt, der ander fpart 
Pum, Meidlein, pum! Pum, Meidlein, pum! 

Refr.: Ich freu mich dein ꝛc. Ih freu mid dein x. 


Mil.: 3. Dtt, 1534, Nr. 96 (audy unter 95 und 97). Forfter II, 1540, Nr. 45. Harmonift 
überall 8. Senfl. 

Ged.: Strophe 1 bei Ott. Mit obiger 2. Str. bei Forfter (dafelbft die 1. wenig abweichend). 
Str. 1 auch bei Orl. Laffo, Teutſche Lieder 1583, Nr. 25. Abdrud nah Forfter us ki Godeke⸗ 
Tittmann ©. 155. Auch angeführt bei Eyering, Sprihmwörter II, 225. (In der Fliederwochen 
ift gut Hochzeit machen.) 

Auf den toben, bäurifhen Tanz und Aufwerfen der Tänzerin deutet dad Schallwort „Pumb“ 
(pum) bin, das den Schall eines fallenden, fehweren Körper nahahmt. Ausgelaffene dörferliche 
Fröhlichkeit, nicht ohne Zweideutigkeit, fpricht aus dem Texte. Auch die Melodie dur ihre Ton» 
wiederholung hat etwas Plumpes, Bäuerifches, ächte Volksmuſik ihrer Zeit. Ihre Tonart, doriſch, 
läßt fie ald alt erfennen und mag vielleicht einem Maitanz des 14. und 15, Jahrh. angehört haben. 


* Haber fäen (1,4) bedeutet der Liebe pflegen, aljo verblümte Werbung um Sinnengenuß. 
Haberfaat (Haberfäen) war im Mittelalter ein Gefellfhaftäfpiel, bei dem es ſehr luſtig berging, 
deſſen Ausführung aber nicht mehr bekannt ift. Fiſchart (Bargantua) nennt unter den vielen 
Geſellſchaftsſpielen feiner Zeit au „Habern fäien“. In Grimm's Weidthümer (I, 8) heißtd: „zu 
der haberfät an fant Waltpurg abend.” — Der arme Mann im Trodenburg (60) fagt: „An ge» 
—— ſonntagen zu abent machten wir jungen Leute mit einander buntreihen, kletterſchleuſſen, 
baberfiedern, flühle verbergen und dergleichen.“ — Bielleiht war das Haberfäen dem folgenden 
Spielliede ähnlich. 


959%, Habermähen (Tanz- und Sipiellied). 


1. Morgen wolln wir Haber mäh'n, 4.3 gedacht in meinem Sinn, 
Morgen wolln mir binden. Ih werde fie ſchon finden. 
2. Wo ift denn die Liebite mein, 5. Was führ ih an meiner Hand’, 
Wo u ich fie — Das ganze Hausgeſinde. 
6. Dies und das und das iſt mein 
3. Geftern Abend fah ich fie Und das* foll meine Liebfte fein. 
Wol unter einer Linden. [Buchhei wollen wir fpringen !] 


Unter den Lambertud-Liedern, in Münfterihe Geſchichten. Münfter 1825, ©. 268, Nr. 11. 
2% Ausführung ift bemerkt: Zwei fteben innerhalb eines Kreifed und fingen (was bier ſteht). 
ede Strophe wird vom Ghbor wiederholt. Bei Strophe 6 tanzt jeder mit dem ausgewählten 
Schap im Kreife herum. 
Dasfelbe Lied ohne Quellenangabe fhon im Wunderb. III, 1808, ©. 118 (n. A. 113) nur 
das Anfangewort anders („Heute wolln wir ıc.) und in 2 Strophen verbunden. — 
Denjelben Inhalt hat dies niederdeutihe Kindertanzfpiel bei Müllenhoff ©. 484: 


Morgen fhöln wy Hawer fhnyden, Hier un daer un alleriwegen 
„Wer fchall und den binden? Unner diſſen allen; 

Dat ſchal Junfer Lieſchen doen, Er beff it äer al fact frägen: 
„Wo fhöln wu der finden?” o my den Gefallen. 


Eine innerhalb eines Kreifed ftehende Tänzerin bebt an zu fingen, die anderen antworten. 
Am Schluß erwählt fie eine (faßt fie beim Kragen), die dann ihre Stelle einnimmt. 





728 


959, Hafermähen (Haferfichneiden). 
Wahltanz.) 


Lebhaft. 





Solo: Mor⸗gen wolln wir Ha » fer mäh'n, wer ſoll den und bin » den? 
Chor: Das fol un « fre Freundin tbun, die wir bier fchon fin » den. 





Solo: Macht nur fort, ja macht nur fort, bier und dort, ja bier und dert. 





Unster die-fn A +» ten, wird mir die ge = fal» len. 


Eine, welche die Hafermäherin vorftellt, ftebt in der Mitte des Kreifed, die anderen jafen 
fih bei den Händen und tanzen ein paar mal um fie im Kreife herum. Diefe fingt Eolo (mie 
oben) und der Chor antwortet. Sie wählt Eine und tanzt mit ihr; die anderen paaren fich ebenjald 
zum Tanz und die übrig bleibt wird Hafermäberin. 


959°. Haferfchneiden. 


Die Epielenden bilden einen Kreid. Eind der Kinder ſteht in der Mitte: fie fingen: 


„Morgen woll' m'r Haber ſchneiden, 
Kleine Gärble binden. 

Ih hab verloren mein Feinslieb, 
Bird fi wieder finden. 

Hier und dert, ein ander mal 
Unter viefen allen! 

Die ih jet mir nehmen foll, 

Wird mir wohlgefallen. 


(Over: „Hier und dort, fein andrer Ort 
Unter diefen allen! 
Ei, fo nimm fie bet der Hand 
Sie wirb dir gefallen!) 
Der im Kreife ftehende wählt fih ein Kind und tanzt mit ibm, während die anderen fingen: 


Grüne, Grüne, lauter Grüne, 
Grüne muß id; leiden; 
Wer ein feines Mädchen bat, 
Muß fih von ihr ſcheiden. 
Hierauf trennen fie ih. Dad gewählte Kind beginnt dad Spiel von neuem; 


Vogtland. Dunger 312.) 





729 


960°. Im Maien. 


Munter. Mel. uralt. 








ZuMaisen, zu Maisen die Börgelschen fingen, die Lau⸗be⸗ren aus Grünhei-de fpringen. 


2. Sie tanzen, fie fpringen vor Herzliebchens Thür, 
Da geht ein Abendtänzchen herfür. 

3. Ein Abendtänzchen es währet nicht lang, 
Mit einer Schalmeien aus Engelland. 

4. Wir Hoffen, fie werben jhon wiederum kommen, 
Der Mai bringt uns den luftigen Sommer. 

5. Den luftigen Sommer, den gelben Klee: 
Herzliebhen, das Scheiden und das thut weh. 
6. Herzliebhen das Sceiden thut nimmer Fein gut‘ 
Wir zwei wir tragen ein falſchen Muth. 

7. Ein falſchen Muth, ein ſtolzen Sinn, 
Den tragen die Jungen allzeit im Sinn, 


8. Die Keßnicher Jungen: han hohe Hut, 
Darunter fie tragen den falſchen Muth. 

9. Die Kefniher Mädchen find hübſch und fein, 
Sie lafjen ja feinen zum Fenſter herein. 

10. Die Kefniher Weiber gehn gern zur Reih 
Und kochen den Kindern den Waflerbrei; 

11. Den Waflerbrei, den dünnen Schlapp, 
Da werden die Kinder nicht halber fatt. 


In der Umgegend von Bonn (Keffenih, Poppelsdorf) hat Prof. Dr. Heinr. Hoffmann v. F. 
1820 diefen Text aufgezeichnet und ihn an 2. Erf mitgeteilt. Die Melodie aus gleicher Gegend 
bringt Erf in feinen Boltdliedern II, 4/5, Nr. 77 und fpäter im Löh. ©. 309. 

Das Lied mag uralt fein und wurde jedenfalld einft bei Maitänzen (Str. 3) und bei Mai- 
Umzügen (Str. 4) von der Jugend gefungen, fcheinbar meift von Mädchen. Der Tert bie zu 
Str 8, (mo die Lofal-Rederei beginnt) hat alterthümliche Ausdrüde: wie Lauberen (Läuber, plur. 
von Laub), Grünheide, Muth (für Sinn, Gemüth); in der „Schalmei von Engelland“ find ſogar 
noch mythiſche Nachklänge zu erfennen. Ebenfo weift auch die Melodie dur ihren Mollcharakter 
und den Gebraud des Liedes zum Maitanz anf hohes Alterthum zurüd. 


960°. Im Maien. 


Mel. 1860. 


ae m 








bei » de fpringn, die gimm » kein auf Grünshei» de fpringn. 








730 


2. Sie fpringen und fingen vor Herzliebhens Thür: | 
Komm doh zum Abendtänzchen berfür! | 


3. Ein Abendtänzchen es ift nicht lang 
Mit einer Schalmeien in Engellanv. 


4.9 hoffe fie werde bald wiederum kommen, 
Der luftige Mai bringt fröhlih den Sommer. 


5. Der fröhlihe Sommer bringt frifhen Klee, 
Bon Herzlieb ſcheiden und das thut weh. 


6. Bon Herzlieb fheiden thut nimmer mehr gut; 
Wer ſoll denn tröften dem Mädchen den Muth? 


. Das fol fih thun ein junger Geſell 
Und der dem Mädchen recht wohl gefällt. 


1 


8. Gefällt ex ihr im Herzen nicht, 
So kriegt er das wader braun Mädchen nidt. 


(9. Die Honnefer Jungen tragen breite Hüt, 
Darunter tragen fie das falfhe Gemüth, 


10, Die Honnefer Männer gehn gern zum Wein, 
Da find die Weiber aud gern dabei 
(Drum effen die Kinder ven Waflerbrei.] 


11. Den Waflerbrei, den dünnen Schlapp 
Der macht die Kinder nicht halb fatt. 


— — —— — — — — — — — — — 


Umgegend von Bonn, Simrod, Volksl. Nr. 108. Mel. in Dr. Arnold's Rachlaß aus dem 
Giebengebirg e). Im Tert van manches Mipverftändniß , durch Zerfingen entftandener Unfinn. 
Man ala damit den Xert von 1820. 


961. 


Ulte Melodie. 


Paradijs der geestl. en kerkl. Lof 
——— de wisse: — Meij,alsalledevog’len singhen. Antw. 1621. (Ausg. 1638, ©. 698.) 





(Im Mai, wenn all die Bög » lein fingn, die Blüm-lein aud ver | 









Leu » te: So muß ih | 


Hi » de fpringn, dann freun fih al» le 





ar» med Meurter lein wol über die Hei=den rei » ten.] 





731 


Andere Lesart. 
Thyſius Lautenb. um 1600. Audg. v. Land, Nr. 55. 








— — 





— — — 


Im 16. Jahrh. begegnen wir einer Tonangabe, die dem Anfange unſeres Mailiedes gleicht, 
aber auf ein Lied mit Szeiligem Strophenbau verweift: Das Bonner Sipb- 1575 (1582, $ 142) 
übrt zu dem 1551 gedichteten ev. Kirchenlied „Gott hat das Evangelium” ald Ton an: „Zu 
en als die Fögel fingen.” — m Lob. Pauls von der Aeltft 1602, Nr. 48 ſteht zu einem welt- 
lichen Liede (Mit Luft und Freud zieh ich dahin) die Ueberfhrift: Ein artigd und luftigd Lied 
eſprächsweiſe, im Ton diefer nachfolgenden Melodeien: a) Im Maien, wenn alle die Vög— 
ein fingen. b) Dom Lindenfhmid. e) In dich hab ich gehoffet, Herr. d) Bon König Ebhriftian 
aus Dänemarfl, e) Bom Störzenbecher. 
Diefe niederrheinifhe Melodie hat fich gefunden. Sie ſteht in einem nieberländifchen 
fatbolifchen Gefangbuche: „‚Het Paradijs... Antw. 1621 zum geiftlihen Zerte: Al lijd ick 
ck en zweer gequael,‘“ wie id fie bier mittbeile; im Original einen Ton tiefer und mit 
vierfach größeren Noten. Der von mir — weltliche Text iſt die 5. Strophe im Liede: 
Sch ritt einmal zu Braunſchweig aus (Altd. Lob. Nr. 429. Uhland 1644). 
Zu vermuthen iſt: daß dieſe Singweiſe gar feinem Mailiede, fondern nur dem ange 
führten Reiterliede angehört hat; das letztere hat aber zwei Zeilen vom alten Maireigenterte ein- 
geflodhten und diefe werden in den alten Tonangaben citirt. 





962. Reigen um den Maibaum. 


Frisch. Mel. aus dem Siebengebirge (vor 1860). Dr. Arnold's Mipt. 






vr 
Der Mai, der Mai, der Tu» flige Mai, derfommt ber-an ge» rau » fchet. Ich 





Fal-de» va, vi-dub=-be dub-be-dub, der Mai und der war grü «ne. 


2. Ih ging vor Herzliebhens Fenfter ftehn, 5. Trägt das Grab feine Rofen mehr 
Ih redt mit faljher Zunge: So trägt e8 Mandelterne, 
„Derzlieb, fteh auf und laß mich ein, Und wer ein fein Herzliebhen hat, 
Ih bringe dir ven Mat von Grune!“ Der fiehts von Herzen gerne. 

3.,, Der Mai, den du mir bringen wilft, 6. Zu Rheindorf fteht ein neues Haus, 


Den laß du mir da draußen. Das ift gededt mit Leien, 
So jet ihn auf Die weite, breite Straß, Da kommt alle Morgen mein Liebchen 
So wird er nicht erfrieren.‘ heraus, 


4.,Ich fe ihn nicht auf die weite, breite Braun Nägelein (?) find ihre Kleider, 
Staf, 7. Sind fie nicht braun Nägelein, 
Lieber wollt ich ihn begraben, So find fie roth Scharladen, 
So foll das Grab auf ein ander Yahr Und wer ein fein Herzliebchen hat, 
Drei Rofen und eine Lilie tragen. Der kann wol herzlich laden.“ 





732 


[Aus Rheindorf. Simrod BL, Nr. 108.) Dasfelbe Lied im Dialekt bei Firmenih, Gem. 
Bölferftimmen III, 519, anfgefchrieben vom Lehrer Wader aus Köln der dazu bemerft: 


„Im Yabr 1847 wurde ich im Dorfe Hemmerih an einem ſchönen 


aifonntage enehm 


überrafcht, als ich auf einem freien Plage die Mädchen des Dorfed um einen frifchbelaubten 
Maibaum (Buchenbufh),den eine in ihrer Mitte hielt, einen Kreis fliegen fab, und, indem fie 
mit ineinandergejhloffenen Händen im Kreife herum gingen, eine Reibe von Liedern abfingen börte, 


die sn den 
i 


tifchen Liedes auf Ma 


barakter der alten gemüthlichen Volkeweiſen trugen.” 


t Mühe gelang ed ihm, aus dem Munde der Mädchen drei foldher Lieder, womit der 
Mai begrüßt zu werden pflegt, niederzufchreiben. (Es war diefed und die beiden folgenden.) 


T 6,2 Reien, Schiefer. 


963. Altes Maitanzlied. 


Zu dieſem wird noch jept 1842 zur Pfingftzeit von der Jugend zu Aurich (in Friedland) um den 
fogenannten Maibaum getangt. 


„Maiboom! Maiboom, holl vi fafte 
Mörgen krieg’ mi frömd Fü to gaſte — 
Janmann i8 fin Wief entloopen, 

Well fall hüm de Bonen koken? 

Dat mag Yanmann fülvens doen! 

Gott gäv hüm 'n goode Mörgen, 

Dar mag Janmann füloft vör förgen! 


Beitfhrift Frisia 1842, Nr. 8. Der Einfender (Dir. Schwedendied) bemerft dazu: „Dad 
Volkslied ift uralt und erinnert an die Bolköluftbarkeiten, welche bei den Upftaldbomifchen Zant- 
tagen ftatt hatten.” Intereſſant ift die überrafhende Wortähnlichkeit in dem Anfange eines poli- 


frembde gefte ıc. (vergl. Nr. 


1. 


= 


gebuzge Zreterung 1551: D Maideburg bolt die fefte, ed kommen viel 
; ). 


964. Mädchenlied bei Maireigen gefungen (1847). 


„Ad Aeppelche op dem Bäumchen, 
Wat Goot's befellen ed dir: 

Du falls net terter!) falle, 

Mein Lieb dat fummt zu mir!“ 


. Dat Ueppelhe is gefalle, 


Et hat ein Würmchen in. 
Et i8 fein Knabe fo Heine 
Er führt 'ne falfhe Sinn. 


Ne falſche Sinn un 'ne ſtolze Muth 


Den führen fe allezeit; 
Wenn ſ' d' Mädchen können bevriegen 
Dat is ihrem Herzen en Freud. 


. Wenn fie fe dann bevrogen han, 

Kid?) dä! wat häß de dann? 

So welle mer ſlaſſe laufe, 

Berfhließe ?) ihr Hofen (Strümpfe) und 
Schoh. 


5. Wenn fie je dann verſchleſſe han, 


Dann fin de ming*) noch ganz 
Dann well ech de ming verfchliefe 
30 Hemmerih an dem Danz. 


6. Zu Hemmerih onger®) grou Finden 


Do gebt der ſchnelle Dany. 
Do geht dat wader Mädchen 
Dem Yüngling an de Hand. 


Bat ſchenle mer®) der Hemmericher 


Mände? 
Glöck on nit zo vill. 
Se gonnt?) nit ierter aus dem Wirthshus 
De Kann’ moß ledig fin. 


- Bat ſchenke mer de Hemm'riher Wiener? 


Glöck on Alles genug: 

Ale Johrſchs) 'n kleene Kenkche“) en 
de Weege 

On alle Dvends 'ne betronlene Mann. 





733 


9. Wat jhenfe mer de Hemmeriher Jonge? 10. Wat ſchenke mer de Hemmricher Mädche? 
Glöck en nit zo vill, Glöck on Alles genog. 
Se gonnt nit ierter ſchlofe Se gont nit ierter fchlofe 
Se gonnt vür'n Schluutfinfter 10) ftonn. Se krämpen ihr Schluutfinfter 30. 


Zu Hemmrich (zwifchen Köln und Bonn) von Mädchen bei Maireigen gelungen und nieder 
gefhrieben 1847 vom Lehrer Wader. Mitgetbeilt in Firmenich, Germaniend Völterftimmen III, 520. 
ſieh * 5 erſten Strophen bei Simrock 197 dem Liede angehängt „Ach Bäumchen du ſtehſt grüne 
(tiebe oben). 


T Erklärung: 1) ierter = cher. 2) Sieh dal ſchau da! gud da! 3) verfchleißen, 
verfaufen.. 4) die meinigen. 5) unter. 6) Was fchenken wir den Hemmricher Männern. 
7) geben. 8) Jahre. 9) Kindchen. 10) Schliefenfter, Fenfterladen. Daher auf die Schlut 
gehen für Ghiltgang. 


965. Aailehen (Mädchenverfteigerung). 


Bäuerifches Tanzlied ded 14. Jahrh., aus dem Ring von H. Wittenweiler ©. 169. 


1. Wem ſcholl ih8 geben 2. Wem ſcholl ichs geben 
Ze fröden ſeinem leben? Ze fröden ſeinem leben? 
Was iſt das? Sagt uns, herre, was? Was iſt das? Sagt uns, herre, was? 
I: Es iſt fro Gredel Erenfluoch; Es iſt die ſchon fro GOnepferin; 
Wem fuogt ſey bas? :| Wem fuogt ſey bas?: 
Anders niempt dann mir, Anders niempt, dann mir, 
Sey ift meines herczen gir. Sey iſt meins bergen gir. 
Jächel Gumpoſt, ſeyſt ein geſell |: Rüfli Led-ſpiß, piſt ein geſell, 
So hab ſey dir! :| So hab ſey dir! :| 
Nu muoß mird got gejegen! Nu muoß mirs got gejegen! 
Wie fhon wil ic ir phlegen! Wie jhon will ih ir pflegen! 


Hier finde ich das ältefte Lied über den uralten, fhon bei den Rittern des 12. Jahrh. ge 
kannten Gebrauh der Mailehen oder Maibraut (Verlobung auf ein Jahr). Als audgerufene 
Liebespaare erfcheinen Frau Gredel Ehrenfluh mit Jakob Gumpoft und die fhöne Frau Knäfferin 
mit Rufli Leckſpieß. 

Das Lied wurde fo lange fortgeſetzt, als es Mädchen und Burſche zu paaren gab: denn die 
nadfolgende Bemerkung lautet: 


Et cetera fo gie (ging) daz lied 
Bid daz yeder feine(n) biet (hätt), 
Die warent an dem tancz 

Damit fo was die fröde gang. 


Der bier gedachte Gebraud der Mailehen war noch fürzlih am Rhein in Gebraud, wie 
nachſtehende Terte bezeugen. Ueber Maileben ſiehe Ausführliches in meiner Gefhichte des Tanzes J, 
S. 153 ff. und Uhland III, 390 ff. 


T 1,1 ſcholl, fol. 1,5 fen, fi. 1,6 niempt, Niemand. 





734 
966°. Aailehen beim Reigentanz. 


Dom Rhein. 1820. 
Refrain. Solo. 





(EMI TEE u ul er ee VER TERN — 3}4 

EEE m — EEE EEE >> EBEN 5 EEE ET u ren ER nz 

| ir rer ERREER „. DIESEN OHG IT" —— FEB I iA San: 
Er a a 


nüfsfen. [Drei Fähndelein, döhndelum di» deldum dei! der Liebchen und der find drei.) 





2. Wen wollen wir der Öertraut geben? 6.Die wollen wir ihm abnehmen 


Den Peter wol in dem Löwen. Und lieber dem Bernhard geben. 
3. Der Peter ift ein alter Kopf 
Der ift der Gertraut viel zu kott. 7. Der fol fie nun behalten — 


: —* (Drei Fäandelen ſtolz) 
⸗— er u or en Drei Tag umd aud drei Nachten. 
nd Lieber dem Wilhelm geben. (Drei Fähndelum, dähndelum, dideldum⸗ 
5. Der Wilhelm ift ein Flachsbart, dei! 
Die Gertraut ift ihm viel zu hart. Der Liebchen und der find drei.) 


Erk, Liederhort Nr. 138: in der Umgegend von Bonn (Poppelädorf, Keffenih) 1820 von 
Hoffmann v. F. aufgezeichnet. 


J. 2,2 Löwen, Gaftbof. 


966°. Mailehen. 


1. Was fteht auf unferer Lauben? 2. Wem wollen wir das Blöndchen geben? 
[Drei Fähndelein ftolz,] (Drei Fäahndelein ftol;.] 
Ein Baum mit Hajelnäffen. Dem Simon wol in dem Leben 


(Drei Fähndelum, dähndelum, didel— [Drei Fähndelum,vähndelum,dideldumbei, 
dumbdei, Der Liebhen und der find zwei.) 
Der Liebhen und der find zwei.) 


3, Der ſoll fie auch behalten, 
[Drei Fähndelein ſtolz) 
Drei Tag und Nacht im Arme. 
Drei Fähndelein, dähndelum, dideldumdei, 
Der Liebchen und der find zmei.] 


Rbeinifh. Bei Simrod, Volksl. Nr. 109, 
Ganz dasſelbe fhon 1819 zu Keffenih bei Bonn von Hoffmann v. F. aufgeſchrieben. 





966°. Mailehen. 


1. Wat fitt up dufe Ribben? 2. We fitt der dann nu unner? 
[Dei Wunnerfirus,] [Den Wunnerftrus] 
Ein Struf mit Hajelnütte. Libetken mit finen Jungen. 
Den Wunner, den Dunner, den Diderbei, [Den Wunner, den Dunner, den Diverbei, 


Ei ja, der Leiven find twei. Ei ja, der Leiven find twei. 





735 


3. Den Jungen den willen wi nemmen 4. De Junge dat is en Bengel 


[Den Wunnerftrus] [Den Wunnerftrus] 

Und willen em Kleinrösken given. Dat Mälen is ein Engel. 

(Den Wunner, den Dunner, den Diberbei, Den Wunner, den Dunner, den Diderbei, 
Ei ja, der Leiven find tmei.] Ei ja, der Leiven find twei.] 


5. De Yunge dat is ein Krötenfaut, 
[Den Wunnerftrus.] 
De det allen Mälen fein gaut. 
(Den Wunner, den Dunner, u. ſ. w. 


Aus Weftfalen mündlich. Ebenfo, aber mit einem fremden Einſchiebſel bei Reifferfheid ©. 124. 


