Zeitschrift für
Vermessungswesen
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ZEITSCHRIFT
KÜR
VE RMBSSUNGS WESEN
IM AUFTRAG UND ALS ORGAN
DE8
DEUTSCHEN GEOMETERVEREINS
herausgegeben von
Dr. U. Jordan, und C. Hteppes,
Profesaor ln Hannover 8teuerrath in München.
XXI. Band.
(1892.)
STUTTGART.
VERLAG VON KONRAD W1TTWER.
1892.
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Druck von Gebrüder Jänecke in Hannover
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Sachregister.
Belt.
Abgeordnetenhaus-Verhandlungen in Preuasen 161
Abgeordnetenhaus - Verhandlungen in Preuasen Uber den Entwurf des
Staatshaushalts für 1892/93 241
Auseinandersetzungsverfahren für städtischen Baugrund, von Steppes.. 448
Ausgleichung nach der Coordinatenmethode, von Fuhrmann 654
Ausstellung von Instrumenten, Karten etc. auf der 17. Hauptversammlung
des D. G.-V., von Ottsen 176
Basismessung, die neue französische, von Hammer 26
Berechtigungswesen und die Landmesser, von Hölscher und Steppes. 442
Besprechungen:
v. Bauernfeind, Elemente der Vermessungskunde, 7. Aufl., bespr.
von Reinhertz /.... 54,128
Breusing, Das Verebnen der Kugeloberfläche, bespr. von Hammer. 462
Czuber, Theorie der Beobachtungsfehler, bespr. von Jordan.. 118
Dienstvorschriften für die in der Provinz Hannover beschäftigten Special*
commissare und Vermessungsbeamten, bespr 289
. . . Die Verhältnisse des Eisenbahn-Landmessers, verglichen mit denen
seiner Collegen in der Kataster- und landwirthschaftlichen Verwaltung,
bespr. von Steppes 285
GeodätischesInBtitut, Kgl.preuss., Das Berliner Basisnetz, bespr.
von Jordan 283
Geognostische Karte von Württemberg, bespr 504
Höckner, Ueber die Einschaltung von Punkten, bespr. von Rei nhertz 377
Meydenbauer, Das photographische Aufhehmenzu wissenschaftlichen
Zwecken, insbesondere das Messbildverfahren, 1. Band bespr 660
de Mendizäbal Tamborrel, Tables des Logarithmos 4 huit Döci-
males, bespr. von Hammer 580
Ministöre de travaux publics, Nivellement gönöral de la France,
bespr. von Jordan 350
Miiller-Berlota, Anleitung zum Rechnen mit dem logarithmischen
Rechenschieber, bespr 503
v. Müller, Haag und Schreiber, Das königl. bayerische Gesetz, die
Flurbereinigung betr., vom29. Mai 1886, erläutert, bespr.) von Steppes 88
Regelmann, Hydrographische Uebersichtskarte des Königreichs
Württemberg, bespr 221
Regelmann, Hydrographische Durchlässigkeitskarte des Königreichs
Württemberg im Maassstabe 1 : 600 000, bearbeitet im K. Statistischen
Landesamt, bespr. von Schlebach 639
Schiffner, Die photographische Messkunst oder Photogrammetrie,
bespr. von Jordan '. 219
Seibt, Der selbstthätige Universalpegel in Swinemünde, bespr. von
Reinhertz 157
Service göographique de l’Armöe, Tables des Logarithmes 4
huit Decimales, bespr. von Hammer 580
181026
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IV
Seit«
Fretwurst, Die Kartenschrift, bespr 319
Canalwaage, kreisförmige, von Kahle 49
Cnbatur eines prismatischen Körpers mit windschiefer oberer Grenzfläche
und unregelmässigem Viereck als Grundfläche, von Wilski 401
Dienst- und Gehalts-Verhältnisse der bayerischen Geometer, von Steppes 37
Distanzstab, von Jordan 525
Drainage, Längs- oder Querdrainage? von Kaeppler 373
Drainage, Quer- und Längsdrainage, von Gerhardt 605
Erdmessung, die 10. Allgemeine Conferenz der internationalen E. zu Brüssel 641
Feldbereinigung in Württemberg 503
Feldschreibtisch, von Behren 569
Flurkarten und Flurbücher, ihre Beweiskraft in Sachsen - Weimar, von
Schnaubert 97
Formularpapier der Anweisung IX betr. Frage, von Geisler 32
Geometrische Aufgaben, von Nell 497
Gesetze und Verordnungen:
Badische Verordnung vom 26. November 1891, betr. die Ausbildung und
Prüfung der Feldmesser 119
Bayerische Verordnung vom 4. Juni 1892, die Regelung der Dienst- und
Gehaltsverhältnisse des Geometerpersonals betreffend 507
Feld- und Reisezulage der Landmesser betr. Oberlandesgerichts - Er-
kenntnis, eingesandt von Winckel 659
Grosshcrzogl.-Hessische Verordnung vom 11. Nov. 1891, die praktische
Beschäftigung der Geometer betr 414
Vermarkungsgesetz für das FUrstenthum Lippe vom 17. Juli 1890 405
Württembergisches Steuercollegium betr. Verordnung 158
Granitsäulen betr. Frage, von Harksen 320
Grenzstein, alter, von Müller 604
Grundbuch, das, im Entwürfe eines bürgerlichen Gesetzbuches für das
Deutsche Reich. Nach einem Vortrage bei der 17. Hauptversammlung
1891, von Steppes 225, 266, 302, 338, 368
Grundsteuerkataster, preussisebes, von Zeidler 129
Höhenaufnahmen, Beiträge zur Praxis, von Hammer 353
Höhenmesser, Verwendung bei den Vorarbeiten zum Kostenanschlag in
Zusammenlegungssachen, von Deubel 207
Horizontalcurven- Construction, von Merl 316
Karten:
Höhenschichtenkarte des Grossherzogthums Hessen im Maassstabe 1 : 25 000 285
Karte des Deutschen Reichs in 674 Blättern und im Maassstabe 1:100000
betreffende Anzeige, von v. Usodom 87, 218
Kreiskarten 1 : 100 000 betreffende Anzoige, von v. Usedom 86
Messtischblätter 1:25 000 betreffende Anzeige, von v. Usedom 87, 219
Topographische Specialkarte von Mittel-Europa im Maassstabe 1 : 200 000,
von v. Usedom 53
Kataster - Erneuerung in den Reichslanden 571
Korbbogen -Absteckung, von Puller 519
Kosten von geometrischen (Nivellirungs-) Arbeiten, von Gerke 329, 433
Landesvermessung in Sachsen-Weimar und die Bestimmungen Uber die
Beweiskraft der Flurkarten und Flurbücher, von Schnaubert 97
Landmesser im Dienste der Stadt Köln, von Behren 238
Landmesserlaufbahn, Berechtigung 32
Landmessermangel in der preuss. landwirtschaftlichen Verwaltung 196
Landmesser vor 100 bis 150 Jahren 374
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V
Seite
Litteratur Uber Vermessungswesen:
8. 61, 62, 192, 319, 352, 382, 415, 431, 544, 567, 608, 623.
Litteratur für Vermessungs wesen vom Jahre 1891, von Petzold 465
Mecklenburgische Landesvermessung, ihre Projection und deren Neubear-
beitung durch Prof. Jordan, von Hammer und Jordan 417
Messlatten-Längenregulirung, von Fetzer 150
Messstabhalter, von Häussermann 155
Methode der kleinsten Quadrate, ihre Bedeutung und Anwendbarkeit in
der Feld- und Landmessung. Vortrag auf der 17. Hauptversammlung
des D. Q.-V. 1891, von Jordan 321
Neigungsmesser, von Brandis 603
Nivellements-Kosten, von Gerke 433
Nivellirstative, von Jordan 262
Nivellirung, Einsinken des Instrumentes und der Latte, von Jordan 257
Nivellirungs- Arbeiten, Beitrag zur Kostenberechnung, von Gerke 329
Nivellirinstrumente mit Keversionslibelle, Verbesserung, von Fennel 528
Patent-Mittheilungen:
Patent-Ertheilungen 278
Apparat zur Bestimmung von Höhenunterschieden nach Art der Schlauch-
waage von Seibt und Fuess 281
Aneroidbarometer von Denn er t und Pape 283
Personalnachrichten:
Seite 63, 64, 95, 96, 125—128, 159, 160, 255, 256, 286, 320, 352, 384, 416,
432, 464, 510, 543, 567, 584, 608, 624, 661.
Landmessor, die die Landmesserpriifung im Herbst 1891 und im Frühjahr
1892 bestanden haben 287, 606
Photogrammetrie, das Teleobjectivu. seine Verwendbarkeit, v. Hafferl 585, 662
Photogrammetrie in Italien von Paganini, deutsch vonSchepp 65
Photogrammetrie in Italien, von Fenner 635
Planimeter, Rollenschiefe und Scharnierschiefe beim Amsler’schen Polarpla-
nimeter, von Wilski 609
Projection der Mecklenburgischen Landesvermessung und ihre Neube-
arbeitung durch Prof. Jordan, von Hammer und Jordan 417
Punktbestimmung aus einer Anzahl zu seiner wahrscheinlichsten Er-
mittelung gegebener Geraden, von D’Ocagne und Hammer 618
RechenhUlfsmittel, neue mechanische, von Wilski 625
Rechenmaschine von Leibnitz, zur Geschichte der, von Jordan ... .545, 584
Rechenschieber mit Lupe, von Jordan 376
Rechentafel von Scherer mit graphischer Darstellung der Zahlenwerthe
von Lnedecke 153
Rentengütergesetz und unsere jungen Landmesser 277
Römische Feldmesser-Schritten, von Merkel 385
Sextanten-Gebrauch bei Triangulirungen, von v. Horn 428
Siedethermometer und Quecksilber-Barometer von Jordan 30
Snellius und das Problem der vier Punkte, von Geisler und Jordan.. 296
Städtische Vermessungsbeamte 413
Triangulirung des Stadtbezirks Hannover, von Jordan 1, 128
Triangnlirung, einige Bemerkungen UberKleintriangulirungen, v. Reinhertz 452
Trigonometrische Abtheilung der Preuss. Landesaufnahme, Mittheilung
über ihre Arbeiten im Jahre 1891, von v. Morsbach 193
Trigonometrische Punkteinschaltung; sind die üblichen Rechenvorschriften
verbesserungsbedürftig? von Höckner 513
Trigonometrische Punktbestimmung, von Jordan 167
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VI
Seit
Trigonometrische Punktbestimmung, Einschneiden durch zwei innere und
eine äussere Richtung, von Voigt 171
Trigonometrisches aus Süd-Afrika, von RUhs 411
Unterricht und Prüfungen:
Bayrische Concursprüfung für Geometer vom 14. bis 27. Sept 1892 ... 584
Berechtigung der höheren Lehranstalten, von Winckel . 33
Bedingungen der Zulassung zur Landmesserprüfung, von Vogler... 85, 128
Feldmesserpriifungsergebnisse in Württemberg 63
Geodätischer Unterricht für Landmesser 216
Geodätisch-kulturtechnischer Cursus der landw. Hochschule in Berlin .. 383
Landmesser, die die Landmesserprüfung im Herbst 1891 und im Frühjahr
1892 bestanden haben 287, 606
Landwirthschaftl. Hochschule in Berlin, neue geodätische Professur 255
Vermessungs-Ingenieure, die in Sachsen die Staatsprüfung 1890—1892
bestanden haben 464
V ereinsangelegenheiten:
Abhandlungen für die Zeitschr. f. V., Verzögerung des Abdruoks betr.
Bemerkung, von Jordan 96
Amt des Kassirers des D. G.-V. betr., von Winckel 32
Bittgesuch des Rheinisch- Westf. Landmesservereins an den Arbeits-
minister, von Walraff 90
Bittgesuch des Schlesischen Landmesser- Ver. um Gleichstellung der
Eisenbahnlandmesser mit den Katasterlandmessern, von Fuchs 249
Brandenburgischer Landmesser- Verein, Auszug aus der Verhandlungs-
Niederschrift der 1. Hauptversammlung 1892, von Tasler 222
Brandenburgischer Landmesserverein, Neuwahl d. Vorstandes, von Esser 122
Einsendungen an die Redaction der Zeitschr. d. D. G.-V. betr. Mittheilung,
von Winckel 287
Kassenbericht des Deutschen Geometer- Vereins, von Winckel 93 128
Mecklenburgischer Geometerverein, Bericht über die 26. Hauptversamm-
lung am 15. Juli 1892, von Brumberg 551
Rheinisch- Westf. Landmesserverein, 23. Jahresb. für 1891, von Emelius 122
hlesischer Landmesser-Veroin, Bericht Uber das 1. Vereinsjahr 1891/92,
von Fuchs und Tischer 252
Thüringer Geometer-Verein, Hauptversammlung am 31. Januar 1892
betr. Mittheilung von Schnaubert 223
Thüringer Geometer -Verein, Versicherungsabtheilung, von Kästner
und Schnaubert 288
Verein der Landmesser der Generalcommission in Münster 248
Verein Hessischer Geometer I. Classe , Bericht Uber die Generalver-
sammlung am 15. Mai 1892, von Weinerth und Porth 619
Verlorenes Recensions-Exemplar betr., von Jordan 192
Verlust aus dem Vermögen des Deutschen G.-V. betr. Mittheilung,
von Winckel 121, 543
Vorstandsitz des Deutschen G.-V., von Winckel 384
Württembergischer Geometerverein, Bericht Uber die Hauptversammlung
am 18. April 1892, von Weitbrecht 533
Vorschlag an die Landmesser zur Wahrung ihres Ansehens in der Oeffent-
lichkeit, von Marseille 579
Winkel-Prisma von Bauernfeind, optische Fehlertheorie und deren An-
wendung, von Wagner 630
Winkelprisma-Gebrauch bei geneigten Strahlen, von Wagner 657
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N amenregister .
Balte
Behren, Feldschreibtisch 569
Behren, Landmesser im Dienste der Stadt Köln 238
Br an di b, Neigungsmesser 603
Brumberg, Bericht über die 26. Hauptversammlung des Mecklen-
burgischen Geometervereins am 16. Juli 1892 551
Deubel, Verwendung des Höhenmessers bei den Vorarbeiten zum Kosten-
anschlag in Zusamraenlegungssacben 207
Emelius, 23. Jahresbericht (für 1891) Uber den Rheinisch-Westf.-Land-
messerverein 122
Esser, Brandenburgischer Landmesserverein, Neuwahl des Vorstandes.. 122
Fennel, Nivellirinstrumente mit Reversionslibelle 528
Fenner, Photogrammetrie in Italien 635
Fetzer, Messlatten -Längenregulirung 150
Fuchs, Bittgesuch des Schlesischen Landmesservereins um Gleichstellung
der Eisenbahnlandmesser mit den Katasterlandmessern 249
Fuchs und Tischer, Bericht über das 1. Vereinsjahr 1891/92 des
Schlesischen Landmesservereins 252
Fuhrmann, Beitrag zur Ausgleichung nach der Coordinatenmethode . . . 054
Geisler, Formularpapier der Anweisung IX betr. Frage 32
Geisler und Jordan, Snellius und das Problem der vier Punkte 296
Gerhardt, Quer- und Längsdrainage 605
Gerke, Kosten von geometrischen (Nivellirungs-) Arbeiten 329, 433
H äusermann Messstabhalter 155
Hafferl, Das Teleobjectiv und seine Verwendbarkeit in der Photo-
grammetrie 585, 662
Hammer, Beiträge zur Praxis der Höbenaufnahmen 353
Hammer, Besprechung von: Breusing, Das Verebnen der Kugel-
oberfläche 462
Hammer, Besprechung von: de Mendizäbal Tamborrel, Tables
des LogarithmeB ä huit Decimales 580
Hammer, Besprechung von: Service gdographique de l’Armde,
Tables des Logarithmes ä huit Decimales 580
Hammer, Die neue französische Basismessung 26
Hammer und Jordan, Projection der Mecklenburgischen Landesver-
messung und ihre Neubearbeitung durch Prof. Jordan 417
Harksen, Granitsäulen betr. Frage 320
Höckner, Sind die üblichen Rechenvorschriften verbesserungsbedürftig? 513
Hölscher und Steppes, Berechtigungswesen und die Landmesser 442
v. Horn, Sextanten-Gebrauch bei Triangulirungen 428
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VIII
Seite
Jordan, Abhandlungen für die Zeitschr. f. V., Verzögerung des Abdrucks
betr. Bemerkung 96
Jordan, Bedeutung und Anwendbarkeit der Methode der kleinsten
Quadrate in der Feld- und Landmessung. Vortrag auf der 17. Haupt-
versammlung des D. G.- V. 1891 321
Jordan, Besprechung von: Czuber, Theorie der Beobachtungsfehler . . 118
Jordan, Besprechung von: Kgl. preuss. Geodätisches Institut, Das
Berliner Basisnetz 283
Jordan, Besprechung von: Ministers de travaux publics, Nivellement
g£n6ral de la France 350
Jordan, Besprechung von: Schiffner, Die photographische Messkunst
oder Photogrammetrie 219
Jordan, Distanzstab 525
Jordan, Einsinken des Instrumentes und der Latte beim Nivelliren 257
Jordan, NivellirBtative 262
Jordan, Rechenschieber mit Lnpe 376
Jordan, Siedethermometer und Quecksilber-Barom ter 30
Jordan, Triangulirung des Stadtbezirks Hannover 1, 128
Jordan, Trigonometrische Punktbestimmung 167
Jordan, Verlorenes Recensions-Exemplar betr 192
Jordan, Zur Geschichte der Rechenmaschine von Leibnitz 546, 584
Kaeppler, Längs- oder Querdrainage 373
Kästner und Schnaubert, Versicherungsabtheilung des Thüringer Geo-
meter-Vereins 288
Kahle, Kreisförmige Canal waage 49
Luedecke, Rechentafel von Scherer mit graphischer Darstellung der
Zablenwerthe 153
Marseille, Vorschlag an die Landmesser zur Wahrung ihres Ansehens
in der Ocffentlichkeit 579
Merkel, Römische Feldmesser-Schriften 385
Merl, Horizontalcurven-Construction 316
v. Morsbach, Mittheilung Uber die Arbeiten der Trigonometrischen Ab-
theilung der Preuss. Landesaufnahme im Jahre 1891 193
MU 1er, Alter Grenzstein 604
Nell, Geometrische Aufgaben 497
D’Ocagne und Hammer, Punktbestimmung aus einer Anzahl zu
seiner wahrscheinlichsten Ermittelung gegebener Geraden 618
Ottsen, Ausstellung von Instrumenten, Karten etc. auf der 17. Haupt-
versammlung des D. G.-V 176
Paganini-Schepp, Photogrammetrie in Italien 65
Petz old, Litteratur ftir Vermessungswesen vom Jahre 1891 465
Petzold, Patent-Mittheilungen:
Patent-Ertbeilungen 278
Apparat zur Bestimmung von Höhenunterschieden nach Art der
Schlauchwaage von Seibt und Euess 281
Aneroidbarometer von Dennert und Pape 283
Puller, Korbbogen- Absteckung 519
Reinhertz, Besprechung von: v. Bauernfeind, Elemente der
Vermessungskunde, 7. Auf] 54, 128
Reinhertz, Besprechung von: Höckner, lieber die Einschaltung von
Punkten 377
kein]
a S
Sein!
Hihs
SeHt
lass
bear
Seine
Sebna
31.,
iehnj
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IX
Seit«
Reinhertz, Besprechung von: Seibt, Der aelbstthätige Umversalpegel
in Swinemiinde 157
Reinhertz, Einige Bemerkungen Uber Kleintriangulirungen 453
Rühs, Trigonometrisches aus Süd- Afrika 411
Schlebach, Besprechung von: Regelmann, Hydrographische Durch-
lässigkeitskarte des Königreichs Württemberg im Maassstabe 1 : 600 000,
bearbeitet im K. Statistischen Landesamt.... 639
Schnaubert, Flurkarten u. Flurbücher, ihre Beweiskraft in Sachsen-Weimar 97
Schnaubert, Hauptversammlung des Thüringer Geometer- Vereins am
31. Januar 1893 betr. Mittheilung 333
Schnaubert, Landesvermessung in Sachsen- Weimar und die Bestimm-
ungen Uber die Beweiskraft der Flurkarten und Flurbücher 97
Steppes, Auseinandersetzungsverfahren für städtischen Baugrund 448
Steppes, Beoprechung von: Die Verhältnisse des Eisenbahn-Landmessers,
verglichen mit denen seiner Collegen in der Kataster- und landwirth-
schaftlichen Verwaltung 385
Steppes, Besprechung von: v. Müller, Haag und Schreiber, Das
königl. bayerische Gesetz, die Flurbereinigung betr., vom 29. Mai 1886,
erläutert 88
Steppes, Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen Gesetzbuches
für das Deutsche Reich. Nach einem Vortrage bei der 17. Haupt-
versammlung 1891 235, 266, 302, 338, 368
Steppes, Dienst- und Gehalts-Verhältnisse der bayerischen Geometer.. 37
Tasler, Auszug aus der Verhandlungs-Niederschrift der 1. Hauptver-
sammlung des Brandcnburgischen Landmesser-Vereins 1892 223
v. Usedom, Karte <Jes Deutschen Reichs in 674 Blättern und im Maass-
stabe 1 : 100000 betreffende Anzeige 87, 218
v. Usedom, Kreiskarten 1: 100000 betreffende Anzeige 86
v. Usedom, Messtischblätter 1:25000 betreffende Anzeige 87, 219
v. Usedom, Topographische Specialkarte von Mittel-Europa im Maass-
stabe 1 : 200000 53
Vogler, Bedingungen der Zulassung zur Landmesserprüfung 85, 128
Voigt, Trigonometrische Punktbestimmung, Einschneiden durch zwei innere
und eine äussere Richtung 171
Wagner, Winkel-Prisma von Bauernfeind, optische Fehlertheorie und
deren Anwendung 630
Wagner, Gebrauch des Winkelprismas bei geneigten Strahlen 657
Walraff, Bittgesuch des Rheinisch- Westf. Landmesservereins an den
Arbeitsminister .■ 90
Weinerth und Porth, Bericht über die Generalversammlung des Ver-
eins Hessischer Geometer I. Classe am 15. Mai 189- 619
Weitbrecht Bericht Uber die Hauptversammlung des WUrttembergischen
Geometervereins am 18. April 1892 533
Wilski, Cubatur eines prismatischen Körpers mit windschiefer oberer
Grenzfläche und unregelmässigem Viereck als Grundfläche 401
Wilski, Neue mechanische Rechenhülfsmittel 625
Wilski, Rollenschiefe und Scharnierschiefe beim Amsler’schen Polar-
planimeter... 609
Win ekel, Amt des Kassirers des D. G.-V. betr 32
Winckel, Berechtigung der höheren Lehranstalten 33
Winckel, Einsendungen an die Redaction der Zeitschrift d. D. G.-V. betr.
Mittheilung 287
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X
8eite
W i n c k e 1 , Feld- und Reisezulage der Landmesser betr. Oberlandesgerichta-
Erkenntniss 659
Winokel, Kassenbericht des Deutschen Geometer- Vereins 93 128
Winckel, Verlust aus dem Vermögen des Deutschen G.-V. betreffende
Mittheilung 121.
Winckel, Vorstandsitz des Deutschen G.-V
Zeidler, Preuss. Grundsteuerkataster
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M M Ol
8S&
1
ZEITSCHRIFT für VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover, Steuer-Rath in Manchen.
1892. Heft 1. Band XXI.
5-i 1. Januar.
Triangulirung des Stadtbezirks Hannover im System
III. Ordnung der trigonometrischen Abtheilung der
Landesaufnahme.
Im Sommer 1891 wurde die Triangulirung III. Ordnung der trigo-
nometrischen Abtheilung unserer Landesaufnahme in der Gegend von
Hannover ausgeführt, und dabei das Stadtgebiet selbst besonders be-
handelt. In Voraussicht einer genauen Neuvermessung der Stadt, jeden-
falls des nordwestlichen Gebietes der neu angeschlossenen Dörfer Herren-
hausen, Hainholz, Vahrenwald, List, hatte das Stadtbauamt beim
HeranrUcken der allgemeinen Landestriangulirung an Hannover, sich mit
der trigonometrischen Abtheilung in Beziehung gesetzt, um ein Uber die
Bedürfnisse des platten Landes hinausgehendes, möglichst in sich abge-
schlossenes Werk zu erlangen; die dadurch bedingten Uberschiessenden
Kosten wurden von der Stadt zu den allgemeinen Triangulirungs-
kosten beigesteuert.
Als geodätischer Mitarbeiter wurde hierbei Verfasser dieses Berichtes
von der Stadt bestellt, und die trigonometrische Abtheilung der Landes-
aufnahme hatte die grosse Güte, mich hierbei vorübergehend in die
Function eines „Trigonometers“ eintreten und alle Einzelheiten der
Landesaufnahme in Messung und Berechnung genau mitmachen und
kennen lernen zu lassen. Ausserdem hat Herr Ingenieur Petzold
bei allen Messungen mitgewirkt.
Ausser dem hochverehrten Chef unserer Landesaufnahme, Excellenz
General -Lieutenant Schreiber, habe ich hierfür dem Chef der trigono-
metrischen Abtheilung, Herrn Oberst Morsbach, dann dem Vermessungs-
Dirigenten, Herrn Hauptmann de Graaff, Herrn Premier - Lieutenant
Messner und Herrn Trigonometer Otto auch an dieser Stelle zu
danken.
In unserem Falle wurde durch den Zutritt der geodätischen Aus-
rüstung unserer Hochschule und die besonderen Interessen der künftigen
Zeitschrift für Vertnessungswesen. 1892. Heft 1. 1
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2
Jordan. Triangalirnng des Stadtbezirks Hannover.
Stadtaufnahme, mit Polygonzögen u. s. w., manches durch Besprechung
zwischen den Officieren und dem Verfasser eingerichtet, was in den
bisherigen Vorschriften nicht unmittelbar enthalten war, aber aus gemein-
samer Erwägung hervorgegangen, jenen bewährten Vorschriften sich
anschliesst.
Das trigonometrische Netz.
Nachdem schon im Jahre 1887 durch die Triangulirung I. und
II. Ordnung eine Basis Aegidius - Wasserthurm auf dem Stadtgebiete
von Hannover gewonnen worden war, welche zur Triangulirung von
Linden, südwestlich von Hannover, bereits gedient hat (vgl. Zeitschr.
f. Vermessungsw. 1889 S. 4 — 14 und J. Handb. d. Verm. H. S. 228
Fig. 1.
Trigonometrisches Netz der Stadt Hannover.
(Das Netz enthält noch 25 hier nicht eingezeichnete Klrchthürme u. s. w., welche nur vorwärts
eingeschnitten werden.)
ö.Schnnze
o 1 2 3 4 5 Kiloffl .
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Jordan. Triangulirung des Stadtbezirks Hannover.
3
und III. S. 134) war es nahegelegt, dieselbe eine Basis auch für
Hannover zu Grunde zu legen, und darauf ein von allem anderen unab-
hängiges Netz aufzubauen, welches in Fig. 1 gezeichnet ist.
Allerdings löst sich damit unser Netz von der übrigen Triangulirung
III. Ordnung der Umgebung ab, indem letztere stets von Punkt zu
Punkt mit Anschlusszwang ausgeglichen wird, während unser Fünfeck
von Fig. 1 mit nur zwei festgegebenen Punkten (Aegidius und Wasser-
thurm) lediglich in sich selbst ausgeglichen, keinem fremden Zwange
unterworfen ist. Umgekehrt wird der AnschlusBzwang, welcher in
III. Ordnung unvermeidlich ist, durch unser isolirtes Fünfeck von dem
Stadtgebiete nach Aussen geschoben, was aber insofern unschädlich
ist als die benachbarte Heide viel leichter einige hingeschobene
Fehler ertragen kann als das Stadtgebiet, in welchem der Grund und
Boden so werthvoll ist, dass 1 Quadratmeter bis zu 100 Mark be-
rechnet wird.
Uebrigen8 wurde auch das Stadt -Fünfeck im Vergleich mit der
Triangulirung des platten Landes mit verstärkter Genauigkeit nahezu
wie II. Ordnung gemessen, so dass von Hinausschieben merklicher Fehler
kaum die Rede sein kann; und die bereits verglichenen Anschlüsse
haben gezeigt, dass bei Burg, Schanze u. 8. w. die übrige Triangulirung
III. Ordnung mit kaum schlechteren Anschlüssen sich findet als im
übrigen Lande.
Das hier angeführte Princip der Localnetz -Anlage für eine Stadt
ist nichts anderes als weitere Ausbildung des sehr schönen Principe von
„Folgepunkten“ und „Leitpunkten“, das wir schon früher in dieser
Zeitschrift 1889 S. 1 — 11 mitgetheilt haben.
Der Gang der Ausgleichung ist durch Fig. 1 auch schon angedeutet,
es wurde nämlich das eigentliche Fünfeck, mit dem Centralpunkt Aegidius,
nach BedingungBgleichungen (Correlaten) ausgeglichen (mittlerer Fehler
einer Richtung = ± 1,0;") und dann das Zweipunktsystem Hochschule-
Dreifaltigkeit mit Coordinaten-Ausgleichung eingeschaltet. Dabei kommen
die verschiedenen Nullpunkts-Correctionen z in Betracht, deren Theorie,
mit zugehörigen einfachen Regeln Herr General Schreiber schon
früher veröffentlichen liess in dem Werke Jordan -Steppes, Deutsches
Vermessungswesen 1882, I, S. 156 — 164. Es ist dort angenommen,
dass alle äusseren neuen Strahlen je an einen alten (festen) Strahl an-
geschlossen sind, (daher kommen die Gewichte 1:2 für die neuen
Strahlen). In unserm Falle lag dagegen die Sache anders. Es wurde
z. B. in Willmer von Anfang an ein gemeinsamer Satz für alle 4 vor-
handenen Strahlen gemessen, durch die Correlatenausgleichung des Fünf-
ecks sind von diesen 4 Strahlen 3 endgültig geworden, und der vierte,
Dreifaltigkeit, ist zunächst gegen dieselben so zu legen, dass die alge-
braische Summe der 3 Richtungsänderungen gleich Null wird, wodurch der
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Jordan. Triangulinmg des Stadtbezirks Hannover.
Strahl Dreifaltigkeit das theoretische Gewicht = — erhält (nicht wegen
4
Verschiedenheit in den Messungswiederholungen, sondern wegen der
Art der Anbindung). Ein anderer Fall ist dieser: In Steuerndieb sind
die Strahlen nach Dreifaltigkeit und nach Hochschule in zwei ver-
schiedenen Sätzen an alte feste Strahlen angebunden, und erhalten
daher verschiedene z, . aber keine verbindende Summengleichung. Durch
solche Beispiele ist gezeigt, dass die citirten Regeln in nnserem Falle
nicht unmittelbar gelten.
Da die ganze Theorie der z und der Gewichte immer auf der in
Wirklichkeit doch nicht erfüllten Hypothese fehlerfreier Anschlussstrahlen
beruht, könnte man fUr Triangulirung III. Ordnung, und Stadttriangulirung
wie die unserige, diese Methoden wohl auch noch vereinfachen, indem
man z. B. alle äusseren Strahlen unabhängig einflihrte; allein nur
die feinere Theorie, (welche für die am häufigsten vorkommenden Fälle
erstmals in jenen eleganten Regeln gegeben wurde), kann den richtigen
Maassstab bieten für das, was unter gegebenen Umständen von der
theoretischen Strenge etwa nachgelassen werden kann.
Coordinaten - Systeme.
Die trigonometrische Abtheilung hat ein conformes rechtwinkliges
Coordinatensystem über ganz Preussen, mit dem Meridian für 31° Länge
als X-Achse, und einem Coordinatennullpunkt in der Breite 52° 42'
2,53251" . (Einiges Weitere hierüber giebt J. Handb. d. Vermessungsw.
Fig. 2. Ill, S. 448.) Auch ohne die ganze Theorie
dieser Projection zu behandeln, kann man oft
in die Lage kommen, Angaben aus Abrissen
oder Coordinatenverzeichnissen der Landesauf-
nahme zu benutzen, wozu folgende Grund-
formeln für 1H. u. II. Ordnung dienen: (vergl.
Fig. 2.)
Ein Punkt A habe die Projections -Coor-
dinaten xx ylt und B entsprechend y2> dann
hat man für die geradlinige Entfernung s und
den Richtungswinkel t, in dem ebenen recht-
winkligen Systeme, wie immer:
tang tx
_ y* - y\
x2 — xx
vtv. -*>*+ «*-<*>*
Ausserdem sei S die sphärische Entfernung der Punkte A und B,
und ÜT| sei der entsprechende sphärische (auch sphäroidische) Richtungs-
winkel.
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Jordan. Triangulirung des Stadtbezirks Hannover. 5
Hierzu dient das Vergrösserungsverhältniss:
%= m = i + oder >°s » = i y"->
wobei für 7 stellige Logarithmen log. 2-72670.
Für endliche, kleine Entfernungen s kann man rechnen:
log s — log S = g-^2- (fr + */2)2
oder genauer, wenn y0 zur Mitte zwischen den Endpunkten gehört:
logs — logS=j^-(yi2 + 4 y02 + t/22).
Zur Reduction von tj auf T\ hat man :
genähert T, — t, = (a>, — x,) (y2 + >h) | ^
wobei log - = 1.10231,
genauer: Tj — fj = ( x2 — Vl £
und entsprechend: T2 — f2 = («j — x2) ^ ^A2 .
o A ii
Mit diesen wenigen Formeln reicht man meist aus, wenn man die
Veröffentlichungen der Landesaufnahme praktisch benutzen will.
Das allgemeine Coordinatensystem hat zur einheitlichen Darstellung
der Triangulirungsergebnisse von ganz Preussen und zur Ausgleichung
ganzer Netze I. Ordnung (Wesernetz) die besten Dienste geleistet.
Die Landesaufnahme wendet dieses allgemeine System auch auf die
Triangulirung III. Ordnung an.
Bei unserer Hannoverschen Stadttriangulirung kommt aber noch
ein anderes Coordinatensystem in Betracht, das von der Katasterverwal-
tung eingeführte sogen. Soldner’sche System mit dem Coordinatennull-
punkt Celle.
Bei den Centrirungsberechnungen haben wir meist mit Näherungs-
coordinaten in dem letzteren System gerechnet, wobei alle sphärischen
Correctionen vernachlässigt werden können, wie an den beiden Beispielen
Hochschule und Dreifaltigkeit im Folgenden gezeigt werden soll. (V ergl.
hierzu Seite 22.)
Erkundung und Sigualbau.
Nachdem unsere vorläufigen Erkundungen schon 1890, ungefähr
auf die Form von Fig. 1 geführt hatten, ist doch die jetzt gültige Form
Fig. 1 erst durch das Eingreifen der Officiere der Landesaufnahme
entschieden worden, wegen der Schwierigkeiten der Punkte Steuerndieb
und Burg.
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Jordan. Triangulirung des Stadtbezirks Hannover.
In Stenerndieb musste zuerst ein vorläufiges UmschaugerUst
von 30 m Höhe errichtet werden (mit Leitern zwischen zwei Bäumen)
und dann wurde das aus abgefangenem Pfeiler und Beobachtungsgertist be-
stehende Signal durch Herrn Trigonometer Otto in der kurzen Zeit von
2 — 3 Wochen erbaut, was ohne die langjährigen Erfahrungen der
Landesaufnahme, und ohne die besondere Befähigung und Thatkraft
des Herrn Trigonometers Otto filr einen anderen Ingenieur in der
kurzen Zeit und mit den verhältnissmässig geringen Kosten (1467 Mk.)
eine Unmöglichkeit gewesen wäre.
Fig. 3.
Pyramidensignal I. Ordnung Steuerndieb, erbaut im Mai 1891
von Trigonometer Otto.
Höbe der Pyramidenspitze = 31,0 m über der Erdfläche.
„ des Theodolitstandes = 25,7 „ „ „ „
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Jordan. Triangulirung des Stadtbezirks Hannover. 7
Oer Pfeiler and das Beobachtangsgerttst sind zwei ganz von ein-
ander getrennte Bauwerke, damit die auf dem Beobachtungsgertlst
unvermeidlichen Erschütterungen nicht auf den Pfeiler übertragen werden.
In Fig. 3 ist der Pfeiler dunkel, dagegen das Beobachtangsgerüst
hell gezeichnet.
Auch der nordwestliche befriedigende Abschluss mit Burg und der
Stadtpunkt Dreifaltigkeit ist dem Eingreifen der Generalstabsofficiere
mit ihrem geübten Personal zu verdanken.
Als höchst werthvoll für das Zustandekommen der schönen Netzform
müssen wir hier auch das liberale Entgegenkommen der beiden Besitzer
der Punkte Burg und Willmer nennen, welche die Einrichtung der
Theodolitstünde auf ihren Thürmen und das Messen daselbst erlaubt
haben; wir sind gedrungen, dem Herrn Mummy, Rittergutsbesitzer auf
Burg, und Herrn Willmer, Rittergutsbesitzer, hierfür auch an diesem
Orte den gebührenden Dank zu sagen!
Fig. 4. Fig. 5.
(1:10) (1:10)
Gewöhnliche Pyramide IH. Ordnung. Pyramide mit Tafel.
(Ganae Höhe 6 m über dem Erdboden. (Schanze mit Höhe der Tafel =11,5 m
Diagonalenkreuz 2,0— 2,5 m über dem Erdboden.) über der Erdfläche.)
ik VennurunjVv?
CTW*fa»k.r««J ’
ln festem Bo den
Der Instrumentenstand auf dem Thurme von Burg wurde durch
eine in der Hypotenuse Uber die Zinnen gelegte hölzerne Bohle erreicht,
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Jordan. Triangulirung des Stadtbezirks Hannover.
welche dem Zwecke vollauf entsprach, und nur wie alle durchgehenden
Hohlen den persönlichen Uebelstand hat, dass der Beobachtende an
einem Nachmittag wohl 50 — 100 mal mit gekrümmtem Rücken unter
der Bohle, ohne anzustossen, durchschlüpfen muss.
Auf Hochschule wurde eine eiserne runde Centralplatte und eine
drehbare Bohle angelegt, welche auf einer eisernen Schiene längs der
inneren Thurmwand laufend alle möglichen Theodolitstände zur excen-
trischen Messung durch die engen Thurmfenster (Fig. 18) zuliess.
Auf Aegidius war schon durch die Triangulirung I. Ordnung 1887
ein Holztisch errichtet worden, an den nun noch eine Bohle nach der
einen südöstlichen Thurmbrüstung gelegt wurde.
Auf Wasserthurm und Willmer wurden Steinpfeiler errichtet, und
endlich auf Dreifaltigkeit 4 Galeriebrüstungs- Theodolitstände eingerichtet.
Auf Schanze konnte zu ebener Erde beobachtet werden unter einem
Pyramidensignal mit Verlängerungsstange und Tafel nach Fig. 5.
Alle diese Signalbauten mit Ausnahme von Hochschule, sind von
den Officieren der Landesaufnahme in rascher Folge angeordnet und
ausgeführt worden.
Festlegungsmittel für die Zukunft.
Ausser den Steinen mit Platte, welche wir als allgemein bekannt
annehmen, hat die trigonometrische Abtheilung noch manche andere und
feinere Mittel zur Punktbezeichnung, namentlich auf Bauwerken.
Fig. 6.
Markirstift.
(1:2.)
©
Fig. 7.
Leuchtschraube
zum Einschrauben
in Holz.
(1:2.)
(4 — 23 — >i
Fig. 8.
(Maassstal) l : 2.)
In früherer Zeit (vor
1866) wurden die Theo-
Leuchtschraube mit Aufsatz und dolitstände, Heliotropstände
Schlüssel zum Aufsetzen des
Heliotrops.
u. s. w. nur durch Blei-
striche, einzelne eingeschla-
gene gewöhnliche Nägel
oder Stifte u. dgl. bezeich-
net, jetzt sind genauere
und unzweideutige Punkt-
bezeichnungenim Gebrauch,
deren wichtigste wir hier
in Zeichnung und kurzer
Beschreibung vorfuhren.
Die in Fig. 7 u. 8 zwei-
fach gezeichnete Leucht-
schraube hat zuerst den
Zweck, dem Heliotrop einen
bestimmten Stand zu geben,
zum wiederholten Heliotro-
piren von demselben Punkte
aus und zum sicheren
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Jordan. Triangulirung des Stadtbezirks Hannover.
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Messen der Centrirung, die Leuchtschranben werden aber auch allgemeiner
zur Bezeichnung von Controllpunkten angewendet, deren z. B. 4 (nördl.,
östl., slidl., westl.) auf der Brüstung des Aegidienthurmes (Fig. 16) an-
gebracht sind. Auf Bohlen werden die Theodolitstände durch Markier-
stifte Fig. 6. (etwa 3 cm lang) bezeichnet, welche mit einem Loche zum
Einstecken einer Nadel versehen sind.
Die Thurmbolzen Fig. 9 werden unten im Sockel von Bauwerken
horizontal eingemauert, ähnlich wie Nivcllementsbolzen; als trigonome-
trischet Punkt gilt dabei die Mitte eines Stifts S, welcher in den Rücken
der Hervorragung eingesteckt werden kann. Solche Bolzen befinden
sich in Hannover an den Sockelmauern von Burg und Willmer und an
der Mauer des Lindener Wasserthurmes in Plattformhöhe.
Fig. 9.
Thurmbolzen. (Maassstab 1:4.)
!* D^OS1"-
Fig. 10 zeigt einen Plattformbolzen und Fig. 11 eine Plattform-
marke, beide Arten werden auf Bauwerken mit Punkten II. und I. Ord-
nung vertikal eingemauert. Ein Plattformbolzen Fig. 10 befindet sich
z. B. auf der unteren quadratischen Plattform des Aegidienthurmes
(Fig. 16), in der südwestlichen Ecke, vom Kupferbelag des Bodens
bedeckt.
Endlich zeigt Fig. 12 noch eine Thonröhre, welche als Sicherung
in der Tiefe etwa 1 m unter dem Erdboden dient. Zum Versenken
wird mit dem Erdbohrer ein Loch vorgebohrt.
Im Vorstehenden sind die wichtigsten Festlegungsmittel der trigono-
metrischen Abtheilung der Landesaufnahme beschrieben, in unserem
Falle kamen noch dazu einige Bolzen der Stadtvermessung nach An-
deutung von Fig. 13 mit Nadel N zum Einstecken in das vertikale
Bolzenloch. Mit solchen Bolzen sind die Strassenpunkte an der Hoch-
schule (1), (2), (3), (4) Fig. 19 und das Viereck um die Dreifaltigkeit,
Fig. 20 bezeichnet.
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Jordan. Triangulirung des Stadtbezirks Hannover.
Fig. 10.
Plattformbolzen (1 : 4).
Fig. 11.
Plattformmarke (1 : 4).
Fig. 12.
Thonröhre
(etwa 1:10)
unter dem Stein,
unter der Pyra-
mide von
Schanze.
Grundrisse und Ansichten. Von jedem
trigonometrischen Punkte wird ein Lageplan,
etwa in 1:50 gezeichnet, mit Angabe aller
Theodolitstände, Leuchtschrauben u. s. w. und von
allen ThUrmen und ähnlichen Bauwerken, welche
angezielt wurden , werden Zeichnungen oder
Photographien beschafft und zu den trigono-
metrischen Acten genommen, wie beispielshalber
unsere Zeichnungen für Aegidius und Hochschule
Die Ausrüstung des TrigonometerB besteht aus Folgendem:
1) Theodolit (Fig. 21) mit gewöhnlichem Kasten und einem grossen innen
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Jordan. Triangulirung des Stadtbezirks Hannover.
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gepolsterten Kasten ftir grossen Transport, dazu ein Stativ mit Leder-
kappe, Setzlibelle, Loth und Messingplatte.
2) Abloth- Instrument mit Kasten.
3) Schutzmittel: Eine Gummidecke zum Schutz des Instruments gegen
plötzlichen Kegen, 1 — 2 Schirme, 2 Leinwandpläne von je etwa 3 Quadrat-
meter, zum Schutze gegen Sonne oder Wind.
4) Maassstäbe: Zwei Meterstäbe, ein Messband und mehrere Latten.
b) Schreibmaterial, Ledertasche mit Feldblichern, Schreibbrett, Tinte,
Federn u. s. w.
6) Werkzeuge, in einer ledernen Werkzeugtasche: Leuchtschraubenschliissel,
Säge, Beil, Stemmeisen, Schraubenzwingen, Feile, Steigeisen, Schränk-
eisen, Bohrer, Nägel in einem ledernen Beutel.
Ausnahmsweise wurde hierzu in unserm Falle noch manches von der
geodätischen Sammlung der Hochschule genommen. Stative, Lothstäbe, Mess-
latten, Comparator u. s. w.
Ablothen.
Das Ablothen (oder auch Auflothen) kommt in mannigfacher Form
häufig vor; und indem wir hier absehen von dem unmittelbaren mecha-
nischen Lothen durch das Schnurloth, wollen wir die verschiedenen
Fig. 13.
(1:10)
Strassenbolzen der Stadtver-
messung.
N
i
I
Fälle behandeln, in welchen
durch den Theodolit oder ein w-
besonderes kleines theodolit-
artig gebautes Instrumentchen
ein Punkt von zwei Seiten her
(thunlichst rechtwinklig gegen-
einander) optisch ab- oder aufprojieirt wird.
Der bei jeder Pyramide vorkommende Fall dieser Art betrifft das
Ablothen. der Spitze zum Zwecke der Steinsetzung, wie in Fig. 14
angedeutet ist. Die Pyramide wird begreiflich vor dem Steine gesetzt,
welcher unten bei C0 nachher so einzurichten ist, dass seine Mitte
lothrecht unter P zu liegen kommt. Zu diesem Zweck sucht man zwei
Lothrichtungen auf, welche in Fig. 14 zur Vereinfachung der Anschauung
Fig. 14.
Ablothen.
P
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Jordan. Triangulirung des Stadtbezirks Hannover.
Fig. 15.
Ablothen d. oberen
und der Ausdrncksweise etwa mit den Haupthimmelsrichtungen S. N. und
W. 0. zusammenfallen sollen und die Richtung S. N. werde zuerst abge-
lothet. Dazu befestigt man quer zu S. N. zwei Latten AA' und BB
(durch Stifte, Nagelbohrer, Zwingschrauben u. s. w.), stellt den Theodolit
in bequemer Entfernung (= 2 — 3 fache Höhe P C0) Uber S. auf, lothet
P auf die Latten AA' und BB' ab, indem mau die Punkte a und b
durch Handwinken oder Zuruf einweist (in zwei Fernrohrlagen). Dann
legt man längs a b eine dritte gut gerade Latte CC an, stellt das
Abloth-Instrument nach 0. und weist ebenso c ein, von wo man vollends
nach C0 hinunter mit Schnurloth zum Steinsetzen gelangt.
Einen zweiten ebenfalls häufig vorkommenden Fall
zeigt Fig. 15, betreffend die Ablothnng der oberen
Tafel von Schanze, Tafel auf Schanze (Fig. 5). Da diese Tafel 11,5 m
vergl. Fig, 5. Uber dem Boden sich befindet, war es nicht möglich,
die Stange völlig lothrecht und centrisch aufzustellen,
es musste vielmehr die Stangenmitte unter der Tafel
besonders abgelothet und centrirt werden. Dieses
geschah von zwei Seiten her und gab den Punkt T
von Fig. 15, nordöstlich von der Steinmitte C, oder
genauer bestimmt 0,055 m in einer Richtung CT,
welche mit der Richtung nach Aegidius den Winkel
113° bildet, woraus auch der Winkel 113° + 22° 9'
= 135° 9' sich ableitet, welchen die Excentricität
CT— 0,055 m mit der Richtung nach Hochschule bildet,
! und da Hochschule die Entfernung 3953 m hat,
bestimmt sich auch die Parallaxe für Hochschule:
e = ^|psin 135 0 9' = 2,02"
.*/
Jt'
1
9' |
d. h. die von Hochschule auf die Tafel T (bezw. Stangenmitte unter
der Tafel) gemessene Richtung ist um 2,02" zu verkleinern zur Reduc-
tion auf das Centrum C der Station Schanze.
Der Winkel 113° wurde im vorliegenden Falle geradezu mit dem
Transporteur gemessen, unter Anlage eines Lineals nach der Richtung
Aegidius; es giebt aber auch noch ein anderes Verfahren, die Richtung
der Excentricität CT zu bestimmen; man legt nämlich in die Richtung
CT eine Latte, 2 — 3 m lang, so dass man ihr vorderes Ende mit dem
fiber C aufgestellten Theodolit anzielen kann, und indem man dieses
Lattenende als Zielpunkt in irgend einen Richtungssatz mit aufnimmt,
erhält man auch die gewünschte Richtung CT. Das unmittelbare Ab-
lothen durch Zurnf, Handwinken oder sonstige Zeichen kann wohl
bis Entfernungen von etwa 100 m und Höhen bis 50 m ausgeführt
werden, und Aegidius (vergl. Fig. 16) wurde so abgelothet. Indessen
bei grösseren Entfernungen und Höhen bei beschränkten räumlichen
Verhältnissen, dunklen Thürmen u. s. w. ist es bequemer, in dieser Weise
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Jordan. Triangulirung des Stadtbezirks Hannover.
13
nur roh vorläufig abzulothen und die Verfeinerung durch Winkelmessnng
zu machen; bei ThUrmen ist wohl meist auch die genähert im Innern
des Thurmes genommene Mitte des Thurmes eine genügende vorläufige
Ablothung; so war es bei unserem Thurm der Hochschule i Fig. 18.)
dessen Ablothung wir hier als Beispiel vorfuhren wollen.
Fig. 16. F>g- 17-
Aegidienthurm in Ablothung Hochschule.
Hannover. (Zu Fig. 18, S. 15 gehörig.)
■Ot
(2)
In der Mitte des oberen Thurmstockwerks
(Fig. 18, S. 15) wurde eine eiserne Platte von 40 cm
Durchmesser als Theodolitstand aufgerichtet, welche
in obenstehender Fig. 17 mit ihrer Mitte T an-
gegeben ist, und es handelt sich darum, die Mitte
der Helmstange C auf die Tischplatte herunter
zu lothen. Zu diesem Zwecke wurde in T ein
Lothstab (von der Form J. Handb. d. Verm. II, S. 321) aufgestellt,
welcher durch die oberen schmalen Thurmfenster (Fig. 18 F) auf dem Erd-
boden unten gesehen werden konnte, in zwei Punkten (1) und (2)
von Fig. 19, welche beiläufig 105 m und 130 m von T entfernt sind.
Nun wurde der Theodolit in (1) und in (2) aufgestellt und je der kleine
Horizontalwinkel zwischen der Helmstange C und dem Tischmittenstab T
gemessen, und zwar:
C (1) Tz= 1' 7" C (2) T= 0' 14" (1)
Man rechnet daraus mit den bereits erwähnten Entfernungen (1) T = 105 m
und (2) r=130 m die Querverschiebungen:
105 m = 0,034 m 130 m = 0,009 m (2)
P P
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14
Jordan. TrianguHrung des Stadtbezirks Hannover.
Damit begiebt man sich auf den Thurm (Fig. 17 und 18), zieht mit
einem Lineal die Richtungen von der Tischmitte T nach den Ablothe-
ständen (1) and (2), setzt quer dazu die soeben berechneten 34 mm
und 9 mm ab, (links oder rechts nach Lage der kleinen Winkel) in
den Abständen 34 mm und 9 mm zieht man Parallelen zu den T (X)
und T (2) und erhält als Schnitt dieser Parallelen den gewünschten
Ablothepunkt C. (Zur Sicherung haben wir dasselbe auch noch von
einem dritten nördlichen Ablothepunkte aus gemacht, was hier nicht in
Zahlen mitgetheilt wird.) Der Punkt C wurde in der Eisenplatte durch
ein eingebohrtes Loch dauernd bezeichnet.
Eine Nebenbemerkung betrifft noch die Entfernungen (1) T und
(2) T, welche man nur genähert braucht. In Städten hat man meist
ältere Karten und Pläne, in welche man die ganze Lage einzeichnen
und damit auch die fraglichen Entfernungen genähert abnehmen kann;
oder man kann durch ein Dreieck (1) (2) T mit gemessener Grundlinie
(1) (2) wie in Fig. 19 die (1) T und (2) T trigonometrisch berechnen,
oder endlich, wenn der Raum oben bei T ganz frei ist, stellt man drei
Stäbe Ti T2 T3 quer zur Ziellinie (1) C bezw. (1) T und bestimmt
durch Horizontalwinkelmessung zwischen den 4 Punkten C T, T2 T3
die Projection von C zwischen den T mit Interpolation.
In engen und dunklen Thurmräumen geht dieses nicht, und hier
ist noch eine Nebenfrage zu behandeln, ob man nämlich von aussen in den
dunklen Thurm hinein genügend deutlich sehen kann. Bei unserem Thurm
(vergl. Fig. 18) war dieses bei hellem Wetter möglich, dagegen später,
als auch zur Höhen win kelmessung wieder von (1) und (2) nach T
gesehen werden sollte, war bei trüber Witterung dieses nicht unmittelbar,
sondern nur nach Aufsteeken einer brennenden Stearinkerze, welche
dann selbst als Ziel diente, möglich. (Auf dem Ansgariusthurm in Bre-
men liess Herr Hauptmann v. Schmidt, 1886, in solchem Falle den
Innenstab T durch einen Hülfsheliotropenspiegel von der Fensterbrüstung
aus beleuchten.)
Eine Besonderheit des Ablothens wollen wir noch für Steuerndieb,
Fig. 3 angeben. Die erste Ablothung zum Steinsatz wurde von Herrn
Premier- Lieutenant Messner nach dem Verfahren von Fig. 14 gemacht,
und dann wurde den ganzen Sommer 1891 durch die Pyramidenspitze,
der Theodolitstand oben und die Steinmitte unten centrisch genommen,
indessen im nächsten Jahre nach Frost und Winterstürmen wird darauf
nicht mehr zu rechnen sein. Man könnte dann von zwei Standpunkten
unten von neuem ablothen (wie Fig. 14); man kann jedoch die Neu-
centrirung auch lediglich von oben machen, denn wir haben unten drei
Bolzensteine setzen lassen, welche von dem Theodolitstand oben sichtbar
sind, und bereits 1891 gegen die Netzsichten mit eingemessen sind.
Misst man die 3 Versicherungsbolzen (oder auch nur 2 davon) nächstes
Jahr wieder ein, so wird man (da die Bolzensichten weit kürzer sind
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Jordan. Triangulirung des Stadtbezirks Hannover. 15
als die Netzsichten) in den Messungsdifferenzen gegen 1891 sofort die
kleinen Parallaxenwinkel zur Centrirungsberechnnng haben.
Eine gewisse Art von Ablothung liegt auch vor, wenn eine
Stangenschiefe zu bestimmen ist, wie z. B. auf Willmer nöthig war,
eine solche Aufgabe lässt sich am besten in Coordinaten behandeln,
ähnlich wie in dem nachfolgenden Beispiele Hochschule.
Knopf“. Als Beobachtungsstände
auf diesem Thurm dienen erstens
Centrirung auf Hochschule.
Der Hauptthurm der Technischen Hochschule (Welfenschloss) enthält
das „Centrum der Station“, nämlich „Helmstange Uber dem
Fig. 18.
Hochschule.
eine eiserne Tischplatte T im oberen (Hierzu auch Fig.1 7, S. 13 u. Fig. 19, S. 16.)
Stockwerke des Thurms, von welcher
aus durch die oberen kleinen nur
30 cm breiten Fenster F beobachtet
werden kann, und zweitens eine
eiserne ThurmbrUstungsplatte B am
Südbalcon in halber Höhe des Thur-
mes. Es waren also jedenfalls diese
zwei Punkte T und B gegen C
zu centriren; es kam aber noch eine
weitere Aufgabe hinzu, weil der
Thurm C von Aegidius aus (vergl.
Fig. 1) nicht sichtbar ist, wegen
Zwischentritt des Marktthurms; wohl
aber war ein anderer der 5 Wel-
fenthürme nämlich S 0 von Aegi-
dius aus zu sehen, es musste also
auf Hochschule auch S 0 gegen C
centrirt werden. Diese drei Centri-
rungsaufgaben, zu welchen noch
die gegenseitige trigonometrische
Höhenbestimmung kommt, sind mit
Hülfe von 2 Grundlinien nach Fig. 19
gelöst worden.
Die Basis (1) (2) ist so gelegt, dass von (1) und (2) aus durch
die oberen kleinen Thurmfenster nach der Thurmmitte oben gesehen
werden, also die Helmstange C von oben geradezu in den Thurm hinab-
gelothet werden kann, wie bereits bei Fig. 17 gezeigt ist, was wir
aber nun nochmals anders behandeln. Auch die vordere BrUstungsplatte
B ist von (1) und (2) aus sichtbar, aber der Thurm S 0 ist von (1)
nicht sichtbar, weshalb noch eine zweite Grundlinie (3) (4) angelegt
wurde, welche S 0 mit C verbindet, und ausserdem auch noch einmal
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16 Jordan. Triangulirung des Stadtbezirks Hannover.
B und C bestimmt. Die Entfernungen 166,693 m und 90,870 m wurden
mit gewöhnlichen Latten auf 1 — 2 mm genau gemessen (mit Lattencorrection
nach dem Comparator). Von B sieht man nicht nur die 4 Basispunkte
(1), (2), (3), (4), sondern auch zum trigonometrischen Anschluss den
Aegidiusthurm.
Fig. 19.
Centrirung auf der Technischen Hochschule.
(Maassstab 1 : 2000 (bei B, Cy T verzerrt).
Folgendes sind Abrisse aller Winkelmessungen (Mittel aus je zwei
Sätzen).
Standpunkt B
Aegidius 0® 0' 0,0"
Basispunkt (4) 343 3 24,8 \
„ (3) 42 8 53,1 J
„ (2) 39 16 35,5 1
„ (1) 130 58 23,6 /
59« 5' 28,3"
91041' 48,1'
(3)
Standpunkt (1)
C 0» 0' 0,"0
TO 1 6,8
B 1 55 28,5
(2) 51 18 5,0
Standpunkt (2)
c 0« a o,o"
TO 0 13,8
(1) 320 51 39,5
B 359 47 6,8
Standpunkt (3)
(4) 00 0' 0,0"
C 297 25 30,5
B 297 14 9,8
SO 319 22 4,5
Standpunkt (4)
(3) 00 0' 0,0"
B 58 8 25,5
C 60 2 56,2
SO 87 57 56,8
Man rechnet zuerst die beiden Dreiecke (1) (2) B und (3) (4) B, welche in
den Winkeln auf bezw. 8" und 16" schlicssen, und mit den eingeschriebenen
Grundlinien 166,693 in und 90,870 m die übrigen Seiten geben :
(1) B = 104,780 m, (2) B= 126,579m; (3) £ = 89,955 m, (4) ß = 94, 168m (4)
Zum Weiteren braucht man Näherungs werthe von B und von Aegidius in
irgend welchem System. Wir nehmen hierzu das Katastcrsystem und Näherungs-
werthe von 1887:
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Jordan. Triangulirung des Stadtbezirks Hannover.
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Aegidius y = — 23271,813 *= — 28308,395 (5)
Briistungsplatte B —24709,910 — 26871,891 (6)
Aus (5) und (6) hat man den Richtungswinkel:
(B, Aegidius) = 134« 58' 5,7" (6a)
Wenn man hierzu'den auf B gemessenen Satz nach (3) hinzunimmt, auch
die zwei Dreiecksschliisse (1) (2) B und (3) (4) B mit berücksichtigt, so erhält
man für B den Abrisst
Aegidius 134*58' 5,7"
(4) 118 127,9 log B (4) =1.973904
(3) 177 7 1,5 „ B (3) = 1.954025
(2) 174 14 39,9 „ B (2) = 2.102360
(1) 265 56 30,7 „ B (1) = 2.020278
Damit berechnet man die Coordinaten der 4 Basispunkte:
(1) — 24814,427,-26879,306 , (3) — 24705,386,-26961,732
(2) — 24697,216, — 26997,831 , (4) — 24626,783, — 26916,136
Diese Coordinaten geben, in Uebereinstimmung mit Fig. 19:
[(1) (2)] = 135 » 19' 9,5" log (1) (2) = 2.221918
[(3)(4)]= 59« 52' 28,2" log (3) (4) = 1.958422
Für die 4 Dreiecke, deren Spitzen in C, T und SO liegen, erhält man die
Dreiecksseiten :
(7)
log (1)C= 2.022101; log (2)0=2.114273
log (3) C= 1.970736; log (4) C= 1.981215
log (1) T — 2.022136; log (2) T= 2.114160
log (3)30= 2.065195; log (4)S0= 1.879183 I
Damit berechnet man auch die Coordinaten der drei Punkte C, T und SO
von (1) (2) aus: C -24709,780,-26868,340 (8a)
von (3) (4) aus: C -24709,776,-26868,352 (8b)
Mittel C -24709,778,-26868,346 (8)
aus (1) (2) : T -24709,768,-26868,373 (9)
aus (3) (4) : SO — 24667,075, — 26852,032 (10)
T -24709,768,-26868,373
SO — 24667,075, — 26852,032
Aus (8) und (9) hat man auch die Coordinatendifferenzen:
yC — yT= — 0,010m * C- * T= + 0,027 m (11)
Mit diesen Differenzen kann man den Punkt C gegen T nach der früheren
Fig. 17 auftragen, es wird jedoch (11) mit Fig. 17 nicht genau stimmen, weil
hier auch die Bestimmung (8b) aus (3) (4) zugezogen ist, welche in der früheren
Fig. 17 nicht mitwirkt. Praktisch ist die Uebereinstimmung jedoch genügend.
Zwischen B und C rechnet man den Richtungswinkel und die Entfernung
aus den Coordinaten-Differenzen (6) und (8), nämlich:
(BC)= 2*8' B C= 3,547 m (12)
hierzu von (6a) (B Aegid.) = 134 * 58'
oder Winkel CB Aeg. = 132 * 50' mit e = 3,547m (13)
damit lassen sich alio in B gemessenen Winkel auf C centriren.
Es bleibt noch die Centrirung zwischen SO und C für die Winkelmessung
auf Aegidius Hierzu rechnet man aus den Coordinaten (5), (8), (10) die
beiden Richtungswinkel:
(Aeg. SO) = 316» 13' 38,90"!
(Aeg. C) = 316» 2' 29, 36" f
Diesen Betrag bat man abzuziehen von der auf Aegidius gemessenen
Richtung nach SO um sie auf C zu reduciren.
Im Anschluss hieran wollen wir auch kurz noch die trigonometrischen
Höhenübertragungen angeben, welche an dem Thurm der Hochschule nöthig
wurden, um die Höhe eines nahegelegenen Bolzensteins der Landesaufnahme
Zeitschrift für Vermessungswesen. 1992. Heft 1. 2
Differenz = 1*11' 9,54''
(14
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lg Jordan. Triangulirung des Stadtbezirks Hannover.
anf die Theodolitstände B und T und auf die Thurmknöpfe C und SO zu über-
tragen.
Zu diesem Zwecke wurden zuerst die 4 Basispunkte (1) (2) (3) (4) mit dem
zufällig in unmittelbarer Nähe liegenden Bolzenstein (1645) = 54,506 m über NN.
durch zweifaches gewöhnliches Nivellement verbunden (auf etwa 1— 2 mm ge-
nau) mit den Ergebnissen:
(1) = 54,708 m, (2) = 54,933 m, (3) = 54,633 m, (4) = 55,092 m
Nun waren nur noch von diesen 4 Punkten aus die Höhenwinkel nach
B, C, T, SO zu messen, wozu zur Controls auch die 4 Tiefenwinkel von B
rückwärts noch (1) (2) (3) (4) kamen, um die Höhen aller Punkte Uber NN.
mit zahlreichen Proben anzugeben.
Indem wir die Höhenformel zu Grunde legen
h = a tang a -f -i — z
wofür die Horizontalentfernungen o bereits oben unter (4) und (7) angegeben
sind, geben wir auch noch die Höhenwinkel o, Instrumentenhöhen * und Ziel-
punktshöhen z mit der Nebenbemerkung, dass unter Tc nicht der frühere Punkt
T selbst, sondern der nach früherem vertical unter C auf die Tischplatte
heruntergelothete Punkt (Loch) der Eisentischplatte T ist, weshalb als Hori-
zontalentfemung z. B. nicht (1) T, sondern (1) Tc — (1) C vom früheren (7) zu
nehmen ist.
Standpunkt B
(1) ,a =— 13» 13' o" »= 0,213m z = 0 log o = 2.020278
(2) , „ —10 54 25 „ „ „ 2.102360
(3) ,„ -15 20 42 „ * „ 1.954024
(4) ,„ -14 25 44 „ „ „ 1-973904
Standpunkt (1) * z Standpunkt (2) »" z
B, + 12» 42' 45" ,1,009 m, 0,250 m B, + 10« 31' 13" 0,913 m 0,250 m
Tc, + 19 44 10 , „ 0,670 j Tc, + 15 59 24 „ 0,342
C, + 25 1 52 , „ 0 I C, + 20 38 29 „ 0
j SO, + 16 23 24 „ 0
Standpunkt (3) Standpunkt (4)
B, + 14» 33' 58" 1,342 0,250 | B, + 13» 40' 56" 1,338 m 0,250 m
C, + 27 35 58 „ 0 C, + 26 49 19 „0
SO, + 20 35 20 „ 0 SO, + 29 42 34 „ 0
man erhält z. B. für den Höhenunterschied von (1) nach B und umgekehrt:
h [(1) ii] = + 23, 637+ 1,009 — 0,250 = + 24, 396 1
h [£,(1)] =-24,608 + 0,213 — 0,000 = - 24,395 /
Wenn man so alle Höhen ausrechnet und dann mit Mittelbildung zusammen
setzt, so erhält man, überall innerhalb 1 cm genau:
Thurmbrüstungsplatte B = 79,104 m Uber N. N.
Tischplatte im oberen Theil Tc = T= 92,790 „ „
Thurmknopfmitte C = 104,850 „ „
n SO = 99,629 „ *
Centrirung auf Dreifaltigkeit
Unmittelbares Ablothen wäre auf dem Dreifaltigkeits - Thurme möglich
gewesen; um jedoch zugleich auch dem später kommenden Stadtver-
messer für seine Polygonanschlüsse gute zugängliche Strassenpunkte
(mit Bolzen nach Fig. 13) zu verschaffen, überhaupt auch um den oft
vorkommenden Fall, dass centrisches Ablothen nicht geht, hiermit zu
behandeln, verfuhren wir nach Fig. 20, so dass ein geschlossenes Vier-
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Jordan. Triangulirung des Stadtbezirks Hannover.
19
eck um den Thurm gelegt und von da aus die excentrischen Stand-
punkte N, 0, W, S gegen das Centrum C eingemessen wurden. Diese
4 Punkte N, 0, W, S sind nämlich auf den 4 Thurmbaikonen an den
Brüstungen angebracht, der Theodolit kann hier : aufgestellt und zum
Messen aller sichtbaren Netzrichtungen gebraucht werden, von denen
in Fig. 20 jedoch nur einzelne zur Andeutung der Azimutanschlüsse
eingezeichnet sind. Von den 4 Balkonstandpunkten N, 0, S, W sind
auch die 4 Basiseckpunkte anzielbar, so dass 4 geschlossene Dreiecke
entstehen.
Fig. 20.
Centrirung auf dem Kirehthurm Dreifaltigkeit.
