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Zeitschrift für 
christliche kunst ... 



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ZEITSCHRIFT 

fOr 

CHRISTLICHE KUNST 



HSKAUSGBCBBBN 

VOM 

Professor Dr. ALEXANDER SCHNÜTGEN, 

DOMKAPtTULA» IM KOLM. 



1903. -^c— XVI. JAHRGANG. 1903. 



DÜSSELDORF 
DRUCK UND VERLAG VON L. SCHWANK. 

im 



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Inhalts- Verzeichnis 

zum XVl. Jahrgange der „Zeitschrift für christliche Kunst". 



I. Abhandlungen. 



Sptltg 



Die Marienkirche in Volkmarsen nebst 
Beiträgen zur Geschichte der Stadt und ' 
benachbarter Orte. Von Lambert i 
V. Fisenne 1 

Neue Gedenktafel des Kanonikus Georg 
von Eyschen im Kölner Dom. Von 
SchnUtgen 21 

Die kunsthistorische Ausstellung in Düssel - 
dorf. IX. 23. Reliqtiienbiich Her ka - 
tholischen Kirchengemeindeiu Wetzlar. 
24. Deckel eines Roliquienbuches in 
demselben Bcsiti. Von Schnütgen 26 

X. 26. Kupfergftriebeiie Religiiien- 
figur der Abteikirche zu Werden. Von 
Schnütgen 47 

XI. 26. Elfenbeingruppe als Reliquien - 
h<;hälrgr in arrhitektnnisrhf r Silher- 
fassung. Domschat^ zu Munster. Von 
Schnütgen 91 

XII. 27. Tragaltar im Domsrhatz lu 
Münster. Von SchnütRcn . . . 126 

XIII. 28. Spätgotische silbergetriebene 
Madonnenstatuette des Diözesaninuse- 

ums zu Augsburg. Von SchnUtgen 169 

XTV. Of) Hrthfrner Knimmstab der 
Frührenaissance, Sammlung Clemens. 
Von S('hn ütgen 187 

XV. 80. Figurierte Teppichwirkerei des 

XV. Jahrb., Sammlung Clemens. 31. 
Gestickte .^KratTe auf der Vorderseite 

der RrannfeUfr Ka*g> dcS EülSlca 

Solms. Von Schnütgen . . . . 207 

XVI. 32. Cliormantelstickerei mit dem 
Tnttrnlanz im Df^in zu O-inabrück. 

Von Schnütgen 287 

XVII. 33. Spätgotisches, silbervergol - 
dftrs Cittotiiim iki Stiftskirche ZU 

Fritzlar. Von Schnütgen .... 281 



XVIII. 34. Zwei hochgotische bronze- 
gegossene Reliefttatuetten im Sigima- 
ringer Museum des Fürsten von Hohen- 
zoHem. Von SchnUtgen .... 306 

XIX. 35. Kasel von Sammetbrokat mit 
gesticktem Kreuz in St. Patrokli zu 
Soest. .36. Hochgotisches kupferver- 
vergoldetes Fahnenkreuz derStiftskirchc 
z« Xanten. Von Schnütgen . . M\ 

■XX. 37. Ciestiiktes Reliquientuch der 
i'farrkirclic zu Ijlankciihrim \'im 
Schnütgen 381 

Neues silbcrvergoldetes ■■Mtarpültchen. 

Von Schnutgen 33 

Die Wiederherstellung des j^rofsen Rad - 

letichters im Home ni Hildp«i}ipini. 

Von Richard Herzig 87 

Zwei TragaUärchen im Münster zu Frei - 
burg. Von Joseph Braun ... 41 

I Holzkirchen in Deutschland. N'on Steph. 

Beissel . ■ ■ ■ , iÜ 

Die St Markuskapelle zu Altenberg. 
Von Lic. Grüters und Baurat 

Heimann 65 

Straufs und Kranich als Attribute der 
Geieclitigkcit. Von F. v. M oellcr . 75 

Der Reliquienschrein der Heiligen Ger- 

vasius lind Frotasiiis zu Rreisach. Von 

Leonard Korth . . . . . . . 81 

Das Rationale. Von Jos. Braun . . 97 

Die Kirrtif v»n \".i1pn'a 711 Sitrpn iinfl 

ihr I.pttner. Von Wilh. F.ffmann . 12a 

Werke dcs mittelalterlichen BumiCi 

r.iKwi im K.rfiirtfi- Drim Von Httn 

Buchner f 143 

Die metailenen Grabplatten des Erfurter 
Domes. Von Otto Buchner -f . 165 



VI 



INUALTSVERZEICUMIS DER «ZBITSCHRIFT FÜR CHRI8TUCHB KUNST" IM». 



IM 



Spalte 

Frlihgotisches rhcinif;ches Reliqiiienaltar- 

chen mit bemalten FlugclD. Voo 

SchnOtgen 19S 

Ein goti'srhes Rüstenreliquiar im bayer. 

National museum. Von W. M. Schmid 
Alte orienttUiehe Teppiclw im Dom so 

Friuenburg. Von Joseph Kolberg 
Hochgotisches rheinisch. Sthaii.iltärchen: 

Holzschnitzerei mit I-lUgelgcmiildcD. 

Von Schott tgen 

FarbcTTichmuck am Aüfsert-n «tes Domes 

zu Chur. Von Wilh. Effmann . . 
Liturgische SaagrObrcbcD im alten I^eder- 

futtenl. Von Ott» Buch n er f . . 
Silberv'ergoldeies romanisches I^uchier- 

chen im Privatbesitz zu Köln. Von 

Scbntttgcn S41 



227 



Der I.etlner von St Maria im Kapitol 
zu Köln. Von W. Ewald . . . . 257 

Du lUtionale von Ton). Von Beda 
Kleinichmidt 278 

Das neue Teppichwerk der St. Marien- 
kirche SU Aachen. Von Jos. Braun 289 

Dot nuttteMterlkhc Tragaltar. Von 
Beda Kleinichmidt . . . . 899,323 

Neuer HfKhallar romanischen Stils f\ir 
die alte Kirche lu Gerresheim. Von 
Schntttgen 821 

Die Kalkarer Bildhauer auf dem Wcfe 
von der Cotik xur Renaimnce. Von 
Steph. Beissel 358 

Zur Tiersymbolik, namentlich auf Grab> 
milern. Von Otto Buch oer f. . 860 



II. Nachrichten. 

S|wiii« 



Clemens Freilierr von Heereman f. Von 

SchnUtgen 68 

Kunstfahrt der Utrechter St. Bcmtilphus- 

Gilde im Jahre 1900 nach Löwen, 

VillcT^ BrttsaeL Von Alfred Tepe 

2i;;, 243, 307 
Die Ausstellung für christliche Kunst zu 

Ktttai. VonSchnütgen 228 



Domdekan Dt; Georg Jakob f. Von 
Schntttgen 

Das Breslauer DiaieianniUMum. Voo 

Scbntltgen 

Friedrich Lippmann 7. Von Paul 



810 



Kaufmann 811 



IIL BflchenchAu. 

Spalte 29, «1, 98, 127, 180. 818. 851. 888, 818. 847, 388. 



IV. Abbildungen. 



spalte 

Die Marienkirche in Volkmarien. (11 Ab- 

büdungeti) . 7 — 10 

Neue Gedenktafel dei Kanonikus Georg 

von Eyschen iin Kölner Dom . . 23 — Ü 
Reliquienbuch der katholischen Kirchen- 
gemeinde zu Wetzlar 25 — 26 

Deckel eines Reliquienlvoches in dem» 

Sellien Besitz 27 — 28 

Neues silbervergoldetes Altarpültchen 35 — 36 
Die Wiederherstellung des gro&en Rad- 
leuchters im Dome au Hüdeshdro. 

(2 Abbildungen) 37—40 

Zwei Tragahärchcn im Münster zu Frei- 
burg. (4 Abbildungen) 43—46 

Kupfergetriebene Reliquienfigur der .Abtei- 
kirche zu Werden ...... 47 — 4ä 



S|MtC* 

Die St. Markuskapelle in Ahenbeig. (6 

Abbildungen) 67—72 

Elfenbeiag;ruppe als Reliquienbehalter in 
aichitektoniicher Silberfiissung . . Ol — ^08 

Das Rationale, iß Abbildungen) . 108—118 
Tragaltar im Domsdiats su Mflnster 120—186 

Die Kirche von Vakiia ztt Sitten und 

ihr Lettner. (10 Abbildungen) , 130— 138 

Werke des nuttelalterlichen Bronzegusses 
im Erfurter Dom. (3 Abbildungen) 

145-146, lBl-162, 165—158 

Spitgotische silbergetriebene Madonnen- 
statuette des Di^tacsanmuseums zu 
Augsburg 159—160 



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INHALTSVEBZEICUNIS DER .^TSCHRIPT FÜR CHRISTUCUE KUNST" 1903. 



VU 



Die metallenen Grabplatten des Erfurter 
Donei. (7 Abbild.) 168—164» 167-168. 

171-174, 177-178, 181-188 
HOheraer Krammitab dFiühicoMssance 

187— i8Ö 

FMlhgotischei ifadniKhei Rdiqaieoaltliw 

eben mit bemalten FlUgeln (Tafel I). 
Ein gotisches BUstenreliquiar im ba^er. 

Nationalmaseum. (2 Abbildungen) 195—198 
Fqnrieite Teppidiwirkcrei det XV. Jh. 

2ö9—2\0 

Gestickte Agraffe auf der Vorderseite der 

BraunfeUer Kuol d«s FOnUtn Soln» 811-212 
Hochgotisches rbein. Sdiamltarchen im 

bayerischen Nationa!mus«im (Tafel II';. 

Farbenschmuck am Aufsereii des Domes 
nt Chur. (8 AUiildungen) . . 288—232 

Liturgische SaugrOhrchcn imaHcD Leder- 
futteral 235—236 

Chormantelstickerei mit dem Totentanz 
im Dom wa OntabrOck. (8 A bb.8S7— 840 

Silbcncrrgolfictcs romanischL-s Leuchter- 
chen im Privatbesitz zu Köln , 241—242 



Der Lettner von St. Maria im Kapitol zu 

Köln. (6 Abbildungen) . . . 961—878 
Das Ratiemle von Toul .... 876—876 

Spätgotisches, silbervt-rgnldctcs Ciborium 

der Stiftskirche zu Fritzlar . . 281—282 

Das neue lepplchwerk der St. Marien- 
kifdic tn Aacben. <8 Abbild., Tafel in.) 

Zwei hochgot bronzegegossene Relief- 
statuetten im Sigmaringer Museum des 
Fürsten von Hohenzoüern . . 805 —306 

Neuer Hochaltar romannehen Stib flir 
die alte Kirche zu GemdMim (DoppeU 
tafel IV u. VI 

Kasel von Sammetbrokat mit gesticktem 
Kreut in St PatrokU tu Soest . 841-8^ 

Hochgotisches kupfervergoldetes FabneO' 

kreuz der Stiftskirche tn Xanten Si"!— 846 

Die Kalkarer Bildhauer auf dem Wege 
von der Gotili aar RauiManee. (8 Ab- 
biMungcn) .... 866-868, 866-866 

r.csticktes Reliquientuch der Pfivrldrche 
zu BUnkenheim 881-382 



Alphabetisches Register. 

' nflt u, dilt drt Irxt illiatiirrt ist. A. AnmerkunK. Jb. Jalirlinuint. S^|. = Sl —l d 
Virw<k»<UM;c<> in <cki(ea KUauuofo b«i<etten >i<b Auf die Mimen Ba»<le der ZtHtAtüL 



AacbvB. Slg. Vultn. 

rium 329, A 53- 
Marieokirche. Neun Teppichweik 
•28» •. 

Adler ak SjrBbal 37B. 
AllXra. Der atfltdalteiScIie Tng. 
altar 299, 323. 
TnifKttirc. Freibntg, Muaiiei 41*; 

MflaMst L W.. t»MB 185*. 
Fftihgot. rhciii. Reliquienalllf. 
eben, Mönchen, üationalmuieani 

Ilochgot. rbein SchauallSrc'ien, 

MHachcB, NaiionaiinnseaiD T^b*. 
Htner roaun. Hoebaltaj. Gemt. 

heiB 321*. 
AltarpBltchen, neuei sUbamr. 

goldetes 33*. 
Allenberg (Kr. Malhaim, Rhein), 

S. MaAukapdia «ö*. 
Aapcl« tomsaiidic, Biftnt, Dom 

148*. 

A«CBb«rg, Di5NfMMmncBB.^II. 

gotische tilher^ffriebcae Ma. 
doniMiutatnettc 159*. 



824. I 
A BBS ca 4eker«tl«m fiwbitc227*. 

BambarcDona, GikbplatMn 17&, 
184 

Dom»ch«tt. RMiouda 106*, 115, 
116^ 119. 
Bardenbeier, AaiMa, llalir 73 ' 
Bankuntt. Kircba voa ValaHa m 
Sitten 12»«. 
Hohkifcbn in DcalacUand 49. 
Altenberg, S.MarknikapeUeO')*. 
Manenkircbe io Vollunaiten 1*. 
Kaailfaiifl der Ulfsebler St. Ber. 
nuIphus-Gilde IM:?, '2V^. 7>ül. 
Befettigte Kirchen 133* u. A Ö. 

Berlyn, FcMr, Goldsckiniad W. 

St. HernoIpbos.C ilde, Utrecht. 

Knnitfahit 1900. 213,243,307. 
Bildhaaerkanii. CHcBbciB« 

gruppe XV. jHhrS. zu MUniler 

i. W. ■]• ReUqnieobehXJier 91*. 
Hodgotiietiw rheia. Sehaaaltlr- 

chen, Mttnchca, NaUewdmn* 

tcam 225*. 



Die Kalkarer Bildhauer auf dem 

Wag« von der Gotik nr &«• 

na ia t a n ce 3&3*. 
Kromniitab aai NufabaMmholl, 

Sig, deinen« 187*. 
Lettner In KWa, S. Maria telU. 

pitoi 'Zr-T*. 

Meaer ronun Hochaltar, Gcr«s> 

bdfli 821* 
Kirgel, Heinr., Goldtchmied 21*. 
Bischof •»lab i. a. Krummatab 

187*. 

Blankenheim (Kr Schl*iden\ ge- 

ilickiet Kehquientttch in der 

Pfarrkirche 381*. 
Braaafclt (Kr. Weular), Agfafit 

von der Kaiel de* fflistcn Selaia 

208*. 

Braidanbach, W., Aiehilekt 73. 
Breiiaeh. Rdqaicnsobreia 4er 

Heiligen Gervastaa aad Pnla> 

•iaa 87. 

Brealav. DiSfcaaBaaieaB 810. 

Bronircufs Werke, mltltkitail. 
Erfurt, l>om 143*. 



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TUl 



INHALTSVERZEICHNIS DER „ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHE KUNST" 1903. 



Hochgot Relietitmlnetteo, Sign». 

ringen, FOnll. MuMUm 30'>*. 
Brunei. Konufahrt der St. Bcr. 

nnlphus.GUde 307. 
Brun kreuz, bischöfliches 105, 

A. 'ib. 

Chor, Dom. Farbenschmuck am 
Äusseren 

Ciborium, spilgolischcs, tuFritxlar 
281». 

Derichi, Jak. BiMschnilter 3.'>4. 

Dinslaken (Kr. Rnhrort), kaihol. 
Kirche. Engel von Douver- 
mann u. Allarau&ati Mf»! | 

Diptychon. Portal ile 'A'2!t nnd ■ 
A. Ji 

DoBvermann, Heinrich, Bild-' 
haner 'i'>^* 
Johann, Bildhauer 3&i B. 
Draiche als Symbol 374. 
Dtlsseldorf, kunsthistorische Aas- 
stelhing 1902. '.'S*. 47*. 9t», , 

r2f>». i.'')9*. i»7* -An-!; 23-», 1 

28 1», 305*, 34 1», 3HI* 

Eichslltt Rationale 114x 1I& 
Elfenbei ngruppe, XV. Jh., als 
ReliquienbcbUter (Munster) 91*. 
Encolpion 107. 

Erfnrt, Dom. Liturgisches Saug- 
röhrcben 23Iil. 
Mitlelaherl. Bronzegoft ■ Werke 

Metallene Grabplatten 101*. 
Ey sehen, von, Gedenktafel 'Ui^ \ 

Fahnenkreus, hochgot., Xanten 
343*. 

Kanon als OmaUtflck des Papstes 

122. 

Franenbnrg, Dom. Alle orien- 
talische Teppiche lÜIL 

Freiburg i. Br., MUnater. Zwei 
Tragaltirchen All. 

Fritxlar. Spitgotiaches Gbortnm 
281». 

Gedenktafel mit Gravur in Mes- 
sing 21^ 

Gerresheim (Ldkr. Dtlsseldorf) 
Neuer Hochaltar 321*. 

Glasmalerei. Fenilerverglasung, 
Allenberg, S. Markuskapelle 73 

Goldacbmiedekunst. Tragaltar 
im Domschats, Mttnsler 12ri* 
Reliquienbnch nnd Deckel eines 

solchen, WettUr 25*. 
Tragaltirchen, Freibarg, Mttnster 



Reliquienachrein d. Heiligen Ger- 
vasius u. Protasiua, Bieisach KL 

SUbervergoMetea romao. Leuchter- 
eben, KSln. Privatbesiti 241*. 

Frtlhgoi. Reliquieobllste, MUichen, 
Nationalmaieum 1 9.')*. 

Reliquienfigur, XV. Jh., Werden 
47*. 

Hochgot. Fahnenkreas la Xanten 
343*. 

Spltgot. silbergclriebeoe Madon- 
nenslalnelte, Augsburg, Diöze- 
saninatrtim 1 ^fl* 

Spitgot, Ciborium zu Fritzlar 281*. 

Neues silbetvergoldeies AUarpOll- 
chen 33*. 
Grabmale r, Tienymbolik auf sol- 
chen 3ti9. 
Grabplatten, metallen«, Erfurt, 
Dom Ittl*. 

Hacke ney, Köln, MSccntn-Familic 

2.^.7. 



Kranich als Attribut der Gerech- 
tigkeit sa. 

Kreuz. Fahnenkieuz, hochgot, 
Xanten 343*. 

Kribben, Bildhauer 73. 

Krummslab aus Nufsbaumholt, 
SIg, Clemens 1B7*. 

Kupferstich, Geschichtliches 1 Ott, 

KOsthardt, Professor 38, HL 

Lederarbeiten. Futteral z. litur- 
gischen Saugiöhrchen, Erfurt, 
Dom 23?i*. 
Lettner der Kirche von Valeria zu 
Sitten 137*. 
in Köln, S. Maria im Kapilot 2&7*. 
Leuchier. Grofser Radleuchter, 
Hildeshein, Dom 37*. 
silbervergoldelei roman., Köln, 

Privatbesitz 241*. 
Leuchterfigur des sog. Wolfram, 
Erfurt, Dom 1^0* 
L I p p m a n n, Friedrich 311> 



H eere man, Clemens Freih.v. :>9. I ^^^^ als Symbol nnd auf Grab. 
Heimann. Baurat 72. | ^atm 372. 3iL 328. 

Hildes heim. Dom, Grofser Rad- njwen (Belgien). Knnstdenkraller 

leuchier [XIV, 13^ 321. 213. 
Hirsch auf einem Grabmal 370. LOtlich. Kalhedrale. Büste des 
Holzkirchen in Deutschland ÜL hl Lambert llW*. 



Hund auf Grabskulpturen .37.'>. 
Jakob, Domdekan, Dr. Georg 2:M. 
Innendekoration, Allenberg, S. 



Markuskapelle fig^ 
Inschriften, äufsere Form ^ 



Malerei. Aufsendekoralion de« 
Domes tu Chnr l?"??*. 
Frtlhgoi. rhein. Reliquienaltirchen, 
München, Nalionalmusenm 193*. 
Hochgot. rhein. SchaualtSrchen, 
München, Nationalmuseam 22I>^ 
Kalkarer Bildhauerschnle ! Maria Laach, Frage der Auucu- 
:i:>^ Arbeiten von Heinr. nnd | bemalnng '234. 
Johann Douvennann, wie von Mengelberg, Wilh., Bildhauer 21*. 
Arnold van Triebt tu Kalkar H'jl*. 
und Xanten. | M essi ng-Ge d en klafel 

Kasel von Sanimeihrolcal mit ge 
sticktem Kieui, Soest, Sl. Pa 
Irokli 3 n*. 



Kleefisch, Jos., Goldschmied 33*. 

Kleve, Stiftskirche. Marienaltar 354. 

K losternenburg, Stift. Trag- 
altirchen ML 

Köln, Dom. Gedenktafel des Ka- 
nonikus Georg V. Eytchen 21*. 
S. Georg. Sakramenlshintchen 
23J1- 

S. Maria im Kapitol. Lettner 257* 
— Station, mntroafsl. Epitaph 
der Familie Hackeney 271*. 

Ausstellung für christl. Kunst 1903 
22i 

Krakau, Dom. Rationale 1 LL 1 



Me (spult 33*. 

, Metallarbeiten. Grofser Rad- 
I leuchier, Hildesheim 37*. 
Grabplatten, Erfurt, Dom 161*. 
Miltelallerl. Bronzegufs-Werke, Er- 
furt. Dom 143*. 
Manchen. Reiche Kapelle. Sog. 
Reliquiar Heinrichs II. 326. 
Tragaltar Arnulfs v. Kärnihen 
■32fl. 

Nalionalmuseum. Kationale 1 1 7*i 
Abb. : u. Ol 1 19. 
FrObgot. rhein. Reliiuienaltir- 

chen 193*. 
Gotisches BtUlenreliqniar !<>:>*• 
Hochgot. rhein. Schauallirchen 



IX 



SIg. Clemens. Krum 

NnblMuiaihols 187*. 

Wmdleppick. XV. Jb . S07«. 
MttDsler, Dom. Tr»g»It»r 
Mantter i. W., Dom, Eiienbcin. 

grapp« all Kclifaicolieblllcr 

»l*. 

Osnmbrttck. Dom. Chomntcl 
mit Toienunx 237*. 

Paderborn, Don. lU t wwiala 120. 

Pardaii, Job , BaumeUtar 18( 19- 
Pcciorale lO:». A. 25. 
FlvTial». «m1 SHba iteta 

Phviate des XVI. Jh., Olm- 
brlick, Dom 237. 

Rationale aU liiarg. bischöflicher 

Schauck 97*. 
a«R Toni 273*. 
Sefeaabarg« Dom. Grab&gux d. 

BiKhob Heinrich von AbabaiK 

109*. 115, 116. 119. 
RcHqniar. BroucBaal* End« d. 

XII. Jh.. Erfurt, Dom 157*. 
FftthgoC Bttaia, Mttackan, National. 

MacoB 199^. 
BlfenbeingmppCi XV. Jh., MUMler 

i. W. «1*. 
Reliqaieobuch. Wettlar 2.'i*. 
Dackel eines solchen, ebenda '27*. 
Reliqu>en%ui, gotische, Werden 

47*. 

X«li(|Manachnin dar HaiJifCa G«r. 
▼aataa nnd FWitartaa an Itti- 

5. eh 87, 

Keiiquientttchleiu XV, Jh., xa 
Bhnhcnhaim (Kr. Schlnkiai) 

•ss\. 

Ilincklake, Wilhelm, Baomeiater 
28i. 



RoIIant leKoox, Ba — ei i l a ff aad I 

fiildhauar 2Ö6. 
Ron. S. Maria CampidalK. Sof. 

Aliaf dea U. CNfor T«n Njwn 

33M. 

Sangr0hf«htn, Utnrgische .'35*. 
S«hn«i4«ra n. Sehmola, Gki» 

maier 73. 
Siagal, XUI.Jb. der Stadt Bcekom 
n. dea Malaaar Domstifte* 103*. 
SiganrinfCB, Forsil. Muenn. 
Hoehg«it. broniegegossena Rt> 
liefclatoetlen 305*. 
Sitten, KIrdic von Vuleri» J2{»*. 
Stickerei. RaiionaJien 97*. 
RMioaale n TmI 878*. 
an einem TragnHaa«^ Htnatat 

i.W 12.',*. 
Agrafie auf dar BwnnMut Xaiel 
208* 

Kasd TOB SnniBMtbrokat, Soest, 

St. Patrokli 341*. 
Choraiantei mit Tolenlaaa, Otn«< 

brleh, Dom S87*. 

Keliquientacblein XV. Jh. an Bkn. 
kcaheim 381*. 



Nfuci Teppichwerk, 
liciikircbe 28&*. 
Straufs ak AHrHwl dar CSctcch. 

tigkeit 75. 

Triebt, Arnold van, Bildhnnar 360*. 
Teppiche, aha cnienta)., Fianan» 

burg, Dum lfl9. 

Wandteppich XV. Jb., MdnclMn, 
SIg. Clanwna 207*. 

neiie, .Aschen, Marienkirche 289*. 
Tiersymbolik, nameoUich aaf 
GrabmUets aoft. 



Toni. Rationale 273*. 

Tragatiar. der mitlelakcriicbe 
SM, 828. 

Traualtäre tu Frcibnif ^ AI*- 

tu Mtliittet ;. W. 12.')*. 

Triumphkrenx ais Leltnetschmack 
141. 

Villers, (Helgien), K luster. Ge- 
schichte und Architaktnr 243. 

Viaeher. Peter 172 ff. 

VnlkmnraM (Bn. Knmai). Ma. 
rienkirehe 1*. 

Warden (Landkr. Essen), Abtei, 
hirchc. KnpftrgMriabano Rn- 

liquienfigur 47*. 

W et alar. Kciiquienbndi u. Deckel 
einaa aokhnn der kaiholiaehen 

KircheogemeiBde 25*. 
Wie n, k. k. Uuenm fiir Kiaal «nd 
Indmtrie. Reliqniamehata d«a 

Haniet Br«uiuchweit;-l.!ltieburg 

(Wdfentcbalt). TragaltSre 323, 

331, 333 (2), 885. 
Wilder Mann auf einem Grabmal 

Bod auf gravierten Platten 377. 
Witmnr (B«a. Kaaael), ehem. Dort 

4 «. A. 8. 9, 12. 13. 
Wtraburg, Dom. Grabfigar des 
Bischofs Alb. v. Hohenlobe 
100*. 

Grabfigar des Bischob Gotlfr. 

von Limbarg HO*. 
GrabplatltB 178. 

Xanten, Sriftakireht. Badhmet. 
arbeiten II. ani J. Donvar- 
manns 3(il. 
Hoehgot Pahncnbcna 348*. 



Verzeichnis der besprochenen Bücher und Kunstblätter. 



AI teand Nemo Welt 1003. 88. Jf. 

Barr/, der Zauber knoten 319. 

Bnrib, GeacMdUe der gcialHetinn 
Musik 287. 

Belssel, KunslschlUe de» Aache- 
ner Kaiserdomes 2H5. 

Bend ixen, ans der mittebltarlichaa 
Samaalnng dea Moacwna in 
Dcigen 04. 

Bentigera Mnrienknhndcr 1001 
260. 



Bnrgner, Kirchliche Knnslalter. | 
tlimer In Dentochland. Liefg. 1 

349. 

Bildhauerkunst, 

Oliicbe 32. 
Bochenek, daa GoMta der For. , 

racnschönheit 313. 

Bode, vorderasialiache Knipfiap. 

piche 30. 
Brenn, Winke Ar PatnmMn 883. 
Bn c h n e r, der S««nrl.8ariMphag lu 

Erfurt 286. 



Bürkner, Geachtchte der klwU 

Koosl 314. 

Cabrol, dictioanaire d'aichtelogie 
ehrCtfenne et de Htmgie I. 180. 

Cicerone, moderner, iler Union 

I>entsche VcrlagsgeseUscbaft I. 
Flonniv.Sehnbrhit; 2. Romll. 
Nenara Knnst v. Hamack tfti: 
3. Rem III. Die Umgebung 
Roma von v. Seheffar 884. 

Giemen, die rheir^t^che und dif 
westfilische Kunst auf der 



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INRALTSVEKZBICIINIS OER .^TSCHSIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST» ISOS. 



1908 

Csihak, r., EdcUchraieddonM in 

Prfiifjen I. !t3. 

D O e « i 0 g. Bcschreibong der älteren 



ProTin« SacliMB (iUlbcnUldl) 

Heh 23 lÖO. 

EiDsieaierkalender 1904 26d. 
Esdrei, d«i Si. JtkohipMial ia 

Rfgensburg 25^!. 

Fih. Getchiclite der bildenden 

Kteite 31&. 
Fianti, die Konst iai vammjiitt* 

banden 

Fri*dllB4cr, M«iM«imli« 4tr 

niederUUsdrschrn M«!eTeide»XV. 
end XVI. Jh. anf der AuMiel. 
Inng M Brflff* 1901 88«. 

Gcatlltchaft, denuche, für 
chrUtliebc Kanal. Jabics. 
napp« 10OS 818. 

Citlmanii, Ästhetik der Baukunst 
(Kiuutlehre V. TeU) 313. 

Gltektrftd.Kftl«ikd<rie04 880. 

31. 

Hanfttaengla Vwla^Katalog, 
II. T«fl 90. 

Harnack s. Cicerone l'M, 

Helindea, der Stent von tlaJalat 
3M. 

Benner, alifränkiaeka Bilder, IX. 

Jg. 1903 32. 
Hvcblud. Monaluchrift, heraui. 
gtg. Ton K.Motb. l.u. II. 

Jmkrback d. bildenden Knnst 
II. 1909 von M.MaTt«rMetg 02. 

Jaritch' Volktkalender 1904 320. 
Joseph!, gotische Slcinplaaiik in 
Augsburg 127. 

Keller. P., die Hetaiat 351. 

Kitsch u. Lukich, Geichichte der 

kaiboliicben Kiralte. f. m 
Koch, Ludwig Richter 319. 



Kasel. Christliche. HeraBagetebcs 
von der Getelbcfa. f. «hriill. 

Kann, Text tob 
I. Mappe 192. 
Kunst des Jahree. 

KanitaussteUufen l903(Rmek. | 

mann) 28H. 
Knpelwiesert Hers Jesu« u, Herx 
Meiil.BiHiblld ak Hcliogi»- 

vOren »6. 

Lebee und Regel des hl. Vaters 

Benedikt« B Ol. 
Lehfeldt und Viifs. Ben. und 

Kanetdoikinlkr TbOiiageaa 

H. 28-90 128. 
Lindl s. Weltgeschichte in Qw- 

ntkicrbüdem 1 2üi. 
LBbke. Gnindrib Itt, beerb, van 

Semrau 2'i2. 
Lnksch s. Kirsch 283. 
Lutsch, Bilder werk schictiacher 

KnHtdcniBlier 94. 

Marienkalender, RcgCDAnger 

1904 2&G. 
Iftrtereteig, M., t.Jahibiicb 02. 

Mattane Ptonrit FborX. bi licht. 

druck von Kahlen 284. 

Meister, Alte, Farbige Fakurailes 
(SceMann) ni.Jg. 810. 

Meister, hundert, der Gegen- 
wart. Farbige Faksimtlet (See- 
araan) Heft 8—14 818. 

M : _ r aphi e n d * > K uji s 1 j; e- 

werbea VIIL Scberer, Elfen- 
beinplaaiifc «1. 

Pasanreki nwdene Gliaer 80^ 

Richter, Ludwif;. Postliarlen mit 
iloUschnitten von ihm 3')2. 

Riekl. B., Gerchlchl« der Ffautifc 
in Oberbajrern, XU. Mb Mitte 
XV. Jh. 127. 

Renival, Sebnilaallire in admed, 

Kirchen und Museen 317. 

Roeentbal* Katalog CV (Wiegen. 
' draeke) 03. 



Salsa rt UlnsUierte Geschichte der 

destaeken Lilentnr. I. 64. 
Sauer, Symbolik des Kotbeign. 

biudes 20. 

Sc ba e f er, U., Pfarrkirche und Stift 
im deateeben HHlehüiCT 93. 

Scheffer, v,, s. Ciceronf ^"i 
Scheret, Blfenbeisplastik seit der 
Renalaiaaee 61. 

Schott, Goltestal 'ilO. 

Schubring s. Cicerone 191. 
Seemann, der Brennen dea Lebens 

von Holbein IW. 
Semrau s. Lubke 2:'>2. 

Sbeekan, Lnkas Ddmegie 329. 
Standhamer a. Knnet, ehrktlicha 

192. 

Straygowakl, dar Dem m Aachen 

347. 

Stackelberg, die acbweiierlackcn 
Heiligen des Hitlelaltcr* 284. 

Sybel, L. V , Weli^'eschichle der 
Kunst in Altertum '2b\. 

Thode, Scbaneo nnd Glanben. — 
Wie ist Rieb. Wagner vom de«l* 
sehen Volke sa feiend 2&6. 

Uhde, die Konalmklionen nnd die 
Kunatfermen der AreUldtmr 

Verlagsgesenschafl,allgemeine 
Mtockcn, PwItHs Ph» X. 3&8. 



Waal, A. de, Papet Kns X 283. 
Wandern and Reisen. I. Jg. 
318. 

Wandschmuck- Sitiitjilu 11 g von 
Meisterwerken klassischer Kunst 
(CceeOiGkaft eer Vetbreilang 
klass. Kunst), herausgegeben«« 
V. Loga U»2. 352. 

Waltgeachiehte in Charakter- 
bildern I. Lbidl, Cyraa 

Wiegendrncke n. BiUiagiaphie 
der vor 1501 gedneklen Blehcr 
Katalog' vun Reaenlhal 08. 

Wiepen, PalmsonntagiproMision 
und Fahnead 854. 



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Abhandlungen. 




Utt Marienkirche in Volkmarsen,') 

nebst Beitrigen zur Geschichte derStadt 
und benschbarter Orte. 

(Mit 11 Abbildungen.) 

I =ls der hl. Bonifatius den Hessen 

I I das Evangeliam verkündete, 
wohnte im «idiriichen Hesaen- 

gaii, in dessen Mitte ^'olkmarsen 

J ^ 

I ^ gelegen ist, ein Zweig des Qber 
^ den ganzen Norden verbiei- 
'teten Sachsenstaninaes. Alle 
Versuche des begeisterten 
Cilaubensboten, dieses Volk zum christlichen 
Gboben a bekehren, blieben frachttfle. Nach- 
dem Kar! der Orofse die Sachsen unterworfen 
hatte, gründete er an verschiedenen Orten 
klösterlidie Niederiamingen, die er reichlich 
mit Gutern und Stifhingen versah. Diese 
Klöster, wir nennen zunächst die vnm hl. Boni- 
fatius gerundeten: Fritzlar 741, Amöneburg 
740, Heniidd 744 und Fulda 747, wahre Pflanz- 
Stätten filr Kunst nnd Wissenschaft, bearbeiteten 
den rauhen Acker und machten ihn empfäng- 
lich ftr das Sameokem des christlichen Glau- 
bens, der sich nun bald über den ganten 
Hessengau verbreitete und einer Reihe von 
Klöstern einen weiten Wirkungskreis bot. 

Dafa sich unter dem Einflüsse der Mönchs- 
orden ein reges geistiges und künstlerisches 
Leben ent&ltete, ist selbstverständlich. Es sei 
hier nnr erinnert an das von Volkmanen nicht 
«ett entfernte Kloster .Abdinghof in Paderborn, 
an den kunstliebenden Bischof Meinwerk und 
seine dreizehn Mönche aus dem Kloster Clugny, 
die mit Hülfe von sHditaKenischen Bauleuten 

die Baukunst in Paderborn zu hoher Blüte 
brachten. Besonders seit dem Beginne des 
XIII. Jahrii. entfiütete sich die Baukunst, wel- 
che uns manche wertvolle Schöpfungen hinter- 
lassen hat. Einer der aus dieser Zeit stam- 
menden herrlichen Kirchenbanten , die Ma- 

') Die .\bichrift der in dieser AbhnndluDe ange. 
fttbrien Urkunden und die geschichtlichen Angab«!!, 
Mwie du ManniVripl von G i e f e r « wurden um in 
»Torkommender Wei>e von Herrn Apo(heker J. Block 
is B«aa «u Vcrfilgwig gcaialll «ad woUco wir nicht 

Duik mm- 



rienkirche b Volkmanen, loll uns hier mher 

beschäftigen. 

Über das Alter der Sudt VoUtmarsen, wel- 
che in einer Urkunde von Papst Adrian IV. 

vom 2r). Februar 1155 genannt wird,*) worin 
dem Abte Wibald die Besiuungen des Klosters 
Corvey bestätigt werden, daninter dedmam de 
curia Volkmaressen, ist bis jetzt mit Sicherheit 
niclifi bekannt. In der Casseler Landesbiblio- 
üiek befinden sich historische Aufzeichnungen 
ans einer Urininde des Kaiaera Lodiar L imd 
seines Sohnes Ludwig, welche znr .Annahme ver- 
leiteten, dafs Volkmarsen ähnlich wie das in 
der fraglidien Urkunde genannte benachbarte 
Rresberg, das heutige Marsberg, schon 
im IX. Jahrh. als ansehnlicher Ort bekannt ge- 
wesen sei. In jüngster Zeit läfst aber eine viel- 
üKbe^ strenge Kritik dieser geschididicbeB Anf- 

reichnungen die ursprüngliche AonabmC tticbt 
als gerechtfertigt erscheinen. 

Vodtnufsen, sweifelloa von dem Eigen- 
namen Folkmar herzuleiten, liegt an der Grenze 
des Fürstentums Waldeck, dort, wo die 
Erpe sich mit der "Mste vereinigt und der 
Dieroel zufliebL Die Stadt beherrschend'/ 
erhebt sich auf steilansteigendem Hügel die 
Kugelenburg (Cogelnberg), deren Geschichte 
mit der der Stadt mg verknüpft ist*) und anf 
welchar vide bafVliBie GeschlcdMr, mler 



*) H. Flake. »Die 
Mamlcr 1888. Mr. 104. (Mr.'l4.'V Uikaadc 
Lmim UI. Oet 1184.) 

*) DieBe«elkennit4aDlnBailale«,v«iVqloMiaw 
■ad «inet grofMn TeOct von Waldeek fchMa aaeh 
W. E.Cieferi dem ilclisiicheB Slwnn« derCJ M t i 
ker an. (S. auch L. Curtte •Geachkhte von Waldeck«.) 
Folkmar isl der Name einiger Äbte von Corvey. 
A*i! V I) 1 k III « r , der von 1 1 J!l — 1 1 38 regierte, »l«inmte 
«U5 der hamilie der Grafen von .N'ordhelm. Giefer« 
(M.LUaskript im BeiiUt lies lltrrii I Hluck in Bonn^ 
nimml an, ilnft die Slidl Volkmanen eist am das Jahr 
I JHI) ans der alten villa Kolkmarshua entstanden >ei, die 
vielleicht «chnn im X. Jahrh. oder noch frllher bealand. 

•) Papsi i.rcgor IX. gedenkt in der Urkunde vom 
Jahre \2'Si beider nebeneinander; beide gemeinachafl. 
lieh waren mehrmals vcrpfiindel, so von Heinrich, 
Abt von Corvey, an Wiebold, Erzbiiicbof von Cöln 
131)1, von Wal r am, Eribiichof von Cöln an Herbold 
von Papenheim und deiaen Verwandte nnd vom 
Stifte Corvey an die Borgminner im Schlotae und die 
Katsmänner ond die Gemeinheit der ^tadt Volk- 
marien am SO, Oktober IS.ir, (». Spilker S. 129). Im 
SiMUarchiv in Massier bebnden sich sahireiche Volk, 
marsen und die Kagelabarg betieflende Urkondaa» 
■•wie Mütr aaCuigrtich« Proscfnktea alm die Kngrik 



8 



1903. — arrscBurr fOr chustuchb kunst 



Mr.l. 



4 



andeni dM heute noch UBhoide d«r Frei- 
heirn Rahen von Pappenheiro, schon Früh- 
zeitig ihren Site hatten. Am 9. Februar 1480 
wurde Otto von der Malsburg k urcöl nischer Amt- 
numn ni>0 Cogdnberg und Volkmarsen (Kur- 
cölnischer Richter und Rcniheber des Amtes 
Koglenberg und der Sudt Volkmarsen war 
Jolunii von Rintekn, gest 1099). 

Nachdem Karl der Grofsc die Sachsen unter- 
worfen, stand der sächsische Hessengau, der 
sich von Wolfhagen und Mengeringbamen bis 
Peckctaheim tind von cier Fulda bis in die 
Gegend von Canstein und Stadtbeige erstscckte, 
unter fränkischen Grafen. 

tn Jahre 980 empOrte lidi der Sachse 
Brüning gegen den fränkuchen und sächsischf>n 
Grafen, Herzog Everhard, welch leteterer in 
einem Empörungskriege gegen Otto I. in» Jahre 
989 den Tod fand. Von dieser Zeit an ler- 
splitrerte sich der sächsisihe Hessengau. Der 
Kaiser nahm Besiu von dem Gau und den 
in demselben liegenden Gdlem der Besiegten 
und schenkte diese sowohl wie auch die 
Grafcnrechle Über die verschiedenen Teile des 
Gaues an benachbarte Stiller, aowie an mlich- 
tige Familien, die dann mdfltens den Grafw»- 
titel annahmeti 

Seit der Mitte des XI. Jahrb, erscheinen die 
Grafen von Nordheim als Inhaber der Grafen - 
gew.ilt (Iber (lie Gegend von Volkmarsen. 
welrhe sie wahrscheinlich von Maini als l-ehen 
uugen.'^; Das Geschlecht der Nordheimcr er- 
loach im XII. Jahrb. und gelangte der !^a< hsen- 
herj'O]? Heinrirh der I^we in den BcsiU der 
Güter und Rechte. Nach dessen Stnrxe finden 
wir die Grafen von Everstein im Besitze eines 
grofsen 'Ifilcs der Nordheimcr Güter,"') sowie 
der Gerichtsbarkeit über die Hegend von Volk- 
torf mdl 4m von Corvey beabkichtigie Wiedereinie«un2 
von KOfelabetf, Volk raarien und Sl«dlberge. 

1) Sidw Wenk a,>.0. U. % S. r»32 lud «680. 
_ Rommel, »Heu. LMdcfgeich.c tom I, S. 77 It 

lad //c.tschr. ftlr hc«itrhe Gesc?i.- II. S. 1 HS ff. 

") Üb die KugelibutjE lur Zeit der NonUieimer 
bereils bestand. Ut ungewif». hingegen wird ier D e s e it- 
bctft bd Warbarg „ScUofo Onoc von Nord heim" 
Senunit {%. Rcci«. HM. WmlD Etliafd II. B ). De« 
Ursenberg» aU einer Bwg wM SMIlt am 4«» Jahr 
107! eedacbi, aU chiM BaaaM» «es Crafn OtM 
v.,n \nr.ihr-iin. '^SicheGicfera, aSlalislilcdssKreiMs 
Warburg«. S. iö.) 

*) Schräder, «Die äller« Dynaiten»tänime« I. 
S. 215 0. Manche nngcilnickle Uikaadcn der Graten 
TOB EvSrttsiB bcfindm sich in BscMae des Ucitn 
Obcnllsattaat RÜtn la WonMin. 



maraen, Witnur, Wormela etc.') Neben ihnen 

erscheinen die Grafen von Waldeck im Besitee 
von Gerichtsstfltten, welche sie von Paderborn 
ab Lehen tnigoi, wlihrend ^ne von Mains 
belehnt waren. Andere Orte wurden aehon 
frilh durch die Stifter, deren Eigernnm sie 
waren, von der gräflichen Gerichtsbarkeit be- 
freit nnd mit eigener Gericfaldiarkeit begabt 
Um die Sudt Volkmarsen herum lagen 
mehrere Dörfer, deren Bewohner sich in kriege- 
rischen Zeiten in die Stadt zurückzogen. Das 
adum in einer Urkunde dea Kaisen Amotf 
im Jahre RR7 genannte Mederich, ebenso wie 
Benvilt und Witmar'] l;estehen nicht mehr. 
In der Nlhe von Waiburg lag das Dorf Pappen- 
heim, von welchem das Geschlecht der Ra- 
ben von l'appenheim seinen Namen ableitet. 
Iiu Jahre 1233 finden wir Volkmarsen als 
der Abtei Corvey gehlii^ welche sich den 
Besitz der Stadt durch Gregor IX. bestätigen 
liefs."*/ Die jetsige Marienkirche in Volkmarsen 
ist jedenfalla an Stelle einer andern gebaut, 
da unmöglich angenommen werden kann, dafs 
ein Ort Jahrhunderte lang ohne Pfarrkirche 
gewesen sei. Bei der sich im XIII. Jahrli. eikt- 
feltenden regen Bantitigkeit ist wohl antn- 
nehmen, dafs die alte, romanische Kirche ent- 
weder aus baulichen Gründen, oder weil sie 
zu klein geworden war, der neuen weichen 

i>pi)ker, »Geschichte der Grafen von Eref 
«tcin«, S 172. Die ilteate, ganx xuvcrläuige. im 
Slaatsaicbi« io Mamtfr btkanut« Erwibawc des Orte» 
Wiinar find«! sieb tai den OWemf i e lc bifcsa n des 

Ahtex Erckenberlfls 1100—1128 (t. Bd. 42 S. 79 dat 
»ZeUachr. f. VaterUnd. Gecch. Weatfalens«) nnd feracv 
in einer Urkunde Widnkinds von WaMcck au« dem 
Jahre 1189. Ah Widnkind mit Kaiser Fncdrich I. an 
dem Krettizuj;e ;uni hl. Lande teUnchmen wollte, ver- 
pflkidcte er d«r Paderbonw Kirch« im Jaht« 1189 
eiwn Hof an Wiimar. 

Es ist möglich, difs der Xiktnr Witnar analog 
den Namen Volkmar«en von dem Namen des Mönches 
Wiimar herstammt. Km Moiich Namens Wilmar be- 
ikütic den U. Aaskar. der 826 Lehrer an der Schule 
dasKloilefsCOTvcjr nid8S1 Ertbiscbaf wiaHaBbarE 
war, im Uhre 829 nach Schweden. 

•l Die Pfarrkirche in Wttmar und der FriaAof 
bestehen heule noch, wihrend das gaii:e Dorf spurlu» 
vcnchwundeo ist. im Jahre 1440 wird die Kirche 
•fwiknt GiefcrsnfaBiMm, dabWitiMarderibsiM 
dieiar One sei. 

») .Schate D, .Annalw Padarb.« H, ad wemm 
Pol.: Max. üregor IX. Specialiter anlem de 
1 Mersben; et Kagekbetc caalra et oppidum de Voik- 
«Bfesw CO» pcftlBcntis vaUs confinnanna. (W«MC 
Urknadnibaeb.) 



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ISOa. — ZBITSCHJUFT FOK CUBISTUCUS KUNST — H*. U 



6 



nuftte. Ob nun die alte Kirdie die in der 

Urkunde vom 20 Sept. 1263") erwähnte St 
Marlinskirche war, in welcher Urkunde nch 
Maitin Kepper „presbyter perpetnm vioiTias 
seil plebanus in ecciesia S. Martini in Volk- 
DttfseD" noiDt, mag dahin gestellt sein. Zweifel- 
los war die jetiige Marienkirche am diese Zeit 
tiereiti im Bau begriff». M^licherwcise 
wurde, wie das im Mittelalter häufig vorkam, 
die neue Kirche um die alte herumgebaut und 
letxtere erst abgebrochen, naehden der Neu- 
bau ganz oder teilweise fertig gestellt war. 
In den in Volkmarsen erlassenen Urkunden 
von 1. Juni, 3. Juli, 16. November») 1976 
koramen als Zeugen vor: Dominus Johannes, 
plebanus in Volkmarsen, dominits Ludolfus 
divinorum provisor in Witmaria- Ferner kommt 
Johannes als plebanus von Voiknursen vor in 
zwei Urkunden von 1277 und in einer von 
1298. Gyselerus procurator divinorum in Volk- 
inafscn (ritt als Zeuge auf in den Urkunden 
von 1257 April 6 und 1257 Juni 15. .Aus 
diesen Urkunden geht hervor, da£s die Kirche 
in Volkmarsen ru dieser Zeit Pfarrkirche war. 
Da nun ta derselben Zeit i;nd nuch später 
in mehreren Urkunden die Rede von einer 
lüeinen Kapelle (capellula) in Volkmarsen und 
Bemrilt die Rede ist,") so kenn mit dieser 

nicht flie Pfarrkirche genifirt ,i>;n, iimsowcnigcr 
als dies« Kapellen der Kirche in Witmar unter- 
standen, was nidit wohl von der Pfiirrkirche 
einer bdesiigten Stadt anzunehmen ist. 

Papst lohann bestätigt in der Urkunde vom 
4. Mai 1317 dem Augustinerkloster Arolsen die 
Ol)ertiigBng der Patronatsreebte ttber die Paro- 

chialkirchen in Witmar, ^'1l■;-nar<!en, Finingcn 
und Benvilt, welche, mit Einwilligung des Eri- 
bisehofr nnd des Kapitels in Mabs, der Graf 

") S. Spilker, S. 138 und »Wettf. UrkundeobDcht 
No. 968 ad «nDum 1263 . . . 

1^ Ib d«r Urkanda von 1274, wckbe von Johanoat 
plebnws •BifcttidN warde, bt ili Zetige genanat 

Henricu» »tchipr^kbilei iedis Wiimarie und die Au>- 
fcrligung gezeichnet von Albertus de iirunhardesten 
fjudicium tenenl': und Ainoldus Rufus procunsul. In 
der Urkunde vom 'iO. Sept. 127U kommen ala Zeugen 
vor Hccmaimtu rccior KoUruat In Vokmanen, Con. 
isdoi sacacdoa, LadoUaa difiaoiiB proviMt in Wyt- 
aaiia. In der Urkmide von 1883 werden die ple- 
bani der Kirchen von Witmur. Votkmarien und Wet- 
tern genannt, 1293 die Kirchen von Witmar, Volk- 
nanen und Benvili. 

i*> Ecciiaia ville Witnai«i»ia et suia capcUallt 
VpleoMitai vMeMcit al Bemidl (1806 Jani 23). 



Conrad von Bvefstdn gemacbt hatte. Dies 

beseitigt wieder die Annahme, dafs die jetzige 
Marieakirdie ao Stelle der Martimkirche ge- 
treten isl^ denn um 1817 war die Marienltiiche 
bereits fertig gestellt, währen«! sie 1263 im BatI 
begriffen war, als die Martinskirche noch be- 
stand. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dafs 
swei Kirdien in Volkmarsen bestanden haben, 
von denen die eine in dem grofsen Brande 
bei der Erstürmung der Stadt durch den Land- 
grafen von Hessen am S2. August 1476 cu 
Grunde gegangen ist, wie denn auch der 
Turmhclm der Marienkirche diesem Bnade 
tum Opfer fiel Diese Amahtne verliert aber 
an Wahrscheinlichkeit durch den Umstand, dafs 
in den UrkunH-ri df"s XIV. Jahrh. niemals mehr 
I von der Martinskirche die Rede ist. Auber 
I der PfiirrUrcbe und der Kapette besals Volk- 
' marsen zwei Ht^spitäler extra muros, nämlich 
das Hospital zum hl. Kreuz und das Leprosen- 
liaus tum hl. Geist, welche beide in Urkunden 
des Jahres 1352 erwähnt sind. 

F.S mag hier nicht unerwähnt bleiben, dafs 
Volk marsen ebenso wie Witmar, Kloster Ha* 
sungen etc. ursprünglich zur Mainzer Diöcese 
gehörte, dann an die Cölner Diflcese .ibge- 
treten wurd^ von der es an die Paderborner 
Dittoese Oberging, bis es scbliefslich der DiO- 
cc^e Fulda zugeteilt wurde, zu welcher es 
jetzt noch gehört. Anliegende Ortschaften, wie 
X. B. Nniniburg, werden nodi lieute im Volks» 
munde als «Mainser" besdchnet. 

Es würde uns hier zu weit führen, wenn 
wir die Bedeutung der Stadt Volkmarsen im 
Mittelaller klar t^en wollten, und mSgen des- 

h.-ilh nur einige Daten erwähnt werden. Conrad 
von HocbsUden (1238—1261), Erztischof von 
Cöln, sdiloft 1260 am 1. Juni im Lager zwischen 
der Stadt und dem Kugelenberg, die schon unter 
dem Erzbischof Philipp von Heinsberg an Kur- 
cöln gekommen waren, mit Themroo, Abt von 
Corvejr» und Albert, Heraog von Bmimebweig 
ein BUndnift. (WestH Urkdb. No. 881.)'«) 

'*) Im Staaitarchiv zu Wetalar, welches viele Nach- 
richten bcsw. PrQM&aklen aber Vplknunea, die Kagato. 
barg md mehi»« batMClibaile Slldle enthllt. befindet 

•ich eine vor kurzem ^jefundene l'rttundc folgenden In- 
haltt: Annol5liJ klagt Er/hi»ch<jl" Gebhard von C61n 
zusammen mit dem B;lrgrrinei).lcr unil dem Kat der 

Stadl Volkmaraeo gegen Johann von Waldeck uad 
den hessiadieB AistiMaii GeoTff von der Mahborg an 

idtas Dfoeteo tm Giafskagan asd wefan LandWedese 



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11 



12 



Von Urkunden, welche auf die Kirche in 
Volkmaiaen Betug haben, «roUen wir noch 
«wähnen, dafs 1283 (No. 1776 des Westf. 
Urkundenb.) die Kirchen zu Witmar. Volk- 
ntarsen und VVetter Garten geschenkt a- 
taielten f&r Hostien md Weinlieferang aar 
Abhaltun , Meniofien, Im Jahre 1481 
übertragen Conrad Fopelen, Administrator des 
Kloaler« Aroldeasen, Margareta von Geismar, 
Priorin und der ganze Convent daselbst auf 
Bitten des Rates der Stadt Volkmarsen, des 
Priesters Dethard von Rode dem Hermann 
Wigdelndi, hebd<ima<iaMUs der Kirche der hl. 
Pusimia zu Herford und Pfarrer zu Bonne die 
Commende au Votkmarsen, welclie von dem 
ventorbeaeB Hdnricb Diethard is der St Ma- 

rienkirche daselbst auf dem Altar dt-s hl. Lo- 
reoa vor dem Chor gegründet ist und dispeo- 
•ieren ilm audi von dem Hindentiflse, dafs nur 
ein beneficiatus diesen Genuls der Koro- 
mertde soll besitzen dürfen (Urkunde auf Per- 
gament in britzlar, mitgeteilt von Fichte, 
Abschrift in der Landeabibliathek in CM). 

Einer Urkunde vnrn Jahre 1277 (im Archiv 
au Arolseo) zufolge hatte die Sudt Volkmarsen 
EwOlf RatAerren (conaales) and besaft eme 
eigene MUnre.'*") 

ISiH überUfst Corvey die Hälfte des Schlosses 
Kogelenberg und der Stadt Votfanataen dem 
Ersstifte Köln. !336 wurde die Stadt aatt der 
Münze und dem Kugclenberg von Corvey den 
Rtttem Herbord v. Mederich, Friedrich, dessen 
Knappe, und Johann Runst, sowie dem BQifer» 
meister Widerhold und andern "If genannten 
Ratshmen sowie der Gemeinheit zu Volk- 
naraen verpftndet Die Abtei rada also awi- 
aclten 1904 und 1886 das Pfand wieder ein- 
gelöst haben. Auch roufs Corvey die Ein- 
lösung von den oben$(enannten Rittern etc. 

brach, begangen durch EinfkU, Makb und Moid in der 
Stidt Volknanan. 

'*) Herr Apollidbsr J< Black in Bonn »ah inMu- 
•enm va Berlin wai BnMdMilweig mehrer« Mflnzcn von 

Vollitnireen mit der Inichrifl: C»Hrj,i fpi.ijfu-, Erx- 
bi*chof Conrad von Hochaladea lief» m (ieu Jahien t2.'>4 
M» 1 TS wlhrend d. GefaaglMrtaft de« BitchoftSirooii I. 
von Padeiboni in Voikiuma Banics. (S. }, Lcit«. 
maa« «Dcntscli« UtUnhmde* S. 332)BtMh«f8iiBoe«oa 
Paderborn, sein Nachfolger Otto und Bernhard V. Übten 
in Volkraarten ebenso das Maoirecht aas, als der Erz- 
hischof von Coiii und die Able von Corvey Schonr- 
mann »Vatert. Münzkunde« S. tl|.) Nr. II der V'olkm. 
Urkunden im Staatsarchiv lu Mttoaler vom l.'i.Jani 1 12t 
bctriflt die vod Spilkcr erwIliBitc VoUuBsncr Mansc. 



vollaogeo haben, da es 1421 einen BQrger in 
Volkaaarsen, Namens Wllbard Keren tmd dessen 

Frau Else, mit der Münze daselbst belehnt (s. 
I Spilker, S. 463). Noch im Jahre t f 7 er- 

ipfitndet Abtei Corvey dem Erzbischof iiermann 
von CShi nir ein Darldn von 8600 Goldgalden 
die Hälfte der 55tädte Volkmar^heim und 
I Marsberg. Seit dem AoCang des XV. Jabrh. 
I scheint KtirrOtnwenigsteBa einen Teil von VoUc- 
' marsen und der Kugelsburg besessen zu haben, 
j bis es später die ganze Stadt erwirbt (s. Kind- 
lingere Handschriftensammlung Bd. XL, S. 689.. 
Im Jahre 1484 stellt Erzbischof Hermann von 
Cöln <!em Ijindgrafen Wilhelm von Hessen für 
30,000 Gulden die HalAe des Schlosses Co- 
gelnbeif , sowie der Stidte Volkmaisheini, Mede- 

bat h, Hatletibcrg etc. zum Unterpfande. (Urkunde 
befindet sich im Staatsarchiv in DüsseldorC) Schon 
1418 eiacheinen am n«'ntohle an VolIcinafBen 
Cölnische Freigrafen. In dem Jahre wird Jo- 
hann Oeorg als Freigraf zu Volkmar5en und 
dem Kogelenberg genannt, 1420 Johann Groppe, 
1409 Eghafd AUemann an Volkmanen auf dem 
Ried, 1481 Heinrich Schmidt, 1489 Silvester 
Lorinde au Volkmarsen und Landau 1518 der 
Cttlnisdie Amtmann snm Kogdenberg. %he 

T.indner: «Die Verne«. 

Hermann Landgraf von Hessen, an Stelle 
des Erzbischoft Ruprecht von Cöln zumCoad- 
jutor gewählt, gab seinem Bruder Landgraf 
Hermann III, von Hessen, der ihn unterstütz 
hatte, bereits 1474 mehrere cölnische Städte 
and Burgen als Unterpfimd, namentlich nach 

Volkmarsen und die Kugelenbur_ ■ Ic jber 
verwetgerten dem .\dministrator Hermann jeg- 
lichen, Gefaoraam bis sie mit Waflengewalt be- 
zwungen wurden. Nach 23tag^er Bestürmutf 
fiel dir *?tadt, nachdem sie von der schon 
1476 eroberten Kugelenburg aus beschossen 
I und in Bland geateckt war, am SS. Attg. 1477. 
Ein Drittel der Stadt wurde ein Raub der 
Flammen. Volkmarsen erhielt eine hessische 
Besatsnng and blid> lam Aning des XVL 
Jahrh. unter hessischer Botroäfsigkeit.'^) 

Die letzte urkundUrhe N'arhrirht i'pegen 
16ü<J) über Sudt und Kirche, welche von Be- 
deutung ist, ftnd Herr Apotlieker J. Bloch 

'*) Diese Urkunde fand Herr J. Block neben ebwr 

Antahl iMisiner auf VnlkiKür-fh uini drc Kiif;cKboig bc- 
lOglichen Urkunden im Slaal»archiv zu UttsscIdorL 
>^ iSiehe »Das Karfurueatnm llsiisa in nwlcri- 
i scIwB Originalaasicbtcn*, Dannstadt 1850. 



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t;t 



ItHKt. ZBlTSCHRlrr FOR christucmb xuhst — 



Mr.l. 



14 



neben vielen andern Nachrichten über seine 
VatentadtVontntfwn, die Kogeltbufg aoddas 
Fürstentum Waldeck in den Farragines Gelenii im 
StadUrchivniCöln Bd.IX,m Dieselbe lautet : 
Oppidam VollnBaHillciai habet WO dreiier c»m> 
iBunicanle», «Btnpia, ecdeiia pirnchinllt in Vclkmaref. 
heim d. Tirginis. Joanoet Meimberg es Mtrapia Bai. 
veosi pastor, profetuit ex Bo«d«ilie ac ilnul prior 
MaalhuB in WoHcmaiMluiiii. 

Altuia. 

Sommsin attara vtatatam c»t, »i m medio ecck- 
ÜM, •. LMUcBtii; ad latna meridionale i. Vtti; ad 
•aptMtrloaal* t. GadiaiiBH. onaia TiolaU aad daeraier 

Trsta Ad primam cohunnam ▼ersu; scptciitriuncm 
alure •. Nicolai, doiatui paatoratui incorporatom 
«iQlatWh AI primam ceh —B i «moa wridiem 
altare psiatw s. Jacobi ammoyendom Ad columnam 
aecttodam vertos i«ptenlrionem ahare incerti «ancti. 
Oamla vielata ci ammovenda cum potiai eccIe&Ue 
gm lfmm ItOMtlateni pariant. R w l i a iai B liaac faiiae 
dioecüt BfofBMlBanit apparei es divcnia decBoaniii. 
Kult et in hac ecclcsia fraternitaa a. virgini* qnae reatiln- 
cnda. CaüMa babat 5 arccMcoa, isaatatoa, par aapai- 
laiw angralaaniiiia ofganam ncdiociflflr boasaai can« 
panae 1. C.ipclk Incerii »ancti ad tarrim ecclesiae 
s. virgiais aita, profaoala ett, uoam altai« ibi rqicntam. 
NoMiteifaai aotmui a. Au(aMbil in WoHimanahaim 
pro patrooif eccieiiac habet ssnctum Auguitinum et j 
aancUm Aimam. Eccieaia haec de noro euinicia 
per eapeVanon MoolafBa audlaa kabel idiqaiaa «x 
•ocietatc a. Ursalar. 

FUgen wir nun noch die an der Kirche 
befindKehen iMchrifteii bbtu, ao liabea wir ' 
das uns m Gebote stehende Urkunden-Material 
wobl der Hauptsache nach nahezu erschöpft. 

Innerludb der Kivdie bafindat aieh nur 
eine Inschrift an der entenSlttle der Stldaeite. 
Dieselbe lautet: , 

Anno domkti 1404. Hmriens de Bmtdorp 
fresbiter feria VI posi Afaria coneeplionemfunda- 
toT huitts nlffint, rüttle antma rtquiescat in pac<. 

Diese ebenso wie die Inschriften an der 
Aii&eiMefte der Kirche imd linitlieh Gvab- 
flcbriften in gotischer Minuakdadirift und teil- 

weise schwer zu entziflem. 

An der Westseite am Strebepfeiler rechts: 
Ana» domini rjyo obiit EfyuAtth uxtrDttmüri 
Bulhnis crattino die nmniitm MMfÜMMt lue Mt- 
puUa. Requitscat in pact. 

An Strebepfeiler linte vom EiDgai^: \Aii\pi« 

dVHUtd I41S ohiii dominus Keppn senior in 
du .... hic sepultm, cuius anima \rtquiticat\ 
m paet. 

Dieser Kepper wird wohl mit dem in der 
Uriumde vom 29. September 1268 enrttbotea 



Martin Kepper, presbytcr pcrpetniis, vicarius 
aeu plebantn S. Martini in Volkmaraen ver* 

wandt sein. 

Weiter links: Anno domint IJ&J obiit G^r^ 
trudis uxor guondam Alradi^*) awutuuU dk 
dtmitUem pott fi$t$m Botlholmm 4^9tMi Aü 
sepul/a. Rtquieseal in pace. 

Über der Tiir der Marienkapelle: Anno 
'504 

Seitwärts der Treppe Uber dem Bogen des 
Beinhauaes: 150^. 

Recbla vom Nordpoftal: Amn d&mimr^gi 

obiit Ehtabtth uxor Weder holdi^*-, in dem S/ey-n- 
Jtus, fih'ti fr,h,innis Te/'eUn, in dit nativitotis 
Marie, cuius antma requiescat xn pace. 

An der Ostmaiier des Chores: Amt» d»- 

mir,i I46J Kunne uxor Hrvnemanni filia . 

Gotfridi Tuäelen in dit Michaelis hic sepuliot 
cuiut amma reqmucti nt ptxt. «mm. 

An der Südseite links vom Portal (Vorder- 
seite des Strebepfeilers): Anno domini ij^s 
qidnlo eatkedra temcH peiri obijl johan votrtu 
hic sepultus requiescat in pace amen. 

An demselben Strebepfeiler und teilweise 
an der Kirchenmauer: Anno milksimo quingen- 
Irsime Ö2 fmm (trcia pnl iarttüwm oMi ja- 

fohus kepl>tf iub pro.ximo taf^ t^lähtt CUjuS 

antma requieical in pari. 

Darunter befindet sich eine Abbildung des 
BanlcraneM. Die Insdirilt anf der Innenaeile 
der Turmgalen'e ist verwittert. Ks ist nur 
noch tu entziffern: Anno domint 1^64 und dann 
auf ebudnen Stabplatten dieSteinnetiMiGheB: 

Die Inschrift befindet sich an dcr 8tt4-| 
Ost- und Nordseite der Galerie- 
Fassen wir die Angaben der Urkunden so- 

sammen, so ergibt lieh folgendes : 

Die Stadt Volkmarsen besafs schon in früher 
Zeit eine Pfarrkirche, welche dem hl. Martinus 

Bio Altada» magiiter coDialna kommt in dar 
Urlnnde von 1980 Auguii, vor (WcmK Urhaiidmbiieli 

Nr. l.%f»n). 

'*) Ein Wederoldut wird in der Urkoade vom 
8. OMtm 13M «b BeiienNiMw . dar Stadt V»|fb 
mersen genannt. BcMielmead IM d«t Zesals fo dam 
Steinhana. Hit Aanahme das RaAaaaea . waten 
ntmlich nur wriiige Hloser in Volkmaraen maiaiv 
gebaot. Einige der aheo bockinteicManien Facb. 
werkifaniMa daa XVI. Jaiwb. aiad iMalc aeeli er. 



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IS 1!»0.<. — ZEITSCHRIFT FÜR 



geweiht w«r. Daneben bestand noch eine Ka- 
peHe, «■hnehdolidi cxlra nnrot, welche der 

Kirche in Witmar untersund, nebst zwei Hospi- 
tälern, die wahrschcinlicii eben^U Haiuka- 
petlen betafien. wie das später erwshnte Rloeter 
der Augustinerinnen. An Stdle der im ro- 
manischen Stile prhaii''-n, Tirsprtinglichen Pflur- 
kirche trat tm Xill. jahrh. die jeuige, der 
Gottesmutter geweihte Kirche 

Diese ist nicht in einem Guf<? gcbatJt. Zu- 
erst wurde der untere Teil des Turmes nebst 
der Wettmaner der beiden Seitemchifle bis 
auf eine gewisse Höhe aufgebaut und wahr- 
scheinlich auch die Umfassungsmauer der 
guuen Ekd» bk Femterhöhe. Dann geriet 
der Btn ine Stodceo und blieb lange Jahre 
Hegen AI» er gegen Ende des XIIL Jahrh. 
wieder aufgenommen wurde, war der Bau- 
meuMr gcMorben oder fortgeeogeo und em 
anderer fährte den Bau zu Ende, f^ieser hat 
uostreitig die Maxburger St. Elisabethkircbe 
und dteKird)e in WoHhage» studiert, d« deren 
Formengebung mutatis mutandis treu nachge- 
bildet ist. Nach dem ursprünglichen Plane 
•oltte die Kirche dn&ehe, idhimle^ nicht ge- 
teilte Fenster erhalten, wie diese im Erdge- 
schofs des .Turmes*; und an der Westseite der 
Seitenschiffi; ausgeführt sind, mit ungewöhnlich 
breter AbeduigaRg der Leibungen. Auch die 
Wandpfciler des Turmes erhielten nun ein 
anderes Proäl, während man das alte ruhig 
bestehen lieft imd dat nene ohne Vermittiting 
daraufsetzte. Am Ende des XIV. Jahih. wuide 
an der Nordseite des Chores eine niedrige Sa- 
kristei angebaut, welche, als man am Ende des 
XV. oder An&ngs des .\V1. Jahrh. die jetzige 
in zwei Jochen gewölbte Sakristei erbaute, teil- 
weise zugeschüttet wurde. Der Fu&boden der 
heutigen Sikrietn aehoeidet nimlicb mit der 
* if v rVnnte der Fenster der alten Sakristei ab.") 
Diese lag soviel tiefer, daiä das Dach derselben 
antertiilb der acsUicben Chorfeoster bliebw Man 
mufste alao vom Chor in die Sakristei hinunter- 
steigen. Man könnte vielleicht annehmen, dafs 
diese keine Sakristei, sondern ein Beinhaus ge- 
weienaei, indessen pflegte man einerseits die Bein- 
hattscr nicht neben dem Chore anzulegen, dann 
aber war kein Eingang von autscn vorbanden, 
sondern nur gans Meine oiid ichmale Fenster. 

In df-r F.ckt.- /wiMlien dem Turm und 
dem nordlii hen Sciiensi liitf wurde 1604 em 

•j ünhc Abb. 5. Vergl. Abb. 4 n- h. 



r;HE KUNST — Nr, 1. ttf 



I Beinhaus mit sich durchscbneideaden Touoen- 
gewOlben, gebeut,*) «eldie von efamn Pfefler 

unterstützt sind. Dieselbe Gewölbedisposition 
zeigt die darüber errichtete zwetschifTige Toten- 
kapelle, früher jedenblls Michaelskapelle, jetzt 
aber Marienkapelle. Das ursprfingliche Schifif- 
fenster wurde durch die Kapelle zugebaut und 
im untern Teile, unter Belassung eines kleinen, 
auf die Kirche ausgehenden DoppeUoiiten, 
analog den Seitenfenstern der Kapelle, ge- 
schlossen. An der Nordseile der unteren ICa- 
pdle besw. des Beinbausei befindet sid) eine 
Nische ftlr die Totenleuchte, welche mit einem 
zierlichen Reniissancetttrcben in Schmiedeeisen 
abgeschlossen ist. 

Im Chor sind drei schöne Wandnischen 
• bezw. Schr.inkthen, von denen eines an der 
Nordseite, emes dicht daneben an der Ostseite 
und das dritte an der Südseite ist Lelsteres 
diente im Aufnahme der hl. ' 'le '^<\et von 
Reliquien, ebenso das an der Oslseite, wahrend 
das an der Nordieite ab Tabernakel benutit 
wurde.**) 

So unregelraäfsig der Grundrifs auf den 
ersten Blick erscheint,") so lAfst er sich doch, 
ebenso wie der Aufrifs, mitteilt des gleichiei'* 
tigen Dreiecks in seine einzelnen Teile zer- 
legen. Die üLirche ist eine dreiachiffige Hallen- 
kirche, «hntich der Kirche in Wolf hagen ond 
Warburg-Altstadt. Die Seitenschiffe sind nur 
wenig niedriger als das Mittelschiff.*") Chor und 
SeitensdiUfe sind geradlinig gescMosseo. Vier 
I mat htige Rondpfeiler mit vorgelegten schweren 
I Diensten tragen die Curtbttgen. Die Diagonal- 
rippet) des Mittelschiffes werden von kleinen, 
im oberen Viertel der Sluien anaettenden 
Diensten aufgenotnnien. Da die Seitenschiff- 
gewölbe keine Kippen haben, so fehlen natur- 
gemlUs dort auch die klehien Dienste. Die 
Wandpfeiler der Seitenschiffe mit ihren den 
Gurtbdgen entsprechenden Diensien fangen erst 
in Höhe iler kleinen Dienste des Mittel- 
schiflfpfeiler an und laufen auf weit ausgekragten 
Konsolen auf. Die Kapitale zeigen breit und 
naturalistisch gehaltenes fruhgotisches Blatt- 
werlr. Die dem Turm aunichatliegende Sinle 
h.it noch romanisicrcnile Formen im Kapital, 
scheuit also wohl vom ersten Entwurf herzu* 

■*) Ein« Abbildung des Utsnuca sowie itt Fer> 
tal« bclmdet weh i« Statt wuä Unffewitler, 

I »Muiterbuch . . 

1 •) S. Abb. l u. i Vgl Abb. l. •••) Vgl.Abb.3. 



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17 



rühren; aiitli die PortalkapitUe zeigen den 
kräftigen fruhgottschen Charakter. 

Dm Fenstennia&werk itt gana vmchieden- 
artig behandelt. EiniLc I cti .trr h iben aufsen, 
andere innen vorgelegte Saulchen und in den 
Ugea entapfechcnde RandiMbe. Seriidte 
Laubkapittle markieren den Bogenklmprer *') 

Geradezu mustergültig ist die Anlage der 
Portale*) und ihre Durchführung. Wahrend das 
Nordportal die machtigen, strengen Formen 
der Friihgotik zeigt, weist das Sudportal und 
besonders das Westportal die entwickelten 
Ponnefi vom Ende des XIILJahrh. wd. Das 

Südportal Jiu :in Stelle des einfachen Tym- 
paoons einen kleeblattförmigen Bogen über 
jedem Flflget der Doppeltür, wahrend Nord- 
und Westportal keine Mittelpfeiler haben. Das 
Westportal ist besonders reich gestaltet und 
hat an jeder Seite zwei zierliche Wandnischen 
mit fieineo tetdaeb&ieii llberileckt, wcldie auf 
schlanken Saulchen ruhen. Die Steinsitze sind an 
der Unterseite mit einer Nachbildui^ von Mise- 
rikordien venefaen. Das BogMfeld, welches 
aber nur die obere Hälfte des Bogens aus- 
füllt, aeigt in Relieffiguren den Heiland als 
Weltenridiier, reehts trad Imks Msrta und Jo- 
hanneSb In dem Scheitel des Portalbogens 
halten zwei Engel (iber dem Hcilandi» einen 
Baldachin. An Stelle der Kreuzblume ini i'or- 
Uigiebel steht «n leider sehr verstümmelter 

Erf; 1 mit der Posaune. Die Giebehchultern 
aieren .stark verwitterte Tiergestalten. Die 
Tör wurde im XVIII. Jahth. enger und nie- 
driger gemacht und soll jetzt wieder in ihrer 
ursprttnglidien Gestalt beigfstellt werden.**) 

I>) Luit, ■Kurtüt-Topogrmphie Deattchlandc 1, 
S. 13 nennt uiUer «Jrn frUhRiiiiichen Kirchen von vonUg- 
licher Schönheit neben den Kirchen in Kreihurg i. B., 
Erfurt, Elitabethkirche in Marburg neben dta Kircben 
te SocM, KcgVDsburg, Slraf»barg, Trier und den Don 
tn Altenberg, auch di« MAiienkireh« in Vollimarten. 

*-) Die Figuren de* SBdportatei lind spiter an. 
gebracht worden und jjcliören ihrer Forrngehung nach 
in da» XV. t>ezw. XVl, jahrti. Fragmenlc der (ruheren 
Figarco liegen noch im Bciohiate. 

Di« StnbcplBiler eadif ra obeagctadliaic wi« in Mar. 
fcnrg wd Warbwg aad benficn swrifelioluM frSher 
Wat*er*peier, welche jelit iporlot verichwiuulen sind. 

üine eigenitlmliche Inkonseqaenx zeigt die i'hur. 
anläge. Während nimlich die schmnlen Sciten«ct;ifTe 
mächtige Strebepfaüef haben, ist dai Chor ganz ohne 
Strebepfeiler und sied dkaem Mangd wofcl meh die 
kim im dar OstnaiMr letncbretlxii. 

Ob« den OillniMr ba6adfl sieh noch eint kla«. 

*) VoriL dta Abb. 6. 9 wd 10. 



18 



Wie aus der Tnsrhrift an der Turmgallerie 
hervorgeht, wurde diese mit der reisvollen 
TomibelErOnung fan XVL Jibrb. ausgefllhrl^ 

die n.illcric i.st abweichend von den andern 
Bauteilen in Anröchter Stein ausgeführt und 
nrar mit «ifiecbt stellenden dtbmen Pintten, 
weldie in der Aolsenseite mit schwach ver- 
tieftem Mafswerk versehen sind und mittelst 
Eiscuklammern verbunden waren. Die Eck« 
ftalen*} sind mittelst eines Bogensteincs mit der 
Turmmauer verbunden, der in seinem oberen 
Teile ausgehöhlt ist und das Wasser des 
Hefanes Aber die Fiilen Innweg mittelst Waaeer- 
speicrn nach .^ufsen leitet. Vier Türen geben 
vom Turme aus Zugang zu der Gallerie. Das 
innere Tiinuinnuerveilt trigt nodt die Sporen 
des Brandes. 

Die Volkmarser Kirche hat eine so auf- 
fallende Ähnlichkeit in der Gesamunlage, be- 
sonders nber in den DetMlbildungen mit der 
Kirche in Warburg-Altstadt, dafs die Annahme 
wohl gestattet ist, dafs beide aiu den Händen 
desselben Btumdsters her v oi g egmigeo sind. 
Nun befindet sich an der Warburger Kirche 
in der AuÜKnlaibung des sttdllcben Chorfenaters 
die Inschrift Johann Pantm me earovA Mariat. 
Dieser Johann Pardan stammt aus einer alt« 
eingesessenen Familie von Scherfede und kommt 
als Sohn des c>lricus cognomento Pardan auerst 
in einer Urkunde vor, «eiche Spilker in das 
Jahr 1210 setzt, die aber auch einer spateren 
Zeit angehören kann, worin Conrad und Otto, 
Brüder des Grafen von Everatein, über eme 
area in Scerve (Scherfede) bestimmen, welche 
dem OIricus Pardan gehörte. Im Jahre 12(i3 
entscheidet Otto Graf von EveiBtein und sein 
Sohn Albert eine Streitigkeit swiadwn Johannes 
de Paderbome und Johannes rojynomento Par- 
dan Uber ein Haus und eine area in scerve. 

Tohann Plaidan wird als civis in Warburg- 

.\ltstadt in iwei Urkunden vom 4. und IK. März 
12t>8 genannt. Er befand sich mit manchen 
andern Warbarger Btttgem unter den Gegnern 
der Dominikaner, denen der Bischof von Pader- 
born die frühere Altstädter Kirche, welche an 
Stelle der jetzigen Donünikaoerkirche stand, 
flberwieaen hatte und die Altstidter der obern 
Kirche St. Peter zuteilte. Darüber waren die 
Bürger sehr aufgebracht und bedrängten die 

blaltfitanig gwchlo w eiw Nische mit ewcr siltendcp 
Vlger. 

•) Vorgl. Abb. 2 



1903. — ZKITSCHRIPT FOR CHRISTLICHR KUNST — Nr. t. 



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lU 1903. — WnCOKIiT VOK 



Mönche so, dafs die geistliche Behörde ein- 
Khreiten mufste. Am 14. Oktober 12h6**) 
fordert der Geismarer Kanoniki» Konrad wo 
Gandern die in der Urkunde genannten Bürger 
aui^ die Brüder des Predigerordens in dem 
reehtmlMgen Beritt der Marienkuche nicht »i 
stören und füe Beleidigungen gegen dieselben 
xarück^unebmen. Am 28. Dezember 1286") 
tdk dcfwlbe dem Ersbtschof Siegfried von 
Gold mit. da6 er infolge Mandats die be- 
nannten Bürger «nm Verhör nach Cöln citiert 
habe in Sachen des Warburger Predigerordens. 
An Ift. Februar 1287**) trlgt Brsbischor Sieg- 
fried von Cöln seinem Ofüi ial unter Rrzähhing 
des ganzen Sacbv«'baltes auf, die Untersuchung 
gegen die ÜbeltMter in Warbuig stt fübreii 
md gibt an dennelben Tage**) den Aufti^ 
g<^rn die GenaiHiteD mit der Bxkoonnanikation 
vorzugehen. 

Am 14 Mri 1987*^) befiebH BiMhof Otto 
von Paderborn den Pröbsten von Gehrden, 
WiUebadessen und Arolsen nach nochmaliger 
Mabnnog die Geaanateo zn exicoramiraiäefen. 

Am 21. Mai 1287 hebt Bischof Otto von 
Paderborn die Exkommunikation wieder aul, 
nachdem die genannten Bürger sich mit dem 
Predigerkloster vergHdien baben md achenkt 
der Altstadt den Phtz fiir die neiie Kirche, 
die im Jahre 1297 vollendet und 1299 eingeweiht 
wurde;'*) Wennnanattcb Jobann Fardanin diesen 
Urkunden mit Namen aufgeführt ist, so tritt er 
doch nicht besonders hervor und gehört nicht 
einmal zu den consules. Wenn er niro trotz- 
dem in hervorragender Wdse an der Kirche 
verewigt ist, so kann man wohl mit Recht an- 
nehmen, dafs er der Erbauer derselben ist und 
darf dann ans der Obereinstimmimg der Dr* 

tailformcn mit der Volkni.usor Kirche schliefsen, 
dafs auch diese von ihm gebaut wurde. Die 
Warbarger Ktrebe wurde 1399 dngeweihu 
Demnach muft die Volkinarser Kircbc meiM 
gebaut «ein, was aowohl mit den Formen und 

>") .Writf. Urkandenbuch« Nr. 1902. 

»•) Vetgi. Nr. 1909. 
«') Deigl. Nr. 1921. 
«*) Dtig}. Nr. 102B. 
"j DesgL Nr. 1040. 

*•) Adolf Gottlob ,,Dic ijnliutunu dr^ homliii- 
kanetklotten Warlmg mit einem AnhAog von Uf 
ksadea «ad It«glitcn» tut GtaMAtt des Klo«era"> 
•Zeitschrift filr vaieftlodisch« Gea^to nod Akai» 
tuaukunde Wettfslew«, Bd. 60. 



KUNST — Mr. 1. 20 



I besonder» mit der einfachen Choranlage überein- 

] stimmt, als auch mit den Daten. 

Als Baumaterial ist der in der Nahe von 
Volkroarscn gewonnene grobkörnige San«l'!tein 
von gelblich grauer und roter Farbe ver- 
wendet und swar in nüchtigen Quadern. Zu 
den feinem Arbeiten scheint der feinkörnige 
Wrexener Stein verwendet zu sein. Der Volk- 
marser Stein gehört der Bimtsandstdnfbrmation 
an, welche in dem bei weilen gröfsten Teile 
des Regierungsbezirks Cassel und des benach- 
barten Fürstentums Waldeck auftritt.*») Der 
Stein iet bart und wetterbestiindig, waa sieb 

daraus ergibt, daf> eine Verwitterung, mit Aus- 
nahme der feinen Inschriften, nur am West- 
portal m bemerken ist und ist es nicht ein* 
mal wahrscheinlich, dafs der Volkmarser Stein 
tu den Profilarbeiten verwendet wurde.*') 

Der Flurbelag, welcher genau in der alten 
Lage geblieben ist, bestdit aus SandsteinpUtten, 
welche in den Hängen sUrk au.sgeschlissen sind. 
Der Boden aufserhalb ist im Laufe der Jahrhun- 
derte angewachsen und soll jetst wieder so 
tief abgetragen werden, da& die Kirdie frei tu 
liegen kommt und dann nicht mehr unter der 
Bodenfeuchtigkeit zu leiden haben wird. 

Hit HttUe ebies Kaiserlichen Gnadenge- 
schenkes und der OpferwiKigkeit der Stadl, 
welche schon unter dem früheren, als Dechant 
in Fritilar trerstorbenen Herrn Pfiurer Krets» 
ler, nicht minder unter dem jetzigen Herrn 
Pfarrer OUnst hervortrat, wird es möglich sein, 
die Kirche in ihrem Zustande zu erhalten und 
sie vor dem aentörendeo j^aHusie der Feuch- 
tigkeit zu schützen. !>tc .\usfilhnmg der Wieder- 
berstellungsarbeiten liegt in der Hand des 
Uoterseicfaneten. 
GdMildMiKB. Laasbcrt v. PUean«. 

•») J. Block, »Uber wi»«rn»<-ha Wiehe Wertbe- 
itiaMnang der Baumaterialien elci StKongtberidM d. 
iaedenli.G«a.CN«nir.«.HeOknide. Bona lOOS. 

*0) Die Verwendung dei griuBcbei] AnrSchler 
Steinet rar Turmgalcrie mag wohl darin ihr^n Grond 
hübet), dah man den Volkmarser Stein ■ 'r-.-.m 
Profiliernngen nicht gebranchen konnte, d».nu aber auch 
vielleicht darin, dafs ein Baumeitter »u% der .Soetter 
Gegcod, wo dim«r Staia faat anHcUicftllck ra den 
KirdienlMmtai varwcndet ward«, den Ba« In Volk- 
marten geleitet hat. 

Über die Raine Kogelb«ig eru:aicu vor kunem 
aiM intereataiile Brotchflre von Ernit Happel, Verlag 
rom Carl Victor in Caaiel, wf wttclw wir »och aat- 
■orktaak atadM« ■Ocht si i. 



Digiii^uu Ly Ci. 



'.'1 



1<)03 — ZEITSCHRIFT POR CBMVTUCHB KUNST — Nr. 1. 



Neue Gedenktafel des Kanonikus Georg von Eyschen im Cölner Dom* 

(Mit AbbUdaag.) 

mit ihren Mafstrolicn und Krabben, darttber 




cm StMlaniniater dea GroGdierzog- 

fums Luxemburg, Herrn Dr. Paul 
Kyscben, ist die hier abgebildete 
Grabplitte tu danken, die dem An- 



die Hohle mit ihrem Blattfries sind der Dom- 
afcbitektur entlehnt und in der dekorativen 
VftSae auagwtaltet, wie von der FUdten" 
denken an sdnen Vorfahren, den Canonicus Ca- Verzierung gefordert wird. Die beiden Fi- 
pitularia Georg von Eyschen in derSt.Stepha- guren, die auf der breiten Tafel durch kräftige, 
nuskapelle des Cölner Domes neuerdings ge- ' stämmige Behandlung sich Geltung verschaffen 
widmet ist Vom Wilhelm Menf elberg in Ut- [ nofttea innertmtb der Niaeheo, in denen aie 

recht gezeichnet, wurde sie von Goldschmied keine zu grofsen und nur g'fnllirr ' Micken la 
Heinrich Birgel zu Cöln in Messing graviert 
und Uber dem alten Wandschrank (Air die hl. 
Ole), nmnittelbar unter der Fensterschräge be- 
festigt, wo «sich ftir sie 1 10 fw Höhe und 120 em 
Breite als Mafse von selbst ergaben. — Von 
den heiden Figuren, welche ihren Hauptachmuek 
bilden, stellt die eine den Namenspatron des 
hier Gefeierten dar, der 1639 denAlUr dieser 
Kapelle mit dem jetit im Bibliotheinaale be- 
&ndlichen grofien Gemälde der Steinigung des 
hl. Slephanus von Maler Johannes Hulsmann 
errichten liedi, 1664 im Atter von 72 jaliren 
siaib und hier aeine Ruhmtfttte &nd; die an- 
dere Figur des hl Paulus ist mit R(icl:-:r'i' 
auf den Stifter gewählt, und die verschiedenen 
hiennir bexflgHchen Angaben and Daten haben 
in der Unterschrift .Ausdruck gefunden. 

Nicht nur lokale Rücksichten, welche in 
dieaer Kapelte fbr ein Epiuph eine andere 
Stelle nicht bieten, nicht nur traditionelle Er- 
wägungen, welche gravierte Messingtafeln ge- 
rade in der Ursprungszeit dieser Kapelle und 
in unaerer Stadt adgen. von der sie die eng- 
lische Bezeichnung „Cullen plate" angenommen 
haben sollen, emp&hlen diese Form der Ge- 
denkplatte, sondern auch der Umstand, dafs 
filr ein nicht zu auffälliges tmd doch wirkungs- 
volles, den alten Glas- und WandmaK ieien im 
Kapellenkranz des Domes sich anschließendes 
Monumem diese vornehme Tcdinik am ge- 
eignetsten schien. Der Zeichner wie der Gra- 
veur haben ihre Pflicht getan, und die Tafel, 
die sie geachaffen haben, darf ah muatergUltig 
bfseichnet werden. 

Wenn schon die im Kapellenkranz vor- 
herrschenden Architekturforroen eine ähnliche 
Aoordnang fbr die Tafel nahelegten, so er> 
gaben sie sich auch als N'o!weniliL;keit für die 
Fassung der beiden Standfiguren und des 
twiaclien ihnen annbrii^enden Stifterwappens. 
Die kräftignn Pfeiler mit ihren Sockeln. Wim- 
perj^, FiaUmbSdangen, die Bogenstellungen 



durften, sind ebenialls im Sinne der Dom* 
figuren geteichnet mit den Konseasionen, welche 
unser Geschmack auch bei diesen monumen- 
talen Aufgaben beanspruchen darf. Und da- 
mit auch hier dem Reichtum der Architektur 
hinsichtlich der Gewinder und Hfotogiflnde 
keine Armut gegenüberstehe, sind diese mit gra- 
vierten und punzierten Blattomaroentoi ver> 
sehen, welche nicht nur gefällig denn, aon* 
dem auch einen grolsen Teil der Tafel be- 
herrschen, den Glanz der Vergoldung vor- 
nehmlici) an den Stellen mildernd, an denen sie 
aonat au atark aich geltend machen wUrde, hier 
allerlei spielende Reflexe verursachend. Die 
stark betonten Konturen und Schatten, deren 
korrekte Zeichnung und leste Struktur der 
ganzen Tafel ihre aufserordentlich bestimmte 
Wirkung verschaffen, sind mit schwarzem Kitt 
ausgestrichen, der die Sicherheit und Schärfe 
der Linienihhrung inn so klarer erkennen läfst 

Der Inschriftfries, dem auch durch die 
ihn wie die ganze Taüel einiassoide Roaeuen- 
borte der Zusammenhiing mit ihr und damit 
der Sockclcharakter gewahrt wird, ist in voll- 
kommenem Mafse von der ornamentalen 
Form beherrscht, die jeder monumen- 
talen Inschrift eigen sein soll; der 
Grund ist ausgehoben und schraffiert, wodurch 
sich die einzelnen Buchsuben, scharf um- 
adintiten, um an bestimmter abheben, so daft 
sie selbst in der starken Verkleinerung unserer 
Abbildung noch leicht erkennbar sind. 

Die ganze Tafel vcfdient daher in ihrem 
Entwurf wie in ihrer Ausftihrung, in ihrer Ge- 
samtheit, wie in ihren Einrelheilen uneinge- 
schränktes Lob, und es wäre ihr zu wünschen, 
dafe sie Sdiole machen möchte; woaa es a« 
Gelegenheiten hent/magt- nicht fehlen dürfte; 
denn httuAg tritt das Bedürfnis nach Gedenk- 
tafeln au( weldie an und in Öffentlichen Ge> 
bäuden gewisse Ereignisse, Verdienste U. 8. w. 
featlegen sollen, und da dtirfte eine gravierte 



83 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHE KUNST — Nr. 1. 



24 



Messingtafel am gefälligsten zu gestalten, am 
leichtesten und wirkungsvollsten anzubringen 
sein, mag sie eingelassen, vorgelegt, selbst nur 
aufgehängt werden. Auch für private Zwecke 
erscheint sie geeignet, denn wer möchte 
leugnen, dafs sie auch im Zimmer an der Wand 
als Festgeschenk einen ernsteren Eindruck 
machen würde, als manche gemalte Adresse, 
bei der die Komposition selten einheitlich, nie 



ordentlich gepflegt und auf den Gipfel künstleri- 
scher Durchbildung erhoben hat, bis tief in die 
Renaissance, die das Erbe des Mittelalters gerade 
auf diesem mehr technischen Gebiet gehütet und 
entwickelt hat. .An diesen Schatz raufs wieder 
angeknüpft werden für alle Inschriften, die mo- 
numentalen Zwecken dienen sollen, also auch 
für die der liturgischen Gefäfse, an denen sie 
im Laufe der Zeit verkümmert sind. 




Wirkung in der Regel zu spielend ist. nicht 
im Verhältnis zu der Feier, an die sie die Er- 
innerung festhalten soll. Diese würde in viel 
einfacherer Art, auf viel monumentalere Weise 
bewahrt durch eine Metalltafel, wenn ihr ein- 
gegrabener Schmuck auch nur in einer In- 
schrift besteht, etwa mit einer Initiale (in die ein 
Figürchen komponiert werden könnte}. In allen 
Stilarten gibt es dafür vortreffliche Muster von der 
romanischen Periode an, in der die Buchstaben 
wuchtig eingegraben wurden, durch die ganze go- 
tische Zeit, welche die ornamentale Schrift aufser- 



Was der Mode zu dienen, Aufsehen zu er- 
regen bestimmt ist, wie das Firmenschild, das 
Plakat u. s. w., mag in allerlei Buchstaben- 
Spielereien sich gefallen, was aber Erinnerungen 
bewahren, ernste Gedanken wecken, auf die 
Dauer befriedigen soll, das behaupte «ich im 
Fahrwasser der alten guten Beispiele. Wird 
der ernste Schriftcharakter und seine korrekte 
Ausführung von den Bestellern wieder betont, 
dann wird es nicht fehlen an Künstlern, die 
Inschrifttafeln zu entwerfen und auszuführen 
verstehen, auch in Meull. Schnüigen. 



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2S 



1903. — ZEITSCHRIFT POR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1. 



2U 



Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf. 

IX. (Mit 2 Abbildnngcii.) 



23. Reliquienbuch der katholischen 
Kirchengenieinde zu Wetzlar. 

on dem hier abgebildeten Re- 
liquienbuch (Nr. 715 des Kata- 
logs), 31 cm hoch, 23 cm breit, 
cm dick, besteht der Kern in 
Buchenholz, das nur auf der Rückseite in die 
Erscheinung 
tritt, mit Ver- 
schlufs ver- 
sehen zum 
Schutze der 
zu bergenden 
Reliquien. 
Ringsum 
sind Silber- 
platten auf- 
genagelt, 
auch auf der 
Vorderseite 
als Einfas- 
sung filr die 
vertiefte Mit- 
telfQllung, 
wie als Grund 
derselben, 
mithin als 
Fond für die 
Kreuzigung. 
Die Figuren 
derselben : 
der Kruzi- 
fixus, Maria 
und Johan- 
nes, etwas 
derbe, aber 
gut model- 
lierte und 
charakteri- 
sierte Gestal- 
ten in spät- 
gotischer mitteldeutscher Stilisierung , sind 
aus Silber getrieben und ganz vergoldet mit 
Ausnahme der Karnationspartien und des 
Kreuztitels. Auch die flachen breiten Kreuz- 
balken, welche durch die eingravierte Nach- 
bildung der Holzmaserung eine gewisse Glie- 
derung erhalten haben, sind vergoldet. Am 
Pnfse des Kreuzes ist eine <iuadratische 




Kapsel angebracht, von der der Deckel ver- 
schwunden ist, bestimmt, das Heiligtum zu 
verdecken, das hier aufbewahrt wurde, viel- 
leicht eine Kreuzpartikel. Ein aufgenageltes 
kraftiges Üoppelprofil rahmt die Mittelgruppe 
wirkungsvoll ein, sie scheidend von der breiten 
Einfassung, welche ringsum von einem eben- 
falls aufge- 
nagelten 
Profil um- 
säumt wird. 

Auf den 
Ecken, etwas 
in dieses ein- 
schneidend, 
sind die Me- 
daillons der 
Evangelisten 
Symbole an- 
gebracht, gut 
gezeichnete, 
silbergegos- 
sene Reliefs, 
welche die 
Ecken vor- 
trefflich mar- 
kieren und 
vergoldet 
vom Silber- 
grund gut 
sich abhe- 
ben. — Alles 
wirkt somit 
zusammen, 
um mit ein- 
fachen Mit- 
teln eine gu- 
te Wirkung 
zu erreichen, 
als die Frucht 
der klaren 

.Anordnung, der korrekten Modellierung, des 
geschickten Wechsels von Silber und Gold. 
Als Vorbild für das Frontale eines Mefsbuches 
würde sich diese Tafel j eignen, die für ihren 
ursprünglichen Zweck kaum noch in Frage 
kommen könnte, denn diese Art der Reliquien- 
fassung ist filr die, heutigen Bedürfnisse der- 
selben nicht geeignet. 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1. 



88 



24. Deckel eines Reliquienbuches in 
demselben Besitz. 
Dieser Deckel (Nr. 716), 32 em hoch. 22'/, 
em breit, 3'/« dick, gleichfalls aus Buchen- 
holz gebildet, ist ringsum mit einfachem .Mes- 
sing l>eschlagen, oben mit vergoldetem Messing 
und mit Silberbörtchen in der Umfassung. 
Profilierte vergoldete Leisten gliedern die 
Tafel, deren 

Mittelfeld .f 
mit fünf ge- 
gossenen Me- 
daillons der 
Kreuzigung 
und der 
Evangclis- 
tensymbole 
in ungefafs- 
ter, unorga- 
nischer Ad- 
Ordnung ge- 
schmückt 
sind Das- 
selbe Kreuzi- 
gungsrelief 
ziert die vier 
Ecken , und 
die zwischen 
ihnen liegen- 
den Streifen 
bestehen in 
getriebenen 
RankenzUgeii 
von Wein- 
laub oben 
und unten, 
von Eichen- 
laub an den 
Seiten. Die 
Ausführung 
derselben ist 
handwerks- 

mäfsig, aber korrekt, auch hinsichtlich der hoch- 
gotischen Stilisierung, in der ebenfalls die Me- 
daillons gehalten sind, wie sie um die Wende 
des XIV. Jahrh zu den Modellbestanden jedes 
ordentlichen Goldschmiedes gehörten. Dieser 
tigurale Besitz und die Verfugung über die 
einfachen Blattornamente genügten, bei hin- 
reichender Vertrautheit mit der Technik, für 
die Ausführung von Geräten, die trotz ihrer 
Einfachheit und Wohlfeilheit als würdig und 




formschön bezeichnet werden dürfen. Es darf 
daher auch der Nachahmung solcher Tafeln, 
seien sie zu Buch- oder Kästendeckeln be- 
stimmt, das Wort geredet werden, freilich mit 
dem Ratschlag, dafs für das Mittelfeld eine 
einheitliche figurale Darstellung gewählt werde, 
etwa die Majestas Domini, so dafs dann auch 
die Evangelistensymbolc für die Ecken reser- 
viert bleiben. 
— Im übri- 
gen bilden 
diese kleinen 
Hachen Re- 
liefs, zumal 
in gestanzter 
Technik, ein 
sehr dank- 
bares Verzie- 
rungsmittel 
nicht nur für 
Deckel und 
Kreuze, son- 
dern auch 
für Sticke- 
reien, denen 
sie als Pail- 
letten einge- 
fügt, zu 
grofsem 
Glänze ver- 
helfen , wie 
ihn beson- 
ders im XIV. 
Jahrh. die 
norddeut- 
schen Frau- 
enklöster mit 
Vorliebe an 
Paruren, An- 
lependien, 
Korporalien- 
schachteln, 

also an gestickten Flachgebilden anbrachten, 
die nicht auf den Faltenwurf berechnet waren. 
Auf diesen sind sie in der Regel derart befestigt, 
dafs sie entweder von einer Sammetunterlage 
als aufgen>lhte Ornamente glanzvoll sich abheben, 
oder den Mittelpunkt bilden, sei es von farbigen 
Stickereien, sei es auch, was gewöhnlich der Fall, 
von ebenfalls aufgehefteten Loth- oder Schmelz- 
perlen, auch Kornllen, mit denen sie sich zu 
reicher Wirkung vereinen. SchDUtgen. 



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im— zsrrscHMjrr rOs cBRnruciiB konst — m. i. 



Bücherschau. 



Sjabolik des Ktrchcngeblndc« uni seiner 

Aaistatlungin derAurfassung des Mittel- 
• Iters. Mit BcrOcIuichti^ung von Honorius Au- 
gustoduncDSK, Sicardat und Darandus; vun Dr 
Joseph Sauer. Mtt U AbbUdaagto im Text. 
Hndw, VMXbmrg IM». (PMa «.M Mk.) 
Der kircUicben Symbolik, welche im XIII. nod 
XIV. Jahrh. ihren HObepunkt erreichte, i*t hinsichtlich 
ihres Ursprungi, ihrer Anwendung, ihrer Heileutung 
dieses Buch getridmci, weiche« diese frtther vielfach 
etwas unklar nod willkürlich behandelte Frage grönd- 
lUh. prOft mit frafMT Oli|ikti«ilIl und wafoiscnden 
KeiHilidlica, Mm «It vieleii mms wiehtigeu Er. 
gebiiiuen. — In der Hinleiiung werden die be- 
deutendsten Symboliker dieser Glanttett: Honoriut, 
Sicardus nnd UnraBdiu behandelt, die jedoch nicht 
Schttpfer iluer Ucen waren, «oodcni nur daran j^ea- 
l«a. — WvW 4i«H Mem itMiHn vaä wofMBT sie 
im etMdnm rieh bnatw, d«r I. Teil, der 

tmutOmt die hl. SeMft •!» die Qudle der Symbolik 
nachweist, sodann die Verwendung der letzteren in 
der Gruppierang der i^hlen und der Himmeltgegeo- 
den, für welche bereiu das Altertum Anhalupankie bot. 
Die ÜbertragMC der »innbildliclieD fieiiehu». 
C«B «mf d«e RirekVBf «blmde hUdtt den rti. 
eben Inhak des zweiten Abschnittes, der de* Material 
und die cinselnen Bestandteile des Gotleshaases, Tarm 
und Glocken, Altar «iil lilurgiM-he» Geril, endlich 
den Schmitck der Kucbe iu da* heile ijchl der 
raillelaherlicben Symbolik ittckt. Was die Autoren 
in diaaar Himicht tebmn, wird nidu kritiich geptflfl, 
dem die war niebl die Aii%ftb* dm Vci f ai Mii , saa> 
dem sorgsam rcgl^lrleri, und Oberaus lehrreich ist das 
hier mit gröfstem Fleif« ra^ammengetrsgene und ge. 
schickt gruppierte Material, welches lugleich die £nt> 
wickltug der mittelalterlichen Symbolik und ihre Zu. 
qpHauif «if die Kircbe ab die Braut Christi illustriert. 
— Vm fisi bntandetaai Wert irt der II. Teil, der 
die Betiebangea awiteben der Kirebeo- 
Symbolik und der bildenden Kunst darlegt, 
und xwar im allgemeinen, wie lu den Einzelnfillen, 
wobei als Hauptgrundsatt sich ergibt, daf« die 
Haapttymboliker nicht den Kaudem die frogramme 
Ikfifttn, MBdtnni an dU KmuMfe venchaAen von 
der in der Kirche ubiehea ftaffimimci dais mithin 
die Liturgie die eigentliche Nlhrflialler war, ein Hym- 
nus, eine Predigt, ein Schau>piel nur insofern, als sie 
von ihr inq>iriert waren. — Den Bildeicykleu an 
den Kirchenportalen nnd .Fassaden widmet 
der Vcrfuicr ebi «igmee langea Kapitel, daa be. 
dcHtaUhte dce ganwi Bn^ct, dieM Cfkku tk die 
gante Kircbensymbolik des Mitielakers in gwialiler 
Weise losammenfassend und damit einen lbeo««tbcb 
wie praliti«ch Überaus fruchtbaren Gedanken anregend, 
der tum fletlaigen Stodiom dringt, wie das gante 
Back. SebnBtfen. 

Die Knntt im nevea Jnkrhandtrt. Vnn Dr. 
Brich Fraati, Profeaiof an der Uaivctaitlt 
Brcalan. Bi«er ft Thienaaa, Hann i. W. 1902. 



Alt Heft 'X der »Frankfiirter teilgesifMn Bro. 
schüren' uintaftl diese Studie nur t| SeiteO, bietet 
auf ihnen alier iiiciit nur eine Kritik der neuen 
Konstbewegnng, sondern auch einen Über- 
blick ItbcT die Knnatcatwicklnng der beiden 
Ictstea Jnbrhna derlei Wie icbr der VetfiiKtr 
mit Ihr trcTtreut ist, beweist die OberfUlle det hier 
geboteite« Materials, und die trotz derselben versuchte 
Charakterisiemng der eiozeloen Meister, deren Namen 
hier wohl hundertfach begegnen. Aul der Suche nach 
einem neuen Stile begleitet der Verfasser die Künstler 
der letalen Jalinchni« naatcntiich ta Engtand nnd 
Denlt^land mit der Betamnf der hittoctKhea Stlla^ 
ihrer Bedeutung und fortdauernden Berechtigung, den 
An^prtii hen der Neuzeit, ihren Ermngenschaflen and 
Bedtlrfiimven geterhL »erdend. Nachdem „der Weg 
bagiaud», sogar hinsichtlich des Problems der Mau« 
kuasi an den so mKcbtigcn, dnrch tnd dmeh »cht* 
lektoniscbea Tjppaa der G«ik aiwlniapfiia, al» dar 
richtige" erkUrt ist, wird aa^ ak die Anfgabe 
Deulschliinds beieichnet ..»uf den Fels der Gotik 
»ich XU tiUtiea, aiclii in geistloser Nachahmung'* (der 
abrigens kein Mensch direkt oder indirekt das Wort 
redet). Damit encbciat freilich die Klage, dafi dia 
St. Bnnifo an waaiE Ntehtliaiiaff 
de aa«h w< 
■dUedena andere Anklagen betreA nenarar Klrdien- 
auKttattnngen in dieser Allgemeinheil nicht hinreichend 
begründet erscheioeii, denn in der mit Kecht, trotz 
ihres Archaismut, sehr geriihattea Alt baCBweins sind 
doch mehrete KUmtlcr tlt% ge w ewa . — Obrigcna 
darf nun an dan Gaibdkieliea dea Aeiiafll^eB 
Verfatsera durchweg seine Freude haben, daran zugleich 
den Wunsch knüpfen, dafs es ihm gefsUen mAge, den 
modernen Ausschreilungen, die an^h dem kirchlichen 
Kunsigebiet zu droben beginnen, noch viel eingehender 
entgegenzutreten. Dafs von anderen kirchlichen Kunst- 
kritikern mit de« nenen SlU geliebiagelt irird, weU 
er nanicniXcb in dekoratiTCr HhMlchl nanAea Gnie 

habe, aber iugleich in Be/ug auf ihn die Distani. 
parole ausgegeben wird, weil man noch nicht wisse, 
wa.% «u» ihm werde, ist Item Zeichen grofser -Selb- 
siiMidigkeit, und dafs die Ausbildung, deren die allen 
Stile, zumal für kirchliche Zwecke, noch flhig sind, 
anlaer Berachanng bleibt, lat kaia Zeichen 

Sehnaic««. 



HoBOgraphiaa d«e KnnatKe werb<-*, Verlag vob 
Heraaan Seemann Nachfolger. Leipzin;. Vorder» 
asiatische KnQpfteppic he .>us älterer Zeit 
von Wilh. Bode. Hit einer l'urbcnljifel, ol. 40 
ganzseitigen Teppichaufnahmen nach seltenen > )rii;i. 
lulcn nnd aahlnichBnlllattnlioBcn. (Pr.gcb.tiMk.} 

Moderne Cllaer von Dr. Guatav Faianreh. 
Mit 4 färb. BeiUgen und 149 Abb. (Preis gcb.tlMk.) 

Otcte Mon«(tapiuent irelcbe die einsctnen Zweige 
daa h aaa l ga w w falidiein Schaflkaa ia ihiar hbtoftochea 
Batwickhmg, wie aamenlUch nach hi ibi« 
Beittigang dameUea woBca, Mhiea aich dwch 



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Sl 



1903. — ZEITSCHRIFT FOR CHRISTUCHE KUNST - Nr. 1 



8S 



Heraatg'her I>r. Jr«n Louit Spon*«l, Dre«den, 
Mwie durch dm Vcruicluri« d«r Mitarbeiler ia der 
TCflnueiia «di dlgtleB Weite ein. IMe SMbung durch 
Bode und sein Teppich werk id auuertt gUniiig, 
denn hier wird von dem berufensten Autor ein der 
Forsilmni; kium imtfrbreilctis Thrma brh.indclt, 
weichet von der gröiitcn aktuellen BcdeutunK i«t; 
•chon beidi ersten Abcchnitt Witt der Verfasser sehr 
«iel Neaes, Jk eiseotlkh Allee, «n «teetiveUcB Ober 
dieeee Tbena «a nffcn iit, tmd da« Maietfaü, de* er 
dabei verarbeitet, xum grolscr Teil in vtjrtreiTlichen 
Abbildungen vorfOhrt , seu^t von nnt-r geradexu 
bewunderuneswdrdigen Kenntni» und Beherrschung 
de« SioOm. Die einielnen Fabrikaiiontstattcn cotitelien 
tUk HdKck vofdcitad Bock suswlMdlef FcMlenDiv. 
•ber die UnteracUede der penischen und tOrklschen 
Teppiche, vomehnitich die EntwicklanK der letzteren 
au* den ersteren werden klar fielest, die Teppiche 
nai h ihren Hauptmotiven in einzelne Gruppen ge- 
schieden u. s. « , SU d>ifs hier der weiteren Korschung 
ia d'T .inrrt^oDcNtrii Weise der Weg gebahnt int 

Auch iU* II HalQ liehen Ober „Moderne 
GUser" »erdient alles I.ob, weil es den Verfasser 
im VollbcaiU erttennen U£u dcf hiitorieclien, l*tbe> 
tischen > teclmi sehen Kenntniate und EiMmaigea^ 
die nMg üaA, tm auf diesem «eiivtctjgm» gt- 
renden GeMete die richti(;en Ürtelle iti fflHen Die 

GlÄ»'lci;<iTation unserer Tücc vk;rd an der Hand 
der einzelnen Fabrikate crOitcrt unü hinsichtlich der 
Formen wie der Farben, des Stils wie der Te> luuk, 
der heimiacliea wie der fremden EraengniMe «duu-fe 
aber doiclia« ventuidif« Kritik cettbt, die im ietilen 
Kapitel; „Ausblick in die Zukunft" dahin auxklingt, 
da(s ,,das Glas su selhtiandigen guten modernen 
Objekten nicht wenigrt i;<iii;m'l ist, alu alle ObriKen 
Stoffe" und daCi d«a edel gcformtei achAn geschnittene 
KrisuiigUs immer die Kron^ «lier GlMcnencidaae 
bleiben wird. ScbnOtgen. 



Deutsch* in Rom. Studien und Shincn ui» elf 

Jahrhunderten v<m G, von Graerenits. Mit 

100 At>liil:lui)t;> n I<.)tii|il,in. r> und Stndtansichteti. 
E. A. Seemann, l.eipicig 1902. (Preis Mk. 8,-.) 

lUt Veiettndi^ und BetT'isi'rtms; «litd die Städten 

(gemacht und i;iit Stnlun nach Olii, ^!!^!!.?! lüi- .ui» 
ihnen hervor(£cj;alH4Cin:u SküZ* n i;;:l«n rli ti, du: hici 
in einem prlchtig illustrierten Bande sehr ansprechend 
geboten werden. Auf 10 ICapiiel mit je einer deren 
Joliall aadctttcfiden Namcmfiberachrill iit der StniT 
verteiltt der mh Karl dem GiwMcn und mit Otto IIL 
be^nnt, mit Goellie nad mit Cantene »cUier«t 
(ici. hh kt ist 'Iiis Material zusammrngesucht und 
•gestellt. weKhes »ich hierfür «lern Verfasser in Uber- 
wältigen der POUe bot, and die Abbildungen, mit 
denen er aeiae Dafleguncen begleitet, haben zum 
Teil den Vanmg, nicbt am W«|;e gepftOckt, •oadem 
aiia einer i^ewitsen Verborgenheit hvrvor^esui ht zu 
•ein. Den DeaM<hcn, die in Rom üt>rr die deutschen 
F.rinneruntcrn informiert und zu Jen diesen ent- 
•prechetiden Oenkmülem licgieiiet »ein wollen, wird 
daa Hott ffcaciiricbene Bocii ein ancenehmer FOht« 



sein, der nicht auf Vollstand%kett Awpirach «acbi, 

AhcT manche gute Winke ifibt <i. 



Rheinisch ■ weal fiilach« Bildkanorknnat. 
Herausgegeban vom „Vareto t«r Fflrdcfmf der 

Hildhaaeikuns» in Rheinland und Westfalen". 
Unter dem vorstehenden Namen haben 21 Bild- 
hauer, die in Düsseldorf, Cöln, Bonn, Aechco, MOmtcr 
ilu« Werkatatt hafaan, n «iner Vef«lnig«^f mit dem 
SitN tat IMuaeMorr alch tuaammaBtabuden, mm «krk. 
samer ihre Interessen zu vertreten, welche (gemlf* 
dem vom Bildhaaer A. Frische in Dtlsaeldorf unter- 
znclmelrn Vnrworll vornehmlich darm besiehen, die 
Aufmerksamkeil der Behörden und de« Publikums 
•■f ifafa Laiiliui(an darch Besprcdnncan, Wander. 
aaialdkmfaa iba.ir.aB lankan, die «wirtnige Kob* 
karrens, naoMadleh dia daa AudaMhai aa kaime«, 
der induMricllen Vervielfkltigung dar Denkmäler ent- 
gegensuwirken. Hierbei wird mit Recht der Ge- 
danke von der nationalen Bedeutung der Kunst, mm 
ihrer iradiiioaeilan Eifanait ia aintalaan rior ina a » 



farada daa ptaaliacbea Kanstschaffeni in diesen beiden 
Proviasait l)elont, and aas den beigegebenen 24 Tafeln 
aiit gnten Amoiypien zahlreicher und mannigfaltiger 
BOdirerkc ^Kaiser-, Krieger-, Greb-Denkmiler, Spring. 
brancR, Postriu, Poiiala, dabelfelder, Aliartafehi 
0 f. w.> laaehtat daa crtHiia Sirebaa aad ilchiifa 
Können reekt bafricdigend cntgagaa. Data In ttuum 
aber Iienonilerc prciviruisle F^igenlOtrilichkeileii sich 
zeigen, engerer Aii^thluU au liervorrageude brzeog. 
niue tlierer oder neuerer Richtung, kann nicht be- 
baaptai werden, nicht einmal bei daa wenigen tich» 
tifea DaakmUara kitdilidhar Art, deaaa tat der Rafel 
durch ihren Zwamaunhaag aiit einem ahen oder auch 
neuen Bauwerk eine besondere Stilarl angewieten 
Aus den älteren «Juellen :u schrtpfen und die 
neueren Motive tu [iflegeti, dtirfse als der Weg tu gröbe- 
rer Eigenerl sich empfehlen, die dann als breitere Gnuid» 
Uft «ich gellend maciiea darf für die atirkere BarOck- 
lickiigung der heimiachea XOntller. R. 

.Altfränkisehe Bilder mal erlautemdeoi Text 
von Theodor Henner, Jahrgang ]!>03. 
Znm aaaataa Mal erecbeint dieaar Jahraabote, 
dar aaa dam uncnebOpIliehaa Sehatta der ake« Ma- 

kiichen Kun*tderikmSleT «tels neue Proben in Bild 
und Wort liielrl, guie Abbildungen und belehrenden 
Text. Per Umschlag rrigt in farbiger Wiederf;abe 

da« iufsersi merkwdrdige Cyriakuspanier, eine ge> 
waW(e romaaliche Fakaa mk dar Fignr dca hL KW 
Maa, detaa Tachaik eine gaaaoeic BeachraibiBg va^ 
dieat hltle. itebei der noch Uieren aad iaiercasaalerca 

Stickerei, welche dir I!iriinielf.-ihrt Alexanders des 
(irofsen dsrstelh (vergl. dett Uuknden Jahrgang dieser 
Zcitichrifi Sp. I7!0. Im Innern wechseln Kirchen der 
romaniscbca, gotischen, Rokoko -Zeit (zwti Land» 
ktrchen de« berühartea fttbbaaar Ncumana) adl 
Fschwerkbaulen des XVI. Jahrh. und noch splleren 
I'rofanbauten ab, spSljjotische Stein, und llolifiguren 
mil en"ii>.^\:i. r - iii i /"pfepitaphien . nlso eine 
bunte Reihe von Deiikmaleru, von denen die Mehr- 
tahl miadtr baltaant ist. o. 



^ j . d by Googl 



Abhandlungen. 




Neues silbervergoidetes Altarpültchen. 
(Mit AbbOdDBf ) 

BixbHcliOlHdNO Gnaden 

dem Hochwilrdigsten Herrn 
Erzbischof Dr. Antonius 
Filcber von GUd tat tar 
Inthronisationsfeier von den 
sechs Domvikaren, die 
Men früheren Weihbiacbof als 
Ceremontare auf den Firmongs- 
reisen nacheinander zu be- 
gleiten pflegten, als sinniges 
Geflchenk ebi rilberveigoldetea MdäpOltchen 
verehrt worden. Vom Cölner Hofgoldschmiec] 
Josef Kleefisch (Gabriel Hermeling) im 
hochgotischen (dtircb den Dom nahegelegten) 
Stil ausgeführt, 48«! bfeh^ Mm tief, 12 cm 
hoch, verdient es wegen seiner orif^inellen und 
gefälligen Form, wie soliden und sauberen 
Tedurik AbbÜdmig nnd Beachfdbiing. 

Auf den vier Ecken erscheinen je zwei 
atUmnige Klauen als die Tradier des ganzen Ge- 
stelta^ denen Unftnnng ans duidibrodwn ge- 
gossenen und ziselierten BoRCH bMtdll; oval- 
arttgen Rankenvcrschlingungen mit Wdnlaub 
ond Weintrauben, von denen jenes OKbr die 
Zwickel fllllt, diew Mitte Sie werden 

vorn unierbrochen durch das eniaillierle Wap- 
pen mit dem VVahiq>ruch-Bande: Omntbus pro- 
dmt, OAdsir nmhi, auf den Seiten durch die 
Medailloninschriften, gold auf blauem Grund: 
Biete VI. Nov. MCMII. Co'nfirmato XIV. 
FAr. MCMIII, rückwärts durch die auf Gold- 
grand adiwars emaillierte Inschrift: Inthnni- 
zato XTX Martii MCMIII Dr. Arnold. Steffens, 
Dr. Jos. Vogt, CaroL Bokltn, Matthias Dahlhau- 
JM, J9i$ WtOmtuf, fifa /«um, ßtigät tSseptii 
trgt. Der vortreffücb modellierte^ krilftig und 
dodi nkht an sdiwer wirkende Rankenfiies ist 
wie nadi unten, so nadi oben von einer tiefen 
Hohlkehle gefafst, von der hier eine Schräge 
zur Deckplatte tiberleitet, mit dem Untersatze 
verbunden durch ein die ganze Breite ein- 
nebmendci Scfaanrienysten. in dem ntgleich 
die niedrige Klappe sich bewegt mit dem auf 
■chraffiertem Grund ausgesparten« daher sehr 
wirkungivollen 



In stdim fti Matemi Antonio evecto 
Ad aram qtd tränt ipsi fuomJem 0 läro. 

DiBMilban Roaettchen, welche ihren vertieften 
Rahmen verzieren, schmücken auch ringsum die 
Pultdecke, eine reich durchbrochene mit rotem 
Leder hintaikgteTa«. Bis anrH<fhe der Klappe 
wird dieselbe friesartig durch eine ausgesägte 
Eichenranke gegliedert und Eichenlaub lüllt 
ancb die Zwidtd, weldie die Ubif Medainom 
scheiden: das die Mitte beherrschende, Uber 
dem Buch stehende Lamm Gottes mit den 
zwölf Nasenomamenten der Umrahmung, und 
die ia Vier plwe geapamiten, ebenftlii im 
Silberton belassenen Evangelistensymbole. Diese 
.\nordnung ist sinnvoll in der Idee, gefiüi|g 
in der Grtippiening, klar in der Aosfllhrang; 
so dafs der Deckel in symbolischer wie in 
künstlerischer Beziehung durchaus befriedigt 
Schon im früheren Mittetslter war diese ebenso 
etTektvolle wie einfache Dwcbbruch- besw. Aus- 
schneidetechnik beliebt, was z. B. beweisen: das 
höchst merkwürdige romanische TragaltMrchen 
des Franzislamerklosters an PSidefi)orn (Katalog 
der kunsthist. Ausstellung Düsseldorf 1902 Nr. 
6 1 3). der romaniscbefiuchdeckel im Mus^ Quny 
(»Zeitsdlr. flr ikMu Kumt« Bd. III, Sp. 181 

u. I82ft), der frObgOtiscbe Bucheinband des 
Cölner Kunstgewerbemuseums (dieselbe Ztschr. 
Bd. I, Sp. 25/26 ä'.). Die kräftigen Gravuren, 
welche sie ausaetchnen. seigen den Weg ftr die 
ornamentale Behandlung, zu der im vorliegenden 
Falle noch dneaporadisch angebrachte schwache 
Atlfbacklung der flachen Blatt- ond Maftwerk- 
ornamiBtt hätte hinzutreten dürfen zur Er- 
reichung noch gröfserer Mannigfaltigkeit und 
Bewegung. Der roten Lcdeninterlage haben 
im Mittelmedaillon aa^edrtkkteGoldstemchen 
zu günstiger Zusammenstimmung verholfen 
mit der glänzenden Deckplatte. Auf ihrem 
Racken ermOglidien swei in Sduuntieren leidit 
funktionierende Strdwn das SchrMgstcllen wie 
das Niederlegen. 

Möge das prächtige mustergültige Pültchen^ 
welches den Kirchenfllrsten in Sdne liohe 
Würde miteinfäbrte. Sein festlicher Begleiter 
sdn durch eine lange Reihe glücklicher segens- 
rddiar Jahre! Sckastcto. 



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37 



1903. — ZETTSCHRIPT FÜR CHRISTUCHB KUNST — Nr. 2. 



Die Wiederherstellung des grofsen Radleuchters im Dome zu Uildesheim. 

(Mit 2 Abbildnngen.) 

durch das weiche 




iinmehr ist nach einer l'/t jährigen 
Frist die Wiederherstellung des 
grofsen Radleuchters im Dome zu 
Hildesheim beendet (Vergleiche 
»Zeitschrift fllr christliche Kunst«, Band XI, 
Sp. 13 — 26.) Vor Beginn der eigentlichen 
VViederherstellungsarbeiten mufste auf Veran- 
lassung des Herrn Ministers ein Probestück 
von einem Zwölftel des ganzen Leuchters her- 
gestellt werden, um für die Restauration als 
mafsgebendes Muster zu dienen. Bei der 



Braun wieder zum Vor- 
schein gebracht Eine Neuvergoldung der alten 
Teile hat nicht stattgefunden, diese sind nur 
von Staub und Wachsflecken gereinigt, selbst- 
verstttndlich sind die neuen StUcke mit Ver- 
goldung versehen. 

Eine bemerkenswerte Veränderung hat der 
Reif erfahren, indem die aus dem Anfang des 
vongen Jahrhunderts stammenden Weifsblech- 
streifen entfernt wurden, und daftlr die in der 
oben erwähnten .\bhandlung dargestellte Form 




Wiederherstellung wurden simtliche alten Teile, 
auch wo sie nur in Bruchstücken vorhanden 
waren, wieder verwendet, fehlende Teile wur- 
den nach vorhandenen Vorbildern neu her- 
gestellt und das Beschädigte geflickt, die ver- 
bogenen Stacke wurden ausgebeult und gerade 
gerichtet und mit Verstärkungsblechen ver- 
sehen. Bei einer früheren Umarbeitung des 
Radleuchters hatte man das email brun an 
dem umlaufenden Schriftbande und an den 
Zinnenomamenten mit schwarzer Lackfarbe 
überzogen, vermutlich um die Zeichnung besser 
hervortreten zu lassen ; selbstverständlich wurde 
diese verunstaltende Zutat entfernt und da- 



erhielt, wie sie nach allem was man darUber 
weifs und gefunden hat, als die ursprüngliche 
anzunehmen ist, nämlich oberhalb und unter- 
halb des halbrunden Wulstes die Streifen mit 
vergoldetem Flachornamcnt Die Rückseite 
des Reifs ist mit einer stark versilberten Kupfer- 
platte, der durch Oxydation der Neuglanz ge- 
nommen wurde, bedeckt, sie bildet zugleich 
den mattschillemden Hintergrund fbr das durch- 
brochene Ornament der Vorderseite. Bei der 
Wiederherstellung der Türme und Tore dienten 
die vorhandenen gut erhaltenen StUcke als 
sicherer Anhalt; als eine Neuerung ist nur die 
Füllung in dem oberen Geschofs der runden 



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3» 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. '2. 



40 



Tiinne tu bezeichnen, welche statt des vorge- 
fundenen Stemenrausters in Weifsblech eine 
ArkadenfUllung erhielt, wie diese an den recht- 
eckigen Turmgeschossen vorhanden war. 

Vor der Wiederherstellung bildete die 
Stellung der Lichthalter eine zweifelhafte Frage, 
Der verstorbene Professor KUsthardt wollte 
nach seinen Untersuchungen am Leuchter die 
vorgefundene Stellung oberhalb der Zinnen 
nicht als die ursprüngliche gelten lassen. Nach 
dem Befund beim Zerlegen des Leuchters kann 



finden gewesen, sodafs man nur auf Vermu- 
tungen angewiesen ist, die allerdings durch 
folgenden Umstand etwas an Gewifsheit ge- 
wonnen haben: am Rande der I'ortalöfinung 
der Türme wurde an einem kleinen Niet das 
Bruchstück eines SilberpUttchens gefunden. 
Man kann hieraus wohl folgern, dafs in den 
Öffnungen der Architekturen eine aus Silber- 
blech getriebene Füllung, die auch eine figür- 
liche Darstellung enthalten haben kann, ange- 
bracht war, und die bei den verschiedenen 




es jedoch keinem Zweifel unterliegen, dafs die 
Stellung über den Zinnen die allein richtige 
und ursprüngliche ist. Es ist nämlirh an der 
Ruckseile der Zinnen, an der Stelle, wo die 
röhrenförmigen Halter die Zinnen decken, die 
Vergoldung ausgespart, ein Beweis dafür, dafs 
die Anbringung an dieser Stelle bei der An- 
fertigung von vornherein vorgesehen war. Eine 
Zutat bei der jetzigen Wiederherstellung ist die 
konsolariige Endigung der Röhren. 

Nicht geklärt ist die Frage, ob Figuren in 
den Öffnungen der Tore und Turme den Auf- 
schriften entsprechend, gestanden haben. Un- 
zweifelhafte .Vachweise hierüber sind nicht zu 



Zerstörungen des Leuchters verschwunden ist 
Ebenso sind auch die aus Silber gefertigten 
Engelfiguren verschwunden, welche nach ur- 
kundlichem Bericht vorhanden waren und bei fest- 
lichen Gelegenheiten an den bajonettförmigen 
Spitzen oberhalb der Tore angebracht wurden. 

Die Wiederherstellungsarbeiten wurden dem 
Professor Kiisthardt (der vor 30 Jahren die Nach- 
bildung fUr das Kensington- Museum geliefert 
hatte} übertragen, nach seinem Tode von seinen 
Söhnen fortgeführt unter Zuhilfenahme eines im 
Berliner Kunstgewerbe-Museum ausgebildeten 
Kupfertreiber». 

Hüdetheim. Richsrd Berti g. 



41 



IfiOa. — ZSITSCHRIPT FOR christliche KUNST — Nr. 2. 



42 



Zwei Tragaltärdien im Münster zu Freiburg. 

(Iftt 4 AbbOdangeD.) 




Abbildungen geben zwei PortMtHen 
wieder, «eiche aidi ün Schatz des 
Frciburfjer Münsters befinden. Die- 
selben sind bisher so wenig be- 
lunM genrordeB, <la& nicht einmal Fr. X. Kfans 

in seir.cr nosrhicht': der christl. Kunst dersel- 
ben bnrühoung tut. Die Abbildungen sind 
WkedeiHsbco von Photographien, welche Schrei« 
her dieser Zeilen im Herbst vorigen Jahres 
mit gütiger Erlaubnis des Herrn Dompfarrers 
Geistlichen Rates Schober gel^entlich einer 
Dnrcbreiae durch Freiburg anfertigte, luchdem 
c- tiereits vor mehreren Jahren bei einem Be- 
suche der Schatzbunmer auf die Tragaltärcben 
anftncrkaam geworden mr. Ei dficfkeD die 
Photographien die ersten AufnataaMB leiii, wel« 
che von ihnen gemacht wurden. 

Von den beiden Portatilien hat das unter 
Abb. 1 und S wiedergegebene eine Lange von 
23 em und eine Breite von 20 cm. Seine Höhe 
betragt 2 cm. Der eigentliche Altarstein, ein 
Achat, ist 16,5 cm lang, 12 cm breit und 1,7 
hodi. Er raht in einem Holzrahmen, der oben, 
unten und an den Seiten mit vergoldeten und 
getriebenen Silberblechen überzogen iiL Die 
Bdleidong bciteht sowohl tn der Unter» wie 
an der Oberseite aus je vier Streifen, zwei 
grAfseren an den Schmalseiten and zwei klei- 
neren an den Langseiten. Die Eckvenierungen 
bilden nicht, wie es beim oberfllddichen Zu- 
sehen scheinen könnte, getrennt aufgesetzte 
Stucke, sondern änden sich auf den von Rand 
n Sand reichenden Streifen der Schmalseiten. 

Das Ornament, mit dem die Montierung ver- 
sehen ist, beschrankt sich auf rein ornamentale 
Motive Denn audi die BOate dea Ktinig« ra- 
mitten zweier Greife, welche in den Ecken 
der Oberseite angebracht ist, hat hier offienbar 
nur omatnentalen Charakter. Bemerkenswert 
nnd auf der Unterseite die prächtigen, edd 
gezeichneten Greife der Eckmedaillons und das 
eigenartige romanische Rankenwerk der zwi- 
tdien letitere eingefllgten Frieae. Auf der 

Oberseite überrascht das gefällige Arrangement 
der mannigfaltigen vegetabilischen und ani- 
malen Motive, die saubere und harmonische 
Durchbildung dieser Motive und namentlich 
die schon erwähnte Darstellung in den Ecken 
des Rahmens. Ob man nicht die Vermutung 



wagen darf; es handle sich bei dersen)en um 

eine Variante von „Alexanders Aufstieg". Die 
Darstellung kommt in mehrfachen l'mbildun- 
gen vor, bei denen die ihr zu Grunde liegende 
Sage bald fheier. beld getreuer wkdergegeben 

ist. Es liegt daher nahe, auch das unzweifel- 
haft aufmilige Eckrelief des ForUtile auf 
„Aknndem Aofiluf m dcntea. Wenn man 
dem «nlgigen auf die Beatimmnof des Tn^ 
altares hinweisen sollte, so wäre zu erwidern, 
dafii, wenn L.öwen und (ireife auf demselben 
Phta finden konnten, auch eine „Aolfehrt 
Alexand°r<^" auf ihm nicht befremden kann, 
zumal die Darstellung hier nur ornamentale 
Bedeutung hat und alle nduder passenden Bei- 
gaben weggelassen sind. Und wenn man 
„Alexanders Aufstieg" auf liturgischen Para- 
menten und an Kapitalen im Innern von 
Kirchen wie z. B. gerade im FreUnnger Mihnter 
anbringen konnte, warum denn nidit aoch m- 
letzt auf einem Tragaltar? 

Die Bdcleidui« der Seiten weist ab Ver- 
zierung dasselbe Ranlcenwerk auf, welches auf 
der Unterseite des Portatile den Fries der Um- 
rahmung bildet Wo die Reliquien angebracht 
sind, war nicht zu ermitteln, da eine dieibe- 
ziiglichc nähere Untersuchung nicht anging. 

Das zweite Portatile (Abb. 2 und 4) bat 
eine Lange von 22,5 cm, eine Breite von 17 tm 
und eine Höhe von 2 cm. Es ist also bei 
gleicher Höhe um 0,5 i m kurzer niv' niment- 
lich um ä cm schmaler wie TragalLar Nr. i. 
Der Altarstein besieht aus einem wdfon mit 
leichten graulichen Flecken versehenen Marmor 
lud ist in eine Platte harten gelben Holzes, 
anacheteend Buchsbaom, eingehMsen, so dafit 
hier auf der Unterseite r tatile nicht der 
Stein, sondern eben diese Holztafel zum Vor- 
schein kommt Die Reliquien werden sieb auf 
der dem Holsbodeo augewandten Sdle der 
Marmorplatte befinden. Die Montierung des 
Tragaltärchens ist aus tmvergoldetem Silber- 
blech hergestellt imd, wie beim ersten Portatile. 
mit Silberstiftchen dem Holz aufgeheftet. Die 
Umrahmung der Oberseite weist das bekannte 
Flechtwerk auf und wird nach dem Stein 
zu durch eine schmale Schnur abgegreost. 
Ihre Brette bdinft sich auf noch nicht gam 
2 cm. 



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43 



1903. — ZSrrSCHRIPT FÜR CHRISTUCHB KUNST — Nr. 2. 



44 



Ungleich beachtenswerter ist das Ornament, 
mit dem man die auf der Unterseite des Porta- 
tile aufgesetzten ca. 3 cm bezw. 2,6 cm breiten 
Streifen verziert hat. Die sich kreuzenden 
Mittelstreifen sind mit fUnfblätterigen Rosetten 
und schmalen Rändchen, welche sich aus einer 
linearen Ranke und zwei geflochtenen Riem- 
chen zusammensetzen, geschmückt. Auf den 
als Einfassung dienenden Streifen wurden da- 
gegen Kreise angebracht, die mit einer vier- 
blätterigen Rosette im Kern und linearer 
Ranke um diesen Kern herum gefüllt und 
durch schmale Zierbandchen von einander ge- 
schieden sind. Diese Bändchen bestehen auch 



Ornament besonders interessant macht, ist seine 
grofse Ähnlichkeit mit einer Filigranarbeit 
Es gilt das namentlich von den Kreisen, bei 
denen die Nachahmung von Filigran unver- 
kennbar ist Die Ähnlichkeit ist hier so täu- 
schend, dafs nur ein genaueres Zusehen auf der 
Photographie erkennen läfst, es handele sich bei 
ihnen nicht um wirkliches Filigran, sondern um 
eine blofse Nachbildung. 

Wa« die Technik betrifft, in welcher das 
Ornament der Bekleidung der beiden Porta- 
tilien hergestellt ist, so kann es nicht zweifel- 
haft sein, dafs selbiges bei Tragaltar Nr. 1 
mittelst Stanzen ausgeführt wurde. Das zeigt 




Abb. I. (Obrnritc cl« 

hier zum Teil aus einer linearen Ranke, die 
von geflochtenen Streifchen abgegrenzt wird; 
zum Teil werden sie von einer breiteren Flechte 
gebildet die beiderseits bald von einer Schnur, 
bald von einem schmäleren geflochtenen Bänd- 
chen begleitet wird. 

Die Seiten des Portatile sind mit einem 
fortlaufenden Fries geschmückt, der sich aus 
linearen Ranken und einer Klcchtwerkeinfassung 
zusammensetzt. Als Spezimen desselben können 
die Bändchen dienen, welche sich auf der Be- 
kleidung des Schmalendes der Unterseite fin- 
den. Er ist von ganz derselben Bildung wie 
diese. 

Was das auf der Unterseite und rings um 
die Vertikalseiten des Portatile angebrachte , 



Tragaliarrhrii.) Abb. S. 

die vollständige, bis in die Einzelheiten gehende 
Übereinstimmung der gleichen Darstellungen, 
— man vergleiche nur miteinander auf der Unter- 
seite die Greife der Eckroedaillons und die 
Friese des Rahmens, auf der Oberseite die 
Königsbilder in den Ecken, die Löwen der 
Vierpässe auf den Langseiten und die Drachen 
samt dem unter ihnen angebrachten Ranken- 
ornament des Frieses. Es ergibt sich das femer 
aus der Schärfe, Sauberkeit und Gleichmäfsig- 
keit der Arbeit, sowie dem Umstand, dafs hie 
und da die Verzierungen ineinander übergreifen, 
offenbar, weil an diesen Stellen die Stanzen 
fehlerhaft angelegt wurden. Im ganzen sind, 
von den linearen Einfassungen abgesehen, auf 
der Oberseite 5, auf der Unterseite 3 verachie- 



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4» 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHE KUNST — Nr. 2. 



46 



dene Stanzen zur Verwendung gekommen. Die 
Montierung des zweiten Portatile ist mit Be- 
nutzung von Puntzen aus freier Hand ornamen- 
tiert worden. Die Unebenheiten und Verschie- 
denheiten in den Verzierungen, besonders aber 
einzelne Korrekturen der Arbeit lassen das 
deutlich erkennen. 

Wer die Portatilien zuerst sieht, auf den 
machen sie den Eindruck, als sei ihre Beklei- 
dung nicht eigens für sie angefertigt, sondern 
irgend einem andern Gegenstand entnommen 
und nur für sie, soweit nötig, zurecht gemacht 
worden. Eine nähere Prüfung der ganzen An- 



fertigen dasselbe, indem er es bis auf die noch 
vorhandenen Reste ausschnitt. 

Als Entstehungszeit wird für das erste der 
beiden Portatilien wohl die erste Hflifte des XIII. 
Jahrh. anzusetzen sein. Der Stil der Orna- 
mente ist noch durchaus romanisch; von goti- 
scher Formsprache gewahrt man bei ihnen 
keine Spur. Andererseits aber befinden sich 
dieselben in einem so vorgeschrittenen Sta- 
dium der Ausbildung, dafs man das Portatile 
wohl kaum mehr als eine Frucht des XII. 
Jahrh. betrachten kann. Schwieriger ist es, das 
zweite TragalUrchen zu datieren. Dem XIII. 




Abb a 



Ordnung def Ornamente und verschiedener 
Einzelheiten in der Ausführung lassen indessen 
das Gegenteil als das Wahrscheinliche, um nicht 
zu sagen, das Richtige erscheinen. Besonders 
sei auf einen sehr bezeichnenden Umstand auf- 
merksam gemacht. Auf der Oberseite des 
Portatile Nr. 1 (.Abb. 1; finden sich an der Beklei- 
dung einer der Schmalseiten nach dem Stein zu 
in den Ecken Reste eines Ornaments, während 
solche an den entsprechenden Stellen der 
zweiten völlig fehlen. Der Künstler halte 
offenbar ursprünglich beaiisichtigt, dem Rahmen- 
fries hier eine gröfsere Breite zu geben. Da er 
aber gewahrte, dafs in diesem Kalle der Stein 
zu sehr bedeckt werde, stand er von seinem 
Plane ab, liefs an der zweiten Schmalseite das 
Ornament weg und entfernte an der bereits 



<lrr TrüculL'irchen.l Abb. 4. 

jahrh. wagen wir es angesichts des altertUmeln- 
den Charakters der Ornamente nicht mehr zu- 
zuweisen. Andererseits liegt kein genügender 
Grund vor, es dem XI. Jahrb. zuzuschreiben, 
wiewohl es keine Elemente enthält, welche eine 
solche Datierung schlechterdings als undenkbar 
erscheinen liefsen. Am zutreffendsten dürfte es 
daher sein, dafllr das XII. Jahrh. anzusetzen. 

Die beiden Freiburger Portatilien können sich 
in kunsthistorischer Bedeutung gewifs nicht mit 
manchen anderen messen ; immerhin sind sie so- 
wohl als Tragaltärchen wie hinsichtlich der Eigen- 
art ihrer omamentalen Ausstattung, für die wir bis 
jetzt ein Gegenstück nicht gefunden haben, inter- 
essant genug, um der Verborgenheit entrissen und 
weiteren Kreisen bekannt gegeben zu werden. 

Luxemburg. Joieph Braan. 



^ j ,^Lo l y Google 



47 



1903.— ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 2. 



48 



Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf. 