J. 1,1 NRibbe, Rippe; bier die Riffel, Bank mit eiferner Borrihtung zum Riffeln des 
Flachſes. 5,1 Krötenfaut, Krötenfuß, Taugenihte. 5,3 kein gaut, nicht gut thun. 


Wieder ähnlih aus Soeſt in Weftfalen 1856: 


1. Bat ftaht echter ufem Pütte? flirum, flarau! 3. We fall er belpen draupen? 
an ug met eg Dat fall Friede Blume daun. 
irum flar! nim fie in Arm, 4.We fall de Rütte knappen? 
8 fe falt fo werd fe warm, flirum, flarau! Dat a Froͤlen —2 
2. We fall de Nũtte plüden? 5. We ſall ſe helpe eten? 
Dat ſall Tine Müller daun. Dat ſall wul Wilhelm N. N. daun. 


J Pütte, boll. put, franz. puits, lat. putens heißt in Niederdeutſchland der Zieh— 
brunnen, dergleidhen ei ältefter Zeit in Bauerngehöften und auf Gemeindeplägen zu finden 
waren, bevor die Pump- und Springbrunnen auftamen. achter, hinter; plücken, briefen, brechen; 
draupen, hülſen; Wilhelm N. N., ihr Bräutigam. 





966°. Ningeltanz beim Mailehen. 


Mäßig. Volkslied im deutſchen Litthauen. 1842. 





Op dö gröme We ⸗ſe, fa⸗ti⸗ rom, ſteit ä Boom möt Nä- te, Fa— 





ti, farra ver Nä⸗wel⸗ke, ver wun⸗ der⸗ſche- met Knäwel⸗ke, fa» ri, fasrta, farrom! 


2. Wär fat denn dA därunder? 6. Wat full fd möt dem Moltebröd ? 
Farirom! Os ä Mäle wie ä Sölwerftröd. 
D5 Liste, dd junge Jumfer. 7. Dem wöll wi ähr wegnähme, 
Bari, fara x. Dem Fride wöll wi ähr gäwe. 
3. Wär fat denn dä därbi Ahr? Nach Barianten ähnlicher Art folgt ald Schluf:) 
Dö Krißjähn, dö junge Frier. 8. Dem ſull ſö wol behole, 
Farirom! 
— * er Bom Niee bös tom Dle. 
j Fari fara ver Nämwelle, 
5. Dem wöll wi ähr wegnähme, Ber wunderſchenet Knäwelle, 
Dem Michel wöll wir ähr gäwe. Fari, fara, farom! 


Preuß. Provinzialblätter. Herausg. von D.W. L. Richter. 27. Bd. Königäberg 1842, ©. 54. 
Mitgetb. von Prof. Dr. Lehmann, Gumnafialdireftor in Marienwerder. — Daher Erf II, 1, 8. 
Erf, Liederbort Nr. 138, Firmenich I, 107. Bergleihe Woeſte, VBoltdüberlieferungen in der 
Graffhaft Mark, Iſerlohn, 1848, ©. 32. Danziger Volkskalender 1858. 





736 


T Grklärung: 1. Weſe, Wieſe; Näte, Nüffe, Näwelfe, wobl nur ein Reimwort obne 
Sinn; ver, für; Knäwelke, Knäbelchen, Knäbchen, Burfde. 2, Liske, Liechen. 3, fFrier, freier; 
Molkebroch, Moltenbräc , Molkenbrauch; Sölwerftröh, Silberftrich (Salbeiftraub)? 7. ride, 
Gottfried. 8. Niee, vom Neuen; tom Die, zum Alten, 


Des Liedes Tert und felbft der Anfang der Melodie erinnert an den 1891 überall gebörten 
fogenannten Helgoländertang: Auf der grünen Wiefe hab ich fie gefragt: Liebft du mir, Luiſe? bat 
fie ja gefagt. Das ift aber fein Helgoländer Nafionaltany, wie man mir einreden wollte, fondern 
ein Berliner Wigp auf die Erwerbung Helgolande. Die tel. dazu ift dad Trio eines Marices 
(Flotte Burfche) von Fahrbach. Derjelben Mufit wurden in Wien und Berlin noch andere Schetz 
worte untergelegt, wie 3. B.: „Da unten in der Elbe ſchwimmt ein Krokodil; es ift genau daffelbe, 
das einft ſchwamm im Nil”, "Das ift wieder eine Berliner Satire auf das um 1890 ausgeſtellte 
Krokodil, das bis in die Rordfee in Hamburgs Nähe gefhwommen fein follte. Nah diefem Xerte 
beißt Fahrbach's Marſch jept auch Beten 


967. Maienzeit (Aranzlied). 


1. Heida! die liebe Maiezeit 4. Den Chranz, den mueß i ba, 
Ale Herze Freude git! Sus blib i en arme Ma. 

2.30, und die Matenzit iſch do, 5. Sä, min Bueb, do heſch e Chranz 
's Mareile mueß es a'n Tanz mitdho. Und chum mit mir a'n Abentanz!“ 

3. Der Tanz, der Abedtanz! 6. Juhe! nun e Chranz und 's Meitle derzue: 
Mi Mitli treit e Chranz. Yuhe! was bin i e glüdlihe Bueb! 


Aus dem Aar gr bei Kurz ©. 105. (Tobler I, 150.) Lepterer bemerkt: „Das veridhiedene 
Berömaß einzelner Strophen zeigt, daß fein geichloffenes Ganze vorliegt; doch ſcheint das Motiv 
vom — beim Abendtanz durchzugehen; ein Verspaar, welches davon abweicht, babe ich 
weggelaſſen 


J. 4,2 Sus — ſonſt. 5,1 Sä= fie, für nimm! 


968. Pfingſttanzliedchen ans dem Elſaß. 


1. Jetzt fome-n ihr Maide 2. Wir drehen euch luſtig 
Zum Spiele zum Tanz! Im Wirbel herum; — 
Der Pfinugſtequack ſpringet Der Spielmann, er ſpielet 
Im grünen Kranz. Mit der Heine Gikelgeia 


Mit der große Bumbum. 
Gartenlaube 1874. 


969. Alter Ringeltanz 
zum DOfter- und Pfingftabenv. 
Mäßig. Hohen-Gaathen (an der Oder). 1857. 









Ro » fen » rotb ift mei«- me et Ra, m, m! ald in die- fem 


. Bewegter. 
— 


Hätt'n wir Geld fo wär ed gut. 

















Krei» fe ſteht, ſo wär es im-mer fo. Sept tanz ih wohl und 








fol » get mir, die Freud bat nun ein En» de Sept fei die Freud» 





flun»de, hab mein Schag ge» fun-den. Klatſcht, Matfcht in die Hän «» dei 


Am Feiertagabend zu Dftern und Pfingften wurde died Lied gefungen. Anfangs fteben alle 
PBerfonen im Areite bis auf zwei (ein Junge und ein Mädchen), die im Kreiſe herumgehen. Bei * 
greift der im Kreife ſtehende Junge nach einem Mädchen und tanzt. Nachdem ergreift das Mädchen 
einen Knaben und tanzt ebenfalls. 

Zert und Mel. etwas confus. 


970. Zum Iohannistanz; im Harz 
von der erwachlenen Jugend gefungen. 


Jagt mir mal das Hirichlein aus der Weide! 
Du, du bift meines Lebens Freude! 

Reicht mir mal die jpanifhe Piftole! 

Mein Schag wird mic bald wieder holen. 
Ei jo fomm doch her, mein Kind, 

Weil ich dich jett wiederfind', 

Denn tu bift der Liebfte mein, 

Sollſt aud immer bei mir fein. 

Treue, treue liebe mid, 

Aber nur beftändig nicht! 


[Mithgeth. von H. Pröhle in Wolfs Ztihr. für Mythol. I, ©. 82.) 


971. Schäfer-Reigen. 


Roc jept wird zu Daffel in Weftfalen von Burfchen und Mädchen auf dem äieaenangrr, wo 
ehemals der Oſterball geſchlagen wurde, der Schäferreigen getanzt. Gin Burfche und ein 
Mädchen treten in den Kreid, die übrigen umtanzen diefelben, indem fie folgendes Liedchen fingen: 


1. Wo treff ih meinen Schäfer an, 4. Doch will ich mich zu ihm wenden, 
Wo fol ih ihm denn finden? Faſſen die fchneeweißen Hände 
Allwo ich mein Vergnügen hän Unter dieſes gleichen (?) 

Und mich mit ihm verbinde. Einen Kuß zu reichen. 

2. Wo fol ih ihn venn ſuchen? 5. So tanzet num und folget mir 
Unter weißen Buchen, Dem Schäfer aller Freuden, 
Unter einer Linden Weil wir bier zufammen fein 
Werd ih ihn wol finden. Und unfre Schäfchen weiven. 

3.D Schäfersmann, bleib ftille ftahn 6. Jetzt in den vergnügten Stunden, 
Ih gedacht, ich ſollt' ihn kennen; Hab ih meinen Schatz gefunden. 
Darum will er denn von mir gahn Klatſchet in die Hände, 

Und fih von mir abtrennen? Saget nun ein Ende! 


Kuhn, Weftfäl. Sagen IL, 148. 
* Der Sprache nad) ift diefer Tert nicht alt, wohl erft Ende des 17. Jahrh. entftanden. 
Ert u. Böhme, Liederhort. II. 47 





16 | 


Unvdere Lesart. 


1. Wo treff ih meinen Schäfer an, 2. Ach Schäfer bleibe ftille ftehn, 
Wo werd ih ihn denn finden, Ih dächt ich follt did kennen! 
Dem ich mein Herz ergeben kann? Und warum willft du von mir gehn, | 
Unter jener Linden Und did nicht Schäfer nennen? 
Unter den Gebüſchen Thun und einander wenden * | 
Da werb id ihn erwifchen. Faſſen fih an beiden Händen. 


3. Und wir thun besgleichen 
Uns ein Küßchen reihen. 
Das find ja die frohen Stunden | 
Daß ih hab meinen Schat gefunden. | 
Wollen nun mit Lachen 
Unfere Hodzeit machen! | 


Wolf, Zeitfhr. f. Motbol. III, 444. 
» Hier ftellen fi beide mit dem Rüden gegeneinander. Sie küſſen fid. 


Dritte Lesart. 


Ich ſuche meine Schäferin 

Wo werd ich ſie wol finden? 
Wol unter jenem grünen Baum 
Wol unter jener Linden. 

Frau Schäferin wird ſich neigen 
Und mir ein Kußchen reichen! 


In der Mitte ded Kreifed fteht ein Kind (die Schäferin), die fih am Ba dee Geſangeẽ 
vor Einem neigt, das dann eintritt. Liederb. d. d. Volle. Lpz. 1843, Nr. 52.) 





972. Lambertuslied vom verlorenen Schatz. 


Zwei tanzen um den Kreid herum und fingen: 


1. Jammer, Yammer, höret zu! 
Was ih euh will jagen! [Bom Chor wiederholt.) 


2. Hab verloren meinen Schatz, 
Mad auf, mad auf den Garten! [Bom Chor wiederholt.) 


3.3 will geben um zu fehen, 
Ob id ihn ertappe. [Bom Chor wiederholt.) 


[Hier werben die Zwei in den Kreis gelaffen, jeder fucht ſich feinen Schag und fingt:) 


4. Schau mal an, das ift mein Schag, 
Und dem fall ih zu Füßen, [Bom Chor wiederholt.) 





739 


5. Dem ich mich ergeben hab, 
Ihre Händ’ zu küffen! Vom Chor wiederholt. 
Jeder der Beiden tanzt mit feinem Schatz im Kreife herum.) 


6. Freude, Freude, über freude, 
Hab meinen Schag gefunden. 


Münfterfche Geſchichten . .. Münfter 1825, S. 267, Nr. 10 unter Lambertud-Lieder, Daher 
Simrod, Kinderl. 199. 


973°. NRingeltanzlied. 


Aus Biepnig bei Friefad. 1863, 


— — — — 
































1. Wenn mid das Glück be-trifft in die»fem Re » ben, fo ſoh⸗len Us fe mir 
2. Daß ih fo drei-fte bin und mir er» wäh - Te den als ler⸗ſchön⸗ſten Schap 


Einzelne. 










1. die» fed ver» zei« ben. 3. Du, du ge» fällft mir nicht, du bift von Flan— dem, 
2. von meiner See » le. 4. Du bift mir auch nicht recht, du bift zu bi - Big, 
5. Du, du mein Au» gen» troft, du, du mein Le =» ben, 





3. fonft hätt ib dich ge» liebt vor al» Im An» dern. 
4. und bei» ne Re» den find mir viel zu  fpi- gig. 
5. dir will ih ganz al»len ein Küß-cden ge = ben. 





973°. Ringeltanz. 


Mäfig gefhmwind. Aus Hohen Saathen bei Derberg. 1851. 






Mih hat das Glück ge-führt in diefem NKrei » fe! 
Das mahtdie Kom =» pasnie mit ihm zu» glei » he; 


daß ich fo kuh⸗ ne bin 










bier un⸗tern Lin-den, weil ih ein Lieb» chen hab, kann fie bier nicht fin ⸗den. 


2. Sie aber darf fih gar feine Rechnung machen, 
Es ift mir nicht zu thun um ihre ſchönen Saden, 
Sie ſteht mir gar nit an, ift viel zu Tieblich, 
Und ihre Redensart'n find viel zu fpikig. 
3. Nun adje, jett verlaflen wir uns alle beide, 
Ich fuche meine Luft und meine Freude. 
Zu dir mein Aufenthalt bleib ih verbunden, 
Du liegft mir ftet8 im Sinn alle Tag und Stunden, 


47* 





Dazu folgt ale: 









Schar-ret das Feuer zu Koh-len, Taf» fet den Schwarzmann fie bo» Iem! S. 
Freisen iſt gar fei- ne Schan⸗de, ed giebt ja nod mehr in dem Lan« de. 





lies Ben ſich bei⸗-de verstrau-en, der Mann mit feirmer lie-ben Frau- en. 
Und wer nicht will frei»en, der kann ed laf - fen blei » ben. 







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S [mi . KABINE] — ⏑ — —— ——— —“ 
ar wem, wein SER REN BEE) — — — 
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Ich Hof» fe, es wird ibm ge» reu » en. 


Bergl. „Weil mich dad Glück geführt ꝛc.“ 





973°. Ringeltanz (Kinderfpiel). 


Aus Buſchow bei Nauen. 1848. 









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mir die ganze Komspagsnie ver » zei =» ben. 


2. Daf ich fo dreifte bin 4, Du bift mir auch nicht vect, 
Und mir erwähle Du bift zu hitzig, 
Den allerfhönften Schag Und deine Reden 
Meiner Seele. Seind mir zu fpitig. 

3. Du, du gefällft mir nicht, 5. Adjeu, ich fcheibe, 
Du bift aus Flandern, Berlaß euch beide, 
Sonft hätt ich dich geliebt Sud mir einen Anden aus 
Bor allen andern. Zu meiner freude. 


6. Du, du meinen Augentroft, 
Du, du mein Yeben, 
Dir will ih ganz allein 
Ein Küchen geben. 


Bergl, „Mich bat das Glüd geführt“. 





741 
977. Bas Amor-Spiel (Riffentanz). 


1. Amor ging und wollte ſich erquiden, 2. Schönfte*,fprach er mitverliebten Mienen, 
Doch dasSpielchen wollte ſich nicht ſchicken; Dir zu dienen bin ich hier erſchienen. 


Er ging wieder Dieſes Händchen 
Auf und nieder, Soll als Pfändchen 
Bis er ſeine Liebſte fand. Dir in Treu verbunden ſein. 


3. Komm, ach komm, mein liebſtes Kindchen, 
Reich zum Kuſſe mir dein Roſenmündchen. 
Komm geſchwinde 
Fein gelinde, 
Sonſt muß ich in Lieb vergehn. 


Ausführung; Amor ſteht zwiſchen 2 Reihen von Spielgenoſſen, trägt ein Kiſſen und 
geht auf und ab, während die übrigen Str. 1 fingen. Amor wählt ſich darauf eine Mitfpielerin, 
vor der er das Kiffen nicderlegt. Beide knieen darauf und füffen einander. — Berwandt ift damit 
der englifhe Kiffentanz (f. Ezerwindti, Geſch. der — S. 236) — 

us dem Mund kleiner Kinder, auf der Straße ſpielend, hörte ich 1873 in Dresden obiges 
Lied in feinem Anfang und feiner Berftümmiung fo: 


„Abram wollte ſich erquiden, 
Diefed wollte fih nicht fchiden. 
Er ging wieder 

a und nieder, 

Dis er feine Rofa fand.“ 


Das ift wohl Beweis genug dafür, daß dieſes, vermuthlich im 18. Jahrh. entftandene Amor- 
fpiel fehr populär war. 


974. Text zum Kiffentanz* (Amor-Gpiel). 
Hal er mie das Pierd ber, 
Sceit hei mie den Hahn dot, 


Dau hei mie dei Diern ber, 
Hört hei dat? 


Aus Pommern. Mitgetheilt von Pröhle in Ph. Wegner, volföthüml. aus Norddeutſchland 
1880, Nr. 972, 


® Weber Kiffentanz veral. Böhme, Geſch. des Tanzes I, ©. 195, 





975°. Reigen am Iohannisfefte Rofentanz). 
Eine im Kreife ftehende Jungfrau hat Alles das zu thun, was die fie umtanzenden Burfchen und 
Sl Mädchen fingen: 
olo, 


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v ——— RE Eee Va ——— — » Et en 5 A 
mn; “ En en, Em Ed, „ER ET Er ee en en VRR LT 
4 EEE MER?” TEE] |: ERBE? 7 DEZE GERN 7 LEE „ICH —— 

REBEL. a nn ee 


















Rimm fie bei der fchnee-wei-fen Hand und führ fie in den Ro «» fen « franz. 
Chor-Refrain. 







Sa blau Blu- men auf mein’ Hut, 


ätt ih Geld und dad wär gut, h Du» men auf mein Hüt- Sen! 





742 


2. Jungfer, ihr folt tanzen 5. Jungfer, ihr follt ſcheiden, 
In diefem Roſenkranze. Das thät der Yungfer leide. 
Blau, blau Blumen ıc. 6. Jungfer, ihr folt vraußen gehn! 
3. Jungfer, ihr ſollt füffen! Ein andre fol darinne ftehn. 
Das thät die Yungfer lüften. Refrain: 
4. Iungfer, ihr folt niden (niden) ! Blau, blau Blumen auf mein’ Hut! 


Das thät die Jungfer ftrichen (ftreieln, Hätt ih Geld und das wär gut, 
gefallen). Blumen auf mein Hüthen! 


Aus der Umgegend von Bonn in Erk's Roh. 1856, ©. 308. 

Schon 1820 aus derfelben Gegend (Poppelddorf bei Bonn) durch Hoffmann v. F. gebört, auf. 
gezeichnet und gebrudt in beifen Horae belg. II, 180. Mit einigen Berbefferungen nah Hef⸗ 
mann'd Angabe bei Erf, Volksl. II, 4/5, Nr. 78. Der Anfang und Kebmerd etwas abweichen 
wie folgt: 

— Jungfer, gebt mir die weiße Hand 
Und gebt mit mir an diefen Tanı. 
Refr.: Rofenblumen auf mein: Hut! 
Hätt ih Geld und dad wär gut; 
Blumen auf mein Hütchen! 
Zert auch bei Firmenich, Bölkerftiimmen I, 460 mit dem abweichenden Refrain: 
Bloh, blob, Fingerbut! 


Ganz ähnlich dem deutjchen Reigenliede ift das holländifche zum Roſentanze, mie dies 
Hoffmann (niederl. PL. Nr. 138) giebt! 
Nu wil ik eens omaengaan, 
Roozen aan mijn hoedjet] 
‘n zien of ik ze vinden kan, 
Roozenbloemen aen mijnen hoed! 
adden wij geld, wij hadden moet! 
Roozen aan mijn hoedje.] (6 Str.) 


976°. Roſa. 


Allegretto. Gouffemafer Nr. 107, ©. 330. 





































heu-ren hoed,. Zij had-de geld, maer wei-niggoed. Danst, Ro - sa zoet! 
1. Rosa, willen wij dansen? 4. Rosa, willen wij kroonen? 
Danst, Rosa; danst, Rosa! Kroont, Rosa, kroont, Rosa! 
Ros' he’ bloemen op haeren hoed, Ros’ he’ bloemen etc. 
Zij hadde geld, maer weijnig goed. 5.Rosa, willen wij knielen? 
Danst, Rosa zoet! Knielt, Rosa, knielt, Rosa! 
2. Rosa, willen wij kiezen? Ros' he’ bloemen etc, 
Kiest, Rosa; kiest, Rosal 6. Rosa, willen wij opftee'n 
Rog he’ bloemen etc. En deure gaen, 't is al äödaen. 
3. Rosa, willen wij kussen? Ros’ he’ bloemen op heuren hoed, 
Kust, Rosa; kust, Rosa; Zij hadde geld, maer weijnig goed. 
Ros’ he’ bloemen etc, Danst, Rosa zoet! 


Dasjelbe Lied bei Willemd Nr. 127. Bon unbekannter Hand 1840 erhalten. 
Vergl. fehr ähnlich: Roſentanz bei Hoffmann, Hor. belg. Rr. 139. 





743 


977°. Mönd und Honne, 
(MaisReigen.) | 
Mäßig gefhwind. Keft. Vom Niederrhein. 









— r 
— — — DEE: | Kummer — — — 70 
u Se 


Et gieng en Paster-fei lange te Kant? [Hei, 'tmadd in de Mei!) He 
Reft. 





nobm en Nönne⸗ke bei de Hand. [Hei, 'twad in de Mei, Mei, Mei, hei, twas in de Mei. 


2. Dh Nönnele, wilt geit) mit mingon®)— 4. Pater, geft ou Non en Suun! 12) 
(Hei, twas in de Mei!) Dat mögt gei noch wel jeß mol duhn. 
Alwor di moje®) Blümfes fton ?j? . 

(Hei, "was in de Mei, Mei, Mei, Mei, >. Pater, böört!?) ou Non est) op, 
Hei, was in de Mei] En danzt dermit a8 en Kermespop !°), 

3. Nou, Pater, fpreit ou$) fwarte Kapꝰ), 6.D Pater, gei mot fheie!) gon 

Amor de Frau de Bor!) mit lapt!!). Dat Nonnele dat mot blive fton. 


= 


Mündlih aus der Gegend von Eleve am Niederrhein durh Firmenich: Erk, Liederbort 
Nr. 179, Text auch bei Firmenich, Germ. Völkerſtimmen I, 380. Unvollftändiger Tert vom Rieder: 
rhein (Niederfrüchten), Zurmüblen Rr. 142: „Es gieng en Pater lange te kant ıc.“ 

„Dieſes Lied wird zu einem beliebten Spiele gefun en: Die Geſellſchaft bildet einen mög- 
fihft bunten Kreid, in deſſen Mitte fih der Pater ftelt. Beim Abfingen der 1. Str. hüpfen die 
im Kreis ftehenden um den Pater herum, welcher fich unter den Mädchen eine „Ronne“ ausfuht. Es 
folet Str. 2, die der Pater mit den anderen der Nonnen fingt. Bei Str. 3 Mnieen Pater und 

onne in der Mitte ded Kreijed einander gegenüber, fo daß der in 4. Str. geforderte Kuß nebft 
feiner 6 maligen Wiederholung gehörig gegeben werden kann. Nachdem bei Str. 5 der Pater mit 
der Nonne getanzt bat, ſucht die von ihm ag fih (Str. 6) einen neuen Pater und das 
Spiel wird in derfelben Weiſe fortgefept. — Man jingt das Lied auch häufig beim Umtanzen 
bed Maibaumes, der am 1. Mai gepflanzt wird.“ (Erf.) 


T Erklärung: 1) Paterke, Möndlein. 2) langs dem Ufer des Waſſers. 3) cd war in 
dem Mai, 4) gei, ihr. 5) mit mir gehn. 6) ſchöne, hübſche. 7) ſtehn. 8) eure. 9) Kutte. 


10) Bochſen, Buchfen, Hofen. 11) flidt. 12) Pater, gebt eurer Nonne einen Kuß (niederl. zoon, 
Ku). 13) hebt auf. 14) es, ein, einmal. 15) Kirmespuppe. 16) fcheiden gehn. 


977°. Ber Pater und die Honne, 
Ginzelner. Reft. (Ehor.) 












Daar ging een pa-tertje langs te kant, [hei, 'twas in de mei!) 


Ginzelner. Reft. 














Hij vatte zijn zoet lief bij de hand, [hei, 'twas in de mei, zoo-blij, 


— — — — — — — — — 


hei, twas in de mei. 