NO
Die 4 Basisseiten NW — NO = 80,843 m u. s. w., welche in Fig. 20
eingeschrieben sind, wurden mit J gewöhnlichen Messlatten je zweifach
gemessen, was längs der Bordsteine der Bürgersteige mit Genauigkeit
von 1 — 2 mm leicht möglich war, die Lattencorrection wurde nach Ver-
gleichung auf dem Comparator angebracht.
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2*
90
Jordan. Triangulirung des Stadtbezirks Hannover.
Die Ergebnisse der Winkelmessungen, in je 2 Sätzen, sind:
Standpunkt NW
Standpunkt NO
NO
0®
0
0,0'
SO
0®
0
0,0"
N
38
21
44,5
0
28
8
1,2
C
40
19
15,8
c
30
47
4,2
W
42
0
9,5
N
32
44
20,0
SW
89
49
21,8
NW
85
14
19,2
Standpunkt SW
Standpunkt SO
NW
0®
0
0,0"
SW
0»
0
0,0'
W
47
10
5,0
S
60
46
20,5
c
48
49
3,8
c
62
27
43,5
s
50
47
20,8
0
65
38
12,2
so
88
13
4,5
NO
96
42
55,o
Standpunkt N
Hochschule 0° O' 0,0'
NW 24 47 54,0
NO 113 56 14,0
Standpunkt W Standpunkt 0
Aegidius 0® 0' 0,0' Schlachthaus 0° 0 0,0'
SW 359 38 14,8 NO 240 10 13,0
NW 8t 38 36,5 SO 0 46 51,5
Standpunkt S
Aegidius 0° 0 0,0'
SW 3 7 18,8
SO 281 18 58,8
Wenn man aus diesen beobachteten Richtungen durch Subtraction alle
Winkel bildet und ttir die geschlossenen Figuren zusammenstellt, so findet
man, dass das Umfangsviereck einen Schlussfehler von 20" und die 4 Dreiecke
bezw. 4", 37", 24" 21" Schlussfehler haben.
Vor Allem ist es nöthig, für einen der 4 Brüstungspunkte V, 0 , C, W
Näherungs-Coordinaten zu beschaffen, was in unserem Falle durch Auswahl aus
den zahlreichen Messungen leicht möglich war.
Hochschule, y — — 24709,778, x = — 26868,341 1 Näherungs-
Pnnkt N, y = — 22299,276, » = — 26918,917 / Annahme. 101
Von hier aus konnten mittelst des Dreiocks V, VW, NO auch die Coordinaten
von NW und NO bestimmt werden, denn dieses Dreieck an sich giebt zunächst:
beobachtet ausgeglichen
jyr=38®
21'
44,5"
38®
21'
43,2'
V =89
8
20,0
89
8
18,8
NO =52
29
59,2
52
29
58,0
180
0
'3,7
180
0
0,0
In N ist ausser VW und NO auch noch Hochschule angeziolt zum Anschluss
fiir Richtungswinkel und daraus ergiebt sich:
beobachtet angeschlossen ausgeglichen
Hochschule 0« 0 0,0' 271« 12" 7,1" 271» 12- 7,1" |
VW 24 47 54,0 296 0 1,1 296 0 1,7 [ (17)
NO 113 56 14,0 25 8 21,1 25 8 20,5 j
Die Dreiecksseite VW— NO ist = 80,843 gemessen und daraus folgen mit
den Dreieckswinkeln (16) auch die beiden anderen Dreiecksseiten:
V— VW= 64,144m, V—VO = 50,179m
Damit und mit den bei (17) angegebenen Richtungswinkeln wurden die
Coordinaten von VW und NO berechnet.
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Jordan. Triangulirung des Stadtbezirks Hannover.
21
NW — 22256,928 — 26890,798 I
NO — 22277,959 — 26873,491 / (18)
Es folgt die Berechnung des Umfangs-Vierecks mit den von S. 20 ausge-
zogenen Winkeln
NTT
beobachtet
89« 49' 22"
ausgeglichen
89» 49 27"
NO
85
14
19
85
14
24
SO
96
42
55
96
43
0
SW
88
13
4
88
13
9
359
59
40
360
0
0
Wenn man mit diesen ausgeglichenen Winkelnjund mit den bereits in Fig. 20
eingeschriebenen Vierecksseiten die Coordinatenrechnung des geschlossenen
Vierecks durchführt, so wird man die Schlussfehler in y und x finden, jedoch
nur bezw. von 3 mm in y und 3 mm in x, deren Verthcilung auf die westliche,
südliche und östliche Seite sich von selbst ergiebt. Nach dieser Vertheilung
wird man finden:
NW — 22356,928 — 26890,798 >
SW - 22338,091 — 26975,498 I ;20)
SO — 22266,776 — 26957,295 (
NO — 22277,959 — 26873,491 »
Nun lag die 4fache Aufgabe vor, von jeder der 4 Basisseiten aus die
Thurmspitze C und den jemals gegenüberliegenden Briistungsplattenpunkt triangu-
latorisch zu bestimmen, wobei die Thurmspitze C durch reine Vorwärtsschnitte,
dagegen die 4 Brüstungspunkte N, W, S, 0 durch geschlossene Dreiecke zu
berechnen waren. Da alle hierzu nöthigen Richtungen bereits oben auf S. 20
angegeben sind, beschränken wir uns hier auf Mittheilung der Ergebnisse.
Die Thurmmitte C von 4 Seiten her eingeschnitten gab:
von NO-NW C — 22298,625 m — 26921,746 m
„ NW-SW C — 22298,633 — 26921,742
„ SW-SO C — 22298,629 — 26921,740
„ SO- NO C — 22298,623 — 26921,743
Mittel C — 22298,628 m — 26921,742 m (21)
Die Uebereinstimmung ist hier offenbar gut, und man darf wohl annehmen,
dass auch die 4 Brüstungspunkte aus ihren 4 geschlossenen Dreiecken ebenso
genau hervorgehen werden. Die Coordinaten dieser 4 Punkte wurden berechnet :
N — 22299,276 - 26918,917 |
W — 22301,410 — 29622,388 I
S — 22297,912 — 26924,540 [ 1 ’
0 — 22295,782 — 26921,068 »
Aus den Coordinaten (21) und (22) berechnet man mit Zuziehung der Winkel
von S. 20:
Genäherte Richtungswinkel im System Celle
Standpunkt N Centrum C 167° 5' mit e = 2,898 m
Hochschule 271» 12’
Standpunkt 0 Centrum C 266» 41' mit e — 2,925 m
Standpunkt S Centrum C 345» 39' mit e — 2,888 m
Aegidius 215» 8'
Standpunkt W Centrum C 76» 56' mit e — 2,856m
Aegidius 215» O'
Die im Vorstehenden benutzten Näherungs-Coordinaten im System Celle
haben für die Centrirungen zunächst keine andere Bedeutung als etwa die
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22 Jordan. Triangulirung des Stadtbezirks Hannover.
Coordinaten in jedem beliebig anzunehmenden System z. B. mit dem Punkten N
S. 19 als Nullpunkt und der Richtung nach Hochschule als x- Achse. Die Rechen-
arbeit ist in beideu Fällen im Wesentlichen dieselbe. — Aber ein System von
ebenen Näherungs-Coordinaten (ohne Reductionen von der Form log s — log S
u. s. w. S. 5) nicht bloss für jeden einzelnen Thurm, sondern in unserem Fülle
für die ganze Stadt gemeinsam angenommen, bietet schon bei den Centrirungen
viele Vortheile, ahgeiehen davon, dass zur Vermessung selbst (Polygonztige)
später ein solches System unumgänglich doch nöthig wird.
Der Theodolit (Universal-Instrument).
Zur Triangulirung III. Ordnung verwendet die Landesaufnahme
kleine Mikroskop - Instrumente nach Fig.
Fig 21.
Instrument Nr. 46 der trigonometrischen
Abtheilung der Landesaufnahme (von
Mechaniker Bamberg in Berlin).
(Maassstab etwa t : 4.)
21. Die Kreise sind in 10'
getheilt und werden an den
Mikroskopen nach Doppel-
secunden abgelesen.
Das Fernrohr ist excen-
trisch, was aus zwei Gründen
nützlich ist, erstens wird da-
durch das fortgesetzte Durch-
schlagen des Fernrohrs ohne
Ausheben ermöglicht, u. zwei-
tens wird dadurch für den
Höhenkreis und dessen Mi-
kroskope gut Raum geschafft,
wobei die Mitte des Instru-
ments für die in Fig. 21 nicht
sichtbare Libelle frei bleibt.
Diese in der Richtung des
Fernrohrs angebrachte Libelle
ist die einzige, sie dient
zum allgemeinen Horizontal-
stellen, und dann besonders
zum Höhenwinkelmessen, wobei
die jeweilige Blasenstellung an
der Libellentheilung abgelesen
wird.
Bei steilen Ablothungen,
Durchmesser des Horizontalkreises = 139 mm. Thurm . Anschlüssen u. s. w.
_ „ Höhenkreises =120 mm.
I „ Objectivs =31 mm. muss man sich auf die allge-
Vergrösserung des Fernrohrs = 18 u. 30. meine Horizontalstellung mit
„ der Horizontalkreis- MikroskopelS. dieser einzigen Libelle ver-
n v Höhenkreis -Mikroskope 17. lassen, ohne Aufsatzlibelle auf
Empfindlichkeit der Libelle =14,2" auf 1 Strich. der horizontalen Ach(se.
Währendt die Excentricität des Fernrohrs aus den oben erwähnten
Gründen ihre Vortheile hat, und im freien Felde gleichgültig ist, treten
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Jordan. Triangulirung des Stadtbezirks Hannover. 23
doch auch manchmal Fälle ein, in welchen das excentrische Fernrohr
unangenehm ist, z. B. wenn eine Aufstellung zwischen mancherlei Sicht-
hindernissen gesucht werden muss, ist es beschwerlich stets fUr links
und rechts freie Bahn zu brauchen. Auf dem Thurm unserer Hochschule
kam dieses besonders in Frage. Die oberen Thurmfenster ( F Fig. 18),
durch welche gemessen werden musste, sind nur 30 cm weit und
konnten daher den beiden excentrischen Fernrohrlagen nicht gleichzeitig
Oeffnung bieten. Hier wurde das Instrument Fig. 21, das sonst
überall gedient hat, durch ein centrisches Instrument unserer Hoch-
schule ersetzt.
Indessen bei Höhen winkeln kann man auch mit dem excentrischen
Instrumente Fig. 21 durch schmale Oeffnungen messen, indem man nur
zwischen Lage I und Lage II das ganze Instrument seitlich verstellt.
Anordnung der Winkelmessung.
Die Winkelmessung geschieht nach Richtungen in Sätzen von
höchstens 6 Sichten, auf hohen Thürmen oder Gerüsten nicht mehr als
4 Sichten. Die Feldbücher im Format 20 cm X 21 cm sind roth vor-
gedruckt und liniirt und werden im Felde mit Tinte geschrieben.
Ein Beispiel hieraus und der Zusammenstellung der Messungen im
Beobachtungsregister zeigt folgendes, wobei wie gewöhnlich drei Sätze
mit Kreislagen I = 0°, II = 60°, III = 120® angenommen sind.
(Siehe die Tabelle auf folgender Seite.)
Obgleich wie schon angegeben nicht mehr als 6 Sichten in einem
Satze vereinigt werden dürfen, werden doch doppelt so lange Sätze mit
zweifacher Anbindung angelegt, wie folgendes zeigt:
Standpunkt Linden, Wasserthurm Steinpfeiler.
1. Aegidius-Th. 5« 53 50,0"
2. Waterloo 7 55 45,5
3. Godehardi-Th. 11 45 25,5
4. _Paulus-Th. 26 32 32,5
5. Langelaube 344 13 24,5
6. Synagoge 349 49 38,5
7. Markt-Th. 357 17 29,5
1.* Aegidius-Th. 5 53 49,0
0® 0 0,0'
2 1 55,5
5 51 35,5
20 38 42,5
338 19 35,5
343 55 49,5
251 23 40,5
0 0 0,0
Hier ist am Anfänge und am Ende Aegidius eingestellt und die Ueber-
einstimmung der Ablesungen bezw. Mittel, in unserem Falle 50,0" und
49,0" dient als Versicherung für den festen Stand des Instrumentes
während des ganzen Satzes, in der Berechnung aber wird nur 2, 3, 4
mit 1, dagegen 5, 6, 7 mit 1* verglichen.
Während in der Regel alle nöthig werdenden Sätze einer Station
an einen gemeinsamen Anfangsstrahl angeschlossen werden, werden nahe
benachbarte Punkte nur unter sich verbunden. Um z. B. die 5 Welfen-
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24
Jordan. Triangulirung des Stadtbezirks Hannover.
thtlrme unserer Hochschule zu bestimmen, wird nicht etwa ein Satz mit
diesen 5 ThUrmen und dem Anfangsstrahl etwa Aegidius gemessen,
sondern es wird nur einer der 5 Thllrme in einen normalen Satz aufge-
nommen und dann die 4 anderen Thilrme als Folgepunkte angehängt
an den einen als Leitpunkt, durch einen besonderen Satz in welchem
der Zeitfolge nach der Leitpunkt zwischen den Folgepunkten
kommen muss.
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Jordan. Triangulirung des Stadtbezirks Hannover. 25
In allen diesen Sätzen werden keine Uebergreifungen gemacht
oder kurz: es werden keinerlei Stationsproben gemessen.
Verwerfungen und Wiederholungen sind manchmal nicht
zu vermeiden, aber die Vorschriften der trigonometrischen Abtheilung
sind in dieser Beziehung sehr bestimmt. Bei besonderer Veranlassung,
z. B. wenn an das Instrument angestossen wurde oder dergl., wird der
betreffende Satz gestrichen und der Grund dazugeschrieben, ebenso wenn
wegen schlechter Beleuchtung oder dergl. der Beobachter sofort auf der
Station einen Satz zu verwerfen sich entschliesst. Mehrfaches Messen
und späteres Auswahlen nach dem Erfolg ist nicht zulässig. Auch ein
anderes oft als unschuldig angenommenes Verfahren ist nicht erlaubt,
nämlich Wiederholung und Annahme des Mittels an Stelle eines
Satzes.
In diesen moralischen Vorschriften zeigt sich der bekannte strenge
und wissenschaftliche Geist der trigonometrischen Abtheilung unserer
Landesaufnahme.
Die Tageszeit der Messungen ist in unserem Klima insofern
vorgeschrieben, als die Zeit der ruhigen Bilder Nachmittags und Abends
fltr die Hauptmessungen auszuwählen ist. Der Trigonometer soll daher
die Zeit der flimmernden Bilder zu Centrirungsmessungen und zu den
weniger wichtigen Höhenwinkeln verwenden.
Die Anzahl der Satzwiederholungen ist für die III. Ordnung in der
Regel 3, mit Kreislagen 0°, 60°, 120°, indessen für die Stadt-
messungen von Hannover wurden ausnahmsweise mehr Sätze genommen,
indem wir alle Strahlen von Fig. 1 in 12 Sätzen maassen, dagegen
bei deni Einschneiden der zahlreichen KirchthUrme u. s. w., welche
in Fig. 1 nicht auftreten, die sonst übliche Zahl von 3 Sätzen bei-
beliielten.
Um einen Fall unserer Winkelmessungen vorzuführen, wählen wir
das Beispiel Schanze, wo auf dem Erdboden und centrisch gemessen
werden konnte, und zwar (nach Fig. 1) 4 Sichten zusammen in je einem
Satze. Dieses wurde 12 mal wiederholt, wie aus folgender Tabelle zu
ersehen ist, in welcher, mit Weglassung der Grade und Minuten, nur
die Secunden angegeben sind.
Kreis
0»
15»
30°
45«
60«
75«
90»
105«
120»
135»
150»
165» Mittel
Aegidius
M
R
0,0
M
m
0,0 ; 0,00
Burg
4,5
8,5
6,0
8,5
3,5
5,5
7,5 7,29
Steuemdieb. . .
59,5
ESI
61,6
[jrjl
56,0
03
62,5 60,00
Dreifaltigkeit .
Ol
2351
233
E3
47,5
38,5
48,5
Hl
41,5
47,5 \ 43,08
Satzmittel
27,38
25,50 29,1
28,38|28,75
29,37
27,62
28,37
26,12
24,88
26,2529,38 27,59
Um einen mittleren Fehler zu berechnen, verschieben wir die Sätze
so, dass alle Satzmittel gleich werden:
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26
Hammer. Von der neuen französischen Basismessung.
Kreis
75«
135»
150» 165»
Mittel
Aegidius
Burg
Steuerndieb . . .
Dreifaltigkeit .
60,21
0,21
63,21
40.71
62.0958.47
0,59 8,97
61,59:59,47
40.09 143. 47
59.21
5,21
60.21
45,71
58,84
9,84
59.34
42.34
58,22 59,97159,22 61,47
6,72 9,97 5,22 9,97
59.72 61,97 58,22 57,47
45.72 38,47 47,72 41,47
62.71
6,21
58.71
|42,71
61, 3458,21
6,84! 5,71
59,34 60,71
42,84 45,71
Satzmittel ....
42,59:42,59 42,59 42,59 42,59
42,59
42,59 42, 59|42, 59 42,59 42,59 42,59
42,59
Mittel aus allen 12 Sätzen
Aegidius 0° O' 0,00" ± 0,67"
Burg 56° 4' 7,29" ± 0,67"
Steuerndieb 307» 55' 0,00' ± 0,67"
Dreifaltigkeit 345° 43 ' 43,08" ± 0,67"
Der hier beigefügte Fehler ± 0,67" ist dadurch berechnet (wozu
die Satzverscliiebungen auf ein Mittel 42,59" vorbereitend war), dass
alle Differenzen v zwischen den Zielpunktsmitteln und ihren je 12 Einzel-
werthen gebildet wurden, mit der Quadratsumme [ü2] = 176,45 woraus
der mittlere Fehler einer Richtung:
m
-v;
176,45
± 2,31"
(4 _ 1) (12 - 1)
also der mittlere Fehler einer Richtung bei 12maliger Wiederholung
==2,31: ]/ 12 =0,67".
Die im Vorstehenden mitgetheilten Messungen des Beispiels Schanze,
mit zwölffacher Wiederholung sind als Ausnahmen zu betrachten,
hervorgegangen aus dem Bestreben mit dem Instrumente (Fig. 21, S. 22),
welches sonst zur Triangulirung III. Ordnung des platten Landes diente,
auch den gesteigerten Ansprüchen einer Stadtvermessung zu genügen ;
und dieser Zweck ist, wie die Ausgleichung des Netzes (Fig. 1, S. 2)
bewiesen hat, erreicht worden.
Hannover, December 1891.
Jordan.
Von der neuen französischen Basismessung.
Vor kurzer Zeit hat General Derrdcagaix der Pariser Akademie
der Wissenschaften Uber eine neue Basismessung für die französische Haupt-
triangulirung berichtet;*) die folgenden Zeilen geben im Wesentlichen
einen Auszug aus diesem Bericht.
Die neue Grundlinie liegt an Stelle der Picard’schen (durch
Cassini in 5-facher Wiederholung nachgemessenen) Villejuif und
Juvisv bei Paris, ohne jedoch in den Endpunkten mit jener alten
BaBis identisch zu sein; Picard’s Endpunkte sind durch Pyramiden
*) C. R., Band CX1L, 13. April 1891, S. 770 bis 773.
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Hammer. Von der nenen französischen Basismessung. 27
bezeichnet, von denen aber die eine infolge der Ausdehnung des Dorfs
Villejuif jetzt ganz umbaut und für Messungzwecke unzugänglich ist.
Die neuen Endpunkte sind folgendermaassen festgelegt: der Boden einer
unterirdischen Kammer wird von einem dicken Betonklotz gebildet, ihre
Wände bestehen aus starken Quadern, der Deckel, der sich wenig über
die natürliche Bodenfläche erhebt, ist z. Th. (seitlich) abnehmbar. Ein
in den Betonklotz eingesetzter, pyramidenförmiger Quader, der nahezu
bis zur Unterfläche des Deckels emporragt, trägt oben einen ein-
gelassenen Platinbolzen, dessen Achse den Endpunkt bezeichnet. Nach
der Messung ist die Kammer mit einer 1,4 m hohen granitenen Pyramide
überbaut worden. Die Basis ist gebrochen; der Winkelpunkt liegt
3,2 km vom südlichen Endpunkt bei 7,2 km ganzei Länge und der
Brechungswinkel weicht um 14' von einem flachen ab.
Der Basismessapparat war die Platin-Kupfer-Stange von Brunner;
der eigentliche Maassstab von 4 m Länge ist die Platinstange, während
die Mikrometermessung des Abstands der beiderlei Marken zur Be-
stimmung der Temperatur und damit zur Reduction der Länge der
Platinstange auf dieselbe Temperatur dient.*) Die Untersuchung der
Länge (durch Vergleichung mit dem neuen internationalen Meter) und
der Ausdehnungseoefficienten in Breteuil vor der Messung lieferte:
für die Platinstange. . . 4 000 329** + 34**, 463 t -f 0**, 00676 t-
„ „ Kupferstange. . . 4 000 7351* -f 72**, 333 t -f 0**, 02628 t 2
die Bestimmung der Länge nach Ausführung der Messung ergab mit
den vorstehenden so ziemlich identische Zahlen. Bei der Messung
wurde die Stange zur möglichsten Ausgleichung der Temperatur mit
dickem Wollstoff umhüllt, wobei jedoch für freie Circulation der Luft
gesorgt war.
Die Messung wurde in den Monaten Juni bis August 1890 unter
Leitung von Oberst Bassot und Major Defforges durch 8 Officiere
des Service Geographique vorgenommen; an Hülfspersonal waren
57 Mann vorhanden. Durch strenge Arbeitstlieilung konnte man im
Max. bis zu 130 Stangenlagen im Tag kommen, so dass eine Lage
noch nicht 2 Min. in Anspruch nahm (der Tag wird also nur zu etwa
4 Stunden gerechnet); die normale Messungsgeschwindigkeit war etwa
100 Lagen im Tage. Die erste Messung dauerte 25, die zweite
18 Tage. Der südliche Schenkel der gebrochenen Basis wurde (durch
fest im Boden vermauerte Quader mit eingelassenen polirten Kupfer-
plättchen mit feinem Strich) in 12 Abschnitte zerlegt, ebenso der
nördliche.
Die ungefähren Längen dieser 24 Abschnitte, vom südlichen End-
punkt gegen den nördlichen hin durchlaufend beziffert, und die Differenzen
*) Bekanntlich hat IbaOez in seinem neuen Apparat dem Metallthermometer
wieder die eingelassenen Quecksilbertheimometcr vorgezogen.
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28
Hammer. Von der neuen französischen Basismessung.
zwischen der ersten und zweiten Messung derselben (nach Anbringung
aller Reductionen) sind in folgender Zusammenstellung angegeben:
Auffallend ist, dass in der zweiten Hälfte der Tabelle das — Vor-
zeichen 9 mal, das -f- Vorzeichen nur 3 mal vorkommt; dabei sind
hier alle grossen Abweichungen negativ (Summen — 14,1 und + 3,2).
In der ersten Hälfte Uberwiegt das Vorzeichen +, doch kann man hier
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Hammer. Von der neuen französischen Basismessung.
29
kaum von einem Missverhältnis sprechen, da mehrere der positiven
Abweichungen sehr klein sind (Summen -(- 4,0 und — 2,0).
Rechnet man ohne Rücksicht auf diese Andeutung systematischer
Abweichungen den mittleren Fehler in Millimetern für 1 Kilometer aus
den angegebenen Differenzen der zwei Messungen aller 24 Abschnitte
der ganzen Strecke nach der Formel
OT=^Ts(^ + -^+- ••+£&), 80 erS‘ebt sich
m = \/ 1 ± 1,52 mm;
die beiden Theilstrecken würden ergeben:
südl. Strecke, 3,0 km lang, ml =V^— |y- — ± 1,02 mra,
nördl. „ 4,2 „ „ »»2=Vr%: = ± 1,90 „
(Wollte man dagegen die je 11 Zwischenpunkte der beiden Strecken
nicht berücksichtigen, sondern nur die Differenzen 2,0 und — 10,9
für die zwei Messungen der letzteren, so würde sich für die ganze Basis
der mittleren Fehler zu ± 2,7 mm für 1 km berechnen.)
Wenn von dieser neuen Basis von 7226,792 m Länge ausgehend
mit den Winkeln der neuen französischen Haupttriangulirung (vgl. Zeit-
schr. f. Venn. 1889, S. 362 ff.) die Seite Melun-Lieusaint berechnet
wird, so ergiebt sich 11 842,14 m, durch Zufall bis auf 1 cm überein-
stimmend mit dem Werth, den Delambre für jene Seite aus der mit
dem Borda’schen Apparat gemessenen Basis erhielt. Werden dagegen
die a. a. 0. (S. 365) aufgezählten vier Anschlussseiten an die spanische,
belgische, englische und italienische Triangulirung berechnet, so er-
hält man Abweichungen, welche den auf der Basis von Perpignan be-
ruhenden durchaus entgegengesetzt sind; die relativen Abweichungen sind
nämlich der Reihe nach — TT^TTtr > — ’srian) ~ vrhrt>>
Derrecagaix sagt, dass hiernach die Verhältnisse der in Betracht
kommenden fremden Basismaasse (Bessel’s Toise, Struve’s Toise,
spanische 4 m - Stange) zum internationalen Meter auf Grund der alten
Vergleichungen etwas zu klein angesetzt zu sein scheinen und dass es
vom höchsten Interesse wäre, die verschiedenen Basismessapparate aufs
Neue und mit Aufbietung aller heutigen Hülfsmittel mit dem inter-
nationalen Meter zu vergleichen. Sollte es angesichts der oben an-
gegebenen Differenzen der Doppelmessung in der nördlichen Hälfte der
nördlichen Basisstrecke (Abschnitt 20 bis 24), die eine einseitige Ab-
weichung (oben durch die Theilstrecken bewiesen) von 10 mm auf noch
nicht ganz 2 km zeigen, nicht zunächst angezeigt sein, durch weitere
Nachmessungen jenes nördlichsten, Viertels diese Abweichungen auf-
zuklären?
Stuttgart. 1891, Mai 7. Hr.
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30
Jordan. Siede-Thermometer und Quecksilber -Barometer.
Siede-Thermometer und Quecksilber-Barometer.
Fig. 1.
Siede-Thermometerapparat von R. Fa ess in Berlin.
Maassstab etwa 1:5 (Hohe A A = 28 cm).
Zur Untersuchung ob die neueren Siede - Thermometer als Ersatz
von Quecksilberbarometern, namentlich auf Reisen, zur zeitweiligen
Controlirung von Aneroiden dienen können, habe ich im Jahre 1889
einen Siede - Apparat von Mechaniker R. Fuess in Berlin mit zwei
von der physikalisch -technischen Reichsanstalt geprüften Thermometern
von Jenaer Glas angeschafft, und dieselben an 16 Tagen zwischen
6. Januar und 19. Mai 1890 mit zwei Quecksilberbarometern verglichen.
Die dabei erhaltenen Ergebnisse haben wir schon früher in der
Zeitschr. für Instrumentenkunde, 1890, S. 341 — 347, veröffentlicht, und
inzwischen haben wir auch Zeichnungen der betreffenden Apparate selbst
anfertigen lassen, welche hier mit Beschreibung dargestellt sind.
Nebenstehende
Fig. 1 zeigt den
Apparat F E B D
zum Gebrauche her-
gerichtet, mit einge-
stecktem Thermome-
ter T, welches rechts
nochmals besonders
herausgezeichnet ist;
ferner links den Cy-
linder A A D, welcher
zur Reise alle Theile
aufnimmt, und dann
noch das Vorraths-
gefass G für Wasser
und Alkohol.
Beim Gebrauche
steht das Gefäss E
auf drei gespreizten
Beinen F, und hat
unten eine Spiritus-
lampe C angehängt.
Der Deckel B, welcher
auf E aufsitzt, lässt
den Dampfmantel I)
mit untern befestigtem
Wassergefässe ins Innere des Gefässes E hineinragen (das Wassergeföss im
Innern von E ist in der Figur nicht sichtbar) und in der Mantel-
rohre I) hängt das Thermometer T, dessen Quecksilberstand oben ab-
gelesen wird, wenn das Wasser zum Kochen gebracht ist.
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Jordan. Siede - Thermometer und Quecksilber- Barometer.
31
KiK- 2.
Mollenkopf.
Die Tiefe des Einsinkens in die Mantelröhre D ist für das Thermo-
meter T durch einen Gummiring R bestimmt, und zwar soll das Thermometer
so tief eingesteckt werden, dass über dem Gum- iietee-Quecksiiberbaronietcr.
miring R nur gerade so viel Raum bleibt (etwa
0,5 cm) als man zum Ablesen braucht ; andern-
falls musste eine Correction für Fadentempe-
ratur angebracht werden (Zeitschr. f. Instr. 1890,
8. 342).
Nach diesem wollen wir die sehr compendiöse
Verpackung fUr die Reise beschreiben: Alles
zusammen kann in dem Cylinder A A unter-
gebracht werden. Dazu wird die Spirituslampe C
unten bei E abgenommen, die drei gespreizten
Beine F eingeschlagen, und der Deckel Bunten
Uber die eingeschlagenen F gestülpt. Im Innern
von A A ist zuerst Raum rechts fUr die zwei
Thermometer T, und Tit und dazwischen für
den Siedemantel Z); links im Cylinder A werden
nach einander eingesteckt: das Wassergefüss ,
welches beim Gebrauche unten an D sich be-
findet, (im Innern von E) dann die Spiritus-
lampe C und endlich noch das Gefäss G, welches
zwei Kammern hat, eine W für Wasser und
eine S für Spiritus. Nachdem all dieses in den
Cylinder A A eingepackt ist, wird E (mit dem
Deckel B unten) umgekehrt Uber zl D gestülpt,
(so dass nun der Deckel B wieder oben hin-
kommt) worauf alles geschlossen ist.
Beim Gebrauche an festem Wohnorte wird
man natürlich diese Verpackung nicht anwenden,
sondern im Gegentheil alles möglichst stabil ein-
richten, insbesondere die drei Fussspreizen F
auf ein breites Brett befestigen, weil das
Ganze sonst zu leicht umfällt.
Im Anschluss hieran geben wir auch zwei
Zeichnungen von Quecksilberheberbarometern als
Reisebarometer Fig. 2, von Mollenkopf in
Stuttgart und Fig. 3, von Fuess in Berlin.
In beiden Fällen ist die Glasröhre an einem
hölzernen Schafte befestigt, der ausserdem einen
Maassstab M trägt. Dieser Maassstab ist nur in
der Mitte mit dem Schafte vollkommen befestigt,
und kann sich an den Enden frei ausdehnen.
J.
m
§ Hfl
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32 Berechtigung zur Landmesserlautbahn. — Vereinsangelegenheiten etc.
Berechtigung zur Landmesserlaufbahn.
Die Stimmung Uber den Erlass betreffend die Aenderungen in dem
Berechtigungsweaen der höheren preussischen Lehranstalten fand
in der am 16. December 1891 abgehaltenen Generalversammlung der
Studirenden der Geodäsie einen beredten Ausdruck. In der äusserst
zahlreich besuchten Versammlung wurde mit grösstem Bedauern erklärt, dass
der Landmesserstand durch diese Aenderung schwer geschädigt werde.
Denn man verlange für die Landmesserlaufbahn nur noch das Einjährig-
Freiwilligen-Zeugniss in Verbindung mit dem einjährigen Besuch einer
Fachschule, und dies zu einer Zeit, wo alle Autoritäten, Docenten und
Praktiker, einstimmig das Abiturientenexamen einer öklassigen höheren
Lehranstalt für unbedingt nothwendig zu dem Studium dieser Wissenschaft
halten. Es entstehe durch diese Aenderung ein solches Missverhältniss
zwischen Schul- und Charakterbildung der Studirenden und den An-
forderungen, die Studium und Beruf stellen, dass dieselbe verhängniss-
voll für den ganzen Stand werden müsse. Es wurde deshalb einstimmig
beschlossen, im Bunde mit der Poppelsdorfer Hochschule und den zahl-
reichen Landmesservereinen alles zu thun, um eine Aenderung dieser
neuen Bestimmung herbeizuführen.
Vereinsangelegenheiten.
Der Herr Steuerrath Kerschbaum zu Coburg, welcher die
Kassengeschäfte des Deutschen Geometer-Vereinsseit dessen Gründung ge-
führt hat, musste wegen Krankheit sein Amt als Vereinskassirer niederlegen.
Indem wir diese betrübende Thatsache unseren Mitgliedern mit dem
Ausdrucke des schmerzlichsten Bedauerns kundgeben, bitten wir, die
Mitgliedsbeiträge bis aut Weiteres an den Vereins Vorsitzenden, Ober-
geometer Winckel zu Neuw'ied, welcher die Kassengeschäfte
vorläufig weiterfuhren wird, einsenden zu wollen.
Die Vorstandschaft des Deutschen Geometer- Vereins.
L. Winckel.
Frage kästen.
Hat sich noch Niemand Uber die schlechte Beschaffenheit des Papiers
beklagt, welches die Reichsdruckerei zu den Formularen zur An-
weisung IX verwendet?
Bremen, 5. December 1891. Geister, Vermessungs-Inspector.
Inhalt.
Grössere Mittheilungen: Triangulirung des Stadtbezirks Hannover im System
III. Ordnung der trigonometrischen Abtheilung der Landesaufnahme, von Pro-
fessor Jordan. — Von der neuen französischen Basismessung, von Professor
Hammer. — Siede -Thermometer und Quecksilber -Barometer, von Professor
Jordan. — Berechtigung zur Landmesserlautbahn. — Personalnachrichten. — Fragekasten.
Verlag von Konrad Wittwer, Stuttgart — Druck von Gebrüder Jinecke In Hannover.
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33
ZEITSCHRIFT für VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover, Steuer-Rath in München.
1892. Heft 2. Band XXI.
— 15. Januar, r-g
Die Berechtigung der höheren Lehranstalten.*)
Im Deutschen Reichs- und Preussischen Staatsanzeiger vom 14. De-
cember 1891 werden die nachstehenden Vorschriften über die Be-
rechtigung der höheren Lehranstalten veröffentlicht.
In den Berechtigungen der höheren Lehranstalten treten mit Ge-
nehmigung S. M. des Königs die nachstehenden Aenderungen ein:
I. Die Reifezeugnisse der Ober-Realschulen werden als Erweise
zureichender Schulvorbildung anerkannt : 1) für das Studium der Mathe-
matik und der Naturwissenschaften auf der Universität und für die Zu-
lassung zur Prüfung für das Lehramt an höheren Schulen, 2) für die
Zulassung zu den Staatsprüfungen im Hochbau-, Bauingenieur- und
Maschinenbaufach, 3) für das Studium auf den Forst-Akademien und für
die Zulassung zu den Prüfungen für den K. Forstverwaltungsdienst,
4) für das Studium des Bergfaches und ftlr die Zulassung zu den
Prüfungen, durch welche die Befähigung zu den technischen Aemtern
bei den Bergbehörden des Staates darzulegen ist.
Die Ordnung der Prüfungen für das Lehramt an höheren Schulen
vom 5. Februar 1887 (§ 3 Nr. 2),
die Vorschriften Uber die Ausbildung und Prüfung für den Staats-,
dienst im Baufach vom 6. Juli 1886 (§ 2 und 54),
die Bestimmungen Uber Ausbildung und Prüfung für den Kgl.
Forstverwaltungsdienst (§ 3 Nr. 1), sowie das Regulativ für die Kgl.
Forstakademie zu Eberswaide und Münden vom 24. Jan. 1884 (§ 11 Nr. 1),
die Vorschriften über die Befähigung zu den technischen Aemtern
bei den Bergbehörden des Staats vom 12. September 1883 (§ 2)
erhalten hiernach ihre Ergänzung bezw. Berichtigung.
II. Die Reifezeugnisse der höheren Bürgerschulen bezw. der gym-
nasialen und realistischen Lehranstalten mit sechsjährigem Lehrgang
sowie die Zeugnisse über die nach Abschluss der Unter-Secunda einer
*) Eine Darlegung der Anschauung derselben Sache von anderer Seite
wird im nächsten Hefte dieser Zeitschrift gebracht werden.
Zeitschrift für Vermessungsweaen. 1892 Heft 2. 3
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34 WInckel. Die Berechtigung der höheren Lehranstalten.
neunstufigen höheren Lehranstalt bestandene Prüfung werden als Erweise
zureichender Schulbildung anerkannt: für alle Zweige des Subaltern-
dienstes, für welche bisher der Nachweis eines siebenjährigen Schul-
cursus erforderlich war.
Die entgegenstehenden Bestimmungen in den die Schulvorbildung
für den Snbalterndienst betreffenden Verfügungen der einzelnen Ver-
waltungen kommen in Wegfall.
Die Befugniss der einzelnen Verwaltungen, auch junge Leute mit
geringerer Schulvorbildung bei besonderer praktischer Begabung für den
Subalterndienst auszuwählen, wird hierdurch nicht beschränkt.
III. Für die Supernumerarien der Verwaltung der indirecten Steuern
behält es bei der bisherigen Anforderung eines achtjährigen Cursus
wissenschaftlicher Vorbildung (Zirk.-Verf. vom 14. November 1859 und
vom 15. November 1880) sein Bewenden, jedoch kann diese Vorbildung
auch durch das Reifezeugniss einer höheren Lehranstalt mit sechsjährigem
Lehrgang in Verbindung mit dem Reifezeugniss einer anerkannten zwei-
jährigen mittleren Fachschule nachgewiesen werden.
IV. Die Vorschriften vom 4. September 1882 Uber die
Prüfung der öffentlichen Landmesser — § 5 Nr. 3 — werden
dahin ergänzt, dass für die Zulassung zu der Prüfung auch
das Reifezeugniss einer höheren Bürgerschule bezw. einer
gymnasialen oder realistischen Lehranstalt mit sechs-
jährigem Lehrgang in Verbindung mit dem Nachweis des
einjährigen erfolgreichen Besuchs einer anerkannten
mittleren Fachschule als zureichend gilt. Die gleiche Er-
gänzung tritt auch für die Zulassung zu dem Markscheide-
fach in Geltung. (Verfügungen vom 31. October 1865 und vom
22. Januar 1876.)
V. Zu dem Besuch der höheren Abtheilung der Gärtner-Lehranstalten
bei Potsdam ist das Reifezeugniss einer höheren Lehranstalt mit sechs-
jährigem Lehrgang erforderlich. Ist die betr. Schule lateinlos, so muss
ausserdem der Nachweis der Absolvirung eines bis einschliesslich Quarta
reichenden Lateincursus bezw. der Aneignung der solchem Cursus ent-
sprechenden Kenntnisse in Latein beigebracht werden. — Für die
gärtnerischen Lehranstalten zu Proskau und Geisenheim werden die
entsprechenden Klassen der lateinlosen Schulen denen der lateintreibenden
gleichgestellt. — Die vorstehenden Bestimmungen treten mit dem 1. April
1892 in Kraft.
Entsprechend tritt im Reichsdienst, wie eine weitere Bekanntmachung
bestimmt, folgende Aenderung ein: Die Reifezeugnisse der deutschen
Ober-Realschulen werden als zureichende Erweise der Schulvorbildung
anerkannt: 1) für die Annahme von Civilanwärtern, welche als Post-
eleven in den Post- und Telegraphendienst eintreten wollen, 2) für die
Prüfung und Anstellung im Schiffbau- und Maschinenbaufach der Kaiser-
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Winckel. Die Berechtigung der höheren Lehranstalten. 35
liehen Marine. Diese Bestimmungen treten ebenfalls mit dem 1. April
1892 in Kraft.
Die Würfel sind also gefallen. Unsere Hoffnungen sind auf Jahre
— vielleicht auf Jahrzehnte — hinaus vernichtet.
Was die maassgebenden Behörden veranlasst hat, entgegen dem
Wunsche aller zunächst Betheiligten, entgegen dem Gutachten der
Docenten der Geodäsie an den Hochschulen zu Berlin und Poppels-
dorf die Ansprüche an die allgemeine Ausbildung der Candidaten der
Landmesskunst zu ermässigen, statt sie zu erhöhen — wir können es
nur vermuthen.
Der so vielfach behauptete — obschon niemals bewiesene — augen-
blickliche Mangel an Landmessern wird einer der Gründe gewesen sein.
Wir sind aber überzeugt, dass die getroffene Maassregel in dieser
Richtung ebenso überflüssig, wie wirkungslos sein wird. Ueberflüssig,
weil — wie wir schon früher auch an dieser Stelle nachgewiesen haben —
zu demselben Zeitpunkte, an welchem die neuen Bestimmungen in Kraft
treten sollen, bereits ein Zuwachs an Landmessern eintreten wird, der
den regelmässigen Bedarf weit übersteigt, wirkungslos, weil die Forderung
des Abgangszeugnisses dem Berufe mindestens ebenso viel Bewerber
zugeführt haben würde, wie die neuen Maassregeln. Uns ist die
Aeusserung eines wissenschaftlichen Lehrers (Dr. phil.) bekannt, dass er
bei den schlechten Aussichten im Lehrfach sich gern dem Landmesser-
berufe zuwenden würde, wenn er sich nicht sagen müsse, er steige
dadurch auf der Leiter der gesellschaftlichen Stellung um einige Stufen
herunter. Die Erfahrungen der Postverwaltung sind von berufener
Seite bereits als beweisendes Beispiel für unsere Ansicht angeführt worden.
Ein zweiter Grund dürfte in der Abneigung der Kgl. Staatsregierung,
die Zahl der Oberbeamten zu vermehren, gefunden werden müssen.
Diese Abneigung halten wir für durchaus berechtigt. Die Landmesser
haben aber den Anspruch, Oberbeamte zu werden, niemals erhoben.
Sowohl in der landwirthschaftlichen wie in der Kataster-Verwaltung
stehen ihnen schon jetzt einzelne Oberbeamtenstellen offen, diese wird
man ihnen immer einräumen müssen. Mehr aber verlangen die Land-
messer nicht. Aus der Katasterverwaltung sind seit Jahren überhaupt
keine Klagen laut geworden, die Landmesser der landwirthschaftlichen
Verwaltung wünschen lediglich etwas mehr Selbständigkeit und freie
Bewegung in ihren technischen Arbeiten, was ebenso sehr im Interesse
der Sache wie der Landmesser liegen dürfte, unsere Berufsgenossen bei
der Eisenbahn-Verwaltung endlich würden schon sehr zufrieden sein,
wenn man sie mit den übrigen nur gleichstellen wollte.
Im Uebrigen wünschen die Landmesser eine bessere Vorbildung
einerseits, weil sie eine solche wegen der täglich steigenden Bedeutung
ihrer Arbeiten für nothwendig halten, anderseits weil sie überzeugt
sind, dass sie die ihnen gebührende gesellschaftliche Stellung — wohl-
3*
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36
Winckel. Die Berechtigung der höheren Lehranstalten.
verstanden nicht ihre Stellung im Staatsdienste — nur dann einnehmen
werden, wenn das Abgangszeugniss einer 9klassigen Schule als Vor-
bildung für ihren Beruf verlangt wird.
Ist es doch eine allbekannte Thatsache, dass ein Kaufmann oder
sonstiger Gewerbetreibender selbst bei geringerer Bildung in der Ge-
sellschaft eine höhere Stellung einnimmt als ein Beamter, der nicht das
Abiturientenzeugniss besitzt. Man mag das noch so sehr als ein Vor-
urtheil erkennen, man kann es aber nicht fortschaffen. Hätte man die
Absolvirung einer öklassigen Lehranstalt zur Vorbedingung gemacht,
so wäre unsere gesellschaftliche Stellung eine bessere geworden, mit
unserer amtlichen Rangstellung würden wir zufrieden sein, wie wir es
immer gewesen sind und unser Beruf hätte seine Ergänzung im Allge-
meinen aus den gebildeten Klassen gefunden. (Selbstverständlich soll
damit nicht gesagt sein, dass auch ein Zuwachs befähigter Personen aus
den unteren Gesellschaftsklassen uns nicht durchaus erwünscht wäre.)
Durch die den Fachschulen verliehene Berechtigung werden andere
Elemente in die Landmesserlaufbahn hineinkommen, gewiss keine besseren.
Doch an der Thatsache können wir vorläufig — und zwar für lange
Zeit — nichts ändern. Wir stehen vor der Frage: Was haben wir zu
thun, um die zu fürchtenden Folgen möglichst abzuschwächen? Die
Antwort lautet: Jeder einzelne von uns muss sich die Achtung
und die gesellschaftliche Stellung erzwingen, welche er
für unsern ganzen Stand wünscht, welche diesem aber bis
zum Nachweis der Berechtigung vorenthalten werden.
Ausserdem aber müssen wir Alles, was an uns liegt, thun, um
unserem Fache nur die besten, den Aufgaben, welche Geodäsie und Me-
liorationswesen heutzutage stellen, allseitig gewachsenen Kräfte zuzuführen.
Darum bitten wir diejenigen Berufsgenossen, deren derzeitige
Arbeiten zur Ausbildung von Zöglingen geeignet sind, und welche nur
solche junge Leute ausbilden wollen, die die Abgangsprüfung an
einem Gymnasium, einem Realgymnasium oder einer Oberrealschule
bestanden und in der Mathematik mindestens das Zeugniss „genügend“
erhalten haben, uns diese ihre Absicht mitzutheilen.
Wir würden uns dann bereit erklären, jungen Leuten ausführliche
Auskunft über ihr Fortkommen und ihre demnächstige Stellung als
Landmesser zu geben und ihnen tüchtige Lehrherren nachzuweisen. Ins-
besondere würden wir Abiturienten von Realgymnasien und Ober-
Realschulen zum Eintritt in unser Fach auffordern.
Alle Berufsgenossen aber bitten wir dringend, die Ausbildung der
Zöglinge in Zukunft, nicht als gleichgültig ansehen und nicht um eines
geringen augenblicklichen Vortheils willen Zöglinge mit mangelhaften
Vorkenntnissen annehmen zu wollen, jedenfalls aber nur dann Eleven
anzunehmen, wenn sie in der Lage sind, denselben eine tüchtige prak-
tische Ausbildung geben zu können. ).
1
j
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Steppes. Die Regelung der Dienst- und Gehalts -Verhältnisse etc. 37
Haben wir auf diese Weise das Ziel erreicht, dem Fache nur gute
junge Kräfte zuzuftlhren, haben wir es durch unsere Leistungen fort
und fort gehoben, wie es ein Blick in die 18 Jahrgänge unserer Zeit-
schrift zeigt, dass es bisher schon geschehen ist, dann können wir auf
Grund dessen unsere Bitte der Regierung von neuem und vielleicht mit
mehr Aussicht auf Erfolg vortragen.
Alle anderen Fächer sind überfüllt, nur Mangel an Achtung vor
dem Stande hat bisher manche gute Kraft uns fern gehalten. Verschaffen
wir uns diese, dann ist der Erfolg nicht ausgeschlossen!
Die Vorstandschaft.
L. Winckel.
Die Regelung der Dienst- und Gehalts-Verhältnisse
der bayerischen Geometer.
Die bayerische Staatsregierung hat in jüngster Zeit einen Schritt
von höchster Bedeutung für den bayerischen Geometer-Stand unter-
nommen, indem sie dem gegenwärtig tagenden Landtage Vorlagen unter-
breitete, welche die Einreihung aller im Kataster- und Flurbereinigungs-
dienste angestellten Geometer in die Kategorie der pragmatischen
Staats-Beamten bezwecken. Es dürfte auch für die ausserbayerischen
Fachgenossen von Interesse sein, wenn wir nachstehend (mit einigen
Kürzungen) zunächst die Denkschrift zum Abdrucke zu bringen, welche
die Gründe der Staatsregierung für diese — von dem Bedürfnisse des
umfangreichsten Dienstzweiges, des Bezirksgeoraeterdienstes ausgehende —
Maassnahme darzulegen und die nähere Gestaltung der künftigen Dienst-
und Gehalts- Verhältnisse zu zeigen geeignet ist:
Denkschrift
zum Etat der directen Steuern für ein Jahr der XXL Finanzperiode
1892 und 1893 Uber die Regelung der Dienst- und Gehalts- Verhältnisse
der Bezirksgeometer.
Mittelst einer an die Kammer der Abgeordneten gerichteten und
von dieser der k. Staatsregierung zur Würdigung hinübergegebenen
Petition vom 21. December 1889 haben die Bezirksgeometer des König-
reiches um Verleihung der Dienstpragmatik unter Einreibung in die
Klasse IXc des Gehaltsregulativs vom 12. August 1876 gebeten. Diese
Petition wurde seitens der Staatsregierung einer eingehenden Erwägung
unterstellt, zufolge deren jene Aenderungen des Voranschlages der Aus-
gaben auf directe Steuern in Antrag gebracht werden, wie solche im
Etat Nr. 2 sich vorgetragen finden. Ueber die hierbei in Betracht ge-
nommenen Gesichtspunkte ist Nachstehendes anzufügen.
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38 Steppes. Die Regelung der Dienst- und
1.
Die Grundsteuer wird in Bayern nach dem Maassstabe des Flächen-
inhaltes und der natürlichen Ertragsfähigkeit (Bonität) der Grundstücke
erhoben. Der Flächeninhalt wurde durch eine allgemeine Parcellar-
messung d. i. durch Messung und Berechnung der Fläche jedes einzelnen
Grundstückes ermittelt. Hierzu ist gesetzliche Fürsorge getroffen, dass
die der allgemeinen Landesvermessung nachfolgenden Aenderungen an
dem Flächeninhalte der Grundstücke zur Anmeldung bei den Steuerbe-
hörden, zur messungstechnischen Behandlung und zum Nachtrage in den
Umschreibkatastern und Katasterplänen gelangen. Man vergleiche die
§§ 5, 7, 10 — 20, 69, 71, 72, 82 und 83 des Grundsteuergesetzes vom
15. August 1828/19. Mai 1881. — Die allgemeine Landesvermessung
wurde durch die k. Steuerkataster-Commission und die derselben unterge-
ordneten Organe ausgefülirt. Je nach dem Fortschreiten der Thätigkeit
dieser Centralstelle ergab sich die Nothwendigkeit für den Vollzug
der nach Abschluss der Landesvermessung anfallenden Messungen (der
sog. Umschreib- oder KatasterfortfUhrungsmessungcn) besondere Be-
dienstete aufzustellen. Dies geschah nach Maassgabe der Fiuanzministerial-
entschliessung vom 19. October 1833, die Steuerummessungen und die
Fortführung der Katasterpläne betr., sowie einer mit ministerieller Ge-
nehmigung von der k. Steuerkataster- Commission erlassenen Instruction
vom 23. April 1834 Uber das Verfahren bei Ummessungen und über
die Fortführung der Katasterpläne. Hiernach wurden in jedem Re-
gierungsbezirke besondere Messungsbezirke gebildet und zum Vollzüge
des Messuugsdienstes innerhalb derselben Bezirksgeometer als Functionäre
aufgestellt, welche ihren Unterhalt zunächst aus den gemäss § 82 des
Grundsteuergesetzes von den betheiligten Parteien zu entrichtenden
Messungskosten zu bestreiten hatten, während ihnen ausserdem zur
Sicherung ihrer Subsistenz eine jährliche jederzeit widerrufliche Remu-
neration aus der Staatskasse zugewiesen werden sollte. Die Bezirks-
geometer wurden in disciplinärer Beziehung den Regierungsfinanzkammern
unterstellt und befinden sich im Unterordnungsverhältnisse zu den Rent-
ämtern, denen sie die Ausarbeitungen über vollzogene Umschreibmessungen
vorzulegen haben. Die mittelst Allerhöchster Verordnung vom 25. April
1890 vollzogene Formation der „Messungsbehörde München“ bleibt
hierbei als eine durch besondere Verhältnisse veranlasste Dienstesein-
richtung ausser Betracht.
2.
Die Zahl der aufgestellten Bezirksgeometer war anfänglich eine
verhältnissmässig geringe, jedoch steigerte sieh der Bedarf mit dem
Fortschreiten der Landesvermessung und zufolge Einführung des Notariats-
gesetzes in der Weise, dass dermalen im Königreiche ausser der Messungs-
behörde München 111 Messungsbezirke errichtet sind. (Es folgen nun
nähere Angaben Uber die Höhe des derzeitigen Functionsgehaltes, wie
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Gehalts-Verhältnisse der bayerischen Geometer. 39
selbe durch die Maassuahmen der letzten Jahrzehnte sich gestaltet hat.
Alsdann fährt die Denkschrift fort.)
Nach der Organisation des Bezirksgeometerdienstes sollte das Ein-
kommen dieser Bediensteten nur zum geringeren Theile aus der Staats-
kasse fliessen, als Entgeld für die denselben auferlegte Verpflichtung,
den Behörden die hinsichtlich der Katasterpläne erforderlichen Aufschlüsse
zu ertheilen, den Eintrag der Veränderungen in die Umschreibpläne
ihres Bezirks vorzunehmen und für die Evidenthaltung der Kataster-
pläne nach dem Stande der Gegenwart durch geeignete Ueberwaohung
und Anzeigeerstattung Sorge zu tragen. Die hauptsächlichere Aufgabe
der Bezirksgeometer wurde darin erblickt, die Messungsaufträge der
Grundbesitzer auszuführen, und der wesentlichere Theil ihrer Einkünfte
sollte aus den von den Parteien zu entrichtenden und an den Bezirks-
geometer zu vergütenden Messungsgebühren bestehen, mit welchen
übrigens auch alle Auslagen für Regie, Instrumente, Hilfspersonal, Reise-
kosten und dergl. zu bestreiten sind. — Man vergl. Nr. 3 der Fin.
Min.-Entschl. vom 19. Oct. 1833 und § 1 der Instruction vom 23. April
1834. — Es lag daher in der Aufgabe der Staatsregierung, die Vor-
schriften hinsichtlich der Entrichtung der Messungsgebühren in der
Weise zu regeln, dass den Bezirksgeometern zwar ein ausreichendes Ein-
kommen gesichert, hierbei aber jedes die betheiligten Grundbesitzer be-
drückende Uebermaas8 ferne gehalten werde. Da insbesondere die
früher den Parteien überbürdeten Entfernungs- und Reisegebühren den
Messungsvollzug erheblich verteuerten, wurden dieselben unter Aufstellung
eines ermässigten Gebührentarifs vom Jahre 1884 an als regelmässiger
Bestandteil der Messungskosten in Wegfall gebracht und hierfür den
Bezirksgeometern je nach dem Umfange und den Verkehrsverhältnissen
der Messungsbezirke geregelte Gebührenaversen aus der Staatskasse ge-
währt.
3.
Beim Inslebentreten des Bezirksgeometerdienstes wurden die hierzu
berufenen Functionäre dem Personale der Steuerkataster-Commission mit
derjenigen Vorbildung entnommen, welche sich dieselben durch die bei
der genannten Stelle abgehaltenen Lehrcurse und Prüfungen, sowie durch
praktische Ausübung des Messungsdienstes erworben hatten. Besondere
Vorschriften Uber den Bildungsgang der Geometercandidaten beim Zu-
gänge derselben zu den Prüfungen für den Geometerdienst bestanden
bis zum Jahre 1865 nicht. Gemäss Finanzministerialentschliessung vom
28. Januar 1865 wurden nur solche Candidaten zur theoretischen Geometer-
prüfung zugelassen, welche die lateinische Schule und die Gewerb- oder
polytechnische Schule absolvirt haben. Jeder Geometercandidat hatte
nach erstandener theoretischer Prüfung zum Zwecke seiner weitern Aus-
bildung für die praktische Geometerprüfung eine 2jährige Praxis im
Kataster-Ummessungs- und Umschreibdienste zu nehmen. (Fin.-Min-
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Steppes, Dio Regelung der Dienst- und
Entschl. vom 6. Pebr. 1866 im Fin.-Min.-Bl. S. 34.) Durch die Finanz-
ministerialentschliessung vom 17. Juli 1867 (Fin.-Min.-Bl. S. 156) wurde
bestimmt, dass zur theoretischen Geometerprüfung künftighin nur solche
Adspiranten zugelassen werden, welche entweder ein Real- oder huma-
nistisches Gymnasium absolvirt haben, oder welche die Lateinschule ab-
solvirten und ausserdem mindestens 4 Jahre technische Anstalten (Ge-
werb-, polytechnische, höhere landwirtschaftliche Schulen) mit gutem
Erfolge besucht haben. Die theoretischen und praktischen Geometerprüfungen
wurden bei der k. Steuerkataster-Commission und nach Auflösung derselben
beim k. Katasterbureau abgehalten. Durch die Finanzministerialent-
schliessung vom 5. Juli 1879 (Fin.-Min.-Bl. S. 102) wurde bestimmt, dass jene
Candidaten der technischen Hochschule, welche im Besitze eines Gym-
nasial-Absolutoriums oder des Absolutorialzeugnisses einer k. Industrie-
schule sich befinden, und an der techn. Hochschule das Absolutorium
als Vermessungs- Ingenieur erlangt haben, auf Grund des letzteren sofort
in die Praxis des Kataster- und Bezirksgeometerdienstes übertreten
können. Dermalen besteht nach Maassgabe der Finanzministerialent-
schliessung vom 9. Mai 1883 (Fin.-Min.-Bl. 8. 180) die Vorschrift, dass
zum Eintritte in die der Concursprüfung für Kataster- und Bezirksgeo-
meter vorgängige Praxis des bayerischen Geometerdienstes nur solche
Candidaten zugelassen seien, welche bei der technischen Hochschule in
München das Absolutorium für das Geometerfach erlangt und vor dem
Besuche der technischen Hochschule ein humanistisches oder Real-Gym-
nasium oder eine k. bayerische Industrieschule absolvirten. Die früher
beim Katasterbureau abgehaltenen theoretischen Geometerprüfungen
wurden hiermit in Wegfall gebracht, jedoch sollte die Admission zur
praktischen Geometerprüfung auch fernerhin von dem Nachweise einer
nach Erlangung des Absolutoriums der technischen Hochschule zu er-
stehenden 2jährigen Praxis im Kataster-Ummessungs- und Umschreib-
dienste abhängig bleiben.
Als technisches Hilfspersonal stehen den Bezirksgeometern, jedoch
gleichmässig auch dem Katasterbureau und der Flurbereinigungs-Com-
mission zur Verfügung die bei der technischen Hochschule geprüften
Geometercandidaten während der Zeit der 2jährigen Vorbereitungspraxis,
dann die aus der praktischen Prüfung hervorgegangenen Geometer bis
zu ihrer Anstellung. Es ist ferner noch aus den in den Jahren 1873
bis 1876 beim Katasterbureau zum Zwecke der Gewinnung technischer
Hilfskräfte abgehaltenen s. g. Assistentenprüfungen eine kleine Anzahl
von Geometerassistenten im Bezirksgeometerdienste verwendet. Ausser
diesem Hilfspersonal werden von den Bezirksgeometern zu den mechanischen
Handreichungen des Instrumententragens, Legens der Messlatten und
dergl. die s. g. Messgehilfen benützt, welche zum Theil in ständiger
Weise, mehrfach aber auch je nach Bedarf beschäftigt sind. Für das
Honorar des gesammten Hilfspersonals hat, wie dies bereits unter Ziffer
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Gehalts-Verhältnisse der bayerischen Geometer. 41
2 erwähnt wird, der Bezirksgeometer aus den anfallenden Messungsge-
bähren aufznkommen. Auch haftet derselbe filr die Richtigkeit der
Arbeiten derjenigen Messungspraktikanten, welche mit Genehmigung der
k. Regierungsfinanzkammer zu selbständigen Vermessungen auf dem
Felde verwendet werden dürfen.
4.
Die vorstehend unter Ziffer 1 — 3 geschilderte Organisation des
Messungsdienstes kann im Allgemeinen als eine sachentsprechende bezeichnet
werden, auch die Gesammteinkünfte der Bezirksgeometer während der
Zeit ihrer Dienstactivität sind nach den hierüber aus den Qualifications-
tabellen zu entnehmenden Vormerkungen derartige, dass ein Grund zur
Beschwerde nur in Ausnahmsfällen besteht. Anlass zu Klagen dagegen
bietet den Bezirksgeometern deren untergeordnete Stellung im Organismus
der Behörden und die Geringfügigkeit der ihnen bezw. ihren Relicten
aus dem Functionsgehalte gewährten Sustentationen. Diesen Klagen
lässt sich nun in Berücksichtigung der Verhältnisse, wie sie sich bis
zur Gegenwart entwickelt haben, ein gewisser Grad von Berechtigung
nicht absprechen.
Die Bedeutung des Geometerberufes für den öffentlichen Dienst ist
nach dem Werthe zu bemessen, welcher dem Grundsteuerkataster für die
bayerische Staatsverwaltung zukommt. So lange die Wirksamkeit des
Grundsteuerkatasters sich auf den eigentlichen Zweck der Steuerveranlagung
beschränkte, mochte man geneigt sein, auch dem Bezirksgeometer als
Hilfsbeamten der Steuerverwaltung einen mehr untergeordneten Platz
im Organismus der Behörden einzuräumen. Es hat jedoch im Verlaufe
der Jahre unser Grundsteuerkatas'ter eine wirthschaftliche Bedeutung erlangt,
welche weit Uber den Rahmen eines Behelfes für die Steuerveranlagung
hinausgreift. Die Bevölkerung hat sich im Liegenschaftsverkehre daran
gewöhnt, ein Grundstück nicht allein nach ortsüblicher Gewannenbenennung,
Kulturart, Anliegern und dergl. , sondern nach seiner Plannummer zu
bezeichnen. Diese Gewohnheit wurzelt in dem Vertrauen, das treffende
Grundstück unter der angegebenen Nummer in einem öffentlichen Buche
mit einer der thatsächlichen Beschaffenheit desselben entsprechenden
Beschreibung vorzufinden, und als solches öffentliches Buch kommt in
Bayern zunächst das Grundsteuerkataster in Betracht. Seitdem in Bayern
von der früheren Gebundenheit der Güter zu einem regen Güterwechsel
übergegangen ward, der Werth der Liegenschaften sich steigerte und die
Parcellirung derselben mit dem Anwachsen der Bevölkerung und der
Ausdehnung der Wohnplätze zunahm, musste der Evidenthaltung der
Kataster und Pläne — weniger wegen der Grundsteuerentrichtung als
im Interesse eines geregelten Immobiliarverkehrs — eine immer grössere
Sorgfalt zugewendet werden und hier ist, was die Richtigkeit der Fläehen-
augaben betrifft, die Thätigkeit des Bezirksgeometers von ausschlag-
gebender Bedeutung. Hierzu kommt, dass die Erkenntniss von dem
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Steppes. Die Regelung der Dienst- und
Werthe unserer Katasterplaneinrichtung immer weitere Kreise durchdringt.
Die zweckmässige Art der Vervielfältigung dieser Pläne, deren leichte
Zugänglichkeit gegen unverhältnissmässig geringe Kosten hat in denselben
für eine Reihe von wirtschaftlichen Unternehmungen ein Hilfsmittel
geschaffen, welches nicht allein für verschiedene Zwecke der Staats- und
Gemeindeverwaltung, sondern auch für private Unternehmer unentbehrlich
geworden ist. Nur tritt die missliche Erscheinung hervor, dass, je weiter
sich der Flächenstand in der Natur der Zeit nach von jenem der ursprüng-
lichen Planaufnahme oder Planerneuerung entfernt, die Verlässigkeit der
Katasterpläne abnimmt. Hierdurch ist die dem Bezirksgeometer obliegende
Officialaufgabe für die Evidenthaltung der Katasterpläne nach dem Stande
der Gegenwart Sorge zu tragen — man vergl. oben Ziffer 2, Abs. 2 —
namhaft in den Vordergrund getreten, deren Lösung erfordert eine wissen-
schaftliche Vorbildung, welche wie oben unter Ziffer 3, Abs. 1 angeführt
wurde, im vergangenen Jahrzehnt erheblich gesteigert werden musste,
und von der auch in der Folge kaum wird abgegangen werden können;
sie bedingt aber auch Ansprüche auf amtliche Autorität und was nicht
am geringsten zu betonen ist, auf die dienstliche Integrität des
Bezirksgeometers.
Auch die Beschwerden der Bezirksgeometer Uber unzureichende
Alters- und Relictenversorgung verdienen ernste Beachtung. Deren aus
Functionsgehalt, Zulage, Gebühren- und Gebührenaversen bestehende
Activitätsbezüge können zwar als zum Lebensunterhalte genügend bezeichnet
werden. In der Regel bieten sie aber im dermaligen Bestände keine
solchen Ueberschüsse, dass sich der Bezirksgeometer ein zum Unterhalte
in den Tagen der Dienst- und Erwerbsunfähigkeit und zur Versorgung
der Familie ausreichendes Vermögen ersparen könnte, derselbe ist hierwegen
auf die aus der Staatskasse nach dem geringfügigen Functionsgehalte
gewährten Unterhaltungsbeiträge angewiesen. Sollte eine Besserung dieser
Verhältnisse im Rahmen der derzeitigen Organisation herbeigeführt werden,
dann müsste man zu einer namhaften Erhöhung der Messungsgebühren
schreiten, eine Maassnahme, welche behufs Schonung der Staatskasse
eine erhebliche Belastung der Grundbesitzer bewirken würde. Diesen
mehr fiscalischen Standpunkt möchte die Staatsregierung aus wohl
erwogenen Gründen ferne gehalten wissen.
Es darf ferner nicht ausser Betracht bleiben, dass die vorerörterten
Verhältnisse auf den Zugang zum Geometerfaeh sehr ungünstig eingewirkt
haben. Während aus den in den sechziger Jahren abgehaltenen 4 prak-
tischen Geometerprüfungen je 49, 70, 70 und 57 Candidaten als zur
Praxis und Anstellung verfügbar hervorgingen, haben diese Prüfung im
Jahre 1888 nur 17, im Jahre 1890 nur 11 Candidaten absolvirt.
Infolge dessen besteht dermalen an Hilfskräften für den Messungsdienst
ein Mangel, der sich um so empfindlicher geltend macht, als beim
Katasterbureau die Anträge auf Neumessungen sich ständig mehren, bei
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Gehalts-Verhältnisse der bayerischen Geometer. 43
der Verwaltung der Staatseisenbahnen der Bedarf an Geometern ein
gesteigerter ist, und die Plurbereinigungscommission, welche dermalen
schon ein zahlreiches Geometerpersonal beschäftigt, nach der Menge der
einkommenden Flurbereinigungsanträge in der Lage ist, noch eine erheblich
grössere Anzahl von Geometern dauernd in Verwendung zu nehmen.
In welcher Weise endlich nach seinerzeitiger Einführung eines bürgerlichen
Gesetzbuches für das deutsche Reich und die Grundbuchordnung in
Bayern der Messungsdienst zur Grundbuchverwaltung in nähere Beziehung
zu treten haben wird, entzieht sich für jetzt noch der Beurtheilung. Jedoch
dürfte auch diese Eventualität ins Auge zu fassen und Vorkehrung zu
treffen sein, dass im gegebenen Falle die Grundbuchverwaltung hinsichtlich
der Zahl der verfügbaren geometrischen Hilfskräfte nicht auf derartig
beengte Verhältnisse stösst, wie sie im gegenwärtigen Zeitpunkte that-
sächlich bestehen.
5.