X. (Mit AbbilduiiK.) 

26. Kupfergetriebene Keliqiiienfigur strähnenartig Uber dem Rücken der voUnind ge- 
der Abteikirche zu Werden (Katalog- triebenen Figur herunter. Die beiden gegossenen 
Nr. 711). 1 auffallend kleinen Hände, von denen die linke 

is hier abgebildete 28 7» hohe ein RUchlein trägt, die rechte das Attribut ru 
Standfigürchen ist ganz aus Kupfer halten hatte, sind einfach in die weit sich 
getrieben und vergoldet, wie sein öffnenden Ärmel hineingesteckt und lassen in 
ursprünglicher sechsseitiger Sockel, ihrer Durchführung die feine Technik ver- 
missen, welche sonst das 



« 



Dieser hat zuunterst ei- 
nen (Ur das XV. Jahrh. 
ganz charakteristischen 
Zackenfries mit Zinnen- 
kranz und verjüngt sich 
durch eine starke Hohl- 
kehle zu der ebenfalls 

zinnenkranzverzierten 
Deckplatte, auf der das 
aus zwei Stücken ge- 
hämmerte, also auf den 
beiden Seiten zusammen- 
gelötete Figürchen steht 
Die Bewegung dessel- 
ben ist sehr anmutig, 
der Ausdruck ungemein 
innig, der fein abge- 
wogene, wohlgeordnete 
Faltenwurf trotz seiner 
bereits dem Knitterigen 

zuneigenden Behand- 
lung, mafsvoll und ge- 
fllllig, namentlich die 
Art, wie der Gewand- 
zipfel bis zur Brusthöhe 
hinaufgezogen ist. Die 
sehr schlank abfallen- 
den schmalen .Schultern, 
welche durch die lan- 
gen Haarflechten eine 
Art von Hintergrund 
erhalten, machen einen 

zarten jungfräulichen 
Eindruck in Verbin- 
dung mit dem leise ge- 
neigten Haupt, welches, 
von Locken lieblich ein- 
gerahmt, durch die nie- 
drige Zackenkrone mit ihrem kräftigen Perlstab 
einen guten .Abschlufs erhält Die langen, un- 




ganzc Figürchen aus- 
zeichnet als das Pro- 
dukt eines durchaus tüch- 
tigen niederrheinischen 

Goldschmiedes kurz 
nach der Mitte des XV. 
Jahrh. — Die unge- 
wöhnlich grofse Öffnung 
auf der Brust, welche 

eine Reliquienkapsel 
aufnehmen sollte, beruht 
in ihrer jetzigen Aus- 
dehnung und Formlosig- 
keit ohne Zweifel auf 
späterer Veränderung, 
könnte aber auch durch 
die Erweiterung einer 
kleineren Kapsel veran- 
lafst sein, denn die Ver- 
mutung spricht durch- 
aus dafür, da(s die Figur 
von Anfang an für die 
Bergimg der Reliquie 
einer hl. Jungfrau be- 
stimmt war, auf welche 
die Krone hinweist — 
Solche Reliquienfiguren 
waren besonders in den 

letzten Jahrhunderten 
des Mittelalters sehr be- 
liebt, sei es, um der 
Privatandacht zu die- 
nen, sei es, was zumeist 
der Fall war, um bei feier- 
lichen Gelegenheiten 
auf dem Altare zu para- 
dieren, als .Ausstattung 
des Retabels, oder auch in freier Aufstellung. 
Die Nachahmung dieses schönen Gebrauches ist 



gemein sorgsam ausgeführten Haare hangen ' sehr zu empfehlen. 



SchnUtgen. 



'ci' — '-y 



Google 



4» 



1M3. — ZBnSCaUn VOS CHBISniCilB SOMST — Hr. 2. 



»0 



Holzkirchen in Deutschland. 



ährend die Römer in Deutsrhland 
Paläste ihrer Grofwn, Tempel ihrer 
GMter imd Lagerriliinie ihrer Sol» 
daten aus Ziegel oder Haustein 
erbauten, cimmerteD die Gallier und die 
Deutschen ihren Götzen Tempel «in Holz. 
Der h. Gallus ftnd im V. Jahrb. ein«! grofsen 
heidnischen Tempel aus Holz zu Cöln, M der 
h. Otto von Bamberg noch 1124 einen ähn* 
licheD tu Stettin.*) Beide Gebiude «iren mit 

reichem Schnitzwerk ausgestattet Des letzteren 
Wände aber mit stark vortretenden bemalten 
Gestalten versehen, die so natnrwabr wirkten, 
dafe sie zu leben schienen. Die Pommern er- 
klarten sich bereit, ihr hochangesehenes Heilig- 
tum tn ein christliches (lOtteshaus umzuwan- 
delb, dodi wies der h. Otto dteaes Anerbieten 
als zu gefährlich ab und lief? da<? Ganze durch 
Feuer zerstören. Auch die im Dreieck erbaute, 
sm Meere lief ende Stadt Retbra im Mecklen- 
burgischen besafs im XI. Jahrb. einen berühmten 
Holztempel. Seine Hauptfeiler ruhten auf 
Herfaömern, die Wände trugen nach aufsen 
hin geschnitzte Bilder von Göttern und Gut tinnen, 
das Innere aber umsrlilofs Standbilder der mit 
Helmen und Panzern bekleideten grofsen Götter, 
neben denen die Kriegsfidmen des Volkes 
aufgestellt waren. tTni die Rtadt und den 
Tempel dehnte sich ein heiiger Hain au-s.*) 

Bekannt ist der Eifer, womit die Deutschen 
hdlige Hsinc imd Blume rerehrten tind die 
Strenge, womit die Glaubensboten gegen hoch- 
gehaltene Baumriesen und uralte Wälder vor- 
angingen.*) 

Wie die Tempel waren auch die Wohnungen 
der alten Einwohner Galliens und Germaniens 
ans Banmstämmen, Ästen, Brettern und Fach- 



werk errichtet. Man begnügte sich um so 
lieber mit HoUbauten, weil einerseits Wälder 
in Oberflnfs Torhanden, Ziegel oder Hausteine 
dagegen nur mit Mühe herbci/uschaflfen waren, 
die Handwerker aber anderseits besonderes 
Geschick in Bearbeitung des Holzes besafsen 
und darum den landesüblichen Bauten durch 
Schnitzereien den reichsten SclitnucJt /.ii verleihen 
verstanden, den sie wohl durch Farben hoben.») 
Betont doeh selbst der rOmisch gebildete 
Venantiiis Fortimatus, Risrhof von Poitiers, 
noch am Ende des VI. Jahrh., die neue Wohnung 
eines seiner Freunde sei freilich nur aus Holt 
gezimmert, ersetze aber durch Schmuck die 
Ftrsti:T^-:e't eines Steinliaues. *) Gregor erzahlt 
sogar, sein Vorgänger auf deniäiuhle von Tours, 
Leo am „ein eifriger Bischof und ein im Hola» 
bau erfahrener Mann" gewesen. Immer wieder 
wird auf Gregors Bericht hingewiesen, Meroveus, 
der Sohn des Königs Chilperich, sei mit der 
ihm eben angetrauten Brunehild tu Ronen in 
eine dicht bei der Stadtmauer aus Holz erbaute 
Martinskirche geflohen. Dann wird daraus ge> 
schlössen, die Kirchen bedeutender SUdte 
i seien damals nicht aus Stein gewesen. Als 
Holzkirchen nennt Gregor weiterhin eine 
kleine Kapelle des Maitjrrers Satnmin in einem 
Dorfe bei Avignon und die Kirche des h. Sym- 
phorian zu Autun.') Zu seiner Zeit dürften 
fast alle Landkirchen und auch cinsebie kleinere 
Heiligtümer inaerhalb der Städte noch von 
Hols erbaut geiresen sein.*) Ronen besafs 



Gregor, Tnr., Liber vilae palnat 8, Moa.G«m. 
SS. renim MerovinK. I, ß8l. 

>) Viru s Oiiooi« II, 82 «fr. II> 80, III. 7. Me«. 
Gera. Sü. XII, 7B3 t. 

*) TkietmsTi, Chroaleon VI, 17, llan. Genn. 
88. III. 812. 

^ Nordhoff »Der Holz, und SteinbauWedfalent« 
(Mander, Kegensburc 1873). S. .M f. S. Elig.. Semio 
■d pMicm: Arborcs, quat »acriva« (»acrot) vocant, 
Mcddits padoai ahntttadine», quat in hink poimt, 
totsusle, flt aU iBfeactitw, Ikbc crenirtt. Higae, 
PuroL Itt. XL, I1T3, LXXXVU, SS8. 
supfr»titioiiiiiu : De ligiiuK pedibus »el 
gano rttn. Moa. Genn. Lcges 1, '^0. 



») Socraics, Hislona cccl VII. 80, Mipnc .Patrol. 
gnec.' LXVII Geni m barbara traoi Humen RheMm 
«edcs haben«, «onui qnl Buigsadioiies «ocaalur. Hi 
vitan ipMnm at a asfodis aüsnu daaml, qjSippa 
omMB fare nmt fabrt lignarii tl «x hac Hie 
mercedem capiente*, »eineliptos alanl. Andere Nach- 
w«i«« b« Ltndcnachntt »Uaadbuch der deoiichen 
AUntaaakaade« I, 48» od bll 1 

*) CarmiM IX. 15. MoD.Garat. ABCt.aali4m.lV,219. 
Cede pamm pariet lapidoao ftrocte melallo 

ar'.cficis mctitü prnefrKJ ligiia libi. 
.•Veliicta moie >ua tabulata palatm (iuluuit, 

quo nequc rima patel, coniohdante manu 
Quidqwd auai MbJo. cakcs, «rgiUi tueatttr, 

tingub Mira tvnm» «edifieavii «put. 
Altior itinriiior quadraiaque porticas anbit 
et Bciilpturata lusit in arte faber. 
■'i Hiüioria III, |7; V, 2; Liber in gloria marijr. 
mm 47, Til. Mon. Geim. 1. 126, 192, 521, &24. 
•) KevM hntociqM LXIU (1897) 1 a. 



Digiti^uu Ly üoü 



5i 



jedoch damab anfier jener eben genannten 
Kirche aus Holz auch stattliche Steinbauten*) 
und die Kathedralen Galliens; werden aimahinslos 
aus Stein errichtet gewesen sein. 

Als klcme. nach ertaute Landldichen sntd 

dir- vielen hölzernen Kapellen /,n bezeichnen, 
welche der b. WilUbrod errichtete und in deren 
AttRre er nh VorBdie ReliquieD des h. Clemeoa 
barg, dessen Namen sie darum trugen. Um 
Notbauten aos Holz handelt es sich auch in 
einem Briefe, worin der h. Bonifatius sich 75ö 
beim Fla|Mte wegen Verapfttong teinca Antwort- 
schreibens damit entschuldigt, dafs er mehr als 
dreifsig von den Heiden verstörte Kirchen 
wiederhenastdlen gehabt habe. '*) Ala dcfselbe 
Heilige die Donnereiche gefallt hatten simoerte er 
sogleich aits deren Stamm ein Betbaus zu Ehren 
des h. Petrus.") Wie die von ihm la FriuUr 
und Amoenebnrg errichteteo Kapelle»^ war 
auch die vom h. Ludgerus 776 zu Deventi— 
geweihte Kirche aus Holz. Sie ruhte auf Balken 
und hatte eio&dte BreRerwtode."') 

Stellt man noch heute nicht nur Notkirdien, 
sondern auch Festhallen aus Holz rasch hin, so 
darf man sich nicht wimdem, dafs im Jahre 
1184 xnr Feier einet glinaedden Reichstages 
bei Mainz auf einer Insel eine grofse Halle 
und eine Kapelle aus Holz errichtet wurden.'*) 
Im folgenden Jahrhundert begnügten sich die 
PredigermOnclie 1229 au Erfurt, 1288 zu 
Zopfingen, 1310 und 1331 zu Dortmund, ihre 
Niederlassung mit Erbauung einer hölzernen 
Kapelle so b^nneo and bewieaen dadvrcb, 
wie allgemein es war, hei neuen GrflndUngCtl 
mit Holzbauten anzufangen.'**) 

Oft wurden hfilxerae Bauten durch Liebe 
zur Armut veranlafst. Sie bewog die schoi- 
ti*;chen Mönche bis tief ins X!I. Jahrh. an der 
Sitte ihrer Heimat und der Übung strenger 
Eotbehnmge» so sehr festzuhalten, dafs sie rieb 

bei Kirchenbaiiten auch in Deutschland mit 
Mauern aus Fachwerk begnügten und sagten: 

*'i Cochct .I.:t .Seine inftfteMri (Furia IfiW) 
p. lol>. IM, Hl Note I. 

■«) J«ff< •Bibliotheea« tp. 106. Iii, 9B». 
») Vita «, I. c p. 4b2. 

**) AeecleiiM Domiao fabncavii I. c. p. 45ö. 
") ViU a. Ladgwl U, Mon. Gm. SS. Ii, 406w 
'*) SehDaidar »Dar Dum «« Hilni« S. Xin 

AniD. 25. 

'♦») AnnaJes Colmar, naj,, Koo. Germ. XVH. 21.'.; 
Nardli«ff >D«rHol(.a4Stdab«Hi WcMfaleat* 84. 



5t 



„Wir snd Schotten, keine GtlUer." Siebclblgtan 

das Bdspiel des Bisch ofes Finan von Lindisfiim, 
welcher im Jahre 652 ,,nach schottischfr Sitte" 
eine Kathedrale aus zersagten Stämmen auf- 
fthrte und dieselbe mit Sdalf dedcen Hdk 
Bischof Earlhert befahl später nur, dies Schilf 
zu entfernen und das Dach sowie die Winde 
mit Bleiplatten an belegen. 

Seine Pikten nannten das Kloster dei 
h. Columba Dearmach. d. h, „Menge der Stäm- 
me*', weil es nur aus Holz gezimmert war, 
dag^ die Gnblüdie des aus Rom ala Gla»' 
bensbote gekommenen h. Bi-rVi-^fe- Nynia ,,das 
weili^ Haus", weil sie in einer den Briten un- 
gewohnter Wdie am Stdn bestand.*^ 

Ala dementsprechend der h. Firmin auf der 
Reicheiuu gegen Ende des V. Jahrh. die erste 
christliche Kapelle der Gottesmutter widmete, 
benotzte er zu deren Herstellung gesittete 
Ziveige, welche er mit Kalk (Lehm?) überzog.") 
Dafs die 1031 geweihte hölzerne Scbottenkirdie 
St. Thomas zu Strafsburg nach einem Brande 
1144 in Holz erneuert und erst 1273 in Stein 
errichtet ward, ist ein Beweis fiir die Zähigkeit, 
womit die Schotten in i>cutschland an ihrer 
heimischett Sitte Icathielten.**) Noch der 
h. Bernhard von Clairveaux erzählt, Abt Mala- 
chias; ff 1 1 48) habe im Zeitraum weniger Tage 
aus geglätteten Planken eine Kapelle in aefaot» 
tischer Art fertiggestellt.") 

Wie scho(tis( he Mönche w.thrend der ersten 
Hälfte des Mittelalters im Süden Deutschlands 
wirirten, so bekehrten wihrend der zweiten 
Hälfte tapfere Ritter den Norden. Sit- führten 
in Westpreufcen in Städten und Burgen ihre 
Gotteshäuser in Stein a«C Man begnügte «ich 
aber dort lUr Landkircben bis in die neuere Zeit 
mit Holzbauten, welche ntir den dringendsten 
Anforderungen gerecht wurden. Sie „zeigen 

I*) ViBMiiL Bdlov. Spae. iV. üb. 27 c. 120 pag. 
1138: Kresser »Itor ehrislKdi* Kircbenbaii«. 

•J Aufl., Pullet (KfgeiubnrK 1860) I, .379. 

Beda. tiiMuria UI, 1. 25. Migne. Pal. tat. 
XCV, 121, l'.H; Kreu»er .Kirchenb«u. 2. Aufl. 
867 f. Obw andei« HoJakiicfacn Montalembert 
•Die MOodic« UI. 1fi2,4ft«i Greith, >Ge«chiclile 
der alttrischen Kirchen. 187 U Nordhoff »Dw 
HoU- aiid Steiabau We»tfalen«« 57 f. U. ■, w, 

"'') ViU 1. Pinnini anliquior c. 11; QueBsSiAliltM 
Ittr Kumtgeichichte N. Folge IV, U7 f. 

<") Otte »KuDstarchäologie« &. AvfLI, 32 Aaa.t. 

■«) Viia Matachiae c. ö et 88^ Mitos* Pstrsl.lat. 
CLXXXU, \<m et 1110. 



1903. — ZETraCaUFT FOK CanSTUCBB KUNST — M.«. 



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1903. — ZEITSCHRIFT FOR CHRISTUCHB KUNST — Nr. 



Sämtlich dasselbe Plaoschema, eioen recht« 
eddfen Raum filr die Gemebide ta VerbiDding 

mit einem polygen geschlossenen Altarhause 
und einer Vorhalle im Westen, über der sich 
bei eiatgen Kudien «in «iedrifer Tormbau 
in Bindwerk erhebt^ di« flbr^en tragen über 
dem Westgiebel nur einen kleinen Dachreiter. 
Einige dieser Kirchen besitzen in dem Winkel 
cirisehea GcaMiadefnai and AHaihaw noch 
niedrige Anbauten, von denen einer als Sakristei 
dient, bö den übrigen ist dieselbe hinter dem 
Hoehaltafe tinteigeln«eht; die Glocken hängen 
zumeist in niedrigen, abseits stehenden Holz- 
tUrmeo. Im Äulsem sind sämtliche Holz- 
kirdien des beneren Schntiea wegen mit rauhen 
Bretteni bekleidet, im Innern ist das Schurzholz 
sichtbar; r\\f Decken sind teils als Balken- 
decken, theils als flache Holztonnen ausgebildet; 
Sdunockfonnen linden lieb weder im Innern 
roch im Äufsern dieser Kirchen, die lediglich 
als BedUrfiiisbaaten zu bezeichnen sind."***) 
Rddi an nadunitteblterlichen Holdcircben 
ist Schlesien. Bei^ielsweise fanden sich in den 
zwölf Archipresbyteraten des ArchidiakoMtes 
Oppeln im Jahre 16B7: 

Steinerne GotteiMlifer: 
8, 18, «, ^ 14. 1, 6. 3, 16, 16» 8» 7. 

ScbrothoUkirchen : 
98. 10, 11». la 88, 18, 44» 18. 4, 9, 18, 2. 
„Die Schrotholzkirchen sind für die Physiog- 
nomie des Landes wesentlich. Meist in freund- 
licher Umgebtmg, von linden und RtMera, 
tarn Teil prachtvoll eatwickdlen Exemplaren, 
timschattet, bilden sie den schönsten ^f ittelpunkt 
der von Laubkronen eingeschlossenen, deutsch 
angelegten, von Polen facwobntien DOrfer» vom 
Getriebe des Straisenlärros geschieden, eine 
einsehe Welt fllr sich, g«u angepsist der 
schlidiien Art der nicht anbegabten aber an- 
L i t wickelten Dorfinsassen der oberschlesischen 
1 i;, IschaA, ein Seitenstück au dem hier noch 
gern gepflegten Volkslied." 

Dia Hobioitben beitelien in der Regel aus 
drei .Abschnitten, dem geböschten, bretterbc- 
klddeten Facbwerksturm, dem Langhause und 
dem nach drei Seiten de* AchteclEes oder 
Sechseckes geschlossenen, meist eingezogenem 
Cbore. Jeder Bauteil liegt meist ttnter einem 
besonderen Dache. Viel&che Anbanten unter 

^ Ban- und KaDstdenkmiler der Provinz West- 

preoften, (Danzig, Kafcmann) II, :^2;'i f. I, 9, 

n, 1&3. 260. 306; U. 99, 466, 001; III. 0. 



Schleppdlchem verstarken den malerischen 
Eindruck. Wall&hTtsktrchen aind von HaHea 

umgeben, die zum Schutze der Pilpjer dienen. 
In (>rofs- Döhren ist die Westhalle sogar zwei« 
geschossig. 

Im Innern ist die Decke gerade oder alt 
Tonne gebildet, oline Gliederung, nur ist zu- 
weilen der an die Lmfassungswandcnanstofsende 
Deckentiil «agerecbt fehalten. 

Die gegen den Chor geöfftiete Ostwand de« 
Langhaoses ist gewöhnlich etwa 2 m unter der 
Decke darch einen Ankerbanten verstetfk, der 
als Triumphbalken dient und ein Knizifix tragt. 
Er, die Stützen der Eroporen und die TUr* 
gewlnde sind die einzigen Stellen, an denen 
spttriiches Schniuwerk sieb findet Ober daa 
XVI. Jahrh. reichen die ältesten uns erhaltenen 
Hotxkircben Schlesiens nicht hinauf.*') Auch 
Btthaaen, Mlhrea und Galinen ahid ultHols» 
kirchen übersät, deren Typtis mit den der 
norw^schcn im wesentlichen Ubereinstimmt, 
Reine der voihandenen scheint nodi am dem 
Mittehdter xu ■tamineo.'*) 

Nachdem im vorstehenden das Wichtigste 
aosammengestellt ist. was die Quellen Uber 
lltere deutsche Holzkirchen melden, müssen 
einige in den Kun<;tgeschichten mehr oder 
weniger hau<ig wiederholten Nachrichten Uber 
solche Kirchen beriditigt werden. Wie vor- 
sichtig man beim Gebrauche alter Quellen in 
Verwertung von Nachrichten über Bautätigkeit 
sein mnlä, Idiit eine Av&ereng des Biadiofes 
Audoen von Rotten (f 688). Er meldet nämlich 
das Kloster Solignac sei durch eine runde 
„Mauer" umschlossen gewesen. Liest man 
aber weftar, ao cdkhrt man, dieae Maner habe 
nicht aus Steinen bestanden, aondam ana einem 
Graben und einer Wallhecke.**) 

") Vcfsekhus der Koottdepkaill«» der Provws 
ScfalHlai II. 2»4. »LS f.; lU. 178. 880; IV. », 801. 
**) MitteUaiigen der k. k. Zentral-KoaimUiioD I 

(\Hf>9) 246 f ; in (t«6ft> 85 f.; VI S. XXVI f., 
LXXI, LXXXIX, CXLV; XS. CXXXIlf.; Xll, 1 f.; 
XIV, 227 fi XVU, 251, Mi; XVUI, Q8i XX, 
123 f.; XXIU, 168 t, m Vtrgl. Otte >Kimit. 
ArchSologiet fi. AoH. I, 31 f , 71; Liebold >CMe 
miuelalterKcbe Hnljarchitektur in Niederaachten«, 
(Halle I8'4); Bötilchcr >Dic iioliarchKektnr de* 
Mittelalter««. Ernit und Korn ^bettin IBäti) ; C.lad. 
bach »Der schweizer Holibaa < (Ztlrich 18M:i): 
Cuiio nnd Sckafar »HokweUtddw vom XIV. Ü» 
XVIU. Jakrii.«, Bcrlte ik ■. w. 

>«) Vita t. Eligii c. 10, Migne LXXXVII. 49 i 
Ambitar «erolinoM«t«riaiii)i{>haertco anro, non q«id«iii 



1903. — ZBITSCHBirr FÜR CHUSTUCflB KUNST 



— llr.S. 



»6 



m»Cg wM enllilt BnliiMbor Willigis luAw 

iin Jahre 090 zu Mainz fir. ' Stephanskirrhs 
aus Holz erbaut**) Wahr ist nur, dtfs damals 
dn Jener Kirche tiberwieaeites Gotteshao« im 
Taunus, also in waldreicher und abgelegener 
Gegend, aus Holz gezimmert wurde. Trotzdem 
ward dasselbe bereits 1043 durch einen Stein- 
biu ersetzt.") 

Oft wird darauf hingewiesen, zti Michelstadt 
im Odenwald, welches Ludwig der Fromme 
dem Ebbiit durch Urkoi^cn vom Jahre 661 
schenkte, habe sich damals nur eine hölzerne 
Kapelle befunden. Man Ubenab, dafs der Ort 
in eioer abgelegenen, waidrädien Gegend lag, 
da& Lodwig b dendben Urkunde eine am 
Main gelegene steinerne Kapelle erwähnt und 
dads Elinhart alsogleich an Stelle jenes hölzernen 
GottediMttet eine Baaililta ans Stein errichten 
lida.**) 

Zu Wurzburg soU erst Bischof Gotfried 
(f 1189) eeme Domkirche in Stdn heigestdlt 

haben.*') In Wirklichkeit errichtete bereits 
Bischof Bnmo 746 daselbst eine Kathedrale 
all« Stein, die nach und nach umgebaut und 
erweitert wurde. **| 

Zum Jahre 1005 erzahlt Mabillon, Abt 
Airard von Rheims habe bemerkt, allerorts in 
Gallien «ntsMaden neoc Kirchen. Er habe 

sich danim entschlossen, auch seinerseits ein 
neues Gotteshaus zu errichten, und erfahrene 
BaulcDte herangezogen, wddie begannen, ihm 
einen Tempel aus Quadersteinen aufzu- 
Rihren.**; Srlmaaw**) schliefst daraus : „Noch 
am Anfange des XI. Jahrh. scheint die Anlage 
■tdnemer Kirchen im nördlichen Frankreich 
die A'isnihme gebildet zu haben, da man 
sie besonderer Erwähnung wUrdig hielt" In 
der Qadle ist Jedodi nur betont, der Abt habe 

lapideo te<l fi>t»ntaai &ep« manilum, «ieceiu feie sla- 
dioram haben» >.piiiinm in circoitn. 

«) Nordhoff >HaU. nnd StctnlMUK 71; 
Schnaaie »Geschieh«* dar K RIhm«. S. AifL 
IV, 308; Ott« >R»m. BudnuMt« ISS. 

>■) Sclititttder «Der Dom ta Uaiasa 8. VI 
Anm. 14 ti. .', S. XI. V Aimi. fi^^ n .;, 

«•) Moo. Germ. i>ü. XXi. 3W. 
.Vordhoff 71. 

") Niedermaycr »KwulccMlitehte der Sudt 
WUnborg« S 14C: ViuS.]iaKhardie. 7, Mabillon, 
•Acta SS < III, T; QuelicaachriflcB sor Kaastfa. 
«chichl«' N. Kolgc IV, laj. 

») MubUlon >Aanales< IV, 1K4. 

*o) Schaaase >G«aduehte der b, KtUMe« 
t. Aufl. IV, 504. 



I mit Quadentdnen (dehl mit Braehildnen) 

arbeiten lassen. Schnaase selbst erklärt bei 
einer ähnlichen auf St. Michael in Bamberg 
, bezUgUdien Ai^be^ tm der man*^) entnehmen 

wollte, vor 1189 sei deren Bau nur aus Holl 
gewesen, eine solche Folgerung sei irrig. 

Wie Bauten aus Holz neben solchen aus 
Stein, M mtrden Kirchen ans Ziegeln, Tuff- 
oder Brachsteinen neben solchen aus Quadern 
micbtet. Aus der Nachricht eines Chronisten : 
„Er baute dne Kirche Stdn, aas Quadern, 
aus Stammen oder aus Holz", darf man do 
nicht immer schliefsen, damit solle etwas 
Aufsergewöhnlicbes gemddet werden. Auch die 

I Ortmameo MHoldcireheo'* oder wStelnkirehen*' 
bfwe: I !i nirht so viel fUr unsere Fra^'e, wie 

I oft vorgegeben wiirde. Neumanns Orts- Lexikon 

I de* dentsdien Rdche« (8. AnfL 1994^ enthllt 
so viele mit „Holz" zusammengesetzte Orts- 
namen, dafs es beweist, der Name „Holzkirchen" 

' könne nicht nur ein aus Stammen oder Brettern 
gezimniertes, sondern aneh ein im Holze, d. h. 

I im Walde liegendes Gotteshatta aus Stein be- 
zeichnen. Jenes Lexikon nennt sieben kleine 
Ortei, die „HoUkirch" oder „Hobkirehen''. df 
die „Steinkirch" oder„?teinkirchen"heirsen. Dem- 

' nach könnte man nach Belieben aus diesen Na- 
men auf das VorhenKhen der einen oder an- 
deren Bauart schlieTsei». Mit Recht lafst siditMV 
folgern, an kleinem, auf dem I-ande gelegenen 
Wohnorten, denen viel Holz und vielleicht 
wenig Stein sor VerfOgong stand, habe ca 
lange gedauert, bi> der Holzbau dem Steinban 
ganzlich gewichen sei. Das gilt natürlich ftlr 
die erat durch Karl d. Gr. lum Ghriatentom 
bekehrten Lande der Westütlen und Sachsen. 
Trotzdem erhielten dort die Klöster Fulda, 
Corvei, Herford, Werden und Essen sehr früh 
statt der ersten aus Holz bestehenden Wohnungen 
und Kapellen stattliche Gebäude aus Stein. 

Ebenso ging es dort mit den Kathe- 
dralen. Freilich erbaute im Jahre 976 Biacbof 

Bruno von Vreden seine Kirche aus Hol^ 
weil Stein ihm fehlte. Dorh suchte er diesen 
Mangel durch Gröfse und Pracht zu ersetzen. 
Aber berdis 1004 flthrte »dn Itedifolger Ben- 

harius daselbst einen hr-hen Kirchturm aus 
Stein tiaf, welcher allgemeines Aufsehen er- 

") Hurler »Geicbichte iDDOceni III«, tV, 660; 
Krauser •Dombrtefe« SchüMse •.«.(>• 

IV. 408 Ana. 



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»7 1908. — 2Bnrscmarr fOk chustuchb kumst — «t. 2. & 



itfte.**) Zu Bfemeo entfenue beraitt Bbehof 

Willerik (f 837) den von seinem Vorgänger, 
dem h. Willebard, etncbteten böUernen Dom 
»Toa wniidtrbMcr ScbOnbeit", um ein MUnater 
«inbaMeVCin Stoffe au&uroauern.^) Die Bischöfe 
von Münster, Osnabrück und Paderborn besafsen 
bereits in der ersten Hälfte des IX. Jahrlt. aus 
Steb crbattte Dornt. Dtft ne wkh ttr Land- 
kirch of* mit Holzbauten h^nUgten, beweist 
das Vorgeben des Bischöfe« Benno von Osna- 
brilek Obgleidi dieser ntnlidi im Steinbav 
•o erfahren wrir, dafs man ihn nach Speier 
berief um die Fnndameote des dortigen Domes 
gegen die Flöten des RiidDes sa schfltzen, 
errichtete er 1068 auf der Iburg zum Beginn 
einer Klostersliftung eine höl'prrp Kapelle. 
Bald loigte freilich eine grofsartige K.irche aus 
Stein. In Minsler cnicbteie man mn 1170 
auf dem Piatyp, .vn sich jetxt St Ludgeri er- 
htbt, eine Kapelle aus Hok, die jedoch einen 
io iconen Bestand Ixtte^ da6 berdts 1185 das 
jetzige Gottesbaus seiner Vollendung entgegen- 
ging.") Im Jahre 1S94 siedelten R^ularkano- 
niker sich im Bentbeimischen su Frenswegen 
an, um 1400 erbauten sie eine Holzkirche, 
1442 lie&en sie cm steinernes Gotteslisns 
weihen. 

Alkforti taten KlOster tmd Kapitel, Stidte 

und selbst reichere Dörfer alles, um möglichst 
bald zu einer aus Stein errichteten ICirche tu 
gelangen. Sie stdIteB lidi durda eine soldie 
in Gegcnsats au den Hoden, deren Tempel 
aus Holz waren, schlössen sich der römischen 
Sitte enger aj^ legten einen Beweis höherer 
Bildimg ab and schätzten sich vor Feners- 
brünsten, die um so gefahrdrohender wurden, 
je mehr Kerzen, Lampen und Rauchfässer 
man damats bei der Fder des Gottesdienstes 

verwendete. Bemerkenswert ist in ilieser 
Hinsicht eine freilich erst am Ende da 
XIL Jahrb. tii%esdchnete Aufierang Reinen 
VOQ Lflttkfa, wddier eine römische Kirche des 
h. Laurentius lobt, weil in ihr weder Wände, 
noch Balken noch sonst etwas von Holz sei 
und beKMgts »die ROmer fllKi^Mn sich vor 
häufigen Fenersbrtinsten und wollten densdbcn 
dort keinerlei Nafarang bieten."**) 

») Thietmarl, Chron. II, 31. Vit, 22, llo& 

Germ. SS. III, 753, 846. 

Adami Getta HammiburgeMÜ «cd. pontificuni 
1, ^, cfr. Ui Vite S. WUkba4i c. 9. s., Moa. Uem. 
SS. VII, 206. Ol; II, «68. 



Eine 690 vom h. Ufsmsr au Aldenbtifg in 

Flandern gegrün Irtr ' ilzerne Kirche wieherst 
1056 einer steinernen,**) su Utrecht trat 950 
eine Stetnkirdie an Stdie der ans Hols er- 
richteten. An hundert Jahre früher (855) weihte 
Bischof Franko zu Alteneyck an der Maass 
zwischen Maestricht und Roermond, eine 
steinerne Kirche, weil die hölzerne in Trümmer 
zerfallen war."} Zu Egmond bei Harlem er- 
baute Graf Theodortch L, ein Zeitgenosse 
Karls des Ein fl ütfgen, den Benediktinern ein 
Klosler aus Holz. Doch wurde dasselbe gleich 
nachher unter den Augen seines Sohnes 
Tbeodorich TL in Stein umgebaut Wie Hot^ 
bauten bei N'eiigründungen zum Notbdielf 
errichtet wurden und bald festen Sleinbauten 
weichen motsten, zeigt in Süddeutschland das 
von Heriog Tassilo to Osteneich geatiikete 
Kloster Kremsmünster, dessen hölzernes fiottes- 
haua bald in Stein neu angeführt ward.'*) 
Londi «rarde 76i als Hobban begonnen md 
zwanzig Jahre spater in Stein erneuert.**) 

Zu Lippoldsberg in Hessen setzte man da- 
gegen erst im Jahre 1078 eine steinerne Basilika 
an die Stelle der hölzernen.**) Kirche und 
Kloster zu Weifsenau bei Ravensburg wurden 
noch 114S aus Holz gezimmert .Aber diese 
Notbanten wichen bereits UM besseren.^) 
Auch die hölzerne Kapelle, worin Markgraf 
Ottokar VIL im Jahre 1168 ein aus dem hei- 
ligen Lande mi^braehles Marisnbild der 
öffentlichen Verehrung ausstdli^ machte bald 
einer steinernen Platz.*** 

in Mersebuig warf ein Sturm eine unter 
Otto L enicbtcte Hokkircbe an Boden. ^ 
EralnBclMf Umvan (f 1090} von Bremen-Ham- 

") Nord hoff a. r. O. H2 f. 

**) Libclh» de »dveotii rtliqaianai, lloa, Gera. 

XX, B8a 

**) Tractatu i» Mcktta S. Petri Aldenbargeiwi e. 
b, 7, 10, Mon. Gem. SS. XV, 2 pag. 868 s. 

s') De SS. Ilerlind« et KmlMe e. 88, Ad» SS. 
2-2 Marl. III, 868. 

*) Da origine moDiateHi Cwnlineiiaia e. 9, Man, 
Ottrc. SS XXV. 641. 

**) Chronicon. Lanreshatnens«, Mon. Genn. S8. 

XXI. 3.')2. 

^'f Chronicoa Uppolubergenic, Mon. Germ. XX, 
548. 

••) HUlor. Angien». 1 s . Moti Germ XXIV, <5'.:? «. 
Mitleiluikj^en der k k. Zentral ■ Kommi«ion 

UI, 

Adarai Gcsu Hammabifciiti» eccL ponliL II, 
48, Mm. Gem. SS. VII, 82it. 



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fit 



1003. — ZEmcHRirr rOs camiSTuciiE kukst 



— Mr.S. 



60 



bui^ btate m dem Hobe lifWiiinrbw lUiie 

Kirchen, schon sein Nachfolger Bescelinns 
(f 1046) ersetzte aber die wichtigtte derselben 
dardi dnea Qotderbta.**) Die Kapelle Heb- 

richs IV. auf der Harzburg bei Goslar war<5 
freilich 1074 aus Holz errichtet; der Chronist 
sagt aber aoadrflcklich, dies sei geschehen, «eil 
man Eile gehabt hatie/^) Sie wtirde also 
bald einer besseren IMau gemacht haben. In 
Lübeck gründete 1 163 der Slaveobenog Heinrich 
do Stift; dem er an Elueo Marias md dea 
h Vi'mlaus vorläufig eine Holzkirche gab, 
welcher später ein festerer Bau folgte.^ 

AolMkad ist, daft der so Cttlii ans Stdo 
erbaute grofse Dom dar karoUngischen Periode 
sich lange mit etnevs bOlzemen Turme be- 
gnügen mufste.*^) ^neneicbt wollte die Burger- 
achaft ihaa ai» at r ateg i scheB Rücksichten keinen 
festeren zugestehen, weil er dicht bei der alten 
Stadtmauer auf einem Hügel lag. Erlaubten 
doch die Ordeikiriltar ia Pren6en vMAeh ibrea 
Städten ni lit l' i. Ran ^' nncrner Türme, deren 
man sich im Kriege gegen sie hätte bedienen 
kttnoM.'') 

Fafst man alles zusammen, so ergibt sich 
als ein Gnindgcsctz der kirchlichen Baukunst 
der Sau : „Holzbau ist oitf der Vorläufer des 
Stembanes." Holskirchen findet maii nicht im 
Zentrum der Kirche, sondern nur in der 
Peripherie, in den dem Christentum gewonnenen 

L. c. II, nH, pag, 831. 
«») Lamberl ad an. 1074, Mon. Germ. .SS. V, Jl 1 
Annale« Falidensei 12; Anna]« Magdebor- 
gentei »d »n. .Mon. Germ. SS. XVI, <(-', 192. 

NoU «. P«tri. Mao. Genn. SS. XVI, 784. 
Otte, >KnMSKhliiloflt« i^AOkU 71. 



Linder^ ala Voratnfe an ftsteiep Gotteshaaseni. 

Sie verschwinden mit dem Fortschreiten der 
Kultur vor den in römischer Art aus Zi^gdn 
oder Brucbstdoen, Tuffood Qoadeni enichteten 
Kirchen. Ansätze iii einem künstlersich ent- 
wickelten Holzstil lassen sich für das Mittelalter 
in Deutschland und seinen Nachbarländern, 
abgesehen von Schweden und Norwegen, kaum 
nachweisen. Sobald Geldmittel und Bildung 
in höherem Grade vorbanden waren und 
Icflasderiaclie Aosgestaltuig einer Kirche oder 

eines gröfseren Klosters erstrebt wurde, wandte 
man sich dem in Italien imd in allen älte- 
ren Kultnrllndero der Chiisteaheit flblidiea 
Steinbau zu. Die allgemeine, schon dnrdt 
die Sitten des Alten Bundes und der Heiden- 
welt geheiligte Gewohnheit, Aiiare aus Stein 
ZU erriditen, giqg ina Oirisieotiim Aber. 
Bildete aber der Altar naturgemäfs den Kern 
der Kirche^ so drängte er von selbst cur £r- 
ncktnttg von C eW a sl U Ba a ni ana SlauL 

Die in ältem und neuem KnnalgesdnGbten 
so häufig gebrachten Darlegungen über die 
Ausdehnung und Dauer des Holsbaties su 
kireliUdiem Gdtravclie wird man aaf eb be- 
scheidenes Mala herabsetzen müssen. T.iebe 
zur Wahrheit fordert, bei jedem der aus älteren 
Waken stanmenden Nadiweiae genan tiuu- 
sehen, ob es sich wirklich um Holzbauten 
handelte und zwar «m solche, die nicht blofs 
bei rasch entstandenem Verlangen nach Grün- 
dung neuer Kirchen eiostwdleB dienen sonten* 
sondern um dauernde und anfnedemtdknde 
Unternehmungen. 

Stephan B*iss«l 8.J. 



Nachrichten. 



Qemena FreÜMarr von Heerenum f. 

Am 1>3. Mira Minb nBarlb «b der Stätte Miomkiit- 
jährigen, ideales u4 «pliRTeiclieD Parlamenlitätigkeit 
der um die Kanstgeichichte seiner I leimatprovtiii, wie 
am die ErbaJtaiig ihrer Denkmäler hochverdiente, 
den erlut>eiiMen KnAiibetirebaogeii unermUdlich enge- 
wandtet ia des «eitcetis Krsisc» heehgtMhäitt« BAA 
mmt, dem «ascre •Zcileebrifl fär ekris^ 
liehe Kamt« BBtatchsag nod fortdauernde 
FArderung verdeakl. Auf «einen Rcf Terütni- 
mcllen «ich »u Born im S'irmi-.fr •.ihircichc 
Kunttfirennde, nod leinein Linilusie tit es in enter 
Linie beiznmeeien, dab echoa btüd oackher die Zeil- 
•chfift im Lebe» traten knonie, ah eeiiw GrODdug 



ihm geeduffenen >VcMi&iarF8td«raBgdarZellaelvlft* 



vad ■efarlMickea Verkehr mit dem Hereugebcr be- 
währte sich tein abgewogenes Urteil wie tein Weiler 
Kat, der bei aller Hesttmmtbeit in dcQ Gmndiltxen 
ilelt mabvoU laniete. — Seine »Mitteitengan Ober Ao- 
tap«odicn« in Bd. IV, Sp. 73—90 sM aw 
SpoiBtatndiHi hsrfetfftgaaiaB. üs dsna Flra^ i 
1882 Min Werk «Iber »Die äkcatea TsfUmafefeiea 
We«ifilen»< erschienen war. An den unaigen Er. 
•-1^ M der Soester Schule, dei Unpmngaortes der 
frühesten rafetgeiuSide, hatteu rich leine KonstanachaB. 
nngen genährt und geklärt, ihnen die weiche Richtting 
wd den hohen Zag dankend. Jl)» Weiae atwirirt 
•kh «Mar saiMiii VoUm Ehrt: nd sab N« 
ewig leben". BecL 87, fSd. 8eh«0tcev. 



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1003. — ZBITSCURIPT FOR CHRISTUCHB KUNST — Nr. 2. 



6> 



B ücher schau. 



MenofraplifcB 4»9 KBa«t(*v«rb«i. VHt. 

Elfenbeinptaxtik tf\t derRectistiiiice von 
Chritttao äcbecer. Mit 124 AbbiMungeu und 
etDer Tafel. (Prei* geb. !» Mk.) 

J« ligir Uihcr die Mckmhlekketlicha ElbiriMia. 
plaAik von d«r Fotidmiif vmaddlMigt wwdc, an 

so 'rirmer i>t diece Stndie tu begrUiben, die «.Is »ehr 
fruchtbar beteichnet werden darü, Niüieia aüO KOnsU 
lernancD hat der Verfauer aufgespürt und ta vielen 
dondbcB die Werke sacbgewicaea. Sie gehtocn iut 



4ifl diieMfidte Renaiataiice iw asf dieeea Gebide, 
hn KCfadeclen Gegeniaixe tn ilirer Vorreil, wenig 

produktiv, aL:h v.,ii mnulfri r Hrdrutung. I)e»tO be» 

deutumer war die Harociczeit, uicbt so sehr in 
baUra iumI Frankreich, ab in den Niederlanden 
ittdDe»t»ch)ft»d. Dafa gjenic die aiedetiliidiwhen 
BOdkettcr «ieh wieder des ElCnbein nweadtca, nag 
durch dessen leichtere Beschaffung, namentlich aber 
ilurch den Ton Rubent eingeführten dekorativen Stil 
mit teiDcm Kultus des Nackten veranlafst sein, fttr 
den Siraluor nad Firbong dauelbe beaondcn tmp- 
fekkn. Dfaeer OMMai iM ia VerWadaaff all der 
VaraaeUSasiguDg der Whiiaekea aad aiit d«r Pflege 
der ■ytbologitchen Stoffi» ra dem Vorlwmefaen der 
Nacktheiten gefUkrt, die auch in den Ülustrati -m 
dieie« Bache* «ich geltend machen. In den Nieder- 
landen traten die vier gruden Mciiter Duqaeanoy, 
Opetal, FaidlMrbe «ad «aa BotaaH in den Vorder- 
giaad, taDeatteUaadt Aagtbarg, NOraberg, Mflnehcn, 
tudanii GeiMingen tind Ulm. spSler Wien, auch Dre»- 
dcn, Cai»el, Kraiikfurt, Berlin, Brannachweig. Daniig, 
ond aus allen dieaen und noch manchen andern 
Stidtea wtiat der Verlaaier KUoatler henromtgendcr 
to ffdkr Zäkl aa^ - 
lie Spiaiaa liefern geriafera 
aad der Rdcliganf der Blfenbeinplaatilc ia de» twehea 
lUlfte dea XVllI. Jahrh. wird namentlich aof die 
Blute der PorxeUanplastik «arlickgcfilhrt. Erat am 
die Mine dca XIX. Jahrb. tümmt jene einen neuen 
Aabckwaaf, laanl ia Dieppc aad JPaiiii daaa aacb 
ia DeBtacUnd (Gcifritagea, Bibeeh, Dicedea). aber 
ihre kOnatleriache Emenerung, die eni in der aUer- 
jOngtten Zeil erfolgte, iit Ton Belgien anagegangen, 
bald nach Krankreich gelaogl, endhch nach Deutich- 
iand, ranSchat nach L>readea; ond die Verbasdung, in 
welche Etfenbeinfignren nenerdinga mit Edelmetall ge- 
biadit «aidea, Hellt fnwbtbai« Flet* 'n Aanicht. — 
Daa BaMleUaacibfld, wdchaa ia dieteu Beehe ge- 
boten wird, icl nen and feaseind, der /uüammeDhang, 
in den Alles, Nencres nnd Neacstcs gebracht werden, 
•ehr lehrreich, deim dafs in den »Monographien dei 
KaaatgawedMa« die noderaca ScbBpiaagea aicbi kw- 
iia vea Uma Vitt afe i a , «iid ihte ikbtife 



Leben aad Regel des heiligen Vaters Ben e. 
dt k Ins. Mit T'i Ittaatrallonen nAch Kompositionen 
dm llruronrr K □ i : i ichuir, II. Aufl. Herausgegeben 
won der Abtei Emaus in Prag. (Fieia geb. 4,!>0 Mk.) 
Dem Grunder dea Benedlkifaaraidaaa, dam ..Be» 
deaFiiadea«» kHUmm 



Bach gcwadit, «akbae flu damdh ab geeegaet ia 

»einer Per»on, in »einer Regel, in »einer NachkommcD- 
»chaft, und in dieser dreifuchen Hinticht behandelt 
ihn das Vorwort, welches ausklingt in eitvem Hjrmnns 
auf da* beilige Oflichrm, als das grolse Werk dieaer 
Mdacbe. DatLebeades hl. Vateri Beaediktat 
▼OB bL Pap«te Greg*' Otataas faiMat 
dca t Teil, wekbcr m 88 KapHda waadefbai« Ba. 
gebenheilen aus demselben erxihh. — Der II. Teil 
Mtbilt die Kegel de* hl. Vater* Benediktas, 
die in 73 Kapiteln dargestellt wird. — Teil* in Form 

dir?» Abbl'ldaacaa. «cfcbe lameiM des Wnd* 

gemilden Ton M. Cassino, Emaas und Benron ent- 
nommen, Tereinxett auf Gnutd besonderer Zeichnangen, 
das Leben des hl. Benedikt, oder Sienen aus dem 
Gebets, und Arbeitalcben der Benediktiner schüdcm, 
emsie aad streif aber iaaice aad fteaiga Dar> 

«II «arabiaelleti RemiafticateB aa die aiitlelalteilidMa 

Italiener, die ihi '. ai]^ meisten in dem bekannten 
Krenzignngsbüde widerbaXlen. i»o beftremdKch aancbe 
sind, sie wirken erbaulich und passea ia dw Ga- 
dankenkreis, den sie illnstricfca sallea. SchsStgaa. 



Jahrbaeh der bildcadaa Kaatt 190a. Unter 
IfitwUnaif TOB Dr. WoMaanr raa SridRia heraaa* 

gcgebenvon Max Marterateig. IT.Jahrgangf. 
Deutsche Jahrbuch» Cesellachaft m. b. H. BerKa. 
(Preis 8 Mk.) 

Oae gOBBt^ Votaa^ walehas ia Bd. XVh Spaita 
383f384 «bar dea LJahrgaaf diasea Jahrbacbs abga- 

geben werden durfte, verdient in noch hSberem Maf«e 
. der soeben erschienene II. Jahrgang, der eine nuch 
grofsere Antahl von Rubriken bietet, wie die ,, Bau- 
kunst", die ,, Kunst im Buchgewerbe", „der Kaiser 
aad die Kunst", ,,Muscumswc*en und Kunatflrdcraac" 
a.a.w. aach aock aMbr KaaatbeilaceB, nater 
deaea nelnef« variaglehe Via r fa r he a draeke, Dnplex- 

Aulotypieii und ganz «usgeieichnete HeliogravtlreB, 
daiu 7lj Texl.lIlustratioscD. — Die Verzeichnisse, 
welche dreispaltig geaeisi sind, kommen dem L Teil 
aa Umfaag ^eicb aad aeigea ttberatt die erglaiiaada 
nad whe i i ei ada Haad, ao dab aia fbr die OrieMie- 
rang nuf dem Gebiete des Kaaalsdialfeas unserer 
Ta^^e von grofsen Werte sind, nalVrllcb bestlndiger 
V'ervollküinmnuag tthig, tu der es von seilen des 
höchst betriebsamen Herausgebers an Anregung nicht 
fehlt. iSei der ob)ektiven vornehmen Haltung dieses 
Jahrbacbs, bei eeiaeai rcscbea labalt and aeiaer aiasler- 
hallen Aaiislattaag kaaa tbai dat Erfolg aichl faUeOt 
troll aDar Koakanaoa. R. 



Dia rheinische und die wesifflische Kaaat 
aaf dar kaaathisterlsebeB Aasstallaaf sa 
Dftaselderf 1902 von Paal Clesaa. & A. 

Seemann, Leipzig 1003, (Preis 4 Mk.) 
Dieser erweiterte Soitderdrock aas der »Zeitschrift 
fOr bildende Kunst« •mfa&t 47 Seiten, die mit i:. 
Ai>bUdaBfca gescbatfickt «ad, 4 autotjqpische Tafebi 
aad siBBB Faibeadiach. Die Ilhtstraiionen sind fe> 



Digiti^uu Ly üoo 



1003. — ZEITSCHRIFT FÜR CURISTUCHB KUNST — Nr. S. 



64 



an deren Hand Tom Verfuter vor^lragen wird, in 
feappuur Gt appi ^n w n, Icbcadifcr ScUldan^, itl 
mIv aMitead «od inunldiT, ao dtfc dien Üttrafiicbt 

Fnicbt der kuotthistorischen Aoatlenung neben Aer 
irar etwas knapperen von Renard (im III. AussicIIung«. 
beft der »RbeinJande« , Verlag von Hager, bi« auf 
weilere» den ersten Plan in Anspruch nebmeo darf. 
Sie will keinen Oberblick bieten fbcr die ausgestellten 
Seblue, MBdan biolii di* baraMnignidttm denelim 
mrfMiraD, BUBemleh httatrait ne de» beiden weeU 
liiheti Praviriien eniktainmcD und den Tier Gruppen 
der i'iiultk (.beiunden der mODiunentaJen), der Cotd- 
schmiedekunst mit dem Email, der Textilkunst und 
der MemDBCMeiaielcrai engehOMn. N«r die bedew- 
eemlen Gcgcaellnde dfaier Ginppen, imden ka Zn> 
eaninienhanee besprocben (m dab alio di« in der 
»Zeitschrift filr christliche Kirnst« abgebildeten and 
beschriebenen Objekte, iii dem vorliegenden Hefte 
bereits die Zaiil voa 2M beiw. 45 erreichend, durch- 
weg weniger glinxend, aber doch recht lehrreich, ab 
tim Art TO« Ergiataoic beieichBet wctdea dttrfen). 
In raiehareni Habe Ist die Literatur berangetogen, 
als es sonst in solchen Berichten wohl ilblich lü, 
▼ielleicht in der Absicht, dea Fortschritt 4er Fortchtuig 
ktindzui^eben, an welcher der Verfasser sehr nahe be> 
teiligt ist. Mancberki AtUklitaacea bat lie n «er- 
aaicbaaa, dia Aac«|n»c gabotan w «elterca Ualcr- 
M^anfan, die «ob e in rt i o en Gdehrteo fottgeftihrt 
and auf die VcrglefehaKafenMinde in andern Samm- 
lungen ausgedelint, völlige Klarheit in Aussicht stellen. 
Die Wand^emUde de« X. bis XVI., die plastischen 
Eneȣni?se des XIII. \\\ , .\V., die Schmeliwerke 
dea XJI., XIU. and XIV. Jahrb. in Rheinlend and 
Waalfalen lind «ob aeletaer Badentanf , dab die FeM. 
Stellung ihrer Eigenarten, Entwicklungen. Schulen 
immer dringlicher erscheint, nachdem sie ueuerdinK« 
so stark m den Vordergrutid Reioijen und durch die 

AaeHcUusg und durch die von ihr angeregten Be- 
ritdMei b ce owdai a darcb dea «oiii ef en den. Schaetgen. 

Wlecen<Drmcke and Bibliegrapbie dar vor 

l.'iOl gedmckten Bucher. K a< al ü g CV von 
Ludwig Rosenthal's Antiquariat m München. 
Mit 48 Faksimiles 
Dicaer 'JOOO Nummern umfassende, lehrreiche In- 
fcanaibdb-K atalog ist streng chroaologiidi gaordnet, 
hidew nadi Mafigabe der Zeit, in der sie tieh der 
Batdkdiaelterkviiat bemlcbligt haben, die Linder 

aufgefOhrt werden, innerhalb derselheti die Siiidie 
und in ihnen die Buchdrucker, so dais hier eine, 
in dieser lehrreichen Form wohl snerst rer«aebte, EnU 
wickbugsreih« daigestelll wird. An der Spitw mm» 
uMhH Daataehland and Mains and ab Nr. 1 
du Uinala speciale Guteabert;, welches ab seine 
frtÜMtle grOfsere, wohl vor MM) entstandene Lcistuni; 
in Anspruch j;eiiüTr;ii:en ist J 'i- m titvil, M.ineii- 
that, Stendal, Zinna CDtslandeucii Drucke sind groUc 
Seltenheiica, aaeb manebe atu andern europäischen 
Lindem, «rie aaa Btfunen, Spanien, FrankreiGh ber. 
rtbtenden. — Die teilten 40 Naauwra ahid der to. 

knnshel-Hib!iögra|ih;e gewidmet, und »ir dir fi Re- 
gister ^Drucke uach Hain, Sonstige Uiucke, iJiuv.i- 
orte, Dmckerverieichniase, Sachregister) sehr dankens- 
werte Beigaben, teelche dea wiweiwchefUidMB Wert 



I 

des nngewfihnlich reidibaMgtM, prtchQg wnguilHHHW 
Kataloge noeb eiMban. BcbattgeBb 

. Die „Mittheilungen aus der milfcIalterlichenSamm- 
I lung des Museum« in B<-rL;<-n" brln^^cn im Aarbog 1901 

Nr , 13 .lu.s <1 I Irl von R. H B i- n <l i \ e n » ine inter- 
I essante, von 8 Textbildem iDustriert« BeachieilMUig 
1 der dort «orluutdeneB „It Tkag* oder Rraieirioaa* 

lencb«ef". Sie aind den in Norddeunebiaad idleaca. 
' in SOddeiitacMtuid »ehr litafls trorkomineoden besw. 

! erhaltenen HuIiNt.'Shin verwandt, dir- mit LifhtteUer 
1 und Kcrzt-nduru, mit SchoiUswerk untj Zinobekronung, 
, vielfach mit Engel- oder BdUgcnfigarcn gescfamiicht, 

Ibei Proseasioiien getragen an werden pflegten. Da« 
ilteata der hier angefObrtED Bmniplare: Rande Stange 
mit Kelchkapitil, anf dam ein als Diakon gekleideter 
, Engel stellt, die Slale f&r den Dorn tnM^cnd, dürfte 
dotli tiir den Schluis de« Xlll. Jahrhundert» rlw.i» 

zu trUh datiert sein. Die klassische Zeit iitr diese 
I'CUcbter iiI die ipltgotiscbc, aus der die BaldachJn- 
I bekrMong atanint alt der DoppeUigur der Id. Fetnia 
I und Olaf. — Die dagebenden Besclireibmigen dteaer 

wie der .indrn'-n Exemplare «eigen völlit;«- Vi'iiiiuthcit 
ijiit iUcui. wi» hierfür in Frage kommt, üad ncup Beweis- 
mumente ergeben sich hier für die nahen Bciiehun^jcn, 
die im Mittelalter swtschen dem aorddentachen und skaa- 
dbunritcbenknnalgawerblicbenBetiiebobwalleMn. g. 

Illnatriertc Gcicbicbta dar dealaeben Lfto> 
ratnr von den IltcilenZeiten biasnrGegen« 

wart. Von Professor Dr. Anselm Salrer. Mit 
22 vielfarbigen, I I zweifarbigen. 71 ».chwarzen Hei- 
lagcn and aber 300 AbbDdmtgeik im Text. Allgem. 
Vcdag^-GaaelMbaA ab b. H. MAneheii. 
Dieea nene Ul««lnigaacbi«ble (dh in SO IMS»- 
rungen I t Mk. «nehafaiea loll) fthH sieb mit dem 
Ansprüche ein, die deutschen Dichter und ihre Werke 

Ivom ub|ektiven Standpankte katholbcher Wekan- 
schaanng aas zu beurteilen ia einer fltr die weitesten 
Kraiae «erallBdlidieB Form, antar baeoindarar Berflck» 
tfebtignng der gctcbidMflcben Verbiltniiae and wrter 

Hervorkehrung der äslheli.'tchen Gesichtspunkte, die 
itn< h in reichem B 1 1 d e r sch m u c k ihre IlluK'nerung 
linden Süllen. - Der soeben ausgegebenen I. Liefe- 
rung darf der Anfang der Erfüllung des obigen Ao- 
»pmcbes beetltlgt «atden. Den Text (fib des der 
Veifmer durch die Mabcnibaitang dar Lhidwanw- 
leben Ukeraturgeschifdite «ollkamnien fcgitimiart er. 

scheint), behandelt die I. Periode, von den Anfingen 
' des Oermanenlums bu auf Karl den Grofsen, und den 
Anfang der II. Periode, die Ahhochdeutsche Zeit 
Ua 105O: die Zeit der chorucben Poesie aad Sprneb« 
dkbtang, der MaldenditAtnng, dar boefcdeolaebett Laal- 
\ veneUeboag, das ebristlich lateinischen Kultur-Ein- 
Ausses auf die deatsche Sprache, der luirolingischen 
Keiiriissiiiice. — Die auf der Hohe der lechiiiichen Lei- 
' stungcn stehenden Illustrationen (luiiislen, i>chrift[M«beo, 
Denkmiler u. %. w.) schlietsen sich in dmabant idb> 
I itladigar sabaffutder AaswaU dem Teste in, and die 
! Ikrblgen BeQsgen tcigen dicemet dea Slngerkiieg aaf 

drr Warlbürjj aus der Würzburger I.iederhandschrift, 
i'utuül Wcbetü, litcibUtt von Judas der Erz. 

■cbelm ICiS*)!. — Das neue, schon lange ersehnte Werk 
, darf also ntit Vertcaaea aa^genommen wiideiii T. 



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Abhandlungen, 




Die St. Markuskapelle in Altenberg. 

(Mit 6 AbbUdoocm.) 

obald der junge Lent in dem 
anmutigen Dhiinntale Feld 
und Wald in neues Grün 
kteidet; dnrdwtreifeo es bald 

die Wanderer aus S'.adt und 
Land. Der Meisten Weg- 
ziel iat Alteaberg mit «einer 
stolzen Ableikirche, dieser 
Perle frahgotiteher Biukunst, 
deren Meister hervorgegangen ist aus der Kölner 
Dombaahtttte. Bildete sein Werk bis vor kurzem 
die einzige Sehenswürdigkeit des Ortes, so ist un- 
weit des bergischen Domes nunmehr eine ältere 
SdiQpfbng mlttelaltertidier Kamt als totehe in 
erneuter Schönheit erstanden : DieSt. Markus- 
kapelle. Verwittert und dem Verfall nahe 
stand sie da, venralirlost tiad von achonungs- | 
losen Händen ihres Schmuckes beraubt, von 
den meisten Resnchern Altenbcrgs unbeachtet. 
Jetzt zeigt sie sich ihnen nach pietätvoller 
Wiederheistettimf ab du edte Bandeokmal 
des Übergangstiles, das der Frommsinn der 
Vorüiüiren geschaffen hat und an welches sich 
mandie gesddchtUcbe ErbDcrang knüpft. 

Die Kapelle ist das älteste und einzige noch 
erhaltene Bauwerk aus der ersten Zeit der ehe- 
mals so berühmten Cisterzienserabtei Alten- 
berg. Bei dem gänzlichen Mangel an urkund- 
lichen Nachrichten über die Entstehungszeit 
dieses Gotteshauses sind wir für die Bestimmung 
derselben tediglicb auf die Formen des Bau- 
werkes und die Überlieferung angewiesen, wie 
denn auch der Name St. Markuskapelle besw. 
die dedicatb ad sanctom Marcum nur in der 
letzteren begründet ist Montanus-Zuccalma- 
glio, der abgesehen von vielen andern Notwen- 
digen eines wahren Geschichtsforschers auch 
die QneHemmgabe fdr seine Behauptungen gar 
sehr vermissen l.ifst, berichtet, dafs die im 
Jahre 1183 sur Klostergründung nach Al- 
tenberg entsandten Mönche «m Mori- 
BMmd bereits eine Kapelle, eben unsere St. 
Madluakapelle, im DhUnntale vorgefunden hät- 
ten. Allerdings lassen sich auf Grund der im 
Laufe der nnn beendeten Wiederfaeratdlonga- 



arbeiten gemachten Entdeckvi^en tmd Be- 
obachtungen zwei Bauperioden mit Sicherheit 
nachweisen. In der ältern Zeit war das Kirch- 
lein ein gans schlichtes, niedriges und unge- 
wölbtes Gebäude; seine jetzige Gestalt erhielt 
es im ersten Drittel des XIII. Jahrh. durchweg 
in den Formen des reinen Ubergangstilcs, von 
seltener Frische und Feinheit der Darchfllhrang. 
Der Grundrifs der einschiffigen Kapelle, mit 
einem Cborabschlufs aus drei Seiten des regu- 
llren Sedvedm gebildet, hat beschrlnkte Ab- 
messungen: äufsere Länge 10,82 m. Breite 
7,49 m\ innere Länge 8,90 m. Breite 5,59 m, 
die Höhe bis zum Gewölbescheitel beträgt 
6,65 m (Abb. I n. 2). Das Attlhere ist schnwck- 
los gehalten: die llmfassungsmauem aus weifs 
gefugtem Bruchsteinwerk sind entsprechend 
der inneren TcOmg, nur durch achwaicfae Tuff- 
steinlisenen gegliedert, welche, oben dmcheine 
horisontale, aus demselben Material herge- 
s^te Auskragung friesartig miteinander ver- 
bunden, auf einer Sockelschräge sich erheben. 
Unterhalb des mit einem f'dockentürmchen be- 
krönten Daches bildet ein kraftiges Werkstein- 
gesfans den Absdilufii der Aa&enmauem. 

Die sehr schlanken Fenster des Chorab- 
schlusses haben eine stumpf spitzbogigc Über- 
wölbung, als Umrahmung der Leibungen runde 
Wulste, welche an den Kimpfem wie auch 
im Schdiel durch Ringe unterbrochen wer- 
den, und anf adtlich abgeplatteten Kugel- 
fluchen fidsen. Ein i^eidies, aber linglooes* 
Profil umgibt das secfaateiOge Rnndfenster in 
der Nordwand. 

Der unmittelbar Uber den Fenstern rings 
um das Gottedkans sieh hindehende Fries 
von 41 gedrückten Spitzbögen trat erst su 
Tage, als bei den Wiederherstellungsarbeiten 
das .Aufsere von einer alles überziehenden 
didkcn PMaadddU beftdt mirdn. Er gilt An> 
halt Air den ersten Zustand derKapdU; denn 
es dürfte wohl tweifellos sein, dafe die ur^ÜQg- 
lich flache Hdtdecke da Innern in nngefthrer 
Höhe dieser Bogenarchitektur gelegen hat, 
und letztere das Hauptgesims aufnahm. Der 
FoTtUl desselben und die HöherflUirung der 
Anfeenmmen^ wie de jetit vorhanden, gcachah 



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«7 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3. 



anlässig der spätem Einwölbung, lediglich aus 
konstruktiven Rücksichten. 

Im Gegensatz zur einfachen äufseren Er- 
scheinung bietet das Innere der Kapelle einen 
wahrhaft tibcrraschcndcn Reichtum an archi- 
tektonischem und malerischem Schmuck. (Abb. 
8 IL 4.) Der ganze Raum, welcher vortreffliche 
Verhallnisse besitzt, ist überspannt von zierlichen 
Kreuzgewölben in zwei Jochen, die durch einen 
schmalen, mit zwei Rundstäben profilierten 
Gurt wirkungsvoll getrennt werden. Das Rippen- 



Die in das Innere hineingezogenen Gewölbe- 
widerlager schafTen Nischen, welche ebenso wie 
die in denselben angebrachten, von Rundstä- 
ben eingefafsten Fenster, im Spitzbogen ge- 
schlossen sind. 

Sehr interessant ist die Technik bei der 
Gesultung aller Gliederungen und Profile. 
Der Kern derselben besteht nämlich aus nur 
roh bearbeiteten Tuffsteinen, während die 
eigentliche Form durch einen nach dem Ver- 
setzen der Werkstücke aufgebrachten sehr festen 




Abb 

werk, welches im Profil einen Bimstab, be- 
gleitet von einem Paar dünner Rundstäbe zeigt, 
setzt auf sechs einzelnen Säulen, der Gurt auf | 
zwei dreifach gekuppelten SaulenbUndeln auf. 
Die tragenden Teile sind in Gliederung und Ma- 
terial von besonderer Schönheit und künstle- 
rischer Vollendung. Uber den Eckblattbasen 
steigen die aus schwarzem Schiefermarmor ge- 
fertigten, und mit äufserst fein profilierten 
Teilungsringen versehenen Schäfte empor, be- 
krönt von schlichten aber reizenden Knospen- I 
kapitellchen. Den Übergang zu den Rippen 
vermittelt eine kräftig profilierte Deckplatte, i 



I. 

und 'glatten Putz hergestellt ist, der den 
Untergrund für die Malerei abgab, in welcher 
die kunstgeschichtlich hohe Bedeutung unserer 
Kapelle begründet ist, als ein seltenes Beispiel 
einheitlich durchgeführter farbiger Innendeko- 
ration aus dem Xlll.Jahrh., wie es in dieser 
Vollständigkeit nur in der malerischen Aus- 
schmückung der Tauf kapelle von St. Gereon in 
Köln noch zu finden ist. Zwar haben die 
Malereien durch mehrfache Übertünchung und 
durch die Benutzung der Kapelle als Trocken- 
kammer gelitten, aber immerhin waren nach Be- 
seitigung der Kalkschichten die Umrifslinien 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHE KUNST — Nr 3 



70 



wie auch die einzelnen Farben noch so deut- 
lich zu erkennen, dafs einer getreuen Wieder- 
herstellung keine alUugrofsen Schwierigkeiten 
entgegenstanden. (Abbild. 6.) 

Die vorherrschenden Töne sind weifs und 
gelb. Erstere Farbe zeigen die Wände und 
etwas ins Grau übergehend die Gewölbekappen, 
welche durch kleine sechsteiiige Sterne belebt 
werden, deren Formen und Farben auf zweierlei 
im I>aufe der Zeit stattgefundene .Ausführungen 
schliefsen lassen. Abgesehen von den Säulen- 
schäften in ihrer 
schwarzgrauen, dem 
Schiefermarmor ei- 
genen Farbe, ist 
alles Ornament der 

tragenden Teile 
ockergelb, in blau- 
er, roter und grüner 

Musterung, aber 
ausgesprochen da- 
hingehend, dafs die- 
selbe auf vierecki- 
gen Gliederungen 
eckig, auf runden 
in gebogenen For- 
men auftritt, mit 

teils schwarzen, 
teils weifsen Um- 
rifslinien. Ausnah- 
me bilden die star- 
ken Wandpfeiler in 
ihrer bunten , in 
den Farben sogar 
etwas krassen Mar- 
morimitation. Grün 
geülrbt sind die 
Gewölberippen in 
ihren Bi rnstäben mit 
rot und gelben Begleitstreifen , in gleicher 
Farbe die Gurte nach Schichten geteilt, die 
Fugen durch ein schwarzweifses Linienpaar 
hervorgehoben. Die Rundstäbe der Fenster 
weisen rot- und grün-weifs marmorierte Be- 
handlung, die seitlich verbleibenden Wand- 
fllchen eine Rosettenverzierung, die Fenster- 
leibungen gut gezeichnetes Rankenornament 
auf; bemerkenswerte .Ausnahme bildet das Mittel- 
fenster, wo an seine Stelle eine einfache rote 
und gelbe Quaderung tritt, offenbar um einen 
wirksamen Gegensatz zu der reichen Bemalung 
der Wand zu schaffen. 




Abb. 6. 



In ihr fand sich unter der Fensterschräge 
eingemauert das Überbleibsel eines sargförmig 
gesulteten Reliquiars aus Stein, bestehend aus 
einem 49 m breiten, 27 cm hohen Unterteil 
mit 22.5 cm breiter, 21,5 cm hoher Mittelöffnung 
und einem trapezförmigen 49,6 cm breiten, 27 cm 
hohen Deckel; das Ganze hat in seiner ur- 
sprünglichen Form, die später durch Ände- 
rung des Wandputzes verkümmert wurde, sich 
auf die Mensa des jetzt verschwundenen Altars 
aufgesetzt. Der zur Aufnahme der Reliquien 

bestimmte mittlere, 
jeut 13,5 cm tiefe 
Raum war aller 
Wahrscheinlichkeit 
nach durch ein zier- 
liches Gitter ver- 
schlossen. Die 
Wandtlächen zu Sei- 
ten des Steinsarko- 
phages und darüber 
zieren figürliche 
Darstellungen. Zu- 
nächst in Uberaus 
bewegter Auffas- 
sung ein Paar 
schwebende, Weih- 
rauch spendende 
Engel, ein zwar sel- 
tenes, doch nicht 
vereinzeltes Beispiel 

besonderer Aus- 
zeichnung und Eh- 
rung heiliger Reli- 
quien, dann aber 
ein charakteristi- 
scher Cyklus von 6 
Darstellungen der 
Auferstehungssym- 
bole in aufsteigendem Rankenwerk neben der 
Fensterleibung: Pelikan, seine Jungen tränkend, 
Siroson mit dem Torflügel Gazas, Witwe von 
Serepta, Löwe, seine Kleinen zum Leben er- 
weckend, Jonas vom Walfisch ausgespien und 
Phönix aus den Flammen sich emporhebend, 
alles in wirkungsvoller Ausfuhrung als flott be- 
handelte Umrifszeichnungen auf blauem Grunde, 

Neben den wohl erhaltenen 12 alten Kon- 
sekrationskreuzen in Scheibenform bietet noch 
besonderes Interesse eine den ganzen oberen Teil 
der Westwand ausfüllende Darstellung der Krö- 
nung Maria. (.Abb. 6.) Auf einem breiten Throne 



71 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3. 



sitzen der Heiland und zu seiner Rechten die 
Gottesmutter. Krsterer, eine majestätische, mit 
weifsem, geschürzten Gewände und blauem 
Mantel bekleidete Gestalt, trägt auf dem von 
einem Kreuznimbus umzogenen Haupte ein 
Diadem mit Lilienverzierung, in der Linken ein 
in ebensolche endigendes Scepter, während die 
Rechte die Jungfrau krönt. Sie ist in weifsem Ge- 



liehen Gestühles. Der Thron ist vollständig 
bedeckt von einem lang herabhängenden, mit 
kleinen Kreuzchen gemusterten Dorsale, unter 
welchem das wulsurtige Sitzkissen seitlich sicht- 
bar ist Durch die sichere Zeichnung und 
Charakterisierung der Figuren, sowie durch den 
leichten und fliefsenden Fallenwurf der Ge- 
wandung beweist das Gemälde eine vorge- 





Abl>. 4. 



Abb. 2. 




Abb. B. 



wand und rotem Nfantel dargestellt, in ihrer gan- 
zen demütig frommen Haltung und im Ausdruck 
ihrer Züge von zarter, lieblicher Anmut. Der 
auf drei Stufen erhöhte Thron hat die Form 
einer Bank mit hoher Rücklehne. Letztere ist 
zwischen zwei durch Lilienkreuze bekrönte 
Säulchen eingezogen tind in flachen, mit Knöpfen 
besetzten Bogen abgeschlossen. Das Unterge- 
stell zeigt in der scharfen Profilierung und Be- 
festigungsweise die Konstruktion mittelalter- 



schriltene Entwicklung der Kunst, und kann 
wohl als das Werk eines hervorragenden Mei- 
sters aus der Frühzeit der Gotik angesehen 
werden. Zu seiner Ergänzung und Erneuerung 
spendete der Verein der Altert ums freunde 
in Köln einen namhaften Beitrag. 

Die Wiederherstellungsarbeiten an der Ka- 
pelle, welche Königl. Baurat Heimann 
aus Köln leitete, erstreckten sich auf die Be- 
seitigung alten Schuttes in dem Innern und der 



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78 



1M3. BSmCBHIPr Villi 



— Nr. 3. 



74 



Umgebung, die i£ntfernung des spXteren äufseni 
WaadpulsOi SicheniiigdetBivb«taiM)es,Erstts 

fehlender G\\t<'r: i':rT, Hu- FrrT-uentng des 
Daches und die Hmteliung einer stilgerechten 
Tür, weldic, teils schwierige Arbdten durch 
Architekt W. Breidenbach in Hückeswagen 
und Bildhauer Kribben in Köln bewerkstelligt 
wurden, schtieltlich auf die sorgsame Aufdeckung 
der atten Wandmalereien und deren pietätvolle 
Auffrischtmp, welch' letriere der Maler Anton 
Bardenhewer aus Köln mitgrofsem Geschick 
and Vciitltndni& rar AasAihrung brachte. Eine 

tum ganzen malerisihen Tnnen'^rlimiir'..- "im- 
mende Verglasung der Fenster fertigte, nach 
Zeidinong tud Technik gleich hervorragend, 
die Kunstwerkstatte von Schneider» & 
Schmolz in Köln-l.indcnthal Die Darstellun- 
gen der sieben Schmerzen Manä in dem der 
Eingangatttr gegenftberbeändlichen Rundfenster 
passen sich der Form desselben nach den ein- 
seinen Gruppen vortrefTlich ein, wahrend die 
fltaif Fenster des Chorabschlmaea figürliche 

Einzeldarstellungen in arcbitektoninclier Uni- 
rahnnog enthalten, welche in ihrer Krönung 
sich von hellem Teppichmoster abheben. Das 
Mittelfenster zeigt die .\fajestas doroini, die 
Folge zMT Linken Maria und St. Rernard, zur 
Rechten den Vorlaufer des Herrn und St. Kngel- 
bert Wie an dem Waadgemilde der Krönung 
Maria, so ist anrh hei diesen Figuren tmd der 
ihr zugehörigen Architektur der fruhgotische 
Stil aar Anwendung gebracitt Die Faibensksla 
der Glasmalereien ist eine wohl abgewogene, 
nicht umfangreiche, aber sehr ansprechende. 
Der Fufsboden besteht aus einfachem roten, 
relie&rttg gemusterten Tonplattenbelage. Der 
kleine romanische Altar, in de»en stipes das 
Mosaikbild des hl. Markus erscheint, harrt noch 
der weiteren Aasachmfldning In Veibindung 
mit den) Reliquiar in der Fensternische. 

Die einheitlich durchgeftihrte Dekoration an 
Fufsboden, Wanden, Gewölben und Fenstern 
veretnigt sich an eloeia aberaus barmoniacheo 
wirkungsvollen Ganzeti» wie in den Tagen des 
Mittelalters. 

Wa« war nun die Vemlassong zu der etnsii- 
gi n glanzvollen Ausschmückung der St Markus- 
kapelte.^ Der oben beschriebene Steinsarg mit 
seiner reichen malerischen Umgebung legt wohl 
den Gedanken nahe, das Kirchlein als die Auf- 
bewahningsstälte einer hochverehrten Reliquie 
antusprechen. Im Jahre 1225 wurde die Leiche 



des von seinem Neffen, dem Isenburger, er- 
schlagenen Brsbiscfaofr Engelbert im Konvent 

zu Altenberg aufgebahrt, um von hier nach 
Köln gebracht zu werden; Hers and Einge- 
weide des Märtyrers verblieben dem Kloster. 

Sollte nun nicht vielleicht der Wunsch, ihnen 
eine würdige Statte zu schaffen, den Umbau 
und die herrliche Ausmalung der Kapelle ver- 
anlafst haben ? Nach den Berichten des Chro- 
nisten geschahen an der Leiche des Ermordeten 
viele Zeichen und Wunder, und diese Berichte 
beweisen jedenUls die grofse Verehrung. iSe 
den Reliquien gezollt wurde. Das Kloster 
.\ltenbeig aber hatte noch besondere Verpflich- 
tungen zur Dankbarkeit gegen den grofiien 
Mann, und zur UebevoIlBten F,hrung seines An- 
denkens. Er entstammte dem Gt-sclilrrhte der 
Grafen von Berg, der Gründer und treuen Be- 
schUtaer des CÜsterxieMer-RottveBtcs. In den 
Tagen seiner Macht und seines Glanzes weilte 
der Erzbischof sehr häu&g in dem stillen, welt- 
aligeschiedenen Kloeter und vergalt ihm die 
Gastfreundschaft mit reicher Freigebigkeit. Zu- 
dem war Engelbert der Liebling des bergischen 
Volkes, weil er, abgesehen von seiner nalien 
Verwandtschaft mit den regierenden Fürsten, 
mit kraAvollem und doch mildem Regimente 
überall Frieden, Urdnung und Wohlstand ver- 
breitete. Somit dürfte die Vermotang, daft die 
Mönche von Allenberg ihrem heiligen Freunde 
und mächtigen Gönner in unserer Kapelle, 
deren Umbau demgemafs in die Zeit von 1 225 
bis 1280 zu setzen wäre, ein Monument der 
Dankbarkeit und der Verehfting errichtet haben, 
wenigstens einen hohen Grad von Wahrschein- 
lichkeit gewinnen. Die inteslba Sancti Engel- 
berti w.ircn in spillerer Zeit im Chor des Alten- 
berger Domes beigesetzt und ruhten dort, in 
einer Bleikiipid eragescIikMaen, unter einer 
schwarzen Mannorplatte vor der Mitte des 
I lochaltares. Als im Jahre 1847 die Wieder- 
herstellungsarbeiten im Dome ihren Anfang 
nahmen, wurden diese Reliquien des hL Engel» 
bert in die Pfarrkirche zu Odenthal verbracht, 
wo man sie zur Zeit noch aufbewahrt. Je- 
doch darf man wohl der zuvenicbdicfaen Hoff- 
nung Ausdruck geben, dafs dieselben, nachdem 
nunmehr die Kapelle durch die Güte ihres 
Eigentümers, des Herrn Reichsgrafen Fer- 
dinand Wolff-Metternich, ausschliefslich 
der katholischen Gemeinde Cur ewige Zeiten 
zur gottesdienstlichen Benutzung Uberwiesen 



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75 



1903.— SBnaCHlUPT FOK GHKWTUCHK KUIHT — Nr. 9. 



76 



ist, in das altehrwUrdige Heiligtum demiUchst 
llbertragen wcfden und dann dasHen des ge- 
wältigen Gotteshelden an jenem Orte wiederum 
in ungestörtem Frieden und zu frommer Ver- 
ebrung ruhen möge, wo es im Leben so oft 
Brholtiiig «ichte voo den M oben und Sofgea 
des Hirtenamv -i, neue BegeisterUTig sammelte 
f&r seine grofscn und weitacbauenden Pläne, 
wo es im Tode aeiiie erste Ruhe md «eine 
eiste Verherrlichung gefunden hat 

Zur würdigen Wiederherstellung der Ka- 
pelle in alter Pracht war vor Jahren schon ein 
kleiner Kreis von Kumtfireanden «ater dem 
Nimen St. Markusverein zmaramengetreten, 
welcher sich zur Au^abe setzte, die ca. 16000 M. 
betragende Beammae ta besdiaffen und neue 
Gönner fnr das Werk 7.ii gewinnen. Der Verein 
hat sw«T schon jetzt namhafte Erfolge zu ver* 



zeichnen; aber trotz seiner Bemühungen, trotz 
der Opferfreudigkdt der Altenbefger Gemeinde 
und des Eifers ihrer Seelsorger, der Herren 
Rektoren Heynen, Grtiters und Mostert, 
sowie der von der Provinz gewährten Bei» 
hülfe von 6000 M. bleiben doch noch Mittel 
aufztibringen, um die innere Ausstattung würdig 
zu gestalten. Wir glauben daher unsere Aus- 
f&hiungen «cblieften zu sotten mit der herz- 
lichen Bitte in alle Freunde der farbenfrohen, 
fromminntgen mittelalterlichen Architektur und 
Malerei ein Schertlein bdzusteuern, damit die 
St IfMkitsinpdle, dieses lingvergessene Denk- 
mal der Vergangenheit recht bald wieder Gott 
zur £br', der Kunst zur Lehr' in erneutem 
Glanse sich der Gegenwart seigen mOgel 

Lie. Grflters, MOheiB Rh. 

Bnnü HeiMaa», Kain. 



Strau& und Kranich als A 

Is ich vor einigen Jahren eine Ab- | 

haiidUing über die Rechtssitte des ' 

Subbrechens schrieb, sammelte ich 1 

PiUe, in denen die Justitta den | 

Stab bricht. Das Ergebnis war in dieser Hin- 
sicht sehr gering. Aber unter den vielen Dar- 
steHnngen der Gerechtigkeit, die ich bei dieser 
Gelegenheit durchmusterte, fielen mir einige 
auf, bei denen Stratifs oder Kranich als Attribut 
verwendet waren. Sic waren bisher wenig be- 
achtet Und ilber die Bedeutung wnren höchst 
abenteuerliche Meinungen j^eäufsert So eut* 
Stand der vorliegende Aufsatz. 

1. 

Die Flll^ in denen der Straufs als Attribut 
derjastitiemebeint dnd nicht aahlreich. Nur , 
fünf kilnnen hier nachgewiesen werden. 

1. Weitaus am bekanntesten ist die Ver- 
wendung dieses seltsamen Attributs im Kon- 
atantinssaal des Vatikans in Rom. In der 
Gruppe des Pap<ite<t Urban I. bat Giulio Romano 
davon Gebrauch gemacht. 

2. Ebenso .selten wir einen Straufs neben 
der Justitia am Grabmal des Papstes Hadrians VI. 

im Chor der Kirche Maria dcir.\n!ma zu 
Rom.') Tribolo hat die allegorischen Figuren 
daran verl^ertigt 

1} Bnrckhardt »Cicerone« II, 1. 2. Ut^i^i^)« P. 1<^<- i 
•Rmc de fart chi4H«i* Vm, (18641 p. 4&. | 



Lttribute der Gerecht^keit. 

3. Ein Bdqiiel aus dem XVIL Jahrh. bietet 
eine Statue aus Stock in der Kirche S.Miccol6*) 

in Rom. 

4 Ferner befindet sidi eine Statue der Ge- 

rei.litigkeit mit dem Straufs als .Attribut an der 
Rückwand des Hochaltars in der Kirche 
S. Giovanni de' Fiorentini*) nt Rom. 

6. Endlidl b^egnet man einer solchen Zu- 
sammen !<tel hing von Sttaufs und Gerechtigkeit 
in dem Fresko, das die Wölbung des früheren 
Sprechsaals der Minimen in der Kirche 
S. Trinit,\ de'Monti*) in Rom schmückt. 

Neben diesen fUnf Hauptbeispielen ist zu- 
nadist auf Rtpat Iconologie hinsawcben. In 
verschiedenen Ausgaben*) derselben finden sich 
elende Holzschnitte, auf deren der Justitia ein 
Straub beigegeben ist Nicht die Bilder, son- 
dern der Text sind hier die Hauptsache. Bei 
der Erklärung werden wir darauf zurilckkommen. 

Daneben sind nur noch die Symbola divina 
et humana von Jac. Typotius*) za nennen. 
Unter den Symbola sanctae crucis gehört eine 
Darstellung hierher, wenn es sieb bei ihr auch 
nicht um eine PersoniAtierui^ der Geredit^- 
keit handelt Auf foL 6 (IV. hierogr. gem.) 

*> Sl. Nie. a,4c* Locnkw", »Kcvoe de Ttut chi4« 

tien. vm, p. 44 f. 

*) »Revue de t'art cbr«tien< VII, (1803) p. 131 f. 

*) -kcvuf- VII, p. I'i-, lt. 

^) t. B. ed. VcD. (lOtiO) p, 21«. 
'i (Prag 1«01.) 




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laO^i. — ZEITSCHRIFT FOR CHRiSTUCHE KUNST — Nr. 3. 



78 



olmlich tit vor einem Palmbaum, von dem 
rechts ein RtitenbUndd mit Bei! herabhängt, 
ein Straurs abgebildet; und ein Band darüber 
Mlgt die Inschrifts IVSTITIA, Von Bed«u- 
tnng sind die Worte des Titelblattes: „Ex 
musaeo üctavii de Strada civis Romani", an 
derea Stelle auf dem Ulelblatte son twriten 
Bande') noch volhtändiger bemerkt ist: „Ex 
museo Octauii de Strade civis Romani simbola 
deattBi|M& sunt" Die Kupferstiche sind von 
Aegidius Sadeler. 

Die sämtlichen Beispiele, die wir hier 
neonen konnten, weisen nach Italien, gröfsten- 
tdb nach Rom. Kdnt scheint Jenseit des 
XVI. Jahrh. entstanden zu sein." 

Erklärungen dieses merkwürdigen Attiibuu 
nnd «iederhott venncht worden. 

Barbier de Mootault hat das Verdienst, zu- 
erst in netterer Zeit wieder auf das Vork ommen 
des Straufs' neben der Justitia aufnterksam gc- 
macht zu haben. Mehrere der vorher genannten 
Beispiele sind durch ihn ans I,icht (gezogen 
worden. Aber das Rätsel selbst hat er nicht 
gettht. 

In der Revue de I'art chrötien*) vom Jahre 
1863 verzichtete er auf jede Deutung. Er be- 
gnOgte sich festztistellen, da6 in den Bestiarien 
des Mittelalters der Straufs nicht Sinnbild der 
Herechtigkeit. sondern einer anderen Tugend 
sei. Denn dort heifse es: „Li ostriche est exam- 
ple dd home qni vit eo caritf est es pecious 
et humles, et soffrans et pitious." Aufserdem 
bemerkte er nur noch, dals man auch aus den 
Foimnlae minores & Bvchera nicht klüger 
werde; denn sie machten aus dem Straufs ein 
Symbol des Philosophen und Kct/ers, — eine 
Auffassung übrigens, die er bei zahlreichen 
Rtrchenvätern hätte finden kOnneo. Deoidben 
negativen Standpunkt vertritt er im Jahre 1890 
in seinem Traitö d'iconographic chrtitjenne'"): 
die Betdarien geben Iceinen AuftcMuft. 

Dagegen hat Barbier de Montault ein Jahr 
zuvor im zweiten Bande seiner Oeuvres com- 
pltes*'} eine positive Vermutung gewagt. 

In der Littifgie kommen die Worte vor: 
„Vere dignnm et jnstttm est» aa<pnm et 



(Fhiff KtOS.) 
■) Barbier <Ic MoiilKult >Tnil< dlcsüPfn^lila 

chr^ienoe« i. llHSiO) p. 221. 
*) VII. p. .500, ». I. 
'•) I. p. 221. 
") U, (18H») p..«»3, n. 1. 



salutare, Te quidem, Domin^ omni tempore, 
sed in hoc potissimum gloriosius praedicare." 
Nach Jesaias 43, 20 koount es aber gerade dem 
Str»u6 sn, Gott fikr seine Wohltaten lU preisen: 
,,GlorIficabit me bcstia agri, draconea et stru- 
thiones: quia dedi in deserto aquas, flumina 
b inviob nt darem potum populo meo, electo 
meo." Diese beiden Stellen, sagt Barbier, bat 
man in Beuebnng gesetzt, als man den StrauGi 
der Justitia ah Attribut gab, oder idi weUs 
nicht, warum man es tat. 

Die Vorbehalte, die Barbier seiner Erklärung 
beifügt, sind nur zu sehr am Platz. Weil es 
„recht und wOrdig" ist, den Herrn an preisen 

und weil (!ie Tiere df"^ Fp'r'e- Drachen und 
Straube den Herrn preisen sollen, darum soll 
der 8trau6 Attribut der Gerechtigkeit geworden 
sein? Als ob auch nur mit dem Worte „justum" 
die spezielle Tugend der Gerechtigkeit gemeint 
wäre! Einer Widerlegung bedarf diese Er- 
hUrang nicb^ sie ist seUimmer als gar kcin& 
Ahnlich steht es mit der Meinung, die Gri- 
roouacd de St Laurent'^) 1873 geäufsert hat. 
Ihm scheint es Barbier gegenüber doch nicht 
ausgeschlossen, dafs das Attribut auf die Besti- 
arien zurückzuführen ist An einer Stelle der- 
selben werde gesagt: Wie die blolse Sonnen- 
wftrme die Eier des Straufs' zum Aufspringen 
bringt, so wird die Seele des Christen im l^ben 
durch die Sonne der Gerechtigkeit gehegt und 
gehütet; und wi« der Straufs seine Eier dn- 
fach der Soige der Voradnng ttberllAt, schielet 
es sidi 

A iMmt qnt Dm fM TMwible 



Et concaisiiinl et cntendahle 
D'oubliet le* cb<wcs terrettru 
Per avair las 



„L'antroehe", meint Grünonard, .^mpUquerdt 

donc l'idt'e de justice, dans Ic scns de ce qni 
est dü ä Dieu mSme." Er findet es über- 
laschend, dift der christKcbe Gedanke in der 
Zeit der Rcniinance zu dieser Höhe sich 
emporgeschwungen hat Er ist geneigt, Rafiael 
für den Vater unseres neuen Attributs zu er- 
hliren: denn er rechnet mit der Möglichkeit, 
dafs die Justitia des Konstaodn*Saals von ihm 
gemalt sei. 

Audi diese ErkUtinng briugt mis dem Ver- 
ständnis auch meht einen Schritt nMher. Bs 



»»' cf. > Melange* 

II, (IKM) p 197. 



I« lU, p. Ahl L 
i«cd.adlwr«tMMtia 



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1903. — ZKITSCHRirr FÜR CHRISTUCHB KUNST 



— Nr. 3. 



80 



macht erhebliche Mülie. mit den Worten Gri- 
mouards einen verständigen Sinn zu verbinden. 
Er tut ach offenbar zu seinen wunderlichen 
Behauptungen nur durch die rein Mufserliche 
Tatsache verleiten lassen, dafs in jener Stelle 
der Bestianen ziemlich dicht nebeneinander das 
Wort „Gerechtigkeif tind daa Wort JSitttnßf 
vorkommt. 

Noch viel auffälliger als diese fiefalgescblage» 
oen Veraucbe Barbiert und Grinouard« aber 
ist die Tatsache, dafs auch in frtlheren Jahr- 
hunderten oflfenbar Unklarheit über die Be- 
deutung des Attributs geherrscht hat So sagt 
a. B. Typodus") in seiner Brkbtraog an Jenem 
Symboluro sanctae crucis: „ . . . injustitiac 
[adveraaturl. Strathiocaroelus documento est 
. . . Quid eoim ineptius, quam teeto capite, 
molcm illam corporis nudare hosti? Et asse- 
qilitur, cutrentem licet, sagitta". Hier scheint 
der Straufs Uberhaupt niclit als Attribut der 
Gerechtigkeit au%afiifit au sein, obwokl ca in 
jener Zeichnung ohne Frage der Fall ist 

Und bödut seltsam lautet auch die CrklA- 
ning in Ripaa Ikonologie^ in der Ausgabe von 
1618.*^) Er sagt: „Per lo siruzzo s'impara, 
che le cose, che vegono in giuditio, per in- 
tricate, che sieno, non ai deue roancare di 
atrigarle^ cd isnodarle^ aenaa peidonare ä tifiai 
aicuna, con anima patierte, come lo stnizzo 
digerisce il ferro, ancorche sia durissima mate- 
ria, come raccoatano molti scrittod** Also die 

Verdamingskran deri Stranfs', die selbst bei ciem 
härtesten Eisen nicht versagt, stellt Ripa der 
tfoermfldHchkeit des Riditers an die Seite, der 
•dbst die intrikatesten Rechtsfälle entwirren, 
„verdauen" mnf«. Und diese Ideenassociarion 
zwischen den l atenten eines gerechten Richters 
und den Kriften dnes Strav&enmageos soll 
dazu den Anlafs gegeben haben, der Gerechtig- 
keit den Strauis als Attribut au geben! 

Diese ErkUrang steht ebenso in der Aus- 
gabe von Ripas Ikonologie, welche Castellini 
1669'*) veranstaltete. Aber hier ist ein Satz 
hiiuugcrugt, der vollste Beachtung verdient: 
„Le auo penne", heiftt ca vom Stravfi^ „perche 
<;ono ttitte vguali signifieano la GtlMttsbf e 
l'equiiä verso tutli." 

Dieae Behauptung, daft die Stnmftenfedem, 
wdl aie durchw^ unteteinandCr gleich seien, 

i<) laagef t foi mii. 

'•) p. 2-'! 

M) Ven. (li.Oi)J p. 246. 



die Gerechtigkeit bezeichnen, flbrt ans in das 

alte Aeg>'pten zurück. 

Den alten Aegyptem hat die Straofsenfeder 
in der Tat ala Symbol der Gerech%keit md 

Wahrheit gedient*^) Die aegyptische Göttin 
der Gerechtigkeit hatte daher das Attribut der 
Straufsenfeder. 

Der Zeit des Hunanismuis, um die es sich 
für uns handelt, war diese Tatsache bekannt 
und geläufig. Sie war ihr durch die vielgeleseoe 
Schrift des Horapollo") Ober die »Hiero- 
glyphenn vermittelt. Bei ihm heifst es von 
den Aegyptem: ,^Ap9Qunov Totos »«I 
MOtm dnnvißoina ßnvX^/nfyoi a/^/u^»'«*, ctqov- 
'toxrifii'kov .tiiQOv jQ(l'('Ovni' roCio yuQ i6 
J^diov nuviaxöitt» loa tttQivytä/taia 
nagd td tiXp SlXm."' Ganz gleich, ob der 
hier am Schlufs angegebene Grund stichlultig 
ist oder nicht: das Symbol der Straufsenfeder 
zur Bezeichnung der Gerechtigkeit war dem 
XVL oder XVU. Jahili. nicbu Freodea. 

Pierius Valerianus nimmt in seinen Hiero- 
glyphica") hierbei ausdrücklich auf Horapollo*"} 
Bezug. Es ist ihm sogar bekannt, da(s die 
Verbreitung des Sinnbilds der Straufsenfeder 
sich schon im Alleiivim nicht auf Aegypten be- 
schrankte. Er erzahlt von einer Münze, die 
er in Bologna bei Jobannea Achilliniis gesdien 
hat: „cujus inscriptio, Ti. Caesar Divi Avg. F. 
Avg. P. M. Tr. Pot XXilil. Ibi enim pennae 
boiusmodi in qoodam serto sitae sunt supra 
irontem sigilli, cui subiecta est inscriptio^ 
Ivstitia," Und er erzilhlt ferner vor einer 
zweiten Münze, die er bei Alexander Calcinius 
in Bologna gesehen hat: „solum ]uatitiae Caput 
in numo est, cum eodcm pennarum gestamine, 
iisdere literis, quippe, Jvstitia." Offenbar han- 
delt es sich audi im aweiten Fall um eine aua 
dem Altertum stammende Milnxe. Beide Male 
dienen Straufsenücckm ala Sinnbild der Ge> 
rechtigkeit 

Damit haben wir endlich festen Boden 

unter den Fu''-'"t' ^fvnnnen. Wenn die Straufs- 
feder nach einer dem Beginn der Neuzeit be- 
kaauten Voistdlung dca Allertoma Sinnbild 
der Gerecbtiigkett war, so wird ca bereiia 

>*) V|L s. B. Dnnekef »Gcidi. d. AhntiBt« 

1* (187^) p. «il. Winckflnaea •Vermch einer 

Allegorie, [xim) p. bt 

■«) Ed. Leeman* Amttel. {IMi») p. 118. 
>•) Ed. Colon. Agäpp, (1614) p. 297. 
») „Vi ipud Hormi habeler.'* 



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81 



«inigermaften veratliKlficbt wie der Strtitft svm 

Attribut der Gerechtigkeit werden konnte; 
wenn diese Tatsache dAinit auch noch nicht 
voll erklärt ist, so haben wir hier doch immer 
einen Gesichtspunkt, der ohne Frage wcNDtUch 
mitgewirkt hat. 

Die Sache läge nun natürlich höchst ein- 
ftdi. weoii bereift im Altertam aidit bloft die 
Straufsfeder, sonfiern der Straufs selbst Sinn- 
bild der Gerechtigkeit gewesen wäre. Nach 
Avfibe von Leenaitt") behauptet Claproth**) 
tttiichlidi, der „Straufs" bezeichne bd den 
Aegyptem die Gerechligkeil, und zwar „ex 
doclrina acroiogica, quoniam COt'TEN, aequi- 
taa, jnathia, ab eadon Uiera, O indpiat" wie 
..CPOr&OC, sive OÖPOröOC". wäre das 
wahr, dann hätten wir höchstens noch au 
fragen, ob die Aegypter wirklidi auf dieaem 
Wege oder auf welchem sonst dazu gekommen 
waren, den Straufs als Sinnbild der Gerechtig- 
keit SU brauchen. Für die Kunst der Renais- 
aance wtre der Fall erledigt. Aber es handelt 
sich wohl ohne Zweifel bei Claiiroth nur um 
einen ungenauen Auadruck; mit dem Straufs 
meiat vt «dU mir die Stfi«fided«r. Und jeden- 
falls ist es sonst völlig unbeglaubigt, dafs der 
Straufs bereits im Altertum als Sinnbild der 
Gerechtigkeit vorkommt Wir mllssen uns also 
begnügen, als ersten Anhaltspunkt für die Er- 
klärung gefunden zu haben, dafs die Künstler 
der Renaissance die Verwendung der Straufs- 
inder ab Sjmbol der Gcreditigkeit ana den 
Altertum kannten. 

Ein sweites Moment iUr die Erklärung er- 
gibt ndi, sobald wir die anderen Allegorien 
ins Auge fassen, denen damals zur selben Zeit 
der Straufs als Attribut beigegeben wurde. Die 
Gefräisigkeit**) scheidet dabei für uns sofort 
a»; Ripaa in dieser Ricbung liegender 
Deutungi^vemcli ist TOrhin adion abgdclmt 
worden. 

Beaditung dagegen verdient die Fenoni- 
iikation der Strenge^ Rigore*^) bei Ripa. „Di- 

pingesi", sagt er, „apprewo lo Stnum, per 
dimostrare, che il Kigore e ministro deila 
g^oatitia punitiva, e che anper« per se ateaao 

qualsiuoglia contrasto." Auf diese F.rklamng 
kommt natürlich so wenig an als in der oben 

•') 1, c. p. tot f. 

") .Ex»men crilujae« Ep. 1, p. TJf. 
**) Ripa Il'UH) pk979« 

It». p. 448. 



88 



dtiertea Stelle^ an der Ript voo der Gereditig- 

keit spricht; auch hier spielt wieder der kraftige 
Straufsenmagen seine Rolle. Aber ganz un- 
abhängig von Ripas Erklärung scheint die Ver- 
wendung dea gleichen Attributs bei der Alle- 
gorie der Strenge und der Gerechtigkeit nicht 
ohne ikiang, wobei freilich die Frage noch 
<^en bleibt, ob Ripa iSeae Daraidlmig der 
Kunst entlehnt oder nadi seinem eigenen R^ 
zept hergestellt hau 

Wh finden ferner den Straals bei Ripa 
neben der Personifikation der Lieblosigkeit der 
Eltern gegen ihre Kinder, Oblivione d'amore 
verso i figliuolL**) 

Schoo den Aheo war bdtaimt, dafa der 
Straufs leii^? Fier oft im heifsen Sande vergräbt 
und nicht selten zertritt Im Buche Hiob (89, 
14-1«) lesen wir voen Stravfa. „der seine Eier 
auf der Erde lasset, und lafst sie die heifse 
Krde au<.bii1ten. 15. Er vergtsseC, dab sie 
möchten zertreten werden, und ein wild Tier 
sie zerbreche. 16. Er wird so hart gegen seine 
Jungen, als wären sie nicht sein, achtet es nicht, 
dafs er umsonst arbeiteL" Ahnliche Angaben 
finden wir iltenthBiben in der Natnrbescbreibung 
des Altertums wie des Mittelalters. 

In einer dem Beginn des XVI. Jahrh. an- 
gehörenden Handschrift, die den Titel luhrt: 
„Le tiiomphe des vertna", wird in einem be* 
sonderen Kapitel die IVin der Väter und 
Mütter beschrieben, die ihre Kinder getötet 
haben oder nnmenaehlich gegen sie gewesen 
sind. Sie haben „bec de griffon, pieds d'au- 
strusse, maroelles de lamies et mains come 
pieds de lions."«*) üic StraufsenlÜfse bedürfen 
nach dem Vorangdienden keiner «eiteren Er- 
läuterung. 

Aus diesem Zusammenbang heraus ist Ripa 
data gekommen, der ObUvkme d'amore verso * 
i figliuoli den Straufs zum Attribut rii geben. 
Er erzählt denn auch selbst von dem sonder- 
baren Verhalten der Strauben bei ihrer Fortp 
pflancuog. Und er aitiert jene Worte des 
Buches Hiob: »lodarsot ad filios anos, quasi 
non sint sui." 

Die beiden Personifikationen, doen aufser 
der Geredltigkeit der Straufs als Attribut zu- 
gesellt wird, sind Begriffe, die sich mit dem 
der Gerechtigkeit vereinigen lassen. Denn es 



») Ib. p. 37« 

>Kcvue de Tart chi^ticn« (latifij p. 32. 



190B. — SUTBCRRIFT fQr CHKlStUCRB KDIIST — Nr.3. 



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83 



1908. — ZBITSCHIUFT FOR CHRtSTUCHB KUNST 



— Mr. 3. 



84 



gibl dne eisem«, Mieiige Gefcchtigkd^ die 
WllMt die eigenen Kinder nicht schont. Und 
gerade dies ist das Ideal der Gerechtigkeit, für 
da« die Zdt der RenaiaMooe sich begeisterte. 
Erinnern wir uns, mit welcher Lebhaftigkeit 
die Humanisten die altrömischen Sa^i:«»!! lasen 
und liebten! Das klassische Altertum kennt 
dncB Mann, der )eoe atiCQge, granmue Ge- 
rechtigkeit .in seinen eigenpi Kindern geübt 
hat: Brutus. Auch auf ihn passen die Worte 
im Buche Hieb: „Er wird ao hart gegen sdne 
Jungen, als wttren sie nicht sein." 

Damit kommen wir zum Schlufs. Die Ver- 
wendung des Straufs' als Attribut der Justitia 
knüpft an die aus dem Altertum stammende 
Symbolisicrung der Gerechtigkeit durch die 
Straufsenfeder an. Jene Bibelstelle hat dann 
In Verbindung mit der firatnaaage daiti gelührt^ 
den Straufs selbst zao Attribut der Gerechtig- 
keit zu machen. 

Diese GrUnde haben ausgereicht, dem sdt* 
aanen Attribut eine geringe Verbreitung in der 
Ktinst zweier Jahrhunderte zu gehen. Sie waren 
aber nicht stark genug, es bis in die Gegen- 
wart am Leben au eibalten. Heute hat die 
Cerechlij^keit in rier Kunst andere Attribute. 
Und bedauern wird es wohl niemand, dab der 
Straulk «einen Ehrenposten ndien einer der 
obersten Tugenden wieder verloren hat. Schon 
Pierins Va!erianus"j kann dem wunderlichen 
Symbol gegenüber die Erinnerung an den Aus- 
apnidideBCameadea^'') Gerechtigkeit aei purer 
Unsinn, nicht unterdrücken. Ein, wenigstens 
in ruhiger Haltung, so haisliches und dumm 
auaMhendea Tier iHe der Strauft mag als 
Wappentier von Straufsberg und dergleichen 
örtem passieren. In der Kunst — und auch 
die Allegorie will ein Kunstwerk sein — hat 
• er aichta au audien. 

IL 

Öfter als der Straufs, aber auch nicht häufig 
wird der Kranich der Allegorie der Gerechtig- 
keit nim Attribut gegeben. Die wenigen Bei- 
spiele, die hier dafilrangefbbft «erden liOnneo, 
sind folgende: 

1. Im sog. Kartenspiel des Maategna,'*) d»s 
b Italien im XV. fahifa. entstanden itt, bat die 

.liietogljrphica. (1614) p. 207. 

» Vgl. Zillct >G«idL d. giiedk. FUSompUe« 
III, 1 p.bVif. 

») ef. Marlia »Onfia« des carte« k jaaer«, 
Pfeik 9. a. 



tJvMdtf"^ einen Kranich neben sieb. Er 

• hält in der einen, erhobenen Pfote cini-r ?tr ;n 
2. Virgil Solls (1514—1562) hat m einem 
Kupferstich*') der Justitia einen Kranidi als 
Attribut gegeben. Auch hier hält er einen Stein. 

\ 3. Auf einem Zinnteller,*- 1 der der Frau 

iMar. Kautsch in Steyr gehört oder gehörte, 
findet aidi dne JMÜla mit Kniddi. DerTdler 
trägt die JahresHbl 1569 und einen Nambetfer 
StempeL 

4. An einem zwiachen lllf97 und 1687 ge< 
fertigten Altäre**) aus Ebenhols, der sich in 
der Reichen Kapelle der Residenz zu München 
befindet, sehen wir gleichfalls eine Justitia mit 
Kranich. Der Stern fehlt auch hier nicht. 

'}. In der Sammlung der kunstindustriellen 
Gegenstände zu Wien wird ein vergoldetes 
Brcmierelief aufbewahrt Der FOhrer**) sagt 
darüber: ,Justitia, neben ihr (ier Kranich, wel- 
cher den Stein in der Klaue hält, Embleme 
des Erzherzogs Ferdinand von Tirol. Deutsche 
Arbeit, XVI. Jahrb., 2. Hälfte." 

G. Ferner befindet sich eine Justitia mit 
Kranich auf der Sturmhaube**) einer Prunk- 
rlMung des Kdnigs SdMutian mn Flprti^al. 
Sie stammt etwa aus dem Jahre 1577, ist von 
Anton Pfeffenhauser verfertigt und befindet »da 
heute in der Armeria au Madrid. 

7. Femer ist eine Besteckachdde des Histo- 
rischen Museums in Dresden zu nennen. Auf 
der unteren Hälfte steht eine Justitia mit 
Kranich samt Stdn. Ein Gipiabgula dieaer 
Scheide ist im Berliner KunatgernfbemUieum'') 
ausgestellt 

8. Wdter Irommt hinau eine Doldudidde*^ 

der Kollektion Spitzer, früher Wallace. Ea 
handelt sich um eine deutsche Arbdt aus deaa 
XVI. Jahrh. 

9. Ein aaderea Bdspid 6ndet sich an der 

Innen'ieite des Deckels einer Kaiaetie im Grü- 
nen Gewölbe zu Dresdcn.'*y 

"') BoSa. KapfsialicbkabiBct. KDA. 8. 810. 
**) Btilia, KnMigatMfbcgtoBtn, BIbiMih., Mappt 

»*) Zcttler, Enilcr, .Stockbaaer »Auigew. 
Kttiutwerk« au dem ScbktM der Kcichtn Kapdte« 
(Mflachcn 1870). 

M) (Wien mi) p.284f. 

9>) >J«hTb. der KmiMmwilwitsa das ah. Katacf 
hauMt. XIII (1802) Tif. XIII, swiMhcB p. 906 «. 900. 

»«) Schrank .'»51. 

Berlin, Konstgew.-Mui. B(M. Mtpp. 18SH, 1839. 

•) Ebenda. Mapp« 12r>l. 



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6» 



IIKI8. ^ amCRRIPT POR CHRISTUCHB KUNST — Mr. 8. 



8t 



10. Bodlidt tlaod eine Justitit mit 

Kranich an der Seite auf der Kuppel des 
1589/90 gebauten Portals de^ kurfürstlichen 
Schlosses zu I>resden. Weck gibt in seiner 
Chronik von Dresden {IfSSd, p. SO/l) ein Bild 
des Portals; im Text erwMhnt et MV dieJuMitia. 
«her nicht den Kranich. 

Solcbe Betspiele für dM Vo rt tommen uneies 
Attributs hat man bisher, wie es scheint, nie 
zusammengestellL Und auch da, wo von den 
Attributen der Gerechtigkeit im allgemeinen 
die Rede ist, wird der Kranich nirgends er- 
wähnt Daher Icornmt e<!, dafs selbst in den 
wenigen hier genannten Fällen in der Literatur 
UnridiflilKit dtrOber herndil; nb e> sich ttm 
einen Kranich oder um einen loderen Vogd 
handelt 

Giddi in dem entea Fell, bei der Justitia 
in Mantegnas Kartenepiel nennt allein Bartsch**) 
den Vogel richtig „une grue". Dagegen wird 
der Kranich in Mayers Künstler- I^exikon'**/ mit 
Uniedit flir einen Stordi, der eine Kogel hllt. 
ausg^eben. Und Sclilosser*') hat diese irrige 
Oeutuoj; ttbemommeo, aber doch wenigstens 
hinter den „Stordi" em Fntgeiddten gesetzt, 
das er nur zu sehr verdient. 

Der Kranich neben der Jn^tttia am Altar 
in der Reichen Kapelle wird von Zettler, ICnzler 
and Slockbaner in ihren BrlAiitenmgen für 
einen Srtr^-.in erklärt. 

In dem Kranich auf dem Wiener Bronze- 
relicf will Sehlomer^ wieder dnen Storch, 
llbrigeni mit Fragezeichen, sehen. Denn ganz 
mit Recht stellt er dieser Darstellung die 
Justitia in Mantegnas Kartenspiel an die Seite. 

Die MdwuM der genannlen Benpiele ist 
deutsche Arbeit des XVI. Jahrh. Aber gerade 
der älteste Fall weist nach Italien ins XV. Jahrli. 
Dtnich aehant das Attribut zaeret in der italie- 
nischen Kunst aufgekommen und dann von 
der deutschen Kunst entlehnt worden zu sein. 

Eine Erklärung des Kranichs als Attribut 
der Justitia scheint bisher nicht versucht worden 
zu sein. I>ie in dem Führer dnrrh die Samm- 
liwg der kunstindustriellen Gegenstände in 
Wien gefilterte Amichl^ ei bandle lich dabd 
um Embleme dei Bnlicnogs Ferdinand von 



••) «La peintre gtmw* Xlfl («Hl 1) p. 128. 

«>} II (1878) p. :m 

«>) tjmkfb. der k. k. SunnhuftB d, «h. Kaiser. 
hanma« XVO (1806) p. 83. 
**) L b p. 83 a. I. 



Tfrol, «diiebt die Frage ja hOdutena wdser 

hinaus. 

per Kranich ist seit alter Zeit wegen sdner 
i Wachsamkeit berühmt. Er war und ist noch 
I bente^) dn aiebendea Sfmbol dieser TVgfnd. 
j Ohne Zweifel ist dies der Gedanke, von dem 

iwir bei der Deulimg auszugehen haben. 
Auf diese Wachsamkeit des Kranichs be- 
sieht sieh gerade der Stein, den er audi da, 
wo er Attribut der Gererhti-'KPir 'n, stets in 
der Klaue hält. Ein besserer Beweis für die 
Richtigkeit unserer Annahme Itfit sidi nicbt 
I wänachen. 

Der Stein wird nämlich dem Kranich auf 
Grund einer aus dem Altertum stammenden 
ErsXhlang**) regelmäfsig in die Klane gegeben. 
I Wenn die Kraniche nachts schlafen wollten, 
hiefs es, so stellten sie einen Posten aus. Und 
dieser nähme einen Stein in die erhobene 
Klaue, uro beim Einschlafen doicb das Fallen 
des Steines sofort wieder aufgeweckt zu werden. 

Neben der sprichwörtlichen Wachsamkeit 
des Kranichs kommen noch andere Züge in 
Betracht, die man in seiner Lebensweise gleidl- 
falls schon früh beobachtet hat. Dahin gehören 
die genaue keilfbrmige Ordnung im Fluge 
grO&erer Kranidiacharen und die Ansammlung 
grofser Mengen von Kranichen an bestimmten 
Plätzen vor dem Beginn der Reisen in andere 
Linder. Infolgedessen lesen wir bd Pietius 
Valerianus:**) ^E*. eo coUegio, quod Gnies 
celebrant inter sc, nonniilli diciml democratiam 
hieroglyphice signiücart." Mao sieht, der Kra- 
nidi hat nach der AuAssung der Renakaanoe 
.•»lieh aiifser der Wachsamkeit noch andere 
Eigenschaften und Tugenden, die in das Ge- 
biet von Recht und Staat einschlagen. In 
diesem Sinne sind zwei Verse") zu verstehen, 
in denen der Kranich wie bd Martiai MPalamedis 
avis" genannt wird: 

Ut rafm Fdaacdit avb per buM volaMi 

Sic probilate viri primonim ju«M icqoanivr. 

So vereinigen sich in der Natur des Kranichs 
verschiedene Gründe, die ihn zu einem gans 
gedgneten Attribut der Gerechdgkeit nutdien. 
Die Hauptsache aber ist und bldbt seine Wadi- 

4S) s. B. an dar Kaatal 4« FMiWrcb* in BtiHn. 

» t R belPi«rUaValsrUn«S*llimClypUai« 

(1614) p. 2\\. 

»tUttof/nkiiu» (1614) p. 211. 

Meli n er, «Pdlliea.Patideat (1700) E. 17. 



87 



IM». — aaTSCRHirr fOk CHRISTLICRB KUNST — Mr. 8. 



88 



■ankdt Dw Auge da Gaetui wicbt Wach- 
sam mnrs der Richter sein, lonit leidet die 

Gerechtigkeit Schaden. 

Eben wegen ihrer Wachsamkeit spielen nun 
aber die KTmicbc io der „Rechtsgeschichte" 
noch eine gtnt besonder? Rolle. Ähnlich wie 
wir beim Straufs an die berühmte Sage von 
Bnitus erinnern konnten, dflrfen wir bicr snr 
Erklärung die Kraniche des Ibykus heranziehen. 
Sie sind die gefltigelten Rächer des Unrechts, 
die vindices justitiae, das sichtbare Gegenbild 
der Rachegeister, die den Schaldigen dem 
rächenden Srhwert des Richters tlherliefem. 
Ihr rascher Flug symbolisiert zugleich die 



Sdmelligfkeit der Justia, um deren willen ia» 
bildende Kunst der Gerecbt^beit so ofkFlQgel 

gab und gibt. 

Heute ist der Kranich so wenig mehr wie 
der Straub Attribut der Gerechtigkeit. Aber 
seine häufigere Verwendung zeigt, dafs er be- 
liebter war. Und mit Recht! Kr ist kein 
schöner, sber doch gans ttittiicher und fcbiger 
Vogel. Vor allem aber : seine Bedeutung neben 
der Justitia ist nidit so rätselhaft und die Er- 
klärung nicht dadurch erschwert, dsls er neben 
der Gerechtigkeit zugleich Symbol aller MSg- 
liehen Untugenden ist 



Berlin. 



Erntt TOD MocUcr. 




Der Reliquienschrein der Heiligen Gervasius und Protamins zu Breisach. 

it viele unter den Reliquien, welche 
'ie katholische Christenheit verehrt, 
sind durch eine so bedeutende ge- 
sehiditUche Oberliefemng ansge- 
reichnet, wie diejenigen der Pm-m :Ttyrer 
Gervasius und Protasius. Die Nachrichten über 
das Leben und den Tod der beiden Heiligen 
freilich sind dürftig und überdies schlecht be- 
glaubigt: den Kern der verschiedenen Er- 
ttthlungen bildet jedoch, dars Gervasius und 
Protasins ZwillingsaObne des unter Nero zu 
Ravenna pemar*'>rtfi \'-'alis und der Valeria 
waren; die Mutter, welche nach dem Tode d» 
Gatten sieh in Mailand aiedeigelassen hatte, 
erlangte dort schon bald die Martyrerkrore, 
wahrend die SOhne erst vpättr, vielleicht erst 
unter Domitian, am des Glaubens willen ge- 
tötet wurden: Gervasius durch Bleigeifseln, 
Prota ins lUirch Stockscblllfe und schlieftUcb 
durch Enthauptung. 

Es war lietn geringerer, als der grofse 

Kirchenlehrer Ambrosius, der, wie er selbst 
erzählt, „von einer brennenden Ahnung ge- 
trieben*, die heiligen Leiber an ihrer io Ver- 
gessenheit geratenen Ruhestätte aufTand und 
ihnen im April 386 in Her eben vollendeten 
Basilika, die heute noch seinen Namen trägt, 
den Plats unter den AHare anwies, den er 
urspriingltcb fllr sich selbst bestimmt batte. 
Und wiederum kein geringerer war Augenzeuge 
der grofsartigen und eindrucksvollen Feierlich» 
kciten, unter denen die Übertragung stattfand, 
als der damals noch der Kirehe fernstehende 
Augustinus: in seinen Bekenntnissen sowohl 
wie in der Civitas Dei gedenkt er des Eieig* 
nisses uncl insbesondere der begleitenden 
Wunderzeichen, welche auch auf die Arianer in 



Mailand nicht ohne Wirkung geblieben 
Unter dem Horhaltar der Basilika, wo am 
Ostertage 897 Ambrosius selbst zur Linken der 
beiden BIntxeogen bdgeselst wurde, behielten 
nunmehr die Reliquien ihre Stätte, bis am 
26. April 1162 mit dem Einzüge des siegreichen 
Friedrich Baibarosn das scinrere Verhlngnis 
einer beispiellosen Verwüstung über Mailand 
hereinbrach und neben der reichen Fülle anderer 
Schätze auch die sorgsam gehüteten Heilig- 
tümer der Sudt in die Ittnde dee deatidien 
Eroberers fielen. 

Bei diesem Punkte nun setat die Über- 
lidemng ein, auf welche Breiaach, die gegen- 
wärtig in ein bescheidenes Stillleben zurück- 
getretene, ehedem aber als G renafeste und 
Schlüssel des Reiches hochbetühmte Stadt am 
Oberrheioe^ den gewichtigen Anspruch grUndet^ 
die t'berreste der Maibndisrhen Märtyrer seit 
nahezu siebenhundertundftinfzig Jahren in ihren 
Mauern zu bergen. 

Es ist bekannt, dafs der Kölner F.rzbischof 
Rainald von Dassel, als er im Juni das 
Hofiager in Pavia veriieTs, aufser den Gebeinen 
der hl. Dreikönige auch noch andere, aus der 
Maib-tnder Betite herr\ihrende Reliquien durch 
den Kaiser zum Geschenk erhielt; ausdrücklich 
genannt werden jedodi m den gkidtteitigeo 
Ouelk-n nur die Heiligen Felix und N3bt>r, die 
jetzt ebenfalls im Dome au Köln beruhen. Ver- 
gegenwärtigt man sich nun, da6 Rainald von 
Vienne, wo er eine Versammlung der bur- 
f;undisi ben Fiirsten und Bischöfe begrUfst hatte, 
durch Hochburgund an den Rhein und weiter 
den Sttem hinÄgesogen ist, um am 28. JuU 
llfil in <;einer Metropole einzutreffen, dann ist 
die Annahme gar nicht so absonderUch, dafii 



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Ift03. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KÜNSt — Nr. 3. 



er unterwegs liie Stadt Breisach, deren schönes 
M()n<!ter damals srhon auf ilcni Fcl^ vi ürlit 
am Fkusse stattlich emporragte, durcli seinen 
Besuch feehrt habe; vnd ebeMOwenig dürfte 
sich ein ernsteres Bedenken gegen die ehr- 
würdige Überlieferung erheben lassen, dafs er 
bei dteaeni ArtfcDÜialte den Bitten der Bürger- 
sduft um dnen Teil seiner Reli>iuienschätze 
irillfthrig gewesen sei. Die legendenhafte Aus- 
fchmückung, dafs ein Wunder ihn zu dem 
Gesdienke bewogen habe, bleibt dabei selbst- 
versiandiich aufser Betracht 

Soviel ist jedenfalb gewifs, dafs Brdsach 
schon verhlltnisniXftig frlüi In dem Rufe tund, 
die rberre>;te der Heiligen Gervasius und Pro- 
tasius, und zwar seit deren Fortführung aus 
Mailand, zu bcsitsen. So bearkandct anter 
anderm Erzherzog Rudolf IV. von Österreich, der 
eifrig darauf bedacht war, die zur Kolle^iatkirche 
erhobene St.Stephanskircbe in Wien mit Reliquien 
ausauatatten, dals ihm GeistKehhdt und BOrger- 

schaft von Rreisach am 29. .April 1368 auf 
sein Ansuchen Teile von den Leibern der 
Heiligen Gervasitts und Protaatua llberlaswn 
haben. Der Baseler Erhart von Appenwiler, 
der zwischen 1447 und 1471 eine Handschrift 
der sächsischen Weltchronik mit Anmerkungen 
versah, schrieb dabei zur Geschichte Kaiser 
Friedrichs 1.: „Under diesem keyser komend 
die drig kunige von Meylant gen Cöln und 
Gerrasitts and Protaatits die blibend an Briaaeh.** 
Dafs den Heiligen, die alsbald neben dem 
Protonurtyrer Stephanus als Stadtpatroae galten, 
in der HQnsterIcirdie schon früh — nachweisbar 
seit dem XIV. Jabrh. — eigene .Altäre und 
Kaplaneien gestiftet waren, bedarf kaum der Er- 
wäiinung. Ein überaus kostbares Zeichen dank- 
barer Verehrung jedoch bescblois ihnen die 
Bürgersrhnft 7U weihen, nachdem auf ihre Für- 
bitte, wie der fromme Glaube vertraute, im Jahre 
1474 die Schredensherrachaft des Vogtes Peter 
von Hagenbach (den man wohl als das Urbild 
Geaslers bezeichnet hat) ein Ende gefunden 
hatte und wenige Jahre später aaeh die Gefiihren 
einer gro&en I berschwemmung abgewendet 
worden waren. Ks scheint fast, al.s habe der 
ductiDeiadene Hagenbach selbst die erste An- 
rcgnng a» ctnem solchen Wdbegetdienk ge- 
geben, denn eine Urkunde vom 23. .August 1474 
bezeugt, dafs er während seiner Geiangeoacbaft 
in Gegenwart seines Beichtvatera dem Himtnels- 
fürsien .'^t. Stephan sowie den Heiligen Gervasius 
und Protasius hundert GuMen in bar and einen 



goldenen Siegelring Überwiesen habe. .\n dieses 
Vermächtnis mag sich dann die anderweitig 
bezeugte Sammlung unter der Bürgerschaft an- 
geschlosaen haben, welche achlie&Hch mit einem 
F.rtrape von 1 1"0 Gtilden die Mittel zur Her- 
stellung eines prachtvollen silbernen Reli- 
quienschreines gewährte. Bis dahin hatten 
die Gebeine der Schutzpatrone in einem heute 
noch erhaltenen, ehedem wohl reich gefafsten 
hölzernen Schreine von verbältnisroäfsig ge- 
ringem Umfange geruht. 

Der einheimischen Sage nach wSre das 
grofse und köstliche Werk durch einen xur 
Kerlterstrafe terarteilten Goldarbeiter ans Brei» 

sach aii.s^'efiihrt worden, .illein in Wahrheit 
unterrichtet uns eine Inschrift auf dem Schreine 
selbst Aber Namen nnd Herkunft des Meisters: 

„Petrus Berlyn Je Wimf^^tm anrui d. i4qS.'* 

Wer aber war die«;er ati«!pc/;eichnete Künst- 
ler, der hier mit so hoher technischer Voll- 
endung ebkes der treUHdisten Eraeugniase spKt- 
gotiscber Silberschroiedearbeit geschaffen hat? 
Vergebens durchforschen wir die kunstgeschicht- 
lichen HandbQdier und Nachschlagewerke nach 
seinem Namen; selbst Marc Rosenbergs um- 
fangreiche Zusammenstellung von Werkzeichen 
la&t ans im Stiche. Nur Uber die Herkunft 
des Meisten habe ich einige wenige Nach» 
richten au ermitteln vermocht, 

Aufser allem Zweifel steht zunächst, dafs 
Peter Berljrns Heimat in Wimpfen a. Neckar 
zu suchen ist. Dort begegnet seine Familie 
seit der Mitte des XIV. jahrh. im Besitze der 
vornehmsten stldttschen Amter, ja, IViiger des 
Namens Peter Berlyn erscheinen in der Zeit 
von l.SOO bis 155t> dreimal als Bürgermeister. 
Auch im benachbarten Heilbronn zählten die 
Berlyn cu den angesehensten Geschlechtern. 

Dafs unser Meister in seiner Heimatstadt, 
die heute» nach so vielfältiger Verwüstung und 
Vemachlissigang, noch aberreich ist an den 
herrlichsten Denkmälern der Baukunst und der 
Bildoerei, mit künstlerischen Eindrücken erfliUt 
werden konnte, braucht nicbt erst gesagt an wer- 
den. Möglich,daJsderamdisJebr 1470 im Do- 
minikanerkloster zuWimpfen am Berg verstorbene 
Bruder Friedrich Dannecker, der mutmaßliche 
Schöpfer voftrefflichcr Holasdinitsereien in der 
Klosterkirche, ihm den ersten Unterricht vermit- 
telt hat Wertvoller aber als alle Vermutungen 
imd Foieehnogen solcher Art wtre der Nachwds 
weiterer Arbeiten von der Hand Peter Berlyns. 
Stialibwg na Eltab. Leonard Korlk. 



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fll 



1903. — ZEITSCHRIFT POR CHRISTUCHB KUNST — Nr. 3. 



92 



Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf. 

XI. (Mit Abbildung.) 




26. Elfenbcingruppe als Reliquien- 
behälter in architektonischer Silber- 
fassung, Domschatz zu Münster. 
(Katalog Nr. 546.) 
•liquienfiguren des Mittelalters kom- 
men häufig, ReliquiengrUppchen sel- 
ten vor, zumal aus KIfenbein ge- 
bildete, und ein solches in Silber 
montiett, unter ei- 
nen silbernen Bal- 
dachin gestellt, darf 
wohl als grofseMerk- 
Würdigkeit bezeich- 
net werden. Dafs 
sie zugleich von an- 
mutigster Form ist, 
zeigt die hier bei- 
gefügte Abbildung, 
zu der zunächst be- 
merkt sei, dafs das 
Original 27,5 em 
hoch, unten 15 
breit, 9,B cm tief ist 
Vier sitzende 
Ivöwen tragen die 
Streben, welche 4 
über Eck gestellten 
Pfeilern zur Stütze 
dienen als den Trä- 
gern des von ihnen 
überragten Walm- 
daches. Zwischen 
dieser ungemein 
graziösen , durch 
ihre Einfachheit wie 

Klarkeit anspre- 
chenden Konstruk- 
tion entfaltet sich 
unten ein oblonges 
Elfenbeinkästchen, 
welches, auf der 
Rückseite und den 
Schmalseiten mit Blenden, vorn mit offenen 
Arkaden geschmückt, Reliquien bewahrte. .Aus 
seiner Milte erhebt sich, von den vier schlanken 
Pfeilern eingefafst und dem zierlichen Dach 
bekrönt, das aus einem Stück geschnitzte Elfen- 
beingrüppchen. Der polygone Sockel desselben 
hat vorn offene .Arkaden, hinten vier, auf den 
Seiten je zwei rundbogige Nischen mit einge- 
schnittenen Köpfchen, vor denen je ein auf- 




geschlagenes Buch. Darüber thront, auf einem 
Piedestal stehend, die sitzende Gottesmutter 
mit dem von den Lenden an bekleideten Kind, 
welches zu der durch den vorgezogenen Haupt- 
schleier zart verdeckten Brust der Mutter greift, 
deren Schultern durch das herabfallende Haar, 
deren Haupt durch die Krone bedeckt ist. An 
ihre Rechte ist die Standfigur der hl. Dorothea 

geschmiegt, an ihre 
Linke die der hl. 
Katharina, zu ihren 
Häupten stehen 4 
musizierende Engel, 
von denen für zwei 
ein Mittelturm, fiär 
je einen ein Seiten- 
tUrmchen als Stütze 
dient, und daneben 
sind noch, in un- 
gemein geschickter 
Benutzung des El- 
fenbeinzahnes, zwei 
Engel ausgespart, 
je auf eine Säule 
gestellt als Flankie- 
rung einer mit aus- 
geschnittenem 
Brustbild ge- 
schmückten Mittel- 
nische. Dieses dem 
F.lfenbeinzahne in 
bewunderungswür- 
diger Ökonomie ab- 
gewonnene Grüpp- 
chen gibt sich durch 
die rundlichen Köp- 
fe und ihre Kroll- 
haare, durch die 
feierliche Bewegung 
und den knappen 
Faltenwurf als ein 
Erzeugnis der west- 
fälischen (Soester) Schule aus der ersten Hälfte 
des XV. Jahrh. zu erkennen, und aus derselben 
Gegend und Zeit stammt die Montierung, die 
ein wahrhaftes Musterbild vornehmster künst- 
lerischer Lösung ist, elegant, und doch unge- 
mein einfach, konstruktiv, und doch durch- 
aus im Rahmen der Metalltechnik, in der die 
Westfalen um diese Zeit nicht minder tüchtige 
Meister waren. Schnotgen. 



B3 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nf 3 



•4 



Bücherschau. 



PfMrkirelic 9ui Stift ik 4»tteh» Mittel. 

»Iter. Eine kircbenrechu-getchichüichc Untrr- 
sachang von Ur. Heinrich Schaefer in Köln. 
Srutigurt 11103. Enke. (Frei» 6,40 Mk.) 
Je melir ia der KkchcqgeMMduc det MMlekhen, 
■rawwfioh Mck in DevUdlud. Pfwrlclfclie «od 9Uft 
berrortreteii, um $o rotwendiger Ut e», deren Be^iff 
genaa fetUiulellefi, der bisher n«ch Unklarheilen und 
Schwankungen iinterUg. E» i«t dem jungen Doklot 
daher ali Verdienst uiuireehDeD, dafi er diese Klar- 
ia cteer Hoaographie venndit, «Oenn An. 
«Mk tmickt hat. Dafi er ftr icine Aiw 
Mt Tsradnillch die fernientiHb-fitBlthcl» Ktrchen- 
geachichte durchforscht hat, mit dem an Plarr- und 
Stiftskirchen so reichen Miltelponkie Köln, encbeint 
■b ihr ImoDderer Vortng. — Im I. Kapüel werden 
Um wiremlklnD Mettanele der PfvtkirckeQ snannMa» 
gettent, im U. die venclnedeiien Nsoen ftr den 
Tttger des Pfarramts im Mittelalter. Der Entstehung 
and Entwicklang der Stiftskirchen mit besonderer RBck> 
sieht aof Pfiri i i'iicntl und Seelsorge ist das III., 
wicbligite Kapitel gewidmet, welche« snnSchst durch 
sahireiche Beispiele den Beweis liefert für die bisher 
dudiweg heamtaadete TalMtdi«. daSi inSmiikircken 
Pfangtflteadicnat gehalten «erde. Hiem tehBefiit lich 
von selbst die Frage nach dem Wesen nnd der Dr> 
sprUnglichcn Bedeutung der sogen. Stiftskirchen oder 
Kollegiatstifter , und ihre Beantwortimg setzt die 
•charfe Fixierang de« Ttteh „eaiiflaieiH" vonms, aa 
die aicb die Ual«MMhM«c haipIk tlbar die MehilMil 
der CctelMehea aa «iatehieB Kirehca, atich an den 
Ulesten PCurldrcbea, sowie ober die Gründe fOr diese 
Mehrheit. Mit der rita canon^ca und dem Pfarrgotles- 
diensl nebst Seelsorge an Ueo Kollegiatkirchen be- 
schftfligt sich der leiste Abschnitt. — Die vorstehende 
Dbentcht scigt dea reiche« lahalt des Bafhest «reichea 
die achwierige Materie aa der Haad der Urkaaden ia 
khuer Wdae bchaadeh. Schn«tv«a. 



Die E d el sc h m iede k u n • t früherer Zeiten in 
Trenfsen von E, v Czihak. Mit 2Ii Licbldrack- 
tafefci aad 17 T«rtabbildaataa. S^maa, Maiel- 
datf 1M9. (PMh SO Mk.) 
Ab die nacht acbijihriger, latt Fldfc, Geschieh 
und Glfk-k betriebenen Studien erscheint das vor- 
liegende Kuch, welches die Gold- nnd .Silberschmiede- 
kunst tn behandeln beginnt, wie sie sich auf dem 
Gel>lcte det ehe a ialigea Ordcatlaadcs Pteufm bis eai 
die Mitte dea tmrigca Jahrhoadcrta catwicfcell liai. 
Zunichsl beziehen sich die Untersachnngen anf Ost- 
preafsen, (Westpreufsen und das Ermtand soUcn 
nachfolgen) — Der I. Teil hieict Allgemeines, 
der II. Königsberg als die Haupt-, eigentlich ein- 
zige Slitte des Betriebes. — Die Anfinge des 
Coldaehmiedekaadirerka i» Preafaaa falkn 
alcht vor die Milte des XIV. Jahrk, aad die iaichrifl. 
lieh dalicrteo Werke gehören erst dem letzten Viertel 
desselben an, in welchem für das Hochmeitlerschlof^ 
der Marienburg, wie ftlr Kirchen und Ordenskonvente 
betcita asaacbariei Gerit aaagefttlirt warde vea nach- 
gawiawaan Maiiian. Dieae »aiaiajglaa aick haM aa 
W«rkt«><»>**»eh>flCBi aad ihaen widaiat der 



Verläaier ela eigenes, m^aieiB iatttalctives Kapital, 

in dem auch einige Goldschmiedcsiegel zum Abdruck 
gelangt «ittd. Daran schliefsen sich die „Verord- 
nungen QberdieGoIdschmiede aas der hoch- 
melaterlichea Zeit", sowie eia aahr «icktigar 
fokaii Ihcr „Feiagekalt, Cewleht aad Preise 
des Edelmetalls". — Nach diesen rrtliroinarien, 
die auf Grund der Urkunden sehr viel Neues bieten, 
erscheint Königsberg, welches voUe 80 doppel- 
spaltige Seiten fallt. Das Geschichtliche b^iiaat 
erst mit l.'iOl, liefest aber ackoa 151& eine wichtige, 
wOie Willkar der KSaigakerger Gold« 
aekmiede" bezeugende, hochweiilerUche Vet o eda aa », 
welche vielfaches Nachspiel halle. Weitere Bestim- 
BBongen, die sich namentlich auf Stempel und Stadl' 
leichen bezogen, folgten im Laufe der Zeit bia iaa 
XUCJakcb., aad eaera iM die Zahl der mit Na 
aageltftrtea Geldaekariede. Dea Werfcea 
ist der folgende Abschnitt gewidmet, der taolchst von 
vielen Zerstömngen berichtet, aber auch von vielen 
erhaltenen Gegenständen, von denen nur zwei dem 
XV. Jahrb. angehören, namenilicb das (auch abgebiU 
dete) Zierschlusselpaar. Sptriich sind auch die Uber, 
bleibt«! ans dem XVI., dealo aakheidiar aa» den keidea 
folgenden Jahrhunderten, aad tob maackeB dcndbca 
werden vorzügliche Abbildongrn im Text und im An- 
hang geboten. Von besonderer Wichtigkeit ist der 
Abschnitt Ober die Stempelung mit den Stadtseichen, 
dea Jahraabochatabea aad dem Mstsicneichea (die 
abgcklHet ahid), aowie da* Meiatcrveraeickaia. 
wekhea 386 Ktaaller, die taeialea mit ihrem Ab- 
zeichen, aitfnihrt. Das Verzeiehais der in Ko. 
nigsberg wohnenden Silberarbeiter, miilr. 
lich mit ihren Marken, wie der Goldschmiede in den 
kleineren ottpreufsischen Sildien bildet den Schlufs 
des ia jeder Hinsicht voitreffttckea Werkes, weiches 
dringlichea, Uatefsachaagca als VeehÜd 
Seh aOtcea. 

Bilderwerk Schlesischer K n n s t den k m ä 1 e r, 
Drei Mappen — Ein Teztband. — Im Auf- 
trage des Proriatisl-Ausschnsses von Sa U e si e a ha> 
arbeitet voa Haaa Latsch, Koasarvalcr dat 



Regiemngsrat. Herausgegelica troaa Xaratoriam dee 

Scblesischen Museums der BOdenden RttRSle. Brcslaa 
1903. (Preis 80 Mk.i 

Das beschreibende Verseichnis der Knnsu 
deakmlier Sekleaieas, «dckea deraalhe Ver- 
fiuser 1886 bis 1903 in6Bladca veröflentlicMa, Ober, 
triflt durch Genauigkeit ond Zaverlisaigkeit, arie darch 
einheitliche Behandlung die meisten der beiläufig 30 
deutschen Invenlarisatiooswerke, und wenn es hinsicht- 
lich der ihm biahcr ^laa fehlenden Illasiralionen hinler 
dea aMiatca dera e lkei i aarlehalaad, daaa obem^ ea 
Jetst die kl dicaer HkisIcM, «tm der Bfldcratlas, 
der ihm nunmehr beigegeben ist, ISfst an Glanz und 
Gr(>Ue alles Ubiige Abbildnngsmatenal hinter sich 
lurtlck, nicht nur das, der Regel nach, in den Text 
aa^caommcae, aeodern «ach — Dank seiner Tafel- 
griMäe TCB 40 X 8S em —das apaftkakaaddie (Bayern, 
WOftlaBbcrg et«.). Dieses Format kat fieOiek etwas 



üigiiizea by LiOOgle 



1M8. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRtSTUCHE KUNST — Nr 3. M 



§5 



ünhandlichet, aber eigeullich nur fUr d«s gaiii»W«rk, 
Mcbt tax die eiDtelM Tafitl; dagegen den V«miig, daCi 
a nidN bfob grolte DiaiciMieiMa ttt etetelne Auf- 

nahmen gestullet, jutirlfrn rnmcnllicli auch die Ver- 
einigllUg von mclireren, oder jjar manchen j;leich»r(i- 
gen Einxelheiien, <ieren .SuifJium d-Tdiuch auKerordetil- 
licii erleichtert und gefördert wird. Dies« Umtttnde 
hat der VerfMter ekh whr n ratte gemachi, indem 
•r idwaU einidiMi aiicblige und reiche BMwerke, 
b«umden deren laneDUiiciiten, lehr grob iricdcrgab, 
ali auch lehr viele BIttter mit zuMmmeDgehArigen 
Details in vorcaglicber, uberans lehrreicher Gruppierung 
füllte: Baien phd KapitKle, Profile und Krieee, Portale 
beiw. TyinpMi* tud Giebel, Mefnrcrkieiittcr md 
Turnt, MchEpMwphicB, Aliln nnd owncfam taim*. 
Onreh diaae Vbertichtlicbe Zuianmemtellung ladet der 
Atlas auf Schritt und Tritt xu Vergletchungen ein, 
also gerade lu der lokalen Stadienart, die durch die 
luvcaunaation in enter Ljnie gefördert werden toll, 
und dieser Vorzug möchte dem imposanten Werke zu 
allermeist nachgerlllunt wnden, Aber er iat nicbt aain 
einziger: die Abbfldmgen afaid attch alle gttt, die 
meinen ausgezeichnet, sowohl die auf photographi- 
»chen Aufnahmen bcmheodcu, als auch die den durch- 
weg vortrefflichen Zeichnungen nachgebddeten. und 
dieee ahid gMcklicherweiie aehr lahlreich. Uau 
konatt, dafa dte MaAe der WMcfgahen der Bede«* 
tUDg wie der Eigenart der DenkroSler enisprecben, 
to daf« «ach In dieser Bexlehang der Eindruck durch, 
weg ?elir l)efrie(iij;t, nie ennOdend, immer anregend. 

Alt 10 grof» erwies sich der Reichtum »elhii .in 
henorrageadeu üenkmüleni, wie i<es Micrlaiier», io 
mmnüich der Kenaiiaaace «nd des Barocks, dafs 
hiulchtUch der AbbNdvnge« Beadtflnkung auch in 
dem Sinne eintreten muftle, dnfs etittebie Gruppen 
(wie die vorgckchtcbUicheu , dte Steinmetzzeichen, 
Tafelbilder, Gold> und Silberschmiedewerke, Gewebe, 
Pafaaienle etc.) ipiterea Vetttfeatiichongen vorbe- 
ballea. ia «flMKdm Sannhagen beiindlicbe Gegen» 
itfade gam amgcacUeiacK Udhcn. 