744 


1. Daar ging een patertje langs te kant, 4.Pater, geef uw non een zoen, 
[hei, 'twas in de meil] Dat moogje noch wel zesmal doen. 
Hij vatte zijn zoet lief bij de hand, 
[hei, 'twas in de mei, zoo blij, 
hei, ’twas in de meil] 
2. Pater, gij moet knielen gaan, 
Nonnetje, gij moet blijven staan. 


5. Pater, beur uw non we£r op, 
En dans nu met uw kermespop. 


6. Pater, gij moet scheiden gaan, 
En moet uw nonnetje laten staan | 


3. Pater, spreid uw zwarte kap, 7. Nonnetje, wilt nu kiezen gaan, 
Daar uw heilige non op stap. Neem nu een’ anderen pater aan. 
Ueberjegung: 

1. Es gieng ein Pater längs der Kant 4. Pater gebt eurer Nonn' ein’ Kuß, 
Hei, ’8 war in dem Mai! Das möget ihr noch wohl ſechsmal tbun. 
ge Mor fe Mob; 5. Pater, hebt eure Ronn wieder auf 
bei, ie ar 5 5 Mai ⸗ Und tanzt mit eurer Kirmespupp. 
2. Pater, ihr müßt fnieen gehn, 6. Pater ihr müßt fheiden gehn 
Nonnen, ihr müßt Bieten ſtehn. Und müßt euer Nönnchen laſſen ſtehn. 
3. Pater, eure ſchwarze Kappe ausbreitet, 7. Rönnchen, wollt nun wählen gahn, 
Daß eure heilge Nonn' drauf ſchreitet. Nehmt euch einen andern Pater an. 


Holländisches m... Altes Mailied. Nah mündlicher Ueberlieferung bei le Jeune, 
Volkszangen 1828. Daber Willem, oude vlaem-liederen Rr. 125. Xert, Hoffmann, niederl, 
Volksl. Rr. 140. Xert au in: Nederlandsche Baker- en Kinderrijmen 1872, ©. 42. 

Noch ähnliche Terte bei Hoffmann 141—145, davon eines in 3. W. Wolf's Wodana, 
Bl. 79 anhebt: Ei, wij zingen de mei. Der Chorrefrain wird in allen Strophen, wie bei der 
erften, nad jeder Zeile eingeſchoben. 

Die Ausführung wie im vorigen Lieb. 

Während im Blämifhen und am Niederrhein ein Buriche und Mädchen mitten im Kreife 
der Zangenden niedertnieen, nimmt in Friedland der Burjche das Mädchen auf den Schooß. 
nn iftd, mit Snellaert aus diefer Abweihung zu folgern, daß dur die Reformation der 
Brauch des Knieend dort aus der Mode gebracht worden jei. 

Bergl. die ſchwediſchen ZTanzlieder mit Mönch und Nonne: Arwidsson, Svenska 
Fornsänger III, ©. 188 und 243 mit Melodicen. 


978. Kappelmönd;. 
Ziemlih munter. 


Ser Zoe: 
u U DE MD SEE? — — .— 
6 2 Dres en I — — —————— 


\D Mün«nid, wilft du tan» ga? ib ga Pr glei a Schoof. 
.O Her, ih koan mie tan» za, und wennd o wir a Groaf. 
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d ar Ei Frl v Femme: Wii. ee SER Spencs  zn Ten Su 


Ei insfem Lande id das nie, die Kappelemün«che tansza nie, und tan-za foan ich nie!“ 










2.0 Münnich, wilft du tanza? 3, D Münnid, willft du tanza? 
Ih gäſd'r glei a Boot. Ih gä dr gli a Schwen. 
„D Herr, id foan nie tanza „D Herr, id koan nie tanza 
Und wenn e8 wärn a Schook. Und wenns er wären zehn. 


Ei infem Lande ꝛc. Ei infem ande x. 





7145 


4.D Münnid, willft du tanza? 6.D Münnich, wilft du tanza? 
Ih gä d’r glei a Kolb. Ih gä d’r glei a Pfard. 
„D Her, id foan nie tanze, „D Herr, ih koan nie tanza, 
Und wenns o wier bolb. Und wenn ichs o begahrt. 

Ei infem Lande ꝛc. Ei infem Lande ꝛc. 
7. O Mümid, wilft du tanza? 

5.02 Münnid, wilft du tanza? Ih ga dr glei a Moad. 
Ih ga d’r glei an Kuh. „D Her, id loan wul tanya, 
„D Her, id loan nie tanza, Ich hoas od) nie gefoat. 

Und wenns er wären zwu. Ei inſem Lande do is es mul, 
Ei infem Lande ıc. De Kappelmünde tanza wull. 


Und tanza koan ic wull. 


Aus der Gegend von Haynau in Schlefien: Erf II, 4/5, Nr. 43. Daher der Text bei 
Mittler 1062. Ganz ähnlih mit anderer Mel. bei Hoffmann, fchlef. BL. Nr. 116: Kappel» 
münd, willft du tanze? x. Ganz ähnlich das nmiederländifche Lied bei Willemd Nr. 123 
(Hoffmann Nr. 143), dad noch in verfchiedenen Gegenden von Brabant und Flandern gejungen 
wird: „Zeg, kwezelken, wilde gij dansen?“ (Sagt, NRönnelein, wollt ihr tanzen?) 


T Erklärung: 1,2 Schoof, Schaf; ga dr glei, geb ich bir rg 1,4 o wier, auch 
wär. 1,5 Ei infem, in unferm Lande; nie nicht. Das i in ich und id wird gebehnt gran. 
2, 2 Boot, Bod. 3,2 Schwen, Schwein. 4,2 Kolb, Kalb. 5,2 zwu, zwei. 5,4 begabt, 
begehrte. 7,2 Moad, Magd, Maid. 7,4 hoas, habs; gefoat, gefagt. 7,5 wull, wohl. 


979%, Ber tanzende Waldbruder. 


1. Dört oben üf em Bergli 2. Waldbrueder im Hüttli 
Wo der Guggich fo fchreit, Hets Betli Auf ghenkt 
Dört tanzt e Walpbrueder Unds Bätta vergefle 
Bis em dChutte verheit. Und de Maidlena növentt. 


3, Waldbrueder im Hüttli 
Hat's Stübeli g'wüſcht, 
Hats Besli lo falle 
Und 's Jungferli g'ſchmützt. 


Rochholz, Alem. Kinderlied aus der Schweiz, ©. 305. 
J 2,2 Betli, Gebetſchnur, Roſenktanz. 2,3 Bätte, Beten. 2, 4 Maidlena, Magdalena. 


97%. Ber verwandelte Einfiedler. 


1. Dort droben auf dem Hügel 3. Dort drüben auf dem Hügel 
Wo die Nachtigall fingt, Wo's Fühsle rum lauft 
Da tanzt der Einſiedel, Da figt der Einſiedel 
Daß die Kutt in die Höh fpringt. Hat die Kutte verkauft. 

2. Ei laßt ihm nur tanzen, 4. Dort drunten im Thale 
Ei laft ihn nur fein, Geht er ins Wirtshaus 
Zu Naht muß er beten Geb, leih ihm dein Dirnel, 


Und ſchlafen allein. Das mein hat ein Raufd. 





746 


5.3 geh nit aufs Bergle 
Ih geh nit ins Thal: 
Ich leih ihm nits Dimel: 
Der Weg ift zu ſchmal. 


Wunderhorn IIL 25; mit anderem Schluß dafelbft III, 133. Im Wunderborn I, €. 474 
ift ed ald Rheiniſches Tanzlied bezeichnet. 


950°. Ber Kefenbinder. 





{ 
A. Ih hab meinen Wei-zen am Berg ge » ſät, Berg ge» füt, 
B. Wenn ich kein Geld im Beu » tel hab, Beu-tel hab, 





bat mirn der böb-mi » jhe Wind ver » weht, Wind ver =» webt, bat mirn der 
geh ih in Wald, fchneid Rei » fer ab, Rei » fer ab, gb ib im 


böbm » he Wind der » webt. 
Wald, fchneid Rei ſer ab, 


37 


1. Ich hab mir mein’ Weizen am Berg gefät, 5. Schöne zwei Flinten und einen Hund, 
|: Hat mir der böhmiſche Wind verweht :| : Ein hübſches Mädel kugelrund.:| 


2. Böhmifher Wind, ich bit! did ſchön, 6. Wenn ic kein Geld im Beutel hab, 
: Laß mir mein’ Weizen am Berge ftehn! :] l: Geb ih ins Holz, ſchneid Reiſer ab. :| 
RE — 7. Geh ich nach Haus, mach Beſen draus, 
3. Der Apfel iſt ſauer, ich mag ihn nicht, —— 
|: "8 Mäpel iſt falſch, ich trau ihr nicht, | |: Krieg ich bald wieder Geld ins Haut, :| 
. Wenn ih die Bejen gebunden hab, 
4. Wenn ich einmal ein Jäger wär, Geh ih die Straßen wol auf umd ab: 
|: Schöne zwei Flinten ſchafft ich mir.:| Leute, wer fauft die Beſen mir ab? 


— 


- 


oo 


Diefer Tert mit Mel, in Fink's Haudihag 1843. Text auch Köhler, Bogtl. Volksl. Rr. 2. 
In Hoffmann’d Bolkägefgb, 1848, Nr. 162 blos die drei “gr Strophen. längerer, aber ver- 
wilderter Text mit unjerer Mel. bei Büfhing-Hagen, Volksl. 1807, Nr. 7, daber Erf I, 2, 47 
und Tert-Abdrud bei Erlady 3, 83. — Das Bejenbinderlied war ſchon vor der Mitte des 18. Jabrb. 
befannt. Leſſing kannte es aus feiner Jugendzeit (1740—1750) und bat mehrere Stropben davon 
(6—8 bier) —J—— ſ. Leſſing'e —*— 12. Bd., Berlin 1840, S. 491. Xert lebt in 
mehreren Varianten noch in der Neuzeit, wie Den Lesarten bezeugen. 

Die Melodie ift ebenfo alt, alfo vor 1740 entftanden. Um 1820 wird fie durch Tübinger 
Studenten zwei Zerten von Uhland zugeeignet: „Es zogen drei Burfhen wol über den 
Rhein“ x. (Ballade) und „Es giengen drei Jäger wol auf die Birſch (Jägerlied). Dadurch 
wurde fie weiter bekannt, gedruckt und bis heute gejungen von Jung und Alt. Unfinnig entjtelt 
ift fie zuerft in 4/4-Taft notirt im Liederb. für Hodhfchulen 1823 (daher die Karrifatur bei Kreßſch 
mer I, 173 mit Uhland's Terte: Es zogen drei Burſche. — 

Mit dem Befenbinderliede ift faht überall ein Ständchen (Zwiegefpräb mit dem Mädchen am 


Fenſter) verbunden. Derartiger Anfang, wie „Mädel fteb auf und laß mich ein“ — dürfte wohl 
der urfprüngliche geweſen fein, bi® der Text verlotterte. Sollte dad Lied gar einem Volksſchauſpiele 
angehört haben? — 





747 


Mit derfelben Singweife fand fih um 1840 im Darmftädtifhen folgender Zert: 1. Wenn 
ih fein Geld im Beutel hab, geb ich in Wald, ſchneid Reifer ab. 2. Geh ich nah Haus mach 
Beſen draus, krieg ih bald wieder Geld ins Haug. 3. Wenn ih die Befen gebunden hab, geb 
ih die Straße auf und ab, rufe: Wer kauft mir Befen ab? — 





980°. Tanzlied aus dem Erzjgebirge. 


1. Maple ftieh auf, zieh's Kitterl na, 's Kitterl na, 
D' Fuhrleut im Stall die füttern ſcho, füttern jo, 
Die Fuhrleut im Stall die füttern ſcho. 


2. Laß fe när füttern, |: ſhabn noch Zeit :| 
|: S'habn junge Röfle, die laaf'n net weit. :| 
3. Bier Rößle vom an Wag'n, vom am Wag'n, 
|: Un a fhön Maple zum |: Baflertragn : | — 





4. Hab ih mein Waaz aufm |: Bergle g'jäet, :] 
Hat mir'n der böhmiſche Wind verweht, Wind verweht, 
Hat mirn der böhmijhe Wind vermeht. 


5. Böhmifher Wind, ich bitt dich ſchö, bitt dich ſchö, 
Laß mir mein Waaz auf'm Bergle fteh, Bergle fteh, 
Laß mir mein Waaz aufm Bergle fteh. 


Mündlih aud dem Erzgebirge 1886. 

Am Niederrhein (im Eleviihen) hat —— — 1828 das Lied mit ige Melodie auf- 
geihrieben und überarbeitet, in —— 73 mitgetheilt: Die Spröde. 1. Mädchen fteb 
auf und laß mich ein, i will die acht dein ale fein! 2. „Ib ſteh nicht auf und laß dich 
ein, erſt kommt die Luft, dann Todespein!“ 3. Mach du nur auf, od’r laß es fein, du ſpröde 
—* “ u” nicht dein. 4, „Ich bin zu fpröde, ſchwung bift du, bat au das Ein’ vorm 

ndern Ruh.“ 


980°. Böhmiſcher Wind, 


Bohmiſcher Wind, ic bitt dich ſchön (bitt dic ſchön), 
Wollſt mir mei Waizen nit verwehn, 
— [Buhhe! Hopfafa! Bivat! Trallalera!] — 
Wollſt mir mei Waizen nit verwehn! 
2. Wenn ih amal Müller wär (Müller war) 
Hübſche vier Schimmel fhafft ich mir, 
Hübſche vier Schimmel fhaff ih mir. 
3. Hübſche vier Schimmel und en Wagn (und en Wagn), 
I: Daß ich mei Gedrat felbft fann fahren. :| 
4. Wenn ih amal Jäger wär, (Jäger war) 
I: Hübſche vier Braune jhafft ih mir. :]| 
5. Hübfhe vier Braune Hund (braune Hund) 
|: Und e feins Mädel kugelrund : | 
6. Wenn ih amal Bauer wär, 
|: Hübſche vier Füchſe ſchafft ih mir. :| 
7. Hübſche vier Füchfe und en Pflug (und en Pflug), 
Und e feins Mädel fuperfiug. 


— 





748 


Fl. Bl. in A. v. Amim’d Sammlung: „Sieben fhöne neue Lieder.“ (Das 2.) Gebrudt in 
diefem Jahr (um 1786). Boller Drudichler und finnlofer Worte 3. B.: 2, 1 Müller mar. 
2, 3 ſchaff ich mer. 

Aus dem fähfifhen Eragebirge bei Dr. Morig Spieß ©.78 und aud bei Walter 1842, 
Nr. 184 ein langer Zert, es ift ein enfterlied und beginnt: „Wenn ich fein Geld zum Saufen 
hab, geh ich in Wald, mad Reiſer ab.“ Str. 4: Sichel ftch auf und laß mid ein, oder ich ſteig 
zum Fenſter hinein! x. Dad Zwiegeſpräch entwidelt fi, fie verhält fich erft abmweifend am 
Schluß (Str. 18) aber heißts: Apfel und Pflaumen find rotb und blau, heifa! wir werben bald 
Mann und Frau. — 





981. Ber Iuftige Bettler, 


Nicht übereilt. Boltömel. 1807. 






Ick und mein jun» ged Weib kön » nen ſchön tan » J 
Sie mit dem Betr de fad, id mit dem Ran za. | Sdhentt mir mal 





Bairrifh ein, wol-Ien mal lusftig fein, Bai-rifh, Bairrifh, Bai⸗riſch muß's fein. 


2, Des Schulzens Mädele 4. Schlähter gehn auf das Land, 
Thut mir gefalle; Wollen was kaufa. 
Gie heifet Gretela Haben 'n Stod in der Hand 
Liebt mi vor alla. Müſſen brav laufe. 
Refr.: Schenkt einmal Bairifh ein ꝛc. Ref.: Schenkt einmal xc. 

3, Hinterm Dorf in dem Sand 5. Mein Weib geht in die Stadt 
Bauern thun dröſcha; Ich bleib da draußa; 
Mädel hat's Hemd verbrannt, Was ſie erbettelt hat 
Henker mags löſcha: Thu ih verfaufe. 
Ref.: Schenkt einmal x. Nefr.: Schenkt einmal ıc. 


Text und Melodie in Büſching's Volkdliedern 1807, Nr. 24. Die Mel. halte ich für febr 
alt: fie ift gleihfam der in Tripeltakt gefepte Nachtanz 2 Adam hatte 7 Söhne — oker: 
Es ging ein Pater längs der Kant x. Den Tert bat C. M. v. Weber neu fomponirt, 


982. Bettlerluſt. 





Wenn die Bet» tel» leute tan-zen, wad’Itder Ko» ber und der Ran⸗zen! 





ei, fo gehts, jo gehts, wal'lt der Ko.» ber und der Ranssen. 





749 


2. Kommt man über eine Brüde 6. Eingemadte Kalbsgefichte 
Klappen fie mit Stod und Krücke. Sind das erfte Leibgerichte. 
3. Kommt ein Bauer vor die Thüre, 7. Dann ftibitte Vogeleier 
Stehen gleih ein Stüder viere. Mit fauren Gurken für zwei Dreier. 
4, Kommen fie num in die Schente 8. Für die Sechſer und die Groſchen 
Spring'n fie über Tiſch und Bänke. Schnapfen drauf fie unverbrofien. 
5. Haben fie num ausgefaufet 9. Nun wohlan, ihr Schweitern, Brüder! 
Wird der Betteljad verſchmauſet. Seid ihr fatt, jo legt euch nieder. 


10.'S wird uns feiner etwas maufen. 
Morgen woll'n wir wieder ſchmauſen! 


Fink, Hausfhap Nr. 158. 


983*, Ber Apielmann aus Schwaben. 


1. Guten Morgen, Spielmann, 3. Da laufen die Schwaben 
Bo bleibft vu fo lang? Und fallen in Graben. 
Da drumten, da droben Da (fprehen die Schwaben) 
Da tanzen die Schwaben Liegt ein Spielmann begraben 
Mit der Heinen Killekeia Mit der Heinen Killefeia 
Mit der großen Kumkum. Mit der großen Kumkum. 
2. Da kamen die Weiber 4. Da laufen die Schwaben 
Mit Sichel und Scheiben Die Weiber nachtraben 
Und wollten den Schwaben Bis über die Grenze 
Das Tanzen vertreiben, Mit Sichel und Senſe: 
Mit der Heinen Killekeia Guten Morgen, Spielleut! 
Mit der großen Kumkum. Nun ſchneidet das Korn. 


Wunderh. I, 1808, ©. 328 unter den Kinderliedern, daher Simrod, Kinderl. Rr. 181. „Aus 
gelaffenheit, unfhägbarer finnliher Bauernhumor.” (Boetbe.) Das Lied „von den Blißſchwaben“ 
, alten Inhalts, wenn pr bier überarbeitet (vergl. Birlinger'd Audg. vom Woh. II, 178). Eine 

oltöweife dazu hat fih midht gefunden. Komponirt ift der Tert von Luiſe Reichardt (1820) und 
Sul, Dtto (vor 1850). 
„Der Spielmann aus der Wirtemberg" wird ald Ton zu einem geiftlihen Lied im 
18, Yabıh. erwähnt (f. Hoffmann, Geſch. d. KL. ©. 413); aber weder Tert noch Weiſe ift davon 
befannt, alfo ein Zuſammenhang mit unferem Zerte nicht zu ermitteln. 


T 1,4 Killekeia, Gigelgaie, Geige, Fiedel. 1,5 Kumkum, Trommel. 





983°. Ber Spielmann (NHiederdeutfdh). 














Mäßig geſchwind. Aus Langenberg im Bergiſchen, von älteren Leuten 1839 gehört. 
— — 
eF— ———— — 








Gu-den A- bend Spel⸗ mann ! Bie gebt es euch dann, mit den Mlei-nen Bir 





öl» en, mit den groo«ten Dom » bam? Wie Minrgelt da Ket «tel, wie 
a —— I | 
— — — ——— — mm Em BE 
—— — — — — = L 


rap» pelt dä Pott, wie dan ⸗ zet dat Maäd⸗ken, wie flür.get dä Rod! 








750 


Ein ähnlicher niederd. Reim ale Faſtnachteliedchen der Kinder bei Simrod, Kinderl. Rr. 181: 


Soden Owend, Godt, Godt? 
Wie rommelt de Pott, 

Wie klinken de Ketten, 

Wie wachen de fFletten! 

Soden Owend, Spillemann, 
Wo bliwt ihr fu lang? 

Mem kleine Biüldhe, 

Mem gruße Bombam. 


Viölken, Biüldhe, Violinchen; der große Bombam ift die ar Kettel, Keſſel; Pett, 
! 


1 
Topf; flüget, fliege. — Godt, Code — Pathe. Der Rummeltopf, rafjelndes Kinderinftrument 
bei Faſtnachtsumzugen. — 





983°. Bie tanzenden Schwaben. 


1. Dort drunten, dort droben 2. Da kummen die Weiwer 
Da danze die Schwäwe Mit Brijel un Scheirer, 
Mit der Heinen Gilgeien Sie wolle dene Alde 
Mit großen Rumbum. Des Danze vertreime. 


3. Ihr Yunge, geht 'erein, 
'S giebt Mailer voll Wein! 
Ihr Alde geht wed, 
'S giebt Mailer vol Dr—. 


Tert aus Lindenfeld im Odenwalde 1659. Die Mel. wußte die Sängerin nicht mehr genau. 
Paſſend ift voranftehende. — So ungefähr mag das Tanzlied gelautet haben, das den Wunder: 
bomberausgebern zuging, die ed dann überarbeiteten. 


J. 2,2 Prügel und Sceiter von Hol. 3,2 Meiler, Haufe. 


954. Ber liebe Auguftin. 


Walzerbewegung. Tanzliedchen vor 1800. 





D du liesber Aurgurftin, 8 Geld ift men, Mädel bin! D du lieber 





V 
Au-⸗gu⸗ſtin, Alles if Bin! 's Geld ift weg, 's Mä-del bin, o du lie- ber 





Au»gu-fiin! D du lie-ber Au-gu-ſtin, Alhb-les if bin! 


Im Elſaß (f. Wederlin, Elf. Voltäl. I, ©. 114) wird der Tert fo gefungen : 


D du lieber Auguftin, Du bifht min, 's Geld ifch din, 
's Geld iſch din, du bijcht min! 's Geld iſch din, du bift min: 
D du lieber YAuguftin, D du lieber Auguftin, 

Du bifh jo min! Du biſcht jo min! 


* Auguftin fol nah Zeitungäberichten ein fahrender Spielmann und Bänfelfänger geweſen 
fein, der um 1678 in Wien geftorben ift. 





751 


Die Melodie läßt fih aber nicht weiter zurüd verfolgen ald bid um 1800; um dieſe Zeit 
war fie ald „Walzlicd“ beliebt zu Variationen und wird fie ein „böhmifches“ Lied genannt. 
So in „Neun Bartationen über das Böhmiſche Volkslied (D du lieber Auguftin) und 6 Walzer, 
tomponirt fürs Glavier von Simon. 10 Gr. Breslau, E. F. Barth, jun. 1804, 

Im Journal ded Luxus und der Moden, ——— von F. J. Bertuch und J. M. Kraus, 
Weimar 1800 —— igenge. dazu ©. 133) deigt der Weimar. Eoncertmeifter F. Deſtouches an, daß 
von ihm im Gelbfiverlag erfcheinen follen: Douze variations p. le Piano-Forte, über das be- 
fannte und beliebte Lied: O du lieber Auguftin. Als neu erfchienen wird in ber Allgem. 
mufital. Ztg. Lpz. 1801, Nr. 51 (Intelligbl. XIII, Sept.) angefündigt: Backofen, H., Variations 
pour la Harpe sur air: Ach du lieber Augustin, op. 4. 


985. Bie klugen Mädchen. 
Ein niederdeutſches Tanzliev (Teich). 


A. Aus Weſtfalen. B. Aus Holftein. 
(Mone, Anz. 6, Sp. 163.) (Müllenhoff ©. 489.) 
As if no 'ne lüttle Deren!) Als ik en lütje Deern meer, 
Gieng if geern fpazeeren; Do ging il mael fpazeeren ; 
Alle Lüde frogen mi: Alle Lüde frogen my: 
Wohön du Lüttle Deren? Wohen du lütje Deern? 
Ik wil in den Goren?) gan, Na'n Meiergaern, na'n Metergaem), 
Wo de bunten Blomen ftan: Wo all de fmuden Blomen ftaen; 
De roden Blomen plüd ih geern, De blauen Blomen plüd it af, 
De mitten?) latt if ftan; De roden lat if ftaen: 
De Yunkgefellen küß ik geern, De Yunggejellen küß if geern, 
De olent) lat if gan. De olen lat if gaen. 