Mit Rücksicht auf die vorstehend unter Ziffer 4 dargelegten Er-
wägungen hat sich die Staatsregierung, übrreinstimmend mit den Gut-
achten der einvernommenen Stellen und Behörden, entschlossen, für die
Bezirksgeometer die Verleihung der Dienstespragmatik in Aussicht
zu nehmen. Die Art der Ausführung dieser Maassnahmen ist wesentlich
davon bedingt, wie man sich zu dem in der Petition der Bezirksgeometer
vom 24. December 1889 enthaltenen Vorschläge stellt, die sämmtlichen
Messungskosten zur Staatskasse einzuziehen, dagegen aber den Bezirks-
geometern ausser dem pragmatischen Gehalte entsprechende Ent-
schädigungen für äussere Dienstverrichtungen und für sämmtliche Dienst-
auslagen aus der Staatskasse zu gewähren. Von einer derartigen
Maassnahme glaubten die Petenten erhoffen zu können, dass die
erbetene Pragmatisirung dem Staate, abgesehen von einer massigen
Steigerung der Pensionslast, keine erhebliche Mehrausgabe verursachen
werde. In dieser Annahme täuschen sich jedoch die Petenten. Die
hierwegen angestellten Berechnungen haben gezeigt, dass bei Aufrecht-
erhaltung des seitherigen Messungskostentarifs die Verstaatlichung der
Gebühren und die gleichzeitige Entschädigung der Bezirksgeometer
flir Dienstauslagen und äussere Dienstverrichtungen aus der Staatskasse
einen weit höheren Aufwand in Anspruch nimmt als er im gegen-
teiligen Falle erwachsen wird. Die Berechnungen haben ferner gezeigt,
dass durch eine derartige Maassnahme Bezirksgeometer mit geminderter
Leistungsfähigkeit in unangemessene Vortheile, persönlich sehr thätige
Bezirksgeometer dagegen, welche den wichtigsten Messungsbezirken des
Königreiches vorstehen, in Nachtheil versetzt werden. Auch im Inter-
esse der betheiligten Grundbesitzer liegt eine derartige Maassnahme
nicht, da für die rasche Erledigung der Messungsanträge der Bezug
der Gebühren einen wirksamen Ansporn bildet. Diese Erwägungen
bestimmten die Staatsregierung, von einer Verstaatlichung der Messungs-
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Steppes. Die Kegelang der Dienst- and
gebühren im dermaligen Zeitpunkte abzusehen. Es liegt in der Absicht,
die künftige Stellung der Bezirksgeometer und die hiermit im Zusammen-
hänge stehenden Dienstverhältnisse in folgender Weise zu regeln.
a) Die Bezirksgeometer werden unter Beibehaltung ihres seitherigen
Titels als pragmatische Beamte aufgestellt. An Stelle der seitherigen
Bezeichnung „Messungsbezirk“ hat die Bezeichnung „Messungsbehörde“
zu treten. Die Messungsbehörden verbleiben thunlichst im Umfange der
seitherigen Messungsbezirke, werden aber den Rentämtern coordinirt.
b) Die Aufstellung der Bezirksgeometer als pragmatische Beamte
erfolgt in 2 Abstufungen. Die Mehrzahl wird als Bezirksgeometer
I. Klasse in die Besoldungsklasse IX b des Gehaltsregulativs (mit 2640 <JC
Anfangsgehalt) eingereiht, die übrigen sollen als Bezirksgeometer II. Klasse
einen Anfangsgehalt von 1800 jft beziehen, welcher vom vierten bis
incl. fünften Dienstjahre auf 2160 jft und von da von fünf zu fünf
Jahren um je 180 Jl erhöht wird. Die Bezirksgeometer rücken jeweils
in den Anfangsgehalt der für sie bestimmten Besoldungsklasse ein. Die
Berechnung des nach dem Gehalte für die Pensionirung zu bemessenden
Standesgehaltes soll jedoch unter Mitberücksichtigung derjenigen Functions-
zeit erfolgen, welche in der früheren Eigenschaft als Bezirksgeometer,
oder in einer dieser gleich zu achtenden Stellung zugebracht war.
c) Die von den Parteien zu entrichtenden Messungsgebühren
werden als Entschädigung für den Dienstaufwand und für äussere
Dienstverrichtungen den Bezirksgeometern überlassen. Die für den Weg-
fall der Entfernungs- und Reisegebtihren aus der Staatskasse bezahlten
Gebührenaversen werden bis zum Betrage der Gehaltsmehrnng und bei
neu zur Anstellung gelangenden Bezirksgeometern im vollen Betrage
eingezogen. Für Bezirksgeometer, deren Gebühreneinnahme zur Be-
streitung des Dienstaufwandes einschliesslich einer billigen Vergütung für
die mit dem äussern Dienste verbundenen Auslagen nicht ausreicht, soll
der ungedeckte Betrag aus der Staatskasse zugeschossen werden.
d) Die bei den Regierungsfinanzkammem schon dermalen in prag-
matischer Eigenschaft nach Klasse IX c aufgestellten Kreisobergeometer
werden in die Gehaltsklasse VIb Anfangsgehalt =3540 jft (gleich den Steuer-
assessoren) mit eventueller Beförderung zum Steuerrathe (Gehaltsklasse IV b)
eingereiht, deren Aversen für den Vollzug der örtlichen Gebühren-
revision sind, was ohne Beeinträchtigung des Zweckes geschehen kann,
nach Verhältniss der Gehaltsaufbesserung abzumindern. Die bei den
Regierungsfinanzkammern verwendeten Kreisgeometer — man vergl. die
Bekanntmachung vom 11. Mai 1890 im Fin.-Min.-Bl. S. 141 — haben
als pragmatische Beamte in den Gehalt der Bezirksgeometer II. Klasse
einzurücken, deren Nebenbezüge werden nach Verhältniss der Gehalts-
aufbesserung eingezogen. x
e) Als Hilfsarbeiter der Messungsbehörden kommen zunächst die
theoretisch geprüften Messungspraktikanten und nach Erstehung der
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Gehalts-Verhältnisse der bayerischen Geometer.
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praktischen Geometerprtlfung die Adspiranten für Bezirksgeometerstellen
in Betracht. Für letztere sind je nach Bedarf bis zur pragmatischen
Anstellung Fuuctionärstellen mit einer der Klasse IV c des Besoldungs-
regulativs fUr die Functionäre des Katasterbureau gleichkommenden
Besoldung (1260 <AC Functionsgehalt und 420 <JC Zulage oder ent-
sprechender Feldzulage) vorzusehen. Die hiernach aufgestellten Functionäre
(Messungsassistenten), in deren Categorie auch die bei den Messungs-
bezirken noch beschäftigten aus den s. g. Assistentenpriifungen hervor-
gegangenen Messungsassistenten aufgenommen werden können, sollen
thunlichst zur Aushilfe bei der technischen Revision, zur ambulanten
Geschäftsbeihilfe in überbürdeten Mesaungsbezirken, gegebenenfalls zur
stellvertretenden Wahrnehmung von Bezirksgeometerposten verwendet
werden. Ausserdem ist noch für Schaffung einer Categorie von Hilfs-
arbeitern der Bezirksgeometer zur Beihülfe in mehr mechanischen Ge-
schäften, des Schreib-, Zeichnungs- und Rechnungsdienstes (Kataster-
zeichner) Sorge zu tragen.
(Unter Ziffer 6 der Denkschrift sind schliesslich die Wirkungen,
■welche die beabsichtigten Maassnahmen auf die einzelnen Etatsansätze
üben müssen, rechnerisch ausgewiesen.)
Der Etat der Königl. Flurbereinigungscommission im Staatsministerium
des Innern lässt ersehen, dass die dort angestellten Obergeometer in
gleicher Weise, wie die Kreis - Obergeometer (Regierungs - Assessoren),
und die Flurbereinigungs- Geometer ebenso, wie die Bezirksgeometer
künftig eingereiht werden sollen. (Den bei den Staatseisenbahnen verwen-
deten Geometern sind schon seit einigen Jahren pragmatische Beamten -
Stellungen theils gewährt, theils in Aussicht gestellt.) Bezüglich des
Königl. Katasterbureau möge nachstehend ein Auszug aus den dem
Etat dieser Stelle von der Königl. Staatsregierung beigegebenen
Erläuterungen Platz finden:
Zu Kap. 1, § 1, Tit. 1.
Dem Personalstande des Katasterbureau gehörten seither acht
pragmatische Beamte an, bestehend aus einem Obersteuerrath e, zwei
Steuerräthen, zwei Steuerassessoren, dem Kassier, dem Conservator und
dem Registrator.
Das Erforderniss für diese Beamten würde in der XXI. Finanz-
periode 31870 Mk. an Gehalt und 2340 Mk. an Wohnungsgeldzuschüssen
betragen, somit an Gehalt um 570 Mk. mehr wie seither aus Anlass
von Gehaltsvorrückungen. Nachdem jedoch, wie zum Etat der Ausgaben
für directe Steuern des Näheren begründet wurde, für die Bezirksgeometer
des Königreichs die Verleihung der Dienstpragmatik in Aussicht genommen
ist, wird eine gleiche Maassnahme für die beim Katasterbureau verwendeten
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Steppes. Die Regelung der Dienst- und
Trigonometer, Obergeometer und Katastergeometer (jüngerer Ernennung)
nicht zu umgehen sein. Auch entspricht es Rücksichten der Billigkeit,
für die verhältnissmässig geringe Anzahl jener Bediensteten des Kataster-
bureaus, welche in Folge längerer Dienstzeit und der Wichtigkeit der
Dienstesaufgabe mit den Trigonometern und Obergeometern in der gleichen
Besoldungsklasse Bich befinden, gleichfalls die Mittel für die Verleihung
pragmatischer Dienstesstellen vorzusehen.
Künftighin sollen die Trigonometer in Klasse VIII des Gehaltsregulativs
vom 12. August 1876 mit 3000 Mk. Anfangsgehalt nebst 180 Mk.
Wohnungsgeldzuschuss, die Obergeometer gleich den Bezirksgeometern
I. Klasse in Klasse IX b des Gehaltsregulativs mit 2640 Mk. Anfangs-
gehalt nebst 180 Mk. Wohnungsgeldzuschuss und die Katastergeometer
gleich den Bezirksgeometern II. Klasse in einen Anfangsgehalt von 1800 Mk.
nebst 120 Mk. Wohnungsgeldzuschuss einrücken, die Taggelder der
letzteren im inneren und äussern Dienste dagegen einer entsprechenden
Ermässigung unterstellt werden. Da seither beim Katasterbureau
einschliesslich der Messungsbehörde München in der Klasse der Trigonometer
fünf, in der Klasse der Obergeometer zwölf und in der Klasse der
Katastergeometer fünfzehn bezw. nach Abgang von zwei Kataster-
geometern älterer Ernennung und deren Ersatz durch zwei Kataster-
geometer jüngerer Ernennung siebzehn Bedienstete verwendet waren,
wird sich für die gleiche Anzahl von Bediensteten ein Erforderniss
berechnen: (Folgt der Ausweis des bisherigen und künftigen Erforder-
nisses.]
Es hat sich ferner das Bedürfniss ergeben, dem Katasterbureau
behufs Förderung der belangvollen Arbeiten für Verdichtung des
trigonometrischen Netzes einen weitern Trigonometer beizugeben, zum
Zwecke der Beschleunigung und Ausdehnung von Neumessungen einen
weiteren Obergeometer und einen Katastergeometer aufzustellen und
das Personal der Messungsbehörde München um einen weiteren Kataster-
geometer zu verstärken.
Zu Kap. 2, § 4.
Im Etat der 20. Finanzperiode waren für Vermessungen beim
Katasterbureau vorgesehen: 74490 Mk. und bei der Messungsbehörde
München laut Nachtragspostulat (Beil. Nr. 528): 18030 Mk. sohin
insgesammt: 92520 Mk.
Hiervon können bei der nunmehrigen Bedarfsaufstellung abgerechnet
werden an Taggeldern der Katastergeometer wegen deren Ueberftlhrung
in pragmatische Dienstesstellen: 9300 Mk. und an Taggeldern der in
den Status der Functionäre neu eingereichten Hilfsarbeiter 14220 Mk.
sohin: 23520 Mk. wonach noch ein Restbetrag verbliebe von 69000 Mk.,
von welchem ein Antlieil von ungefähr 53000 Mk. auf das Katasterbureau
und von 16000 Mk. auf die Messungsbehörde München treffen würde.
Es hat sich jedoch die Nothwendigkeit ergeben, einen Betrag von
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Gehalts- Verhältnisse der bayerischen Geometer.
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160000 Mk. vorzusehen, wovon ein Antheil von 35 000 Mk. auf die
Messungsbehörde München entfällt, und der Rest von 125000 Mk. für
Vermessungsarbeiten des Katasterbureaus erforderlich ist. Der Voranschlag
für die Messungsbehörde München entspricht dem seitherigen erfahrungs-
gemässen Bedarfe und wird durch die eigenen Einnahmen aus Messungs-
gebühren Deckung finden. Zur Begründung der auf Vermessungsarbeiten
des Katasterbureaus treffenden Bedarfssumme wird Folgendes angefügt:
Das Katasterbureau ist dermalen mit Neumessungen für die Städte
Augsburg, Regensburg, Bamberg und Kaiserslautern sowie mit den Nach-
arbeiten für die Neuaufnahme der Stadt München beschäftigt, betreibt
hierzu, wenn auch in sehr eingeschränkter Weise — eine Neumessung
des Messungsbezirkes Landshut, ist für eine systematische Ergänzung und
Erneuerung des trigonometrischen Netzes, insbesondere auch des trigo-
metrischen und polygonometrischen Netzes für grössere Flurbereinigungen
in Thätigkeit und wird noch im Laufe des Jahres 1891 die Neumessung
der Städte Ludwigshafen a. Rh. und Straubing in Angriff nehmen. Die
Fortsetzung und soweit thunlich, die Durchführung der begonnenen
Messungsarbeiten während der XXI. Finanzperiode erfordert einen Kosten-
aufwand, welcher durch eine den Etatssatz der XX. Finanzperiode nicht
erheblich übersteigende Willigung gedeckt werden könnte, dies jedoch
unter der Voraussetzung, dass die fraglichen Arbeiten in der seitherigen
Weise weiter betrieben werden. Es empfiehlt sich aber aus verschiedenen
Gründen, den Vollzug der begonnenen Arbeiten durch Verstärkung des
für dieselben verwendeten technischen Personales zu beschleunigen.
Ausserdem sind an neuen Städtemessungen noch jene für St. Ingbert
und Landau in der Pfalz in Aussicht zu nehmen. Die Verdichtung des
trigonometrischen Netzes als Grundlage für alle späteren Neuaufnahmen
ist in thunlichst umfassender Weise fortzusetzen. Die Klagen Uber Unzu-
reichendheit der Katasterzustände in jenen Theilen Ober- und Nieder-
bayerns, deren Katasterpläne bis zum Beginne der Landesvermessung
zurückreichen, ohne dass inzwischen eine Messungserneuerung Btattfand,
häufen sich in so dringlicher Weise, dass auch die Inangriffnahme von
Neumessungen dieser Gebietstheile kaum mehr länger verschoben werden
kann. Für die Bewältigung aller dieser an das Katasterbureau heran-
tretenden Arbeiten wäre eine Ausgabesumme nöthig, welche den Vor-
anschlag, wie solcher in den gegenwärtigen Etat eingestellt ward, weit
übersteigen würde. Jedoch legt der derzeitige Mangel an verfügbaren
technischen Hilfskräften einer unverhältnissmässigen Ausdehnung der
Messungsthätigkeit des Katasterbureau gewisse Reserven auf. Wenn es
auch in der Folge gelingen mag, einen besseren Zugang an vollge-
bildeten Geometern zu erzielen und durch Gewinnung anderweiter Hilfs-
kräfte für Rechnungs- und Zeichnungsarbeiten eine sachgemässere Arbeits-
theilung herbeizuftthren, so wird sich doch die Einwirkung dieser Ver-
hältnisse auf die Thätigkeit des Katasterbureaus in den nächsten Jahren
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48 Steppes. Die Regelung der Dienst- und Gehalts- VerhSltnisse etc,
nur in beschränktem Maasse geltend machen, weshalb zur Verwendung
auf dem Etatstitel der „Vermessungen“ der vorgeschlagene Betrag als
angemessen betrachtet werden kann.
Die finanzielle Wirkung der vorstehend erläuterten Maassnahme
mag — abgesehen von der fllr ausserbayerische Leser in Betracht
kommenden Thatsache, dass der süddeutsche Beamte sich mit geringeren
Gehalten, wenn auch nicht mit geringeren Leistungen zu begnügen ge-
wöhnt ist, — von den einzelnen Betheiligten, zunächst aus der Reihe der
Bezirksgeometer, vielleicht verschieden beurtheilt werden. Aeltere Be-
zirksgeometer könnten vielleicht geltend zu machen geneigt sein, dass
die geminderte Leistungsfähigkeit bei zunehmendem Alter ein Erbtheil
der Menschheit sei und bei andern Beamtencategorien nicht dazu führe,
auch deren Bezüge im entsprechenden Verhältniss als unangemessene
zu betrachten. Andererseits wird wohl gerade die jüngere Generation
aus dem künftigen Wegfall der Reiseaversen Bedenken abzuleiten sich
versucht fühlen, insofern naturgemäss gerade die Bezirke mit den höchsten
Aversen auch diejenigen sind, deren Versehung mit den grössten Mühen
und Anstrengungen, abgesehen von den hohen Auslagen verbunden sind.
Auch sonst lassen sich ja wohl, wie dies bei derartigen Anlässen immer
der Fall ist, gegen Einzelheiten — wie z. B. bezüglich der Frage, ob
die gegenüber den Kreisobergeometern und selbst den Bezirksgeometern
I. Klasse ungünstigere Stellung der Obergeometer des k. Katasterbureaus
dieser Stellung künftig eine genügende Anzahl von so hervorragend
tüchtigen Persönlichkeiten Zufuhren wird, wie es die Leitung zahlreicher
Städte- und sonstiger Neu-Messungen bedingt — Bedenken principieller
Natur einwerfen.
Allein wo sich derartige Bedenken im Laufe der Zeit wirklich als
berechtigte erweisen sollten, da berechtigt auch die wohlwollende und
zielbewusste Haltung der Denkschrift zu dem unbedingten Vertrauen,
dass die königliche Staatsregierung zur Abhilfe bereit, ja unter Um-
ständen schon innerhalb des Rahmens der jetzt in Frage stehenden
etatsmässigen Willigungen in der Lage sei.
Das Wesen der ganzen Maassnahme werden daher sicher alle Be-
troffenen dankbarst darin erblicken, dass die Staatsregierung langjährige
Wünsche der Geometer in wohlwollendster und sachlichster Weise als
berechtigt anerkannte, dass sie alle Standesangehörigen aus der Reihe
der Functionäre (Subalternbeamten) endgiltig in jene der pragmatischen
Staatsbeamten — gleich den anderen Berufsarten mit höherer wissen-
schaftlicher Bildung — emporgehoben hat und durch Aufhebung des
Abhängigkeitsverhältnisses von den Rentämtern einen Anlass zu peinlichen
Reibungen und zu geminderter Berufsfreudigkeit zu beseitigen gedenkt.
Dazu kommt, dass die Ausführungen der Denkschrift die Annahme
rechtfertigen, es werde im Zusammenhang mit der äusseren Neugestaltung
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Kahle Die kreisförmige Canalwaage.
49
auch eine innere Neubelebung der Berufsverhältnisse beabsichtigt.
Wo die erhöhten Anforderungen, welche die heutige Zeit an den heutigen
Messungsdienst stellt, in so lebendigen Farben geschildert werden, da
wird wohl auch die Ueberzeugung bereits Platz gegriffen haben, dass
man diesen Anforderungen mit einem Wust vergilbter, noch auf die
technischen Anschauungen des vergangenen Jahrhunderts gegründeter
Vorschriften nicht gerecht werden kann; da wird wohl die Absicht be-
stehen, nunmehr auch für den technischen Kataster-Fortfllhrungsdienst
neue und zeitgemässere Anweisungen zu erlassen und deren pünktlichen
und gleichmässigen Vollzug im ganzen Königreiche durch ent-
sprechende Maassnahmen zu überwachen und sicher zu stellen.
Ebenso bietet die Erhöhung des Aufwandes auf Neumessungen, wie sie
bereits eingetreten und in noch höherem Maasse in Aussicht gestellt ist,
eine Gewähr, dass man auf diesem Gebiete das Versuchsstadium nun-
mehr als abgeschlossen betrachtet und auf Grund der im eigenen Lande,
wie anderwärts gemachten Erfahrungen entschlossen und zielbewusst
vorzugehen gedenkt.
Augenblicklich unterstehen die einzelnen Etats noch der Beschluss-
fassung des Landtags. Nachdem indessen die Abgeordnetenkammer die
Denkschrift zum Etat der directen Steuern und den Etats des k. Kataster-
bureaus vollinhaltlich bereits genehmigt hat, besteht alle Hoffnung, dass
die wohlwollenden Absichten der bayerischen Staatsregierung in Bälde
zur Verwirklichung kommen werden.
München, im November 1891.
(Mitgetheilt durch Steppes.)
Die kreisförmige Canalwaage.
Mit Abbildung.
In Heft 6 vom Jahrgang 1889 dieser Zeitschrift findet sich ein
Auszug aus einer in der „Deutschen Rundschau fllr Geographie und
Statistik“ 1888, Heft 2 und 3 erschienenen Mittheilung des Verfassers
Uber eine geschlossene Canalwaage von der Form eines Rechtecks, welche
gestattet, beiläufige Nivellements, insbesondere an Bergabhängen, ohne
Benutzung einer Latte vorzunehmen, deren Genauigkeit zwischen ge-
wöhnlichem Nivellement und barometrischer Höhenmessung mit Queck-
silberbarometer stehen würde. Verf. hat seitdem geschlossene Canal-
waagen in Kreisform angewendet, welche vor der früheren Form den
Vorzug bequemeren Transports besitzen. Hinsichtlich der Ausführung
von Freihandnivellements mit diesen Canalwaagen ohne Zuhilfenahme
einer Latte (sog. Nivellements nach Augenhöhen) verweisen wir auf den
oben erwähnten Auszug bezw. den Artikel in der „D. Rundschau f. G
u. 8t.“ und erwähnen hier nur, anlässlich verschiedentlicher Anfr-
Zettschrift für Vermessungswesen, 1892. Heft 2. 4
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50
Kahle. Die kreisförmige Canalwaage.
•wiederholend, dass das Zielen nicht durch die Glaswände hindurch, sondern
aussen an der windschief gehaltenen Canalwaage vorüber zu erfolgen
hat; dabei ist die Waage mit einer
Hand und gestrecktem Arm so hoch zu
halten, bis das Auge das entferntere
Niveau der Flüssigkeit neben dem
näheren erblickt, jenes also scheinbar
die Fortsetzung des letzteren bildet;
Blasen, die infolge Schutteins bisweilen
an diesen Niveaus entstehen, ver-
schwinden, sobald man die betreffende
Stelle mit der Hand erwärmt. Da-
gegen möge im Folgenden auf einige
weitere Verwendungen der beiden Ca-
nalwaagen, sei es als Reisebegleiter
gewöhnlichen Nivellement kurz hin-
gewiesen werden.
1. Als Nivelliriustrument unter Zuhülfenahme einer Latte.
Wie früher erwähnt, könnten derartige Nivellements in Gegenden
von Nutzen werden, welche durch Unwegsamkeit oder Steilheit der
Gehänge die Benutzung von Instrumenten der Feinmechanik ausschliessen.
So benutzte Verf. das Instrument öfter in den Hochalpen und zwar an
Abhängen bis zu 45 und mehr Grad.*) Die hierbei verwendete Latte
bestand aus 4 je 1 m langen Stäben von 5 cm Breite und 1 cm Dicke,
welche je am oberen Ende mit 20 cm langen Blechhülsen versehen waren,
in welche der unterste Decimeter des folgenden Stabes eingeschoben
wurde. Auseinandergenommen und verschnürt (mit Plaidriemen) besass
die Latte ein Gewicht von l1^ kg und konnte bei Bergtouren auf dem
Rücken transportirt werden. Als Theilung sind auf Stäbe und Hülsen
halbe Decimeter aufgetragen, wobei die obere Decimeterhälfte schwarz,
die untere weiss angestrichen und mit den Decimeterziffern 00, 01 u. s. f.
bis 40 versehen ist. An Stelle der verschiedenen Färbung kann man
einfacher die Ziffern 5 cm hoch machen lassen. Abgelesen wurden
ganze oder halbe Decimeter; an steilen Abhängen oder bei Verkürzung
der Zielweiten lassen sich noch Centimeter schätzen. Die Latte eignet
sich übrigens auch für Längenmessungen. Das Nivellirstativ bildet der
Körper selbst, indem der Nivellironde sich derart aufstellt, dass die
Verbindungslinie der Schultern parallel zur jeweiligen Nivellementsrichtung,
und abwechselnd aus rechter und linker Hand nivellirt. Hinsichtlich
der Genauigkeit und Geschwindigkeit derartiger Nivellements vergl. den
erwähnten Auszug; nach sonstigen Beobachtungen des Verf. dürfte das
Nivellement eines Höhenunterschiedes von 1000 m (mit dem gewöhnlichen
Steigwinkel der Alpenpfade 10—15°), welchen ein rüstiger Bergsteiger
*) Vergl. Zeitschr. f. Vernicssungsw. 1839, S. 186.
oder als Hilfsinstrumente beim
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Die kreisförmige Canalwaage.
51
in drei Stunden zurücklegt, 9 — 10 Stunden beanspruchen, wenn der
Nivellirende die Ablesungen etc. selbst notirt ; andernfalls 7 — 8 Stunden.*)
2. Als Hülfsinstrument beim gewöhnlichen Nivellement mit Fernrohr.
Jeder Vermessungsbeamte weiss aus Erfahrung, wie ärgerlich es ist,
nach Wagerechtstellen des Fernrohrs zu entdecken, dass die Visur einige
Decimeter Uber der Latte hinwegläuft. Dies lässt sich nach provi-
sorischer Aufstellung des Instrumentes durch Anlegen der Canalwaage
an das Fernrohr und Visiren nach der Latte vermeiden; auf gleiche
Weise lässt sich auch weiterhin vom Instrument aus der nächste er-
reichbare Lattenpunkt bestimmen.**) Man kann auch ohne vorherige Auf-
stellung des Instrumentes bereits den günstigen Standort desselben be-
stimmen, wenn man beim Visiren mit der Canalwaage aus freier Hand
das Auge durch Neigen des Körpers in die gewöhnliche Instrumenten-
hölie 1,3 — 1,4 m bringt. Die derart beschleunigte Auswahl des In-
strumenten- und Lattenstandes führt eine nicht unwesentliche Zeit-
ersparniss herbei.
3. Als Gefällmesser.
Die mittlere Schrittlänge eines Erwachsenen auf horizontaler Strecke
lässt sich gleich der Hälfte der Augenhöhe desselben annehmen. Bei
mittlerer Körpergrösse beträgt letztere rund 1,6 m, sonach die Schritt-
länge 0,8 m, und es behält auch auf wenig geneigten Strecken, wie
z. B. unseren Landstrassen, auf kurze Entfernungen hin der Schritt die
ihm auf horizontaler Strecke zukommende Länge fort. Hat also ein
Beobachter auf ansteigender Strasse durch eine Visur mit seiner Canal-
waage denjenigen Punkt der Strasse festgestellt, der mit seinem Auge
in gleicher Höhe, und die Strecke bis dahin abgeschritten, so giebt der
Bruch 1 : halbe Anzahl der Schritte das Steigungsverhältniss auf dieser
Strecke.***) Aus einer kleinen Tabelle wie) die folgende lassen sich
sodann Procente und Steigungswinkel ablesen.
Anzahl
der
Schritte
Steigungs-
verhältniss
Steigung
in
Procenten
Neigungs-
winkel
/ Streckenlänge '
1 für die Schritt-
Mängen zu 0,8 m
23
1: IS»/*
8,0 o/o
4,60
20m
30
1: 15
6,7
3,8
24
35
1: 171/2
5,7
3,3
28
40
1: 20
5,0
2,9
32
50
1: 25
4,0
2,3
40
00
1 : 30
3,3
1,9
4S
80
1 : 40
2,5
1,4
64
100
1 : 50
2,0
1,1
80
150
1: 75
1,3
0,8
120
200
1 : 100
1,0
0.6
160
400
1 :200
0,5
0,3
320
125
1 : 62,5
1,6
0,9
100
*) Bei zweimal. Niv. mit einem mittl. Fehler von etwa '/s m.
**) Durch eine Klammervorrichtung lässt sich die kreisf. Canalwaage am
Fernrohr des Niv. -Instrumentes ein für allemal festklemmen.
***) Hierbei ist sin o = tang a gesetzt; den Steigungswinkel erhält man
angenähert aus a = #/# X 0,57.
4*
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52
Kahle. Die kreisförmige Canalwaage.
4. Zur beiläufigen Bestimmung von Böschungswinkeln, Schichten-
neigungen etc.
Weniger für Vermessungsbeamte, denen für ihre Zwecke die genauer
arbeitenden Neigungsmesser von Wolz, Lang u. a. zur Verfügung
stehen, als für praktische Geographen, Geologen und sonstige Reisende,
welche gelegentlich die Neigung von Bergabhängen, Erosionsfurchen,
oder das Einfallen von Schichten bestimmen wollen, ohne in Ermangelung
besserer Instrumente auf blosse Schätzungen angewiesen zu sein, sei
hier noch auf die Verwendung der Canalwaage als Ilöhenwinkelmesser
hingewiesen. An der viereckigen sind zunächst die Innenseiten mit
einem 3—4 mm breiten Papierstreifen zu bekleben, was in den Ecken
etwas schwierig. Durch Anhalten einer kurzen Seite an die Radien
± 0°, ± 10°, ± 20° u. s. w. eines an die Wand gehefteten Transporteurs
gewinnt man die Theilpunkte, welche auf dem Streifen mit Bleistift zu
markiren. Beim Feststellen des Nullstriches ist zugleich der Stand des
anderen Niveaus auf dem Streifen zu markiren. Wegen der viereckigen
Gestalt fallen die Zwischenräume für je 10° in der ersten Quadranten-
hälfte kleiner aus als in der Mitte und am Ende. Für die Winkel bis ± 20®
lässt sich durch Anlegen einer langen Seite an die entsprechenden Radien
noch eine besondere Theilung auf einer kurzen Seite mit doppeltgrossen
Zwischenräumen auftragen. Die angelegten Seiten werden später als
Visirseiten benutzt und der Stand des Niveaus an der Theilung abgelesen.
Das Einfallen von Schichten misst man durch Parallelhalten der Visir-
seite. An der kreisförmigen Canalwaage wird von der Innenseite die
eine Hälfte ganz, von der anderen ein kleines Stück beklebt (siehe Abb.),
sodann die Waage an den Transporteur an der Wand so angehalten,
dass die beiden Niveaus auf die Mitten der Streifen einspielen, und ihr
Stand markirt. An Stelle dieser Marken ist ein Gummischnürchen herum-
zuschlingen und zu verknüpfen. Man dreht dann diese Sehne auf die
Radien des Transporteurs ± 30 ± 60 ± 90, markirt die Niveaustände
und schaltet die Striche für 10° 20° u. s. w. ein. Um das Einfallen
von Schichten oder Böschungen zu messen, wird die Sehne diesen
parallel gehalten; befindet sich der Beobachter im Scheitel des Winkels
selbst, so würden die beiden Umschnürungen in eine Richtung mit dem
Zielpunkt zu bringen und der Stand des entfernteren Niveaus abzulesen
sein. Bei letzterer Art von Messung kann allerdings wegen der Brechung
durch die Glaswand eine kleine Correction nöthig werden, die sich an
sonstwie bereits bestimmten Höhenwinkeln feststellen lässt. Da die
Theilung bei hoher Temperatur (infolge der Handwärme) ausgeführt wird,
so liefert die Ablesung im Winter zu niedrige Höhenwinkel; die etwaige
anzubringende Correction wird dann unmittelbar ersichtlich, wenn man
die Canalwaage so vor sich hält, dass beide Niveaus sich um gleichviel
unter den beiden Nullmarken befinden. Während die Messung mit der
viereckigen Canalwaage, insbesondere von Schichtenneigungen und
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Kleinere Mittheilungen.
53
Böschungen bis auf etwa 1 — 2° genau, wird die Zuverlässigkeit bei
der kreisförmigen etwas geringer. Es kommen jedoch auch in der Ver-
messungspraxis oft genug Fälle vor, wo die Kenntniss irgend eines
Böschungswinkels auch nur auf einige Grade genau erwünscht ist.
Für den praktischen Geographen dagegen dürfte eine solche Theilung
das Instrument nicht nur zu einem angenehmen, sondern auch nützlichen
Beisebeglelter machen; bekanntlich wird die Höhe und der Böschungs-
winkel einer Anhöhe von unten aus stets unterschätzt, von oben über-
schätzt; die Böschungen quer vor Augen stehender Bergabhänge dagegen
stets überschätzt und man kann, sobald man in Reisebeschreibungen von
senkrechten Felswänden liest, fast immer annehmen, dass es sich um
Neigungswinkel von etwa 50 bis 60° gehandelt hat. In solchen Fällen
würde die Canalwaage mit Winkeltheilung eine ausreichende Controle
für den Reisenden liefern. p
Nachtrag.
Canalwaagen liefern die Glastechniker Haack in Jena und Heinz
in Aachen. Der Preis einer Latte stellt sich je nach Ausstattung auf
3 — 6 Mark, einer Canalwaage (ausschliesslich Verpackung und Porto)
2 — 3 Mark. Einige Besteller der älteren Form haben zugleich um
Lieferung eines Etuis gebeten, wovon entschieden abzurathen; einerseits
vertheuert ein solches unnöthig den Preis, andererseits erschwert es den
Transport, insbesondere der kreisförmigen Waage, welche in der äusseren
oder hinteren Rocktasche bequem unterzubringen; endlich ist es als
Schutz gegen Stösse überflüssig, da die Canalwaagen aus starkem
Thüringer und Jenaer Glas hergestellt werden. Es werden auch Canal-
waagen mit eingeschmolzenem weissen Streifen in beiden Formen her-
gestellt, auf welche die Theilung eingeätzt werden kann; hierdurch
erhöht sich der Preis bis auf das Doppelte.
Kleinere Mittheilungen.
Topographische Specialkarte von Mittel-Europa im
Maassstabe 1 : 200000.
Im Anschluss an die diesseitige Anzeige vom 28. Mai d. J. wird
hierdurch bekannt gemacht, dass nachstehend genannte Blätter:
Nr.
12.
Lcmsal,
13.
Wenden,
15.
Marienhausen,
67.
Drissa,
105.
Tilsit,
119.
Cranz,
120.
Labiau,
195.
Pasewalk,
369.
Brieg,
378.
Ostrog,
407.
Teofipol (früher Kupcl),
634.
Radstadt und
667. Radkersburg (früher St. Gothard)
durch die Kartographische Abtheilung veröffentlicht worden sind.
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54
Bücherschau.
Der Vertrieb der Karte erfolgt durch die Verlagsbuchhandlung von
R. Eisenschmidt hierselbst, Neustädtische Kirchstrasse Nr. 4/5.
Der Preis eines jeden Blattes beträgt eine Mark.
Berlin, den 4. December 1891.
Königliche Landesaufnahme. Kartographische Abtheilung.
von Usedom,
Oberst und Abtheilungschef.
Bücherschau.
Elemente der Vermessungskunde, ein Lehrbuch der praktischen Geometrie von
Dr. Carl Max von Bauernfeind, Kgl. Geheimrath, Director und Professor
der technischen Hochschule, Mitglied des Kgl. Obersten Schulraths und
der Kgl. Akademie der Wissenschaften in München. — Siebente vermehrte
und vielfach verbesserte Auflage. Stuttgart 1890. Verlag der J. G. Cotta-
schen Buchhandlung. — 2 Bände.
Das allgemein bekannte Lehrbuch „Elemente der Vermessungs-
kunde“ von v. Bauernfeind ist in einer siebenten, vermehrten und viel-
fach verbesserten Auflage erschienen. Diese kurze Mittheilung und viel-
leicht eine Aufzählung des wiederum Neuhinzugekommenen würde fast
genügend sein für die Besprechung in dieser Zeitschrift, deren Lesern
das Buch ja in seinen früheren Auflagen bekannt ist. — Aber der Um-
stand, dass diese siebente Auflage den Abschluss eines Werkes bildet
welches nunmehr ein ganzes Menschenalter hindurch dem Fachpublikum
als Lehrbuch gedient hat, welches der Entwickelung der Vermessungs-
kunde nicht nur gefolgt ist, sondern derselben auch erheblichen Vor-
schub geleistet hat, gibt uns Anlass, auf die Bedeutung des Werkes und
seine Geschichte etwas näher einzugehen.
Die erste Auflage erschien im Jahre 1856, nachdem dieselbe schon
im Jahre 1846 im Leipziger Ostermesscataloge angekündigt worden war.
Es war dies die Zeit, als in die Entwickelung des Vermessungs wesens,
die bis dahin im Wesentlichen getragen worden war durch die mit Be-
ginn des Jahrhunderts in Angriff genommenen Katastermessungen, zwei
neue belebende Elemente eingritfen, nämlich die technischen Fachlehr-
anstalten (die heutigen technischen Hochschulen) und der Eisenbahnbau.
Das BedUrfniss nach neuen und besseren Instrumenten und Methoden
einerseits, und andererseits nach einem systematischen geodätischen
Unterricht, machte sich geltend. Demzufolge stellte sich auch das Be-
dürfni8s nach neuen Lehrbüchern ein, deren die geodätische Litteratur
jener Zeit denn auch bald eine Anzahl aufzuweisen hatte, von denen
wir als die bekanntesten erwähnen die Lehrbücher von Hunaeus (1847),
Schneitier (1851), Härtner (1852), Barfuss (1854) und Bauern-
feind (1856). Von diesen allen ist zweifelsohne das Bauernfeind’sche
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Biicherschau.
55
Buch das einflussreichste und verbreitetste geworden. Die Ursache
dieser tonangebenden Stellung des Werkes finden wir einmal begründet
in dem hohen Ansehen, in welchem zu jener Zeit die bayerische Ver-
messungstechnik und die Münchener Feinmechanik standen, sodann aber
auch vornehmlich in der umfassenden und gründlichen Behandlung,
welche das Lehrbuch allen Zweigen der praktischen Geometrie zu Tlieil
werden liess.
Die I. Aufl. erschien: 1. Band 1856, 2. Band 1858, die II.: 1862,
III.: 1869, IV.: 1873, V.: 1876, VI.: 1879, VII.: 1890. Diese Zahlen
sprechen allein. Das Werk, welches seinen Stoff bekanntlich in drei
Hauptabschnitten behandelt: 1) „die Lehre von den Messinstrumenten“,
2) „die Lehre von den Messungen“, 3) „die Lehre von der Plan- und
Kartenzeichnung“ war von vornherein auf zwei Bände bemessen. In
der II. und III. Aufl. wurde mit Rücksicht auf Ersparniss an Raum
und Kosten der gesammte Inhalt in einem Bande zusammengefasst, mit
der weiteren Vermehrung des Stoffes aber von der IV. Aufl. an wieder
in zwei Bände getrennt. Die äussere Ausstattung ist, wie allgemein be-
kannt, von der ersten bis zur letzten Auflage mustergültig; besonders
muss das auch für die neueste Auflage hervorgehoben werden.
Die Entwickelung, welche das Werk den Fortschritten der Wissen-
schaft und Technik folgend, von Auflage zu Auflage genommen, tritt
uns in fast jedem Abschnitt entgegen, in vielen Fällen im engsten An-
schluss an die vielfachen und umfangreichen Arbeiten, durch welche der
berühmte Verfasser die Vermessungswissenschaft gefördert hat. Es
braucht hier nur erinnert zu werden an die Einführung eines der heute
gebräuchlichsten Instrumente der praktischen Geometrie, das sich in der
Hand fast jeden Technikers befindet, das Bauernfei nd’sche Winkel
prisma und das Prismenkreuz, ferner an des Verfassers Untersuchungen
über die barometrische Höhenmessung und die atmosphärische Strahlen-
brechung. Sehr dankenswerth ist es, dass eine Darstellung dieser
letzteren Arbeiten im dritten Abschnitt des 2. Bandes der VII. Aufl.
dieselben in ihren Grundztigen auch einem weiteren Leserkreis zugäng-
lich macht. Das Gleiche gilt für die Beschreibung der Anlage der
Münchener hydrometrischen Prüfungsanstalt. (S. 564, Bd. 1.) Wir müssen
darauf verzichten, alle Erweiterungen und Vermehrungen zu verfolgen,
welche von Auflage zu Auflage uns begegnen; es sei nur darauf hinge-
wiesen, wie nach und nach die Darstellung der Aufgaben der speeiellen
Landesvermessung mehr und mehr an Raum gewonnen hat, während das
Buch bei seinem ersten Erscheinen in erster Linie den Bedürfnissen des
Eisenbahnbaues entgegenkommen wollte. Um nur ein Beispiel für den
Entwickelungsgang eines Abschnittes in den nacheinanderfolgenden Auf-
lagen zu skizziren, greifen wir den Uber die barometrische Höben-
mesaung im II. Bande heraus.
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56
Bücherschau.
In der I. Aufl. finden wir nur die Ableitung der barometrischen
Höhenformel und zwar nach der fehlerhaften Ohm’sclien Entwickelung.
Die II. und III. Aufl. behandelt die Höhenformel nach des Verfassers
Schrift: „Beobachtungen und Untersuchungen über die Genauigkeit baro-
metrischer Höhenmessungen und die räumlichen Temperaturänderungen
der Atmosphäre“, (München 1862) und bringt neu hinzu: „ein Beispiel
zur Ausführung einer Höhenmessung“, „die Umformung der Formeln zur
Berechnung von Höhentafeln“, „die Ausführung der Höhenberechnung
mittelst dieser Tafeln“, „Regeln, welche bei der Ausführung von Höhen-
messungen zu beachten sind“ und „die Genauigkeit barometrischer
Messungen“. In die IV. und V. Aufl. ist ein Näherungsausdruck für
den Feuchtigkeitsfactor eingeführt und die Höhenmessung mit Feder-
barometern behandelt, nachdem auch in den 1. Band der IV. Aufl. unter
der Lehre von den Messinstrumenten, diese für die Nutzbarmachung der
barometrischen Höhenbestimmung so wichtigen Instrumente aufgenommen
waren. In der IV. Aufl. finden wir die Ausführung der Höhenableitung
mittelst der „Höhenstufen“ und in der VII. Aufl. endlich eine Ver-
gleichung der verschiedenen Arten von Höhenmessungen behandelt. Der
Raum verbietet uns ein näheres Eingehen auf diesen hier skizzirten sehr
interessanten Entwickelungsgang.
Indem wir wegen der anderen vielen Erweiterungen nur noch hinweisen
auf die Capitel über die Ablesemikroskope, Distanzmesser, Tachymeter
und Planimeter, müssen wir hervorheben, dass das Bauernfeind’sche
Werk in seiner nunmehrigen Ausdehnung wegen der mannigfaltigen
speciellen Angaben und Daten in vielen Capiteln Uber den Rahmen
eines Lehrbuches hinausgeht, auch für Specialstudien manchen werth-
vollen Aufschluss zu geben vermag und fernerhin eine nicht zu unter-
schätzende Bedeutung in liistorischer Beziehung erlangt hat.
Es ist selbstredend, dass auch gegenüber der Reichhaltigkeit des
Stoffes wir noch eine Anzahl von Wünschen und Bedenken haben, dass
wir Dieses und Jenes vermissen, dass wir Manches nach unserer Auf-
fassung weniger Wichtige durch Wesentlicheres, manches Veraltete durch
Neueres, welches für den heutigen Stand der Wissenschaft von grösserer
Bedeutung ist, ersetzt sehen möchten. Ferner können wür uns auch
mit der Behandlung mancher Capitel und zwar sowohl in Bezug auf die
Form als auf die Sache nicht einverstanden erklären, und glauben end-
lich auch, dass in einzelnen Punkten ein mehr objectiver Standpunkt
hätte innegehalten werden sollen.
Indem wir es unterlassen, ein Protokoll unserer Wünsche und Aus-
stellungen im Einzelnen hier mitzutheilen, dürfen wir es nicht umgehen
einige Bedenken principieller Natur zur Erörterung zu bringen, welche
sich gegen das Bauernfeind’sche Werk in seiner Eigenschaft als
Lehrbuch richten. Es betrifft 1. die Behandlung, welche einzelnen
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BUcherschau.
57
Capiteln der Instrumentenkunde zu Theil wird, und , 2. die Stellung,
welche der Methode der kleinsten Quadrate zugewiesen ist.
In Bezug auf den erstgenannten Punkt können wir uns nicht ein-
verstanden erklären mit der Behandlung der zusammengesetzten Instru-
mente, wir denken hier in erster Linie an die wichtigsten, den Theo-
doliten und das Nivellirinstrument. Die dafür gewählte Darstellungs-
weise stimmt nicht überein mit der correcten und gründlichen, welche
die Capitel Uber die „Bestandteile der Messinstrumente“ so sehr aus-
zeichnet. Unseres Erachtens muss in einem Lehrbuche in erster Linie
für die richtige Erfassung des mathematischen Aufbaues dieser Instru-
mente Sorge getragen werden, indem die Theorie vorweg an einfachen
schematischen Figuren klargestellt wird. Auf dieser Grundlage wird sodann
die Behandlung der Aufgabe, die Instrumentaxen in die der Theorie
entsprechende gegenseitige Lage zu bringen, also die sogenannte Berichti-
gung, sich von selbst erledigen. Der Lernende erhält auf diese Weise
von vornherein einen Ueberblick Uber alle vorkommenden oder mög-
lichen Axenanordnungen , er wird in die Lage versetzt , selbständig
jedes ihm vorkommende Instrument in die seiner Construction ent-
sprechende Klasse einzureihen und dementsprechend zu behandeln. So-
dann sollten die verschiedenen als Beispiele zu gebenden Instrument-
formen in schematischen Zeichnungen mit Hervorhebung aller wichtigen
Theile und Beiseitelassung aller nicht nothwendigen Einzelheiten dem
Lernenden vorgeführt werden. Derartige Zeichnungen werden mehr
zum Verständniss beitragen als die schönsten Abbildungen eines Instru-
mentes mit allen seinen Einzelheiten. In diesem Sinne bedauern wir
sehr, dass die in allen früheren Auflagen enthaltene schematische Zeich-
nung des einfachen Theodoliten in dieser neuesten Auflage nicht mehr
aufgenommen ist, sondern der Theodolit in seiner Zusammensetzung ohne
erläuternde Zeichnung nur durch den Text auf Seite 289 und 290
Bd. 1 erklärt wird. Wir glauben, dass besonders der allein studirende
Anfänger an dieser Stelle eine gute schematische Zeichnung sehr ver-
missen wird, ln Betreif der Darstellung einer Anzahl von Instrument-
formen können wir die Bemerkung nicht unterdrücken, dass es uns der
Stellung eines Lehrbuches mehr zu entsprechen scheint, wenn dasselbe
aus theoretischen Gründen eine Eintheilung der Instrumente nach den
verschiedenen Axenanordnungen und Constructionsarten aufstellt, und
dann für diese so geschaffenen Klassen entsprechende Constructiouen
einzelner mechanischer Institute auswählt und behandelt, nicht aber um-
gekehrt die Instrumentformen einzelner Firmen der ganzen Darstellung
zu Grunde legt.
Nach Obigem erhellt, dass wir auch mit der Anleitung zur Be-
richtigung der Instrumente nicht einverstanden sind, z. B. auch nicht
mit derjenigen für die Herstellung der Parallelität der Absehlinie eines
Fernrohrs mit der Axe einer mit demselben verbundenen Libelle. Es
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58
Bflcherschau.
widerspricht unseres Erachtens der Theorie des Instrumentes, wenn die
Lage einer als mathematische Linie aufzufassenden Axe, wie die Ziellinie,
aus den äusseren Dimensionen des Fernrohrs ermittelt werden soll (Ab-
leitung der sogenannten Instrumenthöhe), zumal die Benutzung der Ziel-
linie allein ein äuBserst bequemes Berichtigungsverfahren zulässt, dessen
Schärfe beliebig gesteigert und für welches die in jedem Fall erzielte
Annäherung in einfachster Weise durch Rechnung ermittelt werden kann.
Endlich sei noch erwähnt, dass wir bei verschiedenen Höhenkreisen eine
von einem stabilen Instrumenttheil getragene Libelle parallel zur Fern-
rohrprojection vermissen; eine solche Libelle ist, wie aus der Theorie
der Höhenmessung folgt, unbedingt erforderlich, ihr Fehlen ein prin-
cipieller Fehler.
Der weitere Einwurf richtet sich gegen die Stellung, welche der
Methode der kleinsten Quadrate zugewiesen ist. Bei der grundsätzlichen
Bedeutung, welche dieser Frage für ein Lehrbuch der Vermessungskunde
heute zukommt, dürfen wir die Erörterung derselben an dieser Stelle
nicht umgehen.
Der Verfasser führt die Methode der kl. Q. in die IV. Aufl. (1873)
ein, aber wie in der Vorrede ausdrücklich hervorgehoben wird, mit
„Widerstreben“; dieselbe Ansicht wird auch in der jetzt vorliegenden
VII. Aufl. vertreten, indem der Verf. sagt, dass er bezüglich der Methode
der kl. Quadrate derselben Ansicht sei wie vor 17 Jahren, d. h. bei
ihrer ersten Einführung in die IV. Anfl. Damit tritt das Buch in
offenen Widerspruch zu der in der Vermessungswissenschaft heute
herrschenden Anschauung, welche ausgedrUckt wird durch die allgemeine
Verwendung, welche von der genannten Methode in der Theorie und Tech-
nik gemacht wird, und welche gegründet ist auf die Bedeutung, welche
dieselbe für die Entwickelung des gesammten Vermessungswesens in den
letzten Jahrzehnten gehabt hat.
Ein Lehrbuch, welches wie das Bauernfeind’sche, eine so ein-
flussreiche Stellung in der geodätischen Litteratur einnimmt, muss heute
die Methode der kleinsten Quadrate seinem Lehrstoff zu Grunde legen.
Es darf nicht die Grundsätze dieser Theorie nach Belieben in einzelnen
Capiteln seinen Ableitungen zu Grunde legen, in anderen dieselben
ausser Acht lassen. Es hat sich vielmehr voll und ganz auf den Boden
dieser Theorie zu stellen und an der Hand derselben den Anfänger
zum Verständniss der Fehlergesetze, zu kritischem Urtheil, zur Anwendung
rationeller Methoden zu erziehen. Dazu ist in erster Linie eine gründliche
und exacte Behandlung der Fehlertheorie erforderlich, die Kenntnias
der Regeln zur Ausgleichung der Messungen ist mehr technischer Natur
und kommt erst in zweiter Linie in Betracht. Der Umfang, in welchem
in dem Bauernfeind’schen Werke die eigentlichen Ausgleichungs-
rechnungen, also diejenigen nach dem Verfahren für vermittelnde und
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Biicherschau.
59
bedingte Beobachtungen, behandelt sind, ist unseres Erachtens im
Ganzen richtig bemessen. Es ist anzuerkennen, dass es sich darauf
beschränkt, an einigen einfachen Beispielen die Anwendung dieser Regeln
zu erläutern. Der wichtigste Theil der Methode der kleinsten Quadrate
ftir ein Lehrbuch, die Fehlertheorie, welche, wie der Verf. auf Seite 2
und 3, Band II, sagt: „Erst die Begriffe Uber das Wesen der Beob-
achtungsfehler vervollständigt und verschärft, sowie auch den Sinn für
die Beurtheilung der Genauigkeit der Messungen erst recht weckt und
richtige Anschauungen Uber die Genauigkeit der einzelnen Messoperationen
und ganzer aus diesen sich zusammensetzenden Aufnahmen giebt“, ist
in dem Buche so gut wie gar nicht behandelt oder setzt sich, was
noch schlimmer ist, in directen Widerspruch damit.
Dieser Einwurf betrifft zunächst die §§ 52 und folgende (Seite 129
u. f., Band II), welche die Fehlergesetze des Dreiecks behandeln.
Gleich in der Ueberschrift des Capitels „Wirkung regelmässiger Beob-
achtungsfehler“ und im zweiten Abschnitt des § 52 (Zeile 9 v. u.) wird
eine Unklarheit in die Definition der Fehler gebracht, welche der
richtigen Bezeichnung Seite 3 § 2 widerspricht (und auch, nebenbei
bemerkt, in der VI. Aufl. nicht vorhanden war). Am Anfang des § 53
(dessen erster Abschnitt ebenfalls sich noch nicht in der VI. Aufl. vor-
fiudet) wird die Unklarheit noch vermehrt und mit einer nicht zu ver-
kennenden Absichtlichkeit der Anwendung der Methode der kl. Q. direct
entgegentreten, so dass der Anfänger unbedingt in Verwirrung gerathen
muss, wenn es heisst: „dass die in den §§ 52 bis 55 behandelten Auf-
gaben (also die Fehlergesetze im Dreieck) schon bestanden und gelöst
wurden, als die Ausgleichungsrechnung noch nicht in dem Maasse wie
jetzt, auch in der niederen Geodäsie Anwendung fand.“
Das ist gewiss richtig! Aber diesem Ausspruch gegenüber wollen wir
hervorheben, dass, wenn Johann Tobias Mayer, den wir wohl den Vater
unserer heutigen Fehlertheorie in der Vermessungskunde nennen dürfen,
als er vor nunmehr Uber 100 Jahren die in Rede stehenden Fehlergesetze
behandelte, unbedingt auf dieselbe die Methode der kl. Q. würde
angewendet haben, wenn er so glücklich gewesen wäre, sie zu kennen.
Man braucht nur einmal jene gründlichen Untersuchungen zu lesen,
um zu erkennen, in welchem Zwiespalt er sich gegenüber der Vereinigung
± Fehler befindet, wie er, man möchte sagen, mit dem Ausdruck ringt,
um die Sache so klar zu stellen, wie er sie erkennt. Er will nicht,
wie es in dem fraglichen § 52 heisst, „die Folgen bekannter Beob-
achtungsfehler auf bestimmte zu berechnende Stücke einer gegebenen
Figur“ ableiten, sondern „den Grad der Zuverlässigkeit der aus fehler-
haften Messungen berechneten Stücke“. Eine derartige Behandlung, wie
sie die Fehlergesetze im Dreieck in den §§ 52 bis 55 erfahren, könnte
nur in einem solchen Lehrbuche gerechtfertigt erscheinen, welches die
Methode der kl. Q. überhaupt nicht aufgenommen hat, ihre Vortheile
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60
BUcherachau.
daher nicht ausnutzen kann. In dem Fall aber ist die Betrachtung
überhaupt kaum von Werth. Hier dagegen hätten diese Sätze aus dem
bekannten allgemeinen Fehlerfortpflanzungsgesetz sich in einfachster Weise
ergeben und alle Unklarheiten und Erörterungen über die Vorzeichen
der Fehler wären von selbst weggefallen.
Als ein weiteres Beispiel für die Ausserachtlassung der bestehenden
Fehlergesetze sei verwiesen auf die Berechnung der Fehler für die
seitlichen Abweichungen aus der geraden Linie bei Kettenmessungen,
Band I, Seite 403—404 (welche ebenfalls in der VI. Aufl. noch nicht
aufgenommen war). Als Joh. Tob. Mayer die betreffende Fehlerformel
mit demselben Resultate ableitete unter der Voraussetzung, dass die
Abweichung (a bei Bauernfeind, e bei Mayer) in jedem Kettenend-
punkt in vollem Betrage nach entgegengesetzten Richtungen auftritt,
musste dieselbe als richtig betrachtet werden, weil er eben das Fehler-
fortpflanzungsgesetz nach der Methode der kl. Q. noch nicht kannte.
Er bemerkte aber sehr wohl die Unsicherheit der Annahme und zog
auch den Fall in Betracht, in welchem beide Abweichungen auf dieselbe
Seite der Linie fallen. Will man es überhaupt unternehmen, für den in
Rede stehenden Längenmessungsfehler eine einigermaassen zutreffende
Formel abzuleiten, so muss man die Sätze der Fehlertheorie zu Rathe
ziehen und berücksichtigen, dass auch die einzelnen Abweichungen nicht
von einander unabhängig sind, sondern eine Function der schon be-
stehenden Abweichung und der Entfernung des zur Einweisung benutzten
Richtpunktes.
Ein für den Anfänger besonders bedenklicher Verstoss gegen die
Grundsätze der Fehlertheorie, welcher leicht zu falschen Anschauungen
führen kann, findet sich auf Seite 90 u. und 91 o., Bd. II. Es heisst
dort: „so ist für eine Länge von 100 m der „zufällige“ Fehler nach
Jordan = 0,008 ]/lÖ0 = 0,08 und der „unregelmässige“ =0,03
folglich der Gesammtfeliler 0,11.“ Bekanntlich sind der zufällige und
der regelmässige Fehler verschieden benannte Zahlen und dürfen nicht
durch einfache Addition zu einem Zahlenwerth vereinigt werden. — Von der
Aufzählung einer Anzahl weiterer Unrichtigkeiten soll abgesehen werden.
Es sei nur noch erwähnt, dass wir vor allen Dingen eine für die
Schulung des Anfängers sehr wichtige Verwerthung der Fehlertheorie in
Verbindung mit dem Stoff des I. Bandes vermissen, nämlich die Mit-
theilung einiger Beispiele zur Ermittelung der Leistungsfähigkeit von
Instrumenten. Denn nur auf diesem Wege ist es unseres Erachtens
möglich, den angehenden Techniker zu schulen mit selbständigem Urtlieil
die Mittheilung von Genauigkeitsangaben für Instrumente, Messungs-
Methoden und -Resultate zu prüfen. Ein Ausspruch aber, wie wir ihn
auf Seite 439 oben Bd. I vorfinden, scheint uns wenig geeignet, nach
dieser Richtung hin zu wirken.
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Neue Schriften über Vermessungswesen. Gl
Führen wir uns zum Schluss nochmals die Bedeutung dieses Werkes
vor Augen, das nunmehr länger als ein Menschenalter als Lehrbuch im
In- und Auslande, und man darf wohl sagen bisher als das verbreitetste
und beliebteste, gewirkt hat, so müssen wir hervorheben, dass dasselbe
in ganz hervorragender Weise zur Ausbreitung geodätischer Kenntnisse
zur rechten Zeit gewirkt, manche Anregung zur Verbesserung der HUlfs-
mittel und Methoden in’s Leben gerufen hat, und somit einen nicht ge-
ringen Antheil nimmt an der gedeihlichen Entwickelung, welche die
Vermessungswissenschaft in diesem Zeitraum erfahren hat.
Bonn, 24. October 1891. Reinhertz.
Neue Schriften über Vermessungswesen.
Die Grundzüge des geometrischen Calculs von G. Peano, Professor
an der K. Universität zu Turin. Autorisirte deutsche Ausgabe von
Adolf Schepp zu Wiesbaden. Leipzig 1891. Druck und Verlag
B. G. Teubner.
Katechismus der Feldmesskunst von Dr. C. Pietsch, fünfte vollständig
umgearbeitete Auflage. Leipzig 1891. Verlagsbuchhandlung von
J. J. Weber.
Nomographie: Les calculs usucls effectues au moyen des abaques essai
d’une theorie genörale, regies pratiques, exemples d’application, par
Maurice d’Ocagne, ingenieur des ponts et chaussees. Paris
Gauthier-Villars. 1891.
Die photographische Messkunst oder Photogrammetrie, Bildmesskunst,
Phototopographie, von Franz Schiffner, Professor a. d. k. u. k.
Marine-Realschule zu Pola. Mit 83 Figuren. Halle a. S. Verlag
von Wilhelm Knapp. 1892.
Theorie der Beobachtungsfehler, von Emanuel Czuber. Mit 7 in den
Text gedruckten Figuren. Leipzig. Druck und Verlag von B. G.
Teubner. 1891.
Beiträge zur Theorie der Gleichungen, von Dr. Hermann Sch ef fl er.
Leipzig. Verlag von Friedrich Förster. 1891.
Verhandlungen der österreichischen Gradmessungs-Commission. Protokoll
über die am 1. April 1890 abgehaltene Sitzung. Wien 1890. Im
Selbstverläge der österr. Gradmessungs-Commission. Druck von R.
Spies & Co., Wien.
Beiträge zur Zahlentheorie, insbesondere zur Kreis- und Kugeltheilung
mit einem Nachtrage zur Theorie der Gleichungen, von Dr. Hermann
Scheffler. Leipzig. Verlag von Friedrich Förster. 1891.
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62
Neue Schriften über Vermessungswesen.
Das Königl. Bayerische Gesetz, die Flurbereinigung betreffend, vom
29. Mai 1886. Erläutert von Dr. Ludwig August von Müller,
Kgl. Regierungsdirector — nun Kgl. Staatsmiuister des Innern für
Kirchen- und Schulangelegenheiten, (S. 97 bis S. 281) und Heinrich
Haag, Kgl. Ministerialrath im Kgl. Staatsministerium des Innern
(S. 282 bis S. 314 u. Sachregister). Mit Einleitung von R. Sehr ei b er,
Kgl. Bezirksamtmann (S. 1 bis 96). Separat- Abdruck aus der „Gesetz-
gebung des Königreichs Bayern“. Erlangen, 1891. Verlag von
Palm & Enke. (Carl Enke.)
Stern-Ephemeriden auf das Jahr 1892 zur Bestimmung von Zeit und
Azimut mittelst des tragbaren Durchgangsinstruments im Verticale
des Polarsterns, von W. Döllen. Berlin. P. Stankiewicz’
Buchdruckerei. 1891.
Tidsskrift for Opmaalings- og Matrikulsvsesen. Medlemsblad for Land-
inspektOrforeningen udgivet af H. Crone, Overrevisor, Landinspekt0r,
P. Bentzon, Cand. polyt. Landinspektytr. December 1891. lste
Bind, lste Hmfte. Kjylbenhavn. I Kommission hos Boghandler
J. Frimodt. Det Hoffenbergske Etablissement. 1891.
Boguslawsky, Cursus der niederen Geodäsie. (In russischer Sprache.)
St. Petersburg 1891. gr. 8. 608 pg. mit Figuren. 20 Mark.
Hammer, E., Zur Abbildung des Erdellipsoids. Stuttgart 1891. 8. 1 Mark.
Bildet eineErgänzung zu des Verfassers Schrift: Ueber die geographisch
wichtigsten Kartenprojectionen. 1889.
Nivellement de Precision de la Suisse execute par la Commission
Gdodesique Föderale sous la direction de A. Hirsch et E. Plan-
tamour. Livraison 9. Geneve 1891. gr. in— 4. 2,50 Mark.
Livraison 1 — 8. 1867 — 83. M. 25,60.
Account of the Operations of the Great Trigonometrical Survey of India.
Vol. 11. Astronomical Observations for Latitude, made during the
period 1805 to 1885. Vol. 12. General description ot the Principal
Triangulation of the Southern Trigon. S. Vol. 13. Details of Principal
Triangulation of the Southern Trigon S. Dehra Dun 1890. roy. 4.
Black, Ch. E. D., A Memoir on the Indian Surveys. 1875 — 90.
Published by order of the Secretary of State for India. London
1891. roy. 8. 6. a. 412 pg. w. 1 map a. 1 plate, half bound. 7,80 Mk.
Ou d emans, I. A , Die Triangulation von Java. III. Abtheilung. Genaue
Bestimmung des Normalmeters. Basisnetz von Simplak, Logantog
und Tangsil. Unter Mitwirkung von J. v. Asperen, Teunissen
und Ny land. Haag 1891. gr. 4. 184 pg. mit 9 Tafeln. 6 Mark.
Rechnungsvorschriften für die trigonometrische Aufnahme der Reichs-
Schutzgebiete. Formeln und Tafeln zur Berechnung der geogra-
phischen Coordinaten aus den Richtungen und Längen der Dreiecks-
seiten. Berlin 1891. gr. 8. 40 pg. 2 Mark.
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Unterricht und Prüfungen. — Personalnachrichten.
63
Unterricht und Prüfungen.
Ergebniss der Feldmesserprüfung in Württemberg im
Herbst 1891. Bei der im October 1891 vorgenoramenen Feldmesser-
prüfnng haben folgende Candidaten die Ermächtigung erlangt, als
öffentlich. Feldmesser beeidigt, und bestellt zu werden:
1. BlUmer, Adolf, von Stuttgart.
2. Burkhardt, Ernst, von Esslingen.
3. Heer, Wilhelm Friedrich, von Marbach.
4. Jaisle, Adolf, von Riedlingen.
5. Kühler, Albert, von Stuttgart.
6. Stockinger, Christian, von Igelsberg.
Personalnachrichten.
Joseph Keelhoff f.
Am 25. Novbr. v. J. starb zu Neespelt in Belgien der Oberingenieur
und Leiter der bekannten Bewässerungsanlagen in der belgischen Campine,
Joseph Florian Keelhoff. Geboren am 10. Sept. 1818 zu Neerhaeren,
war derselbe nach gründlichen Studien und Reisen zuerst unter der
Leitung von N. Kummer und später als leitender Ingenieur beim Bau
und der Unterhaltung der grossartigen Bewässerungsanlagen mit grossem
Erfolg bethätigt. Er hat sich durch diese Thätigkeit und sein im
Jahre 1856 erschienenes Werk: Traite pratique de l’irrigatiou des
prairies, par J. Keelhoff,, Brüssel, weit Uber die Grenzen seines engeren
Vaterlandes hinaus bekannt gemacht. Sch.
Königreich Preussen. Die bisherigen Landmesser, Vermessungs-
Revisoren Max Becker zu Lippstadt, Maximilian Graebke zu
Münster i. W., Paul Spilker zu Münster i. W., Wilhelm Florian zu
Soest und Emil Schlichter zu Paderborn sind zu Königlichen Ober-
Landmessern ernannt worden.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:
den nachbenannten Offizieren die Erlaubniss zur Anlegung der ihnen
verliehenen nichtpreussisehen Insignien zu ertheilen, und zwar:
des Grosskreuzes des Herzoglich anhaitischen Haus-
Ordens Albrecht’s des Bären:
dem General-Lieutenant Schreiber, Chef der Landesaufnahme;
der Commandeur-Insignien zweiter Klasse desselben
Ordens:
dem Obersten Morsbach, ä la suite des Generalstabs der Armee und
Abtheilungschef im Nebenetat des Grossen Generalstabs;
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Personalnachrichten.
der Ritter-Insignien erster Klasse desselben Ordens:
dem Hauptmann de Graaff, k la suite des Generalstabs der Armee
und vom Nebenetat des Grossen Generalstabs;
ferner:
dem ständigen Hülfsarbeiter fUr die Vermessungs- Angelegenheiten im
Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten, Ober -Ver-
messungs-Inspector Kunke den Rang der Räthe vierter Klasse; sowie
den Kataster-Inspectoren Brostowski zu Arnsberg, Efferzzu Coblenz,
Mahler' zu Potsdam, Michel zu Düsseldorf und Rinck zu Erfurt den
Charakter als Steuerrath zu verleihen.
Die Vermessungsrevisoren Leuschner und Hübler in Düsseldorf
Trembur in Trier und Börje in Neuwied sind zu Ober-Landmessern
ernannt worden.
Königreich Bayern. Seine Königl. Hoheit der Prinz-
regent geruhten: dem Eisenbahngeometer Ebersberger inNördlingen
und dem Obergeometer Scho rer der k. Flurbereinigungscommission das
Verdienstkreuz des Ordens vom hl. Michael; dann dem Obergeometer
der k. Staatseisenbahnen Weninger den Titel eines k. Inspectors zu
verleihen.