So eng der A ineM a h an daa Vene lehn is ist, 
die Anordnung ist eine wesentlich andere, indem bei 
jeoem die Geographie mafigebend war, hier die kanst> 
geschichtliche Entwicklang in die Schranken tritt. 
Gana «H Recht, denn daa JCnaatleben Sehlaaieaa aoUle 
in aahier Eutfiülang sich leigen vom ZeMaher nrilleU 

deuticher Euiwandcrunj; durch das späte bedeutende 
Mittelaller 1 Breslau], die mer»! »on Nrirdiialien, daim 
Tun den NiederUndrn a(ihÄn(;if>e Kcnait»ance, daa 
glaasvoUe Barock, bis in daa vornehme, hier eigenartige 
RokAlte and den hier frdhceiiig anflanAcadcn Nen. 
Maaajriaaiaa. — Daher aind die Meppca derart 
eiiigerichtel, dab die crate 72 Tafchi enthill oad 
rwur t)? de» Mittelalters (1— .'»2 Architektnr, t>3 
bis .'>(> ftgUrliche l'iastik, 61 — 67 Altarschreine), 5 
Holzbau; die zweite 80 Tafel», und zwar 49 der 
Reaaiasaacc, 91 de» Barock«; die dritte 
Wieden« 80 Tafdn, «ad awar l&S— IM Fortaetanng 
des Barocks, Rokoko, Keuklaisik, sodaon 
167 IUI Gesaratansichlen und Tnrmhelme, 
Innere A us> t ai i u n |{: Holz l<)-2- 199, Metall 
(BrooM und Schniedeetten) 200 — 215, Wand- nnd 
Oeeitcamalerei Sld^teo, BIJdniaae ia Steta 



aadEra 221— 23'J. — Jeder Mappe ist ein Inhaltt- 
verseichnia beigegeben, welchea ia fortkafender 
Reihe }ede Tafel nnftfart natef Angabe der Bhad' 

namincrn und deren Besprechung im Verzeichnis 
und im Wegweiser, also dem T e x ( b » nd, der der 
ersten Mappe beiliegl und nichl weniger »h 3<i9 SpaU 
ten umfaßt. Biese beschreiben iu musterhafter t/po* 
gf a f hi ac h erAattrdnaagdieehi a e l a e aTafehi, am naderea 
Hand den hbiailatladuM ZaaamtBenhang darzulegca 
in ganz angewöhnll^cr Beherrschung des Stoffes, nnd 
die 84 Textbilder, die hier eingekochten sind, er- 
ginzen vorzüglich die Tafelbilder. So erscheint der 
Wegwebcr als ein vollstlndiges Kollegium Uber die 
gaaae Geaehkhie der »chksisches Oenhnilar vom 
ffAea HittelilMr Wa laai Baio^ aad aehiea Arn* 
Uufen suf dem Gebiete der Architektur nnd Plastik, 
aberall belebt durch den Hinweis auf die Denkmiler, 
deren Auftindung in jeder Iliosicht er>ichtert ist, such 
durch die geographisch e Obersicht, welche für 
sich allein 30 FoUoaeiten umfafst und auf diesen 1. die 
ahacUefiacbcaLaadachafken vorfuhrt, nimlich daa iccbte 
Odemfar, das Placb- nnd Hflf aaind des Ihiken Oder. 

ufers, das BergUnd; '2. die angegliedcrlf 1 I i .l 
Schäften, nimlich die Grafschaft Glatx und die Maik- 
grafschaft Oberlaiuhz (prenfsischer \nieil). So kommt 
aUca twantmaa, nm die laieiileate AttfÜndbariieil nad 
dieachacllaleOri«NlieMac aa eiailigliehea. — Den aiit 
so viel Hingebung nnd Geschick tltig gewesenen Ver- 
fasser, dem inzwischen die PAcge des ganzen Deak> 
niilerschaties der Monarchie anvertraut worden ist, 
darf gratuliert werden zur VoHendang dieses ao eigeii> 
wie grobartigaa Warfcaa. Sehalt(*e. 

Hanfsiaengl'a Galcrlc-Pmblihationen AI. 

tcr Meisler. V er I a g s • K a I a 1 II. Teil 
München, Ltiiidtiii, New-Vork. — Itu Auschlufs »n 
den im vorigen Jahre erschienenen Kaialog ^1. Teil): 
„Galerie Moderner Meialer" nit mehr als llOOO 
NnMawra (Freie 1,M> Mk.). tat aocbea der IL Teil 
(Pfeb t Mk.) beransgegebea, der «ber 70O0 Dar- 
Stellungen (GewiDde nnd Skulpturen) m verachte« 
denen Gröfsen und Verviellältigungsarten umfafsl. Aus 
den bedeutenderen Museen Europas und manchen 
Privatkollektioisen mühsam zusammengesucht, erschei- 
nen sie als Bildeiaduu, der hhiikhtUch der Zahl, 
MaBBigfahigkeit, AasMiraBg alehl aehiea Gteidica 
hat und so allen Bedtlrfnissen auf diesem Gehiele ent- 
gegenkommt, mag e» sich nm gaiu grofsen ^bis tu 
fast einen Meter .■\usdehnung . oder um kleineren (recht 
wohlfeilen) Wandschmuck handefai, um Gravuren aad 
Pigmentdracke oder um SÜlMr* aad KoUepbotof»» 
pUaa. Oer abcraichilich gtordaale, lelcb iU uelri ei t e 
Katalof «riealicrt Ia aehr Mmeider Art ttber das 
tii^iclie Mateiial. s. 

Kupclwietcrs Ileri-Jesu- und Heri-Marit- 
Bruatbild als Hcliogravtlrea vom St. Nocbezttts- 
Verlag b Wiaa baraaigegebca k Ifi» Mk. 
Diese beiden durch ihre Anmut und Milde aa- 
sprechenden Medaillona sind vortrefflich reproduziert 
und als erbaulicher Wandschmuck wohl lu empfehlen. 
I Der blattgemusleite Hintergrund bitte noch etwas 
I dnfUgcr gehallea eefat dflifim. $, 



uiyiii^cd by Google 



Abhandlungen. 



Das Rationale. 

^^K^m Mittelalter ist wiederholt von einem 

II Rationale als einem liturgischoi bischöf- 
lichen Schmnrk die Rede. Dasselbe 
=C^p zweiten HAlAe des X, Jahrh. 

- aaC Sdne frOheMe Enrllniaog findet es 

Iin dem sogen. Sakramentar Ratolds von 
Corbie (f 086), das gekgeulich der Be- 
H», sdureibaag des Ankleideritus auch eines 
pontifikdeil Rationales gedenkt') Nicht 
vi^s viel später gibt d.inn ein Briefwechsel 
fi zwischen Adalbero II. von Metz (984 bis 
M lOOB) und Efildward von Htlbetiladt 
(968—995) Nachricht von dem Ornat- 
Ifl Stack.*) Adalbero bittet in demselben 
U£ den Bischof von HaUwntidt, derselbe 
99 möge die Erlaubnis, das lUtionale oder 
logion, das Abzeichen der Lehre und Wahr- 
heit, zu tragen, welche Papst Agapet II. (946 
bis 965) den Halbentfdter Biaehöl» verliehen 
habe, auch ihm mitteilen. Hildward gibt dem 
Ansuchen unter verschiedenen Bedingungen 
Folge; insbesondere mufste sich Adalbero ver- 
pflichten, das Recht, sich des Rationale ru be- 
dienen, nicht noch anden^ weiter zu übertra- 
gen. Auch die sogen. Missa iUyrica, die um 
die Wende des X. Jahrli. cntituideii adn maf, 
nennt das RattoDsie onter den pontifikalen Ge- 
wündem.') 

In Jalm 1087 verleilit Johannes XtX. (1024 
bis 1088) den» Patriarchen Poppo von Aquileja 
anfser dem Gebratirh des Palliums auch den des 
Rationales.'*) Um lOäl erwähnt ein unter Bischof 
Amnlf entstandenes Inveolar der Oondrirdie an 
Speier ein rationale awro et gemmis omatum.') 
Im Jahre 1119 begabt Calixt II. (1119—1124) 
den BiacliorDietricli von Naonbaig vnA seine 
NacMblfer mit dem Rcdü; an Festtagen mit 

*) Marl^De, >De aniiqn. eecl. nlibui« 1 1, c. 4, 
■lt. 1?, ordo II ; (edU. Aumtf,) 1, 208. 

Sigeberti, >Vila Deoderici« I. cpu llelMtt. 

c. 0 (M. G. SS. IV, 468). Der Brief bei LaMatu, 
NovM bibliotbcca« 1. I, 682. J. L. 3661. 
Martha«. L e. anl» 4; I. 177. 

«) !.. -MM-.; M.p;r:r P. 1. CXL!, 1137. 
*) Schanoat, Viadeoi. Utt. p. 8. 



der Ifitra nnd dem Rationale geschmückt die 
Messe zu feiern.') 1133 gibt Innorrn? II. 
(liai)— 1148) dem Bischof Bernhard vonl'adcr- 
bom die Erlaobnis, bd der Messe an bestimn- 
*' n hnhcn Festen, wie auch bei der Vornahme 
einer Kirchenkonsekration oder der Erteilung 
der hl. Wdhen im Bereicb seiner DiOcese das 
Rationale zu tragen.^j Zwei Jahre") später ge- 
währt der Papst dasselbe Privileg dem Bischof 
Adalbero II. von LUttkh. 

Von den «ittelalterlicfaen Litni^gikem Ina 

nur Ivo ca. 1100, Honorius ca. 1126 und 
Sicardus*) ca. 1200 des bischöflichen Ratio- 
nales Erwähnung. Doch wird auch in einem 
Lituigica enibaltenden Codex der St Galler 
Stiftsbibliothek aus dem XII. Jahrh. bei Be- 
schreibung der Pontibkaltracht ein Rationale 
an den bisi^hOffichen Gewindem gerechnet 
Es heifst dort: Rationale, quae circumdat hu- 
meros et pectus, doctrinam et veritatc m ostendit, 
quod tintinabuiis resouans exemplum vitae ad 
praedicadonem inainiiat^ Betont aei, dafir In 
diesen Worten nicht von dem jüdischen Ratio- 
nale^ sondern von einem liturgischen Schmuck 
diristlidier Biachöfe die Rede ist 

Um ISOO beriditet ein Mönch des Klosters 

Admont von einem Rationale des Ris( hofs f!eb- 
hard von Sakbuig (f 1088;. Derselbe hatte, 
als er au Geaandtacbailaawedten am bjraanäü- 
schen Hofe weilte, des Kaisers Sohn getauft 
imd zum Andenken daran ein aus Gold und 
Eddsteinen verfertigtes, an goldenen Ketten 
hangendes Rationale zum Geschenke erlialten, 
dessen Wert auf ca. 1000 Mark geschätzt wurde. 
Das Kleinod ging, wie der Admonter Möncfa 
Iclagt leider acbon 1065 in den Wirren, «eiche 

*) J. L. 6766. Lepsiaa, «Gochichte der BiKhöfa 
HoehMtAn Kambwf Bd. I, S. 84t. 

') J. L. 7630; Migne, P. I. CLXXIX, 186. 

•1 J. L. 77.33; Migoe, P. I. CLXXIX, 217- Dai 
Rationale, voD welchem ia der Bulle Luctna III. flir 
ßahmckof Wi^kn mm MoHmW «an Jalva 11t» Mm 
Rad« Ist (BoB. tem. l«i.Tmmr.} m, 19), hat mm nata- 
phoriache Bedeutung. 

*) Scnno III (Migne, K 1. CLXll. 523, 634). 
Gauawl. l,c.2i.'i (Migoe, P.l. CLXXn, (t08)L Mi- 
todt 1. c. r. (Migne, P. L CXXIU. 78), 

») Cod. bt. 777. 



«» 



1003. — SEmcanFT FOR CHnSniCBB KONtr — Mr. 4. 



100 



der Eindringling BertboM anstiftete, schaiählich 
zu Grunde.") 

Ein Jalirhandert spüter erdhlt Bischof 

Philipp von F.ichsl-itt (y 1 322) in seiner T.eltens- 
bescbreibuog des hl. Willibald, es habe der hl. 
Boniftäm dem Heitren wie «idi seinen Nach- 
Mgem die Stdlvertreterscbift des Rrzbischors 
von Mainz samt (\^m Vorrang vor allen andern 
Suffraganen der Mainzer Metropole verliehen 
und snm Amdradt dessen ihn nnd seine Nach* 
folger mit dem Rationale begabt.'*) 1:^87 be- 
gegnen uns drei rationalia in einem Inventar 
des Domes zu Prag.'*) Demselben XIV. Jahrh. 
mag endlich auch noch ein Schatzvereeichnis 
der Kathedrale zu Reims entstammen, in dem 
von zwei Rationalien und drei zu deren Bfr> 
festigang dienenden, iilbenreigo1deteo,iBit einer 
grofsen Perle am oberen Ende Vendetten Na- 
deln die Rede ist'*) 

Das rind die ans bekannt gewordenen haupt- 
sächlichsten Stellen, in welchen vom Rationale die 
Rede ist. Es erscheint in denselben als spezifisch 
pontifikaler Schmuck und zwar ab ein Ornat- 
stttck, das zu tragen nur aurCnindöner besonde- 
ren päpstlichen Ermichtigung gestattet war. Frei» 

<n Monacy AimauiU ViU Gcbehaidi ii.8. (M. G. 

s& XI, au). 

Vtia S.WiliaMiaie.«3: cd.GrctMr(locolH«dn 

_l«17) p. Hfl. 

") Bock .Geschichte. Bd. '2, S. 2U-1. 

Du Gange, Glomr. »nb rationale (ed. Niori 
16UÜ) VU, 27. Ein lavcMw tob V«MWt vos Jabre 
155ft erwIlRil ein „pecloral cplieopa) 4c 4rap d'or k 
nn frange rouge de loye et d'or, doubM de lafTetat 
roBge" (Ballet, monum. 18T7, p. 030 note 8). Ei ist 
unklar, was hier unter dem prctoral za venlehen nt. 
Vielleicht ist da* biichöliiche Greiniale gemeint. Ein 
Rationale ist auf keinen Fall darunter zn denken, da 
duMjbt MM Pectocalc hitfo md andcm Ihr dte Bi. 
tcMMi» «on Vannn aidi der Gebruidi de« Rationale 

niirht ii.Tchweljcn ISfsl. Das Rnlioti.'.le, welch'*» uns in 
der Hiiloiia episc. Autiss. c. iU (MiK'ie, P. I. 
CXXXVIII. iTT) begegnet, bedeutet lediglich den 
|}nHtb«Mis «inar Prschlalbt, di« hier in etwas Ober. 
•chwai^iielMB Woflen gafeiert wifd. Mit dem on» 
bcKliiAifeiiden Omalstaclt IMM c« nichit xti Itu. Wenn 
et ehe nd ort (Migne, I. c 278) heiUt, das handbreite 
Auriphrygium der Kasel habe «^a^ KiKl des Sui-cihu- 
merales und Kalinnalei nach Weite des errhischoHiLheiii 
* Pallium! dargeilellt, lo >ind unter dem Superhumerale 
und Rationale die iMtreffcndt» OnukisiScke dea kviii> 
■dien Hobw up r i eatera m venieben. iiidit ein ponlilikaler 

SchiiiticW Je« chtiitlichen Kultui. Vhei ein im Chtoii. 
Minticuxe erwäbiiiet Kaiiuiiaüc Ues ll schüts vui. .Miiiüc» 
■iehe unter III. (Sp. 112.) 

**} Ntir in Präger InvatMw wird «ach ein ratioaale 
MB |Milii et c^üilnn df««oinn etwilint 



lieh mögen nicht alle Inhaber desselben eine aus- 
I drttckliche Erlaubnis beim apostolischen Stuhle 
' nacbgesueht, sondern sich mit einer stilladiwei» 

genrlen o<lcr vorausgesetzten begnügt, oder wie 
Adalbero von Metz, zu einer Privilegiounittei* 
lung ihre Zuflucht genommen haben.") Denn 
tatsächlich war das Rationale, wie die Monu- 
mente ergeben, mehr im Gebrauch, als es nach 
den verhaltnismafsig wenig zahlreichen schrift- 
I lieben Nachrichten schdnen ltdnnte. Immeiliin 
ist nicht aufser Acht zu lassen, dafs manche 
Dokumente verloren gegangen sein werden und 
was wir jetzt noch an Verleihungen des R** 
tionalea besitzen, nur ein Bmchtett der wiHc- 
lichen sein dürfte, 

Um im übrigen die angetXihrteo Stellen 
richtig zu verstehen, mnfs man ein doppeltes 
Rationale unterscheiden: ein Rationale im Sinne 
eines Bnistschmuckes und äa Rationale im 
Sinne einer palliumartigen SchnttciMnde oder 
eines Schulteriiragens. 

II. 

Einen bis l -fl hen Brustschmuck stellte 
das Rationale Gebhards von Salzburg dar, 
von wekhem der Admonter Mönch ersidilt 
Der Bericht Ufot daran keinen Zweifel. Auch 
l>ei Ivo von Chart res bedeutet es einen 
solchen. Denn nachdem derselbe den Brtist* 
Schild des jUdUehen Hohenpriesters^ in der 
Scptuaginta logion, in der Vulgata rationale 
judicii genaimt, beschrieben, filgt er hinzu: 
„Diesen Sdunnde trug der Hohepriester allein, 
wie es auch jetzt bei denjenigen, welchen sein 
Gebrauch zugestanden ist, geschieht zur Kenn- 
zeichnung des Abstandes der höheren und nie- 
deren Priester." Das bischöfliche Rationale^ 
von dem Ivo spricht, mufs ahn ein in der 
Form dem gleichnamigen aaronitischen Brust- 
schild fthnliches ^rstück gewesen sein. Noch 

'") Man darf nicht Tergeuen, dafs die BefufnitM 
der Bifchöfe hinsichtlich liturgischer AngalcgeahcilCO 
in Miitelaller infolge der Verliillaiise, naMiMlicb 
tiKh wegen det »diwierlgen VerlceWi atl Rom lie- 

«Iruicnci wriicre w.ireii um'. >eiii imifslen, al.H ei jel/t 
der i: AÜ ist. Doch war man bisweilen auch recht frei 
in der Aiwlcgttng der cifeaen UaeiilvollkoBineiibcU. 

Ba Iii bemwhaniwat, dab die Bellan* im «•!• 

cbHi Innocent lt. die BiicItSfe von Paderborn vmi 

I.lltlich inil ('.ein R :i' it.-iu^Ie auszeichnet, zam grofsen 
i'eil wöttlicit uljcieiiuimimeii, tu dai^ cm bestimmtes 
Formular für derartige Verleihungen bestanden haben 
dOrfie. Et •«hciiien dieselben demnach banfigcr «iir- 
gekommen *n Min. 



Digiti.iuLJ Ly Coü 



101 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCRB KUNST — Nr 4. 



10t 



kUrer erscheint tlas Rationale bei Honorius 
als Brustschmuck. „Das (bischöfliche) Ratio- 
na!e", tchrdbt derselbe, „ist dem «Gesetz' ent- 
lehnt. Das Rationale war hier aus Gold, Blau- 
und Rotpurpnr im Mars von einer Spanne ge- 
macht, mit doctrina und veritas (urim und 
lluniliaini), sowie zwölf kostbaren Steinen aus- 
gestattet, auf denen tVxc Namen der Söhne 
Israels eingegraben waren, und wurde vom 
HohenpiieMer «uf der BniM getragen. Bei der 

christlichen Bischofsgewandung erscheint es in 
Gestalt eines Schmuckes aus Gold tmd Edel- 
tteiiien, der auf der BriMt getragen wird und 
oben tn der Kasel beTes^ iat«.>^ 

Brustschilde sind auch die zwei ralionalia, 
welche uns in dem Inventar der Kathedrale 
von Rdo» begegnen. El erlieUt das ans der 
Beschreibung, welche von denselben gegeben 
wird: „Das eine, ein grofses und kostbares 
Kationale", so heifst es in dem Inventar, „ist 
aus GnUtncb genneht, mit yier Ringen und 
ebenso viflen r.nlHaTrraffen versehen und mit 
zwölf Edelsteinen von verschiedener Farbe in 
goldenen kreiafiinnigcn Fassungen geachinfickt, 
auf welchen sich die Namen der zwölf Söhne 
Israels eingeschnitten befinden. Das Rationale 
hingt an einer goldenen Kette, welche die 
Schultern des Prälaten mnaidit und an den 
beiden Seilen mit je einem äufserst schönen 
Steine in GoldÜassung, im Rücken aber mit 
ebiem recht dicken Beigkriitan venriert nt** 

Von dem andern Rationale wird ges.ipl: „Item 
aliud rationale parvum de auro cum catena 
anrea, in cujus ne^intenadiat hqibnnishatae 
nngnitudinis et in circuitu ejusdem sunt alii 
octo lapides pretiosi videlicet 4 smaragdinae 
et 4 balas". Bei diesem Rationale fehlten die 
Namen der Söhne jalioba» wie denn ttberbaupt 

die Zahl der Steine geringer tin'! Air Aus- 
stattung schlichter war. Eine Kette zum Auf- 
hingen deaSdunnckes mangelte ancb hier nicht. 

Welcher Art das Rationale war, dessen Ge- 
brauch Agapet II. den Bischöfen von llalber- 
stadt zugestand, geht leider aus der Rrz.ihlung 

<*) SicMrdiu schreibt: Hodie praefertur Miram et 
gcoms« in pcctM« poMtldHt piaactae aflisM. Seioe 
Werte IduMB steh an H» Aqgsbc des Honottan m 
«Iii flM dann woM ebenfsMi vott «iMa Broat- 

tchmock tu verstehen An den gcwölinlichen Kue1- 
beuu Ildt »ich bct ihaea um so weniger denken, »t« 
dmclbc, fallt er mit üoldilickereien ood Edeltteiiien 
gesehmackt wwde, nichl bM« «if der Bnut mit sei. 



Sigeherts und dem Briefe Hildwards von Hal- 
berstadt an Theodorich von Meu nicht hervor 
und ist auch aus den Monoaienten nkht fealp 

zustellen. 

Dafs das Rationale, von dem in der Bulle 
Johannes XIX. die Rede ist, eine Brusiplatte 
oder einen ähnlichen Bruatachmuck bedeuten 
mufs, durfte sich aus dem Umstand erschließen 
lassen, dals der Papst dem Patriareben von 
Aqnil^a de» Gebnaeh deaaelben aagleidi mit 
dem de*; Palliums gestattete; denn eine Verbin- 
dung von Pallium und Rationale U&t sich wohl 
kaum anders als unter der Amdme Ttfstehen, 
es habe letzteres einen auf der Brttit dCi Pa- 
triarchen über dem FaUitnn angebrachten 
Schmuck dargestellt. 

fin Broslscfaild ist ferner das Ratioiiale, wel- 
ches in dem Sakramentar Ratolds von Coibie 
erwähnt wird. Die Rubrik : Postea, d. i. nadi 
Anlegung der Kasel, ministretur ei casula, tan- 
dem vero rationale cohaereos vinctim '*) super- 
humerali. welche doch nur einen am Amicte 
angebundenen Bnistsdunuck bedeuten kann, 
«eilt aar Genüge damttf Mn. 

Auch das SdiatsTendcfanis der Kathedrale 
von Prag scheint wenn es von rationalia 
spricht, einen Brustschmuck zu meinen. Es 
heifit dort: Primo rationale de periia pfe> 
tiosis, quod ex antiquo reparavit dominus Ar- 
nestus archiepiscopus pragensis. Item aliud 
rationale cum pertia plenun et com craeibus 
nigris donattun per imperatorem, in quo defi- 
ciunt multae perlae. Item aliud rationale dia- 
conale cum perlis parvis et capitibus draco- 
num. Dafs wir es hier mit einer Art von Brust- 
schild zu tun haben, dafür dürfte sprechen, 
daß 1. in dem Inventar unter der Bezeichnung 
„rubrica lationalinm*' aofter den genannteii drei 
rationalia noch die Rin^'r, Bnistkreuic und 
BisdtofisstAbe, also lauter Metallgegenstttnde, 
aufgeführt weiden und da(k 2. auch ein tMako- 
nalrationale erwähnt wird. Dafs wirklich die 
Diakonen hier und da einen Brustschmuck ge- 
tragen haben werden, duri\e das Siegel von 
Bedcum bewesseoi, «dciMi den U. Stephanua 
in Dtakoncntracht mit einem Rationale auf der 
Brust darstellt (Abb. 1). Ein Brastachmuck 



Der jeltt in der Pariser Nationftlbibliothek be- 
findliche Kodex : f . I«t. lL:IOr/J) hat b«ieicbnenderweiie 
»inclim, nicht junctiin, weil dm Rallonale am Amict 
•ngelHUulcii mudc. Mtiflich indeaaen, daCi vincUm 
aar aia 8e1inibf«lilir IHr JaiwiiM M, 



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1«8 



1908. — ZBITSCRRirr FOK caRlSTUCHB KUNST — Nr. 4. 



104 



Oldlich ist meinrs Erachtens aucb in den 1b- 
venlar von Speier geroeint 

RatioMiliaii in fflnne eines nif der Bnnt 
Ober der Kasel befestigten bischöflichen Bnist- 
Kfaildet haben sich aus dem Mittelalter nicht 
eihilten. Dagegen gibt es eine Ansafil von 
Bischofsdarstellungen atu 
dem XII i! XIII. Jahrb., 
welche das Kationale auf- 
weiten und ireffUdie Illu- 
•timtioaen m'den Anifllh- 
rangen dneilvo nnd,Ho* 
norii», sowie ni den An- 
gaben der Inventare von 
Speier, Reims und Prag 
bilden. So findet sich der 
Brastsdinttck beispieh- 

weise auf den Sieijeln der 

Münsterischen Bischöfe 
Werner (t IISU Ludolf 
(yl 248), Wilhclnn(t 1260), 
der Paderborner Bischöfe 
Bernhard III. (f 1228). 
Bemlmd IV. (tlM7K Si- 
mon I. ff I277\ der Min- 
dener Bischöfe Johann (f 
ISBSX WillielnI.(tlMS) 
u. Widekindl.(tl26n.«') 
der Mainzer Ertbischöfe 
Christian (f 1251), Ger- 
liaid 1. (t 1259), Werner 
( 1 1 284)»') und des Main- 
aer Oomstiftes (Abb. 2). 
Audi auf sonstigen Monu- 
menten begej;net es tins 
nicht leiten. Wir erwäh- 
nen hier nnr die drd loa 

Maestricht .stammenden 
Reli'iiiiare des Mus^e Cin- 
quentenaire zu Brüssel mit 
den OuMelluBgen der 
Heiligen Monulphus, Gon- 
dulphtu und Valentin,**) 
die Stitnetie des hL Senntttus an Kopfende des 
Schreines des Heiligen in der St. Servatiuilcirche 
xn Maestricht, die Statue des hl. Gregor d. Gr. 

*^ AbbiMnogen in »Die wwiOUiMhcn Siegil de* 
MtUddlm« {Ummm 1682 «M 1RH5). Tafiri 1*, 
43»: 14»; in«.» «; fi4«,»,* 

*') Abt.ilduiigen bei WUrdtwein, Nova &absid. 
«pl. III. t>b |H; IV. lab. 2(1. 

■j Abb. bei J. Deatr<e. Lei mamim raTaax dn 
riMC 4a CtooMnlaMii« k Brndha, IJnaiMB &. 




:Abb. & Siegel dn 



am Südportal der Kathedrale von Chartres und 
ganz besonders die Darstellung des hl. Cle- 
nene an Portal des QnerMsldlfiss der Reiniser 
Kathedrale.**) die Papstfigur am Hauptportal 
und die nach deren Vorbild gearbeitete Grab- 
tutue Clemens IL in Dom zu Bamberg. 

Der Bnutsdumidt, den 
wir auf den genannten 
Bildwerken antreffen, ist 
meist von rediteckigcr 

Fnnn, finrh auch wohl 
rund. Er ist bald gröfser, 
bald kleiner, immer aber 
reich verziert, zumal mit 
Steinen. Angebracht ist 
er oben Uber der Kasel 
hart unter den Kopt 

durchlafs. Es erscheint 
fast immer im Einklang 
mit den Angaben Hono* 
rius von Autun an der 
ICasel befestigt zu sein. 
Bei derGemensstattie an 
Portal des Querbaues der 

Kathedrale von Reims 
hangt das Kationale an 
Rettcben, die mier der 
I'arura des Amicts ver- 
schwinden. Dais man das 
Rationale wirklich wohl 
am Amict befestigte, er« 
■^chcn wir aus dem Sakra- 
mcntar Kalolds. Denn 
wenn es darin hciftt, es 
solle der Diakon den 
Bischof nach Anlegung 
der Kasel nk den Ra- 
tknate versehen, cohae- 
rens vinctim superhume- 
rali, so ist, wie sich aus 
den voranfgehenden An« 

gaben des Sakramentars 
Doaiiiftn. (.xiii.jahrh I ergibt, unter diesem su- 

'») Abb. bei Dr. F. Bock nnd M. Willemfen, 
»Die milteklICTUchei) Kunal- and ReliqateDtcbitie ra 
MacMri^« S. 47. 

>*) Dte SlaliMB taigaB, wie wir an die Verbindung 
von Pelliam and RaHnnale bei dem PMriarcher Poppo 

vnii .Vntiilfj« ru ilcnlicn haljfii Neueste Abbildangen 
.\. Weese, Die Bainberger Dumikulpturen. .Abb. 
'.Vi, Die Bainberger Clemenistatae, auch bei 

H a k, «Geacbicbla der de«laehea Bildheaarkanat dca 
XULJahih.«, S.04. 



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109 



100 



perhiimerale nicht ein besonderes Schulterkleid 
zu verstehen, wie man irrig geglaubt hat, son- 
dern der Atnict. 

Wie übrigens das Inventar der Kathedrale 
von Reims beweist, trug man das Rationale 
auch nach Art des gegenwärtig gebräuchlichen 
bischöflichen Pectorales*'} an einer Kette um 
den Hals. Man heftete es aber in diesem 
Falle obendrein noch wohl mittelst Nadeln an 
der Kasel an, ohne Zweifel, um ein ebenso 
unschönes wie lastiges Hin- und Herbaumeln 
des Schmuckes zu verhüten. Item tres acus 
de argento deaurato ser- 
vientes ad tenendum dicta 
rationalia cum casula et 
habet quaelibet acus in 
summitate unam grossam 
raargaritam antiquam, $o 
heifst es im Reimser 
Schatzverzeichnis. 

Die Missa lUyricaUfst 
den Bischof bei .^nlegung 

des Kationales beten: 
„Verleih uns, o Herr, dafs 
wir an deiner Wahrheit 
unerschütterlich festhalten 
und der Wahrheit Lehre 
deinem Volke würdig er- 
öffnen". Die in diesen 

Worten ausgesprochene 
Symbolik des Schmuckes 
liegt auch den Deutungen 
zu Grunde, welche Ho- 
norius von Autun von 
demselben an der Hand 
des alttestamentlichen Ra- 
tionales gibt.**) Das Ra- 

, , -, , 1 Abb. 5. CttAhUgiit ilr« Hisch 

tionale war Smnbild des o wa) im »..m 

bischöflichen Lehramtes und der bischöflichen 
Lehrtätigkeit, welche dem christlichen Volk die 

**) Du bischöOiche Hraslkreux kommt bei den 
Biichöfen ent gegen Ende dn Mitlelalteni in allge- 
meinen Gebrmach. .'Vorfallend itt, dth noch P. Klein, 
»chmidt in »Der kalhul. Seelsorger« IttO'i, S. '201 tagt, 
die ertte Erwthnung det Pecloralet getchehe bei Ru- 
pert TOD Deutz (I>e ecci. offic. t. I, c. 2Ü). Ein Blick 
auf den fraglichen Paauii bei Rupert genttgt doch, 
um zu erkennen, da(i der Detitzer Abt nicht von einem 
Bmilkreuz dei Bixchofi, sondern von dem Kreuz, 
zeichen redet, da* der Bitchof auf seine Slime zeichne. 
Der erale, welcher vom Pectornle iprichl, iat Inno, 
cenz III. (Il!i8 -1216). Er bezeichnet dauelbe aber 
ab tpezifitch pJtp«tUche« OmaltlUck. Alz päpzllicher 
Schmuck encheint es auch noch im KationaJe dez 




göttliche Wahrheit vermitteln sollen, daher zu- 
gleich Sinnbild der Weisheit und der Einsicht 
in die Glaubensgeheimnisse, welche dern Bischof 
eigen sein mufs, aber auch eine Mahnung, die 
apostolischen Tugenden treu zu pflegen. 

Fragen wir nach dem Ursprung des Schmuckes, 
so mufs man zweierlei vor Augen halten. Das 
Rationale war ein Schmuck, aber ein Schmuck, 
der unzweifelhaft Beziehungen auf den Brust- 
schmuck des aaronitischen Hohenpriesters ent- 
halt. Wir werden daher nicht fehlgehen, wenn 
wir das Aufkommen des Rationales auf zwei 
Ursachen zurückführen, 
einmal auf die im X. und 
namentlich im XL und 
Xn. Jahrh. zunehmende 
Prachtliebe in der .Aus- 
stattung der pontifikalen 
Gewandung, dann aber 
auch auf gewisse Reminis- 
cenzen an den glänzen- 
den Ornat des jüdischen 
Hohenpriesters, von dem 
man ja immer wieder bei 
der Lesung der hl. Schrift 
hörte. Ks ist das Ratio- 
iLile eines der wenigen 
< irnatstücke, vielleicht das 
emzige, für dessen Ent- 
stehen unzweifelhaft die 
aaronitische pontifikale 
Kultkleidung vorbildlich 
gewesen ist. Dieser Ein- 
flufs tritt schon in dem 
Namen logion, rationale 
deutlich zu Tage. Gerade- 
zu auffällig aber wird er 

iif« Albert viin llnbrolohe , • i r» .* i j 

III wijribuig. 0«' dem Rationale der 

Clemensstatue zu Rein\s und dem ersten der bei- 
den im Reimser Inventar erwähnten Rationalien. 

Durandut, doch ergibt zieh aai deizen Pontificale, da(i 
das Brutlkreuz gegen Ende dei XIII. Jahrh. auch 
zchon, wenngleich nur ad libitum, von den Biichöfen 
gelragen wurde : cnix pecloralii, li quis ea Uli vclil 
(Martine, 1. c. I 1, c. t art. TJ, ordo 23; I. 221). 
Bei den Kardinalbischofen war . die crux pecloralit 
nach Ausweis des von Jacobus Gaetanus vetfalslen 
Ordo wenigitent bereits im Beginn des XIV. Jahrh. in 
Gebrauch. Vergl.ordo 14, c 4 (Migne P. I. LXXVIII). 

*•} Gemma L 1 c. 213 (Migne, P. I. CLXXII, 
tWH): Monet autem pontificem ratiooe vigere, auro 
sapienliae, hyacintho spirilualts intelligenliae, purpur« 
patieotiae in Christum, qui coelnm palma mensural, 
tendere debet, doctrina et verilate radiäre, gemmii 



10T 



1M3. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHF. KUNST — Nr 4. 



108 



Vielleicht übrigens, dafs dai Rationale auch 
mit dem Encolpion der griechischen Bischöfe, 
einem mit Reliquien gefüllten, an einer Kette 
um den Hals hangenden Brustschmuck, in irgend 
einem Zusammenhange steht Ein Encolpion 
dieser Art schickte Patriarch Nicephorus von 
Konstantinopel mitsamt verschiedenen liturgi- 
schen Gewändern Papst I^o III. (79B— 816) 
zum Geschenk.*') Der Umstand, dafs selbiges 
in Begleitung sakraler Gewander (Kasel, .Stola 
etc) erscheint, legt die Vermutung nahe, dafs 
es ebenfalls ein liturgisches OrnatstUck gewesen 
■ei. Ein solches Encolpion mag das Ratio- 
nale gewesen sein, welches Gebhard von Salz- 
burg von seinem Aufenthalt 
in Byzanz mit nach Hause 
brachte. 

Das Rationale im Sinne 
eines Brustschmuckes ver- 
schwindet in der zweiten 
Htlfte des XIII. Jahrh. von 
den Bildwerken. In der 
Praxis dürfte es sich aber, 
wie aus dem Prager Inventar 
hervorgeht, vereinzelt, noch 
eine Weile länger erhalten 
haben. 

m. 

Nicht ein Brxistschmuck, 
sondern eine Art Schulter- 
kleid oder wohl besser ein 
Gegenstück zum erzbischöf- 
lichen Pallium ist gemeint, 
wenn Innocenz II. den Bi- 
schöfen Bernhard von Pader- 
born und Adalbero von Lüttich das Recht 
verleiht, sich an gewissen Tagen bei der Messe 
des Rationales zu bedienen. Die betreffenden 
Bullen deuten das selbst genugsam an, sofern 
sie das Rationale, dessen Gebrauch sie ge- 
statten, durchaus nach Analogie des Palliums 
behandeln. Ganz klar aber erhellt es aus dem 
Umstand, dafs tatsächlich im Mittelalter sowohl 
bei den Paderborner wie den Lutticher Ri- 
schöfen ein besonderes liturgisches Schulter- 
gewand zum Pontifikalornat gehörte imd in 
Paderborn gegenwärtig noch gehört 

Ein solche« SchuUerkleid ist offenbar im 
St Galler Codex gemeint Auch das Rationale, 




Ahh, 4. <-irab(i|Oir dr» HivJiof« Mi inriLli ytm ,\b' 
brrg (t iWi) im l>»ni iti Rc(cniburie. 



Tiftataiii conucare, doodecim apottolot sanctitate imi- 
ttri, toliut pupaS in Mcrificio recordari. 
") Migne, P. 1. CII, 10«7. 



welches Calixt II. dem Bischof Dietrich von 
Naumburg gewährt, wird von dieser Art gewesen 
sein. Sicher ist das bezüglich des Rationales, von 
dem Bischof Philipp von Eichstätt in der Vita S. 
Willibaldi berichtet und das er als vom hl. Boni- 
fazius dem hl. Willibald und seinen Nachfolgern 
verliehen hinstellt. Das bezeugen nicht nur 
zahlreiche Monumente, namentlich aber die 
Miniaturen des Pontificales Gundekars II., es 
bildet wie zu Paderborn so auch zu Eichstätt 
noch jetzt ein Rationale genanntes Schulterkleid 
einen Bestandteil der Pontifikalgewandung. 

Von sonstigen deutschen Bischöfen scheinen 
fast nur noch die Bischöfe von Regensburg, Würz- 
burg und Bamberg sich eines 
Rationales dieser Art bedient 
zu haben. Für Würzburg und 
Regensburg lassen die Monu- 
mente, insbesondere die 
Siegel und Grabmäler, daran 
keinen Zweifel. Auf den 
Würzburger Bischofssiegeln 
erscheint das Rationale zu- 
erst bei Emehard von Ro- 
thenburg (1088—1101; und 
erhalt sich auf denselben bis 
auf Gottfried von Hohenlohe 
(1314—1322). Von da ab 
wird es in fast ununter- 
hrochener Folge durch die 
Grabmäler der WUrzburgi- 
schen Bischöfe bezeugt. Die 
Reihe derselben beginnt mit 
Mangold von Neuenburg 
(■; i303); mit Johann Gottfried 
von Aschhausen ;if>17— 1622) tritt das Pallium 
an Stelle des Rationales. Bei der Grabfigur 
Mangolds von Neuenburg ist das Ornatstück 
in Malerei, bei den folgenden Bischöfen in 
Skulptur dargestellt [Abb. 3). 

.■\uf den Regcnsburger Siegeln begegnet uns 
das Rationale zuerst, wie es scheint bei Hart- 
wig I. (1106—1126),") es erhält sich auf den- 

**) Eine Miniatur in dem an« NiedermansleT in 
Keeentbuig ilammenden, Ulacod» (Münch. SlaalsbibL 
Cim. M) könnte anf die Vermulong fahren, e» ici be- 
reift lur Enl»tehung»ieit de»»elben (Beginn de» XI. 
Jahrh.) da» Rationale bei den Regenibnrger Bischöfen 
in Gebrauch geweaen. Allein eine iolche i«l durchaui 
irrig. Die Miniatur «elh den hl. Erhard in merkwdr. 
diger VerquicUung bmchöflicher und hohenprieater- 
licher Tracht dar. Wie au« dem Kopfbund und der 
dreieckigen goldenes ätimacheibc des Heiligen nicht 



10» 



110 



selben bis Uber die Mitte des XIV. Jahrb., da 
es sich noch auf einem aus dem Jahre 1353 
stammenden Siegel Friedrichs von Nürnberg 
vorfindet. (1341 — 13f>8.) Auf den Grabmälern 
der Regensburger Bischöfe kommt es erst spät 
vor; der erste, bei dessen Grabfigur es sich 
nachweisen Ufst, ist Bischof Heinrich von Abs- 
berg (1465—1492). Freilich ist die Zahl älterer 
Grabmonumente eine sehr geringe. Seit dem 
Ende des XV. Jahrh. tritt es aber dann bis lu 
Bischof David Kölderer von üurgstall (1567 
bis 1579) auf einer ununterbrochenen Reihe 
prächtigster Grabplatten Regensburger Bischöfe 
auf (Abb. 4). Aus dem 
Ende des XIII. Jahrh. 
summt eine mit dem Ra- 
tionale geschmückte Bi- 
schofsbüste im Tympanon 
einer zum südlichen Sei- 
tenchor führenden Tür, 
aus der ersten Hälfte des 
XIV. Jahrh. verschiedene 
mit dem Rationale aus- 
gezeichnete ßischofsfigu- 
ren in den Fenstern des 
südlichen Seitenschiffes 
und Querschi ffes.") 

Dafs in Bamberg das 
R.-itionale in Gebrauch 
war, ergibt sich aus einem 
im Bamberger Domschatz 
noch vorhandenen Exem- 
plare. Dasselbe geliört 
nach Material, Technik u. 
Ausfiihrungsweise durch- 
aus in die Kategorie der 
Paramente, welche Hein- 
rich d. H. seiner Stiftung schenkte und stammt 
sonach aus der Frühe des XI. Jahrh. Fa ist 

gefolgert werden kann, dafi die Bischöfe von Regen»- 
barg lieh damals einei derartigen Kupf»chmuckes be- 
dieoten, ebensowenig gestattet das phantailische Schuller- 
gewand St. Erhards einen Schlafs auf eine Verwendung 
des Rationales. 

**) Da« Studium der Würzburger Siegel wurde 
mir durch die Liebenswürdigkeit des Sekretärs des 
Historischen Vereins von UoterfrankeD, Herrn Dr. 
jur. Ziegler lu Wuriburg , das der Re^ensbnrger 
Siegel durch die freundliche Beihtllfe Sr. Hochgeboren 
des Herrn Urafen Hugo von Walderdorti and des 
jetiigen Direktors des Reich-sarchivs zu München, 
Herrn Dr. Banmann ermflglicht Herzlichen Dank auch 
für gtttigsles Entgegenkommen dem hochw Herrn Gc- 
neralvikar Prilal Dr. Lcilncr zu Kegensburg und dem 
hochw. Herrn Dompfarrer Dr. Braun zu Wttrzburg. 




Abb. 5. 



leider äufserst beschädigt, da von ihm nur 
noch die Goldstickereien und selbst diese 
nicht einmal vollständig erhalten sind und be- 
findet sich gegenwärtig auf einer aus dem XI. 
Jahrh. stammenden und gegen Ende des XV. 
Jahrh. mit neuem Stoff (einem dunkelblauen, 
mit spätem Granatapfelmuster verzierten Da- 
mast) überzogenen Kasel. Das .\ufnähen geschah 
in sehr ungeschickter Weise. Awf der Vorder- 
seite wurde das Rationale sogar in der Mitte 
durchgeschnitten."") 

Auch in den Custoreirechnungen des Bam- 
berger Domes wird wiederholt ein Rationale 
genannt. Für die Jahre 
1476, 1485, 1BI2, 1539 
und 161Ü ist eine Repa- 
ratur desselben erwähnt. 
1544 lieferte ein Gold- 
schmied 32 Schellen für 
das Rationale; 1626 repa- 
rierten und erneuerten die 
Jungfrauen „zum hl. Grab" 
das Ornatstück und reinig- 
ten die Perlen und Edel- 
steine desselben.*') Die 
Angabe zu den Jahren 
1476 und 1185 mögen 
sich auf das vorhin ge- 
nannte Rationale bezie- 
hen. Die späteren, nament- 
lich der Vermerk zu den 
Jahren 1644 und 1626 
setzen indessen ein zwei- 
tes voraus, das mit Per- 
len, Edelgesteinen und 
Schellchen geschmückt 
gewesen sein mufs. 
Auffallend ist, dafs auf der langen Reihe von 
Grabfiguren der Bamberger Bischöfe im Dom 

**) Es sei flbrtgens bemerkl, da(s meiner Ansicht 
zufolge das Bamberger Kationale nie ein selbstän- 
diges OrMatsstack, sondern von Anfang an der Kasel 
aufgestickt gewesen iai. Ich stutze mich dabei auf 
seine Beschaffenheil. Es ist auffUlig, dafs auf der 
Rückseite der Heiland mit den beiden Engeln zu 
seiner Seile nicht innerhalb des Mittelfeldes, sondern 
Uber demselben angebracht ist. Er kann nberhauiit 
nie innerhalb desselben gestanden haben, wie die Mafs- 
verhältnisse der Vorder- und RUckseite des Rationales 
beweisen. Ks mofs daher letzteres von Anfang an auf 
der Kasel seinen Platz gehabt und der KaseUtoff als 
Stickgrund gedient haben. \uf dem Regensbarger 
kalionale, das anzweifelhaft als selbiltndiges Ornat- 
slUck gedacht ist, hat der Heiland mit den Engehi 
auf dem Mittelfeld der Rückseite eine Stelle gefunden. 



Grjibngur tl« rtischuf» (inurnrcl vim Limburg 
(1 11Ä6) im l>4>ni XU Wür/buxg. 



III 



1903. — ZSITSCHRIPT FÜR CHRISTUCHE KUNST — Nr. 4. 



112 



ZQ Bamberg nirgends das Rationale auftritt 
Die Bischöfe tragen vielmehr regelmäfsig das 
Pallium. Bekanntlich erhielt Hartwig von Bam- 
berg lUßS auf Fürbitte Heinrichs III. von Papst 
Leo IX. das Recht, das Pallium zu tragen, doch 
nur fiJr seine Person, da seiner Nachfolger in 
der fraglichen Bulle keinerlei Erwähnung ge- 
schieht.") Ebenso erhielt Bischof Egilbert 
1139 von Innocenz II., der ihn konsekriert 
hatte, für seine Person das Pallium.") Viel- 
leicht, dafs spater dasselbe für alle Inhaber des 
Bamberger Stuhles, der als Gründung Hein- 
richs d. H. besonderen Ansehens sich erfreute, 
gegeben wurde; denn es ist nicht anzunehmen, 
dafs das Pallium aller Grabmonumente nur auf 



Wandung gehört, ist unsicher. Man hat daAlr 
wohl eine Stelle des Chronicon Mindense (XV. 
Jahrh.; angeführt.**) Allein es ist in derselben 
erstens nicht das Rationale, sondern das Pal- 
lium gemeint, was klar aus dem Prologus 
hervorgeht, und dann ist die ganze Erzählung 
von der Einweihung des Mindener Domes 
durch Leo III. und der daran sich anknüpfen- 
den Privilegienverleihungen nur Fabel. Wenn 
etwas dafür spricht, dafs die Mindener Bischöfe 
in späterer Zeit die Befugnis besafsen, das Ra- 
tionale zu tragen, so sind das die Siegel der 
Bischöfe Wilhelm I. von Diepholz (1236 -1242), 
Widekind I. von Hoya (1253-1261) und Vollc- 
win von Schwalenberg (1275—1293), auf denen. 




Rechnung der Künstler zu setzen seL Jeden- 
falls beweist aber die wiederholte Reparatur- 
bedürftigkeit des Rationales in den Jahren 1470 
bis 1626, dafs selbiges damals zu Bamberg noch 
nicht ganz aufser Gebrauch gewesen sein kann. 

Ob auch in Minden das Rationale im 
Mittelalter zu den Bestandteilen der Pontifikalgc- 

Der Koptil hat ra dem Ende die Ruckieite verUUigert 
und «ufierdem du MediiiUon mit dem Lamm (iotle« 
unterhalb de* lieUandci verkleinert. NatDrlich mabte 
er dalKi auch der Vorderteile eine enlsprechend 
gTÜltete LInge geben. 

«) Pfiitcr .Der Dom tu Bamberg« S. 74. Zu 
Bamberg hat mich der Hochw. Herr Domkapitular 
Dr. Senger durch die Uolentatxung, welche er mir 
tum Zwecke einer Unteriuchung der Paramente des 
Uomcf in bereilwilligiter Weite lieh, zu betonderem 
Danke verpflkhlel. 

•*) Migne P. 1. CXLIll, 700. 

») Ibid. CUCXiX. 483. 



Abb. d. Ratioaale im Dom n Bamberc. 

wie es scheint, die Bischöfe mit dem Rationale 
geschmückt sind.**) 



•*) Meibom. »Rerum germanic.« 1. 1. p.bb2: El 
hoc lemplttm conKCratar — a I.eone et ditatur — 
mallia pririlegiit — nam hic praeiul honoratur — 
Mindentit cjui vocilatur — dignilate pallii — quod 
bene rationale — vocamui et hoc non male — nam 
Irini epitcopi — itnium itto decorantur — per quem 
recte venerantor — locut, gent et clerici. Im Protogut 
wird dietelbe Begebenheit erzlbll, nur daft hier dat 
VCD Leo IX. angeblich verliehene OrnalttOck bloft 
pallium genannt wird. „Hunc patlorem cum oroaTit 
— ntu »acri pallii." 

**) Auch auf den Otnabnicker Siegeln Gerhardt 
von Oldenburg (1192-1210) und Engelberts l. von 
Isenburg ^12*25— 12'iU), sowie den MOnileiitchen 
Ottos I. von Oldenburg (1-201 — 121 :{) und LudoK* 
von Holte (1220—1247) scheint das Rationale im 
Sinne emes palliumarligen Schultertchmuckes vorzu- 
kommen. <^>b man indessen ans einem derartigen 
vereinxelten Auftreteu dettelbcn den Schlolt auf eine 



113 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4. 



114 



Aufserhalb Deutschlands scheint das Ornat- 
stück nur sehr vereinzelt in Gebrauch gewesen 
zu sein. Barbier de Montaull hat es auch auf 
Grund einer mittelalterlichen Bischofsstatue für 
den Bischof von Poitiers nachweisen wollen.**) 
Indessen donnitat aliquando bonus Homerus. 
Der sonst so bedachtige Forscher hat diesmal 
die bei der fraglichen Statue wie übrigens auch 
sonst nicht selten etwas stark hervortretende 
Umbordung des Kopfdurchlasses mit einem 
Schulterkragen verwechselt 

Bis jetzt ist uns nur ein aufserdeutscher 
Bischof bekannt geworden, der sich des Ra- 
tionales im Sinne eines Schulterkleides bedient 
h^itte, der Bischof von Krakau. Freilich besafs 
auch der Bischof von Toul das Privileg, das- 
selbe zu tragen — es 
wurde zu Toul statt ra- 
tionale richtiger superhu- 
merale genannt.*^) — Al- 
lein wie Lüttich ehedem 
zum Mctropolitanverband 
Cöln, so gehörte Toul als 
Suffragan zum Metropoli- 
tanverband Trier, dessen 
Dekan zu sein der Toulcr 
Bischof sogar behauptete. 
Im Dom zu Krakau ist 
noch ein Rationale vor- 
handen, welches laut Auf- 
schrift ein Geschenk der 
Königin Hedwig, Tochter 
Ludwigs von Ungarn, ist. '<..ii..n»ic im Ke». 

Später bedienten sich die 
Krakauer Bischöfe des Palliums.**) 

Die Form des Rationales war weder überall 
noch zu allen Zeiten dieselbe. Wie die übrigen 
OmatstUcke hat auch das Rationale seine Ent- 
wicklung gehabt 

In Paderborn erscheint es, soweit die Monu- 
mente ein Urteil gestatten, in seiner ältesten 
Gestalt als ein dem Y artigen Pallium formver- 

Ultlchljch« Verwendung dei OrnatitUcke* machen 
darf? Man darf nicht vergelten, da(i za den Siegeln 
nicht selten auwtriige Vorlagen genommen oder dafs 
dieselben answirts angefertigt wurden. 

**) Particularit^ du costume des <*t <|ues de PoHiert 
in Bullet, monument. 1K77 p. (Vi3 svte«. 

*") De Vert, Explication de* c<r(monie« de Im 
mcas« I, I.'i3. 

*') Ales. Prtetdxiecki el Eduard Raito. 
Wieck i, Monuments du moyen-lge dant l'ancienne 
PoiogDe Nr. 17. 




wandter Schmuck. Man vergleiche s. B. die 
Siegel Willbrands von Wildeshausen (1225 bis 
1227) und Bernhards IV. (1227-1247), sowie 
die Statue des hl. Liborius (?) am Portal der 
Domkirche zu Paderborn (Xlll. Jahrh.). In 
spaterer Zeit wurde es zu Paderborn eine Art 
von Schulterkragen, der vom und hinten mit 
zwei Behängen versehen ist 

Sehr lehrreich ist in Bezug auf die Ent- 
wicklung des Rationale das Pontifikale Gunde- 
kars II. zu Eichstätt mit seinen Abbildungen 
der Eichstätter Bischöfe. Es wurde unter Gun- 
dekar II. begonnen und reicht bis zum Jahre 
1540, Die Serie der Eichstätter Bischöfe bis 
Gundekar II. (f 1076) einschliefslich entstand 
noch unter dem Pontifikat Gundekars, die Bilder 
der Bischöfe des XII. 
Jahrh. wurden um 12<M) 
gemalt, die übrigen nach 
und nach hinzugefügt Es 
läfst sich allerdings nicht 
verkennen, dafs bei diesen 
Darstellungen die Phan- 
tasie des Künstlers ein 
gutes Stück mitgearbeitet 
hat Eine so bunte Man- 
nigfaltigkeit, wie sie uns 
hier in Bezug auf die 
Gestalt und Ausstattung 
des Rationales entgegen- 
tritt, ist zweifelsohne 
nicht vorhanden gewesen. 
BayrUrhen XitinnaimiiKTim Sieht man indessen von 

(KOcksril«.) 

den Einzelheiten ab und 
achtet man blofs auf den Typus, so dürfen die Mi- 
niaturen als treues Spiegelbild der Entwicklung 
des Ornatstückes gelten. Bei den Bischöfen des 
XII. Jahrh., bei welchen dasselbe zuerst vor- 
kommt steht es, was die Form anlangt dem Pal- 
lium noch recht nahe, nur dafs der Behang 
kürzer ist, wie bei diesem und auf den Schul- 
tern bei der Mehrzahl der Darstellungen 
scheibenförmige Zierstücke angebracht sind. 
Im XIII. Jahrh. entfernt sich das Rationale 
immer mehr vom Pallium, indem es sich in 
demselben Mafse der Kragenform nähert, bis 
im Beginn des XIV. Jahrh. die doppelten Be- 
hänge auf Brust und Rücken auftreten.**) 



**) Vergl. die Abhild. der Minialaren In »Eich, 
stitts Kunst, Kesitchrift zum goldenen Prieslerjubilium 
des hochw. Herrn Bischofs Ur. {■'rans l>eopotd Frei- 
bcrm von Leonrod«, Manchen lt)01. 



IIA 



1803. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHE KUNST — Nr 4. 



116 



Auch auf den Regensburgcr Siegeln, Glas- 
genuUden und Grabmälem läfst sieb der Wandel 
in der Form des OmatstUckes gut, vielleicht 
sogar noch besser, wie auf den Mteiatnren des 
Gundekarpontifikales verfolgen. Bis Konrad V 
von Lapporg (1296—1318) hat das Rationale 
eine dem PalliinB dttidwns vennndte Gotate. 
Fast der einzige Unterschied zwischen beiden 
besteht darin, daCi der Behang beim Rationale 
angleich kflner ist, als beim Pallium. Scheiben 
auf den Schultern kommen erst seil der Mitte 
des Xlll. Jaluli. beim Rationale vor. Doppel- 
behänge treten zuerst bei Nikolaus von Stacho- 
wiu (1818-1840) und Friediidi von Nttrabeig 
(1341 -13()H) auf. Auf den Grabnalcni er- 
scheint CS dann als (Örm- 
Hdier mit Doppelbdiln- 
gen ausgestatteter Ringen 
(Abb. 4). 

Keine besondere Ent- 
wicklung hat das Ra- 
tionale zu Würzburg und 
zu Bamberg erfahren; 
SU Würsburg eracbeint 
ei Ton seinem ersten 
Auftreten unter £me- 
hud bis Ulm Augeu' 
blick, da es durch das Pal- 
lium ersetzt wird, auf den 
Monumenten, Siegeln wie 
Grabmälen, als paHium- 
artiges Ornatstiick. Es 
sind im ganzen vielleicht 
etwa drei Siegel,**) welche 
eine etwas abweichende 
Form zeigen. Sie sind 
jedoch am >o weniger 
von Bedeutung, als andere Siege! derselben 
Bischöfe die normale Form zeigen. 

Ungemein glänzende Beispiele dieser Form 
bicien in grofser Fttlle die Grabmonumente der 
Wttrtbwger Biachafe (Abb. 8 u. 6). 

In Bamberg ist umgekehrt schon im XI. 
Jahrb. das Rationale ein Ornatstiick, das in keiner 
Weise an das Pallimn crinnert(Abb. 6). Babesteht 
aus einem unten rechte und links in AluUufern 
endenden, diir< Ii ein M heibcnförmiges Schulter- 
Stuck verbundenen Brust- und Rückenteil. Von 
Bamberg aebebt sieb dieser Typoa dann 

*") Es lind twei biege! Lmbricho« von LeiDingen 
(t 114») and da Si^ HmMt voa 
(t "72V 




Alik.a BSM 4w Id. LaabM ia te KatMnI* 



spater nach Eichstatt und R^ensburg verpflansl 
zu haben. Das in der Katluv'.rale zu Rccjcns- 
burg noch vorhandene Rationale stammt ohne 
alles Zweiiiel aus Bamberg, wo es etwa in der 
ersten Hälfte de? XIII. Jahrh. entstanden sein 
dürfte. Es ist sowohl der Form wie den 
Gegeottand der Danldlnng nach eine genaue 
Kopie des zu Bamberg be6ndlichen Rationales. 
Verschieden ist es von demselben nur durch 
gröfsere Länge und Breite der Behänge, durch 
das Stickmaterial und den Stil. 

Das Bamberger Rationale ist ganz in un^'e- 
mein zarter Goldstickerei aosgeiUhrt. Der dabei 
gebrauchte iuberst feine Goldfiulen iat anttdst 
Gold bestehenden T..ihnes 
hergestellt. Der rotseidene 
Abheftfaden ist so tief in 
den Stoff eingezogen, dafs 
er fast verschwindet und 
die Arbeit den Eindruck 
eines Goldgewebes macht 
Technisch ist die Stickerei 
vorzüglich, dagegen sind 
die DarsteUmigen siem- 
lich imbeholfen und steif. 
Beim R^ensburger Ra- 
tionale ist auter Gold- 
stickerei anch Seiden» 
Stickerei zur Anwendung 
gekommen. In Seide sind 
gestickt dieFleiscbpartiea, 
das Haar, die Inschriften, 
die Konturen und einiges 
andere. Der Lahn des 
GoldCadensbestehtaus ver- 
goldetem Silber. Die Tech- 
nik iat sehr entwickelt; 
die Hand, welche das Rationale schuf, hat es 
meisterlich verstanden, durch Wechsel im .\h- 
heften und in der Lagerung der Goldfaden die 
versdiiedeasten Eflbkte m ersielen. Sie hat 
liberall nach Mafsgabe des Gegenstandes ge- 
arbeitet Auch zeichnerisch betrachtet sind 
die Darateltungen ausgeseiehnet, sie sind ebenso 
ausdrucksvoll wie edel in der Form. 

Wann diese Kopie nach Regensburg ge- 
kommen, ist nicht festzustellen. Für Regens- 
boig angefertigt ist sie jedcnlälls nidit; da erst 
in der ersten Hälfte des XIV. Jahrh. das Ra- 
tionale daselbst eine dem Bamberger verwandte 
Form annahm. Schart behaupte^ es sei das 
Regensburger Rationale durch Berthold von 
Nfimberg (1851— 1S«6>, Bischof von Eichstätt, 



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117 



1903. — ZEITSCHRIFT FOR CHRISTUCHB RUNST — Nr. 4. 



118 



Oer AaniUHUUor 

von Regensburg gewesen."' Es ist dasMcMen 
nur eine Vermutung, für die ein Anhalt nicht 
vof1ic|t Es «eilt Tiehaehr die BcMhaffinheit 
det Rationale! im Dom zu Regensburg durch- 
aus auf Bambeig als Herkunftsort hin. Es 
durfte nidit so unwahrscbeinlicfa idn, dais es in 
der enteo Hilfte des X VII. Jahrh. aaeh Ragens» 
bOfg gdnaeht wurde, um als Vorlage für die 
nach aeinena Muster angefertigte Nachbildung 
andienen, «ddieaichjetat im NationalnMiaenni 
an München befindet (Abb. 7). Bei dieser Ge- 
legenheit mag dann das Bamberger Rationale 
in Regensburg geblieben sein. 

Die Münchener Kopie iat nicht 
gearbeitet, ziemlich getreu 
und fast blois hinsicht- 
lich der Inschriften ver- 
einfacht. Sie kam von 

Regensburg, wie es 
sdieint; im Nachblä des 
BischofsFranaWilhelmvon 
Wartenberg(1649— 16611. 
der es mag haben anfeiti- 
gen lassen, nach Schtofs 
Tiefsling bei Mühldorf, 
von wo es dem Bayri- 
Bches Natiooalmnsevm 
übermittelt wurde. 

Zu Toul erscheint das 
Rationale zuerst auf dem 
Siegel Roberts von Uar- 
cey (1230-125.3) und 
swar ist es hier schon mit 
zwei Behlingen veradien. Abv. ». KaHaui» im K|1 
Bei den folgenden Bischö- " 
fen fehlt das Ornatstäck. Es dauert bis gegen die 
Mitte d. XIV. Jahrb., d. i. bis auf Bischof Thomas 
von Bourlemont (1330— 13&3), ehe es wieder 
auftritt"; .Auch jetzt Lst es mit einem Doppel- 
behang geschroUckL Die Form, welche das 
Rationale apftter su Toni hatte, erhellt ans 
einer, freilich mangelhaften Abbildung bei de 
Vert. Es ist hier ein Schulterkleid mit runden 
Schilden auf den Schultern und zwei Behängen 
am Sauro.^ Im Beginn des XVIII. Jahrh. war 
das OiMlsMck bereits eine Weile auÜMr Ge- 




^) «GssAi^ 4«r WMiades Kauls in Bqm* 

S. S87. 

<*) Roberl •Siginographie de ToqJ« bei Rniimnlt 
de Flcifj, L« neHC VlU, p. 72. 

<•) D« Verl «liflktficHi deseMnoelas« (Pifte 
170^ T.n, pL 1 elp. 155. 



brauch, wie aus dnem Brief Don Calmets an 

Montfaucon hervorgeht**) 

Die Entwicklung des LUtticher Rationales 
Ufst lidi nidit verfolgen. Gtten Aasgang des 
Mittelalters war es, wie fast allenthalben, ein 
lOrmliches Schultergewand (Abb. 8). Es ist auf 
den Bildwerken Uber den Schultern meiat aait 
Scheiben aMgeatatlet, nur aehen entbehrt ea 
derselben. Dagegen endet CS aas Sanas legd* 
mtläig in drei Behangen. 

flSgentttmlidier Art ist daa Krakauer Ra- 
tionale. Es besteht aus zwei den Schullern auf- 
liegenden Streifen, welche sich vor der Brust 
und im Rücken kreuzen. Ober den Kreuzirags» 
in GoU gesticktes Rundmedaillon 
sngebracht, welches das 
Lnun Gottes entliälL Den 
Schaftetatreifensinddidn- 

Schriften, ilorlrinrj, vtriliis, 

prudtutia und timpUcitas 
aufgesdckt Auf den Be* 
hängen findet sich der 
Name der Geschenkge- 
berin: JItdwigis Regina, 
gS» ngsr Liubvki enge- 
bracht Die mit Fransen 
verzierten Endstücke wei- 
sen die Wappen von Po- 
len, Ungarn und An)on 
auf. 

Von Rationalien in der 
Art eines Schulteigewan- 

des haben sich aus dem 
Mittelalter vier erhalten, 
daa Bamberger Rationale. 

das Rationale im Dom 
im Bayrischen National* 
ein Rationale in Eich- 
st wiederholt beschrie- 
ben und abgebildet worden.*'') Ks stammt 
gemafs dem ihm eingestickten Wappen von 
Bischof Johann von Bich (1445-1464) her 
und ist reich in Perlen und (Jold gestickt 
Auf den Schulterstücken sind der hl. Bonifuius 
mit dem Mainzer und der hl. Willibald mit dem 

**) Kobaall de Fleary I. c. p 73: Lesdv^qo« 
de Tool le lemint sstrcfols d'sse eipkoed'^liod 
oa de MperitarnndL Der Brief datiirt v«w 14. Ja- 
DHir 1720. 

**) AbbOd. bei Bock »Geschichle der Ktargi. 
icbraGewiDdert Bd.U, Tar.XXVU; Cahier •Htm. 
«•ans ■flasfas«, hroins p. 184 svIm. iiBd 
Ii »Bietalus Knü« S. 5. 



Ba)ti9cbrii Natiaaalaiumm 

(Vorder »'•itf-. I 

zu Regensburg und 
museum und endlich 
stätt Das EiduUitter 



Digiiizcü by Cc)ü^Il 



11« 



190ä. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4. 



Gichstätter Wappen dargestellt. Vorn und im 
Rücken ist das Rationale in Perlen mit einer 
von Eichenranken eingerahmten Inschrift ge- 
•clniilickt^ die tieb teils auf das MitlebtOdc, 
teils auf flie Behänge verteilen. Sie lautet auf der 
Vorderseite: Fides, s/>es, cariiat (Mitte), justitia 
(Unker),^f«rVin/» (rechter Behang), aofder Rttck- 
seite verilas, disdfi/ina (Miiie), tem/xrantia 
ker), prudtntia (rechter Behang). Das die In- 
schriften nmziehende Eichenlaub weist nach 
Art eines redenden Wappens auf den Namen 
des Bischofs liin. 

Weit gröfseres Interesse nehmen die Rationa- 
len an Bamberg, Regensbuig**) und München 
wegen ihres reichen tiefsinnigen Bildersehmilckes 
in Anspruch. Auf den Runcischeiben sinrl in 
der Milte zwei einander begegnende bezw. zwei 
dnander ach kflssende Franengestalien darge- 
stellt, deren Bedfutung durch die Umschrift mi- 
sericordia et verilas obvinaeiunl sibi und jmtitia et 
fax 9$emlaiag uimt (Ps. 84, 11 ) gekennteiehnet ist. 
Um sie herum sind» durch ein ßiattornament von 
einander pctrennt, je sechs Brustbilder ange- 
bracht, laut Beischrift die zwölf Stämme Israels. 
Der vor dcrnuat und im Rttden herab&llende 

Teil des Ornatstür.ks, welches durch eine Rnrte 
rings umrahmt wird, setzt sich aus zwei schmalen 
seitlichen VertikalstreHen md einem etwas 
kürzeren Mittelfelde zusammen. Die Vertikal- 
streifen enthalten je drei l^albbil(ler der zwölf 
AposteU Im mittleren Felde i»t auf derRück- 
seiie der Wdtenrichter und das Lamm, uinge» 
ben von Engeln und den Evangelistensvml nl n 
abgdtildet Von den Engeln reicht einer dein 
hi Johannes eine Rolle zum Schreiben, ein an- 
derer bläst in die Posaune. Auf der Vorder- 
seite füllt eine grofsartig gedachte Allegorie der 
Kirche die Mitte (Abb. 9). Unter funfturmigem 
Überbau, der mit Behängen diappiert ist, steht 
Christus, der neue Salomon, der rex pacificus, 
wie es auf dem Bamberger Rationale heifst, auf 
einer EstnKte, dem iereulum Salomonis und 
reclinatorium aurcum, ni der recht?* und links 
ein Aufstieg fuhrt. Der Uberb;ui ruht auf zwei 
Säulen, den columnae argenteac, neben denen 
Petras und Paulus, die Siulen der Kirche, 
stehen. In dem .Aufstieg zur linken sind Mär- 
tyrer, von denen einer auf dem Regensburger 

*«) Die b<r*teti Abbild, bei C«hicr I c. p. lt)*i, 
199 und in dem fllr die Getckichte der mittelaJierlicben 
.Slicitrteien h«drutungs«Ollta W«llw L. d«Far«jr 

»La Broderiet pL 0. 



Rationale als Stephanus bezeichnet ist, in dem 
Aufstieg zHr Rechten der Herold der Liebe, 
Johannes Ev. Zwei Wege fuhren zum Friedens- 
könig, der ascenauB poipweus, dai Martettun, 
und die I>iebc. Vor der Estrade erliebt sich 
in der Mitte eine Fraueogeslalt, die Kirche, zu 
deren 7Q6en die HalbbiMer zweier Frauen an» 
gebracht sind, Maria und Martha, das beschau- 
liche und das tätige Leben. Beischriften bilden 
auf der Vorderseite wie auf der Rückseite die 
Srlinteruag der Darstellungen. Am ausgiebig- 
sten sind sie auf dem Baraberger Rationale 
beigeigebeD. Beim MUnchener sind die In- 
schriften der Vorlage entweder awggelaasen 
oder durch andere ersetzt, bei denen die reiche 
Allegorie, welche den Bilderscbmuck beherrscht, 
kaum mehr zur Geltung kommt iMe Dar- 

i Stellungen der Vorderseite beruhen ganz auf der 
.^pocalypse, diejenigen der Rückseite im wesenl» 

f liehen auf dem Hohen Lied und seinen mysti- 
schen Deutuifoi bd den alten Sxegeten.^ 

Ein Rationale aus später Zeit wird im Dom 
zu Paderborn aufbewahrt. Auch hei ihm t-e 

I steht die Vorder- und Rückseite aus einem 
Mittebtiick und zwei, die Seiten desedben be> 

! gleitenden Vertikalstreifen. Schtilterschilde feh- 
len aber, es stofsea vielmehr die seitlichen 
Strafen unmittelbar über der Schuittr anein- 
ander. Durch etae reich mit Edelsteinen be- 
setzte Agraffe petrennt sind auf dem vorderen 
Mittelstuck die V^'orte doctrina. veritas, auf dem 
hinteren /Ubs . emriku eingcsiiekt. Auf die Ver« 
fikaV trpT ri verteilt .sich eine Inschrift, welche 
einen kurzen Abrifs der Geschichte des Pader- 
boraer Rationalea gibt; BtmarAa L *^ päd. 

impetravil — Innoctntius II. P. M. concessil — 
Ahxanchr VIL /'. \T. confirmavil — Ftrdinan- 
dm II. tpm päd. ampUavit. Die Inschriften 
auf dem Mittelfeld wie den Streifen werden 
von lierlichen Bouillonstickereien umrahmt. 
Die um den Kopfdurchlafs Uzenden vier 
ZwirJcd sind mit Perlatickereieo veniert, die 
Vertikalstreifen enden in Goldfransen.**) 

.\n den Säumen des Rationales brachte man, 
wie die Bildwerke bekunden, gern Glöckchen an. 
Untinabttlis resooana aagt der St Gal ler Codex. 

Der Kaum gestattet kein weitcicü Eingehen auf 
die diei Kalionalien und ihren BUderichmack. leb 
hoffit ipitcr G«Ieg^ohcit la iiiidMi, naduakolca, wu 
hier vn^flal werden mnbie. 

I **j AbbUd. bei Ludorff »Die Bau. und K«Mt- 
dcnkaller das Krabea Padtrbofn«. Taf. m. 



ISl 



Erhalten haben sich solche noch an dem Ritio- 
nale zu Regensburg und Eichstätt 

Über den Ursprung des Rationales im Sinne 
einet Sdmltendimticltes bst mm verschiedene 

Hypothesen aufgestellt. Nach Wilpert wäre es 
herzuleiten von dem aus xwei auf den Achseln 
angebrachten Scheiben und zwei von den 
Schultern bis über die Brust aidi heribiieben- 
den Streifen bestehenden Besatz, den wir vom 
III. Jahrh. an bis ins XI. nicht selten auf den 
MoBmntntcn an der Ttedka intteffen.'*) Et 

soll sich diese Verzierung, zu der oft noch eine 
den Kopfdurchlafs verzierende Borte kam, im 
Mittelaller losgelöst haben und als selbständiger 
Schulterschmuck zu einen Diidnctivani kirch- 
licher Dignitäre geworden sein. Dieser Mei- 
nung widerspricht indessen. da(s wir den Besatz 
nur bei der Tmnikt, nicht aber auch bei der Pla> 
ncta CascV, antreffen. Wie soll also fragen wir 
wohl nicht mit Unrecht, das von der Tnnika loe- 
gelMe Ofnament den Charakter eines Ober der 
Kasel angelegten selbständigen Gewandes er- 
langt haben? Aufs^erdem ist das Rationale nur 
in Deutschland und den angrenzenden Teilen 
von DeMtdiland in Gebrauch gesresen, hier 

aber hat man den fraglichen Besatz der Tunika i 
nicht gekannt EndUcb stimmt die Wilpertsche 
Aoticht iddrt mit dem, wis dKe Mommiente 

tms von der anfänglichen Form des OmatstUckes 

Und seiner Entwicklttng ni erzählen wissen. 

Rohault de Fleury^j verwechselt das Ka- 
tionale iNtw. Sapcrhoroenlc mit der brdten 
kragentrtigen Vertiennig, welche wir nicht selten 
auf Bildwerken des XII. und Xlll. Jahrh. den 
Kopfdurchschlupf der Kasel umgeben sehen. 
Da& dat Me&i^tBd eine tolehe Awtattong 
bisweilen bekommen haben mag, soll nicht in 
Abrede gestellt werden, wiewohl diese nicht 
■dien Uzane Einfiusanf taf den bildlichen 
Daratdlangen mditens der Phantasie des Kunst- 
lers entspnragen sein dürfte. Wir treffen eine 
solche Verzierung nicht blofs bei der ICaael an, 
vir finden sie auch bd der Dalmatik nad Tuni- 
cella, ja oft genug bei I>aien, Minnern wie 
Frauen. Die Künstler des XII. und XIIL Jahrh. 
varen adir ddioritionslostige Iiente. denen » 

eine Freude war, die von ihnen auf Pergament 
oder auf die Wand gemalten HeiligenAguren 
recht gUuizend ausaitschmiicken. 



»') Vn rn:iitr.)o dl ■storia dct v««ti«ll» p. 26» DOU 1. 
*») La ««ue VlU, p. 70. tTt«t. 



IK 



Man beachte auch, wie dieser kragenartige 
Besatz des Mefsgewandes niemals als Besonder- 
heit eines bestimmten Bischöfe erKheint Er 
kommt allenthalben auf den Bildwerken vor, 
auf französischen wie englischen, deutschen wie 
italienischen Monumenten. Er tat häufig genug 
von gans willkttriichen Formen. Gendeni 
phantastisch und barock ist er beim Bilde des 
hL Nikolaus in der St Nikolauskapelle zu Soest, 
eine Dantellnng des Rationales, wie man wohl 
gewollt bt er aber andi hier mdrt. 

Barbier de Montatilt hielt das Rationale für 
identisch mit dem zum Ornat des Papstes ge- 
hörenden Fanon.*^^) Er Übersieht jedoch, daft 
dieser Fanon im Grund nichts anderes ist *!> 
der gewöhnliche Amict, dafs derselbe im XII, 
und Xill., ja XIV. Jahrh. noch ein wirklicher 
Amiet war, der freilich statt unter der Albe, 
über derselben getragen wtirde, dafs er noch 
gegen Ende des Mittelalters ein förmliches Tuch 
daratdlte und erat so einer An von Schalter- 
kragen wurde, als das gewöhnliche Humerale 
in die Pontifikalkleidung des Papstes Aufnahme 
erhielt Ebenso Ufst Barbier de Montault ganz 
au&er acht, dafs das Rationale schon in seiner 
ältesten Gestalt mit dem Fanon keinerlei .Ähn- 
lichkeit hatte, sondern als ein ganz eigen- 
artiger Schmuck auftritt, mag es ttun ti» ein 

dem Pallium formverwandtes Ornatstück, oder, 
wie zu Bamberg, als eine Art Schultetgewand 
erscheinen. 

Bock unterscheidet im Anschluls an Ma- 
billon zwischen dem römischen nnd dem galli- 
kanischen Pallium, und glaubt, das letztere in 
dem Rationale wiederlmden au sollen.**) Auch 

diese Ansicht ist unhaltbar. Das gallikanische 
Pallium ist, wie es scheint, nur eine Fiktion, 
entstanden durch ein Mifsverstandnis des Cm. 6 
des Konzils von Macon, welcher den BladlOlieB 
verbietet ohne Pallium die Messe zu lesen, und 
der Angabe, welche die gallikanische Mefs- 
erkUrung Uber ein fur Utnigiidien Kleidung 
gehörendes Pallium n,,.' ht. Ein dem römi- 
schen Pallium kooiüiniertes pontifikales Ornat- 
stttck hat es in der gallikaniseben Kirche schwer- 
lich gegeben. Wenn aber doch, so hat das 
Omatstack die karolingiiche Reform, weiche 



*>) Uber denpipiilichenPUiMveigl, Bvaaii »Die 

powifikuleo Gewliidef S. l7^ ff. 

•GMckichia dw UtorguchM GewMer« Bd. II, 
I9r>. MabillAK »OaviaflM poadmact« (Pari* 

1724) 1, 4&4. 



1003. — ZEITSCHRIPT FOR CHRISTUCHB KONST — Nr. 4. 



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123 



atitt des galtilDHiischeii RiMs den fSninchen 

und mit i'im ü" rnmi-^rhi? KuUklcitJung ein- 
führte, keiDesfalis überlebt. Es ist nicht eintu- 
seheo, «te eto Sditdtergemnd, du um in> 
ent auf deutschem Boden um 1000 begegnet 
und nur hier, nicht aber in Gallien im Ge- 
brauch erscheint, mit einem mehr als fraglichen, 
durch die liturgische Reform im VIII. und IX. 
Jahrh. auf alle Fälle beseitigten gallikanischen 
PalUum zusammenhingt oder gar identisch ist. 
Attem AoKheiB Dach haben 

bei Entstehung des Rstinnales im Sinne eines 
Scbtthetscbmuck» zusammengewirkt die Er- 
innenmg an dasSchultergewand tmd den Brust- 
sdlntttck des Hohenpriesters, und dtt Bestreben, 
eine wirkliche oder vermeintliche hervorragende 
Stellung in der hierarchischen Ordnung durch 
ein Abedcihen Iti6erlidi ni mtntfestieren. Bei 
dem Bamberger Rationale ist die Beziehnag 
zum Uoheapriesterscbmack unverkennbar. Die i 
Form, «eldie das OmatstUck ursprünglich j 
in Regensburg und Eichstätt hatte und in ; 
Wünbuif bis ins XVIL Jahrb. beibehielt, er- 
innert nur wenig an das Rationale des Alten 
Bundes, dafür tritt aber hier der Anklang 
an das Palliun) schärfer hervor. Dafs wirlt- 
lirh beide Faktoren bei Enistdtung des Ornat- I 
sMckes mitfewiitt, erhellt an den Bullen, 
in welchen Tnno<-en?. IT. den Rischöfen Adal- 
bero II. von Lütdch und Bernhard 1. von 
PhdeilMini das Redit Terldht, das Ratioaale 
SU tragen. 

„Billig ist es, daf«; Hm", so heifst es in der 
zweiten, „für die WilMannglceit, welche du gc- 
seigt, vom apoatoliscben Stuhl einer besottdeien 
Ehrung teilhaft werdest und . . . zeitlich wie 
geistUdi willkommenen Vorteil empfangest. Und 
weil du wie ein anderer Aaron «ini Gipftl der 
bischöflichen Wtirde durch Gottes Walten be- 
rufto und an Stelle Moeis zum Herrscher und 
Leiter des christlichen Volkes hingestellt wardst, 
so machen wir didi auch ihrer Ausxeichnung 
teilhat und verleihen dir und deinen Nach- 
folgern aus des apostolischen Stuhles Gnade 
den Gebrauch des Rationales." In der flir 

Adalbero bestimmten Bulle aber sagt der Papst: 
„Und wie sie (die römische Kirche) als gute | 
Mutier ihre Rinder zu Hohe« erhebt und an- | 
dere zu Patriarchen, andere zu Erzbischöfen, 
andere m Ri<;chöfen niacht. so ziert sie aus der 
reichen Fülle der ihr von Gott verliehenen i 



Gaben dieselben auch voll Milde mit dem 

Schmuck verschiedener Abzeichen." 

in der zweiten Bulle erscheint das Ra- 
tionale in aller Bestimradieit als Gegenatftck 
des erzbisthüflichen Palliums. Daher denn auch 
seine Verwendung ähnlichen Beschränkungen 
unterlag. Es durfte gerade wie dss Bdlinm 
nur im Bereich der eigenen Diöces« und awar 
bloCs bei wenigen .-»usdrücklich festgesetzten Ge- 
legenheiten und Festen getragen werden. Dum 
war sein Gebrauch nur in der Kirdw^ slio a. B. 
nicht bei Pr-ie^'^ionen gestattet. 

„Wir verordnen", sagt die fitr Berohard von 
Psderbom erlaaaene Bulle, „dab du dich des 
Rationales nur in der Diöcese innerhalb der 
Kirche am grünen Uounrr^tag, «n Ostern, 
Christi Hiromel&hrt, Pfingsten, atn Geburtsfest 
Johannes d.T., an den Festen der Apostel« 
fürsten und der Gottesninuer, am Allerheiligen 
feste, an Epipbanie, am Feste des hl. Liborius, 
bei der Eiaweihmig von Kirchen tmd der Or- 
dination der Kleriker und am Jahrestag der 
Konsekration der Kathedriükirche bedienest**. 
AhnUch lauten die Bestitninungen der BuMc^ in 
welcher Innoceos II. Adalbero den Gebrauch 
des Ratinnales gestattet. 

Weim man aber das OrnatstUck Rationale 
nsnale und ihm eme von dem Falliom mehr 
oder weniger abweichende, von Erinneiiingcn 
an den alttestameotlichen bobenpricsterUchen 
Sdralter* und Arustschmudc beciidlufitte Form 
gab, so geschsh du zweifelsohne um es von 
dem Pallium zu unterscheiden und einer Ver- 
wechselung beider Onutstücke vorzubeugen. 

Fassen wir das Gesagte kms rasasDinen, so 
ergibt sich, dafs nm die Wende des Jahrtausends 
ein pontifikaler Schmuck, das Rationale^ ao^ 
taucht, fllr dcaaen Entstehen nebe» aaderm die 
Erinnerung an den Brustschmuck des jüdischen 
Hohenpriesters nicht ohne Bedeutung gewesen 
ist. Es war die ZAt, in welcher sich ein lebhaftes 
Streben bemerklich machte, die Pontifikalgewan- 
dung möglichst glänzend zu gestalten, die Zeit, 
welche dieselbe auch um Handschuhe und Milra 
berdcherte. Das Rationale tritt m swei F<Hmeu 
auf, als Brustschmuck und als ein dem Pallium 
nachgebildetes Schulterkleid. In erstercr kommt 
es noch vor Ende des Mittelalters völlig in Ab- 
gang, für letztere hat sich veretnadt bis in 
die Hegenwart der Gebrauch erhalten. 

Luxemburg. J. Brano S. J. 



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12!> 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHE KUNST — Mt. 4. 



IM 



Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf. 

XII. (Mit Abbildung.) 



27. Tragaltar im Uom schätz zu Münster 
(Katalog-Nr. 632). 
iif vier später, und wohl ersatzweise 
angebrachten rohen Holzklauen steht 
der aus Eichen gezimmerte Kasten, 
:!7 cm lang, 20,5 breit, 18 rm hoch. 



auf dessen rot gestrichener Unterseite ein Ferga- 
mentblatt genagelt ist mit dem erst dem XVllI. 
Jahrb. entstammenden Verzeichnis der darin 
geborgenen Reliquien. Ein kräftiges gotisches 
Profil, mit .Silber überschlagen, schliefst unten 
und oben den Kasten ab. Die Rückseite und 



dürfte noch in das XII. Jahrh. zurückreichen. 
Ein breiter roter Schmelzperlenkranz mit Lot- 
pcrlen-Rosetten umgibt es, und die Zwickel des 
blauen Perlengrundes sind durch die gestanzten 
Medaillons der Evangelistensyrobole belebt, die 
wiederum dem Ende des XIII. Jahrh. ange- 
hörend, die Ursprungszeit der Kastenverzierung 
verraten. Zwei ganz aus Perlen und Silber- 
knöpfen mosaikartig zusammengesetzte Medail- 
lons der Gottesmutter und des hl. Johannes Ev. 
auf blauem Fond mit roter Umrahmung bilden 
die Flankierung, .^us roten, kobaltblauen, tür- 





die beiden Schmalseiten sind mit blauer unge- ' 
musterter Seide, wohl des XIII. Jahrh., über- 
zogen, jene nur noch mit Resten. An den 
Schmalseiten ist sie ganz erhalten und mit zwei 
aus roten und blauen Schmelzperlen nebst orien- 
talischen Perlchen gebildeten Pergamenttafeln 
bedeckt: KreLs- und Schuppenornament mit 
Bäumchen , die mit gestanzten vergoldeten 
Silberpailletten frühgotischen Charakters, gegen 
1300, durchsetzt sind und zwischen ihnen zwei 
gröfsere ornamentale Silbermedaillons. — Die 
Vorderseite ist mit einem Pergamentstreifen 
bedeckt, der ganz mit getriebenen vergoldeten 
Silberreliefs und mit Perlenstickereien ge- 
schmückt ist. Das ovale Relief in der Mitte 
stellt die Majestas Domini dar mit segnender 
Rechten und Buch in der Linken; dasselbe 



kisblauen, grünen und weifslichen Schmelzperlen 
sind die Büsten, aus Lotperlen die Fleischteile 
in Fadenreihung mit Uberfangstich festgelegt 
ebenso Metallkrönchen bezw. Nimbus und die, 
zahlreich eingestreuten Silberbuckeln befestigt. 
— Die Wirkung dieser in den Nonnenklöstern 
Norddeutschlands von der Mitte des XIII. bis 
gegen die Mitte des XIV. Jahrh. gepflegten etwas 
rohen, aber sehr dekorativen Technik erinnert 
an das Email, (Ur den es ohne Zweifel eine 
.^rt von Plrsatz hat sein sollen, zumal nach 
dessen Verschwinden, und im Dienste weiblicher 
Hände. — Die Deckplatte ist um den später 
erneuerten Stein herum ebenfalls mit aufgenie- 
teten Stanzmedaillons garniert — In dieser 
Ausstattungsart dürfte <las Fortatile als ein Uni- 
cuni zu bezeichnen sein. Schnatgcn. 



1« 



IMS. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHB KUNST 



— Nr. 4. 



1« 



Büche 

Gciehichte der Stein« and HolipUttik in 
Obcrbny«» tob Xlt bU svrMIttt d«a XV. 

Jthrh. Von Bcrthold Riehl IBt » Tnfeln. 

Manchen 1002. Verlag Act kgl AludMate. 

Erst in der jongilco Zeil hat der so frvchibarcn 
PiMtik Denla^lenda im UitlelaJter die Fonchuc 
mikerem Unbo eich nfewmdt, md dnfc lie mtUn 
in lolialer Beschrtnkniig sich betitlet ond die Ein- 
flaue feitxoilelleo sacht, ist ihr Vorzng. Ein nicht 
allta greises nnd nicht gerade sehr hervorragendes, 
•bcr dukbnree, wai) chanktemtiacbn Gebiet bat der 
VcHmer, itm dte K««algeidilchte, MacnllSck dit 
heimische, schon so manche erfdgrcidien Unterenchuo. 
gen verdankt, ansgewthh und in den „Abbandlnngen 
der kgl. beyer. Akademie der WiM(ii«< hnft" III. Cl., 
XXIIL Bd.i I. Abt. seine besttglicheu Studien nieder- 
gelcglt die anl d*r genanesten Kenntnis des 
geaaBtnn MntoiUli, amck dctindcn Dorfkirchen 
nodi ««fbandMMi, barnhm. Hit der Stelnplnatik 
der romanischen Periode beginnt die auf den 
ganzen Besirk sich erstreckende üutenuchung um) 
seigt deren Streben nach Individna]isieniBg ohne Ab- 
hingigiMit von Bjiaas nnd den Wcacn nach auch 
tran Frankreieh, banplatchücb in die P r a kik n ii nnd 
die oberbajreriscbe Donnapnppe tich »che i Jaad. Die 
romanische Holsplattik wird vomehnlleb «i 
Kmiifizcn geprüft, in der Überleitung lu der Grab- 
plaslik des XIV. jahrh., die wegen ihres Kealis. 
mos und wegen ihrer Datierung von besonderer Wich- 
tigkeit iit. Die Stelnplnatik d«a XIV. Jahrb. 
in Dicnale der Archttektnr ha» tieh vielfncb 
an Schlafssleinen betlligt, die des Ali a res an Ma- 
donnen, and Manchen ftngt an, der Mittelpunkt des 
Betrieties zu werden, auch fOr die Holzplastik drt 
XlV.Jahfb. Von besonderer Wichtigkeit ist wiederum 
die Grnbplnitik in der I. HUfta des XV. 
Jahrb. Bil ihrer KciiefbUiing, and hkiier ihr hMbt 
die »ehr produktive ttatuarisehe Plaatik dieser 

Zeit etwas lurfli k ' i' i i tbrr den Weg riir BlQte 
dertelben um dir Wende des Jahrhunderts, namemlich 
in Manchen. — Ungciaein ImtrabHe Ist diese den 
DcnkmUeiB adbat cntBCOHnene «rputoehe, dareh 
maachet aaneiat noch nicJit verMntHehle AbbOdnngen 
erttuterte Riitwicklungsgeschichle, die »ucli ftlr andere 
Gebiete ak typisch sich ergeben durfte. SLbnUlgeo. 

Die gotische Stein plaatik in Angsbnrg, 
wdebe Dr. Walter J osephi aas Rostock aatcr der 

Kühning von Professor B. Riehl, Ulm Zweck der Pro- 
motion in MtJnchcn 1 Ü02 (Verlag der KÖnigl. Hof- 
und Universitätsdruckcrei ) behandelt hat, bisher wenig 
beachtet, stellt »ich nicht our als bcdeatcnd. sondern 
nach all eigaaailjg hctaas, von fremden BmAtaes 
kaam beiflhtt aad in sich selbst fnl|gerichllg aasge- 
reift. MM der Vollendung der Gotisierang des Domes 
am die Mitte de» XIV. lahrh. beginnt die erste BlUtc- 
aeil» die am Nord- und Sadporial des Domes in vcr- 
aehicdcaer Welte sidi rcigt, andaan nach au Baaehaa 



rschau. 

Figuren und Epitaphien dea Kreuiganges, die eintela 
geprttft werden. Der FwtMhritt tritt namentKcb an 
den Pestrilfignian der eiatea HUfle des XV.Jahih. 
dcalteb m die Endhefaiang, noch mehr eriftread der 
folgenden Jahrzehnte, in denen der Naluraliimn» vor- 
herrscht mit seiner Vorliebe lOr da« Relief ood fttr die 
drastische Gewandbehandhmg. Diese konsequente 
Eatwicklnng an efaisr langca Reibe von OeakaiUara 
naekMwaiaaa nnd nrit nsMheaKüasllenHnMn In Var- 
bindang zu bringen, gelingt kl vortrefflicher Weise 
dem jungen Forscher, der tich als ein sehr gelehriger 
Schlier aekMB Attais i sls ii . bcwlkrt. Sckaati«a. 



Bao- «»4 KMnstdenfcvkler Thariageaa. Heft 
XXVin. Herxogium Sachsen. Cobarg and 

Gotha. Lxndratsamt Coburg. Amtsgericbtsheiirke 
Neustadt, Rodach, Sonncfeld und Kttoigtberg. Mit 
;. Lichtdrucken iini I ALbildusgen im Texte. — 
Heft XXIX und XXX Harsogtan Sachsen» 
Meiningen. Aartsgeriehtsbesiik HÜdbaiihaasea, 
Mit 2 Lichtdrucken und !2 Abbildungen im Texte. 
Amtsgericht^beiirke Eisfeld und Themar. Mit 'J 
Lichtdrucken iinil i? Abbildungen im Texte. Von 
Professor Dr. F. Lebfei dl und Professor Dr. G. 
Vota. Jcaa IMS aad 1909. Fischer. 

Nach dem bereKa im letzten Referat (Bd. XI II, 
Üp. 317 dieser ZeMscbr.) erwibntsa Tode des Ver< 

dem neuen „Konservator der KnnstdenkmXler Tbl!' 
ringens", Dr. Vob, Übertragen worden, der die drei 
neuen Hefte noch als Nachlas^cnschaft seines Vor- 
gingers bearbeitete und einftihrt. — Diese drei Heike 
zeichnen sich gerade nicht durch gani hervorragende 
Denkniier ans, aber doch durch veiachiedaae imer» 
eiaaate EwaeOMRea aas der frlhgetischen bis tat die 
Barockperiode. Als solche sind besrn>irr!i hrr.« rru- 

[ heben: Der spilgotische Erker nebst Mafswerkltlr am 
Abthanse in Mönchröden, die Barock-Emporen in der 
Kirche sa Ossslaa, aad iai dattigca Üttcrgat die 
Hurgoueartlde 0I1 BaiecIt^lGlultstMaieat swel Me&* 
iulche ia der Kirche zu Grofs-Walbnr, von denen 
der eine mit ungarischem Filigran-Email um 1500 recht 
merkwürdig ist, der modere mit Gravuren aus der 
Mitte des XVI. Jahrh. Die bochgolische Kirche in 

I Sonnefeld hat drei eigenartige Grabsteine ans dcf^ 
selben Zeit, die spligoliache Stndtkirche in KSaigB» 

j berg angewVbnKcb felche Omnnienitcmng. <— Ab 

I Prof.inbauter. -eir'-.Tien sich aus das Rathaus in Hild- 
butghittsen (Anfang des XVI, Jahrh.), das Scblofs io 

' Weitersroda (etwas früher), auch das Scbolhans mit 
der sonderbaren Uittea&|ur, und der Fachwcrkban der 
8nperhiteBdcn(ar bt BUeld am 1600. HkMichtRGh 
der liebemlaa, vanNladlgaB, obeiaichiKcTien B ea ah ai 

I tnng stchea diese Rede Mater Ihren Vorgängern iricht 
znrtlck, so dafs sich auch für die Fortsetzung and 
VoUendnng des tflchligen Werkes die besten Ana. 
■khlsa bieten. Bclmatgen. 



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Abhandlungen. 




Die Kirche von Valeria zu Sitten 
und ihr Lettner. 

(Mil 10 Abbildungen.) 

Ilten (tat. Sedunum, frans. 
Sion;, das älteste Bis- 
tum der Schweiz, eines 
der ältesten diesseits 
der Alpen, fuhrt seinen 
Ursprung bis in die 

Zeiten der Römer- 
herrschaft hinauf. Der 
hl. Theodorus (Theo- 
dul) erscheint um 349 
bis 391 als der erste Bischof dieser Diöcese,') 
die ursprünglich in Nfartinach (lat. Octodurum, 
frz. Martigny), 
an dem von 

den Römern 
viel begange- 
nen Alpenpafs 
Uber den gro- 
fscn St. Bern- 
hard ihren 
Mittelpunkt 
hatte, bis gegen 
Rnde des VI. 
Jahrh, durch 
denBischofHe- 
liodor die Re- 
sidenz rbone- 
aufwärts nach Abb. i. 
Sitten verlegt 
wurde. Anknüpfend an einen im Rathause 
von Sitten aufbewahrten, dem III. Jahrh. 
zugeschriebenen Grabstein, der berichtet, dafs 
Titus Campanius, Sohn der Valeriana, römi- 
scher Konsul gewesen und im .Mter von i'.i 
Jahren gestorben sei, erzählt die Überlieferung, 

M Wahrscheinlich sind aber die eriten Anfinge 
de« Walliter Diöceianverbandei noch über Thcodul 
hinaus anzosetzen. Vergl. die Uber das tchweizerische 
Kirchensydem in trefTlicher Weise orientierende, ein« 
Erweiterung des bezüglichen Abschnittes in dem Pracht- 
werke «Die katholische Kirche unserer Zeit und ihre 
Diener in Wort und Bild» Band München lOOö) 
bildende Schrift von BUchi, «Die katholische Kirche 
in der Schweiz« (München 1 !)0'2) S. fiH. [Beivrochen 
in die««r Zeitschrift Bd. XV. Sp. 161/92. D. H.] 



Anticht der Suilt Sitten 
Tuurbillun 



dafs auf dem einen der ostwärts von Sitten be- 
legenen Bergkegel sich die Residenz der römi- 
schen Statthalter befunden habe, die mit einem 
später zu einer christlichen Kirche umgestalteten 
Tempel versehen gewesen sei. Nach anderer Ixs- 
art soll auf dem Valeria-Berge ein Palast der 
Valeriana gestanden haben, der von dieser in 
eine Kirche umgewandelt worden sei. 

Einen .Inhalt fur den römischen Ursprimg 
der Bauten auf Valeria hat man in dem Um- 
stände finden wollen, dafs der Unterbau des 
Chores der jetzigen Kirche die Merkmale römi- 
schen Mauerwerks zeige. Ob diese Angabe 
i zutreffend ist, mufs dahingestellt bleiben; dafs 
die Überlieferung an bestimmte Tatsachen an- 
knüpft, ist aber wohl anzunehmen. Jedenfalls 

hatte, als der 

Bischofssitz 
nach Sitten ver- 
legt wurde, das 

Christentum 
hier längst Wur- 
zel gefafst. Eine 
fernere im Rat- 
hause zu Sitten 
aufbewahrte 

Marmor- 
inschrift aus 
dem Jahre 377, 
die älteste da- 
tierte christ- 
liche Inschrift 
der Schweiz, die 
drittälteste in ganz Gallien, berichtet nämlich, 
dafs zu dieser Zeit der römische Statthalter 
Pontius .\sclepiodotus unter dem (christlichen) 
Kaiser Gratian die durch Maximian zerstörten 
christlichen Kirchen habe wiederherstellen 
lassen.') Der Umstand, dafs auf der isolierten 
; Bergkuppe von Valeria eine Kirche sich erhob, 
deren Bestehen bis in das erste Jahrlausend 
I hinein verfolgt werden kann, dafs diese Kirche 



von Walen mit den BerKkuppi-n von 
uo<l Valeria!. 



•) Text der Inschrift vielfach veröffentlicht. Vgl. 
Egli «Die christlichen Inschriften der Schweiz vom 
IV. bis IX. Jahrhunderl I. Mitteilungen der aiiiiqoa. 
rischen GeselUchofI zu 7.Urich, Band XXIV (Zdrich 
18ÜÄ), 1. Heft. S. :. ff. 



131 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHE KUNST — Nr .5. 



182 



Kathedralkirche war,*) dafs endlich das be- 
festigte Schlofs, \a dessen Mitte sie stand, 
die alte Residenz des Domkapitels von Sitten 
war und dies geblieben ist, bis die im Jahre 
1798 erfolgte Zerstörung des Schlosses durch 
die Franzosen ein Verlassen desselben nötig 
machte,*) alles dies weist darauf hin, dafs bei 
der Verlegung des Bischofsitzes von Octodu- 
rum nach Sedunuro, wie anderwärts, so auch 
hier die Kirche mit ihren Einrichtungen sieb 
auf einer Stätte niedergelassen hat, welche alte 
Römermacht und alte Römerherrlichkeit mit 
ihrem Nimbus umgab. 

Ein Bild von der I^ge der Kirche geben 
die in Abb. 1 und 2 mitgeteilten Ansichten von 
Sitten.*) Abb. 1 zeigt uns die .Stadt amphithea- 



.\»>i. 



i. Amicbl in l)«m«» von Sitten mit <li-n rVrijkupiwn von Tourbillon unil Valriiü 
int |[iat«KTuntl<. 



*) . . : qnae diconlur nie cathedrales, so heifil 
« von der Kiiche auf Valeria und der unten in der 
Stadt belegenen Domkirche in einer Urkunde vom 
Jahre 1202. Gremaud, Documenta relalif« l'hittuire 
de Valais. To. 
me I , Lau- 
aatine 1875, 
S. 66, Nr. 684. 

*) In der 
• Bolichafl be- 
treffend den 
Unterhalt von 
Valeria, Yor- 
gelegt durch 
den Slaalirat 
dem groften 
Rate de* Kan. 
, ton Walli«, 
Mailagutig 
18UI< findet 

lieh Seite fi— H eine antchnuliche .Schilderung der auf 
Valeria ehedem beliebenden VerhSItniue : ,,lni KeiiUe 
lahlreicher Lehnihemchafien Übte dai Kapitel auf 
Valeria unumtchrlnkte Oerichtibarkeit und Aiylrechl 
aui. Ein Domherr war Kastellan da Schlosiei. Als 
eigentliche Ritterburg bcsafs das Schlofs sein Boll- 
werk, seine Wachltürme, seine Kriegsmaschinen, wie 
Steinschleuder und WiirfgeschOlie, seinen Vorrat an 
Schilden, KUrassen, Helmen, B4gen und Pfeilen. 

Das Schlofs war nur durch den nordöstlichen Turm 
zugänglich, welcher hinwieder durch einen in den 
FeUen gehauenen Graben geschutit war, Uber den 
eine FaUbrtlcke führte, wtbrend ein eisernes Kalltor 
den Kingaog verwehrte. Nur mit Erlaubnis des 
Kastellans und wihrend der Nacht nur mit Zustim. 
mung der Domherrn wurde dem Fremden Zutritt zu 
dieser fürstlichen Wohnung gestattet, und es hatte 
dieser seine Waffen dem Hüter dei erden Tores ab- 
luliefero. Um tu der oberti Terrasse zu gelangen, 
mnfsle man zwei weitere, mit starken Toren befestigte 
und von Huiern bewachte Umziunnngen (Ibersteigen. 
Der von dieser EingangitUr ausgehende steile Abhang 
des Wege* führte zur zweiten UmzSunnng. genannt 
„beschlagene TOre". Zur Rechten de* Abhänget be> 



tralisch aufgebaut am Fufse der im Osten 
majestätisch sich erhebenden Bergkuppen von 
Tourbillon und Valeria. Auf der linken Seite 
Tourbillon mit den Ruinen eines zu Ende des 
Xlll.Jahrh. erbauten, 1788 durch eine Feuers- 
brunst zerstörten, bis dahin dem Bischöfe von 
Sitten als Residenz dienenden Schlosses: zur 
Rechten die Felskuppe von Valeria mit der Kirche 
und den zum Teil in Trümmern liegenden, 

finden sich die tum Teil in den FeUen eingehaBeneii 
ahen Gebinde, mit interessanten Freskomalereien. . . . 

Unter der gegcnwirligen Sakristei befanden sieh 
die zur Gerichtsbarkeit gehörenden Geflbignisse. West- 
lich von der Kirche sieht man noch eine Hand- und 
Windmtlhle. Alles machte Valeria zu einem eigent- 
lichen Ka- 
rtell; dem- 
nach aah 
auch seine 
Bewachung 
ans. Der 
Bischof war 
berechtigt 
in Krieg*- 
Zeiten sich 
dahin zb- 

rllckiu. 
tiehen, al- 
lein er durf- 
te ohne Er- 
nitchtigung 
des Kapi. 
teil nicht 
mehr al* 2 
Vertraute 
tu seiner 
Bedienung 
halten." 

Gemifs einer zwischen 1212—1210 liegenden Ur- 
kunde (Gremaud a. a O. S. 171, Nr. 230' wurde 
bestimmt, dafs alle Kanoniker von Sitten in Valeria 
residieren mnlsten (sacrnmento astricti sunt apud Vi- 
leriam residencinm facere) mit Ausnahme von vier, 
die den Gottesdienst in der , .unteren Kirche" wahr- 
zunehmen hüten. SpSterhin gestahele sich das Ver- 
hthni* to, data von den 24 re*idierenden Domherrn, 
aus denen das Kapitel bestand, die Hülfle auf Valeria 
und die andern in der Stadt wohnten; im Anfange 
des XIX. Jahrh. wurde die Zahl »uf die Hllfle ver- 
mindert und der Chnrdicnst auf die unlere Kathedrale 
eingcichrinkt. Von 1818 — 1H7o dienten die Gebäu- 
lichkeilen auf Valeria zum Priesterseniinar. Mit Aus- 
nahme der dem Wichter eingerinmien Wohnung und 
des fr'iheren Kaiendsaales, in dem das kleine, aber 
wertvolle Seltenheiten bergende kantonale Allerluins- 
museum untergebracht worden iil, stehen dieselben 
seitdem leer. 

'} Die Clich^i zn den Abbildungen I — 4, die ans 
dem in Note I genannten Werke von Bflchi heraber- 
genommen worden sind, sind von der Allgemeinen 
Verlagsgesrllschaft in München in dankennwerter Weite 
zur Verfügung gesteUt worden. 




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133 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHB KUNST — Nr. 5. 



184 



i 




ff- ^ 





zumeist aber noch wohl erhaltenen Bauten des 
Schlosses der Domherrn von Sitten. Etwas 
tiefer, in der Einsattelung zwischen den beiden, 
am Valeriafelsen, die noch ganz romanisch ge- 
haltene, aber erst um 1825 erbaute Allerhei- 
ligenkapelle, am Tourbillonftlscn die Reste der 
ehemaligen bischöflichen Burg Majoria. Unten 
in der Stadt endlich der noch der romanischen 
Stilperiode angehörige Turm der jetzigen, archi- 
tektonisch sonst 
bedeutungslosen, 
Kathedralkirche. 
In anderer Grup- 
pierung treten die 
gleichen Gebäude 
in der Abb. 2 in 
die Erscheinung. 
Neben dem Dom- 
turme zur linken 
Burg und Kirche 
von Valeria, die 
Allerheiligenka- 
pelle, dann der 
Turm von Majo- 
ria, überragt von 
den Ruinen des 
Schlosses Tour- 
billon Der wchr- 
haAe Charakter, 
wie der Domturm 
mit seinen Zinnen 
and seinem Stein- 
helm ihn wicder- 
spiegelt, begegnet 
in noch ausge- 
prägterer Weise 
bei der Valeria- 
Kirche. Gewisser- 
mafsen den Berg- 
fried des Valeria- 
schlosses bildend, stellt sie sich mit ihren Zinnen- 
kränzen, welche die Seitenschiffe, Chor und 
Turm umsäumen, mit ihren mächtigen Streben 
und der einfachen Architektur der finsteren 
Bruchsteinmauem als das vollendete Beispiel 
einer Festungskirche dar. (Abb. 8.) *) 

*) Ab solche bietet die Valeriakirche eine be- 
•ODden inleresiante Erginznng zu der schAnen Stndie, 
die M. Bergner in dieser Zeitschrift (XIV, Jahrgang, 
1901, Sp. 205 ff. ond J'».'. ff.) den befestigten Kirchen 
gewidmet hat. Ein treffKche« Beispiel einer, ebenfalls 
schweizerischen, Festungskirche, bei deren Befestigung 
der Nachdruck nicht anf Kirche und Tnrro, sondern 



Abb St. Ansu'bt drr Kirche von Vüleri« «od Nordost. 




Abb. 4. Innenansicbt tler Kirch<- voo Valeria, 



Die älteste Urkunde, die über das Bestehen 
einer Kirche auf Valeria meldet, gehört dem 
Jahre '.»99 an; sie berichtet über eine Kapitels- 
sitzung, die im Chore der Kirche und zwar, 
wie ausdrücklich gesagt wird, nach altherge- 
brachter Sitte stattfand.'') Abgesehen von dem 
angeblich noch der Römerzeil angehörigen 
Unterbau des Chores, weist die Kirche nun 
aber keine Reste auf, die noch dem vorigen 

Jahrtausend zuge- 
schrieben werden 
können. Wie sie 
jetzt dasteht, stellt 
sie sich als ein 
Bau des XII. und 
Xlll. Jahrh. dar. 
Und zwar gehö- 
ren Chor und 
Querschiff mit 
ihren altertüm- 
lichen und eigen- 
tümlichen, zum 
Teil wildphanta- 
stischen Kapitel- 
len in ihren we- 
sentlichen Teilen 
der zweiten Hälfte 
des XII. Jahrh.,») 
das dreischiffige, 
aus vier Jochen 
bestehende, in 
den edelsten For- 
men der Früh- 
gotik gehaltene 
Langhaus der Zeit 
nach der Mitte 
des XIII. lahrh. 
an. Rahn be- 
gründet diese Zeit- 
stellung damit, 



anf die Umwathing gelegt ist, Ut die Kirche von 
Multens (Kanton Baselland) mit ihrer zmnengekrdnten 
und von mächtigen Torttlrmen flankierten kingmauer. 
Grandrifs und perspektivische Ansicht bei Ed. vom 
Rodt, »Kunstgeschichtliche I>enkmale der Schweix«, 
Serie 11, Blatt V>. 

^) Gremaad a. a. O. S. M>. Nr. 71 : ad venera- 
bites et egregios viros, dominot et fratres oostroa de 
capitnio Sednni acceuimu« et eosdem in choro 
ecclesiae Valeriae ad sonum campanae, prout 
moris est, in Kalenda plena capitniantes et capitnlum 
facientes cum instancia, qua potuimus, re'ioisivimus . . . 

') WohlbegrUndeler Tradition nach soll der 118» 
verslorbeae Bischof Graf Humbert III. der Erbauer 



185 



1903. — ZEITSCHRIFT FOR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 5. 



136 



dafs die Valeria-Kirche gegenüber der 1275 
geweihten Kathedrale von Lausanne einen ge- 
wissen Fortschritt bekunde,*) dagegen die Ka- 
pelle des 1294 begonnenen Schlosses von 
Tourbillon schon viel entwickeltere Formen 
zeige.'") In Ergänzung dieser ganz zutrefTenden 



Beweisführung und zur näheren Bestinntnung 
der Bauzeit sei dann noch darauf hingewiesen, 
dafs aus den Jahren 1287 und 1297 über 
die Errichtung und die Dotation von Al- 
tären in der Valeriakirche Nachrichten vor- 
liegen,") die dem ganzen Zusammenhange nach 





Abb. 6. Vorderamicht d«« I^ttiu-n. 




Abb. d. t'ntrrpr rirunctrif«. 



geweaen »ein. («Walliier Monalttchrift fttr valerlindi- 
(che Getchichte«. ls*i.'l. S. Hil.) Abbildungen hei 
blavignac 1 1 tiitoire de rarchitectnre tactit du t — 10 
li^cle dans lex anciens fvcch^i de Gen^ve, Lausanne 
el Sioo. Paris, London, Leipzig IHrt^). .'\tlai, Tafel 
LVI — LXI. Im Text gibl Blavignac in Tafel XXX 
eine perspeklivische AnKichl von der Nordteite und 
in Tafel XXXI eine Oilantichl der Kirche. Beton- 
dert infolge de*, auch in dem Titel sich kundgebenden, 



(l'nKr{HhrFr Mafviuti I : 100). 

falschen Standpunklei hinsichtlich der nandatiemngen 
steht der Text des Werkes gegenüber den inm Teil 
vorxUglichen Abbildungen ganz zurttck. 

') Kahn im ».Xmeiger fUr schweizerische Alter. 
tumikunde« (IHT.'O S. .^ST. 

1**) Abbildung der Kapitelle aus der Kathedrale 
von Lausanne bei Rahn. «Geschichte der bildenden 
Künste in der Schweiz. S. :tö", Fig. \2:^, von Kapi- 
teilen aus Valeria ebendort S. ;t27, Fig. lO'J. 



137 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. ft. 



138 



daraufhinweisen, dafs darin der Abschlofs des 
Kirchenneubaues zu erblicken ist. Da nun der 
Lettner ebenfalls erst nach der Vollendung der 
Kirche entstanden sein kann, seine Formgebung 
aber an eine spätere Errichtung zu denken 



auf fertiggestellte Altäre bezieht, auf die Zeit 
um 1290 festgelegt. 

Der I^ttner ist (vergl. Abb. 4), von Westen 
aus gerechnet, zwischen dem dritten Pfeiler- 
paare eingespannt, er trennt also aufser Chor 




Abb. 10. Obrrrr Cirundrita. O 



nicht erlaubt, so ist damit auch seine Rrbauungs- 
zeit und zwar, da die Urkunde von 1297 sich 



") 128? [Fein» de Herde«] Item ordino, ul in 
ece)e»ia de Valehm 

a) unum altare conttruatur in honore beatiuimae 
vir{ini$ Katharinae . . . 

b) allare quod dolavi in eccietia Valeriae ... 

c) Item relinquo . . . pro a edificatione altaris, 



und Vierung, soweit von einer solchen hier 

quod praecepi aedificari in eccietia de Valeria, ti con- 
ligerei, me decedere ante aedificatlonetn ipaius altarii 
. . . Gremaud a. a. O. S. :{U8, Nr. tMlK. 

1297: . . ■ ieneatur »olvere altari tan et i Mi- 
chaeli*, sancti Johannis et altaribut, qnae 
contlraxerunt dominni tacriWa et Petras de Herdes 
in Valeria, cuilibel XII den. annaalim. Gremaad 
a. a. O. S. 500, Nr. 1094. 



190 



ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. &. 



14» 



Uberhaupt die Rede sein kann, auch das höher 
liegende, für den Gottesdienst bestimmte Ost- 
joch des Mittetschüfes von diesem ab. 

Der Lettner bt in den Abbild. 6—10 in 
Ansicht, Grundrissen i-nrl Schnitten zur Dar- 
stellung gebracht Derselbe hat eine iMngt 
«OD 8.1B m and eine Htfhe too 4,80 m fibcr 
dem Fufsboden dn Langhauses bezw. 3,60 m 
über dem des Chores. Die Verhindtin^; zwi- 
schen Langhaus und Chor besteht nur in einem 
in der Milte angeordneten, mit sraenaoiteigenden 
Kappengewölbe tiberdeckten Durchgang. Mit 
einer undurcbbrochenen Tür'*) versehen bil- 
dete der Lettner eine fest gesehloeMne Scheide- 
wand, die in Verbindung mit den seitlichen 
Einfriedigungsmauern innerhalb der fest uni- 
wdirten Kirche noch eine besondere Schulz- 
wehr gegen äufsere Störungen idinC Wlhrend 
die Innenseite des Lettners wegen der sie ver- 
deckenden ChnrslUhle") einer Gliederung ent- 
behren konnte, hat die nach Westen ge- 
richtete Aufscnselte einen einfachen aber (ioch 
wirkuDgavollcn Schmuck erhalten. Derselbe 
besteht aus fllnf Spitzbogenblenden. Die Bö- 
gen dieser Blenden, die an der Kante von einem 
kräftigen Rundstab und an der Stirnseite von 
einem flach gehaltenen Profilstreifen umsäumt 
werden, setxen anf Scalen anC die ihrerseits 

in einem durchlaufenf!cri '.rv^pelstufigen Sockel 
ihre Grundlage haben. Die attischen Basen der 
Slulen adgen die gotische Formgebung mit 
adiarfkantig vorspringendem untern Wulst; zum 
Teil sind sie in romantsierender Weise an den 
Ecken mit Sporen versehen. Die Kapitelle 
haben ^ Kekhfemi mit frOhgotiaehen Blatt- 
werk, alle in verschiedener Ausbildung, in der 
Gesamianordnung aber darin übereinstimmend, 
dafs auf jeder Sdte ein mittleres, niedrigeres 
Blatt von zwei bis zum Abacus hochgeführten 
Eickblättern eingefafst wird, I'ber den Kapi- 
tellen liegt eine weit ausladende, kraftig pro- 
fitierte Dedpkttie. Die Sänlenachifte sind fra 
vor die Rückwand gestellt, aber doch so nahe 
derselben, dafs bei den weiter ausladenden 
Basen» und Kapitellgliedem die Tiefe geringer 
als ihre Vorderseite ist. 

Die den Eingang umschliefsendc Mittel- 
arkade hebt sich durch gröbere Breite und Hobe 

■*) Dictcf Ter, die imtih ihn TeelinUi interemiit 
Ut, werde ich eine bctoodere Besprechurj)j uidiucn 

I*) DieMiben gehören io ibrem jeUigen Beiiande 
dem Jahre 1002 und 1U04 ao. Sie Sind Jadanfidb u 
dw SteU« titerer Chorsmiite («trt««. 



von den seitlichen Arkaden ab; eine weitere 
Aü^jeirhnung hat dieselbe dann aber noch in 
einem vorspringenden, baidachinartigen Aufbau 
erhalten. In sdner Uhierfllche ist dmelbe ala 
Kleeblattbogen gebildet, der, auf Konsolen 
au&etzend, den Arkadenbogen iwuchUeCiL 
An der Stimadle ist dieser Kleeblattbogen, 
ahnlich wie die A rkaden bögen , durch eine 
Frofilgliedertmg umsAumt; seine Nasen sind 
zu zierlichen Rosetten geformt. Der flache 
Giebel des Aufbaues setzt in der Höhe des 
Uber den Arkadenbögen sich hinziehenden, aus 
Rundstab, Hohlkehle und Platte gebildeten 
Gnr^esimses ao^ mit dem sieb so das gieicb- 

gcformte Gesims der Abdeckplatte des Hiebels 
verkröpft : seine Spitze endet in einem Zwei- 
blatt. Der in seiner Fliehe ganz ungegliedert 
gebliebene Oberteil der I^ettnerfront bildet die 
Brtlstring der EmporbUhne; sein oberer Ab- 
schlufs besteht in einem schlichten aus stark 
eingezogienem Kamws und Platte «ich m- 
sammensetsenden Gesims. 

Abweichend von der sonst meist üblichen 
Weise, den Au%ang sur Emporbühoe in be- 
sonders at^bauten Wendeltreppen aiuuordnen, 
zeigt sich hier die eigentümliche Anlage einer 
in das Innere des Lettners hineingelegten Treppe. 
Bei geschlossener Leltnertur nur vom Chore 
aus zugtngUcb. führt dieselbe auf der SUdseHe 
des Durchganges mit zehn Stufen in geradem 
Laufe und je einer seitlichen Austrittssttife 
nach oben. Um fUr die auf der Emporen- 
btihne Weilenden die Gefahr des Absturzes in 
den Treppenschacht auszuschliefsen, ist der 
Treppenlauf durch ein steigendes Tonnenge- 
wölbe überdeckt, du in seiner Scheitelhöhe 
beim Allstritt die obersten drei Trifte frei Inf-^' 
Die kastenartige Uromantelung des Gewölben, 
ist auf der Rflekseite treppenartig abgestuft nnd 

bieten die so gewonnenen Sttifen Sitzgelegen- 
heit für Chorknaben und Fiats zum Hinlegen 
von BUcbera. 

Der Treppe der Sfidaeite entspridtt anf der 

Nordseite ein mit einem Tonnengewölbe Uber- 
deckter, nach dem Durchgange hin si< h öffnen- 
der, mit einer l ur verschliefsbarer Raum. Der 
Fnisboden desselben liegt um eine Stufe tiefer 
als der des Di:r. bgant;es. Über die ursprüng- 
liche Bestimmung dieses Raumes, der einer 
LiehtOflhnng entbehrt, fehlt es» da das Innere 
nicht«, birgt, was Anskunlt gewihren konnte^ 
an jedem Anhalt 



141 



1906. — ZEITSCHBIPT POR CtUUSTUCUB KUNST 



— Nr. 5. 



US 



nie Kmporbühnen der I.cttner dienten aufser 
zur AtUstelliuig vod SAngetcbörea besonder» 
— nnd dalier stimnit jt ancb ihr Nime: Leit* 
Ber = Icctorium — zur VerlesanK der Evsn- 
gelien. Dafs auch der Lettrier von Valeria in 
gleicher Weise Verwendung gefunden bat, das 
bm^gcD die der MatODg «ai der Epistel» 
und Evanpelienseite aufgesetzten Lesepulte. 
Der Umstand, dafs sie auf der Chorseite der 
Bühne angeordnet sind, bekundet, dtft sie 
lediglich fiir den Chorgottesdienst bestimmt 
waren. In den Abbild. 7—9 stellen sich die- 
adben in der Ansicht nach innen and von der 
Seite und im Querschnitt dar. Das Evangelien- 
pult ist kleiner als das F-instelpult. Während 
das erstere nur nach der Aufsenseite hin mit 
einem am Hohlkehle, PUlttchen, Kaniiei «ind 
oberer Platte rusammengesetzten Profil ausladet, 
ist bd dem Epiatelpult das nach aufsen aus- 
ladende Pkoi], aus Schmiege, Plättchen, Rund- 
Mab nnd oberer Platte bestehend, in seiner mitt- 
leren Partie au( h auf der DrciecksflSche der 
Seitenansicht (Abb. 8) eingekerbt, so dafs man 
den Anscfaeto eines eich öihcnden Bucbea eihilt 

Als bildnerischer Schmrrk der I.etttur ist 
das l'riumpbkreiu ein stets wiederkehrendes 
Modv. In Vakfia ist ein solches mit deni 
Lettner in unmittelbare Verbindung gesetzt 
Ein 57t hohes Holzkretu ist mit seinem 
Fiifspankt hier direkt auf die KmporbOhne ge- 
setzt. Zu beiden Seiten des Kreuzes stehen 
die Figuren der Muttergottes tind des T.ieblings- 
jüoglings. Das Kreuz ist auf das Jahr 1526 da- 
tiert. Derselben Zeit gehören «och die nieht 
ganz in l^ebensgröTse gehaltenen, gegen 1,50 m 
hohen Figuren an. Es sind schOne Arbeiten 
spätgotischen Otarakters in irirkungsvoller 
Wiedergabe der Affekte.'*) 

Die m hohen Säulen, welche die Fi- 

guren tragen, sind an ihrem Schaft in spiral- 
idrmigen Windungen fertppt; ihre Baals settt 
sich aus Plinthe, hoher, durch einen vorsprin- 
genden Steg geteilter Hohlkehle und oberem 
Raodsteb «Mammen. Bei dem Kaintelt, das 
nach oben ins Achteck übergeht, besteht die 
Profilientog aus geripptem Kundstab, Kelch ur.d 
der aus Rundsiab xwiscfaen zwei PUCttchen gc- 
blMcten Deckplatte. EMe Säulen sind in ihrem 
untern Teile in die nur 20 t m starke Brüstungs- 
mauer mit ihrer halben Starke eingelassen. 

Ihr« Schttnhail koamt in d« klcwen Abbit- 1 
dnv nff> 4 dMlagt wUta aar G«Kiiag. | 



Der Lettner ist in Gipsbeton ausgeführt; seine 
Herstellung ist eine ziemlich sorglose. £s tritt 
dies in Tkge in der ungleichen Adisenwöte der 
seitlichen Arkaden, die zwischen 1,43 und 
1,62 m variiert, besonders aber in der in der 
Abbildung 5 sich zeigenden Divergenz der bei- 
den oberen Gesimse^ die nicht, wie man meinen 
könnte, auf perspektivischer VerfcllfBOIIg bertdlti 
sondern tatsächlich besteht 

Uro den Blick in daa Chor frei zu machen, 
wurde bereits zu Ende des XVII. und im Laufe 
des XVIII. Jabrh. ein grofäer Teil der Lettner 
zerstört oder bei Seite gesetzt: ein Beginnen, 
welches leider auch im XIX. Jahrh. noch fort* 
gesetzt wonleu ist und als - hofTcntlich — 
letztes Opfer den unter dem Namen Apostel- 
gang bekannten herrlichen gotiscben Lettner 

des Driines von Münster gefordert hat.'*) Diese 
ii^inbufse, die der Uesund der Lettner er&hren 
hat, macht es erklirlicb, daft die Zahl der 
Lettner, die noch in die romanische, bezw. in 
die nur altein in Betracht kommende spät- 
romanische Penode hinau^eheo, eine ganz mi- 
nimale iat, dalk aber auch Mhgotisehe Lettner 
nur recht spärlich erhalten sind. Wie der Lettner 
von Valeria wegen seiner eigenartigen Gestaltung 
ein weilergehendes Interesse bcanapmeht, so 
kommt ihm somit im Hinblick auf seine frühe 
Enistehungszeit, die ihn als den ältesten Lettner 
der Schweiz und auch unter den überhaupt be- 
kannten I^ettnern als einen der frühesten er* 
scheinen lafst, eine l>esonderc Bnietitung zu. 

wäre dankbar zu begrufsen, wenn 
die noch avfreehlatehenden, oder in Resten 

oder in .\bl)i;iliiriL;'-n auf uns gekommenen 
Lettner eine zusammenüusende Behandlung 
iknden. Eine solche Arbeit, lohnend wie sie 
nach verschiedenen Gesichtspunkten hin ist, 
wilrdc namentlich auch von der Vielseitigkeit 
ein Bild geben, mit der das Mittelalter die 
gleidie An%abe in immer neuer Weise ge- 
Ißst hat. 

Bonn.Koucnich. W. Effmann. 

'*) Über den im Jahre IbTO abKcbrochcncn Apo«le). 
gang von MunMer vergl. meine Abbandlang in »Aas 
Weatfakn VcrgangeoheU« (MSMtcr t61i3). 

1*1 Sfienilich nMMmSügt AafrtMmg der <m deol- 
icheii Sprachjcebiel bekannten Lettner t>ei ntte. 
Wernike »Handbuch der kirchlichen KuiutarchEo' 
logiet .'(. Aufl., I. liil , S. '•') ff. (Leipzig \H-'<-*\. Knie 
auch die aufterdeuitchen Linder b«racka»chtigead« 
knrre, aber inalmktive Behandlang der Leitacf iMi 
De bi o - Besold • Oit kirdilldM BMkuMt dw Abmd. 
landcs«. tl. Baad. StaKgMt 1901. & SBi: 



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14S 



ISOa — ZBITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHB KUNST — Mr. ». 



144 



Werke des mittelalterlichen Bronze*Gtisses un Erfurter Dom. 




(litt 8 AbfaiMoBcen.) 

oll Staunen würde man 
sein über die Fülle des 
Schatzes , wAren alle 
kirchlichen Knnativefke, 
die je (!ic stiilzragcndc 
Duinkirctie zu Erfurt be- 
sessen, hente noch er- 
halten. AberdcrBauem- 
Aubtand von 15^5 \ criii< litetc vieles, der Rat 
der Stadt tetxte wenige Jahre spater kostbare 
Rcliquiare in klingende Münze um, und schliefs- 
lich ging durcli die schwedische Besetzung 
während des ^iojältrigen Krieges dos Meiste 
veiforen. Dagegen haben sich dmch die vtelen 
stCirinischcn Zeiten fiiri(!uri !i, die Erfurt infoljje 
seiner Lage am Krcuzungspunkt wichti^>er 
HeentTB&en erleiden mnl^ doch noch einige 
wen%e Werke aus romanbcher Zeit erhalten 
und zwar wohl nur, weil sie nicht aus Edel- 
metall bestehen. 

Es handdt aidi nur um drei Werke des 
Bronzegusses: eine s l r a Is k- n f ü r m i g c Ampel 
(lampadarium pensiie) mit sehr merkwürdi- 
gem sknlptiertem Verteil bezw. Aufhänger, 
die Leuch ter -Figur des sogen. Wolf ram 
im Chor des Domes und schlielslich ein seit- 
her Oberhaupt noch nicht publiziertes Reli- 
quiar in Büstenform, einen segnenden Bischof 
darstellend. Leider ist dies letzte Stück nur 
unvollständig erlialten, indem ihm heute 
der Untersats fehlt — Diese drri Werke ver> 
körpern in sich trotz naher stilistischer Be- 
ziehungen doch die Stufen einer sich in auf- 
steigender linfe bew^enden Entwlckhtng. So 
mag ihre Besprechung in Anbclia« iit dessen, 
dafs es an einer cinlicitli« lu-n BeatlH-itung der 
romanischen Bronzcgüssc auf deutschem Boden 
immer noch fehlt, gereditfertigt erscheinen. 

Die romaniache Ampel ist ein sehr eigen- 
artiges Stück (Abb. 1). Sie besteht ans einem 
Ewölfiarmigen sternförmigen Ölbehälter flacher 
Foia, in dessen Spitseo die Dodite mhten. 
Dur« h Ketten wird -ie mit einem etwa kegel- 
förmigen, sich verjüngenden, rein dekorativen 
Zwecken dienenden Obertdl oder Aufhai^er 
verbunden. Währund der < Hlieli.'llter seldst 
ganz glatt und schmucklos und lediglich zu 
inaktlsdiem Gebnuch bestimmt ist, besteht 
dieser Oberteil ans nebeneinander gereihten. 



in vier Lagen sich übereinander anftOrmeoden, 

von Arkaden umschlossenen Reliefs. Die halb» 
runde Spitze oder BekrOnung zeigt ganz pban» 
tastischen Aufbau; in zwei Schichten ragen 
aus ihr je vier katzenähnliche KOpfe auf 
schlanken gebogenen Uäiaen hervor. Dazwi- 
schen sind je vier LOwenkOpfe in flachem 
Relief angeordnet. Den Abschlufs bildet ein 
ebenfalls ]ihantastisch und willkürüi Ii gefunnter, 
mit Lüchern zum Durchziehen der Kette ver- 
sehener Henkel In ihrer Gesamtheit bildet 
die Ampel einen ebenso eigenartigen wie origi- 
nellen Anblick, dessen Reiz bedingt scheint 
durch die grobe Vielgestaltigkeit und Polle an 
Einzelheiten, besteht doch der ganze Aufbau 
aus achtzehn kleinen durchbrochenen Reheüs. 

ü^enstandlich bieten diese um so grölseres 
Interesse^ ab es nldit leicht erscheint, sie in 

deuten oder in innere Beziehungen zu setzso. 
Man erwartet unwillkürlich und mit gewissem 
Recht von einem solchen zusammengesetzten 
Kunstwerk, dals es eine bestimmte Idee, einen 
leitenden Grundgedanken in sich verkörpert. 
Doch scheint das hier nur bedingt der Fall 
zu sein. Jedenblls beslAt^ nähere Unter« 
suchung keineswegs Otte's Deutung, wonach 
unten neu-, oben alUestamentliche Vorgiinge 
dargestellt seien. (>Chr»tL Kunstarchflologie« 
.5. Aufl. I, S. 170.) Immerhin lassen sich ein- 
zelne der Reliefs mit Sicherheit erkl.'ircn, nb- 
wuhl — was vorausbemerki »ein mOge — die 
sehr roheTedinik und die duidi dieSSeitund 
den Gebrauch dem StOcfc zugeifelgte Unbill 
dies sehr erschweren. 

Die oberste Etage zeigt vier, info%e der 
VeijOngnng aemlich steil, bst spitzbog^ zu- 
laufende Arkaden, aus deren Zwirkeln Löwen- 
küpfe herausschauen, eine Anordnung, wie sie 
sich unterhalb nodi dreimal wiederholt In 
jeder der B< >genstcllungen sitzt eine lang- 
gewan<lcte Gestalt, anscheinend mit langem 
tiaupthaar, auf einem Sessel mit steiler, empor- 
ragender Lehne und erhöhten Vorderpfosten, 
vor einem auf zwei Ranken ruhenden Schreib- 
pult. Attribute fehlen, so dafs es sich um die 
grolsen Propheten oder um die Evangdistea 
h.mdeln mufs. Über den Pulten ragen wcicli- 
Izppige romanische Ranken zur Raumfüllung 
mia den Arkaden hervor. Die Figuren selbst siiul 
ganz im Profil dargestellt, die Kfipfe telbit 



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145 



1803> — ZEITSCHRIFT FOR CHRISTLICHE KUNST — Nr. b. 



schauen in vr>lliger Vorde ransicht und stark 
herausmodelliert aus dem Relief hervor. Glei- 
ches Lst auch auf den übrigen Reliefs ganz 
folgerichtig durchgeführt, ein Beweis für ein 
noch sehr schwach entwickeltes, künstlerisch 
unabgeklartes, aber naives EmpfindeiL Die 
vier obersten Felder entsprechen einander in 
der Zeichnung, sind aber keineswegs etwa mit 
Benutzung der gleichen Form hergestellt, wie 
kleine Abweichungen und Verschiedenheilen 
deutlich zeigen. 



zwei weitere Oberkörper naiver Weise darüber 
herausschauen, die ebenfalls als im Wasser 
stehend zu denken sind. Man mag an Johannes 
den Täufer denken, da sich, wie sich noch 
zeigen wird, der Darstellungskrcis der beiden 
unteren, je fünf Bilder umfassenden Etagen, so 
gut wie ausschliefslich, im Alten Testament 
bewegt. 

Die nächste, dritte Zone ist anscheinend 
Scenen aus der Geschichte Simsons gewidmet, 
mit der jedoch zwei der Reliefs kaum etwas 



Vier weitere Reliefs enthalt die zweite { zu tun haben. Eins zeigt, wie eine kurzge- 
Zonc. Dargestellt sind: Zwei sitzende, lang- wandete Figur einen dreiteiligen Baum am 



gewandctc Figuren mit ei- 
nem zwischen ihnen auf- 
geklappten Buch. Durch 
gerauhten Untergrund ist 
Erdboden angegeben. Hin- 
ter den Gestalten ragt ein 
primitiv stilisierter Baum 
hervor. — Im benach- 
barten Bogenfeld : Zwei 
stehende Gestalten mit 
kurzen, bis zu den Kniecn 

reichenden, gegürteten 
Ri'krken. Die Linke halt 
auf dem Rücken ein herab- 
hängendes Pflanzenbündel 
(Ähren), die rechte falst 
oder trägt ein Tier mit ge- 
rauhtem Fell (Lamm), da- 
zwischen erhebt sich ein 
Baum. Die Scenc kann 
als das Opfer Kains und 
Abels gedeutet werden. — 
Letzteres legt auch das 
Nachbarfeld nahe : Eine 
Gestalt liegt mit gespreiz- 
ten Beinen, die von den 
Knieen ab frei sind, am Boden. Mit aus- 
gestreckten Armen neigen sich in lebhafter 
Bewegung zwei stehende Gestalten über die 
liegende. Ein Baum dient als Füllung des 
Hintergrundes. Vorausgesetzt, dafs nicht etwa 
die Schande des trunkenen Noali dargestellt 
sein soll, kommt wohl nur die Beweinung des 
erschlagenen Abel durch Adam und £va in 
Betracht. — In der vierten Scene steht ein 
Mann mit Schulterlocken, langgcwandct, vor 
einer Menschengruppc, die als Täuflinge zu 
betrachten sind. Denn die vier untersten Per- 
sonen sind nur zur Hälfte sichtbar, was aber 
nicht hindert, dafs drei und schliefslich noch 




Abb. I, StrablrnfSrinig« Ampel 



Stamm packt, um ihn aus- 
zurcilisen oder vielleicht 
auch zu pflanzen. Die an- 
dere Scene stellt den Sün- 
denfall selbst dar. Zwei 
Gestalten, eine gröfscre 
und kleinere, auch durch 
tiefere und liöhcre Gttr- 
lung als Mann und Frau 
gekennzeichnet, stehen an 
einem Baum. An diesem 
ist eine Schlangenlinie an- 
gedeutet. Die Hände Bei- 
der begegnen sich am 
Baumstamm. — Zwischen 
diese vorgenannten Reliefs 
schieben sich willkürlich 
die Simson - Darstellungen 
ein, darunter die, wie Sim- 
son auf den Liiwen tritt 
und ihm den Rachen auf- 
reilsU Die Darstellung ist 
wie die der übrigen Reliefs 
sehr primitiv und unbehol- 
fen, aber voll drastischer 
Deutlichkeit und Naivität. 
— Es folgt eine Scene, in der Simson in halb 
hockender, halb liegender Stellung von der hinter 
ihm sitzenden Delilah der Haare beraubt wird. 
Ein Baum fehlt nicht zur Hintergrundfullung. — 
Simsons Rache zeigt das Nachbarrelief. Er 
tritt an eine durch Quaderung gekennzeichnete, 
auf einem Stufenpostament stehende Säule 
und fnfst sie an. Auf ihr ruht als naive An- 
deutung eines Hauses ein kuppcl förmiges Dach 
mit romanischem Rundbogen fri es. 

War die Willkür in der Aneinanderreihung 
der Scenen schon auffallend, so ist sie es erst 
recht in der untersten Bilderlage. Unter einem 
Baum sitzen zwei bekleidete Personen, die eine 



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147 



1908. — ZEITSCHRIFT POR CHRISTUCHB KUNST — Nr. b. 



148 



mit sdladerten Schidterlocken, die andere mit 

langem Haar ixler Kopfturh. Letztere hebt 
bittend die Haad empor. Dahinter ein Baum. 
Die Deutung »t schwierig, denn eine andere 
Fassung und Wiederholung des Sandenfalles 
erwartet man nicht. — Daran reibt sich ähn- 
lich den Reliefs in der obersten Lagfe, eine auf 
einem Sesst l siuende, mit langer Feder schrei- 
bende (}e>t;ilt, die eine kroncnahnüchc Krtpf- 
bedeckung tragt — Zwei kurzgewandcte, ge- 
achOntte Penonen stehen einander gei^ttber, 
wie Ringer sich mit den Armen gegenseitig 
an den Schultern fuaend. Ein Umarmen ist 
afa^ttich nicht gemehit, da die FfiTse der Ge- 
stalten von einander su weit entliemt sind, Hafs 
als Ftlllung des Zwischenraumes ein Dreiblatt 
verM-endet werden mufste. Eine Deutmigs- 
mAgticbiteit bietet L Moses, Kap. 32. Ven 97: 
Jakob ringt mit dem Kngt 1 Ist letzterer in 
der Tat in kurzem Gewand gebildet worden, 
so wird man in dem oben erwähnten, aus 
der dritten Zone stammenden Relief, mit 
Rücksii ht auf den Süiulenfall liit- Be/t*;< linun^ 
des Bauiucs der Erkenntnis im Paradies an- 
nefamen darfen. — Bs foigt die einsige Soene, 
auf der mit einiger Sicherheit -icli ein N'iniluKs 
über dem Haupt einer auf erhöhtem Stulil 
sitzenden Figur (Christus ?X die s^end oder 
lehrend die Arme erhebt, feststellen lal^ Vor 
ihr sitzt etwas tiefer eine et» tifall> l,iiiHf;ew:in- 
dete Figur. Dahinter ein Baum ^Bergpredigt l). 
-~ Das teilte Relief bringt swei Gestalten. 
Eine sitzt auf einem Stuhl \ind tr.'igt eine Knmc 
auf dem Haupt. In Händen hält sie einen 
reditecidgen Gegenstand mit einigen Langs- 
streifen (Tafeln, Buch?). Gegenüber sitzt nie- 
driger auf einem Stein eine Gestalt, die zu 
dem fijgliihcn Gegenstand hinübergreift; um 
diesen schlingt sich wie eine Ranke oder ein 
Tuch ein i'igun.irtiLjrr Wulst, unter dem mi'<^- 
Jichcrweise Wolken zu verstehen sind. Dann 
hatte man die Obergabe der Gesetzestafebi 
an Moses zu erkennen, und durch die voran- 
g^angcnen äcenen wäre eine GegenQber- 
steflung de« Alten und Neuen Bundes beab- 
.sit htigt. Aber wie undeutlich die Darstellung 
ist, ^■»•lit aiu h il iraus hervor, dals Tettau (»Bau- 
unü Kunstdenkmäler der Pruv. Sachsen« Er- 
furt, S. SS) darin David als Itelnodiat sieht, 
wohl mit Unrciht. 

Diese vielfachen Unklarheiten untl Dcutungs- 
möglichkcitcu beweisen nur, wie primitiv die 



Technik und DanMüiing ist, dem Stammeln 

eines Kindes vergleichbar. Jedoch sind ein?;c1ne 
Scencn sehr fri&cb aufgefalst und die Bewe- 
gungen mit naivem Natnialismin angedeutet 
Dafs ein liestimmtes Programm dem ganzen 
Aufbau tu Giunde liegt, kann man eigraiUich 
voraussetcen, denn die mittetaheriiche Kunst, 
soweit sie im Dienst der Kirche steht, will 
stct>* belehren oder über Heilswahrliciten auf- 
klaren. Aber hier hat es den Anschein, als 
ob der Gieiser siemlich wiDkOriich ihm ge- 
laufige Darstellung<-ii ani.iniiul(-rgerci]it liat 
ohne eigentlichen Grundgedanken und dals 
es mehr Zufall als Abiächt ist, wenn doch 
eine gewisse Einheit ergibt, ausgehend vom 
Sündenfall. Als tlL's^cIl Futf^cn stcllf-n sich dar 
Totschlag (Kain u. Abel) und Völlerei (Noah 
o. Snnson). Auf den Heilsweg weist die Scene 
des mit dem Engel rin5;< lulcn Jakuh und die 
vermutliche Übei^be der Gesetzestafeln an 
Moses, scfalielalich zur Vertretung des Neuen 
Bundes tlie Taufsccne und da-- Kilief mit 
dem lehrenden Christus. Dadurtli würde sich 
eine Einheit ergeben, aber dann bleibt immer 
noch auffallend, warum ohne sichtlichen Grund 
dieser innere Faden davdi den Kflnsller aer- 
rissen wurde. 

Den unteren Abschhils des Auf baues bildet 
ein Schlangelband mit seitlich nach oben und 
' unlt-n vorstehenden Blattern; darunter zieht 
sich ein noch an antike Formcngcbung an- 
I klingendes, aber sehr verrohtes Falmettenmotiv 
' hin Datin erweitert sich der Aufbau danli 
I einen abstehenden Rand mit dem gleichen 
j Schlangelband wie oben verziert Von dort aus 
gehen die Kellen zu dem Lichtbchalter selbst 
Der Gnfs ist -ehr roh durchgeführt, aiif^er- 
dem nachher diuch Feilen, Punzen und grobes 
Ziselieren fiberarbeitet. Das Gante scheint 
' weniger von Innen nach Aufsen gerundet. 
, sondern von Auben nach Innen hineinge- 
f schlagen und gehämmert tu sein. Die Mo- 
I dellierung, abgesehen von den dicken Köpfen, 
I bewegt sich, 4)bwolil im Relief, doch stets in 
einer Ebene, als ob auf den Kegel aus Metall 
I ausgeschnittene Bikler aufheftet waten. Die 
gn'.fstcn Tiefen sind dagegen im Gufs ausge- 
spart und bedingen Durdtbrechungeu des Cy- 
linders; dessen Hohe betragt 40 es«, der Durch- 
messer der Atripcl ( a. 35 cm. 