Sept find diefe Tanzreime der alten Zeit nur noch im Kindermund, find Kinderreime gewors- 
den, die fonft von Jungfrauen gefungen und getanzt wurden. 


J GErflärung: 1) lüttle Deren, jugendliched kleines Mädchen. 2) Goren, Garten. 
3) witten, weißen. 4) olen, alten. 5) Meiergaern, Meirei-Garten. 


986. Ber Kirmesbauer. 
Raſch. Aus Dunkerque Dünkirchen). Couſſemaker Nr. 106. 





Sa, boer, gaet naer den dans, gaet al naerden ker-misdans, ker-mis, ker- mis, 





ker-misdans, gaet al naer den dans! 





752 


2.Sa, boer, zit op den stoel; 3. Sa, boer, kiest uw wuf. 
Zit al op den kermisstoel, Kiest eens al uw kermiswuf. 
Kermis, kermis, kermisstoel, 4. Sa, boer, en kust uw wuf, 
Sit al op den stoel. Kust een al uw kermiswuf. 


5.Sa, boer, gaet unt den dans, 
Gaet daer unt den kermisdanz. 


Geſellſchaftsſpiel, au in Deutfchland gekannt, wie folgt: 





937. Ber Birmesbaner. 


Geſellſchaftsſpiel.) 
[Der Kirmesbauer ſitzt in der Mitte und der Tanz in der Runde um ibn hebt an:] 
Brandenburgifch und thüringifh. Erf I, 3, 29. 





fubr ein Baur ind Kir⸗mes⸗-holz, Ki» ka-Kir-mesbolz, es fuhr ein Baur ind Holz. 


1. Es fuhr ein Baur ins Holz, 6. Man gibt den Bauer einen Stich x. 
Es fuhr * Baur ins Kirmesholz, (Er wird geftochen.] 
Sa, fa, Kirmesholz ! 7. Man gibt dem Bauer einen Stof 
Es fuhr ein Baur ins Holz. j s (Gr wird geftoßen.) en 
2. Was macht er in dem Holz? 8. Man gibt dem Bauer einen Kuf x. 
Was maht er in dem Kirmesholz? (Gr wird gefüßt.] 


Sa, fa, Kirmesholz! 


Was macht er in dem Holz? 9. Der Bauer nimmt fih ein Weib, 


Der Baur nimmt fid ein Kirmesweib x. 


3. Er holt fich eine Klafter Scheit; (Der Bauer nimmt aud dem Kreife ein Mädchen 
— ” ſich * Klafter Kirmesſcheit und ſetzt ed auf feinen Schooß.) ä 
a, fa, Kirmesiceit, 10. Das Weib nimmt fih ein Kind x. 
Er holt ſich eine Klafter Scheit. (IJept nimmt das Mädchen einen jungen Bur- 
4.Man gibt dem Baur die Ehr fhen auf den Schoof, nun fien fie zu drei.) 
ag a — die Kirmes-Chr, 11. Das Kind nimmt ſich eine Magd x. 
>a, ja, Kirme r, Der B holt ein junges Mäd 
Man giebt dem Bau'r die Ehr. * gi ——* —* * vier.) u 


Jeder Tanzende — während dieſet 492, Die Magd nimmt fih einen Knecht x. 
Ä [Das Mädchen hat noch einen Burfchen vi 


5. Man fneipt den Baur in's Finn, ed figen jept fünf auf dem Stuble 
Man kneipt den Baur ins Kirmesliun. 43, Mer Bauer ſchied von dem Weib x 
Sa, fa, Kirmeskinn x i Fuge er 

RE ü R ; (Das Scheiden geſchieht mit einem Kuſſe. Der 
Dan kneipt den Bauer ins Kinn. Sefchiedene Forint in den Kreis der Tangenden 


[Jeder Tanzende pft während bdiefer Strophe und die übrigen vier bleiben figen, bis fie all- 
den Bauer am Knie.) mäblih abgelöft werben.) 





753 


14. Das Weib fchied von dem Kind ꝛc. 16. Die Magd fhied von dem Knecht, 
Die Magd jhied von dem Kirmesknecht, 
15. Das Find fhied von der Magd ꝛc. Sa ja Kirmesknecht, 
Die Magd ſchied von dem Knecht. 


[Der Knecht beibt ala neuer Kirmedbauer fipen und dad Ganze hebt von Neuem an.) 


Aus: Deutfhe Liedertafel von Chr. ©. Kanfer 1826, I, ©. 121. Daher bei Erf I, 4, 
Rr.15 und bei Pröhle, welt. und geiftl. Volkslieder 1855, Nr. 85A mit der Bemerkung: Biel« 
*— verdankt das ſcherzhafte Kirmesbauerſpiel einem dem Mailehen ähnlichen Gebrauche feinen 

tfprung. 

Wird auch ald Kinderfpiel in Prov. Sachſen, Braunfchweig, Brandenburg zc. gefunden, 
f. Erf I, 3, 29, Pröble Nr. 85B, 

Aus Dünkirhen in Flandern bei Eouffemaker Nr, 106. 

1.Sa, boer, gaet naer den dans, 

et al naer den kermisdans, 

ermis, kermis, kermisdans, 
gaet al naer den dans. 


2.Sa, boer, zit op den stoel ete. 


988. Ber neue Wagen. 
(Atolämifhes Tanzlied am Johannisabend unterm Roſenhut.) 





Ik zou-de nu zoo gei-ren naer En-ge-land gaen va-ren | Be 
Al ommijn eer-stes wielt-je van mij-nennieuwen wa-gen. 





zal om een gaen zoeken, 
hiernaer de vier hoeken 


van hier o-ver-al —, waer dat ik hem vinden, hem 





vin-den, hem vin-den o - ver - al, waer dat ik hem vin-den zal 












hier mijn pro-per mae-get - je, kommtdanst met mij! | Ik wil 
zal mijn eer-ste wielt je vanmijnen wa - gen 





h’en, kwil ee-nen man, ik wil h’en ee-nen wa-gen - man. 


Coussemaker, Chants pop. de Flamands de France. Gand. 1856, 8. 325. 

„An Sommerabenden, befonderd an den Feſten Johannis des Täuferd und Petri-Pauli, 
pflegt zu Dünkirchen die flandrijche Jugend eine Krone von Rofen über den Weg zu hängen 
und unter derfelben gegen Sonnenuntergang Reigentänge aufzuführen. Jene Krone heißt Roo- 
zenhoed (Rofenbut). Zu Bailleul fingt man bei folder Gelegenheit vorftehendes Liedchen. Der 
Reigen wird von allen Mitfpielenden getanzt außer Einem, der umbergebt und mit einem Plump— 
fat (zuſammengeknödelten Taſchentuche) ein Mädchen aus dem Kreife berührt und nötbigt, ſich an 
feine Seite zu begeben.“ 


Ertu. Böhme, Liederbort, II. 48 





754 


Ueberjegung von B. 


Ich möchte gar fo gerne Ich will gehn es zu fuchen 
Rah Engelland bin fahren, An allen vier Weltenden 
Wär nur das erfte Rädchen Bon bier aus überall, 

An meinem neuen Wagen. Die daß iche finden fol. 


Komm her, mein wadred Mädchen, 
Komm tanz; mit mir 

Du follft das erfte Rädchen 

Ar meinem Wagen jein. 

„Das will ic fein, will einen Mann, 
Will haben einen Bagenmann.“ 


989. Halt an, Wanen! 
[Reigentanz mit Plumpfadfpiel.) 


Allegretio. Couſſemaker, Rr. 102, 





Komt hier, gij pro-per mae-get-je, komtdanst met mij! komt danstmet 







mij! Gij zijtaen’teerste koordet-je van mijnen nieuwen wa-gen, houdal 





aen wa-gen, wa-gen,hou-dal aen wa - gen! Wat zal ik hier gaen 





zoe-ken, van achter in de hoe-ken? 'kzalgaen zoe-ken o-ve-ral, 


waer ik ie - mand vin - den zal. 


Ueberfegung: Komm ber, du jchöned Mägdelein, fomm tanz mit mir! Du bift das erfte 
Rädelein an meinem neuen Wagen. Halt doh an, Wagen, Wagen, halt doch an! Was fol 
— gen ſuchen ven Hinten in der Hufen? Ich will gehn fuchen überall, wo id Jemand 

nden fol. 

Flandriſches Tanz» und Spicellied der Kinder. (Couffemafer Nr. 103.) Ueber die Ausführung 
bemerft der Herausgeber: 

„Das Lied ift ein Reigen, verbunden mit Pantomime. Während die Fleinen Mädchen rund- 
tanzen, fteht eine von ihnen in dem Kreife mit einem Sadtud (Plumpfade) oder einem anderen 
Schlagzeug in der Hand; fie berührt damit eine der Tanzenden, damit diefe ſich binter ihr auf 
ſtelle. Darauf fängt fie das Spiel von neuem an, bis alle Mädchen nacheinander folgend anein- 
andergereiht find und fih hinter ihr aufgeftellt haben, um einen neuen Reigen zu formen. Das 
—* iſt beſonders zu Bailleul im Schwaͤnge. Es wird des Sommers auf Straßen und Plägen 

ungen.“ — 
— us in Holland ift dad Spiel unter dem Namen Houdwagen oder „Schaar“ bekannt 
und wird auch von Knaben gefpielt zu dem Reim: 


Houdwagen een been 
Zonder ziel of zaligheid 
Sal ik er op uitgaan. [f. Kalff S. 530.) 





755 


J Goudw . ift jedenfalld Entftellung aud houd aan wagen (Halt an, Wagen) ! 
Was joll aber der Wagen fagen? Hat man darin noch eine heidnifche Erinnerung? fragt Kalff. 
Unmöglich wäre dad nicht. Seit Alters kennt man den großen Bär unter dem Namen Wagen, 
Himmeldwagen, den die Germanen ſich ald Fahrzeug von Odhin dachten. Auch Hel und Fro Pr Aa 
im Wagen; ebenfalld führt Nehalennia wieder Fahrzeug (Wagen, Schiff, Pflug), bid daraus in 
ee dad Rarrenfhiff und das Schiff von St. Reynut wird (f. Simrod, Mythol. 208, 


990. Wagenſchieben. 
[(Spiellied.) 


Mel. aus dem Siebengebirge um 1860, 








wol vor dad en » ge Gäß⸗chen, wol vor dei Hei« nen Thür. 


2. Der Herr der lief zum Thor hinaus 3. Bol oben auf dem Berge 


Sein Liebchen lief ihm nad). Da zapft man fühlen Wein: 
Ah Lieben, warum läufft du Da find die Zwei beifammen 
Was hab ih dir gethan? Die gern beifammen jein. 


Zert bei Simrod Rr. 361, mündlih aud Menzenberg (vor 1850). 


Yeltere Lesart. 


1. So j&hieben wir den Wagen 3. Sie bracht den allerbeften Wein 
Den Wagen ſchieben wir. :]| Der in dem Keller mag fein, 
Das Bäplein* auf und nieder, Und mer ded Weines trinken will, 
Dem Bürger vor die Thür, :]: Der foll ihr Schlafbuhl fein. 
2. Der Bürger hat ein Töchterlein, (4. Des Weines bab ich — 
Ein ſchwarzbrauns Mägdelein, So manchen ſtolzen Schlucken, » 
Sie kann jo höflich treten Wohl acht oder neun. 
Und bracht' eine Kann mit Wein. Wenn id denn getrunfen, fo ſchlaf ih ein. 


Bergliederbüchlein c. 1730, Nr. 88. Tert etwas verderbt, befondere Schlufftropbe. 
* Statt Gäßlein ſteht ſinnlos Glaͤßlein“. Oder liegt dem Liede ein Trinffcherz zu Grunde? 
»Schlucken = Schlung. 


991. Ber Hiebenhüppel. 


Alter märkifcher Volkstanz (nicht der era wer) ® 
Munter. Aus der Umgegend von Luckenwalde und Jüterbogt 1860. 










Wil du meinen Bil» beim bab'n,mußt du ro » tbe Bän - ber trag'n. 
Andrer Zert: 1 23 4 5 6 fieb'n, we ift denn mein Schatz ge-blieh'n? 





„Ro » tbe Bän» der trag ich nicht!“ Kriegftauh mei « nen Bil» beim nid. 
In Ber⸗lin, — in Gte-tin wo die hbüb»fhen Ro » jen blübn.) 


48* 





756 


Ausführung: Im erften Theil hüpft dad Paar ſiebenmal vorwärts und wieder fiebenmal 
— Den zweiten Theil tanzt dad Paar entweder wie den Schotiſch oder es büpft im 
eife herum. 


Mit dem alten Solotanz (Siebenfprung) hat diefer Siebenhüpfel nichtd gemein. 


992. Bie Hiebenfprünge. 
A. Aus Weftfalen. 


























Uralter Bolfdtanz. Gegend von Soeft (Weftfalen). 1856. 
# 
sem: — — ———— 
— — —— — — 
Tanz mir 'mal die Sie» ben» fprün»ge, tanz mir 'mal die Sie» ben! 





Wer die fie» ben nicht tanzen fann,der muß tanzen was er fann. Juch=be! 





Bei diefem Tanze wird zuerft paßirt (im Schritt hin und ber gegangen). Bei Juchbe! wird 
zuerft mit dem rechten Fuße geftampft, beim zweitenmal mit dem linken, beim drittenmal auf das 
rechte Knie gefallen, beim vwiertenmal aufs linke, beim fünftenmale mit dem rechten Ellenbogen 
auf die Erde geftampft, beim fechötenmal mit dem linken, * ſiebentenmal mit der Stim auf 
den Bogen geihlagen, und fo alles rüdwärtd von 7 bis zu 1 


B) Aus der Uckermark (Grenzow 1850). 
Ebenfo in Rorbbaufen. 


Be Di > I — — — —* — — — — 
—— ———— —— 
FE 4 ee: z | — — ne —— 


Spieltmir mal die ſie-benSprünge, ſpielt ſie mir all ſieben auf! Kam ein pol ſchet 
1. Vers bis 2, zweimal, beim 3. dreimal. 
on — 











Bet » tel⸗mann, frug mich: ob ih tan- zen kann? Ich auf! Ich auf! Ich auf! 


Zwei tanzen (Frau und Mann), Alles folgende wird von ihnen gleichzeitig fo ausgerübrt 
wie vorher befchrieben ift. 


C. GSiebenfprung aus Schwaben. 
— einem Auffage „Erntegebräuche“ ſchreibt die Illuſtt. Zeitung Ez. 1854, Nr. 582, 


e" ganz befonderer Tanz, der in Schwaben bin und wieder noch beim Emtefeit zur Aus- 
führung fommt, heißt „der Siebenfprung“. Die Hauptrolle dabei hat der „Zänger. Er muß 
zu beftimmten Beiten fi iebenerlei Bewegungen machen und zwar 2 mit den Füßen, 2 mit den 





757 


Knien, indem er niederfniet, 2 mit dem Ellenbogen, den er nad) einander auf den Boden ftößt, und 
eine mit dem Kopfe. Dabei fingt er: 

Mad mir nur den Siebenfprung, 

Mach mir's fein alle Sieben! 

Mach mirs, daß ih tanzen fann, 

Tanzen wie ein Evelmann. 

'8 ift einer! 

Mit den legten Worten wirft fih der Tänzer auf die Anie und berührt mit dem Kopfe die 
Erde, was die fiebente Bewegung ift, und wobei dad Mädchen um ihn herumtanzt. Dann wird 
der Bers wiederholt und mit denfelben Bewegungen dazu getanzt. Am Schluffe beit ed dann „Es 
find zwei!” Und fo zählt der Tänzer mit fiebenmaliger Yo en des Verſes bis fieben. Dann 

eht es rüdwärtd und zwar mit denſelben Bewegungen, indem er zählt: 's find ſechs! 's find 
Kun ! zc. bis auf eind. Die Muſik zu dem feltfamen Tanz wird „Schottifd genannt. Bon den 
jüngeren Leuten können ihn nur fehr wenige ausführen.“ 

Schon in ®räter'd Idunna und Hermode 1814, ©. 39 wird dad ſchwäbiſche Erntefeft, das 
Sicelbängen und der Giebenfprung gefhildert: „Nun tritt auch ein flinfer Schnitter auf nnd tanzt 
den Siebenfprung. Diefer nicht allgemein bekannte, aber jehr alte Tanz wirb nad einer 
eigenen Muſik nur von Manndleuten, ausgeführt. Im der Mufit wird der leßte Ton mit Nad- 
drud ausgehalten und dazu vom Tänzer eine Stellung oder Sprung audgeführl. Nah Wieder 
bolung der Muſik werden am Ende zwei Zöne audgebalten, zu welchem (nebft —— ded 
erften) ein befonders ausgezeichneter Sprung erfcheint, und fo repetirt fich der Tanz fiebenmal und 
bringt nebft jededmaliger Wiederholung des vorigen einen neuen Sprung hervor, fo daß am Ende 
alle Heben oft fehr feltfamen und offetlichen Sprünge und Stellungen nad einander folgen.“ 


D. Bom Rhein (unfem Bonn: Simrod, Mythol. 551). 
Könnt ihr nicht die Siebenfprüng, 
Könnt ihr fie nit tanzen? 
Da ift mander Edelmann, 
Der die fieben Sprüng nidt kann. 
Ih kann fe, ich kann fe, ih kann je! 


E. Aus Weftfalen (Kuhn, weftfäl. Sagen u. Gebr. II, 44). 


Kennt ihr nicht die Siebenfprüng, 

Kennt ihr nicht die fieben? 

Seht ihr, wie ih tanzen kann, 

Ih tanze wie ein Evelmann. 
Hopp! x. 


F. Aus der Markt Brandenburg als uralter Kirmestanz noch 1840 gefannt. 


Mad mir nur die Siebenfprüng, 
Mach mir’ fein all fieben! 
Mad mir's, daß ih tanzen kann, 
Tanzen wie ein Edelmann. 
's ift Einer! ꝛc. (wird fortgefegt). 


G. Tert nad Grimm, Mythologie. 


Könnt ihr nicht die Giebenfprüng, 
Könnt ihr fie nicht tanzen ? 

Wadres Mädchen, wart auf mid, 

Bis ih komm und hole did. 

Ih kann fie; ih kann fie, ih fann fie! 





758 


H. De Zevensprong. 
Niederländifch, bandſchriſtl. um 1770. 






Gi, wie fan de ze ven» fprong Ei wie fan fe dan =» ſen. 





e » mex. 


Niederländifche Faſſung in: Jahrb. f. niederd. Sprachforſchung 1892, Mufifbeil. 


I. Syv spring. 
Alter Tanz. Dänisch (aus Bendöpffel) nah einer Samml. für Elavier. 










[1.Gang]) 2.00 | 


Ueber diefen uralten, fonderbaren eh der wahrjcheinlich Ueberreft eines Opfertanges 


aus der gene ift und bis in die Neuzeit zumeilen noch ald Erntefeft- und Hocdzeitätan; 
aufgeführt wurde, vergl. meine Geſch. des Tanzes in Deutihland I, 156 ff. Dort im II. Br. 
Nr. 314 noch mehrere Melodien. 


993. Runda’s (Tanzreime). 
Aus Sachſen vor 1740, 


1, Drei Tag ift Kirmeß, 2. Nähten ward die Zeit, 
Ueber8 Jahr wieder, Da gieng ih auf die freit, 
|: Herz mir das Mädchen Gieng ih zu Richters Magd, 
Im rothen Mieder. :] Die mird hat zugefagt. 


3. Zanzt mit mir, tanzt mit mir! 


Ih hab eine fhöne Schüne für. 
Meine Schweiter hat aud eine Sitte: 
Wenn fie tanzt, fo huppt fie nitte. 


Bergliederbüchlein 1740, ©. 158. Die 3. Strophe fommt noch ald Kinderreim in Sachſen ver. 





759 


994. Ber Leimftängler. 


Bal. Haufmann, Deutfche Täntz. Nümb, 1609. Nr. 39. 





Eind dir denn die Ho » jen» bän-» der Hlän= ger denn die Strüm » pe? 





= 
[> 
Ba +» rum bin »deft du fie nicht He» rumb ber in die Krüm » pe. 
Der Schwälmer. 
Mäßig bewegt. Mündlid aus dem Schwalmgrunde 1845. 










— ee 
Ei, fin dr denn dei Horfen-ben-gel län-ger als bei Strüm-pe? 


HM dr denn dad re » te Bein viel für» ger ald das Min - te? 


1. Sind dir denn die Hofenbänder länger als die Strümpe? 
Warum bindeft du fie nicht herumbher in die Krümpe? 


2. Sind dir denn die Neftel an den Schuhn fo ausgewalfen? 
Gleich ald wenn ed Klauen wärn von einem wilden allen. 


3. Sind dir denn die Hofen unten weiter denn dar oben? 
So haft du mit leichter Müh dein Füß darein gefchoben. 


4. Ift denn dir dein Wams fo aus(gefüllt) mit einer Spiten 
Was mag denn drunter heimlich umd verborgen figen! 


5. Hangt dir denn um deinen Hals fo groß herum der Kragen, 
Daß er für ein Geſchwade Reuter Schatten möchte tragen? 


6. It dir denn der Rand am Hut fo breit herum gelegen? 
So dient er dir für vie Sonn fowol als für den Regen. 


7. Thun dich denn die Fliegen und die Muden fo verieren? 
Möchſt du wol für dein Gefiht ein Nafenfutter führen. 


8. Sigt dir denn dein Käuzlein alfo hübſch auf deiner Stangen? 
So geh Hin und thu damit viel feiner Vöglein fangen. 


Tert und Mel. bei Bal. Haufmann, Deutihe Täntz. Nürnb. 1609, Nr. 39. Schon in deſſen 
Benudgarten 1602. Diefelbe Mel. mit — ei Werlin, Hoͤſcht. von 1646, ©. 1271. 
n dem Schwalm-Grunde (füblih von Kaffel, Kreis re gabe noch vor Kurzem 

einen alten Rationaltanz „der Shwälmer”, mit beftimmten Geftitulationen und Körperbewe- 
ungen audgeführt, die mit einem taftmäßigen Zufammenfhlagen der Abfäge und mit Gefang 
egleitet waren. Dabei wurden Strophen laut, wie die obenftehende. (So berichtet die Zeitichr. 
ansler 1870, ©. 667. — Man fiebt, die Worte zum Schwälmer find diefelben wie zum Leim: 

ängler. 


TG Hofenbändle (Hofenbänder) waren in der Zeit, ald man nur furze Hofen trug (bevor 
die langen Pantalond auffamen) die Bänder, mit weldhem die kurzen Hofen über die Knie ui 
gebunden wurden. 


ammen« 





760 


995. Airchweihfeſt. 


Heiter. Aus Vachdorf im Meiningerlande 1859. 
EZ — I 







a 2 — — 2 





Ich geh auf die Kir-meh, wer will mird verwehm? Und wer mird ver«beut, der 


Mei Schap- al» ler» lieb» ler der bat mi be+ftellt, | 
to fih geſcheern. der bot mich oh nöm-mer be » lo »ga, gesprellt, | 





Schatz, mei Schap, mei Schap, mei Schag, mei Schag, mei Schap. 


b) Berwandter Kirmeß-Reim. 


Freu dich, meine Suſele, 
Die Kerbe id bald! 

Ich kauf dir en Klunker 
Und henk dern an Hals, 


ce) Kirmeßluſt. 


Buben Iuftig, —* luſtig— Und er liegt in dem Grab 
Heut ift der legt! T Und bat d' Auglein zu: 
Und ein Mancher er fuftig, Und ich ſteh auf der Gaſſe 


Sept liegt er im Grab. Und bin ein luftger Bue. 


996. Auf der Birmes. 


Mäßig. Niederrbeinifch u. weitfäliich. 





Root one noh end dren=» ken, fud« fer » lie» vet Ge» vet » chen, 





loot ond noch end dren-ken, ful-ter» lie» vet Meid! 


2. Brandewyn mit Suder, 3. We fall dat dan betalen? 
Suderlievet Geretihen ! Suderlievet Geretſchen! 
Brandewyn mit Suder, We fall dat dan betalen? 
Suderlievet Meid! Suderlievet Meid! 


4, Den erften Buur, den beften, 
Suderlievet Geretſchen! 
Den erften Buur, den beiten 
Suderlievet Geretſchen! 


Bom Niederrhein (Meurs). Miederd. Liederb. Nr. 60. Haft gleih 1839 aus Steinhagen in 
Weftfalen: Ei lot us no end drinken, föte lewe Greet. 