Baden. Ernannt: der Bezirksgeometer zweiter Gehaltsklasse
Benedikt Eis eie in Waldshut zum Bezirksgeometer erster Gehaltsklasse;
Geometer Ludwig Grether zum etatmässigen Bezirksgeometer flir die
Amtsbezirke Buchen und Adelsheim mit dem Wohnsitz in Buchen;
Geometer August Rumpf zum etatmässigen Bezirksgeometer für den
Amtsbezirk Wolfach; Geometer Johann G red er zum etatmässigen
Bezirksgeometer für den Amtsbezirk Emmendingen; ferner: der nicht-
etatmässige Trigonometer Eugen Vayhinger beim technischen Bureau
für Katastervermessung und Feldbereinigung zum etatmässigen Trigono-
meter. Versetzt: Bezirksgeometer Duffner in Wolfach nach Tauber-
bischofsheim und Bezirksgeometer Blank in Breisach nach Bruchsal.
In den Ruhestand versetzt durch Verfügung der Ober direction
Dammmeister Friedrich Köchlin in Offenburg. Gestorben: Bezirks-
geometer Englert in Bruchsal am 28. Sept. v .Js.
Inhalt.
Grössere Mittheilungen: Die Berechtigung der höheren Lehranstalten, von
Winckel. — Die Regelung der Dienst- und Gehaltsverhältnisse der bayerischen
Geometer, mitgetheilt durch Steppes. — Die kreisförmige Canalwaage von
Kahle. — Kleinere Mittheilungen: Topographische Specialkarte von Mitteleuropa
im Maassstabe 1:200 000. — Bücherschau: Elemente der Vermessungskunde,
ein Lehrbuch der praktischen Geometrie von Dr. Carl Max von Bauern-
feind. — Neue Schriften Uber Vermessungswesen. — Unterricht und Prüfungen. —
Personalnachrichten.
Verlag von Konrad Wittwer, Stuttgart — Druck von Gebrüder Jänecke in Hannover.
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65
ZEITSCHRIFT fob VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover, Steuer-Rath in München.
1892. Heft 3. Band XXI.
& 1. Februar. —
Die Photogrammetrie in Italien.
(Nach einem in der „Rivista di Topografia e Catasto“ vomJahre 1889
erschienenen Aufsatz des Ingenieurs am Königl. Italienischen militär-geogra-
phischen Institut L. P. Paganini, deutsch bearbeitet von Adolf Schepp
zu Wiesbaden.
Fortsetzung und Schluss.*)
IV. Capitel.
Die Ausführung der Feldarbeiten.
51) Wenn man sich die zur Anfertigung des Planes aufgenommenen
verschiedenen Panoramen näher ansieht, so Überzeugt man Bich leicht,
dass sie nicht alle gleichzeitig auch zur Illustration der Alpen dienen
können. Zur Anfertigung einer Karte ist es nöthig, dass die Pano-
ramen in einer nicht zu grossen Entfernung von den Gegenständen
aufgenommen werden, damit die Details nicht verloren gehen und
die ausgewählten Punkte in den zwei oder drei Panoramen, welche
diese Punkte enthalten, hinreichend deutlich sind. Für die Illustrations-
panoramen ist dagegen in Bezug auf die Höhe der umliegenden Punkte
und der Station der Abstand am besten der Art, dass man mit dem-
selben Panorama einen ausgedehnten Terrainabschnitt umfassen kann.
Sie müssen daher von freiliegenden und auf der Karte leicht erkennt-
lichen Punkten aufgenommen werden, damit man sich auf der Karte
schnell orientiren kann und aus der Ansicht des Panoramas sofort
den Charakter des Terrains, dessen Zeichnung man vor Augen hat,
erkennt.
52) Nach diesen Gesichtspunkten ist unter den zahlreichen früher
aufgenommenen Panoramen eine Auswahl getroffen worden. Die Aus-
gewählten werden von guten Zeichnern copirt und später durch Photo-
zinkographie vervielfältigt und veröffentlicht. Zugleich wird alles
*) Die beiden ersten Theile dieser Mittheilung sind enthalten in dieser
Zeitschrift f V. 1891 S. 65-83 und S. 328—339.
Zeitschrift für Vermessungswesen. 1892 Heft 3. 5
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66
Schepp. Die Photogrammetrie in Italien.
Nöthige beigegeben, um sofort den Terrainabschnitt, den sie darstellen,
zu erkennen und sich auf der entsprechenden Karte orientiren zu können.
53) Es sind bereits die Anforderungen besprochen worden, welchen
Fig. 8 a.
der photogrammetrische Apparat, den das Institut eonstruiren liess,
genügt. In Folge der Verbesserungen, welche die Praxis nach und
nach an die Hand gab, liefert derselbe jetzt die Elemente der Panorama- ■
Stationen der Art, dass nur wenige Operationen und Rechnungen vor Beginn
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Schepp. Die Photogrammetrie in Italien.
67
dea Zeichnens nöthig sind. Mit Rücksicht auf das besondere Terrain, ist der
Apparat in einer Weise zerlegbar, dass er auch auf schwer zugängliche
Punkte gebracht werden kann. Wir geben hier eine Abbildung desselben,
indem wir zugleich auf die Beschreibung im 2. Capitel verweisen.
54) Die Feldarbeit besteht in der Einrichtung eines kleinen
Laboratoriums an dem Sitz der Section, der unter Berücksichtigung der
Comunicationen, der zurückzulegenden Wege, der Transportmittel, des
Wassers etc. ausgewäblt wurde. Dieses Laboratorium enthält Brom-
gelatineplatten in hinreichender Menge, hundert Stück mitunter. Diese
werden in geeigneten Kassetten, welche sie vor Licht und Feuchtigkeit
beschützen, verschlossen und mit ihnen und den für ein Zeltlager
nötliigen Geräthen bricht man auf, um sich in der Nähe der voraus-
sichtlich nöthigen Stationen einzurichten. Von diesem zweiten Punkt
als Mittelpunkt aus geht man dann jeden Tag zur Ausführung der
besagten Stationen. An jedem Abend werden dann beim Schein einer
kleinen Laterne mit rothen Scheiben die am Tag exponirt gewesenen
Gläser mit neuen Platten für den folgenden Tag vertauscht. Drei
bequeme Tornister von geringem Umfang und einem Gewicht von 7
oder 8 Kilogramm ein jeder enthalten bezüglich den Theodolit,
die Camera obscura und zehn Rahmen für die Negativen. Zwei Sol-
daten und ein Führer tragen das Ganze.
55) Nachdem das Instrument auf dem Stationspunkt bei gutem
Wetter und günstigem Licht aufgestellt worden, kann man, wenn nicht
unvorhergesehene Zufälle bei den verschiedenen Correcturen und Be-
richtigungen eintreten, in einer Stunde das Panorama ausführen und die
Station bestimmen.
Zur Bestimmung der Station muss man mindestens drei oder vier
Richtungen nach umliegenden geodätischen Punkten nehmen oder in
Ermangelung derselben nach Punkten, die schon vorher als photogram-
metrische Stationen bestimmt Worden sind und auf denen man ein Signal
zurückgelassen hat. Die Höhenwinkel dieser Punkte werden in ein be-
sonderes Notizbuch eingetragen; in demselben verzeichnet man auch,
nachdem man das anfzunehmende Terrain in den Brennpunkt gebracht
hat, den auf der Eintheilung der Metallplatte und der Kreiseintheilung
des Objective abgelesenen Abstand, wenn man nicht, wie gewöhnlich,
die Hauptbrennweite anwendet.
56) Das Panorama wird hergestellt, indem man bei der ersten
Perspective P1 (vergl. Fig. 8 am Schluss des vorigen Capitels) die
Richtung der optischen Achse der Camera obscura berücksichtigt und dann
immer 36° zufügt, um die Richtungen der folgenden Perspectiven P2,
P3 etc. zu erhalten. Eine Richtung nach einem geodätischen Punkt
dient als Anfang, um die Orientirung des ganzen Panoramas zu bekommen,
57) In das genannte Notizbuch (Modell Nr. 1 siehe Sohluss des
Aufsatzes) werden auch alle Angaben, die man für die Auswahl der
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68
Schepp. Die Photogrammetrie in Italien.
folgenden Stationen und für den Fortgang der Feldarbeit für nützlich
hält, eingetragen; so besonders auch die Dauer der Exposition für die
verschiedenen Platten je nach der verschiedenen Beschaffenheit des Lichts,
damit man in der Folge dieses ungewisse Datum der Photographie immer
besser reguliren kann. Zum Schluss fügt man noch eine Skizze mit fllr
den Plan werthvollen Angaben bei: Namen, Strassen, Fusspfade, Hütten etc.
58) Sind die Stationen um dieses erste Centrum beendigt und ist
alles übrige Bemerkenswerthe beim Durchgehen des Terrains gesammelt
so kehrt man zum Sitz der Section und dem Laboratorium zurück, wo
die zurückgebrachten Negativplatten entwickelt, die bereits aufge-
nommenen Panoramen neu geordnet und die ausgeführten Stationen in
der Zeichnung Bituirt werden. Mit neuen präparirten Platten bricht
man dann zu einem neuen Centrum oder Lager auf, um die Arbeit wie
oben fortzusetzen. Bei alledem wird man Sorge tragen den allgemeinen
Gang der Arbeit so zu reguliren, dass zur günstigsten Zeit (das heisst,
wenn der Schnee am wenigsten tief liegt, die Pässe von Schnee frei
sind und die Gletscher sich ungestraft passiren lassen) die höchsten
Stationen, die das beschwerlichste Zeltlager erfordern, ausgeführt werden
und dagegen die tieferen, der bewohnten Gegend näheren, Stationen
für die übrige Jahreszeit aufgehoben werden.
59) Auch die Auswahl der Stationen ist wichtig. Sie muss sich
richten nach der Höhe und dem Abstand der zu copirenden Terrain-
punkte, nach dem Maassstabe des Planes und dem Charakter der Gegend^
da man dort, wo das Terrain durchschnittener ist, die Stationen vermehren
muss, um keinen Tlieil desselben zu verlieren, während man es andererseits
in Anbetracht der für die Arbeit in diesen Gegenden beschränkten Zeit
vermeiden muss, unnütze Stationen auszuführen. Schliesslich müssen
sich diese Stationen so aneinander schliesseu, dass jeder kleinste Terrain-
abschnitt von drei Stationen gesehen wird. Geschieht es nur von zweien,
so müssen sich die Punkte durch gute Schnitte bestimmen lassen, das
heisst die Visirlinien dürfen keine zu spitzen Winkel miteinander machen.
60) In Betreff der Tageszeit, zu welcher die Station am besten
ausgeführt wird, muss man die allgemeine Richtung der Tbäler mit
Rücksicht auf die tägliche Bewegung der Sonne in Betracht ziehen, damit
man im Moment der Aufnahme des Panoramas keine vollständig im
Schatten liegende Abhänge hat. Aus demselben Grund dürfen die
Stationen nicht ausgeführt werden, wenn die Sonne zu niedrig steht.
In diesem Fall hat man noch den Uebelstand, dass eine oder zwei
Perspectiven, die in der Richtung der Sonne genommen werden, ver-
schleiert bleiben und mit einem doppelten Bild der Fäden versehen sind.
Das eine Bild entsteht durch die Wirkung der in die Camera obscura
dringenden Sonnenstrahlen, das andere durch die in den beiden Linsen-
combinationen des Objectivs bewirkte Brechung derselben.
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Schepp. Dio Photogrammetrie in Italien.
69
Man muss schliesslich bedenken, dass für gute photographische
Bilder die Vormittagsstunden besser sind, da Nachmittags besonders im
Gebirge die Atmosphäre mit Dünsten und Nebel gefüllt ist.
61) Von jeder mitgebrachten Negativplatte werden wenigstens zwei
positive Abdrücke auf Ei weisspapier genommen. Von diesen dient der
eine zur Herstellung des für die Feststellung der Punkte zweiter Ordnung
erforderlichen Panoramas, während aus dem andern die fllr den Plan nöthigen
Maasse der Abeissen und Ordinaten entnommen werden. Diese Maasse muss
man von losen Positiven entnehmen, da die verschiedenen Positiven P1,
P2 etc. beim Aufleimen auf Pappdeckel bedeutende Verzerrungen erleiden.
V. Gapitel.
Die Ausführung der horizontalen Aufnahme.
62) Um aus den Panoramen die entsprechende Karte herzustellen,
werden zwei Reissbretter mit Papier überzogen, das eine für die Con-
struction, um alle zur Bestimmung der Punkte nöthigen graphischen
Operationen auszuführen, das andere für den definitiven Plan.
Auf den beiden Reissbrettern werden mit gleicher Genauigkeit die
trigonometrischen Punkte, die bei der Feldarbeit benutzt wurden, mit
Hülfe ihrer Coordinaten, wie gewöhnlich, aufgetragen. Darauf werden
alle Panorama-Stationspunkte eingezeichnet, indem man ihre Lage ent-
weder auf die Pothenot’sche Art Fig. 9.
oder graphisch bestimmt.
63) Mit einem besondern
graphischen Transporteur für die
mit dem Theodoliten im Feld ange-
nommenen Richtungen und mittelst
Pauspapier lassen sich die Stationen
auf den beiden Reissbrettern schnell
und mit grosser Genauigkeit auf-
tragen. Dieser Transporteur mit
beweglicher Anfangsrichtung (Fig 9.)
besteht aus zwei concentrischen
Kreisen, von denen der eine A A sich
in dem andern BB um eine im
Centrum des äusseren Kreises befes-
tigte Achse C drehen lässt. Diese Be-
wegung ertheilt man mittelst zweier
Vorsprünge SS, die auf einer mit
dem beweglichen Kreis verbundenen
Platte a liegen. Der innere Kreis
ist in Grade und halbe Grade ein-
getheilt, der äussere trägt einen Nonius n, dessen Nullpunkt der
Schneide eines Lineals bb entspricht, welches mit dem äusseren Kreis
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Schepp. Die Photogrammetrie in Italien.
fest verbunden ist und die Richtung eines Durchmessers desselben hat.
Auf dem Nonius n liest man in Minuten und halben Minuten die Brüche
der Theile, in welche der Kreis getheilt ist, ab. Eine Druckschraube P
dient zur Feststellung des inneren Kreises im äusseren.
Eine Alhidade D mit einem Lineal, dessen Schneide ebenfalls die
Richtung eines Durchmessers der Kreise hat, lässt sich um die Achse C
drehen und läuft auf den Kreisen selbst, deren oberer Rand in einer
und derselben Ebene liegt.
Sie ist mit einem Nonius w1 versehen, der wie der vorige einge-
theilt ist und dessen Nullpunkt der Schneide des beweglichen Lineals
entspricht; eine zweite Druckschraube P1 dient zum Feststellen der
Alhidade auf dem äusseren Kreis.
Schliesslich dient an der Achse C ein Schraubenbolzen mit abge-
stumpft-kegelförmiger Höhlung zum sicheren Verschluss eines Glimmer-
blättchens, auf welchem der gemeinschaftliche Mittelpunkt der beiden
Kreise bezeichnet ist. Dieses Glimmerblättchen kann man leicht Um-
tauschen und die Lage des Centrnms des Instruments mit Genauigkeit
auf ihm angeben.
64) Wenn man mit dem gewöhnlichen Transporteur die verschiedenen
mit dem Theodolit aufgenommenen Richtungen in einem gegebenen Stations-
punkt graphisch auftragen will, so muss man zuerst alle nöthigen Additionen
und Subtractionen machen, um die Winkel zwischen den verschiedenen
Richtungen zu bekommen, das heisst, die auf dem Theodolit gemachten
Ablesungen auf den Anfangspunkt Null reduciren, eine langwierige
Operation, wenn es sich darum handelt auf diese Weise eine grosse Anzahl
Punkte zu situiren. Der eben beschriebene Transporteur dagegen kann
sowohl als gewöhnlicher Transporteur benutzt werden, wenn man den
Nullpunkt des inneren Kreises auf den Nullpunkt des äusseren einstellt
und in dieser Lage die Schraube P schliesst, als er auch dazu dienen
kann, in der Zeichnung die Richtungen, wie sie auf dem Theodoliten
abgelesen wurden, das heisst auf eine beliebige Anfangsrichtung, die
nicht Null ist, bezogen, direct aufzutragen.
65) Es reicht dazu aus, den inneren Kreis zu drehen, bis der
Nullpunkt des äusseren auf der Eintheilung des beweglichen Kreises der
Ablesung der Anfangsrichtung der mit dem Theodoliten gemachten Be-
obachtungen entspricht; mit derselben Schraube P stellt man dann die
beiden Kreise in dieser Lage fest. Auf der Zeichnung oder auf dem
Pauspapier, wenn man die Station durch die Pausen der Linien angeben
will, und mit dem Centrum des Instrumentes in dem Punkt, der die
Station bezeichnen soll, zieht man die Linie längs des festen Lineals b.
Man lässt dann nacheinander den Nullpunkt des Nonius n1 der Alhidade D
durch die verschiedenen anderen von der Station ausgehenden Richtungen
gehen, welche man auf dem inneren Kreis abliest und zieht mit dem
Bleistift die entsprechenden Linien längs der Schneide des Lineals d.
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Schepp. Die Photogrammetrie in Italien.
71
Während der Bewegung der Alhidade trägt man dafür Sorge, dass das
Instrument sich nicht aus seiner durch die erste Linie angegebenen
Anfangslage verschiebt.
66) Die Pausen der von den Stationen ringsum ausgehenden Linien
erhält man mit dem in Rede stehenden Instrument sehr genau und daher
findet man mit ihrer Hülfe auf den beiden Reissbrettern die betreffenden
Stationen so genau und schnell, wie es das Zeichnen nur zulässt, wenn
man eine hinreichende Anzahl von Richtungen nach gut bestimmten und
um die Station gleichmässig vertheilten Punkten hat.
Der eben beschriebene Transporteur dient auch dazu, auf dem
Const ructionszeichenbrett die Lage der Punkte zu bestimmen, die
ihrer Wichtigkeit wegen oder zur Controle mit dem Theodolit aus ver-
schiedenen Stationen eingeschnitten wurden, oder auch, wie wir sehen
werden, um die Orientirung einer Perspective auf das Brett zu bringen,
wenn diese Perspective keine trigonometrischen Punkte enthält oder das
Bild dieser Punkte nicht klar genug ist.
67) Sind nun auf den beiden Brettern die Stationen und alle die-
jenigen Punkte, die man mit dem Theodolit von ihnen aus einge-
schnitten hat, situirt, so geht man dazu Uber, auf dem Constructi ons-
brett die zur Bildung der Karte ausgewählten Punkte zweiter
Ordnung der Perspectiven zu bestimmen. Zu diesem Zweck corrigirt
man zuerst auf die früher beschriebene Art die verschiedenen Elemente
der Panoramen und sucht dann diese Punkte aus und macht sie kenntlich,
das heisst, man sucht auf je zwei Panoramen beiden gemeinschaftliche
und gut kenntliche Punkte, wählt sorgfältig diejenigen aus, die man
für die nützlichsten hält, entweder um die Höhencurven zu ziehen oder
für den allgemeinen Verlauf der Kämme, die Richtung der Sturzbäche,
die Grenzen der Gletscher etc. Ihre Anzahl regulirt man nach dem
Maassstab und der verlangten Genauigkeit; zugleich werden solche
Punkte auf den Panoramen durch Zahlen oder Buchstaben in (rother)
Farbe bezeichnet.
68) Anstatt auf dem Constructionsbrett die Horizontalprojectionen
aller Perspectiven oder die Polygone der Panoramen einzuzeichnen, eine
Operation, die sehr viel Zeit erfordert, kann man mit dem Fig. 11 ab-
gebildeten Instrument unmittelbar auf dem Constructionsbrett die Horizontal-
richtungen nach den verschiedenen einzuzeichnenden Terrainpunkten
ziehen, deren Bilder mau auf die eben angegebenene Art auf den
Panoramen ausgewählt und bezeichnet hat.
V (Fig. 10) sei der in der Zeichnung angegebene Stationspunkt
00 die Horizontalprojection einer Perspective, die nach dem Signal Sr
einem bestimmten Terrainpunkt, orientirt ist. VP senkrecht auf 00
sei die Brennweite f und P der Hauptpunkt der Perspective. Wie man
gesehen hat, zählen von diesem Punkt aus auf 00' die Abscissen x,x , . .
der Bilder a, b... der Terrainpunkte A, B.... Sie werden auf der
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72
Schepp. Die Photogrammetrie in Italien.
Perspective gemessen, um die
VA, VB in der Zeichenebene
Fig. to.
\
\a P
/
O’
vyn
*' /
/
\\
f /
J
/
( V
/
\\
/
\\
/
\ \
/
\ \
0- / a'
x\ \ 0“
Fig. 11.
entsprechenden Horizontalrichtungen
zu bekommen. Ps auf 00' ist das
Maass der Orientirung m der
Perspective. Man verlängere
B VP um VP =VP= f und
/ ziehe durch P' O' 0" senk-
recht auf VP'. Ebenso ver-
längere man VB, VA, FS
bis zu ihrem Durchschnitt mit
0" O'" \d,b' . . .s' seien diese
Durcbschnittspunkte ; da VP'
= VP und 00' und O'" O'
parallel sind, so sind die recht-
winkligen Dreiecke VP a' ,
VP V und VP s bezüglich
den Dreiecken VPa, VPb,
VPs congruent, weshalb auch
Pd = Pa = x, P'b' =
Pb = x' ist und P s = Ps
auch das Maass der Orienti-
rungot auf derPerspective giebt.
69) Nach diesem Princip wurde
der graphische Sector Fig. 11 con-
struirt, um vom Stationspunkt in der
Zeiclienebeue aus die verschiedenen
Horizontalrichtungen nach den Punkten
zweiter Ordnung der Perspective zu
ziehen.
Die Metallplatte in Form eines
Kreissectors VS S' lässt sich in der
Zeichenebene mit ihrem Scheitel V als
Centrum um eine starke Nadel drehen,
die in den Stationspunkt befestigt
wird. Zu diesem Zweck wird die
Nadel in einen Spalt gesteckt, der so
breit ist, wie ihr Durchmesser und
der in einem in V gelegenen drehbaren
Knopf r ebenso wie auch im Scheitel
des metallischen Sectors angebracht ist.
Ein Lineal von Metall R R' lässt
sich ebenfalls um den Punkt V drehen
und durchläuft mit seinem Ende R' den Bogen SS' des Sectors. Es
wird an dem drehbaren Knopf r von einem Ring gehalten, in welchem
ebenfalls ein Spalt, wie der am Knopf und am Sector angebracht ist.
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Schepp. Die Photograrnmetrie in Italien.
73
Wenn sich das Lineal und der Knopf in einer bestimmten Stellung
befinden, so fallen die genannten drei Spalte im Sector, Knopf und dem
Ring des Lineals zusammen und die Nadel kann in V, das Rotations-
centrum, eindringen. Durch eine Viertelumdrehung des Knopfes r wird
die Nadel in eine Oeffnung fest eingesehlossen, die den Durchmesser
der Nadel hat; um die Nadel kann alsdann das ganze System rotiren
und durch das Centrum der Nadel geht die Schneide des Lineals RR'.
Die Hebelschraube m dient dazu die beweglichen Verlängerungs-
schenkel nn in einer geeigneten Führung in der Richtung der Mittel-
linie des Metallsectors in Bewegung zu setzen. Die Achse des Instruments
ist der mit der Mittellinie zusammenfallende und durch das Rotations-
centrum V gehende Radius des Metallsectors. Rechtwinklig zu diesem
Radius lässt sich das auf den beweglichen Verlängerungsschenkeln be-
festigte stählerne Lineal T mittelst der Schraube m parallel zu sich
selbst bewegen. Bei der Bewegung dieses Lineals laufen seine Enden
auf zwei der Achse des Instruments parallelen Leisten mm', auf welchen
eine Eintheilung angebracht ist, die in Millimetern den Abstand der auf
dem Lineal eingeschnittenen Linie od von dem in V gelegenen Centrum
der Nadel angibt. Die Enden od dieser Linie sind die Anfangspunkte
zweier auch in das stählerne Lineal eingeschnittenen Nonien, welche die
Zehntelmillimeter des auf den Leisten u u ' abgelesenen Abstandes geben.
Die Linie od ist normal zur Achse des Instruments und wenn sie
mittelst der Schraube m in den Abstand f vom Punkt V gebracht ist,
stellt sie die Horizontlinie oder die Horizontalprojection einer mit einem
Objectiv von der Brennweite f erhaltenen Perspective dar (verkehrt ge-
sehen, wie die Horizontlinie, welche man auf dem matten Glas der
Camera obscura sieht).
Der Punkt P, der Durchschnittspunkt der Achse des Instruments mit
« d , ist der Hauptpunkt, er ist durch eine kleine Aushöhlung bezeichnet,
um die Spitze des Zirkels darin einzusetzen.
Die Schraube e dient dazu das stählerne Lineal in unveränderlicher
Lage festzustellen, wenn es in dem gewünschten Abstand vom Rotations-
centrum V ist. Zwei Schraubenknöpfe W W , in welchen sich mittelst
einer kleinen Druckschraube eine feine Nadel befestigen lässt, drücken,
wenn sie angezogen werden, die Nadel in das im nöthigen Abstand be-
findliche Constructionsbrett, um den Metallsector auf der Zeichenebene
zu befestigen.
Der Bogen SS' des Sectors trägt eine Eintheilung mit kleinsten
Abtheilungen von ld, der Nullpunkt dieser Eintheilung befindet sich
auf der Achse VP des Instruments und man liest die Grade von 0° bis 25°
nach den beiden Enden des Bogens hin ab.
Das Lineal oder die Alhidade ER' trägt einen Nonius, um in
Minuten und halben Minuten die Brüche der Theile, in die der Bogen SS'
eingetheilt ist, abzulesen, ferner eine Druckschraube z mit einer Gegen-
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74
Scbepp. Die Photogrammetrie in Italien.
platte, um das Ende R der Alhidade auf dem Bogen des Sectors und
auf dem stählernen Lineal T festzustellen.
Bei Anwendung desselben photographischen Objective, bleibt der
Abstand VP constant; das eben beschriebene Instrument ist jedoch
mit einer durch die Hebelschraube m zu verändernden Grösse V P her
gestellt, der besprochenen nöthigen Rectificationen wegen und um es für
Perspectiven, die man mit Objectiven von einer Brennweite von 230 bis
260 mm erhalten hat, benutzen zu können. Wie wir gesehen, hat das
Objectiv des im Anfang beschriebenen photographischen Apparats eine
Hauptbrennweite von 244,5 mm.
70) Um auf dem Co nstructionsbrett die Richtungen nach den
in einer Perspective abgebildeten Terrainpunkten zu ziehen, muss man
zuerst das Instrument mit seinem Scheitel V an der in den Stations-
punkt gesteckten Nadel befestigen, indem man sich vergewissert, dass
die Nadel in dem drehbaren Knopfe r keinen Spielraum hat. Man
überzeugt sich dann, dass die Linie oo ' genau in dem gehörig rectificirten
Abstand f von dem Centrum der Nadel ist und alsdann orientirt man
das Instrument, das heisst VP nach einem in der Zeichnung eingetragenen
trigonometrischen Punkt.
71) Wenn der trigonometrische Punkt in der Perspective hinreichend
deutlich ist, greift man mit dem Zirkel seine Abscisse ab und trägt sie
in umgekehrtem Sinn auf der Linie oo ' auf, indem man die eine Spitze
des Zirkels in P einsetzt und gegen die andere, die sich auch auf der
Linie oo ' befindet, die Schneide des Lineals RR ' lehnt, welches man
alsdann mit seinem Ende R' mittelst der Druckschraube z auf dem
Bogen des Sectors feststellt. Darauf dreht man den Metallsector um die
Nadel, bis das andere Ende R des Lineals, welches sich mit dem Sector
dreht, durch den in Rede stehenden trigonometrischen I’unkl geht. In
dieser Lage wird der Sector auf der Zeichnung mittelst der kleinen
Nadeln in W und W befestigt.
72) Alsdann macht man das Ende R' des Lineals frei; mit Hülfe
der mit dem Zirkel auf der Perspective abgegriffenen und in umgekehrtem
Sinn nacheinander von P aus auf oo' aufgetragenen (die Schneide des
Lineals R' wird behutsam gegen den Zirkel gestutzt) Abscissen zieht
man dann auf der Zeichnung mit Bleistift längs der Schneide des Lineals
R die entsprechenden horizontalen Richtungen.
73) Wenn der trigonometrische Punkt seiner Entfernung wegen
oder weil sein Bild nicht klar genug ist, in der Perspective nicht gut
bestimmt ist, orientirt man das Instrument in der Zeichenebene mit
Hülfe der Orientirung u> der Perspective, welche man aus dem Feld-
notizbuch (M. 1) entnimmt; das Ende R der Alhidade wird so eingestellt
und befestigt, dass die Alhidade mit der Achse des Instruments den
Winkel a> macht, den man in umgekehrtem Sinn auf der Eintheilung
des Bogens des Sectors abzählt. Wie vorher lässt man das Instrument
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Schcpp. Die Photogrammetrie in Italien.
75
sich um die Nadel drehen, bis das andere Ende R des Lineals durch
den betreffenden trigonometrischen Punkt geht. In dieser Lage wird
das Instrument auf dem Constructionsbrett befestigt, um alsdann, wie
gezeigt, zu dem Ziehen der Horizontalrichtungen nach den Punkten
zweiter Ordnung der Perspective tiberzugehen.
74) Wenn eine Perspective des Panoramas so aufgenommen wurde,
dass die optische Achse der Camera obscura sich in der Richtung nach
einem trigonometrischen Punkt befand, das heisst, wenn dieser Punkt
sich in der Perspective auf der Verticalachse oder Y-Achse befindet, so
geschieht die Orientirung, indem man den Nullpunkt des Nonius der
Alhidade auf den Nullpunkt der Eintheilung des Bogens des Sectors
einstellt und die Alhidade in dieser Lage mit der Druckschraube be-
festigt; im Uebrigen verfährt man wie vorher.
75) Wenn schliesslich in der Perspective keine Bilder vorher be-
stimmter Punkte enthalten sind, so stellt man ebenfalls die Alhidade
mit dem Nullpunkt ihres Nonius auf den Nullpunkt der Eintheilung des
Sectorbogens ein und dreht das Instrument um die Nadel bis die Schneide
des Lineals R mit einer Graden zusammenfällt, die man vorher mit dem
früher beschriebenen Transporteur gezogen hat, und welche in dem
Stationspunkt mit der Richtung nach einem trigonometrischen Punkt
einen Winkel macht, der der entsprechenden aus dem Peldnotizbuch
entnommenen Orientirung m gleich ist.
76) Sind die Horizontalrichtungen nach den verschiedenen Punkten
des Panoramas gezogen, so werden dieselben mit den nämlichen Zahlen
oder Zeichen versehen, die zur Bezeichnung derselben Punkte auf dem
Panorama dienten, um sie leicht wiederzufinden, wenn man in der Folge
ihren Durchschnitt mit den entsprechenden Richtungen von anderen
Stationspunkten aus sucht.
Auf solche Weise werden durch Schnitte iu der Zeichenebene die
verschiedenen Punkte zweiter Ordnung bestimmt, die zur Zusammen-
setzung des entsprechenden Planes dienen sollen.
77) Es ist gut, wenn man nach und nach, so wie die verschiedenen
Punkte auf dem Constructionsbrett situirt sind, sie auf das für den Plan
bestimmte Brett mit Hülfe von Pauspapier und unter Anlehnung an die
trigonometrischen Punkte und die früher eingezeiohneten photographischen
Stationen überträgt, um die Bleistiftlinien, die zu ihrer Bestimmung
dienten, auslöschen und die folgenden graphischen Bestimmungen anderer
Terrainpunkte leichter ausführen zu können.
VI. Capitel.
Ausführung der Hühenanfnahme.
78) Hat man die Lage der wichtigsten Punkte zweiter Ordnung
controlirt, so erübrigt noch, die Höhe der verschiedenen Stationspunkte
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Schepp. Die Photogrammetrie in Italien.
und der Punkte zweiter Ordnung der Perspective zu bestimmen, um
alsdann zwischen denselben in der Zeichenebene die Höhencurven
einzufUgen.
Mit dem in Fig. 12 dargestellten graphischen Höhenmesser kann
man die Höhe der Stationspunkte mit Hülfe ihres graphischen Abstandes
von den trigonometrischen Punkten und der mit dem Theodolit gemes-
senen und in das Feldnotizbuch (Mod. 1) eingetragenen Höhenwinkel
dieser trigonometrischen Punkte erhalten. Die Höhe der Punkte zweiter
Ordnung bestimmt man mit demselben mit Hülfe ihres graphischen
Abstandes von den Stationspunkten und ihren auf den Perspectiven
gemessenen Ordinaten y.
79) Zwei Lineale L, M
laufen längs dem Limbus eines
Lineals AB, indem sie senkrecht
zu dem Limbus bleiben. Zu
diesem Zweck sind sie an zwei
Läufern L' , M1 befestigt, die
sich in den parallel zu einander
auf dem Lineal A B angebrach-
ten Führungen gg' bewegen. Der
erste L' lässt sich mittels des
Knopfes 0 frei bewegen und
der zweite M' erhält seine Be-
wegung durch den drehbaren
Knopf p, der mit einem feinen
Getriebe versehen ist, das in
die in die Führungen des Line-
als AB eingeschnittenen Zähne
eingreift. Das weitere Lineal
oder die Alhidade d d' ist mit ihrem Ende d an einem in V gelegenen
Zapfen auf dem Limbus des Lineals A B befestigt. Die Alhidade lässt
sich um diesen Zapfen drehen und durchläuft mit ihrem andern Ende
d' den eingetheilten Limbus G. Der Zapfen ist, wie der an dem Scheitel
des vorher beschriebenen graphischen Sectors, mit einem drehbaren
Knopf r versehen, an dem sich ein Spalt befindet, der Art, dass man
das Lineal AB zugleich mit der Alhidade dd', um die in den Stations-
punkt auf dem Constructionsbrett gesteckte Nadel drehen kann.
Zu diesem Zweck haben der Zapfen, der drehbare Knopf und das
Charnier, das die Alhidade mit den Zapfen verbindet, ein jedes einen
Spalt, die in dem Rotationscentrura V zusammenstossen und durch wel-
che die Nadel gesteckt werden kann, wenn die drei genannten Theile
des Instruments eine bestimmte Lage haben. Mit einer Viertelumdre-
hung des Knopfes r wird die Nadel in eine Oeffnung fest eingeschlossen,
die denselben Durchmesser wie die Nadel hat. Um die Nadel lässt
Fig. 12.
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Schepp. Die Photogrammetrie in Italien.
77
sich das Instrument drehen und durch ihr Centrum gehen die Schneiden
des Lineals AB und der Alhidade dd' .
Die Alhidade ist mit einem Nonius n versehen, der in Minuten
und halben Minuten die Brüche der Theile, in die der Limbus G getheilt
ist, angiebt. Auf ihm liest man die Winkel ab, welche in V zwischen
den Schneiden der beiden Lineale in ihren verschiedenen Stellungen
gebildet werden. Wenn beide Schneiden zusammenfallen, so fällt der
Nullpunkt des Nonius mit dem Nullpunkt der Limbuseintheilung zusammen.
Die Achse des Instruments ist die Schneide des Lineals A B, die
durch das Rotationscentrum V geht, welches auf der Limbuseintheilung
dem Anfang dieser Theilung entspricht. Diese Achse geht auch durch
den auf der Geraden Pq gelegenen Punkt P. Diese Gerade ist auf
dem beweglichen Lineal M eingeschnitten und bleibt bei den Bewegungen
des letzteren immer senkrecht zur Achse.
Die Linie Pq entspricht dem Nullpunkt eines Nonius ri , der mit
dem Lineal M verbunden ist und bei den Bewegungen desselben auf
der Führung g läuft. Auf dieser Führung ist eine Eiutheilung eingerissen,
die in Millimetern den Abstand der auf dem Lineal M eingeschnittenen
Linie Pq von dem Centrum der in V befindlichen Nadel anzeigt. Der
Nonius giebt dann in Zehntelmillimetern die Brüche der Theile der ge-
nannten Eintheilung.
Wird die Linie Pq mittelst des drehbaren Knopfes p in den Ab-
stand f vom Punkt V gebracht, so kann sie die auf der Perspective
gezogene Af-Achse und der Punkt P den Hauptpunkt der Perspective
darstellen (Fig. 2 im 3. Capitel). In diesem Fall kann die Linie Pq
auch die Y-Achse der Perspective m n darstellen, vorausgesetzt, dass die
Verticalebene, die VP und diese Achse enthält durch Drehung um V P
in die Horizontalebene VP U geklappt wird.
Wie bei dem früher beschriebenen Instrument ist der Punkt P auf
der Linie des Lineals M durch eine kleine Höhlung bezeichnet, in die
die Spitze des Zirkels gesetzt wird, wenn mit demselben die auf der
Perspective abgegriffenen Abscissen oder Ordinaten aufgetragen werden.
Trägt man auf diese Weise die Abscisse eines Punktes a der Per-
spective mn auf die Linie Pq, die im Abstand f vom Punkt V liegt,
auf und ist die eine Spitze des Zirkels in P, so stellt die andere auf
der Linie Pq die Horizontalprojection a' des Punktes a der Perspec-
tive m n auf die Horizontlinie o o' dar. Lehnt man wider diese zweite
Spitze in a die Schneide der Alhidade, so stellt das von der Schneide
der Alhidade, des Lineals AB und der Linie des Lineals M (Fig. 12)
gebildete Dreieck das Dreieck VPa' der Fig. 2 dar.
An dem Ende d' der Alhidade läuft mit Hülfe eines drehbaren
Knopfes E mit entsprechendem Getriebe, das in die Zähne eines Ein-
schnittes eingreift, längs der Schneide der Alhidade der Index in Stahl i.
Bringt man diesen Index auf den Punkt a , den Durchschnittspunkt
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78
Schepp. Die Photogrammetrie in Italien.
der Schneide der Alhidade und des Einschnittes auf dem Lineal M,
so hat man auf der Schneide der Alhidade den Horizontalabstand V a
des Punktes a der Perspective, das heisst die Grösse d verzeichnet (Fig. 2).
Mit dem Index i in dieser Lage wird die Alhidade um das Centrum
V gedreht, bis ihre Schneide mit P V, das heisst, der Achse des Instru-
ments zusammenfällt. Alsdann wird das Lineal M mittelst des drehbaren
Knopfes p von dem Punkt V entfernt, bis seine Linie Pq durch den
Index i geht. Auf solche Weise haben wir den Abstand d auf die
Achse des Instruments aufgetragen, das heisst, wir haben die auf den
Lineal M eingeschnittene Linie P q in den Abstand d vom Centrum
der in V steckenden Nadel gebracht. Trägt man alsdann mit dem
Zirkel die auf der Perspective m n gemessene Ordinate y auf P q, das
sich in dieser neuen Lage befindet, auf, indem man die eine Spitze in
P einsetzt und gegen die andere Spitze die Schneide der Alhidade
Fig. 12 lehnt, so stellt das aus den drei Beinen des Instruments gebil-
dete Dreieck VPa das verticale um die Linien Va in die Horizontal-
ebene geklappte Dreieck V a a' Fig. 2 dar.
Das bewegliche Lineal L ist in seiner Längsrichtung in zwei an
ihren Enden verbundene Theile getheilt, zwischen welchen sich die
Alhidade dd' bewegen lässt. Der obere Uber der Alhidade befindliche
wie der Griff eines Messers aufgeschlitzte Theil hat scharfe Kanten L , L
die normal zur Achse VP des Instruments sind und von denen jede
eine Millimetereintheilung mit Zahlenangaben für den Maassstab von
1:50 000 (50m = lmm) trägt. Ein beweglicher Knopf C mit Getriebe
und längs dem Lineal L eingeschnittenen Zähnen dient zur Bewegung
eines Läufers mit doppeltem Index K IC , welcher auf dieDurchschnittspunkte
der eingetheilten Kanten des Lineals L mit der Schneide der
Alhidade d d' eingestellt wird. Der Läufer trägt einen doppelten Nonius
n", welcher in fünfzigstel Millimetern, d. h. in Metern für den Maassstab
von 1:50 000, die Brüche der Theile der auf den Kanten des Lineals
L eingeschnittenen Scala gibt.
Wenn die Nullpunkte des doppelten Nonius und der Eintheilung
auf den Kanten zusaramenfallen, dann befindet sich der doppelte Index
auf der Achse VP des Instruments und er befindet sich auch auf der
Schneide der Alhidade d d', wenn der Nullpunkt des Nonius n der
letzteren mit dem Nullpunkt des eingetheilten Bogens G zusammenfällt,
d. h. wenn die Schneide der Alhidade auf der Achse des Instruments ist.
80) In der Fig. 2 sei der Punkt A der Terrainpunkt, welcher
sein Bild auf der Perspective in a hat; wenn A' die Projection von
A auf die durch V gehende Horizontalebene ist, so ist A A' der
Höhenunterschied L zwischen A und V und VA' der Horizontalabstaud
I) des Punktes A vom Stationspunkt V, ein Abstand, der für die in
Betracht stehende Karte von 1:50 000— ^ q^q 's^
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Schepp. Die Photogrammetrie in Italien.
79
Man drehe das Instrument um die in V eingesteckte Nadel bis
die Schneide des Lineals A B d. h. die Achse V P des Instruments durch
den in der Zeichnung gelegenen Punkt A' geht, der vom Punkt V
um den Abstand ^ -■ absteht; alsdann lässt man das Lineal L
längs VP laufen bis eine seiner Kanten, L zum Beispiel, auch durch
den Punkt Ä der Zeichnung geht. Ist nun das Lineal M so gestellt,
das der Punkt P von V um die Grösse d absteht und ist die Alhidade
auf die oben angegebene Art mit Hülfe der auf Pq aufgetragenen
Ordinate y eingestellt, so bringt man den Index K auf den Durch-
8chnittspunkt der Kante L mit der Schneide der Alhidade (Fig. 12).
Das von der Schneide der Alhidade, der Achse des Instruments und der
Kante L gebildete Dreieck VA Ä stellt dann im Maassstab von
1:50000 das Dreieck V A A! der Fig. 2 dar. Der Index K gibt
dann auf der Kante L die Länge — an, deren auf der Eintheilung
OU UUv
und auf dem entsprechenden Nonius abgelesener Werlh der Höhen-
unterschied zwischen dem Punkt A und dem Stationspunkt V ist. Denn
aus der Aehnlichkeit der Dreiecke VPa und VA A 1 folgt
AA' Pa y
VA' VP d
und aus (2) § 43 | = ^- daher = ^
und weil VA
50000 80 ‘St AA 50 000
A A L
rA' D
und L — 50 000 AA'
Die Zahlen der Eintheilung auf den Kanten L und 11 und dem
doppelten Nonius geben die Grösse A Ä mit 50 000 multiplicirt, das ist
die Höhendifferenz.
Tj «
81) Wir haben früher gesehen, dass tang a = -=r = ^ also auch
AA'
tang a = yÄ ist.
Wenn man daher den Höhenwinkel des Punktes A hat, so genüg
es, mit diesem Winkel die Alhidade auf dem eingetheilten Bogen G ein-
zustellen und den Index K auf den Durchschnittspunkt der Schneide der
Alhidade mit der Kante L zu bringen, welche letztere ebenso wie die
Achse des Instrumentes durch den Punkt A der Zeichnung geht.
Auf der Eintheilung von L und dem entsprechenden Nonius liest
man dann direct den Höhenunterschied ab
82) Der Fall ist sehr einfach, wenn sich das Bild des Punktes
A in der Perspective auf der Verticalachse oder Y-Achse befindet. Da
in diesem Falle x — o ist, so ist d = f.
Man stellt die Alhidade mittelst der Ordinate y auf der im Abstanp
f vom Punkt V befindlichen Linie Pq ein, bringt den Index K oder K'
auf den Durchschnittspunkt der Schneide der Alhidade mit der Kante L
der L' , die wie auch die Achse VP durch den Punkt A der Zeichnung
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80
Schepp. Die Photogrammetrie in Italien.
gellt; man kann dann auf der Kante L oder L' den Höhenunterschied
zwischen A und V direct ablesen.
83) Wenn man das Lineal L mit einer seiner Kanten L oder L
auf den Punkt einstellt, dessen Höhe man haben will, so beachtet man
sorgfältig den Abstand vom Stationspunkt, indem man denselben der in
Centimetern und Millimetern längs des Limbus V P des Lineals A B
aufgetragenen Eintheilung entnimmt. Mit diesem Abstand erhält man
aus den gewöhnlichen bei der Feldmessung gebrauchten Tafeln flir die
Höhendifferenz die Correctur die man der Kugelgestalt der Erde und der
Lichtbrechung wegen an der auf die oben angegebene Art erhaltenen Höhen-
differenz noch zu machen hat. Diese ist positiv oder negativ, je nachdem
der Punkt sich auf der Perspective oberhalb oder unterhalb der Horizont-
linie abbildet und ist daher der Höhe des Stationspunktes zuzuzählen
oder von ihr abzuziehen, um diejenige des in Betracht stehenden Punktes
zu erhalten.
84) In ein besonderes Verzeichniss (Mod. 2 siehe am Schluss) werden
die verschiedenen Punkte zweiter Ordnung eingetragen und nach der
Zahl oder dem Zeichen, mit dem sie ausgezeichnet sind und nach dem
Panorama und der Perspective, welcher sie angehören, geordnet. Darin
wird auch die Höhendifferenz zwischen ihnen und den zwei oder mehr
Stationen, aus denen man sie erhalten, ebenso wie die absolute Höhe
angegeben ; als letztere nimmt man das Mittel aus den durch die zwei
oder mehr Stationen erhaltenen Werthen.
85) Die Höhe der Stationspunkte bekommt man als Mittel der
Werthe, die man erhält, indem man zu der bekannten Höhe der
trigonometrischen Punkte die mit dem eben beschriebenen Instrument
erhaltene Höhendifferenz zuzählt oder abzieht und indem man die mit
dem Theodolit beobachteten Höhenwinkel und den graphischen Abstand
zwischen der Station und den trigonometrischen Punkten benutzt.
86) Von dem Constructionsbrett werden die Punkt zweiter Ordnung
mit ihren Höhen auf das für den definitiven Plan bestimmte Zeichenbrett
übertragen und es bleibt dann nur noch übrig zwischen diesen Punkten
die Höhencurven, die Einzelheiten und alles zur Charakterisärung des
aufgenommenen Terrains nöthige Detail einzuschalten, indem man auch
dazu die getreuen Bilder des Terrains benutzt, welche die Photographie
liefert.
Schluss.
Es ist schon gesagt worden, dass eine photogrammetrische, auf
schwer zugänglichem Punkt gelegene, Station in einer oder höchstens
anderthalb Stunden absolvirt werden kann. Mit zwei oder drei gut aus-
gewählten Stationen kann mau zu beliebiger Zeit und an einem beliebigen
Ort die aus den entsprechenden Panoramen zu entnehmende horizontale
und verticale Darstellung eines ausgedehnten Terrainabschnittes erhalten.
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Schepp. IHe Photegrarnmetrie in Italien. 8f
Da jedes Panorama eine unendlich grosse Anzahl von Richtungen
von einem gut bestimmten Terrainpunkt aus nach den umliegenden Punkten
giebt, so kann dieser Terrainabschnitt mit der grössten Genauigkeit
dargestellt werden, weil sich die dazu ausgewählten Punkte so lange
vermehren lassen als es der geforderten Genauigkeit wegen nöthig ist
und als es die Geduld und die Möglichkeit des Zeichnens erlaubt.
Die Panoramen bleiben nicht nur als mächtige Hülfsmittel für den
Zeichner und als Controle und ewiger Beleg für die ausgeführte Arbeit
flbrig, sondern sie können, wenn sie mit den bezüglichen Bezeichnungen,
Punkten zweiter Ordnung, Höhen etc. aufbewahrt werden, immer auch
dazu dienen, das mit ihrer Hülfe anfgenommene Terrain zu illustriren
und die aus ihnen entnommene plastische Darstellung durch Einzelheiten
zu vervollständigen.
Aus dem, was gesagt wurde, geht klar hervor, dass diese Methode
mit grossem Vortheil bei Hochgebirgsaufnahmen angewandt werden kann.
In solchen Gegenden lässt sich nur im Sommer mit Nutzen arbeiten;
auch zur besten Jahreszeit zeigt sich die Unbeständigkeit des Wetters
und dichte Nebel krönen fast alle Tage in den wärmsten Stunden die
Gipfel der Berge oder werden von dem Wind aus einem Thal in das
andere getrieben. Auch wenn sich der Aufuehmende in den besten
Lagerverhältnissen für seine Arbeiten befindet, so hat er doch immer
einen weiten, ermüdenden Weg zurückzulegen, ehe er irgend einen hervor-
ragenden, zur topographischen Station ausgewählten, Punkt erreicht; er
kann das Zelt vor Tag nicht verlassen und darf sich von der Nacht nicht
auf dem Gletscher oder zwischen gefährlichen Felsen weit vom Zelt
oder der bewohnten Gegend überraschen lassen, um so weniger als er
Leute bei sich hat, die umfangreiche Apparate wie Messtisch, Latte,
Diopter, Schirm etc. tragen.
Es ist bekannt, dass der Topograph unter den Umständen, wie sie
bei gewöhnlichen Aufnahmen vorhanden sind, sich auf der Station aufstellt
und mit Einschneiden oder mit der Distanzlatte die Lage und Höhe
i - -
der hervorragendsten Terrainpunkte mit Hülfe einer kurzen Rechnung
bestimmt und alsdann, indem er das Terrain selbst, wie es vor ihm
erscheint, prüft, es durchwandert und sich Uber Alles unterrichtet, zwischen
diese Punkte die Curven gleicher Höhe und die Terraineiuzelheiten im
Allgemeinen einfügen kann. Es ist dagegen leicht einzuseheu, dass
unter den eben angegebenen Umständen zum Einschneiden mit dem Mess-
tisch, dem Kieps-Tachymeter*) oder einem andern Instrument nur sehr wenig
Richtungen an einem Tag genommen werden können, da auch Skizzen
nöthig sind, um in der Folge diese Richtungen schneiden zu können;
*) Ein solches Instrument von Porro findet sich abgebildet in : «Jordan, Hand-
buch der Vermessungskunde.“ 2. Aufl. 188811. Band, S. 153 und in dieser Zeit-
schrift Jahrgang 1888 S. 153. Es ist ein Theodolit mit sehr kleinen Kreisen, die in
einem Kasten verborgen sind (daher wohl der Name) u. mitTacliyinetereinrichtung.
Zeitschrift für Vermessungswesen. 1S92. Heft 3. 6
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82
Schepp. Die Photogrammetrie in Italien.
die Sache wird noch entmuthigender, wenn es sich darum handelt, die
Distanzlatte in Bewegung zu setzen, sei es wegen des Zeitverlustes und
des schwierigen Zuganges, sei es wegen der Gefahr, welcher die Latten-
träger ausgesetzt sind. Kommt dann noch die Kälte mit Schnee hinzu,
so ist es geradezu unmöglich einige Stunden zu verweilen, um Richtungen
aufzunehmen oder mit dem Bleistift zwischen den erstarrten Fingern
auf dem Messtisch zu zeichnen.
Es ist mindestens sicher, dass die hervorspringenden Terrainpunkte
unter diesen ungünstigen Umständen, wie sie fast immer in alpinen
Gegenden eintreten, in möglichst geringer Zahl bestimmt werden, die
Distanzlatte unnütz und lästig wird und die Formen des Terrains, das
man' nicht nach] Gefallen durchwandern kann, nur in aller Eile wieder-
gegeben werden; wenn überhaupt nähere Nachforschungen stattfinden,
so sind sie doch sehr unsicher und die Zeit, während welcher man die
Terrainformen gut ausgeprägt sieht, ist kurz. Dies sind Thatsachen,
die die Aufnahme dieser Gegenden ohne Frage schwierig, langwierig
und kostspielig machen; sie erklären die Existenz ausgedehnter Terrain-
abschnitte in unseren alten Karten, die wenig studirt und unvollständig
aufgenommen sind, sie erklären ebenso die wirksame Hülfe, die die
Photographie bei Aufnahmen solcher schwer zugänglichen, wenn nicht
unzugänglichen Gegenden, in denen Unwetter, Schnee und Eis das
ganze Jahr durch herrschen, leisten kann. Mit den photographischen
Perspectiven, auf denen das Terrain mit mathematischer Genauigkeit
wiedergegeben ist, kann man nicht nur stets an jedem Ort und in jedem
Moment dieses Terrain vor Augen haben, sondern man kann auch die
topographische Darstellung desselben jederzeit ausführen, sicher vor den
angegebenen ungünstigen Umständen und mit der grössten Genauigkeit,
welche heute die Wissenschaft und die Industrie fordern.
Aus dem Gesagten geht offenbar hervor, dass die Photogrammetrie
sich mit grossem Vortheil verwenden lässt:
1) bei dem eben besprochenen schwierigen Terrain, bei welchem,
wenn die gewöhnliche Methode angewendet wird, die Ueberwachung der
Arbeit schwierig wird, weil die hier mehr als sonst nötliige Controls fehlt;
2) um bei grossen wissenschaftlichen Reisen, bei Forschungen in
feindlichen, unsicheren oder ungesunden Ländern, bei militärischen
Recognoscirungen jenseits der Grenze Ansichten und topographische
Skizzen der besuchten Orte zurückzubringen ;
3) für Kriegsschiffe oder für zu wissenschaftlichen Reisen ausge-
rüstete Schiffe, um Ansichten von Küsten (für diese sind einige Abän-
*) Ein besonderer Apparat zum Aufstellen an Bord, der eine verticale
photographische Perspective mit bekannter Brennweite und zugleich die der
Richtung der optischen Achse der Camera obscura entsprechende Richtung der
Nordlinie der Bussole liefert, ist früher von dem Verfasser studirt worden.
Aus diesen Perspectiven lassen sich die Azimute aller Punkte der Küste, die
die Perspectiven abbilden, sofort entnehmen.
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Schepp. Die Pliotogrammetrie in Italien.
83
derungen an dem Apparate nöthig)*) topographische und hydographische
Skizzen von feindlichen oder anbekannten Küsten zu erhalten. Mau
führt zugleich noch zwei oder mehr Stationen au Kttstenpunkten aus,
die von Bord aus ausgesucht sind und trägt Sorge dafür, dass in den
Panoramen das Schiff, die Schaluppen, die Ankerboyen oder andere
festliegende Punkte, von denen aus die Tiefe gepeilt worden ist,
enthalten sind;
4) bei Aufnahmen, die für geologische Studien oder für Projecte
zu Gebirgseisenbahnen dienen sollen, sowie überall da, wo es sich um
Genauigkeit in der Darstellung des Charakters des Terrains sowie um
Reichthum des Details und der Einzelheiten in der Zeichnung handelt.
Florenz, 25. Januar 1888.
Der Ingenieurgeograph 1. Klasse
Paganini Pio.
Modell Nr. 1.
Station auf dem Punkt Bioula (trigonometrischer Punkt) auf dem Kamm
zwischen den Thälern Valsavaranche und Remes
am 18. September 1884.
Topographische Skizze vom Stationspunkte aus, nähere Angaben,
Namen, Strassen etc.
6*
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84
Schepp. Die Photogramwctrie in Italien.
Station auf dem Punkt Percia auf dem Kamm, der die Thäler
Valsavaranche und Rentes trennt,
. ■ • am 19- September 1884.
Orientirung
des Panoramas.
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1 „ •
Richtungen und Höhenwinkel der
trigonometrischen Punkte.
Bereohnung der Stationshöhe und Höhe
i der Horizontlinic.
Cima di Breuil 220° 54' 00"
Elevation 1 3300
Erbetet 282 04 00 i
Elevation 3 36 30
C. di Nomenon 222 42 00
Elevation 1 38 30
C. di Rouletta 0 44 30
Elevation 3 11 30
P. dell’ Tnvergnan ...... .7.' 80 07 00
Elevation 3 42 00
C. di Tose 34 11 30
Elevation 0 30 30
Höhe Invergnan
Höhendiff. -|- Corr. . .
3607,72
406,15
3201,57 . . .
. 3201,6
Höhe Nomenon
Höhendiff. + Corr. . .
3488,42
284,94
3202,48 . .
. 3203,5
Höhe Toss.;
3302,24
3202,40 . .
. 3202,4
3454,62
252,64
Höhendiff. -f- Corr. . .
3201,98 . . ,
. 3202,0
3384,10
182,28
Höhendiff. -f- Corr. . .
3201,82 . . .
, 3201,9
11,4
Höhe der Horizontlinie 3202,3
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Vogler. Bedingungen der Zulassung zur Landmesserprtlfung. 85
Modell Nr. 2.
Höhe der Punkte zweiter Ordnung des Panoramas.
Bezeichnung der
Funkte.
Stationen,
ans
denen sie
erhalten
wurden
Höh« der Sta-
tionen.
Höhendifferenz.
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kungen.
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Bedingungen der Zulassung zur Landmesserprtifung.
Nach dem Erlass Uber Aenderungen im Berechtigungswesen der
höheren preussischen Schulen, wie er Mitte December 1891 durch den
Reichsanzeiger veröffentlicht worden ist, hat § 5 der preussischen
Landmesserprllfung8ordnung vom 4. Sept. 1892 künftig folgenden Wortlaut:
Wer die Prüfung zum Landmesser ablcgen will, hat sich bei einer Prfifungs-
commission zu melden und folgende nicht stempelpflichtigen Nachweise und
Zeugnisse einzureichen;
1) eine selbst verfasste und selbst geschriebene Beschreibung seines Lebens-
laufes,
2) ein Zeugniss der Ortspolizeibehörde Uber seine Unbescholtenheit,
3) als Nachweis der erforderlichen allgemeinen wissenschaftlichen Bildung,
entweder
a. ein Zeugniss Uber die erlangte Reife zur Versetzung in die erste Klasse
eineB Gymnasiums, eines Realgymnasiums oder einer Oberrealschule, oder
in die erste Klasse (Fachklasse) einer nach der Verordnung vom
21. März 1870 reorganisirten Gewerbeschule oder
b. das Abgangszeugnis der Reife eines Realgymnasiums oder einer Real-
schule, oder endlich
c. das Reifezeugnis einer höheren Bürgerschule oder einer gymnasialen
oder realistischen Lehranstalt mit sechsjährigem Lehrgang in Ver-
bindung mit dem. Nachweis des einjährigen erfolgreichen
Besuchs einer anerkannten mittleren Fa chschule. (Welche nicht-
preussischen Lehranstalten den unter a. und b. genannten Schulen fiir
• gleichwerthig zu erachten sind, entscheidet im gegebenen Falle der Minister
der geistlichen, Unterrichts- und Medicinalangelegenheiten.)
4) das Zeugniss eines oder mehrerer geprüfter Landmesser über die
praktische Beschäftigung bei Vormessungs- und Nivellementsarbeiten,
5) den Nachweis des regelmässigen Besuchs des bei den im § 3 bezeichneten
höheren Lehranstalten für Landmesser eingerichteten Cursus.
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86
Kleinere Mittheilungen.
Der neue Zusatz ist in 3 c. enthalten. Die gesperrt gedruckten
Worte sind, wie es scheint, vielfach missverstanden und so gedeutet worden,
als bezögen sie sich auf den Besuch des Landmessercursus. Anerkannte
mittlere Fachschulen giebt es bis jetzt in Preussen nur fünf. Sie sind
mit sechsklas8igen Real- oder höheren Bürgerschulen gewerbreicher
Städte verbunden und können von nun an den Abiturienten dieser
Anstalten das siebente Schuljahr, das ihrer allgemeinen Vorbildung noch
fehlt, ersetzen. Bisher mussten Abiturienten höherer Bürgerschulen das
siebente Schuljahr entweder in Obersecunda einer Oberrealschule durch-
machen, oder auf eine der siebenklassigen Schulen der Gattung 3 b.
übergehen und dort das Reifezeugniss erwerben. Eines einzigen Jahres
wegen auf eine andere Schule überzugehen ist aber so wenig erfolg-
verheissend, dass dieser Weg bisher so gut als niemals eingeschlagen
worden ist. Allem Anschein nach wird auch der Weg, den die Be-
stimmung 3 c. neu eröffnet hat, nur selten beschritten werden.
Also verändert dieser Zusatz die bisherige Prüfungsordnung nur
ganz unwesentlich, aber sein Erscheinen spricht aus, dass für jetzt die
Wünsche derjenigen Geodäten unerfüllt bleiben, welche wenigstens fü r
Schüler von geringer Begabung eine längere und gründlichere
allgemeine Vorbildung als die bisherige fordern. Es muss allerdings zu-
gestanden werden, dass die Neuordnung des Berechtigungswesens für
die Landmesser in keine ungünstigere Zeit fallen konnte, da es in einem
bedeutenden Dienstzweige des Staates derart an Landmessern mangelt,
dass man kaum wagen mochte, den Zugang zur Landmesserlaufbaliu
irgendwie zu beschränken.
Berlin, Januar 1892. Ch. August Vogler.
Kleinere Mittheilungen.
Anzeige,
betreffend Veröffentlichung von Kreiskarten 1:100000.
Es wird hiermit bekannt gemacht, dass durch die Kartographische
Abtheilung nachstehende Karten:
1) Karte des Kreises West-Havelland und
2) Karte des Kreises Ost- Ha velland
durch Zusammendruck der in Betracht kommenden Blätter der Karte des
Deutschen Reichs 1:100000 bearbeitet und veröffentlicht worden sind.
Der Vertrieb der Karten erfolgt durch die Verlagsbuchhandlung
von R. Eisenschmidt hierselbst, Neustädtische Kirchstrasse 4 u. 5.
Der Preis eines jeden Blattes beträgt 2 0/ft.
Berlin, den 9. October 1891.
Königliche Landesaufnahme. Kartographische Abtheilung,
von Usedom,
Oberst und Abtheilungschef.
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Kleinere Mittheilungeu.
87
Anzeige,
betreffend die von der Landesaufnahme veröffentlichten
Messtischblätter im Maassstabe 1:25000.
Im Anschluss an die diesseitige Anzeige vom 7. September 1891
wird hiermit bekannt gemacht, dass folgende Blätter, welche der Auf-
nahme 1889/90 angehören, erschienen sind :
172.
Leba,
215.
Wobesde,
217.
Glowitz,
266.
Freist,
318.
Grupenhagen,
378.
Altenhagen,
382.
Rathsdamnitz,
383.
Gr. Dtlbsow,
450.
Zirchow,
526.
Kösternitz,
527.
Alt-Zowen,
774.
Plathe,
868.
Gr. Sabow,
965.
Farbezin,
1152.
Massow,
1242.
Kublank,
1243.
Stargard i. Pommern,
1244.
Marienfliess,
1411.
Arnswalde,
1995.
Buk,
2413.
Seitsch,
2414.
Tschirnau,
2415.
Bojanowo,
2853.
Battenberg,
2918.
Biedenkopf,
2980.
Eibelshausen und
3043.
Ober-Scheld.
Der Vertrieb erfolgt durch die Verlagsbuchhandlung von R. Eisen-
schmidt hierselbst, Neustädtische Kirchstrasse 4 u. 5.
Der Preis eines jeden Blattes beträgt 1 dl-
Berlin, den 14. November 1891.
Königliche Landesaufnahme. Kartographische Abtheilung,
von Usedom,
Oberst und Abtheilungsckef.
Karte des Deutschen Reichs
in 674 Blättern und im Maassstabe 1:100000.
Bearbeitet von der Königlich preusBischen Landesaufnahme, den Topo-
graphischen Bureaux des Königlich bayrischen und des Königlich
sächsischen Generalstabes und dem Königlich wtlrtterabergischen statisti-
schen Landesamt.
Im Anschluss an die diesseitige Anzeige vom 5. September 1891
wird hierdurch bekannt gemacht, dass nachstehend genannte Blätter:
Nr. 252. Ex in,
„ 253. Inowrazlaw und
„ 398. Wohlan
durch die Kartographische Abtheilung bearbeitet und veröffentlicht
worden sind.
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Bücherschau.
Der Vertrieb der Karte erfolgt durch die Verlagsbuchhandlung von
R. Eisenschmidt hierselbst, Keustädtische Kirchstrasse 4 u. 5,
Der Preis eines jeden Blattes betragt, 1 oft 50.
Berlin, den ?. November 1891.
Königliche Landesaufnahme. Kartographische Abtheilung,
von Usedom,
Oberst und Abtheilungschef.
Bücherschau.
Das königl. bayerische Gesetz, die Flurbereinigung betreffend, vom 29. Mai 188G,
erläutert von Dr. Ludwig August von Mill ler, königl. Regierungs-Director
— nun königl. Staatsminister des Innern für Kirchen- und Schulangelegen-
heiten, und Heinrich Haag, königl. Ministerialrath im königl. Staatsmini-
sterium des Innern, mit Einleitung von R. Schreiber, königl. Bezirksamt-
mann (Separatabdruck aus der Gesetzgebung des Königreichs Bayern)
Erlangen 1891. Verlag von Palm u. Encke. Preis 8 Mk. 314+tn S. Gr. 8°
Wir möchten nicht verfehlen, die Aufmerksamkeit der Leser auf
dieses, bereits in Heft 2 als neu erschienen erwähnte Werk noch
besonders hinzulenken. Die der Gesetzes-Erläuterung vorangeschickte
Einleitung (98 Seiten) behandelt in 5 Abschnitten zunächst die historische
Entwickelung der Gemenglage, dann die Vortheile der Zusammenlegung
und die Bedenken gegen selbe, endlich die Gesetzgebung Uber Zusam-
menlegung in den übrigen deutschen Bundesstaaten, in Oesterreich
und in Bayern selbst. Diese Darstellung des Gesetzstandes zeichnet
sich vor ähnlichen Zusammenstellungen in anderen Fachwerken durch
ihre Vollständigkeit bezüglich der einzelnen deutschen Gebietsteile,
anderseits aber doch wieder durch eine sorgfältige Beschränkung auf
die wesentlichen Punkte vorteilhaft aus. Daneben lassen freilich ein-
zelne Bemerkungen, wie z. B. der Hinweis auf das „besondere Ansehen“,
welches die Merseburger Geschäfts-Instruction in Preussen „geniesst“
(praesens), vermuten, dass der Herr Verfasser der Entwickelung des
Zusammenlegungswesens in letzter Zeit praktisch nicht näher gestanden
sein dürfte. Auch die Erörterung der Vortheile und insbesondere der
Einwände gegen die Zusammenlegung wird den Praktiker nicht voll
befriedigen. Doch sind das ja gegenüber der eigentlichen Aufgabe
des Werkes Fragen zweiten Ranges.
Von hervorragendstem Werthe erscheint die eigentliche Gesetzes-
erläuterung (Seite 99 bis 314). . Selbst derjenige, welcher die Ent-
stehung des Gesetzes seinerzeit näher verfolgt hat, wird bei dem Umstande,
dass die Ausschuss- Verhandlungen der Kammern nicht vollständig
veröffentlicht oder doch nicht allgemein zugänglich werden, durch das
Werk erst manchen neuen Einblick in die Motive der von den Land-
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Büeherschau.
89
ständen beschlossenen Abänderungen und Ergänzungen des ursprünglichen
Entwurfes erhalten. Die Gründlichkeit und Objectivität der Erläuterungen
erscheint eben durch den glücklichen Umstand noch besonders be
günstigt, dass die beiden Herren Verfasser an dem Zustandekommen und
der Feststellung des Gesetzes seinerzeit persönlich den hervorragendsten
Antheil genommen hatten.