Das Stück repräsentiert, selbst wenn es 
j nicht SU besonders selten wOre ;ütte zählt nur 



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180». — ZBITSCURIPT FOK CHRISTUCHB KUNST — Nr. 



160 



noch zwei ahnliche Ampeln auf), eine Herk- 
wilrdigkeit, indem es eine interessante, noch ' 
sehr unvollkommene Periode dcrGieisertechnik 1 
vertritt. Vor allem kt die en eü»' Modellie- 
rung der Köpfe kennzeichnend. Hierin er- 
geben sich gaaz Überraschende Parallelen zur 
RcUeftaduiik der aichaisch-griechiidMii Kunst, 
wSt der auch weitere Verwandtschaften wie 
z. B. 3!u grolse Köpfe mit starrem, glotzenden 
Blick vorhanden sind. Aber das sind schlieHi- 
lieb die Kinderkrankheiten einer jeden in der 

Entwicklung begrifTenen Plastik. Im übrigen 
zeigen in der Herausmodellierung der Köpfe 
die bekannten Bernwardt-Tflren am Dom 
zu Hildesheim eine verwandte Erscheinung. 
Jedoch herrscht dort bereits eine unplfic!; I 
freiere Technik und künstlerische Geataltungs- 
kiaft. So iit dort e. B. die primitive Fkofil- 

Stctlung der Krtiper so gut wie überwunden. 
Auch die Bernwards-Säule zu Hildesheim 
ist bei weitem, trotz ihrer arcbaiadwn Harten, 
der Ampel zu Eifiiirt flb«riegen; doch sind die 
Hildesheiroer Werke wichtig insofern, als sie 
eine Datierung der Ampel erleichtem. Diese 
dllifte etwa dem Beginn des XI. Jahrb. ent- 
stammen, aber sie steht den Werken der ottn- 
nisch-saduischen Giefscrkunst gegenüber als 
tecbniich tmd kUntderach minderwert^ su- 
rttdt, ohne dadurch inde& an aich&ologitchem 
Wert zu verlieren. 

Es erübrigt noch, den oberen Abschlufs 
der AmpdbekrOmung zu besprechen, der in 
seiner Phantastik sehr eigenartige Schlüsse auf 
den Geist der Zeit zu ziehen gestattet. Lebt 
in dieser Willkflr, in dieser Hlufung der heratis- 
lagenden Ticrköpfe etwa ein Stück altger- 
manischer Hfvlzarchitektur, bezw. nor- 
discher Firstbekrönung nach? Wie käme sonst 
der Gießer auf das eigenartige Hotiv> Noch 

heute h.llt man bekanntlich von Niedersarhst-n 
bis in die skandinavischen Lande hinein an 
den geachnttrten K<)pfen der Fbstbalken ftst. 
Hat man etwa die heute langst spurlos ver> 
uichteten, den steinernen Kin hf nhauten voran- 
g^angenen Holzbauten mit solch barockem 
BalkeagespOrr, in dem sich die ganze nocdische 
Phantastik austoben konnte, veizictt? — Ich 
glaube, dals dies die einzige mögliche und un- 
gezwungene Eikllliwing der BeikrOnung bietet 
Der ganze Aufbau mit den abereinander ge- 
stellten Arkaden ist ja gnns; architcklotiisch 
gedacht Die Bogen ruhen auf dicht neben- 



einander gestellten, oft in eins venchmelzcndcn 
' DoppelsSulchen mit gemeinsamer Basis und 

i Deckplatte. Dazu die Löwenköpfe in den 
Arkadenzwickeln, g^dchsam pfastbdi vertierte 

Enden von Querbalken! Da.s alles mufs dem 
Stück besondere Beachtung sichern. Gerade 
weil wir so ganz geringe Andeutungen des 
einstigen germanischen Holzbaues besitzen, 
mufs jede nur mögliche Spur, die dessen Re- 
konstruktion erleichtert, verfolgt werden. Die 
Entttehang der Ampel fidU b die Zeit, da 

in Thüringen-Sachsen die au-s Holz errichteten 
Gotteshäuser den steinernen Platz zu machen 
begannen. 

So gering der eigentliche Kunstwert der 
' Ampel sein mag, so barbarisch und primitiv 
die Formengebung der Reliefs, so phantastisch 
die Bekr5ni2ng ist, so bedeutungsvoll und 
kennzeichnend ist sie fflr die tastenden An- 
fänge deutscher Giefscrkunst im allgemeinen. 
Mit Sicherheit ^en Entstebnngsort festlegen 
zu wollen, scheint von vornherein aussichtslos. 
Nur das !;"'^t sich sagen, dafs das Stück in 
der Technik zu roh ist, um mit den Werken 
ottonisch-sflchsischer Kunst zwangt in Be- 
ziehung gebracht zu werden. Aber nicht aus- 
geschlossen ist CS, dals es dort, wo es heute 
noch aufbewahrt wird, d. h. in Erflirt selbst 
entstanden ist Dafür spricht vor aUem die 
primitive Formensprache, aus der im Gegen- 
!>au zu Hiidesheim etc. der Mangel an guten 
VorbOdem nur su denUidi offenbar wird. 



Eine Stufe gesteigerten Könnens, wenigstens 
nach der rein technisdien Seite hin, verkör- 
pert die Leuchterfigur des sogen. Wolf- 
ram, ein staldiiiu«, t;twa (5 Zentner schweres 
Werk, aufgestellt im Chor des Domes und 
nodi heute dem Zweck dienend, dem es vor 
vielen Jiibrhundertcn geweiht wurde, d. Ic 
Leuditerhalter zu sein (Abb. 2). Dals der 
Giefier die ihm durch die froanmen Stifler 
Wolfram und Hiltiburg aufgetragene Arbeit 
in dieser Weise fonnuliette und eine mensch- 
liche Gestalt als Lichtträger sciiuf, ist nur ein 
Beweb Ab- seinen Er&idui^sreiditum und 

seine Phantasie. Um eine ..Rttfserfigur" (»Hau- 
und Kunstdenkmäler« Erfurt, ö. 81) handelt es 
sich aber keineswegs. 

Dargestellt ist eine männliche Gestalt, die 
mit zur Seite ausgestreckten, leicht gebogenen 
Armen in den H<lndei\ Lichtbchallcr Uägt 



üigiiizea by VoOOgle 



101 



1903. — ZBITSCHRIPT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 5. 



15t 



Eine weitere Lichtdülle befindet sicli im Nacken 
der Figur, die dadurch gezwungen wird, den 
Ktjpf etwas vorzuln ugen. Gekleidet ist sie 
in ein langes, eng anliegendes, bis zu den KnA- 
thcln reichendes Gewand und mit einer kurzen, 
wamsartigcn Jacke, die am Halsausschnitt 
mit einem einfachen gemusterten Besatz ge- 
schmückt und an den Armelötlnungen wulst- 
artig umgeschlagen ist. Durch die Art der 
Modellierung als anderer, weicherer Stoff ge- 
kennzeichnet, treten aus der Jacke die Ärmel 
heraus, an den Handgelenken eng anliegend. 
Die Füfse stecken in wei- 
chen, vom über dem Spann 
weit aasgesohnillcncn .'>i liu- 
hen mit erhCihter Fersen - 
kappe. Von dort aus gehen 
SchlicfsbAnderaus, über dem 
Knöchel zusammengeknotet. 
Die Schuhe, der Schmuck- 
l>esatz am Wams und die 
aufsere Kennzeichnung ver- 
schiedenen Stoffes hatten 
die Annahme, es handle sich 
um einen liüfser, von vorn- 
herein au&schliefsen müssen, 
ebenso auch das Vorhanden- 
sein eines bereits mehrfach 
als Schacl Ilm esser gedeuteten 
Gegenstandes, in dem ich 

aber nur ein schmales 
Schrcibfutteral mit iicrvor- 
stehendem Griffel oder Stift, 
welches an dem durch die 

Jacke verdeckten Gürtel 
h.'lngt, zu erkennen vermag 
Dazu kommen die vom über 
den Rock herabhängenden 
Enden des Gürtels mit der eingegrabenen 
Widmungs-Inschrift. 

In der M<Kldlierung ist die Figur noch un- 
geschickt; der Kör()er ist zu lang gestreckt, 
die Hüften sind zu breit im Verhältnis zu 
der schmalen Brust und den herabfallen- 
den Schultern; der Leib tritt unter der 
straffen Gewandung vor, ebenso das Ges.'lfs 
und die Kniee. Aufserdem ist vcrsuclil, die 
durch das Leuchtertragen bedingte Anspatinung 
der Brustmuskulittur tieutlicli zu machen. Die 
Füfse und Hiliulc sind zierlich, letztere aber 
im einzelnen nur schematisch behandelt, indem 
die Gelenke nicht angegeben sind, sondern 
nur die Nägel. i)as bürtige (}esicht zeigt grofse 




Abb. )L Leuchter ficur des wog. WoHrun, 



vorquellende Augen mit starrem, glotzenden 
Blick. Stirn- und Nascnlinie gehen ohne starke 
Trennung oder Einsattelung in einander über. 
Die Backen sind noch nicht durchmodellierU 
Durch ein paar hart einziselierte Runzeln an 
der Nasenwurzel und den Augenwinkeln ist 
angedeutet, dafs die Leuchterfigur als an Alter 
vorgerückt charakterisiert werden soll. Die 
Hauptsorgfalt hat der Künstler auf die pein- 
liche Dun hführutig des Haupthaares und des 
Bartes gelegt Das Haar ist in einzelne Strähne 
zerlegt, die ihrerseits spiralig bald nach dieser, 
bald jener Richtung sich dre- 
hen. Daraus ergibt sich der 
Eindmck einer sehr kunst- 
voll angeordneten Bart- und 
Haartracht, ein Eindruck, 
der aber sicher nicht be- 
absichtigt war. Diese Stili- 
sierung, die sichtlich nur dem 
Unvermögen entsprang, die 
Haare lebendig zu gliedem, 
hat den Herausgeber der 
Erfurter »Bau- und Kunst- 
denkmaler« .sogar verführt, 
dem Kopf des „Wolfram" 
einem as.syrischen Herr- 
scherkopf gegenüberzustel- 
len und an Beziehungen zur 
orienUilLschen Kunst zu 
denken. 

Wie sehr der Giefscr mit 
dem Formalen ringt, ersieht 
man auch deutlich aus der 
Gewand- .Stilisierung. Das 
Prinzip, nur durch parallele 

Einritzungen oder aber 
durch spiralige Wülste eine 
Art von Faltenwurf zu erzielen, tritt überall 
hervor, l)esonders auffällig unil naiv an den 
Armen. Nur hier entfaltet der Stoff schein- 
bar etwas F"reiheit, im übrigen wirkt die Mo- 
delliemng fast so, als sei über den Körper 
ein enges, n;isses Gewand angelt^ das sich, 
abgesehen vom freieren Faltenwurf am Unter- 
saum des R<xkes, fest anschmiegt und nur 
ganz geringe Falten gestattet, wie z. B. auch 
über den Hüften. Wie der Kopf selbst, sagt 
also auch die Gewandbehandlung, dafs wir hier 
mit einem zwar altehrwürdigen und beachtens- 
werten Werk zu tun haben, in dem aber alles 
wirklich lebensvolle und Wahre wie verstei- 
nert und absichtlich verneint erscheint Bodes 



1» 



1803. — ZBITSCHRIPT FÜR CHRISTUCHE KUNST — Nr. 5, 



154 



Urteil (»Deutsche Plastik« S. 31) „eine sehr 
»orgßütige, aber noch starre, typische Gestalt" 
triA abo dntchau» zu. Und das umsomehr 
beim Vergleidi mit dem dam gebtSvjgen 

Unic-rliau. 

Ein Anlaft, dessen Entstehung von der der 
Flgnr selbst (Tettau S. 85) sti trennen, liegt 

nicht vor. Seine Phantastik und sein Cha- 
* raktcr sind noch unbedingt romanisch, er fallt 
also »tiUstiacb in die gleidte Zdt, wie die 
Figur seJbst, die von vom herein irgend einer 
Basis bedurfte. Diese ruht auf vier ausladen- 
den SlQtsen, die als Drachen oder Ungeheuer 
mit dem Kopf zwischen den Vorderpranken 
gCTtaltet sind und in je drei mlutcnartigc, 
nach oben stehende Auslaufer enden, deren 
oittebier an den Selten der recbtecldgen ftuiis 
in je einen Löwenkopf auslauft. Auf jeder dieser 
FubstatMD hockt dn zieriiches Wesen, vorne 
Ibks ein Affe, der in eben Apfel bd&t, lediU 
mit unrörmlich dickem Kopf und gmfsen Hän- 
den ein nackter, zwergartiger Mensch, der mit der 
Rechten einen Knochen schultert, während 
die Linke die Blofe dedct Hbter diesen We- 
sen erheben sich zierliche, an den Rücken der 
Draclten sich ansciimiegende Ranken. Auf 
den ROckiMltien hocict je ein klemes pantber' 
ähnliches Tier mit geschwungenem Schweif 
auf den Drachen, zwischen deren Ausläufern 
sieb die Ful^tte der Figur erhebt, umrahmt 
von einem Zinnenkranz. Durch Ringe und 
Metallbander ist die Figur ;iuf diesem Posta- 
ment befestigt. Das Ganze wirkt recht an- 
sehnlich und stattlich. Die Gesamthohe von 
Fifüir und Basis betr^crt ca. 18'» rm. füc ricr 
Figur allein 152 m; die BasU mifst 84 zu 
tt8 m. Die GrO&enwirlnmg wird gesteigert, 
wenn auf die in den HSnden der Figur ge- 
haltenen kurzen LichtteUer mit 6ut kitgeligem 
Griff die Senen aufgestecict sind. 

Es war mithin eine kostbare Gabe, die 
dur< h Wolfram und seine vermutliche Ge- 
mahlin Hiltiburg der Kirche verehrt wiudc. 
Die Widmung findet sich auf den Gttctel- 
hnndem der Figur und lautet mit Aufiteimg 
der Abkümingen: 

Wlt(finmt$t. On fin $tMt tameia dei gtmtrit. 
HUiibure. Ut Jigmi i^fkiamur gratta dn. 

Die Inschrift zcifrt Majuskelbudtttaben von 
ruhigen, gehaltenen Formen. 

Zwischen der erfindungsreichen Gestaltung 
der Basis und der starren, gelnindenen des 



„Wolfram" selbst oflenbart sich dn merk- 
würdiger künstlerischer Gegensatz. Doch das 
ist ganx erklärlich. Augenscheinlich entstand 
der Leuchter in einer vielbeschäftigten, tei h- 
nisch WDhIgeschulien \\'erkstatt, die in der 
Herstellung von romanischen Leuchtern durch- 
aus aicher war. Das romanisdie Kunstgewettw 
steht ja, wie zahlreiche phantastische Rronze- 
gOsse bewduen, auf einer glansenden Höhe, 
die aber grOfseren momnnentalen Au%al)en 
gegenüber nicht ausreicht. Wahrend die 
kleinen dekorativen FigOtchen, der A(Te und 
der Zwerg, durch ihre flotte Sicherheil über- 
raschen, versagt die Gestaltungskraft bei der 
fast Icbensgrnfscn Einzelgestalt. Ein gutes 
Sdtenstäck zu dieser Erschdnuog bietet z. B. 
die Grabrigur des Eisbischols Friedrich 
von Wettin (t i iSz' - Mag deb urg, Hllsch- 
lich bisher Gisder genannt, deren Gebun- 
denheit, ganz almlich und verwandt der 
des „Wolfram", doch kontrastiert mit der 
niedlichen, h eckenden Figur des Dornaa"?- 
zichcts unter der schragstchendcn Fufsplatte 
des Bisdidk Man hat seit den T^gin. der 

' RoTjinntik in dies Figflrchen wie nebenbei 
1 bemerkt sein mag — viel hinein geheimnist, 
I indem man, statt m ihm eine delcoiative Zu- 
tat zu erkennen, tiefe symbolische Beziehungen 
suchte. Das tiidt auch auf den Wolüram zu, 
der den Tritunpf christKchen Glaubens aber 
den Unglauben und die Machte der Finster- 
nis, vertreten durch die „unreinen Tiere" der 
Basis, darstellen sollte; natürlich ganz mit Un- 
recht.' Ooin hier spielt nur gennanische 
Phantastik hinein, hier spricht nur nordische 
„Lust am Fabulieren" das entscheidende Wort. 

Wann etwa entstand der Wolfram? Eine 
DatienmgsmOglichkeit ist durch den Vergleich 
mit anderen Werken gcgeljcn In der Tech- 
nik und Moddlierung ähnlich, aber weit sorg- 
filltiger und die gute Tradition ottonischer 
Zeit noch wahrend, ist die C rabfigur Kc^tiig 
Rudcdf s von Seh waben (f loSo)- Mcrse- 
bürg .MIgemdn nimmt man an, da6 der 
Güls bald nach des Königs Tod gefertigt 
wijrde Die Gestalt hat mit der des Wolf, 
rain die abtallenden, schmalen Schuitem und 
die gestredtte F^r gemeinsam. Doch das 
sind, wie Steinskulpturen bcwei'<en (Äbtis- 
sinnen - Denkmäler zu Quedlinburg) 
allgemeuigOltige Eigenarten der Zdt Mitdrden 
der QuedKninuger Steine» denen der Adellieid I, 



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1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 5. 



156 



Beatrix und Adelheid II, gefertigt rund um 
1130, (vergl. Ad. Goldschmidts Unter- 
suchungen im Jahrbuch der legi, preufs. Kunst- 
Sammlungen, 1900, S. 225 ff.) hat der Wolf- 
ram das Heraustreten der Kniee und un- 
schöne Vorstehen des Leibes gemeinsam. 
Weiter kommt als datierbares Monument zum 
Vergleich in Betracht die obenerwähnte Grab- 
figur Friedrichs von Wettin (t 1152). 
Früher als Ausgang des XI. Jahrh. darf also 
die Entstehimg des Wolfram nicht angenommen 
werden. Für diese Datierung spricht vor allem 
die Gcwandbehandlung. 

Merkwürdig ist die Unfreiheit, wie dort 
die Kleidung auf dem 
Körper sitzt. Man hat an- 
scheinend im XII. Jahrh. 
die Figuren nur in allge- 
mein grofsen Flachen mo- 
delliert und dann in an- 
deutender Weise die Ge- 
wandung in ziemlich pa- 
rallelen und strengen Stri- 
chen in das Material selbst 
hinein geritzt, statt etwa 
die Gewandung auf oder 
über zu modellieren und 
plastischaufzutragen. Diese 
Eigenart zeigt vor allem 
noch der Unterkörper 
Wolframs. Der Oberkör- 
per selbst ist anscheinend 
vorgeschrittener, aber nur 
anscheinend , indem der 
Künstler, um eine Stofl- 
Differenrierung zu errei- 
chen, stärkere Plastik suchte. Aber er er- 
reichte nur eine weiche, wulstige, recht un- 
klare und unbestimmte Behandlung, die leicht 
zu Spiralbildungen neigt. Das hat aber seine 
Begründung. Es galt, die Gufsnähte — die 
Figur besteht aus einzelnen Stücken — zu 
verdecken. Ein Teil mufste in den andern 
geschoben werden. Daher die Wulste am 
Unterrand der Jacke, an Ärmeln und Hals- 
ausschnitt, die vielleicht dem Giefscr erst 
Veranlassung gaben, um sie nicht auffallig 
erscheinen zu lassen, sie auch auf die benach- 
barten Gewandteile, vor allem die Ärmel, aus- 
zudehnen. Der Wolfram verkörpert also den 
Übergang von der Manier, die Gewandlinien 
nur einzuritzen, in eine neue Richtung, die 
mit stärkeren plastischen Wirkungen und Bc- 




Ahb. ^. Hlonir-Krliiiuiar. 



wegungen arbeitend, mit dem Ende des 
XII. Jahrh. in Sachsen siegreich einsetzt und 
die alte Starrheit und den Schematismus der 
Gestaltung Uberwindet. Der Wolfram nähert 
sich schon jener neuen künstlerischen Be- 
wegung, als deren erstes bedeutenderes Bronze- 
werk die Grabplatte des Bischofs Ludolf 
oder Wichmann zu Magdeburg in Betracht 
kommt, deren Datierung zwischen 1192 und 
1 205 schwankt. Mit den Magdeburger Güssen 
steht der Wolfram anscheinend in enger Be- 
ziehung und entstammt, wenn nicht der gleichen 
Hand, so doch der gleichen Werkstatt-Tradi- 
tion. Zu seiner genaueren Datierung ergeben 
sich also die Termine von 
1152 bis 1205. In dieser 
Zeit mufs das Werk in 
einer sachsischen Giefserei 
entstanden sein. 

Das wird auch nahe- 
gcl^ beim Vergleich mit 
dem leider heute zu 
schlecht beleuchteten und 
ungünstig aufgestellten ro- 
manischen Altar-Auf- 
satz, der möglicherweise 
einst im alten romanischen 
Dom cinTympanon füllte. 
Das interes-sante, bei Tet- 
tau S. 91 nur ganz unge- 
nügend abgebildete Werk 
zeigt deutlich alle Merk- 
male des XII. Jahrh. Doch 
scheint es noch strenger 
und herber als der Wolf- 
ram. Und doch ist bei der 
nahen stilistischen Verwandtschaft gamicht im- 
möglich, dafs beide Denkmale zeitlich einander 
sehr nahe stehen und dafs die gröfeere Freiheit 
des Wolfram nur bedingt ist tlurch den Zwang 
für den Künstler, .statt in harten Stein hinein- 
arbeiten, hier erst ein Guss-Modell aus Wachs 
fertigen zu müssen. Jedenfalls bewegt sich der 
Aufsatz künstlerisch in den Bahnen der Sachsi- 
schen Plastik, wie sie die Skulpturen zu Qued- 
linburg, Hildesheim, Kloster Gröningen, Gem- 
rode und Magdeburg (Bischof Friedrich) in 
einer ganz bestimmten Entwickelungs-Phase 
vertreten. Letztere in musterhafter Klarheit 
umrissen und die weitere Entwickelung der 
.Sächsischen Plastik mit überzeugender Klarheit 
dargestellt zu haben, ist Adolph Goldschmidts 
(siehe oben!) grofses Verdienst. 



, Googl 



157 



1903. — ZBITSCBKirr VOK CHRISTUCHB CUimT — Nr. t. 



15B 



Gegenüber den beiden voran £;egang en en Wer- 
ken kann das Bronzc-Reliquiar (Abb. 8) muht 
die groiie B«aditinig betnsprarhen, die jenen 
gefattul Es ist, wie der Wolfram, am Messing 
gegossen und dann vergoldet bezw. versilbert. 
Der Gu(s ist nicht ganz tadelfrei, weil löcherig; 
seine Starke schwankt zwischen '/« tmd 1 em. 

Dns Reliquiar stellt in Büstenform einen 
Bischof mit segnend erhobener Rechte dar, 
deaaen Linke ebi Bodt halt Onidt die nun 
Teil heute abgeslossene Vergolduni; sind her- 
voigehoben: Gesicht, Hände, Buch, Casula 
und der S«ikd und die Bander der lAitra. 
Letztere, von der alten, niedrigen Form, ist 
versilbert, ebenso wie die AupSpfe?, die Haare 
und das Schultertuch. Die Pupillen sind durch 
eingeeetxte tOrkisbhQe GiasAfiaae bexdchnet. 
Die Ges.imthiShe bestrü^t r?3'/o mi 

In den Verhältnissen ist das Reliquiar nicht 
gerade gHickticli. Der Kopf ist m grofs im 
Vergleich zu den schmalen Schultern, die 
Hände dagegen sind zu klein Di« Augen 
treten noch, wie im Xil. jahrh. so vielfach, 
starr und ftbergio6 Itervor. Das Geaidit ist 
glatt und flächig behandelt und noch nicht 
eingehend durchgearbeitet. Mund und Nase 
sind noch gana adiemattscli, aber doch nkht 
tndir so streng und herb wie bei dem Wolf- 
ram. So schliefst sich stilistisch das Reliquiar 
eng an jenen an, jedoch weist es in den 
weächeren, verallgemeinernden Formen schon 
hin auf die im Xni. Jahrh. in der Sa< hsischen 
Plastik zu formaler Schönheit und Ideali- 
sierung strebende Richtung, die su emer so 
wunderbaren und vollkommenen Blüte führt. 
Aber iMinestalls dürfte das Reliquiar spater 
als etwa um IflOO eitstanden sein, mit gröfserer 
Wnhrschciolichkeit, sogarnoch zwischen 1150 
and 1 2«>0 

Denn noch ist die Behandlung der Ge- 
wandung nnd der stilisierlen Haare recht 
luirt und unfrei, norh sin«! z. B. die Ohren 
ganz schematisch und roh angelegt. Die 
Modellierung des Stofflidien besdirankt skh 
sogar meist noch auf die eingeritzten oder 
cinziselierten Linien des XII. Jahrh. Wenn 
das Reliquiar trotzdem in seiner Gesamtheit 
freier efsiebeint, ist dies mm Teil veranlagt 
durch die weichere Wirkung der Edelmetall- 



Oberztlgc. die ihm den Anschein stflrkcrcr 
Rundung und Vollkommenheit vorleiht Ob 
das StOch in der Werkstatt entstand, ans der 
der Wolfram her\ r^ring? Es lafst si(h dn* 
nicht bejahen und nicht verneinen; wSre das 
Postament, auf dem die Büste, wie die Schraub- 
töcher beweisen, einst befestigt war, noch er> 
halten, so Hefse sich auch mit Bestimmtheit 
das Reliqiii.\r genauer datieren. 

Aber CS handelt sich schlielsUch um kein be- 
deutnaies Kunstwerk, sondern um eine hand- 

w crklii he Durchschnittsleistung, dadurch ganz 
interessant, dals man beobachten kann, wie 
der aus zwei Teilen bestehende Güls — Kopf 
und Körper sind einzeln gefertigt — in ein- 
ander gefügt sind. Das Schultertuch ist ge- 
schickt benutzt, die Naht wulstartig zu ver- 
decken, also genau das gleidie Prinzip, wie 
beim Wnlfram. Nur im Innern ist die Ztt^ 
sammcnpassung zu fühlen. Zu bemerken ist 
sonst nw, dafs aidi in der Gebundenheit der 
Armbetätigung und dem Ängstlichen Festhaften 
der Hftnde am Körper noch Beziehungen 
zum Grabmal Friedrichs von Wettin er- 
geben, ebenso wie.au den Korssunschen 
Türen tw Nowgorod (1 1 52— ."iG). Doch 
das sind in der Zeit, d. h. im Xli. jahrh., 
liegende E%enschaften. 

Somit stellt sich das Reliquiar als ein durch 
sein Alter und seine einstige Bestimmung ehr- 
würdiges, aber künstleriscli nicht zu hoch zu 
bewertendes Werit dar, immeriiin wichtig ge- 
nug, als eins der vielen kleinen zerstreuten 
und noch nicht sy.sten)ati8ch behandelten 
Glieder des emsligen Fnditbaues lOBumtsdier 
Giefierkunst bekannt und damit der kOnftigen 
7tis;immenfasscndcn Fotichung nigttn^ich ge- 
matlil J!u werden. 

Tn den Entwicklungsgang der SBchrischen 
Plastik gehören sämtliche drei Werke hinein, 
sogar liefse si< h bei pcnnuer Veigleichung der 
Einzelheiten (Uhren) mit den Magdeburger 
Güsaen die beiden letalgenannten als engver« 

wandt anglied'jrn. Und d:iriun verdienen sie 
als füllende Zwischenglieder inmitten bedeut- 
samerer Werke doch in die Gesamt^Entwick- 
lung hineinbesogen an werden. 

Otto Backaer. 



IM 



1903. — ZBITSCHRIPT FOR CHRISTUCHB KUNST — Nr. ^. 



160 



Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf. 

XIII. (Mit Abbildung.) 

28. Spätgotische silbergetriebene Ma- 
donnen Statuette des Diöcesanmuseu ms 
zu Augsburg (Katalog Nr. 21 3j. 

icse schlanke, 41 '/t hohe, über- 
aus edle Gestalt ist ganz in Silber 
getrieben und nur das Untergewand, 
die Haare und Attribute, sowie das 
Schambändchen sind vergoldet. Sie ist aus 
zwei Stücken gehämmert und auf den Seiten 
zusammengelötet. Ursprünglich scheint sie auch 
auf der Rückseite ganz geschlossen gewesen zu 
sein, so dafs also das Stück vom Mantelüber- 
hang bis unten in roher Weise herausgeschnitten 
wäre. Im Innern ist sie schwer verlötet, nament- 
lich an den stark hinein- und herausgetriebenen 
Stellen, an denen verschiedentlich Silberstreifen 
und Späne aufgesetzt sind mit reichlich ver- 
wendetem Silberlot zur Verstärkung dieser ge- 
fährdeten Punkte. Von grofscr Anmut ist die 
Bewegung, sowohl des leicht gesenkten Hauptes, 
wie in der schwachen Ausbuchtung der Hüfte, 
und ungemein harmonisch ist der Wurf der 
Falten, obwohl diese sehr gehäuft sind und 
stellenweise von grofser Tiefe. Der Ausdruck 
des ovalen Kopfes mit den gesenkten Augen- 
lidern und aufgezogenen Brauen, mit der spitzen 
Nase, dem scharf geschnittenen Mund und Kinn 
ist ernst und doch sehr lieblich; die dicken, 
wulstigen Locken, die ihn einrahmen, oben von 
der Krone, einem schmalen Lilienretf, nieder- 
gehalten, fallen teils nach vorn, teils nach hin- 
ten herunter über die schmalen Schultern, die 
zwischen dem Mantel verschwinden. Die Hände 
sind gegossen, etwas spinnig, aber gut stili- 
siert, und tragen das nackte, zwanglos auf- 
sitzende, zwischen dem Gefeit gefällig sich ein- 
gliedernde Kind, dessen Antlitz edel, dessen 
Haar üppig gekräuselt ist. Ganz getrieben, mit 
Ausnahme der (gegossenen) Arme und Füfse 
ist es durch Vernietung vorgesetzt, in der 
Rechten hält es eine Frucht: Ananas mit (aus- 
gefallenem) Stein, auf der Linken Papagei mit 
ganz langem Schweif, und die Haltung läfst 
an Anmut, wie selbst an Innigkeit nichts zu 
wünschen übrig. — Die ganze Figur, die auf 
dem Halbmond mehr schwebt als steht, dürfte 
trotz ihrer flandrischen Anklänge, ein zweifel- 
loses Produkt der süddeutschen Schule sein, 
ein Beweis für die Leistungsfähigkeit der baye- 
rischen Goldschmiede um die Wende des XV. 
Jahrb., also in einer Periode, die vielfach nur als die Vorläuferin betrachtet wird von der Glanz- 
zeit der Augsburger und Munchener Metallplastik. Schnaigen. 




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Abhandlungen. 



Die metallenen Grabplatten des 

^'^^^ Erfiarter Dmnes. 

(Mit 7 AUOtaiini.} 

Wj^^k >nc genügende kuntlgeaebicht- 

MmXSk Würdigung haben diese 

gJ^V.» Grabplatten bisher nicht erfah- 
iirS:;^ ren, sei es, dafs man sie für 
^^L^Zl \ nicht wertToU genug hidt, ad 
%^SM '\ es, dafs sie noch zum Teil 
^qmK unter dem Dielenbelag vcrbor- 
gen lagen. Nttomdir, da die 
Denkmäler im Dom und dessen 
Kreuzgang au^estellt sind, können sie ein- 
gehendere Beachttmg in Ansprach nettmen, als 
ihnen bei Lfibke (»Geschichte der PUitika II, 
S. 768) und in Crceny's »Mönumenttl BlUMta 
bisher zu Teil geworden ist. 

Das lUeste der Denkmile^ leider nur frag- 
awBUrisch erhalten, iat die Grabplatte eliMS 
jungen Geistlichen. (Abb. 1.) 

Aus drei Stücken zusammengesetzt, einge- 
laaMn in die Südwand des Chorbalaea^ asifit 
das beute Erhaltene 0.67 x 1,50 m. Es fehlen 
oben und unten je eine Platte^ sowie der das 
Ganze einst umschliefsende Randstreifen. Immer- 
hin Ist das Fragment der Beachtung wert, ge- 
hört es doch zu den in Linearzeichnung gra- 
vierten Messingplatten, deren Herkunft noch 
nidht mit Sicherheit feataldii, ala deren Ana» 
gangspunkt wohl die flandri-^rhen Xiederlanrie 
au gelten haben« wobei nicht ausgeschlossen 
scheint, daft steh die Tecbnilc nach Lübeck 
verpflanzt hat (Repert. XIII, S. 404). Dafs die 
Platte nicht in Erfurt entstanden ist, beweist, 
abgesehen von ihrer vereinzelten Stellung, die 
anfierordentlieh sichere Technik, am der sich 
auf eine sirher arbeitendem gltt gaacbnite Werk- 
statt schliefsen Ufst 

Das Ton Creeny nicht erwähnte Fragment 
stellt einen unter einem gotischen, perspekti- 
visch gezeichneten RaHarhin stehenden Priester 
dar in der ßlr Gtabmonumente des Mittelalters 
tjrpisdien Haltung der Geistlichen. Das Ge> 
sieht wirkt trotz der skizzenhaften Anlage por- 
tritmäfsig; es ist hager, spiuig und fleisch - 
loi^ die lange sdunale Nase xeigt energische 



Linien, dasKmn isteck^ nndbefb^ die Obren 

stehen stark ab. Auf der Oberli|)pc sprossen 
ein paar vereinzelte Haare, der tonsurierte Kopf 
hat mir einen Kraus von flott bewegten Lodten. 
Aus dem Mangel an Falten und Runzeln mag 
man anndimen/ ein ji^dlicher Prieater aei 
dargestellt 

Der Kopf ist nur leicht aus der Mitteladiae 

heraus nach rechts gewendet, doch wirkt er 
wie von vom gesehen. Gleiches gilt von dem 
Obertotoper, wie auch aus der Ibltnng der sdir 

lang und schmal gebildeten Maridc hervorgeht. 
Die Fingerhaltung ist iufserst vornehm und 
graziös. Die rediteHflfte ist stark ausgebogen, 
der Stoff der Casula schmiegt sidi dort den 
Linien an. Der linke Kontur hingegen — das 
linke Bein dient als Spielbein — ist belebter 
und unruhiger. Bin Ausgleieh wird auf der 
untersten, heute verlorenen Platte stattgefunden 
haben, durch den nach der Spielbein-Seite ver- 
sttrkten Linienfluft unterhalb der Kniee. Die 
klare Betonung der Mittelachse: Gesicht, Kelch 
und Hände, gestattete eine derartig verschiedene 
Geataltung des Kontnrs, ohne befürchten zu 
müssen, den ruhigen, architektonischen Aufbau 
und Gesannteindnick zu schädigen. 

Noch herb und ohne jede spätgotische 
Willkllr ist der dieigetditem voifaag«de Bal- 
dachin mit zierlichen Wimpergen. Eine reiche 
Bekrönung, deren Analtie am 01>errand der 
Platte fu erkennen sind, hat einst das Denk« 
mal nach oben abgeschlossen und den monu- 
mentalen Eindruck, den man heute kaum rekon- 
struieren kann, gehoben. Für diesen ist von 
gro&er Wichtigkeit die Beschränkung des 
Hintergrundschmucks auf einfache -itilisierte 
Lilien. Die Platte zeichnet sich hierin wohl- 
tuend von sshbeichan anderen, kraus und un- 
ruhig durch ihre Überfülle wirkenden Metall- 
gravierungen aus. Aus der V erwendung des 
Lilienmotivs auf Aratlieben Ursprung des Dar- 
gestellten schliefsen zu wollen, wie es Tettau 
(»Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz .Sarh- 
sen«, Heft 13. Erfurt^ tut, scheint verfehlt; die 
IJIien sind rdn ornamental ¥erwendet. 

Die Fnt-itehtmg des Denkmals darf um nmrl 
1350 angesetzt werden, wofür die starke Aus- 
bitgang und die noch schlichte und atieng ge- 



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1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHE KUNST — Nr..O. 



IM 



gliederte Architektur sprechen. Technisch ist 
das Werk mit glänzcinicr Sicherheit durrhge- 
fllhrt und mit erstaunlicher Klarheit der Zeich- 
mmg; Jeder Strich sHtt am rediten Fleck, 
jedes Zuviel ist vermieden und nur das unbe- 
dingt Nolweodige angegeben. So seugt denn das 
BnidMflckhnineriioch, trat« derfehlenden Teile, 
von hoher künstlerischer, Treilich völlig von der 
Architektur beherrschter Gestaltungskraft. 

In Erfurt wie im weiteren Thüringen steht 
das Werk ganz vereia- 
zelt da; mit der nm die 
Wende des XI V.insXV. 
Jahrh. bMhenden ldka- 
len Oiefaerwerkstatt zu 
Nordhausen (Creeny 
S. 22—24} hat es nichti 
gemein. Nach Erfiurt 
wird es auf dem Was- 
serwege vom Norden 
her: Dbe» Saales Gera 
— von Lübeck — ge- 
kommen sein. Für die 

Datierung um ISfiO 
spricht die Grabplatte 
des Bischofs Bock- 
holt im Dom zu Lü- 
beck, f 1841, eine 
Rundfigur aufgra viertem 
Hintergrund, dem zu Er* 
furt so entsprechend, dafs 
man die gleiche Werk- 
statt annehmen kann, 
und schliefslich die Ver- 
wendung des Lilienmo» 
thrs auf der Platte des 
Biicho&Bertram Cre- 
men, Labeck, 1 1877. 
(Beide abfebildet bei 
Creeoy.) Auch wenn 
sich das Erfurter Fragment nicht mit den 
Pradi^latten zu Lübeck und Schwerin messen 
kann» schien in Anbetracht der e'üen Zeich- 
nilDg und der Tatsache, dafs das ehrwürdige 
Denkmal der Besprechung bisher entgangen 
war, seine Veröffentlichung berechtigt. 

Zeitlich reiht sich an ein heute im SUdflügel 
des Kreuzgangs aufgerichtetes Grabdenkmal 
des 1427 gestorbenen Kanonikus Hermann 
Schindeleyb. 

Aus dem sehr abgetretenen Inscliriftrand ist 
der Name nicht m entziflern; dodi gab das 
Totenbuch des Rollegiatstifts Bcatae Mariae Vir^ 




AbV. I. Uralvlane eiM* jmflcn CWMlIdMa, 



ginis N'amens-Auskunft Die Inschrift, an den 
Kcken durch Rundmedaillons mit den Evan- 
gelistensymbolen unterbrochen, beginnt mit 
einer ans Wolken ragenden Hand. Die Buch- 
staben selbst sind wie aus nandstrcifen zusam- 
mengesetst und in einander verschlungen. Da- 
xwischen >ind pbantastiicbe» diadwnihnliche 
Tiere und Blumennuken in flotter Zeidintmg 
eingestreut. 

Sehr eigenartig stellt sich das aus mehreren 
Stocken bestdiende^ arit 
Messingstiften sorgfältig 
verbundene Mittelfeld 
dar. In einem perapdc» 
tivisch gezeichneten, ar- 
chitektonischen Gehäuse 
steht ein Priester mit 
dem Kdch in der ty- 
pischen Hai tun t;. Rechts 
und links von ihm 
stdien in kleinen Ni- 
schen ein männlicher 
Heiliger mit Buch und 
Lanze besiehtmgsweise 
eine weibliche Heilige 
mit Buch und Salbge- 
fäfs. Uas (Gehäuse gip- 
felt in einer dreigeteilten 

<ipätgoti"rhen Galerie 
von bereits recht wiU- 
kfliüchen, ttwn Ponnen 

im Gegensatz zu der 
mehr trehnndenen und 
strengeren Architektur 
untethatb. Vonjeeinem 

die Laute spielenden 
Engel flankiert, zeigt 
sich dort in der Mittel- 
nische, von stilisierten 
Wolken umgeben, die 
vom Nimbus umstrahlte Gestalt 
IDessen Redite ist richtend er- 



ehrwilrdige, 
Gottvaters. 

hoben, die Linke fafst abwägend das Herz des 
Gestorbenen: eine eigenartige Variante der ur- 
allen Vorstellung vom TotengeiidiL 

Crccny hat (S. 2ß) das Werk besprochen 
und abgebildet, worauf hiermit verwiesen sein 
mag, gestattet doch die starke AbaddcHoiv 
vnd der metallische Glanz keine genügende 
photographische Wiedergi^ des hödiat inter» 
essanten Denkmals. 

Durch ihre Komposition acheint die Platte 
einaig daxustdien unter den mittelaherlichen 



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1«5 



1903. — ZEITSCHRIFT POR CHRISTUCMB KUNST — Nr. ft. 



106 



Grabplatten mit Lineardarstellungen. Wohl 
findet sich dort vielfach das Jüngste Gericht 
angedeutet durch die Darstellung, wie die in 
cinein Tbch emporgehobene Seele des Ver- 
storbenen in den üimmel unter musizierende 
Engel aufgenommen wird, aber die Verwen- 
dung des Totengerichts in dieser Form, findet 
sich meines Wissens nur hier. Und auffällij,' 
genug: gerade diese ganz vereinzelte Darstellung 1 
ist auf einem etwa qtlsdrslisclieii, llbeicck» 1 
Hebenden Metallstuck eigens eingesetzt in das 
oberste der vier Einrelstflcke. Doch sind die 
Nähte mit peinlichster Sorgfalt vernietet. 

Im Vergleich anm voiangebenden Monu- 
ment zeigt sich hier eine stärkere Befreiung 
von strenger architektonischer Gebundenheit 
an Gunsten mslerisdier Wirkung. Aua der 
herben, grofssttgigen Unienfllhrung mit ihrer 
mehr andeutenden und nur das Notwendigste 
gebenden Zeichnung, hat sich im Latife von 
etwa 75 Jahren eine mit Licht und Schatten 
d. h. mit plastischen Wirkungen arbeitende 
Technik entwickelt, die allerdings auf die Ver- 
wendung von Krens» and Querlagen noch so 

gut wie vcrziclUet. 

Der Kanonikus ist im Halbprofil darge- 
ateli^ was die verstttrkte Betonung der Pottrlt- 
ihnlichkeit gesuttete. Der Kopf wirkt aus- 
drucksvoll und sehr persönlich. Dte breite, 
niedrige Stirn ist von drei schematischen Quer- 
fahcn durchftirdit; unter stark betonten, ge- 
srhwungenen Augenbrauen liegen in scharf 
markierten Höhlen die kleinen, seitlich schauen- 
den Augen. Schwere Augendeckel geben dem 
.Gesicht etwas Müdes und Teilnahmloses, doch 
die charaktervolle Nase und das krAftig gebil- 
dete Untergesicht verraten Energie und Tat- 
kraft, trotz der angedeuteten starken Fettpolster. 
Phtrap und unschön, dazu jeder Clrazic entbeli- 
rend, sind die grofsen Hände. Hier fehlte dem 
Künstler siditlich die Kraft der Wiedergabe. 

Und das laTst auch die starke Vereinfachung der 
Gesichtszuge, die wie wohlberechnete künstle- 
rische Abwägung scheinen konnte, zurOcktreten 
vor der Erkenntnis, dafs der Künstler noch 
stark mit dem Formalen ringt, dafs ihm die Be- 
handlung des Fleisches sehr unbequem ist. 

Gans andern die Biliandlung des Stoff- 
lichen und des dekorativen Beiwerks. Da zeigt 
sich eine sehr beachtenswerte Freiheit und 
ScfaiMictimmkdtderLinienfiihiiing; dieSdiatten 
sind durch Sdiraffieinngen angedeuteL Virtuos 



ist die priesterliche Gewandung gezeichnet; der 
Stoff (liefst in weichen, wohllautenden Linien. 
Die Ausbiegung ist überwunden und die da- 
durch bedingte sehr ruhige, gehaltene SteHung 
des Priesters scheint notwendig und berechnet, 
um den Eindruck der Überfülle zu vermeiden 
und dsa dekorative Bdwerk nicht vorlaut 

sprechen zu lassen. Dafs das nicht geschieht, 
dafür sorgt auch die eigenartige, zarte Gravier- 
technik, aus deren Sicherheit sich auf lang- 
jahrige Übung schliefsen läfst. 

Am zartesten sind die oberen Partien des 
Denkmals durchgeführt, leider aber hat auch 
hier die AbsckleHbng vides codgMtig aetHBrt. 
Trotzdem läfst sich in der Zeichnung der Engel 
und des Gerichts eine zierliche und, soweit es 
die Zdt gestattete, eine nach formaler SchOn- 
heit strebende Auffassung nicht ableugnen. Für 
die Kenntnis vom Werden und Entstehen des 
Kupferstiches scheint das Werk bis jetzt 
sehr mit Unrecht noch nicht herangezogen 
worden zti sein. Von der Grabsticheltechnik 
des Denkmals bis zum Kupferstich scheint hier 
der Sdiritt gans naheliegend. Eine WUtdigung 

des Werkes gerade nach dieser RidttUQg hin 
dürfte sich sehr empfehlen. 

So ateht denn das Denkmal da als ein 
eigenartiges 2^ugnis von Streben nach Be- 
freiung aus dem typischen Cestaltungskrcis. 
Portratähnlichkcit ist sichtlich erstrebt, auf ma- 
lerische Wirkung bt lUngeaibeitet Und wenn 
der Künstler dem mittelalterlichen horror vacui 
Rechnung tragend, das Beiwerk mit übergrofser 
IJebe Iwtont, so adgt er nur eine parallele 
Erscheinung zur Steinplastik. Nachdem die der 
Hochgotik eigene, monumentale Auffassung der 
Grabfiguren sich ausgelebt hatte zu Gunsten 
stärkerer psychischer Affektdarstellung, vor allem 
andächtiger Zcrknirschlheit, lag die Hefiihr n.die, 
dafs die Formenfreude und der spielende Geist 
der Spttgotik diesen vertieften Gehalt der Grab» 

figirf-T. ir. ein Kokettieren mit AfTckten um- 
wandele, wenn nicht gar durch überstarke Be- 
tonung des Oekoiaiiven ersticke Davor bat 
sich der Künstler des Monuments gehütet; 
trotz des Reichtums wirkt es durch die würde- 
volle Auffassung des Priesters und die verein- 
fachte Linienflihrui^ soweit aie deasen Figur 
betrifft, einheitlich und von gellbiterten aestbe- 
tischem Empfinden getragen. 

Ob daa Werk m Erfiiit entstanden ist, 
sdinnt sehr fraglich. Es ateht wie das voran* 



1«7 



1903. - ZEITSCHRIFT FOR CHRISTUCHB KUNST — Nr. 6. 



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gehende zu isoliert in der Erfurter und engeren 
Thüringer Metallplastik da. Obwohl es zeit- 
lich den Abschlufs der Nordhäuser Plattenreihe 
bilden könnte, sind doch keine Beziehungen 
vorhanden, sind jene Werke doch zu grob und 
primitiv in der Linienführung und Gravier- 
technik. Auffallend sind jedoch die Beziehungen 
zu den Seitenwandungen der Tumba Fried- 
richs des Streitbaren zu Meifsen, der 
von 1423—25 dort die Begräbnis- 
kapelle am Dom errichtete. Die 
gravierten Einzelfiguren (siehe Do- 
nadini's Publikation derMeifsener 
Grabplatten) verraten ganz ähnliche 
Manier und Zeichnung. Doch lie- 
gen diese Verwandtschaften wohl 
mehr in dem allgemeinen Zeitstil 
und erlauben nicht, mit Sicher- 
heit die gleiche Werkstatt anzu- 
nehmen. Immerhin verdienen die 
Nordhausener Platten, die des Prie- 
sters Hermann zu Erfurt und die 
Tumba zu Meifsen Beachtung als 

zersprengte Einzelglieder einer 
Kette, die sich erst in der zwei- 
ten Hälfte des XV. Jahrh. zu einer 
Geschlossenheit entwickelt und zu- 
sammenfügt. 

Als erstes Erfurter Metall-Grab- 
denkmal in Reliefgufs reiht sich 
chronologisch an: das des Hein- 
rich von Gerbstädt, aufgestellt 
in der sich östlich an den Kreuz- 
gang anschliefsenden Clemens-Ka- 
pelle. Auch ein Werk, das uns 
Rätsel aufgibt (Abb. 2.) 

Gerbstadt starb 1451 und stif- 
tete die Clementerie, deren Voll- 
endung 1455 erfolgte. Als 1472 
jedoch die Kapelle abbrannte und neugebaut 
werden mufste, hat man anscheinend erst 
daran gedacht, dem Stifter ein würdiges Denk- 
mal zu setzen. Dessen Reste sind heute auf 
einer Holztafel befestigt Die rechte untere 
Ecke des Inschriftrandes fehlt, der die Figur 
des Gestor- 
benen einst 
Überragende 
spätgotisclic 
Baldachin i-^t 

törichter 
Weise Uber 




Abb. 
Ilrinrirb voo 



Abb. S, 



Vischers Epitaph des Henning Coden befestigt 
Somit wirkt das Denkmal heute nicht einheitlich 
und verwahrlost, wird doch die nur 1,34 m hohe 
Figur des GerbsUdt in dem 2,52 x 1,68 w 
messenden Rahmen in der Wirkung beein- 
trächtigt 

In gelassener Ruhe steht der Stifter der 
Clementerie auf einer Fufsplatte mit der In- 
schrift; fundaior huius Capelle. Die Linke halt 
einen Kelch, die Rechte ist segnend 
an dessen Rand gelegt. Das Ge- 
■ sieht ist lebendig durchgearbeitet, 

y von Runzeln und Falten durch- 

furcht Die Augenhöhlen sind tief 
^^^k beschattet, der schmale Mund zu- 
^^^^ sammengeprefst, die Ohren stehen 
^^^^^ stark ab und sind unorganisch an- 
^^^^1 gefügt Eine sehr unmittelbare 
^^^H Porträtwirkung ist erreicht; ob sie 
^^^H beabsichtigt war, ist sehr fraglich. 
I^^H Denn aufTällige Verschiedenheit der 
^^^B Gesichtshälften, die dem Kopf 
den Ausdruck lebendigen, seit- 
lichen Schauens geben, sind nur auf 
Ungenauigkeiten und Verschiebun- 
gen der Gufsform zurückzuführen. 
Am klarsten zeigt das auch der 
schiefgedrückte Kelch. Der Durch- 
modellierung des Gesichts ent- 
spricht die der Hände mit hart 
gezeichneten, pedantisch wirkenden 
Adern und Sehnen. Doch sind 
sonst die Hände in ihren Funk- 
tionen durchaus organisch und rich- 
tig erfafst im Gegensatz zu den 
vorangegangenen Denkmalen. 

Aber die ganze Figtir, so sach- 
lich ihre Wiedergabe ist, entbehrt 
des künstlerischen Lebens, sie ist 
nur eine leidliche Durchschnittsleistung. Un- 
beholfen stehen die Füfse in Grätschstel- 
hmg. Die sonst mit Geschick durchge- 
führte Behandlung des Stofflichen versagt in 
der Darstellung der sich an den P'üfsen stauen- 
den Falten. Vollends gibt die an Pedanteric 

grenzende, 
sehrnaive.Art 
der Gewand- 
musterung 
durch einge- 
punztc Stern- 
chen undRo- 




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setten dem Werk den Cinndcter da Hand- 
werklichen. 

Um so aunkllender ist die virtuose Behandlung 
des Inschriftrandes (Abb.3) mit den Sf mbo» 
len der Auferstehung: Pelikan, Phönix, Löwe und 
dem umrankten Wappen, aus dem die Fufsplatte 
GertNtldli henrarwidut Die F^r aelbist ist 

sehr heller, aber besclimiitztcr und von un- 
gleicher Patiaa überzogener Messing, der Rand 
und der datugehörige dreigeteilt» Baldnebin 
xdgt schönste dunkle Patina. So schenien an 
dem Werk zwei Hünde latit; gewesen zw sein, 
wie überhaupt, selbst wenn der Baldachin wieder 
sagefbgt weiden sollte, immerhin ein Miftver* 

tiältnis zwischen der Figur und dem brciien 
Rahmen bleiben wird. Auch der noch wenig 
an die spätgottaehe Brüchigkeit and Eckigkeit 
anklingende Faltenwurf könnte in Versuchung 
führen, die Entstehung der Figur selbst gleich 
nach 14*o anzusetzen, aber dem widerspricht 
die TUNche, dals das Monmnent des Gerbatldt 
dem des 147" gr-st rl rnen Hunold von 
Plettenberg (siehe unten) nachgebildet zu 
sein achatnt Gcnng, dars swiachen der Gufi* 
teehnik der Figur selbst und der des Randes 
eine unvereinbare Klufl vorhanden ist, deren 
Erklärung möglich scheint, wenn man in der 
Figur lellMt daa Werk «teea Erfiiiter Rot- 
gicfsers — der Glockengufs blühte in Erfurt ja 
schon im XV, Jahrh. — annimmt, des Rahmens 
und BaMachins Herknnft aber in einer Nürn- 
berger GiefserhUtte und zwar der Hermann 
Vischers des Älteren sucht. letzteres wird 
wenigstens nahe gelegt durch das Kompositions- 
achcma des noch an besprecbanden Denkmals 
des Hunold %'on Plettenberg, als dessen 
Weiterbildung die gravierte Grabplatte des 1500 
gestorbenen Heraoga Albrecbt des Be- 
herzten von Sachsen im Dom zu MeiTsen 
betrachtet werden kann. Dadurch sind Daten: 
1476 nnd 1500 gegeben, zwischen die man die 
Entstehung des Gerbstädt-Denkmals zwanglos 
einreihen kann. Denn vor 1473 wird das Denk- 
mal sicherlich nicht fertig gewesen sein, sonst 
«tre «a durch den Brand der Clementerie ge- 
sch^ !i^r worden. Dem aber «tdenpricht der 
heutige Dcnkmalsbefund. 

Das obenerwähnte Denkmal des Hunold 
von Ple w enberg steht nnn na Slldfligel das 
Kreuzgangs, es ist eine in eine Steintafel ein- 
gelassene, gravierte Ganzfigur mit Inschrit\rand, 
in dessen Ecken die Bvaagdisienajrinbole kt 



ITO 



Medaillonform eingefligt sind. Der Stein mifst 
2,62 X 1.66 «. Das Todesdatum bt 1476. 
Aus dem Unterrand der Inschrift erwächst, in 
der Art des Gerbattdt-Denkmals, umrankt von 
scharfgeglicdertem spätgotischem Gerank die 
Fufsplatte, auf der Plettenberg in Uberlebens- 
gröTse steht (Abb. 4.) 

Während in den vorangegangenen Monu- 
menten die Figuren durch den architektoni- 
sclien Rahmen mit in den Hintergrund selbst 
hineinbezogen waren, ist hier die Figur von 
diesem befreit, wodurch sie räuudich /u gröfserer 
Geltung kommen konnte und selbständiger 
wnrde. Dagegen mu6te der Kontur mOgUclisC 

geradlinig gehalten werden, um technische 
Hindernisse bei der Einlage und Befestigung 
in der Stebplatte an verawiden. Daa erklärt 
die aufserordentliche Ruhe des Konturs, in dem 
sich übrigens schon das Streben nach monu- 
mentaler, geschlossener Wirkung, wie sie sich 
in den letaten Jahrsdinten des XV. Jahrb. 
äufsert, verr it 

Mit gciKinkten Augen wendet Plettenberg 
den Kopf nach links; die kerabhilngende Rechte 
halt ein Spruchband nk den Worten: sit no- 
men tlomini bciaUctum, eine Ausnahme filr die 
Zeit. Die Linke hall ein Buch und gleich- 
aeit^ den Sanm des ackverco» großgemusterten 
Phiviale, das auf der Brust eine runde Schliefsc 
zusammenhält Dazwischen tritt die ebenfalls 
mit einem Damastmuster geaierte Dalmatica 
hervor. Die glatte Alba verdeckt auf der Fufs- 
platte in scharfen Brüchen auffallend die Füfse. 

Das Gesicht zeigt ruhige, ganz unpersön- 
lidie; aber boheitsvolle Zfige. ans denen nur 

stille, andächti^^e Versenkung sjjricht. Es ist 
gleich den ilberzarten Händen nur in wenigen 
Strichen und ohne jede Schraffierung angelegt 
Dadurch wirkt der Kopf, ist die Figur dock 
überlebensgrofs, etwa-; flau und leer. Im Oetren- 
satz hierzu zeigt sich eine höchst eingehende 
BehandHmg des Stoff lieben. In großen, eckigen 

Zickzacklinien fällt das prächtige, mit F.delstctn- 
borte und Fransen besetzte Pluviale hernieder. 
Daa Granatapiklmuster bt peinlidi genau auf 
ihm eingraviert, wodurch trotz der grofs aqge- 
legten Faltengebung, die energielose und müde 
Haltung Plettenbergs erst recht gesteigert wird. 
Ebenso eiogebend iat das Beiwerk ww der In> 
Schriftrand und die F.vangelislensymbole be- 
I handelt; letztere sind in Vierpässe mit Zwickeln 
I einkomponiert Im Gegensau aum Denkmd 



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des Gerbstädt mit seinen schon mehr im Sinne 
der Renaissance gezeichneten Ranken ist hier 
das Ornament an der P'ufsplattc noch durchaus 
gotisch und strenger, was die Annahme recht- 
fertigt, dafs das Denkmal des Plettenberg jenem 
als Vorbild gedient habe. 

Ein auffallend verwandtes Werk findet sich 
im Dom zu Naumburg: Die Grabplatte 
des Bischofs Dietrich von Buckenstorff 
(Bocksdorf). Der Bi- 
schof (Crceny S. 3ö) 
starb 146G, Hunold von 
Plettenberg U75. Die 
naheliegenden Jahres- 
zahlen unterstützen also 
die stilistischen engen 
Beziehungen. Die zeich- 
nerische Behandlung ist 
bei beiden Denkmalen 
gleichartig, wasam Deut- 
lichsten die Gewandbe- 
handlung lehrt. Hier wie 
da die gleiche scharfe 
und energische Falten- 
gebung und der belebten 
Zickzack-Kontur der 
Mantelsäume. Auch das 
harte Auffallen und Um- 
knicken der Alba und 
des unteren Pluviale- 
Saumes ist gemeinsam, 
wie auch die trotz des 
Reichtums im einzelnen 
etwas kleinlich und un- 
ruhig wirkende Brokat- 
musterung. Fast das 
gleiche G ranatapfelmoti v 
des Pluviales bei Plet- 
tenberg kehrt wieder auf 
dem hinter Buckenstorff 
ausgespannten Vorhang. 
Auch die Kdelsteinbor- 
tcn entsprechen sich, ganz abgesehen von der un- 
persönlichen Gesichtswiedergabe mit den gleichen 
krausen Stirnlückchen. Am auffälligsten und 
schlagendsten macht sich die Verwandtschaft be- 
merkbar in den Evangelistensymbolen des Lukas 
und Markus. (Die beiden andern Symbole zu 
Naumburg rühren, wie Creeny vermutet, von einer 
ganz ungeschickten Ergänzung her.) Der ein- 
zige Unterschied, der bis auf den Millimeter 
entsprechenden Medaillons beruht in der ver- 



schiedenen Alt der HintergnindschralTierung. 
Auffallender weise ünden sich die gleichen 
Apostelsymbole — auch genau in der Anord- 
nung der Erfurter Platte — beim Denkmal 
i Fried richs des Guten zu M ei fsen, -J- 1464. 
I Nur die Vierpafsurarahmung ist hier durch ein- 
ziselierte Perlen und Edelsteine, entsprechend 
den Pluvialeborten bei Plettenberg und Buckens- 
torff, bereichert. (Vergl. Creeny S. 48 und 
D onad ini.) 

Letzteres Denkmal 
zeigt genau das gleiche 
Granatapfel muster wie 
das des hinter Friedrich 
ausgespannten Teppichs. 
Die Beziehungen der 
drei Werke zu einander 
sind also so eng und 
naheliegend, dafs es ge- 
radezu erstaunlich 
scheint, wie Creeny die 
Übereinstimmung nicht 
bemerken und erwähnen 
konnte. 

Die Platte des Plet- 
tenberg entstammt also 
einer Giefserhütte, die 

nach feststehenden 
Zeichnungen in gröfscrer 
Zahl Werke ähnlicher 
Art erzeugte. Nicht un- 
möglich scheint daher, 
dafs sich den obigen drei 
Werken noch weitere 
anreihen lassen. Eswäre 
dies sehr erwünscht zur 
Feststellung des Her- 
stellungsortes und der 
betr. Hütte. Denn mit 
der .Annahme, {dafsj|die 
Platten aus Nürnberg 
und mit grofser Wahr- 
scheinlichkeit aus Hermann Vischers d. Ä. 
Werkstatt stammen, ist man dem Meister 
wenig näher gerückt. Immerhin wird man 
künftig bei Versuchen, der Jugendentwick- 
lung Peter Vischers näherzutreten, das Denk- 
I mal des Plettenberg nicht übersehen dürfen. 
I Denn in ihm, das auf die bis dahin übliche 
I architektonische .Ausgestaltung der Grabplatten 
' verzichtet, kündet sich der neue Geist an, unter 
I Zurückdrängung des Beiwerks die Erscheinung 




Abb. 4. HunoM •ma ncttcobctis 



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des Individuums als solche mehr hervortreten 
zu lassen und es zu statuarisch abgeklärter Un- 
persönlichkeit und Typik zu steigern. 

Diese Richtung vertritt weiter das Denkmal 
des 1499 gestorbenen Kanonikus Konrad 
Stein, aufgestellt innen an der Südwand des 
Domes. Es zeigt die Figur des Gestorbenen, 
die in einen 2,21 X 1,41 m messenden Stein 
mit Inschriftrand und Evangelisten -Eckme- 
daillons eingelassen ist <.\hh. 5 ) 

Der Geistliche steht 
nach rechts gewendet, 
aufeinerganzeinfachen, 
kleinen Fufsplatte, sein 
mit dem Barett be- 
decktes Haupt ist ge- 
senkt, um in das von 
der Rechten gehaltene 
Buch zu schauen, in 
das die Linke blätternd 
fafst Das linke Bein, 
als Spielbein, tritt am 
Knie unter der schwe- 
ren Gewtndung her- 
vor. Die FUfse sind 
verdeckt. Auf der 
Fufsplatte steht ein 
Wappenschild mit ei- 
nem schön stilisierten 
Lilicnstengel. 

Der Verstorbene ist 
als kurzer, gedrungener 
Mann gebildet, mit 
charaktervollem, ener- 
gischen Kopf und brei- 
ter von Locken an 
den Seiten umrahmter 
Stirn. Die starke Nase, 
der volle weiche Mund 
und das schwere, schlaffe Kinn scheinen 
so individuell, dafs Porträtwirkung erreicht 
wird. Auch die vollen Backen, der kurze 
mächtige Hals lassen auf ein Porträt schliefsen. 
Weniger charaktervoll und flau in der Be- 
tätigung sind die grofsen Hände. Die das 
Spielbein andeutende Falte am linken Knie 
wie sie gern auch der Holzplastik der Zeit 
eigen ist, bildet die einzige Schräge in den 
langen parallelen Senkrechten des Talars. Hierzu 
tritt in höchst wirkungsvollen Gegensatz der 
schwere, starre StofT der Mozetta mit seinen 
kantigen, scharfen Brüchen und der rundlichen 




Abb. 5. Konrul *on Stein 



Pelzzaddelung. Eine einfachere und dabei 
klarere Gliederung der Gewandung ist eigent- 
lich so gut wie «mmöglich. Wird durch sie 
auf einen ruhigen, feierlichen Eindruck hinge- 
arbeitet, so noch mehr durch den erstaunlich 
vereinfachten Kontur der Figur selbst. Wie 
meisterhaft er durchgeführt ist, wie er trotz aller 
Geradlinigkeit doch belebt und schwungvoll 
erscheint, tritt bei einem Vergleich mit dem 
Kontur des Hunold von Plettenberg ins vor- 
teilhafteste Licht Dort 
noch ein allerdings 
zum Teil durch die 
Technik gefordertes 
Suchen nach ruhigen 
Linien, hier deren be- 
wufste Anwendung. 
Diese AbgekUrtheit 
und statuarische Ruhe 
bedingen den Ein- 
druck des durch seine 
( i röfse an sich gar nicht 
überwältigenden Denk- 
mals, in dem jede Er- 
inneamg an die Gotik 

verlöscht zu sein 
scheint Im Gufs sehr 
geschickt durchgeführt, 
von liefdunkler gleich- 
mäftiger Patina Uber- 
zogen, ist es nachzise- 
liert, aber so zart, dafs 
die eingeritzten Linien, 
vor allem die der 
Sarometmozetta und 
des ledcrgepreftten 
Buchdeckels, die Ge- 
samtwirkung nicht be« 
einträchtigen. 
Der Einfachheit des Figürlichen entspricht 
die der Umrahmung, der Buchstabenform und 
der Vierpässc mit den Evangelistensyrobolen. 
.\uf deren Spruchbänder waren beim Denkmal 
des Plettenberg noch die Anfangswortc der 
betr. Evangelien eingegraben, auch war dort 
die Form der Medaillons, ähnlich denen des 
Gerbstädt, unruhiger und reicher gebildet; hier 
ist die ganz einfache und schlichte Form des 
Vierpasses wieder aufgenommen. Also auch 
hierin eine für die Zeit auffallende Beschrän- 
kung und ein Streben nach Vereinfachung. Sehr 
ungeschickt ist die Figur in den Stein einge- 



1903. - ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHE KUNST — Nr. ft. 



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Imwo. Mdftft lifi, aUtt aiif der Fufsleiste der 

Iiuchrift ru stehen, gewissermafscn in der Luft 
schwebt. Schon aus diesem Grund ist anzu- 
ndmen, ihft der Gnft nidit tau Efftftttamiiit» 
sondern von auswärts. 

AHem Anscheia nach kommt das Denkmal 
«w einer saddcntfdieo KanaiMine. Mbr dort 
konnte in Devtaddand um die Jahrhundert- 
wende ein Werk von solcher KLirhcit und Ab- 
gewogenhcit entstehen, in der i'at ündet sich 
dann «och im den Domes wa Bamberg und 
Würzburg eine Reihe von Grabplatten, die 
sichtlich der gleichen Werkstatt entstammen. 
Bs sind dies in der Nagelkapelle de« Bam- 
berger Doms die Platten des (jeorg von 
Aufsefs, 1 1492. des Grafen Berthold von 
Henneberg, | ü^^t und des Johannes 
Stein, f 1606. Im Würtburger Dom reiben 
sich als verwandt an die Denkmäler des Georg 
von Giech, f 1501, Marlin von derKhere, 
tl607. Albert von Bibra, f 1511, and des 
Petrus von Aufsefs, j 1532. Hierzu gehört 
auch eine, nunmehr von ihrer Umrahmung ge- 
trennte Einzelfigur eines Geistlichen an der 
Westwand des Kapitelhanaes und das sogen. 
Denkmal des Richard von der Khere, j- 
1588, welch letzteres höchstwahrscheinlich bei 
der Be ü iitig u og an der Wand emen gamidit 

/utjehöripen Inschriftr.md und damit N'amen (Er- 
halten hat. Vgl. Rcpertorium 1 »1 , S. 38, .\nm. b. 

Sind im groisen Ganzen die obengenannten 
WQnbaiger Platten im Faltenirarf und Behand- 
lung der Brokatgewänder reicher gehil let, so 
entsprechen die Bamberger Platten in der Zeich- 
nung bis hA auf die einzelnen Linien dem 
Erfurter Denkmal des Stein. Georg von Aufsefs 
hält ebenfalls ein Gebetbuch; die .strenge .Anlage 
der Gewandung, besonders die Gebundenheit 
des unterm Saumes, läfst gar keinen Zwdm 
dantber, dafs für das t ine wit^ das andere Werk 
der gleiche Entwurf verwendet wurde. Zudem 
sind die Figuren selbst nur um 1 cm in der 
Hölle verschieden. Eine ganz genaue Kopie 
dagegen scheint die Platte des Grafen ßerthold 
von Henneberg ni sein; selbst die charakteri- 
stische Rnickfalte am Knie fehlt nicht Abge- 
sehen von WappenviMs< liie'ieiiheiti ri tin'i Zutat 
von Baldachinen ist bei allen diesen Werken 
die Obereinstinmnng in Anlage und Gesamt- 
charakter gan;' erst.iunlich und mit t-rklSrlich 
durch die Annahme des fiibrikmafsigen Be- 
triebes dner reichbescblftigten GieberiiOtte. 



Plattengruppe steht das Er- 
furter Werk darin etwas vT'lnzelt da, dafs es 
im Detail am eintiicbsten gehalten ist Viel- 
leicht hingt es damit susammeo, daft es seit- 
licli mit an der Spitze der Reihe steht Noch 
fehlt der reiche Wappeoschrouck der übrigen 
Denlnnilef, nodt sind die Vierpflsse der£dcen 
ganz schlicht gegliedert, noch fehlt auch der 
Schmuck der Gewänder mit Brokatmustern, 
Dadurch, dafs es sich einer ganzen Reihe von 
Monumenten eini^iedefii wkoü, sinkt natllrUch 
seine Redeutting, aber auch das ntir bedingt, 
denn es entstammt ohne Zweifel der Peter 
Visehe rschen Giefshlltte. 

Hier sind fabnkmäfsig zu ziemlich geringen 
Preisen zahlreiche Grabdenktniiler fiir Dom- 
herren etc. atugefUhrt worden. Schon Bode 
(•Deutsdie Plastik« & 148) wies „mit grOfiter 
Wahrscheinlichkeit*' diese Werke Vischer und 
dessen Söhnen zu, was Justi in seinen Viseber- 
Studien (Repert 19U1) schlagend bewies durch 
Vergleichung der verwendeten Brokatmuster. 
Aber selbst wenn diese neuen wichtigen For- 
schungen nicht vorlagen, wurde doch aus 
stilkritischen Gründen die Eifiirter Platte in 
das Werk Visebers einzugliedern sein. Denn 
es ergeben sich unverkennbare und naheliegende 
Venrandtsdialten, sowohl in der Tednä wie 
in der Auf&ssung der Persönlidlkei^ mit be- 
zeichneten Werken des Meisters, 

Mit dem zeitlich nahestehenden l>enkmal 
des Bischofs Johann tV. von Breslau^ 

1I9G gefertigt, hat das des Stein etwas «Un- 
lebendiges" in Kopf^ Augen imd Händen ge- 
meinsam. Wie dort; so scheint auch hier der 
Körper zu gedrungen, der Kopf zu tief in den 
Schultern steckend und die Oberarme etwas 
zu kurz. Kein Wunder, dafs Lübke (P. Vischer) 
m dem Werk ein „tieferea Verstindnis der 
Form" vermifste, ein etwas scharfes Urteil, das 
jedoch aiKh dem Denkmal des Stein gegenüber 
angewandt werden kOnnte. Doch mag xnr Ent- 
schuldigung Vischers dienen, dsis er, der 
Besseres leisten konnte, dort wo er an be- 
stiBomte iestformulterte Au%abcn gebunden ««-, 
wie sie die Grabplatten boten, nur das gab, 
was vom Re«teller verlangt wurde. Typisch 
hierfür sind ja die Platten der drei Bamberger 
Bischöfe Heinrichs III., Veits I. und 

Georgs Tl., dii- In i]r_-r Huf'-tcclinik und auch 
der Grö&e wie Vorstufen der Denkmalsreibe 
der Domherren in flirer itbtikntffiigen Ver- 



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1903. — ZEITSCHRIPT FOR CHRISTUCHE KUNST — Nr. 0. 



wandtschaft wirken. Mursten die Bischöfe ent- 
sprechend ihrer Würde in mehr repräsenUtiver 
Haltung dargestellt werden, so bedeuten die 
Platten der Domherren eine künstlerische Be- 
freiung, indem Vischer stärkere Bewegungs- 
und Betütigungsmotive, wie das I^cn, einführte. 
Das Denkmal des Stein zu Erfurt zeigt dies 
Bestreben, die Figur persönlich zu gestalten, 
sogar unter völligem Verzicht auf eingehendere 
Behandlung des StofTlichen, wie sie die andern 
Denkmale zeigen, ohne aber deren künstle- 
rischen Inhalt zu stei- 
gern. Deshalb wirkt 
das Werk reifer und 
bedeutender als jene 
durch die ganz be- 

wufst angewendete 
Knappheit der Dar- 
stellung und (las Stre- 
ben nach Abklärung 

des Formalen, ein 
Streben, das fast zu 
weit geht, indem es 
ans Nüchterne streift. 

Und gerade dies 
spricht mit filr Vi- 
schersche Provenienz. 

Somit darf das 
Denkmal des Stein 
ohne Bedenken in 
das Lebenswerk 
Peter Vischers ein- 
gereiht werden als 
eine zwar nicht 

hervor ragende, 
aber doch beach- 
tenswerte Arbeit 
von unzweifelhaft 
monumentaler Wir- 




Abb. ti. Jnbanitn von I^phv. 



ebendort, und dem des Kanonikus Bernhard 
Lubranski (Kothe »Kunstdenkmäler des 
Stadtkreises Posen« 18t»6, Taf. •!.) im Dom zu 
Posen. Alle diese Denkmale sind reich ausge- 
stattet durch Baldachine und Brokatmusterung. 
Dadurch, dafs das Denkmal des Lubranski 
durch das Brokatmuster von justi für Viicher 
mit Sicherheit in Anspruch genommen werden 
konnte, was mit gröfster Wahrscheinlichkeit 
aus der Stilvergleichung bereits geschlossen 
worden war, ist aufser jenen Meifsener Platten 

das Denkmal des Stein 
zu Erfurt ohne jegli- 
chen Zweifel als Werk 
der Vischerhüttc ge- 
sichert. 

Zeigt das Monu- 
ment des Stein be- 
reits die formale Ab- 
klärung der Renais- 
sance, so bietet das 
später als jenes datierte 
des Titularbischofs von 
.Sidon, Johannes von 
Lasphe, noch An- 
klänge an die späte 
(lotik. Das Denkmal 
^ I ( Abb, 6) an der Sild- 
wand des Domes neben 
dem vorbesprochenen 
stehend, mifst 2,80 zu 
1,61 cm. Es ist leider 
nur unvollständig er- 
halten, denn der Bal- 
dachin oder das Ran- 
kenwerk über des Bi- 
schofs Haupt ist aus- 
gebrochen ebenso der 
Bischofstab und das 



kung. Letztere wird zu Erfurt dadurch ver- 
stärkt, dafs die Platte nicht, wie es in Würz- 
burg und Bamberg der Fall ist, durch eng 
verwandte Nachbarn zur Dutzendware degra- 
diert wird. Um so merkwürdiger erscheint 
es, dafs man sie nicht gewürdigt und in ihrem 
Wert als Erzeugnis der berühmtesten deutschen 
Giefserhütte erkannt hat. 

Bemerkt sei noch, dafs die Evangelisten- 
symbole unter Benutzung der gleichen Gufs- 
form vorkommen am Denkmal des Bischofs 
Siegismund von Würzburg zu Meifsen, 
t 1457, des Bischofs Dietrich IV., •[• 1476, 



einst von der Mitra überragte Wappen. Der In- 
schriftrand zeigt einfache Rosetten in Vierpässen. 
Die Minuskelinschrift weicht vom ' typischen 
Wortlaut ab, indem sie aufsergewöhnlich mit 
dem sonst den Inschriftschlufs bildenden Segens- 
wunsch: „requiescat in sancta pace" beginnt; 
es folgen Name und Titel des Bischofs, dann 
heifst es: Aic te/>u//ns und nochmals: rtquiescal 
in pace, amen. Daran erst schliefst sich auf- 
fallenderweise die Angabe des Todesdatums: 
Oktober Isla. Da der Bischof l.'»(>8 zurück- 
trat und seine Ämter niederlegte, ist möglich, 
dafs die Figur selbst — in Gufs und Patina 



17« 



im. — zeiTscHiuPT für CHRISTUCHB KUHST — Nr. «. 



180 



voBilMcbrifteand «btpeiehend — schon zu Leb- 
zeHen des Bischofs bestellt und gegossen wurde. 

Der Riscliof steht in gerader Haltung da; 
nur sein Haupt ist unmerklich zur Seite ge- 
ndgt. Obwohl d«a Gesicht giiui von vorn ge- 
bildet ist, scheint fHc Mi'n 'dcht von der Seite 
geseheo, eine an sich zwar unwesentliche, aber 
nicht ttnwirknme Adisenvmchicbang. Mit 
grofsem Geschick sind die schweren Gewänder 
des Bischofs behandelt. Die von der Miira 
herebfiillenden Bänder vermitteln sehr geschickt 
den Übergang von dem kteinav »erlichen 
Kopf zu dem durch die feierliche Wucht der 
Gewänder breit erscheinenden Körper. Ein 
prankvollea, Itaitni mehr goticdi ni nennendes 
Kleinod schliefst den schweren, mit Edehtein- 
borte besetzten Chormantel. In grofsen Linien 
ffiefit die Tunika fast glatt hernieder, in wir- 
kungsvollen Gegensatz gebracht zur lebendig 
und willkürlich geflltelten Alba. Dort ist die 
Stott bebandlung manieriert, gerade so wie unter- 
halb des fechten Armes. Aber dadurch wird 
sichtlich auf eine pathetisclic Wirkung hinge- 
arbeitetj auf grofsc dekorative Linien. b;r- 
sicliffieh ist dies auch ans der Bahandlung des 
Humerale und der wie vom Wind bewegten 
Säume des Pluviale. Jedoch i^t durch den 
Wechsel zwischen ruhigen und belebten Flächen 
ein Ausgleich geschaffen, so dafs das feierlidie 
Pathos nicht gestört wird. Su steht das 
Denkmal als beachtenswerte künstlerische Lei- 
stung da. 

Durch hervorragende l'orträtwirkung zeichnet 
sich der Kopf rlcs üischofs aus. VVir schatten 
in ein mildes, leidendes Gesicht mit dem .\us- 
dfucle der Resigoatioii und Krankheit Zwar 
haben die Augen einen beobachtenden Aus- 
druck, mdcm deren Winkel emporgezogen sind 
und die Nasenwunel scharf herausmodelltert 
ist, doch widersprechen die kleinen Augen mit 
schweren Deckeln der in der Stirn- und Nasen- 
partie sich äufsernden Energie. Die Backen- 
knochen treten unter den welken Wangen 
hervor; der kleine NTund zeigt schlaffe, hängende 
Winkel. Weich und breit ist auch das (altige 
Kinn angelegt. Von den Mundwinkeln zieht 
'-itii ein manirierter Sehnenstrang zum Hals 
hinunter. Dies alles verleiht dem Kopf leben- 
digste PortrXtwirkung, die mit dem in ihr an- 
geschlagenen mUden und elegischen Ton in der 
Krf'irter Plistik allein rlastebt und an fränki- 
sche K.unstubung anklingt. 



Darauf hm weist auch die ganae pathetische 

Auffassung und die Gewandbehandlung. Trotz 
des Flachreliefs ist ditrch geschickte ModelUe- 
rang, ihnlich wie beim Denkmal des Stein 
Tiefenwirkung erreicht. Das goldbraune Metall 
zeigt merkwürdige Weichheit der Kanten, und 
trotzdem ist der Eindruck nicht verschwommen, 
die gro6en tiaien wirken auch heute noch 
siegreich, trotzdem r'ie Platte dttrch Abachlei« 
fung an Scharfe eiagebüfst hat. 

Wie beim Denkmal des Stein weisen also 
die künstlerischen Beziehungen wiederum nach 
Süden, nach Franken. Und wiederum bietet 
ein im Dom zu WUrzburg erhaltenes Werk, 
die Graliplatte des Bischofs Lorens von 
Bibra, f 1619, die nächsten Anklänge; ein 
Werk; (bereits von LUbke fUr Peter Vischer 
in Anspruch genommen, dem sich Bode in 
seiner deutschen Plastik S. 148) aiMChlie&L 
Diese Platte ist repräsentativer und strenger 
im Autbau, da der Bischof Schwert und Stab 
in beiden HXnden sa halten hat Bei dem 
Titularbischnf Johannes zu Erfurt wurde von 
dem Künstler das genrehafte Motiv des Buch» 
haltena sur Annbetätigung herbeigezogen. In 
der Durchfilhrung der Ein/el/.vige ergeben sich 
nahe Beziehungen zwischen dc-i P'nfen. Hier 
wie dort die gleiche Porträicturaktcnstik und 
pathetische AofBnsung. Auch die Baldachine 
aus Rankenwerk haben einander entsprochen. 
In der Relief behandlung beider Denkmale zeigt 
Nch eine weiche, fltts^ge Modellienii^ wie sie 
die des Kanonikus Stein nicht SO auagesprochen 
und etwas trockener bietet. Dagegen spricht, 
so sehr die i'cchnik es nahe legt, die Art der 
Zdchnong nicht ftlr Peter Vischer selbst 

Für die „Visierung" der Würzburger Platte 
hat denn auch Bode (S. 148) an Tilmann 
Riemenschneider gedacht, mit dessen Gewand- 
behandlung und Zeichnung er Verwandtschaft 
feststellte. Nun geht jedoch die Erfurter Platte^ 
so eng auch sonst die Berührungen sind, über 
die Wtirzbnrger in zeichnerischer FreSieit hin- 
atis, auch wenn anderseits die gleichen schwung- 
voll graziösen Initialen der Inschriften auf die 
gleiche Werkstatt hinweisen. Die Wttraburger 
Platte ist nun neuerdings als /weifelloses Werk 
der Visch ersehen Giefserhütte durch Justi in 
Anspruch genommen worden. Demnach daif 
man die F.rfurter Platte auch in die Erzeug- 
nisse der berühmten Werkstatt einreihen. Das 
gestattet u. a. die Vergleichuog mit den Relieis 



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181 



lfm. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHE KÜNST — Nr. 8. 



ISS 



an den Schmalseiten der Tumba des Bischors 
Thilo von Trotha zu Merseburg, f ir)14. 
Die graziösen Weihrauch-Engel dort zeigen, wie 
die Platte des Bischofs Johann von I^phe, die 
gleiche, mehr im Sinne der Tränkischen Spat- 
gotik gehaltene Modellierung im Gegensatz zu 
der mehr abgeklärten im Renaissance- Sinn 



etwas vom Pathos des Veit Stöfs klingt in 
dieser Formengebung nach, wogegen die Art 
der Kopf-Charakteristik durchaus an Wohlge- 
muthschc Typen erinnert. 

Die Bedeutung der Platte des Bi- 
schofs Johannes ist damit kunstge- 
schichtlich gegeben. Sie gehört nicht 




1^ IL' / 4U.X\i 



Abb. 7- Jobjioa vuo Hcringvo, 



rxihigeren Gewandbehandlung (Stein). Die Er- 
klärung für diese formalen Verschiedenheiten 
ist gegeben durch die Annahme, dafs hier die 
Hand eines Sohnes von PeterVischer und 
zwar höchst wahrscheinlich die des Johann es 
Vi sc her, einsetzt, der seine Ausbildung bei 
einem Holzschnitzer Frankens genossen haben 



zu den hervorragenden, aber beachtens- 
werten Werken der Vischerschen Hütte 
und zwar zeigt sich in ihr eine KUnst- 
lerhand, die mehr und stärker als Peter 
Vischer selbst von der fränkischen zeit- 
genössischen Kunst, sei es nun von 
Ricmenschneider, Stöfs oder Kraft be- 



mufs. In der Gewandstilisierung zeigt sich einflufsi ist und dem allgemeinen Ge- 
deullich das Nachwirken der Holzplastik, sogar 1 schmack der Zeit nicht so energisch 



183 



1903. — ZEITSCHRIPT FÜR CHRISTMCHE KÜNST — Nr 6. 



1B4 



und feit gegenüber steht, wie der 
Meister der Htttte, Peter Viseber, 

selbst. 

Bater erhdten ist das GrabdenkiiMl de» 

1505 gestorbenen Johann von Heringen. 
In eine 2,28 X 1>27 m grolse Steinplatte ist das 
Brustbild des Veratorbeoen (Abb. 7) einge- 
lassen. Ein InschriArand mit Wappen an den 
ßdcen umzieht den Stein. AufTallend ist die 
Besdiränkung auf das Brustbild; es ist mög- 
lich, dafs Billigkeitsgründe hierbei mitgesprocheD 
haben. Denn dafs eine Reihe schlechter Platten 
um die Jahrhundertwende sich in Erfurt mit der 
Einlage von metanenen gravienen und plasti- 
schen Köpfen, Kelchen und allenfalls auch 
Händen begnügte, luon schwerlich auf die 
Anlage des Denlcmals eingewirkt haben. Die 
Enplatte selbst mifst 73 zu 58 em, sie ist bei 
Crceny (S. .".Ol ab^'cbildet unter Versieht auf 
kunsthistorische Würdigung. 

Dargestellt ist in Lebenagröfte der Kano- 
nikus, iler mit der Rechten den Stiel des Mefs- 
kelchs hält, den die Linke am Fufs stützt. 
Hinter dem Kopf ist ein Brokatteppich mit 
Granatapfelmusler ausgespannt. Rankenwerk 
füllt die oberen Zwjrkel und bildet eine Art 
Nische für den Kopf. Die Komposition ist 
uoendlicli einfach und selbstvefstMndltch, der 
gegebene Ratttn ist mit fabeUiaflcr Sicherheit 
ausgefüllt. Diese Klarheit läist die liebevolle 
Rioselbeliandlung der Ranken, des Vorhangs 
und der schweren Sammetmoselta surüelctreten; 
im Gegenteil lenkt dies alles nur um so ein- 
drucksvoller den Blick auf das edle, ruhige 
Gesicht des Kanodkus und Jssseu Kelch. Die 
hoheitsvolle Gelassenheit de<; Geistlichen, dessen 
.Augen, scharf beobachtend, leicht nach der 
Seite schauen, wlhiend der Kopf sonst völlig 
von vorn gesehen ist, strahlt aus auf den Be- 
schauer, der, je langer er vor dem Werk steht, 
um so mehr gefesselt wird. 

Rdn Geringerer als Lübke hat es bbher 

als ein/.i^ei Kunsthistoriker gewürdigt; in seiner 
Geschichte der Flastik spricht er von der 
„überaos gelstreich behandelten Platle nit dem 
herrlichen, ausdriu ksvoUen Kopfe", der sieb an- 
scheinend als hru lilu- leiitsames Fortrrlt dar 
stellt. Und doch ist es kein Portrat trotz 
der guten und doch scharfblickenden Angen. trote 
der energischen Na'^e. trotz der hocht;c7ogenen 
Augenbrauen und des wohlgebUdeten Mundes, 
trots des kräftigen, dtirch das Alter gemilderten 



Kinnes. Es ist ein Idealbild TOn fwbter, 

innerer AbgewogenheiL 

Vor der Beantwortung, welcher Künstler die 
der PlaMe su Grunde liegende Zeichnung ge- 
fertigt haben könne, scheint der Versuch an- 
gebracht, des Werkes Herkunft su crgranden. 
Ans Erfurt kann es wegen seiner hervorragenden 
Qualitäten nicht summen, es mufs aus der 
ersten GiefserhUtte der Zeil, der Peter Vischers 
zu Nürnberg kommen. Da6 Vtsdier nach Er- 
Ibrt Werke lieferte, ist in Vorstehendem dar- 
gelegt worden, .luch hat er spüter das Epitaph 
des Rechtsgelehrten Henning Goden,f 1521, 
gefertigt. In Weimar, Naumburg. Merseburg, 
d. h. in benachbarten thüringisch-sachsischen 
Landen finden sich Erzeugnisse der Viseber- 
Hütte. Es wäre geradezu unwahrsdieblieli, 
stamme das Denkmal des Heringen — OHUl 
vergleiche, um ein bekanntes Beispiel herausztj- 
greifen, das Rankenwerk mit dem der MeiCse- 
ner Platte der Hersogin A ualie au Meifseo, 

f 1502 — nicht von dort, weist es doch seine 
ganze Technik, vor allem die Verwendung des 
Teppichs mit den Brokatinuster, dorthin. 

Diese Annahme verdichtet sieb cur Gewifr- 
hcit beim VerL,'leich mit der Grabplatte de^s 
Eberhard von Rabenstein zu Bamberg, 
f lfm. Bedauerlich ist swar, dafe diese Phrtte 
sehr an Schärfe eingebüfst hat. Die feineren 
Partien sind abgeschliffen und die Patina ist 
ungleichoulfsig. Trotzdem ist die Technik 
vAlliggleidi anf beiden Denkmalen, zu welcher 
Erkenntnis ich schon kam, che mir das Werk 
Creenys, der die Identität der Mache fest- 
stellte, bekannt war. Doch ist das Bambeiger 
Werk reicher im Gerank durch Hinzufügung 
einer etwas plumpen Blume und je eines Putto 
in den oberen Zwickeln. In Kopf- und Hand* 
haltung sind zeichnerische Ähnlichkeiten vor» 
banden, wie auch in der Behandlung des De- 
tails. Doch ist das Denkmal Rabensteins äuch- 
tiger nnd liederlicher siseliert Die Schalten- 
lagen sind durch Kreuz- und Querlagen härter 
angegeben als bei Heringen, woselbst die 
Querlagen kaum durchgefilhft dnd. I^e Haar* 
behandlung ist in Bamberg schematischer and 
^rhiilm:ifsii;cr, die Augen durch starkes Aus- 
bohren der Pupillen starrer und weniger lebens- 
voll. Und doch gibt eingebende VeigleiGhuiv 
die ncwifslieit, dafs l>eide Werke von einander 
abhängig sind, dalis die Platte des Rabcnstein 
nur eine cfwdteile (Gansfigur), jedoch kOnstle- 



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185 



1903. — ZBITSCHIUFT FÜR CHKISTUCHB KUNST 



— Nr.fl. 



IM 



risch weniger gesch^T^'^'^n'" , such 'erhnisch 
schwächere Form der des Heringen ist. Nun 
ttt aenerdings, wiederum dtirch Justi, 
die Bamberger Platte als Werk Vischers 
gesichert wor'lpn; damit aber ist jeder 
Zweifel, woher die Erfurter Plaue 
kommt, ebenfalti beseitigt 

Der grofse W^rt der letzteren ist bedingt 
durch ihr Herausfallen aus der handwerklicheo 
Mittdwaie der Viidierbllttew AfagesdiMi von 
wenigen Ausnahmen, wie dem reifen und durch- 
geistigten Idealbild der Herzogin Sidonie zu 
Meifsen imd dem des Kardinals Friedrich 
Kasimir, -j- 1510, tu Rraltau, sind die Züge 
der Gestorbenen meist unpersönlich und typiscli. 
Uod hier nun ein jener Krakauer Platte nahe- 
ateheodes Werk von wahrhaft grandioser Ver* 
etnfschung in der Wiedergabe der Erscheinung, 
ein Werk von sprühender Wirkung und inne- 
rem Gehalt I Efaie Zeichnung, weit Aber das 
lonit bei Viicher Typische hinausgehend! — 
Das scheint geeignet, die alte Streitfrage, ob 
Vtscher etwa EntwuKe und Vorlagen anderer 
Kflnstter benutzt habe, wieder anfsogreilte. 

War Vischer in der Lage, eine solch lier- 
vorragende Zeichnung selber su entwerfen, 
dann ist er liia jetat nadi seiner malernchen 
Veranlagung hm unterschätzt worden, denn 
dann kann er an Kühnheit und Wucht des 
Stils wetteifern mit dem Gröfsten seiner Zeit: 
mit Albrecht Dflrer. 

In der ZeichnuPL' 't>-ckt eigentlich nur 
Dürerisches. Man erinnere sich an Dürers 
Portrits, die abgesehen von den letsten Werken, 
Brustbilder sind mit sich betätigenden Händen. 
Bei ruhiger Haltung und Würde bringen diese 
Porträts meist scharf ausblickende, beobachtende 
Augen undHlnde^ die im nächsten Augenblick 
ihre Stellung wechseln werden. Zwar itufserlich 
ruhig, sprühen die Dargestellten von Kraft und 
innerem Wolleo. In der Durchführung der Mas- 
kulatar liebt Dürer eine nur ihm eigene, nach- 
her von seiner Schule vergröberte Darstellungs- 
weise, die man bei ihm, dem einstigen Gold- 
ichmied^Lefarling, am besten mit Hetauitreiben 
von Innen nach Atifsen bezeichnen mag «nd 
deren Folge eine Belebung und Schwingung 
der Linien ist Besonders wie «r das Rinn 

sich aus den Wangen heraus hervorrundcn, wie 

er den Kontur der Lippen belebt und auf- und 
abschwellen lafst, wie er die TMnendriaen 



hervorhebt, das alles findet sich hier wieder. 
Auch die merkwürdig belebte rechte Hand, an 
der sich der Ringfinger vom Mittelfinger löst, 
um die Umrifslinien recht reizvoll und lebendig 
zu gestalten, erinnert an Dürers Münchener 
Selbstporträt. Weiter ist kennteichnend die 
liebevolle Behandlung der TradiL Bd grofier 
Vereinfachung doch ein Reichtum kleiner 
Einzelzüge, Gründlichkeit und Genauigkeit in 
der Wiedergabe des KostflmHchen. Man beachte 
z. B. die Schlinge der Mozetta, deren r,egen- 
stiick sich an der Platte der Herzogin Sidonie 
su Meißen findet Schließlich die Falteobe- 
handlung mit ihren schmalen, scharfen und be« 
schatteten Brüchen und die wie aus einer 
Drahtschlinge geformten „Augen". Genug, dafi 
sus der Platte Dllreriieher Gdst mit onver* 

kennbarcr Kraft spricht. Welche Schlüsse 
daraus zu ziehen gestattet ist, möge weiteren 
Betraditungen flberlusen bidben. 

Mit diesem vortrefflichen Werk ist die Zahl 
der der eingehenden Würdigung werten Grab- 
denkmäler aus Erz erschöpft, denn das Epi- 
taph d es Henning Coden von Peter Vbcber, 
ein Werk von vornehmster formaler .Xbklärung, 
ist von der Fachwissenschaft genugsam gewür- 
digt worden durch das Vorhandensein des glei- 
chen Gusses zu Wittenberg. Auf eine Be- 
sprechung in diesem Zusammcnbaog kann also 
verzichtet werden. 

Die spiteren Erfiirter Arbeiten habe« nur be- 

dingtes Interesse; die Platten der Ri schüfe 
Paul Huthen, ; 1532, und Wolfgang 
Westermeyer, | 1668, spielen gegenUbeär 
denen des Stein und Kischob Johannes eine 
klägliche Rolle. \'on Interesse ist die tim- 
iängreiche gravierte Platte des Eoban us Zieg- 
ler, im Domkrentgang (abgeb. bd Creenj 
S. 66). Von den kleineren epitapharttgen 
Wappen- und Inschriftplalten haben die mono- 
grammieiten des Erfiirter Glockengiefsers Mel- 
chior Möhring ein lokales Interesse; ein paar 
weitere kleine Tafeln dürften von Peter Miilich- 
Zwickau, dem auch in Weimar vertretenen 
Schwiegersohn Peter Viseheii, herrOhren. Doch 
treten alle diese Werke zurück vor den oben 
einzeln behandelten bedeutsameren Schöpfun- 
gen, die ans ihrer Nichtbeachtung gezogen 
und nir Wftrdigttng gebracht zu werden ver- 
dienten. 

W«iniar. Dr. Odo BaehBcr. 



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187 



IW3. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. «. 



188 



Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf. 

XIV. (Mit Abbildlins.) 

29. Hölzerner Kr ummstab der Früh renais- 
sancc, S a m ml. Cl eme ns (K.at.-Nr. 2661). 

ie-^e aus Nufsbaumholz geschnitzte 
Krümme nebst Manubrium, 55 cm 
l och, unten Gr« im Durchmesser, 
ü olien 2Vt bis 4 cm dick, hat ent- 
weder einer nahezu Icbensgrofsen Bischofsfigur 
als Attribut gedient oder, was noch wahrschein- 
licher sein durfte, einer Äbtissin als Abzeichen 
ihrer Würde: denn ganz aus Holz gebil- 
dete Stäbe pflegten den Bischöfen nicht bei 
ihren Funktionen zu dienen, sondern nur 
.ils Bcstattun^'sbeigabe. — Das vorliegende 
F.xemplar zeichnet sich durch einen gewissen 
Reicluum aus und durch eine originelle, dem 
Material vortrtfllich angepafste Behandlung, wie 
siesichnamcntlich zeigt in dem flachen, h.mdlichen 
Relief, und in der geschlossenen, kompakten, 
Verletzungen nach Möglichkeit ausschliefsenden 
Art der Konstruktion, so dafe dasselbe gerade 
in dieser Hinsicht als sehr lehrreich und muster- 
gültig bezeichnet werden darC — Von dem 
achteckigen gut profilierten Ring, in den der 
Rimdstab sich einzufügen hatte, leitet eine durch 
fünf Blatter verzierte Hohle zur Rundung über, 
die in leichter Anschwellung durch fünf Säul- 
chen gegliedert ist. Zwischen diesen stehen unter 
Rundbogen je eine Rclieffigur: St. Ursula, St. Jo- 
hannes Baptist, drei nackte Engel; acht Blatter 
vermitteln den wiederum achtseitigen Ring, und 
aus diesem wächst in viereckiger Führung die 
birnförmige Krümme, die in den flachen Kehlen 
auf beiden Seiten mit ausgesparten Rosetten ver- 
ziert ist. Mit eng anliegenden Blattkrabben rings- 
um besetzt, lauft die nur wenig sich verjüngende 
Krumme unter der Mitte harmonisch in einen 
Blattwulst ans. Über demselben thront, die 
Öffnung sehr j^eschickt (Ullend, auf einer Blatt- 
konsole unter einer offenen Arkade die Gottes- 
mutter als Relieffigur, und sehr durchsichtig 
gehaltene Bbiivoluten füllen neben den beiden 
Rundsäulchen die Zwickel aus. — Architektur 
und Ornament verraten italienische Einflüsse, 
während im übrigen die süddeutschen Formen 
vorherrschen, wie sie im III. Jahrzehnt des 
XVI. Jahrh. in l'bung waren. — Die aus 
einem .Stück geschnitzte Stabbekrönung war ur- 
sprünglich polychromiert, daher mit Kreidegrund 
verschen, <lcssen Reste, weil die Feinheiten des 
Schnitzwerks verdeckend, entfernt wurden. 

ScbnQtg« D 




Gc 



m 1908. — zHmctnorr für cmimLiCMB eonst ~ Ht « m 



Bücherschau. 



DicIloDBkire d'archtfelegie cbrCtienne eid« 
Ihvrf ie jMM pw le R. P. iom Feratsd 

brol, BAt^dfcHn it Solefinet. Puw, LctOBtcj 

et A n e. 1,' m'j J'i Vieux-Colombier, 
Nebco dem Üictionn&iie 6e la Bible and dem 
DiclioDiiiire de Theologie calholiqae lifit der ab«r«u* 
toibrige Pviier Verlag dm v«Hb«Michatt«n Dictton- 
mdi« eneh^B, der 4 Binde te 4* wafcMm toll in 
Uefeim^Cen von 320 Sp«licn (Frei* 5 Fr.). — Die 
Herauigabe bat der bekannte Litargiker Cabrol Ober- 
nommeD, and er, wie »eine Milarbeiler, von denen 
namenllich LeclecK) def bekannte Archäologe, dorn 
Belle, dum Oallard, Ermoni, Allard genannt tcien, 
blirgca für diHchnu gtdiagMit Lentiiiiig, wekh« den 
CBo m f FofUcbiilleD d«r WiiMMeb«fl «ir diOMii 
durch neuere FoTicbnnKcn und Eiiideckun);en wesent- 
lich erweiterten Gebielen vtillkomnen Knecht wird 
und dai reiche M aterial in klircr, grUmilicher und 
inverllMiger Weise behandelt. — Seil dem Erachetnen 
de« (in DeuUcUand cur Zeit darch Kram eingeführ- 
ten ) OIctiOBUii« dce antitiidtda cbidticanei von Mar- 
tigny bM die eltchrlttHebe Areblologie (in 
ihrer Aiudehnung bU auf die k-iro^inci^che Kpüche) 
vielfach eine neue Ge»taltiing gewomieo auf dem 
Gebiete der Kunst, noch mehr anf dem der Ge- 
brftuchc und Kottaisc, der I koaograpbic, 
Syatbellk, Pallagrapbie «.1.1». Aaf dea 
Gcbiele der Llturg Ik, der Lebi« wn den eiMehiM 
RNa end IhtM Tielseliigcn Enlfaftnagei) fehlt« tm 

bUieraOcb g^nz an einem insainmenr.-issrnden gröfüeren 
Werbe. — Die Autgabe, welche die Verfasser »ich 
gettcltt haben, iti alao gewaltig und der Umstand, 
dai» ila den Test durch inUiticbe UhutraUoDea be> 
(hilee weBM^ alelgeit die Hwflbung anf cte dnrchent 
iMtralldvae (ako Alphabetisch geordnetes) Lexikon. 
— Die I. Licferu n g desselben von A-Si bis „Accu. 
aation" (contre les Chr^liens) liegt vor, und dl ^ 
sehr scharfe znoteist gani neue Abbildungen eiliutern 
den etwas klein, aber ungemein deutlich gednickteo, 
h«cbrt flbereicbilicb geordaelcn TczL — Jedei Aitikel 
beften» mit afaier knappen Disposttion end an der 

Hand derselben ist die Orientierung »ehr leicht. Mit 
der gröUlen Sorjjfall ist die ungemein ergiebige Lite- 
ratur unter dem Te«t vermerlcl und in diesem selber 
die von sahUoaen Notiien, ZaMmmcnatelhuccn, illn- 
Mrativen EinMiheiten dnrohwobcM Entwicldmg ae en* 
•cbaolicht dab dIeXidillre de» an aick enalen Bnchea 
erbeblieb erleiehteit wird, — Der etale Artikel A-Si 
ist eine geraderu erschöpfende Darlegung des weit- 
schichtigen Materials , der Artikel ,,Abbaye" eine 
manches Nene bietende Studie, „Ahtc^daire" eine 
ichr gelebne Abhandkng, „AbcKin»"^ etae böchat 

Ina^ft, nicht mindct HAbgar" and noch mehr 
i^braaax" und „Abr^viationa". Auch „Abside" bietet 
TielNeaes, erst recht ,,Accent" mit vielen Noten, sowie 
,,Acclamations" (ohne Krwahiiimg der Kirschscheii 
Schrift) mit manchen Abbildungen. — Also ein hoch- 
bedenlaaMa Werk, wekbea Ab die dcnucbcn Stadien 
sende aehr gdqen keiMt, dabet gcwä» grofae Be- 
achinng Ünden wird. Scbat >C*a* I 



Der BrnnacB d«e Leben» «en Han» Holbein, 
Ten Arier Seesana. 

Dieeer Sondenibdraek *vt der »Zehachifft fbr bO. 

dende KonH. Seite l!i7 — -200 bringt eine Firhentafel 
von dem hrfach besprochenen, aber bislang nicht 
abgebiMeleii, im kSaigl. Schlosse zu I.iisahon befind, 
liehen, figttiCDtcichen, metkwtrdigen Gemilde, »etcbee 
die bi einer Laadaebaft trar einer IMhutradelbroaende 
Gotteemotter in der Umgebung von Heiligen vnd 
Engeln darstellt und die Signatur trägt: lOANNES 
HOLBEIN FECir isiQ. Diese mannigfach, nament- 
lieh von den VerlieterQ des itieUcrlindischen Ur> 
Sprungs angefochtene Aufschrift hill der Verfasser 
wobl aüt Recht Ab avibestiich and prtlft an der Hand 
eioe» aebr aaagtebigea end bütrikliven, vikendlicben 
wie literarischen Materials und mehrfacher Abbildungen 
von GemJUden, Reliefs, Ilandzeichnnngen, die Frage, 
ol} das Bild von Hans llolbein dem Aeheren, seinem 
jtlngeren Bruder Sigmund, oder seiiiem Sohne Hans 
herrahrl, mit dem Ergebnis, dafs Hans Holbein der 
/mgcre ea int Aller ran 22 eder 2S Jahren als te» 
Meialenraek gemah bat. Die naacberlei Erwlgungen 
und CrBii-lf, ui'- iKr Vr f:.5«,er in geschickter Kom» 
bioation geltend uiachl, siud wohl geeignet, die Ur- 
heberschaft von dem Vater, fur den die meisten 
KlUMlnilikcr plädieren, auf den Sohn in ttbertragea. 

Sekaltgen. 



Beschreibende Datstellang der SUeren Baa> 

und KunstdenkmSlerder Pro v ins Sachsen. 
XXIII. Heil. Die Kreise Halbersladt Land 
und Stadt. Bearbeitet von Dr. Oskar Doering, 
ProvinmlkonservaioT in Magdeburg. Halle 1802, 
Hcndd. (Fieia 80 Mk.) 
In diesem l-mge vorbereiteten Bande tritt der Halber, 
«tidter l.andkrei» an Bedeutung weit hinter dem, 
allerdingi yani ungewöhnlich reichen Stadtkreis lurtlck, 
obgleich es auch in jenem nicht an hervorragenden 
Denkmiilern (ehlt, wie die romanischen Anlagen in 
Oeenbeim, Grofa-ii^Mniiedt, Rhoden, Sifitterlingenbnrg, 
Strfibeek, Webitledt, Weaterbarg, die frtihgotiicbe 
Kirche in Derenburg und namentlich in Oaterwieck, 
wu iiui,^h sonstige Merkwürdigkeiten auch auf dem 
Gebiete der durch den ganien Kreis verbreiteten Fach, 
wcrkbaaten. — Ueas Stadtkreise iit eiaelaagege. 
sdildMHebe Blnleltnag genMaet und die Stadt, 
topograpbie Isebaadek a) Burgmauer, Stadtmauer, 
Tote; b) Stia&en; c) Märkte; d) BegrXbnispUUse und 
nicht mehr vorhandene kirchliche wie weltliche Ge- 
binde, dann die noch vorhandeueu kirchlichea 
G eb S u d e , die, 7 an der Zahl, bei 200 Seiten ftllan» 
die KlSaler, Hospitäler, KonunisM. Ralbana, 
die tabIretelMn beeblwdeatsaiaen Wobnbinser, an» 
leltl Sammlungen und Brunnen. Den Ausgangs- und 
Mittelpunkt biklet der Dom, der als Bauwerk und 
besonders hinsichtltih der Ausstattung kaum seines 
gleichen hat, und an ihn schliefsen sich aus der roma- 
nischen Zeil an die Uberaus merkirtlrdige Liebfranes» 
kirche, Si. Morha, St. Paal. St. Bnrcbard, aa» der 
goiiaciben Periode die Heitfail-, Andieaa., Kathartann», 
PanK.Kirche n.a.w., dir blnaidttlich ibtarBanatt, wie 



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1008. — ZSITSCHSIPT FÜR CHKISTLICHK KUNST 



— Mr.e. 



ihrer Auutattiwg ichr cbaiaktrrisiiich, und wm an 
Sleto^ Tm* md Holukulpturen, an Wand-, Tafeln 
GltMMhtiim» m AMm». T«af bruiMa, M«bdn altar 
Art, «B KkinkoiutttfMMttiidta, G«wtbM, Srielttrcl« 

etc. cier frühen und späteren Zeil hier erhnltfri Mi?b, 
i4eUt eiitcB guu au&erordcDtlichcn Reichltitn vmd 
Arten, Formen, Techniken dar. — Da« Alle« Qber- 
■teblicli m i a w i i m i ii cw, vcntladUcb »i bcMlucibeii. 
wmr kdM kMM AB%tbe; VoChmt bat li* gnt 
£elöit, fÜT «eine Zwecke die ArchiTe mit Fleib nnd 
Erfolf durchfortdil, die Literatnr itvdiert, die Cegeu- 
itknde geprüft, an a; 1;' chem Nfatenal 234 NoDimem 
bei(obtMht, aUo tehr weit hioaus Uber da* &llher t>e' 
niU MtaUkk mgemesscne Mab. Dafa manche Be- 
•tktuiODfw ■* aDfMMia, «tamfaM tweifciluft «sd, 
ftlk nldtt tat G«widrt. — Dam gctchiclitlielwB, gco. 
graphiacben aod kunM»titi»iiichen Kegialer, dai mit 
enoRBCnt Fleif* in iimktiücher Diipontrrnng xosammen' 
gestellt iit, darf »lle Anerkennung; |:f. Ilt, dem Ver- 
ÜHMf gralaüerl werden lum muhum voUendelen 
Werk. Sehattfea. 



Modtracr Cicerone der Union Deutache VetUg*> 
gWaUiCfcaft in Stottgart. 1. Florenz mit 234 Ab- 
bildtingeu. Vo« Dr. P. ücbitbriBf. {tm» tßb. 
■l,r>0 Mk.) 2. Rom II. Mtncr« Kvnat Mit Be- 
ginn der Rmaistance. (Mit 159 Abbildungen ) Von 
Prof. Dr. Otto ilarnack. (Preit geb. 4 Mk.) 
DtoM aetien Ftihrer darch die bedeulendtlen Kanat- 
aUM«i maacbcidcii eicb von d«B Rwacbtcbcrn 
inebt BW darch die labbafebcB (troo Oncr KUm. 
heit durchweg aehr klaren) AbbiMungen, tondern 
auch durch die ilelleoweitc sehr eingehende Erklirang 
der einielnen Kunstwerke. Da dieie nach Maftgabe 
ibrer Veneüuig in die einteinen Slle, aUo topogra. 
pkiMb vMgtlbbrt werden, %o kann die Baliricklunga- 
fH<l>i«hli afcbl n ihrem TCUen Kecihi kaaacai dcet« 
Mbr die lledeMuiK eiw^hcr Meiner snd Werke, too 
denen manche in aehr geachickier und fruciitbirer 
Weiae dem Veratlndniiae niher gebracht werden, dank 
der Vertrautheit der Verfaaier mit denaelbcn. Der 
iMtfskliveo, origiMlIcii Art, mit der aamaMlicb Scbn- 
bftec idBe Ae^pbe »ei, dnf du Lob «otewttbidieber 
Lebendigkeit und ABecbenUchkcil g e epeu det wrrdee. 

— Daa Format iai handlich, die AoMtattung sehr ge. 
fillig, die Illnalration tAdelios bis auf einige, eiorelnen 
Reisenden vielleicht minder konTcnable DarateUuugen. 

— Das erste HUchlein (Floreni) behandelt die Ge. 
tBlld^akrica der UfliiieB «ad de« Pelasto PüU, Bar« 
geVo, Doraopeia, Akadeaiie vad Ueiaete Samarina- 
grn. — Das xweite Büchlein \Kom) ladet tarn (auch 
die liaudenkmUer berttcksichligenden) Rnndgang 
ein von Porta dcl Popolo tum l'eier<<plRtz, durch den 
Vatiinai, San Piene und die Kirchen auf dem Gianicnlo, 
datCb die etdMcB, durch die Ältlichen Stadtteile. 
Die lloehfcaalMaitce (im Uatereebiede der Frtb. 
renaiasaBce tn Ftoreni) siebt hier im Voedergntad, vnd 

es gelinEt dem Verfasser, von ihr ein an»ch«HliLhev 
Bild in geben «ohne daCs jedoch die unmittelbar vur. 
hergehenden Perioden gani ausgeschlossen werden). 
Bilder, esd KeaaUerveraeicbaiaBe crieichtera die Oriea* 



tienug in beiden Bachkin, die wegen ihrer unter. 
weaseadcn, aaregenden Art der FOhrung und ErkU- 

aliAl BDf lialtaai, aaieadflibaeada F'ribnuigea. 

Schnatc««. 

»Cbrietliebe Knast.« Meramsgegebea v«a der 

,,G esellschaft fflr christliche Kunst" in 
München. Mit crlistemdem Text von S. Stand. 

h a m e r. 

Dieses Pracbttifrlt, «elcbea ia Liefaraagea k ftaf 
Blatt (Preit 3 llk.\ iroo deaea Anf eleea Baad bndea, 

eracbeuii, soll hervorragcade Knnsiwerke religiöser 
Art, alle wie neue, in farbiges Nachbildung«.) [M 
A jo im tnii Rand) bieten, also eine ,,Oalerie chtiai. 
lieber Meiaerwerite roa dea Aaflagca blaa a i Klwr 
Leiatungea bb am baatigca Tag", «ad hMatge» 
aeUebtlieha Kotfaea «ia iatbeliaeha Wtakt aollaa 
die eiaaelaea BOdcr beglaitea. — Die L Mappe 

entbUt: Thronende Madunna von Bellini, Madonna 
mit Kind von Tizian, die Geburt Chritti von Schon- 
gauer, Claubensstarfc (MlllyiiB VW dem letzten Kaoipf) 
voB Coraicdiei, Ctab hg B Bg ' eoa P^gd. Die Kcpio» 
dtAtieae a bnaea iabetreC der Zcidanag wie der Feiw 
l>enitimmnng nichta tu wtlnschen tlbrig, lo dala auch 
in techuucher Betiehung zaversiehtliche Hoffnnngcn 
berechtigt r'-^rhr-.T-m Hinsichtlich der Meister wie 
der Darslrlmtigen wird es gewils an Mannigfailigkeil 
nicht fehlen, und dafs namentlicli auch die denl lch Bi 

und flJUniKhcB Maler de» XV. aad XVI. Jebib. aia» 
giebig TCftRleB aein «•Hoh M «aU mit SMuthelt 

Wandschmuck.Snnimlung von Meister, 
werken klassischer Kunst nach Originat-Auf- 
aabaica Util die „Geseilacbaft aar Verbtei- 
Isaf klaaeiaeber Kaast (Btrila SW, Friedrich. 
elraCw IS) dareb f^ofineor Dt. V. tob Loga heraat- 
geben, und die I. Publikation besteht in eine' 
Folge grofacr KunslbUtter, welche die Hauptwerke 
der klassischen Malerei vom XV. bis in das XIX. 
Jahrb. BBifiuaeB aoiL Voa diaaea aiad i>eiesiB Mt er> 
echkaea {PaplergrClf ae 78 : 9» *m, BiMgrttbe bOebMeae 
t& : dft em)t ToraOgiidie Kopfcrdracbe aaf CUaa, k 
10 Mb. (mit Rabmen 20 Mk.). Die allen Flamlinder, 
hpanier, Ilaliener (namentlich Kaffa- ^M 1 ^-r rrir i, 
vielmehr noch die NiederUnder ^betonders Hai«, Keoi- 
brandt, Rnijsdaal, daiu van Dftk aad Hubens). Die 
Aaaitabl verdieat alle Anetkeaaaag, da die Oatatd. 
hiageB leldtt ventiadHA, daieiiaaa eiirbar aad voa 
guter dekorativer Wirkung sind. — Die ) mir vor. 
liegenden ProbebUtter: Sixtina von k.TfTael, Zins- 
groschen von Titian, Ecce homo v<ni Keni und Delh 
von Vermeei sind wahre Muatcrdnicke : kriftig und 
klar, abgetönt und warm, so dab lle vna dea Origi. 
aalcB chie VonteUMag eermitlebi, wie aie beiai Vcr* 
liebt aaf Farbe beseer lunm denkliar iai. tn einem 

p;<s;enden Rahmen »ei es n it oder uhnc Rand, sind 
die Kunstblätter hiusichütch des ernsten, wardigen, 
imposanten Eindrucks nicht leicbl CB OlMrbiaiea, laaal 
l>ei io bescheidenem Preis. Sebnntieu. 



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Abhandlungen. 



Frttl^tndies rhdniMlies Reliquien- 
altarcheti mh beaiaken PlUgeln. 




eliquienalUlrchen in der Form 
von Triptychen wurden schon 
in der spatromanischen Pe- 
riode, da «fieAhactudie durch- 
weg noch keinen Aufsatz hat- 
ten, vereinzelt zum vorüber- 
gdiendcn Schmuck denelben 

verwendet, und nach Malsgabe der herrschen- 
den Technik erfüllten ziient g;ravierte und 
namcndkh emailHeite Platten diese Au^be. 
An ihre Stelle traten in der zweiten HaJfte 
des XIII. J;.hrh. aüinalilicli Tafclgemalde, zu- 
meist ab Flügel für hulzgcschniute reichver- 
goldete Milteltafeln, «dche die ReHqalen 
bargen. - Ein solches Tri|it\ rhnn, aiifgeklapiit 
68 cm breit und hoch, II tm tief, ist mit der 
Bo iaaer <e ic hen Sammliing m den Beiits des 
Königs Ludwig I., und aus dessen Nacblafs 
1875 in das bayerische Nationalmuseum zu 
München gelangt, in den »Kunst-Schätzen« 
desselben durch von Hefner* Alteneck als 
Blatt XI mit wenigen Worten beschrieben. 
— Da das ungemein anmutige, dem We- 
sen nach unberflhrte Altflrchen offenbar vom 
Niedenhein stammt, so mOge es hier an 
der Hand einer neuen Aulhabme eine 
kurze Bescbreibang finden. — Auf einem 
40 cm breiten Sockel, einer Art von Predella, 
mit ausRchobener blattbemalter Vicrpafsblende 
steht der aus Nulsbaum, als der im XlV.Jahrh. 
Bu KOIn für plastiiche Zwed» vamdunKdi ver- 

wendetcn Holzart, verfertiptf ÄTittelsohrein, der 
ganz architektonisch behandelt ist, indem drei 
ichluke fmstemtige Mnftweikbflgen, von 
Wimpergen bekrOnt, den ganzen, durch eine 
Rosettenborte ringsum dngefa&ten Raum fÜU 
len. Die doidi aber Eck gestellte schmale 
Fialen geschiedenen Frontispize verlaufen sich 
nach unten in flach sich anschmiegende 
Wasserspeier, imd so leicht wie durdisichtig 
lind die Bla&weritsMnge, die oben und an 
kleine Nisi hen, in den (hi-\ f^anz 
BekrOnungen Fensterarchitektur bil- 
den. Die mittlere Nisciie lut ursprünglich 



eine andere Ausstattung gehabt (vielleieht einen 

Armsrhrtiki-I}, ilcnn der gewundene S.lulcn- 
sockel mit dem spätgotisierenden Kapital ist 
modern, und das reizende, 16 em hohe, riem» 
lieh flache Elfenbeinroadönnchen, für welches 
er gemacht ist, Ülh erst in die zweite Hälfte 
des XIV. Jahrh. — Die kleinen Doppel- 
nischen, die sich in sechsfacher Wiedeihotnag 
und doch nicht monotoner Wirkung überein- 
ander ordnen, hatten die Bestimmung, Reli- 
quien anbunehmen, und allem Anacheine nach 
haben gmfse Wandschränke, welche Reliquien- 
häupter als die beliebtesten Heiligtümer der 
kölnischen Kirchen bewahrten, hierzu das Vor- 
bild abgegeben. An diesen Miltelschrcin sind 
die l>eiden, nur 1 cm dicken Fl:iij;t l bcfrstif^t, 
die geteilt, unter ausgesparten, uulliin relieher- 
ten Bogen die VerkOndlgung und Geburt, die 
Taufe Christi und Krönung Mariers zripcn. 
Auf rankengepunztem vergoldetem Hinter- 
grund, wie ihn vornehmlich im XIV. Jahrh. 
gerade die kölnische Schule liebte, erglän- 
zen in kräftigen Lasurtönen die streng stili- 
sierten Darstellungen mit ihren schlanken 
typischen Figurm; ihre Ikonographie, wie sie 
namentlich in den beiden stehenden Figuren 
der Verkündigung, in der liegenden Mutter 
bei der Geburt und dem gewandlialtenden 
F.ngel hei der Taufe zutu Aasdruck kommt, 
entspricht durchaus dem Geiste der Zeit — 
Die Rttekseiten sind mit swei Standfiguren be- 
malt, einem HLschof und einem Ritter. Da 
dem Bischof das ihn charakterisierende Attribut 
fehlt, so ist seine Bestimmung wenigstens bis 
zu dem Angenblick unmOglicfa, in welchem der 
Ritter nicht nur seinen Namen verrät, sondern 
auch die Kirche, für welche das Ganze aus- 
gef&hrt ist Da er im silbernen Panzerhemd 
mit der roten Tunika und dem Setzschild den 
hl. Gereon darzustellen scheint, so liegt die 
Vermutung nahe, dafi das (dem sweiten oder 
dritten Jahtaehnt des XIV. fahrh. angchOrige) 
Alt.lrrhen aus der St. riereotiskln lu- zu Köln 
stauimt, in der sich an nnttclalterlichen Aus- 
stattungsgege n standen Gut nichts erhallen hat, 
aufsrr den I ut iicn und niedrigen, nur mit R^ li- 
quicnh:iupterngefüllten,defswegenauch nischen- 
artig eingeteilten Wandkisten. Sek aitf «o. 



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1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHB KUNST — Nr. 



196 



Ein gotisches BUstenreliquiar im bayerischen Nationalmuseum. 

(Mit 2 Abbildungen.) 



lac h chronikalen Nachrichten ist die 
Kunst der Metallbearbeitung in den 
Klöstern Sudbayerns in der Zeit 
lies romanischen Stiles nicht weni- 
ger schwunghaA betrieben worden, als an den 
Hauptstatten dieser Kunst, am Rhein. Etwa 
von 1270 an treten neben die Klöster die 
Städte auf, teilweise als prunkhafte Residenzen 
der infolge der Zersplitterung des Landes zahl- 
reichen Herzogtü- 
mer und Fürstbis- 
tUmer, teilweise als 
freie Reichsstädte, 
in denen der Reich- 
tum und die poli- 
tische Macht der 
Bürger in zahlrei- 
chen Stiftungen von 
Kunstwerken ihren 
Ausdruck fanden. 
Voran steht Regens- 
burg, das immer 
noch von seinem 
Glanz als frühmit- 
telalterliche Kaiser- 
stadt umstrahlt ist 
und in dem uns 
eine auffallende 
Menge Namen von 
zweifellos sehr be- 
schäftigten Gold- 
schmieden Uberlie- 
fert werden, Daim 
kommen Augsburg 
München, Lands- 
hut, l'assau u. a. 
Nach den vorhande- 
nen Inventarien zu schliefsen, sind kaum zu einer 
andern Zeit die Kirchenschätze so bereichert 
worden, als im ausgehenden XIH. und in der 
ersten Hälfkc des XIV. Jahrh. Nicht nur kirch- 
liche Geräte entstehen in Menge, wie Kelche, 
Monstranzen, Rauchfässer u. s. w., sondern auch 
Werke, die zur figürlichen Plastik gezählt wer- 
den müssen. So gibt das Schatz Verzeichnis 
des Freisinger Domes vom Jahre 13.52 an, 
dafs die Häupter des hl. Corbinian und Lam- 
pert in prachtvollen Reliquiarien gefafst waren.') 

>) Sighart «Getchichte der bildenden Kande 
im Königreich Bayern«, p. .3St9. 




Abb. I 



Bischof .\lbert II. (1349-1 8.'>9) hinterliefs eine 
lebensgrofse Statue des hl. .Mcxander aus 
Metall. Herzog Ludwig von Bayern- Ingolstadt 
stiAete zum Dom I.S95 sein eigenes Bildnis 
in I^ebensgröfse von Silber zur Sühne für einen 
versuchten Überfall der Stadt Freising. Auch 
andere Kirchen und Klöster besafsen zahl- 
reiche Reliquiarien in Büsten-, Kopf- und 
Armform. 

Erhalten hat sich 
abervon diesen früh- 
gotischen Skulptu- 
ren fast gar nichts. 
Desto erfreulicher 
war es, dafs vor 
kurzem ein der 
fraglichen Zeit an- 
gehöriges Kunst- 
werk bekannt ge- 
worden ist und 
durch Übergang in 
eine öffentliche 
Sammlung fUr Bay- 
ern gerettet wer- 
den konnte. Das 
bayerische Na- 
tionalmuseum 
erwarb nämlich aus 
dem Handel das 
nebenstehend abge- 
bildete Reliquiar 
in Büsten form. 
Es stellt eine ju- 
gendliche Heilige 
dar, welche wenig- 
stens vorerst nicht 
SU benennen ist. 
Die Büste ist in zwei zusammengenieteten 
Teilen in OJTi mm starkem Kupfer getrieben und 
unten durch einen Boden, welcher auf vier massi- 
ven Füfsen ruht, geschlossen. Der kupferne Boden 
ist versilbert, die sonst sichtbaren Oberflächen 
stark vergoldet. Die Höhe mifst 0,36 m, die 
Ausladung an den vier Füfsen Ö,31ß : 0,225 /«. 
Auf der Brust befindet sich eine mit einem Tür- 
chen verschlossene Öffnung, durch welche die im 
Innern befindliche Reli(|uie besichtigt werden 
konnte. Zur Einführung dieser Reliquie diente 
wohl eine zweite, in gleicher Weise verschliefs- 
bare, aber etwas grüfsere Öffnung. 



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107 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7. 



ins 



Nach der Tracht der Zeit ist die Büste der 
Heiligen mit einem Gewände mit rundem Hals- 
ausschnitt (gleichlaufend mit der Nietfuge) und 
darüber mit einem Mantel bekleidet zu denken. 
Die Sflume dieser Gewänder sind markiert ge- 
wesen durch Reihen von gefaftten Edelsteinen, 
wovon noch die Nietlöcher, in denen ver- 
einzelt Reste der silbernen Nieten zu sehen, 
zeugen. Auf beiden Schultern war ehemals 
ein möglicherweise mit Email verziertes Resatz- 
stück angebracht; heute ist 
dieses nur mehr auf der 
Unken Schulter vorhanden. 
An vier Stellen des Haup- 
tes zeigen doppelte Niet- 
löcher an, dafs hier ein 
Heiligenschein oder wahr- 
scheinlicher eine Krone be- 
festigt war. Am Boden ist 
ein verschlungenes Band 
eingraviert, das auf qua- 
driertem Grund in etwas 
steifen Majuskeln folgende 
Inschrift enthalt: f sivester- 
chungunt ■ von ■ tglofshaim • 
priorin ■ ze ■ vichbaeh ■ hat • 
mich • er ■ zeugt ■ m ■ ccc- XL 
• V- symonis -yude ■ ward • 
ich • ftetait. 

Damit ist das Jahr 1345 
als Entstehungszeit der Bü- 
ste und ihr früherer Bestim- 
mungsort bekannt. Das 
Kloster Niederviehbach a. 
d. Isar, Bezirksamt Dingol- 
fing, war ursprünglich ein 
Jagdschlofs der Grafen von 
Leonsberg. Unter dem Abb. 
letzten Grafen Berengar dieses Geschlechtes 
und seiner Gemahlin Agnes wurde es 1315 in 
ein Augustiner-Nonnenkloster umgewandelt und 
genofs besondere Gunstbezeugungen von seilen 
der bayerischen Herzöge und der Bischöfe von 
Regensburg. Von I32() bis zur Säkularisation 
180:} standen 40 Priorinnen dem Kloster vor, 
deren erste die in der Inschrift genannte Kuni- 
gunde von Kglofsheim war. Seit 1847 sind 
Dominikanerinnen in die im XVIII. Jahrh. be- 
deutend erweiterten und im Zeitstil umge- 
bauten Räume eingezogen. 

Während der zur Darstellung gebrachte 
Teil des Oberkörpers des Reliquiars garnicht 




modelliert ist, zeigt das Haupt eine desto 
gröfsere künstlerische Durchführung. Das Ge- 
sicht hat ein schönes, regelmäfsiges Oval mit 
schwachen Einziehungen bei der Schläfe und 
beim Kinn; vermieden ist das in dieser Zeit 
so häufige Vortreiben der Stirnbeinhöcker, wo- 
durch dreieckige Gesichter entstehen. Die 
treflniche Beobachtung bei gleichzeitiger strenger 
Idealisierung erweist sich in dem überaus 
feinem Oval des Kopfes, wie es die Sciten- 
ansieht der Büste zeigt. Die 
^^^^ Mängel des Profiles liegen 

7|^^ zum Teil in der Technik, 

zum Teil im Slilcharakter. 
Zum letzteren zählt das 
Fehlen der Xaseneinsen- 
kung und das weite Aus- 
einanderstehen der stark 
geöffneten Augen. Eine 
günstige Belebung des Ge- 
sichtsausdruckes bringt das 
ja bei allen Skulpturen der 
um jene Zeit herrschenden 
Stilrichtung übliche Lä- 
cheln mit sich, ohne dafs 
es, wie häufig zu sehen, in 
ein Grinsen ausartet Wenn- 
gleich zu beiden Seiten des 
Kopfes gleichmäfsig ange- 
ordnet, sind die Haare 
doch von einer malerischen 
Wirkung, die in erster Linie 
der vorzüglichen techni- 
schen Behandlung, stark 
hervorgetriebenes Relief 
mit Gravienjng, zuzuschrei- 
ben ist 

Der hohe künstlerische 
Wert macht es gerade durch den Mangel an ein- 
heimischem Vergleichsmaterial schwer, über den 
Entstehungsort des Reliquiars Bestimmtes zu 
sagen. Es ist möglicherweise aufserbayerischen, 
vielleicht rheinischen Ursprunges. Eine gewisse 
Wahrscheinlichkeit spricht aberauch für Regens- 
burg, den Hauplort der Diözese, wo übrigens 
nach dem Eingangs Gesagten die Goldschmiede- 
kunst Bedeutendes leistete und wo auch in der 
sonstigen, schon seit Beginn des XIV. Jahrh. in 
reicher Blüte stehenden Plastik ein Höhepunkt 
der stilistischen Entwicklung erreicht war, wie 
er in dem Reliquiar seinen Ausdruck findet. 
München. W. M. .Sc hm id. 



IM 



1903 — ZUTSCHUFT FOK CHMSTUCHB EUNST — Nr. 7. 



900 




Alte orientalische Teppiche 

von Willlelm Bodet 

Schrift: • Vorderasiatische KnUpf- 
teppiche aas älterer Zeit«,') gab mir 
AolaGi, nadiaaforechen, ob sich 
auch im Ooroe zu Frauenburg solche Teppiche 
beHlnden, zumal da mir bei einem früheren 
Besuche des Domes ein Teppich iücbt^ zu 
Gesicht pkeuaMia war, der mir aU and wert- 
voll erschien. Ich fand ftnf. zum Teil leider 
bereits sehr beschädigte Teppiche vor, welche 
ich hier hun bcschreibeD «in. MOge mein 
Auiaau za Nachfondnngeii an anderen Orten 
anregen! 

1. Zwei Teppiche erscheinen bei näherer 
Betndmuig cbunder sehr «hnUch und hn 
Hatiptmustcr fiist gleich, nur dafs die ein klein 
wenig gröisere Länge des einen gewisse kleine 
Änderungen im Deaim bewirkt hat. Beide shid 
Seidenplüschteppiche und wegen der reichen 
Verwendung von Gold- und Silberfilden be- 
Die Tevtnr bestritt zunächst 
larhen, aber lockeren Ge- 
webe von Batimwollschnüren Die f.irbt^e 
Musterung wird durch Seidenfäden gebildet, 
wdche in fbrtlaafendem Faden durch die Ketten- 
faden so hinr-liirrVp"f ihrt sind, dafs sie. etwa 
unter Anwendung eines Stäbchens, kleine 
Sdilingen bildelen, die festgeknotet wurden, 
worauf die Schlingen aufgeschnitten wurden 
und die nun aufrechtstehenden Fadenbtlschd, 
die sogenannten Noppen, kurz geschoren wur* 
den, um das plUschartige Aussehen zu erzielen. 
Das Material ftlr den Gold- resp, Silbergrund 
bilden gelbe Seidenfäden, uro welche ganz 
dttnner Gold» resp. SIberdraht in Sinnlen 

herumgete^'t ist. Diese Fäden sind attf den 
Grund in langen Stichen aufgenaht. 

Der erste dieser beiden Teppiche, 195 x 
ISSo«, zeigt in der Mitte einen viereckigen 
Stern mit einer Füllung von Ooldfäden. In 
die vier vorspringenden Zipfel des Sternes sind 
sarazeniidw Bhmen Uneingelegt, deren Grand 
mit Silberfilden gearbeitet ist. Vier .-indere 
nach der Mitte zu vorgeschobene Blumen sind 
durch Bchraales Rankenwerk miteinander ver- 
bunden, so dafs die Mitte vorwiegend von dem 
Goldgründe beherrscht wird. Der mittlere vier- 



'} »Monogrnphic (tcs Kunsigcwptbf » • , hrtaiisj^f'. 
geben von Dr. jean Louii Sponsrl, verirgt von Her- 
HuMolgti, Laipaig. Heft ]. 



im Dom zu Frauenburg^. 

eckige Stern ist von silbemem Untefgrunde 

eingeschlossen, nur an den Rändern längs der 
einfassenden Borte sind esnselne kleine Zier- 
flächen in lichtem Grün gehalten. Hto taudien 
auch Formen auf, welche dem Tschi, dem 
chinesischen Symbol der Unsterblichkeit* ihn- 
lich sehen. Auf dem silbernen Grunde fanken 
vollblfltige pMonienaitjge wet6e Blumen ndt 
braunem, einen wirkungsvollen Gegensatz bil- 
dendoi Kontur, gelben Staubfäden und blauen 
Kelcbbllitteni, femer partlianenartige, am Rande 
scharf gezackte Blätter, blau, gelb, braun; an- 
dere Blumen sind gelb und rot. In einzelnen 
Details des BUtt- und Blumendekors erinnert 
der Teppich an den bei Bode unter Nr. 32 ab» 
gebildeten sogenannten Pplenteppich aus dem 
Besitze des Filrsten Johann Liechtenstein in 
Wien. Die Beteichnung der Polenieppiche 
eignet diesen mit reinem Pflanzendekor ausge- 
statteten Teppichen von der Pariser Weltaus- 
stellung 1878 her, auf wekber verschiedene 
Teppiche dieaer Art vom Pfirsten Czartoryiki 
in KrnV;aii ausgestellt waren, so dafs man an- 
fangs geneigt war, sie als Erzeugnisse der Ma- 
aaryskiachen Fabrik in SInea amnaehen, doch 
weist ihr ganzer Dekor auf orientalischen Ur- 
sprung hin. Ihre Entstehtmgszeit wird ins 
XVI. bis XVin. Jahrb.. ihr Heraidlungsoit nach 
Konstantinopel oder nach Bode ins westliche 
Asien, etwa nach Damaskus za verlegen sein.*) 

Die £ii)fiissung enthält nach einer ganz 
kleinen Zwischenborte mit aehKcbtem geometri- 
scben Muster auf teils weifsem, teils hellbrau- 
nem Grunde sarazennche Blumen mit Silber- 
blättern und goldenem Fruchtboden, abwech- 
selnd nach aufsen und innen gestellt und durch 
hellbl.me Stengel miteinander veilumden; 
zwischen je zwei solcher Blumen sind goldene 
Partisanen und kleinere blaae BlOmchen hinem- 

geU-gt. Der Aiifsenrand wird durch kVin-- 
gelbe Blättchen gebildet, die mit blauen Blüm- 
chen auf braunem Grunde wnehaeln. 

Der Tepi^ ist leider besonders to der 
Mitte der Si hm.ilseiten sehr zertreten tmd läfst 
kaum noch Form und Farbe des Dekors geiuiu 
etkennen. Neu mufk er bei seiner raichen Ver- 
wendung von Gotd-imd Silberfifden und t 

*) Boa« S. 10. 
*) B«4c S. 40-57. 



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201 



1803. — ZBITaCimiPT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7. 



ao8 



lebhaften Farbenmustening dlMD piicfadgen 
Eindruck gemacht haben. 

9. Der swehe Tet>pich TMi grOTwier Länge, 
210 X 136 cm, ist, wie schon bemerkt, dem 
ersten im Dekor des Mittelfeldes fast gleich. 
Abweichend ist aber bei ihm die Farbentu- 
samroenstellung. Mattes GrUn, Blau und Gelb 
rufen bei ihm eine kiihle, vomebtne Wirkung 
hervor, wahrend bei dem cftUn Teppich kräf- 
tiget Rot und Gelb liemlich stark den Ge- 
samtcindru k beherrschen. Der Gnind des 
groisen Mittelstemes ist auch hier Gold, die 
FtmuDg det SdieBgraadea Silber, Eclntlicke 
fehlen. Das llittebtück erscheint als abge- 
rundetes Oblongum mit kleinen Vorsprüngen 
an den Langseiten, gröfseren VorsprUngen an 
des ScbmalwiteD; die Mnxenisciben BlHinen 
haben grün geränderte gelbe Blatter tmd weifscn 
Fruchlboden, anderswo weiäe und blaue BUtter. 

Die Borte weicht von der des ersten Tep- 
pichs ab. Die bald nach aufsen und innen 
gestellten grofsen sarazenischen Blumen in 
blauer, gelber, brauner und weifser Farbe wer- 
den von Partisanen eingeschlossen; zwischen 
je iwei solcher Blumen ist eine Art Knospe 
eingefügt Die sarazenischen Blumen sind hier 
weit firitwr geteiduiet al$ die plunpeien and 
breiteren Blumen des ersteren Teppich« rs;i ' 
aufsm läuft eine sehr schmale Borte hin, welche 
ein itilisiertet BItniieniDUiter in «eilaem und 
ah Gegensatz dazu auf den Scbmalseiten in 
blauem, auf den Lai^gsetten in bnoMm Gmnde 
leigt. 

Aach dieser Teppich ist leider besonders 

in der Mitte der Langseiten fast bis zur Un- 
kenntlichkeit zerstört und läfst seine frühere 
Pracht nur noch ahnen. 

3. Zwei andere Tcp[)ichc erweisen sich als 
Gebeiateppicbe, sogenannt, weil sie in der 
Mitte ein Abbild der Gebetnrisdie, des Mih- 
rlb^ enthalten, welche sich in jeder türkischen 
Moschee l'ff'nH<*t, um die südliche Richtung 
nach Mekkä und seinem Nationalheiligturo, der 
Kaaba, aaadseigen. Vor ilir luid mit dem 6e- 
s\rh'.'- ihr zugewendet nimmt der Vorbeter 
seinen Platz, und seinen Bewingen folgt die 
hinter ihm stehende Gemciode.^) In der älteren 
Zeit erscheint die Gebetsoische, wenn sie auf 
Teppichen abgebildet wird, gewöhnlich im 
Spiubogen oder auch in einfachen oder huf- 

*) Ktrabaeek >Ole pcttiieh» NaMarhvil Sa- 
(Lilpilg 1861.) 194. 



eisenförmigem Rundbogen rher lcckt, weshalb 
persische Dichter mit Beziehung auf seine 
sciMn geschwungenen Linien die At^en der 
Geliebten gerne mit der Gebetsnisdie ver- 
glichen. In der älteren .Architektur wird der 
Spitzbogen sehr steil gestellt, im XVI. bis 
XVIIL Jahfh. dagegen flach gedrückt. Mit 
solchen Gebetsteppichen wtirden in den Mo- 
scheen die Gebeisn tsche und andere innere 
Teile mhOlh and beldeidet*) Gebetrteppiebe 
braucht der Araber und Türke auch heute 
noch, wenn er sein Gebet verrichtet.*) Diese 
Gebetsteppiche gehören nach Bode im allge> 
meinen den jüngsten Erzeugnissen der älteren 
Teppichwebereien des Ostens an.'') 

Die beiden zu Frauenburg behndiichen Ge- 
betsleppiche sind ebenso wie der später au 
beschreibende fünfte Teppich Wollenteppiche. 
Der erste, 168 x 123 cm, noch gut erhalten, mit 
lebhaften frisdien Farben, hat nf der einen 
Schmalseite gelbe Franzen. Die GebeUnische 
hat eine bereits sehr abgeschwächte, weil von 
den Webern nicht mehr verstandene Form. 
UrsprflQglich gab man der Gebetsnische auf 
den Teppichen, durch die Technik der Teppich- 
(abrikation beeinflufst, ein steile« Spitzdacb: 
der Spitsbogen warde som einftchen Dache. 
Spätere Nachbildungen schweifen dagegen in 
sinnlose phantastische Formen aus, indem sie 
die Grundform mit erdrückendem Betmrit um- 
geben oder TOnig entstellen, z. B. zinnenartiga 
Seitenteile ansetzen, das Dach aus einer wage- 
rechten Zickzacklinie bilden, den Kleeblau- 
bogen mit mittlerem spitabog^ea Teile be- 
nützen, Bögen aus fünf zackenartig zusammen- 
gesetzten Kreisteilen oder durch treppenartiges 
Aobteigen der Dadnrinde sogar Stalaktiten- 
Wölbung anwenden.*) Auch hier erscheint als 
Bedachung der Gebctsnische der Spitzgiebel, 
jedoch dreiteilig als Zickzackgiebel, der in der 
Mitte hSher hinaofreicbt and dvrch awd Sinten 
gestützt wird.*) Indessen auch diese Säulen 
haben ihre eigentliche Bedeutung verloren. Es 
fehlt ihnen das FOndanien^ vielmdir spitien 
sie sich nach unten an, und statt einer Base 



*) Ksrabacek S. 17» m. ft 

4)J. Dsksa>Th«o4aaaet >Ia Zci^B des 
HallMMndct«, Bachem {Kthi. o.J.) 8> 17* 

") desclh»! S. 78. 

f) Karabacak S. 120, 187. 