T 1. Loot ond = laft und; end — einmal; fuderlievet — zuderliebed; Geretſchen = Gets 
chen. 2. Der Branntwein wird nämlich in dortiger Gegend mit Zuder verſüßt. Br = Ba; 
betalen, besablen. Den = ber 





761 
997. Kirmeslied, 


Mäßig geihwind. Aus Sachſen. 





‚Ah wenn doch im-mer Kir⸗mes wär, ad wenn doch im-mer Kir»med 





mär! Lie» bed Gretschen, wad» red Mädschen: wo geht der Weg nad Hal = le?‘ 
(Feft u. beftimmt.) 
— — 






Immer den Fußſteig lang, immer den Fußſteig lang, bei der Müh⸗le weg, weg, weg, weg, weg, 


— 
bei ber Müh- le weg, weg, weg, weg, weg, gebt der Weg nah Hal » Te.“ 


2., Ach, wenn doh immer Kirmes wär! 3., Ach, wenn doch immer Kirmes wär! 


Ah ich bin fo trunken, :] Und mein Beutel, und mein Beutel 
Daß ih nur nicht falle!“ Und mein Beutel niemals leer!” 
„Immer den Yußfteig lang :| „Immer den Yußfteig lang, 

Dei der Mühle weg, weg, weg Bei der Mühle weg, weg, weg 
Geht der Weg nad Halle.‘ Geht der Weg nah Halle.“ 


Mündlih um 1839 aus der Provinz Sachſen Erf I, 3, Nr. 52. 

Gewiß ein altes Kirmeslied, wenigftend aus dem Ende des 18. Jahrh. ftammend und die 
Mufit aud damald gangbaren Bolkäweifen zujammengefegt: der Anfang’ ift die Mel.: Ich 
bab ein Feines Hüttchen nur zc. Der dritte Theil erinnert an: Wenn ich ein Vöglein wär. 


998. Beim Kirchweihbegraben. 


O Kirwe, bleib au no mai do! 
D Kirwe, laß nimmer mai no! 
Drunten im Flecke 

Bil d'Kirwe verrede. 

D Kirwe, bleib au no mai do, 
D Kirwe, laß nimmer mai no! 


DB. Auerbah , Schwarzwälder ia bar Mannh. 1845, IL, ©. 528. Boran geht die 
‚ wie die Kirchweih feftlih begraben wird. 


Beſchreibung des ſchwäbiſchen Volksbrauch 





Da dro » ben auf dem Ber » ge, wo der Wind fo ſtark weht, ift 






v 
Perter» le mit dem E» ber» le, und tan»zen Mernuett. 





762 
2. Spridt Peter zum Eberle: Mein Strumpf bat ein Loch! 
Sprit Eberle zum Peterle: Ich ftopf dirs heut noch! 


3. Sprit Eberle zum Peterle: Wie ſchmeckt dir der Moft? 
Sprit Peterle zum Eberle: Ich hab nod feinen Loft. 


4, Und wenn meine Mutter den Topfkuchen badt, 
So bin id der erfte, ver daran fnadt. 


5. Und wenn mein Bater den Prügel ſchwingt, 
Da bin ich der erite, der davon ſpringt. 





Ich mag dich nicht lie» ben, ih kann dich nicht lie-ben: doch daß ib dich 
Haſt'ne Warz auf der Naſen, könnt auch ei» me kriegen, nur wenn du'n wen'g 





ar nicht mag, das ſag ich nicht, 
— wärjt, ſchadt es dir nicht. 


UI. Theil. Erſte Melodie wiederbolt. 


ir BE Ta — — wm nen m 
HS 


—⸗ = * * — 
| Mad machſt du? ſprach er; ib ſpei — = iprab fie; Tab fe» ben, iprad 
'S iſt bein, ſprach er; mußt bla »jen, ſprach ſie; ja, ja, ſptach 































er; das fiehf du, ſprach fie. 
er; Sm, bm! ſprach fie. 


Zert und Mel. bei Krepfchmer 1840, I, Nr. 74. 
Soll nah en dort aus Süddeutihland ftammen; vermutblih am Ende des 18. Jabrb. 
zu einem damals beliebten Tanz (Zmweitritt?) gefungen. 


1000. Ber Troßkopf. 


Schwäb. Tanz (Ulmer Gegend). 














Und wenn mir mei Mutster feil 


Drei Tag, drei Tag geb mer net ham! Und wenn mird mei Ba + ter nett 











Pläp» li bädt, | 


na» &i traat. drei Tag, drei Tag gebn mer net bam. 
nu » di audi, ” wi 








763 


2. Drei Tag x. 
Und wenn mir's mei Bruder net zjamme fchneidt, 
Und wenn mir's mei Schweiter net eint geit: 
Drei Tag, drei Tag geh mer net ham. 


J Plägli, flacher runder Kuchen; einigeit, eingibt, in den Mund ftedt. 
Aehnlicher Faſchingsſcherz: „Ah Mutter, Mutter de Finken fin tudt!“ 


Defterreihijher Zert: 
Mel.: Stieglig, Stieglig, 's Zeiferl id krank. 
1. Drai Dag :|: geh-n-i nid hoam! 
Is was in unfem Haus, ſchaut wia da Daifl aus, 
Drai Dag :|: geh-n-i nid hoam! 
2. Drei Dag :!: geh-n-i nid hoam. 
Had mi main Bäda gihlagn, wärs fhon de Muada fagn: 
Drei Dag :|: geh-n-i nid hoam. 


1001. Altrheiniſcher Bolkstanz. 


(Wird als „Hoppswalzer" getanzt.) 
Aus dem Kreid Weplar 1871. 





— —— 


Hop »fa, mei Lor⸗che, dreh dich mal drum! Dreh dich mal rum, dum, dum, 












daß ih mal auf dich fumm. Hop-fa, mei Lor-ce, dreb dih mal rum! 
Mel, gleicht der zu: Stiefel muß fterben. 


1002. Ber Iufiige Bub (Zählgeſchichte). 


Munter. Aus dem Schwalmthale 1880. 





un ur > a ie er en ae — — — 
Rd) —— —— — 
ME AM HE ZEN EM ZUM ů——⏑—⏑ ——— 
— ee a a 





Ei, was binih für & Iurftisger Bub, ich kann ja jo zwi«gersflich tan = ze! 
—— — — — 
— Wr 1% 





— —— ——— 
Ei mad hab ih für ä Schüh-le an ei was hab ih für äSchnalle dran. Mei 
* z v er &tr. 2 






Bu en — — — 
Schnal⸗le, mei Schub. Mei Zwick⸗le, m. Strümpfle, m. Schnalle, m. Schub. 





764 


. Ei was bin ich für ä& Iuftiger Bub, 

Ih kann ja fo zwitzerlich tanze! 

Ein was hab ich für ä Strümpfle an, 

Ei was hab ih für ä Zwidle dran. 

Mei Zwidle, mei Strümpfle, mei 
Schnalle, mei Schub. 

.Ei was bin id) ꝛc. 

Ei was hab ih für & Hösle an 

Ei was hab ih für & Bändle dran! 


4. Ei was bin id x. 


Ei was hab ih für ä Weſtle an, 
Ei was hab ih für ä Täſchle dran! 
Mei Täſchle, mei Weitle, mei Bändle zc. 


5. Ei was bin id ꝛc. 


Ei was hab ih für a Tüchle an, 
Ei was hab ih für a Knötle dran! 
Mei Knötle, mei Tüchle u. ſ.w. (Alles 


Mei Bändle, mei Hösle, mei Zwidle, 
mei Strümpfle, mei Schnalle, mei Schub. 


rüdwärts wiederholen.) 


Lied fhon im Feinen Alm, 1778, 

Der Kinder Luftfeld 1827, ©. 91: Das Lied vom Iuftigen Schwabenbübdhen. Anfang: Hei, 
was bin i a luftiger Bua! Wie kann i fo zwitierle tanze! Radlof, Mufterfaal II, 5. Pröble 164, 
Schoitth 23 und 24 (a. A). Ditfurth II, 296, Meinert 91. Köhler, Voltei. 305. Simrod 
Ldb. 271, Birlinger 162. Im „Feſt der Handwerker“ von Angeln (1828) fingt Gretchen ein äbn- 
liches Lied „Ei, was braucht man, um glüdlich zu fein?” 

Das Lied ift alt. Mel. Frank, Fasciculus quodlibeticus. ee Er im Quodli« 
bet 2 bat die Stelle: Hand bat Hofen an, bat Wammes darzu. ein Finger, mein 
Daumen, mein Ellbogen. — Dan. fsriderici: „Newes, ganp luftiged vnd kurtzweiliges Quod- 
libet, Mit 5 Stimmen, Roftod 1622: Hand bat Hofen, bat Wammes in ju! — und weiter 
dafelbfi: Das Glück wird wol wiebrumb ein Feinen, ein Hübfchen, ein Schönen, ein Zarten, ein 
Jungen, ein Stolzen, ein Ftommen, ein Reihen, ein Braven, ein Ausbund beſcheten. — In 
6 —— Grillenſchwatm um 1620, abgedr. in Weim. Jahrb. 3, 129 heißs wieder: Hand 

at Hojen an x. — 


T Grflärung: 1,2 zwigerlen — gligern, mit fpielendem Lichte E en; zwigeli, glän- 


zend artig. 3. Neftie, Neftel, Hofenbändchen. 4. Preidle, die Preife, Saume oder Kragen 
am Hemde. — 


1003. Ber Obendrauf*. 
Alter ſchwäbiſcher Vollstanz mit Taktwechjel. 





Spring i net wia Hirſchle 
fomm fe g'ſchwend! Will je mit mir tan-za, 


1. Bin i ne a Vürſchle 
2. Go⸗ta Mor-ga, Jungfer! 


auf der Welt? 








1. auf 'em Feld? Auf’em Feld im grüna Holz be» gegenet mera Sungfer ftol;. 


2. geb je P’Händ! "Stühle auf und abgefchwenkt und a Glädle ein-geihentt! 





3 Shöne Mu⸗ſi- fan-ta, 
Zänzele 


fpie » let auf! h x 
"1 Spielet mir a 0» ba drauf! Auf » ge » pupt, ein » geſchnürt, 





23 Sa. meen Se Ei —— s== 


* vn — 
luſtig zum Tanz ge-führt. Heisfa » fa» fa! Hoprfa =» fa« fa! 








» DO bendrauf beißt Zugabe, Uebermaf, legter Tanz. 





765 


* Aus: Büſching, wöchentliche Nachrichten 1817, II, ©. 217. Notirt in der Umgegend von 
tuttgart. 

Auch bei Silher IL, Nr. 6. Der Taktwechfel im erften Theil ift dort entfernt, indem alle 
Biertelpaufen weggelaffen find. — Im Wunderborn II, 1808, Anh. 85 ſteht der Tert ind Hoch⸗ 
deutſch übertragen, wodurch aller Reiz diejed alten Württembergifchen Tanzliedes verloren gebt. 


1004. Ber Landsknechts-Tanz. 


Mäßig bewegt. Mündl. aus Ehweinfurt, Ditf., fränf. BR. IL, Nr. 389, 
—— — — 


— ——— ———ſ 


Schauts, ihr lie-ben Leu⸗tel, be⸗tracht' mich fein recht, ob ichs nit bin ein 





— 2 
— En Fre 
— — 
—— — wu 


Mei Fe» dern mei Hut, ſteht mir nit A: led fo gut? Mei 
„ zu jeder folgenden Strophe. 
ES 









Knöpferln, mei Mü+gerl, mei Fe» dern, mei Hut, 


Text hat nod 2 Strophen. 


1005. Warnung. 


Zanzliedchen aus der Schweiz und dem Elſaß vor 1800. Erf I. 2, 6, 


—f — — 

U GENE * —⸗ — — a ze 

zen rs — — — u 
— —s— — in — 
ü> ber mis Mät-te » li, gang mer nit geng dur mid Gras, 









































een u mDTerEhe ı EEE — VER — 
—— — — ET BE Ta \ ET De ⏑ ERBE IE BEE —— — 


gang mer nit geng zun mim Schäsße » li, o⸗der i prüg-le di ab. 


b) Anderer Tert. 


Aus Thüringen. Schleicher Nr. 49. 





Wahr mer net üsber mei Asder« le, fahr mer net üsber mei Wies: 





Schlofmer net bei mei Kat-ter «Te, fohlofmer net bei mei-ner Lies, 





766 


c) Dritte Lesart. 
Mäßig fchnell. Aus — 1.3. und der Schweiz. 


BE ————— 
FeF———— — — 


Fahr mer net ürber mein Werder» T fahr mer net ür ber mein’ Wied, 


— * — 
* Su r 4 
ie — 
mn an me a nem 
r ⸗ — — ö— res — — — — ——— — 


0» der i prügsle di wäsger« le*,Hanefel, i prüg-le di gwiß! 





























2. Meitihi, wo hei du dis Chämmerli! 3. Meitfhi, was bet der Draguner gjeit, 


Meitſchi, wo heih du dis Bett? Wo-n-er iſch komme zu dir! 
Hinter der Stege-n-tich des Chämmerli, Hat mer gfeit: wenn er fei Brävert find, 
Hinter der Thüre-n-iich des Bett. Well er denn blibe bi mir. 


4, Meitihe, was bei ihm zur Antwort gä, 
Wo du die Rede heſch ghört? 
Ha-n-ihm gieit: ſcher di fo wit ad d chanuſt, 
Du bift kei Bräveri werth! 


Mittler Ar. 1227. Erf L 2, Nr. 6 (1837). Wyß 1826, daber Kregfchmer II, Rr. 214. 
(Aus der Schweiz und dem Elſaß.) Nah Krepichmer wieder bei Wederlin I, 166. Ert, Lob. 
Nr. 98 blos erſte Strophe, wie unter C. 


1006. Wanzlied, 


Maͤßis. Aus Spahbrüden im Odenwald 1860. 





it ja mein Schägche draus, al⸗le⸗weil gehn ih bin bin» aus. 


2, Bift du denn gör nit mein lieber Schatz, 3. Schwimmen die Fiſche im Teiſch herum, 


Bift du denn gör nit mehr mein? Steden die Schwänz in die Höh: 
Ih häbb dich fo oft und fo treu geliebt, Wenn idy mein Schätzche beim Andere ſeh, 
Kann es denn gör nit mehr fein? Thut mir mei Herzhe fo weh. 

4. Zuſatz.] 


Geh mir net über mei Ückerche, 
Geh mir net über mei Wies, 

Geh mir net zu der roth Bärbelche, 
Geh mer net zu der jhwarz fies! 


Mel. ift ziemlich diefelbe wie zu: Fahr mit mir über mein Aderle. 


— — — — 





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768 


100%. Mädchens Troft. 


Langſam. Mel. vor 1800. 


— 
Tee GE TE ———— 





ban e male Schäprle gbat, i wollt, i hätt es no. 


2. Yet aber ift mer's g'wandert 3. Und weil i net fa bintebrei, 
Dem Oberländle zu, In meine dünne Schub: 
Do findt er bald en Andere, Guck i au no men Anderen aus, 
8 doch e kecker Bue. Gott geb mer Glück derzu! 


So der Tert bei Silchet 11. Heft, Nr. 5. Die Mel. ſteht ald Schweizermelodie in Fr. Reich⸗ 
hardt's Liederfpiel „Lieb und Treue“. Berlin 1800, Nr. 6. Silcher hat fie aufgenommen, daran die 


beiden Auftaftnoten geändert (a b) und im vorlepten Taft blos vier Achtel febe|.a geſeßt. Er 
irrt fi aber, wenn er fie ald von ihm fomponirt bezeichnet. Man fang nach dieſert Weiſe das 
Lid „Wie kommts, daß du fo traurig biſt“; fo ſchon in Gotha 1820 (f. Ert L 4, 35). 

Entftellt und verzerrt — 6/4 Takt 3* diefelbe Mel. erft 1826 in der Sammlung Schweizer 
Kühreiben. Bern 1826, ©. 8 


1008°. Erinnerung an das Schäthle. 


1. Das Gäßle, das i gange bin, 2.'S ift no nit lang daß geregnet bet, 
Das Gäßle gä-n-i no: Die Bäumle tröpflet no: 
Das Schäzle wo-n-i gliebet hä, I bä-n-emol e Schäzle abet 
Das Schäzle lieb i no. I wett i hätt es no! 


3. Jetzt aber ift es gewanderet 
Mit ſamt de Strümpf und Schueh;* 
Jetzt hä-n-i wieder en Anderes, 
'S iſt au e braver Bue. 


Mündlih aus der ya Pen 1808, Liederbort Nr. 78%, Ebenjo bid auf einige Bud» 
ftaben: Meier, jhwäb. DE, 


*» Bariante: 3,3 = e (Unter)ländle zu. 
J. 1. Ih gä, gob, gon = ich gebe; iha = ih habe. 3. an, aud. 


1009, In Lauterbach. 























Luſtig. Mel. aus Thüringen, Heſſen, Naſſau u. den Rheinlanden. Bor 1820 ¶entſtanden 
— 3 ? r - 
2 I — ar 2 ve _— 1 [2 — 
| . ; Ehe mar Je | re — 
I 4 4 #„—-9--# s— — —— — ö—⸗ — — 
— m & LEER 1A. ] — 
Zu Lauterbach hab ich mein Strumpf verlom, und ob- ne Strumpfach ich nit beim, drum 
“ — — — 
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7-.—: ..6 — ⸗ 4 — — —— — 
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ft wieder nah Lau⸗ter-bach und hol mir den Strumpfan mein Bein. 





769 


Süddeutſcher Tert. 


1. ZLauterbach Hab i mein Strumpf verlorn, 
Ohn Strumpf geh i nöt hoam, 

Geh ich halt wieder nad Lauterbach, 
Kauf mir an Strumpf zu dem van, 
.Z'Lauterbach hab i mein Herz verlorn, 
Ohn Herz kann i nöt lebn; 

Muß i halt wieder nah Lauterbach, 
's Dirndl muß's feint mir gebn. 

. Bater, wann giebft mir daun's Heimatel, 
Wann läßt du mir's überfchreibn? 

'8 Dirndl wachſt aufals wie'8 Grummatel, 
Ledig willd o nimmer bleibn. 


4.'S Dirndel hat ſchwarzbraune Augelein, 


Nett wie a Täuberl ſchauts her; 
Und wenn i beim Fenftera Schnappler thu, 
Kimmt fie ganz freundli daher. 


5. Wenn i ins Zillerthal eini geh 


Leg i mein Pluderhoſ' an, 
Und wenn i mein Dirndl in d’ Kirchen ſeh, 
Schau i kein'n Heilgen mehr an. 


6. Alliweil fann man nöt Iuftig fein, 


Aliweil fann man nöt woan: 
Das einimal geh i zum Dirndl aus, 
Das andremal bleib i dohoam. 


Zert aus Oberbayern und Tyrol, nad Art der SchnadahüpfIn mit manchem Zufag zu finden. 
Das luftige Tanzlied, noch jegt zumeilen gehört, erfhien ſchon im bayr. Dialekt, auf einem 
fl. Bl. (um 1820—30) gebrudt, 15 Strophen bunten und theild fehr fchlüpfrigen Inhalte, davon 
nur die Anfangäftropbe bier ftehen mag: 
„In Lauterbach han i mein Strumpf verloam, 
Ohna Strumpf gang i nit hoam; 
Gang i halt wieder nah Lauterbach, 
Kaf mir en Strumpf zu mein van.” 


Jedenfalls ift das Lied in Sübdeutfchland entftanden, aber auch in Mitteldeutfhland und am 
Rhein fehr verbreitet, 


T Ginen Drt Lauterbach giebts im fächf. VBoigtland, in Heffen, Württemberg und auf der 
Infel Rügen. Welcher ift gemeint? — 


1010. Bie Lauterbarherin. 


Luſtig. Aus dem Elſaß und vom Oberrhein. Weckerlin IL, 170, 





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beim; drum geb ich nun wieder nad) Lauterbach zu, und fauf mir einStrumpfanmin Bein. 


2. In Lauterbach hab id min Schuhe verloren 
Und ohne Schuh’ geh ich nit heim; 
Da fteig ih dem Schufter zum Fenſter hinein 
Und Hol ein Paar andre heraus. 

3. In Lauterbah hab ih min Herzel verloren 
Ohn Herzel da geh ich nit heim; 
Drum geh ich erſt wieder nad Yauterbadh nein, 
Und Hol mir ein Herz wieder ein. 

4. Bin alle mein Lebtag nie traurig geweſen, 
Un bin a zum Trauern zu jung; 
Hab immer die Junge recht gerne gejehn 
Und große und Heine genung. — 


Ertl u. Böhme, Liederhort. II. 49 





770 


1011. Ber lorkre Burſch. 


Heiter. Aus dem Elſaß. Bederlin II 318. 


4 sm — — —— —— 
De Ir rar m — — as 
— nn m an mn im nn m m en m — 




















S'iſch noch nit lang, daß's g'regnet hat (gregnet bat), die Bäumle trep⸗fle noch, die 





Baͤnm⸗le trep= fle — Un i han ä—mol ä — g'ha, i wott i bett es 





noch, un i han ä mol ä Schä-pälä g’ba, i wott i beit ed noch. 


2.D du Meiner Waſſerſtelz Waſſerſtelz,, 3. Ein Kreuzer Geld das hab ich ſchon 


Und ad! |: du Meines Bögeli! :| (bab ich ſchon) 
Wie lottelt dir das Wädeli, |: Der Beutel der ift voll. :| 
Un haſch fein Kreuzer Gel! Ih geh bis in das Wirthshaus nein 


Und faufe mid ganz voll. 
Diefe Mel. ähnelt der zu: „Ich fab en Topp mit Bohne ſteh.“ — If. folgende Rr.) 


1012. Aaruſchka. 


Munter. Niederd. Tanzliedchen. Niederbeutiches Liederb. Hamb. ©. 80. 





Wen hyr en Put mit Bonen fteit, un dacr en Put mit Bey: den laat it Bry un 





rie, Marie, Marrie! Masrie, Marie, Marrufch- fa-fa, Marrie, Marie, Marrie! 


Auch in Mitteldeutfchl. (Thüringen, Sachſen) vor 1850 gebört: 


„Ic ſah 'en Topf mit Bohnen ftehn 
Und auch dazu die Brüb, 
Doch lich ih Topf und Bohnen ftehn 


Und jchaut nur nah Marie,“ 





771 


1013. Tanzlied, 


Munter. Aus Schwaben, vor 1800. 





Der mit dem Sa» bel, der iſt mei tau-⸗ſi-ger Schatz, der mit dem 





Sa» bel, der iſt mein Scap. Wenn er kei Sa-bel hätt, wär er mei 


















> 
—— — — 





Schap au net; der mit dem Gas bel, der iſt mein Scap. 
Krepfchmer BR, UI, 265. Daher Preuß. Soldatenliederb. 1881, Ar. 79. 


1014. Wer hat das Lieben erdadt? 


Mäfig bewegt. Schwäbiſch. 1776. 













Zum Sterben bin ih ver » liesbet in dich; dei-me ſchwarzbrau⸗nen 





»„y i 
Auglein, dei » ne fhwarzbraunen Auglein ver-füh» ven ja mid. 


2. Bift hier oder bift dort, 4. Dein purpurner Mund 
Oder fonft an ei'm Ort, Macht Herzen gefund, 
Wollt wünſchen, könnt reden Macht Todte lebendig 
Mit dir ein paar Wort. Und Kranke geſund. 

3. Mein Herz iſt verwundt, 5. Sonſt Keine iſt hier, 
Komm Schatzerl, mach mich g'ſund! Dieſelbig g'fall mir 
Ach, erlaub mir zu küſſen Hätt deine braun’ Huglein, 
Deinen englifhen Mund. Dein ſchöne Manier. 


6. Der's Liedel hat g'macht, 
Hat's Lieben erdacht; 
Drum wünſch ich mei'm Feinsliebchen 
Viel tauſend gute Nacht! 


Text und Mel. zuerſt bei Fr. Nicolai: „Ein ſeyner kleyner Alm.“ I. Jahrg. Berlin und Stettin 
1777, ©. 88. Dort in barbarifher Schreibung, halb bayriſch, halb ihwähith. Zert bier hoch⸗ 
deutſch nad Erk's Liederh. Nr. 66 und Scherer, Jungbr. Rr. 64. In Birlinger'd Ausg. des Wun⸗ 
derb. I, ©. 262 ſchwäbiſch — Erk benußte auch fl. Blätter aus dem Anf. des 18. Jahrh. — 
Nach Nicolai der Text im Woh. I, 163. „Gar knabenhaft von Grund auf" bemerkt Goethe. Etwas 
anderer Text aus Urach: Erlach 4, 59. Walter 281. — Abdr. aus Nicolai's Alm. bei Erk I. 3, 
Rr. 3 und Kr. II, Nr. 258. Eine mit zugehörige Str. „Wollt wünfhen, 's wär Naht, mein 
Bettlein wär g'macht ꝛc. ift bier entfernt. Ebenſo die Wanderfiropbe: Meine Mutter bat nu ein 
fhwarzbraune Kuh: wer wird fie melfe, wenn ich heirathe thu? — 

er ftammt das Lied aus Schwaben, wie der verwilderte Tert bei Nicolai und der 
befiere bei Erlach bezeugt. 