Wenn das neue bayrische Gesetz neben seinen grossen Vorzügen,
die es zum Theil sehr weit Uber die Gesetzgebung anderer Staaten er-
heben, auch noch einzelne Lücken und Mängel aufzuweisen hat, so war
für das vorliegende Werk weder der Anlass noch die Möglichkeit ge-
geben, jene Lücken zu Uberbrücken und jene Mängel zu beseitigen oder
auch nur des Näheren blosszulegen. Es wäre aber dringend zu wünschen,
dass in nicht zu ferner Zeit an diese Ueberbrückung und Beseitigung
mit der gleichen Objectivität und Sachkenntniss herangetreten werden
möchte, mit welcher der vorliegende Commentar die positiven Gesetzes-
bestimmungen erläutert lind klarstellt. Es müsste eine solche Revision
aus Gründen, die für heute unerörtert bleiben mögen, sowohl den
kleineren als den grössten Unternehmungen trefflich zu statten kommen.
Und wenn inzwischen sich, Dank den wohlwollenden Maassnahmen der
bayrischen Staatsregierung, der Zugang von gründlich vorgebildeten
Geometern hoffentlich rasch und ausgiebig gemehrt haben wird, wird
sich vielleicht auch die Ueberzeugung Bahn brechen, dass Grosses nur
mit einer Organisation im Grossen zu erreichen ist und man wird dann
nicht anstehen, der zur Durchführung des Gesetzes berufenen Behörde
einerseits jene Ausdehnung und Unabhängigkeit und andererseits jenen
Zusammenhang mit dem Gesammtvermessungswesen des Landes zu
geben, deren sie zur Entfaltung einer ausgedehnten und erspriesslichen
Wirksamkeit nothwendig bedarf.
Das vorliegende Werk enthält ferner einen vollständigen Abdruck
der zu dem Gesetze ergangenen Vollzugsvorschriften nebst sämmtlichen
Beilagen, von welch’ letzteren die in die Buchform gezwängten Plan-
beilagen übrigens einige Unklarheiten enthalten. Dem Werke ist ferner
eine kurze Literaturübersicht und ein alphabetisches Sachregister und als
Anhang die Ministerialverfligungen beigegeben Uber die Gebühren der
Schiedsgerichtsmitglieder, Uber die dienstlichen Verhältnisse der Techniker
der Flurbereinigungscommission, über die Mitwirkung der Rentämter und
Bezirksgeometer beim Gesetzesvollzug, Uber die Regelung der Kosten-
erhebung und endlich Uber die Behandlung von Landeskulturrenten-
darlehen für Flurbereinigungszwecke.
Möge das vorliegende Werk ebenso die weiteste Verbreitung finden,
wie anscheinend das Gesetz, dessen Auslegung es sich zur Aufgabe stellt,
in den betheiligten Volksschichten Boden zu gewinnen beginnt, mögen
aber auch die äusseren Umstände dem Fortgang der bayrischen Flur-
bereinigungen dadurch günstig sich gestalten, dass sie eine recht aus-
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90
V ereinsangelegenheiten.
giebige Berücksichtigung der Thatsaehe ermöglichen, wonach gerade auf
diesem Gebiete das Eisen unbedingt geschmiedet werden muss, so lange
es warm ist. Steppes.
Vereinsangelegenheiten.
Von dem Vorstande des Rheinisch- Westfälischen Landmesservereins
ist das nachstehende Bittgesuch an den Herrn Minister der öffentlichen
Arbeiten gerichtet worden. Hoffen wir, dass dasselbe Erfolg haben möge.
Düsseldorf, den 9. November 1891.
Bitte
des Rheinisch- Westfalischen Landmesservereins um Gleichstellung der
bei der Königlichen Staatseisenbahnverwaltung angestellten bezw.
beschäftigten Landmesser mit den zur Kataster- und landwirtschaft-
lichen Verwaltung gehörigen.
Euer Excellenz gestattet sich der ehrerbietigst Unterzeichnete Vor-
stand des Rheinisch-Westfälischen Landmesservereins Nachstehendes zur
hochgeneigten Berücksichtigung gehorsamst zu unterbreiten:
Nachdem das Einkommen und die Anstellungsverhältnisse der bei
der Kataster- und der landwirthschaftlichen Verwaltung beschäftigten
Landmesser seit dem 1. April vorigen bezw. dieses Jahres anderweitig
und einheitlich geregelt und zum Theil verbessert worden sind, sind die
bei der Königlich Preussischen Staatseisenbahnverwaltung beschäftigten
Landmesser ihren vorerwähnten Fachgenossen gegenüber wesentlich be-
nachtheiligt. Die Hoffnung der Eisenbahnlandmesser auf eine Gleich-
stellung aller bei den verschiedenen Königlichen Behörden beschäftigten
Landmesser vom 1. April ds. J. ab ist nicht in Erfüllung gegangen,
obgleich dieselben sich zu dieser Hoffnung berechtigt glaubten, da sowohl
die gleichen Vorbedingungen von sämmtlichen Landmessern zu erfüllen
sind, wie auch die gestellten Anforderungen an die Leistungen bei den
verschiedenen Behörden wohl als gleiche erachtet werden können.
Euer Excellenz wollen uns daher gestatten, zunächst die wesent-
lichsten Unterschiede bezüglich der Einkommen- und Anstellungsverhältnisse
der Landmesser bei den verschiedenen Königlichen Behörden hier vor-
tragen zu dürfen.
Bei der Katasterverwaltung sind rund 3/4 oder 75 °/0 der überhaupt
beschäftigten Landmesser etatsmässig angestellt. Die Katastercontroleure
und Secretaire haben ein Einkommen von 2400 bis 3900 Mark also
von durchschnittlich 3150 Mark.
Bei der landwirthschaftlichen Verwaltung sind am 1. April ds. J.
150 neue Stellen für Landmesser geschaffen, so dass von 525 Beamten
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Voreinsangelegenheiten. 91
350, also 2/3 oder 66,67 °j0 stimmt lieber Landmesser dieser Verwaltung
etatsmässig angestellt sind. Das Einkommen ist dem der Kataster-
controleure mit durchschnittlich 3150 Mark gleichgestellt.
Die Königliche Staatseisenbahnverwaltung beschäftigte am 1. Sep-
tember ds. J. 268, darunter 96 als technische Eisenbahnsecretaire an-
gestellte Landmesser. Die Zahl der Angestellten beträgt hiernach 35,89 °/0;
es erfreut sich also wenig mehr als lj3 aller in dieser Abtheilung be-
schäftigten Landmesser einer festen Stellung.
Die Aussichten auf Anstellung sind demnach für die Eisenbahn-
Landmesser sehr viel ungünstiger als für die Landmesser der Kataster- und
der landwirthschaftlichen Verwaltung; hierzu kommt aber noch, dass die
letzteren nach ihrer einheitlich durch den ganzen Staat geordneten
Dienstaltersreihe mit Sicherheit in absehbarer Zeit zur etatsmässigen
Anstellung gelangen, während die Eisenbahnlandmesser nur innerhalb
der einzelnen Directionen auf eine Anstellung rechnen dürfen. Durch
diesen Umstand gelangen bei der einen Direction verhältnissmässig junge
Leute zur Anstellung, während bei der anderen die Anstellung erst nach
einer langen Reihe von Dienstjahren und häutig erst in einem so späten
Lebensalter erreicht werden kann, dass dieselbe für den Betreffenden
als eine Verbesserung seiner Lage nicht mehr zu betrachten ist, weil
das Einkommen dann dem vorgerückten Lebensalter, mit welchem natur-
gemäss die Unterhaltung einer Familie verbunden ist, nicht entspricht.
Dieses Einkommen beträgt, dem Anfangsgehalt der Eisenbahnsecretaire
entsprechend, 2100 Mark, während die gleichalterigen Landmesser bei
den anderen Königlichen Behörden sich mindestens schon im Genüsse des
Durchschnittsgehaltes von 3150 Mark befinden.
Die etatsmässige Anstellung bedeutet für den Eisenbahnlandmesser
auch den Abschluss seiner Laufbahn. Ein Aufrücken in eine höhere
Stellung und damit die Aussicht auf ein höheres Einkommen ist ihm
völlig benommen, während bei den anderen Königlichen Behörden die
etatsmässige Anstellung dem Landmesser bei regem Fleisse und guten
Leistungen auch die Aussicht auf ein weiteres Fortkommen gewährt. So
sind bei den Königlichen Regierungen 52 Katasterinspectoren und bei den
Generalcommissionen 5 Vermessungsinspectoren mit einem Gehalt von
3600 bis 6000 Mark — im Durchschnitt 4800 Mark — angestellt.
Die Katasterverwaltung ist ausserdem im Finanzministerium durch den
Generalinspector des Katasters und einen Ober-Katasterinspector ver-
treten, unter welchen eine Anzahl expedirender Secretaire wirken. Ein
Ober-Vermessungsinspector vertritt in gleicherweise den Landmesserstand
im landwirthschaftlichen Ministerium.
Der Eisenbahnlandmesser muss diesen Abschluss seiner Laufbahn
um so drückender empfinden, als sogar bei der eigenen Verwaltung den
nicht technischen Eisenbahnsecretairen höhere und besser bezahlte
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92
Vereinsaiigelegenbeiteii.
Stellungen, nämlich als Kassenrendanten, Bttreanvoreteher oder als
expedirende Secretaire im Königlichen Ministerium offen stehen.
Alle diese Umstände sind keineswegs danach angethan, dem
Eisenbahnlandmesser die Last and Liebe zar Arbeit za erhöhen and
der Königlichen Staatseisenbahnverwaltung auf die Däner geeignete
und tüchtige Kräfte zuzuführen. Erst wenn die anderen Behörden ihren
Bedarf durch die besten Kräfte völlig gedeckt haben, kann die Eisenbahn-
verwaltung darauf rechnen, Landmesser zu erhalten.
Ein Mangel an Landmessern würde sich bei der Eisenbahnverwaltung
schon eher fühlbar gemacht haben, wenn nicht bei der Verstaatlichung
der grossen Privatbahnen eine Anzahl älterer Landmesser übernommen
worden wären, welche auf eine demnäcbstige Anstellung hoffend, sich
gegen Tagegelder weiter beschäftigen Hessen. Diese Landmesser, welche
bei den Privatbahnen sichere Aussicht auf dauernde Beschäftigung und
Aufrücken in höher bezahlte Stellungen hatten, glaubten auch bei der
Königlichen Staatseisenbahnverwaltung sich dieser Aussicht erfreuen zu
dürfen. Diese Erwartung ist aber nur bei wenigen Landmessern in
Erfüllung gegangen. Die Uebrigen sind nunmehr gezwungen gegen
Tagegelder ohne jede sichere Aussicht für die Zukunft bei der
Königlichen Staatseisenbahnverwaltnng .weiter zu arbeiten, da einerseits
das vorgerückte Lebensalter ihren Uebergang zu einer anderen Ver-
waltung ausschliesst, andererseits aber auch die Bedingungen, an
welche die Uebemabrae in das Beamtenverhältniss und damit die
spätere Anstellung geknüpft werden, für sie unannehmbar sind. In
erster Linie ist hierfür allein schon der Umstand ausschlaggebend,
dass diese älteren Landmesser nicht iu der Lage sind, mit dem ihnen,
ira Falle der Anstellung gewährten geringen Einkommen sich und ihre
Familie standesgemäss zu erhalten.
Die angeführten Verhältnisse sind sämmtlichen Fachgenossen wohl-
bekannt, so dass nicht nur ein geringer, wenig brauchbarer Zuwachs an
Landmessern für die Königliche Staatseisenbahnverwaltung zu erwarten
ist, sondern auch die gegenwärtig vorhandenen jüngeren Kräfte sich be-
streben ihre aussichtslose Stellung mit einer solchen zu vertauschen,
welche ihnen bessere Aussichten für die Zukunft bietet.
Da nun dem eizelnen Beamten die Bitte um eine allgemeine Besser-
stellung seiner Berufsgenossen nicht zusteht, auch die Gesammtheit der
Eisenbahnlandmesser eine allgemeine Bitte mit Rücksicht auf ihre ße-
aintenstellung nicht für angemessen hält, so glaubte die am 18. October
ds. J. stattgehabte Hauptversammlung des Rhein.-Westf. Landmesser-
vereins, welcher sämmtliche Kategorien in seinen Mitgliedern vereinigt
und es sich zur Aufgabe gestellt hat, die Fachwissenschaft zu fördern,
die Interessen und Rechte der Mitglieder zu wahren und den Geist der
Zusammengehörigkeit zu heben, die Vertretung der Interessen der
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Veveinsangelegenheiten.
93
Eisenbahnlandmesser übernehmen zu müssen. Der ehrerbietigst Unter-
zeichnete Vorstand kommt diesem Beschlüsse der Hauptversammlung
hierdurch nach, indem er die gehorsamste Bitte an' Eure Excellenz zu
richten sich erlaubt, dahin hochgeneigtest Fürsorge treffen zu wollen;
1) dass die Eisenbahnlandmesser nieht mehr als technische Eisenbahn-
secretaire, sondern als Eisenbahnlandmesser angestellt werden;
2) dass für die Bemessnng des Anfangsgchaltes nicht die Anstellung,
sondern nach bestimmten Normen die ganze, im Staatsdienst ver-
brachte Dienstzeit maassgebend ist, bei einer unverschuldet späten
Anstellung dem Eigenbahnlandmesser ein standesgemässes Einkommen
in Aussicht steht;
3) dass die Zahl der etatsmässig angestellten Landmessser dem für
die übrigen Beamten festgesetzten Procentsatz entspricht;
4) dass die Anstellungsverhältnisse durch den ganzen Staat geregelt
werden und die Einstellung und Anstellung wie bei den anderen
Königlichen Verwaltungen erfolgt, auch demgemäss das Einkommen
bis zu der in Aussicht genommenen allgemeinen Erhöhung der
Beamtengehälter auf 2400 bis 3900 Mark festgesetzt werde;
5) dass die früher bei den Privateisenbahngesellschaften und von
der Königlichen Staatseisenbahnverwaltung zwar weiter beschäftigten,
aber nicht in den Staatsdienst übernommenen Landmesser nunmehr
in den Staatsdienst übernommen werden, dass denselben ihre ge-
sammte Dienstzeit als im Staatsdienst verbracht angerechnet wird
und dass sie bis zur etatsmässigen Anstellung im Bezüge ihrer
bisherigen Tagegelder verbleiben.
In tiefster Ehrerbietung Euer Excellenz gehorsamster
Vorstand des Rheinisch- Westfälischen Landmesservereins.
I. A. Walraff.
An den
Staat8mini8tcr und Minister
der öffentlichen Arbeiten
Herrn Thielen, Excellenz,
Berlin.
.' l- Kassenbericht.
Der Deutsche Geometerverein bestand am 31. December 1890 aus
5 Ehrenmitgliedern, 15 Zweigvereinen und 1156 ordentlichen Mitgliedern.
Von den letzteren sind gestorben 8, ausgetreten 25, wegen Verweigerung
der Beitragszahlung, oder weil sie 2 Jahre lang mit der Zahlung im
Rückstände geblieben sind, gestrichen 9, sodass nach Abzug von 42
noch 1114 ordentliche Mitglieder verblieben.
Im Laufe des Jahres sind 101 Mitglieder neu eingetreten, von
denen aber nur 98 das Eintrittsgeld und den Beitrag bezahlt haben.
Die Mitgliederzahl betrug daher am 31. December 1891 1212. Für
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94
Vereinsangelegenheiten.
1892 haben den Austritt angezeigt 21, neu eingetreten sind 31, die Zunahme
beträgt daher 10, sodass der Verein z. Zt. 1222 ordentliche Mitglieder zählt.
Gestorben sind:
1. Schlegelmilch, Reg.-Landmesser zu Cottbus.
2. Stapf, Gustav, Geometer zu Weimar.
3. Seipel, Franz, Bezirksgeometer zu Dinkelsbuhl.
4. Köndgen, W., Landmesser zu Duisburg.
5. Heckmann, Rechnungsrath zu Herford.
6. Korthaus, W., Eisenb. -Landmesser zu Elberfeld.
7. Herminghaus, Landmesser zu Altenkirchen.
8. Ehrhardt, Landmesser zu Dillenburg.
Ausser den bereits gestrichenen sind weitere 21 Mitglieder mit der
Zahlung des Beitrags im Rückstände geblieben.
Die Einnahmen haben betragen:
I. Aus den Beiträgen.
zu 6 jfC 6546,00 jft
« 9 « 882,00 „
«12 „ 36,00 „
Von 1891 Mitgliedern
n®8 «
„ 3
II. Aus sonstigen Einnahmen.
Für zwei Gesammtinhalts-Verzeichnisse
Zinsen von Häsler & HUlbig in Coburg
„ der 3i/2°/o Reichsanleihe
7464,00 Jf.
1,50 JC
0,75 „
17,50 „
III. Ueberschuss von 1890 286,62
Summe der Einnahmen 7770,37 c4C
Die Ausgaben betrugen:
I. Ftlr die Zeitschrift 5945,48 jH
II. Für Verwaltungskosten 537,83 „
III. Für die Hauptversammlung 1001,40 „
IV. Für die Bibliothek 33,15 „
V. Für Verschiedenes 142,10 „
Summa der Ausgaben 7659,96
Ueberschuss 110,41 jtC
Entwurf zuin Vereinshaushalt für 1892.
A. Einnahmen.
I. Ueberschuss aus dem Jahre 1891 110,41
II. a. von 1200 Mitgliedern zu 6 jft 7200,00 j(C
b- « 50 „ „ 9 „ 450,00 „
7650,00 „
III. Aus dem Concurse des Bankhauses Jos.
Simon’s Söhne zu Coburg 900,00 „
IV. Sonstige Einnahmen 39,50 „
Summe 8700,00 <M
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Personalnachrichten.
95
B. Ausgaben.
I. Für die Zeitschrift:
a. Herstellung und Versendung der Zeitschrift durch
die Buchhandlung von Conrad Wittwer, Stuttgart 3600,00 M
b. ßedactions-Honorare 900,00 „
c. Honorar der Mitarbeiter 800,00 „
d. Literaturbericht 150,00 „
e. Correcturlesen 100,00 „
f. Verwaltungsk osten ' 150,00 „
5700,00 JC
II. Verwaltungskosten einschliesslich der Kassenverwaltung 550,00 „
III. Kosten der Hauptversammlung 600,00 „
IV. Verlust an dem Bankhause Jos. Simon’s Söhne zu Coburg 1771,15 „
V. FUr die Bibliothek und zur Abrundung 28,85 „
Summe 8650,00 jfC
Vergleich.
Einnahmen 8700,00 <M
Ausgaben 8650,00 „
Ueberscbuss 50,00
Die Mitglieder, welche beabsichtigen, die Beiträge fftr
1SM durch Postanweisung elmusenden, werden gebeten,
dies vor dein
ersten Mürz 189t
zss thun, da von diesem Tage ab die Beiträge durch Post-
naehnahme erhoben werden.
\euwled, im Januar 1892.
L. Winckel.
Personalnachrichten.
Königreich Preussen: Die bisherigen Landmesser, Vermessungs-
Revisoren von Rhein, Hemmleb, Breitkopf, Vogel, Stegemann
zn Cassel u. Kreis zu Wiesbaden sind zu Oberlandmessern ernannt worden.
Anlässlich des Ordensfestes hat Se. Maj. der König Allergnädigst ver-
liehen: dem Generallieutenant und Chef der Landesaufnahme Schreibe r
den Stern zum rothen Adlerorden zweiter Classe mit Eichenlaub; ferner
den Rothen Adlerorden 4. Classe an: Hunsinger, Steuerrath und
Kataster-Inspector zu Minden; Nebelung, Vermessungs- Revisor zu
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96
Briefkasten.
Hildburghausen. Rosdücher, Reehnungsrath und Kataster-Controleur zu
Hamm; Schmidt, Steuer-Inspector und Kataster-Controleur zu Berlin;
Schön, Steuerrath und Katasterinspector zu Lüneburg; Dr. Vogler,
Professor an der Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin; W a dehn,
Reehnungsrath und Kataster-Controleur zu Danzig.
Königreich Sachsen. Vom Rath der Stadt Dresden ist der
Vermessungs-Director G erke in Altenburg zum Leiter des dortigen Sadt-
Vermessungsamts gewählt worden.
Briefkasten.
Verschiedenen Herren Mitarbeitern, welche schon seit Monaten auf
den Abdruck Ihrer Einsendungen warten, möchten wir als Entschuldigung
der Verzögerung zunächst die vielen Vorträge bemerken, welche durch
die Berliner Versammlung vom Juni vor. Jahres der Zeitschrift überwiesen
wurden, und anderes bereits zum Abdruck Bestimmtes verdrängt haben
(wobei jedoch die Vorträge der beiden Redacteure Jordan und Steppes
zurüokgehalten wurden). Die scheinbare Bevorzugung mancher nicht
dringlichen Sache (z. B. S. 30—31 u. A.) nnd manches auch später
noch Kommendes, bitten wir dadurch zu erklären, dass seitens der
Redaction in Zeiten von Manuscriptmangcl Artikel und Figuren ange-
schafft und alsbald gesetzt wurden, welche später, wenn auch nicht
mehr dringlich, gedruckt werden mussten, um die Lettern wieder frei
zu bekommen. In der Zeit der Manuscriptüberhäufung hoffen wir auch
die auf S. 661 des vorigen Jahrgangs 1891 vorgenommene Kürzung dem
Herrn Verfasser und den Lesern gegenüber genügend begründet zu
haben. Die älteren, bereits angenommenen Artikel werden in nächster
Zeit thunlichst nach der Zeitfolge ihrer Einsendung zum Abdruck
kommen.
r. Inhalt. ■ .
Grössere Mittheilungen. Die Photogrammetrie in Italien von L. P. Pagani ni,
deutsch bearbeitet von A. Schepp in Wiesbaden. (Fortsetzung und Schluss.)
— Bedingungen der Zulassung zur Landmesserpriifung. — Kleiner« Mittheilungen.
Anzeige, betr. Veröffentlichung von Kreiskarten 1: 100000. — Anzeige, betr. die
von der Landesaufnahme veröffentlichten Messtischblätter im Maassstabo 1: 25000.
— Karte des Deutschen Reichs in 674 Blättern lind im Maassstabe 1 : 100000.
— Bücherschau. Das königl. bayerische Gesetz, die Flurbereinigung betreffend,
vom 23. Mai 1886, erläutert von Dr. Ludwig August von Müller, besprochen
von Steppes. — Vereinsangelegenheiten. — Personalnachrichten. — Briefkasten.
Verlag von Konrad Wittwer, Stuttgart — Druck von Gebrüder Jänecke in Hannover.
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97
ZEITSCHRIFT fob VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover, Steuer-Rath in München.
1892. Heft 4. Band XXI.
15. Februar.
Die Landesvermessung im Grossherzogthum
Sachsen -Weimar und die Bestimmungen über die
Beweiskraft der Flurkarten und Flurbücher;
von 0. Schnaube rt in Weimar.
Das Gesetz über die Landesvermessung im Grossherzogthum Sachsen-
Weimar vom 5. März 1851, in Verbindung mit dem Gesetz Uber die
Beweiskraft der Flurkarten, Fundbücher und Kataster vom 12. März 1839
sind so wesentliche Stützen zur Sicherstellung der Grundbesitzer, sowie
zur Abwendung und Abkürzung von Rechtsstreitigkeiten wegen dieses
Besitzes, dass eine Schilderung der im Grossherzogthum bestehenden
gesetzlichen Bestimmungen wohl hier am Platze sein dürfte. —
Es sind zu unterscheiden:
I. Die Landesvermesssung, als solche fllr sich allein ausgeführt;
II. das Verfahren bei den zur Separation gezogenen Fluren bezügl.
der oben bezeichneten gesetzlichen Bestimmungen nnd
III. das Verfahren bei Ausführung des Gesetzes vom 12. März 1839.
I. Die Landesvermessung, als solche für sich allein ausgeföhrt.
A., Die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen betr.
Die Aufgabe der Landesvermessung besteht
1) in Feststellung und Vermarkung der Landes-, Flur- und Grund-
eigenthumsgrenzen, so weit es sich nm Neuaufnahme von Fluren
handelt ;
2) in Kartirung dieser Grenzen und
3) in Entwertung der Fundbücher über diesen Grundbesitz.
Die Ausführung der Landesvermessung geschieht im Auftrag des
Staatsmini8teriums durch den Grossherzogi. Vermessungsdirector, welcher
sich hierzu verpflichteter Geometer und Feldgeschworener bedient. —
Hierzu sei bemerkt, dass unter „verpflichteten Geometern“ nur solche
zu verstehen sind, welche auf Grund der gesetzlichen Bestimmung vom
Zeitschrift für Vermeasungswesen. 1*92. Heft 4. 7
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98 Schnaubert. Die Landesvermessung im Grossberzogth. Sachsen-Weimar
fl
15. September 1869 sich der angeordneten Staatsprüfung unterzogen und
hiernach nach Absolvirung einer mehrjährigen Praxis als „Geometer des
Grossherzogthums“ durch das Grossherzogliche Staatsministerium ver-
pflichtet worden sind, Bezügl. der Feldgeschworenen bestimmt das oben
angezogene Landesvermessungsgesetz, dass für jeden Ort 2 bis 3 recht-
schaffene, gewissenhafte und friedfertige Männer zur Kundgebung der
örtlichen Verhältnisse bei Feststellung der Grenzen und Erörterung von
Grenzzweifeln und Eigenthumsfragen zu wählen und von dem Einzel-
gerichte des Ortes auf den Inhalt des mehrerwähnten Gesetzes zu ver-
pflichten sind. Dieselben haben sich von den örtlichen Flur-, Grenz-
und Grundeigenthumsverhältnissen möglichst Kenntniss zu verschaffen
und bei Flurmessungen den Vermessungsbeamten, so oft als nöthig, bei
deren Geschäften zu begleiten, auch denselben durch ihre Ortskenntnis
nützlich und förderlich sich zu erweisen. Bei Grenzfeststellungen haben
sie zu mindestens zweien den bezügl. Verhandlungen beizuwohnen, um
nach Erfordern als verpflichtete Ortskundige Auskunft zu ertheilen;
ebenso liegt denselben die Ueberwachung der geschlagenen Lagpfähle,
ausgestellten Signale etc. und die Setzung der Grenzsteine, auch eine
allgemeine Ueberwachung der Grenzen ob.
Die betreffs der Landesvermessung erlassenen und bei Ausführung
derselben zu beobachtenden gesetzlichen Bestimmungen und Vorschriften
vom 5. März 1851 sind im Wesentlichen die folgenden:
a. Die Grenzen, deren Feststellung und Vermarkung betr.
Mit Vermessung der Fluren soll eine Feststellung ihrer Aussen-
grenzen und der Grenzen des in ihnen befindlichen Grundbesitzes ver-
bunden sein, wobei zunächst folgende allgemeine Bestimmungen zu be-
achten sind:
1) Anerkannte Grenzen, d. h. solche, Uber deren bestehenden
oder herzustellenden Lauf gerichtlich anerkannte Grenzbeschreibungen,
Karten, Grundbücher etc. Ausweis geben, und für anerkannt zu
achtende Grenzen, d. h. solche, über deren Lauf ein Einwand von
Seiten der Betheiligten nicht gemacht wird, sind beizubehalten.
2) Zweifelhafte Grenzen, d. h. solche, in deren Hinsicht die
Voraussetzungen unter 1 nicht obwalten, sind zwar zunächst mit Rücksicht
auf den Inhalt, etwa vorhandener, nicht anerkannter Grenzbeschreibungen,
Karten und Grundbücher zu erörtern, eine wirkliche Feststellung der-
selben nach diesen Hülfsmitteln ist jedoch nur insoweit zu bewirken,
als ein Bedenken gegen deren Richtigkeit nicht bereits besteht oder
erhoben und geltend gemacht wird. — Im Uebrigen sind dieselben wo
thunlieh nach Uebereinkunft unter den Betheiligten zu reguliren, wobei
der eben bestehende, bezügl. auf längere Zeit zurück erweisliche Besitz-
stand, unverdächtige Privaturkunden und die Aussagen glaubwürdiger
Personen als nächste Anhaltspunkte zu brauchen sind.
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u. die Bestimmungen Uber die Beweiskraft der Flurkarten u. Flurbücher. 99
3) Finden die unter 1 ausgesprochenen Voraussetzungen nicht statt
und kommt auch sonst eine Grenzfeststellung nicht zu Stande, dann ist
der eben stattfindende Besitzstand so lange als giltig zu erachten, als
nicht auf dem Rechtswege gegen solchen entschieden worden ist.
Die Feststellung der Landesgrenzen, soweit nicht zwischen dem
Grossherzogthum und den benachbarten Staaten rezessmässig anerkannte
Grenzkarten oder Grenzbeschreibungen, welche unbedingt als maassgebend
zu erachten, vorhanden sind, ist nur unter Concurrenz der zur Wahrung
der Landeshoheit berufenen Bezirksdirectoren *) zu bewirken. Den dabei
betheiligten Gemeinden, welche nebst den zuzuziehenden Feldgeschworenen
von den diesfalls bevorstehenden Verhandlungen durch den beauftragten
Vermessungsbeamten in Kenntniss zu setzen sind, bleibt es überlassen,
sich hierbei durch ihre Gemeindevorstände oder sonst besonders ver-
treten zu lassen, gleichwie es den betheiligten Grundstückseigenthümern
unbenommen bleibt, auch ihr Interesse durch Beauftragte vertreten zu
lassen oder selbst zu vertreten.
Die Feststellung derjenigen Flurgrenzen, welche nicht Landesgrenzen
sind, geschieht wegen der dabei mit in Frage kommenden Verhältnisse des
öffentlichen Dienstes ebenfalls, wie bei Feststellung der Landesgrenzen,
unter Concurrenz des Bezirksdirectors und unter Zuziehung der beider-
seitigen Gemeindevorstände und der Feldgeschworenen durch den be-
auftragten Vermessungsbeamten. Dabei ist aber Folgendes zu berück-
sichtigen:
1) wenn eine anerkannte (edictalisirte) Flurkarte Uber eine der in
Frage kommenden Fluren, oder eine beiderseits gerichtlich anerkannte
Grenzkarte über eine in Frage kommende Flurgrenze vorhanden ist,
dann sind die in jener Flurkarte oder in dieser Grenzkarte verzeichneten
Flurgrenzlinien unbedingt so weit beizubehalten, als nicht die Grenzlinie
durch noch stehende Gebäude oder andere schwer verrückbare Anlagen
und sonstige unverrückbare Gegenstände bezeichnet sind und die Flur-
oder Grenzkarte hierzu nicht passt.
2) Sind über zwei einander berührende Fluren anerkannte Flur-
karten oder dergl. Grenzkarten, oder sind Uber eine und dieselbe Grenz-
strecke anerkannte Flur- und Grenzkarten verschiedenen Alters vor-
handen und findet eine Verschiedenheit in der Flurgrenzzeichnung statt,
so geht überhaupt diejenige Flurkarte vor, welche zuletzt anerkannt worden
ist und bei dem Mangel einer Flurkarte die zuletzt anerkannte Grenzkarte.
3) Ist Uber eine der in Frage kommenden Fluren eine nicht an-
erkannte Karte vorhanden, so ist die fragliche Flurgrenze nach solcher
Karte soweit festzustellen, als ein Widerspruch gegen deren Inhalt nicht
erhoben wird.
*) Das Grossherzogthum theilt sich in 5 Verwaltungsbezirke, dem je |ein
Bezirk8director vorsteht. — Die Bezirksdirectoren unterstehen dem Grossherzogi.
Staatsministerium als ihrer nächsten Vorgesetzten Behörde.
7*
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100 Schnaubert Die Landesvermessung im Grossberzogth. Sachsen-Weimar
4) Mangelt aber ein jeder Nachweis über den Lauf einer Flur-
grenze und ist daselbst eine Flurgrenze zu bilden, dann ist zunächst
eine gütliche Vereinigung der beiderseitigen Flurgemeinden zu versuchen.
— Kommt eine solche Vereinigung nicht zu Stande, dann sind die
zwischen verschiedenen Fluren streitigen Districte nach Rücksichten der
Zweckmässigkeit zu theilen, wobei der Staatsregierung die letzte Ent-
scheidung zusteht.
Die Feststellung der Privatgrenzen geschieht unter Mitwirkung der
Grundbesitzer.
Die Grenzen werden in der Regel mit Grenzsteinen vermarkt;
Grenzhügel, Grenzgruben, Grenzbäume, Grenzsäulen etc. werden nur da
zur Vermarkung gebraucht, wo der örtlichen Verhältnisse wegen dieselben
den Grenzsteinen vorzuziehen sind; hierbei ist aber zu beachten, dass
die Entfernung der bestimmten Grenzpunkte nicht Uber 140 m beträgt.
Die Grösse und Beschaffenheit der Grenzsteine ist nach den folgenden
gesetzlichen Bestimmungen geordnet:
1) Die zur Vermarkung von Landesgrenzen dienenden Grenzsteine
sind regelmässig zu behauen und ist über eine angemessene Grösse und
Form derselben mit der betreffenden Nachbarregierung jederzeit Ver-
einbarung zu treffen.
2) Grenzsteine, welche zwei Fluren scheiden, ohne dass eine Landes-
grenze dabei in Frage kommt, sollen in der Regel nicht weniger als
0,35 m über die Erde hervorragen und in der Regel nicht weniger als
0,45 m tief in die Erde eingegraben sein. Die Stärke ihres Kopfes soll
in der Regel nicht unter 0,20 m und diejenige ihres Rumpfes nicht
unter 0,28 m betragen.
3) Grenzsteine, welche auf die Ecken der Hauptgewende, den Wegen,
Gräben, den Krön-, Staats-, Kammerguts-, Kirchen-, Pfarr- und Schulgütem
erforderlich sind, sollen bei einem Rumpfe von mindestens 0,35 m Höhe
und 0,20 bis 0,30 m Dicke in der Regel einen Kopf von 0,18 bis
0,20 m Stärke und 0,30 bis 0,35 m Höhe im Walde und auf Wiesen
und von 0,20 m Höhe im Felde besitzen. — Die im Felde zu setzenden
Grenzsteine dürfen nicht Uber 0,15 m Uber die Erde herausstehen.
4) Grenzsteine, welche in die Grenzen von Privatgrundstücken zu setzen
sind, dürfen zwar kleiner sein, es ist aber deren Kopf mindestens in
der Weise zu bearbeiten, dass sie sich von gewöhnlichen unbehauenen
Steinen leicht unterscheiden lassen und ihr Rumpf soll mindestens
0,30 m Höhe und 0,20 m Stärke besitzen.
Die Setzung der Grenzsteine, ohne Ausnahme, wird in Gegenwart
wenigstens je eines Feldgeschworenen bezügl. durch dieselben bewirkt,
indem es zunächst den Feldgeschworenen obliegt, Sorge zu tragen, dass
diese Setzung ordnungsmässig geschieht. — Den Grenzsteinen sind eine
bestimmte Anzahl, wenigstens drei gebrannte Ziegelstücke, oder Glas-
oder Porzellanscherben, Holzkohle, Schmiedeschlacke und dergl. schwer
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u. die Bestimmungen Uber die Beweiskraft der Flurkarten u. Flurbücher. 101
zerstörbare Gegenstände als sogenannte Zeugen oder Urkunden unter-
zulegen und sind dem Kopfe die erforderlichen Richtungsschlaufen,
bezUgl. Nummern etc. aufzuhauen.
Was die Beschaffung der Grenzsteine anlangt, so sind solche an den
Landesgrenzen von den betheiligten Regierungen und solche zwischen
den einzelnen Flurbezirken von den betheiligten Gemeinden aufzubringen.
— Hinsichtlich der zur Feststellung der Grundstücksgrenzen im Innern
der Fluren nöthigen Grenzsteine wird es zunächst |den Grundbesitzern
überlassen, nach Umständen eine Einigung unter sich zu Stande zu
bringen. Bei etwaiger Zögerung in der Sache ist jedoch bei neuen Flur-
messungen der Vorstand der betreffenden Gemeinde so berechtigt, als
verpflichtet, die erforderlichen Grenzsteine anzuschaffen und solche durch
die Feldgeschworenen ordnungsmässig setzen zu lassen, die dadurch
erwachsenen Kosten aber von jedem der beiden Betheiligten zur Hälfte
zu erheben.
b. Die Kartirung der Fluren und Entwerfung der Fund-
bttcher betr.
Die Kartirung erfolgt in doppelter Weise, das eine Mal durch An-
fertigung der Flur- resp. Ortskarte mit 1 : 2000 bezw. 1 : lOOOtheiligem
Maassstab; das andere Mal durch Anfertigung einer Generalkarte im
1 : 3000theiligen Maassstabe.
Die Neuberechnung der Flächen erfolgt auf Grund der gefertigten
Karten.
Die Ergebnisse der neuen Vermessung und Berechnung einer Flur
werden in dem Entwurf des neuen Fundbuches zusammengestellt, welches
in verschiedenen Rubriken das Folgende nachweist:
1) die laufende Nummer jedes Grundstückes, übereinstimmend mit
der auf der Karte eingeschriebenen, nebst der entsprechenden
alten Nummer, soweit dieselbe aus den alten Flurbüchern zu ent-
nehmen und die Identität der Grundstücke nachzuweisen ist;
2) die Benennung der Feldlage nach der ortsüblichen Benennung;
3) den alten Ackergehalt des Grundstückes;
4) den vollständigen auf Grund vorhergegangener Ermittelung fest-
gestellten Namen des Besitzers des Grundstückes und dafern das
Grundstück hinsichtlich seines Eigentümers zweifelhaft ist, den
Namen des d. Z. Besitzers, sowie die Kulturart des Grundstückes;
5) die neue Fläche des Grundstückes.
Bei der Kartirung einer Flur werden sämmtliche Eigentbumsver-
hältnisse genauestens erörtert, sei es auf Grund vorliegender Erwerbs-
urkunden, Katasterangaben oder wo solche fehlen auf Grund der pflicht-
mässigen Aussagen der Feldgeschworenen. Wird eine unzweifelhafte
Bestätigung des Erwerbgrundes nicht erlangt, so wird das Grundstück
vorläufig auf den Namen dessen eingetragen, welcher dasselbe nach dem
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102 Schnaubert. Die Landesvermessung im Grossherzogth. Sachsen-Weimar
Zeugnisse der Gemeindebehörde bezw. der Ortssteuereinnahme im letzten
Jahre versteuert hat, wobei jedoch die Erweisung eines besseren Rechtes
an dem fragl. Grundstücke jedem Dritten nachgelassen bleibt. Im Falle
eines Widerspruches eines Dritten wird dem Namen des Besitzers die
Bemerkung „bestritten“ beigefügt.
c. Die Obliegenheiten der Grundbesitzer bei den
Flurmessungen.
Sämmtliche Grundstücksbesitzer sind verpflichtet den von Seiten eines
Vermessungsbeamten unmittelbar oder mittelst des Gemeindevorstandes
zu bewirkenden Vorladungen zu den Grenzfeststellungen, Verlegungen,
Versteinungen und Vermessungen selbst oder durch hinreichend legiti-
mirte Vertreter nachzukommen, die erforderliche Auskunft über Besitz-
stand. Grenzen und Grundeigenthum zu ertheilen und nöthigen Falles
durch Erwerbsurkunden und sonst hinsichtlich des Eigenthums und der
Grenzen sich zu legitimiren. Diejenigen Grundbesitzer, welche diesen
Vorladungen nicht nachkommen, werden als der getroffen werdenden
Grenzfeststellung, Versteinung beitretend erachtet. Den Grundeigen-
tümern liegt persönlich ob für die nach Vorschrift herzustellenden
Grenzsteine und für deren Setzung zu sorgen, bezügl. den Kostenantheil
zu bezahlen. Ebenso sind sie zur Uebernahme folgender Leistungen
verpflichtet:
1) Beschaffung des Quartiers einschliesslich Bett, Aufwartung, Holz
und Licht für den mit der Flurmessung beauftragten Geometer;
2) Stellung der zu der Messung nöthigen Arbeiter;
3) Anschaffung der nöthigen Lag- und Messpfähle, sowie der er-
forderlichen Signalstangen ;
4) Besorgung der Vorladungen der Grundbesitzer und der Boten-
gänge in Dienstangelegenheiten;
5) Besorgung des Transportes der Effecten des Geometers nach
Vollendung der Vermessung in den ihm zur Vermessung ange-
wiesenen nächsten Ort, jedoch nicht über 3 Meilen Entfernung und
6) zur Tragung der Kosten für Bemühungen der Feldgeschworenen.
B. Die Ausführung der Landesvermessung,
a. Allgemeine Bestimmungen.
Die Leitung der Landesvermessung geschieht durch den Vermessungs-
director, wie schon oben erwähnt ist. Derselbe ist für Vermessungs-
angelegenheiten zugleich Mitglied der Generalcommission. Dem Director
sind d. Z. drei Obergeometer als Gehilfen desselben zugetheilt. Die
Letzteren führen im Aufträge des Directors die Revisionen der von den
Geometern ausgeführten Arbeiten aus. Die als Flurmesser fungirenden
Geometer unterstehen der Disciplinargewalt des Vermessungsdirectors
und haben dessen Anordnungen Folge zu leisten, in dienstlichen Ange-
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u. die Bestimmungen Uber die Beweiskraft der Flurkarten u. Flurbücher. 103
legenheiten von diesem die nöthigen Aufträge und Verordnungen zu
gewärtigen und erforderlichen Falles Instruction von ihm einzuholen.
Jeder Geometer ist ftlr die vorschriftsmässige und tüchtige Aus-
führung der ihm übertragenen Arbeiten verantwortlich und hat zu diesem
Behufe seine Geschäfte stets actenmässig zu behandeln.
Die Gebühren regeln sich nach der durch das Staatsministerium
besonders festgestellten Taxordnnng; sie betragen:
Für Feststellung der Eigenthumsgrenzen, Aufnahme, Kartirung, Flächen-
berechnung der Grundstücke, Aufstellung des Fundbuches und Anfertigung
einer Copie der Flurkarte (Reinkarte) und Fertigung einer Generalkarte
1) für jede Hofrathe 2 jK, 50 ^
(dasselbe für jedes Gebäude, welches ein besonderes
Item bildet);
2) ftlr jedes im 1000 theiligen Maassstabe aufgenommene
Hectar (ohne Hofraithen reap. Gebäude) 5 „ — r
3) für jedes im 2000 theiligen Maassstabe aufgenommene
Hectar (ohne Hofraithen resp. Gebäude) 3 „ — „
4) bei zusammenhängenden grösseren Waldflächen für
jedes Hectar 2 „ — „
5) für jedes Item der Flur 0 „ 10 „
6) für Prüfung der Flurgrenze in Rücksicht auf an-
schliessende edictalisirte Karten, für Flurgrenzregu-
lirungen, Abhaltung oder Beiwohnung des Flurzuges
und Messung der zum Eintrag in das Flurzugsprotocoll
nöthigen Grenzsteinentfernungen, für Beiwohnung der
gerichtlichen Anerkennung des Vermessungsnormatives
und für Ausführung der Hausarbeiten hierzu eine
tägliche Verrichtungsgebühr von 5 „ — „
sowie
7) für jeden Tag auswärtiger Arbeit der unter Ziffer 6
bezeichneten Art ein Tagegeld von 3 „ — „
und
8) eine Nachtquartiergeld-Entschädigung von 2 „ 50 „
9) für Zu- und Abgang des Geometers zur Flur die unter
Ziffer 6 resp. 7 angegebenen Gebühren von 5 u. 3 <M ,
wobei ihm nachgelassen bleibt, an Stelle der Ver-
gütung für den wirklichen Transportaufwand, Kilo-
metergebühren pro Kilometer 20 J) zu berechnen,
wenn dadurch ein grösserer Aufwand, als bei Benutzung
eines gesetzl. Transportmittels (Eisenbahn II. Wagen-
klasse, Personenpost, einspänniger Miethwagen) er-
wachsen würde, sich nicht herausstellt, indem anderen
Falles nur der bei Benutzung des letztem zu liquidierende
Aufwand berechnet werden darf.
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104 Schnaubert. Die Landesvermessung im Grossherzogtli. Sachsen- Weimar
Den Transport der Effecten des Geometers nach
Vollendung einer Messung hat die Grundbesitzer-
sebaft der Flur bis auf eine Entfernung von 3 Meilen
zu tragen.
10) Während der Dauer einer Flurmessung hat die Grund-
besitzerschaft der Flur bezw. Gemeinde, welche die
erwachsenen Kosten s. Z. von den Ersteren wieder
bezieht, dem Geometer Quartier, einschliesslich Bett,
Holz, Licht und Bedienung — auch für die Dauer
der mit der Flurmessung verbundenen Hausarbeiten,
— zu stellen. Dabei ist der Gemeinde nachgelassen,
an Stelle der Haturalleistung, eine entsprechende Geld-
abfindung eintreten zu lassen, bezw. sich hierüber
mit dem Geometer zu vereinbaren.
11) Die zur Fluraufnahme und Herstellung der Reinkarte
erforderlichen Zeichen papiere ingleichen die Tabellen
zu den Fundbüehern erhalten die Geometer durch den
Vermessungsdireetor ausgereicht.
Die unter Ziffer 1 bis 9 bezeichneten Gebühren werden dem Geo-
meter aus der Vermessungskasse des Grossherzogi. Staatsministeriums
gewährt und werden am Schlüsse des Verfahrens liquidirt und ausge-
zahlt. — Abschlagszahlungen hierauf können nur nach Vollendung der
Feldarbeiten, bezttgl. Berechnungsarbeiten beantragt und gewährt werden
und zwar nachdem der Vermessungsdireetor sich von der Güte und Be-
schaffenheit der geleisteten Arbeit überzeugt hat.
b. Besondere Bestimmungen.
Bevor der Geometer in die zu messende Flur abgeht, benachrichtigt
derselbe den Vermessungsdireetor, den Gemeindevorstand und die Feld-
geschworenen vom Tage seines Eintreffens in die Flur. Der Bezirks-
director erhält ebenso hiervon Kenntniss und wird ersucht, einen Tag
zur Vornahme des Flurzuges anzuberaumen. — Dieser Flurzug kann
jedoch nach Ermessen des Vermessuungsdirectors unterbleiben. Die
Verhandlung beim Flurzug leitet der Bezirksdirector. — Derselbe giebt
dem Geometer Uber die stattgefundenen Flurzugsverhandlungen eine
Abschrift des bezügl. Protocolles zu dessen Vermessungsacten. Nach
geschehenem Flurzug misst der Geometer die Horizontalentfernungen
von Flurgrenzstein zu Flurgrenzstein, stellt ein Verzeichniss hierüber
auf und übergiebt solches zu den Acten des Vermessungsdirectors. —
Was die Landesgrenzen anbelangt, so werden hierüber von dem Ver-
messungsdirector die nöthigen Anordnungen gegeben.
Hiernächst verschafft der Geometer sich vor Allem die nöthige
Kenntniss von den am Orte üblichen besonderen Flurverhältnissen. —
Dieses geschieht durch Einsichtnahme der alten Flurbücher und etwa
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u. die Bestimmungen über die Beweiskraft der Flurkarten u. Flurbücher. 105
vorhandener alten Flurkarten, durch fernere Einsichtnahme der aus dem
Archive der Bezirkssteuerrevision beigezogenen auf die Flur Bezug
habenden Acten, durch Vernehmung der Feldgeschworenen, durch sonstige
Erkundigungen und wo nötliig, durch entsprechende Untersuchungen
im Felde.
Die bezügl. Erörterungen erstrecken sich namentlich auf folgende
Punkte :
1) ob die Grundstücke in der Flur breiteu oder nicht;
2) ob die Grundstücke im Felde nach der Benennung breiten oder
nach dem Ackergehalte;*)
3) ob Verrainungen, sogen. Tracte in der Flur bestehen und durch
Grenzmarken im Felde bezeichnet oder ob dieselben durch etwa
vorhandene Fundbücher und alte Flurkarten nachweisbar sind;
4) ob die Verrainungen im Felde in Flurstriemen abgetheilt und ver-
steint sind;
5) ob die Breiteneinheit in der Flur von durchaus gleicher Breite
ist, oder ob eine Veränderlichkeit derselben, etwa nach einer ge-
wissen Regel, stattfindet etc.
6) ob hinsichtlich der für sich breitenden Grundstücke und der
Gehren, sowie der sog. Angewende besondere Bestimmungen be-
stehen und ob solche versteint vorliegen;
7) ob die Strümpfungen versteint oder ob solche nach der Fläche
einzurechnen sind;
8) ob die in der Flur befindlichen Wege, Strassen, Viehtreiben ver-
steint vorliegen oder ob und welche Breite denselben zukommt etc.
Diese Erörterungen werden in einer Niederschrift zusammengestellt,
welche von den beiden Feldgeschworenen mit vollzogen wird; —
Dieselbe bildet die Grundlage des Vermessungs-Normatives, welches aufge-
stellt diejenigen Bestimmungen enthält, nach welchen bei Feststellung
der Eigenthumsgrenzen verfahren werden soll. — Das Normativ, nachdem
*) ln verschiedenen Fluren, namentlich in Thüringen sind die Felder nach
bestimmten Breitenverhältnissen unter einander getheilt und man spricht daselbst
von gewissen Breitensystemen : Breitende Felder sind überhaupt parallel
laufende Grundstücke, welche nach bestimmten Verhältnissen ihrer Breite ge-
theilt sind, ohne Rücksicht auf ihre Länge. Die Fluren, wo diese Theilungsart
der Grundstücke üblich, sind in grössere Feldlagen und in Verrainungen oder
Tractus getheilt, welche gewöhnlich mit einem Schiedrain umgeben sind. —
Diese Verrainungen zerfallen in der Regel weiter in sog. Flurstriemen, welche
— ein jeder für sich — aus einer gewissen Anzahl miteinanderbreitender,
d. h. solcher Grundstücke bestehen, unter denen ein bestimmtes Verhältniss
ihrer gegenseitigen Breite obwaltet. Dann können noch Grundstücke in der
Verrainung Vorkommen, welchemit nachbarlichen Grundstücken nicht, sondern nur
für sich breiten, d. h. solche, denen fiir sich betrachtet eine gewisse Breite
zukommt, und endlich solche, welche wegen ihrer unregelmässigen Form niche
als breitende Grundstücke betrachtet werden können, d. h. nicht breitendt
Grundstücke.
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106 Schnaubert. Die Landesvermessung im Grossberzogth. Sachsen-Weimar
es die Genehmigung des Vermessungsdirectors erhalten, wird den be-
theiligten Grundstücksbesitzern von dem Geometer eröffnet, entsprechend
erläutert und schliesslich von den Ersteren unterzeichnet. Die gerichtliche
Anerkennung desselben erfolgt sodann durch das zuständige Amtsgericht.
— Die Aufbewahrung des Normatives geschieht in den Acten des Ver-
messungsdirectore, welcher dem Geometer sowohl als auch der Gemeinde
hiervon beglaubigte Abschriften hinausgibt.
Bei Feststellung der Grenzen, Vermarkung derselben, Ermittelung
des Besitzstandes hat nun der Geometer lediglich nach den Bestimmungen
des anerkannten Vermessungs-Normatives zu verfahren.
Ob überhaupt in der zu vermessenden Flur ein Normativ aufge-
stellt und darnach verfahren werden soll oder nicht, solches entscheidet
der Vermessungsdirector, da auch solche Fälle eintreten können, wo von
dem Verfahren nach normativen Bestimmungen abgesehen wird.
Mit diesem schliessen die Vorarbeiten zur Feststellung des Grundbesitzes
und es tritt nun das Stadium ein, wo nach dem vorliegenden Normativ
die Vertagung des Grundbesitzes
bewirkt wird.
Die Verlagung begreift alles dasjenige unter sich, was zur Fest-
stellung des Grundbesitzes und dessen Grenzen nöthig ist.
Zu dem Behufe fertigt sich der Geometer sog. Brouillons, d. s. Hand-
risse aus etwa vorhandenen alten Karten, oder wo solche nicht vor-
handen sind, nach dem Augenmaasse durch Aufnahme in der Flur. Die
Brouillons haben die Grösse des gewöhnlichen Actenformates und werden
in dieselben nach den stattgefundenen Ermittelungen — sei solches nach
vorhandenen Fundbüchern, Katastern, sei solches auf Grund der Aus-
sagen der Feldgeschworenen, sei es auf Grund der beigezogenen Erwerbs-
documente — mit Dinte in die einzelnen Grundstückscomplexe die Namen
der Grundstücksbesitzer, die Nummern und Flächengehalte eingetragen.
Mit diesen so hergerichteten Brouillons begiebt sich der Geometer
in Begleitung seiner Feldgeschworenen in die Flur und nimmt eine
Vergleichung derselben hinsichtlich des entworfenen Bildes und des ein-
getragenen Besitzstandes vor. Bei dieser Gelegenheit und nachdem die
bezügl. Berichtigungen stattgefunden, werden die alten Grenzmarken der
einzelnen Grundstücke aufgesucht und wo keine solchen vorhanden sind,
werden die Grenzen nach den Aussagen der Feldgeschworenen vorläufig
nach dem vorhandenen Besitzstand bestimmt. Die aufgefundenen alten
Grenzmarken werden mit Pfählen markirt, während die neu zu bestimmenden
Grenzpunkte ebenfalls bis zur endgültigen Feststellung in irgend welcher
Art bezeichnet werden.
So wird nun districtsweise das Geschäft fortgesetzt, bis schliesslich
die ganze Flur fertig brouillonirt vorliegt.
Unter Zugrundelegung der vorhandenen Brouillons werden nunmehr
districtsweise Grundstücksverzeichnisse angefertigt; dieselben bilden
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u. die Bestimmungen Uber die Beweiskraft der Flnrkarten u. Flurbücher. 107
Unterlagen einer Vorladung zum Verlagungs- und Grenzfeststellungs-
termine, in welcher Ersteren sämmtliche GrundeigenthUmer durch den
zuständigen Gemeindevorstand zum Erscheinen auf ihre in dem Verzeichnisse
angegebenen Grundstücke mit der Verwarnung vorgeladen werden, dass
die Nichterscheinenden den im Termin getroffen werdenden Grenz-
feststellungen beitreten.
Die betheiligten Grundbesitzer sind verpflichtet der von Seiten eines
Vermessungsbeamten bewirkten oder veranlassten Vorladung zu Grenz-
feststellungen selbst oder durch legitimirte Vertreter nachzukommen, die
erforderliche Auskunft Uber Besitzstand und Grenzen zu geben und
Grenzen zu geben und nöthigen Falles durch Erwerbsurkunde und sonst
sich auszuweisen. — Bezügl. der Vertretung von Grundbesitzern schreibt
das Gesetz bestimmte Normen vor.
Am Tage der Vertagung nun — nachdem auch der Gemeinde-
vorstand die von ihm ausgeflihrte und pflichtgemäss dahin bescheinigte
Vorladung, dass sämmtliche auf dem ihm übergebenen Grundstücks-
Verzeichnisse bezeichneten Grundbesitzer geladen worden sind, zu den
Acten des Geometers zurückgegeben hat — begiebt sich der Geometer
in Begleitung der beiden Feldgeschworenen zur bestimmten Terminszeit
auf die in der Ladung näher bezeichneten Flurdistricte und bewirkt
unter Zuziehung der betheiligten Grundbesitzer die Feststellung des
Grundbesitzes und die Feststellung — Vertagung — der Grenzen.
Die Erstere geschieht durch Vergleichung der mit zur Stelle ge-
brachten Erwerbsurkunden mit den Angaben der geführten Brouillons,
durch Vernehmung der Betheiligten und sonst.
Die Vertagung wird bewirkt unter Beachtung der hierfür bestehenden
gesetzlichen Vorschriften und der Bestimmungen des anerkannten Ver-
messungsnormatives. — Hierbei ist zu beachten, dass wo anerkannte
oder für anerkannt zu achtende Grenzen nicht vorhanden sind und die
Betheiligten sich bei Wiederherstellung der Grenzen nach vorhandenen
älteren, aber nicht anerkannten Grenzbeschreibungen, Karten und Grund-
büchern nicht beruhigen, auf dem Wege der Güte dahin zu wirken ist,
dass möglichst Grenzstreitigkeiten vermieden werden.
In solchen Fällen, wo Grenzstreitigkeiten verbleiben und nach den
bestehenden gesetzlichen Bestimmungen auf den Rechtsweg zu verweisen
sind, überlässt der Geometer es den Betheiligten, die erforderlichen
Schritte dieserhalb zu thun, hält sich aber wegen des in diesem Falle
aufzunehmenden Besitzstandes an die pflichtmässigen Aussagen der Feld-
geschworenen. — Diese Fälle werden als strittig in den Materialien
aufgeführt und ist der eben stattfindende Besitzstand so lange als gültig
zu erachten, als nicht auf dem Rechtsweg gegen solchen entschieden
worden ist.
In breitenden Fluren erfolgt zuerst die Feststellung der Flurstriemen-
grenzen, sodann der Gehren und dann der Angewende, während die
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108 Schnaubert. Die Landesvermessung im Grossherzogth. Sachsen-Weimar
Einbreitung der einzelnen Grundstücke bis nach erfolgter Kartenaufnahme
ausgesetzt bleibt.
Wenn der Fall eintritt, dass geschmälerten Viehtreiben, Fahr- und
Schleifwegen, welche zwischen den Grundstücken verschiedener Besitzer
hinlaufen, die gesetzliche Breite wiedergegeben werden muss (die Breiten
sind auch normativmässig bestimmt) und ein Einverständnis der An-
lieger darüber nicht zu erlangen ist, in welcher Weise dieses geschehen
soll, so wird auf Grund etwa noch vorhandener alter Grenzmarken oder
den früheren Zustand nachweisender Karten oder anderer Urkunden, die
betr. Grenzfeststellung bewirkt. Gelingt solches nicht, so wird nach
vorhergegangener Untersuchung über die natürlichen Verhältnisse des
Bodens, der Vergleichung einzelner Stellen, wo der betr. Weg oder
Viehtreibe die gesetzliche Breite noch hat, versucht den Ersteren nach
seinem ursprünglichen Bestände wieder herzustellen — eventuell wird
das erforderliche Wegeareal den anliegenden Grundstücken gleichmässig
entnommen.
Die bei den Grenzfeststellungsverhandlungen in Frage kommenden
Grenzpunkte zerfallen in bereits vorhandene alte und in neu bestimmte.
— Alle diese Grenzpunkte werden, nachdem deren Gültigkeit von den
betheiligten GrundstückseigentliUmern anerkannt worden ist, soweit
solches noch nicht geschehen, mit Lagpfählen bezeichnet, welche eine
fortlaufende Numerirung erhalten. Sämmtliche in den Grenzverhandlungen
als gültig angenommene Grenzpunkte — auch die strittigen — werden
mit der Nummerbezeichnung in die Brouillons an betr. Stelle eingetragen
und zwar betrifft dieses
a. alle mit gültigen Grenzmarken bereits bezeichneten Grenzpunkte,
b. alle durch die Feldgeschworenen neu zu versteinenden Grenzpunkte,
c. alle bei einer auf technischem Wege noch zu regulirenden Grenzen
etwa zu geometrischem Anhalte dienenden Punkte,
d. die bis auf richterliche Entscheidung als gültig angenommenen
vorerst unversteint bleibenden BeBitzstandsgrenzen.
Vorerst unverlagt bleiben
1) solche einer Grenzstellen, welche vor der Vollendung der Spezial-
messung über den fraglichen District abhängigen geometrischen
Berücksichtigung und daher erst später erfolgenden Feststellung
unterliegen ;
2) die Wechselfurchen der innerhalb der Flurstriemen miteinander
breitenden Grundstücke.
Nach Schluss der Grenzverhandlungen erfolgt in Verbindung mit
den geführten Brouillons und mit der Vorladeverzeichnung die An-
fertigung einer Niederschrift zu diesen Ersteren.
Diese Niederschrift hat über das bei den bezügl. Verhandlungen
stattgefundene Verfahren Nachricht zu geben; es ist daher nachzuweisen,
welche von den geladenen Grundstücksbesitzern nicht zu den Verhand-
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n. die Bestimmungen Uber die Beweiskraft der Flurkarten u. Flurbücher. 109
lungen erschienen, welche Abmachungen, Feststellungen, Vergleiche etc.
zu Stande gekommen sind ; ebenso ist anzngeben, ob und welche strittige
Grenzpunkte vorhanden und welche Grenzpunkte neu bestimmt worden
sind. — Die Niederschriften werden von den Feldgeschworenen mit-
unterzeichnet, und werden in Verbindung mit den geführten Brouillons
gebracht zu einem Actenband, die sog. Verlagungsacten, vereinigt.
Wag nun die Vermarkung anbelangt, so erhalten die Feldgeschworenen
Steinverzeichnisse, in welchen die sämmtlichen zu vermarkenden Grenz-
punkte speciell aufgefUhrt sind, mit dem Aufträge ausgereicht, die Ver-
steinung den entsprechenden gesetzlichen Vorschriften gemäss auszufUhren.
Dass solches vorschriftsmässig geschehen, ist unter diese Verzeichnisse zu
bescheinigen und solche zu den Geometeracten s. Z. wieder zurück zu
geben.
Nach Befinden ist zu .dieser Versteinung wegen des zu liefernden
Materiales der zuständige Gemeindevorstand in Anspruch zu nehmen
und eventuell auch dem Vermessungsdirector Anzeige hiervon zu er-
statten.
Liegt die Flur fertig versteint vor, so erfolgt nun deren Aufnahme.
Dieselbe wird ausgefUhrt unter Zugrundelegung eines trigonometrischen
Xetzes mittelst Stahlbandmessung unter Anwendung des Höhenmessers
und des Winkelspiegels.
Zu den anzufertigenden Karten ist nur Papier zu verwenden, welches
aus dem Papiervorrath der Gr. GeneralcommisBion entnommen ist. Diese
Papiere — Watmann mit Köperunterzug — - sind ganz besonders gepflegt
und gehörig ausgetrocknet.
Die Blattgrösse der einzelnen Karten beträgt:
bei Zwei und einhalb-Bogenblättern 1,62 m Länge und 0,98 m Breite,
„ Zwei-Bogenblättern 1,30 m Länge und 0,98 m Breite,
„ Ein und einhalb-Bogenblättern 0,98 m Länge und 0,98 m Breite und
„ Ein-Bogenblättern 0,98 m Länge und 0,65 m Breite.
Zu den herzustellenden Reinkarten ftlr die Steuerrevisionen (Kataster-
behörden) und für die Gemeinden werden nur Ein-Bogenblätter verwendet.
Sobald die Kartirung beendet ist, werden sämmtliche Materialien —
Karten und Verlagungsacten dem Vermessungsdirector mit dem Antrag
auf Revision der Neuaufnahme Überreicht.
Die Ausführung der Revision erfolgt durch die oben genannten
Obergeometer im Auftrag des Vermessungsdirectors.
Die Revision erstreckt sich:
1) auf Prüfung der Uebereinstimmung der Karte mit dem Natur-
bestande durch örtliche Nachmessung;
2) desgl. der Blattanschlüsse mit den Karten der angrenzenden Fluren
und den nicht in das Verfahren gezogenen aber angrenzenden
Qrundstückscomplexen durch Nachmessungen und Vergleichung der
Karten unter sich;
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HO Schnaubert. Die Landesvermessung im Grossherzogth. Sachsen-Weimar
3) auf Prüfung des innegelialtenen GreuzfeBtstellungsverfahrens durch
Vergleichung der geführten Verhandlunggniederschriften mit den
diesen angefügten Ladungen, Brouillons, Steinverzeichnissen etc., der
Karte und den hierbei zu beobachtenden gesetzlichen Bestimmungen,
Vorschriften und Instructionen;
4) desgl. der ausgeführten Grenzversteinung.
Etwa bei der Revision Vorgefundene Irrthümer, Mängel, Anstände etc.
werden möglichst gleich und während der Dauer der Ersteren beseitigt.
Soweit dieses nicht ausführbar ist, geschieht in Form gestellter Er-
innerung Vorlage an den Vermessungsdirector, der dann das Weitere
anordnet.
Der Obergeometer erstattet über die ausgeführte Revision Bericht
an den Vermessungsdirector und legt die bei der letzteren gestellten
Erinnerungen vor. — Der Vermessungsdirector weist sodann, unter
Hinausgabe einer Abschrift der gestellten Erinnerungen, den Geometer
an, die Erledigung derselben herbeizuführen.
Sind alle Anstände gegen die Aufnahme erledigt, so erfolgt die
Ausführung der Flächenberechnung der einzelnen Schläge sowohl, als
auch der Grundstücksparzellen. — Diese Berechnung passirt ebenfalls
die Revision.
Hiernach werden zum Zwecke der Edictalisirung die nöthigen
Reinkarten in Ein-Bogenformat — Copien der Originalkarte — und das
Flurbuch angefertigt. — Auch diese unterliegen der Prüfung durch
den Vermessungsdirector.
Mit diesen letzteren Arbeiten und mit der Abgabe der Materialien
an den Vermessungsdirector bezügl. durch diesen an das Staatsministerinm
zum Behufe der Herbeiführung des gesetzlich angeordneten Edictal-
verfahrens ist die Flurmessung auf dem Wege der Landesvermessung
beendet.
Es sei aber hier ganz ausdrücklich betont, dass, um eine öffentliche
Glaubwürdigkeit und Beweiskraft der vorliegenden Karten und Bücher
herbeizuführen, es unumgänglich nöthig [ist, dass die angeordneten
Revisionen der Messungen und der aus diesen Messungen hervorgegangenen
Materialien, welche in möglichst umfassender Weise und der grössten
Sorgfalt ausgeführt werden, überall zur Ausführung gebracht werden.
Denn nur in Verbindung mit diesen gesetzlich vorgeschriebenen
Revisionen ist die Herstellung einer beweiskräftigen Karte überhaupt
denkbar.
Im Weiteren will ich auch nicht hinzu weisen unterlassen, dass die
Pflege nur guten und gehörig präparirten Kartenmateriales, welches
speciell den Händen des Vermessungsdirectors anvertraut ist, nicht zum
Wenigsten dazu beiträgt, gute Karten zu liefern.
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u. die Bestimmungen über die Beweiskraft der Flurkarten u. Flurbücher. 111
H. Das Verfahren bei den zur Separation gezogenen Fluren,
insbesondere die Neuvermessung dieser Fluren betr.
Nach den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen unterliegt jede
zum Separationsverfahren gezogene Flur einer Neumessung. — Die aus
dieser Messung hervorgegangene Karte hat zu enthalten, das neue Wege-
und Grabennetz und alle auf die Ausführung der Separation Bezug
habenden Gegenstände der Flur.
Alle bei den Grundstückszusammenlegungen vorzunehmenden geo-
metrischen Arbeiten werden unter Beobachtung der Vorschriften des
Gesetzes Uber die Landesvermessung vom 5. März 1852 (siehe auch das
oben unter Ziffer I Gesagte) und unter Innehaltung der besonderen von
der Grossherzogi. Generalcommission für die AusfUhrungsgeschäfte bei
Separationen erlassenen Instructionen und unter Vorbehalt der erforder-
lichen Revisionen durch den Vermessungsdirector bewirkt.
Diese Revisionen erstrecken sich daher auf Prüfung :
1) der Neuaufnahme;
2) der Block- und Schlagberechnung, sowie der Flächenberechnung
der gemeinschaftlichen Anlagen;
3) der Planflächenberechnung und der aus dieser hervorgehenden
Plan versteinung ;
4) der zum Zwecke der Landesvermessung und Katastrirung bezügl.