*) ÄhsKeh tü 4k Fona 4ct GMnIi M Bode 
Abb. 00. 



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904 



ist unten jedesmal eine Blume hingesetzt; aus 
öner dritten zwischen beide eingeschobenen 
Blonie wtchM etne andere langgeatUie Btane 
mit stilisierten Blättern hervor. Diese drei 
BlumcD eriDoem in ihren steifen Formen noch 
■Q deo i11q)rosNndeo Bram dei Lebens wie 
er, der assyrischen und indischen Kunst be- 
reits eigen, auch in den Darstellungskreis der per- 
sisch-arabischen Kunst aufgenommen wurde.'*} 
Der Hintergrund der Gebetsnischc ist feuerrot, 
die Säulen sind hellgelb und mit einem 
schlichten geometrischen Muster belebt Zwi- 
schen den Siolen gegen das Dach hm ent- 
faltet sich aus einer Vase nach allen Seiten 
bin ein Blumenstraub, wohl auch in Verkennung 
alterer Master gearbeiteL Altere StOcke «eigen 
hier nämlich eine Ampel mit Blumen, die von 
der Spitze des Dachbogens herabhän;;t Spätere 
.\rbeiten, welche den Sinn der Vorlage nicht mehr 
verrtandeo, haben dann die Anpd svr Wasaer* 
kanne verflaut, die ztiweilcn sogar verkehrt 
hängt") Die Bedachung der Gebetsnische seigt 
auf kombtamenbUuera Grande roie herab- 
hängende Partisanen mit gelbem Stempel. Kin 
darüber befindliches Oblongum enthält auf 
gelbem Grunde blaue und hellbraune dracben- 
art%e Anbeafcen, die ich nidit nibar deuten 
kann. 

Eine schmale Borte schliefst die Gebets- 
aische mm allen Säten ein, sie Ist auf gr6n- 

blauem Grunde mit roten StreubKimchcn und 
verkümmerten Partisanen dekoriert, während 
innen und au6en sich herunisieliende gleich- 
laufende geometrische Muster noch weiteren 
Lunten Farbenwerhsel hervorrufen. Eine breite 
Borte schliefst endlich diesen bisher beschrie- 
benen Kam dca Tappieha a«r drei Seiten ehi, 
so dafs die Gebetsnische nicht die Mi't I -s 
Teppichs «nnimmt, sondern nach der einen 
oberen Schmalseite hinau^fcrOcItt erscheint.'*) 
Auf dem blauen Grunde der Borte ruhen die ; 
bekannten sara7.enischen Blumen, kleinere Blu- ' 
men und geometrische Figuren in verscliic- 
denen Farben. Die Borte wirkt etwas unrall^ 
und kleinlich, weil sie noch von kleineren Um- 
rahmungen mit blumenmust«m begleitet ist 

4, Auf dem xwaiian Gdietatepipicbe, 200 x 
126 CM, hat die Gebetniache Äenfttb roten 

•0) K«r>bacek S. 152— IM. 

II) Bode S. 7!>. 

'*} Andcft die AbbUdunsen 17, 40 und hi) bei 
Bod«. j 



Hintergrund. Die Bedachung ist durch ein 
quadratisches Muster von abwechselnd roter, 
Uaner and wdlaer Farbe gefldlt Der Spita- 
gicbe! ist hier etwas anders als auf dem ersten 
, Tcppich geformt, er hat in der Mitte seiner 
I Schenket einen wageredüen Kiuck erhalten. 
Die Säulen, welche unter den wagerechten 
Balken des Giebels gestellt sind, haben auch 
hier ihre Bedeutung verloren, sie scliweben in 
der Luft, und an Stelle der Basen und Kapi- 
täle sind jedesmal vier Kügelchen angebracht 
Die Schäfte der Säulen sind mit über Eck ge- 
atelltcn Quadraten hi roter, weifier, gdber und 
blauer Farbe gemustert. Die Gebetsnische 
nimmt hier die Mitte des Teppichs ein und 
ist daher anfallen vier Selten durch eine breite 
Borte eingefafst, welche fast nur geometrische, 
sehr energisch wi>kf>ndr Muster, zuweilen auch 
Streublümchen entiult Die Farben sind durch- 
weg MkIi. 

Der Teppich ist leider an einem Ende zer- 
rissen, sonst aber gut erhalten. Beide Gebets- 
teppidie dürften, da sie die ursprüngliche 
Grundform schon stark entstellt haben, nicht 
sehr alt sein, wofür auch ihre relativ gute Er- 
haltung spricht Nach Bode ist die Knutehung 
der Gebetsteppicfae, soweit aie nodi ans dem 
XVIII. oder Anfang des XIX. Jahrh. stammen, 
in der europäischen Türkei, vorwiegend in der 
Nahe von Konstantinopel su suchm.'*) 

6. Am einfachsten ist der fünfte Teppich 
167 X 114 im, mit buigunderrotem Mittelsttick 
und blauen fickstflcken gearbeitet Der Dekor 
zeigt vorwiegend geometrische Figuren. Die 
Mitte des Mittelstücks nimmt ein l.itngliches 
Blumenstuck in geometrischer Stilisienmg ein. 
Die Borte wird au beiden Seilen durch eine 
schmalere Borte eingefafst, in welcher kleine 
runde Blümchen und je drei dazwischen ge- 
legte sdiwarse Ktigelchen ruhen. Kügelchen 
zu vier und acht zusammengeordnet sind audi 
sonst in der Dekoration beliebt Ob diese 
Kugelchen rein dekoraüve Bedeutung haben, 
oder auf das chinesische Symbol dca Ttehin» 
tamani, das heilige Emblem der Eehre Buddhas, 
zurückzufllhren sind,"/ wage ich nicht zu ent- 
scheiden. In der breiten Borte wechaeln rote 
nrhteckigc Sterne auf blauem Grunde mit gelben 
zehneckigen Ui^ezogenen Sternen, welche ein 
in der orientalischen Teppich&brikation häufig 

Bode S. SB. 



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30» 



wiederkehrendes stilisiertes Blatt- und Blumen- 
motiv aufweisen, eine Verflachung der beider- 
Mit! von der Aratieik« dngeiehkiMeMD iHen 
Mfazi-nischcn Rlnte. 

Die Farben des Teppichs sind wirkungsvoll 
md Icbhift. Leider sind in die Mitte des 

Teppiclis einige q-ofsL' I^öcher hineingerissen. 
Die Entstehung dieser Art von Teppichen, 
welche Tielfteh anf Bildern der hollmdiMhen 
Schule sich vorfinden, ist in den Anfang des 
XVII. bis in die Mitte des XVIII. Jahrh. zu 
veriegen. Ihr häufiges Vorkommen auf den 
holliDdisdien Bildern und der frühere Reicfa- 
ttim von Konstantinopel und Kirchen Sieben- 
bürgens und Ungarns an solchen Teppichen 
isfst auf die Nlhc von Konsundnopd ab Fa- 
brikationsorl schliefsen ") 

6. Die mündliche Überlieferung, welche 
jedoch 9fct) auf keine sdiriftliclien Belege 
stütz'- ' I ii in, läfst Johann Sobieski dem Dome 
zu Fiauenburg einen Zuweis aus der 1f)83 beim 
Siege über die Türken vor Wien gewonnenen 
Beute madien. Inwieweit die oben lietclirie- 
benen Teppiche etwa aus dieser Zuweisung 
herrühren, mufs dahingestellt bleiben. Wieviel 
reicher jedoch in frOfaerer Zeit der Dom an 
solchen alten Stoffen war, lehrt ein dein bi- 
schöflichen Archiv duelbst gehöriges, kürzlich 
durch den biscbOflidien Sekretär Dr. Liedtke 
aufgefundenes, etwa ums Jahr 1700 aufgestelltes 
Inventarienverzeichnis rler Dortikirche,'''! Eis 
enthält unter der Überschrift: Aulaea seu Si- 
paiia aüaqoe auf F<»l. 24^ folgende Aii6eich- 
nungen: 

Sipsrium Damaacenam cx Carmesino rubro 
Venetiaiw «t 0avo per altemas particulaa di- 
atinctnni com nHÜore fimbria Carmesini et se- 

rici flavi, «na't«aeqwe particuh latitudini«; imius, 
longitudinis vero septem ulnarum p. m. K"" 
Nioolai ScyiBkowBln, Epiicopi VannieMiB.») 

'•) VergL bd Bo4e AbbUtaDg 45 «ad 46 die 
Balte. 

**) Bode ü. 8&. 

») BInMA AkUv la PtMMibwf B. W. DI« 
KeiwUria Stwn iateretsurten iBveatBricnvmeickiiiiMs 
MTdanke ich meinem Preande Dr. Liedtke, der mich 
■ach lontt bei meiner Arbeit in jeder \Vei«e nuirr 
■tflttt hei, wofür ihm euch an dieser Stelle mein her*. 
licher D«nk getagt mL 

U) Rcfial« 1833-1043. 



«OS 



Siparia tria seu portierae ex panno riolaceo, 
in quibus acu picta ex Raso in mtHo et dt* 
verso panno insignia p. m. R*^ Nicolai Saysa- 
kowski, Ejiisropi Varmiensis. 

Aulaea Bellica recentiora. 

Aulaea Belgica vecustiora (von späterer 
Hand non valent] enpla post deoeasom p. m. 
Ro" Nicolai Epi Varmienaia f. 806. 

Duo tapetia Persica nova Icgato p. m. A. 
R. D. Alberti Rudnicki, Praepositi et Canonici 
Varmiensis Custodiae, oltiit d. 98. janiMfii 1661 
benemeritus de ccclesia. 

Siparia duo seu Portierae panoi rubri cum 
floribus et annb LiMajci aen Qibani**) p.m. 
A. R. D. Martini Sbn-acwalei Cantoria et Ca- 
nonici Varmiensis. 

Tegumeoturo ex Damasco rubro Venetiano. 
[Am Rande: NB. ad hospitale tanlum paia est et 
hic aliqua pars ad ccciesiam rathedralera est."] 
[Von späterer Hand: pro mens» Ssmar. Reli- 
«luiamm, pars [deest] tempore belli ablata.] 

Cussini seu pulvini duo ex uno veluti vio- 
lacd Axamitfa ex residuo veluto p. m. R"' Ni- 
colai SaTaskowaki B. V. 

Wenn die oben beschriebene« Teppiche 
wegen ihres stark defekten Zustandes wohl 
schwerlich mehr zum gottesdienstlichen Ge- 
brauche verwendet werden können, ao ver- 
dienen sie nichts desto weniger doch ihrer 
Vergessenheit entrissen und sorgfiütig erhalten 
zu werden: rie wQiden enie Zierde für das 
vom „Verein für die Altertumskunde und G«* 
schichte Ermlands" nett gegrOndete Muaeam au 
Braunsberg sein. 

Inswuchen hatte ich Gelq^heit, die präch- 
tige Sammlung der orientalischen Teppiche 
des South-Kensiogton-Museums zu besichtigen. 
Unter den dort ausgestellten Teppidien fimd 

ich einen, welcher, soweit ich mich erinnern 
kann, mit dem zweiten von mir beschriebenen 
Teppidi im Dessin wie in der Farbe anfier- 
ordentlidte Abniiehkeit bat 

BiMulbwf, Joseph Kttlberg, 

'») l'-u ',V:n,jieii f!i:f I estctyc, «reichet von mehr 
als 70 Faiuilicii geluhrl wiid, icißt in rotem Felde 
r 11 goldenes fliegendes D^ch von »icr tUbenien 
i'fählea gceUlUt, einen Heuschober (br6(). Vergl. 
V. Strsiekl.Ssslifs »Der polnischa AdsU, Bd 8» 
8.18. 



l«Oa. — ZBITSCHSirr POR CRRISTUCHB KUKST Hr. 7. 



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207 



im mTScmirr wo» 



BOim — Mt. ?. 



808 



Die kunsthistoriscbe Ausstdlung m Dttsieldorf. 

XV. (IDt « AMili««gm.) 



30. Figurierte Teppichwirkerei des XV. 
Jahrh., Samml. Clemens (Kat. Nr. 2630). 

Dieser Wandteppich, (Abbildung Ij 165 (m 
breit, 85 em hoch, tlelll auf gutt dtwlcel« 
Waitem Grunde sieben gekrönte Jungfrauen 
dar, die gemartert »erden, rechts und links 
von emer au&teigeodea Rnkenborte etnge- 
fafst, die je von einem Wappenschild mit 
Helmzier (K,tess und Waldstrooier, die 1415 
b«zw. 1^ gestorben ado eoUen) ausgeht. 
Secb$ dngewirkte MajuskcKnecbriften bezeich- 
nen die am Oberkörper etwas entkleideten 
Mürtyrinnen, während die mittlere, ganz be- 
kleidet, auch ohne Obenchrifk, aofort ab die 
hl. Marg.iretha sich lu erkennen gibt. — Sehr 
merkwürdig undgardraatiscb, echt mittelalterlich, 
weil uDgemds amcbavUdi, ist die Art, wie die 
Martyrien zumeist durch den Hintergrund be- 
herrschende Hände mit den betreifenden, dem 
Körper angelegten Werkzeugen dargestellt wer- 
den; s'. benedickta, mit ihren av^ericbteten 
Händen an einen Querbalken genagelt, wird 
an der einen Seite mit Beil und Geilsel bear- 
beitet, «o daai rinnwdse dia Blut üieftt; ihr zu- 
gewandt erscheint, halb schwebend über Flam- 
men, s'. cristina mit zwei Pfeilen in der Brust, 
Gewicht um den Hali, and mit dem Messer, 
welches von der einen, mit dem Kratzer, den von 
der anderen Seite je eine Hand gegen sie rich- 
tet. In Ähnlicher Weise wird von beiden Seiten 
s*. apolonia mifthaiidelt durch Mener, Zange 
und Augenbohrer. — In der Mitte kniet, das 
lange Ltkta vorzüglich teilend, weil die Mono- 
tonie der Standfiguren aufliebend, die ht Mar- 
garetha, die erstaunt mit gefiiltenen Händen 
das Rad verehrt, auf welches sie geflochten 
werden sollte von den unten zwischen den 
Balken eingeklemmten, «reit vom Blitse durch 
zahllose Funken erschlagenen Henkern. — Jhr 
zugekehrt erscheint s'. barbara, in der Rechten 
ihr fbnptattrihut, Kelch mit der hL Hoiti^ 
neben dem eine Hand mit Kratzer heraus- 
kommt, eine aweite auf der anderen Seite, 
eine dritte mit Hammer am Kopf. Neben 
s'. lepra (reparata), der die Seele in 
Taubenform entfliegt, liegt vertikal eine Winde, 
welche ihr den Darm aufwickelt, während eine 
Hand du Messer gegen ihre Bniat sUckt; dap 
s*. fa?ata mit langer Sige horicontal 



vor dem T^ib, und mit langen Nägeln in Stini^ 
Brust und Händen. — Die MartcrdarsteUungen 
lassen mithin an Deutlichkeit nichts zu wünschen 
flbijg, und dafs die Sprschcv die hier beabsichtigt 
ist, <^o »unmittelbar nnd ergreifend wirkt, ist ein 
Beweis für die Geschicklichkeit des Zeichners, 
dem es lugleich gelangen ist, in der geraden 
Haltung imd <!em offenen Blick die tiberirdische 
Geduld der auf blumigem Rasen stehenden 
Blutzeugen lieblidi tum Ansdtnck ta bringen, 
also die Macht des Glaubens in leicht verständ- 
licher Weise zu illustrieren. — Der Wirker mit 
setner Haute-lisse-Technik verdient alle Aner- 
kennung Ihr die VirtoosilRt, mit der er die 
Zeichnung in Wolle ntrprfnhrt hat, wie fttr die 
Wahl der Farben, die durchaus einfach und 
diskret ist; daher auch von gans hanooniadier 
Wirkung. Der Fond ist dunkelblau und in den 
Figuren wechseln Hellblau, Grün und Rot 
derart miteinaader ab, dafs sie entweder den 
Mantel oder das nitterhdierrschen, dessen scharfe 
Wirkung wesentlich zur Klarheit der fiir eine 
gewisse Entfernung bestinunten Darstellungen 
beitrggt; die Nimben, sowie die Holitetle haben 
gelbe Tonung, und nur vereinzelt ist Silber 
eingewirkt, nämlich für die Kronen wie ftir alle 
Meullgegenstände, also fllr Mosetne Attribute — 
Der gut erhaltene farbenfrische Teppich dürfte 
in Nürnberg in den 20cr Jahren des XV. 
Jahrb., wo die Stifter ansässig waren, ausge- 
führt sdn; cjnselnc schwere Sacfcfsiten und 
Gewandzipfel beruhen noch auf filteren Tra- 
ditionen, diese werden aber von späteren 
Motiven llbeiholt, wie sie namentlich im mehr- 
fachen Parallelgefält, so wie in den Haaifledilen 
etc. sich verraten. Selt»stf««L 



31. Gestickte Agraffe auf der Vorder» 
Seite der B r;i u n ft lser Kasel des FOr« 
sten Solms (Katalog Nr. 786a). 
Die in den kunsthutotischen Ausstellungen 
zu Dtlsseldorf 1880 und 1902 so viel bewun- 
derte und doch (wohl infolge der eigentumlichen 
Schvrierigkeiten, die ihre Erklärung bietet) noch 
immer nicht veröfientlichtc Braun felser 
Kasel, nhne Zweifel eine rnglische Arbeit 
aus der II. Hälfte d» Xlll. Jahrb., hat auf 
ihfer Vofdeiaeite ein gesticktes hodigotisclies 
Schmuckstück, welches, seiner Seltenlieit wegen, 



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209 



1903. — ZEITSCHRIFT POR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7. 



210 




211 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7. 



SIS 



hier schon vorläufig abgebildet (Abb. 2} und kurz 
beschrieben sei. Dasselbe besteht in einem der 
Kasel aufgenähten Vierpafs (als Nachbildung einer 
meistens aus Metall gebildeten Agraffe, welche der 
Bischof auf Chorinantel und Mefsgewand tragen 
darf' von 1 4 tm Durchmesser und liat als Grund- , 
läge losgewebles Leinen ringsum als Einfa.s- | 
sung ein aus blauer Seide gewebtes Börtchen , 



Lst rot bordiert. — Die Halbpa.ss€ sind abwech- 
selnd grünlich und gelblich im Modellierstich 
gefüllt, insoweit sie nicht von den ebenfalls 
reliefierten Symbolen der Evangelisten in An- 
spruch genommen sind ; cyprischc Goldfaden 
haben hier die Stickerei besorgt, rote, grüne, 
blaue Seide die Majuskelin.schriften auf weifeem 
Grund. Trotz der, auch aus technischen 





mit eingewirktem Goldornament. In dem mitt- 
leren, von Purpurfaden im Kettenstich um- 
rahmten Medaillon ist auf durch Goldfaden- 
überfang bewirktem, rautenförmig gemusterstem 
Grund ein relieHertes Agnus Dei mit dem 
Kelche in Lotperlen aufgestickt, mit dem in 
Nimbus und Fahne Korallen und blaue Schmelz- 
perlen abwechseln, letztere au» h für die Augen 
gewählt; innerhalb des Nimbusreifcns wechselt 
rötlicher Kettenstich mit weiüsem für das 
Kreuz, und die grüne Stange der Krcuzfaline 



1. 2. 

' Gründen, nicht gerade sehr fein ausgeführten 
Stickerei ist die Wirkung, namentlich in einer 
gewissen Entfernung, für die sie ja bestimmt 
war, ganz vortrefilich, wozu der Modellierstich 
und die Reliefbtldungen wesentlich l>eigetragen 
haben, namentlich das in dem feinen Schiller- 
ton der orientalischen Perlen leuchtende Lamm, 
welches als einer der letzten .-\usUlufer er- 
scheinen mag von der im laufenden Bande 
dieser Zeitschrift, Sp. 125/126 beschriebenen 
Technik. Schnotgen. 



213 



1003. — aiElTSCHRiPT PÜR CHRISTUCHB KUNST — Nr. 7. 



214 



Nachi 

Kuiistfalirt der Utrecbter St. üernulphus* 
GUd« im Jahre 1900 nach Lttwen, 
Villera» Brüssel. 

An entrc AdventsonntaKe 180I) hatte der d*- 
malice ErxbitchOfUche Kaplan (ietxii^e Pastor von 
Jatfaaa), Stiftet und Krinicrvator di-i F.rztjiichAfUchen 
Muacams in Uirechl Herr van Heukcluni, die GeUt- 
lichkeit der Stadt ncbat einer Ansahl KUnnllc-r und 
Kunttfreiiiid« «lagdwUn, um Uhmü miiicii Fkn vor- 
stdfeen MBdchtKcb 4er Oitaimg dun Verdu, 
der die r.lehr* zur kirchlichen Kumt und ihre wfli- 
dige Au»abuDg fordern füllte. Dieaer Plan wurde 
mit aUgemeinem Bi iUll aufi,'pnomrnri), Herr Heuhclum 
•chlng^ vor« nach Weiae unaerer kamtliebcndcn Vor- 
ftllMI iIm neuen Verein eine „Gilde" so nennen 
ttnd de nuler den Schnts dca U. Bmudphii» sn 
•ttllca, der im Jahn 1027 Bitehof «Mt Utrecht 

wurde, 27 Jiilire lanj; r<-(;i<rl<- und f-'irh »l« Klr- 
chenattfter bcrvurui. Am 2l>. Drxeinb«! t^uid die 
ente Sitzung statt, in welcher Herr van Hcukelum 
nun Oecbanten der neuen GUile gewählt wiude. Bis 
auf den keallfett Tag liat «r akh ta dicMr Würde 
bdMM^I and bei Jedem Wec>iscl der SEdt wid dee 
GcKbUMke onprttoKlich ani^enoinnieiwn Prin- 

lipien" hochjrehaltrii- Im Juhn- isfi j, in der !■'..»(- 
Woche ihre» helli^t-u P^truiu (19. Juli), feierte die 
Gilde ihr 25jahriKea Jubillum, bd «dcbCB ihr De- 
cbant mm pApeUichea Ehrenkammerer emaant und 
von edlen ediier g e toen e n GüdebrlMer mit einer 
idchpaubdMnn (idileneB Gildehelte gCKknOckt 
wurde. 

Auf«t'r 7.1J di'ii ti i;i lcnS<>.i(;i:n (;ddi-Bitzun<;cn, worin 
Uber kirchliche Kutut und ArchXulogic verhandelt 
wird, vereinigt sich fast In jedem Jahre eine bettle ht- 
licbc MilKliedennhl ni einem kOraeren oder llnfcrm 
K«Mlmwllur nnler der bewihrlen nknüg ihrce De- 

1 h.inlcn. Der Vertaur dieser IfUBltKlHH Hird in den 
Jalucabciichtcn mitjreteüt. 

Im Jahre 11)00 waren Lowen, Villcrs und 
Bitteeel das Ziel der KqnMtahit. Ober die Uer in 
nwvloeer Wdm bolehlet nerden mII. 



I. 

För den Fi.scntMliii.inkr.rnmlin^; unrl l.cWvens ,, Kunst- 
löwen" nicht schwer /u (indi n , voin B;ihnhof strebt 
er in gradcitcr Riihiuiij; uui sie los; links erkennt er 
das Rathaus, wie es «n •chriger l.age. Schmal- tmd 
Lanin^iebel sdKleich pttaentiert; m:hte erhebt aldi 

8t. Pelers Chorseltc, 

Zum Hciik<;i! Sthun wieder diese %crwüit»chten 
Gcrllsle! Wie ein S]iinneni;ewrl>e mit {gekreuzten 
Strichen die Monumente »a«kierend| machen sie nur 
SU blnfiit einen Strick diwdi die Seckamc der id- 

V«r Jnbrctt betrat der Peridi te i sUll ei mit grofsen 
Erwartunj^en die alte wcstfllischc Hitns<istadt Soest; 
einem der herrlichsten Werke |to<'«>^''r iiaukunst 
auf deutschem Huden wollte er leitu' l>r>onderc An- 
dacht widmen. Von der KhOneii „Maria rar Wicec" 



ichten. 

hoch und nieilti»; . GetCUle, Uulet GciiLile. Da 
freut sich einer auf poetische Lockenkftpfchen; er 
kommt am Vorabend dee Fealee und findet eimtUche 
Ladica nnmftier t«'*lcMt. WnU konnten a|Ater im 
Jahre ISO? unsere GUdefaedderdcrvollendcIca Rnelnii- 
ration sich freuen ; faideiMn ist ee dn magerer Treat 
für den Besucher von heute, dal» .lir Umai he «finer 
EnttHuschuag icincn NachfolKem dop|ielicn GcouSs 
bereiten wird, 

GMteldiclierweiie «rar in L«wen die Sadie nicht 
gar eo echlimm; woM wnrde am Rathaot fleifsig ge- 
arbeitet - man HiK'' 'm'"'^'' yc.irbeitet 
und restauriert wird — duch diesni»! i,iit der Angriff 
besonders dem Inneren. Die kolossalen Balken de« 
eielen Siocfcwerket werden entfernt, weil ihre Lagei- 
flAchen «ngdkidt afnd; «a afaid piiMdMvdie Braken 
EfehcttbolB. in dw Müia ancb (onnd nnd hait. wie 
I Tor vierhundert Jahren ; üu« Steilvcnrelcr von der- 
' »elben StUrkc sind jetxt in der Nähe nicht mehr au 
1 finden, sondern müssen aus Böliineu ciageftlbrt wer- 
j den Belm Anblick dieser Riesenstümme fBhIt man 
dck la die ,.bOkmiw:hen Wilder«' vciaeut, wo Karl 
Moor mit eetnen S|deiB(eaeüen „ebi ftdea Rmbd^ 
leben" fUhrtc. 

Keine Abschweifung, Herr Berichterstatterl Was 
iticincn Sie zu dem Rath.'luslHn da vor Ihren Augen? 
oder ist Ihnen die Sdche zu kitslich und wollen Sie 
»ich an der Beschreibung wdiddrücken? „Matthieu 
de Lnyens, mailre dee maconnefiea de la vUle fut 
rardiitecle de ce remarqudile MiSce. On cn pon 
U premi^rc pierre le 2» Mars 1447"- So lautet die 
Unterschrift der prachtvollen Reproduktion, die una 
Yzendyke t;eb<iten, Ijett.u hte »ie rtiit AniUi.lit, lieber 
Leser, und das „remarquable" wird Dir keine ttber- 
tricbenn Lobiedc adieinen. Die INapaaitioD des Gänsen 
kfinntc nicitt eldkcker nein: dn llniUdiee Viereck, 
der i^ewdholicke Grundplaii aordftdier HIaaer. Die 
Langseite zeigt drei Reihen von je zehn Fenstern; 
die Schmalseite dreamal drei Fenster. Ein hoch- 
i.igendrs Dach überdeckt den ganzen Bau, eine Dach- 
galerie krönt daa Mauerwerk, an den vier Bcken und 
in der Glebdmitte dnd TOrmdien «ageonlaet 
Unten: ein Sockel nnd eki liemliek lidiar, ginller 
Unterbau: darüber geht daa Gewiand loa tmd ist 
keine ungebrochene MaaerfUche mehr tu tmdrn. T).i« 
ganze Arsenal spatgotischer b*u-, Stdn- und Bild- 
hauerkunst ist hier erschöpft ; die tief profilierten, 
ipitsbosiK geachlomanen nnd mit Malawerk be a etelen 
Penater dnd anläetdem mit HieMcken ebcidecki* 
diese geziert mit Bossen nnd Kreuzblumen; die Pk 
laster zwischen den Fenstern sind ihrer ganzen Hohe 
nach aiitufi"'»' Konsolen. Statuen B.i!da< hme und 

Fialen. Kräftige Leisten unter den Fenstern und 
GeslaaeiaBdkenhOhc, denn Zvriachenraume galerie- 
aitif «nefcAlUt aind, beemgnn nnfanflUlic die hoii- 
scwide Vetteilung; Aber dem achweren Haupfgeaime 

erhebt »ich die Brimtwchr inderF<irTn dur« hlin>chener, 
mit MdUwerk geiflllter Zinnen. Die Faktur tnchen 
zeigen in den unteren Partien eine Folge reich ver- 
aietter, mit Tnigatetoen, Figuren und Bekrönungen 
nwgalatleler Nlachen; oben dnd de Ua in die 



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215 



1808. — ZBITSCHRIPT FOR CHRISTLICHB KUNST — Nr. 7. 



Spiixen durchbrochen und mit dMihehta fda aua^e- 
aiMteicB, »dt amtedeodca Vmiflatim. gtfßnet; di« 
Giebel nti nmn koclHticbeBdeii TBrmchea riad in 

dorsrlbcn vergeh u enderiiclien Weite aUÄ^jczi^rt ; düs 
hohe Dach wiid dun h vier changierende Dichfctuilei- 
reihrn brlebt, der First mit bleiernem Karam ge- 
luOat. Daa w&re in flOcIiUg«« Uwiiia Uiwam 



„Accurat, ein Reliqaienichrein ", bemerkte ein 
jflngerer beseiilcrler Reiiebef^lciter. Wenn et auch 
Ar ein Gebilde aus Holl und Stein nicht eigentlich 
ein Kompliment ist, mit einem Goldachmiedewerk 
veigUchen zu werdn, — lunm cuiquc — die Idee 
•ehdnt in dieteia afieiiellen Fall docli nicht gnna 
verweiflieli. Denn Mleli ein pritchiicr« altce Hatham 

erinnert .in fiji Bürgertum, (Ii* [ahrhuridf rtc lang ge- 
<irbeitct, gcschd!lt.'n, gelitten und Feite gefeiert hat, 
an alle Wcchaelfalle eines langen Streitet gegen 
Feinde inner* und «nüMriudli der llanemi an alle 



(• oMUtt die Dokimmte, die ftKUdigeD tnd trän- 
rlgen vieler Memchenalier und Getchlecfiter, et er- 

•cheiot UM »clilieWii Ii in W.ilujirii «K d. r Rrllquien- 
•dueia eioea nicht unbedeutende« Ttilu« der Well- 
Sollte Mathieu de Layent ähnliche* ge- 
nd empfunden haben bei fiatwoif und 
■einee HeltlnntOdie) 
Dal« die zemetzende Kraft von Wind und Wetter 
im Bunde mit xeratAninf tluitigen Menschen- und 
BubenhBnden einer lo feinen und lubtilen Omanen- 
tatton verhlngTUtToU geworden , wird nienwaden 

oftdie UBcnHMKkMieMdBaaeyBne .«rairtiadiei'« 
Haoreniciiter «und Oeoeindevomfelier, die da« lialb 

iientOrte »u t'*'"''' *'*''' Vernichtung verurteilen; auch 
(jotgeaieinte, aber unbefugte Reatauratio« bat solch 
ein thgldckanKniBment zu fürchten. 

Mdffcn mm noch in dkaem FaU die Klagen Be- 
rechtlgtmg; haben Ober daa nicht ,,StilgretnI&e" der 
Orn.itnente und Fiv;urcn, au« jener Renovienmjjtzcit, die 
mit deui Studium der mittelalterlichen Kun*t i-rst 
eben den Anfang gemacht hatte, dennoch steht da« 
LAwencr Rathana vor naa ala ein Gebftode ana einem 
G^; dar Etednoit daaGuuenblieb slicUfcherwnBe 
erhallen utd mir «nUeB den Opemgacitnr nur nicht 
aoa dem Fatteral holetti od Uber aungeüiaAe De- 
tail« d.i« Hjupi »ihDttel« au Umeo mid — una die 
Freude lu verdertien. 

Der Chor von St. Peter, ColMfiale 8t Fiene, aciKt 
Bich «acflca Blick, veijttogt. neu nngctaui, geklnmt, 
gewaadien, frlaefc nad idlbend, »ie ein Rind, toeben 
aus •orcli'her MulliThiml hi-ivNtK<.-^;iin^iii frisch 
ausgestattet iili den neuen Tai; : hier prorilieren wir 
unsercrseiu von de« GcrBalan, die WiCie ToiBtager 
felrgert haben. 

Der Stein, «elcber inm Bav benolat «vde, bat 
die Eigenart, seine scharfen Kanten und Ecken zu 
verlieren, so dala eini^ermalsen der Schein entsteht, 
als WÄrr <Iie Kircli'- aus runt.]rn -Stoinen erbaut . Staulj 
und Schmutz haben die «uitgi iti steiK ii l ugen ge- 
fallt, die alte Ifont ist abgeblati-r. .ir.,! weggesengt 
durch BcfenitaRn nad Sonoeabrand ood tier aonat 



neue Epidermis. — WietVdU WW 
ainncn macht dach Sankt Mar dn 
Donte*. Der Chor mit aefoem KapellcaltraM. die 

»ihweren Pfeiler, welche dir RlreT>ebi^yen aufnehmen, 
,abwechselnd mit Ucn leichtern an den KapelleneckGü 
— eine rationellere Anordnung wie am Utrechter 
Dom, wo Hattpt» «ad Zwiachcnpfeiler dleMlbe Starke 
haben — dia Bmatwehfea Aber Omr «ad Kapdlea- 
lUMien, aUca ««dilhidigt uns, dal* wir nicht Mofs 
eine Flhrr- oder Kloaterkirche vor un« haben. — Um 
elvk.is zu kriCitteren, nennen wir die Kapellen^Alericn 
zu hoch, aulser Proportion mit dem Ganzen und 
dadurch fürs Auge das GebaQ um einiges ver- 
kieinenid, Wohl wird an* veiaidicit, dal* dinaeiben 
«neb dbiiyeblinbenen F^mcn l e a .^eewbacsbaft" md 
sorgfflMf betgestellt sind; aber wenn sie .»uch von 
den alten Meistern just so entworfen und .uwuefahrt 
sind wir lilcihen doch hei unterer Ansicht und be- 
haupten, dal* auch die alten Meister hin und wieder 
Anlala zu begründeten Efaiwendmicen geben. Aadier* 
aeit« lind wir voUkomman mü dem Bestaurator elnp 
venrfnnden, der actee Voibilder und Vorginger nicht 
hat „verbcstern" wollen, denn wohin «ollle et führen, 
wenn alte Gebäude «ach dem Ptivatj;e»(.hm»ck ihrer 
Erneurer nicht allein eine Verjangung, sondern auch 
eine Umgcetaltang aick mOiaten gefiüien laaMn? 
Vor dem afldSehen Trumeptarm, swiaehen den 

um- und angehaulen Baracken (tont commc chcz 
nous) tindcQ wir die Seiteiiwauüc und l'rulile ciuer 
grofsartigen Portalanlage, die verbindenden und Qber- 
deckcnden Bögen und Gewölbe aber aind nicht sur 



htHBcmen Windfang;, tethadoe rna aHt« Da» 
nelen fuaanmiengefagt, freuen wir itm gleicb der 

edlen und uef.'llliijen Proportionen dieics spSt^joti- 
schen Meisterwerke». — Di« kur«c nüchterne Beschrei- 
bung lautet: Baaililu in Kreuzform, mit drei Schiffen 
nnd Kapellen neben den Seilenacbiliies, enMtaoden 
duieh daa MefdanldM der Strebepfeiler: welter nm 
den Chor henm die ackon erwähnte Kapellcnrcibe. 
— Nach der namentlich in Belgien Üblichen splt- 
KotiMhen Melhode tetileii die Kjpil.'ik- lovvohl den 
ArkadeubOgeri. ab den Kippen der unteren und oberen 
Gewölbe. Profile der Bogen und Rippen (teigen 
direkt TOB Sockel attfwSrta, die Grensen s wischen 
Pleiler nnd BOgcn, swiaehen Tkngende» md Getra* 
gcncm sind ginzlich verwischt, da« GewöIIjc belierrseht 
die Formcebung bis auf» Fundament, Dieho Wei^e 
wird durch Kunstkenner, Kritiker und Aesthetiker 

angesehen als die Folge eines zu weit getriebenen 
logtachea ttaiaonnementa, ala »Prln a l p ie n ieltewi*'. 

Der r>ech.int unterer Gilde schloft sich diesem 
Urteil unbedingt an, die Architekten konnten und 
wollten im allgemeinen keinen Widerspruch erheben; 
indefs itamer die Fmiia vor Augen habend, be- 
hanpleten aie doch, dala andi «fieae t»Obcflrcibai|g'* 
hin und wieder vorteilhaft anwendbar wäre, nament- 
lich bei geringen Mitteln und folglich geringen Hohen. 
Fs lätttsich ein l'leili r oder eine Slule, ein Dienst um 
ein betrAchtliches Stuck verkärzea, wenn nicht durch 
ein Kapital angezeigt wird: Sehen Sie, meine Herr- 
achaftea, hier ist mein Pfeiler schon an Bade, nnd da 
beginnen achon Rippen und GeaMlIwt 



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217 



1903. — ZEITSCHRIFT FOR CHRISTLICHB KUNST — Nr. 7. 



21S 



Der Kapitelaul dieser nämlichen Kirche, durch 
eine kapitUlniie Kitlelttatzr in viei Tciic odei Jocbe 
iei1e|{t, besutigt «ofurt unierc Behauptuni;. AU 
iMlietiacbe Tagend wird efacmo wenig gaflluit die 
Hiaiw «der Mwls der letilen Goäk, lindlebe 
Maocrfllcbcn gleichfalli «egitwchraoggcln, die nuui 
in rieten belgischen Kirchen beobachten kann, wo die 
Dreieck«: Aber den Arkadenb(lgcn mit einem Mals- 
werk gefttltt lind, da« ttch mit dem der Galerien 
unter den hohen FeiMtem vereinigt, wihrend auch 
n«ck die tbrig bleibende UaiMfflache neben dkeen 
PMMcn eine thoBche Dekoratlea eriiKh. 

Aber wir wenitj blind für die l^hertreibimgcn und 
Griiieo der leuleo gotiicheo Periode, wir bewundem 
doch aufrichtig, wai *te geachaflen, diese freien, 
Iktalcn, Inftige« ,«roiäai KitOtm», die •bcnH mai 
a«fd- imd tttdnledeillndlielwni Bodca enmnden tind. 
Wir huldigen ihren Fntwfrfem und Errichtem, wenn 
bei glo^Ma.tü^^:r und wohldurchdachter Anlage ihr 
Auibau glUckltche, wir dOrfen tagen henerhebende 
ttod eritnaeade Linien and VecUJtnieie seigt; «cb, da 
«Ibt ee Gebind«, kvelbw «nd enraNde. die doch 
den Blndnwk nieben, nie «alten ik tSm dem 
Hanpie dee Elnircfaiden i tw a mmen e wtoi en, wihfend 
andere da« Gefühl erwer.Vrn, al« wlre dort über 
ench Dicht* andere», aU der blaue, unendliche 

Zorn K«pitel „Sniiditit" : bei der adiwindclene- 
genden Mb» dee Drillingtarm«, der Sankt Peten 
Wcatfronte lu einem Unikam in der Koiut- und U^u- 
geachichte gemacht haben wQrde, wird der Baamci«tcr 
(ofort auf die Suche gehen nach den maaaigen Grun<i- 
pfeäen lud Sobatniluionien, beitiniBt einen aolciicn 
Kieeenliololi sn tnc»» er dnroa an aeben odet 
vielmehr nicht xu aehen bekommt, veranlabi ihn cu 
einem xuitimmcDden Kopfnicken, wenn de* weiteren 
von den ooinc^ien Vor2cii-hen die Rede iit, die vur 
dem höheren Aufbau warnten, von der Rcdutierung 
de* ursprünglichen Plane*, und «chUeltüCh von den 
Unttlien, die cta eo kichisinnicea Unterftuigen 
cor Poice babcn nnihle;. Er «Ird aogar rcnnelit 
*ein, die gante Tunngeachichte fOr eine f<egende 
eine Volktphantaaie tu halten, bi» bettimmle hitt»- 
ri*che Daten und grotae Giptmodellc im itldtiachen Hu- 
aeurn ihm weiter keinen Zweifel erlenbea, aber eiKh 
aeto KopAdeken bi ein KnpAdinteln »e i wa n de ü i 
«erden. 

Voile l'hiitoire: Nachdem der alte Turm 1458 
durch eine l-cucisbiunst be«ch.1di>;t war, wurde er so 
mangelhaft repariert, dafs er bald mit dem Einaturzc 
drohte. E* entstand daa DreilOrroe- Projekt: da* 
MinelBMck sollte .'>3r> Pols taech werden, die SanUe- 
rendea Kompagnons Jeder 430. Man brachte ei Ua 

lu 328. Da »chien c« i;i raten. den Weiterbau eiii- 
tuatelleo; der uniuvcilasiugc Untergrund wurdu be- 
schuldigt, der Mangel an lysteraatiicher Verankerung 
fmtUfL Bine hOlaeme Spitie anfale dna Fragment 
kfUna, ebie GiodHuaBin wndn daubi «mtdll;. Doch 
nnch daa bMbcr Aa%ealapcMe feonnle aieb nickt be- 
behaupten; e« liefe sieh iricht abhalten, am 8. De- 
zember 1 tum Teil ciii/UHiarxen, und bekundete 
den Vorsats, frOb oder splt ganx herunter au kommen. 



stellt, aber schon nach iwei Jahren folgte wieder ein 
gewaltiger Einsturs. Justus Lipeius lag gerade in den 
leisten Zügen, er iah daa ganse Weltgebtnde ver- 
■taten, dna gaaae MeiMbcideben mit all sebMa Be- 
ambunvaB, mniioacn «ad Ocbncbcn an Gnade 
gehen. „O M n Ja Ca DU nt". AU er die KaU- 
stTophe vernahm, widmete er ihr noch, «chon mit dem 
Tnde ringend, die« bekannte Chron i.r.i iNi, — Omnia 
cadunt: nicht nur Türme stürzen ein, tucht allein 
groCte Gelehrte gehen den Weg alles Fleisches, aadl 
Sitten and Gebrauche indem sich, Binrichta^can, 
■taatlfebe md «litadiaMiehe, gote nad addedktever* 

«chwinden. Die junge mmsrhliche Gesellich.ifl wÄchit 
und sctiieiat in die Hiiiic, die alten Kleider passen 
nicht mehr und auf die Dauer hilft kein Erweitem 
und VerUanem. Oer SchUngel wtchat aüt Arm und 
Bda ana i/tma nad Hoeenrokr. die Ntbte kmeknn, 
dna Waanu Alt Ikn addleUUk «ob daa Sehnttaia. 
— Otnnta eadtmtl dea eich «MineBden GHedem 
müiiien neue Hüllen angemessen und nnge«chatTt wer- 
den. Möicen Madchen und Knaben in der neuen Aui- 
rttsttuig sich brüsten und gefallen, nur zu bald wird 
ihnen klar werden, wa« sie mit Frack und SdUepp- 
klaid aateaecen haben. Nkht anr Anadica nad 
Wflrde, Seelen- und Nervenqoal, Sorge und Kumaier 
stecken in den Palten ttolser Gewlnder; wehmOI|(f 
schauen wir einst turflck auf Kittel und SchOrschen, 
als Symbole aorgioeer FrOhfichkeit in trener Blterahnt. 

Daa Polgeade wird dlcaen Sto l w e n fttr erkilrea. 

Die Sankt Petert-Klrche gehört xu den wenigen 
Monumenten, deren Baumeitter uikd selbst Werklente 
alle bekannt sind; auch Zeit und Weile Ihrer Wirk« 
aamkett iat ai«<«geben. Soipioe ran Vomt Tetfeit%la 
die FHae 14S4. er alaib 143»; aebi MacbfUger 
war Jan Keldermaitt. Nach ihm kam Mathieu de 
Layent, welcher l lft.*) wieder durcti Jan de Me»- 
maker abi;elr>«t wurde, 14H8 tr.il Hendrik v,iO 

Kvcrghem auf und starb 1495, worauf AUrd van 
Hemel bia 1503 den Bau weiter Abtte and naeb ihm 
Math. Veldermans bia 1527. 

Acht Baumeister in rüstiger aber rahiger Tätigkeit 
an derselben Kirche, wahn-nd einer mehr al« hundrrt- 
jlhrigen Banperiodc BescfaafCignng und Unterhalt 
findctid — welch ein Gcgeniatt zu unseren heutigen 
Bannsanieren; der Unietachied Im giAter ala der 
a w lm he n einem gemOtüeben Pofcglnger and einem 
gehetzten BlitzxogtpasiMgier. Werdi n und Vrr^'eben, 
Schaffen utvd Vernichten, Aufbauen und Ahtraj^rr» — 
liegt in diesen Worten iii< ht di r Hjuptinhalt aller 
Geachichle, namentlich auf dem Gebiete der Koittt? 
Wclcbea bialMitcbe Moanatent steht uns noch mmf 
letst vor AitfpKtt^ wo rfnd die JCnaalacikc kb^enHen, 
die SU Tausenden Jene weiten Hallefl füllten und 
•ihmUcklen? Die KOiwtlergildc raOge in xhGner 
Diapotition, in herrlichem Ebenmals, in ausgesuchtem 
Material mit sinnreichem Werkzeug die höchsten Ideen 
vctkUrpenii mit Hammer nnd Keule atttrmt ftela der 
Vnadale banM. «nr Veiaicbtanff ibrna Weikea, Der 
liltadenide Mietooldnl rfeht hentia. der BtMemUbnier 
steht auf, dtM«h UBde« Panatitaus ge t ri e be n , neeh 

rni'hr duri-h H.<1>- un<l 7.er»lflrunt;«»ULhl , Und ach, nirht 
minder die neue Mode, der eingebildete Furtschritt bc- 
diaben daa Bbiwlfdife, Alte. FMUlen nad KapUd. 



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1903. — ZEITSCHRIFT FOR CHRISTUCHB KUNST 



— Nr. 7. 



220 



bedieot and aii|fe«iiftet durch die Auaabcr neuester 
Knnttiiclituqgen, de fcf eUe i «a und kontMBdkfeii die 
Wcy i l M i i nf de» AUcn. wtdk Oatr Auiclit Ge- 

•chmackloten. Fiats, Ptats für du Kumtide«! der 
ResalMMice und de* Rokoko I Die »chOncten Werke 
Wllfden bcteitigt und waren an dcrm Stelle wieder 
in ihrer Art «chOn«' Arbeiten cratan<ltn: auch diese 
verachwandcn wieder, lum Feutr vi-rurttilt durch 
abciciftlgc AilpiwiMcn, bemten daich ein Euiut- 
fabrlkaateiitaiii, du FlaiB und Abtat« MwiMe Mr arine 

,,MA«fnproiIakllon". — Sankt Pcirr konnte, \krnn 
nicht AllÄrr und Uildwi-rkc, wcnigstt-ivs Lettner und 
Triurn|ilikr('iiz HinübTrrlten in den Hifcn unaaRrsaf 
dem Kunatgebiet gewiaaenhaftemi Zeil. 

Der LcttRar: Vier idUaake Suleik tnfta die 
drei BQrw* dcfoi vnleK Seite nit ebiea dack- 
gdwndai, ceacMlii^eHeii ltajfaweT% beaetit iat, «tli» 
rend die Obf-rsi-itc Ksrlsrückrn (ratt. mit Kanten- und 
Kreusblumea au fein bcjrbril> t. daln Zweifel ent- 
■tchen, ob sie wohl in Stein au»f;cführt »L-in kOnnen. 
Ha» findet Ja in dieser Periode häufig dctgieidMai 
OraancBte in Stock, die nn den KapHdea <n den 
Hohlkehlen und an den SchrSgen befenttirt sind, so 
am Lettner tu Amenfoort and am al>g< tra;:cncD 
Httniterschen Apoitelgang. Auf dem Lettner steht 
noch daa Triumphkrcnx, ein MHsIrrstuck aua dem 
XV.Jahrh. Die vier Kreuxetarme zei^^en nach der 
Mittciachi&eite die Symbole der EvangeUatea, deaaca 
nach der Choncüe dl» Flcarcn der Kbebenvtter 
St. Greicorius, Ambrosius, Augustinus und Hieronymus 
entsprechen. Der Unlerban enthtit in drei Niachen 
die Slalucn <ier Hrilit;en CJrrjforiuü, I'aulus und Hie- 
ronyroua, an der Rückieile St. ArabioaiuB. Henricos 
und Augnatinas, grau in gran geault. 

In LOwen ist kein ,,Vnlkaallar" mit dem Lettner 
««rbanden. Nach Violette- Dne «ar «• nieht die 
Abzieht dei Kiithedralenerbauer der gotlxelien Petioile. 
ihre iicxigeii Clioranlai^vn abtuschliefaen. Du Be- 
dürfnis nach allaeitigem Abschlul« machte sich aber 
bald .geltend, die Cborstllhle bedurften einer Rück- 
wand; der Omr wtnde eine Klidu, ein HrtUgf— 
m dnr KIrfihni nnak der Ejuigachifreltn eine anikei^ 
gewöhnlich rriche t»d eittwfelielt« Scheidewand er- 
fordernd : den Lettner. 

Auch in arch!lo!f»ui«elu-ii Frajit-n virspüil man 
etwas von den pulltiiii lien Strömungen und Gegen- 
altscn. Viollct-lc-Due tritt auf als VorkAnpfer des 
Laicnelementa In Kimsl, Kirche nml Staat. Den ent- 
Kegengesetsten Standpunkt nimmt Bar. Bethune ein, 
wenigstens in dieser Frage : er ist ein warmer \Vr- 
teidi^;er des I. ellner» iinil »Ilhe dfn«ell>eti rri LlNer.tll 
aogebrarhi. *:>^:,.it in gew».hnlichen Stadt- und I)i>ff- 
ktrehea; er möchte das Allerhrillgste mAiclichsl ab- 
aondetn, den l»ohen Kleina entaielieB den Bliclwn 
dca — bald katt* ich geaagt — praftmun Tuign. 
Wer hat Recht? Vielleicht vertreten beide ein 
Stack Wahrheil, und mufs der Lettner beiden An- 
sichten Rechnuni; tragen. !■ Ii i;l i :ti< < l^f die 
b). Theresia, <lie Gott einem Diamanten vergleicht, 
worin von allen Seiten alles aich spiegelt, das Weltall, 
dea Weaen der Engel, daa Menachcnlebcn und das 
Menachenbert: ein nncedlicli irtelacitIgerGott, mdehte 
niTtt s,:i;^en, wenn Im dem AiMdniek ketai Widei^ 
Spruch la^e. 



Hat nicht der G«tleiaobn gleichfalls in mehr ala 

ellea gewoednn ■ Brlflacr, Hdurprieiltr, Lekter* 

Richter and . . . Volksfreund ? Nun denn, beim Pun- 
tifikalnint im nb^eschloaaenen Hrilietum, wenn Weih- 
rauchwolken einpor«teii;en, die Wiirhliiheii Ge».1nj;r 
in ihrer atrengra Erhabenheit ertönen. Wenn nur das 
MefsglOcklcin den heiUgaten der heiligen AqgenbNcke 
«erkundigt, da «lenken wir an CiiriatHa, den geheimnis- 
««•Sen Obcrprieeter, der daa hehre, tmbeffrrifliche 

Sühnopfer Seinem Valer für iin« ilarbrinf^t. Wenn 
aber der Pnesier, a. B. im Kölner Dum, Vulb,»- 
altar erscheint, wenn die Menge Mittelschiff, Trans- 
aept und Seiienachiftc erflUlt und in tiefer Ehrfurcht, 
aber doch mit l^endfgnm Zntnneii, die «idealwlie 
StatgoMese" toa den boh«i Gewfliben widnihallcii 
nUtt, dann, dann wild vna euMtite, alt ob dergfltt- 
liche Valksfretuid Jeaiu sich «ieiler unler un« jeit;ie. 
umgeben, umdrangt von Seinen hülle- und beil- 
suchenden, das Brot des Geistes und des Leibe* 
eriieheadsn Brffldem. Hier dringt sich von selber 
de Wahmdunniig anf, wie praktiBch dieaer Vetha- 
allar am Eingang des hohen Chores, unter dem 
Triumphbogen aufgestellt ist, sichtbar fOr alle, sowohl 
im Mittels« hifT, al« in den weitansladenden Tmnsept- 
armen und im gröläten Teil der Seitenschiffe: die 
Kxistenzberechtigung der JKietlsflagel sowohl als der 
NebenachUfe, stiwdlen von „(nktischcr Seite*' enge- 
swelfelt, wird hier mit einem Schlage klar; Cdebraat 
und Kanzelredner der Mei^e sichtbar und hörbar; 
dieses moderne Ideal erscheint hier in der gotischen 
K.ilhedralc, als schon vir Jahrhunderten erreicht. 
Darum mügc wcmcsteus der Volksaltar seinen Ptals 
behjinpten, auch dort, wo man mit Lettner oder 
GitterabacUuls aich nicht «eraShnca Itannt DieecT 
Altar beMrdigt dann doch einigermaten das nmher- 

irrende Au^;?. das an jener Stelle unwillkürlich immer 
einen Ruhepunkt lui-licn wird. Es ial bekannt (;cnui;. 
welche Enttäuschung die Wegrlumer des Antwerpener 
Lettners und des Mtkuterschen AjMatdgangs erftthrca. 
Sie hatten eteh und aaderea «dqjctualt, wie die gtvfih 
artige Wkrfcang Over Dome aod «rkltbt werden 
mOase, wem die Ftai- nnd Fernsicht bis in die 

äuürmlen Reken, durch nichts ni<-hr behindert würde, 
überseilen hatten sie die Gesetze der Perspektive 

Iund die Eigenart der menschlichen Phantasie, welche 
das Nichtaichtbaie poeliaclicr tud voUstlndiger ge- 
atahet nia die Wiifeliehkfllt i daher nllganiefam Sr- 
! nBchtening. 

Noch in anderer Art hat Schreiber dieser Zellen 
«Iii» hl' Ernflchteruiig in ei^. ner I'ersun unliebstro er- 
I fahren. In seiner jutic"^**^'' l'^nt^ <^'' häiifi^; im hohen 
] Dom dem Pontitikalamt beig<-wohnt uml su h gana 
dem oben bcachricbcflen Bindrock einer Oberirdischen 
Feier hingegeben. In ipXtefer Zeit wUnaehta er dinte 
schöne Jugenderinnerung aufzufrischen, sog wieder 
mit der Menge demselben Uome xu und suchlt- sich 
seinen alten l'l.itz zu Si. t hristotlel« FOfsen, — aber 
der alte schöne Lettner war verschwunden. Was er 
hflrtCt CS war dasselbe gebliebs-n, aber .tth. er sah 

mchi, er sah soviel, er sah das M en sc hl ich« : die 
Figuren der Mlnlslranien. «enchteden in UmCiag nnd 

LÄri:,i Iii niihf iiiirn. i \nmuligpn Und JUlhetischen 
j Uenrrg linken, und gar unter den KirvheogewAndem 



221 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHB KUNST — Nr?. 



sum Vonchein kommende lange HcMen und Schacht- 
•tiefeL Gewiti, da» MaMchllche in der Kirche and 

M «»»ctectoi; doch 
M tRMivoIl und erhebend, Ua nad wieder eine 
bimmliicbe Illusion xenieften zu dOrfea. 

Zu unterer Freude finden wit im Chor noch ein 
prlchtlce* SahnoMiitiUiiadiea — ein Werk de LAyesu' 
vom Jalir 1450 — 12'fi Hetar kodi. «ekto akht 

einiam und Verlanen daiteht, (Oodetn aoch immer 
leine uraprOngliche Bestimmung; erfDIH. Um den 
neoeien Gesetzen zu ^cnügi-n, wonai li Altar und 
Tabernakel verbanden Min tollen, wurde auf der 
vortpringenden Platte wtcf dem Scteeh Hinhtwr- 
■Mar eiaccrieblet. 

Bin fint identiaehra Knnttweilt erfnumlai wir am 
folgenden Sf.irgcn in dcrSl. J.i nbd-Kirohc; eine Kopie, 
1037 von Gabriel von den Btuync, eimr.i LOwen- 
ecben KBntller, angefertigt. Nitht hei allen in Kirche 
und KapcUen noch vorhandeneo Werken können wir 
ona aafhatten. Wenn man tttt* in der Pteaide einen 
berflbmten Landsmann be ge gnet, ao begrafst man ihn 
mit Freuden. Dierick Boatt oder Stuerbouts, DIfll 
von H.\Ar]i-m k^"*""'. i»' einejr der Grscc"c'<n. 
ihren Ruf die Jahrhundert« hindurch t>chaup(Fi b4bet> 
und behaupten werden, ein würdiger Geselle der van 
BjKfca» Hemiiaka und van der Wqrdcna. In Haar' 
len geboren, etaib er 1478 ra Uwen, wo er 
Sta<tlportrailriir war und «eine Hauptwerke verfertigte. 
In der Iii DrLirultii^keilskapelle hangt das Mittelitflck 
eines grtilscn Altarwvrkfi, d;i» Iii. Abendmahl linr- 
siellend; swei FlUgel mit dem üstcriamm und Elias 
ia der Wlile iMifiadea «ich im Berliner Museum, die 
beiden anderen, Abraham und HeicUiedeche Be- 
gegnung und die BSmammlung det Mama in der 
MOnchener Pinakothek. Dip jj;til. klichc und unge- 
zwungene Gruppierung der JUutfcr um einen vier- 
eckigen Tisch, auf dem MittrhtUck, wird gerllhrat 
aowohl aia die Veiacbicdcnheil and Abwechslung in 
Chaimkteriilik und Awdnick, bd aeMMNer Harmonie 
dce liftnigm Xeldfili. Die beiden FMIcelatOcke — 
Abraham «nd IfeleMaedeeb. dat Manna in derWOate 
— finden wir in "1t »rtijfnannten Bol"isrrt<«<hpn 
Sammlung wieder, herrliche Reproduktionen AWt der 
glorreichsten Zeit des Steindruckes. Man- 
rGOdebrttder darfiich deaBeaitaca dieeer 
MofteiHtagnpMen rahmen, vad whd vielleicht dunsb 
diese Zeilen veranlalst werden, mit erneuter Aadncht 
diese entsthaften, feierlichen, edeleo Gestalten «u be- 
trachten. «Ii h witilcr TM vrtifiiken in dic^r L-ind- 
ichafl, worüber der GoltevfrieUe ausgebreitet h<-^t, 
an der malerischen Stadt im Hinlergrund 
— Ein aadcfca liefllimtea GemUde des 
DM Boote, in der nicheten Ra|>dle. atcttt daa Mar^ 
lyrium den Iii F.rasmus vor, welchem die Eingeweide 
aus dem Leibe gehaspelt werden, weshalb er als 
natron „legen de buijkpijn" angerufen wird. 

Den Rogicr tran der Weyden wird die Kxnuab- 
nahm« hi der achten Kapelle ingcMihileben. irlhmd 

die sit-hentr frülii-r ein berQhmtcs GemJide von 
Quentin Maisys enthielt. Dieses Bild der hl. Fa- 

Muaeuan verliattft <br 



Fr. 200,000, eine Summe, vo« welcher iitdeeten der 
ICiichentrantaad ,jie ddt point tovciwr le ca|»ital. 




Nachdem wir noch da* in der Resuuration be- 
griffene Innere dea Rathauses und seilte Merkwflrdig- 
keiten: einen lii.i(i)risrlien (fiildenfn Schlünicl, alte 
i und neue Gemtlde, das t>ekannte Turmmodell n. t. w. 
betrachtet und der ,,Ecole de St Thomas", einem 
Gebindekomidex, dcaMn Fllne voo eittem Mitglied 
der belgiachen St. I,ucaa.Qllde, Herrn Nelleputte, be^ 
rflhren, und worin votiügliili die steinerne Haujit- 
treppe beachtenswert ist, einen Uesoch abgestattet 
hatten, waren wir mit nqaercm 
XU Ende. 

Die Htitagmtmde, d. h. die 
gekommen. Heifs war es gewesen in der Natur und 
in den <ttr die Kunst schlagenden Herzen der Reise- 
genossen ; jetzt aber ballten sich Wolken zusammen, 
dunkele Wolken, nicht allein am grxiiblatifn Himmel 
fliier den staubigen Stnben und Platien, 
aneh am Himmel aoaerer gwel li g ea Freude. 

Durch daa elgentamllelw Tempenment 

GA«lwirle^ wurile un«rrß gemeinschaftliche Matilreil 
ebenso in Frage grüteUt. wie ehemals der Ausbau 
dea Sankt Peterturmca und als endlich nach langem 
Pariaraeotiere« nnd Begütigen die Sache wieder ge- 
ordnet aefaleB, alellta ee ateh herana, dafc awnr flir 
alle jjefJeekt, aber nicht für alle gekocht war. 

Am Dienstag Morgen vereinigten «iih in Sankt 
Peter die Urüder um den Altar, der Gildemesse 
beiaawohncni von dort begann der Zug durch die 
Stadt tnr Bcaiehügniv der IbrigeB MokwOidle- 
kelten. Vidiciehl halle tMUBCbcr die iUHe md ab- 
gelegene Stadt Uwen betreten in der Krwarlung, 

lurückverselit zu werden in vercangem- ZA-iten. alle 
Stralsen und Märkte lu finden, mit einer FUlte inter- 
essanter Ciiebfl, Urunnen u. s. w. En g^h allerdings 
noch ciaige acbOoe Übeifaleibeel zu bewuB«km; Haga 
der Djrle ftad iicih necib niaehea mahsthwlie OtOpp» 
che», aber daa mitlelalleriche Enaemble Itt «er- 
schwunden. Die letzten Jahrhunderte haben auch 
hier in L<in^eweile und Platitüde c<^lci't'''. was sie 
vermochten. So hastig wir durch die warmen Stralten 
eilten, müssen wir auch Uber unsere Morgenarbeil 
berichte«. Proignammiraig wonlea beancbt: die 
Halte oder ttaiveiaitl*, O. L. Vi. ler Fkwühhncnn, 
wo das berllhcnte Ostensorium der Amsterdamer Omt 
rissen bewundert wurde. St jakob mit seinem bereltt 
i rwahnlen Sakrament«hSu«>. hen , das Hospital von 
St. Peter, und St. Gertrud mit iler zierlichen, durch- 
brochenen Turmspilze und dem feinen C'horgesttthl, 
zwischen t&40 und ISftO durch Maihiaa de Wagdere 
ausgeailwilet. Sine Statnettenraengp und Sf8 ReBefc, 
das [.eben und Liuden Christi dariilelli nd (die 14 
Stationen). schmOcken diese» renKc Werk, welches 
nach einer Uemerkun-j unsere« Oechanten. in «einer 
FetalMiit und Anmut vortrefflich den Geist der reichen, 
gebildeten nnd ftwenaee Ofdcealtwien von 8t. Gertrud 
widerspiegelt, die es bestellt und beaahit Iwbca. 

Und nun: „Besinge, o Muae, die Fahrt 80 den 
atolaen Rtthmn von Vinet•^■ Alfred Tepc. 



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228 



1803. — ZBITSCKfUFT FOR CHRISTUCHB KUNST — Nr. 7. 



Die Ausstellung für christl. Kunst m Köln, 
«M Anlaft dai gold«ii«n JablllBBi wm 
„Ckrltllleliea KiDttTcrtlo", tovl« 4tr ftsf^ 

tigtten Oe ne r il V ert t m m 1u iig der Katho- 
liken U e ui 1 ch I a nd s, im E r i b l>c hdf liebe n 

1 1 1 M ! f s a n ni u t 'j in v^r:iri'.1al;-t, konnte lUd »ollle 

nur ia deoa engeren Kähmen, den dM GebSnde bot, 
MtdltiMMl, trotzdem aber eine alte and oene Ab- 
lailvkf «MfuMn, Mil«* in timv g*«'!«« An»- 
idttmf mf 4m dUMHehm Knutlititieb, naneot. 

lieh den rheinitchen, in den teilten tnnf?'^'^ i^^ren. 

Die alte Abteilung beitehl fant iiumchitefükh 
in der grobe* S • ni m 1 u n g cumeisl miltelallerücher 
H«latchQlla«r«i«B: Schriok«, Trabes. Paneele, 
OnuMMDle, vomehmlieh Fignren des Bitdhaoen 
Richard Moeal, die feschickt aaf|;ntet1l, dei Lebr> 
reichen tehr viele» bietet ftir den Künstler, Knnit' 
funcher und Kun>lintere»ientrn. Die Möbel and Be- 
•tandteile derselben »ind in Kheitüand and Westfalen 
ram Ende de* XV. bis in das XVlL|alirii. enlslan. 
tei cipfache, aber daicbwcg eharakierisiisehc Ge- 
bilde. — Die Ffgaren and Grnppen, bei 400, 
sind «am gröfanf: Teil niederrheims; m wie wesl- 
fSlischen und rltmischen Ursprungs, aber auch Bayern 
hat leine Beitrige geliefert. Bis in die iweite HlUfle 
dea XIV. Jahrb. t ekhm einige Slataeat Nabbawn- 
erwigBlHe bSMt^er Sdahtcr, entcfc, aber aaeh 
das XV. Jahth. trettreten tahlrelche kölnische Eichen. 
hoirfigaren, iron denen leider manche ihre polychrome 
F.i-.s iiig Li: gebufst haben. Früher beul and ja vielfach 
die beklagcDswerte Sitte, hiniichilich der Bemahing 
Witorte oder überslriehene Figareo einfach abtu. 
hngea, antait lie in ihrem Znetaad m bctaieeB, oder 
den imprUDgllcben diueb voiaicbtitn Abvadiereii na^ 
Möglichkeit wieder her«u»tel!cn, ur-! sr't ix^ letzte 
Jahriehot hat die Aujjen gebffm (ur den hohen 
Wert der «rtprlJn|;li : liri: l'ulyi iinmne. auf die fast 
aia atiltelabnliche Figuteu berechnet waren. Aach 
In dieser Hinäobt gibt die Saaiahag riete lehr. 
raidM Wiibe. wuncMlieh bei de« AitimpewK Grnp- 
pen and den iflddeWiehen Standfignren. Noeh laihl- 
reicher und tvettroDer lind die Belehrungen, die hier 
hiniichtKch des Fonnenreichtams, ako der Phantasie 
und Er6ndangsgab« bei den mitlelalterlicben Skvlp- 
toraa geboten trerdca. Wie oft kehren dieielben 
Dantelangen windar, naatanllieb Uadoaan, netli. 
Selbdritt, eintelne HeiHge, tele Sebattianos, Christo, 
phoras, Katharina, Barbara nsw., aber jedesmal ist 
die Atifbasung eine andere, irolt der Üherein»liininung 
im Stil und in den Attributen, liaher dSnet »ich 
hier auch fttr die Ikoaogmpbie nad Symbolik ein 
«ailea FcM, tele mancher eralaant «ein arird Uber die 
innige Spraehe, die ««n diesen Gebilden geredet 
irird, »oll Überzeugangskraft und GctnUtitiefe, troli 
trerelntelter anatümisclier und sonniger Schwächen. Wie 
viel Lerntnaterial für unsere reilgei)Ü5>ii»chen kirch. 

heben Kmutler, die bei ihrem Anschlnfs an jene Vor- 
bildet weder aaf di« eigene Enpiwdnng, noch aaf 
aaaMoriaeh gia* komkla Darcbbildaag an etnieblcn 
braadken, wenniie Iber beide yer P lgen. Dafs dieses 

nicht imn.er der Fall ist, beweist die neue Abtei. 
Inng, d e iiufiei einer Aniahl kleiner aber teiner 
Nasarenerbilder, manche neue TafeU und Glas- 
gemUde, Uolxalnilplaren, Gctldachmiedewerke, Gewebe 



und Stickereien nmfafat. Ut rr ihni^n sind nur wenige 
Arbeileni die ganz, auch in betrefT der Formen, nicht 
aar der TeduUt, befriedigen. NamentUch den Malern 
und Bildhaaera kann die Beobacbtnag otcbt v«r^ 
schwiegen werden, dab die meisten roa ihnen m daa 
so reich sich darbiclende und so leicht tu beschaffende 
Sludienoialenal nicht hinreichend «ich rertieft haben, 
obgleich auch einige hier ausgestellte vontlgliche Ar- 
beiten ihnen die Möglichkeit leiKeo, dem modernen 
Gcacbnack vollkommen gerecht zu werden im 
alten Gewaade. Bcwere ForiMbrUie habea im 
gaaaen die Goldschmiede gemacht, aber nach mr 
auf Grandlagi" t!r: allen Muster, ohne 'f '5 den 
meisten gelungen wire, alle alten Technikes, neu ru 
beleben. — Auf dem Gebiete der zu neuem Leben 
und Ghuut gUcklich «riedcr cralandencn liturgischen 
Gewebe dnhl betete ein Rtokfall ta die frühere 
Oberfliehli«hkeH, and flir ^ n jant» gebaeeadea 
.Hiiekereien sind die Krtfte nar all Aamtabmca vor« 
liitiL irn, vielleicht, weil die meisten im Dienste der 
Unternehmer, also der Paramentanbandlangra stehen, 
denen durchweg die Schulung abgehl, die entwerfen- 
den und aaafitbraBdea Krlfte riekt^ aairawIblcBi amm- 
leitea, >n ketrigierea, wobei der Hbiwete aaf dieWabl. 
rcilheitsbcitrebangen vieler K&ufer als hinreichende Eal- 
schnidigung nicht gehen kann. Diese Beobschtnngen, hier 
im engeren Kreiiie gewonnen, werden durch die sOIMt 
gemachten Er&hiungen leider betlitigt. SchnBtgaa. 



t Domdekan Dr. Georg Jakob tu Regen«. 

bürg, Professor der Kunstgeschichte am Seminar, Vor. 
standtmitglied und Mitarbeiter der iZeitschrifi fflr 
cbiiitiiebe Kaaat«, iat am lS.Jali im Alter «na 78 
Jahren «eracMede«. — Der kircMicben KuNt mit Ete- 

schluf» i?'f Mi^i'. '' i! seit ihrem Wiederaufleben, 
also Übe: cm liälhcä | .ili {hundert, in remstCT Absicht, 
vollkommenster Hingabe, erfolgreichster Weise gedient, 
emtt und grtUidiich als Forscliar, kcsntaiireicb und 
im igaad all Lahnar, IraclMbar aad lielbewnbt als 

«if VerBned oderKlgeaalaa, aoadcm aaf grVndtieben Sta- 
dien der Quellen, der Denkmäler, der Literatur beruhten, 
ist er treu geblieben bis an sein Ende. Der liefe Einblick 
in die Vorzüge der mittelalterlichen Kunst, die er in 
ihrem Zaaamawnhang mit Litnigie« Symbolik aaw. awbr 
wielhat alle andeiaa erbfct hatte, war Ihm ragMdi dac 
Schniiwehr gegen die aiveilterenden an^^ ni ' rj^rnlalaica- 
den Bestrebungen, die den Zutammenioin ^ mi der Ver- 
gangenheit auch auf dem von der Tradition beionderi 
behaieten kirchlichen Kunstgebiete abzuschwtchen, 
wenn nicht gar auftulfisen drohen. Von seinm Vei^ 
trmntbeit mit den beiltglicbenki(«hliclw»BeatimmaBgea. 
nh der Eatarieklaag der Ktmat, namentVeh in aelnem 

Heimatland, mit ihren Techniken, mit Ihren Anforderao. 
gen Uli den Kler<i» und vornehmlich au die Kdnstler legt 
»ein fünfmal aufgelegte» Huih Uber «IH« Kunst im 
Dienste der Kirche« gUtnxendes Zeugnis ab, etwas vcr. 
altet hinsichtlich der Ausstattung, vomehmKch der Ab> 
bildangeu, aber von daaemdem Wert iabeang anfdie 
Darlegungen and BesehreibimgeB, beaondem die letMi» 
den Prinzipien, dttier geeignet .ils Fnhrrr und tfalt ta 
dienen in den Wimitiiüen <lrr i iri^enwarl. M8gC daa 
ernst belehrende, rullig aoleitrmle Wort des Allmeialaia 
noch lange nachklingen I K. I. F. Schaaicea. 



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Ilochgütischcs rheinisches Schaualtarchen im bayerischen Nationahiiuscum. 



Abhandlungen. 



Hochgotisches rhein. Schaualtärchen : 
Holzschnitzerei mit FlUgelgemälden. 

;Mil Abbildung. Tarel.) 

< naualtärchen waren im Mittelalter 




nldit f&r den eigenU 

liehen liturgischen Gebmiirh be- 
'J stimmt, sondern lUr die Aua- 
stattang von KapeUen, oder f&r 
die Privatdevotion. - In dem 
Reichtum des architektonischen 
Aufbaues übertrifft das hier abgebildete, ebcn- 
falLs aus der Boissereeschen Sammlung bezw. 
dem Nachlasse Konips I,udwi(» I. IflTf) in das 
bayerische Nationalmu^eum gelangte, in dessen 
»Kunst-SchatsMii« ab Blatt I gua Inirx be- 
schriebene Exemplar (vgl. Heft VII, Sp. 193/194 
dieses Jahrgangs) alle anderen derartige Altar- 
chen, wie es sich aach durch die Doppcl- 
Uappen der FlOgel und seine so anmutigen 
wie strengen Formen auszeichnet. Von l'hcr- 
malungen, welche namentlich einzelne ilmtcr- 
grflnde erfahren hatten, nencfdiiigs sottgsaw 
befreit, erstrahlt das 147 cm hohe, 13<> rm 
breite, 18 cm tiefe Kiappaltarchen wieder in 
seiner arspranglichen Schönheit als eines der 
edelsten Erzeugnisse der kölnischen Bildhauer- 
(und Maler-)Schule um die Zeit von 1370. -~ 
Die aus Nufsbauro gebildeten glänz vergoldeten 
Figuren der vor ihrem Betpulte knienden 
Jungfrau und ries pleirhfnlls knienden Engels 
sind vollrund geschnitzt, bekrönt durch die 
von Wolken getragenen Brustbilder Gottvaters 
und zwei ihn flankierender Engel, frei in die 
Nische gestellt an den in grofigemustertem 
Blattwerk gepunsten, ganz vergoldeten Hinter- 
grund. Der flache EselsrUckenbogen mit seinem 
Mafswerkhangekamni. um diese Zeit am Nieder- 
rhein langst eingeführt und zu reichster Ent- 
bltung gedidien, schUeltt die Szene ab, das 

Kreuzgewölbe des Innern maskierend mit 
seinen goldenen Kippen und blauen Kappen. 
Die machtige (hudie Kreusblunie ragt Ober 
den durchbrochenen Vicrpafsfries hinauf, der 
die Horizontale besäumt, vom, wie auf den 
Schmalseiten, auf denen das Frontispiz die 
Tiefe des Baldachins bezeichnet, also auch 
der Plattform, auf der das durrhsi<-htiKe Turm- 
paar mit seinen beiden Eckpfeilern in so grots- 
arUgar, wie einhdier, nnr in an^gesdinittenen 
Brettclicn bestehender Holzarchitcktut siih 
aufbaut. Die Fialen dieser Eckpfeiler runden 



die Silhouette ab, imd von ihnen leiten die 
eleganten Strebel>Ogen zu dem Mittelbau Ober, 
zunächst wiederum zu dem Fialenpaar, aus 
dem, nur durch zwei Fialen geschieden, die 
Hachen Helme mit ihrer Kreuieblume sich er- 
heben. Konstruktion wie Ornamentik finden 
hier im volbt. n M.i.rs- ihr Recht, ersterc in 
Idaister harmonischer Entwicklung, letztere in 
streng geometrisch gemtisterten Maiswerk, 
dessen Durchschneidungen in kalaidoskopi- 
schcm Linienspiel die phantastische Wirkung 
noch erhöhen. — Die bemalten FlUgeltOren 
haben die Bestimmang, den Mittdsdirein so- 
wcihl nach den .Schmalseiten wie nach vom 
zu schliefsen. Daher haben die beiden Innen- 
klappen je dn Frontispiz, weldies genau auf 
die Mafswerkarrhitektur des vorkragenden Bal- 
dachins pafst, während die beiden Aulsen- 
klappen mit Je einem halben Eselsrflcken den 
Vorderbogen unter dem Krabbengicbcl zu 
bcdci ken vermögen. Beide Flügelpaarc sind 
horizontal doppelt geteilt, so dala zuoberst die 
Abschlösse firei werden fOr je ein Sngeihmst- 
l)ild, darunter j( rechteckige^ eben&lls 

von schwach relicücrten Pafsbögen bdnOnte 
Felder. Die einen «eigen auf glattem Gold- 
grund die Geljurt, Darstellung im Tempel, An- 
betung der hl. Dreikonige, Flucht nach Ägyp- 
ten, und zwar im Sinne der spätmittelalter- 
lichen Ikonographie, also t. B. des Knims 
von Maria und Joseph vor der Krippe. Die 
schmalen Felder haben je eine Standligur auf- 
genommen, und zwar die beiden Apostel- 
forsten, St. Acnes und eine heilige .\bti.ssin. 
Die letztere, die allein über die Herkunft des 
Gänsen (Ober die alle urkundlichen Notizen 
zu fehlen scheinen) Auskunft zu geben ver- 
nii» hte, trägt weifsfs Kleid, schwarzen Mantel 
und weifsen Schleier, dessen Zipfel lang am 
Ellenbogen herunterhängt; der HermeHnbesats 
um ihre Mütze, vielleicht ein Piisileg. konnte 
Näheres verraten. Die Technik dieser gut 
gezeichneten, aber nidit mit der höchsten 
Feinheit durchgeführten Gemllidc besteht aufser 
dem Gold ausschliefslich in Deckfarben, die 
sich auf 2 Rot, 1 Blau, I Grün, 1 Gelb, 1 WeUs 
beschranken. — Die AuTsenseiten der FlOgel sind 
trrün gestrichen und mit Goldrosettchen ver- 
ziert, die beiden .^ufsenklappen dazu mit den 
beiden ganz in Farben, ohne GoM an^gefldirten 
Figuren der Verkündigung bemalt, die sich abo 
merkwürdigerweise wiederholt SchnStgen. 



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«7 



IMS. — ZEITSCHRIFT FOR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8. 



Farbenschmuck am Aufseren des Domes za Chur. 
(Zqgleich ein Beitrag vu Baugeschichte de» Clraier Dome*.) 

(Mit '2 Abbildnngm.) 




')iir<Ti(i der Saf/. i!:ifs die mittul- 
ahcrliche l'ulychromic sich uichl 
auf das Innere beschrOnlct, ton- 
' : luch das Auf-' I '• <lr-r Kiii !uti 
in ihren Bereich gexogen liat, (üt Frankreich 
an Viollet-le^Diic') einen berafenen Vertreter 
gefunden hat, ist derselbe ftlr Deutschland 
meines Wissens zuerst, und zwar im Jahre 
1876, von Karl Scijüfer mil Nachdruck be- 
tont worden. Von jedem Werlte der romani- 
schen und gotischen Kunst darf man, so hob 
Schafer hervor, mil hoher Wahrscheinlidikcit 
anneluuen, dais et zur Zeit adner Volimdung 
im Schmucke der Farben dastand. „Es gibt", 
so aagi er, „eine lange Periode, während wel- 
cher ea Regel war, kirchliche und profane 
Gebäude nicbt nur im Innern, sondern aucll 
im Äufsercn zn 'Iv> hromieren".*! Ks waren 
hessische und besonders Marburger Bauten, 
die SchAfer «im Gegenstände seiner Unter- 
lUchung gemacht hatte 

Für farbigen Scluuuck der Aulsenfaasaden 
lierem in West&len eigenartige Beispiele die 
Patroktuskirche zu Soest mit ihren nictallum- 
kteidctcn Sa«k:hen und I\dk!-{)«:ichen am Turme 
und namentlich die Feterskirche dortscibsl, an 
der, wie idiaDdemorta dargelegt habe^^ auber 
Malereien uiu! Mfinll*' ruif h farbig unterlegte 
Glasflüsse zur Aiiwi iniuni; gebrach! sind. 

1) Viollel.le-I>ac »Dictioiuikire de l'aichhM- 
tat« InBftiM«, VII, Aitik«! Painturc. S. 108: La 
Heantbn m* s'apiiliquüt pu Moleaicat aax 
das iaiMean, cUa Jomit ma tdte iaipotttBt i 
Tntirieat dtt <di<icei. 

Die von Violl«t-)e>Duc gegebene ßeichreibung 
der Ma]wei»e, wie «ie betenden an den Kalbedrdeo 
TOB Pwif, KJwiiM and Aoweiia sw Anwenduig ge- 
kooMMD mit. Mit 4iHtlba Atr mAr ab «in Nach- 
laidiaett tAmmtit, daramf bitacihaet, die Liaiea der 
ArdiMAMr aftd dar Blldacfei Khltfer 1ier«QUrelen 
ta Isiscn (Eme ÜberteUung der Aijvfulirmiyrii Vloilrt- 
le-Dnc't bei Fitenne in der in Note li aiagplubrten 
Abhandlong, Sp . Ü9 f.) 

*i Karl Schlfer „Golisclie Wandmaleieien In 
Harberg". tDeoticbe Bni«liwg<c X. Jahrguig, 1870. 
8. 321. 

»1 .Deuuche Bnuicauijg« 1887, S. .'»37. 

*) FOr die Verwendung von Metall zum Kauader- 
•cknack bietet ein fernere« Beiapiel die Kirche an 
Gadttoieii (VteklciibarB'SchwfriB), wo di 



Tu <li( ^1 I 7i i?'« hrift ist die I'raije der 
Aulscnbcmalung der Kirchen mehrlach und 
treffUch bdettchtet worden. Zuerst durch 
\'. Fi<:rnnie, <ler unt«^r Vntaii^i hirkung eines 
insuukliven tustorischen Rückblickes aa einer 
Reihe von Bauwerken aus der Moselg^end den 
ehemaligen farbigen Fassadenschmuck nach* 
wies.*) F-s folgte Meckel, der die Fiscnne- 
schen Aasführungen durch den Hinweis auf 
eine Anzahl Auisennuksreien ans der Gegend 
des Mittclrheins und des Maingaues bedeut- 
sam förderte.*) Und dann führte Beisisel den 
überraschenden Nachweis, dalä nicht nur der 
Turm der Kapelle im Klostergarten von Laach, 
»ondem auch <h'e Klosterkirche sdbst im 
Aulseren bctnali gewesen und das System der 
Bemalung in den Hauptfiartien sudem noch 
jetzt deutlich '-rkciinbar 

Es ist nur ein geringer Beitrag, den ich 
hier sur Bemalnngsfrage der Kirchenfasaaden 
biete; aber au( tlicsein von der Fors* hun;; 
eben erst gestreiften*) Gehtete, wo Wind und 
Wetter, Zeit und Moischenhand mit dem, was 
ehedem vorhanden war, gründlich aufgorJluiiii 
haben, .sind auch kleinere Funde von Be- 
deutung. 

Die Baugeschicihte des Domes von Chur 

Ist noch nicht vollständig aufgehellt. Obgleich 
glaubwürdiger Ül>crliefcrung nach die Kirche 
ihren Ursprung bis in das Vllt. Jahrh. hinauf- 
führt,') geht die meine Ansicht doch 
dahin, dais der Ii t/i bestehende Bau zwar in 
langsamem Fortgänge entstanden, aber in 
einem Zuge gebaut sei IMe erste Kunde von 
dcmsflln ri iniM i, f . sagt Rahn, „dafs 1178 
der Chor geweiht worden seL Es fuiglc dann 
im Jahre 120S die Konsekration des Kieua- 

•) ni. Jahif«« Spw 05 ff. und 73 <r. 

•) IV. Jahrein? tau, 9p. 187 It Nach den von 
Maitband flngyi gemachten FnUtelKuigeo gcbM 
hierher aut h ilis Kirche von Oberbreisig. Vetgt 
vorige» Jahrgang dieser Zeitichrift, Sp. 320. 

"») IV. Jahiganf, 1801. Sp. 255 B. 

*) Bs sei s. B, danmf UaKewicMn, dab das hodu 
hedeaiiaoie. monamentale Werk von Dckio-ltooM 

tthcr die k;r<;tilii-1;r Bs\ikuii5t dei .'SSf ndhndes dieaeO 
poiycbicicTicii ächmuck üei KantaUea ganz uobetttck- 
»ichligt läfst. 

*) Vcrgl. Elf mann >0ie Lncnskiiclie m 
Cliw«, Jahig. VIII (IBO.'i) dlewT ZdH^r., Sp. 348. 



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229 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — 



Nr. 8. 



230 



altares vor dem Eingänge zur Gruft, worauf 
endlich, fast ein Jahrhundert nach dem Be- 
ginne, im Jahre 1282. die Weihe des Ganzen 
stattfand. Im allgemeinen ist trotz dieser 
langen und wahrsihcinlich oft unterbrochenen 
Bautätigkeit <ler Slil der einzelnen Bauteile 
ein sehr übereinstimmender, nur der Grundrifs 
zeigt, dafs nach Vollendung des Chores eine 
erhebliche Veränderung des Bauplanes statt- 
gefunden hatte. Man gab die bisherige LAngen- 
achsc auf, sei es, weil der südlich steil ab- 
fallende Fels eine Fortsetzung in derselben 
nicht mehr gestattete, oder «laCs die Rück- 
sicht auf andere inzwischen errichtete Ge- 
bäude dazu veranlalste".*") Die Frage nach 



in gleicher Breite mit dem Mittelschiffe das 
Chorquadrat an, dem sich dann ostwärts das 
gerade geschlossene, erheblich schmälere Chor- 
haupt anfügt Die Gewölbe dieser beiden 
Teile stimmen in ihren Gurten, Rippen und den 
tragenden Wandvorlagen mit denen des Lang- 
hauses so vollständig überein, dafs Über ihre Plan- 
und Zeiteinheitlichkeit eine Meinungsverschie- 
denheit nicht besteht Ebensowenig kann nun 
aber ein Zweifel darüber obwalten, dafs das Ge- 
wölbe des Chor»)uadrates in einer Flachdecke 
eine Vorgängerin gehabt hat. Hier hat sich 
nämlich über dem Gewölbe noch der bis zur 
Höhe der ehemaligen Flachdecke empor- 
reichende alte Wandputz erhalten. Die Höhen- 





Dom. 



Abb. 



Anaicht von Chur. 



der Entstehun^szeit der hier zu besprechenden 
Malereien macht es erforderlich, die Momente 
kurz hervorzuheben, die darauf hinweisen, dafs 
der Bau, über den die Wcihcnachrichten von 
1178 und 1208 berichten, mit der 1282 ge- 
weihten Kirche nicht identisch, diese vielmehr 
im wesentlichen eine Neuanlagc ist 

Der Dom von Chur ist eine drei.srhilfige, 
in allen Teilen überwölbte Pfeilerbasilika, die 
aber eines Querschiffcs entbehrt; an das Mittel- 
schiff des dreischiffigen Langhauses .setzt sich 

R«hn >Ge>chichle der bildenden KUnde in 
der Schwell«, ZOiich (l>'Tfi). S. .3HJ. Die H«apl- 
m«{»e der Kirche tind ebendort S. l.M» (Nole) rer 
zeichnet. Aufnahmen derselben in Jen Mitteilungen 
der anliquartichen Ctesellschaft in Zürich, Band XI, 
Heft 7. , Beschreibung der Uomkirche »on Chur.' — 
Ini Jahre IHliti ist der Dom durch die preufiische 
Mefsbildanstah aufgenommen worden. 



läge derselben ist aufserdem an den Seiten 
durch einen 30 cm starken Absatz markiert, 
um den der nachträglich zugefügte, der Über- 
höhung des Gcwölbcscheitels über den Schild- 
bögcn entsprechende, 2,60 m hohe Mauer- 
aufbau gegen das unlere alte Mauerwerk 
zurücktritt Auch die der Flachdecke konform 
tiefer ansetzende Linie des alten Ostgiebels 
tritt wie im Innern, so im .\ufsem noch klar 
in die Erscheinung. Eine weitere Bekräftigung 
und Vervollständigung erhalten diese Wahr- 
nehmungen dann aber noch durch zwei Rund- 
bopenöffnungen, die aber ihrer ganzen Ge- 
staltung nach sich als ehemalige Fenster 
darstellen. Ihre Gesamtform, die beidersei- 
tigen stark abgeschrägten Laibungen und 
endlich der nach dem Chorquadratc hin. also 
auf der Innenseite befindliche Glasfalz stellen 



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281 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHE KUNST — Nr. 8. 



232 



diesen Punkt durchaus sicher. Es handelt 
sich bei diesen Öffnungen also um Rundfenster, 
die in den Zwickeln, oberhalb des Chorbogens, 
unterhalb der Decke des Chorquadrats, aber 
oberhalb des Daches des Chorhauptes angc* 
bracht, dem Chorquadrate von Osten her 
direktes Licht zuführten. Es ist dies eine An- 
ordnung, für die es, wenn sie auch nicht gerade 
allzu häufig angewendet ist, doch an Gegen- 
stücken durchaus nicht fehlt. So seien als Bei- 
spiele hingewiesen auf die von Einhard erbaute 
Basilika zu Steinbach, auf die der rumänischen 
Zeit angchörige, ebenfalls flachgedeckte Kloster- 
kirche 7.U Merten a. il. Sieg, und als Gewölbe- 
bau mit gleicher Anordnung auf die im spat- 
romanischen Stil erbaute Ableikirche zu Wer- 
den. Von dem Bestehen die- 
ser Anordnung im Dome zu 
Chur ist im Inneren nichts 
mehr zu erkennen, indem 
das an Stelle der Flachdecke 
eingespannte GewAlbe in 
die untere Laibung der Fen- 
ster einschnci«let. .-Xuch von 
aulsen sind die Fenster jetzt 
vollständig dorn Blirk ent- 
zogen; zwar liegt die jetzige 
Gewölbedecke des Chor- 
hauples noch beträchtlich 
unterhalb der Fenster, die 

Aufsenmaucm desselben 
haben aber, ebenso wie 
die des Mittelschiffes und 
Chorquadrates, eine so botrAihtliche Er- 
höhung erfahren, dafs die Fenster, wie die 
unter Figur 1 gegebene Ansicht der Dom- 
kirche ergibt, nach aufscn hin gjinz ver- 
deckt sind. Vollständig klar stehen sie aber 
dem vor Augen, der sich auf den Dachbf>den 
des Chorhauptes begeben hat. Raum- und 
Lichtverhallni^se sind dort so aasreichend, dab 
es möglich gewesen ist, von einem der beiden 
Fenster, dem der Nordseite, die i)hotographi- 
schc Aufnahme zu machen, die hier in Fig. 2 
zur Wiedergabe gebracht ist. Die Schwierig- 
keit, auf den genannten Raum zu kommen, 

- - man muts über das Gewölbe hinweg durch 
eine der genannten Fensteröffnungen kriechen 

— macht es erklärlich, dafs diese Fenster für 
die Baugeschichte des Domes noch nicht ver- 
wertet worden sind. Und doch stellen sie es, 
in Verbindung mit den übrigen schon gc- 




.^bb. 



nannten Merkmalen, sicher, dafs dem Gewölbe- 
bau des XIII. Jahrh. ein llachgedecktcr Bau 
des XII. Jahrh. vorhergegangen ist. 

Der Umstand, dafs das Chor schon 1178, 
der vor dem Eingänge zur Gruft stehende 
Krcuzaltar 1208, das Ganze aber erst 1282 ge- 
weiht worden ist, verliert damit alles auffallige. 
Wenn der Krcuzaltar 1208 geweiht werden 
konnte, so mufs damals, da dieser Altar im 
I^nghau.se stand, die Kirche im wesentlichen 
vollendet gewesen sein, jedenfalls kann daran 
nicht noch bis 1282 weiter gebaut worden 
sein. Wenn nun trotzdem von einer 1282 er- 
folgten Weihe der ganzen Kirche berichtet 
wird, so kann es sich dabei nur um einen 
ganz neuen Bauvorgang handeln. Die Altar- 
weihe um 1208 stellt den 
Abschlufs einer Bauperiode 
dar. aus der der Dom als 
eine flachgedeckte Anlage 
herv<irgegangcn ist. Weiter- 
hin wurde der Bau dann 
einer durchgreifenden mit 
der Weihe von l:?82 ab- 
srhliefsenden Umgestaltung 
unterzogen, in der er zur 
Gewt'ilbebasilika, wie sie jetzt 
dasteht, umgewandelt wor- 
den ist. Naher auf diesen 
Punkt einzugehen, ist aber 
hier nicht der Ort;") eine 
weitergehende Klarstellung 
kann, wenn sie überhaupt 
möglich ist, nur auf Grund einer eingehen- 
den baulichen Untersuchung erfolgen und 
mufs die Begründung dann unter Beigabe 
eines umfassenderen zeichnerischen Materials 
erfolgen. Die hier gegebenen Erörterungen 
sind aber hinreichend, um erkennen zu lassen, 
dafs die bisher zur Geltung gekommenen An- 
schauungen die Baugeschichte des Churer 
Domes nicht erschöpfen. 

Die Kimdfenster, an welche diese Bemer- 



Kunilfenttrr mit üu'wrrf Brnijilung. 



"t El m«R erwShnl werden, dafs die Snrgmauern 
de* MitteltchilVci die gleiche, durch abweichcDde 
.Mauertechnik «ich kennzeichnende Erhöhun); wie die 
Mauern dea Chorquadralet zeigen, aber weder den 
Mauerabintz, noch lonilige Merkmale aufweiten, welche 
auch hier auf dai ebemahge BeiteheD einer Flachdecke 
bezeugen. Man wird annehmen ddrfen, daf* das 
Langhaoi bei der Umgeitiiltung det XIII. jahrh. eine 
btneueiung erfahren hat, bei der vom alten Bau nur 
die Seilenschiffmauem benalit worden lind. 



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S83 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTr.fCRB KÜNST — Nr. 8. 



384 



kinifjpn angeknüpft worden situ), sind durch 
(ien Aufbau der Cliurmaucm zwar etwas ver- 
deckt, tonst aber wohl erhalten. Sie haben 

eine I.irhti'".frtnin(: von ",^5 /// Weite, <lcr Duri li- 
me&ser der Üu&cren I^ibuag:>kuntcD, der innen 
and auben gleich gro6 ist, luiTst 1,66 m, die 
MauersUirke endlidi betrilgl 1,14 m. 

Neben der diesen Fenstern für die Bau- 
g^lUchte des Uumes zukummendcu Be- 
dentUDg, beanapruchen dieselben ein be- 
sonderes Interesw weijen df^r hirr erhalten 
gebliebenen AuCsenmalereien, mit denen die 
Kirche ehemab geachmOckt war. Dem Um- 
stände, dafs kein Anlafs vorlag, die in dem 
Dachiaum verbauten Teile der Uiebelmaucr 
des Chofquadrates mit neuem Putze oder 
neuer T&nche zu überdecken, dieselben aber 
auch gegen die Wiiteniiips- iunüsse geschützt 
waren, ist es zu verdanken, dals der alte Auf&cn- 
put« akh 90 wohl erhalten hat 

Und deutlich tritt auf ilic--ein Pitt/c die 
Bemalung hervor, mit der die Rutkdfcnster 
des Giebels in ebenso wirkungsvoller wie ein- 
facher Weise geschmückt waren. Dieselbe 
zeigt einen Wechsel von weifs untl hellrot 
gefilrbtcn Bogcnstcincn, die nach aufscn hin 
ein Ring mit einem Dreieckmuster von glei- 
chem Frrrhcnwi-clusel umsriitmt. Die Musterung 
wird von leicht in den i'utz eingetieften 
Linien mnrandet Die AusfUhrang ist eine aiem - 
lieh sorglosi , v iriit-ren die Kcipfc der Bogen- 
steine an der inneren Laibung^kante in ihrcti 
Abmessungen zwischen 7^9 em^ ander Sulsercn 
zwischen 14— 16fw; die kleinen Bogenstcinc der 
EinfasMing der IJrhtöfTnung jjassen in der An- 
ordnung nicht zu den grofsen der Laibuug, 
sie sind viehnehr ganz unabhflng^; von diesen 
gezeichnet nnd ctionsi') ist die den Sufseren 
Abschlufs bildende Dreieckverzierung ohne 
RUdtsicht auf die durch die Bogenstetne ge- 
gebene Teilung disponiert. Alles dieses sind 
aber Unrcgelmursigkcilen, die, weil enlfcmt, 
sich störend bemerkbar zu machen, gerade 
durch den Wegfall der Schabkuie der Zeich- 
nung Charakter geben.'*) 

Die vorangeschickten baugeschu hUichen 
Erörterungen weisen den Weg zur Feststellung 
der Zeit, der die lufere Bemalung des Chores 

Nach Miueilung von Prof«Mor Zcmp, Freiburg 
(Seh*.), befindet «ich eine Ihalche Mklefci an itt 
Kiiehe ««• KlMifln m MtsaMt ia GnabOadcB. 



anf^ohi irt. Es ;>t dar, ms hcrvorgej^anpen, dnfs 
die Fenster durch den 1282 geweihten Bau 
in Wegfall gekommen sind, dieselben aho 

citior früiiOnn Periodik arif^L-hürcn. Da die 
Malereien sich ganz der Zeit anpassen, die 
durch die Weihoiachtichten von 1178 und 
1208 fes%elegt woiden ist. so wird man nicht 
fehl gehen, wenn man dieselben als ein Er- 
zeugnis der Zeit betrachtet, die die flach- 
gedeckte Kirche schuf, sie also der 2mt um 
1200 zuweisen dürfen. 

Wahrend v. Fisenne im Hinblick auf den 
Kostenpunkt der Wiederaufnahme der Auiscn- 
beroahing bei Kirchenbauten pesiimlBtlich 
gegenüherstfhi und sii h damit bescheidet, dafs 
die erhaltenen Malereien beschrieben twd einer 
Restauration unterzogen werden, redet Hecket 
der Rückkehr zum alten Farbensch muck kr.'lftig 
das Wort. So sehr man ihm darin beistimmen 
kann, das nächste Mittel, um zu diesem Ziele 
zu gelangen, wird aber doch wohl darin be- 
stehen müssen, das, was noch erhalten ge- 
blieben ist — es ist ja, da es sich um 
Schöpfungen handelt, die der ZentAiuag in 
schlimmster Weise ausgesetzt waren, unend- 
lich viel weniger als der uns überkommene 
Bestand an Innenmalereien — wieder herzu- 
steilen und diese Werke dann selbst ihre 
Werbekraft erweisen zu lassen : verba docenl, 
exempla trahunt Und da mag dann an 
den Abt und den Konvent von Laadi die 
Bitte gestellt sein, dt<» ihnen nnvertrauten 
Bauten im alten Farbenschrauck neu wieder 
erstehen zu lassen und damit ein Beispiel zu 
geben, das nicht ohne Nachwirkung bleiben 
kann. Und selten günstig liegen hier die Ver- 
hältnisse. Ein wAbekatmter Bau, der, wie 
Beissel festgestellt, an Farbenresten noch 
1 aufweist, was zu einer Wiederherstellung erfor- 
I derlich ist; aber diesen Bau gebietet ein Orden, 
dem die Pflege der Kunst von jeher eine Her- 
zenssache gewesen ist; und cÜt-scs Kloster be- 
sitzt in dem früheren westfälischen Kircbenbau- 
meister Wilhelm RincUake, jetzt Pater Ludgcfu^ 
eine gute Kraft zur Lösung dieser Aufgabe^ 
Aber nicht nur die Wiederherstellung de^isen, 
was an alten Aufscnmalereien noch erhalten 
ist, tut iu)t. nicht minder notwend^ ist ihre 
VeröfTenilii !uinp. MfSgen auch hierin die Beoe» 
diktincr von Laach vorangehen! 

ÜMUkKwamiiA. W. Bfruaan. 



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23r> 



IW3. — ZKITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8. 



Liturgische Saugröhrchen im alten Lederfutteral. 



i,Mit Abbildung.) 



|ni Schatz des Erfurter Dumcs haben 
sich zwei der heute selten gewor- 
ilenen liturgischen SaugrAhrclicn 
lus dem Anf. des XV. Jahrh. erhal- 
ten, doppelt interessant, weil das dazu geh<irige, 
gleichzeitige Futteral auch noch verhanden ist. 
Das merkwürdige, l>ishcr noch nicht verfiffent- 
lichte Stock verdient gcwifs die Publikation. 

Bekanntlich wurden die Röhrchen {fistula, 
calamus etc.) v<irnehm> 
lieh beim Laienkelch 
verwendet, um ein et- 
waiges Verschütten und 
Abtropfen oder son- 
.stigc Inkonvenienzen zu 
verhindern Wie man 
seit der frühromani- 
schen Zeit bestrebt war, 
die Kelche ihrer Be- 
deutung entsprechend 
aus edlem Metall her- 
zustellen, so auch die 
dazu gehörigen Saug- 
rOhrchen. So erklart 
sich, dafe die beiden 
Erfurter Fistulae aus 
Silber sehr sauber und 
zierlich gearbeitet sind. 
Ihre Lange betragt 18 
em. Beide haben ein 
seitlich angesetztes, an- 
nähernd kreisrundes 
Plattchen mit vorsprin- 
gendem Kandleistchen 
als Handhabe oder Griff, 
der Rührchen einen sorgsam gearbeiteten klei- 
nen Teller zum Auffangen etwa hcrablliefsen- 
der Tropfen. 

Aufgehoben werden diese Fistulae in einem 
Lederfutteral mit etwa ovalem Durchschnitt. 
Im Innern ist durch einen hölzernen Steg 
eine Zweiteilung für die Röhrchen hergestellt. 
Die gesamte Lange des Futterals bei fest 
anschlicfscndcm Deckel betragt 20'/j cm, der 
Querdurchmesser an der durch die Henkel 
und den Trichter bewirkten Erweiterung 
H'/f em. Der ebenso einfache wie zweck- 
entsprechende Versthlufs des Futterals ge- 
schieht durch eine am unteren Teil befestigte 
Darmsaite, die am Deckel beiderseits durch 
je zwei in das Leder eingestochene, vor- 




Darüber hat eins 



springende t>scn gezogen, über dem Deckel 
einen l>cqucmcn Henkel bietet 

Seinen Wert erhalt das Futteral durch die 
geschmackvolle und korrekte Lederarbeit In 
das heute stark nachgedunkelte, fast schwarz- 
braune Leder sind die schmückenden Orna- 
menteeingeschnitten, so dafs sie plastisch oder 
relicfartig sich vom Untergrund abheben. 
Dieser Lsl durch Einpunzen gemuht, wodurch 
auch koloristisch ein Ge- 
gensatz zwischen glatten 
und stumpfen Flachen 
entsteht 

Das zierliche Meister- 
stück ist kennzeii hnend 
für das sichere und ein- 
hcitliilie Stilgefühl der 
hohen Gotik, die jedem 
liturgischen Gebrauchs- 
gegensi;ind omamental 

gerecht zu werden 
wufste. Die untere Hälf- 
te des Futterals ist gc- 
.schmückt durch eine 
graziös geschwungene 
Ranke, besetzt mit je 
drei gröfseren und klei- 
neren stilisierten Blat- 
tern, in denen wir, mit 
Rücksi» htauf den Zweck 
des Futterals, wohlWein- 
Matter erkennen dürfen, 
Die wulstartige Ausbau- 
chung zeigt auf der einen 
Seile ein Rankcnomamcnt, dem, der unteren 
Hälfte «les Futterals entsprechend, auf der an- 
dern nebeneinandergercilitc Dreiecke die noch 
heute übliche Kerbschnittmanier verraten. Je 
eine zierliche, wie ein Fragezeichen geschwun- 
gene Ranke mit zwei Bi.'lttem s( hlielst die 
Dekoration des Deckels, nachdem er sich ver- 
jüngt hat, ab. 

Weimar. Dr. Otto Büchner f. 

[Der verehrte Verfainer, ieil karzein unserer Zeit. 
Kchrift ein hochgeichitzler Mil«rl>eiler, ist am IH. Au- 
gust XU Erfnn, wo er an der kun»lhiilori»chen Aus- 
ttelluDg mitwirkie, einem tjrph&ien Fieber erlegen, im 
Aller von nur .'U Jahren, viel tu früh enlriuen der 
irchiolugischen Wiuenichafl, namentlich de« Mittel- 
alten, all deren kenntniireichen und bcgeiiterteo, die 
höchsten lloflfuuugen weckenden Vertreter er lieh be> 
reiti bewahrt hatte. K. 1. I'. <] D H. 



Gc 



237 



1803. — ZEIl-SCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8. 



238 



Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf. 

XVI. (Mit 3 Abbüdongen.) 
32. Chorinantclstickerei mit dem Toten- Paramenten aber fremdartigen Gebiete de« 
tani im Dom zu 0.snabrück (Kat.Nr.58i;- Totentanzes entnommen sind. Die Lasurtechnik, 
Von einem Pluviale des XVI. Jahrh. be- in der die letzteren auf roter Sammetunterlage 
wahrt der Dom zu Osnabrück noch die Sticke- ; ausgeführt sind, hat, wenigstens auf der Kappa, 




reien: Kappa und Stäbe, merkwürdig derart gelitten, dafs die Einzelheiten nicht mehr 

durch ihre technische Ausführung, noch merk- mit Sicherheit zu erkennen sind; die omamen- 

wtirdiger durch ihre Darstellungen, die dem taten Partien hingegen, in dem itufserst soliden 

dieser Zeit sonst geläufigen, den kirchlichen , Spreng verfahren gestickt, haben sich bewährt 



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239 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHE KUNST — Nr. 8. 



240 



gegenüber den schweren Angriffen, die sie 
auszuhalten hatten. 

Die Kappa, 41,5m breit, ist an einer 
Rankenbortc befestigt, an der die Stäbe her- 




unterhängen. Ganr im Sinne ihrer, bereits der 
zweiten Renaissancepcriode angehörigcn Orna- 
mentik sind die beiden dekorativen Baldachine 
gehalten, von welchen die durch das Mittel- 
kreuz geteilte Szene bekrönt ist Auf der einen 
Seite stürmen drei Todesgestalten als Skelette 
mit faltig herabhangenden Tüchern, mit dem 
Stundenglas, der gezückten l>anze, der erhobenen 
Sense in der Hand auf die drei von der an- 
deren Seite zur Falkenjagd heranreitenden, 
aufs reichste kostümierten Weltmänner, von 
denen der erste entsetzt hinweist auf die 
plötzlich drohende Gefahr, sich zurückwen- 
dend zu seinen Genossen. Aus Silberfäden mit 
Überfangstich sind die Skelette gebildet, durch 
i'iattstich die Draperien, wie die Karnations- 
teile bei den Rittern, deren Gewänder zumeist 
durch Gold- und Silberlasuren gewonnen sind. 
Aus Silberfdden sind auch die aufzUngelnden, 
blau konturierten Flammen gebildet, die 
zwischengestreut den Grund beleben. 

Die beiden Stäbe. 2-1 im breit, besser er- 
halten, sind hinsichtlich der Ornamentik wie 
der figürlichen Darstellungen gerade so behan- 
delt, also auf rotem Sammetgrund mit Leinen- 
unterlage, die Baldachine in Sprengtechnik, der 
Tod in Silberfäden mit gelblichem ('berfang, 
schwarzen .Augen und Mund, weifslichen Tuch- 
zipfeln, die Vertreter der einzelnen höheren 
Stände zumeist in Gold- und Silberlasuren, 
sowie in Plattstickerei für die Karnationen, 
Futterumschläge u. s. w., in übergelegten Sciden- 
fäden der abwechselnd in Gelb, Blau, Grün 
({iiadrierte Fliesengrund. .Auf dem einen Stab 
sind die kirchlichen, auf dem anderen die weit- 
liehen Würdenträger vei sinnbildet imd zwar: 

a) der Papst mit Tiara und Stab, der Tod, 
der ihn mit fortzieht, die Sense über der Schulter; 
b) der Kardinal mit Hut und dreibalkigem Kreuz, 
nach dem der Tod greift; c)der mit .\litra und 
Krummstab gerüstete Bischof, den der Tod mit 
beiden Händen fafst; d) der mit Bügelkrone 
und Reichsapfel geschmückte Kaiser, den der 
Tod mit beiden Händen packt; e) der mit 
Krone und Zepter paradierende Herzog, den der 
l'od mit der Sense in der Hand fortreist, endlich 
f ) der Edelmann in Mantel und Barett, vom Tode 
entführt, der den Sarg auf der Schulter trägt. 

In den letzten Jahrzehnten des XVI. Jahrh. 
durften diese überaus merkwürdigen Stickereien 
in Westfalen ausgeführt sein, wohin Bewegung 
und Ausdruck die vorzüglich entworfene und 
ausgeführte Zeichnung verweisen. 

Schntltgea. 



Gc 



r" 



241 



1903. — ZEITSCHRIFT FOR CHRISTUCHB KUNST — Nr. & 



242 



Silbervergoldetes romanisdies Leuchterchen im Privatbesiti zu Köln. 

(MiT Abbüdunc.) 



^^^^^^^ 



u' Altar- und Dcvotionsleuchter der ' 
rumantach«D Epoche, die sidi in 
vcrhaltnismafsig grofser Anzahl er- 
halten haben, zeichnen sich viel- 
fach durcl> phantastisdic Gestaltung und grufüen 
Rdchntm aus. Die mei- 

stcn sind in Rrnnze ge- 
gossen und durch ani- 
malische Bildungen be- 
lebt, nur wenige aus 
Silber gebildet. AU eines 
der zieriicbsita letzte« 
rer Art darf das hier ab- 
gebildftf nngf?;prrichen 
werden, welches (mit 
dem lotlrapfemen Dom) 
17 cm hoch, kurz vor 
der Mitte des .\IIL 
Jahriu an Niedmhein 
entstanden sein dürfte. 
Drei tlache Tatzen mit 
eingraviertem Zickzadc- 
DesBiD leiten durch eine 
vor/flj^lirh moflcllirrfr 
Löwcnmaskc zu dem 
priamatichen (Jntenats 
übi r, welcher aus drei 
filigranierten, steinver- 
sierten Trapezen gebil- 
det ist. Schraiegenartig 
ansteige rul sind «sie auf 
den Ecken durch eine 
Rinne geschieden, und 
ein dTci^eitig<•^ Platt - 
eben bildet den Ab- 
schlufs, svigleidt die Ba- 
si"? für die runde Büchse, 
die als Schaft aufsteigt, 
durch zwei KristaU- 
knäufchen in Gestalt 
flaclier Kügcichen unter- 
bruclicn. Diese drei Schaftbüchsun, die im | 
Inneren noch duich ein, unten angekeiltes, i 
Kupferrr.hrrhon. ril<<.i in der tirsprünglirhcn ' 
Art, miteinander verbunden, sind mit einer 
kräftig wirkenden, weil stark gekörnten Dia» 
mantmusterung versehen, die zugleich wt'gcn | 
der Mannigfaltigkeit des F.llcktes — .spiral- j 
förmig und Zickzack — von grofscm Wert ist , 




Der kleine flache Tropftcller mit seinem ein- 
getriebenen Linienomament bildet einen vor« 
züglichen Abschlufs. — Das Lem hterchen ist 
VDititmidi crluihcn bis auf den Filigran- 
scbumck, der in gekunxtcD Sclmeckenwindun- 
gen besteht mit spora- 
disch riiifgelütf^tpn Kfl- 
gclchcn, wie sie zu den 
in der spatromanisdien 
Periode besonders be- 
liebten Verzieruiiginnit- 
tehi zihleii« mit Ein» 
schhifs der Cabochons, 
um welche sich die 

Ranken gruppieren. 
Leider ist dieser Stdn- 
schinuck, der dem Pu- 
lse Farbe und Leben 
veriieh, abhanden ge- 
kommen: die grofseren 
ovalen Bergkristalle und 
die bunten runden 
Steinchen. — Der ein- 
fache klare Aufliau, dr-r 
feine Dekor und die 
zierliche Fovm verleihen 
dem kleinen nur IIS 
Granio wiegenden Ge- 
genstände einen unge- 
meinen Reiz, wie er 
für ein ahnliches Ge- 
brauchsubjckt von kei- 
ner Kiuistperiode über* 
troffen wird. Wäre er 
nicht aus Süber gebil- 
det, so würde er viel- 
leicht auch mit Email 
geschmückt sein, ob- 
gleich dieser um seine 
lüntstehungszeit bereits 
len Iloliepunkt über- 
schritten hatte, auch für kleme Steilen ntchl recht 
sur Verwennung kam. Für ein Hausaltarchen, 
weniir^tens für dio Pii\.ailf\'Mtiiv[i l>estinimt, 
würde er auch die Übertragung m eine grO&ere 
Form ertragen, die ihn ftlr den Altargebrauch 
verwendbar machen würde, alst) für einen viel- 
fach hegt hrten, der Berücksichtigung noch sehr 
bedüiltigen Zweck. Schnatgen. 



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84S 1903. — ZEITSCHRIFT FOR CHRISTUCHE KUNST — Nr. 9. M4 



Nachrichten, 



Kunstfahrt der Utrcclit<^r St. Bernulphus- 
Gilde im Jahre 1900 nach Löwen, 
Villers, Brüssel 
II. 

Im ^riiÜK-n Spcisnaal clea •Hotel des Ruine«', 
dt-r alltn klä>terliclU'n Korn- und Ölmühle, geräumig 
|i)«ci«ft, reichlich ond freandlich bedient, fMiden 
•fch die Rriie* wu! CildebrOder wieder teamc xa 
Hause. Die lu.hr i ke mit ihren knioss.il. ti L'ntcr- 
zOfcen und krJiÜijfcm licbalk vorbrciteie einen (einen 
Duft von Richrnholz, ganz flbcrcimtimmend mit ihrem 
d«r mitMalteriichen KauM sugewandtcn Studimn; 
dkaea Zimmei^ and Sehrelaeiholt enien' Ranseti tn 
mwerer Zeit ao leocr und «eilen, hier m wrachwen- 
deiiach angctraiidt, veraetil dei« Geilt «oa ««Iber in 
frQliiTi- j.itiihunil'Tii uii'l /ii-ländc. Unser erster 
Svkn Ulf, litt Viiti.« ii ilcr ilct Keise, Mffr. A.Jan»en, 
h.atli' sich den Fall i;ul Qberlcf^t und i;ab uns schun 
hier im vonu» die nOlicea hittoriacheB and Ertlichen 
PiflCerwice; «f «aible, tiUHl duflenhit in dietcB 
Zaoberart, «Urde keiner inehr ruUff nnd amUxMig 
der nOchtemen G««chichte Min Otir iMhe«. Da 
drinnen noch . init;' kurz.- F^ii-lii uii,'. ii zur i i.-i. ntii - 
nmic, cum Übtrblick des Ganzen, bereitwilli^ic Ant- 
traft auf einige nähere Kragen — aber dann keine 
PUm meiiri keine GrundriMe und Diuchacbniitc ; 
tmr dibfcn mm gans UnKcbea dem enieii, mftchtlccB, 
Wibeaelweiblidien Bindrui k. N»ch vor hundert Jahren 
erhob «ich hier eine der imposantenten Abteien mit 
allem ZubehOr, eine in sii h abKerundele und abgc- 
•chloneoe, fast vollkommene iilrinc Well. Die eigen- 
OiUaigc Mcnachenhand Hat sie nicht gwas abiraiceii, 
aiebt cww vernichten kOmiea; sie hat die Mliache 
veiUiebeu, und dadurch den Chor^csanK veratumoien 
machen, die nQtzllehen UaihI- nn ) K unvir leiri' t>e gc- 
atött, dem au.<i;ebreiirteii ll^utli^il, dem suit;samen 
Garten- und Ackerbau Fmhalt getan ; die DXcher smd 
abgcliracben, die Fenuer seraiOrt, Gew»U>c und Pfeiler 
anm Teil cingcatttm -~ aber die Poeeie hat Ihren 
BfamiK in diaee «arlaaaenen Mauern jubelnd gehalten ; i 
mit Soaneivlans nnd Mondeitlimmer, mit Blunen und 
GejitrXuch und sch ilt hk h hrn Il.nunwipfeln; sie hat 
ihre Werke in rbcreinmimmun« tmt dem verfallenen 
Men»rhen»erk wunderbar malerisch anangiert ; sie 
«inlit nnd lacht una an, die Schflo«, und ladet uns 
ein. Aber eine grolae Veriraiiipenheit tu sinnen i 
von den Striipazen einet rastlosen Get;enwart uns zu 
erholen und einer bcsurren Zukunft zu geilenken. 
Wollte einer für etliche Wochen «ich in diese wunder- 
bare SttUe «urtlckziehen. um sich »einen Phantasien 
zu iberlaaMB oder die EiUTichtuu( einer giandioieB 
Abtei an atudieKn, «o «Ordea t*ir ihn laicn. al» 
winemchaftlich« und poetitche Lektare mitaunehinen 
Montalem' • itx hl r:.i / . ü Werk »LesMoinc» de lOc- 
cidettt« und Wrhetx Klosicrcpo« das berrltcbc »Orci- 
cebnlinden« . 

Wie oft eagt aan und hfiit man aageo: dieae 
•chlanea Mönche! Welche herrlichen PlStxcheo «ufttea 
■ie auaiuwlhlen : nie vetst.t'iilen es die«e frommen 
Minner, indem »ic iIa* Hiwm!i4«,bc atMtrebten, aucU , 



daa irdiacbe Lehen bochat erträglich aicb einaurkhMi, 
alle Beiaa der Natur, alle Cabeit dnea fruchtiNUmi 
Bodcui behaclicb zu genic&en. Aber dieae lackenden 
Tller und Hügel, die una jrtat enfaflcken, waren ur- 

»jiriln^'ü. h Crli voller Schrecken. Den < r«l<Ti I'i i- 
nit reri lier Zivilisalion sank das Hers in die Schuhe 
o<l<T ilje Sandalen, wenn sie zur UrtMtnacbtng iol'- 
eher Wttaten «ich antchickiea. Oaa alieiig« Gdiot 
einea heütfen Kloalerfateia, smmlen dn Zuruf, ein 
Trosteswort von oben waren erfor-lerlich, um sie aus 
ihrer K.it- und Mutlosigkeit .lufz.inchten. Nur stück- 
weise »iiril. n .ArkiT und Wlfxrn erobert, erst nach 
langer Zeit macbica Baracken und Scheunen Platz 
für cndgflitige moaumeatale Gebludc, die anhaltende, 
CeduhUge, aaA keinem anfiMtigen Fruit haacheade, 
aber dner ffeaicherten Zukunft ziutrebende Hlhieba- 
^ibt'tt Vi rnniiliti' st'lbst der Natur abzugewinnen, umi 
der modernen SchafTenshast unerreichbar bleibt; der 
Wefaibau begleitete die Klosterbrüder bi« weit hinauf 
ia unaen nihidlicken Gebenden; die Gcwickae von 
Villrn durften aidi gewiA gnlcf Qnnlitit rthmcs, da 
wir sie alt fürstliche Tischweine erwähnt finden Auf 
Sankt Bemards Refehl machten sich im Jahre t149 
zwölf Manche und fünf Brüder von Clairvauz Aut den 
Weg, I^urentius ist ihr Fahrer. Sie kommen in die 
Nlhe von Nivellot und laaaen sich doit .in einem 
«Daten Ort nieder; gar an wllat. Auf ihre Klagen 
muft Sankt Bemaid adber berabefkommen, um aie 
zii . imiiti^;. Ii Sein, dr T gewShlte PUtz (cheini auch 
ihiu lÜLiit >,'i. it;net: tr (CIhrt »eine Kinder in ein be- 
nachbartes . -v (IrNüiTi (;rund i'in Flars,:hen 
•trOmt. Dort pflanzt er da« Kreuz als Mittelpunkt 
fOr Gubct und Arbeit, Sdir einladend acheint ca 
auch dmt nicfet aniffcaektn m haben, denn er ndt 
aua: An dleaen fdrchteiflchea Ort werden irieTe ihr 
Heil finden! In hi>, loco borroris pture« saKabiintur' 
AI» die wilde Nutur ein wenig gezähmt, der lliylc 
ihr I.auf z*,vim Ii< h festen DXmmen angewiesen war, 
koonle mit der voclluflgcn Eiivkhtung troo Kloater 
und Kirche bugauien wttden, wesa diu geflUMen 
i m.lrhtigen Eichen Holz in rSei^ufi liefeitCII, SdMU 
j;li i. h aber wurde ein «'"'»ärtME*' Plan entwuifen. 
tt-iM.ich, tli.' pr ivisorjschen Zelte eriiotzend, ein Bau 
erstehen soUtc. geeignet, viele Jahrhunderte zu über- 
dauern. Der .tchtc Abt von Villers, Karl Graf von 
Sc>-ne, anclit 1197 den Anlaag mit der Einrich- 
tung zweier SehtaiaBl« Ar Manche und Brtkder. Der 
B. 1' liii:ie. wächst, die Abtei erwirbt Weinberge am 
Rheni litid die Fischerei bei Dortrecht Konrad, 
Karl« Neffe folgt ihm; er war Abt von Villen, Chiir. 
vaoa und Citeaua, wird fiiachof von Porto, da* Licht 
de* gauMu Ordm, ein Udrt der Xirehci Ala ptpat- 
lieber Legat beteiligt er aich am Xilag gegen die 
Albigen«er, aber auf adnem Sterbebett tnft er au: 

W.tr;;-; li,«b' ich nicht .illzeit in Viller* (gelebt, unter 
den Kit »ier«< hülern, mit den Kiri-hcübrUdeTa die Gc- 
filse »plttriid Der zehnte Abt. Walter von Utrecht, 
acheiai aicb hauptilchlich den geiMlichea Übungen 
g««idmel au haben. Der folgende, der elfte Abt, 
Wilhelm von BrtNM-l. iit wieder ein Mami dcff achilieB- 
, den Tat . er gründet Klöster, wird Abt imn CtaiTOOX, 



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«46 



ala Mlctaer «oa Papat Gregor U. nach IlaUcs abgC' 
nndt, und von Kaiier PHedifeh mit anderen Abten 

lind Piälatcn in Haft felialicn. flloii;!'. KvHiraJ i-r- 
(ihtl KT, diU da diauiicn tui lit J!c» GoM ist, Wiis 
glänzt. II meuit bri«^ par Ic cha^^rin. Mit Arnold 
von LOwen, 1249, geht Villen acbOoste Feriotlr zu 
End*. Htnog Heimieh teilte akh Ilm beconden 
gcndct, aanme 11«: Irte clier ptne und lird 
(wn Zeichen dleaer Preondtchaft ein Titdividuum 

h*n;,'cii. scini'n Zrltir jjeitohlen h.itli-, Di i Hcrz'.t; 
erhielt jährlich vuni Klojlcr ein Kleid zum (beschenk, 
welch« er anlege, wenn er zieh vckn Gefahren be- 
droht wthnle. Ba atcUt aicii Krebacang aia. Arnold 
wo GctMle fllnnt IZTl tat uch xwctnudlcer Wahl 
lUe Abttwflrde m. Selo WldeiMMid etkUrt aicb au* 
■einem frommen and einfachen Sinn. Die Brttdcr 
findon keinen Kelz mehr in der Eiruamkcil. Sie 
macttcn AuiflUgr unter dem Vorwand, daüs sie die 
Hofe beaufsichtigen mUMCn. Nur l.aicn, liöchntena 
LaienlMtder haben «ich mit der LandwirtKhafI zu 
befHaeo. So entwheldet der neae Abt. Er alellt 
die Ordnung wieder her und vollendet die Kirch«-. 
Jakob von Somal, enchreckt durch den RUckganf; 
auf intcllektucllcnj ('•ebiL-t. bestrebt »ii h, n< arn Kifer 
für das Studium zu erwecken ; die scriptoria oder 
Zellen für die Abschreiber le^^rn Zeugnis ab fUr seine 
Bomlhui^o. DIeaer Abt «eriofi aiemala, dafi er 
dnat einbcher Hondt geweaen; er achKef mit den 

BrQdem im gemeinsamen Sihlaf^aal, i;f.«l;ti' zu 
ihnen beim MorKcnj^cbct uiiil im Rcfckluuuiu. Minder 
vorteilhaft für das Kloster erwies sich seine Gewohn- 
beit, in der Umgegcad, beaoadcra in Nivellea, ra 
incdfgcii. Wohl eotflawint er die Henett der GUu- 
b%eB fdtt hlmiBi^ Vateriud, aber ariae Sofi;e 
urird lonerhalb der Kloatermatiem »elimerslleh ver- 

mifst, ein altc^'. mcini s t'riTivlja^i ti tii.ii lit \\^ }\ 
merkbar. Jakub ctiUulseit sich seiner Funktionen 
und sieht sich tMch Clair>-aux zurück, Zwietracht teilt 
die Brfider« — Heiarich von Udabrock wird «on der 
einen Pntei erkoven, die andere wiblt Koben de 
Bloquery. Der leutere eiciiict d«n Sfec und fohn 
ein streni^es Regiment. H an achreibt Ihm den Neubau 
de.H Klo»tcri;arn;es vor dem Krfiktnrium zu, l'iKT- 
Der zwciuodzwanziipite Abt, Nikvldus von Gest, ein 
Vetter des Herzogs Jan II. von Brubant, vertauscht 
Grand -pt« mit ViUera. Er baut in BrUmel: 
Ob pied k tan poiv loa abbia de VSIen. Waa 
wQrde Sankt Bemard au dieeer RinrichtunK gc*a{;t 
haben? Aber wer bclkflmmcrtc sich noch um «lie 
tirundrci^el des iHTulmitr'n l'r.ili:!". I\,\du.iiil Vdn 

Mcchcten kehrt bald zurück nach Si Bernatd, woher 
et cekomaea, wie aeia Voqcliiger aidi nach Clair- 
«11« nirlicltgeiafen haue. Jacquca de Flaaeenet «ird 
1310 mit der Abiawflrde bekleidet, Teriichiet darattf 

aber schon ISI-'i 

Woher diese Unruhen, diese Ent:nuti^'un>; f Wir 
lassen die RrklSrunK folgen: Die weltliche Macht 
Otaft an, die KlAMer au beklmpfen, ihnen bedeutende 
I^Meo aaflegeaui und den Erwerb von Gnutditcaits 
bcadwiakcnd. Die Pdralen fordcficn imaicr bttbere 
Snfaaldien von ihren Vaaallen, und ata dieie aowohl 

w ie <1ip Blii>,''-Tsi;hat'l'- II rekl.iir.Ji-rt'-ri umJ )>i u testierten, 
wurde von den KlOittern cm Teil jener Konlributioticn 
ofliobeu. ViHets weilte aich dieacr, ala unrcchtmliäif 



a m eaehewe» Pordemiy nicht fl>Kcn. Die Mfinche 
verüelaen lieber ihre Zellen, and jeder nabm aalt, waa 

er traniportieren konnte. Die Gemeinschaft teilte sich 
und fand Uuterkuitfi in verschiedenen der Abtei ge- 
MSitaden Hiaaem. 

Jaequea da Flancenet hatte eich vor dleaem Ge- 
wlliettlunn «urOckcezogen, Indeaten noch Zell «e- 

I fundrii. ihis l^iirribriidrr^iiaTlier /u \<-rt;rrjlM-rri utid 
zwei scnplotiit zu errichten. l>i:s lUnfundxvtiinjttt^ste 
Abt, Jan von Main-, vereinigt allmählich die BrUdcr 
wieder in ViUera; eine achreckUche Muaccranot, eine 
fl l t cht e ri lche Peat trpiin aie wkdar adaeinander. 

I Die Abti-i i;i-i.'i' IK .Si Imlilen, m> liiere .Xliti-, si. h 
I aufser stände lehend, die Ordnung wieder hcrzuitcUeni 
legen nach kurzer Zeit ihr Amt nieder. Durch ein 
Privilegium, welchca Dirk «on Brigade vom Hefsoc 
Jan III. erbUt, wird die Sadhe nicht bcmer. We 

Glau^i^,■l r n kt-ln R.-: !il uu fii ti.iln n, die MJ.iu lie 

in HaJl iu haltea oder ihir Ciilci !U UesehUji ZU 
nehmen. Dann nur immer luatiK drauf los gelebt! 
Jan von BrOiael, der neiuundswanzifaie Abt, verleilt 
ohne Scheu BUeber, ilcker und WUdcr aater den 
BkMcfB. Die foigeoideB Xbie aldico die Ordnoag 
wieder her. Unter Ibnen tat aleb ein alter sucht« 

liebender Milit-lr Iierxi r. .\lli*rif (i. Gi-napjM-. Unter 
Martin de Liny kehren Wuhllaliit und l.'berflufs zu* 
r4ck. Er rctfiert von IJI.'iS bis 13H.'), verstand aber 
Jucht Mala an halten, und erlaubte aich am Hofe 
Hcrsoca Weuaedaua toOe Auagabau. Die M<laebe 
sind nicht mit ihm elnveiatanden, und da ihre Vo^ 
' siellimgcn unbeachtet bleiben, stecken «Je ihren ver» 
j schwenderi« hen Obern ins Gi f.nituis. Nach seiner 
Fk-freiung stirbt er in Elend und Wahnsinn. Die 
i Kirche wird H-H.'i prächtig ausge<chm(lckt auf Geheifs 
! Gerlurda von LOwen. Denia von Zcvendenck verltiat 
' 1584 Lierre. wo er Dechant de* KapHela von Sawhl 
I Gomarujs war, und kommt nach Villeis. Als Novize 
I angenommen, legt er noch am selben Tag die Ge- 
lubdi: ab und uiid am •nli;«-nden zum Abt geweiht, 
j Der neue Abt rUhmt sich der Freundschaft Karls V., 
I welcher 4000 Uvrea von iiim leiht. Frans Vleys- 
' houvers vm firllami b^gflnatigt 1566 die OppeaiiioB 
l^gen den KHnig von SjMuiieo, waa cor Folf e hat, 
dats die Altlrc der Abb ikir; in- mii^-esiüt/l. ilirc 
GrabmlUct entweiht, ihre kostbaren Reliquien zer- 
itrettl werdcD, 

Robert Hcnrion — — bringt diin^h gtlte 

Verwaltung den Wohlstand zurtlck, die Kirche wird 
vM. >t. lli, III :a.- »'.«b iiiil,- erstehen. Von Dom 

I Heiiiian wird erzillilt, ibi!> et Hi'JO in den Klammen 
: umkam, was als Strafe des Himmels angesehen wurde ; 
1 cinat liatte der Abt d«a Urteil an lUlen Uber der Zau- 
' berel und aomtiver ResenkOnite anceklaeie Otdena- 
' angehörige; »ie wurden, ohne Schuld bekannt zu 
haben, auf olTenem Markt verbrannt; »ie hatten den 
I Abt vor Gottes Richterstuhl geladen. Jacqu' s Ii i. he 
baut 1710 das neue Palais, das Fremdenquartier 
und die prachtvolle Bibliothek. Rs folgen noch Zln- 
keicien mit Josef II. and dann erscheinen die Herren 
PVanaoaen, derem Trelbm eine .guerie de partlsana" 

: nicht Einhalt /u ;,'<-b'r-teri i.i riii,ii;, N' i. Ii Ii in Ce- 

I setze vom l."i. Kructidor wurden Orden, Kongreta- 
tioBCD, Abteien a. t. w. aafgeiiobcn. Villen wird am 



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«48 



18. Dctemtwr 1796 vefluMn mi mm 25.Jalil?9T 
zum Verkauf auitgcboten. 

D:»» »inil so i-.nit;«.' (.!ritT<.- au« licr JiiluHnnderle 
umfwsenden Klosicrcbronik, welche den«etben Fehler 
aufweint, wie alle Geichicble. Grote Eragnusc, 
Uunhoi, Hilugvciiicke, Verimchcit » eH i eB mafittrlich 
(«bttchr, die dftiwnelMiilie(r«aden Zeiten raliii;*a and 
fruchtbaren Schaffen« bleiben iinvt-rtntlilit. Wir 
nehmen jetn die Chronik <lt r Ruinrn zur H<tnti. 

In dem Kaufaklc wird allein auf^cxlhlt, was di> 
rcktcs Nulswert bat: Mtthle, WohamccB, SOUe, 
Sdwvnen, Obet- vml G«viflMf Irlen. Die gfoA« KJicfce, 
der Kloaterdom, wird mit abtolulem Stillichweigen 
Ubergangen. In drei Teilen wurde die Abtei ver- 
kauft. ImIiI aber gelang es Hi-rrii L.ilirr.icU-, ileij 
ganzen Betitz in »eincT Hand zu vereinigen. Er re- 
•idiene im Palant der Abte und begann, dai beste 
und «ertvollMe Mtlerial ta verkaufea. Auf AnctUten 
nnea BmOncIn veitiieben Hm 1814 die Baiicni; 
dieae Braven aber letzten nun das G<m IiUfi fQr eigene 
Kechnung fort: I^terrade kunnu deit kritiichen 
Moment }t ni r H.iuiTnvi»iii- nicht vergessen, und Über- 
trag «ein Eigentum IS'^O Uum Charles Uusbert. 
Seibmenaiidlicli flbenak» dlcfier da» Abtr^aaga- 
geschAft. Villeia wunle eta Sieliibcash tat die 
Umgegend, ein Mafrazin wob BaamateriaUen. Aber 
ein HittcT tr;it atii . ilii- vi ila.i»i-ite Witwe, die 
unterdrOcktc W.uvr, die gekränkte Schöne, fand 
einen Verteidig; < r .luf Leben und Tod in Herrn 
Xjcot. .Er erwarb den Bhntnnanun; l'boaate 
dei rafaiea de VUcm- Alk Zeit» die er «Ibrend 
■iwinlg Jnhie ctflbrigen konnte. «Idmete er Villcrs. 
Er atodierte, fooSliertc, zeichnete Grundnif e auf, vcr- 

fcrli^lc Skiir'.'ii und Plu'(i)i;t.i]iliirri, Wenn es »ich 
eben einrtchltn lici*. kam er mu »ciut;« SchQlern von 
BrOaiel herflber, »i.- ur.iiri;i,htcnd. mit ihrer Hülfe, 
■eiste er »eine Studien und Arlieiten fort. Wer aber | 
vcntnnd tai jener Zelt eine derartiie Leldenacliall? ' 
dahinter mufate etwas Geheitnoisvolles v(l> ken, viel | 
leicht ein verborgener Schatz. Sollte irn< r I.kdI mit ! 
seiner Hannichati, wUhlcnd, messen<l. zcIl linivüi, 
einem Reichtum aul der Spur sein, der ihm am aller- | 
wenit:«ten zukam ? Also flüsterte man : Die Pfennig* 
facheer fohlten sieb bennmhigt, dar Intendant wter*' 
sagte adniaaienden Tones den eifrigen ArchHekttn 

jri;ni (u-n Aiifcntli.ih iniiftli.itb ili-r Ririifmaucrn Alirr 
tici Ichtf LicLiiubcr, der wahre KitU-r lieis »ith mthl 
abschrecken. Er erwartete die rauht- Jahreszeit, hielt ; 
sich bis aur Nacht im Hotel vecborgcn, und mit 
wenigen vertrauten Arbeiten setate er bei Facbrf- 
scbeln das begoonene Werk fori. 

Doch auch dieses konnte nicht uncnldcckt bleiben, 
mufvt*' ir n'H h nu-hr S1-n^.l:l•^r^ i rrc^rn. I'"nit s 
schdnen Ta^e« sah ticir Licot den Foiizctkaiumuaar ■ 
ersehciDen , zur Vornahme einer strengen Unter- ' 
•achTtng; die Anklage lautete anf Diebetebl, in der 1 
Abtei begangen. Mit der grrSreten Zuvorkommenheit 1 
zeigte der Verbrecher al!'.-« wa» ii .iu..:' i'ulir[ .Mj 
bildungen, Aufnahmen, Ab^u.-»»!. \ uu OsuaiuLutcn ujiJ | 
Hrulilen. — Die Ruinen wurden inzwischen mehr und . 
nebr von Fremden in Augenschein genommen, nament- 
iteh als die Unle Löwen-Cbaricrai Iber VlUota ge> 
führt imd dcct ein Bahnhof eiiigierichlet woidCL Der 
VerMl Iber mlHD immer so. Gewölbe and Mbwid 



Besncber UeAen Ihnr ZcnKtnmgawnl den ZOgcl 
scbiers<>ri. Wind und Wetter, Pro« «od Hitie talcn 

daa Ihrige. 

Bndlich nahm die RegieruBg sich der Sache an, 

expropriierte die ganze Ablei und trug Herrn Licot, 
dem treuen Liebhaber von Villers, auf: nicht die 
Reslauiaiion der Hauliclikritrt), sondern dii- Wix- 
raumung des Schuttes, die nütigslen Arbeiten und 
Fürsorgen nnr Slttae nad Betetiging den MMh Vm^ 
handenen. 

Mttssen wir schon die Hofütiuitg 4uf Hineuerung 
der alten Herrlichkeit aufgeben, so ftthlen wir uns 
doch beruhigt in der Gewifaheit, dafs die hehren 
SpnrCB einer gmihen Vergangenheit nidK ferner 
ruchtos verwischt werden kflnnen, dafs Gcachichte, 
Natur und Poesie ihrer Rechte tifcht verlustig gehen 
wrtilr-n, ilrm Eigennutz, cli-t /«■fit<irun»;<- und r'.«ttei- 
wut preisgegeben, Ehre und Dank dafar, Hern 
Licott fbemme des lubice de VOieral 

KinriLtitunt^ der Abt»-i. Dir Kirilir, rti l.»n^, 

2tt m breit , da* yueriti. lull, 42 ni lang und Jb m 
breit. An der Südseite ein Kreuzgang, tistlich und 
wcetiicb umgeben von den SchlafsWen der MAnche 
und Laicnbrlder. VonchrHknnMUifer AnacfaSnfs des 
Dormitoriuma derifancte an daa QMCiaädlF lind Vcr> 
blndung zwiadMB beiden. Unter diesem Saal Rapttel- 
aaal und Parloir des moine«. An <Irr .SUiUritr des 
Kreuzgangs Calefakiorium, Refektorium und Kttche. 
Dieses der Kern der eigentlichen Abtei aus dem drei- 
zehnten Jahrbnodert. Westlich der Kirche der grode 
Cour du travsil, mit einem Anbentor, das andi den 
nichtktnsterticben K irchenbecuchem Eintritt gewthrt. 
Diesen urofsen Platz schliefen die Werkstatten ein 

und dir- i,Tor<*ili^r Hr,«urrri. rine iwt-iti liitriiji- llallr 
mit einer mittleren Säulenreihe, die man lUr eine 
zweite Kirche angesehen hat. Östlich hinter der 
Kirche liegt der Friedhof, Östlich liinter dem Krenn- 
gang das Novldat. ebenlhlla mit Krensgang nnd 

fiinnfiiliiif : in dcrsrll>i-n Flucht, mrhr sTidwilrt^. JiL- 
t uur d huniifur, mit dem r,ua>>t der Abtr und den 
Herbergen für GSstc, .\rm<- ur.d Pd«i-r, Hinter all' 
diesen Baulichkeiten waren auf dem HU^^elhaog der 
Chuenne GXrten angelegt: an enier Stelle aaph^ 
theatmliscli mit Temaaen und FontHnen, der Garten 
(ttr den Abt wid sefaie Gute. Daa Gaann vnn «teer 
hohen Mau. t .mschloMCB, htt eine Auidelmiuv vun 

fünfzehn Hektar. 

HiadHrch stritmt die Tbjrle, bei ihrem BbMrin 

sofort eine kolossale MQUeneinrichtung in Betrieb 
setzend, welche das Kloster mit Mehl und öl ver' 
<cirt;tf-. Ein LeprosenVuuii l'itand sich beim Friedhof, 
bei der Küche -la cour de« pouics'. Durch den 
Garten der ÄlMe stieg man empor sum Gipfel der 
Garenne, wo eine Kapelle stand, 1613 vom Abt 
HenrloB N. D. de Moniaga tnr Ehre errichtet, Bme 

l.Lriilt luillt c t-ilia:id Jir^r KaprlK" rnit Sankt Bfrnard* 
tiiAti»riuiii .iul ilcäii KoUctmont, nort-t^n-h von der 
Kirche. Daneben findet sich eine kleine Kmlaxtung. 
vordem zum Schulz eines wunderbares Baumes bc- 
•tiaittl. Hier ptaneie der tUSÜgt aeinea PilffciMalb, 
am den BrUdetn den Klosteiplate eoiawcisea. Der 
Stab WBrMMe ia der Brde aad wvdbs naa an ciaer 



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249 1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHE KUNST — Nr. 8. 8M> 



prlchtig<>n Elchr. Ville.t W»hndclMB, bfe cfal BSlz- 
•chlaK l<jtt7 »ie vetmchtete. 