49% 





772 


1015. Eiferſucht. 


Mäpig. Boltömelodie vor 1830, 











E bif- fer le Rich, e biferfee le Ttreu, und e biſ · ſe⸗le 





| 
Falſchheit iſt al» ler weil da= bei. 


2. Die Kirſche fend zeitig, die Kirſche ſend gut, 
Und wenns Mädle vorbei gebt, fo lupft mers de Hut. 


3. Da drunte-n-im Thale gehts Bächle fo trüb, 
Und i fann ders net hehle, i han ve fo lieb. 


4. Wenn i wisperl, wenn i frei, und du hörſt mi net glei, 
So muß i veritehn, daß i weiter foll gehn. 


5. Und wenn i ders zehnmal fag, daß i de lieb, 
Und du geift mer koi Antwort, jo wird mers ganz trüb. 


Tert aud Schwaben, nach F. Silcher: „XII Boltslieder für Männerftimmen“ IV. Heft, Rr. 1. 
(Tübingen, um 1832). Dort eine neue Melodie von Silder. — Sehr verbreitetes Lied, dad auf 
Sm loſe — iſt. Text auch in: „Der Freibafen” II. Jahrg. Altona 1839, 

3. Mit zwei Melodien bei Kreßſchmer I, 1840, Mr. 255. Daber die obenftchende aus den 
er Gebirge. Wird auch nach der Weife: „Die Würzburger Glödli“ gefungen. Bergl. Hauf, 
Kriegd- u. Boltdl. 1824, ©. 149 (ältefte Quelle). — 4, 318. Liederb. f. Studenten 1852. 
Spaun S. 53, Birlinger 144. Kärtner DE, ©. 154. 


J. 2,2 lüpfen, in die Höhe heben. 5,2 geift, giebft. 


1016. Oberſchwäbiſches Tanzliedichen. 


Im Tempo N Ländlers. Mitgeth. bei Silcher, Boltäl. 7, Heft, Ar, 6, 1337, 
Da 















| 
'sherzerl im Leib. La la la, la la la, la la la, la la fa fa Ta, da. 


GE 
Ro» fe« tod, Hol«der - blüt, wenn i mein Dienberl dich, lacht mer vor lau⸗et rent 
Zum mm | 1. | 2: | 
— — — = 
1. Rofeitod, Holverblüt, 3. Armerl jo kugelrund, 
Wenn i mein Dienverl fieh, Lippe fo friſch und g’jund, 
Laht mer vor lauter Freud Füßerl, fo hurtig g'ſchwind, 
's Herzerl im Leib. Tanzt wie der Wind. 
2. G'ſichterl wie Milch und Blut, 4. Wenn i ins dunkelblau 
's Dienderl iſt gar fo gut, Funkelhell Augerl ſchau, 
Um und um dockerlnett, Mein i, i ſchau in mein 


Wenn i 's no hätt! Himmelreich 'nei. 





1773 


Diefen ſchwäb. Tert fang man auch in Heffen (Schlüchtern) u. Naffau um 1880 mit folgen- 
der Schlußſtrophe: 


J muß an Pfarrer jag'n, balts fo nimmer aus, 
3 fann’d fo nimmer habn, führ mir's z' Haus. 


1017, Mei —Schätlle ift fein! 


Landler Tat. Schwäbifches Tanzliedhen bei Silchet L, 12 (1835), 









Mein Shägle iſt fein, '6könnt ihö-ner net fein, cd hat mer ver 





fprosche, fein Herz-le g’bör mein. Hlaue Meuglein im Kopf und e 





Grüble im Kinn, o du her⸗zigs⸗-lieb Schäple, wie bift du jo ſchön! 


1018. Ber Schweinauer Tanz (13. Iahrh.). 
Aus Darmftadt 1859, 
Fändler Tempo. = — — 


— — —— 
— — HH 





— 9— — A Ze 
D__ mr TI Tu ⏑ m 
—— — 





— — 
———— — — — — 
— — * —— — 


au. ae mir nah Schweinau feinge-fomme, hawwe fe mir mein Dordel ab» gesnomme, 





Sie will net, fie mag net, ammer fie muß! 


Anderer Tert aus Nürnberg: 
(Frommann, Mundarten 6, 417.) 


Gei i' mit der Durl, Han fe mi mei Durl abgenumma, 
Tanz i mit der Durl Geih i mit der Durl, 

Bis aff Schweinan. Tanz i mit der Durl 

Wei i aff Schweinau bin fumma, Dis aff Schweinan. 


Bergl. meine Tanzgeſch. I, 190 





774 


1019. Mei Schaberl. 


Munter, Bayriſch. 


mm nn 


—— — — 





Ro⸗the Bädrle, blau Aeugle und ä Grüble im Kinn, und fo ſieht halt mei 





2. Und äà A und ä E 4. Und & Büchſerl zum Schieße 
Und das Scheiden thut weh; Und ä Straußring zum Schla'n, 
Und die Liebe thut ſchwanken Und & Mädel zum Küſſen 
Wien Schiff auf dem Gee. Muß ä jeder Bub’ han. 

3, Daß es finfter im Wald ift, 5. Mei Schatz is & Leutnant, 
Machen die Tannenäft: A Mreuzbraver Mann, 

Daß mei Schag mid nit mag, Hot ä eimzigs blau Röcel, 
Glaub i lange ſchon feit. Zieht! alle Tag an. 


Mündlih vor 1840. Auch bei Finf 1842. Liederlerifon 1865. 


1020. Ber Pfeifertan. 
(Erinnerung an die Mufilferzunft im Elfaß.) 


A. Lesart zu Ribeauville, 
Allegretto. Bederlin IL, 82, 
— 





Guguk im Hä—fe-le, kei mers nit um! Schla nit der » nä «we, ſchla nit der 


nä⸗we, jchla uf die Trum! 


B. Lesart aus Gebmweiler. 


Wederlin II, 84. 





Eür-frut im Häüsfe» Te, NRindfleifihb am Gä» were, un jchid mer 





Ri -mele: Mei merranit um®, 


* Zu Hohdeutih: „Sauerfraut im Topfe, Rindfleiih an der Gabel, und fhil mird Bik 
t fommen wir niht um. — 





775 


Die Quelle bat Wederlin nicht angegeben. Jedenfalls finds zwei uralte deutſche Melodien, 
die von den Pfeifern im Elſaß (zu Biichweiler, Rappoltöweiler und Tann) feit dem 14. Jahrh. 
bi 1730 bei ihren neugierig je gefpielt wurden. Ueber die Spielleute vergl. meinen 
Artikel in Mendel-Reifmann, mufifal. Eonverfationdlerit. 9, 356 ff. Forkel, Geſch. d. Mufit IL, 751. 
Mattbefon, Critica Musica II, 343. J. F. Lobftein, Beiträge zur Geſchichte d. Mufit im Elſaß. 
Straßb. 1840, E. Barre, über die Bruderfchaft der Pfeifer im Elſaß. Colmar 1873. 


1021. Alter Elfüffer Tanz (uor 1800). 


Mäßig bewegt. Wederlin IL, 332, 






Schd Budelbeut ha⸗we tanzt,un der Vet⸗ter Mirchel mit dem Bet »ter —* 
Better Franz mit der Marie Urſch,.un der Kaspu = zi » ner mit dem Hans— wurſt. 





La la lalalala, la la la la la la, la la falalala, lalala fa. 


1022. Ber Fiſchinger Tanz. 


Elſaſſiſch. Wederlin IL, Nr. 10, 
vs 





Wer das Lied nicht fin» ge Fa, der fangt wiedrum vor-ne a. 


Andere Lesart. 


Ih hab drei lederne Strümpf, 
Zwei und drei find fünf, 
Wenn i einen verlier, 
Bleiben mir doch vier. 
[Aug. Stöber, Elf. Sagen.) 


Zu diefem Reime wurde fonft im Allgäu ein pantomimifcher Tanz, der fogenannte Fifhinger- 
Zanı, aufgeführt, der eine vollftändige Liebesgeſchichte darftellt, mit jhüchternem Gruße beginnend 
und durch ge und Zärtlichkeit, wie durch Ehmollen und Streiten endlih zu füßer Bereinigung 
führend. Gin Burſche und Mädchen ftehen einander gegenüber, etwa drei Schritte von einander 
entfernt, fchlagen zur gefungenen Muſik zuerft mit beiden Händen auf ihre beiden Hüften, klatſchen 
dann die Hände zufammen, worauf eine wechfelnde Bewegung fommt, und zwar zuerft ein Grüßen 
mit dem Kopf, worauf wieder der Hüften- und Sändetlatte, dann ein Ueberfreuzbiegen der Hände, 
worauf fi das Paar die Hände reicht und einen dreimaligen Kreis tanzt. Der Schlag an die 
Hüfte, dad Händellatfhen und dreimaliger Kreis bleiben fih bei jeder Zanzfigur gleich. Dem 
Kopfniden folgt aber dann ein Droben mit dem Zeigefinger der rechten Hand, während die linke 
fih in die Seite ftemmt, ferner ein Aufheben der ganzen Hand, ein Berfhlingen der Arme und 
Auflegen der Rechten auf die Schulter des Partners, Vorſttecken des Fußes auf dem Abfag, zierlihes 
Berbeugen ded Leibes nach rechts und links mit freundlichem Kopfniden und zulept ein Kuß. Als 
Barianten fommen auch vor: Droben mit der Fauft, Zupfen an Obr und Naſe, und flatt des Kuſſes 





776 


ulegt ein Handſchlag. Zu dem Zange fingen die Zufchauer nah obiger Melodie ein Lied, das die 
Kan olifche Sprache der Bewegungen begleitet und erklärt, indem es den Berlauf einer Liebesgeſchichte 
erzählt. [Bavaria II, 833.) Von dem Liebe felbft ift nur der obige Anfang gerettet. Iederfalld 
ift diefer pantomimifche Tanz fehr alt und älter ald all unfre Rundtänze. 





1023. Hur nod einen Walzer! 


Walzertakt. Altbayriſcher Tanz. 1810—1840 allbekannt. 







Laß doch mei-ne Jugend, meine Jurgend flosrie « ren! Laß doch der 


n v 
Jugend ih. ren Lauf, junge Mädel blüben bald wieder auf. Laß doch mei« ne 








Jurgend, meine Ju » gend flo » rieren. 


Andere Lesart der Melodie, 
Ditfurtb, Fränt. DL, II, 364 u. geſchr. Rotenbeit von 1820, 


e — 4 — — — — — \. CE: 
—— — — — — Er ern —— — 
* — — v — —s—— II 























Laßt nur der Jugend, der Jugend, der Jugend ib» ren Lauf! Laßt nur der 





Jugend, der Jugend ib-ren Lauf! Kleine Mädel wachen im» mer wieder auf, 





D.C. ai — 


laßt nur der Jurgend ib.» ren Lauf! 


2. Mancher liebet oft, liebet oft ein ſchön Geſicht 
So wie's im Tempo (?) ftebt, 
So wie die Zeit vergeht. 
Mancher liebet oft, liebet oft ein ſchön Gefidt. 


3. Ach, wie ift doch die Piebe, die Liebe fo ſüß! 
In meines Mädchens Arm 
Schläft fih mein Herz fo warm. 
Ah wie ift doch die Liebe, die Liebe jo heiß! 


1, Brüderden, ad Brüderchen, nod einmal trink mirs zu! 
Dein Wohlfein! du follit leb'n, 
Dein Mädchen auch danebn! 
Brüderhen, ad Brüderchen, noch einmal trinf mir zu! 





777 


5. Brüderchen, ad Brüderchen, wenn gehn wir nah Haus? 
Früh wenn der Hahne kräht, 
Der Thau auf dem Felde fteht: 
Brüderchen, ad Brüderchen, dann gehn wir nah Haus. 


6.Nur noch einen Walzer, einen Walzer zulegt! 
Seht mal wie hübſch und nett 
Mein Mädchen fein Füßchen fett! 
Nur noch einen Walzer, einen Walzer zulegt. 


7. Dann gehts, wie der Vogel, wie der Vogel in der Luft! 
Dann geht es um und um, 
Dann gehts tidetade pum pum! 
Dann gehts wie der Vogel, wie der Vogel in der Luft. 


. Gehn wir fpazieren im arten wohl hin! 
Beim Würfel und Kartenfpiel 
Sieht man der YJungfern viel: 
Gehn wir fpazieren im Garten wohl hin! 
. Gute Naht, mein Schätzchen! mein Schätzchen lebewohl! 
Geh ich über Berg und Thal 
Iſt mir fein Weg zu ſchmal: 
Nah meinem lieben Schätzchen muß ich alle Wochen fiebenmal., 


o& 


D&D 


Erf, Volksl. II. 4/5, Nr. 51: Aus der Gegend von Frankf. a. M., aus Franken, Zerbft und 
Luckau in der Niederlaufig ꝛc. und auf einem ältern fl. BI.: Neun Lieder (das erfte). Leipzig (vor 
1810). — Am meiften war die 6. Str. gefungen. Es ift eine Art Kehraus. Die hübſche Melodie 
ift der echtdeutſche Walzer um 1800. 

Auf Grundlage diefed Textes dichtete Zuccalmaglio ein Trauer-Lied über die Folgen der Tanz- 
wutb eined Mädchend und fept dazu eine wie Mafurfa klingende Mollmelodie, darin er ald Mittel» 
jag den zweiten Theil bier verwendete. Es ſteht bei Kregfchmer I, Nr. 68 (nadgedr. in Fink's 


Hausſchaß 1842): 
Schwefterlein, Schweiterlein, 
Wann gehn wir nah Haus? 
„Morgen wenn die Habnen frähn, 
Bolln wir nah Haufe gehn, 
Brüderlein, Brüderlein, 
Dann gehn wir nah Haus.“ (5 Str.) 


1024. Alter bayerifcher Volkstanz. 


Ditfurtb, fränf. Volkätieder II, 371. 










— — —— 


— 
mei id nit do! „I leih dirsfhe mit, i ga dir ⸗ſche nit; fee faurren Echma- 











778 


2. Und wenn du fau ſtolz mit dei Schogla wiſt jet, 
So nemm a Papierla un wideld enei. 
Und nem a roaths Bandle un ftrid je feft zu: 
Nacert kümmt dir'ſch kee ſau a Schmaruger derzu. 


1025. Alter Tanz aus dem Weſtrich Kheinpfal;). 


Melodie vor 1828. 





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um x BE A I A (en un © EEE 
E21 — —— — 0 
— — ————— — re — 


1. Die Son⸗ ne ſcheint nit mehr jo ſchön als wie vor-her, der Tag iſt nicht je 
2. Mein Herz ift nicht mehrmein, o könnt id bei dir fein! So wä-re mir au 











beister, jo lieb⸗reich gar nicht mehr. Das Feu » er fann man ITö= fchen, } 
bolfen, von al ⸗ler meisner Bein. "I die Lie »be nicht ver » gef - jen, 





das Feu-er brennt fo fehr, die Lie» be noch viel mehr. 


Aufgefchrieben vom 5 Prof. Daumftart um 1828, mitgetb. in Barbale 1829, 
wiederholt in Kregichmer'd DL. I, Nr. 288. — Man erkennt bier noch die alte Eintbeilung in 
Bor- und Nachtanz. 


1026. Bas dumme Bing. 


Bewegt. Märkijher Volkstanz. 





Und mit den Händen klapp, klapp, klapp, und mit den Füßen trapp, trapp, trapp! Sa 
4 5 Getanzt in Paaren. 











Ausführung: Die Mädchen fteben in zwei Reiben, vier Schritte weit von einander und 
fingen {wie oben). 

1) Bei den Silben klapp, klapp, klapp wird dreimal mit den Händen geflatiht, 2) kei 
trapp, trapp, trapp dreimal mit den Füßen aeftampft. 3) Bei „warte man!” wirb mit dem 
rechten und linfen Zeigefinger abwechſelnd gedroht, indem die Mädchen zwei Schritte por und 
wer zurückgeben und bei 4) fich auf dem Abjage berumdreben, dann bei 5) noch einmal kampfen, 
dann fich paaren und tanıen. 





779 
1027. Rheinpfälzer Tanzliedihen. 


Aus dem Weſtrich Otternberg bei Kaiferdlautern), vor 1830. 
—— — — 





L 
Tr ame; 
— FT BEE: 7 TEammzeT SädEnz, ag „REN TEE Zum Fr 
Ai, ) 





Drau ⸗ße 


im grü-ne Wald hör ih was fnal»le: wenn dad mei Schäpche wär, 
= 





thät merſch ge » fal » le. Ralala x. 


1028. Mein Ehriftian. 
(Kirmestanz um 1820—1840.] 
Fröhlich. Mel. aus dem Brandenburgijchen 1840, mündlich. 





Wo mag denn wohl mein Chriſtjan fin, in Rußland o » der Poren? Ad 


— ⏑— —— 
HIT um 





Weg nur an, dent ich an meinen Chriſti-an, und ſeh ich die-fen Weg nur an, dent 
Nachſatz zu jeder Strophe. 












us» ftig fein. Bayrifh, Bayrifh, Ban-rifh muß fein. 


Den läppifchen Tert von vielen Strophen will ich mweglaffen. 
Ein anderes Chriſtian⸗-Lied, nach 1853 in der Laufig gefungen nad einer Mel. im 3/, Taft 
begann: 


Ad, mein Chriftian, mein Leben, Und id rum wie tumm, 
Han fe mer tum Soldat genumen! Und feb id mer das ne an, 
Kann mer nie zu gute geben, So dent ih an mein Ghriftian. 


1029. SHolzäpfelbäumden*. 


Mäßig. Aus der Gegend von Weplar und Frankf. a. M. 














Holzräp» fel» bäumsche, wie faurift der Wein: nnd wenn id bei mei-nme 
















— = 2 
Schätzche wär, wie Iu-ftig wollt ih fein! 





780 


Liederb. Nr. 81, blos diefe Strophe, die Erf ſchon ald Kind zu Weplar von feiner Mutter 
hörte, — Aebnlicher Reim auch anderwärtd: a) vom Mittelrhein (Merl 1820): Holzäpfelbäumdben, 
wie fauer ift dein Wein! Und wenn ih bei meim Schäßchen bin wie Lufis werd ich fein. — 
b) im Odenwald (Erf II. 2, 25): Holzäpfelbäumden, wie jauer ift dein Kem! Wenn Einer ein 
ſchön Schäßchen bat, jo hat erẽ allzeit gern. — c) Schwäbiſch, Meier S. 5: Die ſaute Holzäpfel, 
die bittere Kern: Was i emal gliebt hau, vergiß i nich gern. — d) Schweizeriſch, Tobler, Appen- 
gr Sprachſchatz ©. 65 (daher Mittler 737): An faura ey an bittere Kern: wie küſſe die 

ube die Meitli fo gern! — e) Kuhländiſch, Meinert S. 197: Houlgbraunes Appelai, wie bütter 

is dai Kaen (Kern) x. — D Shlefifh: A. Peter I, S. 289. — g) Tanzreim aus Franken (Wdb. 4, 347): 

Hab Holzäpfel gehafpelt (aufgelefen) und Kernle rum gefät: Hab oft eim ſchön Mädle am Halie 

rum gedreht. — h) Wenn man in Heffen dem Kinde den erften Jabrapfel ſchenkt, jagt man: 

een Holzäpfelden, wie fauer ift der Kern! Doch wenn ich dich im Winter bätt, wie äß 
o gern!“ 

* Der Holzapfel oder wilde Apfel ift die Frucht des wilden (dur Propfen nicht veredelten 
Apfelbaums von überaus herbem Gefhmade, ungenießbar. — Der Bergleich einer Beſchwerniß 
mit dem Beißen in einen ſauren Apfel (Holzapfel) ift alt: Lutber (1529 im Religiondgeipräg 
zu Marburg) fogt: „Man muß der ———— wenn fie befähle, Holzäpfel zu eff fen“ 
Chriſtophorus chmann, Florilogium iticum (Polit. Blumengarten) 1630, ſchreibt S. 
Beſchwernuß ift wie ein rau in Augen, wie ein Holzapfel in Zehnen ... Wer mit Sısmanufe 
si wird, von dem wird gejagt: tan bat ihme ein Floh ind Ohr gefeht, oder... Holgäpfel 
angeriht. — 

In Heffen mag es fonft viel von diefer Frucht gegeben baben, jo daß fie dort ſprüchwörtlich 
geworden. Simon Dach, Zeitvertreiber 1700, ©. 184, fagt fpöttelnd: 

1. Im Lande zu Heffen iſt wenig au eſſen, 
Hohe Berg und tiefe Thal, 
Wann die Schlehen und Holzäpfel nicht geratben 
Haben fie weder zu fieden noch zu braten. 


2. Im Lande zu Heffen ift Irem Saufen und wenig zu freifen, 
Dünne Bier und fauer 
Der Teufel möcht im gand 24 Heffen ſeyn. 


1030. SHolzäpfelbäunmdhen. 


Mäfig bewegt. Rheinpfalz um 1828, 


— — — + “— — - — 
Em — — — —* _ — — 
IE —— „DIA 0. \ 
Esser —— 
2* mr — * 


⸗ 
Holz» Ärpfel-bäumcden, wie fauser ift der Wein! Komm ih zu meim Schätzchen, wie 




















frob will ih fein. 


2. Geh ich in den Keller 3. Mustateller 
An das Faß, Trink ih gem, 
Trint ih Mustateller, Schöne Mädel 
Was ift das? Küß ich gern. 

4. Mag die Mutter jchelten 
Wie fie will, 


Geb ich ihr 'en Thaler, 
Iſt fie wieder ftill. 


Aus Rheinbavern: Kepfchmer I, Nr. 127. Das Tanzliedchen erinnert in Kan. SW: Ferm 
an das im 16. Jahrh. übliche: Wie ftebt ihr alle bie und feht mid an. (f. Nr. 934 





781 


1031. Liebes-Hedkerei, 


Heiter, Aus dem Rauffauifchen Kr. Limburg (Nauheim), Schwalbach u. Langfcheid. 1880, 


WE = 
m mw - HT HH 04 FE -12-,9- 722 
7 Hr EEE Ser tat —— — — 
are va C 





Holz » ä-pfel-bäumchen, wie fauser ift der Wein! Wär id bei meinem 





Schätzchen, wie lu⸗ſtig wollt ih fein! 


2.36 jeh mein Schag von Weiten 5. Und wenn fie alt und ſchrumpflich find, 
Auf eine halbe Stund: Zerfallen im Geficht, 
Wie gerne wollt id zu ihr gehn, Sprit eine zu der andern: 

Wenn mi die Leut nicht ſähn. „Nimm du ihn, ih mag ihn nit!“ 
3. Die Leute, die mich fehen, 6. Nimm du ihn, ich mag ihn nicht — 
Die find mir all nicht gut. Zum Teufel, wer mag ihn dann? 
Ei fo wollt ih daß fie wären Dann lad ihn in eine Kanone 

Dort wo die Schwalbe fliegt. Und ſchieß ihn nah Amfterdam! 

4, Die Schwalbe flog vom Abend 7, Mein Schäthen, das ich liebe, 
Dis an den hellen Tag: Das hat ja humme Füß: 
Schöne Burfhe muß man lieben, Es reut mid um mein Leben, 
Dis daß fie werden alt. Daß ih es nehmen muß. 


1032. Lott ift todt. 


Ziemlih raſch. Mündl. um 1830 aud Sachen und Thüringen, 





der will Al⸗les er» ben. 


Tanz » Liedchen wohl aus dem Anf. des 19. Jahrh., von Erwachſenen und Kindern lang 
gelungen und noch in in ganz Deutſchland gefannt und zuweilen in Quodlibeten gehört. Der 


Rott eh doot, Rott eh doot, 
Liste lit am Steme; 

Dat eh goot, dat es goot: 
Krieg’ mer wat te erve. — 


ert aus Düffeldorf beißt: 





782 


1033. Herr Schmidt! 


Galopp Walser. Zanzlied in Sachſen um 1820 entftanden. 





Herr Schmidt, Herr Schmidt, wad kriegt denn Röechen mit? Herr Schmidt, Herr 





Schmidt, was friegt denn Röschen mit? Ein’ Schleier und ein Fe—⸗der⸗hut, ich 


bin dem Mädchen gar zu gut. 