Edictalisirung aus der Neumessung hervorgegangenen Materialien als
a. der Reinkarten und
b. des Fundbuches.
In allen Fällen, wo Karten Uber den alten Grundstücksbestand nicht
vorhanden sind, oder desgl. nicht genügende Genauigkeit besitzen, um
den Bonitätswerth der alten Grundstücke berechnen zu können, erfolgt
unter Innehaltung der Vorschriften Uber die Landesvermessung eine
specielle Aufnahme derselben, doch wird von einer Versteinung der
einzelnen Parzellen, nach vorausgegangener behördlicher Anordnung,
abgesehen. — Die hervorgegangene Karte wird aber als Unterlage für
die neue Planlage verwendet.
Was nun die Grenzfeststellung bei den zum Zwecke der neuen
Planlage ausgeführten Neuaufnahmen betrifft, so schreibt das Gesetz
vom 25. Juni 1870 vor, dass sämmtliche Strassen und Ortsverbindungs-
wege nur unter Zuziehung des Gr. Bezirksdirectors, des Gemeinde-
vorstandes, der Separationsdeputirten und der Feldgeschworenen zu Ver-
lagen und zu versteinen sind.
Was die übrigen gemeinschaftlichen Anlagen anlangt, so werden
dieselben noch vor Beginn der Neumessung bezügl. der Revision der-
selben, den bestehenden Vorschriften gemäBs versteint — die Anerkennung
der desfallsigen Grenzen durch die Betheiligten erfolgt aber erst s. Z.
bei Gelegenheit der definitiven Planversteinung. Die Planversteinung
■wird erst dann zur Ausführung gebracht, wenn sämmtliche Beschwerden
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1 12 Schnaubert Die Landesvermessung im Grossberzogth. Sachsen-Weimar
gegen den Plan beseitigt sind and dieser selbst in der Hauptsache als
anerkannt anzusehen ist. Vorher findet nur eine provisorische Plan-
absteckung mit Pfählen statt. Sobald der Plan reif zur Planversteinung
ist, wird unter Zugrundelegung des Zusammenlegungsplanes eine Flächen-
berechnung Uber sämmtliche gemeinsame Anlagen und Planabfindungen
angefertigt und diese registermässig aufgestellt. Diese sogen. Planflfichen-
berechnung weist im Einzelnen die Fläche und die Breite jedes einzelnen
Grundstückes nach und unterliegt einer speciellen Revision durch den
Vermessungsdirector, die sich darauf erstreckt, die Richtigkeit der be-
rechneten Flächen und Breiten festzustellen.
Mit diesem revidirten Planflächenregister ausgerüstet, beginnt der
Geometer die Planversteinung.
Die Versteinung und Kartirung der neuen Planlage, welche als
neue Flurmessung gilt, erfolgt nach den für solche bestehenden Vor-
schriften, indem jedoch dabei die geometrischen Vorarbeiten zur Separation
zu Grunde gelegt werden. — Solches gilt namentlich im Hinblick auf
die Vermarkung und auf die Anerkennung der Grenzen durch die Be-
tlieiligten.
Was das Verfahren bei der Planversteinung anbetrifft, so sei hier
nur kürzlich das Folgende erwähnt:
Nach Maassgabe der Angaben im revidirten Planflächenregister
erfolgt die Absteckung der rechtwinkligen Breiten der einzelnen regel-
mässigen Pläne, während die Flächen der unregelmässigen Grundstücke
mittelst Naturmaassen festgestellt werden. — Etwa sich gegen die Berechnung
hierbei ergebende Flächendifferenzen werden, dafern sie nicht von Belang
sind, auf sämmtliche Pläne im Schläge vertheilt, oder dafern solches
nicht thunlich ist, werden diese Differenzen der Revision zur Veranlassung
des Weiteren vorgelegt, welche sodann eo ipso die Beseitigung der-
selben vornimmt oder mittelst gestellter Erinnerung durch den Ver-
messungsdirector die Specialcommission veranlasst durch Verhandlung
mit den Betheiligten die veränderten Flächen zur Anerkennung der-
selben zu bringen.
Mit der Uber diese Planversteinung ausgeführten Revision enden die
örtlichen Vorarbeiten in der Flur. — Die Grenzanerkennung durch die
Betheiligten findet analog den Vorschriften Uber die Landesvermessung
auch hier statt.
Im Uebrigen erfolgt nun wie bei der Landesvermessung die
Zeichnung der Reinkarten und Aufstellung des Fundbuches auf Grund
des anerkannten und vollzogenen Rezesses, wonach mit der Abgabe der
Materialien — Karten und Bücher — dieselben der Edictalisirung
entgegengeben.
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u. die Bestimmungen über die Beweiskraft der Flurkarten u. Flurbücher. H3
III. Das Verfahren bei Ausführung des Gesetzes vom
12. März 1839, über die Beweiskraft der Flurkarten, Fund-
bücher und Kataster.
Sobald die Ueberweisung der Flnrkarte und des Fundbuches an
das Grossherzogi. Staatsministerium, Departement der Finanzen, stattge-
funden hat, ordnet dasselbe durch die Steuerrevision (Kataster- und
Fortschreibungsbehörde) die Einleitung des Edictalverfahrens an.
Dasselbe beginnt damit, dass zuförderst über den Besitz jedes in
der Flur von der Neuaufnahme betroffenen Grundstücksbesitzers aus dem
Fundbuche sog. Güterzettel angefertigt werden. Diese Güterzettel ent-
halten ausser dem Namen des Besitzeigenthümers der Nummerfolge nach,
dessen in Frage kommenden Grundstücke nach neuer und alter Nummer,
nach Lage, Districtsbenennung, Beschreibung, nach alter und neuer
Fläche und nach Steuerauswurf. — Die so ausgefertigten Güterzettel werden
den Grunbesitzern mit der Auflage zugefertigt, die Richtigkeit der auf
denselben enthaltenen Angaben zu prüfen und binnen einer festgesetzten
Frist an die Steuerrevision zurück zu geben.
Nach Ablauf dieser Frist und an dem auf den Güterzetteln ange-
gebenen Tage begiebt sich der Revisionsbeamte an den Ort, dessen
Flurkarte resp. Flurbuch beweiskräftig gemacht werden soll. — Unter
Zuziehung des Gemeindevorstandes und der Feldgeschworenen beginnen
die Verhandlungen mit den betheiligten Grundstücksbesitzern resp. deren
legitimirten Bevollmächtigten derart, dass jeder einzelne Grundstücksbesitzer
vorgeladen seinen Güterzettel zurückgiebt. Derselbe bekennt sich zu
dem Inhalt dieses Güterzettels, nachdem solches mit ihm eingehend durch-
gegangen, durch seine Namensunterschrift unter diesen Letzteren. Werden
Erinnerungen gestellt, so werden solche sofort erledigt und wo solches
sich nicht sogleich ausfllhren lässt, werden auf den Zetteln die geeigneten
Vermerke gemacht; die Eintragung des Besitzes wird zwar nach dem
derzeitigen Besitzstände bewirkt, dem pp. Besitzer aber aufgegeben,
seine Ansprüche in einer durch öffentliche Aufforderung (Edictalien) zu
bestimmenden Frist vor Gericht auszuführen. — § 1 — 3 des Ges. —
(Siehe weiter unten.)
Lässt ein Güterbesitzer die an ihn ergangenen Aufforderungen unbe-
achtet, erscheint er z. B. an dem festgesetzten Tage weder selbst, noch
durch einen genügend legitimirten Bevollmächtigten, oder giebt er den
Güterzettel nicht zurück, so wird dieser Zettel auf seine Kosten abgeholt
resp. umgeschrieben und er durch gerichtlichen Zwang zur Unterschrift
angehalten. — Aber auch hier bleibt es demselben unbenommen wegen
den gegen den Inhalt des Güterzettels ihm beigehende Erinnerungen
einen Vorbehalt beizufügen. — § 4 des Ges. —
Alle diese unterschriebenen Güterzettel werden, nachdem oben auf
Prüfung und nach den Angaben der Güterzettel das Fundbuch be-
Zeitschrift für VemiessuDgewesen. 1892. Heft 4. 8
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114 Schnaubert. Die Landesvermessung im Grossherzogtk. Sachsen-Weimar
richtigt worden ist, zu einem oder mehreren Bänden vereinigt und bilden
das Concept des neuen Katasters — das Urkataster. — § 5 des Ges. —
Ist hiernach das Kataster angefertigt, so liegt dasselbe bei der
Steuereinnahme resp. bei dem Gemeindevorstande des Ortes 14 Tage
lang zur beliebigen Einsicht für sämmtliche betheiligte Grundbesitzer auf.
Dass solches geschieht, wird durch öffentliche Bekanntmachung der
Steuerrevision — in dem Amtsblatte des Amtsbezirkes den Betheiligten
eröffnet und zwar mit der weiteren Bestimmung eines Tages, an welchem
der Revisionsbeamte, nach Ablauf der oben genannten Frist, wiederum
am Orte anwesend ist, um etwaige Einwendungen und Gegen-
vorstellungen (Reclamationen) aufzunehmen, zu erörtern und womöglich
zu erledigen. Zu dem Behufe werden sämmtliche GrundstUckbesitzer der
Flur aufgefordert, diejenigen Erinnerungen und Einwendungen, welche
ihnen gegen den Inhalt des Katasters und gegen die Beschreibung der
darin auf eines jeden Namen geschriebenen Grundstücke nach Nummer,
Flächengehalt, Steuerauswurf u. s. w. etwa beigehen möchten, an dem
gesetzten Tage vorzubringen. Dieser Aufforderung wird die Be-
drohung hinzugefiigt, dass im Unterlassungsfälle die Steuererhebung sofort
in Gemässheit des Katasters eintritt und dass alle Gebühren und Ver-
lage der Revisionsbeamten, welche durch späteres Anbringen ihrer Ein-
wendungen und Reclamationen erwachsen, den Betreffenden zur Last
gelegt werden, insoweit nicht etwa ein Dritter von Rechtswegen dazu
, verurtheilt wird. — § 6 des Ges. —
Sind alle diese Erörterungen beendigt, so macht die Steuerrevision
dem Amtsgericht des betr. Ortes hiervon Anzeige.
Das Amtsgericht erlässt nun zur gerichtlichen Geltendmachung
aller mit dem Inhalte der Flurkarte, des Fundbuches und des Steuerkatasters
nicht Ubereinstimmdenen Ansprüche in Beziehung auf Flächengehalt
und Grenzlinien in dem Amtsblatte eine öffentliche Aufforderung —
die Edictalladung — mit der Verwarnung, dass wenn solches innerhalb
einer Frist von 6 Monaten nicht geschehen ist, der Inhalt der Flur-
karten, Fundbücher und Kataster für anerkannt zu erachten ist und
etwaige weitere Erinnerungen gegen diese Materialien nach dieser Frist
ausgeschlossen bleiben. — § 7 des Ges.
Diese Aufforderung wird zwei Mal mit einem Zwischenraum von
30 Tagen in dem Amtsblatt eingerückt, auch angegeben, wo die Karten
und Bücher zur Einsicht der Betheiligten offen liegen. Eine gleiche
Aufforderung wird noch besonders in der betroffenen Gemeinde durch
Anschlag der Gerichtsbehörde wiederholt. — Besitzen Mitglieder anderer
Gemeinden Grundstücke in der Flur, so wird in Bezug auf solche
(Forensen) in jenen Gemeinden ebenso verfahren; ist dort eine andere
Gerichtsbehörde zuständig, so wird diese von der Gerichtsbehörde des
Flurortes darum ersucht.
Werden vor oder nach Erlassung der Edictalien, jedoch vor Ablauf
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u. die Bestimmungen Uber die Beweiskraft der Flurkarten u. Flurbücher. 115
der Frist, bei dem Gerichte Ansprüche erhoben, welche mit dem Inhalte
der Karten und der Grundbücher nicht Ubereinstimmen und gelingt der
Steuerrevision die Erledigung nicht, so versucht nunmehr das betr. Gericht
auf dem Gütewege die Sache beizulegen. Erst wenn diese Bemühungen
erfolglos sind, wird eine richterliche Entscheidung herbeigeführt. —
Hierbei gelten die folgenden Bestimmungen: 1) will der Heclamant sein
Anbringen als Kiagevortrag gelten lassen und ist es dazu geeignet, so
wird auf dasselbe sofort nach Maassgabe der Processordnung ausgefertigt ;
2) hat jenes Anbringen die Eigenschaften einer schlüssigen Klage nicht
oder behält sich der Reclamant selbst eine veränderte und verbesserte
Eingabe (Klage) vor, so wird hierzu eine Frist unter dem in der Edictal-
ladung gedrohten Rechtsnachtheil (siehe oben) verstattet. Diese Frist
soll in der Regel bis zu dem in der Edictalladung bestimmten Schluss-
termin (Präclusivtermin) reichen, wenn bis zu diesem Termin noch
30 Tage oder mehr Tage übrig sind; im entgegengesetzten Falle aber
wird dieselbe so bestimmt, dass sie nicht weniger als 30 Tage umfasst.
Uebrigens beziehen sich diese Bestimmungen nur auf solche An-
sprüche, zu deren Anbringen und gerichtlicher Verfolgung die Edictal-
ladung aufgefordert hat. — Werden andere Ansprüche angemeldet, so
wird zwar die Güte unter den Betheiligten ebenfalls gepflogen, aber es
werden diese im Entstehungsfalle einfach auf den Rechtsweg verwiesen.
Von dem Ergebnisse der gütlichen Beilegung oder der endlichen
Entscheidung giebt das Gericht der Steuerrevision und dem Katasterführer
Kenntniss und diese berichtigen hiernach Flurkarte und Grundbücher.
Für alle diese Verhandlungen haben die Betheiligten keine Kosten
zu tragen, mit Ausnahme da, wo durch Nichtbeobachtung der gesetz-
lichen Auflagen oder durch muth willige Beschwerdeführung oder durch
Rechtsstreitigkeiten Kosten erwachsen sind.
Nach Ablauf der bestimmten Frist zur Anmeldung oder weiteren
Verfolgung der Erinnerungen und Ansprüche (Reclamationen) gegen den
Inhalt der Flurkarten, Fundbücher und Kataster wird der Inhalt dieser
Urkunden hinsichtlich des Flächengehaltes und der Grenzlinie, soweit
nichts dagegen eingewendet oder ausgeführt worden ist, als anerkannt
erachtet. — Jede weitere Erinnerung dagegen ist ausgeschlossen, mit
Ausnahme derjenigen Fälle, wie solche weiter unten noch angeführt
werden. — § 15 des Ges.
Die anerkannten Karten und Grundbücher werden gemäss des § 16
des Ges. nunmehr von den Revisionsbeamten mit dem entsprechenden
Beglaubigungsatteste versehen. — Gegen den anerkannten oder für
anerkannt zu achtenden Inhalt dieser mehrerwähnten Karten und Bücher
wird in Beziehung auf Flächengehalt und Grenzen der Grundstücke keine
Verjährung berücksichtigt, auch findet der Besitzstand nur insoweit Be-
rücksichtigung, als es bei dem in den Rechten gegründeten vorläufigen
Schutze des Besitzes gegen eigenmächtige Verletzungen sein Bewenden hat.
8*
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1 16 Sehnaubert. Die Landesvermessung im Grossherzogth. Sachsen-Weimar
Veränderungen der in der anerkannten Flurkarte eingetragenen
Grenzlinien zwischen den Grundstücken dürfen nicht vorgenommen
werden, sondern es wird die neue Grenzlinie farbig neben der alten
eingetragen. Stimmen hinsichtlich des Flächengehaltes, Flurkarte, Fund-
buch und Kataster nicht überein, so geht die Karte und wenn diese
abhanden gekommen, das Fundbuch vor.
Gegen den Inhalt der anerkannten Flurkarte gestattet das Gesetz
— § 20 und 21 — nur die zwei Einwendungen:
1) dass die Flurkarte unrichtig, gegen den zur Zeit ihrer Fertigung
vorhandenen Besitzstand und Sachbefund, aufgenommen worden ist.
Diese Einwendung wird aber nur berücksichtigt, wo die Grenz-
linien durch noch stehende Gebäude oder andere schwer verrückbare
Anlagen und sonstige unverrückbare Gegenstände — steinere
Wehre, Grundmauern etc. — bezeichnet sind und die Karte
hierzu nicht passt;
2) wenn auf der Grenze zweier Grundstücke Gebäude oder nicht
leicht verrückbare Anlagen errichtet sind, welche die in der Flur-
karte eingezeichneten Grenzlinien überschreiten, ohne dass nach-
gewiesen werden kann, dass solche zur Zeit der Vermessung
bereits an derselben Stelle vorhanden gewesen sind.
In diesem Falle unterscheidet das Gesetz mehrere Fälle und zwar:
a. der Vindicationsanspruch ist durch Vergütung für den Flächenraum
nicht abzuwenden, sondern es darf der Vindicant die Einräumung
des ihm zugeschriebenen Areals, folglich die Veränderung oder
den Abbruch des Gebäudes u. s. w. verlangen, wenn derselbe
dem Baue oder der sonstigen Anlage, ehe dieselbe im Wesent-
lichen vollendet war, widersprochen hat;
b. der Vindicationsanspruch ist durch Vergütung für den nach der
Flurkarte entzogenen Flächenraum abzuwenden, wenn ein solcher
Widerspruch nicht stattgefunden hat. — Es ist in solchem Falle
die Vergütung, welche der Besitzer darbieten darf, nach dem
Werthe des entzogenen Flächenraumes durch Sachverständige zu
ermitteln. Dieser Werth ist zu dem gedachten Zwecke nur
einfach darzubieten und zu bezahlen, wenn der Besitzer nach-
zuweisen vermag, dass er den Eigentliümer des durch seinen
Bau oder seine Anlage beeinträchtigten Grundstückes vor dem
Bau oder vor der Anlage in dem jetzigen Umfange schon vor
der Anlegung Kenntniss gegeben habe; aber derselbe soll zu
dem gedachten Zwecke, um den Vindicationsanspruch mit seinen
Folgen rechtlich zu beseitigen, vierfach dargeboten und bezahlt
werden müssen, wenn der Besitzer jenen Beweis nicht herstellen kann.
Gegen den Inhalt der anerkannten Kataster kann weder — § 22
des Ges. — die erwerbende Verjährung (Eigenthumsersitzung) noch die
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u. die Bestimmungen Uber die Beweiskraft der Flurkarten u. Flurbücher. 117
erlöschende Verjährung der Eigenthumsklage begonnen oder vollendet
werden — es mUsse denn die Sache dem Verjährenden gerichtlich Über-
eignet worden sein.
Durch diese Bestimmung ist der Inhalt des Katasters gegen jede
Art der Verjährung gesichert.
Alle Streitigkeiten Uber Flächengehalt und Grenzen der Grundstücke
— in Fluren, wo anerkannte Karten und BUcher vorhanden sind, werden
vor der zuständigen technischen Behörde — der Steuerrevision — ver-
handelt und entschieden. Beruhigen sich die Betheiligten bei dem
Ausspruch der Steuerrevision nicht, so entscheidet das Grossherzogi.
Staatsministerium, bei dessen Ausspruche es bewendet.
Weigert sich ein Betheiligter der Grenzbestimmung Folge zu leisten,
z. B. unrichtig besessenen Flächenraum abzutreten, so vollstreckt die
zuständige Gerichtsbehörde auf Anrufen die im Verwaltungswege er-
gangene Entscheidung.
Hält sich ein Theil fUr verletzt durch die technische Bestimmung
der Grenze nach der Karte und dem Fnndbuch, so bleibt ihm die Be-
tretung des Rechtsweges durch Klageerhebung gegen den Executions-
antrag offen. — Aber es kann und darf in solchem Falle die Klage
nur auf eine behauptete Verfälschung der Karte oder des Fundbuches
oder auf einen Mangel des deshalb stattgefundenen Edictalverfahrens
gegründet werden.
Es kann daher die technische Ermittelung niemals der Gegenstand
einer neuen Beweisführung werden, wogegen andere Fragen über Besitz
und Eigenthum, soweit solche in Betracht kommen, sowie Forderungen
von Schadenersatz etc. der richterlichen Entscheidung unterliegen.
Es lässt sich nicht verkennen, dass nach den oben geschilderten
Bestimmungen des Gesetzes von 1839 dieses Gesetz manche Härte
enthält, solches gilt namentlich von dem § 4 s. o. — die Anerkennung,
ja zwangsweise Anerkennung der Karten und BUcher. — Solches kann
nicht aus eigener Ueberzeugung geschehen, sondern es geschieht solches
nur in dem guten Glauben auf die Güte der Karten und BUcher.
Dieser Glauben kann den Betheiligten aber nur dann beigebracht und
erhalten, wenn die Bestimmungen des Gesetzes über die Landesvermessung
exact und genau durcffgeführt werden; dieses gilt hauptsächlich von den
vielfach vorgesehenen Prüfungen der Karten und BUcher.
Wenn man bedenkt, was durch die bestehenden gesetzlichen Be-
stimmungen vom 12. März 1839 für Gutes geschaffen wird, dass namentlich
langwierige und kostspielige Grenzstreitigkeiten gänzlich ausgeschlossen
sind, dass solche Streitigkeiten nur vor einer technischen Behörde im
Verwaltungswege ausgetragen und entschieden werden, dass jede Ein-
mischung der Justizbehörde von vornherein abgeschnitten ist, dass von
den vielen tausenden von Fällen, in welchen die Entscheidung einer
technischen Behörde — die Steuerrevision — den gesetzl. Bestimmungen
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118
Bücherschau.
gemäss angerufen wird, sich die Betheiligten auf deren Ausspruch, auf
Grund der anerkannten Materialien beruhigen und es nur selten vor-
kommt, dass eine endgiltige Entscheidung des Staatsministeriums herbei-
geftihrt wird, so geht aus diesem Allen hervor, dass das vorhergesagte
Gesetz von 1839 nicht allein im Publicum festen und guten Boden
gefasst und sich seit 52 Jahren gut bewährt hat, sondern dass es als
ein Edelstein unserer weimarischen Gesetze angesehen werden darf.
Ich will dem noch hinzufügen, dass unter den anerkannten Karten
es auch solche giebt, die den Anforderungen des Gesetzes nicht voll-
ständig entsprechen; solches gilt aber nur von denjenigen Karten die
vor dem Jahre 1851 — bis wohin die präcisen Bestimmungen über die
Landesvermessung für uns nicht bestanden — gefertigt und aufgenommen
worden sind. Aber die statistischen Erhebungen über die Mangelhaftigkeit
solcher Karten haben einen so geringen Procentsatz ergeben, dass man
nicht in der Lage sich befindet, abweichende, besondere Bestimmungen
hierüber zu erlassen.
Im Weiteren ist es aber nothwendig, dass, um beweiskräftige Karten
und Bücher zu erzielen, es unbedingt nöthig ist, folgenden vier Factoren
ihren vollständigen Werth ganz und voll zukommen zu lassen und das ist
1) die exacts, sorglichste Ausführung der gesetzlichen Bestimmungen
Uber die Landesvermessung vom J. 1851 namentlich bei Fest-
stellung und Verlagung des Grundbesitzes und der Grenzen ;
2) die Ausführung der Grenzversteinung nach den bestehenden gesetz-
lichen Vorschriften;
3) die Ausführung von ganz sorgsamen sich möglichst weit erstreckenden
Revisionen des geometrischen Materials und
4) die Benutzung nur guten, sorglichst gepflegten Kartenpapieres.
Bücherschau.
Theorie der Beobachtungsfehler von Emanuel Czuber, Leipzig. Verlag und
Druck von B. G. Teubner, 1891.
Nachdem fast alle Bücher Uber Beobachtungsfehler und Methode
der kleinsten Quadrate, welche in den letzten zwei Jahrzehnten erschienen
sind, vorwiegend die praktischen Anwendungen hiervon im Auge hatten
und die Theorie nur als Mittel zu jenem Zwecke betrachteten, hat um-
gekehrt dieses neue bemerkenswerthe Buch von Czuber das Gebiet der
Anwendungen ausgeschlossen, und bietet dagegen erstens eine gründliche
geschichtliche Darstellung aller einschlägigen Theorien und die mathe-
matische Entwicklung dieser Theorien selbst. Nach Form und Be-
handlungsweise schliesst sich das Buch an die theoretischen Theile von
Helmert’s Ausgleichungsrechnung 1872 an. Ohne aufNäheres eingehen
zu können, wollen wir nur noch bemerken, dass in diesen Theorien auch
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Gesetze und Verordnungen.
119
manches enthalten ist, was der Praktiker braucht, ja was durch die
Bedürfnisse der Praxis in die Theorie hinein getragen worden ist, so
namentlich die verschiedenen Arten der Berechnung des mittleren und
durchschnittlichen Fehlers und deren Zuverlässigkeit (S. 182) und die
Betrachtungen Uber den Maximalfehler (S. 206), oder über die Aus-
scheidung widersprechender Beobachtungen u. s. w., also Fragen, auf
welche die Theorie zwar noch keine bestimmte Antworten gegeben hat,
bei deren Auftreten es aber von Wichtigkeit ist, zu wissen, wie weit
die Theorie bereits darauf eingegangen ist, und warum eine endgültige
Lösung noch nicht zu haben ist. In solcher Beziehung ist das theoretische
Buch Czubers auch dem Praktiker willkommen. J.
Gesetze und Verordnungen.
Nr. 24 des Gesetzes- und Verordnungsblattes für das Grossh erzogt hum
Baden vom 30. November 1891 enthält auf Seite 232—234:
Landesherrliche Verordnung.
(Vom 26. November 1891.)
Die Abänderung der Verordnung vom 29. März 1883 über die
Ausbildung, Prüfung und dienstpolizeiliche Ueberwachung des zur Ausübung
der Feldmessknnst öffentlich bestellten Personals betreffend.
Friedrich, von Gottes Gnaden Grossherzog von Baden,
Herzog von Zähringen.
Nach Anhörung Unseres Staatsministeriums haben Wir beschlossen
und verordnen, was folgt:
Die Paragraphen 17, 18 und 20 Unserer Verordnung vom
29, März 1883 (Gesetzes- und Verordnungsblatt Nr. 8 Seite 84), die
Ausbildung, Prüfung und dienstpolizeiliche Ueberwachung des zur Ausübung
der Feldmesskunst öffentlich bestellten Personals betreffend, erhalten
folgende Fassung:
§ 17.
1) Die öffentlich bestellten Geometer sind berechtigt, für die von
ihnen vollzogenen Geschäftsverrichtungen ein Tagegeld von 9 Mark
zu beanspruchen. Die Gewährung der ganzen Tagesgebühr setzt eine
mindestens achtstündige Beschäftigung für den Tag voraus. Bei Geschäften
von kürzerer Dauer kann nur ein dem Zeitaufwand entsprechender Theil
des Tagegeldes, wenigstens aber >/4 Tagesgebühr, angerechnet werden.
Für die Arbeitsleistung eines Tages darf, auch wenn mehrere Geschäfte
an demselben vorgenommen wurden, nicht mehr als eine Tagesgebühr
in Anforderung kommen; die Anrechnung von Ueberstunden ist unstatthaft.
2) Zu obigem Tagegeld tritt ein Zuschlag von 3Mark als Zehrungs-
entschädigung im Falle auswärtiger Beschäftigung, sofern der Beschäf-
tigungsort mindestens 2 Kilometer — von der Grenze des Ortsetters gemessen
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120
Gesetze und Verordnungen.
— vom Wohnsitz entfernt und die Abwesenheit eine mindestens vierstündige
ununterbrochene ist. Ist durch ein mehrtägiges Geschäft auswärtiges
Uebemachten bedingt, so kann für jede auswärts zugebrachte Nacht
ein weiterer Zuschlag von 2 Mark beansprucht werden.
3) Bei Arbeiten ausserhalb des Wohnsitzes wird die Zeit des Hin-
und Herwegs zwischen der Geschäftsstelle und der Behausung der
Arbeitszeit zugeschlagen.
4) Die obigen Tagegelder und Entschädigungen dürfen auch für
die zwischen die Arbeitstage fallenden Sonntage und gesetzlichen Feier-
tage, in soweit solche bei auswärtigen Arbeiten ausserhalb des Wohnsitzes
zugebracht werden müssen, angefordert werden; für mehrere aufeinander
folgende Tage findet eine solche Anrechnung nicht statt.
5) Für die durch Gescliäftsvemchtung entstehenden Reisekosten hat
der Geometer den Ersatz der nachzuweisenden baaren Auslagen für seine
Person, sowie für die Fortschaffung des Gepäcks, der Instrumente u. s. w.
Derselbe hat sich unter Vermeidung unnöthigen Aufwandes der bestehenden
Eisenbahn-, Dampfschiff- oder Postverbindungen zu bedienen und ist zur
Benützung der zweiten Eisenbahn- beziehungsweise ersten Dampfschiff-
klasse berechtigt. Ist die Benützung eines besonderen Gefährtes nicht
zu umgehen, so dürfen die Kosten eines einspännigen Fuhrwerks angefordert
werden.
6) Zur Aufrechnung dürfen ferner kommen die nachgewiesenen baaren
Auslagen für Messgehülfen (Ruthenschläger), Tagelöhner, Pfähle, Stangen
u. s. w., ferner die Kosten für die Beschaffung von Zeichenpapier, Paus-
leinwand und Impressen, sowie für das Aufziehen von Plänen ; andere
Auslagen für Schreib- und Zeichenmaterialien können nicht in Rechnung
gestellt werden.
7) Werden mehrere Geschäfte miteinander besorgt, so sind die nach
vorstehenden Bestimmungen anzurechnenden Kosten nach Verhältniss auf
die einzelnen Geschäfte zu vertheilen.
8) An Stelle der vorgenannten Gebühren können für die Leistungen
der Geometer anderweite Vergütungssätze vereinbart werden.
Hat in solchem Falle ein Geometer durch den Vertragsabschluss
die Grenze der Angemessenheit überschritten, so kann die Gebühren-
forderung auf Antrag oder auch ohne Vorliegen eines solchen durch die
Grossherzogliche Oberdirection des Wasser- und Strassenbaues ermässigt
werden.
Gegen die Entscheidung der Grossherzoglichen Oberdirection ist die
Recursbe8chwerde an Grossherzogliches Ministerium des Innern zulässig.
§ 18.
Die Geometer sind verpflichtet, die von ihnen übernommenen Arbeiten
unter Beachtung der bestehenden Vorschriften zum Vollzug zu bringen
und, soweit besondere Vorschriften nicht erlassen sind, jeweils die
geeignetste und beste Methode für die Ausführung zu wählen. Für die
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V ereinsangelegenheiten.
121
Herstellung von Messurkunden sind die Bestimmungen der Anweisung
zur stückweisen Vermessung der Liegenschaften nebst den ergangenen
Ergänzungsvorschriften, sowie der Dienstanweisung für Bezirksgeometer
maassgebend.
Hinsichtlich der ftlr den Vollzug der Vermessungsarbeiten zu
beobachtenden Genauigkeit haben überall die bei der staatlichen Kataster-
vermessung geltenden, durch die Anweisung zur stuckweisen Vermessung
festgestellten Grundsätze Anwendung zu finden, derart, dass eine Arbeit
nur dann als richtig im Sinne von § 19 dieser Verordnung gelten kann,
wenn die dort festgesetzten Fehlergrenzen nicht überschritten sind.
§ 20.
Die Geometer haben die ihnen ertheilten Aufträge zur Ausführung
geometrischer Arbeiten in der Regel persönlich zu vollziehen. Die
Verwendung technischer Gehilfen hierzu ist nur mit Ermächtigung Gross-
herzoglicher Oberdirection des Wasser- und Strassenbanes und unter
Verantwortlichkeit der Geometer gestattet. Voraussetzung zur Ertheilung
dieser Ermächtigung ist der Nachweis ausreichender Befähigung sowie
der Unbescholtenheit der zu verwendenden Gehilfen.
Die für die Verrichtungen technischer Gehilfen vom Geometer zu
beanspruchenden Gebühren richten sich nach den Bestimmungen von § 17,
jedoch dürfen die in Anrechnung zu bringenden Gebührenansätze höchstens
2/3 der dort festgesetzten Tagegelder und Zuschläge erreichen; bei
Benützung der Eisenbahn oder des Dampfschiffes darf nur die dritte
beziehungsweise zweite Klasse angerechnet werden.
Gegeben zu Schloss Baden, den 26. November 1891.
E i s e n 1 o h r. Friedrich.
Auf Seiner Königlichen Hoheit höchsten Befehl :
Dr ■ Waltz.
Vereinsangelegenheiten.
Durch ein Versehen des Unterzeichneten ist die nachstehende Mit-
theilung, ohne welche der auf S. 94, 95 veröffentlichte Voranschlag der
Einnahmen und Ausgaben ftlr die Mehrzahl der Vereinsmitglieder un-
verständlich ist, zu spät zur Redaction gelangt, um im 3. Heft ver-
öffentlicht werden zu können. Dieselbe sollte dem Kassenbericht vor-
ausgehen.
„Der bisherige VereinskasBirer Herr Steuerrath Kerschbaum zu
Coburg hatte bei dem Bankhause Jos. Simons Söhne zu Coburg aus
den laufenden Mitteln des Deutschen Geometervereins ein Conto an-
gelegt.
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V ereinsangelegenheiten.
Im Laufe des Jahres 1891 ist das Bankhaus in Concurs gerathen,
zu einer Zeit, als das Guthaben des Vereins 1771,15 Mark betrug.
Voraussichtlich werden aus der Concursmasse etwa 60 °/0 gezahlt
werden, so dass sich der Verlust des Vereins auf etwas über 700 Mark
belaufen wird. (25 °/0 sind inzwischen bereits bezahlt.) Die Vorstandschaft
hofft, dass der Verlust aus den Einnahmen des laufenden Jahres gedeckt
werden kann.“ L. Winckel.
Brandenburgischer Landmesserverein.
Hierdurch beehre ich mich ergebenst anzuzeigen, dass die am
23. Januar 1892 vorgenommene Neuwahl des Vorstandes folgendes
Resultat ergeben hat:
Vorsitzender: Esser, Städt. Drainage-Ing. Berlin 8.W. Marheineke-Pl. 9.
Stellvertreter: Tasler, Techn. Eisenb.-Secretair Berlin N.W. Kruppstr. 5.
Schriftführer: Schmidt, Kataster-Control. Berlin N. Prenzlauer Allee 229.
Stellvertreter: Radbruch, Städt. Landm. Berlin S.W. Marheineke-Pl. 12.
Rechnungsführer: Zilss, Städt. Landm. Berlin S.W. Mittenwalderstr. 1.
Alle für den Brandenb. Landmesserverein bestimmte Zusendungen
bitte ich an mich gelangen lassen zu wollen.
Berlin, den 1. Februar 1892. Esser.
Rheinisch- Westfälischer Landinesserverein.
23. Jahresbericht für 1891.
Der Verein hatte am 5. October 1890 neue Statuten berathen,
welche am 1. Jan. 1891 in Kraft traten. Die hauptsächlichsten Aenderungen
derselben gegen früher bestehen darin, dass alljährlich nur 2 Versamm-
lungen vorgesehen sind, wovon die eine im Frühjahr eine Wander- Ver-
sammlung sein soll, wogegen die Herbst- bezw. Ha up t- Versammlung
stets in Düsseldorf stattfindet; ferner besteht der Vorstand nur noch
aus 4 Personen: ..
1. dem Vorsitzenden, derzeit Walraff, Stadtgeometer in Düsseldorf,
2. dem Schriftführer, „ Horn, Eisenbahnlandmesser in Siegen,
3. dem Schatzmeister, „ Tuschick , Landmesser und techn. Eisen-
bahnsecretair in Cassel,
4. dem Redacteur, „ Emelius, Landmesser der Generalcom-
mission in Cassel.
Es haben daher im abgelaufenen Jahre nur die Versammlungen am
10. Mai 1891 in Köln und am 18. October 1891 in Düsseldorf
stattgefunden; erstere war von 15, letztere von 32 Mitgliedern besucht.
In der Versammlung in Köln wurde u. A. eine Petition in der be-
kannten Schulreformfrage berathen und der Vorstand mit der Absendung
einer solchen an den Herrn Finanzminister beauftragt, welche dahin
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V ereinsangelegenheiten. 1 23
geht: „als Vorbedingung zum Studium der Geodäsie das Abiturienten-
Eiamen zu fordern.“
Die Petition ist unterm 24. Juni 1891 abgesandt; der negative
Erfolg derselben war wohl nicht vorauszusehen.
ln der Versammlung vom 18. October wurde der Haushalt ftlr 1892
berathen und gleichzeitig der Vorstand neugewählt; derselbe besteht für
das Kalenderjahr 1892 aus den oben erwähnten 4 Collegen.
Die ungünstige Lage der Eisenb ahnlandm esser war seit Jahren im
Verein Gegenstand der Besprechung gewesen; eine immer erhoffte
Besserung derselben und Gleichstellung der Eisenbahnlandmesser mit
denen der übrigen Ressorts in Preussen war trotz wiederholter Anregung
seitens des Herrn Abgeordneten So mbart, im preussischen Abgeordneten -
hause nicht in Erfüllung gegangen, deshalb beschloss die Versammlung
die Absendung einer Petition an den Herrn Eisenbahnminister unter
folgender Motivirung:
„Da den einzelnen Beamten die Bitte um eine allgemeine Besser-
stellung seiner Berufsgenossen nicht zusteht, auch die Gesammtheit der
Eisenbahnlandmesser eine allgemeine Bitte mit Rücksicht auf ihre
Beamtenstellung nicht für angemessen hält, so glaubte die am 18. October
stattgehabte Hauptversammlung des Vereins, welche sämmtliche Kate-
gorien von Landmessern in seinen Mitgliedern vereinigt und es sich
zur Aufgabe gestellt hat: die Fachwissenschaft zu fördern, die Inter-
essen und Rechte der Mitglieder zu wahren, und den Geist der
Zusammengehörigkeit zu heben, die Vertretung der Interessen der
Eisenbahnlandmesser übernehmen zu müssen.“
Des Herrn Ministers Excellenz wird deshalb gebeten, dahin Fürsorge
treffen zu wollen:
1) dass die Eisenbahnlandmesser als solche, und nicht mehr als
technische Eisenbahnsecretaire angestellt werden,
2) dass für Bemessung des Anfangsgehalts nicht die Anstellung,
sondern nach bestimmten Normen, die ganze, im Staatsdienst verbrachte
Dienstzeit maassgebend ist,
3) dass die Zahl der etatsraässig angestellten Landmesser dem ftlr
die übrigen Beamten festgesetzten Procentsatz entspricht,
4) dass die Anstellungsverhältnisse durch den ganzen Staat geregelt
werden, und die Einstellung und Anstellung wie bei den anderen Königl.
Verwaltungen erfolgt, auch demgemäss das Einkommen bis zu der in
Aussicht genommenen allgemeinen Erhöhung der Beamtengehälter auf
2400 bis 3900 c 4i festgesetzt werde,
5) dass die früher bei den Privat-Eisenbahn-Gesellschaften, jetzt,
ohne angestellt zu sein, von der Staatsbahnverwaltung — beschäftigten
Landmesser nunmehr in den Staatsdienst unter Anrechnung ihrer ge-
säumten Dienstzeit übernommen werden.
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Vereinsangelegenheiten.
Die Petition wurde am 9. November 1891 abgesandt; eine Antwort
ist bis jetzt nicht eingegangen.
Abschriften der Petitionen wurden an die Vorstände der in Preussen
bestehenden Landmesservereine gesandt, mit der Bitte, sich derselben
anschlies8en zu wollen.
In derselben Sitzung vom 11. October hielt der Vorsitzende einen
interessanten Vortrag Uber die neuen städtischen Hafenanlagen in Düssel-
dorf, welche letztere im Laufe des Nachmittags unter Führung des ban-
leitenden Beamten, Herrn Reg.-Baumeister Walter, besichtigt wurden.
Die Mitgliederzahl des Vereins hat im abgelaufenen Jahre
wieder zugenommen, und beträgt im December 1891 einschliesslich eines
Ehrenmitgliedes und vier correspondirender Mitglieder = 206.
Durch den Tod verloren hat der Verein 2 Mitglieder Korthaus
und Köndgen, derzeit öffentlich angestellte Landmesser in Elberfeld
bezw. Duisburg.
Die Mitglieder vertheilen sich auf folgende Provinzen und Ver-
waltungszweige:
Ressort pp.
Summa
Rheinland
Westfalen
Hessen-Nassau
Sachsen
s
ja
a
0>
c
c«
t_
Hannover
Pommern
Schlesien
Posen
Ausland |
| Docenten und Assi-
stenten der Geodäsie
5
4 1 — — —
1
—
—
—
Kataster-Verwaltung
13
4 j — 1 5
—
2
—
—
—
i
Paris
Landwirthscb. Verw.
52
17 , 25 7 1
1
—
—
—
i
—
Staatseisenb.-Venv.
51
35 8 5 1
—
—
1
—
—
i
Oldenburg
Oeffentl. Angestellte
53
43 1 9 — 1
—
—
—
—
Stadt u. Provinz
22
16 3 1 —
2
—
—
—
—
Wasscrbau-Verw. . . .
3
i ! _ I __
—
—
—
1
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i
Mainz
i Markscheider
2
1 i — —
Beamten der Gross-
2
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2 1
Landmesser a. I)
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—
—
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Ncw-York
206
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1
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1
Die Zeitschrift des Vereins hat insofern eine Erweiterung er-
fahren, als im abgelaufenen Jahre 6 Hefte (statt bisher 5) herausgegeben
wurden, der Jahrgang umfasst 160 Druckseiten. Der Inhalt ist haupt-
sächlich berechnet auf das Bedürfniss des practischen Landmessers, ohne
gerade reinwissenschaftlichen Aufsätzen die Spalten zu verschliessen.
Ausser den eigentlichen Vereinsnachrichten werden die wichtigsten Land-
tags-Verhandlungen veröffentlicht; die Fachlitteratur wird besprochen;
Reichsgerichts- und Oberverwaltungsgerichts-Entscheidungen werden mit-
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Persona 1 nachrichten.
125
getheilt, ferner regelmässige Nachrichten aus den landwirtschaftlichen
Hochschulen, Verfügungen von Behörden u. s. w. Es sind für den
Jahrgang 1892, in welchem wieder 6 Hefte k 32 Druckseiten erscheinen
sollen, Vorkehrungen getroffen, Original- Aufsätze wissenschaftlichen Inhalts
angemessen zu honoriren. Vorzugsweise werden als Mitarbeiter Vereins-
mitglieder aufgefordert.
Die Zeitschrift hat für 1891 einen Kostenaufwand von rund 470 <Jt
verursacht, wovon ungefähr 70 <M auf Versendung (Umschläge und
Porto) entfallen; dem gegenüber steht ein Ertrag von Abonnementa-
ments- und Beilagegebühren von 75
Die Zahl der Abonnenten hat auch im abgelaufenen Jahre zuge-
nommen; das Jahres-Abonnement beträgt 5 dC für Nichtmitglieder; für
Vereine, Institute, Behörden 3 <Jl. Die Vereinsmitglieder erhalten die
Zeitschrift kostenfrei zugesandt und ist der Jahresbeitrag 4 jft. —
Abonnements vermittelt der Unterzeichnete Redacteur.
Die Kassen Verhältnisse des Vereins können als günstig be-
zeichnet werden; es ist in den letzten Jahren, Dank der Umsicht des
langjährigen Schatzmeisters T u s c h i c k stets ein Ueberschuss zu verzeichnen
gewesen; Ende 1891 ist ein Bestand von 500 M in das neue Jahr
mit hinübergenommen worden.
Cassel, im Januar 1892. Emelius,
Redacteur und Landmesser.
Personalnachrichten.
Das fünfzigjährige Dienstjubiläum des Kammerpräsidenten
Baron von Nettelbladt, Excellent, in Schwerin.
Der Präsident des Grossherzoglichen Kammer- und Forst-Collegii
von Mecklenburg-Schwerin, Excellenz von Nettelbladt, welcher seit dem
Jahre 1879 Mitglied des Deutschen Geometervereins und seit dem Be-
stehen des Mecklenburgischen Geometervereins, Mitglied auch dieses Vereins
ist, feierte am 11. Januar d. J. in vollster geistiger Frische und körperlicher
Kttstigkeit sein 50 jähriges Dienstjubiläum.
Der Jubilar, ein Sohn des Oberappellationsraths Dr. von Nettelbladt,
wurde am 26. November 1814 in Güstrow geboren. Nach Vollendung
der juristischen Studien und Absolvirung der Examen war derselbe im
Verwaltungsfache, besonders auch im Separationswesen, vom Jahre 1841
bis zum Jahre 1855 in mehreren Grossherzoglichen Aemtern thätig.
Es erfolgte hierauf seine Berufung ins Ministerium des Innern und im
Jahre 1856 die Ernennung zum Ministerialrath. Im Jahre 1859 trat
der Jubilar als Kammerrath ins Kammer- und Forst-Collegium und seit
dem Jahre 1875 steht derselbe an der Spitze dieser hohen Behörde.
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Personalnachrichten.
Die hohen Verdienste des Jubilars wurden schon in früheren Jahren
durch Ernennung zum Gross-Comthur des Hausordens der Wendischen
Krone und Verleihung des Preussischen Kronenordens II. Klasse mit
dem Stern anerkannt; am Jubiläumstage gelangte die Huld des hohen
Landesherrn durch die Verleihung des Prädikats „Excellenz“ zu ganz
besonderem Ausdrucke.
Die Grossherzoglichen Verwaltungsbeamten, Forstmeister, Baumeister
und unsere Collegen, die Districtsingenieure, überreichten in dankbarer
Verehrung dem Jubilar einen silbernen Tafelaufsatz im Renaissance-Styl.
Die Kammer-Kanzleibeamten, welchen sich die im Messungs-Bureau
angestellten Ingenieure angeschlossen haben, sprachen ihre Glückwünsche
in einer Adresse aus und überreichten eine mit Blattgewächsen geschmückte
Jardiniere aus Terracotta. Die Pächter von den Grossherzoglichen
Domainen gaben ihrer Verehrung und Anerkennung des ihnen vom
Jubilare stets bewiesenen Wohlwollens durch eine besonders künstlerisch
ausgeBtattete Adresse kund.
Es ist hier nicht der Ort auf die weiteren Beglückwünschungen
und auf eine genaue Schilderung des Verlaufs des ganzen Festes näher
einzugehen, wohl aber ist es hier am Platze, der hohen Verdienste zu
gedenken, die sich der Jubilar um das Vermessungs- und Kultur-
Ingenieurfach in Mecklenburg erworben hat.
Schon durch die Thätigkeit als Verwaltungsbeamter, besonders bei
der Regulirung der bäuerlichen Verhältnisse hatte Se. Excellenz hin-
reichend Gelegenheit, einen Einblick in das Vermessungswesen zu thun.
Es ist aber dem hervorragenden Interesse, welches der hohe Jubilar für
die praktische Geometrie hegte, besonders zuzuschreiben, dass derselbe
genauere Kenntniss erlangte von den Mängeln der Kartenwerke und
älteren Messungsmethoden. Später als derselbe in höhere Aemter ge-
langte, kamen seine Erfahrungen und seine Einsicht von der Sache den
Technikern, die Vorschläge zu Verbesserungen im Vermessungswesen zu
machen, berufen waren, in hohem Grade zur Erreichung ihrer Ziele zu
Nutzen. Wenn wir an die Beurtheilung eines Vermessungswerkesherangehen
und Vergleiche anstellen mit den Einrichtungen anderer Staaten, so
können wir dies nicht unabhängig thun von den vorliegenden Bedürfnissen
eines Landes. In solcher Berücksichtung müssen wir zwar anerkennen,
dass seit der Einrichtung des Messungsbureaus in Schwerin erhebliche
Verbesserungen im Vermessungswesen erreicht sind, aber auch zugestehen,
dass noch Mängel zu beseitigen und manche Vereinfachungen zu wünschen
sind. Bei dem Wohlwollen unserer hohen Behörde und dem regen
Interesse des hohen Jubilars für unser Fach hoffen wir in der weiteren
Entwickelung auch für die Zukunft vorwärts zu schreiten.
Noch im verflossenen Jahre ist es der besonderen Fürsorge und
der kräftigen Initiative Sr. Excellenz zu danken, dass die seit dem
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Personalnachrichten.
127
Jahre 1872 unterbrochene Landestriangulation wiederum in Angriff ge-
nommen ist. Dies Werk, welches sich in Bezug auf das Netz I. Ord.,
besonders bei Berücksichtigung der schwierigen localen Verhältnisse in
Mecklenburg, ebenbürtig jeder neueren Landestriangulation an die Seite
stellen kann, wird auf die Weise vor dem gänzlichen Verfall, der ihm drohte,
geschützt werden und durch zweckmässige Einschaltung weiterer Punkte
wird eine sichere Grundlage für die Detailvermessungen geschaffen werden.
Durch die Zeitschr. f. Vermessungsw. und durch die Theilnalime
an unseren Geometerversammlungen erlangte der hohe Jubilar stets
Kenntniss von den Ereignissen und Einrichtungen im Vermessungsfache
aus anderen Ländern, und hörte die besonderen Wünsche bezüglich der
fachlichen Ausbildung und der Aufbesserung der materiellen Lage direct
aus den betheiligten Kreisen. Es ist daher auch seinem thatkräftigen
Eingreifen ganz besonders zu danken, dass die staatlich beschäftigten
Landmesser aus ihrer früheren unerquicklichen Lage durch feste An-
stellung am 1. Juli 1888 befreit wurden.*) Auch in Bezug auf die
Vorschriften Uber die Ausbildung sind die mecklenburgischen Geometer
Sr. Excellenz zu besonderem Danke verpflichtet. Bekanntlich wurde
schon auf der Hauptversammlung des Deutschen Geometervereins im
September 1875, also bereits vor 16 Jahren, in Berlin einstimmig der
Beschluss gefasst, dass zur Zulassung zum Geometerfache die Ableistung
des Abiturientenexamens an einem Gymnasium oder an einer höheren
Realschule zu fordern sei, und dass die fachliche Ausbildung durch 2 jährige
praktische Thätigkeit und Absolvirung eines Cursus an einer Hochschule
erfolgen solle. Dieser Beschluss wurde damals den einzelnen Regierungen
zur Berücksichtigung von der Vorstandschaft des Deutschen Geometer-
vereins mitgetheilt. Schon im nächsten Jahre (1876) wurden von der
mecklenburgischen Regierung höhere Anforderungen in der Prüfungs-
ordnung gestellt und als wissenschaftliche Vorbildung der einjährige
erfolgreiche Besuch der Prima eines Gymnasiums oder einer höheren
Realschule gefordert. Wiederum im Jahre 1888 wurde neben einer
zweijährigen praktischen Beschäftigung der Nachweis eines mindestens
zweijährigen Besuchs einer Hochschule für die Candidaten des Land-
messerfachs vorgeschrieben.
An allen diesen Fortschritten hat der hohe Jubilar ein hervor-
ragendes Verdienst, und wenn wir annehmen dürfen, dass das Vorgehen
eines Staates in der Ausbildungs- und Besoldungsfrage immerhin einen
gewissen Einfluss auf andere deutsche Staaten ausübt, so sind mit uns
auch weitere Kreise deutscher Geometer unserem Kammerpräsidenten
von Nettelbladt, Excellenz, für das rege Interesse, welches er
für unser Fach gezeigt und für die Dienste, die er unserem Stande
geleistet hat, zum Danke verpflichtet!
*) Vergl. hierüber Seite 87, Band XVIII.
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Berichtigungen.
Wir knüpfen hieran die Bitte, es möge dem Jubilar noch lange
vergönnt sein, segensreich in seinem hohen Amte weiter zu wirken.
Wir dürfen dann sicher hoffen, dass in Mecklenburg in kurzer
Zeit für die unbedingt nothwendige bessere Vor- und Aus-
bildung der Geometer gesorgt wird und damit unser letzter
Wunsch in Erfüllung gehe.
Der Vorsitzende des Mecklenburgischen Geometervereins:
R. Vogeler,
Kammeringenieur.
Königreich Preussen. Die bisherigen Landmesser, Ver-
messungsrevisoren Schroeder zu Neisse und Karvat zu Leobschütz
sind zu Oberlandmessern ernannt zu worden.
Berichtigungen.
1) S. 7 oben ist dunkel und hell verwechselt, es ist nämlich der
Pfeiler hell und das Beohachtungsgerüst dunkel gezeichnet.
2) 8. 60, Zeile 15 von unten lies regelmässige = 0,03 statt un-
regelmässige.
3) 8. 85, unten 3 b lies Real pro gymnasiums statt Realgymnasiums.
4) S. 95, Zeile 12 von oben lies 20 Mitglieder statt 21 Mitglieder.
Zeile 16 von oben lies 1091 Mitglieder statt 1891 Mitglieder.
Inhalt.
Grössere Mittheilungen: Die Landesvermessung im Grossherzogthnm Sachsen-
Weimar und die Bestimmungen Uber die Beweiskraft der Flurkarten und
Flurbücher, von G. Schnaubert in Weimar. — BUchersehau: Theorie der
Beobachtungsfehler von Emanuel Czuber. — Gesetze und Verordnungen. —
Vereinsangelegenheiten. — Personalnachrichten. — Berichtigungen.
Verla# von Konrad Wlttwer, Stuttgart. — Druck von Gebrüder J »inecke in Hannover.
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ZEITSCHRIFT für VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover, Steuer-Rath in München.
1892. Heft 5. Band XXL
1. März.
Das preussische Grundsteuerkataster;
von Zeidler, Arnsberg.
(Fortsetzung von 1891 Seite 368.)
Zweiter Theil:
Die Entstehung des Grandsteuerkatasters.
Abgesehen von der in dem ersten Theile erwähnten vorläufigen
(Godesberger) Instruction Uber das Verfahren bei Fortführung der in
den vormals französisch gewesenen Gebietsteilen in Ausführung be-
griffenen Vermessungen ist die erste für die Zwecke der detaillirten
Landesvermessung in Preussen erlassene Anweisung die bereits er-
wähnte, im Anschluss an die Cabinetsordre vom 26. Juli 1820 er-
schienene „Allgemeine Instruction Uber das Verfahren bei Aufnahme des
Katasters vom ertragfähigen Grundeigenthum in den rheinisch - west-
fälischen Provinzen der preussischen Monarchie vom 11. Februar 1822“.
§ 1 dieser Instruction besagt:
„Die Aufnahme des Katasters vom Grundeigentum hat den
Zweck, den Flächeninhalt und den Reinertrag der Grundstücke
zu ermitteln, um danach die von dem Grundeigenthum zu ent-
richtenden Steuern zu bestimmen. Die Ausmittelung des Flächen-
inhalts der Grundstücke geschieht durch Einzelvertnessung, die
Ermittelung ihres Reinertrages wird durch Abschätzung bewirkt.“
Dieser Instruction folgten bereits unterm 12. März 1822 eine solche
„Uber das Verfahren bei Vermessung des Grundeigenthums“ und
unterm 3. Juni 1822 eine „Instruction Uber das Verfahren bei der Er-
mittelung des Reinertrages vom Grundeigenthum behufs Anfertigung
des Grundsteuerkatasters in den rheinisch - westfälischen Provinzen der
preus8. Monarchie“. Der Gang der Arbeiten ist folgender:
Das ganze Verfahren wird unter Oberaufsicht des Finanzministeriums
geleitet durch den hierzu ernannten Generaldirector, Oberpräsidenten
von Vinke zu Münster. Diesem ist ein Generalcommissar beigegeben,
dessen Tliätigkeit sich besonders auf die örtliche Revision der Ver-
messungs- und Abschätzungsarbeiteu zur Erlangung der erforderlichen
Zeitschrift für Verinessungsweflen. 1092. Heft 5. 9
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Zeidler. Das preussische Grundsteuerkataster.
Gleichförmigkeit erstreckt. In jedem Regierungsbezirke besteht eine
dem Generaldirector unmittelbar untergeordnete Katastercommission,
welcher obliegt, alle Arbeiten des Katasters in ihrem Regierungsbezirke
zu leiten, die Resultate der Vermessung mit der Abschätzung zu ver-
einigen und sie zur gleichmässigen Vertheilung der Grundsteuer in An-
wendung zu bringen. Der Katastercommission gehören an : ein Ab-
schätzungsinspector als Dirigent und ein Obergeometer. Dieselben haben
die Abschätzungs- und Vermessungsarbeiten zu prüfen, sowie die aus-
führenden Beamten zu controliren und mit Anleitung zu versehen. Die
Vermessung geschieht durch geprüfte und vereidete Geometer, unter
specieller Leitung und Aufsicht angestellter Obergeometer. Sie basirt
auf einem trigonometrischen Dreiecksnetz, in welchem die Seiten der
Dreiecke I. Ordnung eine Länge von 6000 Ruthen und darüber, der
Dreiecke II. Ordnung von 3000 bis 6000 Ruthen, der Dreiecke III. Ord-
nung von 1000 bis 3000 Ruthen und der Dreiecke IV. Ordnung unter
1000 Ruthen haben. Die Coordinaten der Dreieckspunkte I. Ordnung
werden auf den Meridian und Perpendikel von Cöln, diejenigen der
Punkte II., III. und IV. Ordnung auf den Meridian und Perpendikel
eines schicklich gelegenen, vom Obergeometer bestimmten Dreiecks-
punktes I. Ordnung bezogen. Im Anschluss an das Dreiecksnetz wird
ein Polygonnetz gelegt und so erweitert, dass jede Flur von einem
Polygon umspannt ist. Die Messung der Winkel erfolgt mit dem
Theodoliten, die Messung der Seiten mit Kette oder Latten. Für die
Dreiecks- und Polygonpunkte werden rechtwinklige Coordinaten ge-
rechnet. Die Detailaufnahme erfolgt mittelst eines an das Polygonnetz
angeschlossenen Liniennetzes und wird gleichfalls mit Kette oder Latte
ausgeführt. Vor Beginn der Detailaufnahme werden die Grenzen der
Gemeinde gegen die Nachbargemeinden durch einen von der Kataster-
commission hiermit besonders beauftragten Geometer unter Zuziehung
der Gemeindevertretungen festgestellt und auf Kosten der Gemeinde
versteint. Zu dem Zwecke wird die Gemeindegrenze von dem Geometer
unter Zuziehung der Communalbehörde der zu vermessenden und der
Naehbargemeinden durch eine Begehung der ganzen Umringsgrenzen feBt-
gestellt, und eine Handzeichnung entworfen, welche die Länge der
Grenzlinien von einem Steine zum anderen und die Winkel angiebt.
Die Grenzpunkte werden fortlaufend nummerirt. Ferner werden in die
Handzeichnung die Grenzsteine und Namen der Eigenthümer der an
der Gemeindegrenze liegenden Grundstücke eingetragen, und was sich
sonst Bemerkenswerthes durch die Zeichnung nicht ausdrücken lässt, in
Randbemerkungen auf der Handzeichnung selbst erläutert. In eine
Copie dieses Grenzhandrisses werden die Wege, Höfe etc. eingetragen,
und sodann darin unter Mitwirkung der Communalbehörden die Ein-
theilung der Gemeinde in Fluren entworfen. Vor Beginn der Messung
einer Flur werden die Grundeigenthlimer eingeladen, an einem bestimmten
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Zeidler. Das preussisefae Orundsteuerkataster. 131
Tage ihre Grundstücke und die Grenzen selbst anzuzeigen, ausserdem
aber noch jedes Grundstück mit einem Stäbchen zu bezeichnen, an
welchem der Name des EigenthUmers befestigt ist. Bei den Messungen
darf kein anderes Maass benutzt werden, als die preussische Ruthe von
12 preuss. Puss (jedoch decimal getheilt). Jeder Geometer muss mit
einer vorschriftsmiissig geaichten Messruthe versehen sein, welche von
der Katastercommission nochmals geprüft, gestempelt und nummerirt
wird, und welche nur gebraucht werden darf, um die bei der Parcellar-
vermessung erforderlichen Messruthen und Messketten hiernach periodisch
zu prüfen und zu berichtigen. Die Kartirung erfolgt in den Maassstäben
1 : 5000, 1 : 2500 und 1 : 1250. Welcher von diesen Maassstäben an-
zuwenden ist, wird durch die Katastercommission bestimmt. Die Be-
rechnung geschieht entweder unter Benutzung der Originalmessungszahlen
oder mit Hülfe von Glastafeln und anderer Rechnungsmaschinen. Sobald
eine oder einige Fluren kartirt und berechnet sind, hat der betr. Geometer
einen Verlesungstermin abzuhalten und bei versammelter Gemeinde und
unter Mitwirkung der Communalbehörden von jeder Parcelle den ein-
getragenen Eigenthümer und die ermittelte Grösse (nach dem Orts-
maasse) bekannt zu machen. Die erhobenen Einwendungen müssen
untersucht und behoben werden. Auf der Rückseite jeden Handrisses
hat die Communalbehörde zu bescheinigen, dass die Verlesung erfolgt ist.
Die Einschätzung der Grundstücke hält mit dem Fortschreiten der
Vermessungsarbeiten gleichen Schritt insoweit, dass nach Fertigstellung
der Karten und Flurbücher eines Bezirkes alsbald mit der Einschätzung
begonnen wird. Zur Vornahme der Einschätzung werden von der
Regierung auf den Antrag der Katastercommission eine oder mehrere
aus sachverständigen, theoretisch und praktisch gebildeten Landwirthen
zusammengesetzte Abschätzungscommissionen bestellt. Jede dieser Com-
missionen besteht in der Regel aus drei Mitgliedern, und wird ihr als
technischer Beirath ein Steuer- oder Katasterbeamter beigegeben. Die
Mitglieder der Abschätzungscommission werden von der Regierung oder
einem hiermit beauftragten Regierungscommissar auf die pfiiehtmässige
unparteiische Ermittelung der besteuerbaren Erträge der Grundstücke in
den von ihnen abzuschätzenden Gemeinden vereidet, oder sofern sie
Beamte sind, auf ihren geleisteten Diensteid verpflichtet. Die Ab-
scbätzungscommission vertheilt die ihr zur Abschätzung überwiesenen
Gemeinden unter ihre Mitglieder, so dass jedes derselben eine oder
mehrere Gemeinden übernimmt, um in derselben die Normalstücke
(MusterstUcke) festzustellen und die Abschätzung vorzubereiten. Zu
diesem Zwecke verfügt sich jeder Abschätzungscommissar in die ihm
bezeichnete Gemeinde uud sucht sich durch Begehen der Feldlagen an
der Hand der ihm überwiesenen Flurkarten in Begleitung des Orts-
vorstehers und eines Feldanzeigers über die Güte und Beschaffenheit
der Liegenschaften zu informiren. Er hat festzustellen, wieviel Klassen
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132
Zeidler. Das preussischc Grundsteuerkataster.
jeder Gattung von Grundstücken in der betreffenden Gemeinde zu
bilden sind, wobei die Zahl von 5 Klassen jeder Gütergattung wenn
möglich nicht überschritten werden soll, und hat für jede Klasse jeder
Gütergattuug so viele Normalstucke zu bestimmen, als verschiedene
Bodenarten zu derselben Klasse gehören, damit so ein hinreichender
Anhalt für die Einschätzung der übrigen Grundstücke in der Gemeinde
gegeben ist. . Am Schlüsse seiner Arbeiten hat der Abschätzungscom-
missar in jeder Gemeinde die Ergebnisse seiner Ermittelungen Uber die
Klassiiication und die Auswahl der Probestücke in einem Protokolle
niederzulegen und dieses Protokoll dem Katasterbeamten zuzustellen,
welcher es der Communalbehörde zur Offenlegung in der Gemeinde
übersendet.
Die weitere Abschätzung der einzelnen Grundstücke einer jeden
Gemeinde in die durcli die Abschätzungscommission gebildeten Klassen
geschieht entweder durch einen der Abschätzungscommissare selbst, oder
durch eine neue Commission, welche aus drei Landwirthen besteht, von
denen zwei aus der einzuschätzenden und einer aus einer angrenzenden
Gemeinde genommen wird. Die Mitglieder dieser Commission werden
nach dem Vorschläge der Communalbehörde von der Regierung berufen
und von dem Landrath des Kreises durch Handschlag verpflichtet, die
Grundstücke der Gemeinde nach bestem Wissen und Gewissen in die
von der Abschätzungscommission bezeichneten Klassen einzuschätzen.
Vor Beginn der Arbeit werden die betheiligten Grundbesitzer durch be-
sondere Bekanntmachung eingeladen, der Einschätzung ihrer Grundstücke
beizuwohnen. Die Einschätzungscommission begeht sämmtliche Grund-
stücke und bestimmt für jedes die Klasse, welcher es nach Lage und
natürlicher Güte des Bodens im Vergleich zu den Normalstücken an-
gehört. Auch dieser Einschätzungscommission ist ein Katasterbeamter
beigeordnet, welcher sie begleitet, die Ergebnisse der Einschätzung in
die Karten oder Flurbücher einträgt und täglich über das Resultat der
Einschätzung ein summarisches Protokoll führt. Nachdem so die Grund-
stücke sämmtlicher Gemeinden eines Veranlagungsdistrictes eingeschätzt
sind, versammeln sich die Mitglieder der Abschätzungscommission im
Mittelpunkte des Districtes, um in gemeinsamer Berathung die Normal-
sätze für jede Gemeinde festzustellen, wonach die Berechnung des
steuerbaren Reinertrages stattfinden soll. Zu diesem Zwecke ist nament-
lich der Katasterbeamte beauftragt, während des Einschätzungsgeschäftes
alle Nachrichten, wie Pacht- und Kaufpreise, Rechnungen und Wirt-
schaftsbücher, Marktpreise, Vergleichungstabellen der Localmaasse gegen
die preussischen etc. zu sammeln, welche zur Feststellung des Rein-
ertrages der Grundstücke nöthig und nützlich sind. Auf Grund dieser
Unterlagen und der während des Veranlagungsgeschäftes gesammelten
Erfahrungen tlher die örtlichen Verhältnisse erfolgt die Feststellung der
Normalerträge für jede Gütergattung und jede Klasse. Nach der Ein-
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Zeidler. Da» preussische Grundsteuerkataster. 133
Schätzung der Grundstücke erfolgt diejenige der Gebäulichkeiten, von
welchen der Katasterbeamte ein besonderes Verzeichniss anzufertigen
hat. Hierbei wird zunächst der Grund und Boden, welchen die Gebäude
einnehmen, wie die erste Klasse des in der Gemeinde vorhandenen Acker-
landes eingeschätzt. Sodann werden die Miethspreise berechnet, welche
erzielt worden sind oder nach Vergleichung mit anderen thatsächlich
vcrmiethet gewesenen Gebäuden hätten erzielt werden können, und zwar
der Durchschnittsmiethspreis der letzten zehn Jahre. Von dem so er-
mittelten Roherträge wird ein Viertel abgezogen, um die Eigenthümer
für die Anlage und die Kosten der Unterhaltung zu entschädigen, sowie
ferner noch die Schätzung des Bodens, auf welchem die Gebäude stehen,
und der verbleibende Rest als steuerbarer Ertrag angehalten. Der auf
diese Weise ermittelte steuerbare Ertrag der Gebäude unterliegt noch
der Beschränkung, dass er nicht geringer sein darf, als
a. doppelt so hoch wie der Boden, auf welchem das Gebäude steht,
wenn es nur ein Erdgeschoss hat, oder
b. wenn es ausser dem Erdgeschoss noch ein Stockwerk hat, dreimal,
wenn es deren noch zwei hat, viermal so hoch u. s. w.