Die Kirche, wie tchon erwähnt, von den Diuict- 
■ränca dMr Kathedrale, tot eise kieofforaige Bo- 
■üike; der Chor iit vciMOlnlima&i? kurs, dwSehlff 
dagegen von auftcrccwrihnliclirr lJin^;f, indem e« 
Swiachen der Vnrun;; und der Vi rhdllr zrhn Joche 
aufwriat. Auih iU% Krcusschiff ladrt weil .iu> uut 
drei Jochen an beiden ViemqgaacHcn; es hat wie das 
Ungachiff Settenachüfe. Chor, Ituacpl VBid Oal- 
llchc* Langachiff entatammen der «taten HOfie dca 
Xtn.Jthrh., der «eadiche Teil der (weiten. Ab der 
Nordteite sind zwiichen den Stri t»opf< ilprn sirbcn l£e- 
pellen einKebaat. am Schlafs de« XIV. Jalirh. Unter den 
drei westlichen Jochen ist eine Krypta angeleKl. Da» 
Ganae aetgt die edlen, atrenien Fotmen der cntea 
COtbebcnnefiode. NoehSt-BemardaheibCBTenchilt 
len ttolatea dte R.tumeitter «ich mit dem konatnlitiv 
OneNtbehrlichen hrgnüi;.!); Blatt- und Tlerortiameni 
sind dnr< lij^Än^'i;,' vermirdi-n, aurli ilic Kapitale icigen 
nur einfache Hrolilirituii;. Dm suhUuke Mittclschifl' 
bat 23 Meter Höhe: die aalsergcwAhnliche Hohen- 
entwfekeliiBg dca Trifoiiania OIH anfi aie ku ebte 
Poice der «teil mKeieKlen Pidldicher, unter «ekbco 
ein unterer Strebeboiffn »rrschlaecn Nt, welcher lu- 
gleich die Dachpfettm irS^jt, walirin<i il^rtlber in 
freier Luft rill zweite"! Sys\t'M> vnn Sti<'fjotnii;en din 
Stand der hohen UewOlbc ucheit. Höchst eigentUm- 
Ikh tot die Behandlung dea Chdraullieiies; zwischen 
den unteres nad oberes Penaten, atoo in Ttifatiema- 
hfthe, alnd cwei rande LichtOflhungeB angebracht. 
Eben «o auff illcnd i«l il!«- FcrutteranlaKe in den Trani- 
aeplt;irbeln. Drei Feiisicr oebeneinander gehen bis 
zur halben TriforiumsbAhe, darOber ist der RaiUB 
rostartig dorchbrocben, mit new Offirnngca» aieben 
randeo und tiMl dieiaeUgen, akk dem Vcfhinf des 

Daa vmdffHchBte Konutnent neben der Kitehe, 

Ist (ia» Rf i'cki.iriiiiii, ein Raum von Xi zu H,.'>0 M< tt r. 
mit der nördlichen Schmalseite dem Kr^uigung xut;e- 
wandt and attdwirla weit ausladend Uber die an^ien- 
•enden Rtame, ao dafa im Oaten, SOden und Wcaien 
höh« nwl bielle Fenater geflflnet «erden konnten, 
«odnwh «on Morgen bto Abend Sonnentkht und 
Socmenvirme Blnlafa fand — ein crrolser Vorauf; in 
Anbotracht dea Heizverb' tci Djs Ki-Ioktmiiiiii bt'%.in 
in der Milte eine Reihe von fünf äüult!», die seine 
Gewölbe trugen. In den grolsen und schönen 
Fcaatcm tot auoi Teil daa Mahiwrrk erhalte» ge- 
Utobcik Die aadlicke Maocr ae^ ein FteekoMId 
der hl. Jungfrau mit dem Kittd, von Rngeln umj^ibi-n 
Eine Wendeltreppe fuhrt zur TribOne, bestiniTnt für 
ilrri w;lhrrnd ilcr M^lil7<'it vorlcM iidi rs Hraili r. In 
der KUche liiidet sicli auiser dem Kauchtang eine 
rveaenbaflc ,Chemin6e d'at>rage° auf Süulen durch 
Bflgcn verbunden, wodnrdi die lekbUchen Dflfln nnd 
Umiife der kloaleilkhen nfamaenkaat entweichen 
konnten. ÖMllch vom Refektorium liegt das (^lefak- 
lorium. Gemlls Viullcl-Ir-Oitc kamen tuch dem Ab- 
aingen der I..iudrs, bi i Simncn.iut^'.ing, die erstarrten 
Mdncbe aich aultaucn and ihre Sandalen achmieren, 
bevor ale eich an ihr Vormlttagaverh machten. 

Vom Krensgang alnd noch bie imd da rnm.inisrhc 
nnd ftlbgatieche Reale aiduber. Der Kteuzgang bc- 



zwt-i k Ii- nicht «Hein dir Verbindung der verschiedenen 
Räumlichkeiten, es u.tr zugleich ein Wandelpfad, ein 
Platz fllr Prtvalgebet und Betrachtung, wo die Ordana- 
mianer verweilteB, wilucnd der, nicht dem Cbofgeiaqg, 
den genefataebafUidMa Gebet oder der Arbelt vor- 
behaltenen Zeit. Er «ar. wieder gemlfs Viollet-Ie-Duc 
nach der Kirche der wichtigste Teil der Abteien; 
•loin häutig; h[>i hreonumentaler Chat.iklcr bostäti^ft 
diese Auffassung. Weiter sind noch vorhanden Audi- 
torium, Kapitelaaal und Sprechzimmer, colloquii locus, 
WO die Binder mit leiaer Stimme aich mitteilen 
dnrftmi. waa aie mit Geberden nicht amiBiidrlleien 
vermochten. 

Die Vorscbritl ab»ulutcn ätiilscbweigens «chcint 
ein s. hr umfangreiches GeberdeD> und Kingerspiel 
hervorgerufen zu haben. Man meint darin den Ur- 

Be lat iuteKaaaat an bntnchien, «ai man an 
Zeiten dea groAen Ablea and Reformator* anler Bln- 

lachheil utul Armut verstand. Mancher Pati-i, rn .inc Ire 
Nonne unirrer Tage, in einem kahlen, let« ti, ye. 
weitsten Kubus tirij^fiichloeien, wilrde hier entrüniet 
auanifen: Aber daa iat ja ein lidnigUcher Palaat, daa 
ahnl Peatalle. Mmütohn Ginge nnd GelaHe, nnd dn 
soll man dem Btlltocr iwf hatnlM i> la BntbdwtHig nad 

AbtStkiti:; ' 

Dir t;r(i'.<te Heilige wiirdc antworten: Man «oU 
Armut nicht verwechseln mit Armadigkeit. Seht, ich 
habe gegen Luxus und Cbertreibong gCCilM; dca 
Ibermdtigen Meitoel dee BUdhaaera, der tawend 
phantaatfache PigniBi, paaaende tmd tmpaaaende, hervor> 

brai hte. IiäIi' ich in stirniic Zucht j;fiKimrni-n : dem 
allzu vcrschwcndcnncben FüisuJ M.ils uiiü Hcficl vor- 
gescitrieben. Ich habe ferner nicht zugelassen, dal's 
«ter Puls des Klosterbruders Ober Bogel and Heilige 
hinschritt, dafa er aie twgenicrt verunrtimgie; aber 
den Ranm habe ich nicht efagcachilnkt, der nach» 
lieben tmd not^ren KonairuMlon nicht «fderatiebt, die 
Riiten ft.iustdiTe nicht .lu-iifc&chlosaon. FOr den 
Kloitcrbau, das Jahrhuiulcrie üb<-rdauemde Kleid der 
Gemeituchxft, habe ich den eilelt n Schnitt, das gute, 
baltbat« Gewebe beibehalten; nur die Spitachen uitd 
Utnchcn, den tbefUltoaigen Anbang Imhe ich ab* 
getrennt. 

Heiliger Bemard, du hast Recht gehabt; atandcat 
<lu zuivcilrn .liT Kiiiivl »thci:;Ii.ir tiin.llifh liegenOber, 
du bist doch ihr und sie ist dir treu geblieben. Was 
du mit den Udnigen geschaäfen hast, ist grolsartig 
und hecrUch in aelner verhAltniamaiaigen Einiachheit. 
Ach. UUtea wir den Gctol nnd — die Hluel — dir 
nachsvfolgen in Amnt nnd Bnthalemnikelt, wie d« 
sie veratanden haal! 

Zum Schluft ein Histörchen — ich weils nicht, 
in welcher Zeittmg ea vor koraem atand — welcbca 
in hdtem und n^lehcni Licht die Bedcntnng nnd 
den Btaflnia dieter allen, leider «ctBdtwnodcnen Kon- 
vente enchdnen Itfat. Diner bei Hofe und ein he- 
kannler Bischof anicr rli n n.i«ti n B.ild iiliie me 
Unterhaltung auf die (Jc&elkchatt emeti ungewollten 
Zaubt^r aus Welch eine ruhige, gesellige Sicherheit 
im Tun und Reden. Woher bat der Hann aeine ao 
klaren, memchenfrcuadliehen Begrifle genommen, 
woher diese Anmut dea Auadtuchs, diese Tiefe der 
AaffMaung und vor allem di«a Originelle, MchiaJl. 



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1903. — ZEITSCHRJFI FCR CHRISTLICHK KUNST — Nr. B. 2&2 



tJtglichr, GanzpenOnlichc ? Wer hstle ilu die Wirk - 
Ucbkeit. dir Zucttniic m richtig kamen vaA «chatten 
gelehrt? Und wer In kll«r nad nenw Uteralv thn 
ahn nntervicwn, dnf* nichi allein cfflndUehe Kcimtnis. 
«ondcrn auch Liebe und Bec«'i«t«runü diettrm Unter- 
richt L-nlsprosKcn watV Dn i,Miti' M-m:. n.inli'.i- n illi ii 
(Hier nicht, «eine AuMprüchc, ihm »clber »o gewÄlin- 
liiCb und natürlich, weckten die allfemeine Andacht, 
er Wirde malgr^ «oi, der Mitlelpimlit dar Tafclntnde. 

.Aber Hechwardett", aaste plAtsHch der POrat, 
,wip hoch ich Ihre Gaben und T.ili nie »Lliülzr mit 
denen Sic un« unterhalten, unterrirlücc iin.l I ti uibcrt 
h,"ibcii, h U.>if iiiiil k.iiin il ii Ii nn Vii nnv 
ab einzig angeborene« Eigentum, «ie scheinen mir 
mit der grSlätcn Sorgfalt md TKue gepfl^ und 
entarickelt m «ein; Sie ndaien aini anCieigewOlHi» 
liebe Bniehiincr genoeaca« waeker«n Lehnneiatem 

%'iel«« »u danken haben, Wollrri Si, uns d^itülur 
nicht einiges mitteilen V" .Ich würüc »sith bcnclulnit 
fühlen, Majestät-, antwotteie der Prälat, .bei diesen 
•cbnteicheUMUten Worten, «eiw Ihre Eiaaichl nicht in 
die Tiefe gedntngcB arlte «ad den Bom entdeckt 
liMfe.«nnaiaicb aiMpfen dorfte. Ich darf Ihr Rom 
pUraent aimelnBcn, nicht für mich, atter flir meine hoch- 
gearhatzten und geliebten Jugcndlehrer, die ^iiten 
M'inche von .... Ach, nie sind verxchwunden, 
zerktrtut, eestorben. Ith würde vor Wehmut ver- 
gehen bei dieecr firinaening, «tre kh mir nicht be- 



wuftt, dal« es Aufgabe de« Menschen ist, am Wer- 
dende» niUQwirkco and nicht dem VewcharoDd enen 
naclminniem." Aek ja. wir emckten Scholen, immer 

mdur Schulen, der Unterricht wird allgemein, ein ge- 
«itaea Kcrmtmsmals ist jedem erreichbar. Aber 
iUeser Unterricht „en i;rin" kann nirht .intlrr« .il» 
maschinenmaisig sich gestallen- Wie kann ein l^ehrer 
so Und soviel KOpfe vor «ich sehend, und nach einem 
Jahr dieaelbe Aasnbl etma mehr «ollgctfichterter 
KApfe «Dem hSheren Kollegen OberUefefnd, wie kam 

er in pors'jiili, hc B<zirliun;icn zu iirintn SchQlcm 
lft.'tcn, wie soll fr da< In^iivuliium uAijh intiividueller 
Anlage (K h.imlrln uml cnl wi, l^-ln ' O »rhu (in- i;att n 
Mönche nahmen au* der Umgegend geweckte Knaben 
in ihre Zncht und Obhut; aie traktierten ihieSchBiet 
nkkt Wola nnf Cmmmalik nnd Syntax, Mnihemnäk 
tnd NatItrwimeiMChait — ^ gflnnten ihnen weil 
mehr; persönliche Sot).;!-, liirrllLlic Liebt-, ihn- ci^enfn 
koxlbaren Erfahrungen im V't'iein in:t den überiielerlen 
HQIfsmitteln, Warnungen, I.ebensregeln einer langen 
Stthe von Voriahren. Sie «tatieien «te ant mit dem 
HnftaMb dea Ewigen, wn Hm an du 2eidiclie n 
legen, mit der Geschichte der Jahrhunderte, welclie 
die täglichen Ereignisse verstlndlich macht, mit gOtt* 
lich'-r Ccdultl, der Frucht einer Betrachtun;;, weiche 
lehrt, dsti, Me* Irdische vcigftnglich ist und vergeht, 
aber dafa ein neues, ein icichann Lelmn eMdicn 
wird ana „den Rnincn" t (ScUnb folgt) 

Alfred Tepe. 



Buche 

Weiigeaehinhte der Knnat im Altertum. 

Grnndrira v«n Ludwig ttrn Sybel. Zweite ve^ 
besserte Auflage. Mit :! T aTliUfrln und ÜSO Text, 
bildern. Marburg 190J, Llwerl. (Preis 10 Mk., 
geb. 1-2 Mk ) 

Trott der sablreicbcn AbbiMongcnt die mit vielem 
GaaeUek an^ptanckt und mit SoisUt auagellihrt tind, 
Win dar Veifasaer keine Beickreibong der Denkmiler 

liefern, trotz der vielen Namen, die er «ntufuhren welfi 
und lict.l, -iiu^i krnic f ,c«i.hn.hic drr Klh.'.ilrr, -or.- 
dern eine (.e>c;tiir ir.e der Kunst, und «war m der 
Aufeinandeilolge iler Epochen, in denen sie ihre Eni- 
wicUang gcCunden hat, alao eine WcUgeicbickie der 
Rnnsi; nmlehit in der Beadnlnkung auf das Aher. 
tum, welches fili ;Viii mit ler Epoche Justvniins, alsn 
mit cei .•jujibiEiitiirtbc »citiiefst. Diesem I'roKramm 
gemäfs werden die iJenltmäler auf ihre Urspruii^'^^ei! 
geprüft and unter diesem Uesichtspankle tuaammen- 
ftitdtt in lebendigem Vortrag, dem Nachklang des 
AaadiammcMnMniehla, ana dem oflenbnr da* Bneh 
kerautgtewacbaen iai. — In drei Tede lerflini e«; in die 
7.ri' 'Ir; Orients, der Hellenen, der könier, n drei 
Periiidtti jedir Teil. Die Grundlagen weioeu durch 
die Stufe de> tlul/biiues und die etsle Epoche des 
MonumentaJbaic» in Chaldla, Ägjrpteü, Troja elc. ab» 
gebiMel; die sweile Periode «eht bereita nnler dem 
Zeichen des Wellveikehrs, die dritte zeigt die Orien- 
talen (Ägypter, Babylunier, Assyrier) und Hellenen im 
WetlbewerU. — Der allerlUni)ichr j;rri;:;iMlie .Stil 
teigt lieh in der Marmorsknlplar und im Sieiuleuipei 



rschau. 

and endet mit der Faraa nrt t, am ht der swcttaa De» 

' riode, der Epoche det Flildlaa, det koimthitchc« Siib, 
de* P'axiic'o, 'lie grufscii Mrinter 7.U leiiigeii. im Ali- 
schliir«.. '^t-ri Alexikiider, die Epoche des HeUenismus. 
— Dir Zeit der Römer terflUlt in die Periode der 
KcpubUk, da die Griechen aaigabeuiet wurden, in dhi 
Kaiaerieit von Angnalna Ua Hadrieii und Me in die 
Entartungen dea Barocks, endlich in die Kunst Kon- 
stantins und Jnttinians, die tum grofsen Teil dem 
I Christentum dienstbar wurde und dem Byiaullnisimij 
I die Wege bahnte. — In grofsen Zagtu, aber unter 
Verwendung sehr vieler, bis in die neueste Zeit ent» 
1 deckten Detail*, entrollt der Varüuacraeinintefcaaaniea 
I EntwidttangiUM, dank der TnllkammanesBehemchMic 
dea Gegeartnndaa. H. 



Die Kunst ätt Kenuissance i» Itslien und 
im Norden von Wilhelm Lubkc, voUaläiidig 
neu bearbeitet von Prof. Dr. Max Semrau, ist so. 
I eben als der III. Band dea Gmndritaca der Knast* 
I geschickte bei Paul Neff (Karl Bdekle) In Sintigait 

I erfcliieiicn, fl'rei« geb. l'J Mk.'' 

t,n> UJiclt in denselben icchtfeftigl die Votbetci- 
tnngsfrist von nahesu M Inhicn. denn das in ihm ver- 
arbeitete Material hat hier Uu den doppelten Umfuf 
der XI. Anf läge erreicht, le daCi noch ein IV. Baad 
nötig ist, der mit dem Baneiuiil einimeitcm hat. 
An diesem Wachstum ief in entsprechendem Mafie 
die Illustration betrili^;!, tiie .'i farl>.j;e l^icln. A llclio- 

I grarüren und 4HU Textabbildungen umfalsl, vorlreS. 



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«3 



IMa. — ZElXSCHKn'T FOa CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8. 



lieh «Mgewlhlt, DainentlichhiiMicktlich<ler(iUlienitcbea) 
AfdiiMktur, wath viele gate Zeichoucen bietend, 
wAm dMT AauM «twH ««Hliemmicatr Auio. 
ijrpin, 4nm nanehet DafewOwlldle, 4dwr Ober- 
Twehende. — Dm I. KapHd bebaadÄ in itllr fai. 
strukiiver WciM „Die Grundlagen der Rc- 
nainiiance io Italien und im Norden", die 
weit zurOckgetchoben werden, auf Kouen des Miitel> 
«kcn, 4m hiaeiehllieh Mincr Seibeiindigkcii, ItMtt- 
dntUII doch wM Mwm iMmcUui, in bcifcff tciacr 
Innigkeit nicht hinreichend gewtirdigt wird. — Eine 
gliaiende Darle^ng ist da« II. Kapitel mit «einer 
. A r c h 1 1 c k I II I iri H e ii a i * i a ii c e ■ , von dem die 
HjUIic aof iulicn fällt, und noch viel mehr Irin dieaes 
in den Vordergrand im Iii. und IV. Kapitel, welche 
•Die bildende Knnet luüent im XV. n. XVI. 
Jnhrfc.o behandeln. Se beginnt mit der floi«uliBi> 
sehen Pluiik de» Ghibcrti (also nichl schon mit der 
Pisaner); der Maicrci de« XV. /ahrb., die mit dem- 
iciben Zeilponktc einaetzl, wiid die doppelte Seilen. 
»U gewidact; ve rii i lmiw a fatg oo«b viel mcbr fKlk 
ht ile atftrnch In der Hetocntdl d«e XVI. Jekrh. 
«h. and man merVt et dem VerfuMcr un, dafs er sich 
hier mil besonderer V orliebe ergehl, auf Grund eigeuer 
Fonehongen und vollkommener Kenntnis der nnler 
demTeit veneicimelen Utetatar. Unb er dwttbet im 
V.K^^ ,Oi« bildende Knne» svfeerknlb 
Ilnliene im XV. n. XVL Jnkrb.* nicht vernach. 
Hnfft hat, bewetit selion deue« Ümfkng von -200 
.'leilrn, vnn denen zwei Driltc! suf Deutschland fallen, 
nachdem auch die st.immverwnndte niederUndifche 
Malerei, namentlich ihr \u<gii:i);s. und Kernpunkt, der 
Geucr Altar, eingehend bthandeli iM. Anch die nener- 
ding! hcTvergcifetcDen nord- nnd taddeolidhen Meisicr 
Ftancke, Multscher, Wils werden berücksichtigt, aber 
noch nichl <irr Mamhurger Bertram; bei dem als 
deutsche Eigenart mit Krchi httvorgehobencn Ht>U- 
schnitt und Kupferstich wird die tarbiomgkeil wohl 
zu »ehr betont, beim Kunslhandwcrk die Teppich- 
wirkerci, die vornehmlich in Nflmfacrg UohiCi nod die 
Knneiaiiekerei. die tm Niedertheis gllncend defaatierte, 

rieht hinreictientl anerlianiU. — In der neuen Geslah 
h.Tt Uuch an der ihm früher mit Recht n.ich[;e- 

rtlhmten Lehrhafligkeit nichts verloren, an (irtindlich- 
keit und Znverliseigkeil cniscbicden gewonnen, so dafs 
lieh nm to miir die HoAmng nnliIHhigt, det Schieb» 
baad »«ge akhl ea lange anf aieh «aHc« leiaca. o. 

Das St. Jak II b« portal in Regensbnrg und 
Honorias A ugu» t u 4 uue ni,!«. ii«urag zur Iko. 
nographie und Literaturgeichich le des Xll. Jahrh 
von Dr. Joa. Anl. Esdfca. Kempten 1803. VerL 
TOB lUieL (Pieia 7,öO Mk.) 
Alt ein Haupikreuz für die Forscher auf dem Ge- 
biete der mittelalterlichen Ikonographie galt da& >o 
reich wie sonderbar gcchnUlcKlc Portal der Regens- 
barger Schotleakirche ; und al» em besonderes GlUck 
ist es zu betrachten, dafs der Regensburger Professor 
Badree n dieiem Schmeck endilch des ScbtOatel se- 
fanden bat, den dM MhoB im Mken Mlitclalter hoch« 
geschitzle Hohelied bietet, bpM.i.i!crs -.ein Kom- 
mentalor Honorius von Auluii. I>ie»eii Aatur, wie das 
von ihm inspirierte Portal, betieffen die wichtigen 
Enldecka^ges, die der VcdMaer in teiner vornehm 



I 

autgettallelen, mit Abbildungen des Portals wie «er- 
tdüedener, hftchat anerkafflrdiger, roauiniKher Miniain- 
res aat dtetm XoBoieatef dee UebcaliedcB ecr* 
•eikcaan IfonograpWe idedergelegl hat. la dce eiMca 
filhf Abechnilleii, die dem Hohenlicde, sewer Be- 
deutung im früheren Mittelalter und nanienilich seinem 
berühmten Erklärer ilunorius gewidrriet !"nd. heferl 
der Verfasner die Grundlage fur seine Eiklimng, die 
aamcBÜich auf die Dentang de* Hobenliedea ala der 
VeraiaabiMnag aad Verhmllchnng dce brtniKchen 
Verhtlintsaes der menschlichen Seele zu Oirisius bn. 
siert. Von grofsem Wert ist hierbei der ^achwe^s, 
dafs HonoiKis als K)au>ner in Regeiuburg (wahr- 
scheinlich an dem ersten hcholtenklosier Weih Sl. Peter) 
gelebt und seinen Kommentar Uber das HobeKed dem 
Abt Gregor I. als Erbauer dea PMala geaUBCt hat 
In diMem frappanten, fttr GetdUchie nnd Inball der 
spilromanlschen, also zur höchsten Kniwicltlung ge- 
diehenen Symbolik hoch bedeutsamen Nachweis, in 
I dem einzelne, übrigens sehr tiefsinnige Vermutungen 
I wohl nocli dar endgülligcn BesiXlignng bedSrfen, Wten 
I sieh die mcMan Rllwl, «dche die Kigaren de» Por« 
inles auffjcben, namentlich die Königügfitalt Jes 
Spoimis, der Drache, die Liebespaare, wir der mit 
I dem Torriegel und Schlll.isei hingestreckte Mönch 

iRjrdan, der als der Meisler des Portals sich enihullt. 
Avek fdr die mancherlei sonstigen tieriechen aad 
pAeaalIckea Gebilde hat der Vcrfaatici in geittrcidMa 
Kombinationen die mdir oder minder flberaengcnden 
Deutungen gefunden, im letzten, achten, Abschnitt 
anch die damals so behebte Zahlen»ymbohk nachge- 
wiesen. — Die ganze, überaus anregende .Studie ist 
mniterhafi hiMichtlich der Methode. Mkhil wertvoll 
dnrek ihre EigchaiMe, die adn gectgact 4ad, die hi 
mtchtigem Aaibikben begriüenen kenstsymbolischen 
Forschtingea ta heben oad an filrdera. Schnatfcn. 



P a 1 ni 5 o n 11 I a g s i> r o Z e « « i O B U n li P a 1 rii e k e 1 Eine 
kultur- und kunsIgeichichllich-vuikskuudUche Ab. 
handlung zum Kölner Palmesel der kunsthistonschen 
AuMicUang gaDttmeldorf 1902 (SammL .Schnttigen) 
von ProfeiBor Dr. Kdnard Wiepea. Haaeteia, 

Bonn (Treis I Mk.) 

Dem l'aliiicsel, der, nur in cioigen Dutzenden von 
Exemplaren erhallen, erst im letzten Jahrzehnt auch 
lüemriieh die Aufmeriuamkeit aof aick geleakl hat, 
widmet derVetfaaaer dieee Stadie, von derBcacfrei- 

bung des Hauplexenijilart s, des einzigen in den Rhein- 
landen erhaltenen, au!>gchend und seine Besitmmang 
darlegend, um in drei Kapiteln die liedeutung des- 
Mlbeo im Raktmeo der Kultur-, der Knnslgenchichie, 
der VeUnkaade aa prflim. Hierbei gelangt der Vct^ 
ÜMet tu awadiaa laiareaMalca BatdeekaageB. die 
•icb auf FalauonnlagtproicBiiaa und Pabneiel im 
allgemeinen wie tpeziell in Kftln beziehen, auf den 
Ausgangspunkt, deu Einzug Christi in Jerusalem lu- 
I rUckgehen, den Kinflufs auf das Volksleben in Ver- 

(gleichen, üinMprkchen und dergl. Kbiidero. Bei 
dlMea mit grobem Fteib «ad Geadrick geikknea 
Untersuchungen ergab sich, im Gegenaatze Sa dem 
, vollständigen Fehlen von Exemplaren de« Pahneaela 
in Noriuleuisr slaiid, die Uberraichet öc 1 ;ii -.iche, dafs 
I er auch hier verbmlet war, selbst in Hamburg und 



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1O03. — ZETTSCHRIFT FOR CHRISTUCHE KUNST — Nr. 6. 



WtaBir. — Fir Mtu 



Fncbt derDtwcMorCrr 
ForacktM Tndknt dtr Vw- 



Wtltgeichichte in C h nrn k i c r l> i Ul er n. I. Ab- 
ttDuig. Eatathug undBlou der «kotientaliiclMB 
KuMuriMilt Cyr«t rom Brncit Liii4l. Kit 

einer Kkrte ond 9B AbbiM. KiKhfaeim. (Pr. 4 Mk.) 
Die gerade jeltt im Vordergnind der ipetienen 
Kor*chuilg wie de« allgemeinen liitcrrstcs ziehende 
khorieotalifche Kultur, insoweit sw weh auf Bsby- 
luoien, Ägypten, AMjrrieo beuehl, wird hier 
Uiuichüieh ihm UnpniaKM ond ihier EMwicMutf 
■McrtnelM, bis tu 4en AbtcUMCi den lic Auch 
<1t-ii i^riirtrn ErDberer Cytiu gefunden hat, den Vct- 
etDii;ec der cinieli.eii Staaten tur pertiachen Weh' 
aranarchie, ilurcli dre liroberung Babylons 'IHit v. Chr. 
— In 4 Kapiteln wird dcci« EutwKliiang darge- 
■teilt» Ib der baM dteWr bald }cnei Volk mehr hervor, 
tritt, MMt aber dee itraeliiitche eine gtoÜM Rolle 
tpiÄ bi» Mir ZcislArung Jerutalemt osd de« heby. 

loniichen Ex-I - P.« V K « J. i t e I iit dem k':M"r 
g e ichi cb t Ii c h e D KUckblicii gewidmet, der den 
Ziiaacnmenhang der einzelnen Staaten in betug aof 
ikf« KnliuentwicUiuic in Kuet, Wimnachaft, Religion I 
einfebend «rdfteit. 
meisten der durch di 
AbbildunKrn, die nicht Mir den Vortng tutreffnder 
Erläiileruiig, londem auch ungewuhuücher Onginalilit 
haben, so da{s schon da» Uiircfablattern groises Inter. 
CMC weckt, — Bei der Aktoalitil vieler hier behan- 
delter Fragen darf grobe TeUnebme gemde lar dieses 
Chardtlerbild crmtrlct «eideti. «eUdue obn* ZtMifel 
dasjenige Alexanden des Grofscn vorbereitet, dct 
Schöpfers vom griecbisch.niaiedoBiscbeD Wekrcich. 

ScbefttB«*- 

Weltgeschichte in Cb a r 3 k i e r b i Idern. V. Ab- 
teilung. Die Vollendung der Kevolulioii. Napo> 
leon I. von Karl Hilter von Landoianni 
Mit 118 Abbildimgen. Kiichheim. (Preis 4 Mb.) 
Die Wflrdignng eiei groCsen Kaiien »k Meisler 
(Erfinder) der modernen Knejifuhrung sieht hier im 
Vordergrnnde, &o dais bmler den FeldiUgeti, die in 
sehr klarer, ja drastischer Weite meisierhail genchil* 
dert werden, die flbrigen Groirtatcn des gemlligen 
Konen etwia h den HiBtergrund tteten. Cewife 
werden auch seine slaatsmännischen Vonttge und 
Leistungen, die mit seinen kriegerischen Etfulgen aafi 
engste zusammenhangen, geschildert, auch sr]i.e Kör- 
demngen des Öffentlichen Lebens, der ganten Vcr- 
Wallung wie des kUnstleriichen Betriebes Dieser 
knlpflc, g»B( im Geble det napoleoniacben Denkens 
und Strebene, an die Antike an nnd erreichte eine 
elgeniriige Ausgestaltung im Fmpiresli], tJpr, dank 
lugleich seiner technischen Votlerdung, iiach der Re- 
volution Emfluf'; erlungSe. »eil Ul<er die Gretiien t' r,>nk- 
reiebs, wie dieses vor derselben dem Ueschraack fast 
Iberd diiW«ge gewiesen hatte. Diese Stibichtung, 
wie sie MOMMlidi im Ktuntgewerbe sich «igte, wird 
hier darcb mebrere tllnstrationen veransehanlicbi, 
wShrend die nic:il< ii . Abbildungen den reitgeriö>ii>chcii 
rersönlichkeiteti und herTorregenden Begebenheiten, 
Schlachten, Parade« oa«„ eis interessante Beigaben 
gewidmet sind. SchaBtgaa. 



Henry Thodet Schuen un<\ G lanbca (40H.), 
— Wie ist Richard Waguer vom deat* 
sehen Volke lu reierol (gDK)— Cari Win. 
ters Verlag in 1 leide iberg. 
1. Den bereits früher von ihm «il g fi p f ftTllfnT'' 
Gedanken, dafa die Kanat aar Rel«ieii and Knkar 
fttfcn mHiee, enlteiekek der Verfaner weiter, iadtm 
er das XIX. Jahrh. als die durch Beethoven, Goethe, 
Richard Wagner geschaffene, grofse Kallurepocbe 
preist, die dem sc hauenden Aage klar vorliege als 
die Vorstufe (am Glau ben. und zwar an das Cbnsten- 
Inm, filr welches der Verfasser einen neues ReprS- 
sentaaten ersehnt and erboA, aber ohne hierbei, im 
Obersehwniqta der Flwntaaie, anf die Kirebe Uasa« 
weisen 

II Welche Slciiung Kichnrd Wagner in dieser 
neuen chritdichen Kahurperiode einiuaehmeB habe, 
sucht der Verfaasci darzulegen durch eine Feier, die 
er fflr sciaca Heros plant, die GeataRa^g 
den Ideen des la F etemdea «aUMhataad. 
geht er anf die T^agCdle der HeHenen sarlek, ihr 
Entlehen sus dem Wesen der Völker prüfend, ihren 
NAchkkng in 5chilier und Ooeihe preisend, ihre 
Vollendung durch die Tonknnst in dem rblllillflMia 
Mjraleriam fordernd, wekbea der Oealns Wagaeit g»> 
adMOeo heb«. — Dieiwa mtae eine eigne Poier 
gearidmet werden, fbr die der Verfaaser eingehend 
das Programm entwirft, und zwar in der Einrieb* 
taag Rlr DeatH^laad, wie (br daa Aaaland. b. 

Die .Alle und \eui- Weif i deren Verleger, 
Benziger \- Co., jährlich 2 t Helle a 3.'» Pf. versendet) 
beginnt ihren neuen, XXXVIII Jahrgang schon mit 
dem 1. Angaat and venpricbi für denselben 1000 
Idnstralienen wie vennehrten Umfang. Fflr dieses 
Versprechen darf sie Glauben beanspruchen «uf Grund 
ihrer Leutungen im letzien Jahrgang, die .-AuUcrordcnU 
lieh mannigfaliig sind hinsichtlich der Schrift, wie 
der Bildwerke. Gedichte, Roasanc, Novellen, Bio. 
grapWea^ Ütemiische. kaaalgascblcblll^ 
AafidKse, Keisebcicliiretbengen and Natal UMcr 
sein in baater Reibe, ai»d ftlr die Prane« nnd Kinder 
sriui eigetic .•\hti iluiigeii eingeiichlet. Ungemein reich- 
ballig i6t auch <iic illustralion, in der selbst farbige 
KnnslbeiiRgen nicht fehlen. Diesem durchweg gut 
aatgrwthhen and anagdahrtan Apparat, der retlgHtae, 
bntotiscike, allegoriscbe, aatarwisseaacbaRliehe, fand, 
schaftliche, namentlich auch zeilgesch'chtliche Bilder 
(Poririls) mit anerkennenswerter Aktualiiät bietet, darf 

a 



Der .Kegeiitburger Ma rien - K a Icnd er* für 
das Scbat^ahr 1»04 (Vertag voa Paaiet, Preia 50 K) 
iat wiedernm reich ea beieinenden MflteHaagcn vad 

interessanten Erzählungen, dazu gut illttstriert ; nameni- 
lich verdienen die Farbcntafcl von Scha>alzl>Knii(ler 
und iiic < inginalholzschnitie Bvn lad l|aiin nach 
Feueritein alles Lob. 

.Benziger's M arien • Ka lender* und «Ein. 
aiedler-Kalender* fOr 1904 bieten «iek icsig*- 
mlfse Anwel^nngcn wie erbaaMebe Bericble, nnd ancb 

die riililreiiheii \bt)Liiluti^»rn sind durchweg recht be- 
triedigeitd, zutnni das Titelbild: Veronika reicht Jeint 
das SchweifMuch, ein Karbendia^ aaa dem Kreas» 
wegXjrkins von Fcnetsiein. a. 



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Abhandlungea 




Der Lettner von St. Maria im 

Kapitol zu Köln. 

(Mit 6 Abbildungen.) 

fntcr den Kunstwerken Kölns 
>U8 der enten mifle des 
XVI. Jahrh. nehmen die 
Arbeiten, die unter dem 
Protektorate der Femilie 
Hackeney amgeflihit wur- 
den, eine hervorragende 
weam nicht die erste Stelle ein.') Mit aner- 
keonenswertem GesdiiGfc woftte jene Feaflie 
hervorragende Meister an sich zu riehen, und 
mit einer schrankenlosen Freigebigkeit war sie 
•lelt berat, kSnstleritclie Beetrebmigen an for- 
dern. I .eider sind viele jener bedeutenden 
Schöpfungen, die unter dem Schutze der Hacke- 
nays, spezidl der Brflder Georg und Nienitts 
Hackenay, auf allen Gebieten der bildenden 
Kunst entstanden, verschollen, andere mit der 
Zeit bis zur Unkenntlichkeit entstellt worden. 



Vor elleeB ist an beklagen, dafi von jener 
grofsartigen baulichen Anlage am Neumarkt,*) 
dem Palaste, welchen Nicasius Hackenay für 
den Kaiser Max aufÜlhren liefs, dem imposan- 
teiteo ProAnben Kölns ms der eniten HIMe 
des XVI. Jahrh., so wenig erhalten ist. Nur 
der schlanke Treppenlurm bat standhalt dem 
Stnnae der Zeit getrotct, aber bedaderliclier- 
weise vieles von seiner ursiirünglichen Schön- 
heit dngebttfst. Um so freudiger ist daher zu 
begrUfsen, dafs sich von der inneren Einrich- 
tung des Palastes ein hervorragendes, dieGe- 
achmacksrichtung der Hackenays charakterisie- 
rendes Kunstwerk fast unversehrt erhalten hat,') 
nindidk das oAgenaonte Genllde «Dea Todea 
Marit**. OMMlbe sierte frflher den Altar der 



*)Obcr die Paatilie Hackenaj handelt Mcrlo 
•EM* PaalKs Haehanjr mi 



•) Bnaan, •GsaAldMa dar Stadt Kala*, Bd. 8, 

8. 1013 fr. 

•) Merlo — FIrneaieli.Richarls— Herak 
KtHMCB tKaiaiiclto Kflulhr« 8. 1114. — Alden. 
hoTtn •Verieichnis der Gcmilde de* >lidti»chen 
MsMums in KOin« Nr. 442. — Ders. •Gcachichte 
der Mlaer MdsiMhale«, (Ubcek 1902) S. 310. 



Palastkapelle. Heute befindet es sich im Wall- 
raf-Richartz-Museum in Köln. 

Ea ist aolbllend, da6 die Hadieoay« bei 
ihren zahlreichen Auftritgen augenfitllig die 
Kölner Meister übergingen. In ihren Diensten 
begegnen uns fast ausschliefslich Fremde, vor 
allem niederidndiscbe Kflnstier. Audi jener 
Meister vom „Tode Mariens" stammte aus den 
Niederlanden. Die neuesten Untersuchungen 
Aldenhovens identiüsieren ihn imt dem Anl* 
werpener Meister ,Joos van Clccf. Die rcfeo 
amtlichen und geschäftlichen Becidiungen des 
Georg und Nlcarftis Hackenay mit den Nieder* 
landen*) mögen wohl zu jener Zurücksetzung 
der Kölner Künstler viel beigetragen haben; 
aber abgeselxn hiervon läfst »ich jenes Hin- 
neigen der Hacheneys nach den Ntederlanden 

auch Iddlt aus den Zeitverhältnissen erklären. 

Schon mit dem ausgebenden XV. Jahrh. 
hatten am Niederrbein dieonhetraiadMO Kttnat» 

ier vor ihren tnäc htigen Konkurrenten im Nor- 
den die Waffen strecken müssen. Oft wandern 
Architekten und Maler aus dem Norden an den 
Niederrbein. 

.^urserdem werden in bedeutender AnsaU 
niederländische Kunstwerke nach den Rhein* 
lande eingefthit Ftailich ist der Wert jener 
Importarbeiten, namentlich der plastischen, ein 
sehr verschiedener. Neben jenen bbrikmttfsig 
in Brüssel and in Antwerpen hergestellten 
Sclinitzaltären, die uns so zahlreidi in des 
Kirchen am Niederrhein begegnen und denen 
zumeist keine hohe künstlerische Bedeutung bei- 
gemessen «erden darf; stoAen wir andi nidit 
selten auf Arbeiten, die den WerfcsUttteo herroi^ 
ragender Meister entstammen. 

Em derart^ kflnsderiach hochstehendes 
Werk, das zu den bedeutendsten Leistungen 
der niederländischen Plastik des XVI. Jahrh. 
zählt, stiftete die Familie Hackenay der Kirche 
Sl Maria fan Kapiiol: den vicAbewnnderlen, 
in eine Orgelbühne umgewandelten l/Cttner. 

Die zahlreichen Wappen^) an demselben 

*i Ober die Sielhu^ das Nieaitas Uackanaf »am 
KuHf md Iber seiiw Beddunfsa n den Niedct. 

linden Kn nen :!, lOI'J. 

^) NAch Merlo >Oi« FamUia H»ck«acj su Kols« 
& 77. aiad ca die Wappaa iotgaadar VaatlHan: 1. 



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im». — ZEITSCHRIFT FOR CmUSTUCHB KUNST 



— Nr.«. 



lassen erkennen, dafs aufser Cporj» und Nira- 
sius auch ihre Anverwandten an der Stiftung . 
des Kmntwcrket betd%t waictt. Onnit stimmt 
auch die Nachricht Gelens*) ilherein: „I.ys- ' 
kirchiorum et Gradarionim vel gentis de Hacke- 
Biy opai CM oovum aplendidunqne odaeum 

Abwdcliend hiervon führt der Chronist 
Weiniberg*) in «einen Reiner Denkwürdig- | 
Weiten zweimal den Herrn NicasiuB Haciceoay | 

als alleinigen Stifter des Kunstwerkes an; wah- 
rend man nach den zwei von Knnen mitge- 
teilten Ratdiriefeni auf deren Inhalt wir Mer 

noch näher eingehen müssen, geneigt wäre, 
in Georg Hackeuay den eigentlichen Stifter 
nmeres Lettnen lu erblidcen. 

Ennen veröffentlichte zuerst in der »Kölni- 
schen Zeitung« vom 12. E)ezember lBOr>, !ipäter 
in »Lützow's Zeitschrift«, Bd. VU zwei Briefe 
des Kölner Rates aus dem Jahre 1624. die 
eine Reihe »i htif,er Notizen für die GcschSchte 
unseres I-cttners enthalten.*) 

Ans jenen Briefen entnehmen wir, da6 die 
Witwe des Herrn „Jorgen" Hackenay gemafs 
dem letzten Wunsche ihres Gemahls dafür sor- 
gen will, dafs der Lettner, den derselbe zu 
Mechdn in Brabant fttr St. Maria im Kapitol 
habe anfertigen lassen, baldigst an Ort und 
Stelle aulgerichtet werde; sie bittet deshalb 
den Kölner Kat^ Sdueiben an den Hersog von 
jUUcli und die Statthalterin der Niederlande zu 
richten, dafs sie den Lettner, nebst einem 

H*ck«M;y (gshndn Pferd) Sala (xw«i mil den Racken 
gtfiMiiMBdet fekcbite FiidMX 8. HMksnqr «xl 
«OB MMle (drei Vissel, Merten). 3. HadMnt^ und 
Hsrdennrth (drei tlQte). 4. Htckeaey ood von Straelen 
(LDie). b. Salm und vi>n Krrehem (fUnfblitleriKe Rote). 

*) Gelenitt* »De admiranda aacraet civili Macn*- 
tiidbu Otlmlae« 8.389. EN« Angabe Cftealss'. i 
dttfc te LtttMr «Bt Mannor bettche, i»i unrichtig. | 
Vlwt Teile d«r AtdiiUktar beateben aai belgitcben 
! " ngima sind am wMum, gstUMbc« 

Sandstein. 

^ IIAhlban». Laa >Daa Badi Watotifig«, 
Bd« II, S. 120. WeiMbcff aptkht von , Jaapar Radw- 
iwi<*, dem naittrliehen Seime „van Her Micaaie Hacke- 

nei, der in C»pitolio da» kosllith Slelnwiik roiU in der 
Kirchn hat laiuen machen". Bd. iV, S. 22, 23 ge- 
denkt Weiniberg der Grabttille de« Georg nnd Ni- 
ciaina Haekenaj „wie aa •■ Narico im OtpilolW an 
«nahen, da aat nad«t einem groiaien Naaatntdn be- 
graben (eigen, bei dem koitjichn gebilden tleines 
portal mitten in der kirchn, das her Nicaiioi dahin 
Bachrii laitsrn". 

*} Einer diecer Briefe iil auch in Merlo ■KöL 
aiie><« BOnMler« aalaf „kaknd*' abgndnickl. 



.Grabe" und „.^Uarsteine" soUfirei ihr Gebiet 
passieren liefsen. 

Wir dürfen atM den Berichten' Weinbergs, 

Helens und den Ratsbriefen wohl mit Recht 
schliefsen, dafs die Entstehung jenes Famitien- 
denkroals der Hackenays in St Maria im Ka- 
pitol wohl in besonderer Wdas von den bmden 
Brüdern Geovg lind Nicaiiua gefilrden wor- 
den isL 

Da Nicasias Hackenajrntin berdu 1618 starb, 

mufs spätestens in diesem Jahre der Plan zu 
jener Stiftung gcfafst worden «sein. Vielleicht 
steht der Aufenthalt des Nicaaius in Mecbeln 
im April dea Jahres 1S17 mit mserm Lettner 
in Beziehung.*) Im Jahre 1523 waren bereits 
die Arbeiten am Lettner abgeschlossen.'^) £s 
müssen jedoch der OberflUirung desselben nadi 
Köln Schwierigkeiten im Wege gestanden ha- 
ben, da erst im Juli des folgenden Jahres 1524 
die erwähnten Schreiben des Rates umZollbe- 
Ireittng abgeben. Demnadi durfte tvohl kaum 
vor Ende des Jahm 1521 der Lettner an 
seinem Bestimmungsort eingetroffen sein. 

Hat nun auch unser Lettner im Wandel 
der Zeiten viel von aeiner «aprOngtieben 

Pracht verloren, so bildet er doch atich beute 
noch in seinem beschädigten Zustande eine 
Hauptaierde von Sl Maria im K^toL 

Summigc, msammengesettte Säulen mit 
korinthischen Kapitellen tragen einen frei kom- 
ponierten Architrav. Über letzterem erheben 
sidi kleinere Baloslerslluleben mit einfach pro- 
filierten Rasen und ebenfalls korinthischen Ka- 
pilelleo. Auffallend sind die Mittelstttcke der 
Slttlenschifte; wohl dne Weiterbildong der in 
der Spätgotik in den Niederlanden mehrftck 
auftretenden (an sp.itromanische Vorbilder er- 
innernden) Saulenringe. (Vgl das Gesamtbild 1, 
bei dem die untere gana dunkle; daau durch 
die Hol7b.tnke verdeckte Smieopartie iveg- 
gelassen ist.i 

Auf jenen Säulchen ruht ein dreiteiliger 
Arcbitntv, Ober dem ein reich ornamentierter 
Fries sich hinzieht. Ein verhältnismäfsig hohes, 
stark vorspringendes, fein profiliertes Gesims 
bildet das architektonisdie Schhift^ied. 

*j Ennen •Üeachicbie der Sudt Köln« 3, S. 1013. 

Verachiedeotlich befindet sich unter des Wip. 
p«n an nnferem Lettner die [ahreszahl ,,1523") die 
doch darauf fainwaial, dab in jenem Jahre daa Kontt» 
w«rk ÜMtggaal«!! WHdn. 



sei 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST 



— Nr. 0. 



262 



Zwischen den Balustersäulchen sind Nischen 
eingelassen, die, mit einer Fülle zierlicher Or- 
namente der Frührenaissance umrahmt, den 
figürlichen Schmuck des Lettners aufzunehmen 
bestimmt sind. In den schmaleren Nischen 
haben Einzelfiguren, in den breiteren Reliefs 
Aufstellung genommen. [Vergl. Abb. 2 und 3.) 

Von den acht Reliefs behandeln zwei Vor- 
würfe des alten Testamentes, die Manna- und 
Melchisedechszene, die übrigen sechs Bilder aus 
dem Leben Jesu: Die Verkündigung, die Ge- 
burt Christi, die Anbetung der hl. Drei Kö- 
nige (vergl. Abbildung 3), die Beschneidung, 
das letzte Abendmahl und^Christus am} Öl- 



licherweise in den Händen mehrerer Künstler, 
die bald mehr, bald weniger den Ideen des 
leitenden .Meisters Ausdruck zu verleihen 
vermochten. Daher kommt es, dafs wir auch 
bei der glänzenden Schöpfung in Maria im 
Kapitol deutlich die Hände verschiedener Bild- 
hauer unterscheiden können. Besonders stark 
tritt jene Verschiedenheit der Arbeit bei den 
Reliefs, in der Gewandbehandlung und Kompo- 
sition hervor. 

Von ein und demselben Meister ruhten 
offenbar „die Geburt Christi" und „die Anbe- 
tung der hl. Drei Könige" her, zwei ruhevolle, 
technisch brillante Arbeiten. Ihnen stehen drei 




b. I. Grsamtbild den Lettnert Ober der Bankhöhe. 



berge. Unter den 22 Einzclfiguren befinden 
sich 10 Propheten (vergl. Abbild. 2), die übri- 
gen 12 sind Heilige. Bei der Auswahl der 
letzteren scheinen in besonderem Mafse die 
Patrone der Stifter berücksichtigt worden zu 
sein. Wir begegnen hier den Namenspatronen 
des Georg und Nicasius Hackenay, weiter den 
Patroninnen ihrer Gemahlinnen, der hl. Chri- 
stina und Gudula. Die übrigen Figuren stellen 
den hL Antonius Eremita, den hl. Christo- 
pherus, den hl. Rochus, den hl. Michael, den 
hl. Jacobus, die hl. Barbara und den hl. Jo- 
hannes den Täufer dar. Zwei weitere Figuren 
im RitterkostUm des XVI. Jahrh. lassen sich 
schwerlich näher bestimmen, da sie ohne jeg- 
liche Attribute gebildet sind. 

Die Ausarbeitung eines so grofsartig ange- 
legten Werkes, wie unseres I^ettners, lag natür- 



weitere Reliefs nahe: „die Beschneidung", „das 
Opfer Melchisedechs" und „das letzte Abend- 
mahl", welche freilich im einzeln nicht so 
gut durchgearbeitet sind. . 

Viel freier behandelt, als die bereits er- 
wähnten, sind die beiden Gruppen: „Die Ver- 
kündigung" und „Christus am Olberge"; äufserst 
bewegte, im einzeln gut durchgearbeitete Schöp- 
fungen. Mit diesen steht das „Mannarelief" 
im Zusammenhange, das freilich in manchen 
Einzelheiten weniger gelungen ist. 

Die eigentümliche Komposition der Gruppe 
„Christus am ölberge" ist vielleicht dadurch 
zu erklären, dafs dieses Relief in der Auf- 
stellung am Lettner irgendwie mit dem der 
„Verkündigung" korrespondierte und vom 
Künstler dementsprechend als Gegenstück ge- 
bildet wurde. 



«63 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9- 



2«4 



Die Etnulfiguren, meist Schöpfungen von 
würdevoller Ruhe, mit ernstem Faltenwurfe 
offenbaren eine tüchtige Technik. 

In der Skulptur und noch ungleich ent- 
schiedener in der Architektur unseres Lett- 
ners macht sich bereits der Einflufs der Re- 
naissance geltend. Vor allem verraten der 
omamentale Schmuck der Baldachine, des 



naissance gehaltene Lettner bildet er gleich- 
sam ein Mittelglied zwischen den noch goti- 
schen Lettnern der Kirchen in Tesscnderloo") 
Walcourt, Lierre und dem bereits vollständig 
vom Geiste der Renaissance durchdrungenen 
Werke des Cornelius Floris in der Kathedrale 
zu Tournai aus dem Jahre 1566.'*) 

Über den Namen des Bildhauers, der jene 




Abb. 2. Au»chnttt «u» 

Frieses, wie auch die meisten architektonischen 
Glieder, so das schön profilierte Gesims ein 
feines Verständnis des Formenschatzes der Re- 
naissance. 

In der Reihe der niederländischen Lettner 
des XVI. Jahrh. verdient jene glänzende Stillung 
der Familie H.ickcnay in St. Maria im Kapitol, 
was die Ausarbeitung des figilrlichen Schmuckes 
betrifft, mit an erster Stelle genannt zu werden. 
Als der einzige in den Formen der Frllhre- 



der Prophrlenreihe. 

herrliche Kunstschöpfung ins Dasein gerufen, 
fehlt es bedauerlicherweise an sicheren Nach- 
richten. De Noel hatte sich seiner Zeit Kugler 
gegenüber ausgesprochen, dafs der Name des 
Künstlers: „Roland" und die Jahreszahl am 

'*) Oer Lettner in Lierre in der Gommariuikirche 
wurde ebeiifalli in Mecheln ir>35 von „Myniheeren" 
und „Wiachtvent" hergetlellt. 

") Abbildungen der genannten Lettner in „Vten- 
d]rks" Sammlnni; 



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S85 



1903. 



ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. ». 



266 



Lettner zu lesen sei Merlo nahm jedoch 
die Aussage De Noels mit starkem Zweifel auf, 
und behauptete, dafs er weder eine Inschrift 
noch eine Jahreszahl am I>ettner habe ent- 
decken können. So bestimmt nun auch die 
Behauptung Merlos gcfafst ist, so müssen wir 
ihm gegenüber doch betonen, dafs sich tat- 



Untersuchung Uber die Glaubwürdigkeit der An- 
gaben de Noels nicht zu. Wir geben daher in einer 
genauen Kopie die Inschrift des Schildchent 
wieder: 




Sollte die I.eseart de Noels richtig sein, so 




Abb. 3. Gruppe der 

Sächlich eine Inschrift in der Minuskel des 
XVI. Jahrh. in dem Ornamente des Raidachines 
Uber dem Relief „Christus am Ülbcrge" er- 
halten hat. Freilich hat derselbe unter einem 
dicken Farbenuberzug sehr gelitten, aber es ist 
ohne Zweifel die Quelle de Noels für den Na- 
men des Bildhauers „Roland"'. Der heutige 
Zustand der Inschrift läfst eine abschliefsende 



elkdnlgen-Anbetunc. 

würe zu berücksichtigen, dafs ein Meister na- 
mens „RoUant le Rou.x" bekannt ist. Derselbe 
begegnet uns 1509 zum ersten Male als Archi- 
tekt und Bildhauer in Rouen; 1525 wird dem- 
selben die Weiterfuhrung des Grabmals der 
Amboise in Rouen Ubertragen. Leider läfst 
sich keine einzige Skulptur, wie mir ein treff- 
licher Kenner der französischen Plastik des 



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267 



1903. — > ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST ~~ Nr. 9. 



268 



XVI. Jahrh, Herr Marquet de Vasselot in ent- 
gegeBkommeiider Weise mitleiK idlMtliidige 

Arbeit jenes Rotillant le Roux nachweiien, lo 
dafs es uns daher für unsere Untersuchungen 
an puseodem Veigleidiaagiiiietefui fehlt") 

Ober 200 Jahre behauptete der Lettner seine 
ursprüngliche Stellung in der Mitte der Kirche. 
Im Jahre 1767 wurde St Maria im Kapitol wie 
so iDROche« andere ehrwürdige Bauwerk des 
Mittelalters einer Restauration in der bekannten 
Weise des XVIII. Jahrb. unterzogen, und „bei 
jener innerHcheo neuen Einricbtnng", «o nwtdet 

eine gleichzeitige Quelle, 
„ist auch dieses Toxal zur jf 
Praeht der Kirdie ver- 
rllekt und am Ende unter 
der neuen und «schönen 
Orgel zierlich angebracht 
worden".««) 

Auch in anderen Kir- 
chen Kölns erhob sich in 
der Mitte des XVITI. 
Jahrb. ein Sturm gegen 
die plastischen Arbeiten 
des Mittelalters. In St. 
Pantaleon wurde eben- 
falls der Lettner (eine 
herrliche Arbeit, unter 
dem Abte Lanink 1B02 

bis ir)14 angefertigt) aus 
seiner alten Stellung am 
Eingang dei Chores enU 
femt und stark beschKd^ 
2u einer Orgelbtthne an- 
gebaut. 

Im Dom wurde ITM 
das herrliche g'^ti- 'ip Sa- 
kramentshäuschen ser- 
tfUmmert Aucb in St Peter scheint du goti- 
sche Sakiamentshäusrhen in jener Zeit zerstört 
worden rti «sein. Wenigstens lassen die Funde, 
die man bei der Anlage des neuen Fufsbodens 
uMer der KonmiuDionbiok machte, darauf 
schliefsen. 

Damals zerlegte man den Lettner in St. 
Man« im Kapitol in drei StUcke, die in der 

heutigen Weise in Hufeisenform im Westen des 
Langschiffes zusammengestellt wurden. Aufser- 
dem wurde wahrscheinlich bei dieser Gelegen- 

'•) über den angeblichen Meister RuUnd t. .M er 1 o 
»Kdloische Kandiert, Spftlie 731. 

^) Am ««m Mering gMammcllca Sdhcaa. 
lilmD •SMdtHCliiv Klllac (Bo 48)l 



V 



r'» 




AVb.4. 



heit der Lettner mit einer dicken TQnchescbicbt 
Obenogen. Infolgedenen bat vidlkch die 
Feinheit der Ornamente und des figflflidien 
Schmuckes gelitten. 

Ober die Mhere Stellung des Lettnera gibt 
uns dn Plan im Archiv der Stadt Köln wilU 
kommenen Aufschlufs.*') Jene, freilii Ii flüch- 
tige Skizze viude im Jahre 1754 bei der Ein- 
fllbrang des neuen Baigermeisters angefertigt 
um den an der kirchlichen Feier in St. Maria 
im Kapitol beteiligten Personen ihre bestimmten 
Plttie anxuweiten. Sie kann daher auf mathe- 

m.itisihe Genauigkeit 
keinen Anspruch erhe- 
ben; immerhin informiert 
sie recht gut Uber die 
frühere räumliche Dispo- 
sition der Vierung und der 
Östlichen Apsis. (Vergl. 
Abb. 4.) 

Mit Zuhilfenahme die- 
ser Skiue können wir 
snnächst feststellen, daft 
unser Lettner früher »us 
zwei parallel laufenden, 
auf je vier Pfdleni ruhen- 
den Schranken bestanden 
haben muls. Von diesen 
waren die schmalen nach 

Westen gerichtet und 
zwischen die westlichen 
Vierungspfeiler dngemau- 
ert. Von den vier Säu- 
len, welche die Rrü>;tung 
trugen, waren die beiden 
Ittfaeren direkt esit den 
VierungspfeiVrr verbun- 
den; durch die beiden frei- 
stellenden Siulenwaiendrei Durchgänge gebildet. 
Der zweite Teil des Lettners war nach Osten, 
dem Hochaltare fugewandt und stand bereits in 
der Vierung. Auf welche Weise der östliche und 
westliche Teil miteinander verbunden waren, 
läfst sich nicht mehr ermitteln. Die westliche 
Schranke, heute das mittlere Stück der Orgel- 
bühne, ist bei der Umsetzung am gHmpfUdiiten 

davongekommen; sie hat fast nichts von ihrer 
ursprünglichen Breite verloren. Schlimmer er- 
ging es der Östlichen Schranke, die nach un- 
serer Skizze dasselbe MittelstUck gehabt haben 
muä, wie die westliehe Partie. Bei einer Zu* 



V 



au. 



Nr. 1125. 



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260 



1003. — 



ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 0. 



«70 



samnoenstellung der beiden FlUgelstücke der 
heutigen Orgelbahne würde man daher auch 
hier in der Mitte vier Nischen erwarten. Da- 
von sind jedoch nur mehr die Ansitze der 
beiden äufseren vorhanden, während die beiden 
mittleren bei der Umsetzung untergegangen 
sind. 

Von jenen zerstörten Nischen erblickt man 
heute nicht unbedeutende Reste in der Para- 
mentenkammer wie im Kirchgarten von St. 
Maria im Kapitol.'*} Aurserdem gehörte die 
Figur der hl. Elisabeth im nörd- 
lichen Seitenschiffe (neben dem 
Eingange zur Paramentenkam- 
mer) früher zum Lettner. 

In welcher Folge die Reliefs 
und Figuren am Lettner ur- 
sprünglich geordnet waren, läfst 
sich mit Sicherheit nicht mehr 
ermitteln. Wahrscheinlich waren 
in den zehn westlichen Nischen 
die zehn Prophetenfiguren mit 
ihren Schriftrollen aufgestellt, 
gleichsam dem Volke die Heils- 
lehre verkündigend. In den 14 
östlichen Nischen standen die 
Heiligenfiguren, von denen nun 
eine verschollen ist. Als Pa- 
trone der Hackenays erflehten 
sie am Altare Gnade für die 
freigebigen Stifter. 

Aus Gelenius S. 329 erfah- 
ren wir einiges Interessante über 
die nlhere Umgebung des I^tt- 
nera. Er berichtet uns, dafs 
unter dem Lettner ein Altar ge- 
standen habe, den ein vielbe- 
wundertes Bild zierte. 

Auf unserem Plane A (vergl. 
Abb. 4) wird der Altar als Kreuzaltar 
bestimmt Eine Rechnung") des „Franciscus 
Funk subsenioris Diakoni und Baumeisters" 
aus den Jahren 1630/31 enthält folgend© Ein- 
tragung: „Item in der heiligtumbfart gehabt 
und verbrandt auff dem Creulzaltar vor unser 
lieber Frawen bilt 1» Waxkertzcn." 

Demnach stand auf dem Kreuzaltar ein 
Marienbild. F,s liegt nahe, hier an das herr- 
liche Gemälde des Todes Mariens zu denken, 
das der bereits oben erwähnte niederländische 




Abb 
der 



&. MutmalxllL-beH Epitaph 
PajnUiea Hitckttnay, ipiter z 
Station umgeändert. 

näher 



'*) Auf einem Sialeiitlompfe ein Zeichen 
^) Im Pfarraiclu* vod St. Maria im Kapitol. 



Maler zirka 1519 im Auftrage der Familien 
Hackenay, Salm, Merle und Hardenrath für die 
Kirche St. Maria im Kapitol anfertigte (jetzt in 
der Pinakothek in München). Hinter jenem 
Gemälde ragte das von Gelen seiner vielen 
Wunder wegen hochgefeierte Kruzifix empor, 
welches heute Uber dem Altare am nördlichen 
Vierungspfeiler hängt") Weiterhin entnehmen 
wir der Chronik des Hermann Weinsberg, dafs 
Georg und Nicasius Hackenay in der Nähe 
ihrer grofsartigen Stiftung zur letzten Ruhe be- 
stattet waren.") 

Obgleich die Kunstwerke, die 
im Auftrage der Familie Hacke- 
nay entstanden, meistens Ar- 
beiten aufserkölnischer Meister 
sind, nehmen sie trotzdem eine 
nicht zu unterschätzende Stel- 
lung auch in der Kölner Kunst- 
geschichte ein. Durch jene Ar- 
beiten nämlich wurden vielfach 
die kölnischen Meister mit 
neuen Motiven bekannt ge- 
macht, ihr künstlerisches Schaf- 
fen bisweilen merkbar beein- 
flufst 

Zum Beispiel darf der Mei- 
ster vom Tode Mariens, den 
wir bereits mehrfach erwähnten, 
eigentlich nicht unter die Köl- 
ner Maler gezählt werden. Er 
ist nur kurze Zeit in Köln 
geblieben; darauf ging er nach 

.Antwerpen zurück; später 
scheint er in Italien gearbeitet 
zu haben. 

Für die Kölner Malerschule 
ist er nur deshalb von Bedeu- 
tung, weil er einen entschie- 
denen Einfluis auf den tüchtigen Kölner Meister 
Bartholomäus de Bruyn ausUbie.*'^ 

Am Hackenay'schen Palaste, dessen Plan 
am kaiserlichen Hofe in Innsbruck entworfen 
wurde, nehmen wir zum ersten Male in K<iln 
jenen zierlichen Treppenturm wahr, der für 



■*) Noch heote erblickt man am Mitlelttdck der 
Orgelbahne die Klammem, an denen die Kreuzbalken 
befeitigt waren. 

") Au« den beretit oben zitierten Stellen W ei na- 
he rg 4, S. 2:<. 

») Karl Aldenhoven »Geichichte der KAIner 
Malenchule« (Lübeck 1!)02) S. 309. 



271 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 0. 



«TS 



die spateren Kölner Patrizierh9user vorbild- 
lich werden sollte.*') 

Unser Lettner ist, abgesehen von den klei- 
neren ebenfalls aufscrkOlnischcn Arbeiten in 
der Schatzkammer des Kölner Domes, dem 
Epitaph des Bischdfes de Croy und dem zier- 
lichen Geschenke des Erzbischofs von Mainz, 
Albrecht von Brandenburg, das früheste gröfsere 
Denkmal der Renai.ssance in 
Köln. Manchem Kölnischen 
Künstler, dem es die Mittel nicht 
gestatteten, in der Fremde sich 
weiter auszubilden, wurde an 
jener glänzenden Stiftung der 
Hackenays eine vollständig 
neue Formenwelt erschlossen. 
Sie bewunderten und stu- 
dierten das fremde Kunstwerk 
und waren dann später be- 
strebt, bei ihren Arbeiten mög- 
lichst die am Lettner entdeck- 
ten Formen zu verwenden. 
Dak ihnen dies nicht immer 
in der besten Weise gelungen 
Ist, bezeugt das Sakraments- 
hauschen in St. Georg aus dem 
jähre 1655. (Vergl. Abb. 6.) 

Obgleich jener mittelmafsige 
kölnische Bildhauer sich be- 
mühte, einer sklavischen Nach- 
ahmung aus dem Wege zu ge- 
hen, so verraten doch eine 
Reihe von Einzelheiten in der 
Architektur des Sakramcnts- 
hauschen.s, wie die charakte- 
ristischen MittcIstOcke der Ba- 
lustersäulchen eine starke Ab- 
hängigkeit von dem Lettner 
in St Maria im Kapitol. Noch 
entschiedener ist das Abend- 




prachtvollen Renaissance- Architektur. (Vergl. 
Abb. 5 ) Auf den beiden Ecken eines einfach 
gegliederten Unterbaues stehen zwei Karyati- 
den, durch eine darunter befindliche Inschrift 
näher als Judith und David bezeichnet. Beide 
Figuren tragen entschieden den Charakter 
der Frührenaissance. Auf ihnen ruht ein drei- 
teiliger Architrav, auf diesem ein reich orna- 
mentierter Fries. Das Ganze 
wird gekrönt von einem hohen, 
fein profilierten Gesims. In die 
mittlere Flache wurde später 
eine Nische gebrochen, in die 
man eine Station hineinstellte. 

Auffallend ist nun, dafs 
eine Reihe von Details jener 
Umrahmung, die Verhältnisse 
der einzelnen Glieder des Ge- 
bälkes, die Ornamente, ganz 
genau dieselben sind wie bei 
unserem Lettner. Auch das 
Material ist dasselbe. Die Ver- 
wandtschaft der beiden Bild- 
werke ist so grofs, dafe wir 
auf den ersten Blick in der 
Station ein BruclistOck des 
Lettners vermuten würden. 
Aber dies ist wegen der Ver- 
schiedenheit der Gesamtmalse 
kaum möglich. Es mufs hier 
ein anderes Werk desselben 
Meisters oder derselben Schule 
vorliegen. In dem oben er- 
wähnten Ratsschreiben war 
neben dem Lettner auch von 
einem Grabe und einem Al- 
tarsteinc die Rede, die von 
Mccheln nach Köln überführt 
werden sollten. Dafs jenes 
Grab für die Familie Hackenay 



mahl-Relief von der gleich- Abb. e. Salir«niFntihiu»ch«n in St. Ocorg bestimmt war, ist wohl selbst- 

lu Köln. 



namigen Darstellung am Lett- 
ner bceinfluEst worden. 

Bei einer Besprechung des Lettners ist es 
wohl gestattet, ein ihm nahe.stehendes Bild- 
werk kurz zu berühren. 

Im Kreuzgange von St. Maria im Kapitol 
befindet sich eine Station, umrahmt von einer 

»») Weinsberg IV, S. •22. „So mmch keiser 
Carolui diisem Nicaiio dai affUii-geU, to in Coln 
vergadert war, la vollett line« baut getchenkt haben. 
Und er hat ein pallast draut gebaat mit dem eirtten 
windellorn in Coln." 



verständlich. Wir wissen weiter 
aus Weinsberg, dafs Nicasius und Georg 
Hackenay in Maria im Kapitol und zwar in 
der Nahe des Lettners beigesetzt waren. 

Nach alledem wäre es nicht unwahrschein- 
lich, dafs jene Umrahmung der Station ein 
Teil des Grabmales der Hackenays ist, das 
bei der Umsetzung des Lettners ebenfalls aus 
seinem alten Platze entfernt und spater in eine 
Kreuzwegsstation umgewandelt wurde. 

Kttlo, W. Ewald. 



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273 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9. 



274 



Das Rationmie von TouL 

(Mit Abbildung.) 

ine der interessantesten bischöflichen heute nicht mehr vorbanden sind, und das 
Insignien iit ohne Zweifel dasRa- ilteMc der uns erhaltenen ToalerBisdiofaiegel, 

tionale. Im Mittdaher diesseits nXmliGb dasjenige des Bischofs Riquin de 
der Alpen vielfach verbreitet, ist Commcrcy (f 1127) das Rationale nicht zeigt, 
es jetit auf nur wenige Kirchen beschranlct. ■ so mufs der Gebrauch dieser Insignie in Toul 
In seiner Studie Aber diesen Gegenstand*) konnte | im X. Jahrb. oder noch früher zweifelhaft blei> 




P. Braun nur drei Rischofssitze namhaft 
machen, wo es noch heute bei feierlichen An- 
Usaeo getTagen wird: Eichstitt, Krakatt, 
Paderborn. Es sei uns gestattet, hierauf 
ein viertes Bistum hinzuweisen, da« aich beute 
noch des Rationale erfreut, Mmlich Totti* 
K ; n 1 V Obwohl die deutsche Literatur sich 
bis heute mit demselben fast gar nicht be- 
schüfiigt hat, verdient es doch aus mehr als 
einem Grande eine genauere Betiachtunit we9> 
halb wir seine Gescfaicble hier ttwaa aitafUhr- 
licher darlegen.'} 

1. In keiner Diöseae iit der Gebrauch des 
Rationale auf zahlreichern Denkmälern und 
durch einen längern Zeitranm bezeugt als in 
Toul, Eichstätt vielleicht ausgenommen, foul 
ist Immer stoli ge we a e n auf «eine unke Ana- 
zeichnung. Wohl aus diesem Crtirde hat man 
versucht, ihr Alter möglichst hoch hinaufzu- 
ificken. P. Bendt-Picart will et gesehen ha- 
ben auf einem Siegel der Bischöfe Dreux oder 
Drogon (907 -922) und Gauzelin (922—962) 
von Toul; er meint st^ar, der Gebrauch des 
Rationale in Toul sei vielleicht so alt wie die 
Gründung dieser Kirche durch den hl. Man- 
suetus, weil dieser Heilige stets mit dem Ra- 
ttonale daigeatellt werde.') Diesdhe Anmcbt 
vertritt amh eine Broschüre des Abbe« Guil- 
lauroe/f Da indc^ die beiden genantUen Siegel 

') VergL »Zeittcbr. lUr cbritll. Kuii»U XVI, U7 l). 

*) Vergl. Marlin, Hisioir« ie* dioci««i dcToul, 
da Nuicx «t de SaiM Di^ I (Mmmj 1»00) 467 m. 
Dii W«rk haaMt n» frabcr SorgMl «ber das It*. 
lioaalc an Toni. Nur darin irrt der Verfauer, wenn 
■r flaattf, dai Rationale lei heute nur mehr in Nanejr 
gcbriuchlich. 

*) Uenot(>Picari, •Hutoire eccl^iiaslique et 
|K>liti<)ue de la vilic et de la dioc^s« de Tout« (1707} 
p. 108. „Dfcmt da Fiane« et S.Gaiutla la Raiionale 
poTtcBl, fra 4mn le accMi d« la doMthm qn'fl bit 
aa chapitre de Tabhaie de Marlin ci Tautre dans 
la eharle de la (oudatiusi de l'abbate «ie liouxitre". 
Die fracllche Abhandlung i»t iu der von mir bennizien 
Ausgabe vom Amor »pitcr handKhHfiHcb bkuugcfttgi. 

*) Gaillaum«, Laawtmmal, prdvofaiN« ttm. 
Wm dca acak dvCtpwa d« TmI, chez lea Laiio«, en 
niMW de faatiqwid de lanr dgKM (». a. 7 p*g.}. 



ben, zumal Benoit-Picart in seinen Angaben 
nicht selten die kritische Genauigkeit vef- 
miwen laftt*) Sicher beseugt ist das Rationale 
in Toul zuerst auf dem Siegel des Bischofs 
Peter von Brixey (U66— U92) vom Jahre 
1166,*) nicht erst bei Robert von Marcey, 
wie Rohanlt de Fleury glaubt.'') Bischof Peter 
sitit in Iitiirgis< her Gewandung auf einem vier- 
eckigen Stuhle, mit Stab und Buch in den 
Hunden; über der Kasel trügt er ein breites 
Schulterband, da^ mit vi' -i rl if-en Bandver- 
aierungen ausgestattet ist; auf der Brust hängen 
mehrere Kreuzchen. In diesem OnutistVck 
wird man unbedingt das Rationale erkennen 
müssen, dessen Form im Mittelalter bekannt- 
lich vielfach gewechselt hat. — Vielleicht läfst 
sidi das Rationale in Toni bereits einige Jahre 
früher nachweisen. Bischof Heinrich von 
Lothringen (1127—1165) tr«gt auf einem Siegel 
vom Jahre 1149 ein OrnatstUcfc'in Form des 
erzbischöflichen Palliums.*) Da das Rationale 
aber auch anderswo in dieser Form auftritt, 
so därfen wir vielleicht mit Robert, dem 
sich Martin anschliefst, auf dem genannten 
Siegel das Rationale annehmen. Weil sich 
iiltere Zeugnisse für das Rationale in Toul 
nicht vorfinden, können wir es hier nnr bis 

zur ersten Halfti^ 'l-^ XII. Jahrh. verfolgen, 
während es sich in Halberstadt und Metz be- 
reits in der aweiten Hdfte des X. Jahrh. nach- 
weisen liifst. 



Uber den Wert der Getchichie dei P. Benoit 
vergL Martin, L p. XXV, Barbier de MoDlaBh ist 
aUerdiBga gnwgt, aaf diiw Angaben hin, den Ge« 

t>rauch des Rationale im X. Jahrh. antonehnen. VergL 
Mtooirn de la aoci^li d'archtfologie lorraine, 3. tir. 
XV (Nancy 18«7) p. 195. 

•) Robert, »iügiUograplite de Toni« (Paris 1888) 
pL II, Fig. 3. 

') L* Me»ve Vril, 72 VerRl. dieie Zeitschrift 
a. a, O. S. 117. Die Angaben Kohaulla de Fleury 
Uber das Kaiicmaie voD TonS Sind duckans nngpnan 
und unvolUtindic. 

«) Robert, SiKiODinplm pi. I, Flg. 2. Hir 
»cheint hier eher das PalÜHi ab tia Ratlonaia dar. 
j getiellt (u aein. 



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S75 



1908. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9. 



278 



2 I')ic Fnrm de? Rationale tritt - abge- 
sehen von Kichstätt - in keiner Kirche so ver- 
tcUedenartig auf, wie gende in Toul. Fcfte 
Gestalt nahm ea erat im XV. Jahrh. an, vorher 
zeigt es einen häufigen Wechsel. Es lassen 
sich vornehmlich fünf Formen unterscheiden, 
von deneo swei allerdings nvr je eiomal auf» 
tieten. Als eine Art Stola, Hie auf der Brust 
gekreuxt und an der Kreuaungsstelle mit einer 
runden Agrafie rerriert ixt, erscheint es auf 
einem Siegel des Bischofs Eudes von Sorzy 
(1218—1228) au» dem letzten Jahre seiner Re- 
gierung.') Man roOdite leicht geneigt sein, 
dieses Unikum als eine Kaprice des Verferti- 
gers des Sigills anzusehen, um so mehr, da ein 
zweites Siegel desselben Bischofs eine andere 
Gestalt des Rationale seigt Dagegen ist indea 
(iaran zu erinnern, 
dafs noch heute der 
BfacbofToii Krakau 
ein Rationale in 
Form einer gekreuz • 
ten Stola trlgt.'°) 
Darum ist auch das 
eigentumliche Or- 
natstück, das Bi- 
schof Endel trVgt, 
als Rationale -ansn- 
sehen. 

OienreiteFonn 
ahmt durchaus das 
Pallium (Y) nach; 
wir sehen es so 
auf dem bereite er- 
wähnten Siegel des Bischofs Heinrich von 
Lothringen, wo es mit vier Kreuzen verziert 
ist; audt in dieser Form tritt es nur ein- 
mal auC") 

Drittens erscheint es in einer das Pallium 
imitierenden Gestalt, nlmlich nicht als schma- 
les, sondern als brdtea Schnlterband mit ebenso 

breitem, längerem oder kiir/.ercm Pendant auf 
der Brust; aufserdem ist es durchweg mit Edel- 
steinen oder Stickerei versiert, wthrend das 
Pallium aufser den KreuzL-ti jede Verzierung 
entbehrt; die Edelsteine sind meistens reihen- 
weise gestellt. So sehen wir es auf twei Sie- 

*) Robart. SigUlograpUe pl IV, Fig. 19. 
**) Abb. bei Ctienwein, Krdca«, Tig. 100. 

") Auficr Frage bleibt ita» Rationale in Form det 
Pallinmi auf einem Uilde dei hl. Mautueiut aui dem | 
XVIL Jahrb. te Chor im Kalhedtale sn Tool | 




Dm IU t i B » ri> vom ToaL 



gcln des Bischofs Peter von Brixey aus den 
Jahren 1171 und 1186, bei Eudes de Lorraine- 
Vandtoont (f 1197),'*) Robert dt)stenge dft 
Marcey (t 1253 Die Siegel zeigen diese 
Form zuletzt bei Johann von Sierk (J- 1306), 
wo es mit Vierecken und Perlen reich ver- 
lieft du vordere Pendant hingt bia 
unter den Saum der Kasel herab. Auch auf 
Alteren Gemälden in der Apsis der Kathedrale 
SU Toni sieht man diese dritte Form des Ra- 
tionale.'*) 

Eine vierte Form bebAlt nur das Schnlter- 
band bei, veriichtet aber «tf du vordere Pen- 
dant und ersetst es durch kleine Schellen oder 
Kreuze. Sie begegnet uns zuert auf dem ein- 
gangs erwähnten Siegel des Bischofs Peter von 
Brixey. Wibmd ei hier vertiert und mtvier 

Kreuzen versehen 
ist, erscheint es auf 
einem Siegel den 
73 Bischofii Bad« von 
' M Sorcey ganz ein- 
' fach, aber mit fünf 
Krausen.**) 
selbe Form hat es 
vielleicht auch auf 
einer Mflnte des 

Bischofs Johann 
von Arzillito 
1.320).") 

Seit der^ Mitte 
des XIV. 'jahrh. 
endlich tritt jene 
Form auf, welche 
man mit verschiedenen Änderungen mehrere 
Jahrhunderte beibehielt und die auch jeUt 



'*) Robert, SlgilloKraphie pl. II. Fig. l, u. pl. III. 
Flg. 0. Aach auf einer Mttni« de« Bttcboft Peier er- 
•dwint es alt Schuherbiod aill roiiwilL Vergl. Bre- 
tagne et Briard, Notiea aar «w tmvail« des 
mmato lomhwa. (Naaqr 18B4) Nr. 7. Bar. 
biet deMoatanIt toMiaMiMadelaaoe. dWhioL 
lorr. 18a\ p. 25» 

») Roberl, lloaaaits 4e T«al (1841) pL V, 
Fig. 2, S. 

**) Robert. SigUlographie pl. VII, Fig. 17; rtaaa« 
encheint et aof Manien des Bttcbols JohaaD. Ro- 
bert, Moonaiet, pl. V(I, Fig. 3, 4. 

'*) Vergi LomlD»Aitiitc 1802. pu 13. Martla, 

1. c I. 469. 

•') Rebtf I, SigiUographic pl. IV. Kig 0. 

R o b c r I , Monnaie» pl VII, Kig. .'.. Em (ich«re« 
Urteil geiuuet die Uartlelliing nicbl, da aar der Kopf 
wi4 der obantc Tefl der Brast aidubtf ist. 



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«77 



878 



wieder in Nancy -Toul eingeRlhrt ist. Es ist 
ein verziertes Schulterbaod mit zwei kürzeren 
Pendants aaf der Braat and Mif den Rttcken. 

die rechts und links herabhängen. Wir sehen 
diese Form zuerst auf einem Si^el des 
Biacbolä B<mri«oont (1880 bis 1868} vom 
Jahre 1341.'^) Wie das Rationale in Bam- 
berg und Eichstätt bereits frühzeitif^, so er- 
hielt es auch zu i'oul auf den Schultern 
eine achildftraitge Verciernng, aber erat viel 
später und einfacher. .Auf dem Grabmale des 
Bischofii Henri de Ville (t 1436} ist das 
Rationale auf den Schalteni nit koatttren 
Steinen in Form eines X verziert:'*) auf an- 
dern Monumenten hat diese Verzierung eine 
runde Gestalt, um endlich in eine Art Epau- 
letten Uberzugehen, die a» dem Schallerbinde 
befestigt sind. 

Diese fünfte Form hatte Kanonikus Lesane 
vor Angen, als er in den .^tuta** der Touler 

Kirche*",! das Nationale! also beschrieb: „Est stola 
Urga, fimbfiata, circuiens desuper humeros, 
cum duobos nunipalts dimüait ante et retro, 
et circa spatulas*') ex utraque parte in modum 
sctiti rotundi lapidibus pretiosis cooperti, qui 
signihcant honorem et onus pajitoris". 

Nach dieser Beschreibung war das Rationale 
in Tool im XV.Jahrh. ein breites, mit Fransen 
versehenes Schulterband, das vom und hinten 
mit zwei manipelartigen Ansätzen, auf den 
Schultern aber mit runden SchDden, Epauletteo, 
versehen und auficrdem mit kostbaren Steinen 

Handert Jahre früher kommt eine ihnlicbe 
Form aaf cimii» Sw|pl des BiKhofs Roftr voo Mwoey 
vor, abar da Pelnfne mit awti Pndaaila amf 4cr Biist, 

dazwiochen hingen drei GMckckCD. Robsrt. Si- 

gilJogrnjjhie pl. V, Fig. 11. 

'*) Vcff 1. D < m • r g «, IM«a«««rlci k h calkMraltt 
de Tmü in dem Jomrul dt la McMtC d'arcbdologl» 
lomlna XU (Nancy 1892) m u. D^marge ghobt. 

die ciDfachere Form nuf dem Denkmal Henri» de 
Ville, wo CS nur ein »chlichtes Band ml, enuprecbe 
mehr der Wirklichkeil alt die (pCtem komplizierten 
Formell. Indes erkJIrt sieb die Vetachitdaiiheit au 
der Batwickalut luicru Onalsisdic«. Abbild, bei 
Martin 1. I, p. 409. 

'*) Slalutonim incignis ecdcsiae cathedrali» Tul- 
lenais vetusia colleclio, a venerabili Nicoiao i« Stune, 
■domata «t ia cajiilalo generali CiMnim a. 1497 coo- 
Inaata. Jcitl ia der NMionalbibliolbek in Paris (Ms. 
10. lOin flu Fonds litin) fol, f ~. 

") Spatnlac tcapnlae. Martin I.e. schreibt 
den P. BcBoh vcrbaaacmdt . . . ante el retro tt ciicn 
^alalaa; dm Htwnmcnten luMgt in Indes ta taaca: 
. . . aal« «t taifo, «t circa tpatulaa. 



I verziert w^r. Die hier beschriebene Form und 
Ausstattung sehen wir auch auf Denkmälern 
I jener Zeit; so auf einem um 1600 entatandcnen 
■ Henkmale de^: M Mnnsuetiis in der Kry;iti ('er 

i Kathedrale.*') Der HeiUgc, in liturgischer Ge- 
wandung, trägt aber der Kasel eme Art Pde* 
rine, die bis Uber die Schultern hinabreicht; 
I sie besteht aus zwei konzentrischen Kolliers, 
1 das untere ist mit Fransen und vorn mit zwei 
I Pendants versiert; das mgext Kollier Mogt die 

Worte: I'aUr et fllius el Spiritus sandus; mit 
I dem breiteren Kollier hingt es durch zwei 
I Bpanletten lusamraen. Eine ganz ihnlicbe 
I Form hat das Grabdenkmal des Bischofs Hugo 
! (t 1617], doch besteht es hier anscheinend nur 
aus einem breiten Sdtuherband, woran sich 
auch die Epauletten befinden.**) Man sieht aua 
; dieser Zusammenstellung, wie verschiedene 
Stufen der Entwickelung das Rationale in Toul 
I durchmachen mufste, bevor es seine endgOltlge 

Gesta'' rrhi-lt. In der Geschichte des Ra- 
tionale überhaupt nimmt daher die Toulei In- 
signie eine wichdgcfe Stelle ei», als man ihr 
; bisher angewiesen haL 

3. Die Zeil, wann die Bischöfe von Toul 
ihr ivaltes Vorrecht preisgaben, läfst sich 
mit sicmlicher Scherheit leitstellen. Das 1700 
gedruckte Caeremoniale von Toul erwähnt noch 
ausdrücklich, dafs dem Bischöfe bei der feier- 
lichen Meme das Superhuroerale — so wird 
unsere Insignie in Toul richtiger genannt — 
angelegt werde.*»} De Verl schreibt 1708, der 
Bisehof habe sich ehemals des Rationale be- 
dient**) Auch Cklmet spricht in einem Brief 
vom 14. Januar 172fi an Monifaticon von dem 
ehemaligen Gebrauch des Kationale oder 
Superhumerale seitens des Biscbolk von Toul.**) 

Nach diesen Angaben hat also der Ge- 
brauch des Rationale in Toul bis zu Anfang 
des XVIII. Jahrb. bestanden. 1801 wnrde da 

Bistum Toul unterdrückt, aber bereits t8i7 

neu errichtet, jedoch um sofort mit K.mrv ver- 
einigt ju werden. Im Jahre 18.j1 hielt Bischof 

»•) Abbild, bei Martin l. c. p. 170. Dentmail 
befindet »ich in der Kircbe Blinod bei Toul. De Vert, 
Explication de» c^r^moDie* de l'^gliM, II. pl. I, Fig. 5 
' bietet dae AbbiMasf dca RaiioDBle, wdd* lai waaaaU 
liehen mit dieier leistca Fwm ttsedaMfaaaWj 

») Vergl. BaTbier de Moatasit «i M<moirM 
de la loci^tj d'archcul. torraine (1887) p. 19t. 
I **) ExplicalioM »ur le» c^^moniM de l'EgliM U, 
(170») 153, 

I *) VergL RohsTilt de Flonry I. c p. 73, wo 
dar SrieC voDillndig abgedmefcl IM. 



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279 



IMS. — ZEITSCHRIFT FÜR CimiSTLTCHB KUNST — Nr. d. 



SM 



Menjaud eine Synode ab, bei welcher Gelegeo- 
heit auch das Privileg der Toaler Kirche, das 
Surhumerai, zur Sprache kam, worauf Abbtf 
Guillaume") die ol)en erwähnte Broschüre über 
den Gebrauch des Rationale in Toul verfafste; 
am PlingKfeate da fotgeaden Jabics trag Men- 
jaud nai.h Janger Zeit wieder zum ersten Male 
bd der (eterlicben Messe das Surhumeral. 
Ab I^avigerie 1866 den biachOfliclien Stuhl 
von Toul-Nancy bestieg, richtete er, um offiziell 
durch die höchste Amorit.it für sich und seine 
Nachfolger die Erneuerung des alten Privil^ 
an erwirken, an die Kongregation der Riten 
die Supplii^ue, die vielhundertjährige In«;ignie 
der 1'oulcr Kirche wieder tragen lu dürfen; 
er berief sieb aur Begrlfndung seinea Geiticbes 
auf eine Tradition, nach der Papst Leo IX. 
der Kirche von Toul dieses Privileg gegeben 
babe Durch Reskript von 16. MMrz 186r> 
wurde dem Bischof von Nancy-Tool der Ge- 
brauch des Surhumeral gestattet." 

i. Als Grund, weshalb den Bischöfen von 
Toni der Gebrauch des Rationale konsediert 
worden sei, bezeichnen die erwähnten Statuten 
den Vorrang des Bi»cho6 von Toul vor den 
ttbrigeo Bischöfen der ehemaligen Trierer 
Kirchenprovinz: der Bischof von Toul nahm 
in Abwe^e'^heit des Erzbischof'! von 'I'rier die 
Kontirmation und Konsekration der Bischöfe 
von Mets, Verdun, Nancy, Saint-Di^ vor. De 
Verl hat sich dieser Meinung angeschlossen. 
Wie der Bischof von Ostia als Koosekrator 
des Papstes schon früh durch das Pallium aus- 
gezeichnet wurde, so soll der Bischof von Toul 
als Decanus der Kirchenprovinr. als Auszeich- 
nung das Rationale getragen haben.**) Es ist 
dies indes nichts als eine Vcrmutmig, Air die 
sich ein stii hhaltiger Rewei? nirht beibringen 
Ulst — Die Tradition will, wie wir eben hörten, 
den Gebrauch unserer Insignie auf eine Ron- 
zession des Papstes Leo IX. zurUckftlhren, der 
vorher, als Bruno von Dachsburg den Touler 
Bischoisstuhl (1026—1039) innehalte und der 
apMer dieser Kirche a1» besondere Anaaekhnnng 

*•) AbM Gailluwe lit Mcb der VarCtiMr ciiMT 

WeitUttfigcn. aber uukrilixchci) »Hisloire du dioc^ie de 
Toni el celui de Nucyt. b voL (Nancy 1«05> u. 

Vergl. KmoO dcaOrdmm. Hmey ICfle, j». 331. 
Marlin, I.e. III, (IPmN :tO'., n*.. 

*>j SlalDta etc. fol. üi. Vergl. >OalIi> chrUliaoat 
S.Mil. XUI (1874) »57; vergl. IbU. 371. 



I das Rationale verliehen haben soll. Leider ge* 
! schiebt unter den Privilegien, die Leo IX. der 
Kirche von Tool gewahrte, des Rationale gar 
keine Krwahnitng, dafs diese Tradition eben« 
falls abzuweisen isL**) 
I Wahrscheinlich legten sieb die BIscbOfe von 
. Toul das Rationale eigenmächtig zu, da sie 
I hinter den Bischöfen von Meu nicht ztiritek- 
I stehen mochten, di« es bereits unter Bbcbof 
.^delbero IL (9S4— lOOj)] erlangt hatten.**) Ein 
solcher Vorgang hätte bei der damaligen Frei- 
heit in liturgischen Dingen nichts aufscrge* 
«tthnliehea an eich. 

.'. Rci der Verehrung, welche Totti stets 
gegen den GrUnder seiner Kirche hegt^ wählte 
man als Moster fdr das neue Superhumcrale 
jene Form, welche der Heilige auf dem 
schon erwähnten Denkmale in der Kr>-pu 
der Kathedrale trägt Unsere Abbildung, fUr 
I welche ich die Photographie der Freund* 
lichkeit des Abbt' Hogard, Geheimsekretärs 
, des Bischofs Turinaz von Nancy verdanke, 
I gibt ein« Vontdlnngven der Gestalt and Aos- 
' stattung dieses modernen Superhumerale. Das- 
selbe ist aus Goldatoff gearbeitet und besteht 
aus einer Pelerine, deren oberer Teil k jonr 
gearbeitet ist. Goldfransen umgeben den aufsern 
R.mij. Der innere Rand der Pelerine wird 
bedeckt von einem schmalen Bande mit den 
Worten: P«Ur et IStitu ei Sfiintus Sa/Kim. 
An diesem Kollier sind r.wei halbkreisförmige 
Schulterblätter mit Goldfransen angebracht. 
Das Omatstttdc ist geschmackvoll mit Blamen, 
Ranken und kostbaren Steinen reich verziert 
Durch eine goldene Spange wird es zusammen- 
gehalten. 

Ist auch die SymboKk an diesem modernen 

; Rationale nicht so reich vertreten wie an den- 
jenigen des Mittelalters, so ist es doch ein 
würdiges Omatstflck des Bischob bei den 
feierlichen Poiitifikalhandhmgen, Uber dessen 
Wiederaufleben der Freund mittelalterlicher 
KuDMarchinlngie aich nur freuen kann. 
Mtitem. BedaKitlaachniit, O.F.il. 

») Vergl. Abel, Le palliain (Meli 1867) p. 67. 
In der Luiticher Kirche gibl ei eine tholiche Tra- 
dition. Papü Stephan IX., vartm Biwk«f vcm LSttick, 
■an Jlwf Khelie im§ Kikmak g a gs h w hatsa. V«r^ 

Mon. Gfrtti XXV, 

Vergl. äigiberli vita Ueoderici 1. n. 9 Mon. 
Gctm. IV, 468. 



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2B1 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9. 



282 



Die kunsthistorische Aus 
XVII. (Mit 

38. Spätgot, silbervergold. Ciborium 
der Stiftskirche ru Fritzlar f Kat-Nr. 395). 

Harmonische Verhältnisse zeichnen dieses 
silbervergoldete, 40 cm hohe, Ciborium aus, 
welches um die Mitte des XV. Jahrh. in Mittel- 
deutschland entstanden sein mag. Der durch 
seine ganz glatten Flächen um so kräftiger 
wirkende, sternförmige Fufs hat knappen, aber 
stark betonten Übergang zum mafswerkgravier- 
ten, von ebenso behandeltem wuchtigen Knauf 
unterbrochenen Schaft, aus dem ein auffallend 
kleiner glatter Trichter herauswächst Desto 
gröfser ist die von diesem getragene Platte, als 
der Boden der sechsseitigen Kuppa, die durch 
die stark betonte, nur infolge der Abstufungen 
und Durchbrechungen leichter wirkende F.ck- 
pfeileranlage einen ungewöhnlich reichen Ein- 
druck macht, der noch erhöht wird durch die 
unten abzweigenden konsolcnartigen Haken, 
wie sie sonst an diesen Stellen zuweilen be- 
gegnen, um herabhangenden Wappenschildchen 
als Ösen zu dienen. Die quadratischen Füllun- 
gen sind mit kräftig gravierten, eigentlich aus- 
gesparten Blattwerkornamentcn geschmlickt, die 
in vorzüglicher Verteilung die Flächen beleben. 
.\m Fufse des langen Helmes, der seine ur- 
sprüngliche Scharniervorrichtung mit Rosette 
und Haken bewahrt hat, bildet ein gegossener 
Blattfries zugleich den Abschlufs der Kuppa, 
und aus ihm steigen in entsprechender Ver- 
jüngung die Krabbenleisten auf, die sich in 
dem bekrönenden Knäufchen vereinigen. Zwi- 
schen ihnen entfalten sich die mit Schindel- 
gravuren versehenen Helmflächen, die, unge- 
wöhnlich hoch, langweilig wirken würden ohne 
die aufgelöteten, langen Giebel mit ihren Fenster- 
schlitzen nach vorn und auf den Seiten, etwas 
zurückliegend und dadurch in den Höhenzug 
um so gefälliger einstimmend. Das Bckrönungs- 
koüufchen, das, fUr sich allein genommen, einen 
viel zu schwachen Abschlufs bilden würde, trägt 
ein gegossenes Kreuz mit Kruziüxus, der in 
Bewegung u. Lendentuchdrapierung trotz seiner 
Kleinheit die Ursprungszeit mit Sicherheit er- 
kennen täfst. Auch die in Kreuzblumen endi- 
genden Balken gliedern sich dem Ganzen vor- 
trefflich ein, das in formeller Hinsicht als muster- 
haft bezeichnet werden darf, in praktischer Be- 
ziehung aber, wegen Mangel an Handlichkeit, 
einigen Bedenken unterliegt. SchnatEen. 



Ilung in Düsseldorf. 




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283 



1903. — ZEITSCHRUrr FOK CHRISTUCHE KUNST — Nr. 



SM 



Büche 

Itlaatritrt« Gtschichta 4«t katholischCB 
Klt«1i« VM Probwor O». J. P. KIrteb Ib Firn, 
barg (Schweit) und rmfcMOf Dr V. Lakteli im 
LcÜmerht. HctauDgc^eben von 4er Stlcfr. Le«> 
Cocilichad In Wien. Mil lirka 50 TafeXiildem und 
ab«r WH) Abbildungen im Text. AUgem. Verlagi- 
Goelbchaii m. b. H. in Mtnchen. 
Dm Bedtrlois mcb cnca g M mm volkaldn« 

lieb gebalteMii Lcbrbncb der Kneheiigeicbichte hl 

Uliverkf niibar, und dafl et illntiriett sei r- i vpr cht 
lo »ehr den Gepflogeoheilen und Wunichcn unserer 
Zeil, der durch Abbildaagen leichter Uber den langen 
Text bwiKSfabolfeii wM, dab die Verbindungeo 
biMer BleiMBtt ab efai dlircbam aBfabraeblaa Übtet« 
■ebmen anebalnl. Van dar auf dieaem Gebiete darek 
d!« Tcrwandlen Verfiffentlichungen der letzten Jahre 
wohlbewlhrten Gctclltrhafl m Wien - M'Inchen iiiize- 
nktrt, darf e« mit vollem Verttaaeii begrutat werden, 
taiial twei lo tüchtige und gewandle Gelehrte fUr die 
«haoMcbaAUehe BedeetMoc die ricbtige Aaiwabl, die 
BiMpicdbcade Form alle Gcwlhr leiaten. In 20 bi* 
i". KIpinfolioheflen (i I Mark, »oll das Werk 
»eiueu Abschhifi finden, and zwar vor dem Ende det 
olchiten Jabies. — L>:ts 1. lieft von 24 Seilen liegt 
bcreila »or «nd behandelt im I. Kapiici ,tdie FUle der 
Zeil*, in II. ,di« StifbiDg der Kirebe» »h BbwdiM* 
der apoMaNaehea Rciiaa, im III. .da« ItircbBcbe 
LalMB ia> apealoBtdwn Zeftaher', »nich&t .die gottes. 
diemtlichen Vetutniiiluiigrii". - In knapper aber jjanr 
klarer Weite und hier die Aiktänge des CbriMcnlams 
alljektiT aber watmhertig getchildeti und keine Seile 
CBlbcbrt der cbettw gal aoage fahrten wie aotgeiacbtcn 
AUHldwigeni die den Text aaninellMr liegleileii, 
indef* die Orientierung noch mehr eiteichlern würden, 
wenn lie auch mil fortlaufenden Nummern versehen 
wKren. Die Atis<>UlluDg i»t musterh.ifl tut nuf die 
etwas in dnoklcn Initialen. — Mithin sind alle Vor- 
badiagaatCB gabaMn ftr reiebca Erfalgl k. 



Ptpat Piaa X. Sto Lebensbild de« beiligen Vaters. 

Mit einem Rackhliclt auf d^e letiten T.ige l,eci< XIII. 

V(t» Mgr. i>r. Anton de Waat. Mil emem Titel. 

bild: Papst Pins X.. und 137 Abbildungen im Text. 

AUgem. Verlagt^eaeaKbaft m. b. H. ia Mtacbeik 

(IVela geb. 4 Mk.) 
Dafi in no Oberaus kurier Fri«t (weniger als iwei 
Mtmale nnch der Paptlwahl' dienen Lebensbild er- 
schien, und dafs e> Uber den neuen, hi» dshin wenig 
bekannten Papst so Vieles, so viel Imimes und nur 
Zavertissiges bringt, findet seine Krkltrnng aar in der 
aagevBbaUchea R«hrighcii aad Ge««adlbeit i» g«. 
rade amf dicae« Geiriete bbehst Itewanderten aad 

'luellenkundigen ;'n.iclib,irllfbc!i) Vcif.iMiers, dem nicht 
bloCs die sehr wichligcn amtiicbcn Ucnchle des froheren 
Bischofs und Palriaichcn an den papstUchen Stuhl 
im Verfilgaag alaadan, aondcrn auch «ieUacba Mii> 
Irilaagea aaa daa firbbctaB WirkaagcbteiMB vad ava 
verltaalicbea Beifehungen SehMr HciUgkcil, sogar von 
dieser selbst. Dank diesen giScVfichen Umsi&nden 
i>i diene Biographie bereis »ctir riii)»ehend und lu. 
gespilit, peisünUch im besten Sinne des Wottea; die 



rschau. 

Wirme aad FriKhe. aiii der aie geacbricben ia«, hat 
daria. «ia ia der pciadaiicJMn Hhigtbaag aa die «iw 
habcBB Pefemi des VL Vwtm Owaa Gtutd. - Vaa 
den 7 Abacbnitlaa, in die daa Saeb xerftlH, lat dar 

ersie dem verstorbenen Papste, »einer Bedealunjj nnd 
seinen lelitea Tagen gewidmet, der xweite dem Kon- 
Idave; aad in beiden fehh es nicht an neeen EiuiT- 
aaBgea aad Geaiektapaaktea. — Die folgeadea fOnf 
Abacbaille cnlhlea von der Kfadkml aad Heimat dea 
neuen Pupulei , von «einer Tltigkeit ala Kaplan, 
Pfarrer und Domherr, M^dann als Bischof, des Weiteren 
als Patriarch, endlich al» Papst, also namenlUch der 
Krönung. Diese treuheriigen, liebevollen Schildemngcn 
aind reich an Belehrung wie Erbauung, nnd die lahl. 
aaichea dwcbwegvonTefflicbea Bilder« {Br deraa ailigaa 
ZutatHmensMhen «nd geschicktes ZatammeeMdlea 

nur die Fertigkeit und Be riebsnmkeit des Dr. Baum- 
gaiteu ausreichten, illusliicrca dietc ichUdeniogeu m 
einer Geist, Gemüt, Geschmack so befriedigenden 

i Weite, dafs der voraehm aieh darbietcsden Scbrifi m 
jeder Rlaaicfct daa baatt Zaagvia aaagealclk «acdaa 
darf. IKe l>etle Empfehhing derselben iat frrilicb daa 
schttne Motto: ,,Omnia vestra in charitaie facHe". daa 
ihr der hl. Valer eigenhSndig gewidmet hat, and das 
ihr in Faksimile-Wiedergabe vorangeatetll iat. |>. 



Von Sr. Heiligkeit l'ius X. hat Köhlens 
> Kanslverlag Porträts m iwci Darstellungen 
I beaorgl, fum Teil unter Zugrundelegung der im August 
gcmaehtca Aababman daa römiacliea PlMic(f«^Ma 
I Feiici aad lait VcnreBdaag der von Seiacr HciKglwft 
tu diesem Zwecke gegebenen Unterschrift. — Von 
j diesen beiden Darstellungen: A. Halbfigur, nach 
dem treilend char.ikterisieiteii Bilde des Puilrätnialers 
Massau mit segnend erhobener Rechlei B. Brust- 
bild, liegen mehrere matte Lichtdrucke auf Kupfer- 
. druck mil Plalienrand vor, die ja aaeb der Blatt- aad 
! Blldgrdiae voa 30X41 (beew. 10X25). 41X00 
1 (beiw. 26«/» X H."0. '>'' X 7:! (beiw. ."W'/, XII rm , 
I 1,20 Mk., '2 Mk., 4 Mk. kosten, aUo m&r»ig< i'iei»e 
für die in jeder fiinsicht gelungene Ausführung. — 
Nach dem Originalgemilde Maasaas sind für die 
nidiaic ZcH aadi grtbere farbige Kaaatbllttcr 
dcsadben Vsilagei eraiarten, wie farbige Ke>- 
Ii<rbil4er Ueiaa« Parmalea (k 9b K) bttitt» »■ 
•Aiaaaa sbid. 



Die .S c h »■ e 1 ^ e r 1 • t h r n Heiligen de« Mittel- 
alters. Em Hand- und Nachschlage>Buch far 
Forscher, KUnsiler und Laien. Mil 87 Text-AbbiV- 
dnagen, 1 Kaite aad 1 LicbtdrackinfeL Voa E. A. 
Btflekelberg. Verlag F. Amberger. Xflrteb 
11»03. (Preis 15,10 Mk.) 

Der auf dem Gebiete seiner heimatlichen Kullur- 
und Kunstgeschichte, namentlich auch hinsichtlich 
ibrcr llumographie aad ihres Reliqaienkaltes aaermOd- 
liebe Vcrfaaaer legt ««ederam eia moatergflltigea BWk- 

lein vor, das sich darcb reichen Inhalt und interessante 

Illustration ansielchnet. rShIt in alphsbetfsehpT 

Reihei)fol(«e die ; mm..;--- ■ > ■Ar- i ,-ei.rrn t.e-- ':e: :i. 
gen Schwciiergcbictes bestatteten mittclallerlicbeo 



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9» 



1903. — ZEITSCHRIfT FÜR CHRISTUCHE KUNST — Ni. 9. 



«8» 



Heiligen auf, mit mehr oder minder eingehenden No< 
tiMD Uber ihren LebetM^ftaf, ihre Vcrebning, ihre Dw> 
■Mlnogen, »owie ihre Llteratnr. Hier fehlt CS aMtt 
aa Bind« bekauMoi NaMB and MHWiinfiH. Mwit 
■n Fifwu lg wi ftr A^wIgMi, die cfaaebtn Hdl««» 
oder Seligen genuieT nachgehen mAchien. Unter den 
AbbiJdnngen begegnen raerkwflrdige Detaili ond die 
Uberiichtitafela Uber die (tlrahienförmige) Atwdebnaug 
der Vcrebivttg einielner hcrTorragcnder Heiligen lind 
ebenso dankbar to begrufteu, wie die Landkarte mit den 
ta Ii« cincMtagnta GnfaatllltD. Die mtdiiedeiwa 
ftcfiner crialdNen die Oricntictniig eed daail die 
HeTii;!iung de» in mehrfacher Hiniicht iehr brancb» 
bareo Buchet, dai bolTenliich die bezügliche Korichung 
in anderen Lindern bei denjenigen anregen wird, denen 
ee gcKncen ■»£> c^l* •> da» «ielcciuliigc, «reit ser. 
«liMli liMMriil «keneo Uelwran «ad «ifolgraidk m 
MrttobBi S«kn>lfea. 



Knniltch Ilse 4«a Aecbener Kaiierdomci. 
Werke der Cii|d«toiad«k«Mt, BUenbiiiuehnilierei 
■ad TcvtakiuMt. 35 Ltehtdiaidtt mit Text veo 
Stephan Bcistel Kohlenc KoMt'VMlis ia 

M.-Gl*db«ch. (IVeii 30 Mk.) 
Die Aachener Schaltkaraoier hat anf der Welt nnr 
•ieigeNelMBimhIer, und auch «oe dieaen des Vortag, 
mm dir Coldscli«eledeltmii*t der Ataf tMMen 
Jahrhoaderte dea Mittelalten aialirere Dalicad Deak« 
miter ertten Ränget ta bealtten, die In den leittca 
fünf Jahrtehnt r :; !■■; üfiereii abgebildet und beichrie- 
ben »uid. .So vortrefflich dieae Abbildungen und Er- 
Muteningen fOt ihfeZdt waren, den getteigerlen An- 
aprflehan der Ccsesvart fealfea aie atebt mehr, ao 
daJä die voraUglieben Llehtdracktafeln, die 
Kühlen su eben vorlegt, and die nicht gerade aat- j 
gedehntCQ, aber höchst inhaltreicheo Eikliirungcn, mit | 
dei>en Beiuel als langjähriger, grüadlicher Kenner tie 
begleitet, anft wftrmde ta bcgrttden »ind. Gröfae und 
glcichmfthige Scbirfe der Aufnahmen geelallea ein- 
tehendea Swdian, and der Teil (der die ta der 
„AaeheaCihrt'* deMdban VerGuicTa «lillngit bebanddle 
Geschichte des Schatses and «einer HauptstUckc a]s 
bckaoni voraussetit) bietet aaf Orund der neuesteo, 
voraehmlich durch die vorigjihnge konsthistorische 
AeaaieUaac asgcragtcs UateisacbangCB Baue Anfaben 
■ad KoDibiaalioaea ia grelaar Zahl nad galer Be> 
grladong. Ob aie Irellich alle sich behaupten werden 
bei der aagenbBcklichen Vorliebe gerade fOr diese 
Forachun,7i-i: nders auf dem Gebiete des rheini* 

sehen Grubcnschmelzcs (aber den ein giofses Pracht> 
werk Ton Falkcs ia Monatsfrist erscheinen wird), ist 
awaiCdhail. Dafs die beiden grodea Schteine, daeen 
«tll Redt je S TaJeto gewidnat aiad, ia Aadien 
aatgfftlhrt worden, ist »ehr wahr»cheinlich, dnfs der 
Karluchrein aber noch Wibeil, dem Künstler des 
Katili'Qchter», «einen Ursprung, nuch nur »einen Anl.ing 
verdankt, kaum antnnebmen, wie Oberhaupt die Gruud- 
■aKbaam^ dea Verfaatert, an den grofien Schreins- 
«•die» ad daiehwav ■ehretc Jeteachatehiadaicb g/i- 
atMlet wofde», «felleidit mh chvem Frageteiehen n ynt- 
lehen i»t. Auch hinsichtlich der Uthebei der beiden l 
Schnorgaasenschrcine in Köln konnten die Namen an I 
daaielbta m etwaa aaderc« VataHrtaagea ftkraa. Dia ' 



auf Seite 6 erwähnte, mit Recht an die Maas »erlegte 
(Trag-)Ahart«fel in nicht in Ascbaflenbiirg, »oodetn 
bt Anglberg (wie «os dieser Zeitschrift Bd. XV, 
Sp. ISftC: aa erwbea). — Die Prtfang der pticb* 
ligcB FolwtsfidB mit Ihren 8S. dea HMiepaakt der 
Leistnngsfilhigkeit in ihren EnlstelrangsxeiteB bcieich- 
nenden Gegenstlnden bietet einen ungewShnHehea 
Genufs an der Hand der leicht und snverUUaig wirken- 
den Beschreibungen, dal» der Wunsch, auch andere 
Schaukammem möchten eine solche Veröffentlichung 
erfahren, gewila von aliea Intereiaealen geteilt wird. 

Sehnltf«». 

Der Severi-Sarkop hag tu i^rfurt und sein 
Künstler samt Übersettung der Vita und Trans- 
latio Sancti Sewri de» Pricatcia Liniolf von Dr. 
Otia Baehaer. Mit STafch «ad 2 AbbOdaagca 
im Text. Hugo Guther in Erfurt. 
Als opB» posthumum erscheint diese kleineSludie, die 
von der Vertiefung des verstorbenen Verlaster» in die 
mittelalterlicbe Plastik Deutschlands, namentlich Tha> 
riagens, und von »einem feinen Verstindnis für die» 
adbe rflbailwbaa Zeognia abl^, Sic behandelt daa 
■■r nncb in aeluaa Teilen voibaadenen Severi-Sarke. 
phag, den der Verfasser un der Hand mehrerer guter 
Abbildungen ctDgeheud beschreibt, erklärt und im 
Zusammenhang mit gleichzeitigen .Skulpturen, sowie 
alt Werken dcaielbcs Koutlata behandelt, als welchen 
er (a«f Graad der Inachrift aa «laar Madonna der 
Severikirche) J«bamaa Gaiiait aradttdl hat. Dhwn 
durch die Anscliaaliehkeil «ad Lcbeadlgkeil der Oarw 
Stellung, die Körperlichkeit der Erscheinung, den 
mhigen Erost auigeieichncicn heimischen Bildhauer 
aaa der iweiten lUlfte dea XlV.Jahrh. in die Kunst. 
gMchkhle ciagcfiihrt sa haben, iat ein Verdianat daa 
aaa Indtthafeai, adUca SdHiOea alAenifaaatt Jeagaa 
GcMmcB. Sckatigea. 



Meisterwerke der n i e de rlln d isch en Malerei 
dea XV. «nd XVL jahrh. aaf der Anastel. 
lang aa Brtgg« 1902. Haiaii g a g ah a a «aa 

Mas J. Friedlsader. VeitefMUHtall F, Brack. 

mann A.-G. 1003, 
Von diesem glinienden Nachklang der hochbe« 
dcviwunan Anaitelhing aa Bmgge, die bei 400 Ge> 
nlkle an&fiil*, liegt «na aldM der aaa M Crofa. 

foHotnfaln bcitehende vortlgiiche AbblUaBga» 

apparai vor, BonJem nar der eine eingehende krillache 
Beschreibung des leiiieren enthaltende, d^e brennende 
Frage nach der Bedeutung der früheren niederllndi- 
schen Maler Vom Standpunkt der höchsten Sachkenottiis 
behandelnde Text, der ao weckt den WciteiiMr der> 
artigen, die «nndtteUHn« VergMehvng emögliehaft* 
den, von den berufensten Kennern besuchten und be. 
sprochenen Ausstellung beweint Aufser diesem (nur 
in 'J".''i lixemplnren \ im* Mk. gedruckten) l'racht. 

werk hat der Verlag, der in Brügge mehr als die 
doppdie Antahl von Anfnahiaea (alko der Hüfte 
alatllcher Gcallde), geaincht haue, 198 PlgaieatP 
drneke in Follofonnai (ft I Mk. das nnaafge* 

iogene Forniatl veröffentlicht, und datu einen sehr 
flbersichtltch geordneten K atalog berauigegeben, der 
die «faHalaan Blltler gcnaa beceiehneti an«oU ia der 



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2S7 



1903. — ZETTSCHRIFT FDR CHRISTLICHE KUNST — Nr. «. 



l KttDtllenumen, wie nacb den Nummern 
■IdhmpikKlakigi. Daft di«M Ptg m — i JioH i «. von 

denen uns eine Anikhl von Pn f rn v jrliegl, durchweg 
den höchtteo Anforderungen genügen, vertlehl lich 
bei diesem VerUge eifeDtüch von »elb«!, und gerne 
mrdm Mch üncB di^nigcii pciicBi dit den ahcn. 
Mocrdlatt aiit iUdit w da Vwinrinnii btar- 
f itei und der AnerkcMUM^ ]ß d«r g> W ii> wm tc- 
logencn fllnuKhCB ll«lllCHk ihi« SHlAin 
«olcn. a. 



Cvscllielit« d*r geUlllehtn Miiili WM H«r- 
u%mm Barth. Guaiav SdUocsHMun, Haaabins 

1903. (Frei» 2 Mk.) 

In ,Schloe*unino» Bücherei fOr da« christliche 
(etm^geliiche) UaW eraciMiDl dteie Geacbidtt« der 
gcbtndMii UMik da n. Baad. Sie larOllt te 0 Ab. 

schnitte, von denen der erste die geistlidta Mnlk de* 
MitieUlters, der zweite die Höhe des katbolischen 
Kirchenslih (Palestrina u«* ) behandelt, der dmie den 
Eiaflaft der Keformation auf die geistliche Musik, der 
«itrta die Heroen protestantischer Musik (Htndel, 
Bach usw.), der ftloike die pobcn Wieacr Mdalcr 
(Gluck, Haydn, Moaart, Beet boren «tw.). derseehale 

die komnmiiier (Schubert, Spohr, Weber), der sie- 
bente Mendelssohn, der achte die moderne geistliche 
Musik (Schumann. Miller, Lachner, Lisit usw., usw.), 
der ScUefaabacbaitt dk DeuaeiUicbeo Beatiabungeo, 
die Ortel im UtUm JfMndcil^ im KirdMaSed. — 
Obwohl das IirteicaM fttr die feialüeke HKmOk dea 
Protestant ismos im Vordergrtiade alelil. M die Dar- 
legung doch objektiv, daiu durchans wtlrdig und recht 
inalraktir. Die ciage*>reuteD Abbildungen, Nc«iMn, 
Pottilli onr. creehciaeB eia laleMMaale SefanbcB. CL 



Hochland. .Mnn.-iisschnft Air alle Gebtete der Lite- 
ratur und Kunst, berausgegebea ton Karl Mut b. 
J«e, Kflaei'acba Bwihhaadhuis, MllackeB «. Keiaplen. 
(Ftm TwricliUirlieb 4 Mk.) 
Die»« neue Zcilschnfl mit ihrem hochgemuleten 
Titel und Programm ist von einem «ngewöhnlich lahl- 
lelcben und bedeutsamen Mitarbeilerstab umgeben 
■Mar der nagge dea ak Kritiker (Vatemaadaa) be- 
kuHilen «ad alaRedakleer tob .Alleaad Nene Weif 
hewlhrlen FOhrer», der im Vorwort forden ehr ist- 
lieben Id ea Iis mus eintritt, aber auf reali»ii>chrr 
Grandtage, der modernen, aber wahren Kultur die- 
aea, den V«lka)ebea aich widmen, Dichtung und 
adUtoe Utetatar yfl e t e a , die Kaaat der Gegenwart 
prttfen und flirdaia wUt elM dea RahaMB aekr taeit 
apanot. — Daa am 1. Oktober etaebicMae, «oroakm 
•mgatteltcte und mit S guten Bildern getchmiickte 
I. Heft von r28 Seilen ist sehr reiehhaliig, und herviir- 
ragende .Schriftsteller treten mit des reifen Fruchten 
ihrer Talenia und Foncbaaiea ia die Schraaken. 
So charakleri^rt Piak« rortreffltek dea tot geiade 
HOO Jahren trott seiner gewaltigen ParaSnliekkeit elead 
hingeschiedenen Papat Itonifsi VItl. — Lienhard 
»erherrl'cht iii geistreicher Kiktion Heinnch vmi()fier. 
dingen ala den Nibelnngendtcbtcr. — Pastor ver- 



sieht im Ansclikla aa dae PradMweik toa HietaiBaiiB 
die WaadlieakcB dar aielitriafketi KapaOa «ill aeoea 

geachichtüchea Nothca. — v. Sehaai twfclgl dea 

Einflufs von Kant in Frankreich hinsichtlich der Philo- 
sophie. — W I e m a n verlritt die Belletristik durch 
eine eigenartige romantische Novelle. — Eggert 
iiafeit inleraaeaale BeiMIge aar WOrdigaag der Fraa 
Edaerd lUMkaTa. — Lo«ra«ll ttfi Laa» 
hr die toa {ha la «Ünig tarlnMeae De^malpflege. 
— Storek rcferiett. fan Aaechlttfa an Riehard Wagner, 
über Musik und Drama. — Leii»chuh feiert Ludwig 
Richter su seinem hundertsten Gebtirtstage als dea 
sinnigen, volkstümlichen Künstler. — Daoa fa|g«|la|% 
ttie ea acheiat, atlodige Grappea: Laaehlaad« 
Gedaakea; Kritik: Kla rkeiaiaehee LabensbiM 
(Leopold Kaufmann) von Cardauns, llo c bland t- 
Echo, in welchem, xor Verurteilung der (Kunst.) 
Filscbungen, daa .Sammeln doch etwas einseitig 
beurteilt wird, endlich Kundsebatt, in der Uber neue 
Erscheinungen und VeröfTentlichungen auf dem Ge- 
biete der Philoaofihie, Naiartaiaaeaacbaft, Fgdagogik, 
Litcratar, Tbealer, Kaait, Mtnlk ele. aehr aarcgcad 
berichtet wird. — Schon dieac kur^c Ii ' .ilt»aiig:»be leigt, 
wie viel Wichtiges, Neoea, Akiueik» auf deu ver. 
schiedensten Gebieten hier von dea koDpetealcsten 
Beurteilen! and Reicrtntea geboica wird; «ad io 
dieser HiiHkbt darf da» I. HoR alnft ZtetiCil ak tf. 
piack betiacktet waidaa. la dar Oatoaiaalltfl wie ia 
der Zsverllssiglteit UnsichlKch dea rnhaltea «ad der 
Form wird die Grofsc der neuen Zeitschrift erstrebt 
und allem Atucheine nach auch enricht. HolTentlicb 
tut sie den bestehenden FachbUUtern nicht alixuviel 
Eialrag. — Oaa U. Heft iai deaa L ebeabimig. la 
ihai fiadcB die Aabiiae toa Wieaiaa. PMor, Eggert 
Fortleitung oder Schlufs. Mansbach schildert in 
geistvoller Weise das religiöse Leben als ein Hoch- 
land der Srr'r, Stölile den Professor Emst »on 
Lasauiz aus seinen Briefeci, Lienhard die Bedenken 
gegen Ibsen; Lern er den Kampf um den Stidpol, 
toa Weeck dea Fepet L«oXUl, aad ,KriUk« wie 
.Haehlaadi4Mio* aad .Randashaa* aiad wjodeiw 
reich aa Briehraaf. Sekattga*. 



Ola Xaaat dea Jahres. Deutsche Kunat> 
aaaatellnngcn 1903. GoackaiacktoD kaitooicrt 
B Mk. VerlagsanstaH F. RraekfliaBa ia MOacbea. 

Der hier >um zweiten Male, wiederum sehr prompt, 
vorgelegte Jahresband bringt von den bedeutendsten 
Kunstwerken, die in den hervorragendsten Ausstellun. 
gea: i« Bcrüo, Oreadaa, Mlachaa, Veaadig^ Wica 
endiaaBB aiad, VStl tonflgVeke Abbitdaagca alt 

kurier Unterschrift; und ein aljihaheliach geordnete* 
.Verieichois der Alibildungen- nennt die KOnstier, 
ihren Wohnort und ihr Alter. Weitere Notiien fehlen, 
so dals die Abbildungen nur durch sich wirken, im 
ganieo gU atiagesuchi bis auf einige DarstelluDgen, 
die docii Sicht aaf jedeai FaaiiKeWiaehe a ag a b ja ri« 
awd. Dieac Orlcaiieniag Iber die KaaaUeiitaagea 
dieses Jahres lafst an V'ollstSndigkeit der .Autwahl, 
Aktttalitit des Erscheinens, HandUcbkeii de« For- 



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ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. — XVI. JAHRGANG. — Tafel III. 




Abhandlungen. 




Das neue Teppichwerk der St. Ma- 
rienkirche zu Aachen. 

(Mit 2 Abbildiiogen, 
Tafel III.' 

er namhaften Zahl 
prldidger Kiicben- 

tepi)i< he, wflrtie seit 
dem Ende der fünf- 
ziger Jahre des vo- 
rigen Jahrhunderts 
, cntstariden, ist in jüngster /t-ii ein neuer 
hinzugefügt worden, der zwar niciU den 
-v- Amprocb erhebt, der bedeolendale dieser 
Teppiche zu sein, jedoch mit aiuleren pröfse- 
ren Chorteppichen immerhin rivalisieren darf. 
Wir meinen das Teppichweric, weiches Aachener 
Damen zu Ehren der Gottesmutter für die 
St Marienkirche xa Aachen angefertigt haben, 
nnd das am 8. Desember letzten Jahres, dem 
Fest der unbefleckt Empfangenen, ztim ersten 
Male Altarstufen und Chor geschmöckt hat. 

Die Anregung zu ihm ging von Frau Kom- 
mersienrat Vossen, Frau Lingens>Bndiaiir and 

Fräulein F.mnia Adenaw aus. Rasch waren fromme 
Verehrerinnen der Gottesmutter in genügender 
Zahl geftmden, welche bereitwilligst entweder 
ihr Scherfiein zur Bestreitung der nicht uner- 
heblichen Kosten spendeten oder ihre Beihilfe 
für die Ausarbeitung des Teppichs zusagten. 
So koonie, nadideiB Sdudber dieser Zdten 
eine Skizze entworfen und Herr W. Mengel- 
berg in Utrecht sie in seiner bekannten Weise 
in Felben ireinicbst ansgeflibrt hatte, mit den 
Werke begonnen werden. Es wurde der als 
Stickgrund dienende Stramin in der Ausdeh- 
nuog des Teppichs provisorisdi aneinander 
gereOlt, die Zeichnung durch Maler Wirth 
vergröfsert und auf den Stramin Übertragen 
und dann den Damen die wieder auseinander 
getrenntcD Stflcke ran Auastickcii ttbergeben. 
Es geschah das gegen die Mitte des nczembers 
1902. Die Arbeit schritt so rasch voran, dafs 
im August des folgenden Jahres bereits an das 
Zusammensetzen der Stücke und die Fertig- 
stellung des Teppichs gedacht werden konnte. 
Mit Bqpnn Oktober war das Werk vollendet 



Das leppichwerk l>esteht aus zwei völlig 
voneinander getrennten Teppichen, einem 
kleineren f&r die Stofim des Hodialtan und 
einem gröfseren Ttir den Chor. Jener mifst ra. 

6X6 dieser ca. e'/aX^fK* Die Teilung er- 
folgte aus praktisdien Grilnden. Natliüeh 
mulste dafür Sorge getragen werden, da& 
zwischen dem Altarstufentejipich und dem Chor- 
teppich nicht blofs stilistisch und koloristisch, 
sondern aodi hinsicbtlich der d^ontifen Mo- 
tive und der in ihnen znm .Nusdruck kommen- 
den Idee Einheit herrsche. 

Der Chorteppich setzt sich aus einem ca. 4,20 
X 4,20« haltenden MittdiUde und einer 0,90 m 
breiten Borte zusammen. Das Mittelfeld besteht 
aus einem Uber Eck stehenden Quadrate und vier 
gleichseitigen reditwinkligen Drdecken. Dem 
Quadrate, dessen Seiten in grofsen Unzialen 
die Widmtmgsinsdirift: ACCIPE- VIRGO - 
MATER- 0 VOD - LAETA - OFFERT - A- 
Q y/SGRAXI- PIETAS - FILIA R VAf- A-D» 
MCMIII (Nimm hin, Jungfrau-Mutter, was 
freudig der l'öchter Aachens Frommsinn spendet 
Im Jahre des Herrn 1908) eodifllt, ist eb 

Vierpafs eingesrhriebcn, dessen Inhalt durch 
die auf Spruchbändern angebrachten Beischriften 
lERVSALEM. CALVARIA, TEMPLVM, 
MÖNS - O/./VAffVAf. COENACVL VM ab 
eine Darstellung Jerusalems und seiner heiligen 
Statten gekennzeichnet wird. In der Mitte des 
Bildes ragt der Tempel empor; darunter ge* 
wahrt man in Form einer offenen Halle den 
Abendmahlssaal, beide von einer turmbewehr- 
ten Ringmauer umschlossen, links erhebt sich, 
dnrdl drei Kreuze angedeutet, der Kalvarien- 
berg, redits, durch OlivenbAume markiert, der 
Olberg. Fslnwedd ilHen ^ von der quadra- 
tischen Umrahmung und dem Vieipaft gebil- 
deten Zwickel. 

Die um das Mitlelquadrat gelagerten Drei- 
edce weisen Darstdiungen Nasareths, dann der 



Stadt im Gebirge Juda, wo nach dem Evan- 
gelium Zacharias und Elisabeth wohnten, Beth- 
lehems tmd Ägyptens aaC Eroe Inschrift gibt 
die Bedeutung der einzelnen Bilder an. Nasa- 
reth, die Stadt Judas und Bethlehem erscheinen 
nach mittelalterlicher Weise als StAdte mit 



tn 1908. — ZEITSCHRIFT FÜR 



Mauern, TUrmcD, PaUsten ; Ägypten ist durch ' 
Pyramiden, Obelisken und zwei Sphinxe cha- i 
nkeeriaieft. Den von den Bfldeni nicht ein- | 
genommenen Raum der IVeiccke fül!t stilisiertes 
Rankeowerk. Um die Darstellung von Nazveib . 
breilen sidi blähende Granatswe^. um die | 
Civitas Jiiila blühende Olivenzweige aus. Beth- 
lehem ist von Ulienstengeln mit weifsen Likien, 
Ägypten von Distebttuden nah violetten Distel- 
köpfen umgeben. 

nie das Mittelfeld einfassende Umrahmung 
besteht aus den vier seinen Seiten entlang laufen- I 
den Bortai vnd ebenso vklcn quadnrtiachen, mit ' 
einem Vierpafs ausgefüllten Eckstücken. Jede 
Borte weist xwd streng stiUsieite, mit gefälliger 
Eleganx nach beiden Seiten »ch entwickelnde 
Rosennnken auf, die von einem Spruchband ' 
durch?ogen und durch ein Scheibenmedaillon 1 
voneinander geschieden werden. Die Spruch- 1 
btnder «n Fofiende und an den bdden Seilen | 
des Tc])piclis enthalten rechts Namen von Alin- 
lierren der alierseligaten Jungfrau: Adam, Abra- 
ham, Imak, Jakob, David und Joarhim; links , 
Namen der entsprechenden Ai i r .i : F.va, 
Sara, Rebekka, Lia, Bctlisabet- und Anna. Am : 
Kopfende liefst man auf den Bftndero den ■ 
Grals: A VE- GRATIA - PLENA -AVE^ | 
gegrüfst, voll der Gnade, sei gej^rtifstV Uas 
Medaillon in der Mitte der Borte umschliefst i 
luer das Wappen Aaehem^ den Aachener Adler, | 
während in den übrigen drei in der Mitte der 
Borten befindlichen Medaillons die Halbbilder 
der Propheten Isaias, Ezechiel und Michaeas, i 
Spruchbander in den Händen haltend, ange- { 
brarlit sind. Die Stellen, .nif welche sie hin- 
weisen, sind die bekannten Weissagungen von 
der Gebart des Heilandes durch die allerMligste 
Jungfrau: Isaias", 12: Siehe, eine Jungfrau wird 
empfangen usw., Ezechiel 49, 2: Geschlossen 
wird sein dieses Tor usw., imd Michaeli 5, 2: 
Und dn, Bethlehem, in Lande Juda naw. 

N.Ich dem Mittelfelde zu werden die Borten 
von einem schmalen, treppenartig gemusterten 
Streifen, nach dem Rand des Teppichs zn von 

einem breiteren, mit geoinctrisi h stilisiertem 
Blattmuster versehenen, durch seine ruhige Rin- 
(kchhett unfnoMin kfiA%en Bande begrcnst 

In den Vierpisaen der Bckstttelte sind vier 

Sibyllen darf^estcllt, link«^ tmten die k'imaisrlic, 
links oben die persische, rechts unten die del- 1 
phisdie, rechts olien die tiliurtinisebe. Spruch- 
tatader, vekhe m Form eines Quadrates die | 



KUNST — Nr. 10. MS 



^Sibyllen timrahmen und wiikungsvoll die \'\tt- 
passe durchschneiden, enthalten die Sprtiche. 
welche den Sibjrllen sugesduwbcn wurden. Bei 

der kumäischen Sibylle liefst man: :A.\f NOVA 
P/IÜG£A//£S . COhLO • DEJiirTITl'R ■ ALTO. 

(Sdion wird vom Himmel hodi ein nener Sprofs 

entsandt;, bei der persischen: ChKMES' ■ VIR- 
GINIS'EHIT'SALVS. GENTIVM. [Zum Heil 
der Vfilker wird der Jungfrau Sohn), bei der 
delphischen: PkOPHETA EX - VIRGISE-NAS- 
CEI VR. Geboren ein Prophet wird aus der 
Jungfrau werden), bei der tiburtinischen end- 
lidt: tfASCBTVX . M- BETULBMEM. (Zu Beth- 
lehem wird er geboren werden). Die Zwickel 
zwischen den Spruchbändern und den Bogen 
der Vierpisae ftilt xierliehes, dreibllttriget 
I^nbwerk. 

Ungleich einfacher als der Oiorteppich ist 
der Teppich, weicher für die Altarstufen be- 
stimmt ist Er wurde erafiM^lMr gehalten so- 
wohl, weil durch die mit den Stufen notwend^ 
gegebenen Falten ein reichere«! Mtiiter drvch 
nicht genügend in die Erscheinung treten kann, 
als audi, weil der Altaraiufenteppich am ehe- 
sten und am meisten t.\ leiden pflegt, selbst 
wenn man zu Laufern seine Zuflucht nimmt. 
Anfserdem sollte der Stufenteppich eine pas- 
sende Überleitung zu den einfachen, kräftigen 
Formen des Altares bilden. Er b^nnt mit 
einem breiten Inschriftenbande, das sich von 
der einen Schmalseite bis zur anderen erstreckt 
und die Bitte enthält: svf^ - rrvM ■ rnAf-^r. 
ü/yju - cuAfyG/juiS - saac rA ■ i>hi • geki- 
TRix. Dann folgt ein KransstiltsierterlUMenund 
l.itien, der .-on aufreilit stehenden Rosenzwei- 
gen und Lilienjitengelo gebildet ist und die 
vordere Langseite samt den beiden Schmal- 
seiten uni/ici I I i ' Mitte des Teppichs nimmt 
ein rechteckiges leid von der Tiröfse der 
oberen Flache der .Mtarstufen ein, das im 
Gegensats aum siegelroten Fond des Tepfdcha 
von fjedampfter c;rtirer Farbe ist und durch 
Rosen, die in Reihen übereinander angebracht 
sind, leicht belebt wird. An der Vorderseite 
und den Schmalseiten ist das Mittelfeld von 
kurzen Rosenzweigen mit gelben Rosen um- 
rahmt, welche einen gefälligen Üljergang zum 
roten Fond des Teppichs und zugleich einen 
wirksamen Hc^ensntf rn dem Kranz vonRosen 
und Lilien am .Aulsenrand bilden. 



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1903.— ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10 



804 



Da der Teppich für eine der allerseligsten 
Jungfrau geweihten Kirche be-^timmt und ein 
Weihegescbenk , wie die Widmungsinschrift 
Mgt, des FromnMtiioes der TBdMer Aachens 
•n die jtingfrnti-Mmier sein sollte, so er- 
schien es passend, nach Möglichkeit auf eben 
diesen Zwtdk bei Feststellung der Dtrstetlangen, 
welche den Teppich zieren sollten, Rücksicht 
zu nehmen. Als ornamentales Leitmotiv wurde 
daher für das Teppichwerk die Rose gewMhlt, 
dem des Wechsels halber als Nebenmotiv auf 
■!rm kleineren 'I'eppich dje Lilie ««gesellt 
wurde. Kern Urnament konnte Air einen Tep- 
pich, welcher der ,4>äsdlchen R<«e", wie die 

Kirche betet, und reinsten Jiini;frau {gewidmet 
werden sollte, geeigneter erscheinen, als eben 
diese beid«. Wahrend es nun leicht anging, 
den Altarstufenteppich auf die genannten Mo- 
tive ?.n beschranken, reichten sie beim Chor- 
teppich natürlich nicht aus. Hier, als auf dem 
HauptstUck, mnrsien reichere Darailellungen 

»orgeschen worden. So entstand die Idee, auf 
ihm ein Marienleben anzubringen, einen Cie- 
genstand, Dir den die kindlich fromme Knnst 
des Mittelalters stets so viele Vorliebe gehabt 

Der Umrahmung wurde rier Stammbaum 
der allerseligsten Jungfrau zugewiesen. Am 
Fnfaende des Teppichs rechts und links von 
dem Medaillon beginnend, endet er oben 
an den Seiten mit den Eltern Marias, mit 
Joachim und Anna. Die drei Propheten in 
den Medaillons der Borten und die vier Si- 
byllen in den V'ierpasscn der Ecken sagen, 
was das für ein Meoscfaenkmd ist, dessen 
Ahnen dem Beschauer anf den in die Rosen- 
ranken verwebten Spruchbändern entg^en- 
treten. Es ist die allzeit reine Jungfrau (Isaias), 
die geschlossene Pforte (Ezechiel), aus der 
der FricdensfUrst, der Hmanuel, /u Bethlehem 
Pfeboren werden soll (Michaeas), die Jung- 
frau, welche zu Bethlehem (tibortinischc) 
der Welt den Propheten schenken soll (del* 
phische), den neuen Sprossen, der hov\\ vom 
Himmel herabsteigt (kumaischc), um den Men- 
schen Heil X« bringen (persische Sibylle). 

Dem Minelleld wurde die Aufgabe, das 
Leben Marias zu schildern. Da es aber un- 
tunlich war, wirkliche Szenen aus dem Leben 
der alleiseligslen Jungfrau dem Teppich auf- 
zusticken, hiefs CS, den Versuch niarhcn, in 
anderer Weise den beabsichtigten Zweck zu 
erreichen. Es wurden deshalb statt jener Be- 



gebenheiten, zugleich aber auch zur Elittne^ 
riinjj an dieselben die örtlichkeiten zur Dar- 
stellung gebracht, an denen die allerseligste 
Junglna geweilt ond gewirkt hat: Nanreth, 
die Stadt im Gebiise;, Bethlehem, Ägypten 
und Jerusalem. 

Die Reihe eröffiiet unten links Nazareth. 
Zu Nazareth geboren, ward Maria, nachdem sie 
im Tempel erzogen worden, ebendort St. Joseph 
verlobt. Zu Nazareth brachte ihr der Faigel 
die frohe BotschaA, zu Nazareth weilte sie nach 
der Rückkehr atis .\gri)tcn lanpe Jahre in aller 
Stille mit ihrem göttlichen Sohne und ihrem 
heilten Gemahl. Bs war ein Leben voll- 
kommenster f'iottesliebe , welches Maria im 
stillen Heim zu Nazareth führte. Daran soll 
der Gnnatzwcig mit seinen roten Blüten er- 
innern, von dem Nazareth nmrankt ist 

Im zweiten Dreieck i.st die Civitas Juda, die 
Stadt im Gebirge Juda dargestellt, von welcher 
der hL Lnkas berichtet Als Maria empfangen, 
machte sie sich, so erzählt der Evangelist, eilends 
auf und begab sich ins Cnbirge zu einer Stadt 
in Juda, wo Zacharias und Elisabeth wohnten. 
Da geschah es nun, daft diese bei dem Grufse 
Marias vom hl. Cei«;! erfUltt wurde, dafs der 
Sohn, den sie unter ihrem Herzen trug, ge- 
heiligt ward, und Maria selbst den wundersamen 
I.obge^ang anstimmte, den von da an die Kirche 
durch alle Jahrhunderte unaufhörlich zum Preise 
der Gottesmutter wiederholt hat An diese 
Begebenheit will die Darstellung erinnern, und 
weil Maria bei dieser Rcjj;egniing mit ihrer 
Baa« als Brmgenn göttlichen Friedens und 
gOttlidier Gnade erseheint, wurden passend der 
„Sudt in Jude" Utihende ÖI/.weit;e beigefügt. 

Br'tblciiem, im dritten der Dreiecke, soll 
darauf hinweisen, dafs Bethlehem es war, wo 
Maria den von Gott verheHiNmen und von den 
Propheten verkündeten Heiland der Welt gebar. 
Weil aber Maria reinste Jungfrau blieb vor der 
Geburt und in der Gebort ihres göttlidien 
Sohnes, erschien es passend, das Bild Bethlehems 
mit wrifsen Lilien zu umrahmen. 

.\gypten, die Darstellung im vierten Drei- 
eck, will dem Beschauer ins (Hsdächtras rofim, 
wie Herodes in blinder Leiden'schaft finstere 
Plane gegen das neugeborene Jesuskind schmie- 
dete, und darum auf des Engels Befehl Maria 
mit Joseph und detii Kinde zum fernen heid- 
nischen Ägypten flüchten mulste. Es war ein 
schmerzvolles Ereignis im Leben der Gottes« 



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295 1903. — ZKliSCHRIFT FOR CV 

mntter, eine Fügung, die ihr viel Mühen und 
Sorgen und manche harte Beschwerde machen 
tollte, and danim Mben wir denn neb ring» 

um das Rild A^^yptens stachelige Distdll mit 
ihren trüben Blüten ausbreiten. 

Den Mittelpunkt des Teppichs nimmt Jeru- 
salcTD diu Mit Recht Hier wird Marit von 
ihren Eltern im Tempel dargestellt und den 
Tempeljungfrauen dngereiht. Im Tempel zu Je- 
nisalem bringt sie das Opfer der Reinigung dar, 
hier hört sie die Weissagung von dem Schwert 
der Schmerzen, das ihr Heiz dut( li!)oiii en wird. 
Zu Jerusalem verliert sie den /.wolfj^hrigen 
Jeaasknaben, bbaie ihn nach drei bangen Tagen 
im Tempel inmitten der Gesetzeslehrer wieder- 
findet Zu Jerusalem erblickt Maria ihren Sohn 
in den Huden leber ha&erfdUten Feinde tmd 
ist Zeilgin, wie er, mit dem Kreuze beladen, 
nachCalvaria geführt wird und dort am Kreuze 
verblutet Zu Jerusalem sieht sie ihn dann 
gtorreieh erstehen und anf dem Olberg zum 
Himmel auffahren ; im Abendmalilssaal daselbst 
kommt der bL Geist am ffingstfesi Uber Maria 
und die am sie vemmnelten Apostel herab; 
zu Jerusalem schaut sie die Anfange Irr jungen 
Kirche, ihr Wachstum, aber auch ihre ersten 
l.«tden und Kämpfe; zu Jerusalem schltefst 
sie ihr «uudertMfes Leben, um am Olberg ein 
Grab zu finden und von dort durch Hoites 
Allraacbt bald auch dem Leibe nach in den 
Himmel aiaQienommen su «erden, von wo ihr i 
göttlicher Sohn selber aufgefahren war. Zu Je- 
rusalem hat Maria, als sie auf Calvaria unter 
dem Kreuie stand, den furditbanten Kampf 
heldenhaft durchstritten, hier ward ihr die j 
Vollendung und der ewige Siegeslobn zuteil; i 
darum wurden Palmen, Symbole des Sieges ' 
und Triumphes, den Zwickeln uro den Vier- 
pafs herum eingefügt ' 

So enthält also der Teppich wirklich ein 
Marienlebeo, wenngleich nicht in Szenen, wie 
gewObnlidl, sondern durch Darstellung ihrer 
.\bstammung, durch die pro[)hctisthen Hin- 
weise auf ihren wunderbaren Benif und durch , 
Wiedergabe der Orte, tn denen sich ihr beiliges 

Ixhen entfaltete. Die Pflanzenmotive, welche 
die Orte begleiten, wollen das Bild vervoll- 
stindigen, indem sie anf die besonderen Seiten 
tm Tugendleben und Wirken Marias, wdche 
gerade für die betreffenden Orte cbarakteristtscli 
sind, symbolisch hinweisen. { 



ISTLfCHB KUNST — Mr. 10. 29« 

Am Kopfende des I cppichs gewahrt man 
in den SpruchbAndem der Borte rechts und 
links von dem in der Mitte aogebmchten 

Wappen .Aachens den Grufs des Kngels. T>er 
Widmung in der Umrahmung des Quadrates 
im Mittelfeld fügen die Stffterinnen hier ihren 
frommen Grufs an die Tinadenvollc bei. Da- 
bei deutet das Aachener Wappen bezeichnend 
an, dafs es „Töchter Aachens" sind, welche 
Maria des tingels Worte zurufen. Damit aber 
auch die Bitte und die Kmpfehlnnt; in den 
mfitterlichea Schulz der Gottesmutter nicht 
fehlen, so flehen die Geberinnen in der In- 

5' lirift an der Vorderseite des kleuieren Tt![)- 
pichs, welche gleidisam den Ubergang zum 
Chorteppich bildet, mit den Worten der Kirche: 
„Unter deinen Schirm fliehen wir, o heilige 
Gotte^gebärerin." 