Der lange Tert nad einem fl. Bl. mag feiner Langweile halber fortbleiben. 





1034. Guter Rath. 


Mäßig bewegt. Aus Franken 1839, 










Dort auf gen Leid⸗-le ſteht a Bam grüan: figt a jhuan Büagla druf, 





— — 
ſißzt a fhüan Vüagla druf, ſiangt, ſiangt, ſiangt a fo ſchüan. 


2. Dran auf gen Biarnbaum 
Hat er ſei Neaſt; 
Wer an ſchüan Bräutgam hat, 
Halt, halt, halt en fein feaſt! 


Mitgetb. von Dr. Hohnbaum in Hildburghauſen 1839 an Erf, daher in deſſen Volksl. J. 
6, 22 und Piederb. Nr. 80. 


1. Leidle, öfterr. die Lait'n, nordifh hleid, Bergabbang; ſchüan, jhön; gen — jenem. 
2. dran == droben. 


1035. Schwäbiſcher Tanzreim. 


Tanzliedchen. Mel, in v. Sedendorfd Mipt. vor 1808. Text: Muſenalm. 1808. ©, 68. 












sSchwimme zwei Fifchle im Borde » fee, firede die Schwänzle in v’Höh! Wenni mei 






————— — * 


nr ’ 
Schätzle von weitem fieb,fchrei i vor Freu⸗den juch- be! 





— —— — — — — — ' 








783 


1036. Hopſa! 


Heiter, Schmwäbifher Tanz um 1800. 


Bere Eee 


Hopfa, — dreh dich rum und tanz a Bif-fel! Hopſa, Schwabenliefel, 







































dreh dich rum und tanz! Hop⸗ſa, Lierfe » gre-tel, dreh dich rum, tanz nach der Fie ⸗del; 







Gm . MEERES EEE [in NEE 5 MEERE ——-- ERBE» WHERE > 
a —— —— — 69 — — 
V AK A DE A" AA 





hop⸗ſa, Lierfe » gre=tel, lupf den Fuß und tanz. 





1037. Steyriſch. 


Nah Ländlertakt. Aus Graz. Rofegger 1872, Nr. 13. 










Geh' ih bin ü» ber d'Alm, geb ih her « ber d'Schneid, fuh ein 





Dirn⸗dl heim, das mih gar fo g'freut: Du Schwarz au-ga» ti, für did 





tausget ich, drum geb ih fo meit ber ü » ber d'Schneid. 


1038. Vogtländiſches Tanzliedchen, 


Kr. I. Rr. 266, (1840). 






Mei Schäple mag mi nimmer, gar nimmer mag er mich; frag nichts darnach, frag 





nichts darnach, will fhon ein’ An«dern krieg. krieg. 


2. Und wenn er mid denn nimmer, 
Gar nimmer, nimmer mag: 
So fol er mir die Wahrheit fag, 
Sonft ih'n beim Amtmann verklag. 





784 


1039. Ein Sdhleifer. 


In eigner Meloden. 
Ländriich. Auf bei. Notenbl. gedr. 1786, 






Auf ei⸗nem Fusfe zwei⸗mal dreb ih mid br = um, 
und dresbe fie noch dreismal bei Pau » jen erft ber » um. 







— —— 
Mädchen, jetzt bin » ab! den Kreis da auf und ab! Auf ei-nem Fu» Be 






ER ———— 
sweismal dreb ih mich ber =» um. 


2. Str.: Es fliegen ihr die Röde x. (5. Str.) 


Fl. Bl. Sieben ſchöne neue Lieder (dad 3.) von Meufebah, grüner Sammelb. von 1786. 


1040. Ber bayrifde himmel. 
Mäßig fchnell. Aus dem Unterlabn- und Dillkreid 1800, 





IR eu | — 
"am I me mm mm Du ———— — 
3m in War Ih er er 


Din aufundab + gansge im Deftreisher Land, in Preusfen und Ungam bin ich 





bay »ri- fche Himmel fchnee » weiß und hell» blau. 


2. Viele Farben hab i gefehen, 3, Und wenn fih im Dunfeln 
Die fhönften auf der Welt: Mein Augelein ſchließt, 
Bald roth und bald grün, Unterm bayriſchem Himmel 
Bald aſchgrau, bald gelb. Da ruht ſichs jo fühl. 
Und ein bayrifches Herzel Und ein bayrifhes Mädel 
Und ein Beutel voll Gelb, Und ein bayrifhes Blut — 
Ei das ift ja mein Pebtag Ja bei Gott und beim Liebchen 
Meine Freud auf der Welt. Da rubt fihs fo gut. 


Aus: Kobell, Oberbayr. Lieder ©. 41, etwas umgebildet. Wahrſch. von Kobell gedichtet. 
Mel. ift Nachbildung von „Ein Sträußle auf dem Hute, den Stab in der Hand.“ 





785 


1041. Bayeriſche Mädel, 


Wiegend. Aelteres Tyrolerlied. 












Bin aus-⸗ und ein gan-san im gansze Tu - rol: wie ge» fall!’ mer die 





baysrisfche Mädele fo wohl! Ei Mädele, dei Jurgend, dei’ fhöne Ma 





nier, dei’ kreuz⸗bra⸗ ve Zu=gend, hat mi ber g’führt zu dir; dei’ freuz-brasve 






Zu » gend hat mi hergeführt zu dir. 


Andere Melodie. 
Mäfig bewegt. Aus dem Lahn und Dillfreife. 1880. 









* | 
= ———— — 
Ind Bayrifh ge» gan=ge, ind blau-e Ty » rol: wie ge = falln mir die 










bay» risfhen Mädel fo wohl. Ah Mädel, dein Schönheit, dei- ne herr- lirhe Mar 








nier, dei= ne freuzebra-ve Tugend bat mich ber » gesführt zu Dir. 


2. Blondklopfet, blauauget, a Rösle im Gficht, 
I kann der net feind fein, weil gar fo nett bift. 
Je höher der Kirhthurm, je ſchöner das G'läut: 
Je weiter zum Dienvel, defto größer die Freud”, 


3, Und wenn du mit dei'm Herzle fo neitig willſt fein, 
So nimm a Papierle und wickels drein nein: 
Und thu's in a Schachtel und bind es feit zu, 
So fommt dir dei Pebtag lei Menſch net derzu! 


Andere Mel., vergl. Silcher 2, 3 (1825). Genau fo der Tert in „Echwäbifches Volkslieder 
buch“. Stuttgart 1841, S. 87. Aehnlich Simrod 339. Das Lied wird auch nad der Mel.: „Und 
die Würzburger Glödle” gefungen. 


Ertl u. Böhme, Liederhort. 11. 50 





756 | 


1042. Liebeskummer. 


Ranafam. ——— vor 1810, 


— Sees — — 











ans im Wald fin⸗ſit ig, — daͤs mähtdäs Holz; (ae 





jodelt) daß main Schaͤtz ſau⸗b'r id, (gejodelt) das macht mi ſtolz. 


2. Daßs im Waͤld finſt'r is, 3. Daßs im Waͤld finſt'r is, 
Däs mach'n d'Bam: Daͤs mädht das Lab: 
Daß mi main Schäͤtz ned mäg, Daß main Schatz van Andan bäv, 
Des glab i kam. Dies mäht mi barb. 


Liederbort Nr. 83, entnommen aus: Tſchiſchka und Schottfs, Defterr. Volkel. 1819, ©. 105 
(2. Aufl. 1844, ©. 136). Vielfach verbreitet durch aedr. hrs en: z. B. Kregichmer II, 439. 
Wolff's Braga IL, Nr. 8. Ert IL. %,, Nr. 6. Mittler 711. Zalvj 454. Menzel 381. u 
tod 342, Meier 16 (blos 1. Etr.). Kärntifche Volksl. S. 135 und ”o. Firmenich IL, 724 (2. 

Meter L 316. Dunger, Runda’d 63, Aehnlich Woh. IL 120 (a. A. 125). PVerlängert und —— 
bei Pröhle Nr. 42 nach einem fl. Blatt: „Vier neue Lieder.“ 

Zuerft kommt das Lied vor in der Zauberpoffe „Die Fee aud Franfreih” von Wenzel Müller 
um 1810. Wieder in Holtei'd Liederpoffe „Die Wiener in Berlin“ (1824), wo jede Stropbe noch 
vier Zeilen Zufag bat, der zum Anfange nicht paßt. (So auch bei Pröble.) 

Die dämmernde Unbeftimmtbeit, die Unficherbeit in Wahrnehmung der Liebe wird bier durd 
ein Naturbild vom Waldesdunfel vorbereitet. 


Grflärung: Bam, Bäume; glab, glaub; Lab, Laub; harb, ſcharf, böfe, migmutbia; 


des (wie dös zu fprecben) dieſes. Dad Jodeln wird auf die Laute „dui-da!“ oder „doi-do!“ aus 
geführt. 


1043. Warum er nidt gekommen if. 


Ländler. Schottko 1817, ©. 231. 


N Mon» ta batd g'regnt, und 'n Gr» tal) hats gichneit, und 











Mittewoh da hats mi halt ab mid recht gfrait. 


2.N Pfingfta?) da bin i ins Rabad'n) gfoahın, 
Und'n Fraita da bin i ganz fohlafarit) woarn. 


3.N Samſta da hats halt fi ah mit recht gefchidt, 
Und 'n Sunta da hab i ma dHoſu ausgflidt. 


© 1. Dienftag. 2. Donnerstag. 3. Frobndienft. 4. fchläfrig. 





787 
1044. ‚Ber Lipp und Lenz‘ *, 


Dreber. Süddeutſches Tanzliedchen. Mitte des 18. Jahrh., vor 1750, 





wißt, daß fie ein=fei- tig iſt. 


Mel. ald Thema zu einer „Galanteriefuge“ benupt vom Wiener Drganiften und Tbeoretifer 
Albrechtöberger (op. 17), der das Liedchen aus feiner Jugenderinnerung (um 1750) aud Ober- 
öfterreich ber kannte. — Den Tert finde ich zufällig unter den ſchwäb. Tanzreimen bei Birlinger, 
ſchw. Boltäl., ©. 87. 


* Lipp = Abkürzung von Philipp; Lenz = PBerftümmelung von Lorenz (oberpfälz. u. bavr.). 
3 \ 3 j 


1045. Hralter Reigentanz der Salzfieder in Schwäbiſch-Hall. 


Mel. für die Sadyfeife. — — 
— 


tz mn a, 
— nen — ——— nee em 
Mutster kocht mir Zwiebel und Fiſch, Rutſchher, rutſch ber, rutſch ber ꝛc. 






Mei 





Mel. in Gräter's Idunna und Hermothe 1812, bei Beichreibung der alten Feſtgebräuche 
der genannten Salzfiederei. Sie ähnelt der zu: 'S ift noch nit lang, daß gregnet hat. Auch finden 
wir fie weſentlich übereinftimmend in einem Fugentbema ©. Bach's: Ich bin fo lang nicht bei dir 
gewei’n, rud ber ꝛc. (j. nachfolgendes Fragment.) 


1046. Zwei alte thüringifche Bolkslieder. 


Var. 30. Quodlibet. Fragment aus S. Bachs Clavier-Uebung (um 1735). 
134 





A Darin find folgende 2 Bollsmelodien: 
— ⸗— 
Ich bin fo lang nicht bei dir gewein, ruck ber, ruck her, ruck her! 
B. 
— 





— — 


Krautund Rüsben ba» ben mich ver » trie-ben. 





788 


In dem obgenannten Glavierwerfe von Seh. Bach find zwei alte thüringiſche Volfämelodien 
ald Thema zu Fugen benugt. Diefen Nachweis verdanken wir dem Schüler Bach's, Job. Kittel, 
rs 3 Erfurt. Nach feiner mündlichen Notiz ſteht in dem Berliner Exemplare aus Pölchau's 

ibl. wie folgt: 

„on * letzten Quodlibet find von zwei ehemaligen Volksgeſängen: „Ih bin fo lang nicht 
bei dir geweſen, rud ber, rud ber“ ıc. — und „Kraut und Rüben haben mich vertrieben” — die 
Melodien in eine funftreiche barmonifhe Berbindung gebracht. Dad Thema der erftern fängt im 
erften Takt der Zenorftimme an und wird vom Didkant in der Dftav nachgeabmt. Das Thema 
der zweiten bebt im zweiten Takt im Alt an und wird im 3. vom Diöfant in der Quinte nahaeabmt.” — 

Der Titel des Werkes beißt: Glavier-Ubung beftcehend in einer Aria mit verfchiedenen 
Veränderungen vors Glavicimbal mit zwei Manualen. Denen Liebhabern zur Gemüthd-Ergepung 
verfertiget von Johann Sebaftian Bad, Königl. Pobl. u. Ehurfl. Sächſ. Hoff Compofiteur, ll: 
meifter vnd Directore Chori Mufici in Leipzig. Nürnberg in Berlegung Baltbafar Schmidd.“ 

Zum erften Thema vergl. vorige Zanzmelodie zum zweiten das nächſtehende. 


1047. Tanzreim im 18. Iahrh. 


Kraut und Rüben 

Haben mich vertrieben; 

Hätt mir mein Mutter Fleiſch gekocht, 
Wär ich bei ihr geblieben. 


Diefen Reim, offenbar zu einem alten Tanze gebörend, konnte man noch 1836 in Thüringen 
hören und wenig abweichend 1860 in der Wetterau fo bören: „Die Rüben, die Rüben, die baben 
mich vertrieben; hätt meine Mutter Fleifch gekocht, wär ich bei ihr geblieben.” — 

Wieder derfelbe Reim ift im Wunderhorn I, 101 von Brentano zu einem langen Gedichte 
über Mifbeirath verarbeitet, wo er fo lautet: 

Die Wafferrüben und der Kohl Hätt meine Mutter Fleifch gekocht, 
Die haben midy vertrieben ; Ich wär immer geblieben. 

Intereffant ift, dab Seh. Bad ihn ſchon fannte und die Melodie ald Fugentbema benupte. 

(f. vorangebendes Fragment.) 


1048. Bas Märdyen vom Ringlein. 


Leicht bewegt. Allbekannte Schnadabüpfel-Melodie, vor 1830, 





Bald aras ib am Ne» dar, bald gras ih am Rhein, bald hab ih ein 
* Später jo: 






Schäspel, bald bab ih auch kein's. 


2. Was batt* mich mein Grafen, wann d'Sichel nit ſchneid? 
Was batt mih mein Schätel, wenns bei mir nit bleibt? 


3, Und fol ih dann grafen am Nedar, am Rhein, 
So werf ich mein ſchönes Goldringlein hinein. 
4. Es fließet im Nedar, es fließet im Rhein; 
Soll ſchwimmen hinunter ins tiefe Meer 'nein 
5. Und ſchwimmt es das Ninglein, fo frißt e8 ein Wild; 
Das Fiſchlein fol kommen aufs König fein'n Tiſch. 
6. Der König thät fragen, wem's Ringlein joll fein? 
Da thät mein Schag fagen: „Das Ringlein ghört mein!“ 





789 


7.Mein Schäslein thät fpringen bergauf und bergein, 
Thät wiederum bringen das Goldringlein fein. 

8. Kannſt grafen am Nedar, kannft grafen am Rhein, 
Wirf du mir nur immer dein Ringlein hinein!“ 


Tert zuerft im Wunderhorn II. 1808, ©. 15 (u. U. 18). Durh Frau von Plattberg an 
Arnim mitgetbeilt. Seitdem ift das Lied viel abgedrudt und Volkslied geworden. Aber blos 
Etr. 1 und 2 find ſüdd. Volksgut, find SchnadabüpfIn gemweien, und hervorgegangen aus dem 
ältern, natürlicheren und noch heute gefungenen Tanzreime: „Bald Gras ih am Ader, bald gras 
ih am Rain, bald bab ih ein Schäple, bald bin ich allein.” Str. 3 bis 8 find binzugedichtet, 
find Kunſtdichtung und bilden eine Romanze vom Schidfal des Ringes. 

Die Mel. mit diefem Terte ftebt zuerft gedrudt in Serig's Auswahl ıc. Lpz. 1830, ©. 393. 
Genau fo zu einem andern Terte in „Quodlibet, oder fomifche Lieder und Gefänge vom Wiener 
Theater.” Hamb. bei U. Gran; (um 1825). Anfang: 


„Wenn ſchon ih ein Scha möcht, müßts ein anderer fein, 
Und fo frifch wie ein Hecht, nicht 3’ groß und nicht 3° Mein.” — 


Erf air fie ftreng nad dem Driginal 1830 (wie bier) in feiner Germania 162, Im Lieder: 
bort Ar. 87 hat er noch die Mel. „Kimmt a Bogerl geflogen“ vorangeftellt. 


J. 2,1 batten, belfen, nügen; alfo: Was hilft mir x, — 


1049. Süddeutſche Tanzreime. 


Neuere Melodie. 



























Geſchwind. Au Lindenfels im Odenwald 1859 aufgeſchrieben. 
— — NE al, om — 
— — — —— — — — — en 


Bald grad ich am Ne—ckar, bald grad ich am Rhein, bald Hab ih ſchön 





Scharpel, bald bin ih al » lein. Joi » di, jei - di, ralsleraklesra, 









—— 






rablerable «ra, joi » di, joi » di, ralsleralsleralle » ra. 


2. Was batt mid das Graſe, wann's Sichel net ſchneidt: 
Was batt mich ſchön Schägel, wanns bei mir net bleibt? 


3. Da drüben bin ich rüber, wo's kaiſerlich is: 
Mein Schat i8 mer lieber, als Geld auf dem Tiſch. 


4. Das Geld auf dem Tifh und das Glas in der Hand: 
Wo bleibt denn mein Schäßerl? die Zeit wird mer lang. 


Das Liedchen mit feiner fhönen Weife von einem Schmiede im Odenwald gefungen, ftammt 


offenbar (wie Str. 3 verrätb) aus Defterreic. 
Aus der Labngegend 1880 folgen noch zwei Scherzreime, die nah der allbefannten Melodie 
„Bald gras ich“ gefungen wurden: 
1. Mei Dinal bat d' Rafın ſchö mitten im Geſicht, 
Darf fatrifh acht gebn, daß 's Heft nöt wegbricht. 
2. Mei Dinal bat Zabnerl, fo weiß wie a Schnee, 
Sind all zufamm eing’fept, drum thuns ihr nöt web. 


» 





790 


1050. Märkifcher alter Bauerntanz. 





lieswe fu. O du mei Möpspel» fen, mei Möpspel » fen, mei Möpspel » fen, 








Dr 
o du mei Möpspel- ken, mei Möpspel= fen bift du! 


2, Er hätt Stäbel an, (3 mal) 3. Er hätt ſchiew Gefidt, :|: 
Un fie blenle Schub. Un fie Paar grote Ohm. 
D vu mei Möppelten : |: O du mei Möppelten, :|: 
Mei Möppelfen bift vu! Mei Möppelten bift du! 


1051. Bonel, flieg weiter! 


‚ Nicht zu geſchwind. Defterr. Tanzweiſe. 1822. 





w. — a ts — — 
a — — cu su — 
Kimmt a Borgerl ge» florgen, ſetzt fih nie-der auf mein Fuß, hat a 
Nachſpiel: 


2. Haſt mi allweil vertröſtet uf die Summerizeit, 
Und der Sommer is kumma und main Schatzerl is weit. 


3. Daderheim is main Schatzerl, in der fremd bin i hier, 
Und es fragt halt kain Katzerl, kain Hunderl nach mir. 


4. Liebes Vogerl, flieg weiter, nimm an Gruß mit, an Kuß! 
Und i kann di nit b'glaita, weil i bier blaibi muß. 


Volkslied im Niederöfterr. Dialeft. Gingeleat in die Bolfd-Zauber-Dper »Aline«. Geb. von 
A. Bäuerle. Muſik von Wenzel Müller 1822, Auch in der Poſſe von Holtei: „Die Wiener in 
Berlin“ (um 1824). Dann im Ldb. für deutiche Künftler 1833, Nr. 174. — Der — Chimmt 
a Bogerl ıc. iſt falſch, da die öfterr. Mundart nur ein K, nicht Ch kennt. — Die Melodie iſt 


weſentlich diefelbe, wie: „Und die Würzburger Glödli.” Welcher Name dafür der ältere ift, läpt 
fih ſchwer ermitteln. 





791 
1052. Argmohn. 


Mäßig lanafam. Mei. 1829, 










f__la a__la a__ Ia fa! 





2. Dort unten im Thale gehts Bächli fo trüb, 
Und i fann dirs nit hehle: I hab di fo lieb! 
3. Und wenn i dirs zehnmal fag, i hab vi fo lieb, 
Und du giebft mir fein Antwort, jo wird mir ganz trüb. 
4. Und a biffela Lieb und a biſſela Treu, 
Und a biſſela Falſchheit ift allweil dabei. 
5. Für die Zeit, daß d' mi gliebt Haft, da danf i dir ſchön 
Und i wünfd, daß dirs allizeit befler mag gehn! 


Liederb, für deutfche Künftler 1833, Nr. 273. Bayrifches Tanzliedchen. Methfeſſel's Commers— 
buch. 5. Aufl. (1851), ©. 35 mit Mel. von Silcher. 


10535. Argmohn. 


Schwäbiſche Volfämel. 1824, Ldhort Nr. 86, 














Dort drunte-n-im Thale läufts Waffer jo trüb, und i fann dird net ver 









(0 ieh! 


Andere Melodie, 
Deutſches Liederb. f. Studenten 1852. ©. 274, 


heh⸗le: Ih han Pi 







Dort un» ten im Thärle gehts Bächle fo trüb, und i kann ders nit heh-le, i 
Jodeln 





haͤb di fo lieb. 








792 


2., Spricht alleweil von Lieb und ſprichſt alleweil von Treu, 
Und e biſſele Falſchheit ift auch wohl dabei. 

3. Und wenn i dirs zehnmal ſag: daß i bi lieb, 
Und du geift mir kei Antwort, fo wird mird ganz trüb. 

4. Für d' Zeit wo du mich gliebt haft, da dank ich dir ſchön, 
Und i wünſch, daß dirs anderswo befjer mag gehn! 


1054. Iufammengefcdofene Schnadahüpfln. 


Laͤndler⸗Tempo. Bayriſch. 1824. 





fehn wer mirs thut! Hui» Di hui⸗de-ra, Tiedieri-direri-di rui-da, buiedi, 





ruls la, bulsla ri» dirri-die ralela, bulsla » ul! 


2. Haft alleweil fo did than un haft mi veracht, 
E8 wird die Zeit kumma, daß du wirft ausg'lacht. 
3. Mat Herz is von Silber, das dein’ i8 von Gold, 
Un deine Aufrichtigfeit bot der Teufel ſcho gholt. 
4. Aus is ed mit mir: Mai Haus bat fat Thür, 
Un mai Thor bat fai Schloß: un mai Schag bin i los. 
‚Rai Schak un fat Geld, um kai Haus un fai Feld, 
Un a Kerl, wie i bin, ſoll noch leb'n auf der Welt? 
6.Wie hoch iS der Himmel, wie glänzen die Stern! 
Und 'en'm Andern ſei Schaper! fann au no mein’ wer'n. 


en 


Mel. und Tert nah Fink, Hausſchatz Nr. 725 und Härtel, Liederlerifon 659. Andere Reime 
bei Hafe, Lob. 1553, Nr. 541 und Wohlfahrt, Alpenlieder III, 79. — Die Melodie diente zu 
vielen anderen Schnaderbüpfln. 


1055. Mein Schatz. 


Schwäb. Mel. vor 1840, 









Mein Shap id e Meister, e Meister muß fein, das Roß ift des Könige der 
Jodeln 





Meister id mein. Tralla la la la la. 








— 


— —— 
— 
nn EEE BE 





793 


Undere Melodie. 


Aus Heffen-Naffau. 1880—90. 





— id € — e — 7 der — dem 





Kö⸗nig, der Rei-ter iſt mein. 
2. Mei Schat i8 e Schreiber, e Schreiber muß fein, 
Er fchreibt mir alle Tage, fein Herze fei mein. 

3. Mei Schak is e Gärtner, e Gärtner muß fein, 
Der fest mir die fhönften Vergißmeinnicht ein. 

4. Mei Schab is e Schneider, e Schneider muß fein, 
Der macht mir e Mieder fo nett und fo fein. 

5. Mei Schak is fein Zuder, was bin ich fo frob: 
Sonſt hätt ihn ſchon gefle, jetzt hab ih ihn noch. 
6. Mei Schat 18 fo gſchmeidig, mei Schatz is fo nett, 
Und die Leut' find fo neidig un gönnen mir'n net. 