Dagegen werden gewerbliche Anlagen wie Schmieden, Schmelzöfen,
Wasser- und Windmühlen, Fabriken, Ziegelbrennereien und andere
Manufacturen jeder Art, sofern sie nicht ganz oder zum Theil als
Wohnung benutzt werden, nur einer einfachen Abschätzung unterworfen,
nämlich für den Boden, auf welchem sie stehen. Nachdem so die Fest-
stellung der Reinerträge durch die Abschätzungscommission erfolgt ist,
werden die sämmtlichen Verhandlungen nebst allen Unterlagen mit einem
Berichte des Katasterbeamten der Katastercommission eingereicht. Diese
prüft die ganze Arbeit in Bezug auf die Vorschriften der Einschätzungs-
anweisung sowie auf ihren inneren Werth überhaupt, und legt sie sodann
der Regierung vor mit einem Gutachten, ob die Abschätzung zu ver-
werfen oder als richtig und vorschriftsmässig anzuerkennen sei. Hier-
über entscheidet die Regierung definitiv und verfügt dementsprechend
das Weitere. Ist die Abschätzung von der Regierung als richtig an-
erkannt, so erfolgt das Publicationsverfahren der Vermessungs- und
Abschätzungsergebnisse nach dem auch gegenwärtig nocli bestehenden
Modus durch Ertheilung von Güterauszügen an jeden Grundbesitzer, nur
wird, um dem Letzteren die Möglichkeit zu geben, die Abschätzungs-
ergebnisse mit seinen eigenen Erfahrungen zu vergleichen, jedem Auszuge
eine Nachweisung des steuerbaren Reinertrages pro Morgen einer jeden
Klasse und Gütergattung beigefügt. Die Reclamationsfrist währt einen
Monat, und sind während dieser Zeit die Flurkarten und das Flurbuch
bei der Communalbehörde offengelegt. Nachdem die erhobenen Recla-
mationen erledigt sind, ist die Aufnahme des Katasters abgeschlossen.
Den Gemeinden werden folgende Katasterdocumente übergeben:
a. eine Mutterrolle, b. ein Flurbuch und c. eine Flurkarte, welche Ab-
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134 Zeidler. Das preussische Grundsteuerkataster.
Schriften resp. Copieen der Güterverzeichnisse, Flurbücher und Flurkarten
sind. Die Nachtragung des GUterwechsels und der sonstigen Ver-
änderungen in den bereits katastrirten Gemeinden wird, solange das
Verfahren in den zwei Provinzen noch nicht abgeschlossen ist, durch
einige von der Katastercommission hierzu besonders beauftragte Geometer,
später durch angestellte Fortschreibungsbeamte bewirkt. Am 10. März
1826 erschien „eine Instruction ilber das Verfahren bei Aufnahme und
Nachtragung der durch Güterwechsel oder sonst entstandenen Ver-
änderungen in den Grundsteuerkatastern“. Das Verfahren nach derselben
war folgendes: Der Fortschreibungsbeamte hat in jedem Jahre in jeder
Gemeinde zwei Fortschreibungstermine abzuhalten, den ersten im April
bezw. Mai, den zweiten im Juli bezw. August. Mindestens 8 Tage vor
Abhaltung des Termines ist der Zeitpunkt desselben durch den Bürger-
meister öffentlich bekannt zu machen. Die von den GrundeigenthUmem
zur Fortschreibung angemeldeten Parzellen trägt der Beamte, nachdem
er die Identität durch Nachschlagen in den Karten und Flurbüchern
festgestellt hat, in ein Fortschreibungsprotokoll ein, welches täglich ab-
zuschliessen und von dem Ortsvorstande, in dessen Gegenwart die Auf-
nahme der Erklärungen und die Unterschrift der Parteien geschehen
muss, mitzuunterzeichnen ist. Bei der Anmeldung einer Grundstücksthcilung
oder Grenzveränderung ist sogleich unter Zuhillfenahme der Karte ein
Handriss zu entwerfen, in welchem der seitherige Bestand mit schwarzer
Tinte verzeichnet wird, und die Veränderungen mit rother Tinte so
bestimmt nachzuweisen sind, dass auf Grund derselben die Karten mit
dem Felde wieder in Uebereinstimmung gebracht werden können. Ist die
Veränderung im Felde aufgemessen, so ist, wenn der Fortschreibungsbeamte
selbst die Messung ausgefllhrt hat, der Feldhandriss im Originale,
im anderen Falle in einer von dem Beamten beglaubigten Copie zum
Fortschreibungsprotokoll zu bringen. Wenn die EigenthUmer VermeBSungs-
material nicht vorlegen können, und auch die Eintragung in den Hand-
riss nach der mündlichen Erklärung nicht mit Sicherheit erfolgen kann,
hat der Beamte die erforderlichen Ermittelungen an Ort und Stelle
vorzunehmen. Grösse und Reinertrag der einzelnen Thcile ist auf den
Bestand der Urparzelle abzustimmen. Nach dem Schlüsse des Fort-
schreibungstermines hat sich der Beamte von dem Bürgermeister und
Steuerempfänger die demselben bekannt gewordenen Veränderungen
angeben zu lassen und behufs Fortschreibung derselben das Erforderliche
von Amtswegen zu veranlassen. Die durch die Form- und Bestandes-
veränderungen veranlassten Zu- und Abgänge hat der Fortschreibungs-
beamte festzustellen und die darauf bezüglichen Fortschreibungsverhand-
lungen vor Ausführung der Fortschreibung der Katastercommission der
Regierung zur Prüfung und Festsetzung einzureichen. Die Veranlagung
der Veränderungen in dem Bestände und Werthe von Gebäuden erfolgt
durch den Bürgermeister und die Steuervertheilcr, welche die Veranla-
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Zeidler. Das preussische Grundsteuerkataster.
135
gungsergebnisse in ein Protokoll eintragen und dieses Protokoll dem
Fortschreibungsbeamten behufs Mittheilung der Einschätzungsergebnisse
an die Interessenten zustellen. Reclamirt ein Gebäudebesitzer und
bescheidet sich nicht bei dem daraufhin eingeholten besonderen Gutachten
des Bürgermeisters und der Steuervertheiler, so erfolgt eine weitere
Untersuchung durch eine besondere Commission, zu welcher der Landrath
auf Vorschlag des Fortschreibungsbeamten einen, und der Reclamant
den anderen Experten ernennt. Dem Untersuchungstermine wohnen die
Ortsbehörde und der Fortschreibungsbeamte bei, welcher das Protokoll
zu fuhren hat. Die Reclamationsverhandlungen reicht der Fortschrei-
bungsbeamte mit einem Gutachten dem Landrathe ein, welcher sie der
Königl. Regierung zur Entscheidung vorlegt.
Die Gemeindebehörden sind verpflichtet das Fortschreibungsgeschäft
durch Belehrung und Vorladung der Parteien zur Anmeldung des Besitz-
wechsels nach Möglichkeit zu fördern und die in den Gemeindearchiven
zu deponirenden Copieen der Kartensupplemente etc. ebenso sorgfältig
aufzubewahren, wie die ursprünglichen Katasterdocumente.
Vorstehende Instruction erlitt in den nächsten Jahren infolge der
in der Praxis gemachten Erfahrungen mehrfache Abänderungen. Nach
der Instruction sollten zwei Fortschreibungstermine abgehalten werden.
Da jedoch die Interessenten in der Regel nur in dem letzten Termine
erschienen, wurde zur Erleichterung des Fortschreibungsbeamten von
dem doppelten Termine Abstand genommen, und für die Folge nur ein
Aufnahmetermin und zwar in den Monaten März bis Mai abgehalten.
Die Frist von acht Tagen vor dem Termine, während welcher der Fort-
schreibungsbeamte dem Bürgermeister von dem Termine Kenntniss zu
geben hatte, behufs Publication des Termines, wurde auf 14 Tage fest-
gesetzt, um die rechtzeitige Veröffentlichung des Termines zu sichern.
Die aufgenommenen Veränderungen wurden nur in der Mutterrolle
fortgeschrieben gemäss § 35 des Gesetzes vom 21. Januar 1839, welcher
besagt: „Auf Grund der jährlichen Veränderungsaufnahmen werden die
Mutterrollen berichtigt, die nöthigen Ergänzungen zu den Karten und
Flurbüchern angefertigt, und die hierbei sich ergebenden Katastererträge J
für jeden Regierungsbezirk, und für die westlichen Provinzen überhaupt,/
zusammengetragen. “ Die eingetretenen Veränderungen wurden infolge,
dessen in den Karten und Flurbüchern nicht nachgetragen, und wufde
es deshalb nach Verlauf von 15 bis 20 Jahren ungemein schwierig und
zeitraubend in den Aufnahmeterminen die Identität der zur Fortschreibung
angemeldeten Parcellen festzustellen, wie es nach der Instruction vor-
geschrieben war. Noch schwieriger und unsicherer war für den Ver-
waltungsbeamten, welchem die Ausfertigung der Auszüge aus den Kataster-
büchern oblag, die Ermittelung der Grenznachbaren, wenn von den
Interessenten die Angabe derselben in den Auszügen verlangt wurde.
Die Nothwendigkeit, auch die Karten und Flurbücher auf die Gegenwart zu
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136 Zeidler. Das preussische Griindsteuerkataster.
berichtigen, trat deshalb immer zwingender hervor, und es erschien infolge-
dessen am 25. Juni 1844 eine ministerielle Verordnung, welche bestimmte:
„1) Die seit dem Abschluss des Grundsteuerkatasters eingetretenen und
fernerhin vorkommenden Formveränderungen der Grundstücke
werden in unterscheidender Farbe in die Flurkarten der Gemeinde-
kataster eingezeichnet, wogegen Supplcmentkarten für diese Kataster
nur dann noch angelegt zu werden brauchen, wenn die Veränderungen
■ nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit in den Flurkarten dar-
zustellen sind.
2) Die Flurbücher werden durch Einschreiben der Mutterrolienartikel
der gegenwärtigen Besitzer, bei Formveränderungen aber durch
Einschreiben der Jahreszahl oder der laufenden Nummer des be-
treffenden Supplement-Flurbuches aut den Besitzstand der Gegenwart
gebracht, und ferner bei demselben erhalten.“
Auch hinsichtlich der Aufnahme der Theilungen und sonstigen Form-
veränderungen genügten die Vorschriften der Instruction nicht, um die
Fortführung des Katasters in der Genauigkeit der ursprünglichen Aufnahme
zu sichern. Zunächst häuften sich die Arbeiten der Fortschreibungs-
beamten derart, dass es denselben nicht möglich war, allen Anträgen
auf Theilungen zu entsprechen. Es wurden deshalb districtsweise be-
sondere Geometer mit der Ausführung der Messungen unter Controle
der Fortschreibungsbeamten beauftragt. Ferner war es nach der In-
struction statthaft, dass Theilungen nur nach Declaration der Grund-
besitzer ohne Messung in die Supplementhaudrisse eingetragen wurden.
In den meisten Fällen, in welchen derart verfahren war, stimmte die
Lage der Theilungslinien in den Karten nicht mit derjenigen im Felde.
Ausserdem kamen auch Abweichungen zwischen der Karte und dem
Besitzstände, welche theils auf Irrthümern, theils auf inzwischen bewirkten
Grenzveränderungen beruhten, nicht zu Tage. Es wurde deshalb un-
geordnet, dass Grenzveränderungen und Theilungen ohne örtliche Auf-
nahme nicht mehr fortgeschrieben werden durften. Als Unterlagen zu
den Aufnahmen wurden den Geometern aus den Karten Copieen der
Umringsgrenzen der zu vermessenden Grundstücke gegeben, welche nach
den Resultaten der Vermessung durch den Geometer zu Supplementkarten
lusgearbeitet werden mussten. Anfangs wurden diese Copieen durch
dü Fortschreibungsbeamten aus den im Gemeindearchive beruhenden
Reirfearteu entnommen. Da Letztere indessen vielfach fehlerhaft waren,
durften die Copieen später nur in dem Katasterbureau der Regierung
aus den Originalkarten entnommen werden. Für das Verfahren bei
Ausführung der Vermessungen behufs Fortschreibung des Güterwechsels
erschien unt?.rm 24. Mai 1844 eine besondere ministerielle Instruction,
welche im Wei^fdüOien folgende Anordnungen enthält: Diejenigen Fort-
schreibungsvennes8un8enJ welche von Amtswegen angeordnet werden,
müssen durch d,'e von den Königl. Regierungen ernannten Katastergeometer
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Zeidler. Das prenssischc Grundsteuerkataster.
137
ausgeführt werden. Diese Geometer sind verpflichtet, auch die ihnen
von den Grundbesitzern übertragenen Fortschreibungsvermessungen nach
den Vorschriften der Instruction und dem derselben beigegebenen Gebühren-
tarife auszuführen. Die Verraessungsanträge können bei dem Bürgermeister,
dem Fortschreibungsbeamten oder dem Katastergeometer gestellt werden.
Zur Aufnahme des Antrages dient die Vermessungsanmeldenachweisung,
und ist in derselben ein jeder Antrag von dem Anmeldeuden durch
Unterschrift anzuerkennen. Nach Abhaltung des Fortschreibungstermines
reicht der Fortschreibungsbearate sämmtliche Vermessungsanmeldenach-
weisungen, sowohl die von ihm angelegten, als auch die des Bürger-
meisters und des Katastergeometers, der Königl. Regierung ein zur
Anfertigung der Kartenauszüge. Diese Auszüge werden mittelst des
Pantographen in dem Maassstabe der Originalkarte gefertigt. Wenn
jedoch der Maassstab der Originalkarte zur deutlichen Darstellung der
Formveränderungen zu klein ist, wird der Auszug in einem angemessen
grösseren Maassstabe gefertigt. Die Auszüge gehen demnächst unter
Rückgabe der Vermessungsanmeldenachweisungen an den Fortschreibungs-
beamten zurück. Dieser übergiebt sie dem Katastergeometer, welcher
die Messung, Kartirung, Berechnung etc. auszuführen hat. Die Darstellung
der neuen Grenzlinien, sowie die Eintragung der Messungselemeute erfolgt
iu rother Tusche. Es ist eine doppelte Berechnung auszuführen, und
zwar die eine auf graphischem Wege nach der Karte, und die andere
unter möglichster Benutzung von Originalmessungszahlen. Der Geometer
hat über seine Geschäfte ein Tagebuch zu führen, aus welchem das
Datum des Empfanges und der Erledigung jedes Auftrages zu ersehen
ist. Die ausgeführten Fortschreibungsarbeiten hat der Geometer mit allen
Unterlagen wie Verhandlungen, Handrissen etc. nebst seinem Tagebuche
zur Revision und weiteren Bearbeitung an den Fortschreibungsbeamten
abzuliefern. Der Geometer ist verpflichtet, allen auf die Vermessung
im Allgemeinen, sowie auf die Revision der Arbeiten bezüglichen An-
ordnungen des Fortschreibungsbeamten pünktlich Folge zu leisten. Zeigt
sich ein Geometer unfähig und unzuverlässig, so berichtet der Fort-
schreibungsbeamte unter Vorlegung der Beweisstücke an die Königl.
Regierung, welche Uber die fernere Zulassung zu Katasterarbeiten oder
zur geometrischen Praxis überhaupt entscheidet.
Vorstehende Instruction wurde später durch eine neue vom 15. März
und 7. Mai 1858 ersetzt.
Weitere auf die Aufnahme und Fortführung dieses Grundsteuer-
katasters bezügliche bemerkenswerthe Erlasse sind:
1) Die Cabinetsordre vom 14. März 1825 die Uebertragung herrenloser
Grundstücke auf die resp. Gemeinde betreffend.
2) Die Bekanntmachung des Generaldirectors vom 10. Februar 1828
wegen Ertheilung von Auszügen aus den Grundsteuerkatastern;
(später ersetzt durch eine Instruction vom 22. Mai 1844).
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138 Zeidler. Das preussische Grnndsteuerkataster.
3) Die Declaration des Finanzministers vom 2. März 1828, betreffend
das Verfahren bei der Ermittelung und Feststellung der Katastral-
erträge zur Hebung der Zweifel und Missverständnisse über einige
Bestimmungen der Instructionen vom 11. Februar und 3. Juni
1822.
4) Die Instruction des Finanzministers vom 22. April 1828 wegen
Regulirung der Grundsteuercontingente und wegen der allgemeinen
Ausgleichung in den katastrirten Districten der westlichen Pro-
vinzen (siehe auch Cabinetsordre vom 7. April 1828).
5) Die Instruction des Finanzministers vom 14. Mai 1830 und Be-
kanntmachung desselben vom 25. Februar 1832 für das Verfahren
bei der Ermittelung und Berichtigung materieller Irrthümer in den
abgeschlossenen Katastern vom 28. März 1844.
Für die beiden westlichen Provinzen war also ein Grundsteuer-
kataster geschaffen, nach dessen Maassgabe die Grundsteuer den Be-
stimmungen des Gesetzes vom 21. Januar 1839 entsprechend erhoben
wurde. Zur Erhaltung des richtigen Verhältnisses zwischen dem er-
mittelten steuerbaren Reinerträge und dem thatsächlichen Ertrage der
Liegenschaften bestimmt § 26 dieses Gesetzes, „dass in der Folge von
Zeit zu Zeit eine Revision der Katastralabschätzungen der Gebäude und
cultivirten Grundstücke und eine Erneuerung der Karten, Flurbücher
und Mutterrollen stattiinden solle, und nähere Bestimmungen dieserhalb
einer noch zu ergehenden Verordnung Vorbehalten bleiben. Diese Ver-
ordnung wegen periodischer Revision des Grundsteuerkatasters der
Provinzen Rheinland und Westfalen erschien am 14. October 1844 und
bestimmte, dass mit der Revision am 1. Januar 1845 begonnen, und
dieselbe districtsweise in dem Zeitraum von 30 Jahren für sämmtliche
Gebäude und kultivirten Grundstücke durchgeführt werden solle. Zweck
der Revision sollte also sein die Katastralerträge mit den seit der Auf-
nahme des Katasters, sowie später mit den seit einer stattgefundenen
Revision in dem Ertrage der katastrirten Objecte eingetretenen Ver-
änderungen in Uebereinstimmung zu bringen, und die Verhältnissmässigkeit
dieser Abschätzungen untereinander herzustellen, wo dieselbe ursprünglich
nicht vorhanden, oder im Laufe der Zeit zerstört worden war. Ergaben
die Vorbereitungen für die Revision die Nothwendigkeit einer Neutnessung
der betreffenden Gemeinde theilweise oder ganz behufs Erneuerung der
Katasterkarten und -Bücher, so musste diese ausgeftthrt und fertiggestellt
sein, bevor mit der Abschätzungsrevision begonnen wurde. Die Neu-
messung war durch den Katasterinspector unter Vorlegung der Ergeb-
nisse der örtlichen Vergleichung und Untersuchung bei dem General-
director des Katasters in Antrag zu bringen, und dieser ordnete, wenn
die Nothwendigkeit dazu anerkannt wurde, die Neumessung an. Das
Revisionsverfahren wurde unter Leitung des Generalinspectors aus-
geführt.
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Zeidler. Das prenssisehe Grundstenerkataster.
139
a. von einer für jeden Regierungsbezirk zu bildenden Klassifications-
commission, bestehend aus einem Abschätznngsinspector und drei
Taxatoren,
b. von einer für jeden zur Revision gelangenden Verband zu bildenden
Klas8ificirung8commi8sion, bestehend aus einem Fortschreibungs-
beamten und drei Taxatoren.
Ueber das Verfahren bei diesen Revisionen erging gleichzeitig eine
besondere Instruction.
Ausserhalb des Turnus einer solchen Revision war zur Ausführung
einer Neumessung die Genehmigung des Finanzministers einzuholen. In
jedem Falle wurde die Ausführung einer Neumessung davon abhängig
gemacht, dass sich die betheiligten Grundbesitzer vorher verpflichteten
die Grenzen ihrer Privatgrundstücke unter Anleitung des mit der Messung
zu beauftragenden Geometers auf ihre Kosten durch Grenzsteine dauer-
haft vermarken zu lassen. Für das Verfahren bei Ausführung von Neu-
messungen behufs Erneuerung der Katasterkarten und Bücher erschien
am 25. August 1857 eine Instruction des Finanzministers.
Nach dem Erscheinen des Grundsteuergesetzes vom 21. Mai 1861
wurde die Verordnung vom 14. October 1844, betreffend die Revision,
am 26. September 1862 wieder aufgehoben.
Das für die westlichen Provinzen geschaffene Grundsteuerkataster
basirte demnach auf einer allgemeinen detaillirten Vermessung, und wurde
das Grundsteuergesetz erst nach dem Abschlüsse der Neumessung
— wenigstens in ihren Haupttlieilen — am 21. Januar 1839 erlassen.
Wesentlich verschieden hiervon ist die Beschaffung des Grundsteuer-
gesetzes für die östlichen Provinzen. Hier wurde die Grundsteuer nach
dem alten Modus weiter erhoben, bis durch das Gesetz vom 21. Mai 1861,
betreffend die anderweite Regelung der Grundsteuer, vom 1. Januar 1865
ab für die ganze Monarchie ein einheitliches Verfahren für die Vertheilung
und Erhebung der Grundsteuer eingeführt wurde. Zur Ausführung dieses
Gesetzes war ein Grundsteuerkataster für den ganzen Umfang der
Monarchie zu schaffen und diese umfangreiche Arbeit also in dem
kurzen Zeitraum von 3*/2 Jahren soweit zu fordern, dass die Erhebung
nach der neuen Veranlagung vom 1. Januar 1865 ab erfolgen konnte.
Dieses Ziel war nur zu erreichen durch praktische Ausnutzung aller sich
darbietenden Hülfsmittel und vorhandenen Unterlagen und Heranziehung
aller nur irgend brauchbarer Arbeitskräfte.
Die ganze Arbeit zerfiel naturgeraäss wieder in 2 Haupttheile, die
Einschätzung der Liegenschaften und die Anfertigung der Karten
und Bücher. Der letztere Theil musste vor Beginn der Einschätzung
soweit gefördert sein, dass den Einschätzungs - Deputirten Karten oder
Handzeichnungen behufs Eintragung der Einschätzungsergebnisse zur
Verfügung gestellt werden konnten.
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Zuidlcr. Das prcussischc Grundsteuerkatastcr.
Die oberste Leitung der sämmtlichen Arbeiten hatte der Finanz-
minister. Um die erforderliche Einheit in dem Zusammenwirken der
zahlreichen betheiligten Organe zu erhalten und den ununterbrochenen
Betrieb, sowie rechtzeitigen Abschluss der Geschäfte sicher zu stellen,
wurde für die Dauer des Geschäfts bei dem Finanzministerium eine
besondere Abtheilung unter dem Namen Central direction zur
RegclungderGrundsteuer gebildet. Dieser Abtheilung gehörten unter
der Direction eines Mitgliedes des Finanzministeriums an: a. fttr den ökono-
mischen Theil 4 Generalcommissarien, als welche 3 Beamte der land-
wirtschaftlichen Verwaltung und der seitherige Generalinspector des
rheinisch-westfälischen Grundsteuerkatasters berufen waren, b. fUr die Be-
arbeitung der forsttechnischen Einsehätzungsarbeiten ein Forstsachver-
ständiger, und c. fUr den technischen Theil ein Vermessungsinspector.
Ferner wurde unter dem Vorsitze des Finanzministers noch eine
Cen traleo mm issio n gebildet, in welche ausser den vorerwähnten
Generaleommissarien 4 vom Finanzrainistcr berufene Sachverständige als
Mitglieder eintraten, uud zu welcher ausserdem fUr jede Provinz 2 Mit-
glieder abzuordnen waren, von denen das eine durch das Herrenhaus, das
andere durch das Haus der Abgeordneten des Landtags der Monarchie
zu wählen war. Dieser Centralcommission lag die allgemeine Prüfung
aller Einschätzungsarbeiten, sowie die Behebung etwaiger Bedenken und
Fehler, und demnächst die endgültige Festsetzung der Einschätzungs-
resultate behufs definitiver Vertheilung der Grundsteuer - Hauptsummen
auf die einzelnen Provinzen ob. Ausserdem wurde für jeden Regierungs-
bezirk eine Bezirkscommission unter dem Vorsitze eines Bezirks-
commissars und für jeden landräthlichen Kreis eine Veranlagungs-
commission gebildet. Die Mitglieder der Bezirkscommission, deren
Zahl je nach dem Umfange des Regierungsbezirks verschieden war,
wurden zur Hälfte von den Provinziallandtagen gewählt und zur Hälfte
vom Finanzminister berufen. Aufgabe dieser Commission war es sich
durch Entsendung ihrer Mitglieder von den Boden- und wirthschaftlichen
Verhältnissen in den verschiedenen Theilen des Bezirkes und in den
benachbarten Regierungsbezirken möglichst genau zu unterrichten, bei
den Einschätzungsarbeiten in den Kreisen belehrend und berichtigend
mitzuwirken , über die gegen die Einschätzungsergebnisse erhobenen
Reclamationen endgültig zu entscheiden, und sich Uber die Gesammtheit
des Abschätzungswerkes für den Bezirk der letzten Instanz gegenüber in
eingehender Weise gutachtlich zu äussern. Der Vorsitzende Bezirks-
commissar wurde durch den Finanzminister bestellt und hatte ausser
seiner Thätigkeit in der Commission die ganze Geschäftsführung und die
Arbeiten der Veranlagungscommissionen in formeller und materieller
Beziehung unausgesetzt und in eingehendster Weise zu beaufsichtigen,
sowie dafür Sorge zu tragen, dass das Abschätzungswerk in einem
raschen ununterbrochenen Gange erhalten, und die für die verschiedenen
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Zeidler. Das preussische Gnindsteuerkataster.
141
Arbeitsstadien festgestellten Fristen pünktlich eingehalteu wurden. Inner-
halb der Kreise wurde die Einschätzung durch Veranlagungscommissionen
bewirkt, deren Mitglieder je nach der Grösse und den sonstigen Ver-
hältnissen der Kreise in der Anzahl von 4 bis 10 zur Hälfte von der
kreisständischen Versammlung gewählt und zur anderen Hälfte von dem
Bezirkscommissar berufen wurden. Vorsitzender war ein vom Finanz-
minister bestellter Veranlagungscommissar, welcher das ganze Veranlagungs-
werk innerhalb des Kreises nach allen Richtungen hin zu leiten und
zu überwachen, und für die gehörige, vollständige und rechtzeitige
Ausführung dieser Arbeiten unter eigener Verantwortung zu sorgen
hatte.
Der erste Theil des Einschätzungsgeschäftes bestand darin, für
jeden Kreis den Klassificationstarif festzustellen, welcher die wesentlichste
Grundlage des gesammten Abschätzungswerkes bildete. Zu diesem
Zwecke hatte jede Veranlagungscommission nach gewissenhafter Prüfung
und Vergleichung der im Kreise vorhandenen besten Grundstücke aller
Kulturarten mit den schlechtesten vorläufig zu bestimmen, wie viel
Klassen für eine jede Kulturart und mit welchen Reinerträgen in Geld
diese Klassen anzunehmen seien, um die wesentlichen im Kreise vorhandenen
Ertragsverschiedenheiten der Liegenschaften möglichst zutreffend zu er-
fassen und durch Anwendung dieser Ertragssätze auf die Gesammtheit
der Grundstücke den Reinertrag des Kreises der Wirklichkeit thunlichst
entsprechend ermitteln zu können. Ausserdem mussten hierbei gleichzeitig
für jede Bonitätsklasse einer jeden Kulturart und für alle in derselben
vorkommenden Bodenarten Musterstlicke in möglichst grosser Anzahl auf-
gesucht und derart bestimmt werden, dass sie jederzeit mit Leichtigkeit
wieder aufgefunden werden konnten. s
Die Ergebnisse dieser Einschätzung wurden sodann den Bezirks-
commissionen zur Prüfung vorgelegt, welche sich nicht nur darauf zu
erstrecken hatte, dass der Reinertrag der Grundstücke innerhalb der
Kreise durch die ermittelten Tarife zum richtigen Ausdruck gebracht
wurde, sondern namentlich darauf, dass zwischen den Tarifsätzen für die
einzelnen Kreise innerhalb des Regierungsbezirks die erforderliche Aus-
gleichung und Gleichmässigkeit herrschte. Nach dein Abschluss dieser
Prüfungsarbeiten war sodann das gesammte Material durch die Bezirkscom-
missionen mit einer eingehenden Begründung der Beschlüsse betreffs Fest-
stellung der einzelnen Tarife dem Finanzministerium einzureichen, welches
nach Ordnung dieses gesammten umfangreichen Materials dasselbe der
Centralcommission vorlegte, um hier erst die verhältnissinässige Gleichheit
der Klassitication Uber den ganzen Staat herzustellen. Hiermit war der
erste Hauptabschnitt des Einschätzuugswerkes abgeschlossen, und konnte
nunmehr zur Detaileinschätzung geschritten werden. Dieselbe erfolgte durch
die für jeden Kreis oder Klassificationsdistrict bestimmte Veranlagungs-
commission. Bevor jedoch mit der Einschätzung in einem Kreise begonnen
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142 JJeidler. Das preussische Grundstenerkataster.
werden durfte, wurde durch die Gesammtheit der Veranlagungscommission
unter der Leitung des Veranlagungscommissars eine durchgreifende
Revision der MusterstUcke ausgefübrt zur Beseitigung etwaiger Mängel
oder soweit erforderlich der Vermehrung der MusterstUcke; und ausserdem,
um die erforderliche Gleichmässigkeit in den Einschätzungen zu sichern,
sowie den Mitgliedern der Veranlagungscominifision Gelegenheit zur
Uebung in der richtigen Anwendung der Tarifsätze zu geben, in säramt
liehen Kreisen gemeinschaftliche Einschätzungen einer entsprechenden
Anzald von Gemeinden durch die ganze Commission ausgefUhrt. Nachdem
dieses geschehen, erfolgte die Vertlieilung der Gemeinden des Kreises
unter die einzelnen Deputationen zur weiteren Bearbeitung durch den
Veranlagungscommissar. Die Bestimmung der Tarif klassen für die einzelnen
Grundstücke musste mit steter Rücksicht auf die festgestellten Muster-
stUcke auf Grund sorgfältiger Untersuchung des Bodens an der Acker-
krume und im Untergründe erfolgen. Zur Eintragung der Ergebnisse
in die Karten war jeder Deputation ein Geometer beigegeben, welcher
dieselbe im Felde in den östlichen Provinzen in Oelpausen der Ge-
markungsurkarte (Coupons), in den zwei westlichen Provinzen in die
vorhandenen in den Gemeindearchiven beruhenden Copieen der Original-
katasterkarten bewirkte. An den Grenzen der Einschätzungsbezirke und
Kreise hatten die beiderseitigen Einschätzungsdeputirten möglichst im
Beisein des betreffenden Veranlagungscommissars die an den Grenzen
gelegenen Grundstücksmassen gemeinschaftlich zu begehen und sich über
deren Einschätzung nach Maassgabe der für die betreffenden Kreise fest-
gestellten Tarifsätze zu verständigen, und dadurch die nöthige Ueber-
einstimmung zwischen den von den verschiedenen Deputationen auszu-
flthrenden Einschätzungen herzustellen. Die Einschätzung der Holzungen
erfolgte durch besondere den Veranlagungscommissionen beigeordnete Forst’
sachverständige. Sobald die Einschätzung in sämmtlichen Gemeinden
eines Kreises beziehungsweise KlaBsificationsdistrictes vollendet, und die
Berechnung der durch die Einschätzung festgestellten Reinerträge nach
den Flächen der eingeschätzten Liegenschaften erfolgt war, wurden die
Ergebnisse nochmals durch die gesammte Veranlagungscommission einer
sorgfältigen Prüfung dahin unterzogen, ob die Gleichförmigkeit der
Einschätzungen zwischen den einzelnen Guts- und Gemeindefeldmarken
als vollständig gewahrt angesehen werden könnte, oder sich in dieser
Beziehung noch Bedenken herausstellten. Nach dieser Prüfung resp.
nach Behebung der hervorgetretenen Anstände erfolgte die im folgenden
Abschnitte zu erwähnende Publication der Ergebnisse durch Offenlegung
der Gemarkungsurkarte, der Einschätzungsregister für den ganzen Kreis,
sowie einer Abschrift des Einschätzungsregisters jeder Gemeinde während
einer Dauer von 4 Wochen. Die Einwendungen wegen unrichtiger
Einschätzung wurden event, an Ort und Stelle durch eine hierzu besonders
abgeordnete Deputation, welcher jedenfalls ein Mitglied der in der be-
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Zeidler. Das preussische Grundsteuerkataster.
143
treffenden Gemeinde thätig gewesenen Einschätzungsdepntation zuzutheilen
war, untersucht und die als begründet befundenen durch Beseitigung
der anerkannten Mängel erledigt. Die unerledigt gebliebenen Reclamationen
wurden mit eingehenden Gutachten der Bezirkscommission vorgelegt,
welche darüber endgültig zu entscheiden hatte. Hiermit waren die
Einschätzungsarbeiten erledigt, und lag nunmehr der Centralcommission
die endgültige Feststellung des Klassificationstarifes ob, und die Vertheilung
der Grundsteuerhauptsumme von 10 Millionen Thalern auf die einzelnen
Provinzen beziehungsweise ständischen Verbände.
Gehen wir nun zu dem geometrischen Theile der Arbeiten Uber, so
haben wir hierbei zwei ganz getrennt zu behandelnde Bezirke, nämlich
die zwei westlichen Provinzen und die übrigen Landestheile. In den
westlichen Provinzen war ein geordnetes, auf einer genauen Parcellar-
vermessung beruhendes Grundsteuerkataster vorhanden, und waren demnach
nur die Ergebnisse der neuen Einschätzung der Liegenschaften unter Beibe-
haltung der in den Katasterbüchern nachgewiesenen Flächeninhalte ein-
zuftihren. Hierbei wurde folgendermaassen verfahren:
Die Einsehätzungsergebnisse wurden im Felde in die in den Ge-
meindearchiven beruhenden Copieen der Originalkatasterkarten eingetragen
und hierbei gleichzeitig durch den die Einschätzungscommission begleitenden
Techniker die Karte bezüglich ihrer Uebereinstimmung mit dem Felde
geprüft. Die gefundenen Abweichungen, theils Irrthümer der früheren
Vermessung, theils Grenz- und Bestandesveränderungen , deren Fort-
schreibung wegen unterlassener Anmeldung unterblieben war, wurden
registrirt und im Wege der Fortschreibung berichtigt. Der geometrische
Theil der Arbeiten wurde ausgeführt unter Leitung der Katasterinspectoren
theils durch Katasterbeamte oder anderweit bei der Katasterverwaltung
beschäftigte Feldmesser und Vermessungsgehülfen, theils durch Personen,
welche früher bei der ursprünglichen Katasteraufnahme oder bei dem
späteren Fortschreibungsweseu beschäftigt, aber inzwischen in andere
Lebensstellungen Ubergegangen waren, theilweise auch durch Mitglieder
der Veranlagungscommissionen.
In den 6 östlichen Provinzen wurde die Leitung auch des technischen
Theiles des Veranlagungsgeschäftes für jeden Regierungsbezirk dem
Bezirkscommissar übertragen, welchem zu diesem Behufe ein technisch
qualifieirter Beamter (Obergeometer) beigegeben wurde. Letzterem lagen
neben der allgemeinen Ueberwachung sämmtlicher geometrischen Arbeiten
namentlich die örtlichen Revisionen und die Prüfung der Liquidationen
ob. Mit dem Fortschreiten der Arbeiten war es den Obergeometern
nicht mehr möglich die stetig zunehmenden Revisionsgeschäfte allein zu
bewältigen, und wurden ihnen deshalb zur Unterstützung bei den
häuslichen Arbeiten Feldmesser und geeignete Vermessungsgehülfen als
Assistenten überwiesen. Innerhalb der einzelnen Kreise wurde den Ver-
anlagungscommissaren neben der Leitung des Veranlagungsgeschäftes
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144
Zeidler. Das pretissische Grundstcnerkataater.
auch die Ueberwachnng des allgemeinen Ganges der geometrischen
Arbeiten übertragen, insbesondere die der Bestätigung des Bezirks-
commi8sars unterliegenden speciellen Geschäftspläne für die einzelnen
Feldmesser, die Ertheilung der geschäftlichen Aufträge an dieselben und
die Vermittelung des dienstlichen Verkehrs zwischen diesen und dem
Bezirkscommissar. Jedem Veranlagungscommissar wurde als technischer
Beirath, insbesondere zur Aufstellung der Geschäftspläne und bei Be-
urteilung technischer Fragen aus der Zahl der im Kreise beschäftigten
Techniker ein tüchtiger und zuverlässiger Feldmesser zugetheilt, welcher,
soweit er nicht durch diese Arbeiten in Anspruch genommen war, an
den allgemeinen Vermessungsarbeiten gleich den übrigen Feldmessern
Theil zu nehmen hatte. Ausser den Feldmessern wurden auch erprobte
Geholfen als selbstständige Feldmessergehülfen gegen 9/i0 der den Feld-
messern zustehenden Gebühren beschäftigt, auch den Feldmessern gestattet
bei den ihnen übertragenen Arbeiten unter ihrer eigenen Verantwortung
Privatgeliülfen und Zöglinge mitarbeiten zu lassen.
Bei der kurz bemessenen Frist war es natürlich ausgeschlossen, das
zu schaffende Grundsteuerkataster auf eine allgemeine Vermessung zu
basiren. Es mussten alle vorhandenen für die Zwecke der Grundsteuer-
veranlagung noch brauchbaren Specialvermessungswerke den herzu-
stellenden Gemarkungskarten zu Grunde gelegt werden. Zu diesem
Behufe wurde allen Behörden, Creditinstituten, Gemeinden und Privat-
personen gesetzlich die Verpflichtung auferlegt, die in ihrem Besitze be-
findlichen Flurkarten, Risse, Pläne etc., welche bei Ausführung des Ver-
anlagungsgeschäftes von Nutzen sein konnten, zur Benutzung zugänglich
zu machen, und kam, da dieser Verpflichtung mit wenigen Ausnahmen
bereitwilligst entsprochen wurde, ein umfangreiches Material, namentlich
an Forst-, Separations- und Gutskarten zusammen. Das vorliegende
Material wurde bezüglich seiner Brauchbarkeit einer eingehenden Prüfung
unterzogen und hierbei im Wesentlichen an dem Grundsätze festgehalten,
dass unter den obwaltenden Umständen alle Karteu genügen mussten,
welche die äusseren Grenzlinien der betreffenden Gemarkung richtig
darstellten, und durch Naclitragung der seit ihrer Anfertigung ent-
standenen Veränderungen mit der Wirklichkeit in Uebereinstimmung ge-
setzt werden konnten, ohne dass durch die hierzu erforderlichen Operationen
eben so grosse oder grössere Kosten entstanden, als eine Neumessung
erfordert haben würde. Betreffs der Karten, welche als nicht geeignet
zurückgewiesen wurden, musste die Unbrauchbarkeit in jedem Falle
durch den Obergeometer als vorhanden anerkannt werden. Das Er-
gebniss war, dass nur von 15,7 °/0 der Gesammtfläche der sechs öst-
lichen Provinzen eine Neumessung nothwendig war, und von dem Reste
die Flurkarten auf Grund des vorhandenen Materials gefertigt werden
konnten. Hierbei wurde derart verfahren, dass Gemarkungen gebildet
wurden, deren Umfang in der Regel mit dem Umfange der Gemeinde
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Zeidler. l)a» preussische Grundsteuer kataster.
145
oder selbständigen Gutsbezirke zusammenfiel , mit der Maassgabe,
dass
a. die von dem Hauptcomplex der den Gemeinde-, beziehungsweise
selbständigen Gutsbezirk bildenden Grundstücke entfernt liegenden
Theile (Enclaven) mit einem angrenzenden beziehungsweise mit
dem sie als Enclaven umschliessenden Gemeinde - oder selb-
ständigen Gutsbezirke zu einer Gemarkung zu vereinigen waren,
oder dass aus jenen Grundstücken, sofern sie einen grösseren
Umfang erreichten, eine besondere Gemarkung gebildet wurde,
und dass
b. das Gleiche geschehen musste, wenn Theile eines Gemeinde- oder
selbständigen Gutsbezirks, ohne gerade förmliche Enclaven zu
bilden, sich zungenförmig in einen anderen Gemeinde- oder selb-
ständigen Gutsbezirk weit hinein erstreckten, und dass, wenn die
Grundstücke zweier oder mehrerer Gemeinde- beziehungsweise
selbständigen Gutsbezirke im Gemenge lagen, aus sämmtlichen
Grundstücken eine Gemarkung zu bilden war.
Nach diesem Verfahren bildeten die Grundstücke einer Gemarkung
stets einen in sich geschlossenen, zusammenhängenden und thunlichst
abgeschlossenen Complex.
Bei Benutzung vorhandener Karten wurde zuerst auf Whatraan-
bogen von dem allgemein vorgeschriebenen Formate von 38 Zoll Länge
und 26 Zoll Breite eine Copie gefertigt und in derselben die Zeichnung
in feinen Linien von blasser chinesischer Tusche ausgeführt. Gleich-
zeitig wurde eine zweite Copie auf durchsichtigem Papier (sogenannter
Coupon) gefertigt und an der Hand dieser Coupons eine Feldvergleichung
bewirkt. Die hierbei entdeckten Abweichungen wurden aufgemessen
und in die vorläufige Gemarkungskarte einkartirt. Die definitive Aus-
arbeitung der Gemarkungskarte erfolgte derart, dass die neueingemessenen
Grenzzüge durch punktirte Linien in schwarzer Tusche kenntlich ge-
macht, die mit dem Felde übereinstimmenden Grenzlinien aber mit
scharfen schwarzen Tuschlinien überzogen, und endlich die im Felde
nicht mehr vorhandenen Grenzlinien gekreuzt wurden. Auf diese Art
und Weise entstand also der überwiegende Theil der Gemarkungs-
urkarten der östlichen Provinzen.
Die auszuführenden Neumessungen des noch übrig bleibenden
Theiles lagen in zu vielen kleinen einzelnen Complexen zerstreut, als
dass sie auf ein einheitliches trigonometrisches Netz hätten basirt werden
können. Ein solches ist nur in drei Bezirken gelegt und zwar:
a. in der Grafschaft Glatz im Regierungsbezirke Breslau in einem
Flächenraum von etwa 30 Quadratmeilen,
b. in den Kreisen Landeshut, Bolkenhain, Schönau, Hirschberg,
Löwenburg und Lauban des Regierungsbezirkes Liegnitz, nebst
Zeitschrift für Vermeesungewesen. 1SS2. Heft 5. 10
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146
Zeidler. Das preussische Orundsteuerkataster.
einigen Theilen der angrenzenden Kreise in demselben Bezirke
mit einer Fläche von etwa 40 Qaadratmeilen, und
c. in einem Theile des Kreises Wernigerode im Regierungsbezirke
Magdeburg mit einer Fläche von etwa 3 Quadratmeilen.
Die Triangulation im erstgenannten Complexe ist durch den General-
stab der Armee, der beiden anderen Complexe durch Feldmesser des
Neuvermessungspersonales ausgeführt.
Auch die Neumessungen von geringerem Umfange sind auf ein
Dreiecksnetz basirt und hierbei die Länge der Seiten entweder durch
Winkelmessung oder in ebenem Terrain auch durch Seitenmessung
bestimmt.
Von der Herausgabe einer allgemeinen Instruction fUr das Ver-
fahren bei der weiteren Bearbeitung ist Abstand genommen in der Er-
wägung, dass es namentlich in Berücksichtigung der für die Fertigstellung
gestellten kurzen Frist vorzuziehen sei, den einzelnen Feldmessern,
natürlich unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Obergeometers, die
Wahl der von jedem anzuwendenden Vermessungsmethode zu über-
lassen, da der in einer gewissen Methode geübte Feldmesser auch dann,
wenn diese Methode an sich unvollkommen ist, dennoch oft gute Resultate
erzielt, indem er durch seine lange Erfahrung und Gewandtheit die
Mängel der Methode ausgleicht. Infolgedessen finden wir zur Messung
der Winkel der Polygonzüge mehr die Boussole angewendet, als den
Theodoliten. In ebenen Gegenden und, wo es sich um die Vermessung
kleiner Flächen handelte, haben auch Aufnahmen ohne Benutzung eines
jeglichen Wiukelinstrumentes stattgefunden, natürlich auch unter Zu-
grundelegung von Dreiecken, deren Seiten ebenfalls durch Längen-
messung bestimmt wurden.
Die Flächenberechnung erfolgte in den neugemessenen Gemeinden
durch doppelte Einzelberechnung event, eine Berichtigungsberechnung
und durch eine Massenberechnung. Das Mittel der Einzelberechnungen
wurde als wirklicher Flächeninhalt angenommen. Schwieriger war
dieses Arbeitsstadium in den nicht neugemessenen Gemeinden. liier
musste für jede der durch Copirung vorhandener Karten, welche alle
von sehr ungleichmässiger Güte waren, der gegenwärtige Maassstab er-
mittelt werden, und nahmen die nothwendigen Untersuchungen und die
Zusammenstellung aller in Berücksichtigung zu ziehender Verhältnisse
sehr viel Zeit in Anspruch.
Nach dem Abschluss der Berechnungsarbeiten wurde für jede Ge-
markung ein Einschätzungsregister angelegt, welches getrennt nach
Liegenschaftscategorien sämmtliche Parcellen- resp. Flächenabschnitte
unter Angabe ihrer Kulturart, Klasse und ihres Flächeninhaltes nachwies.
Ausserdem wurde eine Klassenzusammenstellung gefertigt, welche den
Gesammtumfang der einzelnen Kulturarten und Klassen ergab. Zur
Controle ihrer Richtigkeit wurden diese beiden Register in zwei
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Zeidler. Das preussische Grundsteuerkataster.
147
Exemplaren und zwar durch verschiedene Arbeiter aufgestellt. Das eine
Exemplar beider Register wurde in den Gemeinden zur Einsicht der
Betheiligten und Anbringung von Einsprüchen offengelegt. Ein Gleiches
geschah ausserdem kreisweise bezüglich der Gemarkungskarten und Ein-
schätzungsregister sämmtlicher Gemeinden.
Die gegen den geometrischen Theil der vorgelegten Katastrirungsergeb-
nisse gerichteten Einwendungen wurden untersucht, und soweit Behebung
durch Berichtigung der hervorgetretenen Mängel möglich war, durch die
Veranlagungscommission erledigt. Diejenigen Reclamationen, deren Er-
ledigung durch die Veranlagungscomraission nicht erfolgen konnte, wurden
ebenso wie die gegen die Einschätzung gerichteten mit einem Gutachten
des Obergeometers der Bezirkscommission zur endgültigen Entscheidung
vorgelegt.
Mit der endgültigen Erledigung der Reclamationen war die Aufnahme
des Grundsteuerkatasters vollendet, und bedurfte es nun nur noch der
Anfertigung der zur VVeiterfUhruag des Katasters zu schaffenden Documente,
des Flurbuches, der Mutterrolle, des Artikelverzeichnisses und der Ge-
markungsreiukarten. Für das Verfahren bei Fortführung dieser Documente
betreffs aller vorkommenden Eigenthums-, Form- und Bestandesveräuderungcu
wurden unterm 17. Januar 1867 vorläufige Anweisungen I bis VII
erlassen, welche später durch die definitiven Anweisungen vom 31. März
1877 ersetzt wurden.
In den infolge des Krieges von 1866 dem Königreiche Preussen
einverleibten Landestheilen wurde, wie bereits im ersten Theile erwähnt
ist, das preussische Grundsteuergesetz von 1861 durch Gesetz vom
11. Februar 1870 eiugeführt, und als Zeitpunkt der neuen Grundsteuer-
erhebung der 1. Januar 1875 festgesetzt. Die hierdurch bedingte Be-
schaffung des GrundBteuerkatasters erfolgte theils, soweit brauchbares unter
der seitherigen Verwaltung beschafftes Material vorlag, durch Uebernahme
desselben, zum grössten Theile jedoch durch vollständige Neumessuug.
Für den ersten Fall erschien eine Specialauweisuug vom 22. April I860
für das Verfahren bei Benutzung der im Regierungsbezirk Cassel vor-
handenen Grundkataster und Specialkarten für die Zwecke der ander-
weiten Regelung der Grundsteuer, sowie eine gleiche Anweisung für den
Regierungsbezirk Wiesbaden von demselben Tage.
Für das Verfahren bei Ausführung der Neumessungen erschien:
a) ein Erlass vom 7. Mai 1868, betreffend die Einrichtung des Ver-
messungswesens bei Vorbereitung der Ausführung des Gesetzes
vom 21. Mai 1861 wegen audcrweiter Regelung der Grundsteuer in
den Provinzen Schleswig-Uolstein, Hannover und Hessen-Nassau, und
b) eine Anweisung vom 7. Mai 1868 für das Verfahren bei den Ver-
messungsarbeiten zur Vorbereitung des Gesetzes vom 21. Mai 1861,
betreffend die auderweite Regelung der Grundsteuer in den Pro-
vinzen Schleswig-Holstein, Hannover und Hessen-Nassau.
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148
Zeidler. Das preussische GrundsteuerkataBter.
Mit der oberen Leitung und Ueberwacliung der Vermessungsarbeiten
innerhalb jeder der Provinzen Schleswig-Holstein und Hannover, nnd
eines jeden der Regierungsbezirke Cassel und Wiesbaden war ein von
dem Finanzminister ernannter besonderer Commissar betraut. Zur Unter-
stützung und Vertretung in Abwesenheit«- und Behinderungsfällen, sowie
zur Revision der geometrischen Arbeiten wurde diesem Commissar ein
Katasterinspector zugeordnet. Die Ausführung der geometrischen Ar-
beiten erfolgte durch Vermessungspersonale unter Specialleitung und
Aufsicht von Personalvorstehern oder durch einzelne Feldmesser. Die
Personale bestanden aus Feldmessern und technischen Hülfsarbeitern.
Zöglinge, welche sich zur Ausbildung in den auszufllhrenden Arbeiten
meldeten, konnten mit Genehmigung des Commissars des Finanzministers
von dem Personalvorsteher angenommen werden, und wurden dann durch
Letzteren geeigneten Mitgliedern des Personales zur Ausbildung Uber-
wiesen. Sobald die Zöglinge die zur selbständigen Ausführung der
Vermessungsarbeiten oder einzelner Theile derselben erforderlichen Kennt-
nisse und sonstigen Eigenschaften erworben hatten, wurden dieselben
als Mitglieder in das Personal aufgenommen. Im weiteren Fortgang
der Arbeiten wurde sogar, um dem dringenden Mangel an Arbeits-
kräften abzuhelfen, durch eine allgemeine Verfügung des Finanzministers
an sämmtliche Ministerialcommissare vom 30. October 1869 IV 15400
bestimmt, dass jedem geodätischen Techniker, welcher
a) einen Zögling für die Stuckvermessungsarbeiten vollständig aus-
gebildet hat, eine einmalige Belohnung von 50 Thalern, wenn er aber
b) einen Zögling nur für die gesammten Kartirungsarbeiten oder für
die gesammten Flächenberechnungsarbeiten vollständig nusgebildet
hat, eine einmalige Belohnung von 25 Thalern
gezahlt werden konnten.
Als Längenmaass ist nicht mehr die preussische Ruthe, sondern das
Meter zu Grunde zu legen, und werden demgemäss auch die Flächen-
inhalte der Grundstücke in Hectaren, Aren und Quadratmetern ausgedrückt.
Den Neumessungen ist in der Regel ein trigonometrisch bestimmtes Dreiecks-
netz zu Grunde zu legen. Eine Ausnahme hiervon ist nur zulässig:
a) wenn die neuzumessende Gemarkung oder mehrere an einander
grenzende Gemarkungen einen geringeren Flächenraum als 500 ha
umfassen, rings von nicht neu zu messenden Gemarkungen umgeben
werden, und eine leicht nutzbar zu machende Triangulation nicht
vorhanden ist, oder
b) wenn es sich um die Vermessung eines Waldcomplexes in ebenem
Terrain handelt, und der Aufnahme des Dreiecksnetzes wesentliche
Hindernisse entgegenstehen würden.
Die Seitenlänge beträgt bei Dreiecken
I. Ordnung 20 000 m und darüber
II. Ordnung 10 000 m bis 20 000 m
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Zeidler. Das preussische Grundstcuerkataster.
149
III. Ordnung 3 OOO m bis 10 000 m
IV. Ordnung weniger als 3 000 m.
An das Dreiecksnetz schloss sich das Polygonnetz, bei welchem die
Winkel mit dem Theodoliten, und die Seiten durch Längenmessung be-
stimmt wurden. Die Züge waren so zu legen, dass sie sich den
Grenzen der Gemarkung bezw. des Kartenblattes soweit anschlossen, dass
diese Grenzen von den Polygonseiten aus aufgemessen werden konnten.
Zu Polygonpunkten sollten nach Möglichkeit Grenzsteine oder sonstige
geeignete Festpunkte gewählt werden. An das Polygonnctz schloss sich
das Liniennetz für die Stückvermessung. Die Kartirung erfolgte in den
Maassstäben 1 : 2000, 1 : 1000, 1 : 500 und ausnahmsweise bei Kartirung,
umfangreicher Waldungen etc. in 1 : 4000. Von den beiden Einzel-
berechnungen war die erste thunlichst unter Benutzung der Original-
messungszahlen au8zuftihren, während die zweite auf graphischem Wege
erfolgte. Zur Prüfung der Einzelberechnungen und namentlich, um
Sicherheit dafür zu erlangen, dass nicht Parcellen oder Theile von Parcellen
zu berechnen übersehen waren, erfolgte eine Massenberechnung derart,
dass eine entsprechende Anzahl von Parcellen, welche einen geschlossenen
und möglichst in sich abgerundeten Complex bildeten, berechnet und
mit dem Ergebniss der Einzelberechnungen verglichen wurde. Ausser
dieser Berechnung in Massen, erfolgte noch eine Berechnung des Gesammt-
flächeninhaltes aller auf einem Kartenblatt dargestellten Parcellen in
einer Masse dergestalt, dass I. unmittelbar aus den Coordinaten der
Polygonpunkte der Flächeninhalt des von den Polygonseiten ein-
geschlossenen Polygons berechnet, und II. die Zu - und Abgänge gegen
dieses Polygon unter Benutzung der Originalmessungszahlen ermittelt
wurden. Der so ermittelte Gesammtflächeninhalt war als der wirkliche
Flächeninhalt anzusehen, und wurde auf denselben das arithmetische
Mittel der beiden Einzelberechnungen reducirt.
Für das Verfahren zur Einschätzung der Liegenschaften erschien
unterm 17. Februar 1870 eine Zusammenstellung der gesetzlichen Vor-
schriften Uber das Verfahren bei Ermittelung des Reinertrags der
Liegenschaften behufs anderweiter Regelung der Grundsteuer in den
Provinzen Schleswig -Holstein, Hannover und Hessen -Nassau, sowie
in dem Kreise Meisenheira, und ausserdem Uber das Ausführungsverfahren
eine Anweisung vom 2. März 1872 für das Verfahren bei der Einschätzung
der Liegenschaften behufs anderweiter Regelung der Grundsteuer in
den genannten Bezirken.
Im Verlauf der Arbeiten erschien unterm 16. Februar 1870 noch
eine «technische Anleitung zur Ausführung einzelner Theile der bei den
Grundsteuervermessungsarbeiten vorkommenden trigonometrischen und
polygonometrischen Rechnungen“ mit ausgeführten Beispielen und Er-
läuterungen hierzu.
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150 Ketzer. Längenrcgulirung von Messstangen ^Messlatten).
Mit dem Abschlüsse dieser Arbeiten war das Grundsteuerkataster
fitr den derzeitigen Bestand der ganzen Monarchie vollendet. Grössere
Vermessungen zum Zwecke der Grundsteuerveranlagung hatten für die
Folge nicht mehr stattzufinden. Es werden jedoch bis gegenwärtig in
den verschiedensten Bezirken, soweit sich das Bedtlrfniss herausstellt,
Erneuerungen des Katasters auf Grund vollständiger Neumessungen jedoch
unter Beibehaltung der seitherigen Einschätzung bewirkt.
Ueber das Verfahren bei Ausführung zukünftiger Neumessungen
erschien in den siebziger Jahren ein Entwurf zu einer Anweisung für
das Verfahren bei der Erneuerung der Karten und Bücher des Grund-
steuerkatasters, welchem am 25. October 1881 die definitive Anweisung
in 3 Theilen folgte und zwar:
Anweisung VIII für das Verfahren bei Erneuerung der Karten und
Bücher des Grundsteuerkatasters,
Anweisung IX für die trigonometrischen und polvgonometrischen Arbeiten
bei Erneuerung der Karten und Bücher des Grundsteuerkatasters,
und
Anweisung X betreffend die Einrichtung des Vermessungs Wesens bei
Ausführung der Arbeiten behufs Erneuerung der Karten und
Bücher des Gruudsteuerkatasters.
Die Vorschriften dieser Anweisungen dürfen bei jedem Landmesser
als bekannt vorausgesetzt werden. Es sei hier nur gestattet, kurz auf
einen wesentlichen Fortschritt zu Gunsten der dauernden Erhaltung und
sachgemässen Fortführung der ursprünglichen Aufnahme hinzu weisen;
nämlich die unterirdische Vermarkung nicht nur der trigonometrischen
und polygonometrischen Punkte, sondern des ganzen Liniennetzes der
Uraufnahme also sämmtlicher End -und Kreuzungspunkte der Messungs-
linien durch senkrecht gestellte Drainröhren. Durch Anschliessung
sämmtlicher Nachtrags -und Fortschreibungsvermessungen an dieses ver-
markte Liniennetz der Uraufnahme ist die Möglichkeit geboten, alle
Ergänzungsmessungen ohne jede Weiterung in strengster Conformität
mit der Urvermessung zu vollziehen, und auf diese Weise die nachträglich
entstandenen Grenzlinien mit der Genauigkeit der Urkarte in letztere
einzutragen. Ausserdem wird hierdurch die Wiederherstellung verloren
gegangener und verschobener Grenzlinien in exacter Ausführung ermöglicht.
Zeidler, KatasteraasistenL
Längenregulirung von Messstangen (Messlatten);
von Stadtgeometer Ketzer.
Vor Beginn einer Vermessung ist eB Pflicht, die zu handhabenden
Messstangen auf ihre Genauigkeit zu prüfen, da bei neuen Stangen
seltener, bei gebrauchten aber fast immer eine Differenz gegen das
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Fetzor. Längenregulirung von Messstangen (Messlatten).
151
Norraalmaass sicli ergiebt. Um nun diese zu heben, mussten bei den
bisher allgemein im Gebrauch verwendeten Stangen die Kappen von
einem Schlosser abgenommen und auf das richtige Maass versetzt werden,
was aber besonders auf dem Lande nicht immer richtig vorgenommen
werden konnte, weil erstens oft kein geeigneter Handwerksmann in der
Nähe ist und zweitens die Reparaturen nicht immer genau genug aus-
geflihrt werden. Es wurden daher speciell bei kleineren Maassdifferenzen
von dem Vermessenden, um Umständlichkeiten zu vermeiden, die Stangen
verwendet, wie sie gerade zur Hand waren.
Fig. i.
Flg. 2.
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152 Fetzor. Längenregulirung von Messstangen (Messlatten).
Um diesen Uebelständen abzuhelfen, hat der Unterzeichnete, wie
in der beigegebenen Fig. 1 auf 8. — ersichtlich, Messstangen construirt
bei welchen er die Metallenden zuerst annähernd richtig auf dem Holz
festmacht und danu erst mittels des Zäpfchens d genau justirt, so dass
Hülse c auf Zäpfchen d festgebremst die ganze Stange des Normalmaasses
hat, worauf die Eintheilung der Stange erfolgt. Bei dem Gebrauch
kann nun die Hülse c nicht weiter zurück, sie könnte aber, trotzdem
sie in scharf geschnittenem Gewinde von ganz geringer Ganghöhe läuft,
sich nach auswärts drehen und so eine Verlängerung herbeifuhren. Um
dies zu verhindern, wird die zweite Hülse, welche ein entgegengesetztes
Gewinde von ebenfalls geringer aber andere Ganghöhe hat, auf die
Hülse c so fest nachgeschraubt, dass keine Verrückung mehr Vorkommen
kann, es wirkt also so die Hülse als Contrebremse gegen c. Diese
gegenseitige Verschraubung ist mit der Hand, ohne Zuhülfenahme eines
Schraubenschlüssels, leicht vorzunehmen, da die Hülsen aussen randirt
sind. Die letzteren können nicht verloren werden, da am Ende der
Hülse gegen b ein Ringelten aufgelöthet ist.
Durcli den Gebrauch werden aber auch diese Stangen schwinden
und gegen das Normalmaass abweichen. Aber gerade darin liegt nun
ein Hauptvortheil dieser Patentstangen, dass dieselben auf dem Felde
jederzeit ohne einen Handwerksmann zu Hülfe nehmen zu müssen auf
das richtige Maass gestellt werden können, wie in nachfolgender An-
wendung auseinandergesetzt ist. Bei der Anwendung wird die Hülse c so
weit ausgeschraubt, bis die Normallänge erreicht ist, worauf die Contre-
bremsehülse c wieder auf Hülse c nachgeschraubt und so letztere fest-
geklemmt wird.
Bei Messungen von Linien auf geneigtem Boden müssen, da man
ja ihre Horizontalprojectionen misst, die jetzt gebräuchlichen Messstangen
abgelothet werden. Wie nun jeder Fachmann weise, ist dieses Absenkeln
dadurch, dass sich die Stangen einschlagen und auch in ihrer Auflage
leicht verrücken, sehr ungenau und bei kleinen Steigungen fast gar nicht
anwendbar, so dass das sogenannte „Zugeben“ in Anwendung kommt,
d. h. die Stangen werden in die schiefe Ebene gelegt, und um die
Horizontalprojection der Stangenlange zu erhalten, wird zwischen den
Stangen schätzungsweise je nach dem Gefall Luft gelassen. Diese Art
der Längenraessung ist, wie jeder Vermessungstechniker weise, ebenfalls
ungenau. Aber auch diesem Uebelstande kann mit den patentirten Mess-
stangen, was als ein weiterer Hauptvortheil derselben hervorzuheben ist,
abgeholfen werden, so dass bei grösseren Meliorations-, Fluss-, Eisenbahn-,
Strassenvermessungen etc. die Basis genau in ihrer Horizontalprojection
dadurch gemessen werden kann, dass die Stangen in der schiefen Ebene
aneinandergelegt werden, nachdem sie zuvor durch Schraubung der
Hülsen um so viel verlängert werden, als die procentuale Steigung des
Vermessungsobjectes auf eine Stangenlange beträgt.
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Lucdccke. Scherer’s Rechentafel mit graph. Darstollung dor Zahlenwerthe. 153
Bei der Anwendung wird die Hülse e zuerst ausgeschraubt, die
Hülse b hierauf auf den Procentstrich der Scala eingestellt, welche der
Steigung des zu vermessenden Objectes entspricht, worauf die Hülse c
zurUckgeschraubt wird bis sie die Hülse b als Contremutter festklemmt.
Dieses Verfahren findet bei neu construirten Stangen statt, bei
durch den Gebrauch eingegaugenen Messstangen muss aber zugleich der
constante Fehler derselben weggeschafft werden. Dies geschieht dadurch
(s. Fig. 2), dass zwischen der Hülse b und c so viele Millimeterringchen
eingelegt werden, als der Stange Millimeter fehlen. Diese Ringelten ver-
schieben sich stets mit den Hülsen, daher, wenn auf beliebige Procent-
steigung eingestellt, auch der Stangenfehler stets entfernt ist.
Bei der Anwendung wird die Hülse b auf den Nullstrich eingestellt,
alsdann wird die Stangenlänge mit dem Normalmaass verglichen; zeigt sich
ein Fehler, wie z. B. in Fig. 2 ein solcher von 3 Millimeter eingezeichnet
ist, so wird die Hülse b zurückgeschraubt und so viel Millimeterringchen
bei e zwischen b und c eingelegt als der Stange Millimeter fehlen,
aldann ist, wenn Hülse b wieder auf den Nullprocentstrich eingestellt
und die Hülse c gegen b zurück- und festgeschraubt ist, das Normal-
maass vorhanden, worauf dann die Einstellung auf der Procentscala je
nach BedUrfniss wieder gemacht und die gegenseitigen Festbremsungen
wie schon oben beschrieben vor sich gehen.
Aus obiger Ausführung ist ersichtlich, dass diese patentirten Mess-
staugen, sowohl was die Genauigkeit als auch das Praktische in ihrer An-
wendung anbelangend bieten, ein bedeutender Sprung vorwärts sind und
zu exacten Vermessungen, wie sie heutzutage vorgeschrieben sind, un-
entbehrlich werden.
Biberach (Oberschwaben), den 17. Juni 1891.
L. Fetzer, Stadtgeometer.
Scherer’s Rechentafel mit graphischer Darstellung
der Zahlenwerthe.
In Anschluss an unsere Mittheilung Uber die Rechenapparate von
Billeter, Seite 346 ff. vorigen Jahrgangs, sandte uns Herr Steuerrath
Scherer in Cassel eine von ihm construirte und durch Lithographie ver-
vielfältigte Rechentafel, welche von demselben bereits im Anfang der
siebenziger Jahre entworfen und seitdem von ihm und einer grösseren
Zahl unter seiner Leitung beschäftigten Landmesser mit bestem Erfolge
benutzt worden ist.
Die uns übersandte Tafel, welche vorzugsweise für die Benutzung
auf dem Felde bestimmt, jedoch auch in der Stube recht gut zu ge-
brauchen ist, besteht aus einer Quadrattafel und der eigentlichen loga-
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154 Luodecke. Scherer's Rechentafel mit graph. Darstellung der Zahlenwerthc.
rithmographischen Rechentafel. Die eratere hat eine Grösse von 33 zu
44 cm, ist auf Pappe geklebt und zum Zusammenklappen auf Acten-
format (33 zu 22 cm) eingerichtet. An 20 senkrechten Linien sind die
Wurzelzahlen von 0,00 bis 100,00 und ihnen gegenüber die dazuge-
hörigen Quadratzahlen maassstäblich aufgetragen, so dass man ohne zu
blättern oder zu rechnen jede Zahl sofort in das Quadrat erheben oder
aus jeder die Quadratwurzel ansziehen kann. Ein Lacküberzug schützt die
Tafel vor den Einflüssen der Witterung; zusammengelegt dient dieselbe
als Mappe für die eigentliche Rechentafel, welche nach dem Princip
des Rechenschiebers ganz ähnlich wie die Tafel von Billeter einge-
richtet ist.
Das Format der Tafel ist 33 zu 21 cm, die logarithmische Theilung
ist auf 20 von oben nach unten laufenden Linien angetragen, wobei die
ganze Länge der Theilung, die von 10 bis 100 1,50 Meter beträgt, in
10 gleiche Stücke zerlegt ist, welche auf die parallelen Linien von unten
nach oben aufgetragen sind. Um in alllen Lagen des Schiebers ablesen
zu können, ist in der Verlängerung jedes Theilungsstücks das nächst-
folgende nochmals angetragen, so dass die ganze Theilung von 10 bis
100 im Ganzen viermal vorhanden ist.
Die Theilung der Tafel ist sehr sauber und präcise ausgeftthrt,
die Theilstriche sind fein und scharf; jedoch auch bei gewöhnlicher Be-
leuchtung in der Stube ohne Anstrengung deutlich zu erkennen.