Der feppich ist von bedeutender Wirkimg. 
Ks liegt das zum nicht geringen Teil an der 
Klarheit und Bestimmtheit der Zeichnung. In 
festen, deutlichen Linien tritt die HHcderung 
des Bildwerkes in die Erscheinung: l^rahig und 
sieber heben sich die Oreamente, die In* 
Schriften und die bildlichen Darstelltin^en vom 
Grund und voneinander ab. Alles Kleinliche 
und Verwirrende wurde fest ängstlich ver- 
mieden. Dabei wurde in der Formengabe des 
bildlichen Schmuckes nach Kräften der bdm 
Teppich zur Anwendung gebrachten Technik 
Rechnimg getragen. .Arbeiten, die im gewöhn- 
lichen Krtu.'sticli .1I1S-. 'fühlt werden, erhei«;chcn, 
wenn sie wirken sollen, cme ganz andere Form- 
sprache, als solche, die in vottkommeneren 
5>ti( ktechniken hergestellt werden. F.in reich 
bew^tes, lebendiges, fein durchgearbeitetes Or- 
naraent wird, im Kretlsstich gestickt, allsdt nur 
mangelhaft zur Geltung kommen. Der Kreuz- 
stich will eine einfache, ruhige, kräftige, grofs- 
zuyigc Zeichnung, bei welcher nach Möglich- 
keit nur gerade und gebrochene Linien verwertet 
krumme aber tunlich« vertnicili n sind. Für 
6gU(liche Darstellungen ist er wenig geeignet. 
Em wurden dämm die Bilder der Sibyllen imd 
Propheten nicht im K reu/stich hergestellt, 
sondern von den Schwe&tero vom Armen 
Kinde Jesu in mdateihafter Weise in den bei 
Bildstickereien gebrXuchUchen Techniken aus* 
gcfiihrt, eine Praxi«;, die ftlr ähnliche Werke 
aufs dringendste zur Nachahmung empfohlen 



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297 



JÖ03. — ZElTSCKRll-T KÜR CHRJSTI.rCHE KUNST — Nr. 10. 



296 



werden kann. Die Figuren <;ewinnen dadurch 
ni^emein an Adel und Feinheit, der Teppich 
aber in hohem Mafse an Wechsel. Für die Ge- 
vaadiingen kam der Köper- oder versetzte Stich, 

fitr Gesicht, Handr- und Haar, sowie für die 
Konturen der Atlas- oder Rürdcichcnstich zur 
Anwendung. 

Die vortreffliche Wirkong des Teppichs 

liegt aller nicht nur an dem Charakter der 
Zeichnung, sondern auch an seiner harmoni- 
schen Ferbengebnif. Er pafst nicht nar voll- 
kommen in seine l'mgetnnij; liiiu-in, zum Fnf'?- 
bodenbelag, xur Bemaluog der Wände und zur 
Polycfaromie des Aliirei» ei »nd auch die ein- 
eeinen Farbentöne im Teppich fein gegenein- 
ander abgestimmt. Die Teppiche wirken lebendig 
und frisch, zumal der Cnorteppich, nirgends 
gibt es Jedoch schreiende, uogebtthrlich sich 

vorrlnint^t-nde Farben, nirgends tinan;jenchni 
Sich bemerkkich machende Kontraste. Reine 
Farben wurden nur ausnahmsweise und nur xn 
kleinen Ktfekten gebraucht; im übrigen kamen 
aittschliefslich gedämpfte, stumpfe Töne zur 
Verwendung. Konturen wurden nicht in reinem 
Schwarz nder reinem Weifs, sondern stets im 
ticf iunkcisten Ton der jeweiligen Lokalfiurbe 
ausgeführt. 

Der Fond des Teppücb« besteht, entsprechend 
dem in der Beosalung der Kirche vorherrschen- 
den I srbentnn, aus einem dunklen Ziegelrot. 
Auf dem Chorleppich tritt er fast nur in Ge- 
stalt schmaler Binder su Tage, auf dem Altar- 

slufentcpjiich kommt er dntjegen im F.inklaüi^ 
mit der Poiychromie des Altarunterbaues in 
ausgiebigeren Mafoe zur Geltung. Den Fond 
der Borten auf dem Chorteppich und des 
Mittelfeldes auf dem Altarstufenteppich bildet 
em sattes Olivengrün, von dem sich die helle- 
ren Rosenbtotter und die roten Rosen in ebenso 
wirksamer, wie gefälli^'t-i Weise abheben. Das 
Quadrat des Mittelfeldes und die um das 
Quadrat mch lagernden Dreiecke weisen einen 
c;ed,unpftcn blanen ('rr.nil auf. \'on derselben 
Farbe ist der Hintergrund der Sibyllen, wäh- 
rend die Bogenzwidcet der EckstUcke einen 
roten Fond haben. .\ls Grund der Prophcten- 
bilder ist ein ins bordeawxfarbige 'spielendes 
Braun verwendet worden, aus dem in gluck- 
lichiter Weise die in lichten Farben ansge* 
flllnten Gestatten der Propheten hervoitreteo. 



Die Ppruehb,-inder sitid teils cremefarbig, teils 
lichtgrau ; dasselbe gilt von den schmalen Ein- 
fassungen der venduedenen Felder, Borten, 
Streifen und Eckstücke des Chorteppichs, Der 
Fond des die Borte an der Aufsenseite beglei- 
tenden Streifens ist von abgetonter hellblauer 
Farbe, die Inschriften and anf den Borten 
braunrot, bei der Darstellung Jerusalems schwarz» 
grau, sonst aber hellbraun. Die Städtebilder 
sind in Gran, Granweirs, Violettbraun, Crime- 
gelb und Braun ausgeführt; bei der Gewandung 
der Propheten und Sibyllen wechseln Gelb, 
Rot, Blau, GriiD, Grauweifs, Braun, und zwar 
sind auch hier wie Uberall fast nur Misch- 
farben gebraucht worden. Sebr wirkimgsvol! 
ist der Faltenwurf durch lichtere und tiefere 
Töne wiedergegeben. Fttr die Kamationstene 

wurde ein leichtes Rosa gebraucht — Alles in 
allem genommen können wir nur wiederholen, 
dals der Teppich, den Aachener Damen ßr die 
SL Marienkirche gestiftet haben, ttmtrntig zu 
1 den vorzüglichsten Teppichwerken gerechnet 
I werden darf, welche in neuerer Zeit zu kirch- 
lichen Zwecken angefertigt wurden. Die Ge- 
schenkgeberinnen haben ihrer Opferfreudigkeit, 
ihrer Begeisterung für den Schmuck des Hauses 
Gottes, ihrer Verehrung der Gottesmutter and 
ihrem Kunstsinn in Gestalt des Teppichs dn 
herrliches Denkmal geseut 

fsrhliefslicb noch einige Notizen über die 
Herstellungskosten des Teppichs, die ohne 
Zweifel Interessenten willkommen sdn durften. 
An Stramin wurden gebraucht 67 w = 166 Mk., 
an Stickwolle 45 = 387 Mk., au Futterstoff 
51 ffi = 56 .Mk., an Einlassungskordel 48 m * 
K) Mk. Dazu kamen für die farbige Ausfth« 
rung des Entwurfes 400 Mk., fttr Vergröfserung 
und Übertragung der Zeichnung 500 Mk., für 
das Sticken der Sibyllen« und Prophetenfiguren 
252 Mk., für die Zusammensetzung und Fertig- 
stellung des Teppichs 160 Mk. Rechnet man 
dazu noch verschiedene kleinere Ausgaben, so 
belaufen sich die Herstellungskosten im ganzen 
auf rund 2000 Mk., gewifs eine nicht geringe 
Summe, die auch ihrerseits von dem Fromm- 
sinn der Geberhuien beredtes Zeugnis ablegt, 

' T^ug'eirh aber auch durch das priehtlge Teppirh- 
werk, das mit ihrer Hilfe geschaffen wurde, 
reichlidi aufgewogen wird. 

LwwBbatf. ). Br«sD S.J. 



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2M 



I90a. — ZHITSCIIRII- 1 l-ÜK CHRISTUCHE KUNST — Nr. 10. 



300 



Der mittelalterliche Tragfaltar 

(Mit 13 AbbilduDgco.) 




Jei Besprechung des mittelalterlichen 
Tragaltars im Stifte Adniont in 
Oesterreich IMCht Karl Weifs, 
mit der ArchäoloRip <les Mittel- 
alters wie wenige vertraut, die Bemerkung, der 
Trigattar gehör« ni den seltenaten Er- 
scheinungen der Kun^t iles Mittelalter^') 
und noch Garnier meimc, diese Ahärchen 
•ricn von Infserster Selteoheit*) Wie unbe- 
gründet diese Meinung der genannten Kunst- 
historiker ist, denen «ich noch manche andere 
Namen anreihen lietsen, h.-it die glänzende 
fetroipektive Abteilung der Industrie' und 
Kunstaiis-itelliiiig zu Düsseldorf bewiesen. 
Mehr denn ein Dutzend TragalUre bot sich 
dort dem Freunde mittelalterlicher Rtlnat lOin 
Studium dar, von denen allerdings die meisten 
bereits durch Otte bekanntgeworden waren. } 
Rdches Material hat auch Rohault de 
Fleury in seiner bekannten Weise zusammen- 
getragen. F.ine monographisrhe Arbeit über 
diesen Gegenstand existiert bis jetzt nicht. Wir 
bieten aie in der folgenden Abhandlung, welche 

wir mit einem gcdriintjlen Uel)crblick über die 
geschichtlich-liturgische £atwickelung des Per- 
Utile eioleiteD.*) 

I. 

I. Labartc und auch Garnier haben nach 
dem Vorgange älterer Autoren die Ansicht aus- 
gesprochen, der iragaltar sei erst seit dem 
achten Jahrhundert gebmuchlich geworden,*) 
wenigstens erst seit dieser Zeil nachweisbar. 
Dem gegenUb«' genügt es, auf die Erzählung 
im Leben des Kaisers Konstantin hinzuweiien, 
der auf seinen Feldzügen ein Zelt nach Art 
einer Kirche mit sich führte, damit sowohl er 
selbst, wie auch die Soldaten der Feier der hl. 
Geheimnisse beiwohnen konnten.*) Geschieht 
hier auch des Ahais nl< bt aiBdrilcklich Er- 
wähnung, so wird er lioch, als eins der nut- 



>) •Mitteilungen der k. k. ZcBUal-KomBiiiisioai V. 

(Wien \m>), ja 

>) »lliitoirc de U MffSfi« «t d* l'dnttfl«. (Tmis 

ia86>. p. 410». 

•) Ott« >Kuisl.AKtilaloKie< I. (fi. AvfIaKc), 147. 

*) .1.« Messe. V. (Parii IHH7), 1 »s. 

^) I.abarle • llistoirc des arts Induslrieix ;^£d. '2) 
III. ia2. Garnier «I.e.« p. (10. 

*) Eaacbin* »Viia Cooatuitmi', I. I. c. 42, IV. 
e. M. Migne P. Gr., XX, Q5f>, 1207. 



wendigsten Requisite zur Feier der hl. Geheim- 
nisse, nicht gefehlt haben. Überhaupt mufsten 
alle Priester, welche auf Reisen oder su Hause 
die hl. Messe feiern wollten, einen kleinen 
Altar und die andern liturgischen Geräte bei 
sich haben, seitdem durch Cewohnheit oder 
kirchliche Bestimmting die Darbringung de< 
Me&opfers nur auf einem konsekr ierten 
Steine gestattet war. Wann letzteres geschah, 
sieht nicht genau fest,') da es sich nicht be- 
weisen Irlfst, daf« die Konsekration der Altäre auf 
apostolischer Tradition *) oder auf Verordnung 
der Pvpste Evaristua (t 106) und Silvester 

r ^^'d sich gründe.'" Hoi h scheint sie im 
Oriente schon üblich gewesen zu sein zur Zeit 
Gregoia von Nyssa (t um 894), der von dem 
Altare spricht, welcher fdr den hL Dienst ge- 
weiht sei und den .Segen empfangen habe;'") 
jedenfalls aber traf die Synodd von .Vgde 
(606) die Bestimmung, der Alur mU^e nicht 
nur dnrrh Chrisnm c!^"!albt. sondern anch durch 
die prieslerliche Benediktion geweiht sein. ' ') In- 
dem ferner Papst Felix (t 536) gestattete, 
das Mefsopfer auch aufserbalb der Kircl>e dar- 
zubringen, sofern es nur auf einem geweihten 
und vom Bischof gesalbten Altare stattfinde.'*} 
hatte der TVl^ltar aeine eigentliche Sank- 
tion erhalten. - Zur Zeit des hl, AiiRUsiin 
war es das Amt der Kleriker, den Altar von 
einem Orte xum andern an tragen. 

D» die um 3'M von KotMlanlin erhaole GrsiMt- 

kirchc iü Jerub.Tlrn\ in (jcjjrnwÄrl lilrtricher Bischöfe 
koiisekrirt warde, dar) aiaii uhne Bedenken an- 
nehmen, dah der Haupigegenaland in der Kirche, 
d«r Akar, ebcafüls geweiht wurde; et aekeiat daher 
die AMidit jcoer ArckloloKm dwekaas kcitdU«!, 
welche den Ursprung des Tragaltara in dM II. oder 
III. jahrh. verlegen, wenngleich selbst vml Endlich der 
Nunc ,, Tr.if^.iltai ' dani.ils noch nicht »-iiNlierle. V'cr^;! 
Martigny >Uictionnaire des anlifiuties chretiennes« . 
(Paris IHl^f»), 7;{. 

•) Bona •RetttB Hturgic« >. Lc. 20. § 3 bc> 
haaptet den apottoliichaii Urapnmf der Akafikomc* 
kralion. Vergl. femer Prohsi 'Kirchliche Piaziplin in 
den drei ersten chriitHcheii T Uirlmmlcricn« . (1873) 215 ff. 

*) Mansi >CoDCilia< I, D tl. DecreleLGreg«*.' 
1. 1. Tit. XV «D« MCT« unctione« . 

I*) Oratio »In dien lamioam , In quo est bsp« 
titaiui OMiianx. Mign* P. Gr.. XÜVI, 561. 

») Hefele •Koaiilieii Gewb.« II («. Aufl.) im. 

"IHarduii. . l'ihc.Ih . II, 101).'. 

U)} S. Augustinus • Opp. ot«, Append. III, 
Qaacst. «X otroqM isttHasato*. q. 101, a. 10, Hiffe« 



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303 



Die Einrichtung tragbarer Altäre mufste 
übrigou den Christen nahe liegen, da solche 
AltHre-veder den Juden noch KUch den 
Heirlen unbekannt waren , womit allerdings 
nicht gesagt sein soll, dafs der jüdische oder 
bddnische Altar das Prototyp dea chrutHcben 
gewesen ist War ja doch im Christentum 
der Tragaltar nach Einführung der Konsekra- 
tion des Altures durch den Bischof eine un- 
abweisbare Notwendigkeit, falls nicht die Mis- 
sionäre auf ihrer an^g;eflehntcii Reisen,**) in 
der Einsamkeit der Walder oder unter den 
H«idea und Nenbeicehrten auf lanKe Zeit des 

Mefsopfers enlliehren solhen. Sie führten also 
auf ihren Reisen autier den andern zur 
M«sae notwendif^en Reqvinten auch einen 
kleinen Altar mit si<ti und brachten in der 
Wildnis das Mefsopfer dar. So erzählt der 
ehrwürdige Beda, die beiden Missionare 
Ewald bitten avfDireD Reben in Dentach* 

land. tini t.1p,dich die Mes^e feiern /ii 

können, die hl. Gefdssc und einen Tragaltar 
mit sich geführt**) Auch von unserm fioni- 
f a c i II s berichtet eine alte Biographie, er habe 
auf seiner Reise durch lliUringen „am Ufer 
des FlOJises Oraha sein Zelt aufgeschlagen, 
daselbst Ubernachtet und in der Morgenfrühe 
die Feier der hl ^fesse hc^tinjen";'' dieses 
konnte er natürlich nicht ohne einen Altar. 

Man machte sich die Einrichtung der trag- 
baren Altare Übrigens auch sonst vielfach zu 
Nutze. So relebrierte iler hl. Ambrosius im 
Hause einer frommen Krau, und als Wyn ne- 
bt I d, Abt .von Hddenhcim (t 761), wegen 
Kränklichkeit ni.ht mehr zur Kinhe gehen 
konnte, liefs er in einer Ecke seiner Keme- 
nate einen Altar emchten.**) Ebenso noftte 
er oft sttra Ersätze des festen Altares dienen, 

P. L., XXXV. 2301. Dm Werk gtii«it n dm bd- 
edilcn Sciwiflen des Lckiem 
'*) 2. Mo*, m 27. 

'*) Weil vuriujjiwciie .luf Kciscii gebrauLhl, heifti 
der Trm|;Bll>r m den »heu Uctichtctt uiiU Schalzvcr. 
zeichnisiten: AJtarr illncmriam, »d vi«m, mobile, UbuU 
itineruia. Aodere Mamco liod: AJUre gcMAioriom, 
laMh conMCTttai yortatilit naüa n. s. Auf cwem 
tpttgoiiaclicii «liluiMiwBTrafillar kdAl cf iwdiriiU 
lidi tifttuntt, 

*^ >HI«l«fia Aagl.«. L V.«. II. mgn« P. L., 
VC. 244. 

11) «Vila S. DoniriciK , auclore Othlan«, L I. 
tt. 23. Mign« P. iL. LXXXiV, (Mft. 

PauliDDi «Vit« S. Ambrotü«, o. 10. Migoe 
P. L. XIV. aO. Habillpe 1.23». 61. U. 190. 



wenn die meistens kleinen Kirchen das zahl- 
retcb zusammengeströmte Volk nicht fassen 
konnten und das Mefsopfer auf freiem Felde ge- 
feiert werden mufste, wie es z. B. der Fall war 
bei der Übertragung der Reliquien des Ra- 
banus Maoroa nach Fulda. "> 

2. Nadi Beginn der Itarolingischen 

7.ch hrtreti wir wiederholt von kirchlichen Be- 
stimmungen, welche direkt oder indirekt den 
häufigen Gebrauch des Tkagaltares voraoaaetaen. 
Es verbot z. B. das deutsche Nationalkonzil 742 
den Geistlichen die Teilnahme am Kriege 
„mit Ausnahme derer, welche zur Abhaltung 
der hl. Hesse dazu ausersehen seien".*") Die 
Darbringung des Mefsopfers auf ilen Kriegs- 
zügen verlangt aber die Mitnahme eines Altars. 
Ein Kapitolar Karls de* Grofsen.") EnbCschof 
Hincm.u von Reitns die Syno<!cn von Paris 
I im Jahre 829 und Mainz ÜSS''^) verordnen, 
I die Messe nnr an etneoi cibrbareo Oitn oder 
auf Reisen nur auf einem vom Bischof kon- 
sekrierten Stein zu lesen. 

Auch in den folgenden Jahrhunderten blieb 
der Thigaltar vietfach in Gcbranch. G«Ken 
Ende des X. Jahrh. brachte ein Archidiaron 
Godcfridus von Mailand einen mit Gold 
und Silber vereierten Tragaltar aus Maibmd 
nach der Abtei des hl. BenfgUHS zu Dijon,**) 
un'l Wilhelm der F.roberer vermachte einen 
i ragahar, den er auf seinen HeerzUgen mit- 
genommen, der Abtd »von der ScMadtt".**) 
In Deutschland aber haben wir das Zeugnis 
der zahlreichen Tragaltare, welche uns aus 
dem Beginne des XI. Jahrh. noch erhalten sind 
und von denen weiter unten aust'ührlich die 
Rede sein wird. Namentlich zur Zeit der 
KreuczUge scheint die Verbreitung tmd der 
Gebrauch des Tragaltares sehr angenommen zu 
haben. Die Ausstattung der mitzufiihrenden 
„Kapelle" wurde nunchmal anscheinend in 
IttxnriQeerter Weise hieben.**) 

>*| Rudplphrn* »Vita B, Rabanl Maari«, n. St. 

i Migne P. L., CVII. ..... Vergl. Eißinhart »Tran«. 

' lalio manyrum MarCellini et Peiri«, c. '2 n. 20 Migne 
P. L., CIV,:.4[I. 

*•) Hefele >Ko«Mlicf»-GMchkltie< III. 479. 
•<) >CHiit.e. L I. c. 14 («. 7«»). Mign« P. L., 
inC. 1'.'4. 

") .Capitul. a. XU. luperadd.«, c. 3, d. 732. 
MigMc r. CXXV. 791. 

») HardniB »CoiicUia« V. 3.i4, VI, 406. 
*«) •Aand« «nshMogiiinM* IV. (UM) U». 
») Rock alhe chaidi of <Mr frdM»«.!, 251. 



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304 



S. Seit doi KreiuxUgcD macht sich seitens 
der ktrchlicben Behörden du Bestfeben geltend, 
den Gebrauch des Portatilc, allmählich einzu- 
schränken. Nur die Bischöfe sollten sich des- 
selben noch allgemein bedienen dUrieii. Doch 
erbidten die Regalnpriester mit Rllckticht auf 
ihre ausgcdL-hnlen Misslonsreiscri die weit- 
gehendsten Privilegien. So gestattete bereits 
188t Hoooriui IIL den Dominikanem und 
spiter auch den Franziskanern auf ihren Mis- 
sionsretycndennebrauchdesPortatile. HrfgorlX. 
dehnte dieses Privilegium soweit aus, dafs die 
fenaitateii Reguleiprieater an jedem (ehrbaren) 

Ortr 'He hl. Mes'se celehrieren durften. Clc- 
mens VII. gestattete 1530 sogar den Carme- 
liteni, in ilaer Gegenwart es auch andern 
Priealera su erlauben.") 

Auch angesehene Laien erhielten das Pri- 
vileg des Tragaltares. So koniedierte Papst 
Gemens V. 1306 den beiden äliern Söhnen 
des Königs Philip)) TV. vnn Frankreich einen 
'i'ragaltar zum Gebrauche der HofkapUtne. 
Bereita im folgenden Jahre wnrde diese Kon» 
Zession für den .-iltern Sohn d.iliin ausgedc-hnt, 
dal« er durch jeden Kegular- und Säkular- 
priester auf dem Tragaliare die hl. Meaae lesen 
lassen konnte. Johannes XXII. erlaubte 1322 
dem Könige Karl IV'. nnd stintr Gemahlin, 
selbst vor Tagesanbruch durch jeden Priester 
auf einem Tr^ltar die Celebration der hl 
Messe vornehmen zu lassen T*"! 

Die Säkularpriester bedurften seit dem 
XIV. jahrh. tum Gebranche des Portatile der 

Erlaubnis de'. Bisrhofs So verbot bereits 
1313 Bischof Gottfried von Minden seinen 
Frieatem imter Androhung der Exkommuni- 
kation den Gebiaadi des Tragaltarcs ohne 
seine — de^ Bischofs — Erlaubnis."; Auch 
die Synode vun Prag 1340 gestattete das 
Portatile nur nach erlangter Eilaobnis des 
Bischofs und dann müsse der Ort der Cele- 
bration „windstill und sonst uogefiihrlicb" 
sein.**) ManctWi der den Tragaltar nur n»- 

y«l0, Daeanga tCtöUmfm* i. v. capdh 
(cd. Herschel) II, 12». 

a') Vergl. Gattieo >DevM altkrit portatili»,« 
Roma« (1740), c. 7, p. 302 1.« (aU AnhAtig lu dem 
Werke deuelben Verfai««» >De oratortit privalia«}. 
Sah* aach Benedict ut XlV. >Desacroa. santfcio 
IDiiae«, L S, e. 6, a. 3«i. 

«i) »AMMla u«li«aloKH|MS« XVL (186«) 97. 

*) Harttheim »Coociltx IV, .^94. 

») Helelc ».». O., Vi, 6Ö4. 



gern entbehrte, erbat und erhielt in Rom durch 
ein Privileg, was die Bischöfe allmählich ein- 
schränken wollten. Dieses Privileg innfs sehr 
ofi nachgesucht und nicht immer mit Klugheit 
benutzt worden sein. Wenigstens beschloß die 
Biacho6femnMalMng au Borgos 1611, daa 
12. allgemeine I.,aterankonzil um Einschränkung 

I dieser häufigen Indulte tu ersuchen. ") Das 
Konzil von Trient sah sich wegen einge- 
schlichener .Vfifsbrauche veranlafst. die Bischöfe 
zu ermahnen,**) in Privathäusern fortan die hl. 
Messe nicht mehr zu gestatten. Durch diese 
Anordnung wurde natürlich der Gebrauch 
des Portatile sehr eingeschränkt; zudem wurde 

j auch für Privatoratorien die Ersetzung des Trag- 

I aHares durch fixe Altire von den Synoden 
vielfach angeordnet,") z. B. Mecheln (1Ö70)| 
Trient (1520). Brixen (1608). 

I PwlnlMm. BcdaKlainsahiiiidt.OJ'.U. 



Ebend. ViU, 4(57. 

>'l Wie weil einielM Biichöfe in der Ertcilnng 
da» Frivikts ciagnf saif^ die EdMbnn das Bisckob 
fobuin vmi Le«km an die fUlsfanlU«» «ob OmkIc 
' im TaJirc 1 t.'ri, «ich Uher»Il de» Tra(;»Ili«rt bedienen 
lu dürfen, scJbsi am (Mea, die mit dem Kirchen- 
tiaiuir belegt wutta. Vergl, HIbS »MariCDkiMha M 
l>*n»ig'. (1870) a. 41'. 

•>) CeacIL Tridamt Seis. 82. 

-) llartrheim I. c. VII, <;it5. VIII. 413. MI. 

**) Im kircUldu» ^»ra«hg«bfa«ch Toilchi mh 
ia tiriktem Simc nntar f f s c m Aliar nvr jenen, detien 
Aufb»u und Plade aus .Stein «ngefertigt und zu einer 
Einheit verbunden *mdi derselbe mufi ferner unbeweg- 
lich an »einem PUlte Mehen bleiben nnd die WcAe 
dufch den Biichof erbakaa habca. Wo aiaa wm 
diaata Raqaiaaiaii Mk, habaa wir aldtt «kHa fixen, 
■oadeiB aiaaa Iragbaian Akar. Ia d isa e s» Sinne wtren 
•elbai die Akafkoloase dea Barock oad Rokoko, wenn 
sie die Weihe nicht erhalten haben, alt Tragalttre 
(in weiterem isinne) zu beieichnen. Wir nehmen In 
unserer Abhandhing das Wort Tragaltar im engeren 
SiuM. Var^ Sohwari im »Aiehhr Ar chHulteh« 
Raaita 1 (i98a), 18 S, KMnaiw ttagbarar Attu« be. 
dienen lich bekanndich anch jeUt noch die Mixtonire. 
Am .30. MSrz 1902 wurden dem Pap«le Leo Xül. 8'2 
KeUealtlre for orientaliache Riten Oberretchl (.%0 X 
32 *m), Ea aiitd dies Uaöie Koffer mh aUan ftr die 
CUalmlio« dar Masia aotwaadlgca UleaaiUaa (nneh 
Paramanle), die in wenigen Minuten xu AUIren ein. 
gerichtet Warden können. — Abbildungen «. in der 
„Welt" V (1^H>2^ ««. — Die griecbUche Kir.he be- 
dient sich statt des TragaJtares des sog. Antimen. 
Sium», d. h. eines viereckigen, Tom Bischof gaw 
weihKn Seidentnchas. In dar Mitia daa Ttehaa iM 
die GraUegmg ChrlMl. In den vier Bdiaa üaA die 
Evangelisten dargestellt, auch wcfdaa «all Hafllgan» 
I reliqaien ia dasselbe eingeniht. 



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905 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHE KUNST — Nr. 10. 



308 



Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf. 

XVIII. (Mit Abbildang.) 



S 



34. Zwei hochpotische bronzcgcgos- 
scnc Reliefstatuetten im Sigmaringer 
Museum des Fürsten von Holicnzul- 
Icrn (Katalog Nr. 2818 und 2819.) 
Auf einer aus dem Achtcrk konstruierten, 
oben wie unten sich abrundenden Konsole slchl 
jede dieser Figuren, 
mit ihr aus einer 
Formgegdssen und 
33 cm hoch. Beide, 
etwas kurz u. breit 

gehalten; ohne 
Zweifel , weil be- 
stimmt je eine Ar- 
katurzu füllen, sind 
Meisterwerke des 
Brunzcgusses, inso- 
weit in ihm die 
scharf markierten 
'Gesichter, die kräf- 
tig gewellten 
Haupt-, die fein ge- 
kräuselten Bart- 
haare.die ungemein 
gcf^lilig, im grofsen 
Stil geordneten Fal- 
ten vollständig zum 
Au-sdruck gelangt 
sind, insoweit na- 
mentlich auch die 
alle Unterschnci- 
dungen vermeiden- 
de Modelherungauf 
die Gufstechnik die 
höchste Rücksic ht 
nahm. — St Petrus, 
auch durch die ein- 
gravierte hochgoti- 
schc Majuskelun- 
terschrift! S'- PS- 
•TKVS APD"S bezeichnet, aber auch sofort 
kenntlich durch den ausdrucksvollen, rundlichen 
Kopf, das kurze, gewellte Haupthaar, den kranz- 
liihcn Bart und namentlich die grofse Tonsur, 
fafst mit der Linken das Buch, und die Rechte 
scheint dieS^ hlUsselgchaltcn zu haben. Der Saum 
des vorzüglich geworfenen Mantels, an dem be- 
sonders bemerkenswert ist der breit vordie Brust 
sich Inende und leicht über den rechten Arm 




herabhangende Zipfel, ist durch Schraffierung 
markiert, so dafs bei der flachen Behandlung 
der Figur die hintereinander geordneten Fal- 
tcngruppen um so kenntlicher sich lösen. Dafs 
auch selbst die Hände gut modelliert sind 
welche diese Periode nocli vielfach vernach- 
lässigt, ist ein wei- 
terer Beweis für die 
ungewöhnliihc Lei- 
stungsfähigkeit die- 
ses Meisters. — Den 
S'.PAYD'. APL'S. 
charakterisiert der 

längliche feine 
Kopf, das oben 
kahle Haupt mit 
den lang herabfal- 
lenden Locken, der 
Spitzbart und die 
für die Fassung des 
.Schwertes bereite 
und geschlossene 
Hand. In kühnc- 
rem Wurf ist der 
Mantel weit und 
machtig über Gürtel 
und Knie zum lin- 
ken Arm gezogen, 
um über ihn herab- 
zuhängen. — Es 
herrscht mithin in 
den beiden Si>nst 
als Pendants be- 
handelten Figuren 
grofse Mannigfal- 
tigkeit alsein neuer 
Beweis für die Er- 
findungsgabe lies 
Künstlers, iler in der 
zweiten Hälfte des 
XIV. Jahrh. aus der rheinischen Schule her- 
vorgegangen zu sein scheint. Auf diese 
weisen nftmlich Faltenwurf wie Gesichts;iusdruck 
hin, und der Umstand, dafs die ihr sonst eigen- 
tümliche Schlankheit hier fehlt, fmdet vielleicht 
durch die Bestimmung der Figuren zur Nischen- 
füllung seine Erklärung. Die Vermutung, dafi sie 
zur Blcndarkadcnausstatiung eines Rcliquicn- 
schrcins gehörten, dürfte nicht unbegründet sein. 
SchoUtgeii. 




307 



1903. — XEll^HRIFT FÜR CHRISTI.K'HE KUNSI - Nr. ta 



Nachrichten. 



Kunstfahrt der Utrechtcr St. ßernulphus» 
Gilde im Jahre 1900 nach Löwen, 
Villers, Brüssel. 

Ill> (Sehliir«.) 

Wir fahlen un< durch Hitse und Slrapazrn cinigcr- 
matoen eracbOpfc. Urucr Finanzminiilter fx-rrchnet 
eüc I hi lii liasM-, iln der Wegfall drr fneilh. ;-...-n 
GiMeinahliteit dimraai seiner Kajse verii'hdtTt bat. 
D.i» Hotel »de la Poite« in Brüucl, wimmelte von 
AnetUuMni, deren Rciinlel die Puriaer Wettaaa- 
■MluBK mtt, und bot keine Geleeenhelt m ein Enire- 

nou». Mit dieser Mahlzrii üe'.v,, ,,iu h •'.],■ f tt-ilttÜTilie 
aua. die rtnch froruiiicf liiidaiuij ittx pericjidti* 
WVin <irf Cli.impaffne darKcbr^ai ht weidrn dürfen --- 
auf Kotten der Gilde. Dw PimiumMH ttao. OAiet 
sein Herz nnd Mim BOiM ond Melk dm enaOdeMi 
GUdcpilfem eine DraechlMuaite zur VatOgmf, So 
aMenwhnen wir, frtthlicli and bequem platlert, unsere 
Endprozession durcti Rfn«»rl« Str.ii«- n titn! Mnnu- 
oicnte. — Auch unsere fernere bettriireibuni; wird den 
flotten Trab eines Brüsseler Zweigespanns annehmen; 
der Lew wird ecliott geieiif«t bftbco: Bekommt 
dicm Rciee ond dicee .BericlitereUrttiHir* denn kein 
Ende? — Ba laisl sich nicht leugnen, daU auch die 
wnert Zeit i^oiaartiKe un»l interessante Stadtbilder 
ycM h.irtr:-, h.it KUr ihr. 'II \I illn >i;rn'. - r k<-hr «n 
grolse ikhla^adern er<'>lt»ei: Roulfv^ids, Avrnu«'«. So 
■nncher unserer Freunde sali i^t-stem Abend mit 
«WKnOgtem Geeicht auf dem Ineitea Trottoir vw 
einem der Caftfudflale ond wdi bei brillMter Be- 
leuchtung die Mengi" zu Fuls, im Ti.nii. im Otniiilni», 
Automobil und E<|ui(>.(;,- ' lim und litt walkii. AIh r 
<ii I II i\i|.tit-iz lii t;i (l.-. h eben in diesem gesflliL,< ti 
Gewühl, in dieser tioterhaltenden BeweKung des 
Menschcnitronice, in Vcfeln mit den riedgea Dirnen- 
•ionen derStmlMn. KanfUdcn, Bnrenne. Waren' wd 
Ifefuchemneffaaine. 

Ridiütirin auf kleineren, axti kleinsten M,ii<«t.ili 
küuiKii 4ie*e .modernen Errungenschaften " nicht »er- 
tragen. Kleine stille BrUaselchen und Parischen rufen 
du Heimweb wach nach den allen chanktcrvollen 
Stidlea, die aie fcidrlngt haben, an deren Stelle cie 
ind. «Eine uralte Bemerkung*, wird man 
Wer nht* tkh quUt. immer etwas Niedage- 
wesenes Vt'rjulirii^ürn, iilicrupannt «fin lii tn « Uli-im-s 
Gehirn und scinei: harrt — die Nervenheilanstalt. Eine 
angenehme Obeniachung, nach den Boulevaitlge- 
nttHca bcfeitet w» noch immer der Uarktplatt 
M BrUael. Inmitten eiuM amirtdebnten. in der 
Hauptsache nindeniiiirit. n 1111,1 iil i i »< ini- .illen \V»llr 
»ich weit ausbreitenden ätadlkörpen ist dort das 
historische, kumcUimriache Hers ODmcctMtet c*- 
bliebcn. 

Dn irnftaeantn Rathnn». aelR rierlicliM GegeoOber, 
Mdam du toi, die nlten GiUeiitaeer, lo ver- 
•ebieden In Anlage und Anfban. rtmtlich reatanrien, 

bemalt und vergoldet nach allen M nii r. auf Koolen 
der ihre Veigai^enheit in Ehren haltenden Stadl 
Bttael, bieten, was in uiiS4irer Zelt so selten zu 
finden und ani genielren tat: ein barmoniacbea Ge- 



samtbild. r,i» Rathaus wurilr 1 ('ij .in;^Mli-;;t iinJ 
I 14)^ vollendet. Uaumcistcr waren J acob van Thiencn 
und Jan von Ruijsbroeck. Der Turm bis Ober Pirsthfüi« 
vicreckic. Ober tti ein reich behandelte* Octof an 
nrit dnrcbbroebener Spiiac; er Itt 114 Meier hoch 
und steht nicht in der MitK- der Passadenbreite, die 
ihrerseits rechts und links bedeutende Verschieden- 
h<-i:( ii m Krrnii r: ■ ihf , Brr itc i i ;.ilrni t":ji;rii u ^. w. 
aufweini; auch das Hauptportal weicht von der mitt' 
leren Turmfaasade ab. 

.Mancdnde Sjrmmettte*. aptacb kopflKhOttelnd 
ein Mbceca CSeachlecht. daa noch M« an den Hali 
im .il'en SchnUrlcib stak, iin;! in- lul.m i-> ri. fije- 
dtunücn die Gotik ins Hcilii;tuiH Aki Kaiisl w.udcr 
zugelassen, dennoch pflichlgemafs jeglichen Turm mil 
awei TreptMintOrmdicn flankierte, pour canae de cjm- 
metrie. .Koch viel tn viel alcife. wMttwIttic* Sym* 
tattrie*. tchrdi die allrrjangste Generation, die alch 
aufs Antipodentnm gegen .alles jemaU Dagewesene* 
verlegt, sich aus Oppositionswui -ivA 'hn Kupf «ti'l'i 
und die arme Symmetrie austreibt un i ciutziert .ils 
den bAsesten Geist. Von einem Extrem ins andere« 
auf md ab, wie in einer Schaukel, vnltiKlert daa 
HeiHcbcnTflIUeiD, pliiierlick an beobachten ftr Alle, 
die nicht la ernsthaften und traciacben Temfieraraents 
>ind, um sich zu am (liieren Ober die possierlichen 
Ki 'l.lll'- .lif Reklame, der Mode, de« .Genies- und 
des iaiuiüenwahns. Darinnen linden wir ein reicbca 
Ameubletnent, neues. gUltea, gelbes Richenhols In 
Überflula «md da« Mchcb Gobebna an« dem «Reu^ 
lehnten Jahrhundetf^. Der Wille war rot, da« Stne- 
lien lobenswert, doch Manche bchauplcn. I.if'. d.is 
Neunzehnte auf dem (Gebiete der bildenden Kunst 
iiui . nie Zeit der .1 he und weit ttbcnriegead der 
tniUlungenea Vetiuchc geweaeo. 

Aber daa Mentchenlebon ist Qlierbmi|it htaterhcr 
betrachtet, nicht viel andere«, als eine Reihenfolge 
von Irrtümern und F<-hl<-rn; und <ler einzige, aber 
.lutli 'riiist M< ilii J.is Hr\v .iMvi r., alaCs wenig- 

stem .der Wille cut wai ", h Hgmont und Hoom 

mulsten ihren Irrtum schwer hülse», als sie Oraniena 
Rat .Auf nnd davon!* in den Wind acbliwen; dica 
bezeugen die Salle dti ConaeO Commnnat wo aie 
I.'i)l8 verurteilt wurden, la maison du roi ihr Ict^t« .i 
Nachtquartier und der Markt, wo ihr S^hatlot er- 
richtet war. 

St. Gudula, Brtl^sels Kathedrale, deren Tttrroe von 
der Hohe auf den unteren Stadtteil mit atolMr Map 
Jeatkt niederblicken, nimmt dennoch in der Rdho der 
Dnmkirche« nur «Inen «weiten Rata ein. Jedoch 

hat M' I i» 711 iliri r Vollendung . in. ti , benao langen 
Zeid.tum in .-Vtiiiptuch genommen, als ihre g^rOlser^ 
und grol'sariiiseren .Schwestern. Der Neubau wurde 
1220 begonneit iwd der Oatliche Teil 1273 fertic^ 
eealcUl, Der Chor mit acinei 
und »einem «chweren, am ^ht 
f^ligen Triforium, macht einen entücMeden dflalem 
Eindruck und stoh! .m Sonnlagt n m vt.^rkein lir^jen- 
satz zur blumtgr» -Beau Mn..),-', weiche sich 
am spllen Vormittag eintin !■ 1 um ihrem Oberherm 
die acbcildife Visite >u macbeu. Der sweilen Hälfte 



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IM3. ZEETSCHRIFT FOR CHRISTUCHE KUNST — Nr. 10. 



310 



dw {RnfMlwteii JaHrHimlfrtt üu li t i iw rii dit TBroc 
An beiden Seitea liee Chona ■iwt «wMomlce Ka- 

jMfilcn t-rrichtcl. lierMrn Meiatcrwerkc der Glasmalerei 
cm ticbeimnisvulle« Hcllilunkcl vcridhcn, fQr Besucher 
und Beter gleich aniiehend. .B<rter* ! die nArdliche 
ChapcUe dtt St. Sacnuocnt 4« miracle« »owobl, 
die ettdliche der None Dame de d^vrance diMl 

immer mit And.li-htij^rn c<"Mll(. 

Das arme Mcnichealterx l'Uhit ticb vctid&sen, Ti>r- 
laren in der kalten Welt, t^edrückt «lurch Schuldbe- 
«■fttMln and Fiucbt vor Suafe und UaheU. Wohl 
mrd dem Stnrblichea die frohe Boticlnft vcrkOndet. 
wohl darf er auf BarmheniKkeit hoffen — alle in er 
iat und bleibt ein Sinnenweten, ,im Dankten bang 
und banit .ilU-iü', wie der hollAndischc Dichter KH^'t : 
er verlangt nach Wiederholuni; der cvansclisciicn 
Wmtder« «r aBchte aehco und hOrcn und fahlen. O 
wie seme mOdiie er aufaer dar allgemeinen Ver- 
iirifamif , eine perasnlielie Suaaffe von mHefat Herf 
goXt. U. I.. Frau oder einem Schutxheillicrn enleet;en- 
nehmen! Wenn alle die»l>eiai!;lic:hen Legenden und 
Sa(;en nur einen Kii:i van \V»tirtuii aufweisen, «o 
itt der AUglll^e diesem Bedürfnis reichlich entgegen 
gekomaen. In allen von altersher katholischen 
Gegenden eiAhrt man Wandergeachicblen vom hL 
Saknunent, >berall finde« alcli HettercotteabiMcben, 
auf bc»r>nil<'r'' An vcn-lirt. in KapclIcKtn unil Fck- 
chen an^eltidtht, vuii Kcrxen und Blumen uihI IteCern 
umgeben. — Auch der katholische Reisende wird 
dicMH G«4;en*tand«n der Volluandachi den ehier- 
bletigea Grofa nieiit vetenlliallen. 

Von den übngen besuchten Kirchen w^re noch 
manches Merkwtlrdiue j!U berichten; ebenfulU vom 
Altertiim»iiiUii<-uiii, ciA.t tun' gute (Jbeisicht gewährt 
der Kunstbestrebungen aller Völker und Jahrbttiidertc. 

.Ein andermal, tprach der Pape.* 

Wir iit'hiiiL'n Ab'<. iiLt'il m/ii l..incl und I^eillCn Mit 
befriedigtem und duch beklemmtem GemUt. 

Der Nordniedertinder, der daa Leben imd Trei- 
ben katholischer Kcgiont-n ki-uM-n !■ rnle, mufs «ich 
in die beschrankteren heimisciK ri / j»t itHle erst wieder 
ei:i[' l>in Wenn auch »lie alliii lj iu*lichen Kirchlcin 
mit tbren Gardinen tiod äUtMen uod Stubeben grtiUiett- 
Idla dmtb atatUicbcce Baolea enelM aiad, etwit 
Hltialichea, Abtrescblotaeac» iat «icb unaeven neuen 
Kirchen geblieben ; jeder bat aetn bestimmte* Eck- 
chcn unil Pi.Hzt un'l rr-ii 1ii ilnrt ein nicht 

eingepfarrter oder gar freintiUii<iiiM.hcc KaEhuiik, «o 
vrfrd er von den Habitur« einigermafsen als Ein- 
driqgUa( angeachen, wthrend der Klbter ihn aogleich 
ina Avge falbt. von wegen der naitfebfllir 

Von der Reise heimgekehrt, entbehrt Mancher 
noch geraume Zeit jenen Zusammenflnr« von Ein- 
^^ll(lnl■(ll uiul f- ri iihl'. i> bei den grofsi Ti t-u.iliink - 
vollen h'eieriiciikeilcn, die fUr solche Kathedralen und 
wofUr diese Kathedralen gcschatfen sind. 

Gelehrte, Arahivaze und Archtokicen werden die 
Nnae ritmtifen dlier unaeiw OUdereiaen und unwre 

Heisebcrichti-, nh- »-rritm nicht« mt-T »•■.nit; Ncuis 
darin finden, keine Enlschk-terung vcratccklLr Kunst- 
gebeimaisse, keine Entdeckungen auf kunsthislori- 
adwm Gebiet. Bei niberet Beiracblaog werden alo 

svalp oder dKilig%tn 



Mae Calnm.bttafiihitett acin kOnoen. Ka 
wflrde achon eine RIeaeiuubcit aeln. blolt daa 6e> 

k.innt.- aufzunehmen und ru beh.iHm, der. Reirhtuni 
der Liiiidt-c uud Jahrhunderte im Ueiiät.lktr.ts itui^u- 
stapeln. Wenn wir uns auf einen cinielnen Ort, ein 
einsigca Geblade beacbrankiea, dann würden wir ans 



I xu Tage fordem kfloaen; eine Relae wie die «oaiige 
aber mufs, Ihrer Art und ihren Teilnehmern ent* 

I sprL>:tu-ii(i. immer eine ..;ni|)ti'»':<iniNiiji^he" bleiben. 
Monumente, Kunstgegenständc, G«.-mälüe, StJtdte und 
Lnndaeliaitcn entwickeln sich wie ein Diorama vor 
uaaeren Aiigca. die wir sugkich mit unaeren Ueraen 
weit und begteifr Mtacn. Wir bringen einen Schals 
von Eindiitckcn heim, genOgend. um unsere Fantasie 
ein Jahi lang zu tieichlftigen, unser GefOht fUr allea 
Gute uiut .VliMiie .in;utHi hcn und uns lU ermutigen, 
Arbeit und Studium, eifer- und vertrauensvoll wieder 

! aufzunehmen. 

DfiAergea b. Utrecbu Alfred Tepe. 



Das Bre.slauer Diözcsantiiuscuni, dem Herr 

Geisthcher Rat Dr. J. JudriiiI/ nU «eni : wie des 1-Ur»l. 
biichöQiaclien Didieaan-Atchivs) Direktor xur ErötTnung 
«na SB. Oktober 1908 einen eingehenden Bericht 
widneU (M ia ■pülfotlachen Seal der frObeien 
Domblbnotheh nnd In dem anatolMnde« Neebaa dea 
Archiv» eingerichiel, Cberf-ncheiKl ist il^e Fülle von. 
Kututgegeuiiandeu des späteren MiUclaltcr» und der 
Renaissance, mit denen es bereits paradiert, dank vor 
allem der f Qrtorge dea Herrn Kardiiuü» Dr. Kopp, 
wie dar «igattUlmldiMi odnr laihweiaeB Oberlaanuig 
•eilena mancher KirdMnvoniinde. Der Umiiand. dalä 
hinalditHch der allermeiMen GegenttSnde der Ort, dam 
sie entttammcD, bekannt ist, hat hohen kunstgeschicht. 
liehen Werl, da gerade sn ihn die Forschung am er- 
folgreichsten aaiuknuplrn vetuiag, um den Meister, 
wesigalena die Scknie feauaatelten. Je mehr die For. 
aehnng rieh lokaliiieran liann, nm an aehnafler getangt 
sie in bcfricdiEendcn Ergehnis^en - /Misrschreine 
(6 nichtige wohlerhiltrne l-lilgcliltäre, 1 'J .\u(>äriir min. 
derer lledcutunj;) und Statuen (darunler »ehr hcrvur- 

ragende), TafelgcmäJde and Miniaturen (dem Anscheine 
nach recht wtrteoPe), MetalfellfK and •Gettte. MUn* 
«CS» MednlMn ood SicfdMunpin Gllier md Krilte, 
Gewebe and Stickereien (laden mannlgfitdialen Tech- 
niken) bilden naiurgemkfs den llaupimlislt der neuen 
Sammlung, deren Vorzug namentlich auch darin besteht, 
dafs jene fast aliawhliefslich heimischer Herkunft sind, 
mithin nicht nnr anihentiich, aondem nach der Rdka 
dea teBgiSaeB Empllndtna nnd hKnularitdaii SehaJIcna 
in dem groUen Betirke, dem sie jeitt unentftlhrbar and 
unverlierbar aogehSren. Denn ein solches Diöseian- 
museum (wie es in nn/elMeu liiitlinfln'n-n Kr»iilenjen 
Deutschlands iingsi beateht, in anderen wie Trier, Kulda, 
Paderborn, Frauenburg gerade gegründet oder be- 
(aatlBt wird) iat i» eraler Linte imd nm »indcflcn 
eine Reltnngmialion. SoR ea nellr ali dae aolche 
sein und Mcibeii. so bcd.irf es eines geeigneten hin- 
reichend gtuiscn und hellen l.okaU, passender Schrinke, 
einer xuverlissigen Verwaltung, namentlich eines or- 
dentlich vorgebddeten, aachveritindigen Lailcrs, der 



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312 



und duz« Zeil wie MiUel erhSIt Der Mugd «B 
leUteccu trtj^t die Hauptschuld, «c>.wct;en die nwirtai 
derartijjen Mtisi-eii vf tWuuimcrii, dir nt nehin den Staat- 
Uchcit, provinzialen, kommunalen Sammlungen gegen- 
■ber clMn ao «eilwerai Standpunkt haben, daft 
■Itllmweiie die Verewifiu« aü einer d«n«lb«i tick 
«oipMdm dürft«. Sekalli«««. 



Friedricl» Lippmana f. Bi «h in ItoveMber 
leOl. Uim kkiaer Kreit «wi Amltrnonvi «d Freon. 

den feierte Ui dem achäne«, ftitliehen Hein Dr. 

KncdritK I Ji.|Hn:iMi^ in FSerlin i!;i<i filnfundtwanrig- 
jShrige Jubiliuui des li.iuslieitii j.Is Direktor des Ber- 
liner Kupfer»(ichkabinelts. Lippmann war noch in 
voUcr rritche, mitien io rastloser Tktigkeit. Ea 
•diieiieii flini noch viele Jalire erfolcrekK«! WirkeM 
beschicdcri ni sein. 

Zu Beginn dieses Sonäiiitrs erktui.kic Lippmann 
•a etMin llenleiden, von dem ihn nach Idingen, 
wh irew n ICi»pfen ein titiifter Tod am 'i. Oktober 
1903 eritete. 

Das RcrllTicr Museum, die Kunslforschung und 
die Kunstplicjje m Berlin haben durch den Heim, 
gang dieses Manne» vieles, fast uneisel«lichi-s vci 
toien. Der Vcr*lorbetie vcrcinifie in sel<ei>eni Malte 
mit aniuieDder SeckkiiilMllit, «chaffcm, nicherem Ur- 
teil und feinstem Geichmck preklkcheD Sipo und 
"geschäftliche ITmsictil. Mit «Weil Wegen det K«Ml- 

han.1cl< vi-itrrml, w ir r- ^tcts (irr Kr-.le am V'.:i<!.. wenn 
es galt, dem Berliner Kabinett neue hchauc ,£uiu;uhren. 

Alt Lippmnm, der einer FMfer Familie eni«i ammle, 
im November l^ß an die SpMcc de» Berliner Knpfcr. 
sticbkabinettK berufen wurde, wer der Betltnd die»«« 
Kiiliinetls III virlcr lliiiSiL-h' uiivwll*liiridi|; innl uii^jli-lcli. 
mlfsig. t>i<f KupferstichsamiiiiuBK 4ei» üciietaipusu 
meislcrs von Neficr, welche den Grundstock des Ka 
kinetubildele, wnr cmr siemUck nmfMtgreich. enthielt 
•b«r nebe« emMlnen fetenSlileken viel MiltelmitMge« 
und MindeTwerlige«. Das Berliner Kabinett tiaad da> < 
maU hinter den anderen europäischen KaWoelten mit 
ihren meist reitiini ,S.:hSlicii wen znri.vk. I.^iipiiiai.n 
hat et teitdem tu einer Jen äiifren Sarnwiutigen eben- ' 
b«rti|eBH«heiebrackl. Unerntuiluh war erdaraufbe- 
dackt, die Werke der bedeutenderen Mei«ier in ergäuMn 
und dnrch Ankaarfrltacr nnd friaeker AbdrOcbe tu vcr- 
beMern. Mit Rc:tn i»t beim Jnbillnm Lippmanns 
darauf hingewiesen worden, d«f«, wenn änderet seine« 
WirlMht bekannter >rin mag, diese stillere Tätigkeit 
den baeleiiTeil teiner Lebcnnarbeii gebildet hat. Be- | 
londereSorgfaM widmete der Verstorbene den Werken \ 
von Schontfnaer, DOrcr «nd Rcmbrtadt, die dM Ber- i 
liner Kabuiell jeltt in noHbertroffener Sckflnhcil anf- 
weisen kann. Auch der im Ir^lnr l -"'. noch ilberaus 
UttrfilgC Bcsilr des Kabinelü. in Zi-ichnuiijicii aller | 
Meiner ist durch Lippmann« Verdienst «< .n • n li rr. 
weiten worden. Kurt nacb der übernähme des neuen 
Ante erwarb er die reickkiliige Dbertamminn« Po. 
sonyi-Mul.Jt, Im Jahre 1882 folgte der Ankagf der j 
köstlichen Zeichnungen BotticelH» in Dante« gUtttfcher 
Komödie und der wertvollen Miniaturen i is ür-.n 
Betitt de« Hertog* von Hamilton. Di« ieiite grofse 



VermehraBfr derHandtfickmingendaaKaltinctt« Imtckte 
im Jalire 1IKI3 die Erwerbttttf der an Werken ilalield. 

schfr Meister des XV. iinl XVI f.ibrh. und nieder- 
lündt&cbcr Meister des XVlü. jahrii. reichen Sammlung 
von Beckerath. Der Berliner Besitz an Zeichnungen 
Obm darf bente mit SitoU alt der idtehtt der Alk>cr. 
tina bedcttoktoe der Wck facMkdiMt wwtdaa. Lipp» 
mannt Sammeleifer wandte aick anck dew iltattrieHcs 
Bachem m. die das Berliner Kabinett jtttl intekener 
Zahl und .Schönheit besitzt. Auch um die Bescbaltung 
der fttr Sludienzweckc unentbehrlichen iiiUiwitUel war 
der Kabkiettidbektor eifrig bemttht. Die BeiilncrS«mm< 
lang vnn pkalegrapkitchen Macbblldtiafen mtek Ge» 
milden nnd Haadteickmacen aller Heitter wird an 
Rl <:hh.ilti^kr<t kaum aberlrolTen. Ein IrefTliche« Hilfs- 
mittel schuf Lippmann auch in dem tur Sammlung 
der 1 1 .ii:<iliiu iit: der Konigiichen .Musreu zu Üerün 
gehörigen Handbuch aber den Kaptcrsticii. Iis ist 
eine durch znaammencedrlngte Kflrie und Scklbfe 
dct Urteilt geradem mmilargllkige Arbeit. Fir ein 
Hamjtindi des Holnchnitlt katie Lippmann berent 
umf.uij;reichc Voiariiriirii L;rrTi:nh(; r!er Tod '1rs kaam 
))4 lihri;;eii Maiiiirs Im; leider aucn dieser Arbeit vor- 
teiti^ eui /. el ^rNriii. Von den sonstigen konst- 
historischcu Vetitneutlickungen, tu welcken der Ver- 
storbene »elMn amtfengender Dicmtn^eil nock Zeil 
fand, verdienen die nnier aeiner Leitung von der 
Keichsdruckerei meisterhaft hergesletllen Wiedergaben 
der /eichMiin);ei( Dtlreis. kcnihriiinil«., sowie der Ihiiite- 
xochiiungen Hotlicellis besondeis hervorgehoben <u 
werden. Seine leitt« Ariteil, von welcher bisher adiMi 
B Uefcrnngan vorliegen, war die Wiedergabe tod 
Zctcknangen aller Meitter im Berliner KnpCmlicb. 
kabinetl in inuslergUlligen Lic?i!<! rucken der Keichs- 
druckerei. Daneben veröffemlithtc ei zahlreiche Auf- 
sätre in Fachblülti:rii, l>rM<n<lrr» in dem •fahiboch der 
Königlich PreuCsisehen Kunslsammlnngen«. Wir er- 
widmen nor die Studie tiber den haXaniaehan llnli* 
•cknHt im XV. Jakrk., «ber die HokBKknkle de* 
Meitten J. B. nnd Uber die 7 PlanelenWIder. 

r,roi"fc Verdienste hit ^ich der Veralurbene auch 
um die i'iiege der allen Kuu§t lu der Keichshauptstadt 
erworben. Als einen Mittelpunkt for diese Bestrebun* 
gen grflndele er mit Wdhetm Bode. Robert Dokate 
und anderen Amt^enomen 1888 die Berliner KnmU 
^eschichiHche Gesellsckalt. Aach in dietet Vetelai> 
gjiig war Lippmann die treibende Kraft. 

Lipproaiiii. (Irr -\i'h der !je»iiiidrren lUild de« 
Kaisers Friedrich und seiner kunstvcrsllUidigen <it- 
niahlin zu erfreuen halle, pflrgtn in tcinein mit er- 
leacnen RaniuchiUen, l>etondafa mit vwtrelfliekcB 
Gemllden akdeuttcher tiiMl altniederkhidnicker Meiner 

gf -chiiilicktfu Hfliii rinc .lu-geJehnte GcselligVeil. 
Seiu ilaus »jt taj Jiaiiimcjjiuuki für Kunsiforscher 
und Kunstfreunde. Meinem Vater, der Lippmann 
durch seine kunatgetckichlUcken Studien niker ge- 
treten war, habe ick ee atctt gedaakl, dafa er aneh 
mick in das Haus seinem Freundet eingefilhtt hat. 
Die damat« geknOpflen und fast zwei Jahrzehnte hin- 
dunh ^icj iTr^irn Mciiehungen zu Ür. Frsrdr;ch Ltpp- 
mann werde ich stets tu meineu wertvollsten Berliner 
Ermnerungen rechnen dürfen. 
Berlin, iai November im Dr. Paul Kaafmaan. 



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313 



314 



Bücherschau. 



1)»% (jcsett icT K u I m e n t c b ön hei t , erfunden 
and syttenialKch darge»tellt von Johanne» Bo. 
chcnek, VcffuMrde« »Kuon alier «cutchliehni 
C«tutlen md der Tim«. Uoler Wiarbail von 
P;itil I.erch; inil einem Vorwort von Prof. Gnitav 
Klicikiii. lipilm. Grof»folio.Format, B Bogen Text 
mil Abbilduiii?rti mul 3.'i doppelscitiiärn 'I utrln. In 
dtganlar Mappe. Freii .'5 Mk. Dielerich sehe 
VcrkfllMIchlllodlaDg (Theodor Wtteher l, l.eipiig. 
DieMS •■■ «üiNoieD B«rcdituingcii und AbmcwMB» 

gen, imwie mit lline« ««mheiien ZetelimiiigeD meiiMtt- 

lichrr Cieül .i;tcii ^l^.<^ aitikrr Kuiiitwi-ikr icnsnimen- 
geseute. elegasit aui|;c»UUe!e Werk lnU mi! dem 
Anspruch auf, den von Jen alten Griechen gekannten 
■nd gapflcflen, »piter verloren gegangenen, bi> in 
nnicr« Tag* wctbew goacbl«!! Kanon fur die 
SehSnheluverhllinitw mritdar M^eluDden ni haben. 
Dieien Anspruch untenHHst die von tUldttaaeT Eber- 
Irm auf r.ruiiii sorgsamer Pr(lfl^ll^;on luid praVl'uchcr 
Erfahrungen beigegebene Empfehlung, und ihn be- 
■titigt der nähere Einblick, der «it Sehritt und Tritt 
.den goldenen SchDilt" angevandl findet, wie 
in de« GHcderaDgen der ncMefalielMB Ldbcr, lo m 
den Gebilden der altgriechiichen Künstler. Dl« Rechl- 
eck, welches der Verfasser konstruiert, um auf seinen i 
kihmeii jenes uraile Schönheilsii>-if> iriUt-Ut eines I 
üoppelzirkcU m h&ufiger Wiedethulung einzu- j 
Inge«, wird ihm durch die l.inienkreuiungen rnm 
SelMun filr die otenedtEclie Geetalt. die ninnUche 
«nd welblieiie, die je ihre besondere, afle Fonnen nnd 
firg-iuc bestimmende EinmiWii hkeit reigl. Zahl- | 
reiche Tafeln mil eiiit^riragenen Linien. Zahle» 
and Buchstaben erläutern dieses System, wie a:ii 
labendigen Körper, so am Skelett (unter Aasdehnung | 
•ef die Tierwelt) und beleuchten sogar das Geheimnit | 
der fcHiperlidiea EotwieUnng. — Oanli einer unalg- | 
llchcB Falle von Rechenexempeln nnd FTaebweiten, die | 
denEindruck einer mühevollen!, et>eii»u!ir;i tnavhen, Kat 
die Durchsicht des Werke» eine ubci^cugeadi: Wirkung, 
die durch die fachmftunische Prttfung der Einzelheilen 
wohl noch bekrifUgt wird, wie im iatetewe der 
wiwtMdwUklle» Atthelik, tn utnentüdk maA de* 
kflBetleriaeheii Schaffelle. Del* diecas mtcut« 
tick aliMngig Ist von der SckOnlieil der Linien, viel. 

mebi von der kn;)i(i>;keil der rfii(>or1uj|ien, leugnet 
keiner, und daf* diesen wiedenim ganx bestimmte, 
in der Natur voigehiidele Geeelac sn Grunde liegen. 
Wird wohl ebcnanweug hcitriMett werden, irot* der 
Soeveribilin, die heelmtagealirker wie Mher tat den 
Kanstier von manchen Sehen gcfordcrl wird. Je mehr 
der Künstler diesen Kanon durch Studium «ich «nge- 

ei^i^ct Iml, «in mi »icherer wird er von lim l.r riiir-n 
EnlwUrien geleitet werden, ati der Hand keines ciii- 
geborenen Schönheitssinnes. Zu diesem aber niiifs 
nnliedingt die Kcnniak der Gcieii« binankom^n, ao 
dafc ahn daa vorKegende, hflclMt verdienatvoHe Werk 
als l.ebr. nnd Leinbuch ftlr den praktischen Kunst, 
ontemchi auf« würmste empfoblei) werden darf. 

Schaittcea. 

Äslhetiit der Baukunst. Von Gerharil Giet- 
mann, S. J. Mit 26 Tafeln und 100 Abbildungen 



im Text nebst cmeiri S»ch- und Namenregister *u 
allen luiif Binden der Kunstlekie, HeideTt Fvci- 
bnrg. 1003. (Frei« 6 Mk.) 
Ul diciein V. T ei I ecUielit dibvortflgl. pKttnat- 
lehre' ab, die seil 1809 entcheint, und mit Ausnahme 
des IV. Teil«- Malerei. Bildnerei und xchmtlckende Kunst 
,vi;l. fnl. XI\' Sp ].'.'■ Itln dieser /eHM!,!;!!; nur vim 
Gietmann bearbeitet ist, der iaiheiischen .Seele diese« 
ganten Unlemehmen*. Dafs er eich die Baakeftat 
far da» Bade «Hlbewahnet begreift «ichi dem ilwer 
blhetiichen BelendiUing fdill ei nicht an Domen. 

.\ber sie verlieren ihre Sch5(fe in der kriti-cheu 
Schftrfe des geschickten Philoiiu^hcu, der mit klaren 
bestimmten Grundsätzen an die Beurteilung herantritt 
und al» nUcbtcmer Beurteiler keiner VoreingaMMnniea» 
heit, oder gar Metetie um Opfer ftllt — 1» Teiles 
entflrteheh er aeine ideal gehaltene, aber mafsvolle 
Theorie, die er in logischer EntwirUnn..» und edler, 
niif jede i'hrasc verzich'ei-der pr >- di.ircltluhrt, 
/^uer*t weiden Uegntl uu4 ükiuenie der Architektur 
geprtlfl, dann die drei g^rofsen "'"MMgHlHlfrll dcr- 
■elben dargelegt, aito die bandweikliche», vorgeadiidit. 
liehen etc. Voratnfen vor der frieehitchen 

[und runiisclieu H.iuknri^t, eiidlich die aitchrist* 
liehe» ujiid m 1 1 1 c lal t ei Ii ch c D Uaustik neha der 
Renaissance. — So entfaltet sich unter seiner 
geschickt sondernden Hand an der Anderen Ceachichie 
der Baelniint iht* imiii« Aiagaaialieng, wie den Be- 
dUi&iaie dar Bau, dem Mnleriei die Fotei, der Ken* 
atraktton das Ornament entspriebt. Bia in* einadne 

weist der Vrrfns»er dir Fi>rriibilduin;en, ihre Notwen- 
di|^kr:< ibre Berechtigung nach, und dafs die kirch- 
liche LtaiikuDst dal>ei im Vordergrund steht, hat seinen 
Grand nicbi nur in acincr Vorliebe ftbr dieaellie, •ondcm 
audi In ihrer vielwitigcn Bedeateng. — Trat* dca Vor* 
herrsch ens der Theorie fehlt es nicht an praktischen 
Hinweisen, und hieibei ist die Einheitlichkeit der 
unverkeanbaie Veeamg^ deahalb der Magnet für den 
Leier. Scbsataea. 

Geschichte der ktrc Ii liehen Kons! von 
Kit hard Blukuer. Freiburg i. B. und Leipzig 
l',»0:t. Verlag von Paul Waetzel. gr. 8*. Uli, Seiten 
mit 71 Abbildungen. Ladenpreis geheftet lU Mk., 
IS Mk. 



Das vorliegende Werk Btlrki ers vcrf<il({t jmpuläre 
Zwecke. Vom Standpunkt lie» evaugeitschen (iegen- 
wartstheulogen aiM geichrieben, hat es sich die Auf 
gäbe jteatelk, vor eisen wetteten Kreiae kirchlich 
iateieiaiericr Leaer ein knraea Gcaamthild der kbeb« 
liehen Kunstentwicklung zu entrollen, wobei der Haupt- 
wert auf die Aufdeckung der zahlreichen Verbindongs. 
fSdeu geleimt wird, welche die IcUiistlerische l!ei;itigiin)4 
mit der aligemeinen jeweiligen kirchlichen Zeitvor- 
itellung und mit dCB Ktergischen Bildungen und An> 
forderangen der goticidienstlichen Gemeinde ve». 
knüpfen. Ba kann nicht geleugnet werden, dala 
BOrkner diese Aufgabe mit (ieschick zu lösen ver- 
standen hat, uidem er weniger «uf eine gelehrte 
Darstellung, als anf eine flUsaige. leicht ver\tundliche 
Schreibart auaging. Ja dar Aaawahl de* Oberreicb 



1903. — ZEITSCHRIFT FCR CHRISTUCHE KUNST — Nf. 10. 



vorliftictulen StofTci hat »ich der Verfauer dahin b«. 
«chriokt, dafi er es »ich tum GraudiaU machle, im 
allCNMiDn BW solche Kuntlwerke tu ichildeni, welche 
er MW «gCMr AoKlwMiiig kouiga gciwBl hat. Dtft 
du W«rk hitrdvreh «hMii (tark ptnSoHdMB Sienpel 
bflcommcn mufsic, licj;! auf der HsiM Pte lllutlrie- 
ruiijj ist eine .iii»pruchslo»e : »i« ii^uikie es »ein, wenn 
•iaN Buch mein ru teiifr werciiMi sdllle. Die AIjLm;. 
dungeu, welche lediglich «1» Antchaaungsmittel dienen 
mNm» bcrabca •todieh nTHmdaUnw 4« ymtuaa». 

Dai Wark gliadtrt tich in drei Hauplabtchoitle, 
*nn denen der enie das chrittliche Altertom« der 

tweile das Millelniler, der dritte die Nt-ujeit tiehai)- 
dell. Kechl giUcklich i»l der Abscbniti, welcher »ich 
mit den Katakomben, ihrer baolichen Anlage und ihrer 
nalcfiicben AiaadiailckaBg bcbüM. Nunanilkli var- 
diowD die AoaMhiw^cn ttber die laiii hinfigiMn 

wiederkehrenden Dirstcllungcii neachluiiK- Sie ver- 
raten eua sehr eiogchende» Studium und eine genaue 
Sachkenntnis Anci Nennenswert ist ntic)> du« Kapitel 
alKf di« Baiikk«, ia welchem der Verfaaier m leb. 
fMftar Art die Avawa^HDg det ciofacheo tiemeinde- 
humt nr BuHäM dwiegt ud Mit dcf Botwicklinig 
des Goncadicflfliet eildirt, flir weidtcn das ncee Ha«ta 
eben jiassend gemacht werden iiiuf»lc. Mit Recht i»l 
beim rumänischen Stil das Vurwaiteo der Eiuiei- 
petsbulichkeit als etwas speiifisch deuKche» betont 
vordeo. Amprecbeud iu mach dar Abachoill aber 
den gotiicbes Bilderkreia. 

Es würde dem üuche gcwif'- i icht zum Nachteil 
gereicht haben, wenn sieb der \ cifasicr der Muhe des 
Aiile^eiii eiitspiccbcnder Register unierzogen hätte. 

NOrnbeiK. Fritz TraaKO't Schulx. 

Geschichte der bildenden Künste VMl 
Dr. Adolf K i h. Zweite Terbesserte und er- 
weiteite Auflage. Mil einem Titelbild, 'rifeln 
und 940 Abiiildnagen im Text. Herder, Freibnrg. 
(Preia 90,40 Mk., biii gelnadak S5 Mk.) 

Diese im Anfange des laufenden Tuhres Ur^jnmirne, 
(hier bereits mi !• ebruarheft uni^f-kUndiijtej Neiinuihijje 
hat in schnellem Fortschritt iluen Abkchlafs gefunden, 
nad mM den basten EiapfcfaliiDgen darf sie begteiiet 
mmäm io dta weMeti Kteite der Gebildeten, hr 
wekhe dfe aOfemciw KmMgcMliklMc nickt die Be> 
demting dea Kachatedtaiaa, MNidem nar der emMcn 

Friv iiluuier «eisudf; hut, im Streben iiuch Mijden Grund- 
aStzen und Kenntni&ken auf dic»em veilockendcn Gc. 
biete. - Nach beiden Richtnnt^en hin ist das Bach 
tm anvariXaaigar FBkrar, indem ea den KnnMgabildeti 
nitr idealt feiiuiide Ameh e u Mif ea mtfegenbiiBgi, md 
aus ihren gewalligeB Reihen die springenden f^inkte 
heraushebt, um an ihnen in grofsen Zügen den Ent- 
wick!iin(4sg:uit; darzulegen, dutcb nihi;; iurlschrei- 
teude brorietuiig und an der Hand guter Alibil. 
en. Wie die erstere überall, namentlich im Alter- 
der MliclinaUieiien Periode nnd in der Fftth. 
renaiisanc« den Fortfchrilt der Porachnng erkcmmi 

iSfil. SO erscheint die Illustration, die sich nicht nuf 
das Herkömmliche bc-schraikt uiid hiijSicli: Iicl; der 
RepriiduktKiii das Hucliste etslrebl, e nc »ehr er- 

hebliche Verbesserung. Dafs die Kunst des XLX. Jahrb. 

M im gltcUicbtr AnweU cha. 



J 



rakteristischer Ilenkmtler und in daran geknüpfter 
kurzer Beurteilung der Hanpikttnstler, der profanen 
wie der rcHgiflaeo, wird den meisten J.escm sehr will, 
koaneo aeiBi — S« «g maachcr in diaaat gut diape« 
alcftcs, einlach aber vwraebin gehalleMa, iMil w 
knappen und nicht zu weitllnfigen Kunstgeschichte 
gerade dasjenige 6oden, was er auf diesem Gebiete 
suchte; das Verzeichnis der technischen Ausdrücke ruit 
dem sorgfiltigen Register als daokcnswette Beigabe 

B. 



Alte Meiilei» Pwllice Faksimiles nach den 
Itcrthaiteil« GemlldcB der Welk — Voodieieiii hier 
wiederhott in« Sinne kotier Anerkennang wie wamer 

Empfehlung besprochenen Sammelwerk liegt nunmehr 
auch der III. J a h r g a u ;bi£ auf eine Lieferung) 
Tollendet vor, und es darf ihm das Zeugnis bcslin- 
digcn Fortichritu hiniidillieh dar Trane nnd Feinheit 
dar Wiadatgnbe «ugiHtelk «cideii. — b dleaen viet 
Lieferungen (Tafd 61 bi» 118) alod wir maice 
Deutsche (Holbein) vertreten, aber manche Ilaliener 

iSiidnma, l'o'ci. I ipi'i, Mrlnjio lia Fnrli, KalTael, 
iuian UKW,), von .Spaniern Muriilo, von Franzosen 
Cliiuel, Millel; von Englindem Gainsburough; selv 
viele NtedctHader, wie Knbena, Oaiade, Tcnieni» 
Wonweimaw, Doa; «nd bei dieser Aaawahl md die 

deutschen Galctien mit Recht hcvoiziigt Vor keiner 
Schwierigkeit «tutdc tl.il( ^etnncht, jede vielmehr alt 
Auffoiderung zur höchsten Anspannung betrachtet, so 
data gerade die (icasUda mil den feinsten Fari>en- 
»le aie dco 



m»d PMtiXis moctaMdi 
erschefiten, oamenflicli die bolUndiscbc« Bilder, die 

an die Keprudukiion die hnclitle Aiifotderuiijj iipllen. 
Im hegi mlüa hier eine BiaitieAle»e vut, wie sie bei. 
•piellos dasteht, und da auch in beireff der Auswahl 
nicht blofsericttcbleie Ewaickt, sondern anch aaiteRdck- 
stckt gewaltet hat, ao iit nw nnehiteachrtokla Enip> 
febluiig am Platze. — Jedes Udd bt in ein graute 
Passepartout gefafsl, um in gefilliger Mappe mit je 
■* Hlnlt Mk. ', «ider in einem Wechselrahmeri ('J Mk.) 
als VVandscnmuck autuewahrt zu werden. — Dieselben 
Bilder erscheinen, nuf feine Kartons gezogen, ia 
SaaBMlnMppen iroD je 40 Blaii ('J.'> Mk.) imter deei 
Titel: Meierei. Die BeMhreibung jedca Bildea iel 
eehr «elivoll, klar, «Bfefasd. SahnOtgee. 



Hundert ^^ei^let der Gi-genw.irt. Eine 
Saaiiiiliing farbiger Kaksiniiia nach Gemildcn reii- 
{{enössischer deutscher Künstler, erscheint liei F. .\ 
Scenaan als eine gewiiae Erfiaanng der «Alten 
Meiller', diaaen dvrchaiia ebenbaftig hi beteg eif die 
farhiKe Wiedergabe der einiehMD Bttticr, von denen 
manche offenbar i^.nu aparte Umständlichkeiten be- 
reuet haben Wie m dem ersten Kelcrate ; Uber die 
iKideu ernten Helle Bd. XV .Sp. J.'.i) bereit» be- 
richtet wurde, soll jedes Heft nur Künstlern derselben 
Stadt gewidnei sein (mit Aeanahme ro» 2 Heften 
flir Bhudone), jedem Kttnaller nar cfai Hin«. In 
dieser Anordnung sind ftlr München Hefte vorge- 
sehen, für Berlin 1, filr l)resdeii, LHlweidorf, Wien 
je 2, fUr Karlsruhe, S'ntitjart, Worpswede je 1 ilefl. 
— Von dieaen JO Heften (tOMk.) liegen beieiu 14 
vor» ia deaca Miudiea «ad Berlia laH je 16 KtaaUem 



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317 



I9Ö3. — ZErrSCHKlFT FÜR CHRfSTLICHE KUNST — Nr. 10. 



318 



v«rtr«lrii «ind, Drei<len mit 10, Dttueldorf, KarltruliF, 
S(iitig«n, Wien, WotptwtiUr mil j« i>, aufterdem 
V. Bodnam, PeMoaco, v. VolluMidi, OMe. Urbu. 
— An i m — ■chc ffci lüipp— , waKhe die AmlcM boi, 
ül d«r Vartagar mtl Takt «od GMclc vorbeigeschim, 
(obwohl von Schneider, Slack und Müller mJErc Gr. 
milde *OT Astarte, Mrerweibchrn, Faun und N)ii)|j)4e 
den Vonng «crdiciil habco wardeo). Di« venchie- 
dauta* Arlan nnd Richtangan komnaa an Wort, 
liolt dar am Madm ToMutaii und TadaUm af> 
anahaandcn Sehwiafigkcllaa, uid dafi der Dratbrban. 
druck aia ao glllcUich Vberwatiden bal, vertcheacht 
luch die lelilen Ucdrukcn, ilic ^cgcn ihn vereinzeh 
noch erhoben werden. Uitie haudlieben Foliobefie 
Bit Ihian filnf auf grauen Karton gehefteten Bildern 
duchnUlumi, danaa ja eioc Drackaatta aail der 
darchaat faehotlnniichcn Charaktenaiik daa beUetfaa* 
den Mcisleri vorhergeht, bereitet einen huhrn (Jenufs, 
Dntl ein bcMterc« Hilfsmittel, (ich mit der Malerei der 
Gegenwart, ihrrti 'Cliereinitiminungcn nnd Verschieden- 
heilen, ihren Betirebiutgea aad Ergebmaten, ihren 
Scbwicbco and SlirkcB haikaaat an mache«, itt wohl 
ai«bt denkbar. Oaa bia Oataoi a» vaUaaideade Sammei- 
werk Tafd l a t daher weithin cmale Beachtmg. 

Sc Ii nQt,[etl. 

üchBiualtftre in acharedtack^n Kirchen aod 
Hnaeen mn der WcrkaUd dca BrOiacler BUd- 
aetariBcmJas Berauino Ton l>r. Johnnjr Knoavat, 
Aariftani aai Notdiichen Mtueiun in ii t ac kh ohBi 
Mit «II AtbUdanga*. Heki, StrafafaMf lIHW. 
(Prei* i> Mit.; 
Ab Nr. XIV der .Sludieo stur ICanalg«- 
achichie dea Aualande»*, die ichon manche, 
aach In diem Zciiachiift gawdnlifte Perle beten 
(neben den '.'ini^n auft beste einjjcftthrten .Studien 
nir deiitsL-tien Kuiisipefchichte^) eracheint »oeben die 
vorliegende .•\rbeit, die den (iei[!if;en, Mir^^'f:ill:gciL, 

nmaichtigen Furacher venii. Er bietet hier aus dem 
Schatte von Vielen aehaifn n eohn du naige », die er 
anf Kanttretic», ratiifhtt in aciner Heimat, nament. 
Seh h> den aehwediachen LaBdachaften L'pland, S6der 

manland, VeiliiniiiUml und (Miergnlbud, liesonders 
Uber die dort erhalienen SchtiilzalUiie, geumiiiek hat, 
nur einen Brachteil, ntdem er, darch die Prüfung vi-r- 
wandtar Aharachraine m Beicie«, arte in Könen and 
Dljon, Wien, Knaael nnd GOatrow an VerrMehvncen 
angeregt, vornehmlich die aui der BrUieeler Werktlatl 
des Bildscbnilren Fan Bormann hervorgegangenen 
AuUätzc genau uiUeri»i:cht , und dninjt die '1 ili^keit 
dieses hervorragenden Meisters an der Hand von Ab- 
bildungen seiner heimsilichen Werke klarsielU, ihm 
aeiee Stellnng in der Kunatgeachiehle anwcial. — Mach 
einigen Beraerlmngen aber die ,Schnilialilre in 
Schweden", die vui) 1400 bis I4K0 am Norddeutsch- 
land, diuiu II» die 'JOer Jahre des XVI jahib., 
also bis zum Ende der kalbolischen Zeit, aus den lliU 
mischen Werluiillan iMiogcn wurden, verfolgi dar 
Verfasser amichat »die Eniarkkinng dca Mmichea 
Schnitaattaia von c«. 1400 bia 140O'*t der anciat «ua 
kaatenfiinnifcn Niaehen mit loae naamraeageatelhen 

Einzelfiguren tieslsnd, d.iiiii aus iraleiisch wirkendeti 
Gruppen, die lulctit dem .Streben nach citihettlicber 
Wirkung zum Opfer fielen. Zwei vorzügliche flimische 
SchniliahCre im Dom tu ä4ient»üa bildeten den Uber* 



K*nK "^"i Werlcen Inn Hormann*, die iuer«t in 
I Gttsirow und LOwen usw., dana in den schwedischen 
Kirchen nnd linaeen geprOft nd beschrieben werden. 
Sein Mitarbeiter wnr (etwa von I&IO aa) aeis Soho 
Pai'-;aier, dessen spätere eigene Arbeiten Vom Verfaaaer 
fesl;:eslellt werden, um im letzten Abschnitt zu den 
liruticler Schoitzattäreii ii> Scharedco ttbenuleilen, die 
nicht aus den Bormannschen Werksttten stammen. — 
Viele krttiiche nnd kUresde Beobachtugea ahid hier 
in elfenMaMcher Aiadnwkaapeiw waaroaialiafiii, 
den Wunsch weckend nach weiterer Bearbeiinng und 
Veröffc&tlicheng teinea ao mthiam geaammeltcs reichen 
Matariala aü Bhiaehlnla der AbbildungiBk X. 

Wandern und Reisen, ntttstrierte Zeilachlifl 
fttr Touriaiik, Landea. nnd Volkaknnde (L. «ebwnmi. 
■ranalHch i HeAe, k M Vt), bei flWeat Beghin vor 

Jahresfrist hier warm begrilfit, hat die Erwartungen, 
j die an sie geknöpft weiden durften, nicht nur befne* 
dl gl, sondern weil Übet boten. Der I. [.Thrj^ung liegt 
vollendet vor (im prichligen Einband für 16 Mk.), und 
schon der Blick auf die nngemeio gICateild« 
Illnstratien bealitift den Reichtum nsd die Mioaif» 
fahigkeil dea Ininita. Im Vordergründe aleben die 
Land%chtifls-Schildeningco, die auch in fremde I.ünder 
fuhren, aber das Vaterland dnrchau» bevurzugen, die 
den Alpen ihr besonderes Interesse bekunden, nilCT 
anch die HOfCl und El>encn nicht vemachliiMignn. 
Knhniw md Sitlcnbildcr qiiclen ctae gMrfäo Rolle, «ud 
dea üliidlebitdciii mit ihren KantideokmElem iit efai 
weller Raum gewahrt. Neben ihnen komasen Zeh. 
ericheiiiuiigen und .Krlinduiit^en zu ihrem Recht, wie 
Kunst uud äpori. Auch die ErzShIung behauptet ihre 
Stelle, der Poesie, namenllich der mundartlichen, wird 
der Pinta gewahrt, nnd die mancherlei RatachMgc. die 
far des Reiaenden von WidUigkeil abid, wi« Ar die 
Auswahl, so far die Behandlung <)er Ti>uien, slompeln 
die Misiellen tu einer besonders er(»iebii;eu Kubrik. 
Nur erfahrene und bewährte Knchlruie kommen zu 
Wort, wie für die groben Auftüize, so (Ur die klei. 
Deren BeticlMe und Motiaen. SebnUiKe«. 

Deutsche Gesellschaft fOr christliche 
Kui,»t, ] ahre « - M a r liMi.t, Mii || Folio- 
tatein in Kupferdruck, Fholotypie und Zinkographie, 
nebst '_'T Abbildungen im 1 exte. Ausgewählt durch 
die Juroren: Praieetor Btthlmaan, Q. Fngel, Pro- 
femor Dr. Grauerl, Ftolciaor Kolmaperger, Dr. Joe. 

Popp, Piofessor Rmneis, Professor li.-ilth. .Schinill, 
Professur Wadere. Ncb&i erläulertident lext von 
Dt. Jos, Popp. — München. 
Dieae wiederum acfar leich nnd vornehm »nfga- 
aiaitete Mappe BOnt 3 ArehilektcB (Aagermnlr, 
Kurz, Schott), 7 Bildhauer (Iveu, Malter, Pruska, 
RUllcr, Schreiner, Sibbel, Streicher), !< Maler iFeuer- 
slein, Fuchs, Hackl, iluher, vm K.r.inier, Uayer- 
Franken, Rudi, .Spiefa, Thoma) vor, so dafs also das 
in Manchen besonders gepflegte Kunalgewerbe diea- 
mal leer auifcht. AI« eigentliche Archiiektenleiatnng 
kann nur die recht gewhickie Ergänzung der aken 
romanischen Tlorfldrche von Kon betrachtet werden, 
deiiit die drei Altarbaulen: romanisch [?), spät){ul>«ch, 
Rokoko fallen in das Gebiet der Plastik, und dem 
I gani im $iane dar sOddeulscben Spkigotik gdudiene 



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320 



KiugeUlta' i^r-l ilm Lob, bis auf die ciw»« lu« der 
RoUe faUcodr l'rcdelU. — Dw hochgotischcn Skulp- 
toren Ivens: sein gtobct TjUlJunnil üod die beiden 
«ciUkhcB Standfigwcs vcmlcB cmno SiwUnm der 
ftmaBilMlieii Pluift md iaaerhalb dwiea Rabmcn* 

tilc^htigcs %el1ist£iidiges üchafTen. Rruika kiuipfl un 
deu iipätgotucbeu RealHinui seüicr llciiual mil Er- 
folg an, Schreiner und Streicher mehr an die Üntfu- 
tinbchen Keniiniuenxen der Krab(eiiat!.<iaiice. Emer 
etwa* freieren, aber doch noch uiafivoUen Ricbtang 
folgen dn Ußim, di« wiedcnm du f eld b«haapt*n, nd 
mit wenigHi Aunalinm müe AnBibeniiBBg «ttdicBen, 
iiacucntiK ti Ifackl mit f'ciiicf ungemein antprechendeo 
l'atfün.i U-ivann«:. hciicislrm mt seinen beiden öberau» 
(jewaiidleri I )arslel|iiiit;eii nus dem LcHcii de» hl. Lud- 
«ig, Spief» mil »eitlen durch Ilallung wie Ausdruck 
inponictendcB WtodfignifBi endlich Hnber, dessen 
Ghwccnllde w kfaitvoll wie elsenntig «ad. — Ute 
eimalBcn dwcli biographische Notiien enigeflihrten 

Ktlniüer mtlücii Mch v<in dem HetFiU3>;eljer eine kurie 
Kritik ihrer L,ci»luii|;eit gefalicii Ifttseu, die dur<;iiwcg 
Zustimmung finden mag, zumeisi wohl im Uegensatze 
mm „Ucleiiwort", «reichet lunwchUicb de» Kamt« 
«efcefcnt des inodeniMw AwdMomieB haMigl. nur 
die KtnsUer alt AahlMitttni gelten Inieand, «ich enf 
dem chriiltichei], salbet anf dem kircUiehen KtUMt- 
gebiel. Das hierfür Aufgeboicne, stellenweise geist« 
reiche Risomtcmeol bezeichnet auf der abschüssigen 
Bahii einen starken theoretischen Fortschrbt, den 
hoffentlich die Praxis fortführt tu desavourieren. k 

Lndwig Richter. Ein KunMlcr fttr das deMtcbe 
Volk. Von David Koch. Hft 106 Abbadonfen 
nad Vlg— tten nach GemUden. Radieraagco, Zeich- 
m^en aZMl Holnchliitten. Steinkopf in Stnitgarl. 

IflOH. (Preis ;i MW ( 

Zum hundertsten (ieburtsiage Richters weiht der 
Verfasser dem dentscheo Volke dieses Lebensbild seines 
Liebliogtt welche* nicht ao aebr detaan Lebentlaaf 
enlblan und d a aa en Werk* anCMiicn, ab viehndir 

seine Eigenart schildern, seine deutsche Gemttliiicfe 
darlegen, sein inniges Verstindnii für die Volksseele 
nachwei-en »uQ. Wie dieses unvergleichliche I>.Tt. 
stelluiigsgeschick sich aJImShlich uicht von »elliM, s<ii)> 
dern in heifsem Ringen eniwickeh hat, wird :iii<ch*ii- 
li^ md sjapathiich vorgefUwt. indem nacheinander 
die BnlalelMBig aemar Wehaoaehauung, seine kttMi- 

lertscben Ani&nge bis zur Ilelm'xehr aus Italien, sein 
lUuslralionsstreben, die Zeit icuit:i grasen llildwertce 
(1847—1^^ Ii ) geprllft, endlich sefaie K 
oad aeiiie geistige Bedeutung fflr die denticbe Kunst, 
anek Mr deren Zukunft gepriesen werden. Di« dco 
T«Kl gaadUckt begleitenden nnd crilmteniden Uhialta- 
tienen haben ingleich den Vanmt. manche aeiaer 
Werke tti 7ei).;eii, die minder bekannt sind, so dafs 
fOr Ana gaiue, warm geschriebene Buch das Verdienst 
reichet Anregung and Bcle h in n g in Amprach genom- 
men werden darf. i , 

GotieataL PreisgefcTönter Roman von Anton 
Schott. Mit Bachtchmnck von Ph. Sdlnatadiar. — 
Der Znnberknoien. Kahurroman von William 
Bafrj. An* de* EagÜscben übertragen von Jo< 



Imnn» -Sielmsika Mit Bilder« von BswOTOWaki. — 
Lukas Uelroege. Ein moderner SeeUorger» 
Roman von Patrick A. Sheehan. Autorisierte 
Übersetzung aus dem Englischen von A. Lohr. 
Uieie drei von der Allgemeinen Verlag s- 
GcseIUch:ift lu MUnchen letzthin (lum l'n ne 
von je ) Mk.) versandten Romane verdienen beste 
Empfehlung hinsichtlich des Inhaltes, die beiden ersten 
auch wegen der Uhutratioa, die teil* in Hotten and 
doeh ktlfllgen Dafatcihmfrn, teili fai «ortfenieh ge- 
gezeichiicten Vignetten besieht. 

Im Goltcstal bildet eine Cjl.uhllttc den Ort der 
Handlung, und in ihr spielen, nach Ma[«);abe moderiier 
Zustände, drei Gruppen die Hauptrolle: der durch 
eigene Kraft emporgedleheoe Besitier, die Bauern von 
Moeinn und die UttlCMMhcitcfi die t«Ma in eher 
schkehler Weite weilerleben, tetb im Wuaer der 
Sozialdemokratie schwimmen- .\us dem dadurch be- 
wirkten Wirrsal entwickelt sich, still von christlicher 
Hand gepflegt, eine neue soziale Gestahnng, die den 
Eindmck macht, GMck and Segen ta atiflen. 

Dar Zanberknoten, dar chamidli «inen aoiialan 
Hiniergmod hat, teigl da* nrwflduige Med» Volk 
in seiner GenialKit and Einfachheit, die ea ilclh be. 
wahrt unter den mannigfslligslen Verschliognngcn der 
VerhUtnisse ; die eingestreuten Landschaftsbilder sind 
von entzOckender Wirkung. 

Lnka* Delmege ateUt ein flbenaa leichea 
Priaeterltben dar, da*, «trvickdt in die Kin^Te der 
Gegenwart, die Versdhnnng der katholischen Kirche 
mit der modernen Kuhur erstrebt nnd setbat da, wo ei 
lU weil ^e(-iiiinnt erscheint, in hohetti Mafse aniiehl 

durch die edelsten Absichten und durch eine Falle von 
fehlen, hwnorfawtiitcB Schi M er m i ge n. b. 



GlDcktrad -Kalender fdr Zeit nnd Bwtg. 

keil I'ii'l. .S! •, rl - I lus-Verlag in Wien. (^0 Pf.) 
Dieser XXiV. Jahrgang uberra};! die meisten seiner 
Vorginger noch an Voitretfliciikeit wie der Artikel 
und MotiMn, so der Abbiktnogen. Unter den letateren 
zeichnet tkh daa in Gold nnd Fnrho anagffllhitt 
Titelbild der Unbeneckten Empflngnis (entwotfN VWI 
f Klein, koloriert von Schönbrunner) aus als eine in 
jeder Hinsicht »ludige (iabe zur 'iltjähngen Jubelfeier, 
anf welche auch sonst noch mehrfache Rttcksichl ge- 
nommen wird. — Der BOdcr.Zykhu aber das U. 
Mefsopfer wird fortgaacUt, ein reiche« Zeichnangt» 
material geboten wie in der Boehroibang dea apll» 
gotucheii diiirgestuHls von St. Stephan zu Wien, so 
in der biiuueruug mi den Maler Knpelwieser. Aufser- 
dera wirken Won und Bitd noch tu Lehrhaftem wie 
Uttterhahcndem erfolgreich susaranien. 



Dr. Jariich' Volkakalender fax daa Jahr 

1»()1, herausgegeben von Kaff Londalelner, „Nor. 
beriu»". Verlag ^l'rci. . '"i Ff." bringt wiedem virl .Be- 
lehrendes und Unterhaltendes", darunter eine Icurte 
. Biographie des Gründers Dr. Jarisch, einen eingehen- 
den intcreiaanten Bericht ttber die „Pilgerfahrt nach 
Lonrdea'% eine adtr awMvrlebe ^WdlnMidachm". 
Anch die Illustration, die in rdigHiien Biidemi Poililla 
n*w. beatebi, kosunt weht an hnra. O. 



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• (für jedes 
gungen hat 
Brühl, den 
r, mit ganz 
vieler Er- 
Altarstufcn 
m Marmor 
lie Blenden 
Mensa sind 
}ldschmied 
Fein gelegt, 
itufcn das 
die eherne 
iaaks sehr 
ibel ist aus 
eine grofse 
ms Panrer- 
Fabernakel 
rtüren, die 
schmückt. 
Rückseite 
echnik mit 
I Ägypten, 
en Moses, 
riesters im 
geschnitz- 
r sind lose 
>er ist aus 
larmor die 
nholz sehr 
in Glanz- 
) bemalten 
{enden Fi- 
tnteresscn) 
Katharina 
en Spruch- 
izen ange- 
d. - Der 
) auf zwei 
ihang des 
bewirken ; 
iolzalulen 
e Seidcn- 
'erbundcn, 
n das Chor 
glücklich 
-, namcnt- 
nkommt. 
n 0 ) K c n. 



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Abhandlungen. 




Neuer Hochaltar romanischen Stils 
ftir die alte Kirche zu Gerresheim. 

MilAbb.(Dop|i«llsr. IV«.V). I 

ntei den so jahlrcichen 
wie bedeutsamen Kirchen 
des Niederrheins im 
Übergangsstil zeichnet 
sich die ehemalige Stifts-, 
jeUige Prarrkirche zu 
Gerresheimdarch Grobe, 
Reichtum und Feinheit 
der Verhältnisse aus. Gleich am Eintritt in 
die Apsts steht die ursprüngliche AlUrmensa, 
eine ungewöhnlich grofse imd gegliederte An- 
lage, indem die Tiefe der imiipfahr 3 m betra- 
genden Breite nahezu entspricht, und die drei 
Seiten durch }e drei deRanteii von SMukhen 

eingefafste Klecblattblenden verzicit sind, ein 
•elbit in dieser schmuckliebenden Periode sel- 
tener Dekor. Auf dieser Mensa stand bis 
Ostern 1902 als Hochaltar ein „hafslicher Ro- 
kokoaiifban" (vergl. die «Kunstdenkmaler der 
Rheinprovinz* von Giemen, Bd. III, I. 94 ff.), 
so dafa in derfilr die Ausstattung ihrer schönen 
Kittlic begeisterten Gemeinde, die für die stil- 
gcm.-tfse Erneuerung und Ergilnzung der vor- 
tretriichen, aber hOcbst defekten Wandgemälde 
auf Widerspruch aus benachbarten Kilnstler- 
kreisen Stiels, um so lebhafter der Wunsch nach 
einem wttrdigen Altaraufbatt sich kundgab. — 
Nicht nur die geringe Tiefe der Apsis, sondern 
vor allem die (>cs(aUung der alten Mensa, die 
naturlich als ein Noli me tangere betrachtet 
wofde, verlangte die LOaoog in der Form eines 
Aufsatzes. Hei der Breite der Apsis mufsten 
seine Horizontaldiroensionen recht ausgiebig 
sein, wihreod seinen Vertikalverhültniaeen einige 
BesdirXnknng auferlegt war durch die bereits 
in mK&iger Höhe beginnenden, ungewöhnlich 
schlanken Chorfenster. Da das Tabernakel dne 
hohe Predella erforderte, so durfte wiederum, 
damit diese ihren, für alle (-".lUe gebotenen 
Sockelctiaraktcr nicht zu sehr cinbuf:>e, der Auf- 
sata nieht zu niedrig sein, wenigstens nicht mit 
Kinsrhliifs der architektonischen Bekromir.ir. für 
welche an dieser Stelle, zumal über dieser Mensa, 
auf einen gewissen Reichttun nielu verxidiiet 



werden durfte. — Auf Grund dieser (Ar Jedes 

Altarprogranim unerlafslichenj Rrwrigurgen hat 
Bildhauer Mengelberg in Utrecht-Brühl, den 
hier mitgeteilten Plan entworfen, der, mitgans 
kleinen Verbesserungen ausgeführt, vieler Er* 
kl unnjjen nicht bedarf. — Die Altarstnfen 
bestehen in schwarzem und farbigem Marmor 
mit Richenholaparkett-Einlage. In die Blenden 
der restaurierten un>l polychromierten Mensa sind 
drei vergoldete und kräftig \Von Goldschmied 
Birgel in Köln) gravierte Measingtafeln gelegt, 
die in schwarzen und farliij;en Konturen das 
Opfer Abrahams und Melchisedeks, die eherne 
Schlange und die Darbringung Isaaks sehr 
wirkungsvoll darstellen. — Das Retabel ist aus 
schwarzem Marmor ffebildet, und je eine groläe 
Hinterglasmalerei- i'afel tiankiett das aus Panzer- 
eisen doppelwandig gexbraiedeie Tfebemakel 
mit seinen beiden vergoldeten Kupfertüren, die 
je eine eingravierte Seraphirofigur schmückt. 
Die beiden GlasUleln sind auf der Rückseite 
in ebenso cfTektvoller wie solider Technik mit 
den Darstellungen des .\usiugs aus Ägypten, 
des dem Felsen Wasser entlockenden Moses, 
des Mannaregens und des Hohenpriesters im 
Allerheiligsten bemall. Die aus Holz geschnitz- 
ten niedrigen l.«uchterbanke darunter sind lose 
vorgestellt, der Rosettenwulst darttber ist aus 

Kalkstein gebildet, aus schwarzem Marmor die 
Hauptdeckplatte, die den in Eichenholz sehr 
reich und künstlerisch aasgefthrten, in Glans« 
und Matigold (von Ivosenthal in Köln) bemalten 
Aufbau trägt. Die vier grofsen sitzenden Fi- 
guren stellen (in Wahrung lokaler Interessen) 
die Heil^ Margaretha, Hippoljrtus, Katharina 
und Suitbeitus dar, deren Namen auf den Spruch- 
bändern der darüber in den Frontispizen ange- 
brachten Engelrelieft verseidinet sind. — Der 
breite mächtige Aufsati ruht seitlich auf zwei 
MarmorsKuien, die den Zusammenhang des 
Ganzen vorztiglich wahren und bewirken; 
die beiden in piano freistehenden HolzsAulen 
mit F.ngelfigur, durch gemusterte Seiden- 
gewebe mit dem Altaruntersatz verbunden, 
tragen noch mehr sur Eingliederui^ in das Chor 
bei, die ganze Silhouette ungemein glOddich 
abscblielsend, worauf es bei jeder Altar-, nament- 
lich Hochaltar- Anlage vorndimlich ankommt 
Sehnatgen. 



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»23 



I9Ö8. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST - Nr. II. 



3S4 



Der mittelalterUche Tragaltar. 

(MM IS Abbildongen.^ 



II. 




Ith tk-ni l'lK'rMick iiber die litur- 
gische Kntwickclung des Horta- 
u\e g^hen wir nunmdtr su «einer 
k un st ,1 rrhiologischen Würdi- 
gung über. Wir liabcn da im eiiuelnen darzu- 
ICKen, welclieForfn er im Laufe der Zeit gdiabt, 
wo raus er angefertigt und wie er ausge- 
stattet gewesen ist; endlich wird auch die 
Zusammenstellung und kurze Beschrei- 
bung alter noch vorhandenen Monu- 
mente zu unserer Aufgabe gL-hören. 

1. Oer Tragaltar baue seit den ältesten 
Zeiten dtirehweg dieadbe Grundform, wie der 

fixe Altar, nämlich die Form eines Recht- 
ecks o(Ut <^iuadrates. So /eigen ihn f.ist 
alle Monumente, welche uns erhallen sind. 
Zuweilen ist er auch von runder Form 

gewesen. Kintni runflon. in Silber einjjefafsten 
AUarstcin von Jaspis besafs z, B. nach einem 
alten Inventar im J. 1800 die Abtei S. Alban 
in England. Das Inventar bezeichnet ihn als 
Altar des hl. Augustinus, des Apostels von 
England.'^) Eines ovalen .\lt.ires hat sich auch 
nach einer alten, atlerdiugi nieht fana einwand» 
freien Biographie, der hl. Wulfram, Bis<:hof 
von Seos (f 720^ bedient.*') Noch heute be- 
wahrt man in Paye (D^ Devx-Sevres) einen 
ovalen Porphyrstein {25 - 16 ciw), worauf der 
hl. HUarias (f 867) das Me&opfer dargebra« ht 
habensoll.*"} Auch im „Welfensehatze",*») 
sowie im Domsthatz von Fritzlar*"; befindet 
sich ein Tragaltar, dessen Siciii infolge der 
kreisförmigen Einfassung rund erscheint. 

Vgl Roi^V .The eliurch ..f ..urfatheft,- I. '»'.'i. 
") Mabillon >Acla Sanctorum ord. S. B«ned.< 

HI, I, :m. 

AbhiM. Roliaiili de Flcuiy V, pL jMO 
Vcrgl. »Anaales arch^Uigiqueii IV, 240. Dvcange, 
•Glouariam« t. v. altare (paratum). 

^ Neon «DD «üer KcliqmeMcluis des Hatuei 
BMaHdhwaic.ljaaelNirK« (Wtn IMI) 145. Dnm» 
•ehtot Waik «dMli «Im «oHMflielM AUumdliuii; 
aber 4Ie elf — nielit vtcnelio, wie die meltteii «relilo- 

logischen H.itnihikhcr »nj^rn - im .'»ch.il.e lirfiitd- 
licheu 'ltagnit»m. VVii t>e»ich<iea tlie»e werlvolle 
Sammlung millelalierlicher Kuotigegenitände mit dem 
ia der KandgcKliktit« nicht rcctn piMead ciB|e» 
bttrgMMB NuMtt „WaiCiBtebtti". . 

*") Katalog der Dusi^ciaoiftvbwiaUlätorieebmAlH. 
ileUMUg (|iH>2) Nr. JUX. 



Rri der viereckigen niundfitrm*', hat das 
Portatile eine sehr verschiedene Kntwicklung 
erfahren und Gestalt angenommen. Es lassen 

sich vier verschiedene rcrnieii n.n hweii^^ n. 

Die erste Gruppe — wir bezeichnen sie 
als Tafelform —besieht nur aus dem Altar« 
stein, welcher in ein Biett «ngeUoseii oder von 
einem Holzrahinen eingeschlossen ist. .Sie utn- 
lafst die cinfaciieren Monumente. Zwei sehr 
schlicbie Exemplare besitit der „Welfenschats^V 
Dieselbe» bestehen aus einem kunstlosen Eichen- 
bteu (30 X ^ X '^"'i einem Kalkstein, 
den man mit Ndgeln befestigt hat Ein ähn- 
liches, rot angestrichenes Altarthen befindet 
sich im Scbatie zu Quedlinbur g.^-; .Mehrere 
sehr einfache Ex«mplare, bei denen der Stein 
von einem Holzrahmen umgeben ist, landen 
wir iit)ling4t im bischöflichen Museum au 

AM^shll Ig.«) 

") küpio »L'oeum de U«oge»< (low* 18<*2) 
199 and Corbict in 4«r »lUrae de r«t ehidtiien 
XXVU (I883> m apesdutt wu dreieckig«» Ai- 
ilraa. Wobl mit Ünrteht; weder «He Utanriiebcn, 

noch moiiiuniriiuiru Zengn.^se gcbes dsaa Aalifi. 
") NcnmauD a. a. Ü. S. 



*^ Das Mumm» hM nieht weniger sli sieben TVeg- 
aklrcRen, «oa denen Udicr aar das Ihcste psbVaiafi 
wnrde Fflnf sind gern ewfaeb nnd obne kttnaiieri. 

sehen Wert. Wir machen hier tum erslen Male Uber 
«iir«cll>rii nähere Angaben, welche wtr t!fr Freundlich. 
k*<t Je» hi»chö(lichen Archivars Kicilni illrr-AugiburR 
vcfdwkc». Dm Meale goliacbe AltSrcheu (31 .< 
X 3 M mit 7 em breite« Habrrade) ital eineB frtn» 
liehen, ichwarzgeaderlen Stein. Der t^lolirahmen iit 
oben mit Meuingbtech beschlagen, rechli and linki 
krabbenarlige VerrirruiiKcn. Es hnt in aufgenagelten 
gotiachen Majuskeln öie Inschrift: Agtint Dtu <f-i 
toilif piftuta. In den Ecken die Evangelitten.Sym. 
bole in Meiaingbtech gnniert; Eade des XIV. Jahrb.. 
ttmnii wabiecbeialicb am der Ptwrei ThelfinKC« (DiB. 

icsr A'jfshufg). — Ein ?wcilrs Al'ärclicii aus Solen, 
hofer Sletn (30 "J < ■« ohne lioliiahmcu, 

Jer »ohl verloren K'^C'"'t:f'' -'^ l 'IT. An den 

Ecken und in der Milte cm ciugravieilcs Kreui. In 
der RaAdeiafuMiag aaf teniefieM Gnade in gotitchen 
Ittajeahebi «ben ^fpsM, uaicn CM^ mcIms «/iV. linha 
KJ. — De* dritte IVmcelllrehen aiu deinaelben Stein 
f • !}»,.■• > I (m incl. des Hulrrahnieiis] von 1 117. 
In den Ecken grarierte Krcue mil Strahlen in Doppel- 
kreisen; in der Mitte ChriaUu an der Geilscisiule, in 
Dttfcr'Kber Wc«*e. — [>st vic«te Ahlrdiea ana ^i. 
cbeai Steine (81.5 x 2? X 2.» tm\, amgebca von 
einem Stfi tm breiten Hoknüinen aas der Kirche 
St. Peter tu Augsburg; in der Milte Qttialns an 
Kreuze. d.irtlbcr die liind GoUei, zur Seite Maria 
und Johannes. — Das fuiific Aküicheii au* Jaapia mil 



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aS» IMS. — ZEITSCHIUPT POR. CH 

MeiMem war aber der tdelförmige Altar 

auf der Deckplatte und auch an den andern 
Seileo mit mehr oder minder reichen Metall- 
versiemi^en versehen. So befinden sich im 
„Welfenschati" zwei weitere tafelförmige Altär- 
chen, bei denen der den Stein umr;t4>en(!L' 
Holxrand mit ornamentiertem Silberblech l>e- 
Rchtagen bt. 

Die zweite Form des Portatile ist die eines 
Buchdeckels oder Diptychons,**"; Wahr- 
scheinlicl) um den Altarstein besser zuschütten 
und den Altar selbst skberer transponieren zu 
können, gab man ihm diese Form. Der Altar- 
stein befand sich wohl auf der inneren Seite 
des ersten Deckel^ mh dem zweiten «tude 
er auf dem 'iVansport zugedeckt. Einen solchen 
Altar besafs das Kloster von St Vito zu Ver- 
dan im XI. Jabrh.; oatk dem alten Bericht 
war er aus reinstem Golde und von wunder- 
barer Arbeit n u h Art von Tafeln angefetti^t ; 
wurden die lateln geöffnet, dann tiatte man 
d«n Altar, war er geschtossen, benvtste man 
ihn als Unterlage für den Arm des hl. Pantn- 
leoa. Et ruhte auf den gegossenen Figuren 
der Tier Evangelisten.^*) 

Leider schnnt kein einsiges Altärchen von 
dieser seltenen Form die ^rme der Zeiten 

Ebrnhelnhaam (» X 21.5 X 2,5 ra») aat Um Ende 
des XVII. Jahr^. i«i «brnfsUi Boeh ciwttiii; Oma- 
menle fehlen jetzt. 

**) Diete von mir *b Diptychon- Port atile bexeich- 
nci« Ftftn iM wohl lu «Dlcrtcbeidcii «oo den in wMra 
■(^MofogiwiMii md koBitiadiidkllidMii IHleheta 
hiafif (imiiBteD Reiseaitirchen in Pam «in« Oip- 
tycbon oder Triplyehon, welch« aua twci oder drei 
mit Rt ll! ■ VIT,- rrieii KIfetibein- oder Metallpluilcn 
betteheil. Diene vmicrten Platten dienten nur Orr 
?f i va I a ndac h t, tie bildeten keine OpfersUUte tur 
dia U. Ucue» w<td«n d«her mil Unrecht ak AHm bt- 
MielkMt ; ai« atvbm anch in kaincm woanllichai Zm- 
samineiihange mil dem .Mtafe, wenngleich sie »Inrk 
■ ri die Kelnljeln udcr an die Triplychen des fe5lcii_ 
Alt.are» rTinnern u;ul jiivreileii vielletihl luitti ilereii 
Stelle vettreten iiaben ; wir lauen ut «iaher in unserer 
Studie unbeachtet. Eine pauendere Bezeichnung durfte 
Bcvoliniia^DipqnclMQKin, dar Mama lUlaMllli«li«D 
in wan>B*lam Mhr ntiltvartlindlieh, an nicht «a 
»ageti fa.s.h. 

Oer acht eiageheade Bericht dei CluouUlen 
ttbar diflMS P«il«lilfl taatcts i,Faclam e»t altart ftsla. 
imtan CK a«ra pudatiao ialeriot ■«« fabreÜMtaia opcta 
eaoaimili itndie el largHione domni Heriaianm comi- 

Iis in mo<!uni tabul.i.'uin ^'oi^serluin et coirpacUnii, 
quod cam apcfitur, el aliare al et tabuiae apcnuntur, 
quibu* ai moram adhibeaa, quod eat inatrumenlum 
Moj*) et Airan imaginibat gloriofav, Ivaram Domi' 



LtCHE KUNST — Nr. II. SM 



Uberslanden au haben, wenn man nicht riel- 

leicht das sogen. Reliqiiiar Heinrichs IT. in 
der „Reichen Kapelle" zu Mtinchen als For> 
talile bezeichnen darf. Dasselbe best^t atn 

zwei zusammengeklappten Holztafeln, die Mitte 
der X'orderseite der er'~i< n Tafel nimmt eine 

I rechteckige Bergkristaliplatte ein, welche einen 
Fjobtick ins Innere gestattet; vielleicht diente 

sie als Ersatz für den Altarstein; die Rückseite 
, der zweiten Tafel ist mit einer silbervergoldeten 
; Platte bedeckt, welche folgende Venterongen 
zeigt: zu obcrst sieht man das Lamm flottes, 
dann die Pxciesia rwisdien Aaron und Mel- 
clüsedech, erstercr fangt das Blut des Lammes 
auf, endlich noch zu unterst das Opfer Abra« 
■ hams. Im Innern hat diese Tafel eine kreuz- 
förmige Vertiefung zur Aufnahme einer Par- 
tikel vom M. Krente. 

Die Darstellungen der zweiten Tafid sind 
umgeben von der Um>irhrift : /// /fff ultarl 
sanctorum reiiquiae contintniur, quorum hic 
nttimM teri^« kattnhir «k. Es dttrfte uns 
hier in dei Tat ein Kvemplar und zwar das 
einzige eines Diptychon - Altärchena erhalten 
sein. Diese Annahme wird nicht nur durdt 
die angegebene Inschrift, sondern auch durch 
den BUderschmuck sehr wahrscheinlich ge- 
macht. Nach den »Kunstdenkmalen von Bayerna 
ist die Rückseite allerdings vielleicht jüngeren 
Datums als die VürderKcitt-, welciu- ttrsprilnglich 
wohl sicher als Keliquiar gearbeitet wurde.^} 

Die dritte Form des Portatile ist uns eben- 
falls nur in einem einzigen Monumente er- 
halten, in dem berühmten Tragaltar des Königs 
Arnulf von Karnthen (f 899), einem der 

nicae cmda a^rinil. tlabel hoc a qualtaor cacdl> 
nibu* qmUtiHH cvanfaliitaTani hmnifaiw, lannai taari 
et »(juilae ^Mdaa, *« argaato opat«, fosOi praebtam 
»!tAt« poftanlliin et ae invieam vertit vaHlbaa aapt. 

cietitiliu«. Super ipaum vero iiltnre limchiurn S. P»n. 
i.ileijiii:> pooitur ligno inclutui» argento ei auro deco. 
ratuin '. Hugo K I a V i n i a c e n *i », Chronico» Vifdun. 
c. » Migna P. L. CLV, m — U«i dar ErhebaBg 
des eafUachcu Biaehofa Aeea (f 740) fand man raf 
leitwr Brast «ine Uolxlafd, dia „aadi Art einet AI- 
laret ae« zwei Tafeln ttt»amnenge»elzi war". Zwar 
»arcn die Ijcideii Tufeln durch Mllieriie N;i;;el ver- 
banden, aber immethiu \\{\\ mcIi auth h:er an ein 
Diptychon-AIISrchen deiilteiL ( Ir. Kimenn Dunel- 
meniit, De raglbaa Anglpruin et Uanonm; ed. 
Twysden, p. lAI. 

*•) Abbild /etiler Kn/ler u. S i i> l U Ii » u e r, 
• Kunitwerke der Reichen Kapeile«, Manchen IKTI, 
Taf. X. Vergl. femer; .Die Kunatdenkmale de* Ke- 
gianmgtbaairktObarbayern«. Stadt Mancban S. lOdQf. 



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an 



1903. — 2EITSCHKIFT FCK CHKISl J-ICHE KUNM - Nr. II. 



31» 



koctbamea SehäUe der „Reichen Kapelle" tu 

München, wohin fr im Jahre IPll von St. 
Emmeram in Kegensbitrg gelangte. Dieses Por- 
tatfle iat nach Clemen „daa vollendetste Werk 
der karolingischen CnliNchmierlekursr. il.is auf 
uns gekommen ist, ebenso grofsartig in dem 
architektoniacben Anfbau wie vollendet ia der 
technischen Ausführung der getriebenen Ar- 
beit".*') Pas vr.r/iij^lirhe Werk ist üln-rhaupt 
der älteste Iragaltar, der sich erhakten hat: 
er verdicDt daher eine etwas genauere Be- 
schreibung, timsomehr da er zwar hau*!;; abge- 
bildet, aber selten eingehender besprochen ist. 
Das Geschenk Amulft an Sr. Emmeram, als 
er ans dem roahrenschen KeUlzuge wohlbehalten 
heimgekehrt war, ist eine Art Cibnriumaltar von 
58 cm Höhe und 29 cm Breite, llber dem ab- 
geschrägten Boden erbebt sieh ein nindbogiges 
Ciborium, welches wieder von einem vier- 
giebligen, auf kleinen Säulen ruhenden Dache 
Qberragt wird.") Die Dacbfelder sind mit acht 
biblischen Szenen verziert, die durch Insc luiften 
erklärt werden, nämlich: 1. Christus in Be- 
gleitung eines Apostels, vor ihm Blumen and 
Vögel (Inschrift: Co/isidera/e lilia agri); 2. 
C'hristm vor (-incm Tntcn iimi eine weibliche 
Figur {IC XC) und Lazarus: 3. Zweite Ver- 
auehnng Cbrbti {Si fiUits ßei tt, mift« fe 4t»r- 

sum); 4. Christus und Petrus ' Prtrus, Amas 
mer); 5. Dritte Versuchung [yaJe salanas); 
6. Erste Versuchung [Die, ut lapi4ti\\ 7. Christus 
und Nicoderous: 8. Zwei Träger mit einem 
Toten {FiUus viduae). In den vier Giebelfel- 
dern befindet sich ein F.ngel mit .Stab tind 
runder Scheibe, und die iliei Symbole der Drei- 
faltigkeit: Segnende Hand, I^mm, l aube. An 
drei Seiten des Gesinkses zwischen den obern 
und untern Stulen sieben sich folgende Hexa 
nieter hin, die WA den Stifter des Werkes 
nennen: 

Rt* Armlfus amore Dei perfeetrmt istitä 
üt fiat ornatus (egreguis aedihut) uH$ 
Quem Chrishu cum dütipidis etmp^mU miiftu. 



Es befinden sich gegenwartig in dem Por- 

t.itilc ?wci Altarsleine in Holzumrahmimg: der 
obere ist bis auf fünf Elfenbeinplättchen ganz 
schmucklos, der untere jflngere ist mit Gold* 

Mcch umrahmt, woraufiüc Brustblldecvon sirk» 
2<t Heiligen eingraviert sind.***) 

Einen ähnlichen Altar hatte König Arnulf 
bereits firUher dem Abte Salomon von Konstans 
geschenkt, später cw.i!iUe Kiul III. denselben 
als Hauultar.^) Zu dieser Gruppe darfte auch 
jenes AlMrchen gerechnet werden, womit Kaiser 
Lothar (f 855) die von ihm als letzte Ruhe- 
statte erwählte \b?ei Prllm besichenkte. Auch 
bei diesem Prachtwerke karolmgischer Gold- 
schmieriehunst, dessen Beschreibung un» durch 
das Inventar rler Kirche vom Jahre 1003 er- 
halten ist,^') waren anscheinend zwei Altarsteine 

I Vorhände», von denen der obere durch silbcnie 

{ Sxulchen gelragen wurde.**) 



<^ McrowingiKke w.i knoliividw UMlik im 
»JalwMdkcr de* Vereim for AilcliiHninaiid* ta 
Rbeinbna«. LXXXXII (1802) SO. 

**) Die &h«(le Abbildung des Allmru finde ich in 
dem Kodex der AbtiMin Ul» vm NiedcnBuiter (1007), 
der jetit n dm badcnicDdiMB IMdimchilMB der 

MüncV.cr.ft Stistsbibliolhek iShll (Cim. 'M). Abbild, 
bei Kübel Kunitvolle Miniaturen und Initialen« (2. 
AuH.) laf. ' ■ Swartenski »RegeMbaifCr Bwh- 
maleret« (Leipzig 1901) Tal XIU, 35. 



^ Beielireikung nach Zetller, Easler nnd 

Siockbaoer a. a, > >. zu Taf. XVII- Abbild, ferner 
bei Mol inier >H'*luire generale det arlt appliqa^s 
rindutlHc' IV, |?ari> ISOl) P- Rohault de 
Flewr. pt-.Ml. Lulhmer >Uold und Silber« (1888) 
S. VcrgL ferner Monuk Qamm. &S. IV. .'üM. 
Sighart .GeMhichle der bildciiden KOoiia ia BsyMM« 
I wo das Aklrchen Oltchlicli alt Sakra» 

ment»h»u5chcn vericifhnel iil, ihn'ich bei Laib und 
Schwarx a. a (J. S >v i. Hamann i*l getteigt, die 
Uoldfuaung des Aliärchei^^ fUr eine Regenaburger 
Arbeit aw dar 2. Hilf«« d«a X. Jahrii. u kaltes. (Ein 
Sehwert mH bftantiBiKben OiiiamcalcB iai Seliätie 
\ deaMtInt'er« tu E«>en [1899] 8. Sondeiabdinck S. m\ 
1 Schmiil I -Kine Ooldicbmiedeschule in Rcgetisburu 
un\ d»s Jahr IniH*-. .Muncheii 18'':!) datitit cmr-i 
Teil der Arbeil in dieielbe Zeit, womit mau cmvcr- 

Schloiter •SchriftqueDen zor 
Kunttgetchichte« i lSO'i) Nr. 4.%3 Ub«r 
iiitig Ariiuir« fUr die spälkarolingiich« KsSSt aieh* 
Swartenski »Buchmalerei« S. lÖ. 

*■) In dielen Jahi« bataehta Kaisir Heknleh II. 
die Abtei und bat bei dieter Gelegeiifaelt den Abi Udo 
um ein Verzeichnis der lahlreiehen Klrchenicllllre, 
welchci uns glUcklicher.veise erballeti isl, während die 
Schälle telbat im Laufe der Jahrhuiideiie, nimeatlich 
infolge der franzötiichen Plünderungen, verloren gingen. 
Mitgeteilt iit daiaclbe bei Uontbeim «HwioriaTic. 
vemub* I.^Sn; Beyer »MtttahlMiBbdMalliteBidcii« 
buch. I, 7!" Mil Über iclzung von 
monumental« XV (1819, 

**) Dif Ol I. C. p. 288. (Obiutit l^ihifius) captu. 
I Um wrMiR cam «kari aabpotiio, inmieoicm «juatlBor 
I ootamDH a^entc» et «lit eapiöla nuidlca allarl hiwi^ 
posita, «I coronula aurea; neciMm et cntcem anream 
gemmalam aliari alAxam, com divctsii Cfistogia bioe 
inde connesia, «fliflü generia gcaiait aadkiaa d«Ci^ 
ralam. 



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1003. — ZEITSCHRIFT FÜR CHIUSTUCHE KUNST — Mr. II. 



830 



Die vierte Form — wir bezeichnen sie als 
Schreinaltäre — afamt nicht nur, wie die 
ente Gruppe, dieMenw da Intstehenden Al- 
tares nach, sondern auch den sogen. Stipes, es 
ist ein fixer Altar en miniature. Der Schrein- 
altar ist eine rechtwinkelige Riste, die auf den 
vier Seitenflächen gewöhnlich mit Platten von 
Elfenbein oder Metall bckleiilct ist. Die obere 
FUche tragt den Altarstcin, oder dieser ist 
vielmehr ta die Platte eingelanen und von 

roctallenen Randt-rn umraliml. Häufig wird 
der Schrein von vier Füfsen in Form von 
LiOwen- oder Greifenklanen getragen. An dem 
«Chfloen Portatile aus Stavelot [Belgien) sind 
an den Ecken die vier Fvangelisteiifiguren SO 
angebracht, dafs sie zugleich als Stützen oder 
Pate ttr den Altar dienen.») 

Diese Gruppe hatNeunnann in awei Klassen 

umer?;chie(len : hei der Mehrzahl ragen der 
Ober- und Unterdeckel ein wenig über den Rand 
tnnans und sind nach der Mitte abgescbrttgt; 
sie sind namentlich rheinisch-westfttlisch- 
sächtischer Herkunft; bei der zweiten Klasse 
fehlen diene Vorsprünge; Deckel und Boden 
schneiden geradlinig mit den Seitenflächen ab. 
Beachtenswerter ist ein anderer Unterschied die- 
ser ScbreinaltArchen. Wenngleich nämlich die 
gröftem Tragaltlre mehr oder weniger alle zur 
.Aufbewahrung von Reliquien dienten oder viel- 
mehr bei ihrer Konsekration sehr reichlich mit 
Rdtqnien veradien wurden, so tritt doch bei 
einzelnen der Charakter als Reliquiar deut- 
licher hervor, indem der Schrein mit einem 
Deckel versehen ist, welcher durch Schar- 
niere befestigt lit. Ea sind diese Portatilia 
nicht so sehr sarkophagShnliche Schreine als 
vielmehr Kistchen, die, manchmal im In- 
nern mit Seide ausgestattet, cur Aufnahme 
von Reliquien bestimmt waren. Der Altarstein 
befindet sich auf der Oberfläche des Deckels. 
Ein solch' kastenartiges Portatile besitzt der 
Domschatz zu Hildesheim und dasWalpur- 
gis-Klmter n\ E i i h s t 1 1 (beide noch nicht 
publiziert und gewöhnlich als Reliquiare be- 
aeichnet), audi der Sebreinaltar m Paderborn 
adgt diese Btnricbtong. 



**) Ein eigenartiges Keliqaiarium der Sammlant 
Vulen (Aachen), welches von iiianchcn Aichä[<iIo(;cn 
alt Trmgallilchen beieichnet wird (t. b. Kenard >Die 
kimilliiitorische Auutellung DOntMorf 1U()2<, S. 1-1 
ichaiBt B«r Reliqiiiariaa gewcica xa ads. Abbildung 
ia *2ättiautk Hr ^iMUelM Kooit« XV, l&S- 



Fragen wir, wann diese versrliitrdcnen 
Formen gebrAucblich waren, sü lautet die Ant- 
wort: Die iUeste und ursprüngliche Porm bildet 
die Tafel; sie war der natürlichste Ersatz fiir die 
Mensa des fixen .Mtares «nd liefs sich von den 
Missionaren am bequemsten transportieren. Wir 
finden sie daher auch in allen Jahrhunderten 
bis zum Ende des Mittel.ilters, z. R. zu .\ d- 
mont in Österreich von 1375, in Nürn- 
berg von 1479, DiebolsheimbeiSchlettsudt 
von 1501. Die Diptychon- und Ciboriumform 
lüfst sich nur im X. und Xl.Jahrh. nachweisen, 
wahrend der Schreinaltar bereits cur Zeit der 
Karolinger aufkam, in der romanischen Periode 
mit Vorliebe angefertigt wnrde und nüt der 
Höhe der Gotik wieder verschwand. 

Der Umfang des Tragaltan wechselt noch 

mehr wie seine Form. Ein Schreinaltar zu 
.Siegbiirg ist ^7 n/i lang und '2^ cn breit oder 
tief, ein Tafel- Fragaltar in .Nürnberg sogar 
46 X 46 m, wibrend ein Portatile in Sigma- 
ringen nur Tf) 8 '-m hat. Nooh kleiner si.heinl 
ein Altärchen in LUttich gewesen zu sein, 
das nur 6*^ in der Lioge und 4 in der 
Breite mafs, während ein von Karl dem Dicken 
dem Kloster St. Denis geschenktes Portatile 
grofs genug war, um einen Arm der Heiligen 
Jacobus, Stephanua imd Vincentius anftu- 
nehmen.**: 

6. Was den Stoff und die materielle 
Ausstattung des Portatile anlangt, so besteht 
der Kern aus einem Holzbrett oder Holzkasten, 
worin der Altarstein eingelassen ist Durchweg 
ist der Stein von einer silbernen, emaillierten 
oder getriebenen Kupferplatlc umgeben; eben- 
solche Bekleidung tragen dann gewöhnlich die 
vier Seitenflächen, häufig auch der imtere Bo- 
den. In der karolingischen Zeit war diese 
.Ausstattimg mit Mctallplatten ebenso wie bei 
den feststehenden Altären sehr gebräuchlich. 
So verfägte Graf Eberhard von Friaul, Schwie- 
gersohn Ludwigs des Frommen, testamentari'^t "n 
über einen mit f^itber bekleideten Aliar, und 
im Schatze der Kirche St l^enis bei Paris be- 
fend sich zu derselben Zeit ein Altar aus 
Onyx, der von allen Seiten mit Gold be- 
kleidet war.^) Auch der Altar, welchen Karl 



*') Marlene «Ue anliqu» Eccieciae rilibut« 1. If, 
c. 17 (ed. Anlweip. 1 736) II, KU. Mabillon, 1. c. 
Praef. III, n. 'K 

**) Sehloticr •3chiiftqaelen tur ücschichte der 
iMMliiiitMwB Kvnitc. Nr. 852, «64. 



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l»Oä.— /lill^CHHU-T FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11. 



332 



der Dicke dieser Kirche überwies, war von 
Gold, d. h. der HoUkem war mit Goldplaoen 
bekleidet 

Zwar liebte auch die romanische Kunst 

noch sehr itic schimmernde Praclit ilesGoltle^, 
aber die uhlreichen kirchtichcn Cefäfse und 
Gerltachaften, womit man die Schatzkammern 
aniällte^ machten die h.itifigere Verwendung 
von minderwertigerem Material notwendig, was 
für die ii^ihaUung der Arbeiten von grofser 
Bedentung gewesen ist. So entging man- 
ches Monument dem Schmelztiegel .späterer | 
Zeiten und eriablt uns heute von dem Kunst- i 
■inne früherer Jahrhunderte. Doch hat die | 
romanische Kunst das minder kostbare Ma- 
terial nicht schmucklos auf den Fliehen der 1 
Tragaltdrc angebracht; durch das in höchster 
Blüte Mebende Kunstgewerbe wurden sie zu 
kleinen Ktin^twerken gemacht, die noch heute 
unsere Bewunderung erregen. Neben dem 
Golde und Silber wurde also seit dem X. Jahrh. 
das Klfcnbein zur Bekleidung Irn roTt.i!llt> 
verwendet. Zahlreiche, uns aus jener Zeit er- 
haltene Monumente zei|[ren reliefiene Platten 
an den Seitenflaclun wnd zuweilen auch an der 
oberen Decktl.idie. l'ml Ah seil ilcin XI. Jahrh. 
am Rheine und an der Mosel und Maas, sowie 
in limogcs dw EraaUlierkooat cur BUtte ge- 
lini^te, schmürltte man die Flächen vornehmlich 
mit emaillierten Kupferplatlen. Selbslverstdnd- 
lieh wurden aodi Fdigran, Perlen und edle 
Steine vielfach zur Ausschmückung des \UurL-< 
benutzt. Ein Altar im „Welfenschatse", und 
zu Comiues sind mit Platten von Alabaster be- 
deckt, im Stifte Klostemeaburg''*) haben sich 
Statuetten aus Alabaster von einem Altltrcben 
erhalten. 

Die gotische Periode, welche, wie schon 

bcm«-rki, fast .iU'.si:hli'jf-.lltli t.ifeirrtrmlRe AI- 
tarchen anfertigte, sah von einem reicheren 
Schmucke durchweg ab. Meistens wird der 
Stein von einem Holzrahmen eingeschlossen, 
der mehr rultr «rniger reich verziert ist. Bei 
einem frühgotischcn i'ortatile lü Unterwittig- 
hanten bei Wonburg liegt z. B. der grüne 

••) Dm AUiehm wurde 1723 und 1733 größten. 
teils Hnigmall«, ao 4a<s von dir wiprSiigiGltca Ar. 
he<( niclit erlialteB tut. Abbild, in Drexlcr aad 

I . i . 1 . c . . .M vohniicdearbeltea in OiorhHMDiliftKlaitcr- 
ti«ut>urg<, Wien Ih!»". 

Scbmiil 'Der cttntlliche .Miar«. Kegentburg 
(1H7I) BIS. Das Ahirchc« iit im Kirchentaale de« 
NalkntaliBiiaeiiflu, VilTtae I, Nr« 3339. 



Aliarstcin in einer Holstnfel, die auf Gold- 
grund noch Spuren vnn Synilmlcn der F.van- 
gelisten zeigt und mit (^einwand uberzogen ist, 
Ein spltgotiscbes Portatile im Nationabnasenna 

zu M;in< ht'n liesteht .ms einem roten Marmor- 
stein mit einer Einfassung, deren Fischblasen- 
muster aus mehreren Lagen anageecbnittener 
Birkenrinde hergestellt ist.") Einzig in ihrer Art 
ist wohl iHe Rekleiilung des Schreinaltares im 
Domschalzc zu Münster (37 x 20 x 17 m). 
Der Hokkern mit rotem Marmorslein ist nto- 
lich an den .Seilen mit einer proben Perlen- 
stickerei bedeckt; aufserdem tragt daseinfache 
Monument kleine getriebene Silbermedaillons, 
die später teilweise erneuert wurden. Es stammt 
aus dem XIII. Jahrb. Oafi diese Umkleidung 
bei kirchlichen HerRten damals wohl Afters 
vork.im. ilafui n ugt flas seltene Ciborium mit 
Perlenstickerei der Sammlung Schniltgen 

Auch der Inschriften, womit viele Trag- 
aMre verziert sind, wäre hier kurz Erwähnung 
zu tun. Bei den Schreinaltaren befinden sie 
!>ich gewöhnlich um den Stein herum oder am 
Rande der Deck- oder Bodenplatte oder auch 
urti'r dem Hoden. Ihrem Inhalte nach könnte 
man sie in mehrere Gruppen einteilen; ent- 
weder sjihlen sie die im Innern geborgenen 
Keli<)uien auf, wie am Mauritiusaltar in Sieg- 
burg, oder sie nennen den Urheber bezw. Do- 
nator, wie am Arnulf-, Gertrudis-, Begon-, 
Swanehild-.Mt.ir, wovon später noch die Rede 
sein wirf!, orlct sie i'rkl'itcn den Hild^i'hmuck, 
I wie am romanischen Allärchen zu Augsburg, 
an welchem der Gekreusigte mit der Synagoge 
uml der Ecclesia, sovit- die vier Kardinal- 
tugenden dargestellt sind, umgeben von der 
Inschrift: In preeßMS ßxur sfams praetul €t 
hoslit Christus — Virfutes donat, animas beaiei 
Stiirn mitnai, ofier sie qobcn den Tag der Kon- 
sekration an oder bezeichnen endlich die Be- 
stimmung des Altaies, nämlich als Statte lu 
■üencn, wo das Kreuzesopfer in geheiranisvoHct 
Weise wiederholt wird. Lauteren Inhalt haben 
die leoninischen Verse an einer Ansahl Altlr* 
dien, welche derselben Werkstatt oder ii-den- 
f.ills derselben Gegend angehören, nämlich der 
Gregoriusalur in Siegburg, der Altar ttt Xanten 
un I Cöln; am erstgenannten Altare lauten vier 
dieser Verse: 

M) «Zrilaehr. Ar ehrittl. Kamt» XVI, 1S6/1«0. 



333 



331 



Cordit in »ttmri ttmptftttr ifiritnuH. 

Immulat Aiiit< ^ura Jtvotio mtntit in ar«. *') 

Keselben Vctk zieren den Ahar in Xioten, 

ihnliche den in Maria /um Capitol zu Cöln, 
womit die Inschrift eines Fortatile überein- 
stimmte, das sich bis zur Revolution zu t^a 
Soaterrcine (IMp. Creme) befimd.*") 

6. Dafs der Altarsteio ursprünglich ohne 
metallische oder hölzerne Bekleidung war, kann 
wohl nicht zweifelhaft sein, wohl aber erregt 
es etniges Bedenken, wenn bmchtet wird, nodi 
Kar! der Crofse habe auf seinen HeereszQgen 
eine hölzerne Tafel mit sich gefiihrt, welche 
all Altar gedient hat«.*') Zur besseren Kon- 
servierung, gewifs auch aus Ehifurcht wurde er 
s|>äter in eine Holzplatte eingelassen oder mit 
einem andern Material unfebcn. Aber noch 
im Anfange des XII. Jahrb. herrschte in der 
Normandie und auch wohl anderwärts ilio Ge- 
wohnheit, ihn ohne solche Bekleidung zu kon- 
servieren. Ivo von Chartres sprach sich 
gegen diese Praxi': aus, er verlangte, d.ifs der 
Stein auf einer Holzplatte oder auf einem an- 
dern festen Material befestigt wurde^**) was in 
der Folge auch überall üblich wurde. 

Als Material des Altarstciucs wurde Schie- 
fer, K.alksteni, Marmor gebraucht, last noch 
mehr finden sieb kostbare Steinarten oder Hiilb- 
edelsteine, wie Al.^haster, Jaspis, Onyx. ?;ct- 
pentin; am meisten scheint der Porphyr bevor- 
stigt worden zu sein. B ergk riet all isi nicht 
so selten, wie Barbier de Montau!! gJariM.*") 
Nicht nur das Inventar von Monza aus dem 
X. Jabrh.**^ und das bereits erwähnte Testa- 
ment des Grafen Eberhard von Friaul**^) 
sprechen von Altärchen ans Kristall, es rfpfj^en 
noch beute zwei Pottatilia im Welfenschatze 

*•) Aai'm Wcertk ■K«uuld«akia.T«r i* toi 
KhelDluden« Text Iii, 29. 

T e X I e r • Dietioiiiiain d'of ft mrie« , ( Pwi« 

col. -^03. 

•■)Hir«e«la 8. Dionjaii, c. SO. ap. Ma. 

bUlon, I. c. I. -_>('. n. 10. II. 3|l'>. 

Ivo Carii ci t e n s is Episl. T'i: Non rontecra- 
■nu» ni>) vel in taliboi (lie« labuli«) iicuriK vrl alii^uo 
compctcMi soiMirMorio compact» et firaitci liul afriaa. 
MigB«^ P.L. 102, 24. VtrgL Aaitimat Bpite.. 
EpiM. liW. 

**) Barbier de Monlanlt indem •Balialni mo- 

nuroental< XLVI 1 1880)3'^. 
««i Ibid. p. 314. 

tt) S«hlaaa*r >!khrifi<{wll«i« Nr. üM. 



und eines zu Osnabrück und Brüssel an Stelle 
des Alursteines eine Platte aus Bergkristall, 
Ein Altftrchen, welches Ersbischof David von 
(Tl.istoue der Kinlie vnn niasconher^ie schenl^le 
und welches .\bt Heinrieb im Jahre 1126 mit 
Gold, Silber tind Steinen vertieren liefs, soll 
sogar einen Sj^r als Steht gehabt haben,**/ 
in dem wir allerdings einen antiken Glasfliifs 
vermuten. Man wählte auch gern Steine, an 
welche sich denkwürdige Bieigniase knttpfen} 
so werden in einem alten englischen Inventar 
zwei Altarcben mit Steinen erwähnt, welche 
vom Blnte des hl. Märtyrers Thomas von 
Canterbury benetzt waren, tii ^ lerer Altar- 
slein war aus dem Grabe dct Alierseligsten 
Jungfrau Maria,*'; der Stein dnes tafelförmigen 
Attltehens im „Welfenschata" hat die Inschrift: 

De pttra supra quam{\) natu; est Christus. 

Wegen seiner Kostbarkeit wurde das For- 
tatile nicht aelim in ehiem mit Leder oder mit 
emaillierten undvngoldeten Metallplatten Uber» 
zogcnen Kasten aufbewahrt, also ähnlich wie 
die alten kostbaren Rvangelienbücher. Die In- 
ventarien tmi dieses Schieinea attweiten eigens 
Erwähnung.**) Einen in der Kathedrale zu 
Borgos noch jetzt aufbewahrten Koffer halt 
man Tilr den SöhStter des Tn^utea, der den 
spanischen Helden Cid anf seinen Kriegaallgen 
begleitete.«») 

7. Die uralte liewoUnbcit, in .den Altar 
Reliquien von HeiNgen eintuschlieften, wante 
he! dem Tragaltärchen nicht so strenge einge- 
j halten wie beim fixen Altaie, wohl aber roufsten 
I sie, wie auch diese^ arit den Mltesten Zeiten 
konsek rieft sein. Diese Konsekration wird 
bereits in dem früher erwähnten Dekrete drs 
I Papstes Felix IV, vorausgesetzt. Fehlten aber 
selbst in den fixen Altlren hMfig die Reli- 
quien, d.inn um sn mehr bei den Tragaltären. 
Noch im XIU. Jahrh. scheint man sie nicht 

**) Kock >Church ot our fathers« I, 2M. Bb1I«> 
uu monumeiital, 1. c. p. 330. 

«) Rock, I.e. £5«. Dm «haria de lapidlbm, 

super quie i !) sanclus martyr (Thama»)occahuil el unim 
altare de sepulchro sanctae Mariar, argen!» oriiatum 
et dedicatunt 

**) KKpin •L'<euvr« de LimoeM* 19»*. Ein« 
Rcckaiuig t«B dem Jahr« läftt iavtet: Paar ua datitf 

de cair bouilly, poinsunn^ rl arnioyf^ pour mettre cl 
porler )a prierre ä chanter la meis« ä la chapell« da- 
dil M. le Dauphin, XVIlIa. p., M Tcsier, »Dicllcit. 
naire« p. 21 1 «. 