Zert und erfte Mel. aus Schwaben vor 1840: bei Silcher, 9. Heft. Nr. 12. Derfelbe Tert 
mit a Melodie vielfah aus Heffen-Nafjau 1880 —1890. In Schwaben durdhiweg ifcht ftait 
is, iſt. 


1056. Bierzeilen. 
Tanz⸗ und Scherzreime.) 
Mäßig langfam. Aus Heffen-Naffau und den Rheinlanden. 1850—18$0. 









Drei Wo⸗chen vor Ds ftern, da gebt der Schnee weg, da hei⸗rath mein 





Schäphen, da hab id men Drei. 
2, Treu hab ich geliebt 6. Gibt er fie mir nicht, 


Was hab ih davon? 


Mein Schäthen betrübet, 


Das hab ich zum Lohn. 
3, Drei Rofen im Garten 
Drei Böglein im Walp: 
Im Sommer ifts Tieblich, 
Im Winter ifts falt. 


4. Wie hoch ift der Himmel, 


Wie leuten die Stern: 
Wie haben die Buben 
Die Mädchen fo gern. 
5. Ein altes Paar Ochſen 
Eine fhwarzbraune Kub, 
Die gibt mir mein Bater 
Wenn ich heirathen thu. 


So heirath ih nicht, 
So bleib ih beim Schätzchen 
Und fag es ihm nidt. — 
7. Hab Hafer gedroſchen 
Hab Linſen gemäht 
Hab manches ſchön Mädel 
Im Tanze gedreht. 
8. Im Wirthshauſe drüben 
Da fteht ein Tiſch, 
Da Mappen die Gläſer, 
Da trinken wir friſch. 
9. In Ungam, im Polen 
Da gehts Iuftig zu: 
Da tanzen die Yungfern, 
Da Happern die Schuh. 





10, Drei Dugend alte Männer — Da ſchaut ja mein altbairiſch 
— Gott verzeih mir die Sünd — Diernd! heraus, 

Dei der Arbeit find fie langfam, 21. Zwei ſchneeweiß Täuber! 
Beim Eſſen gejhwind. Flogen über mein Haus: 

11. Du lüderlich Bürſchchen Und der Schaß, der mir bejtimmt ift, 
Wann wirft du geſcheidt? Der bleibt mir nit aus. 
Wauns Yuttermild regnet, 22. Bon drüben fomm id rüber, 
Und Sauerkraut fchneit. Wos wunderſchön ift: 

12. Du liederlich Bürſchchen Und mein Schatz iſt mir lieber, 
Du mußt did befehrn: Als das Gold auf dem Tifd. 
Aus liederlihen Leutchen 23. Ein altbayrifher Säbel 
Kann auch nod was wer'n. Und ein ungarifhe Kling, 

13. Ein Dutend zinnerne Löffel, Und ein bayriſches Mädel 
Eine krummbucklige Kub, Das find lauter ſchöne Ding. 
Die gibt mir mein Vater, 24. Mein Schatz ift fein Zuder, 
Wenn ich heirathen thu. Was bin ih fo froh: 

14. Was batt mich ein jchöner Apfel, Sonft hätt ih ihn gegefien, 
Wenn er innen ift faul: Jetzt hab ich ihn noch. 

Was batt mid ein ſchön Schätzel, 25. Schs Apfel fürn Kreuzer, 
Wenns hat ein Schleppmaul. Und der fiebent ift faul: 

15. Was braudt denn ein Jäger? Was hilft mir ſchön Schätschen, 
Ein Yäger braucht nir Wenns bat ein Schleppmaul. 
Als ein ſchwarzäugig Dirndel 26. Es find’r ſechs Brüder, 

A Hund und a Büchs. Hat jeder feinen Schatz: 

16, Mein Bater hat gar nichts Und ich bin ver Jüngſte 
As e buntfchedige Kuh, Und habe die Schönft. 

E Hasperl und e Spinnrad 27. Drei Ochſen, vier Kühe 
Und a Bettitatt dazu. Sind fieben Stüd Viehe, 

17, Zu Haufe da geht es Die Hörner find kumm: 

Gar glorreih zu: Und die Leute find dumm. 
Da tanzen die Mäufe 28. Auf der Füneburger Heide 
Auf dem Hobeltifh rum. Da fteht ein Karouſſell: 

18, de höher die Thürme Da tanzen ſechs Schneider 
Deito ſchöner 's Geläut: Um eine Waſſerboutell. 

Je weiter vom Schatzerl 29. Dort oben auf dem Berge 
Deſto größer die Freud. Da ſteht ein Frauzos, 

19. Da drüben überm Bergel Hats Mädel im Arme 
Wo der Kirchthurm herſchaut: Und küſſet drauf los. 

Da wird mir vom Pfarrer 30. Dort unten im Teiche 
Mein Schatz angetraut. Da ſchwimmt ein Fiſch: 

20. Drei ſchneeweiße Täubchen Und mein Schatz iſt mir lieber 
Fliegen über mein Haus Als das Geld auf dem Tiſch. 


Allerlei Scherz und Spottreime, wie fie in Süddeutihland als Schnaderhüpfln vorlommen, find 
bier aneinander gereibt. Sie ftammen zum Theil fhon aus dem 18, Jahrh. und find in ganz Mittel. 
deutichland und am Rhein gefungen worden und zum Theil bis auf die Gegenwart zu En Hier 
nad) den Aufzeichnungen in der Lahngegend, im Dillfreid und Wefterwald durch E. Wolftam um 1850, 

Die 9 erften diefer PVierzeiler aus Ippingbaufen (Heffen) ſchon gedrudt in Wünſchelruthe 
1818, ©. 99 (f. Erlach 3, 71). Dort aud A zwijchen 2 und 3 die Grundftropben zum 


Wunderhbomterte: Bald gras ih am Ader, bald gras ich am Rain x. 





795 
1057. Kadenzchen oder Schwänzchen. 


[Ss nennt das Bolt im Naffauifhen und Heffifhen feine Verschen, die willfürlih einem ſchon 
zu Ende gefungenen Liede angehängt werden, meift nach der Art der Schnaderhüpfl luftigen Inhalts.) 


1. Auf dem Berg weht der Wind 2. So lieb als mir mein Leben ift, 
In dem Dorf pfeift er: So lieb ift mir mein Schatz 
Wenn ih mein Schätschen ſeh, Und wenn mein Schat geftorben ift, 
Wird mir ganz leichter. So lieb ih nod den Platz. 


3. Wer ein rheinifh Weib will haben, 
Der muß weiße Hofen tragen. 
Weiße Hofen die find fein, 

Wenn fie hell gewaſchen fein. 


Aus Rod an der Weil (1885) durh Wolfram. 


1058. Geiftlidyer Reigen zum Iohannisfeft. 










mal fom: met zu dem Rei-ben, kom» met zu eim Eh » ren» tanz! 
Thut euh all mit mir er» freu» en, fleh- tet ci »- nen Sonnwend-franz. 


— 
Rei =» ben ſchlie-ßet, höfe-lich grü-ßet Mas» ri» am, der Zu-gend Glanz. 


Mitgetheilt bei Bäumker, kath. AL. in ſ. Singweifen III, Nr. 93. Er meint: „Möglicher- 
weiſe gebört die Melodie einem weltlichen Neibenliede an.” 
er Dichter, Benediktiner B. Regler, Profoßpriefter zu Dbern-Altaih bei Straubing, fagt in 
der Einleitung zu dem Liede: „Weil der jungen Mägdlein Chor und Flor, viller Ortben vmb das 
Sonnen» oder Johannid- Fewer einen Reyen mit Gefang oder Dang fchlieffet, bey welchem 
die liederlihe Spil-Leuth als des Teuffels böfe Lock-Vögl, gemainiglih Dienft befommen, alfo 
laß ich mich gleihmwol bey dem Eonnen Fewer Mariä auf dem Bogenberg vor einen Borfinger ge— 
brauchen, finge jhnen ein anders Lidl vor, Jungfrawen finget mir nad.” 









Ulm 1650. 


1059. Ein Todtentanz des 17. Jahrhunderts. 














bei müßt ihr mir AM er» fcheinen, ihr thut gleih la» hen o— der weinen. 


Tod: 1, Wolauf mit mir auf diefem Plan! 
Ein Tanz will ih euch ftellen an, 
Darbei müßt ihr mir AM erfcheinen, 
Ihr thut gleich lachen oder weinen. 

2, Der Vortanz mir allein gebührt, 

Der Tod an euch zum Meifter wird, 
Lieſt euch eine kurze Lection: 
Memento mori, gedenk oft dran! 





(Papft:] 


Tod: 


Papſt: 


Tod: 


Cardinal: 


Tod: 


Biſchof: 


> 


200: 


Biſchof: 


14. 


796 


‚Ihr ſeid groß, Hein, zagt, unverzagt, 


Der Tod euch all zu Haufen ſchlagt; 
Bapſt, Kaiſer, König müſſen mit, 
Wann er anklopft, da hilft kein Bitt. 


. Derhalb Ewr Päpftlih Heiligkeit, 


Hui auf, wolan zur Ewigfeit! 
Dem Reien müßt ihr den Anfang machen, 
Die Präcedenz ift euch beihaffen. 


. Sei nicht fo gäch, wart noch ein Weil, 


Ih hab groß Gſchäft, mich nicht übereil, 
Plenipotenz hab ih auf Erben, 
Du wirft mir aud zu Willen werben. 


.G'ſchäft hin, Geſchäft her, e8 muß nur jein, 


Drum gebt eud nur gutwillig drein, 
Mir fügt alfo, ih gib nicht Acht, 
Obs einem gefällt oder verfhmadt. 
Du blinder Tod wie bift fo grob, 
Muß ih dann thun die erite Prob, 
So walt es Gott, feht an die Pin: 
Ude, ade, ich fahr dahin! 


‚Ihr Carvinäl, kommt, laft euch führen 


Die Vesper will ich intonieren 
Und fingen In Adjutorium, 
Und ihr das Saecula saeculorum. 


. Du bift ein unverfhämter Gaft, 


Kein Wis noch Hirn du mehr halt, 
Du meinft, du wöllſt gleih Alles freien: 
Mein Gfell, wie fannft fein fo vermeiien? 


. Ei was darfs da viel Disputieren, 


Jetzt ifts an mir das Dominieren, 
Bald will ih euch das Häubl ruden, 
Kein Knie fol fih vor euch mehr buden. 


‚Ihr Biſchöf, Thumbherrn und Prälaten, 


Zum Tanz thu ih euch aud erwarten. 
Spectatum admissi, fommt herein, 
In ein Lob ſcharr ih euch all hinein. 


. Nun hebt ihr Pfäfflein die Complet an: 


In manus tuas animam. 
Seid keck umd gebt ein gutes Erempel, 
Wie ihr habt predigt in dem Tempel. 


. Wer wird darnach die Anvdern begraben? 


Geh ins Spital, willft Kranke haben! 

Vos, vos venite, meine Herren, 

Die Kranken werden mir aud ſchon wehren. 
In Gottes Namen geſcheh fein Will, 

Und ſei heut unfer lettes Ziel. 

Nun reifen wir mit Sorgen fort, 
Adventieren an eim andern Ort. 








In: 


Raifer: 


Tod: 


Kaiſer: 


Tod: 


Kaiſerin: 


Tod: 


Kaiſerin: 


Tod: 


König: 


Top: 


König: 


Tod; 


15, 


— 
— 


797 


Macht auf, ihr Geiger, einen Tanz! 
Dem Kaiſer bind ich da ein' Kranz. 
Ewr Majeſtät wöll einher prangen, 
Man wird ein Galliard anfangen. 


Bad dich hindan, du Faßnachtsmann, 


Weit andre Gedanken muß ich han. 
Als Tanzen und die Zeit verlieren; 
Krieg gleich mir alle Land verwirren. 


‚Ich ſchreib mich auch für ein Soldaten, 


Mic zieren meine Ritters-Thaten, 
Ich nimm fie alle in mein Schanz, 
Hui auf mit mir zum Todtentanz ! 


18, Hilft denn fo gar fein jagen nicht, 


20. 


21. 


22, 


23. 


24, 


[2 
or 


26, 


So Hag ichs Gott und reif’ halt mit. 
Glück zu, o Welt, ſuch jet ein Herren, 
Der künnt dem Tod fein Reich zerftören. 


.Holla, holla, Edle Kaiſerin, 


Eur Herr erwart Euer auf der Bühn 
Und wollt mit eud ein Tänzl thun, 
Ewer Majeftät beliebt allein. 


Ohn mid mag er wol tanzen Hin 

Ih tanz nit in der Klag ich bin. 

Ei, jeid gebeten, verſchmächt mid nit! 
Wollt ihr, fo bring ich Spielleut mit. 
Muß ih dann fterben alfo jung, 

So Mag ichs Gott im Himmel drub'n; 
Mas nütt mir jet mein Hochheit groß: 
Ich fint dahin, vem Tod in V’Schof. 
Hört zu ihr König, laßt euch fagen, 
Das Glödlein hat ven Garaus gſchlagen, 
Heut ift eur legte Knöpflins: Nacht, 

Der Tod Mopft, euch den Garaus macht. 
Das wär mir eins, wo ift die Guardi? 
Wo feind die Doctores und Spicinardi, 
Die mid thun fhügen und thun laben? 
D web, lauft zu, ihr Evelfnaben! 

Es Hilft kein Apothekrei, 

Spreizt euch nit, fommt nur frei herbei! 
Eur Hofgefind laßt ftehn beifeits, 

Tanzt wie ihr wöllt, Welfh oder Deutſch. 


5. Was foll mir Jetzt mein Königs-Fron 


Wenn ih fo eilends muß darvon? 
Geſegne did, Laub, Erd und Gras, 
Mein Weg ih nehmen muß fürbaf. 


Frau Königin, weil ihr fo beult, 

Nah eurem König fo langweilt, 

So kommt, wir wollen an Haingart gehn, 
Ob euch die Langweil möcht vergehn. 





798 


Königin: 27. O weh mir armen Köntgin! 
Weint, trauert mit mir, ih fahr dahin, 
Wann mein er nit verfhont der Tod. 
Wie wirds euch gehn? Erbarm es Gott! 
Tod: 28. Ihr Herzog und ihr Fürſten all, 
Geiftlih und weltlih allzumal, | 
Des Reihe Herold ih fomm und fing, 
Eud diefe Fledermaus zubring. 
29. Den Augenblid follt ihr mit mir | 
Fürs Kaijers Kammer und Stubenthür, 
Allda ift gangen breit die Klag, 
Daß ihr fo ring [hätt Yahr und Tag. 
Herzog: 30. Mein Bot, wir haben dich vernommen ; 
Zeuch fort, wir wöllen nad dir kommen, 
Gar viel zu furz ift der Termin, 
Ein Augenblid; wo denkſt vu bin? 
Ted: 31. Ihr Herren, ohn euch darf ich nit gahn, 
Wol auf und ftrads mit mir darvon! 
Ih will euch felbften einfrieren, 
Doch lafjen vor ein Tanz probieren. 
32. Drum fommt, ihr edles Frauenzimmer, 
Zum letzten Tanz, und nachher nimmer ; | 
So ift die Hofburh ganz beifammen, 
Mir nad, wir fahren in Gottes Namen! 
33. Schlag auf, börft, Trummelfchlager gut, 
Mad Lerma, Lerma, flag guts Mut, 
Dem Kriegsmann wollen wir die Prären wegen. 
Sei luftig, e8 wird ein Trinkgeld fegen. 
Kriegsmann: 34, Bots Floderment, was fommt uns da? 
Pauf, Bub, bring mir die Viren rab! 
Das Ungeheur will ich wol verjagen 
Schlag zu, ſchieß drein, thu nit verzagen! 


Tod: 35. So will ih gehn, mein Bogen fpannen 

Wie gefällts dir? Pfui, wie thuft du zannen ! 
Kriegem.: D weh mir armen Krieger wund, 

Der Tod mir nicht das Leben gumnt. 
Tod: 36. Ihr Ritter und ihr Edle Herren, 


Der gut Mut wird no länger währen, 

Kommt laft uns in Die Masquarata reiten; 

Ein Mummſchanz ſchlagen den Hochzeitleuten! 
Ritter: 37.D Gott, wir haben Weib und Kind, 

Daheim ein großes Hausgefind, 

Wir dürfen nit von ihnen laffen, 

Mein Tod, reit vor in d' Webergafien! 
Edelfrau: 38. Ach, ac, ich bitt, laß mir mein Herm! — 
Tod: Ja, wann ihr wollt für ihn gehn, gern. 
Frau: Wie? Ich joll gehn? das thu ich nicht; 

Ehr' zehn Männer hab ver Ritt. 





799 


Ritter: 39, Siehe da! die Treu von meinem Gipan! 
Alſo wird gleih oft mander Mann, 
Glück zu, Weib, zu viel taufend Nacht! 
Ich ftirb, fi meiner Niemand adıt. 


Top: 40, Herr Bräutigam, gefällt euch euer Braut? 
Bräutigam: Billig, dann fie it mir vertraut. 
Tod: Mit nichten; fie ift mein von allen. 


Adiu, ih führs zur Maufefallen. 
‚Ihr Bauern und ihr Burgersleut, 
Ihr junge Gſellen, jeid bereit, 
Ein Vorders ih euch thu antragen, 
Ein jeder ſoll die Wahl da haben. 
Bauer: 42, Was fagft du? hä? wir hören nit wol, 
Tod: Die Ohren ih euch raunen ſoll. 
Drum folgt mir nad in mein Badhaus, 
Da blist das Feur zum Yenfter aus. 
Bauer: 43, O Klag, o Leid, o Tod, o Mord! 
Die Tyrannei ift umerbort. 
Tod: Es hilft fein Panzer gegen mich, 
Alls muß zu Boden, was id) triff! 
44, Hui, Spieler, Saufer, Taler-Narren, 
Ich leg euch all auf meinen Karren. 


4 


— 


Spieler: Gemach, laß michs Geld vor inveſtieren, 
Und uns vor recht die Wehrt probieren! 
Tod: 45. Allda duſch einer mit dem andern. 
Die Stiegen ein! Ihr müßt nur wandern. 
Spieler: Ach Gott, hat e8 denn gar fein Bitt? 
Wir fahren und wiffen die Herberg nit. 
Top: 46. Noch ftehn mir die alten Weiber aus, 


Und Kinder in dem Bruderhaus. 
Altes Weib: Schau, Mädl, ver Wanam Hopft an! 
Mädchen: Er ſucht mich auch, ich lauf darvon. 
Altes Weib: 47. Pfui, laß mich gehn, du Aas, du Gſtank, 

Die Mädl nimm, die ift ſchon krank! 
Mädchen: Ich bin ein Kind, bin nicht geſcheid. 
Tod: Fort! ich brauch Küh- und Kälberhäut. 

48. Jetzt bin ich worden ein Sadpfeifer 

Und ruf zufammen all Landläufer, 

Dot, Kramer, Schüler, Sternfinger; 

Ein neues Jahr ih ihn’ wollt abg'winnen. 


Bote: 49. Hab dir das Jahr and alle Plagen, 
Du dürrer Hund und Storfenfragen! 
Tod: Nun zottel frei nachher, ich treib den Stern. 


Stemfingr: Wehe, immer Wehe, wer flirbt dann gern! 
Der Dichter fpriht: 50. Derhalben laßts euch fein gefagt, 
Fürcht euch, der Tod ift unverzagt, 
Keins Menfhen thut er bier verfhonen, 
Seim Tanz muß alles Fleifh beimohnen. 





800 


„Der Todten =. Ein geiftlihes Gefang, wie der Todt uber alle Menſchen berricet, 
vnd feinen verfhonet. Im Thon, wie man die Kayſerin fingt. O Gedrudt zu Augſpurg, ber 
Johann Schulted. 4 Bl., 8%, ohne Jabr [um 1650). K. Bibl. Berlin Yd 7854,.23. Ori: 
ginal mitgetbeilt durh Dr. Johann Bolte in Birlinger'd Alemannia XVIIL Bd., ©. 65 ff. 

Eine frühere Ausgabe, in Frauenfeld befindlih, ift „Gedrudt zu Ynßprugg durch Daniel 
Paur 1627*. Nach der Angabe in Weller'd Annalen I, 391, Nr. 601 ſoll fie 52 Strophen baben. 

Das Gedicht ift, wie Dr. Bolte bemerkt, wol eine zu Anfang des 17. Jahrh. im katholiſchen 
Süddeutichland entftandene Umfermung der alten Dichtung über den Todtentanz. Die Reibenfolge 
der vom Tode davongeführten Perfonen ift im ganzen dieſelbe geblieben, wie in jener, aber die 
Wechjelreden find ungleichmäßiger, lebendiger und dramatifher geworden. Daß das ftrepbiih ab» 
efapte Geipräh nad einer beftimmten Weife gefungen werden joll, erinnert an die zur 
—* Zeit beliebt gewordenen Singſpiele der engliſchen Komödianten. — Die Melodie der „Kai— 
ferin“ deren urfprünglicher Text nicht aufzufinden war, fehlt zwar im Drucke, iſt aber am Schluffe 
des Berliner Sammelbandes von einer Hand des 17. Jabrhunderts binzugeichrieben. Abſchrift in 
Erl's Naclaffe und gedrudt nad Bolte oben. Diefelbe Melodie ift in demfelben Berliner Sam: 
melband 7854 nod zwei anderen Liedern beigefept: a) D Welt, D Welt, D falſche Welt, 1655. 
(Im Ton: Grüß dich Gott, du fhöne Dim), b) Wann wird dann unfer Aufbruch fein Im 
Thon, wie man die Kaiferin fingt). S. Bäumter III, ©. 193,) 

Ueber ähnliche gefungene und aufgeführte Todtentänge aus noch jpäterer Zeit vergl. Schröter, 
Germania 12, Bd. Böhme, Geſch. d. Tanzes I, 45 ff. und 60. 


© 11,1 Tbumbbern, Domberm. 13, 4 wehren, werden. 21,2 drub'n, droben. 23,1 
Buardi, it. Guardia, die Wade. 3,3 Doctores und Spieinardi, Doftor und Apotheker 
(Spezereihändler mit Narben). 


1060. Geiſtlicher Iungfrauentan;z an den Gräbern. 


Allegro. Coussemaker Nr. 35. 





1. In don he-mel is eenen dans R daer dan - sen 
2.— 'tls vor A-me-li - a. J Al-le-lu-ja! Wij dan -sen 
* 
— — 











4 . —— Be-ne-di-ca-mus Do-mino, al-le - lu-ja, al-le- lu - ja. 

Eigentbümlich ift im franzöfichen Flandern der „Dans der maegdekens”, der bei Begräb» 
niffen von Jungftauen gefungen und getanzt wird. Gouffemafer börte ibn noch 1840 und 
erzählt darüber: „Wenn ein Mädchen in Bailleul geftorben war, fo wurde ihre Leiche durch 
ihre früberen Spielgenoffen erft in die Kirhe und dann nah dem Kirchhof getragen. War 
diefe Pflicht erfüllt und der Sara in das Grab gefenkt, erfaßten alle anmwefenden Mädchen das 
Sargtuch, das von blauer Seide gemacht war und in der Mitte ein großes Kreuz von weißem 
Seidenftoff trug, auf dem filberne Kronen geftidt waren. Mit diefem Tuche giengen fie nad ber 
Kirche zurück und fangen dabei das obenftebende geiftlihe Lied. Und zwar fangen fie mit jelder 
Lebbaftigkeit, mit ſolchem feuer und fo ſtark bermorgebobenem Rhythmus, dag man fich ſchwer— 
lih eine Idee davon machen kann, wenn man es nicht felbft gebört hat. Es ift cine Geremonie, 
die für und im jugendlichen Alter viel Anziebendes hatte. Jeßt ift dad Sargtuch dort noh da 
felbe, der Gefang ſcheint aber nicht mebr geftattet zu fein.“ 

In diefem befchriebenen Gebrauch ift bobes Altertbum und (nah Couſſemaker's Meinung) 
„druidiſch-ſtandinaviſche Erinnerungen * nicht zu verkennen. _ 

Man darf diefen Gebrauch wohl für den lethzten Ueberreft der germanischen Todtenopfer 
mit Geſang und Tanz an den Gräbern der Berftorbenen halten: ein heidnifcher Gebrauch, der jeit 
Karl'd des Großen Zeit wiederholt in der Kirche verboten wurde und bier eine chriftliche Umbil— 
dung durch lateiniſche Rufe erfahren bat. Der Mädchen-Tanz mit dem Sargtud war offenbar 
eine Mafregel der Geiftlichkeit: fie wollte die Gläubigen von den abſcheulichen Spielen und Zänzen 
auf den Gräbern abhalten und gab darum dem uralten Gebraud eine andere Wendung, einen 
gottesdienftlihen Charafter. 


+ 





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avallable