**) Cor biet ia iXicviede raitclirdlim« I.e. 933. 



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iintner eingeschlossen 711 haben. Nach D u- 
randus 122^), (iem bedeutendsten der 
mittelBltcrlichen Lttargiker. waren sie tut gilt- 
tigcn Konsekration fies Portatile nicht von 
nÖien.'<'j Das Ponlifikale der Mainzer Kirche l 
aus derselben Zeit enthält für diese Konse- 
kration zwei Formulare, das eine mit, das an- | 
dere ohne Gebete für die Rekondition der Re- 
liquien; die Pontifikalien von Arles und 
Cambray tun der Reliqtiien Uberhnipt keine 
Erwähnung." ' 
Bei den tafelförmigen Altarchen machte 1 
man entweder in der Milte, unter dem Steine, 

oder auch noch an den vier F.ckcn Hohliingei'., 
worin die Reliquien gelegt wurden; erhalten 
haben sich in dieser Weise gebettete Reliquien 
z. B. in Tafelaltaren des Weifcnschatzes, zu 
Augsburg und München. Hei (ier andern Gruppe I 
ruhten die Relii^uien natürlich im Innern des 1 
Schreines oder Kastens; bei den Schieinaltir» I 
cheii waren sie nicht selten durch eine Öffnung 
an der untern Seite zugänglich, so daiä eine 
fiatwendung oder Verwedishing ohne grofic 
Schwierigkeiten m bewerkstelligen war. An 
manchen Altären ist diese UffntinR nttr durch 
einen Schieber verschlossen. Die Anzahl der 
Reliquien war hünfig sehr grofa. DasPortatHe 
der Sammlung: Rock hat tlcren nicht weniger 
als achtunddreilsig,'*) deren Namen einzeln auf > 
der Aufienfliehe verseichnet sind.**) | 

8. Wie aus dem Vorhergehenden ersichtlich 
ist, wtirdcn ih"c Tragaltäre in karoüngischcr 
und namentlich in romanischer Zeit oftmals 
in luxuriAser Weise ausgestattet Dieser Reich- 

'<•) Ration«)« 1. l,c. Tled. Luifd. I.'jl.".) fol. XIH' ' 
') Marlene ^Dt antiquii Eccl. ritibOM L *2 e« 7 
(ctl. Antw. 173H) II, »18, 812, äi:>. 

^1 Anf^ctibtt bei Tesier «DieiloBBaire* p. 907. 
— In einem .Siejburger und Hambefger Tragallnr be- 
findel »ich »I* Reliquie >Lac be.it.ie M. V.i Diese 
*-ij;ciiI ljiniiL:hc* krli [Uie ist tibnjjrn^ in .t]1<*ii Krl:- | 

^uieuvcrteichDiMeii der bedeutenderen Kirchen aufge- 
tlM. Venscbe sm BthUbuig dieser »Mfleiif ti«d 
talilmcli. Vcrgl. Santr »Sjaibolik« (1902) 217«, 1 
wo die Lineraiiir nfgetihh iit. Wfthrtelieiiilieh war I 

rs .,ciii wc.fscr Slcln' , <icr m der N i'.e vi m Hrlhlehem | 

und auf dsm Wi-ye, wckhcr nath tgyjjli:» fuhtt, gc- , 

brochen wurde. Die üage ertihlt, ei st\ enliiUnden, I 

WO Mari« da« KiikI liinkle. Die wcib« F«rbe des 1 

Steises isl mr Syaibol dm Slaguig Jm dwcib dU | 
i,Mitcb der hl. jutigfrau". Ilefaer . Ai lencek 
»Twichieii • , b.l. II t T«f. 100. 

') Auch bei ftxtn Aktren hertschie das He«irehen, 

mfiglichitj^viet« Keliqnica tu rekondieren. Vgl. 1 h«l- { 

b«rtr »Uiwcika I 7A0. , 



tum (\e( .Ausstattung ?!Owic einzelne andere 
tiriinde haben verschiedene Archäologen zu der 
Uehauptung veranlafst, derSdireinsttar sei nicht 
so sehr eine .Au-^hilfc ftir den fixen .\ltar ge- 
wesen, aU vielmehr eine Auszeichnung des 
Geistticlwn, der sich seiner bediente oder auch 
eine Ehrung der eucharistischen Gestalten» 
welche dadurch mehr in die Erscheinung ge« 
treten seien; auch die namentlich in englischen 
Inventarictt hiafig voricommcnde Bezeichnung 
„Sttpcr-nitnrc" soll nach Rock fibr diese An- 
sicht sprechen.'*} 

Diese Meinung ist unhaltbar. Das Porta- 

tile diente nitlit nur ursprünglich, sondern aii< h 
im Mittelalter ausschliefslich als Krsalz für den 
fixen Altar. Dieses beweiai nicht ntir die toi- 
fige Bezeichnung des Portatile att „Reisedtkr^'. 
sondern weit mehr eine Wsher nicht genug l>e- 
acbtete Stelle im XIV. römischen Ordo (aus 
der ersten Hälfte des XlV.Jabrfa), worin fol- 
gende Anweisung gegeben wirdr wenn In Rom 
ein Kardinal-Bischof in einer fremden Kirche 
die hl. Mcne lesen will, dann sollen die Kle- 
riker aufser andern UtensQieB auch einen Trag- 
altar dorthin nu'tnehroen, es sei denn, sie 
wissen, dafs der Altar jener Kirche konsekriert 
ist.**) Hier ist es also deutlich au^espiocben, 
dafs nicht die Wrtrde d« Celebranten die Mit- 
nahme des Portatile zur fremden Kirche vcr- 
anUrsie, sondern die Vorschrift, nur auf einem 
konsekrierten Altar das Mefsopfer darzubringen. 

Zugleich sieht man aus dieser Vorschrift, 
dafs damals selbst in Rom manche Kirchen 
keinen konsekrierten Altar bcsafsen; um wie- 
viel mehr niufs m.i;i dieses von vielen Land- 
kirchen annehmen. Einen fixen Altar beaafsen 
sie swar, aber derselbe war nicht geweiht, fOr 
die fVlehration wurde niif denselben jedesmal 
ein konsckriertes Tragaltärchen gestellt. Hieraus 
erklärt sich auch der Name Super-altare. Die 
Synode von Exeter (Can. 4) verbot daher auch, 
die hl Mp'iSf zu celebrieren auf Altären oder 
Super-altaria, die nicht konsekriert seien. In 
der Tatsache, dafs viele AltSre nicht konse- 
kriert w.iren, glauben wir auch den Grund /.u 
finden, weshalb manche Kirchen eine so grofse 
Anzahl von Super- altaria besafsen. So hatte 
die Kir<:lic von York zwei Altärchen aus rotem 
Mariunr und zwei aus Jaspis, von denen das 
eine mit (iold, Silber und edlen Steinen ver- 

'«) Kock, 1. c. I, i.VJ. 

Ordo romami XIV 11.4a. Uigne Tfl, llftS. 



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337 



DHKI. — ZKITSCHHItT FÜR. CHRISTLICHE KUNST — Nr. II . 



ziert war.'*t Im Inventar der PatilskircVie zu Lon- 
don werden an verschicdcnrn Stellen sogar eil 
Snper'aitaria aufgezatilt, von denen eins Ala- 
baster, zwei aus Jaspis, vier aus Marmor waren.^') 
Neununn hat geglaubt, wenigstens die rei- 
chen romaniscben Iragültdre mit ihrem kost- 
baren Schmuclc wäieo vielleicht nicht zur Cc- 
lebration benutzt worden, sondern seien Schau- 
stücke gewesen, die in Domkirchen und Hof- 
kapellcn bei gröfteren Fdeilicbkeiten auf den 
Altar gestellt worden sfien. '* Alleniings wurden 
im Mittelalter nicht sehen reiche Gerlte oder 
Ceütrse au dem angegebenen Zwecke auf den 
Altar gestellt,^*) dieses läfst sich aber von dem 
l'ortatile nicht nachweisen. Wie wir eben j^e- 
zeigt haben, wurden die Super-aharia, welche 
nichit andera sind als Tfagaltare, sicher tur 

Celebration verwemlet. M.inclie die-^er Super- 
allaria wetteifern aber den Beschreibungen zu- 
folge in der Kostbarkeit der Ansitattung mit 
unsern deutschen •romanischen Tragaltärchen. 
Übrigens kann der Reichtum des Materials und 
der Auastattung nicht auflallen für eine Zeit, 
welche das Kostbarste tind Edelste, was sie 
hatte, zur Herstellung un'^ .Atisschmtickiinf; der 
Kirche und kirchlichen (iegenstände opferte. 

Kann es also keinem Zweifel unterliegen, 
dafs auch die reichen l'ortatiiien zur Celebration 
der hl. Messe verwendet wurden, so entsteht 
die Frage, in welcher Weise sidi der Prie- 
ster des Altärchens bediente. War ihm die I.ang- 
oder Schmalseite ztigcwanrlt- Man hat geglaubt, 
es sei die l^ngseite gewesen, und zwar des- 
halb, weO im Mittelalter der Kelch auf den 

.^Itarc zur rechten Seite der Hostie gestellt 
wurde, nicht wie jetzt hinter dieselbe.**) Als 
mjrsttschen Grand fllr diese Stellung geben be- 
kanntlich die mittelalterlichen Liturgiker an, es 
solle daddrrh angedeutet werden, dafs das 
Opferblut aus der rechten Seite des Leibes 
Christi geflossen sei."') .Daau ist indes zu 
bemerken, dafs liereits r<\r Zeit des Duran- 
dus der Kelch last überall hinter der 

Monatlicum Anglicanum III, 171, 
'*) Uucaiige •Glotiarium« %. v. Super-aliare (cil. 
Uenichel, VI, ist*) Pugiii •Glotiirjr cf eccIdiMiical 
oriuimcm« «. v. ^uper-kkare, |>. 211). 
Neaattna a. a. O, S. 123. 
'*) Coniuciudin«» Vtthum (cd. Alberi, li)*>Oi 
i>. .'■.7, 100. l-.':!. 

Annaics arch<5olog i i) ues XVI, 81 «. 
") Inaoc«ntiu> III. >Dealt. mjwieriosc. iniMaei 
II, 38. Mica«, »7, 833. 



Ho.stie stand und darum mtifs man weisen 
der geringen Breite und der verhältnisroafsig 
gro&en iJUige des Steines bei sehr viden Trag- 
altärchett annehmen, dafs nicht die Lang-, son- 
dern die Schmalseite wjthrend der Celebration 
dem PrMster zugewandt war. Diese Annahme 
fmdet ihre Beitütigung durch die Stellung des 
figuralcn Schmuckes zahlreicher .Mtärchen. Bei 
mehr denn zwanzig der erhaltenen Portatilia 
hatte der Priester wahrend der Celebration die 
Figuren nur dann in a'.ifrechter ^'tell.ini^ \ or 
sich, wenn ihm das Altirdien mit der Schmal- 
seite zugewandt war. Die Stellung des Porta- 
lile wird also verschieden gewesen sein, je 
nach der Gewohnheit, ob man den Reich 
hinter die Ho.Mie »teilte oder neben die'^elbe, 
welch letatercs im frttheo Mittelalter durchweg 
der Fall war und in Rom noch im XIV. Jahrh, 
praktiziert wurde. 

9. Das Alter der uns erhaltenen TVag- 
altare ist .sehr verschicrlcn, die meistem stam- 
men aus der romanischen Zeit, wo man sich 
ihrer auch am häufigsten bediente. Weniger 
zahlreich sind die Exemplare aus der goti- 
schen l'eriode, w.t; darin seinen Grund hat, 
dafs teils die noch vorhandenen romanischen 
Monumente genügten und darum wenig neue 
angefertigt uurden, Icils dafs jene, die sich 
ihrer vornehmlich bedienten, oimlich die Mis- 
sionilre, nur einfache Werke herstellen liefsen, 
die später der Erhaltung nicht wert schienen. 

Diiiften wir verschiedenen Iltetlieferunpen 
i^ilauben schenken, dann reichen einzelne Trag- 
alHire sogar bis ins christliche Ahettum suitick. 
So will Maestriclit noch heule den Altar des 
hl Servatius (f 384), Rom das Portatile des 
hl. Gregor von Nyssa (f .394), Modenadas 
des hl. Geminianus if 348j besitzen. Dur- 
ham rühmt sieh des Allares des hl. Ctithbcri 
(•}■ 683), Trier desjenigen des hl. Willibrord 
(t 738). Falls wirklich einer dieser Alttre bis 
in die Zeit der Heili.;en /unickreicht, dessen 
Namen er tragt, so kana doch nur der Stein 
ein so hohes Alter beanspruchen, die Ein- 
fassung ist bei allen fünf viel jiingcrn Datums. 
Der .sogenannte .Mtar des hl. Cuthbcrl ist liber- 
haupt ohne Stein; er wurde 182h im Grabe 
des Heiligen gefunden und besteht aus einem 
1 5 em langen und 13 cm breiten Eichenbrette, 

Oi>r.Tii»lu», .Rationale« III, I. c. !«!, n 'j:t 
Oido romanu XIV, w. ,-.a. MifiMe, LXXVIll, 



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1903 — ZElläCHRlFT FOR CHRISTLICHE KUNST — Mr. 11. 



840 



das iirsjiriinglicli mit einer getriebenen Silbcr- 
pUtte überzogen war : letztere ist leider gröfsteti' 
teib verloren gegangen. Manche ArcMlologien**) 
sehen das Monument als Tragaltar an und zwir 
aus der Zeit des hl. Cuthbcrt (-}■ 687 t. Die wc- 
ntgea Fragmente mit einzelnen Buchstaben 
bieten für diese .Ansicht kein genügendes Fun» 
dament, es {"^i weder ein Tragaltar noch aus 
der Zeit des genannten Heiligen, es düii^e 
vielmehr im Xl.Jahrh. in das Grab Cttthberts 
gekommen sem. 

Der sogenannte Alur des hL. Gregor von 
Nyssa in der Kirche S. Maria CampideDi zu 
Rom i t ein Ufelfiiriniges Reliquiar (85 X 24 
i'm], welches seinen Namen einem darin Lt - 
findlichen Fergamentstreifen mit folgenden 



an solchen Nfonumenlen wenig bekannt i-i 
Um aber nicht in eine ermüdende Gleich- 
förmigkeit SU geraten, wollen wir tugleicb den 
Versuch machen, sie nach bestimmten Gesichts- 
punkten in Gruppen einzuteilen. Wir können 
bei dieser Rinteilung von verschiedenen Ge- 
sichtsponkten ausgeben und ne entweder nach 
.Mter nnd [, a n dst i ichen zusammenstellen, 
wie Münzen berger in seinem monumen- 
talen Werke über den mittelalterlichen Altar 
rieutschtands getan hat, oder nach I'orm und 
Gestalt, oder auch nach Schulen. Indes 
mag uns keiner dieser GendMSpunkte genügen: 
nicht nach Mter, weil die meisten Tragaltäre, 
wie bereits bemerkt, aus der romanischen Zeit 
stammen; nicht nach Ländern, weil das Por- 



Worten verdankt: Um esimÜanviaH«um,^»ä \ tatile als ein kleines Kunslobjekt wie fchon 



«t^ritwil Bfiitfu^ ('t> /^::>i im Xaziinzfituf ,te 
Jerutaitm . . . pUnum mullarum reliquiarum 
apütuhmm^ marti..., tmftuor. tt pirgnum. 
Et est ... . Unter diesen berühmten Reliquien 
fand sich laut Inschrift eine Krcuzpartikel, ein 
hl. Nagel u. a. Als Altarstein diente ein (an- 
gebliches) Mosaikbild des Heilandes in byzan- 
tinischer .Auffassung, das jetzt teilweise ^cr-^tnrt 
ist Das Monument ist wohl weder ein l'rag- 
ahar noch llter ab das XIII. Jahrb.**} Von den 
Altaren der Hc-ili^en .'Servatius, Williiirord und 
Gemioianus wird weiter unten die Rede sein. 

10. Nachdem wir bisher im allgemeinen 
aber Gestalt, Materie, Ausstattung, Gebrauch 
und Alter des mittelalterlichen Fortattie pe 
handelt haben, liegt es uns nunmehr ob, eine 
knrie Beachreibang aller noch erhalte- 
nen, weit / e r ^ t r ci 1 1 e n Monumente im 
einzelnen zu geben. Dieses scheint um 
so notwendiger, da der Reichtum Deutschlands 

»•} Kacine »Lif« «f St. Cnlhbert . (London iMi.Hi 
1119. Kraut >Keai - Encyclopedic« 1, \1 Smilh 
und Cccibam «Diclionnary« I, Kobaull de 

Flaufj V, 7 m. SidcIc«« Übt ui ihrem Buche 
•Etrif cbriitmi ait of Irdkitd« du Monamciit unb«* 
tttekaiehtigi, kill ei alto nichi Ikr m «lt. — Die Rc- 
Vqaifa dci hL Cuihlwri wnrdsii straiiml transfctiett, 
M wcIclMr GdeBcnbeit wohl mancke Kinrgbclic Cecw- 
dlnd« im Grab i^rielea V(1. Acta Sanetofsm. 
tiO. Mm. III. ! " 

*•) Alib. bei K II ii a u U li- i- i eu ry V, \~ . — M nr a c t i 
(nicht Marrucci wie Fleury ichreib!') »Meniutii- ili S, M». 
ria in Porlico« («d. I lliT'i, ed.'.' IWT.'i) crwabui den AU.n 
nur nl» Sehenswürdigkeit der Kirche nhne jede wcilcie 
KemerkuKg. — Err.^ «StoriA de)rimA(;iiie e chiesa di 
S. Maria in PorliCo di CanitiileDi« , Roma IT '*', widmet 
dem Altar ein |;anic» Kapitel und t'ereichnei aU Oft der 
Anferttgunu oder llerkuDfl Jerusalem. — Maliaja, 
Üloria di S Marm ia Porlico, wekhen Ktenry xuier«, 
i|wicht Dicht von dem Akirckc». 



früher, so auch noch gegenwS'tig rw sehr dem 
Wechsel des Urtcs ausgesetzt ist, und beson« 
der* weil dieaea Einteilungsprinzip den G^en- 
stand selbst nicht berührt, auch nicht blofs 
nach Form und Gestalt, weil die erhaltenen 
Monumente eigentlich nur zwei verschieden« 
Formen zeigen und somit kein genügendes 
' I"undamcnt ftlr eine iiljersichtlirhe F.inteilung 
) gewonnen würde, endlich auch nicht nach 
Schiuleo, weil es ein mifsliches Unternehmen 
ist, zu sagen, ,,das ist Cölner, das ist Trierer, 
das ist Aachener, das ist Siegburger Arbeit".*^) 
Denn diese Worte eines angesehenen Kunst- 
historikers haben auch heute noch ihre Be* 
deulun«?, wenn auch nicht mehr in demselben 
MaCK, als zur Lt\X, da von h alke sie nieder- 
schrieb. 

Wir werden liei unserer Klassifizierung von 
einem andern Gesichtspunkte ausgeben, nämlich 
von dem Materiale, womit der Holskem 
oder die Hokplatte vornehmlich geschmückt 
ist. .\llerdings bietet auch diese Rinteilung 
manche Schwierigkeiten, weil häufig mehrfacher 
Schmuck angewendet ist, doch lafst sie ander- 
seits die Müglii iikeit, siris die nach Ländern 
(und soweit als möglich nach Schulen] zusam- 
mengehörigen Monumente an kleinem Gruppen 
zu vereinigen. Wir wollen auch die Form in- 
sofern berücksichtigen, als wir zuerst die Ufel- 
(ör inigen, dann die schrernartigen Ahtrehrä 
behandeln. 

(Illntir. Forts, im nächsten Jahrgang lieft I.' 
Klorenj. Beda K lein sc h ro i d l, O.F.M 

V.Falke »Gctchichte de^ deutschen KuMigc- 



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341 



\WKi. — ZEITSCHRIFT KÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. II, 



342 



Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf. 

XIX. (Mil 2 Abbildungen.) 
SR. Kasel von Sammetbrokat mit ge- i giindcr Schule, deren Miltclpnnkt Dijon war; 
siicktem Kreuz in St.Patrokli zu Soest der Schlüssel für diese Ähnlichkeit wäre viel- 
(Katalog Nr. 646). leicht geboten durch die lleiratsveibindung des 

Aus prachtvollem Ge- 
nueser Sammetbrokat: 
Grüne Ranken auf rotem 
Grund, dazwischen me- 
tallische Goldblumen, ist 
diese leider auch in der 
Barockzeil beschnittene 
Kasel gebildet. Der ge- 
stickte Stab der Vorder- 
seite ist (wie so oft) total 
verletzt, so dafs die drei 
Standfiguren, die übrigens 
denen auf der Rückseite 
ganz ähnlich waren, nicht 
näher zu bestimmen sind. 
Glücklicherweise ist das 
Kreuz, 118 cm lang, 
19 cm breit, Verhältnis- 
mäfsig gut erhalten, und 
wegen seiner Zeichnung 
und technischen .Ausfüh- 
rung im höchsten Mafse 
beachtenswert. Üen Mit- 
telpunkt dieses nur mäfsig 
ansteigenden Gabelkreuzes 
bildet die Krönung .Ma- 
riens, welche von zwei 
Prophetenfiguren flankiert 
wird, wie solche auch 
zonenmafsig geordnet und 
von Spruchbändern bal- 
dachinartig bekrönt, den 
Längsbalken paarweise 
verzieren in viermaliger 
Wiederholung , nachdem 
das unterste Paar (von 
dem nur noch die Reste 
der Spruchbänder erhal- 
len sind) bei der verhäng- 
nisvollen Umänderung der 
gotischen Kasel in die Ba- 
rockforni , verschwunden 
isl. In ihrer weiten Drapierung und breiten, cere- herzoglichen Hofes von Cleve (auf den die 
moniösen Hallung haben diese Figuren einen beiden Wappenschildchen hinweisen^, mit dem 
gewissen Zusammenhang mit der van Eyck'schen burgundischen Königshause, die manchen im 
.Schule, noch mehr wohl mit den etwas späteren XV. Jahrh. am Niederrhein entstandenen Kunst- 
Gemäldeu und namentlich Statuen der Bur- werken, namentlich den gestickten, den eigen- 




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IW)3 — ZiülSCIlKIl l l-ÜR CH 



tUmlichen, von Köln ganz, imalihängigen Typus 
aurgepriijt hat, wie er sich auch auf mehreren 
in Weftfoten «rfattttnen Gtgenstliiiden dieter 
^Mche Rodet Die Hattung der Figuien ist 
vornehm, stellemveise schon etwas g«icrt. die 
Bewegung feieriich, der Faltenwurf schvrer, 
iler Ausdruck erhtben, uod die breite^ Wer und 
ria etwas gespreizte Art kam der Verteilaug auf 
die monotone Goldfliche sugutc, auroal im 
Banne der «otgeiackten RneobOdeii, auf denen 
sie stehen, und der kühn geworfenen Spruch- 
bänder, von denen >ie tiberiängen werden. Die 
Tecfanik ist ebento defikatp wie lolid. Ge- 
tpinnte Goldfaden, die dutdi roten Überfang- 
stich ratitenförmig gemustert sind, bilden Hrn 
Grund, auf den die Sprucbblnder applutert i 
lind, mSilbefflldengdiildetttndmitidiwarteB i 
Tn-r!i''fTen, roten Initialen bestickt. Die Fi- 
guren sind silmtlich und ausschlieblicb im Go- 
betintticb Mttigeflibit Im m( eintdne, dnrcb 
Goldfitden bewirkte Beigaben in der Krö- 
nung Mariens, wie Kronen, Nimben, Welt- 
kugel, Mantelborten, die beiden Faltstilhle. 
Als Farben wechseln Rot, Blau, Grün ab. Der 
Rasenboden besteht in grüner Seide, auf die 
gelbe Seidcofiden im Stilstich, sowie GoldTädea 
mit roten BlittcKen chigetragen aind, um den 
Rasen an/.udeulcn, — Dieses einfache Ver- 
fahren hat eine sehr harmonische Wirkung ge- 
■cbaflen und wie die wenigen, aber ausge- 
sprochenen Farbentfloe mit dem Goldgrunde 
vorzuglich zusammenstimmen, so behaupten sie 
sich zusammen dem wunderbar leuchtenden 
Sammelbrokat gegenflber, der trotz seiner gtio^ 
zenden Wirkung dt-n beiden Wappenschildchen 
als guter Hintergrund dient, üchnStcen. 

86. Hochgotisches kupferverguldetes 
Fahneokreas der Stiftskirche au 
Xanten (Katalog Nr. 731). 

Im Unters. von den Altar- un'l \'nr- 

tragckreu^L-n , die stets mit einem Kruzitixus 
versehen sind, fehlt dieser zumeist auf den Re- 
licpiienkrcuzen, und wohl immer auf den 
Fahuenkrcuzen, die sich übrigens aus dem 
Mittelnltcr nur in wenigen Exemplaren er- 
halten ii.ibi n, wie die l'^alincii selber. In der 
Regel aus Holz gebildet, sclmn in Rörksiclu 
uuf das Gewicht, waren sie leichter der Be- 
arhadigung und Zerstiiiong aosgesetxL Die 
beiden in Xanten befindlichen fast identischen 



SII.ICHE KUN.ST — Nr. II Mi 



pKinnplarc dürften Scitf-nhcilcti /u gelten 
haben, und das hier abgebildete, 48 tm hoch, 
mag kurz beschijebeii werden, da die klare 
Abbildung eine längere Erklärung überflüssig 
macht. - Der an der unteren konisclicn Bflchsc, 
welche die verhdltnismäfsig dünne Tragstange 
aufzunehmen hatte, angebrachte Haken hat 
dieFalinr /u halten, /u der ein kleiner Nodii'; 
als Gegengewicht genügte, wahrend das Kreuz 
selbst nur durdi dne gewisse Breite emen 
harmonis<.hen Abschlufs zu bewirken \cr- 
mochte. Dieses Kreuz ist aus starkem Kupfer» 
blech ausgeschnitten und vergoldet mit seinen 
erweiterten und ausgebuchteten, dadurch um 
~.v \ollet wirkenden Balkcncndigungt-n. Auf 
beiden Seiten ist dasselbe mit einer vorzüglich 
gezeichneten, streng stilisierten Doppdmke 
(Kfeublatt) verziert, die unten anfangend in 
aufgesparter Technik, abo auf kräftig .schraf- 
fiertem Grund, sich derart nach rechts und 
links, wie bis oben hin verästelt, dafe 17 in 
die ovalen Aussclmitte gespannte BcrgkristalU 
Cabochons venchiedeaer GrObe, bei weitem 
der grAlste in der Mitte, von ihnen in wirkunga- 
vollster Einfassung umschlungen werden, zu 
einer Art von Einheit verbunden trotz ihrer 
Zmtreuung. Jeder Bergkristall hat auf der 
Vorderseite eine profilierte Fassung, wie das 
Kreuz riogstun, der auf der RUckseite eine 
glatte, nach innen gekehrte SchrSge entspricht 
Die untere Ausbuchtung des Kreuzes ruht, in 
unorganischer Anordnung, stumpf auf einem 
von beiden Seiten mit einer, ebenfalls ausge- 
sparten, Bestie geschmficklen flachen Zapfen, 
der ehensn unnrganisrh in einen achteckigen 
Knauf Übergeht mit kleinen Beigkristallen in 
den vier rauienlbimigen Pasten. — Die Ranken- 
verzicrungcn des Kreuzes, zu der ilkiininicrte 
Kodizes das Vorbild geliefert haben dürften, 
weisen auf das Ende des XIV. Jahrb. und auf 
den Niederrhein hin, wo auch der KristaD- 
sebinuck sehr beliebt war, zumal an Gegen- 
ständen, die in der Luit zu wirken tjesiimmt 
waren, also namentlich bei Vortngekreozen. 
Mit Vorliebe wurde ihnen deshalb auch, nament- 
lich in luUcn, der Schmuck von KrisuU- oder 
vergoldeten HettllM^fdcben beigegeben, die 
ringsum die Schmalseiten der Balken umsäumen, 
besonders von den Ecken auslaufend, wie sie 
sich am Kreuzmittel und an den EUiden ergeben, 
sei es bei der rechteckigen, ad et bei der Drei' 
pafs*LOaang desselben. Sehaitgen. 



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347 



1903. — ZEll-SCHRIFT f OR CHRISTI JCHE KUSST — Nr. II. 



34» 



Bucherschau. 



I>cr Dom >v Aachen vni sciiie Entttellnng. 

Ein kuiistwisscnschartllcricr I'rntcst von Jos. Slrzy. 
Kowski. Ndt J I.icbldrDcktafeln und 44 Tcxlab> 
bilduDgen, hmnchich« Budiliaadhuig, Lclptif 
1904. (Pni* 1 Mk.) 

Dfflse mk flamnifiiilOT Be|;rtsi«ittDf wnUüA» «Flug- 

»chrifl* ist ilein AiidcnV.cn Atcxmdcrs von Swciilgn- 
rodtkol gcwidmcl. tlcs den Lesern un»erer ZeiUchrifl 
(»ergl. Heft VII, 127; X, lM'MT,) hekinnlet. Mäce- 
nalcn. l>er Aachener KarUverem haue ihn, den im 
Ittalcn Jahriclmt teinei Leben* in Aachen wohnhaften 
Stifker im gümcndcB Koodaksw'sclwn W«ffc«t *n 
Sac1ivcntIiidigM]>KoiDniiniafi für die Mettawalion d« 
Moiislcfi bci;jcsci!t, an dcicn Siliuiigen er aber nie. 
malx teiinahm, auf die Abgabe vün zwei schriflliehen 
Voten tich beichrSnkend, die, zum Teil anversihii<l- 
lich fchaJt«!, auf die Bcrttungaii obae Einfluf* ge- 
bbbok liBd. Aa dm aMfCB BnM, ■> den Be> 
uliebca, die ttiVfiiadi korfektetien VortchUge tu 
«lachen anter Verzicht auf allen Prachtaufwand, fehlte 
es dieser Kommiision wahrlich nicht, die von den 
verschiedeuiien Seiten gedringl, ihien Veiiickt auf 
die mnsivtsche Bemnhu^ zuganiten der gestrichenen 
nkht dnrchtBKtsts «fBoehle, diuch Uum ■acrgiackc 
BctoonBK der vos Anfrac u gdofdetlcii DtlM)> den 
Bilderkreis rettete und der auf den «orgflkigsten 
Stadien beruhenden ktlntileritchen Durchfahrung zu 
ilirctn Kech'e vcrhalf. Als diese gewihrleislel war, 
höite ihre Titigkeit auf, lo da(* lie weder fUr die 
MarmoibcUtlduig, noch fllr den Dekor der UMt>Bge 
ifgandtei« fcraMwoMlieh Itt. — laeoincH die «w. 
lief CAde Ktage. tiod AslilegeMhiUt «o« anderen Voratit- 
»eltutigen autgehl, beruht «ie »uf Informationen, ^' 
von allen anderen Heieiliglen tuverläatiger hitteii i;r- 
boten werden kttnoen, wie von den beiden Genannten, 
die mit ihren aiarrcn Gmndailten wohl ciae AUcr- 
tttMr>SeaMuIlMg könenvitren, aber kein «liet Bra» 
deakmel iebcMOMf ethilltii kdml«, «eiiigitem 
kein im Cebnieche bcfindüchtt und in eeiner inne. 
ren Vrrwnlirlotung Arjjeriii» enegendes. HSiie 
der Vetfatser die hier nur angedeuteten Um^iandr, 
besonders die unbedingte NolweDd^keil, den ver- 
wtaietcn Tambour dca Oktogon» mit seiner Keppel 
keraoniteh tn cUumeni niker erwogen» le wötde 
er seine EiKertigkeil, die freilick reiner Hetriebt.am- 
keit and Gewandtheit da* httchcte Zeugnis aus- 
stellt, wohl etwas gezUgell, vielleichl auch seine 
BezUchtIgungeu gemifaigt haben, die Übrigens, wie 
die gatue Schrift, dB hebetiswUrdige« Gemisch von 
fiwkcn BckanpCiiBgeB «nd leisen Abscktwickangen, 
ron Vorwürfen md Bnlicknidignngen sind. Sie mögen 
deswegen auch so ernst r.iirhi ^curiiuiien ^vin. ul>»iilil 
sie als Alarmrufe sich gcbjiidcji und u;£s:iib<ii auch 
als solche aiifgenommen werden. — Wer lur höchsten 
Vorsicht beim Kesianriereti inahni, bebilt immer Recht, 
wie so oh der Pciiiiniu, and im vorUegandea FnOe 
bat die ftlehnunf nm so mehr FimdMttBI, al« «te von 
emaien Zweifrin aoageht aa der Richtigkeit der biilaiig 

unangefochten Ii rli eisen Annahme Ulf*r ilrn rtkjinin^; 
nickt nur des Aachener Mdivstert, soadern aller tranko. 
gaiileebea Handenkmllar. Diese Zweifel de» Ver* 



fassen *kid teke« mekr«« Jeihre ek, haben ia m- 

schiedenen Bachern und Artikeln («ergl. diese Zeltschr. 
XV, :ViO) lebhaften Auadruck gefunden, vielfachen 
Beifall geeniiet, auch Widerspruch erregt, und seine 
neaesu PuUikalioni .KWnasicn, ein Nealsnd der 
KaBUgM ck i chl a* (die bferdeaaldnt beipra^Bwcih 
dea soU), trigl den AppeD weit hinaus in die Welt 
mit der AuMidit auf nmnngliche Zustimmung Ihm 
liegt das auf langen u: n iili^i: ira Reiten im Orient 
den altchritilichen Deultiniüeni in scharfen kritischen 
Beobachtungen entnommeite Alliai tu Grunde, dem 
Abendbiade icien die AnicgaaseB «ad Vasbilder fkr 
aefai erstes cheislIieheB Kanalacknflen aieht een Ilallea 
i'Rom', wie bisher fast allgemein angenommen wurde, 
sondern vom Morgenlande (Sjrriea, AimcDieu, Agy{)ien) 
direkt geboten worden. Inwieweit diese EinAUsse auf 
des nKaaitkreis de» Aachener Dornet- ein» 
gei^kl Ittbea. taebt dcrVarfitear lot I.T«il aadcr 
Hand «oo 37 lehneichen AbbUdaafea Baahiaweiieai 
und erklirt I) den sogen. ,W<rif' iBr ela kellenisls. 
sv.hes Broniewcrk, 2) die Elfenbeinrelieft der Evau. 
geiienkaniel (Ur koptitch • hellenistiiche liildwerke, 
;l) die ..\rtitchocke* fBr ein Werk christlich-onenia. 
lilcber Ubcrliefaraag, 4) dea I>on selber flto eine Art 
eoB .MerlTriea'i gcnib dem beBenistiMiketlcBt^ 
ichen Baoljrpus, endlich .^i) togsr Trier Air ebicaVor« 
potten christlich •orientalischer Kunst. — Wai der 
Verfasser in diesen .'< Abschnitlen liehau^ p' ru- 
meist durch guteGrtlnde gesttiiit, teilweise Qberteugend, 
wie die Bestimmnng der Elfenbeinrelieft, und auch 
die Vergteicftaagea, aa daaea die orieataKscbea ZcoUal» 
hnt'en entegen, sind bestechend, aber »ehr für de« 
f'.riu 1- h. alt für den Aufrif«, irit ' -- l; auf den die 
chnraKirrisiitche Bogenaufieilung des Aachener Oklo- 
goni Ravenna das nichtte Vorbild ist und bleibt. — Daher 
keaaea dicec Siodiea aicbt als abeehlieiscad besefckaet 
werdaa, aoeh wtaicer di« Polgeiaagea, die en IhBCB 
geiogM UMrdee hkieichdidi dar .Rastaaratie»* 
des Aeehener Domes, die dea II. (kisacra) Teil 
biUiei. - Diener ist nicht frei von Übereilten, ein- 
sriiigea, harten Urleileo, wie schon in der .Ein- 
Wiiung* : „Was man am Rhetn unter Kestauraiion 
versteht", der Uiaweis aaf den Speicm Dorn, der 
vor 80 Jabrea rcstsarien wardci feel fcamiseb wirkt. 
— Was hier In bezug auf .die Architektur', nament. 
lieh die Slulen, Fassade und Atrium unter Heran- 
lichuiig der .oneiitilischen i'arallelen" vorgetragen 
wird, ist sehr lehrreich, zum Teil Überraschend und 
nea, teleblig aach, was über .die Ausstattung des 
loaerea* getagt wird, Ober ,die Kappeimoeaak", die 
ahe, 1719 gfntlieh teralMc, wie die aeae. 1879 aas- 
t^ffuhri' 'i:' - Mosaiken de» Tambour»-, für 
welclie die Vt.rarbeilen bis 18A8 zurOckreichcn, die 
Arbeilen \HQh begonnen haben. — Dafs diese Auf- 
gaben mit Emst und Crttndlickkeit bekandelt wardca, 
besrelat sckaa die Retbe httewragcadcr AsehiologtB* 
die hier PMeaiehaA gekisiet haben; und dafs dfe 
Arbeilen etile tit dem Pkofes»or Scheper ttbertragea 
»Hillen, WM nur die Anerkennung, die er far seine 
Studieti, Versuche, PUnc m strengem Wettbeweib und 
MBter scharfer Kritik voRlieat katce. Sein Vetrdieaat 



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349 



IMa. — ZEITSCHRLFT FÜR CHRISTUCHK KUNST — Nr. 11. 



350 



1 



Icinn iiichl j;r»chm!lprt WTn'r : 'i.rth dif Krgflmiise 
«Jer nfurii Korschuugeu, und wenn au» Uetwelbeu auch 
im Lauf der Zeil mit iweifelloaer BeMimmtheil sich 
etcebea «ollie, daii die VgibiUcr oichl in Iltlien (Korn 
wMl RftfeitM), tMdm im, Orient n wehen ffcwtMn 
«In», io wivdm die Vcnoche. Urnen »kUviiche 
Gekang m TcraehaOen, «ielleiela wipdetom anf un- 
ubcrwiiiJIiche üchwieri£keilen itofseti — Die meistrn 
Kcuaaiationen bedeutender DcDkmäler, auch in den 
leUten Jahrtehnlen, tMben AlMofs erregt, Dicht nur in 
Dentachlend, und il»en teBeaflbet behwipicn in der 
Regtl die cehirfelea KfHilter 4nt FeM. Magen lie 
fortfahren, ihre Stimme ku erheben mit dem rffolgc, 
daf» dte Vorfragen immer grOndlicjicr ^'^P'i'f'. »J-c 
Arheilfti iiniiicr vnrsichtigf r aiui ««irjjfaltiKcr beliicbeii 
werden, ta der Betchränttung aai da» Nolwendigel 
Zu diesem Noiwendigen aber gehört, wenigttcn* hei 
des für den GoUddkntt bcttimmien BendenkaUQern. 
muA dif wBrdlfc, erbanNdbe Eindmeki wie im 
AnftctB, in Innctn. Scbelicea. 

Kirchlich« Knnetalierittmer In Denlaehland 

TM Dr. Heinrich Bergner. Mit ca. M Tisfrln 
tn Farbendnick nnd Autotypie, lowie Uber .'lOfi Ab- 
bildungen im Texte Vollitindig in ca. .'> I.<;fpningen 
h. 0 Mk. Chr. Herrn. Taochniti in Leipzig. 
An gröfieren und icleineren Lchrbdchern der all. 



Wenige» dürfle dem vielgewaiiderlen Vfrfi«»pr eul- 
gangen $eiti, der trefflich zu dupoiueren ujid tlber. 
lichilich zu gruppieren veratehl. — Der St. Gereon». 
Iiirchc in Kdln (Seile SR) iegt abrigcna eine nMilw 
Halle nnr im Sinne dca Zenlralbanea (ab DenhmaJt- 
kirche) zogmndet noler den Doppclkapellen 

(Seite 71) hat die de» Obergaag»»tiU im Schief» tu 
Khcdi keine Erwihtiunj; jjrfunden — Die durch den 
l'ro>pekt tugeiagte rasche Aufeinandetlolgc der (.'t) 
Lieferungra »leUl «Mcrca SchhiliKfaMt glBchlicher. 
weite kurce Fritt. SehaOljtea. 

Die K ij 11 » I r Ii l( t i n n c n und die K u n s 1 f <j r in <;n 
der Architektur, ihre Entstehung und ge- 
schichtliche Entwicklung bei den verschiedenen 
VAikem. In vier Binden henntfegnbcn von Kon« 
(tantin Uhde. Waramih, BerNn. (Freit hroaeh. 
Mk., geb. 9(1 Mk.) 
Von diesem grofs angelegten, grundlegenden Werk, 
welche» varnehmlich prakliachen Aufgaben, al«o in 
etiler Linie des Architekten dienen, ihm fttr seine 
Stadien nnd Anfliige die Detail« der Bantrerke in 
syttenatiichcr Erklärung au» Baumaterial und Bau- 
kunttraktion bieten will, sind die beiden ersten 
Binde erichicncii. 

Band I ('-'3 Bogen mit Hi.'i Abbüdungen. — Preii 
broich. ].'> Mk.jlegt die Konstruktionen und Kunslfor. 



wie detUachen Kenaigeachiciiie iai kein i inen dar. wie aie geachichilich entttande», dnrch Ma- 
llangdmehr. w«U aber an einem ay »tematiieben ' teria) nnd Technik begrBndet alnd, also dieGrandilue 

Handbuch der K u n s l a ! i e r l li in e r . iin;iiciitli.:h 
der kirchlichen, obwohl Uue ihiieu m der iie- 
•chrinkung auf das deutsche Mittelaller, ein fUr seine 
Zeit vortrefflichea Werk gewidael iiaiie. Im Amcblnf« 
daran, aber in der AtmdduMUif anf die KcnaimiKe 
nnd in der BeiAign ng einiger von Otte minder betonter 
Omppen, vefWftntliehle Bergner vor ;t Jahren aainen 
(hier in Bd. .\IV Spul;!- Uli Seiprnchenrn J . ( Irondrifj'. 
Daf» diciei su schnell m dem neuen V\erke .uit^ereifi 
wird in den weiUn lien wie geislliclien Kre scn 

beider BckenniniMe groieen UeitaU finden, denn der 
VerfätMf iit «hi mir den Denkmllem wie mit der 
Lileratnr gleich vertrauter Forscher und, weil mafsvoll 
md objektiv, ein inverlftssiger Führer, der das Material 
geschickt IM gruppieren, die Illustration. ,ils erf;\hrfiiei 
Zeichner, gut auszuwählen versteht. — Die vor- 
liegende I. Lieferung zeigt die Weite dea BUek« 
ichoa in der 36 Seilen nmfaaienden Einlei In agi 
die 1) Gegenstand nnd Uterainr behandell, 2} die 
Quellen: die prmiireii DciiVniäler' » !e die srkundSren, 
3) die bildenden Kakiocea und swai l.ituigie, Kdnsiter. 
Stil, -t^, Knn»tbetrieb und Material, also eine FHIle von 
tetChligeo Vorfragen, deren PrIIfvng überall den das 
bahnniehandnn, aorgflUtigaft BetilMiehier er. 
Mit. — Daa I,Biieh, weiches dem Kirchen, 
bau gewidmet iaI nnd ihn auf Tft reicb ninArieHen 
Seiten bis tief in die Gotik hineiiifli>iri. iieichaltigi üich 
(ueiat mit der romanischen Kirche, der Uz^dilta, der 
Halleakircbe, dem Zentralbau, die mit Kllcksichl auf 
die IHargiKhen EinUMae. wie hinaicbilicb ihrer Grund, 
«iate, Anfbnn, Ehiaelglleder, Fnrmaprache, Oranmcnilk 
usw. untersucht weiden (mit Einschlufs ihrer EinV)iiineii, 
Kapellen. Klosteraolagcn usw.). Ungemein ergiebig 
i»t hier der Text bei knappster Formulierong, und mir 



fdr d;e Einietforin und iterei, Vriliindun^;, mithin fiir 
dte Schutiheil, die daiau4 hervurgcheii »oii. Da 
Nahrung, Kleidung, Wohnung die HaupthedUrfnisse 
dea Menschen dantcllen, an hat ihnen die Knast in 
dienen, die daahalh b Tn stilk naat, Kcr «m ik, Bn«. 
knnat cerBUk. Knn werden die Seiden cmlen bc» 
handelt, obwohl sie den Aus^niit^^pankt darsielten, 
desto eiiigehendcT die dritte, der 4 grofsc Kapitel 
gewidmet »ind. in diesen werden zuerst die Eiemente 
der Bauhandwerke fdr Holz und Stein, auch fttr 
Eisen er^fteit, eodann die hialoritche Eniwickinng der 
Bankonatmkiioncn, Ihr« bthetiache DnrckhildaBg. 
namentlich der Gesimselemenle in Stein und de. 
ren ZusammenMeUung lu ganzen Gesimsen der Mauern, 
Decken, .Säuiei, u»w., en llK'n deren ästbel i-cher Zweck, 
seine Erreichung i'.tirch Lmienfilhruog. plastische 
Ornamenlieruug, Fäibuiij;, - In diesem bis in die 
Ueiulen Eintelhctien klar dargelegten und oberana 
anichanKch illustrierten System nr«l der Verfasser 

nichli Wiehl 1 (;e> iiiicrw'ählil und un^jeieivhiirl, »ii dnfs 
ipuuien uiid 1 Jechlcu, Weben, Koopleu, Niiheti nicht 
nur erklärt, sondern auch abgebildet werden, dazn 
daa Formen — Schneiden, Sigcn, Zimmern, Hobehi, 
Drcehadn, — Bttehen, Behmeii, Mtneni, Zinbio, 
Patten, — ÜiefK», Schniedcn, Wnbeo. Mnnam, 
Pfeiler, Säule, De«ke, Gewfltbe ntw. werden in ihrer 

kciiislrüktiven iiedeuluiiß dargeslelh, vor allem die 
I'rohie gewürdigt lo ihrer die ^leiuaichiteklur beherr- 
sehenden Wichtigkeit, der entsprechend, ihnen mehr als 
die Hiifie dea gansen Bandes gewidmet iaI mit dem 
nherwlefaadett Teil der Cssl amtchlitraii^ «if ZaiA' 
nungen bemhendeii, durchaus klaren AhbiMnofen. — 
Band II (!.'• Bogen mit .V26 Abbild. Fcciabroaeh» 
CB Mk.X 4nrch diae gnidtlliMchcn Anslhhmgea 



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362 



vorbereitet, ist anuchliefslich dem Holibaa re»er- 
viert, wie er kSnslIerisch und gcichichllich-geof^ra- 
phisch sich cntwickc)r, die Sleinarcliilrktur bccintlulsl 
hu. In 18 Kapiteln wird der HoUbau durch die 
•imcIm« Perisdca ond Länder verfolgl, «eine Koo- 
Mreklkiii auf ciecelwadate nad e Mcfcirifc lwle fe. 
idiiMcft in Hhlrciehen A*fiMhaien, bei denen die 

pliotograpJiiichen mit Kechi in der Mimlrrhcil bleibfn. 
Von vomhetem wird belont, öa(« der llolihau 
nidit imraer und aberall dem Steinbau den Weg gc- 
■aifl, tondeni da{i ditMr wi« jener niehi icUen den 
Xchb« ele VerlriM btevin, alelicBweite entocMben 
lieh febOdet hat, lo dafs dieier II. Hand mit einem 
pffhtMortteben .Sieindenkmal beginnt and mit einem 
undutietbaren Steiniirukmal Amt-rikas »chliedt. — 
Uurch 17 Linder luhfl in chronologischer Ent- 
wicklang die Knnitfakrt, bei der das AUettum nalUr- 
licli mm lillneeleii «egkooiml, alicr iniiteManie Einte)- 
hciten vctMMchealicht. Aach ItaMen «pieh hier fcehie 
grofte Rolle, selbst nicht in seinem spSieren Kansi- 
helrieb. desto mehr aber Spanien, da die maurl. 
sehe Haukunst das Holt nicht nur reiciiJub, \i>n<ii:rr, 
auch mit vollstem Bewurxsein verwendet und sich 
dafür einen eigenen Formenkreis geschaffen hat. — 
Der L6wenBnleil (100 Seilen) enllUto an( Dentsch- 
lend md die «ortflgllelien VorarlMiien (ende des 
Irijlfn J-»hficfiii'' hallen hier in Verbindung mit ilen 
etgeiieti Hcobachlutigea eute fa^l erschöpfende, unge- 
mein instruktive Behandlung ermöglicht. — VerhSIlnit- 
mSMg knepi» werden die Schweis und Tirol, aowie 
Hofwegen behendeh, «rglehiger Engilend md ledies. 
— StanaeiNwert in ttberali die Fttlle des Illusirations- 
nelerlal», an weichet der «iel< ettf das praktische 
Ziel ImuleuiTiicie \'erfaii»er M-inc Untcrurisungen on. 
knttpfi, so dats er nach den noch ausstehenden beiden 
Binden hi heheee Mnfae die Sehmvcht feweckt hat. 

H 

Der Stern voti llalAiat. Preisgekrönter Kum.-tn 
von M. Hellinden. Mil HuchtchBMk von J. van 
Tamek. — Die Heimei. Komen ans den ichle» 
•iiclian Bergen von Paul Keller. Uk Bachechnrack 
TOS Phil. Schumacher. Broschiert je Mk A. - , 
geb. je Mk. r>. — . (Allgem. Verl.igs ■ GeselKchafi 
m. b. H. in München.; 
Der Stern von Halalat führt ina Aheilmm und 
in den Orient« beeoadcifl nach Bebylon. wo des )BdiKbe 
Volk (in Malelal) litil und sich irorbereiiei fUr seine 
Heimkehr, aach der es den Tempel wieder aufbanl usw., 
so dafs hier ein gruf^ifiges Hild ^ich entfaltet, ^\^'^ uhcr. 
reich ist an belebienden Zügen. - Die 44 Abschnitte 
weidOi durch Gruppenbilder eröffnet, durch figürliche 
oder omaOMMalc Vignetten geschlossen, ond «leren 
Ohereimtinmag mit de« Text, wie antreffende Stili> 
sierung verdienen neben der Balten Zeidtenng alle 
Anerkennung. 

Die Heimat schildert das I^nd und seine Eigen- 
art, besonders hinsichtlich der Aabtaglichkeit, n»il der 
CS sebM Bewnhner an «idi feiseh, ihnen den Frieden 

gewihrend, den hier enrilich n.-xth m -mthon i-rj»frifi-r:.i 
geschilderten Irrfahrten und VVirrsalen der tield dieser 
Enihhuig findet. — Fein geMimnt wie der spannende 



Text, sind die duftig gehaltenen innslrationeni di* 
auch hier jeden Abschnitt ah Bekrönungen mit Initialen 

wie als Schlufsbild. I rl, l,r^ rnci,, l;iv : -.1 hafiliche An- 
sichten oder genrehade äseneii, die poelisch anmalen. 

B. 

Porträts Papst Pius" X.. nach Uriginatauf- 
n.ihmen .-im 10. August durch den pSpstlichen 

liofphotographen U. Felici in Rom, hat die AH- 
(gemeine Verlags. Ceaelltehaft m. b. H. hi 

Manchen herausgegeben; sie verdienen die wlrsaste 

Empfehlung urj^en der klaren, scharfen Aufnahmen, 
wie wegen der weichen, nialenschen KeprcJuklionen. 
Im Lehnstuhl silrend erscheint der hl. Vater einmal 

' segnend, daher mit der Slola bekleidet (BddgrÖfse 
I X 10 : »0 Pf.), die anderen Male mit anf dem Knie 
ruhender Rechten, hi der Sonlane, teils ah gann PIgnr 
( i:i> 28: tl. Mk . 2fi 20: ii.fiO Mk , l.'i V 10 
80 Pf.\ ler.s »1. Kn.euUck | J!» X 'JO : 3 .'»0 Mk , 
1.'» ■ III: 8it l'f V Oer breite »ciNc "'ter lirllgfjue 
kand mil oder ohne Untenchtifi l&fst fUr die Wahl 

[ des Rebmcm «cilea Spiclnnni. d. 

I 

I Die .Gesellschaft lur Verbreitung klas- 
sischer Kunst' in Berlin W. 31) (ElsschuUstrafse 
hat ihre, in (iicser Zciüchrift Hd XVI, .Sp, lüj bereits 
lahmlich crwShnie, grofse Wandschmuck-Samm- 
lung von Meisterwerken klassischer Kantt 
soeben tun ein saht herverrngendea Bxcmpliir 
«ermehrl. nlmlich am ehe von Meisenbacb, Rtffhrtli 
I i& Co. ausgeführte Heliogravüre k!es Allerheiligen- 
I bildet von A. DUrer in der kaiserlichen Galerie 
zu Wien. Dieses ungemein figurenreiche, I.MI ent- 
standene Gemtlde stelll bckanaiUch Gott Vster mit 
der Tiara vor, wie er den an Keeiise bangenden 
Uailatkd mit wcH ansgebreileten Armen hilt, die 
Taube des H). Geistes tu seinen HCopien. In ver- 
schiedenen Reihen (;iuppiereii sich neben und unter 
: ihnen Scharen der tngct und Heiligen, bei leltteren 
\ Papel and Kaiser als die Führer der Auserwähllen 
I aas dem geisilichen und Lsiensiande. fast die Erde 
{ und ihre Landschaft berabrend. — Dieses herrllcbe, 
• WUttderbar gestimmte, ungemein erheb 1 Ii H ' i " ijnet 
sich durch seine ungewöhnliche trhaiiung ganz be- 
s'jn'lrrs I ir dir Keproduktion, die hier in sehr scharfen, 
»e c'i :^ibgetMi(en AbdrUcki-n (Bildgröfse 61 i 70 ras« 
i'aptergtöfse 100 .\ 12 I rm) als prachtvoller Zimmer« 
schmuck vorhegt mit der Uniciachrifl: ßtrwr, 
At/tratio Smmttiuim»* 7>/mitmfit, Bmmemfhtlm« tt 
KrterenJinimo Domino Dvminv Mutunio f'n'Jiitj.'i 
FiuhiT, Ar.hitfisfoj^i) CgioHitHii^ ntuuAt kant in- 
asicHtm hwiilhmr: QttHhtkt^t tur Vtrhrtitmmg 
ktaniithtr Kun%t. Sehnllgan. 



Ludwig Richter. Postkarten vmendet m 
I awei Serien .1 50 Pf.) «Ii je 10 Karten, der Verlag 
' von Georg Wigand in Leipzig und trigt auf diese 

.-ri:):e:tii.l-e Wme s\\: Ver'jrr.iui.^; der lieblichen und 

(innigen Bildchen bei. die dns deutsche Familienleben 
j in so maanigfnehee Weise verberrliehen. & 



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Abhandlungen. 




Die Kalkarer Bildhauer 
auf dem Wege vod der Gotik zur 
Renaitiance 

(Mit 8 Abbildungen ) 

I. Heinrich DouvermaDO in Kleve. 
(151Ö-1517.) 
Ion keinem westdeotscben Bild- 
schnitzer aus der ersten Hälfte 
des XVI. Jahrh. sind bessere 
Nichricbten, von w e nigen kvNt- 
vollere Meisterwerke erhalten, als von Heinrich 
Douvernaann. Obwohl seine Arbeiten oft be- 
handelt wurden, bat Boch niemand eine ein- 
gehende Schilderung leines EntwicIteHings- 
ganges versucht. 

Er stammte aus Dinslaken im Kreise Ruhr- 
ort*) Sein Vater Heinridi war dort wieder- 
holt Schöffe. Der Brvder seiner Mutter 
Katharina Nielant, Evert NieUot, wurde 1468 
auf PMaentaiion des Her»^ von Kleve mit 
der Bartholomäuskapelle in Isselbtirg (Kreis 
Rees) begiftet, dann Pfarrer in Reeken. Von 
ihm erhielt Johann Douvermann, ein Bruder 
unseres BUdhauers, im Jahre 1490 eine Mefs- 
Stiftung zn Dinslaken. Wenn er dieselbe gleich 
selbst versehen sollte, hatte er damals 24 Jahie 
alt Min. alao nm 1465 das Licht der Welt er- 
blickt haben mdssen. Tm Jahre 1506 war er 
Kanonikus au Wissel bei Kalkar, später Pfarrer 
in Diaalaken, wo er am 4 September tW6 
■tarl}i> Er wlre also nach jenen ersten Be- 
rechnungen 90 Jahre alt geworden. Da das 
ein ungewöhnliches Alter ist, wird man besser 
annehmen, jener Onkel habe ihm die Stiftung 
iO \»M als möglich (Ibertragen, d. h. als er 
rieben Jahre alt und Kleriker geworden war. 
In diesem Falle wire er 1488 geboren und 
72 Jahre alt geworden. 

Sein Bruder, der Bildhauer Heinrich Douver- 
mann, tritt bereits 1510 als selbMiMliger Mei- 
ster auC und mag um 1485 cur Welt ge- 
kommen sein. Vielleicht hat er um 1510 für 
Johann, den Pfarrer von Dinslaken, die beiden 
70 und 78 m hohen Engd geschniiai^ wdcbe 



1) SeheltCB, •Bsiblie tw 

WUtel und Grieth« 80; Beis*«l, »Die BMiftthmng 
des Mittelalter», III. AitMatlug der Kirche de» 
U. VieiOT.« (Fiaitaaff 1889, Herder). 8 A«8. 177. 



die sog. „Waffen Christi" tragen und in der 
dortigen katholischen Kirche erhalten sind.*} 
Der AltarauGntz jener Kirche, den Schölten 
ihm zuweisen möchte,*; stamtnt aber nirht von 
ihm, sondern ist die wohl schon um 14'Jö 
entstandene Arbeit einer BrOsseler Werkstitie.*/ 

Eine ihm von lächelten zugeschriebene ,,Ri;-.Hie 
des hl. Martinus in der evangelischen Kirche 
daaelbM" achdnt abhanden gekommen an sein. 

Um dieselbe Zdt (um I&IO) wurde Hein- 
rich Douvermann zu Kleve mit der Herstellung 
eines Marienaltars für die Stiftskirche betraut. 
Der Auftrag war sehr ehrenvoll, weil die Stadt 
daouls als Residenz des Herzogs eine hohe 
KunstblUte erlebte und mit den KOnttlero 
tu Brttsael und Antwerpen in regem Verkehr 
stand. Von Brüssel und Antwerpen aus wurde 
ja damals die ganze Umgegend mit «flämischen 
Altären" versehen. 

Leider ergab Douvermann ikh ehnem leicht- 
fertigen Künstlerleben. Er itiachte Schulden 
und forderte seine Arbeiten nur langsam. Die 
Sache wurde so ar^ daft er um Öatera des 
Jahres 1513 verurteilt wurde und seinen Auf- 
trag verlor. Die Vollendung desselben Uber- 
wies man, wie es scheint, dem Bildschnitzer 
Jakob Derichs.^} 

In die Mitte des Marienaltais der Stifts- 
kirche zu Kleve ist ein thronendes, um 1350 
gesehnitttes Itf arienbild gestellt. Sein Schrein ist 
in einem Mischstil liu'^^:;' fuhrt; denn die Predella 
mit dem Anfange des Stammbaumes Jesse und 
dtetrefflich geschnitsteFoftaetauQgdieaesStainm- 
bauroes in den breiten Kehlen des Schreines 
ahmen Teile des Matthiasaltares von Xanten 
nach, der wohl aus der Gegend von Utrecht und 
Haarlem stammt Dagegen abd die Grappen aar 
Rechten und snr Linken des Marienbildes 
(Christi Gebart und Anbetung der Könige) 
sowie ttber demsdben (Hariaa Tod and 
Himmelfiihrt), deren reiche Baldachine and die 



*) Cleasen, »Dte 

provinf H. 209 Fig. 15. 
•) Beitrige a. b. O. 

*) Mtlntenberger- Beitiel, «Zur Ketiotni* und 
Wordigoac nittstaitarltelMr Aharc Ocatachtend»,« 
(Fraahfcrt a. M.) U, 80. 

») SchAllen. »Die Stadl Klave 187»«. (Bob) «07. 



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886 



architektonisch gegliederten Pfeiler zwischen 

dem Marienbilde und den Gruppen so aus- 
geführt, wie es in Brüsseler und Antwerpener 
Schreinen damals üblich war. Von selbst ent- 
steht nun die Frage: „Welche Teile sind von 
Douvermann, welche von seinem Nachfolger 
ausgeftthrt?" Eine Beantwortung derselben 
ist darum doppelt schwer, weil das ursprüng- 
lich unbemalte Werk im Jahre 1845 mit Kreide- 
grund Uberzogen und in Farbe gesetzt wurde, 
so gut man es damals verstand. Wir dürfen 
aber trotzdem aus späteren Werken des Meisters 
einen Rltckschlufs wagen und dafür halten, 
jedenfalls seien 
Jesses Stamm- 
baum in dei 
Predella und 
in der Kehle 
rings um den 
in der Mitte 

quadratisch 

überhöhten 
Schrein , ein 
grofserTeilder 
Gruppen, so- 
wie die beiden 
reichen Pfei- 
ler, welche in 

der Mitte 
rechts u. links 
vom Marien- 
bilde aufstei- 
gen, von Dou- 
vermann ge- 



2. Arbeiten des Heinrich Douver- 
mann zu Kalkar, (l.'il? - 1533.) 
Im Jahre 1517 siedelte Heinrich Douver- 
mann nach Kalkar über, wo er als Bürger auf- 
noromen ward^) und noch in demselben Jahre 
einen Sohn verlor, für den er den Sarg, der 
Sitte gcmäfs, im Hospital kaufte.'; Die Kirchen- 
rechnung von 1518 berichtet (S. 201), der 
Bürgermeister von Kalkar und ein Teil der 
Schöffen seien im Hause des Thocnis mit dem 
Bildschnitzer Douvermann zusammengekommen, 
um mit ihm einen Vertrag abzuschlicfsen, wo- 
bei 13 Quart VVein getrunken wurden, .^us 

einer im Kir- 



chenarchiv 
ruhenden Per- 
garaenturkun- 
dc V. 2y. März 
des folgenden 
Jahres erhellt 
dann, dafs es 
sich um „unser 
liever Vrou- 
wen Taeffel ter 
Noct" handel- 
te, d. h. um 
den Marienal- 
tar, in dessen 
Schrein die sie- 
l»en Schmerzen 
( Nöten ) der 
Gottesmutter 
darzustellen 
waren. Bisheu- 

Schnitzt lakob Abb. I. Die Kre aztraeuns. Au» dem Altar dei «leben Schmerzen zu Kaikar. (e Steht der- 
' ■' Von Heinrieh Douvermann. ISI9 



Derichs scheint 
die Baldachine Uber den Gruppen vollendet zu 
haben, vielleicht auch die schwebenden Engel 
oben neben dem Madonnenbilde und Uber der 
Geburtsszene. Abgesehen von diesen fünf 
Engeln ist alles noch rein gotisch und ohne 
irgend einen .\nklang an Kunstformen der 
Renaissance. 

Bis zum Jahre 1515 wird Douvermann in 
den Protokollen des Stadtarchivs von Kleve 
genannt. K.s scheint, dafs er nach Verlust der 
Arbeit für die dortige Stiftskirche ein bedeuten- 
des Werk für das regulierte Chorherrenkloster 
Gnadental bei Kleve im Angriff nahm, vielleicht 
einen Hochaltar für die neue Kirche daselbst'. 



•) Schollen, Kleve, 343 f., 608. 



selbe wohl- 
erhalten in der Kirche zu Kalkar. Meister 
Hans Molnar bürgte mit seinem ganzen Ver- 
mögen dafür, Douvermann werde bis zum 
nächsten Weihnachtsfeste (1519) „die Tafel" 
d. h. den Schrein vollenden. Es kann sich 
aber nicht um die Fertigstellung des ganzen 
Aufsatzes mit seinem Untersatz und mit seiner 
ßekrönung gehandelt haben, da in den Rech- 
nungen der Liebfrauenbruderschaft von 1520 
noch Zahlungen für denselben Altar aufgeführt 
werden. Ein gewisser Slockert empfing für 

^) Sltdlrechnnng von IM 7. S. 92 b. 

') ArmenrechnuDg von 1517 bb 1518, S. 14. 
Ober den Ankauf (olcher SSrge vergl. Wolff, tGe- 
schichte der Stadt Calcar«, (Frankfurt a. M. 1893. 
FocHCr), S. 16, 49, b'i. 



357 



1808. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12. 



35B 



Douvermann 7 Gulden und 2 Albus; andere 
erhielten Geld, weil sie ihm auf Kosten der 
Bruderschaft zwei Schweine, Malz und Weizen 
geliefert hatten.'] Da der Schmerzensaltar 
1522 durch den Weihbischof von Cöln kon- 
sekriert wurde, dürfte dessen Aufsatz damals 
wohl vollendet gewesen sein. Trotzdem ist 
die Bekrönung erst 1528 hinzugekommen ; denn 
in diesem Jahre meldet die Kirchen rech nung 
(S. 184) Heinrich Douverman habe 6 Gulden 
erhalten für „onser liever Frouwen in der 
Soennen" d. h. für das im Strahlenglanze der 
Sonne oben auf der Spitze des Aufsatzes 
stehende Bild der Gottesmutter (Abb. 2). 

Eine eingehende 
Beschreibung des Al- 
tares ist hier unnötig, 
weil sie öfter gegeben 
worden ist."*) Es ge- 
nilgt, daran zu erin- 
nern, dafs um ein äl- 
teres, verloren ge- 
gangenes Bild der 
Schmerzensmutter in 
figurenreichen Reliefs 
folgende Szenen ge- 
schildertsind: I.Christi 
Darstellung im Tem- 
pel, wobei Simeon zu 
Maria sprach: „Deine 
Seele wird ein Schwert 
durchdringen", 2. die 
Flucht nach .\gypten, 
3. wie Jesus, der von 
Maria mit Schmer- 



weicher hoch oben zwei weitere Engel auf 
Fialen stehen. 

Alle Beurteiler sind einig im uneinge- 
schränkten Lobe der technischen Meisterschaft, 
womit vor allem der Stammbaum gearbeitet 
ist Die Gruppen enthalten vollrnnd ausge- 
führte Figuren aus Eichenholz. Der Meister 
verzichtete von Anfang an auf eine Polychro- 
mie, mufste darum stärkere Licht- und Schatten- 
wirkungen in sein Werk bringen. Er hat es 
nach gehöriger Austrocknung mit Firnis über- 
zogen, um es gegen Feuchtigkeit und Würmer 
besser zu schützen. Das Innere der Augen 
hob er mit weifser und schwarzer Farbe hervor. 

Wahrscheinlich hat er 
auch die Lippen rot 
gefärbt. Die Tracht 
der dargestellten Per- 
sonen schliefst sich an 
die damals am Nie- 
derrhein beliebte Mode 
Die Schuhe enden 



an 

vorne in einer sehr 

stumpfen Bogenlinie. 
Sehr verschiedenartig 
sind die breiten Mützen 
der Männer und die 
hohen Hauben der 
Frauen gebildet, doch 
tragen Maria und ihre 
nächsten Begleiterin- 
nen über den Kopf 
gelegte schleierartige 
Tücher. Johannes d. E. 
hat immer langes 

zen gesucht wird, im Abb. 2. Marienbild »uh der Bakrtinune de* Altare« der Lockenhaar Und bleibt 

Hieben Srhmeneo zu Kalkar. , . , 

Von Heinrich Douvernunn. 152K. o"^"« Kopfbedeckung. 

Die Falten verlaufen 



Tempel unter den 
Lehrern thront, 4. wie 
Maria ihrem Sohne auf dem Kreuzweg folgt 
(Abb. 1), 5. wie sie unter dessen Kreuz 
steht, 6. bei der Abnahme vom Kreuze, 7. beim 
Begräbnisse bittere Tränen vergiefst Wie im 
Marienaltare zu Kleve ist in der Predella sowie 
in der Kehle des Schreines der Stammbaum 
Jesses ausgeschnitzt. Auf dem Schrein aber 
zeigt eine Sibylle dem Kaiser Augustus, ein 
Engel aber dem Evangelisten Johannes die mit 
der Sonne bekleidete Gottesmutter, neben 



•) Wolff. .Geachichle. 110. 

'°) Wolff, >Uie St. NikoUi Pfarrkirche in Cal- 
car«, Calcar 1880, S. 76 f.; »Geschichte der Stadt 
Catcar«, lOOf.; Giemen, •Kututdenkmiler« I, 0*2 f.. 
woaelbit die weitere Literatur nachgewiesen ist. 



gern parallel und halten lange dieselbe Richtung 
ein, gewinnen aber bei knieenden und sitzenden 
Personen natürlich mehr .Abwechslung. Sie sind 
noch oft dreieckig und geknittert, häufiger jedoch 
bogenförmig, lassen die F'ormen des Körpers 
genügend hervortreten und folgen denselben. 
Die Männer haben stark hervortretende Backen- 
knochen und, wenn sie bartlos sind, wie die 
Frauen, ein stark hervortretendes Kinn. Die 
Gesichter sind sehr verschiedenartig, individuell, 
jedoch selten edel. Weil Douvermann eben 
Leute seiner Umgebung als Vorbilder benutzte, 
ist alles spiefsbUrgerlich und kleinstädtisch. 
In den Hintergründen sind Berge, Bäume und 
Bauten klein dargestellt, fast nur angedeutet, 



wo 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12. 



360 



weil das Hauptgewicht auf das Figürliche gelegt 
ist. Genrehafte Züge findet man in vielen 
Gruppen. Trefflich ist z. B. bei der Flucht 
nach Ägypten das Heranschleichen zweier 
Räuber, und bei der Kreuzigung das Treiben 
übermütiger Söldner und Knappen beobachtet 
tind wiedergegeben. Frisches Leben bringt in 
alle Darstellungen Bewegung und Wechsel. 
Alles geht zwar noch voran im Geleise der 
spätgotischen Kunst, aber ein Suchen nach 
neuen Formen ist doch unverkennbar. Fleifsige 
Gewandstudien bewahren den Meister vor 
schematischen, eintönigen Falten und er neigt 
lieh immer mehr dazu, statt dreieckiger ge- 
schwungene Falten zu geben. Das zeigt sich 




Abb. n. Die Krö nung Maria«. Auh dem Maricnaltare 
zu Xanten. Von Heinrich Douvcrmann. 1538. 



schon, wenn man die Gruppe der Kreuz- 
tragung (Abb. 1) mit dem etwa 10 Jahre später 
entstandenen Marienbikle '\hb. 2; vergleicht, 
das den Schrein krönt. 

Nach Vollendung des Altares der sieben 
Schmerzen blieb Douvcrmann in Kalkar. Er 
zahlte nach .Ausweis der Kirchenrechnung von 
1B24 ;S. 83) der Kirche .*) Gulden Miete, diese 
aber liefs in dem genannten Jahre sowie 1528 
in seinem Hause auf ihre Kosten Verbesserungen 
anbringen. Auch in der l.')27 aufgestellten 
Liste der Bürger, welche Beiträge zu einem | 
„Bollwerk an der Aldenkalkarschcn Pforte" 
zahlten, wird Douvermann genannt. Wolff be- 
hauptet, der Meister habe „damals an einem 
andern Altare der Pfarrkirche gearbeitet",") 
ohne jedoch anzugeben, was dies für ein Altar 

*') •Getchichte der Sladt Calcar« HO. 



gewesen sei. .Allem Anschein nach war es der 
Schrein des Altares der hl. Crispin und Cris- 
pinian, der Patrone der Zvmft der Schuhmacher 
und Lohgerber, bei dem 1517 eine Vikarie 
gestiftet wurde. Im Schrein standen die Sta- 
tuen der beiden genannten Heiligen neben 
einem mit stofflichen Gewändern bekleideten 
Marienbild, das wohl 1698, als die Flügel des 
Älteres erneuert wurden, dorthin gestellt wurde. 
Diese Flügel und die Bilder der Predella sind 
seit 1818 am Annaaltar venvendet, die beiden 
Statuen der Patrone stehen auf dem in reichem 
Renaissancestil ausgeführten, weiter unten zu 
behandelnden Dreifaltigkeit<s«iltar. Ihr Falten- 
wurf gleicht so sehr demjenigen der hl. Vero- 




Abb. 4. Die Ve r kOn digunv Aua dem Marirnatlare 
zu Xanten. Von Johann Douvermann IS36. 



nika und des Simon von Cyrene in der 
Gruppe der Kreuztragung (.\bb. 1) im Altare 
der sieben Schmerzen, dafs sie mit ziemlicher 
Sicherheit dem Douvermann zugewiesen werden 
dürfen.'*) 

Nach ('lernen '*) vollendete der Meister um 
diese Zeit eine Darstellung der Geburt Christi, 
welche ins Erzbischöfliche Museum zu Utrecht 
gelangte, und eine schön ausgcftihrte, unbe- 
malle Grablegung ans Eichenholz zu Uedem im 
Kreise Kleve. 

«) A. a. O. 'd. 75, 85, 87 und 99; «Die Si. Ni- 
ko)ai-Pfarrkirche> 43. lieachleniwerl ial auch, dab 
das reiche Maar der genannten Heiligen lo gebildet 
i>t, wie dasjenige des neben der hl. Veronika stehen- 
den hl. Johannes. Uberdres trigt ein hinter dem 
hl. Johannes stehender Mann eine eigenartige Mdtie, 
die von derielben Form ist wie die Motte des heil, 
Crispin. 

») »KunsldenkniXler d. Khelnprovint« I, 48H, 574. 



36t 



1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 18. 



362 



3. Die Anfange der Renaissance in 
den von Heinrich Douvermann und 
seinem Sohne für Xanten gelieferten 
Werken. (1633-1644.) 

Der von Douvermann für Kalkar gefertigte 
Marienaltar erregte so allgemeines Aufsehen in 
der Umgegend, dafs das Kapitel von Xanten 
einen ähnlichen zu besitzen wünschte, der 
1636 aufgestellt wurde.'*) In ihm hat Douver- 
mann sein Kalkarer Meisterwerk weiter ent- 
wickelt und vervollkommnet 

Wie zu Kalkar hat er auch zu Xanten in 
der Predella den Anfang, in den Kehlen des 



das zu Kalkar geleistete. Die Anordnung ist 
viel klarer und besser abgewogen, der Falten- 
wurf seiner Figuren bedeutender. Die ein- 
zelnen Gestalten drängen sich nicht mehr auf- 
einander und seine Gruppen sind in weit bes- 
seres Verhältnis gesetzt zu den sorgfältiger be- 
handelten Hintergründen. 

Wer sollte nicht erwarten, in diesem Meister- 
werk eine einheitliche Durchführung zu linden? 
Eingehenderes Studium zeigt dagegen, dafs hier 
zwei Bildschnitzer von sehr verschiedenen 
Richtungen nebeneinander arbeiteten : Der alte 
Douvermann, welcher ungef^ihr 50 Jahre zählte, 




Abb. 5 Der hl. Petrus. Au« d. 
Dreifaltigkeitoaltarc XU Kalkar. 
Von Heinrich Douvarmtnii. 

Vm IMO. 



Abb. 6. Die Taufe Chri>ti. Au« dem Draifattln- 
keitKaltar« zu Kalkar 
Von Jobann Douvermann. Um IMO. 



Abb. 7. Der hl Apostel Johan- 
ne«. Aus dem Johannesaltare 
XU Kalkar. 

Von Arnold van Triebt. 1&44. 



Schreines die Fortsetzung des Stammbaumes 
Jesses in unübertrefflicher Kunstfertigkeit ge- 
schnitzt. Oben in der Bekrönung verehren 
auch hier Augustus und Johannes die im 
Sonnenglanz stehende Gottesmutter. 

In den Schrein stellte der Meister um ein 
älteres Marienbild folgende Gruppen: 1. Die 
Abweisung des Opfers Joachims, 2. Marias Ge- 
burt, 3. ihre Opferung, 4. ihre Vermählung, 5. die 
Verkündigung (Abb. 4), 6. die Heimsuchung, 
7. ihren Tod und 8. ihre Krönung (Abb. 3). 

Der Meister Uberbot nicht nur in diesen 
Gruppen, sondern auch in der ganzen Anlage 



**) Beistcl, »BaufOhruDf III 83 f.; »Kunil- 
dcnkmiler der Rheinprovint« I, U6nf. 



und sein Sohn Johann. Der Vater ist noch 
beherrscht von den alten, gotischen Formen, 
die er vereinfacht, grofszügiger und klarer 
bildet. Sein Sohn hat sich dagegen vollständig 
der neuen Kunstrichtung hingegeben. Er hat 
nicht nur bei den meisten Gruppen die Hinter- 
gründe und Geräte in den Formen der Renais- 
sance ausgeführt, mit Blumen und Blattwerk 
verziert, die nicht mehr gotisch sind (vgl. die 
Rückwand des Thrones in der 3. Abb.), son- 
dern auch in den beiden Gruppen der Ver- 
kündigung und Heimsuchung sich von der 
alten .Art vollständig getrennt. Bei der Heim- 
suchung hat der Vater ihn noch in Schranken 
gehalten, wohl auch die Gesichter selbst aus- 
geführt, in der Darstellung der Verkündigung 



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888 



1Q08> » ZEtTSCHKIPT FOR CHRISTUCHE KUNST — Mr. 12. 



884 



aber lieft er teiiiem Sohne volle FreiUieit und 

Selbständigkeit (Abb. -Ij. Das Gesirht des ! 
Engels, der vor Maria eine grofse Urkunde 1 
endiiltet, ist inilslungeii. Die Figur der am» | 
erwählten Jungfrau, welche sich erschreckt, auf ! 
ihrem Betsclteniel l<nieend, mit dem Oberkörper ' 
umwendet, ist zwar nicht ohne Verdienst, aber 
wenig edel gebildet Die Grappe kflndet sieb 
an als Krstlingswerk eines lebhaften, kühnen 
Neuerers, der eben aus der Fremde heimkehrte 
und nun zeigen will, wie dtt Ktinat atitwtrts 
in berühmten, grofsen Städten neue Wege ver- 
folgt, für die auch er sich begeistert bat. 

In den Jahren 1533 bis 1544 brachte Johann 
Douvermann, „der Bildhauer (sutuaritis) und 
Solln lies Rildlia\iers Heinrich Douvermann" 
von Kalkar nach und nach die für den 
HochalUr bestiflimten Bütten nadi Xanten. 
Da sie indessen von Arnolrl I^iierknep (1533 
bis 1538) und Rütger Krop (1541} mit Kreide- 
grand fibersofen «od versilbert wurden, wüh- 
rend alle ttbr^en Werke der Douvermann, so 
viel bekannt ist, iirsj»rürglicli ohne Polychromie 
üheben, haben sie viel von ihrer Eigenart und 
Kraft verloren, sind also cur Benrteflmig des 
Stiles beider Meister weniger wertvoll, nieiclies 
gilt von einem Kähmen, den wohl der jüngere 
Donvemann lUO flir den Aufiatx des Xantener 
Hochaltart aehnitste.^*) 



4. Der Sieg der Renaissance in den 
Werken des Johann Douvermann und 

des Arnold van Triclit. 

In den Rechnungen von Kalkar wird 
Douvermann 1528 zum letsten Male genannt, 
in denen von Xanten 1644. Trotzdem hatte 
er bis zum letztgenannten Jahre, vielleii ht auch 
noch später, zu Kaikar seine Werkstatte Sollte 
er 1528 bis 1544 kdne weiteren Arbeiten für 
Kalkn , 1 • fert haben, obwohl dort in jenen 
Jahren mehrere neue Schreine hergestellt 
wurden? Das scheint kaum glaublich. Manche 
Wahrscheinlichkeitigrtiade sprechen dafür, 

I*) B* kion knni der groftt halbkrebfilniiigc 

R.ihii^cn (ib<n itiif Xintetift AlUtaufs.ilr sdn, d* 

Heinrich nur Wcitülinge erhielt, sfm Sohn Johann 
al( Triokceld A. Da« Kapitel halle da» Hol; ^e- 
IwfMt F«r jede der BOalen sahllc a dem Biidbauer 
2 bis 8Vs GcMgolden Isn 42 M> 51 WciftKHgta). 
wahrend die V'eriilberung mit EiDuklaü der vom 
Goldtcbmied eingesetzten Halb*d«lltctoe 3 Us 4 GoM' 
gülden kt>sicic, demnach (euerer war als dl« SdiaitC 
•fbcit. Vergl. Beiiael a.a.O. Kit. 



Hemrich und Johann Donvemann bitten nach 

Vollendung des Xanlcr.rr M i- ienaltares 'l"i"r' 
den Aufsatz des Dreifaitigkeitsaltares in 
der Kalkarer Kirche herge^itcllt, welcher jetzt auf 
dem Altartisch der hl. Crispin und Crispinian 
steht. Vom Dreifaltigkeitsaltare wird freilich 
lölÖ gemeldet, „er sei vor kurzem errichtet 
und gebaut, konsekriert and geweiht «oidcn**. 
Wolff hat diese Nachricht auf das Schreinswerk 
betogen, obwohl sie offenbar vom steinemea 
Altartiadi handelt Die Predella des Drei* 
fall^keittschreines mag mit ihren drei Ab- 
teilungen, worin zwischen künstlichen Blumen 
die kleinen, fein vergoldeten Figürchen des 
der hLBdagdalena erscheinenden Auferstandenen, 
der Gott«miittcr tind der hl. Agnes gestellt 
sind, noch vom altern Aufsatz stammen. Da- 
gegen ist der Jetsige Sehrein oienbar Jahrsehnte 
nach 151H geschnitzt worden. In ihm stehen 
die prachtvollen Standbilder der Apostelfärsten 
(1,18 m hoch, Abb. 5) neben der Figur der 
hl Magdalena (1,20 »» hoch). Wegen des Titels 
des Ahares die blste. Dreifaltigkeit; ist Über der 
Figur der hl. Bufserin die l'aule Christi (Abb. 6) 
angebracht Der Herr ateht im Jordan unter- 
halb rles Brustbildes des himmlischen Vaters, 
von dem aus die abhanden gekommene Taube 
des Heiligen Geistes auf ihn herabstieg. Offen- 
bar lautete der volle Name des Altares: „Altar 
der histen. Dreifaltigkeit, der hU Apostel Petrus 
und Paulus, Magdalena, Agnes** usw. 

Die drei Hauptfiguren stehen swischen vier 

an fserordentlich reich ausgefuh rten Stützen 
und unter prachtvollen, die Stelle gotischer 
Baldachine vertretenden Ornamenten. Jene 
StOtsen sind zusammengestellt aus viclgliedrigen 
Sänlenstücken, Putten und Scheiben mit Brust- 
bildern; in jenen Ornamenten aber sieht man 
Soldaten in antiker römischer Tkndit neben 
unbekleideten Kindern. letztere treten hier 
nicht unvennittelt ein; denn bereits im Xantener 
Marienaltan finden ^ch zwei tbnliche nackt« 
Gestalten auf den Pfosten des Bettes, der 
sterbenden, von den Apostcla nmgebcnen 
Gottesmutter. 

In der Kehle des Schreines hatte der Bild- 
schnitzer im pflanzlichen Ornament kleine, 
heute mei.st verloren gegangene Figürchen an- 
gebracht Schon diese Kehle des überböbteo 
Schreines erinnert an Douvennanna Marien- 

<*) •ücacbichle der Stadl Catcar« Üti. 



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3«5 



1008, — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12. 



366 



alUre in Xanten und Kalkar, obwohl freilich 
ihre Ornamente und FigUrchen dort gotisch, 
hier aber nicht mehr gotisch sind. Entschieden 
spricht für eine Zuweisung der Gruppe der 
Taufe Christi (.^bb. 6) an Johann Douver- 
mann nicht nur der Faltenwurf, welcher in 
dieser Schnitzerei, den beiden Darstellungen der 
Verkündigung und Heimsuchung im Xantener 
Marienaltar nahekommt, sondern mehr noch die 
Bildung der Flügel der Engel. Wahrend näm- 
lich solche Flügel in andern Werken dieser 
Zeit und Gegend oben am Rande gerade ver- 
laufen, haben sie bei drei Engeln in der Gruppe 
der Taufe Christi in Kalkar ebenso wie beim 
Engel der Verkündigung in jenem Xantener 
Schrein (Abb. 4) einen tiefen, halbkreisförmigen 
Einschnitt, .^uch die 
Anordnung der Federn 
ist hier und dort so 
eigenartig und so ähn- 
lich, dafs sie auf die 
Hand desselben Schnit- 
zers hinweist, also auf 
diejenige des Johann 
Douvermann. Von ihm 
stammen aber die drei 
grofsen Figuren des 

Dreifaltigkeitsaltares 
(des heutigen Crispin- 
altares) nicht. Letztere 
gleichen so sehr den 
sechs wertvollen Figur- 
chen der beiden Pfeiler, 
welche das Innere des 
Xantencr Marienschreines in drei Teile zer- 
legen, dafs sie dem Heinrich Douvermann zu- 
gewiesen werden müssen. In jenen Pfeilern 
komme.n übrigens bereits Einzelnheiten vor, 
welche die im Kalkarer Dreifaltigkeitsschrein 
zur üppigsten Fülle entwickelten Renaissance- 
dekoration einleiten und ankUnden. 

Wie jener Xantener .Aufsatz ist auch 
dieser Kalkarer ein Werk zweier Meister. Der 
ältere, Heinrich Douvermann, schuf die grofsen 
Standbilder, Meisterwerke eines reichen, aber 
klaren, spätgotischen Stiles; der jüngere, Johann, 
der Sohn dieses Heinrichs, bildete die poesie- 
volle Omamentation und die Gruppe der 
Taufe Christi (Abb. 6). Ähnlichkeit mit den 
freilich überreichen Pfeilern in der Mitte des 
Dreifaltigkeits- (bezw. Crispinus-)schreines zeigt 
vor allem der reiche .Altaraufsatz von St. Lco- 




Abb.8. Die Krönung Ma 
altare zu Kalkar. Von Arnold van Trichl. 



nard zu Löau in Belgien. Zu derselben Rich- 
tung gehört auch ein schönes Gitter der grofsen 
Kirche zu Haarlem. 

Neben den beiden Douvermann erscheint 
in den Rechnungen von Kleve, Kalkar und 
Xanten ein Meister, welcher den Sieg der 
Renaissance vollendete: Arnold van Triebt 
(Utrecht). Ordnet man die betreffenden An- 
gaben jener Rechnungen der Zeit nach, so 
ergibt sich folgende Reihe: 1540 erneuert 
Arnold (Arnt) den Kronleuchter zu Kalkar, 
154H Ubernimmt er zu Kalkar die Herstellung 
eines Johannesaltares, 1519 arbeitet er am 
Hochaltare zu Xanten, l.'i52 am Hochaltare zu 
Kleve, 1551 bis 1553 liefert er fiir die 
Xantener Victorskirche zwei Steinbilder der 
hl. Dreikönige und deren 
Baldachine, lr>53 ver- 
setzt er zu Xanten eines 
der vun Kanonikus 
Berendonck gestifteten 
Stationsbilder, 155G mo- 
delliert er ein Marienbild 
für die Krönung des 

kupfernen Leuchters 
im Xantener Chore, 
1460 lieferte er Arbei- 
ten nach Kleve.'*) — 
Wolff schreibt ihm auch 
den 1539 datierten, im 
Kreuzgange der Xante- 
ner Kirche eingemauer- 
ria«. Au« dem Johanne«- ten Grabstein mit der 
Darstellung der Verspot- 
tung Christi zu. '*j Das wichtigste seiner Werke, 
der Johannesaltar von Kalkar, war mit 
dem oben behandelten Dreifaltigkeiisaltar 1902 
zu Düsseldorf ausgestellt und ist dort allge- 
meiner bekannt geworden.*") Über den Namen 
seines Meisters und die Zeit der .Anfertigung 
meldet eine Bruderschaftsrechnung von Kalkar 



") Iiendyck. >Documenlt clau^tt 1B8Ö— 18«7 
Reiabte pl. 3 und 1M80 Balluitrade pl. 21. 

'») Reiitel III, 16. 23, 39 f.. .'»«f.. 108 nnd 
lir>. — Wolff, .Geschichte. 137; Die Si. Nikol»U 
Kirche ■.>.'>. 28; .Schölten, Kleve ftdil. 

Die St. Nikolai-Kirche '2s, wo durch eioeo 
Lesefehler Arnold vao Wicht steht, statt van Trichl. 
Beistel III. .'>0 und Wh Anm. 

") N. 321 und 322. Abb. des DreifaltiEkeits- 
altares Tafel 13. Abb. des Johannesahsres. • Bonner 
Jahrbücher CX> Tafel la S. -''K und »Kunstdenk. 
mäler der Rheinprovinz l< Tafel M. 



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897 



1903. — 2£Jl^HKli-T FOR CHKläTLICHE KUNST — Nr. lg. 



dm 



mm Jthre 1543: „Item soe meyster Arndt den 
bsck ^-erdiiukl was iip sintt- johans altair, aeo 
om beuelt VI daler 1 rider, facit X gülden 
XXII tlboi.'' Wolff rand im Schrein auf dem 
Fufsgestell des Standbilt!es des hl, Joliannes 
des Tttufera den Namen Johann Boegel nebst 
denen Wappen. Er flllirte daraufhin aus, der 
Genannte sei 1527 bis 1543 Mitglied und vor> 
zUglicher Wohliater der Aiina-Brudenfhaft ge- 
wesen und wer<ie 1540 aU Ratsherr genannt 
Er habe auch jenes Standbild geachnittt**) 

Indessen ist der letzte Teil dieser Ar^ .Nen 
in setner Geschichte der Stadt Kalkar weg- 
geblieben, «eil im Xanieoer SBdportal am 
Fufse mehrerer Stataen in Ihnlicher Weis« 
die Namen der Stifter eingegraben sind.**) 
Roegel hat }ene mit seinem Namen beaeichnete 
Siatiie bestellt und bezahlt. Darum redet die 
Rechnung dir Rnidersrliaft rttr von dem 
Schrein (back), den sie zu bestellen hatte, nicht 
von den Statuen, deren Heratellung de der 
Freigebigkeit anderer verdankte. 

Arnoiii van Triebt, ein als tüchtiger Bild- 
hauer urkundlich beglaubigter Meister, würde 
nicht die Herstellung eines Schreines Über- 
nommen hal)en, dessen Stitnen einem andern 
in AuiUag gegeben worden wären. Heute steht in 
seinem Johannesallare an dem Platz eines Ma- 
rienbildes die gotische, aus dem Katharinaaltar 
stammenrie Ptaftte d« hl. Severus. Von diesem 
Katharinaaltare rührt auch die jetzige Predella 
des Johannesaitaret her. Die auf dem Johannes- 
schrein stehenden Rilder zweier Evange1i5ten 
sind Reste eines andern VVerkeSi können aber 
Arbeilen des Arnold van Triebt sein. Die 
Malereien der Flügel wurden erst im XVII. 
Jahrb. ausgefohrt. Sicher stammen von .Arnold 
die Ornamente des Johannesschreines, die in 
dessen seillichen Abteilungen stehenden, 
1,2.'5 fi hohen Figuren Johannes des Taufers 
und des Kvangeli&tcn (Abb. 7), sowie oben in 
der Überhöhung des Schreines die Gruppe der 
Krönung Märiens {.\\<h. 8). Offenbar hat der 
Meister den Dreifaltigkeitsschrein nachgeahmt, 
dessen reiche Pfeiler und Ornamente aber ver- 
einfacht. Vergleicht man die der Überhöhung 
des Drdfidtigkeitaaltares eingefi^ Gruppe der 



*■) Die Sl. Nikolai.Kifche 21 f. 

**) CMcbichlc dar üladt Calcar 137 AnnerkaRg; 
Be{«tel, >Ba«MnBg> III 49. Bocfcl iil sefi4flm 

mli L'nrrclit :iuch in kti4«T» WctkfB all BtMsclwilWT 

genannt werden. 



Taufe (Abb. 6) mit der in der entsprechenden 
Stelle des Johannesaltarcs befindlichen Gruppe 
der Krönung Marias (Abb. 8), so ist eine grolse 
Schttlverwandisdiaft unvertamlMr. Man beachte 

i. B. die starke Falte am Körper Christi unter- 
halb der Brust und die Gesichtszüge fast aller 
Personen. Auch haben die Ornamente Ober 
den drei grofsen Standfiguren auffallende Ähn- 
lichkeit. Scheiblcr-' betonte bereits 1883, 
dafs der Dreifattigkeitsaltar dem Johannesaltar 
adir gleiche in der Anordmmg und in den 
Rcnaissanccornamenten der Einfassungen. Ja. 
er war nicht abgeneigt, die sechs Standbilder 
der beiden Johannea im Jbhannesahare, der 
beiden Evangelisten auf dessen Schrein und 
der Apostelflirsten im Dreifaltigkeitsaltare einem 
tmd demselben Meister ausuachreiben, obwohl 
er zugab, die Standbilder der hl. Petrus und 
Paulus miiTsten wetzen ihres alteittimlichern 
Faltenwurfes aus einer frühem Zeit stammen. 
JedenfaHa beweisen seine Aofserangen, daft 
in den beiden in Rede stehenden Altären 
eine »Antithese" doch nicht verkörpert ist, 
dafs nidit im Dreifaltigkeitsaltare nieder- 
Itodischer, dagegen im Johannesaltar italie- 
nischer EinHufs ticrrscht.'*) Beide liuldigen 
der neuen, in den Niederlanden nicht oline 
Frankreichs Vermhtdung von Italien aus ver- 
breiteten neuen (icschmacksrirhturg. Ersterer 
ist etwas früher, ist reicher und poestevoiler, 
weil Johann Douvermann, sein Meistef, mehr 
Geschick besafs und die Stifter bedeutendere 
Mittel zur Verfügung stellten. Johann Douver- 
mann hat seinen Vater nicht bis zum Bruche 
mit gotischen Überlieferungen gefhhrt; ihn aber 
doch mehr uiul mehr beeinflufst und der neuen 
Kunst näher gebracht; den Arnold van 1 rieht 
hat er vollstindig beherrscht, ihm vielleicht als 
N'achfolget die W'crkstätte seines Vaters über- 
lassen. Jobann erscheint in den alten Nach- 
richten zuerst 1588, tuletxt 1544; Arnt snerst 
1S40, zuletzt 1560. 

Vergleicht man die zu diesem .Xtifsatre ge- 
gebenen Abbildungen, so ist es lehrreich zu 
sehen, wie in Kalkar vom Jahre 1519 bis um 
da<! Jahr 1511 der Stil sich ai I -t' . Um wie- 
viel edeler und ruhiger ist die Kreuziragung 
des Heinrich Douvermann (Abb. 1), als die von 
seinem Sohne geschnitxte Taufe Otristi (Abb. 6)! 
Der altere Douvenaana hat in armer Krönung 



**) »Zeilicbrift nirbUdende KmU XVHI« (IBn3)<4. 
*«) »iluaner Jahrbdcher CX. (I&Oa) 278. 



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3tt9 



IWH. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHE KUNST — Nr. 12. 



(Abb. 3) ein feierliches Bildverk ge> 
schaffen, während Arnold van Triebt sich bei 
Darstellung derselben Szene (Abb. 8) in hohles 
Pathos ergeht Wflfdiger hit doch Hetorieh 
die Gestalt Hotte«! des Vatm gebildet, auf 
dessen Knie er die Weltkugel sicher ruhen 
läfit, «thrend Arnold diew Kvgel » unten 
auf den Boden legt, dafs sie durch den Druck \ 
des FabcM eigentlich ins Rollen kommen und 
henbfillen mllfste. 

Nicht minder lehrreich ist ein Vergleich 
der aliRfhiHfe-i '^fanilljiider. Schon in dem 
1628 von Douvermänn dem altern geschnitzten 
MarieolNldc (Abb. S) hagta die Fallen «n 
sich freier zu bewegen. Freier, weiter, aber 
auch geschwungener sind sie 1510 in dessen i 
Standbild des hL Petrus (Abb. 5), flatterhaft, I 
fchleifenförmig und dem neuen Geschmack 
huldigend in Arnolds Bild des hl. Jobannes 
aus dem Jahre 1544 (Abb. 7). 



Dieser Arnold vaa Tricht ist der letzte 

Bildhauer Kalkars , über den urkundliche 
Nachrichten vorhanden sind. Zu Xanten 
atellte er die letalen Figuren auf im eben 
vollendeten Mittelschiff des alten Domes des 
hi Victor, zu Kalkar den leUten Altar» 
scbfem. Hier wie dort beeicgeilt er den Unter- 
gang der Kunst des MitteUltera irod die Herr- 
schaft d« Renaissance, die er in seinen Werken 
auch darum in trefflicher Weise eiiifUhrt, weil 
er aus der alten Zeit eine so tllebt%e ledi« 
nische Schulung mitbrachte. 

Armut und Religionszwisügkeiten hinderten 
von jetft an Niedenhein die KiiMtiHtigkeiL 
Kr;t in den letzten Jahrzehnten ist dort wieder- 
um durch Anlehnung an die Meisterwerke der 
alten KailEnrer Bildsdmitser neoes Kun^leben 
entsUnden, das die alten Scfaltie instand 
setzte tmd neue hincuftlgt. 

Luxeabnrg. Slepk. Baissel S. J. 



Zur Tiersymbolik, namentlich auf Grabmälern. 




reit der Zeit der Romantik, d.h. dem 
eginoenden Interesse Ittr die 

deutsche mittelallerliche Kunst, 
■l macht sich eine Richtung bemerk- 
bar, weiche danuf hinansgeht, die einstige Kunst 
in ihrer ganaen Gedankenfülle, ilirea gßaaen 
Reichtum an symbolis.chen Beziehungen zu er- 
gründen. Man hat dabei oft über da^ Ziel 
hinauigeichoisenk indem man den dekorativen 
Zutaten vornehmlich d^r nn'il:. den Tieren 
und Ungeheuern gröfsere Bedeutung zulegte, . 
ab fltnen wohl in der Tat gebUhrt Diea gilt | 
auch von der Verwendung Ton Tieren auf 
Grabsteinen. 

Bereits Sehn aase (»Geschichte der bilden- 
den Künste« IV, 274) machte darauf aofiaaerk- 
sam, dafs die symbolische Bedeutung von Tieren 
auf Grabmälern sehr schwankend und unklar 
sei. „Sonderbar genug ist es, daft uns von 
manchen Gebräuchen, denen offenbar eine Sym- 
bolik zugrunde liegt, keine Erklärung über- 
lieftrt ist" 

Damit war eigentlich ein deutlicher Wink 
gegeben, den ungelösten Fragen nachzuspüren, 
doch blieb die Anregung Schoaases seither 
unbeachtet. Noch heute gih es als feststdiend.' 
den Lö*cn zu Fiifsen einer GrabfiRur ; Symliol 
der Stärke, den Hund als das der Treue, den 
Drachen als das des Qberwandenen Bflsen an- 



zusehen, obgleich auch Schnaase schon als rein 
•ttfterlichea mOglidicn Grund die Verwendung 
von Tieren zur Verdcckung der Fufssohlcn 
aooabm, eine Voraussetzung, der Otte (»Hand- 
buch« I, 493) wtdetapricfat Inwieweit es ge- 
stattet ist, sinnbildHehe Beaiehnngen anzuneh- 
men, dUrHe sich am besten aus dem BeAind 
der Denkmale selbst ergeben. 

Die Tiersymbolik spielt in der romanisdie» 
Kunst, besonders in der Miniaturmalerei eine 
bedeutsame Rolle; In der Arcbitrictnr in* 
dessen dienen sowohl LOwe als Drache^ und 
andere phanustisch-dekorative Geschöpfe^ sdv 
häufig als Träger. Die Frage aber, ob man in 
derartigen Bildungen symbolische Beziehungen 
oder im Sinne des Ornaments rein dekorative 
Tiere zu erkennen hat, ist manchmal "rhr 
schwer zu entscheiden. Wenn — wie in 
Wediselbuig — am Nordportal der KtosleN 
kirche I.öwe und Drache im Tympanon ein- 
ander gegenüberstehen, während daneben ein 
«ndeies Tympanon als Schmuck das Gottes- 
lamm aufweist, ist mit voller BestimmArit an- 
zunehmen, dafs sich hier eine symbolische, 
Deutung ergibt. Steht auf der Kreuzigungs- 
gruppe aus Frdbeig — nun in Museum des 
Alterlurasvereins zu Dresden — Maria auf 
einer Schlange, dann erklärt sich diese Dar- 
Stellung ans der bekannten biblischen Ver> 



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IWd. — ZHlTäCHKIFT FOR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12. 



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heilsmig. Johannes, «Iii GcKensttirk. h u aber der 
Sy mmetrie wefjen ein Untier mit einem Kopf 
und Ewei Leibern erhalten; hier eine sinnbildliche 
Besiehung henMiasufinden »t adion adiwerer. 

Am Lettner des Domes ru Halberstadt • - 
etwa gleith/ieid^,' cntst.inden mit ilem zu Wechsel- 
burg — steht wiederum .Maria auf einem Dra- 
cheo, Johannes dagegen auf einer ausamnien- 
gekaiierien männlichen Figur. Wer ist darin 
zu erblicken? In VVecbselburg, wo sich zu 
Fafsen Marin and Johannis eine birt^ nnd 
eine unbärtige mannliche kniende Gestalt 
findet, hat man auf das besiegte Juden- und 
Hridentum geschlossen, aber da die im hohen 
Chor des ^^agdeburger Domes eingemauerten 
Apostel und lieiligcn elfLnfalls .luf kauernden 
Menschen fufsen, die man früher Nero, Hc- 
rodes as«r. getauft hat, konnte nun sich ni 
der Vermiining biiiübergeleitet fnhlen, in 'üesen 
Figuren weiter nichts zu erblicken, als ver- 
grOfaerte Nachbildungen von Elfenbeintchnitte' 
reien. So zeigt z. B. der Elfcnbeindeckd des 
Echternacher Codex in Gotha den gffcreitf igten 
Christus Uber der kauernden Gestalt der Terra. 

Die SltBlptnren im Magdeburger Dome sind 
zwiKt-hen 1310 und 1220 entstanden, und bil- 
den eine Vorstufe zu den reifen VVechselburger 
Werken. In Wechaelburg begegnen wir auch 
noch zwei männlichen (lestalten, die zur Zeit 
auäerbaib des Chores aufgestellt sind, ehemals 
aber vielldcbt mit su der grofsen Kreuzigungs- 
gruppe im Chor gehörten. Die eine stellt 
verinutlirh Melchisedek dar, einen Mann in 
priesterlichem Gewände mit ."jtab und Kelch, 
Rr steht auf einem Drachen. Der andere, ein 
jugendlicher Mann in r<jiiiis( lier Rüstung, viel- 
Iddit der Hauptmann Longinua. bat einen 
Uhren unter den Faiaen. Gehörten beide Fi- 
guren einst wirkltdi aur Kreuzigungsgruppe, 
dann «^ind die Tiere unter ihren Fiifsen einfa< Ii 
aus Gründen der Symmetrie zu erklaren. (Vergi. 
Hasak S. 34 und 25.) Bei dem reichen Formen* 
schätz. <1rr dem Wechselburger Plastikei zur 
Verfügung stand, ist es wohl denkbar, dafs er 
die kauenden, als Postament dienenden Wesen 
nach Möglichkeit variierte^ 

Wir haben also im hohen Mittelalter eine 
ganze Anzahl von Beispielen stehender Figuren, 
mit Tiergestalten unter ihren Ffilaen, und 
es ist eigentlich nicht verwunderlich, wenn die 
Grabplastik diese einmal angeschlagenen 
TOne «eiterklingen lieiSk 



I 

I Das früheste Beispiel figtirlichen Schmtickes 

an der Fufsplntte eines Grabmonittnents ist das 
des Bischofs von Wettin ;f 1152), im Dom zu 
Magdeburg. Der sdiriggeatellten Fn6ptatte 
einen h.irmonischen Abschlufs zu gelien, hat 
der Giefser eine winzige Nachbildung des an- 
tiken Domaustiehers angefügt, noch von FOr< 
st er >Denkmale« III, S. 17) für eine kleine 
„weiMii he Fitjur" gehalten, der (!er Bischof ,,7tim 
j Zeichen seiner Keuschheit" den Hirtenstab in 
i den Nacken aetst Dies Beispiel ist kennieieh- 
nend fUr das der Romantik eigene Streben, 
, indglicbst viel in die Wcjke des Mittelalters 
I hineinaogebeinnissen. 

Dafs dies Streben noch nicht erloschen ist, 
zeigt die Besprechung Hasaks tiber das Giab- 
inal des Grafen Dedo und seiner Gemahlin in 
i Wcdnelburg. Auf der in reicher Weise aus- 
gebildeten Korr-ole der Gattin srhauen aits dem 
I Geranke zwei Köpfchen hervor, „vielleicht die 
I beiden vorangegangenen Sohncheo**. Da aber 
gleiche Bil '.Lingeit mehrfach an Kapilälen im 
! Chor des Magdeh'iri;er Horns und an der j»ol- 
1 denen l'fortc zu Freiburg auftreten, ist hier die 
Vermutung Hasaks absulehnen. 

Im weiteren Verlaufe des Mittelalters bür- 
j gert sich die Sitte, Tiere zu Ftifsen der Ver- 
I storbenen anzubringen, mehr tind m«hr ein. 
\ Zum erstenmal bei dem Grabdenkmal des 
I W ip recht von Greitzsch in Pegau ( XIII. Jahrb.), 
I wo sich unter der schrjlgen Fufsplatte die 
I Fragmente eines LOwen befinden. Derselbe 
wurde /war !>ei der Restaurierung des Denk- 
j mals nicht hergestellt, doch erscheint sein Vor- 
I handenaein wichtig im Bereich dieser Betrach- 
! tung. Förster, und auch noch Otte er- 
! blicken im T.öwen wie im Drachen an Grab- 
I Skulpturen em Symbol von Tod und Sünde, 
i Puttrich in den glttcben Tieren das Attribut 
Dilnnlirher Kraft. Heute gilt der Löwe, wie 
ein Blick in die K.unstinventarisationen zeigt, 
I als „Symbol der StKrke". Wir finden also am 
Grabdenkmal zu Pegau dasselbe Tier wie in 
! Wechselbiirg zu Fufsen des römischen Haupt- 
I manns. in Freiburg an FUfiwn Abrahams. 

Bd Anlehnung an die bergebnchten Erklä- 
rungen erscheint eine Deutiine; schwer; sehr leicht 
I indessen bei der naheliegenden Krwagung, dals 
der sich unter die Deckplatte schnriegende 
I Löwe den unscliöneri Winkel unterhalb der 
Fufsplatte ausfüllen soll, er verdankt also seine 
I Anbringung lediglich der üatheüsdieD Emp- 



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873 



lf>03. ZEITSCHRIFT FDR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12. 



S74 



findoog des Kfinstlers. Wie dM M«gddnirger 

Beispiel (Domauszieher') lelut. erkannte tnan 
bereits recht früh, dafs eine kahl hervorragende 
Fuläplatte keinen kOiwtlertsctien Anblick ge- 
währte and zu einer Verkleidung herausfor- 
dern mufste. Und so erklärt sich auch das 
alUnAhliche Verschwinden der Fufsplatten 
xQgansiea der Konsolen ans kiimilerisdien 
Rücksichten. 

Verzichtete die Plastik seit Beginn der Gotik 
nt leicbere Aasgestaltung des Fta&nindes, so 
beginnt um 1330 in Deutschland mehr und 
mehr die Verwendung von Tieren su Fttlsen 
der Verstorbenen. 

Sie Darsteltang von LBire und Drache 
halle in der deutschen Mlniatiiien- und Wand- 
malerei, sowie in der Architektur seit roma- 
nischer nie aufgehört, so wenig, wie die 
der Apostel, von denen ja Markus durch das 
Sinnbild des Löwen vertreten ist. Und da 
Lowe, Hund und Drache auch in der gotischen 
Architektnr, a. B. als Wasserspeier, sista eine 
grofse Rolle spielten, so waren diese Tiere 
memals aus dem Formenschatt verschwunden 
ond jedem Sieinmetten geläufig. 

Symboliscfae Beaiehungen In Löwen und 
Drachen unbedingt zu letijjnen, würde freilich 
bei einzelnen mittelalterlichen üenkmilern, an 
denen diese Tiere als überwanden dargestellt 
sind, nicht ratsam ^iein. Anders aber ist es, 
wenn an die Konsolen, um deren Schrie zu 
lieleben, ein Teufelchen oder ein Drache in 
rein dekorativer Absicht angeklebt ist, wie z. B. 
am Epitaph des l.tidwig Merke in Eisenach, zu 
hursen des Schmerzensmannes, oder am Deckel 
des Severi-Sarkophags in Erfim, au FUfeen St. 
Severi. — Im XIV. Jahrh. schwindet mehr und 
gegensätzlich zum XIII. Jahrb., in dem an- 
scheinend eine gewisse Einheititchkdt in der 
Verwendung der Tiere: Löwe und Drache ge* 
herrscht hat, das Verstündni"; für Tiersym- 
bolik. Es dr:ingen sicli l iere ein, denen eine 
sinnbildliche Bedeutong gamicbt sugesprochen 
werden kann, die als VVappenhalter sich be- 
tätigen, sich untereinander bekämpfen oder 
einander särtlich nmachlingen, die an den Ver- 
storbenen über sich hinauf knurren, sie an- 
fauchen, oder ihnen demütig den Saum des 
Gewandes lecken. Rnrzam, wir finden eine 
vollkommene Regellosigkeit und Willkür, genre- 
hafte, frei erfitndene Zltgc, denen eine tiefere 
Bedeutung nicht zugrunde liegt. 



Idi habe abaichtlidi die Auswahl der Tiere 

beschränlct lic- vrif'--nrii-!eripr. Anfiihningen wer- 
den wohl genüge», die seitherigen Überlieferun- 
gen der symboliseheD Deatangen stark tu er- 
schüttern. 

Der I.öwe mit einem Kopf und zwei 
Leibern ist dargestellt auf einem ßpitaph in 
Eisenach (Gymnasium) um 1860, und etwa 
gleichzeitig auf dem Gtabsfein des Ijindgrafen 
Ludwig des Eisemen in Reinhardsbrunn. Sind 
hier nicht symbolische Benchungen vOUig aus- 
geschlossen? — Auf dem Epitaph des Dietrich 
von VVitzicben in .\rnstadt und der Tumba 
Georgs von Meifsen in Schulpforu befand sieh 
wahrscheinlich urs])rün<;tich ein Löwe, der heute 
aber verstört ist ; erhalten findet er sich indessen 
auf dem Grabmonument der fiirstUchen Kinder 
ans dem Meiftener Hanse tu Schnlpfotta, and 
schliofslich am Denkmal des Crafen von Kirch* 
berg um 1420 zu Kapellcndorf. 

Es ist sehr auffällig, dals auf der Skulptur 
an Schulpforu auch das Itodehen auf etnero 
Lfiwen steht; gewöhnlich trifft man bei weib-" 

. liehen Figuren den Hund. — Warum soll 

[ sdiliefslieb nicht auch einmal unter den Ffifiien 
eines Kindes „das Sinnbild böser Leidenschaf- 
ten, roher Naturkrafte, der Sünde und des 

I Todes" liegen? Denn das Symbol „mäOBlidier 
Stärke" kann doch nidit in Betracht gesogen 

' werden. 

Dem Drachen begegnen wir auf dem 
Denkmal des Lant^rafen Ludwig L au Rein- 

hardsbrunn um 1350. Mit lebhafter Armbc- 

j wegung stö&t der Landgraf den Schaft seiner 
Laote dem Drachen in den Schlund, ein Amt, 

i das sonst St. Georg ausübt. Vermutlich h;»t 
Nikolaus Postar an ein solches Vorbild 
gedacht, als er das Denkmal schuf, dennoch 
cfsdieint es sweifelhait, ob hier die Handlang * 
symbolisch gedacht ist. Schon Dedo von 
Wechselburg hält die Sturmläbne in der Hand, 
ein auch auf Werken des XIV. jahrh. häufig 
and typisch wiederkehrendes Motiv. 

Erhielt das Denkmal des Landgrafen Lud- 
wigs des Eisernen einen phantastischen Doppel- 

I lAwen, so mag die Freude an der ScIiOpitang 
dekorativ wirkender Tiere Vetanlassung ge- 
geben haben, den Landgrafen Ludwig I. als 

' Dracbentttter an bilden, vielleicht auch lag eine 
Lokalsage von der Beai^ng eines Ungeheuers 

' dit-ser Darstellung zugrunde Auch auf dem 
Grabmal der jungen Krau im Dom zu Halle 



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1M8. — ZEITSCHRIFT !• OK CHKISXUCHE KUN&T — Nr. 12. 



376 



hit rieh eb Drache niedergdtaaert. W«i aoll 

er bedeittrrr f'-w,-. ^^dcv, Sii~g christlichen Tre- 
bens und Strebens Uber die Mächte der 
FimtOTRis und dei UnflaiibcM", wie man am 
die Mitte des XIX. Jahrh. nraSdloi aDfeoom« 
men haben würde? 

Der dekorativeo Verwendung eines kleinen 
Drachem an Severitarkopliag iit bereita Er- 
wähnung getan. Weitave Dradusnbsiqiiele aind 
aiir nicht bekannt 

Der Hund, „das Zeichen der scböntten 
Praaentagenden, der Treae", findet sich nur 

selten. Auf rleni Rpitaph des U'itzleben in 
Arnstadt ist er zerstört, dagegen sehen wir ihn 
auf dem Epitaph dea Grafen Kirchberg zu 
Kapetlendorf bei Jena. Das Grabdenkmal der 
Landgräfin Jutta zu Reinhardsbrunn 7eipt einen 
Schofshund, den die Laadgräfin auf dem 
Hnken Arase tngt, wihrend <Ke redite Hand 
ein Zepter fkfst. — Auf dem Grabstein des 
AUenblumen im Dom zu Erfurt schaut ein 
kleiner Hand unter dem Mantel der Gattin 
hervor. In den beiden letzteren Fällen ist also 
filr eine symbolische Deirtung kein Raum, und 
ea aei darauf hingewiesen, dafs auf den Dar- 
stellungen vornehmer Frauen des XIV. Jährh., 
wie erhaltene Wandteppiche und kunstgewerb- 
liche Arbeiten zur Genüge zeigen, ein kleiner 
Schoftinwd, ata beliebteatea Spietaeug, nur 
adten fehlt. 

Anderseits aber finden wir den Hund in 
lahlieichen Fdlen auch ab Attrilmt der Ritter 
und sogar der (leistlichea. Wal soll hier das 
Symbol „der schönsten Frauentugend"? Gegen- 
über dioen Tatsachen liegt es unendlich nahe, 
in der Verwendung des Hundea niditB anderes 
n: rrhücken, als eine Anerkennung seiner 
Treue und Aohäoglichkeit an den Herrn und 
die Herrin. Wie er tu deren Lebxelten ein 
steter Begleiter war, so auch im Tode. Aber 
diese Deutung war zu einfach und naheliegend, 
um seither geglaubt zu werden. Gerade dafs 
auch Geistliche nicht etwa einen, sondern 
mehrere Hunde zu ihren FtlfscTi haben, die, als 
«erliche Schoishunde gebildet, oft lebhaft be- 
wegt an den Verstorbenen emporspringen und 
klettern, das hatte doch stntzig machen und 
die Annaltme symbolischer Deutungen hindern | 
mttsaen. Ea ist auch bia dahin unbeachtet ge- 
blieben, dafs manchmal. /. B. am Denkmal der 
versiorhenen ("ir;tnn Margaretha von Rerg 
und Ravensburg (zu .Mienberg l>ei Köln), die 



Hunde mit Sebellen waeheBe IblabüDdar 

tragen, mithin als Ha'i';tiere deutlich gekenn- 
zeichnet sind; und wenn wir auf dem Grabmal 
der Kurfllratto Anna von Brandenburg (f 1512} 
einen Hand „Männchenmachen" sehen, so irt 
dies Kunststackchen doch nur ein genrehafter, 
niedlicher Zug, der das Vorhergesagte bestätigt. 
Der Hund ist also hauptsächlich Attribut der 
Persönlichkeiten, die nicht im grofsen, kriege- 
risch bewegten Leben stehen, sondern mehr an 
die Ittusliebkeit gdMinden atnd. Die den 
Rittern zur Regleitung gegebenen Hunde sind 
meist sehr starke, gtoüc, aähaefletschende Tiere, 
nur selten kleine SchofidtünddieD, dfe oft 
löwenartig geschoren, ein Mittelding zwilcliCO 
Löwe und Hund darstellen. 

Schnaase erwähnt, dafs auf dem Grabe 
eines engliadien Ritters so Nbrfbik er einem 
Löwen einen Hund zugesellt gefunden habe, 
mit dem beigeschriebenen Namen „Jakke", und 
achliefit daiaua (IV. S76), dafi «aho audb daa 
Andenken des treuen, vielleicht mit beerd^an 
Tieres erhalten werden sollte". 

Ein derartiges Beispiel ist mir in Deutsch- 
land nicht bekannt, doch ist der Fall aebr 
kennzeichnend. 

Selbst wenn man annimmt, dafs die ange- 
führten Denkmale mit Lttwe. Hund und Dra- 
chen irgend welche, uns heute unverständlich 
gewordene Symbolik in sich trugen, so gibt 
una daa Grabmal de« Laadgnrfen Hermann II. 
au Reinhardsbrunn ein Rätsel auf. Der Land» 
graf fiifst nSmlich auf einem Hirsch. Was hat 
der Hirsch, der ein .Symbol Christi nach dem 
Pbyaiologus adn kann, oder auch das Hdla- 
verlangcn nach dem Taufwasser vorstellen mag 
(Otte 1, 486), mit einer Grabskulptur au tun? 
Und wenn er qrmboliidi au deuten ii^ wie 
darf der Landgraf rieb auf ihn atdlcn? 

Die sich aufdringenden ZweiCel, ob die 
Kunst des XIV. and XV. jahih. noch ^nbDd- 
liche Besieilinigen ausgedrückt I it md also 

nur zn berechtigt. Bis in das .XIIl. Jahrh. 
hinein war die mittelalterliche Kunst noch stark 
dnrcbsetat von efaiera auageklUgdten und sdw 
ausgedehnten h.ytnbf)lischen System, denn die 
ganze KunstUbung lag noch in den Händen 
der Klostergdstliddceit Dann bildete «eh be> 
kanntlich das Bauhüttenwesen, welches sich vom 
kirchlichen Einflufs allmählich löste. Damit aber 
mu(ste in der K-unst da<i $cholastiscb*didBk* 



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1008. — ZEnSCHiUFT FOR CHRISTLICHB KUNST — Nc 18. 



378 



tiMh« ElncBt wtlkr tarildtritn und «iidie 
qnnboliidie BuiehaDg veriofcn gehen. 

Schnaase hat (IV, 27".. Randnote) eine 
nur kleine Aiuabl «ulikUiger Symbole tu Fttfoen 
Ventorbeoer erwilnit, lo in cfem Grabmal des 
MarkgrafcD Dittmar und dessen Sohnes zu 
Nienburg a. d. Saale (um 1350), unter des Va- 
ters FUben den Löwen, unter denen des Sohnes 
dnea „Wilden Mann" mit Keule. Ob teu- 
terer Öfter auf Grabfiguren erscheint, wäre ein- 
gehender Untersuchung wert, denn das Motiv 
kehrt gern auf gravierten Metallpktten des 
XIV. Jahrh. wieder, i. B. auf der r^57 datierten 
Platte des Albert Hoveoer - Stralsund. Ein 
langhaariger Meermann, der in ein Horn bllM, 
wird hier von nhkwsrts durch einen Drachen 
angefallen, und auf der Grabplatte des Johann 
von Soest zu i'horn (1361) wird der den 
„wilden Mann" bedrohende Lttwe von einem 
an-ierrn Manne angegriffen. Unter der Figur 
der Gattin aber erblickt man einen Hund und 
— «io an einer Nufa (resicndei Eichhörn- 
chen. Auf zwei „wilden Mltnnern" steht der 
1474 gestorbene Johann von Lüneburg in Lü- 
beck; auf je einem gefesselten „wilden Mann" 
und je einem angeketteten Löwen John und 
Gerhard de Heere (f 1832 und 1398) in 
Brüssel. (Die Platten sind abgebildet bei 
Green y. Monumental brasaea ele.) WeÜcr er» 
wslint Schuman die Tumba desGrafen Geb- 
hard von Qiwrfurt (f 1383), wo su des Grafen 
FlMaeo ete Hnnd und eui Lowe miteinander 
ktspfen. Ineinander verbissene Löwen und 
Drachen zeigt das Denkmal des Bischofs Ma- 
thias von Bucheck (f 1828) im Dom zu Mainz. 
Daa Grabmal des Siegfried von Eppstein weist 
einen Löwen und einen Drachen auf, die, von- 
einander abgewandt, nach oben fletschen. — 
Wenn Hcmriehll. von Schlesien auf einem 
Mongolen steht, so deutet dies sicherlich auf 
kriegerische Taten des Verstorbenen bin; die 
Ptlbe des Biscliofs Rupert (-[- 1394) sn Pader- 
born rohen «of swei überwundenen Fein» 
den; und wenn zu Fdfsen von Heiligen, so 
2. B. io St Goar auf der Grabplatte des OrU- 
heiligen, «ich Teufel ae^, endieint diea 
als ein weiterer Beweis, dafs man je nach Bc- 
atellaqg und je von Kall zu Fall den die Fufsplatte 
nadiierenden plastischen SdunudK variierte. 

In eigentUmticher, fllr diesen Fall wohl 

symbolisch zu deutender Weise, hat die Äb- 
tissin Gertrud zu Quedlinburg einen Adler 



>o FflfiMD, der not der rechten Klaue cmen 

Löwen mit Schlangenschwanz, mit der Linken 
einen Drachen, der ein Wickelkind im Maul 
halt, packt, .\dler und Löwe treten am 
Denkmal dea finbiadkoft Wolram von Jülich 
I ^ VM"^) im Kölner Dome auf Hier mögen 
I die evangelischen Symbole auf die Wahl der 
I Here eingewirkt haben. Im bayerischen Htr 
\ tionalmuseum befindet sich die Deckplatte vom 
[ Grabmal des Heiligen Simpertns (Nr. Sil), um 
j 1492 entstanden. Das Werk, dem Riemen- 
j achndderschcn Kunstkreis nahe, zeigt den Bi* 
I schof auf einem Wolfe stehend, der ein 
nacktes Kind im Maule trägt; das Kind streckt 
flehend den rechten Arm aum Heiligen enpor. 
Hier ist der Wolf der T .egende entnommen, dn 
Attribut des Heiligen. 

Von einer logisch oder bewufst ange- 
wandten Tieraymbolik auf Grabmoaumenteik 

darf f-lcHrh P.lr Hie Z-i* vrm X1V_ Jr.hrh. an 
kaum noch gesprochen werden. Die Aus* 
nahmeOtlle amd lo hlulig, die Willkttrlichkeiten 
in der Zahl der Tiere und in der künstlerischen 
Auffassung und Anwendung so auffallend, dafs 
die in den Tagen der Romantik gegebenen 
Deutungen durchaus nicht stichhalten wollen. 
Bei den zu Füfsen der Geistlichen ruhenden 
Drachen mag noch die einstige Vorstellung 
nachwirken, die in dieser Form daa filiei^ 

wundenc Böse darstellt, gleichwie bei dOA 
Ungeheuern unter den Fülsen Christi, Marti 
und einaelner Heiligen. Aber an sidt ist der 
Drache nur die Ausgeburt mittelalterlicher 
Phantastik, ein Nachklang einer in der Volks- 
seele wachen Vorstellung eines mystischen 
Fabelweieni. Wo käme man hin, wotltt man 
in !rn an gotischen Kirchen unendlich oft 
wiederholten Drachen als Wasserspeier daa 
Printip des BOien, das der Wdduat erkennen? 
Wie die wunderlichen Geschöpfe höhnisch vom 
Dachrand heruntergrinsen, müfsten sie ja eher 
den Triumph der Stinde und Verderbnis über 
die chriadichen HeUawahrheiten verkUnden. 
Das aber kamt doch mmfiglich angenommen 
. werden. 

Wie bereits anagrfllhrt. ist die Darstdteng 

des Löwen immer im Gebrauch geblieben. 

Im Mittelalter wurde der »l^önig der J'iere" 
; oftmals nach Deutsehland gebracht, was, 
I wenn auch nicht chronistisch beglaubigt, doch 

' durch zahlreiche l/Okal"^agen belegt wird. Auch 
i die KreuzzUge und die Berührung zwischen 



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370 



tIN». — ZElTSCHftlFT FOR CRRISTUCHB KUNST — Nr. IS. 



8M 



Abend* and Morgenland mflgen cur besseren 
Kenntnis des grOfiten RaubtieiB beigetragen 

haben. VÜlars von Honnecoiirt hat in 
seinem Skizzenbuch einen Löwen gezeichnet, 
den er seibat gesehen hat, und an Hofen wur- 
den zur Kurzweil im Zwinger nel)en anderen 
wilden Tieren auch I^wen gehalten. — Was 
Wunder, wenn der Ldwe als „Herrentier" das 
Vorrecht erhielt, als das Attribot der Ritler 
und Herren aufzutreten? Er weist auf den 
hohen Stand und die Vornehmheit der Ver- 
storboicn hin und ist als Symbol hoher 
Geburt, nicht aber der männlichen 
Stürke, Kraft und Tapferkeit, ge- 
schweige denn derSQnde und der teuf- 
Hachen Gewalt aufzufassen. Und so er- 
klärt er sich auch als Begleitei von fürstlichen 
Frauen und Kindern. 

Der Lowe erfthrt tlbrigens eine merkwflr* 

dige W.nnill'ing Tni XTV. Jahrli. und /.ti Re- 
ginn des XV. Jahih. erscheint er, dem gotischen 
Proponionskanon entsprechend, aufserstschlank, 
im laufe des XV. jahrh. rundet er sich zu 
behäbiger Fülle. Amtlsanf h\ m scVicn, wie 
die Löweubilder aus dem Kietnensciineider- 
acben Kreis sich durch die weinerlich ge- 
kniffenen Mundwinkel ah ein Fclio des sich 
in des Meisters Werken zeigenden sentimen- 
talen Attsdracks erweisen. — Aus dem wilden 
Raubtier wird ein treuherzig-zahmes Haustier, 
das gleich dem Hund airtlich des Ritters Füfee 
leckt. Dss beste Betspiel dieser verilnderten 
AufTassung bietet die Grabplatte Kaiser Ludwigs 
des Bayern in der Frauenkirche zu München. 
Sie schildert die Versöhnung des Herzogs 
Aibrecht mit seinem Vater, Hertog Emst, der 
bekanntlich de-; Sotme?; Ci.ittin, Agnes Rcrnauer, 
hatte ertränken lassen; ein Lowe, der Versöh- 
nung sichtlich sich freuend, steigt schmeichelnd 
an Albrecht empi>r, und bekundet daduick 
sein herzliches Wohlwollen. 

Traten von 1350- 145U etwa in Deutsch- 
land die Tiere an Grabroonnmenlen am httulig* 
sten auf, so verschwinden sie später allgemach. 
Eine Ausnahme acheint Franken zu bilden, das 
den I^wen bis zum Hereinbruch der Renais- 
sance beibehält. Jedoch gestattet der Mangel 
an Vorarbeiten noch keine nenaue Feststellung, 
ob sich in Deutschland bei der Darstellung 
Ton Tieren etwa proTinaielle Uotenchiede er- 
geben, dies oder jenes Tier mehr oder weniger 



bevorzugt wurde. Es möge dies weiteren 
Forschungen Torbehalten bleiben. 

VVie weit sich das ausgehende Mittelalter 
von den Anschauungen der romanischen Zeit, 
in der dodi LOwen und Drachen eine grobe 
symbolische Rolle spielten, entfernt hatte, 
spricht sich in der Schrift des bayerischen 
Abtes Angelus Rumpier aus, wo es an einer 
Stelle heiftt: „Non reprehendo debitnm oroa- 
turo, sed stiperfltiurn. Nam et pictorae libri 
sunt laicorum. De his autem picturis dixerim, 
qua« passionem Christi coniinent et nartyram 
agones. Sed quid faciunt in ecclesia leones? 
quid leonae, quid draconcs? quid denique cae- 
tera animalia?" 

Schnaase zitiert diese Sdirift, wagt aber 
trotz der ihm aufj^estiegencn Zweifel — was 
von seinem Standpunkt aus auch begründet 
ist — nicht, die übliche Annahme der Tier> 

' ^^ymbolik in der Grabplastik .iiifzuj^eben, und 
1 in den Tieren nur das zu erkennen, was sie 
I sind: dekorativ wirkende, mittelalter» 
lieber Kunstfreudigkeit entsprungene 
Attribute! 

Über einer nicht cndcnwoUenden i reude 
an der liebevollen Ausgestaltung von Einael- 
heiten, und der dein nentschcn eigenen Lust 
am Fabulieren, waren etwa vorher vorhanden 
gewesene sinnbildliche "betiehungen in Ver> 
gessenheit geraten. Vielleicht sogar haben diese 
kaum bestanden: denn wäre die Darstellung 
und Verwendung der Tiere in der Tkt in einer 
Art SChoIaBtischer Fomuilierun^ festgelegt ge- 
wesen, "io müfsten die Denkmäler clcichartiger 
sein und könnten nicht solch freudige Mannig- 
faltigkeit seigen. Wie dem auch sei, die FOlle 
der erhaltenen Grabskulptdrcn beweist, dafs die 
mittelalterlichen Plastiker sich nicht an ge- 
gebene Regeln hielten, sondern, friadi und Un- 
befangen ihm) Weg verfolgend, sich bemflhtei^ 
ein System umzustofsen, um für nch selbst 
volle Freiheit des Schaffens zu erringen. 

Zum Schlüsse möchte idi betonen, dafs die 

Verdienste von Puttrich, Förster, Otte, Schnaase 
durch meine Angriffe auf ihre symbolischen 
Deutungen in keiner Weise bemikelt werden 
sollen. Als Romantiker hatten sie vor der heu- 
tigen, mehr auf dem Boden nlichterncr Betrach- 
tung stehenden Generation das Bestreben voraus, 
aus den Werken des Mittelalters möglichst viel 
GeheimnisTOlles hervorzulocken. 

Dr. Oiio ÜHchacf f- 



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881 



J903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12. 



3H2 



Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf. 

XX. (Mit Abbildnng.) 



87. Gesticktes Reliquientuch der Pfarr- 
kirche zu Blankenheim (Katal. Nr. 3ül). 

Unter den zum ersten Male ausgestellten 
sechs Blankenheimer ReliquientUchlein, von 
denen zwei in XV, 123-128 dieser Zeitschr. ver- 
öfTentlichi sind, nimmt das vorliegende hinsicht- 
lich des Reichtums der figuralen Stickerei die 
erste Stelle ein. Es besteht in einem roten Sam- 
melbrokat, dessen Ecken mit den vier bekannten 
Wappen, dessen Mitte mit drei Figuren bestickt 
ist, einem Priester im Pluviale, der die mit Gold- 



licher I^surtechnik behandelt sind, mit ein- 
facher .Silberverbrähmung. Das die Mittelfigur, 
eigentlich die Reliquie, in weitgeschwungenem 
Wurf sehr dekorativ überspannende Spruchband 
aus Silberßtden mit weifslichem (Jberfang und 
bläulichem Umschlag hat die goldene Minuskel- 
inschrift: de sudario <^loriose vir^inis marie. 
Die breite Art, mit der die Miitelfigur ge- 
zeichnet ist, mehr schwebend, als stehend, in 
verklärtem Ausdruck und mit zierlicher Hand- 
bewegung, klingt in den beiden Diakonen wieder, 





kördeichen eingefafste Leinenreliquie ausbreitet, 
und zwei Diakonen, die sie knieend verehren. 
Der scharf charakterisierte, porträtartige Kopf des 
Priesters ist im Gobelinstich ausgelührt, ebenso 
die Hände und Albe; die Aufsenseite desChot- 
mantels zeigt grünliche Goldlasuren, sein Futter 
grünen Gobelinstich, sein Besatz schnecken- 
förmig aufgenahte Silberkördeichen auf blau 
besticktem Grund; die Agraffe besteht in zwei 
tafelartigcn, goldumränderten Stickereien, Stola 
wie Parura in Uberfangencn Goldfäden. Die 
Diakonen, welche die ehrwürdige Reliquie kaum 
zu berühren wagen, schwingen mit einer Hand 
ein Weihrauchfafs, das ganz in Gold gestickt 
«st, wie die über dem Rücken herabhangenden 
dicken Quasten der Dalmatiken, die in grün- 



imd dafs dieses und noch viel mehr durch die 
Stickerei zum vollendeten Ausdruck gekommen 
ist, beweist schlagend die Höhe, welche die 
Nadelmalerei im XV. Jahrh. am Niederrhein er- 
reicht hat, der Tafel- und Miniaturmalerei zur 
ebenbürtigen Nebenbuhlerin erwachsen, trotz 
viel schwierigerer Technik. - Dafs sie in dieser 
Bedeutung nur selten in die Erscheinung tritt, 
hat vornehmlich seinen Grund in der schlechten 
Erhaltung fast aller alten .Stickereien, die für 
den Gebrauch bestimmt waren, und zumeist 
nicht für einen so vorübergehenden und so 
wenig angreifenden, als die vorliegende, der fast 
der volle Reiz der ursprünglichen Frische be- 
wahrt geblieben ist, selbst hinsichtlich der ab- 
getönten Farben. Schnutgcn. 



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383 



1»0B. — ZEITSCHIUFT FOR CRRBlUCnB KUNST — Kr. 12. 



384 



Bücherschau. 



Winke far die Anferti(iin|r «ad Verilerans 
dcrPai-Anente von |ot.Brft«a«8.J. Httnwel 

Tafeln and 74 Abbildungen im Text. Krgtnwwg in 
der SanmlunK von ,,Vurljm(en fQr Paramententticke- 
reien". Herder. Freiburg 1904 (Mk. 6,40.) 
Zn drn am Schlaf! dem Jahres 1903 enchieucncn, 
«ucbcn bcrcils neu auf^'clcgten 200 Vorlagen 
(vmtgL. dumm ZeiiKiuift XV. 286/397), Irt du obig* 



IttlMftt «Ukoonnene Ernannt ; viel- 
mehr al« ilienc«, rinr Qbprau« zcitgrm.lfiK*, ja ilringcnJ 
notwendigf Anlt-itun^ für clir B»-b< hAlTuiij; <\rt l'ara- 
mente, ihr Malnial. ihre Form, ihre Ai«iUttung!.art. 
Die leutere wird durchweg von weiblichen Kratien 
beaotgt, (tu denen frcillcli ia den letiten Jaluren. von 
Ftasknich md Bel|^ Macahend* mlnnliehn Sücker 
verefaaelt hinsdrekoramen aind, andb im DIcnatt von 
ParamenipnKOchJlftcn, die vielfach ^ur Vrrbrcitiint 
„billiger uod tcblrchier" Stoße, wie zur Vcrwä«»t^ru<iK 
der Verzierungen beigetragen haben). Neben den 
in der Rcgci von kanaUeriKb luvcaclmiten Ua(er> 
aekncn bcerfebcatn GacUAn« clbt ca Ividtr aw 
wenige dgentlicbe Berafattickerinnen , denn ihnen 
wird durch jene Konkunenx die Tidgkcit lehr er- 
schwert, zuntal, Sni I nterschiedc von den früheren 
Jahrhunderten, für eigcsarügen uad reichen Uckor 
nur selten grOlscre Summen geopfert werden. Da 
aolche auch nur in itllcncn FiUtn nur VatflIpiaK 
nahen, ao iai die Mitvifkuaff von OllcnaniiBneai 
namentlich von freiwilligeti , die fOr dieses edle 
Frauenschafien im Dienste des Heiligtums das rich- 
ten Vcritlndnif haben, durchaus erwUnicht, und, 
«er ihnen die Arbeit erleichtert, durch gute Vor- 
bilder und Anweisungen, erfüllt eine wichtige, er- 
habaaa and Terdienatvotle Angabe. Sie Jat nkht 
Idcbt, denn ate aetat flldit ntv vide tauMtMaloriadte 

Kenntnisse, »onderri mich (jrUndlli he kiintttechnische 
Erfahrungen voraus, und gi-radc die kliteren sind 
nur lulserst mUhsam tu erringen, daher nur wenigen 
eigen. — über Beide« »erfigt, dank der sorgsamsten 
InnngCwBhnlKkaM Halte der Vetftaar, der 
MMglacben Gewindcr mit l^aeia%e(anainnd 



Feraebungen gemaclit hat, mit der Fkbitkation 

der Stoffe vertramt, in ikn Spitzen- und Stickerei- 
Arten durchaus bewandert i>t, endlieh die Stilgesetze 
kennt, so dafs er genau weil», wrh he Formen von 
das cinaehicn T echn ik en fef«>rdert, b*w, gaelattet 
«erden. — Ana dteaer Gnndlag« lal daa vorliegende 
Buch herausgewachsen, die erste erschöpfende und 
ganz zttverilsaige Anleitung, die unter Verzicht auf 
theoretische KrOnerunnen, Qberall den [>rakli5chcn 
Zwecken dient durch klare, illustrierte Unterweisungen, 
DIaae bezieben sich im I. Teil auf die Para- 
mente» die anant In allgeaeinen behandelt 
werden, also Unaicbtllch des Stoffe«, der Anaslattung, 

der ViTiii-run^jsmittel. der liturgischrn Farben, ȟdann 
im besonderen, intuwcit zunlclitt die Jitui^itt-hcn 
Gcwlnder in 13 Rubriken l>c«prochcn werden, dann 
die atoffliiche AnsrBatung de« Alura und der gottea- 
Gcine (90 Knbrikcn). endlich aenaüfe 
Kii rhenhhn ent Wandbchaiw («eht 
Rebilken). Der Behaedlenf dar ftimincnle M der 
dritte Ahachnln gewldmel, ae da<a «f alle ein- 



acbMcigen Prägen anigiebige, dnrehana beatimmte 
wd korrekte Antaroit erteilt taird. — Faxt ebeaao 

umfingtick tat der II. Teil, der sich eingehend mit 
den Spitsen besclilftigt, natürlich noch spezieller 
mit den Stickereien; hier werdi-n Stirk-M.ilerial, 
• Stiche. •Techniken, -Arten in luni Kapiteln so 
genau analysiert, praktische Bemerkungen fQr die Aus- 
flUtrang von Stickereien und Ur die Elgenichaflen 
der fMckmtiater ao laatrahtiv belgengt, dala kaum 
etwas von Bedeutung vermilst wird. — Das Kapitel 
aber die Restauration schadhafter Sticke- 
reien, (an dif iiiihon vorher ZUtmlmdr M.ihnun;;rii 
geknüpft waicn>. hatte die Warnung zur Vorsicht 
fast noch slirker betonen sollen, denn bei dieser 
Proxedur eiachelnt manckea alle Ktuiatwcrk getlhtdcti 
Ahr deaaen tferalelliuv« wenn ate eberhaaiM noch 
mötlith und ratsam ist, nur di r aller^jr "liiie Respekt 
und die dUertieschicktesle Hand au»rcicbt. — Der 
Anhang bringt eine Auswahl von Inschriften, 
deren Verwendnng aich aelur etapfiehlt, vonaageactat, 



WMnu«. — Aa 
Zehhnem (Br Pkramentenallckewi lal grober Maagid, 

der sich i r j:, luh dun-ii dm Icidii^cn Tnistand 
erklirt, dal) ihre DieQste wemij begehrt und mit 
Widerstreben ordentlich honoriert werden; auch hier 
aoUtcn weibUcbe Kiifle alica aufbieten, den hockaten 
Anapilclien au genflgea. — Bd dar ataaMaaweiten 
Falle des Gebotenen nag die eine oder aiiJm Br^ 
glnzung persönlicher Veihandlung mit dem verdtrten 
Verfaiiier vorbi h.iliL-n bleiben. — Alle, die Interesse 
haben fär diu Paramentik. Priester wte Laien, KOnitler 
wie Besteller werden ihm Dank wissen für seine vor- 
trefflickcn »Winke", Unter denen aick eine wahre 
MtNhiut von klaren md verllMichcn Unterwei- 
sungen versteckt, so da(s wohl endlich der Unfug auf 
diesem Gebiete aufhören wird. ScknUtfcn. 

Moderner Cicerone der Union: Oetitache Ver- 
lapVcaeOaehalt in SnMgiit. Zn den in dieaarZait« 
aeiltift XVI, tp. IM, IxreiU besprochenen beiden 
Binden iat itoiB TH: DieUmeebun^ Rums hinzu- 

gekijmmen, Von Dr. T h a s » 1 1 o v .S 1 1> e I (er. Mit 86 
Abbildungen und etnei Karle . Gebunden 2.50 Mk. 
I Derselbe behandelt zunächst die Campagaa, 
I wie aie aich nach vier Seiten, nlmUch vor der Porta: 
I S. Seliealian. San FaelOi Pia und M Popolo a«a> 
breitet, die Entwicklung und Hauptpunkte beschrel- 
' bend, insoweit sieden Gcschichts- und Kunst- 
freund, .iber aui-h den Nalurfreund inlerfüxieien. 
I in der gleichen UmlänKiichkeit werden die Sabiner. 
und Albanergebirge beapirociient viel knapper 
die SeekOate. ~ Der Vcrfxaaer vcMtnht cai iMi 
den Oberau veranataltetcn Rundgange daa Weaent- 

llche /ti l.»ft'jnen. den Zim.imrnenii.in^ xwiiclien der 
iniKtitladt und den AuUeiiuiteii zu iiiaikicren und an 
der Hand vorzQglich ausgewählter und ausgeführter 
Bildchen die Un^ptpunkte au beleuchten, ao dafa die 
RnndfalM ao itateriultrnd wie belehrend ist, 

Rom I, Antike Xnmt, «oll demniehat Mgen lod die 
getchickle Pc^cf Hell8fa«en wird diaaar vieilelekl 
achwicrIgalanAargaibe ohne Zweüti gerecht werden, b. 



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C 625,692 



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