Der Schieber hat 18 zu 12 cm Grösse und besteht aus einem
dünnen und elastisch-biegsamen, schwach bräun lichgofärb ten aber schön
durchsichtigen Glimmerblatt, auf dessen Unterseite die auf schwach
grüngefärbte8 Papier gedruckte Theilung aufgeklebt ist. Die einzelnen
Streifen haben 5 mm Breite, lassen je 5 mm Zwischenraum zwischen
sich und verlaufen selbstverständlich von oben nach unten. Legt man
den Schieber auf die Tafel, so erscheint die Tafeltheilung in den Zwischen-
räumen der Schiebertheilung.
Um auch die Zahlenwerthe der Mantissen ablesen zu können, was
z. B. für das Ausziehen von Wurzeln nöthig ist, sind links von der
ersten und links von der letzten Theilung Maassstäbe angebracht, auf
welchen man die 2. bis 4. Stelle der Mantisse ablesen kann, während
die erste Stelle immer unter der betreffenden Reihe der Theilung ange-
schrieben ist.
Wir haben mit dieser Tafel einige Zeit gearbeitet — jedoch nur
in der Stube — und dieselbe mit der von Billeter M l4/4, die wir ge-
wöhnlich benutzen, verglichen und gefunden, dass sich mit ersterer recht be-
quem arbeiten lässt. Der Schieber der Scher er’schen Tafel lässt sich,
da das Glimmerblatt dünn und leicht ist, bequem mit einer Hand in
alle gewünschten Stellungen bringen, so dass die rechte Hand zum
Schreiben frei bleibt. Die Ablesung geschieht leicht und sicher. Nach-
dem wir im Gebrauch derselben entsprechende Uebung erlangt hatten,
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Häussermann. Messstabhalter.
155
haben wir zur Feststellung der Genauigkeit dieselben Zahlenbeispiele
berechnet, welche in dem citirten Artikel tiber Billeter’s Rechenapparate
angeführt sind und dabei erhalten: bei der Berechnung der Beispiele
1. Band XVI. S. 57 einen mittleren Fehler von 0,025 °/R
2. Band „ 8. 303 „ „ „ „ 0,016 «/„
3. d. vorig. Jahrg. S. 350 einen mittleren Fehler von 0,010 °/o
4. desgl. mit einer anderen Tafel gerechnet 0,013 %
im Durchschnitt etwa 0,015 %
oder 1 : 6666
also beinahe dasselbe Resultat wie mit der grösseren Tafel von
Billet er M 44/4.
Wenn man die saubere Theilung der Tafel von Scherer mit der
der kleineren von B illeter vergleicht, die etwa dasselbe Format hat, aber
ziemlich nachlässig ausgeführt ist, so wird man von vornherein der
Meinung sein, dass mit ersterer auch eine wesentlich grössere Genauigkeit
erreichbar wäre als mit der letzeren.
Die ausgefllhrten Versuche haben diese Vermuthung vollständig be-
stätigt. Geringe Ungleichmässigkeiten der Theilung, wie solche durch
Verziehen des Papiers beim Aufkleben entstehen können, scheinen
übrigens keinen erheblichen Einfluss auf die Genauigkeit des Resultats
auszuüben, wie wir durch Rechnung mit verschiedenen nicht ganz fehler-
losen Schiebern, die uns Herr Steuerrath Scherer speciell für diesen
Zweck überlassen hat, feststellen konnten. Es beträgt auch hier im
dritten Rechnungsbeispiel, dessen Zahlen so gewählt sind, dass möglichst
alle Stücke der Theilung zur Verwendung kommen, der mittlere Fehler
nur ca. 0,030 °/0, und es spricht diese Erfahrung nicht nur für die
Brauchbarkeit des untersuchten Exemplars, sondern noch mehr für die
Brauchbarkeit des Apparats im Allgemeinen.
Wir empfehlen denselben unseren Collegen zur Benutzung um so
lieber, als der Preis desselben einschliesslich der Wurzel- und Quadrat-
tafel, von dem Herrn Scherer direct bezogen, nur acht Mark beträgt,
während Billeter’s Tafeln nicht weniger als 35 und 60 Mark kosten!
Luedecke , Grossh. Kulturingenieur in Mainz.
Messstabhalter. *)
Patentirt im Deutschen Reiche (Nr. 58 785) vom 16. Januar 1S91 ab.
Patentinhaber Geometer Häussermann in Strassburg.
Der Mangel an einer geeigneten Vorrichtung, mittelst welcher ein
Messstab auf die Mitte eines Grenzsteines, auf Strassen, überhaupt da,
*) Eine ähnliche, allerdings etwas urwüchsigere (auch nicht patontirte)
Vorrichtung ist bei den bayerischen Städtemessungen (unter dem Namen „Spinne“)
seit Jahren im Gebrauch. Die Red. Sts.
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156
HäusBcrmann. MesBStabhalter.
wo derselbe keinen Halt hat, senkrecht aufgestellt werden kann, hat
sich im Vermessungswesen immer mehr fühlbar gemacht. Der in Fach-
kreisen wiederholt geäusserte Wunsch nach dem Besitze eines solchen
Instrumentes hat mich veranlasst, auf die Sache näher einzugehen, und
es ist mir gelungen, nach mehrfachen Versuchen ein Instrument herzu-
steilen, welches diesem Zwecke vollständig entspricht und vom Kaiserlichen
Patentamte uuter dem Namen „Messstabhalter“ patentirt worden ist.
Der Messstabhalter besteht, wie
aus nebenstehender Zeichnung ersicht-
lich ist, aus einem kleinen Stativ,
dessen drei bewegliche Ftlsse in einem
Ring von fünf Centimeter Durchmesser
eingeschraubt sind. Auf diesem Ring
ruht ein Kugelgelenk, durch welches
der Messstab durchgeschoben ist und
pendelnd getragen wird, so dass sich
derselbe von selbst senkrecht stellt
und mittelst einer Schraube beliebig
höher oder niederer gestellt werden
kann. Das Kugelgelenk hat einen
Arm, welcher durch eine auf dem
Stativ angebrachte drehbare Nuss ver-
schiebbar und um dieselbe drehbar
ist, wodurch die genaue Einstellung auf
dem gegebenen Punkte mit Leichtigkeit
erfolgen kann.
Mittelst dieses Messstabhalters
lässt sich sehr rasch und genau ar-
beiten. Das centrische und senkrechte
Aufstellen der Messstäbe auf Grenzsteinen, auf Eisenbahnachspflöcken,
Polygon- oder Dreieckspunkten, das Abstecken einer Messungslinie in
Ortslagen oder auf harten Strassen, was seither nur mit viel Mühe und
Zeitaufwand mangelhaft ausgeflihrt werden konnte, bietet jetzt keine
Schwierigkeit mehr; in wenigen Minuten ist mittelst dieses Instruments
eine Messungslinie hergestellt, ohne dass die Strassen in irgend einer
Weise beschädigt werden. Der Wind oder sonstige Erschütterungen
können keinen Einfluss ausüben, indem das Kugelgelenk als Bremse für
den Messstab dient.
Der Messstabhalter ist sehr bequem mitzuflihren, indem die drei
FUsse des Statives, welche aus dünnem Eisendraht hergestellt sind, ab-
geschraubt werden können und der übrige Theil leicht in der Tasche
nachzutragen ist.
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BUcherschau.
157
Der Messstabhalter kann einschliesslich Messstab um den Preis
von 15 Mark geliefert werden und es werden Bestellungen bei dem
Unterzeichneten entgegengenommen.
Auf Wunsch wird der Messstabhalter den Behörden zur Ansicht
und Probe übersendet.
Häussermann, Geometer.
Bücherschau.
Der selbstthätige Universalpegd in Swinemiinde System Seibt-Fuess von Prof.
Dr. Wilhelm Seiht, ständiger Hiilfsarbeiter im Königl. Ministerium der
öffentlichen Arbeiten. Berlin 1891. Verlag von W. Ernst & Sohn.
An Stelle des im Jahre 1870 in Swinemünde aufgestellten und 1887
durch ein Brandunglück zerstörten selbstzeichnenden Pegels ist nunmehr
der in der vorliegenden Schrift behandelte Apparat getreten. Dieser
Universalpegel, construirt nach den vom Verfasser aufgestellten Principien
von R. Fuess gestattet 1) das unmittelbare Ablesen der Wasserstände,
2) die Aufzeichnung der Wasserstandscurve, 3) die Integration der Wasser-
standsfläche, 4) und 5) das telephonische Abhören und chronoskopische
Ablesen der Wasserstände, endlich 6) eine directe Controle jeder be-
liebigen Beobachtung und 7) die Beobachtung etwaiger Höhenänderungen
des Apparates. Zur Erreichung dieser Zwecke wird die Schwimmer-
bewegung übertragen 1) auf ein Zeigerwerk, sodaas die Wasserstände
auf einem an der Aussenseite des Pegelhauses angebrachten Zifferblatt
direct abgelesen werden können, 2) auf eine horizontalgleitende, den
Zeichenstift tragende Schiene, wodurch die Wasserstandscurve gewonnen
wird, 3) vermittelst einer Scheibe von besonders berechnetem schnecken-
förmigen Umfang auf einen horizontalgleitenden Wagen und mittelst
dieses wieder auf die obere Linse des Doppelpendels, welches als Inte-
grator wirkt. Der Gang dieses Pendelwerkes wird bei steigendem
Wasserstand beschleunigt und bei sinkendem verlangsamt und zwar so,
dass die Differenzen zweier auf einander folgenden Wasserstände pro-
portional sind den entsprechenden Differenzen der zugehörigen Peudel-
Bchläge für einen bestimmten Zeitraum. Der mittlere Wasserstand für
ein bestimmtes Intervall ergiebt sich damit aus der an einem Zählwerk
abgelesenen Summe der zugehörigen Pendelschläge nach einer einfachen
die Constanten des Apparates berücksichtigenden Formel. Die Ver-
bindung des Gehwerkes des Pendels mit einem Mikrophon und einer
Contaetvorrichtung ermöglicht das telephonische Abhören bezw. chrono-
skopische Ablesen der Wasserstäude nach für diese Zwecke besonders
berechneten Tabellen.
Bonn, Januar 1892. Iieinhertz.
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158
Gesetze und Verordnungen.
Gesetze und Verordnungen.
Der Staatsanzeiger flir Württemberg Nr, 34 vom
11. Februar 1891 enthält folgende Königliche Verordnung, betreffend
die Organisation des Steuercollegiums:
§ 1.
Die Centralbehörde fllr die Verwaltung der dirccten und indirecten
Staatssteuern, sowie der Zölle und Reichssteuern bildet das Steuer-
collegium.
§ 2.
Hei dem Steuercollegium werden zwei Abtheilungen errichtet:
das Steuercollegium,
Abtheilung für directe Steuern,
für die Verwaltung der directen Steuern, insbesondere der Grund-,
Gebäude- und Gewerbesteuer, einschliesslich der Leitung und
Aufsicht Uber die Erhaltung und Fortführung der Primär-
kataster und Flurkarten, sowie der Capital-, Renten-, Dienst-
und lierufseinkommensteuer, ferner flir die Verwaltung der Accise, der
Hundeabgabe , der Erbschafts- und Scheukungssteuer , sowie der
Sporteln und Gerichtsgeb Uhren ;
das Steuercollegium,
Abtheilung für Zölle und indirecte Steuern,
für die Verwaltung der Abgabe von Wein und Obstmost, der Malz-
steuer, sowie der Zölle und Reichssteuem einschliesslich der statistischen
Gebühr.
§ 3.
Verwaltungsgegenstände und Personalangelegenheiten, welche beide
Abtheilungen des Steuercollegiums gemeinsam betreffen , gehören zu
dem Geschäftskreis des Gesammtcollegiums.
Die nähere Abgrenzung des Geschäftskreises des Gesammt-
collegiums, sowie der Geschäftsgang bei demselben und bei den beiden
Abtheilungen werden durch eine von dem Finanzministerium zu er-
lassende Geschäftsordnung geregelt.
§ 4.
Dem Gesammtcollegium (§ 3), sowie jeder der beiden Abtheilungen
des Stenercollegiums (§ 2) kommen in unmittelbarer Unterordnung unter
das Finanzministerium die Rechte und Pflichten eines Landescollegiums
zu. Sie vertreten innerhalb ihres Geschäftskreises die Verwaltung in
allen Rechtshandlungen und Rechtsstreitigkeiten.
Jede der beiden Abtheilungen übt innerhalb des Geschäftskreises
die Function der Directivbehörde im Strafverfahren wegen Zuwider-
handlungen gegen die Zoll- und Steuergesetze aus.
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Personalnachrichten.
159
§ 5.
Die beiden Abtheilungen für directe Stenern und fllr Zölle und
indirecte Steuern bestehen je aus einem Vorstand mit den Befugnissen
eines Collegialdirectors und der erforderlichen Zahl von Käthen und
Assessoren; jeder dieser Abtheilungen wird die nöthige Anzahl von
Revisoren zugetheilt und das erforderliche Personal fllr Canzleizwecke
fUr den Dienst beim Secretariat, bei der Registratur und dem Schreib-
tisch beigegeben.
Der Abtheilung für directe Steuern ist ausserdem
noch das Katasterbureau mit der lithographischen Anstalt
und die Katasterkasse unterstellt.
§ 6.
Das Gesammtcollegium besteht aus sämmtlichen Mitgliedern der
beiden Abtheilungen für directe Steuern und für Zölle und indirecte
Steuern unter dem Vorsitz des dienstälteren oder in dessen Verhinderung
des anderen Abtheilungsvorstands.
Der Vorsitzende bestellt aus dem Personale der beiden Abtheilungen
die Referenten und das erforderliche Canzleipersonal und sorgt für die
bureaumässige Vorbereitung der zur collegialischen Berathung zu
bringenden Gegenstände, sowie für die Ausfertigung und Vollziehung
der gefassten Beschlüsse.
Zu einem gültigen Collegialbeschluss wird die Gegenwart von
mindestens drei Mitgliedern aus jeder Abtheilung ausser dem Vorsitzen-
den erfordert. Der Vorsitzende hat nur bei Stimmengleichheit eine
Stimme abzugeben.
§ 7.
Diese Verordnung tritt mit dem 1. April 1892 in Wirksamkeit.
Personainachrichten.
Königreich Preussen. Finanzministerium. Die Kataster-
secretäre Linden in Königsberg und Schmelzer in Düsseldorf, sowie
die Katastercontroleure Antoni in Dortmund, Bliess in Gerdaueu,
Goetjes in Coesfeld, von Graffen in Plön, Holste in Salzwedel,
Itschert in Diez, Knappstein in Lippstadt, Kristen in Paderborn,
Lyhme in Schleswig, Schaefer in Berlin, Sommer in Stargard in
P. und Wenzel in Ileilsberg sind zu Steuerinspectoren ernannt worden.
Königreich Preussen. Ministerium für Land wirtli schuft,
Domänen und Forsten. Die Landmesser, Vermessungsrevisoren
Mantels zu Verden, Engelke zu Nienburg, Werner I. zu Oste-
rode a. H., Kerkhof zu Osnabrück, Kreutzträger zu Göttingen,
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Vereinsangelegenhciten.
160
Voebein zu Osterode a. H„ Hedler zu Northeim uud Helferich
zu Hannover sind zu Oberlandmesseru ernannt worden.
Grossherzogthum Oldenburg. Se. Königl. Hoheit der Gross-
herzog haben geruht dem Vermessungseonducteur Steen ken zu Fries-
oythe zum Vermessungsinspector zu ernennen.
Vereinsangelegenheiten.
Aus Veranlassung des 50 jährigen Amtsjubiläums Sr. Excellenz
des Präsidenten des Grossherzoglich Mecklenburgischen Forst- und
Kammer-Collegii, des Herrn
Freiherrn von Netteiblatt
zu Schwerin hat die Unterzeichnete Vorstandschaft an Se. Excellenz
die Bitte gerichtet, dem Deutschen Geometerverein fortan als Ehren-
milglied angehören zu wollen.
Se. Excellenz hat dieser Bitte Folge gegeben und ist in die Zahl
der Ehrenmitglieder des Vereins eingetreten.
Die Vorstandschaft des Deutschen Geometervereins.
L. Winckel.
Am 19. d. M. verschied nach langen schweren Leiden der
Herr Steuerrath K e rs c h b aum zu Coburg, der langjährige Kassirer
des Deutschen Geometervereins. Er hat die Kassengeschäfte von
der Gründung des Vereins an geführt, bis ihn die Krankheit,
welche zu seinem Ableben geführt hat, im Anfänge dieses Jahres
nöthigte, dieselben niederzulegen.
Friede seiner Asche!
Inhalt.
Grössere Mittheilungen: Das prenssische Grundstcnerkatastcr, von Zeidler.
(Fortsetzung und Schluss). — Liingenregulirung von Mossstangen (Messlatten),
von Stadtgeometer F e tze r. — Scherer's Rechentafel mit graphischer Darstellung
der Zahlen werthe, von Luedecke. — Messstabhalter, von Geometer
lläussermaun in Strassburg. — Bücherschau: Der selbsttliätige Universalpegel
in Swinemünde von Prof. Dr. Wilhelm Seibt. — Gesetze und Verordnungen. —
Personalnachrichten. — Vereinsangelegenheiten.
Verl»« von Conrad Wittwer, Stuttgart. — Druck von Qebrüder Jinecke in Hannover.
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161
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover, Steuer-Rath in Mönchen.
1892.
Heft 6. Band XXI.
*-i 15. März. — —
Aus den Verhandlungen des preussischen
Abgeordnetenhauses über den Etat des Ministeriums für
Landwirtschaft etc.
Dem stenographischen Bericht über die Berathungen des Etats-
Entwurfs der landwirtschaftlichen Verwaltung entnehmen wir Folgendes:
Zu Titel 5. Abgeordneter Mies: Meine Herren, ich hatte die
Absicht, bei diesem Titel Uber das Dienstverhältniss der Landmesser
bei den Specialcommissionen zu den Comraissarien einige Ausführungen
zu machen; ich habe aber davon abstehen müssen, weil ich nicht wohl
bin. Ich möchte aber doch den Herrn Minister wenigstens bitten, in
Erwägung ziehen zu wollen, ob dieses Dienstverhältniss gegenwärtig
nicht eine Aenderung verlangt.
Nach den bisher maassgebenden Bestimmungen hat der Commissar
die Aufsicht und die Leitung der Arbeiten der Landmesser, er trägt
sogar die Verantwortung für diese Arbeit einzig, und zwar nicht allein
die Verantwortung für den Fortgang und für die endliche Erledigung,
sondern für den wesentlichen und sachlichen Inhalt dieser Arbeit. Nun
ist bekannt, die Specialcommissare verstehen von diesen technischen
Dingen gewöhnlich nichts, — das ist kein Geheimniss, das bestreiten
die Herren Oommissare gewöhnlich selbst nicht — ; die Einrichtung,
wie sie demnach hier auf diesem Felde besteht, ist keine vernunftge-
mässe, ist eine vernunftwidrige. Es entstehen daraus eine Menge von
Unzuträglichkeiten; und wer die Kosten dieser Unzuträglichkeiten
schliesslich bezahlt, das sind die, in deren Interesse gearbeitet wird.
Ich möchte also den Herrn Minister bitten, in diesem Dienstver-
hältniss, soweit es möglich sein wird, Aenderungen zu treffen.
Dann, meine Herren, wollte ich mir gestatten, dem Herrn Minister
eine Bitte der Generalcommissionslandmesser vorzulegen, in Betreff der
bei ihrer Anstellung für die Berechnung ihres Dienstalters und Gehaltes
massgebenden Grundsätze. Als vor mehreren Iahren eine so grosse
Zeitschrift für Vermesgnngswesen. 1 *592 Heft«. 11
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162 Aus den Verhandlungen des preussischen Abgeordnetenhauses
Arbeitsvermebrung bei den Generalcommissionen eintrat, dass man auch
auf die Vermehrung der laudmesserischen Kräfte Bedacht nehmen
musste, da wurden aus den verschiedenen Verwaltungen die verfüg-
baren Kräfte zusammengesucht und zur vorläufigen Verwendung einge-
stellt. Diejenigen, die sich in dieser ihrer Stellung nun bewährt haben
und darin beibehalten worden sind, sollen jetzt nach Maassgabe des
Etats allmählich zur dauernden Amtsstellung kommen. Da erheben sich
nun Schwierigkeiten bei Erörterung der Frage, von welchem Zeitpunkt
ab fllr jeden Einzelnen das Dienstalter zu berechnen und demgemäss
das Gehalt zu berechnen sei.
Meine Herren, ich dächte, das Richtige wäre gewesen, dass man
für die Entscheidung dieser Frage das Datum des Landmesserpatentes
hätte maassgebend sein lassen. So weit ich mich erinnere, ist es so
bei der Katasterverwaltung im Jahre 1865 geschehen, als nach Be-
endigung der Grundsteuerveranlagungsarbeiten fllr die Fortführung des
Katasters mit einem Male die Anstellung von 400 — 500 Kataster-
controleuren nothwendig wurde.
Aus dieser Art der Erledigung der Angelegenheit ist, so viel ich
weiss, keine Klage laut geworden. Jetzt scheint man im Ressort des
landwirthschaftlichen Ministeriums anders verfahren zu sein; namentlich
scheint man zwischen mittelbarem und unmittelbarem Staatsdienst eine
feine Unterscheidung getroffen zu haben, und zwar so, dass viele der
älteren Landmesser, die nicht das Glück hatten, bis dahin in unmittel-
barem Staatsdienste zu stehen, unmittelbar im Aufträge der Staats-
behörden zu arbeiten, im übrigen aber zu dienen kaum angefangen
haben. Diese Unterscheidung soll beruhen auf einem Erlasse vom
28. Januar 1875. Ich kenne diesen Erlass nicht, aber so viel steht
fest, dass er eine ganze Menge von Unzufriedenheit erregt.
Ich möchte den Herrn Minister bitten, diesen Erlass auf seine
Folgen hin einer Revision zu unterziehen und den schreiendsten Uebel-
ständen, die er hervorgerufen hat, AbhUlfe zu verschaffen.
Endlich, meine Herren, habe ich an die Königliche Staatsregierung
noch eine kurze Frage zu richten in Bezug auf die Amtskostenent-
schädigung der Vermessungsbeamten bei den Generalcommissionen. In
dem vorjährigen Etat sind zu dem Zwecke durchschnittlich 450 Mark
für einen Vermessungsbeamten ausgeworfen worden. Es wird mir nun
mitgetheilt, dass im Bezirk der Generalcommission zu Düsseldorf nur
150 bis 250 Mark, im Bezirk der Generalcommission zu Bromberg 220
bis 270 Mark für einen Beamten zur Austheilung gelangt sind. Es
fragt sich nun: warum sind nicht diese vollen 450 Mark zur Vertheilung
gelangt? Die Beamten sind darüber in Ungewissheit und wünschen dar-
über eine Aufklärung oder, was ihnen viel lieber wäre, die volle Aus-
zahlung der ausgesetzten Summe.
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Uber den Etat des Ministeriums fiir Landwirtschaft etc. 163
Ich möchte den Herrn Minister bitten, mir darüber eine beruhigende
Antwort ertheilen zu wollen.
Vicepräsident von Benda: Der Herr Regiernngscommissar hat
das Wort.
Regierungscommissar Geheimer Oberregierungsrath Sterneberg:
Meine Herren, wenn ich zunächst mit der letzten der von dem Herrn
Vorredner gestellten drei Fragen beginne, so betrifft dieselbe die Amts-
ko8tenentschädignng. Er hat gefragt, warum die Amtskostenent-
schädigung den Vermessung8bearaten der Generalcommissionen nicht im
vollen Betrage des Durchschnitts von 450 Mark ausgezahlt würde. Ich
glaube, dass in dieser Beziehung ein Irrthum vorliegt. Es ist aller-
dings fUr die Landmesser der Generalcommissionen die Amtskosten-
entschädigung auf den durchschnittlichen Betrag von 450 Mark festge-
setzt. Aus diesem Betrage müssen zunächst die Kosten der Rechen-
gehülfen bezahlt werden. Solche Rechengehülfen, welche zwar nicht
von jedem, aber von vielen Landmessern beschäftigt werden, beziehen
Remunerationen in verschiedener Höhe; dieselben steigen zum Theil
auf eine Höhe von 1000, 1100, oder gar 1200 Mark. Diese Remn-
nerationen müssen zunächst von dem Gesammtbetrage der den Ver-
messungsbeamten zu gewährenden Amtskostenentschädigung abgesetzt
und kann der Rest erst auf den einzelnen Landmesser vertheilt werden.
Es ist selbstverständlich, dass der sich alsdann ergebende Betrag
niedriger ist, als der im Etat vorgesehene Durchschnittsbetrag von
450 Mark. Wenn der Herr Vorredner die Denkschrift, die dem vor-
jährigen Etat beigefügt war, durchsehen möchte, so wird er finden, dass
die durch die Bezahlung der Rechengehülfen entstehenden Unkosten
aus dem für jeden Vermessungsbeamten festgesetzten Durchschnitts-
betrage von 450 Mark gedeckt werden müssen.
Was die zweite Anfrage betrifft, so richtet sich dieselbe dahin,
welche Dienstzeit den Landmessern bei Normirung ihrer Gehälter an-
gerechnet werde. Ich darf hierbei vorweg bemerken, dass den Land-
messern der Generalcommission bei ihrer Pensionirung die Staatsdienst-
zeit in vollem Umfange angerechnet wird, einerlei, ob diese Zeit im
Dienste der Generalcommission oder einer andern Staatsbehörde zuge-
bracht ist.
Etwas anders verhält es sich mit der Anrechnungsfähigkeit der
Dienstzeit bezüglich des Aufrückens im Gehalt. Als zum ersten Male
für die ganze Monarchie die Reihenfolge der Landmesser der General-
commissionen festgesetzt wurde, wurde denselben die ganze Staatsdienst-
zeit angerechnet; dagegen nicht die Privatdienstzeit. Der Herr Vor-
redner spricht nun von einem mittelbaren Staatsdienst. In der Regel
ist ein derartiger Dienst kein Staatsdienst gewesen, sondern reiner
Privatdienst in der Art, dass der betreffende Landmesser von einem
staatlich angestellten Landmesser beschäftigt und besoldet wurde. Diese
11*
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164 Aus den Verhandlungen des preussischen Abgeordnetenhauses
Zeit konnte bei der Festsetzung der Anciennitätsliste nicht berück-
sichtigt werden, während in anderen Fällen, wo es zweifelhaft war,
ob Staatsdienst oder Privatdienst vorlag, möglichst zu Gunsten des
Staatsdienstes entschieden ist.
In neuerer Zeit ist die Sache so geordnet, dass die Reihenfolge
der Landmesser bei den Generalcommissionen in den Diäten und Ge-
haltssätzen nach dem Tage des Eintretens in den Dienst der General-
commission geregelt wird; dasselbe geschieht bei der Katasterver-
waltung; man ist hierbei von der Auffassung ausgegangen, dass die
Auseinandersetzungslandmesser mit den Katasterbeamten vollständig
gleichgestellt werden sollen.
Schliesslich ist der Herr Abgeordnete bei seiner ersten Anfrage
von der Auffassung ausgegangen, dass der Commissar die Aufsicht und
Leitung über die Landmesser bei den Specialcommissionen habe und
dass diese Aufsicht und Leitung sich so weit erstrecke, dass sogar der
Commissar die Verantwortung für die geometrisch-technische Ausführung
der Landmesserarbeiten habe. So wenigstens habe ich den Herrn
Vorredner verstanden. Diese Ansicht kann ich nicht als richtig aner-
kennen. Der Specialcommi8sar hat zwar eine Aufsicht und die allge-
meine Geschäftsleitung der Specialcommission, aber ein unmittelbarer
Eingriff in die geometrisch-technische Ausführung der Landmesser-
arbeiten steht ihm nicht zu, dafür ist nur der Landmesser verantwort-
lich; der Commissar kann daher in Beziehung auf die geometrisch-tech-
nische Ausführung der Arbeiten Anweisungen nicht geben. In dieser
Beziehung stebt der Landmessor nur unter der Aufsicht und Leitung des
betreffenden Vermessungsinspectors beziehungsw. der Generalcommission.
Zu Titel 8 erörterte der Herr Abgeordnete Dr. Dünkelberg zu
nächst die Notwendigkeit und die Vortheile einer Canalisation und
Aufstauung der Ems durch Nadelwehre (gegenüber der projectirten
Anlage eines Seitencanals) und fährt dann fort:
Ich möchte bei dieser Gelegenheit betonen, wie wichtig es ist
diese Öden Strecken und namentlich auch, wie ich schon angedeutet
habe, die Sandländereien einer besseren Kultur entgegenzuführen, und
dass dies nur geschehen kann, wenn die Meliorationspläne nicht bloss
von den Baubehörden, die wenig oder nichts von der Landwirtschaft
verstehen können, zur Ausarbeitung gelangen, sondern wenn in dieser
Beziehung Landwirthe und Kulturingenieure entsprechend mitwirken
könnten. Das ist seither in viel zu geringem Maasse der Fall gewesen,
weil es Uebung ist, dass sich das Ministerium der öffentlichen Arbeiten
in dieser Beziehung von ausser ihm stehenden Personen keine Rath-
schläge ertheilen lassen will. Aber wenn das geschähe, wenn ein Zu-
sammenarbeiten ermöglicht würde, so unterläge es keinem Zweifel, dass
gerade dadurch die Landwirtschaft und die Wasserwirtschaft ganz
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über den Etat des Ministeriums fUr Landwirtschaft ete. 165
ausserordentlich gefördert werden könnten. Allerdings müsste dabei
auch das landwirtschaftliche Ressort wesentlich mitwirken. Es ist ja
garnicht zu verkennen, dass in dieser Beziehung schon viel geschieht,
dass schon in früherer Zeit Meliorationsbauinspectoren bestellt worden
sind, und gewisse Instanzen gebildet worden sind, um die Landwirthe
zu berathen. Aber auf der andern Seite hat die Erfahrung gelehrt,
wieviele auch missglückte Meliorationen durch die Baubeamten geplant
und durchgeführt sind, weil, wie bis dahin die Sache liegt, die land-
wirtschaftlichen Gesichtspunkte bei weitem nicht in genügendem Maasse
von den entscheidenden Baubehörden gekannt sind. Es ist das kein
persönlicher Vorwurf für dieselben, weil darin tüchtige Baubeamte Sitz
und Stimme haben, deren bautechniscbes Wissen und Wollen gewiss
nicht verkleinert werden sollen; aber es kann nicht derselbe Baubeamte
such alle die Eigenschaften und Kenntnisse sich durch Studien ange-
eignet haben, welche da, wo es sich nicht allein um einen blossen
Schiffahrtskanal handelt, sondern auch das Wasser zugleich der Land-
wirtschaft dienstbar gemacht werden soll, unbedingt erforderlich sind.
Hierzu bedarf es besonders vorgebildeter Techniker, welche diese
Specialsache in die Hand zu nehmen haben.
Es ist ausser Frage, dass dahingehende Maassnahmen besonders
such in der Zeit des Ministeriums Friedenthal eingeleitet wurden.
Dieser Minister hatte ein warmes Herz für das Meliorationswesen; er
hat das ja bethätigt, als er dem Hohen Hause das Gesetz Uber die
Meliorationsgenossenschaften vorgelegt und zur Annahme gebracht ' hat.
Er erachtete es im weiteren Interesse seines Ressorts, dass die Do-
mänen und Forsten demselben angegliedert würden. Er hat es in
seiner Wirksamkeit nicht mehr erlebt, aber den Grund dazu gelegt.
Meine Herren, es ist gar keinem Zweifel unterworfen, dass die forst-
liche Abtheilung im Ministerium bevorzugt und die fürnehmste Ab-
theilung ist, weil es eine entsprechende geschlossene durchs ganze
Land verbreitete Organisation besitzt. Ein früherer Finanzminister hat
seiner Zeit gesagt, wenn eine allgemeine forstliche Ordre ergeht, dann
wird sie von der Memel bis zum Rhein gleichmässig durchgeführt.
Warum? Weil das Ressort Uber ein gut geschultes und sachlich durch-
gebildetes Personal verfügt. Eine ähnliche, wenn auch nicht be-
scheidener gedachte Organisation würde Preussen Noth thun im Sinne
der landwirtschaftlichen Wasserwirtschaft. Es müsste überall mög-
lich sein, die Landwirthe kulturtechnisch zu berathen und eine dahin-
gehende Organisation durchzuführen, die unzweifelhaft Minister Frieden-
thal hergestellt hätte, was er mir damals selbst erklärt hat, als ich es
versuchte, Kulturtechniker für die Ausführung jener Maassregel auszu-
bilden; er sagte, dass es seine bestimmte Absicht sei, eine organische
Gliederung in diesem Meliorationspersonal herzustellen, beziehungsweise
fllr eine entsprechende Ausbildung desselben zu sorgen.
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166 Aus den Verhandlungen des preussischen Abgeordnetenhauses etc.
Was bis jetzt besteht, genügt der Zeit nicht. Ich kann das ein-
fach dadurch beweisen, dass der Herr Minister selbst auseinandergesetzt
hat, wie die Errichtung von Rentengutem, obwohl erst im Entstehen,
einen Mangel an technischem Personal bemerkbar mache. Trotzdem
gehen diejenigen Landmesser, die gegenwärtig studiren und ihr Examen
gemacht haben, nicht in das landwirtschaftliche Ressort, sondern in
das des Finanzministeriums zum Kataster, obwohl beide Kategorien
gleich gut bezahlt sind. Woran liegt das? Weil sich dieselben keiner
entsprechenden Organisation erfreuen. Im Kataster haben sie eine fest-
umschriebene freie Stellung neben entsprechender Verantwortlichkeit.
Das thut meines Erachtens auch den landwirtschaftlichen Technikern
not, und das kann ohne neue Gesetze mit den bereiten Mitteln be-
ziehungsweise dann geschehen, wenn dafür gesorgt wird — was bis
jetzt durchaus nicht der Fall ist — , dass die Generalcommissionen,
wie schon Herr Sombart ausgefUhrt und erbeten hat, zu wirklichen
Landesmeliorationsbehörden gemacht und reorganisirt werden. Dann
ist es aber natürlich und unbedingt notwendig, dass darin das tech-
nische Element mitzurathen und mitzuthaten hat, was seither nicht in
genügender Weise der Fall ist. Die betreffenden den Ausschlag
gebenden Dezernenten sind, wenn auch ausgezeichnete, Juristen, meistens
mit Richterqualität, gehören also einer Lebensstellung an, die ja ausser-
ordentlich wichtig und unentbehrlich für die Auslegung der Gesetze
ist; aber sie können damit doch noch kein maassgebendes Verständniss
für kulturtechnische Pläne, Ansführungen ohne Weiteres beanspruchen,
wozu unbedingt reelle rein technische Kenntnisse nothwendig sind, die
ihnen nur in beschränkter Weise durch jahrelange Erfahrung erwachsen
können. Es ist das gar kein persönlicher Vorwurf, sondern eine Sache,
die selbstverständlich ist. Dabei bleibt es aber nicht. Die Commis-
sarien auf den einzelnen Stationen sind gewöhnlich Gerichtsassessoren;
diesen unterstehen die Vermessnngsbeamten — die ja geschulte Tech-
niker sind, oder unter entsprechender Führung es werden können; aber
sie müssen nun ausführen, was der Gerichtsbeamte, was der Jurist sagt,
sie haben keine freie Meinung. Wenn sie eine solche äussern, einen
Plan so und so einrichten zu wollen, und es wird anders befohlen, so
müssen sie das thun. Meine Herren, eine solche Stellung kann einem
Mann, der Kenntnisse, der Charakter besitzt, auf die Dauer nicht ge-
nügen und ihm die für einen Beamten nöthige Schaffensfreudigkeit er-
halten. Das ist nicht möglich. (Sehr richtig!) Und daher kommen
denn auch schon so manche Fehler, die gerade auf dem Gebiete der
Zusammenlegung immer noch gemacht werden und die einfach verhütet
werden können, wenn man eine entsprechende Organisation in diesem
wichtigen Zweig des landwirthschaftlichen Ressorts ein- und durchführt.
Das ist bis jetzt meiner Erfahrung nach nicht der Fall, und ich muss
das nothgedrungen aussprechen, ich trage diesen Gedanken schon seit
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Jordan. Trigonometrische Punktbestimmung.
167
Jahren mit mir herum, ohne dass ich die Freude erleben konnte, dass
es anders, dass es besser werde. Und gegen das Ende meiner Tage
glaubte ich genöthigt und berechtigt zu sein, in diesem Sinne dem
Hohen Hause meine unmaassgebliche Mittheilung zu machen. (Bravo!)
Trigonometrische Punktbestimmung.
In Fig. 1 seien die drei Punkte A, B, C durch Coordinaten ge-
geben und der Punkt P soll durch Winkelmessungen gegen A, B, C
festgelegt, d. h. ebenfalls nach Coordinaten berechnet werden.
Gemessen ist in P der Winkel pjg j
APB — a, d. h. es sind die zwei
Sichten PA und PB genommen, nicht
aber die dritte Sicht PC, welche mit
PA und PB zusammen eine potlieuo-
tische Bestimmung von P geben wtlrde.
Als Ersatz von PC ist aber die um-
gekehrte Sicht CP in C festgelegt,
etwa durch Messen eines Winkels
zwischen CP und einem der festen
Strahlen CB oder CA. Indessen können
in C auch irgend welche andere feste
Strahlen benutzt worden sein, und wir
können allgemein sagen, es sei in C
ein orientirter Abriss vorhanden, wel-
cher den Strahl CP mitenthält, so dass das Azimut ( CP) als gegeben
in die Aufgabe eingeht.
Die rein geometrische Lösung dieser Aufgabe ist offenbar sehr ein-
fach: Der Winkel o bestimmt einen Kreis Uber der festen Sehne BA,
welcher den Winkel a fasst, und dann hat man nur noch von C aus
die Richtung (CP) an CB oder CA anzutragen, wodurch der Schnitt
P zwischen dem Kreise und dieser Richtung CP bestimmt ist.
Dieser geometrischen Lösung kann man auch mit der trigonome-
trischen Rechnung folgen:
Man berechnet aus den Coordinaten der drei Punkte A, B, C die
Azimute und Längen der drei Seiten AB, BC, CA, insbesondere:
tang(ZU)=g^g, (1)
AB = 2 s =
1/a yb *^a 3-b
sin {BA) cos (BA)
(2)
Dann hat man auch den Halbmesser r des um AB mit dem Peri-
pheriewinkel « beschriebenen Kreises:
AB s
2 r — — — , oder r = — —
sin <x sin i
(3)
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168
Jordan. Trigonometrische Ponktbestimmung.
Weiter hat man nach Fig. 1:
8
cos e = — , e — s tang s = r sin e (4)
oder
e=]/r2— s2 (5)
Wenn jedoch e and s sehr klein sind, so werden diese Bestim-
mungen (4) und (5) unsicher, und man rechnet dann besser
und dann
e = s cotg — — »•
tang e = — oder sin e = —
s r
Nun kann man auch die Coordinaten von 0 leicht angeben; zu-
nächst hat man die Coordinaten von D als Mittel der Coordinaten von
A und B:
_ y% + üb
x% + xb
(BO) = (BA)
{AO) = {AB) f e
(DO) = (BA) — 90» (10)
yo — y* + »■ sin (B 0), xa = xb + r cos (B 0 ) (11)
oder entsprechend auch auf den beiden anderen Wegen B 0 und D 0.
Nun bildet man das Dreieck OCP, indem die Entfernung CO und
das Azimut (C 0) aus den Coordinaten von C und 0 berechnet werden,
und da das Azimut (C P) aus den Messungen bekannt ist, hat man
auch den Winkel ß bei C :
ß = (C0)-(CP) (12)
. , oc . a
sin 8 = sin 0
r '
■i = 180» — (ß + 8), CP« - sin T (14)
Azimut (0 P) — (0 C) y (15)
dann kann man die Coordinaten von P auf zwei Wegen berechnen,
nämlich von C aus:
yp = yc + CT sin (C P), Xp = xc CPcob(CP) (16)
oder von 0 aus:
OC .
Vp = Vo + r sin (0 P), xv — x0 + r cos ( 0 P) (17)
Als Schlussprobe kann man auch noch die beiden Azimute (PA)
und (PB) berechnen und Zusehen, ob deren Differenz (PB) — (PA)
den Winkel a wiedergiebt.
Wir nehmen hierzu ein Zahlenbeispiel, welches den Verhältnissen
von Fig. 1 entspricht:
Gegeben : y x
A - 17 933,28, + 34028,32 1
B - 17464,12, -j-33001,92 | (18)
C — 16500,84, + 31547,88 •
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Jordan. Trigon o me triiche Punktbestimmung.
169
Gemessen ist der Winkel in P:
APB=a— 69® 33' 42" (19)
und durch einen orientirten Abriss in C wurde bestimmt
Azimut (C P) = 3« 17' 36" (20)
Aus den Coordinaten von A und B berechnet man nach (1) und (2):
(P A) = 77° 14' 9" log B A = 3.667 046
logs = 3.366016
r = r~— . log r = 3.394 254
un a
Da e ziemlich klein wird, rechnen wir nicht nach (4) und (5), sondern
nach (6) und (7):
e— 3344,49 — 2478,67 = 865,62
e = 20° 26' 18"
Weiter nach (8) — (11):
yA = — 15198,70 zd= + 33515,12
( B 0) = 560 47' 51"} (# 0) = 347« 14' 9", ( A 0) = 277» 40' 27
y0 — — 15 389,95, xa = + 34 359,35
dann wird
(C O) = 210 33' 37" log CO = 3.480436
(CP) = 3» 1 r 36" [s.o. (13)]
ß = 18» iß' l”
Die weitere Berechnung des Dreiecks COP nach den Formeln
(13) - (15) giebt:
ß = 18° 16' 1"
o = 22» 28' 22"
7 = 139° 15' 37"
180» o r 0"
log CP= 3.712757
Dann vollends die Coordinatenberechnung für P doppelt, nach den
Formeln (14) — (17)
P yp = — 16 204,33, xv = + 36 700,63 (21)
Hiermit zur Probe:
(P.4) = 129» 14' 50", (PP) = 198« 4# 32-
(PP) — (P^4) = 69° 33' 42" = a
Dieses stimmt mit dem gemessenen n
nach (19) und damit ist die ganze
Rechnung nach allen Beziehungen ver-
sichert.
Nach dieser geometrisch geleiteten
Auflösung wollen wir auch noch eine
analytisch - goniometrische Lösung ver-
suchen, und überzeugen uns zuerst,
dass man das Dreieck B A C von Fig. 1
durch eine vorbereitende Rechnung so
beseitigen kann, dass nur noch das® E A
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170
Jordan. Trigonometrische Punktbestimmung.
Dreieck AB P mit der Transversalen E P vorhanden ist, wobei der
Pnnkt E auf A B gegeben und auch die Richtung E P in E durch
den Winkel BEP oder PEA bestimmt ist.
Uebrigens wenn mau diese Abtrennung des Dreiecks ABC aucli
nicht geometrisch erklärte, so wurde die analytische Behandlung des
ganzen Vierecks APBC doch von selbst darauf lundrängen, indem
dann AE=m und B E—n als Zwischenergebnisse der Rechnung auf-
treten würden.
Wir fassen nun also nach Fig. 2 die Aufgabe so:
Gegeben sind die Strecken m und n auf der Geraden AEB und
der Winkel PEA = $ bei E, ausserdem der Winkel APB — aj es
sollen die zwei Theile 9 und 9 des Winkels n berechnet werden.
Man hat dann als erste Gleichung:
<p + <1 — ot (22)
und als zweite Gleichung mit EP=d:
d = sin (ß + 9) = -A- sin (ß — 9)
sin 9 r T sm 9 r T
in (sin ß cotg 9 -|- cos ß) = n (sin ß cotg 6 — cos ß) (23)
Wegen (18) ist:
cotg 9 = cotg (a — 9) ■■
(24)
cotg a cotg 9 + 1
cotg 9 — cotg a
Wenn man nun (20) in (19) einsetzt, so wird cotg 9 eliminirt, und
man erhält eine quadratische Gleichung mit der einzigen Unbekannten
cotg 9, also etwa:
a cotg2 9 + fc cotg 9 + e = o
— b ± \/ 62 — 4 ac
cotg 9 =
2 a
(25)
Um diese Auflösung, welche durch (25) nur im Grundgedanken
dargelegt ist, wirklich durchzuführen, müsste man durch Einsetzen von
(24) in (23) die Coefficienten a, b, c bestimmen.
Wenn der Vorwärtsschnitt CP nicht zwischen die beiden Rück-
wärtsschnitte PA und PB fällt, sondern eine andere Lage hat als in
Fig. 1 angenommen ist, so ändern sich zwar die Formeln, es bleibt aber
im Wesentlichen die Lösung bestehen. Man könnte daran denken,
durch Festsetzung der Zählrichtung PA, PC, PB u. s. w. allgemein
gültige Formeln aufzustellen, nach denen man ein Rechenschema drucken
könnte, ebenso wie bei der pothenotischen Aufgabe; indessen bei der
immerhin beschränkten Anwendbarkeit der betrachteten Aufgabe würde
sich das Aufstellen allgemeingültiger Regeln, unabhängig von einer
besonderen Figur, nicht lohnen, man hat deswegen bei der Rechnung
nach den Formeln (1) — (17) sich stets durch eine Figur leiten
zu lassen.
Wahrscheinlich würde man dann auch die analytische Auflösung
(21) irgendwie wieder geometrisch zu deuten im Stande sein. Da
wir laber bereits eine dem geometrischen Weg folgende Auflösung in
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Voigt. Trigonometrische Punktbestimmung.
171
den Formeln (1) — (17) besitzen, haben wir die analytische Lösung (25)
nicht weiter verfolgt.
Hannover, im December 1891. Jordan.
Nach Mittheilnng obiger Aufgabe hat sich gleichzeitig Herr Land-
messer Voigt in Hannover mit der Lösung derselben beschäftigt,
und folgende von Vorstehendem unabhängig entwickelte Abhandlung
darüber eingesendet:
Einschneiden durch zwei innere und eine äussere Richtung.
Bei Coordinatenberechnungen trigonometrischer Punkte niederer
Ordnung durch „Einschneiden“ kann wohl einmal der Fall eintreten,
dass man sich schon vor die Aufgabe gestellt sieht, die Coordinaten eines
Punktes aus zwei inneren und einer dritten äusseren Richtung herzuleiten.
Es kann dies direct Vorkommen, wenn keine andere Bestimmung durch-
führbar war, dann aber selbst bei überschüssigen Richtungen, sobald
der aus den Strahlenschnitten gebildete Rückwärts- oder Vorwärtsschnitt
versagt.
Lösbar ist diese Aufgabe jedenfalls, denn rein geometrisch betrachtet
ist der gesuchte Punkt der Durchschnittpunkt der äusseren Richtung
mit dem Kreis, welcher Uber die Linie der beiden anvisirten Punkte
als Sehne geschlagen den gemessenen innern Winkel als Peripherie-
winkel fasst.
Zwecks Aufstellung der erforderlichen Rechenformeln nimmt die
Aufgabe unter Benutzung der Figur 1 folgende Gestalt an:
Gegeben: die Coordinaten yvx%\ y\„ Xt, ; ym,xm\
der Punkte A, B und M\ ferner
die Winkel 8 und tp
Gesucht: Die Coordinaten y und x des Punktes P.
Es ist
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172
Voigt. Trigonometrische Punktbestimnning.
Ferner
r sin p
8in(p~+Y)
a sin a
sin (y — 3) ’
® = (p + Y + 8) — 180°
sin (p + 5)
3 = 180° — (p -h B) ; T
r sin p
s sin (p -f Y) ~ sin t(p + y) + 8]
r cos 8 + ctg p sin 0 ctg S — {— ctg p
s
cos 8 + ctg (p + f) sin 8 ctg 5 + ctg(p +y)’
1 ctg , + 1 + c,e , + c,s
8 8 Ctg p + Ctg 1
Y V V T
— ctg 8 ctg p H ctg 6 ctg 7 H ctg p ctg Y — — + <*8 3 ctg p
8 8 8 8
+ ctg8 ctgf -fctgp2 + ctg y ctg p = 0 ;
ctg p2 + ctg p ctg 6 + — ctg f -f ctg 8 + ctgf) + ~ ctg f ctg 6
\S S / 8
+ ctg y Ctg 8 — — = 0.
8
C C V
ctg <p2 + ctg <p • — (ctg Y + ctg 8) + — ctgY ctg 8 — —= 0
Setzt man nach Art der trigonometrischen Auflösung der quadratischen
Gleichungen :
--(ctgY + ctg 8)=»»
(10)
c . . . r
— ctg y ctg 0 = n
(11)
c c sin y
wo — — , '
s 0 sm ß
(12)
r a sin a . .
— = , - ; A l8t
8 0 sin ß
(13)
sobald n positiv wird
• 0 2 V*
sm 2 p = ,
r m
(14a)
worin für
21/
m
nur die absoluten Wertlie zu nehmen sind, also 2 p
ein spitzer wird, alsdann findet sich
ctg Pi = T Vn tg (i (15 a)
ctg p2 = qp ]/« ctg [l. (16 a)
worin das obere oder nntere Vorzeichen zu wählen ist, je nachdem m
positiv oder negativ ist. Ergiebt sich n negativ, so rechnet man sich
einen spitzen Winkel 2 p derart aus, dass
tg 2 p = (absolut genommen)
m
wird, und es berechnet sich
ctg pj = ± \/n tg p.
ctg p2 = T 1 /« ctg p
(14 b)
(15b)
(16 b)
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Voigt Trigonometrische Punktbestimmung.
173
auch hier gilt das obere oder untere Vorzeichen, je nachdem m positiv
oder negativ ist.
Endlich ist
. _ c sin 3 , . ,
^•P==_^rrundv»=va + 'P i
sm 8 a t
. c sin a . . , c sin o
Ay — — ; — — sin va und A x = — cos va (17)
9 sin 8 sin 8 K '
y=y» + Ay; x = x» -Mxa (i8)
Zur Controle könnte man die Coordinaten P noch Uber BP herleiten.
Man ersieht hieraus, dass die Auflösung eine nicht so bequeme und
einfache Form annimmt wie beim Vor- oder Rückwärtsschnitt, doch
immerhin ganz brauchbare Rechenformeln liefert. Vorgeführte Ent-
wickelung lässt sich ohne weiteres auf alle möglichen derartigen Fälle
übertragen, wenn man die Bezeichnungen in Figur 1 in dem Sinne fest-
hält, dass P unterhalb der Linie AB liegt, also X- 8 stets kleiner als
180° nimmt.
Wie aus der geometrischen Lösung schon zu erwarten war, ent-
sprechen im Allgemeinen 2 Werthe den Bedingungen der Aufgabe. Die
praktische Lösung muss sich indess für einen, den wirklich vorhan-
denen Punkt entscheiden. Jedoch ist die Wahl nicht in allen Fällen
aus der Rechnung allein zu entscheiden.
Schneidet der Strahl MP (nötigenfalls verlängert) die Strecke AB
selbst, so verschwindet die Zweideutigkeit und zwar insofern, als die
eine Lösung den APB um 180° grösser als den gemessenen (8) auf-
weist. In diesem Falle findet man aus der Rechnung den richtigen
Weg nach folgender Regel: Ist n positiv, m negativ, so benutzt man
zur Berechnung des £ p Formel (16 a); ist n positiv, m positiv die
Formel (15a); ist n negativ, m negativ die Formel (16b); ist n negativ,
m positiv die Formel (15 b) zur Weiterrechnung. Zu dieser Regel ge-
langt man aus einer geometrischen Nebenbetrachtung. Anders verhält
es sich, wenn der Strahl MP die Strecke AB in ihrer Verlängerung
schneidet; alsdann sind allerdings 2 die Forderungen der Aufgabe er-
füllende Punkte vorhanden. In diesem Falle giebt nur eine vorläufige Netz-
karte Aufschluss über den von beiden Werthen zu benutzenden Winkel p.
Hinsichtlich der Genauigkeit, mit welcher der gesuchte Punkt P
gefunden wird, sei noch erwähnt, dass dieselbe abhängig ist von dem
Winkel, unter welchem der Strahl MP die Linie zwischen dem Punkte
P und dem Mittelpunkt des dem A ABP umschriebenen Kreises
schneidet. Die Schärfe wird um so grösser, je mehr sich dieser Winkel
dem Betrage von 0° oder 180° nähert, und um so geringer, je mehr er
dem Betrage von 90° oder 270° gleichkommt. Für letztere Fälle ist
also vorstehende Methode ungeeignet.
Zur besseren Anschaulichkeit des vorentwickelten Materiales möge
ein Zahlenbeispiel, aus der Vermessungs-Anweisung IX entnommen,
hier folgen.
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Voigt. Trigonometrische Punktbestimmung.
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‘ (ctg Y -f ctg 5)
cz <3
Voigt. Trigonometrische Punktbestimmung. 175
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Hannover, December 1890. Voigi, Katasterlandmesser.
176
Verzeichnis» von Instrumenten, Karten etc.
Verzeichniss
derjenigen Instrumente, Karten etc., welche in der mit der 17.
Hauptversammlung des Deutschen Geometer- Vereins verbundenen
Ausstellung in Berlin vertreten waren.
1. Trigonometrische Abtheilung der KOnigl. Preussischen Landesaufnahme.
a. Instrumente.
1 10 zölliger Theodolit.
18» n
1 5 zölliges Universal- Instrument.
1 9 cm Universal-Instrument.
1 Nivellirinstrument.
1 Heliotrop.
1 Ablotheinstrument .
1 Lothstab.
1 Stahlmeter.
2 Nivellirlatten.
2 Untersätze zu Nivellirlatten.
b. Druckwerke.
1 Exemplar „Rechnungsvorschriften“ I. Ordnung.
1 » » II
1 » n HI. „
1 „ „Der Normal-Höhenpunkt“ etc.
6 Bände „Nivellements“, Band II bis VII.
6 Hefte „Auszug aus den Nivellements“, I bis VI.
5 Bände „Hauptdreiecke“, Theil I bis IV.
10 „ „Polar-Coordinaten, bezw. Abrisse“, Theil I bis IX u. XI.
4 „SonderabdrUcke“ aus Theil VII, VIII, IX und XI.
c. Bildliche Darstellungen.
Zeichnungen zum „Normal-Höhenpunkt“ in schwarzem Rahmen
zum Aufstellen.
2 Uebersichtsblätter „Triangulation von Schleswig-Holstein“.
1 vollständiger Attas, Triangulation und Dreiecksverbindungen I.,u. II. Ordn.
1 „ „ , Uebersicht über alle Punkte, soweit dieselben bis
jetzt gedruckt sind.
2 Uebersichtsblätter, Hauptdreiecke bezw. Dreieckspunkte I. Ordn.
1 Uebersichtsblatt, Nivellements.
1 Uebersichtsblatt, fertige Triangulation II. und III. Ordn. nebst Ar-
beitsbezirke derselben für 1891 und 1892.
2 Tafeln Festlegungsmittel.
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Verzeichniss von Instrumenten, Karten etc.
177
7 Netzbilder in Umdruck, die Arbeitsleistung III. Ordnung 1890 der
Section lila im Harz, Braunschweig, Anhalt und in Theilen
der Provinz Sachsen darstellend.
1 Signalmodell und 1 Blatt Signalzeichnungen.
2. Direction der Königl. Preussischen Geologischen Landesanstalt.
1 Karte „Umgegend von Potsdam“ (geognostisch).
1 n „ „ „ (Höhenschichtenkarte).
1 Geologische Karte der Stadt Berlin.
1 Uebersichtskarte der Umgegend von Berlin.
1 Karte „Gegend von Koblenz“ (Lief. 44).
Lieferung 6 der geologischen Specialkarte — Umschlag mit 10 Blättern;
dazu 7 Erläuterungshefte,
u 9 „ „ „ — Umschlag mit 10 Blättern;
dazu 9 Erläuterungshefte.
n 21 „ „ „ —Umschlag mit 4 Blättern;
dazu 4 Erläuterungshefte.
n 35 „ „ „ — Umschlag mit 18 Blättern ;
dazu 9 Erläuterungshefte.
„ 43 „ „ „ — Umschlag mit 8 Blättern;
dazu 4 Erläuterungshefte.
1 Relief-Karte der Gegend von Jena (geognostisch).
1 „ „ „ „ „ „ (topographisch).
1 „ „ „ Umgegend von Thale (geologisch).
3. Königl. Preuss. Ministerial-Militair- und Bau-Commission.
1 Henning’scher Thiergartenplan von 1717 mit Inschrift Friedrich
Wilhelms I.
1 Plan vom Opernplatz mit Inschrift Friedrich’s des Grossen.
1 Grundriss des Schlosses Sanssouci mit dem Zeichen Friedrich’s d. Grossen.
1 Plan des Opernplatzes mit Project von Friedrich Wilhelm IV. und
Schinkel’schen Bemerkungen.
1 „ der symmetrischen Anlagen im Thiergarten mit Bleizeichnung und
Bleibemerkung Friedrich Wilhelm’s IV. als Kronprinz und
Leund’scher Bemerkung.
1 „ der Königl. Residenzstadt Berlin vom Jahre 1821.
1 Bebauungsplan des Pulvermllhlenterrains in Moabit (Berlin).
1 Licht’scher Plan der Thiergärten und der Hasenheide vom Jahre 1782.
1 Kartevom grossenu. kleinen Thiergarten nacbBalckow durch Ritter 1810.
1 „ „ „ „ von Forberg 1818.
1 Plan der Zeltengrundsttlcke (Berlin) nach Erhardt durch Ritter 1788.
1 Druckplan des Königl. Thiergartens vom Jahre 1765.
1 „ „ „ von Horstmann 1833.
1 „ der Thiergarten bei Berlin im Jahre 1840 von G. Koeber.
Zeitschrift fiir Vermessungswesen. 1862. Heft 6. 12
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178
Verzeichntes von Instrumenten, Karten etc.
Lenne'sche Verschönerungspläne des grossen Thiergartens mit eigentüm-
licher Baumgruppen- Darstellung:
1 vom Jahre 1835 südwestlich der Bellevue-Allee.
1 „ „ 1835 zwischen Hofjäger- und grosser Sternallee.
1 „ „ 1835 „ Charlottenburger Chaussee und Thier-
gartenstrasse.
1 „ n 1835 desgl.
1 „ „ 1836 östlich der Grossen Querallee.
Pläne des kleinen Thiergartens:
1 vom Jagdzeugjäger Schaller.
1 Netcke’scher vom Jahre 1777.
1 Ravache'scher Plan vom Jahre 1804.
Ferner:
1 Heft Pläne der alten Stadtmauer (Berlin) vom Jahre 1801/3.
1 „ „ „ Linienstrasse vom Jahre 1819.
1 Spreeplan Sect. Ill von Simon 1819, betr. Museumsinsel.
1 Rolle „Nivellement der Spree“ vonStralau bis Charlottenburg. Haase 1838.
1 „ Schaaf- oder Landwehrgraben vor seiner Schiffbarmachung.
Michalowsky 1817.
4. Hohenzollern-Museum.
Plan der Stadt Berlin und Köln von la Vigni aus dem Jahre 1685.
„ von Berlin vom Jahre 1734 umgeben von Ansichten von Schlössern
und Kirchen, sowie 3 ältere Pläne der ChurfUrstliclien
Residenz aus den Jahren 1650, 1688 und 1723.
„ „ Berlin mit Umgebung (Verlag von Reimann).
„ „ „ vom Jahre 1737 (G. Dusableau).
7) 7t » (6* p- Busch).
„ „ „ gez. v. Hildner i. J. 1774 unter der Direction des
Grafen Schmettau.
„ „ „ (colorirt) Tobias.
„ „ „ und Umgebung bis Charlottenburg — aus neuer
Zeit (W. Bembe).
5. Märkisches Provinzial-Museum.
1 Plan von Berlin und den Stellungen der Russen bei der Belagerung
im Jahre 1760.
1 „ des Thiergartens bei Berlin vom Jahre 1765.
1 „ der Hofjäger-Meyerei am Thiergarten von 1787.
1 Karte von Berlin und Umgegend vom Jahre 1802 (Schneider).
1 Plan der Hasenhaide bei Berlin vom Jahre 1815.
6. Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin.
1 Mercator’sche Weltkarte von 1569 (Reproduction.)
1 „ Karte von Europa von 1554 (Reproduction).
1 „ Karte der britischen Inseln von 1564 (Reproduction).
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Verzeichntes von Instrumenten, Karten etc.
179
7. Magistrats-Secretair Meyer, Berlin.
1 Plan vom Schiffbauerdamm in Berlin aus dem Anfänge des 19. Jahrhunderts.
8. Bau-Deputation zu Hamburg.
21 Karten im Maassstabe 1: 1000 die Sectionen:
Elbhöhe, Binnenhafen, Catharinenkirche, Berliner Bahnhof, Zeug-
hausmarkt, Gr. Neumarkt, Pferdemarkt, Steinthorplatz, Heil.
Geist Feld, Gänsemarkt, Lombardsbrticke, St. Georg - Kirche,
ZollvereinB-Niederlage, Zoologischer Garten, Alsterufer, Allgem.
Krankenhaus, Sternschanze, Rotherbaum, Fontenay, Schwanen-
wik, Bergedorf. (Kupferstich.) ‘
6 Pläne im Maassstabe 1: 4000 die Sectionen:
Uhlenhorst, Barmbeck, Lombardsbrticke, Hamm, Kircke, Berge-
dorf, Netteinberg. (Kupferstich.)
im Maassstabe 1: 20000 die Section Hamburg. (Kupferstich.)
1 Plan
1 *
1: 50000
(do.)
1 Band Geschichte: Vermessung der freien und Hansestadt Hamburg.
1 „ Präcisions-Nivellement: „ „ „ „ „
1 „ Triangulation: „ „ „ v „
1 „ Detailvermessung: „ „ „ „ „
9. Direction des Kataster-Amts zu Bremen.
1 Gesetzblatt der freien und Hansestadt Bremen.
1 Plan der Hannoverschen Dreieckskette, des Wesernetzes und des
trigonom. Netzes II. und III. Ordnung.
1 Druckschrift: Vermessung der freien Hansestadt Bremen.
Die Triangulation II. Ordnung in zwei Abschnitten.
HI- a
Beilagen :
Photographie eines Repet.-Theodolits von Ertel & Sohn.
„ „ „ „ „ Dennert & Pape.
1 Plan Uber den gegenwärtigen Stand der Triangulation des Stadtgebiets.
1 „ des Polygonnetzes 1. und 2. Ordnung derNeustadt. Tabellen, betr.
die Genauigkeit des Polygonnetzes 1. und 2. Ordnung
der Neustadt.
1 „ „ Polygonnetzes 3. Ordnung und des Liniennetzes für das
Hauptblatt III. der Neustadt.
1 Specialplan lg der Neustadt (1: 250).
6 Handrtese zu dem Specialplan lg der Neustadt.
1 Plan des Polygonnetzes 1., 2. und 3. Ordnung und des Liniennetzes
für die Kartenblätter XI A B Vorstadt und V A Uthbremen.
1 Kartenblatt XI B der Vorstadt (1: 1000).
12 Handrisse zu dem Kartenblatt XI B der Vorstadt.
1 Kartenblatt II B der Feldmark Papenthore (Vorstadt) (1 : 1000.)
1 dergl. Mutationskarte.
12*
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180
Verzeichntes von Instrumenten, Karten etc.
10. Stadtvermessungs-Bureau zu Leipzig-Reudnitz.
1 Karte mit dem trigonometrischen Netze.
1 „ „ „ Hauptpolygonnetze.
1 „ „ der Blatteintbeilung.
2 gedruckte Detailblätter in 1 : 1000.
1 gedrucktes Detailblatt in 1: 500.
1 kurzer Bericht Uber die Vermessung der Stadt Leipzig.
2 Anweisungen Uber die Detailpolygonisirung und StUckrermessung.
2 SonderabdrUcke Uber die Berechnung des Hauptnetzes und die Loth-
abweichungen in dortigen Vermessungsgebieten.
1 Abhandlung Uber Punkteinschaltungen von Dr. phiL Höckner.
11. Stadt-Vermessungsamt zu Altenburg.
a. Triangulation.
1 Plan des Königreichs Sachsen mit dem Dreiecksnetz I. Ordnung.
Ausgef. v. Herrn Geh. Regierungsrath Nagel.
1 „ Triangulation I. Ordnung der benachbarten Staaten des Herzog-
thums Sachsen-Altenburg, sowie Entwurf der Triangulation
H. Ordnung im Ostkreise des Herzogthums Sachsen-Alten-
burg und dem benachbarten Königreich Sachsen.
1 „ Die Vermarkung der in Betracht kommenden Punkte der Euro-
päischen Gradmessung durch die Königl. Sächsische Re-
gierung. Ausgef. durch Nagel.
1 Generalkarte von Sachsen-Altenburg mit dem Netz II. Ordn. im Entwurf.
1 Plan: Festlegung der trigon. Punkte II. Ordn. im Ostkreise des
Herzogthums.
1 „ „ „ „ „ III. Ordn. für das Stadtgebiet.
1 IV
x n n n n n 1 ' • n n n n
1 „ Der trigonom. Ring um die Stadtflur.
1 Arbeitsplan zur Festlegung der trigon. Punkte V. bis VII. Ordnung.
1 Plan: Festlegung der trigon. Punkte V. Ordnung (Standpunkte).
1 „ „ n n „ VI. „ (Anschneidepunkte).
1 j> v n v r> VII. „ (Bodenpunkte).
1 „ Coordinaten-Nullpunkt. Festgelegt auf dem Gebr. Reichenbach-
Hospital in Altenburg.
b. Polygonisirung.
1 Plan: Das Polygonnetz I. Ordn. nach dem Stande d. Arbeiten am 20. 5.91.
1 „ „ „ II. „ in Block 2 (ältere Anordnung der Ztige).
1 n n n II- a 7> n ^g. (neuere „ » n )
1 „ Zeichnungen eines eisernen Pfahls nebst Verschlusskasten zur
Markirung der trig. Bodenpunkte im Innern der Stadt.
c. Einzelaufnahme.
1 Blockplan von Block 2.
1 Handriss zu Block 49.
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Verzeichnis» von Instrumenten, Karten etc.
181
1 Blockplan von Block 49.
1 Atlas mit 25 autographirten Blockplänen zwecks Ausführung der
Kanalisation.
2 Pläne von Block 46 im Maassstabe 1:500, 1:1000 und 1:4000,
welche von Zabel in Coblenz mittelst Storchschnabel nach
einem Plane 1 : 100 verkleinert sind.
d. Bebauungspläne.
1 Plan : Der südöstliche Bebauungsplan mit Flächennivellement von
17 km. Strassen8trecken. Arbeitsplan (genereller Entwurf).
1 Atlas, enthaltend die generellen Höhenpläne des nördlichen, westlichen
und südöstlichen Bebauungsplanes in 12 Blättern. — Es
sind Arbeitspläne, welche den verschiedenen Behörden Vor-
gelegen haben und genehmigt sind.
1 Plan: Specielle Bearbeitung der Strasse XII des nördlichen Bebatf-
ungsplanes.
e. Strassenpläne.
1 Plan : Die Burgstrasse mit ihren Tiefbauaulagen.
f. Nivellement.
1 Plan: Das nivellitische Netz I. Ordnung. Anwendung der Nivellements-
züge und das generelle Netz der Höhenlinien.
12. Geograph. Institut und Landkarten -Verlag von Jul. Straube-Berlin.
2 Pläne: Straube’s amtlicher Droschken- Wegemesser für Berlin und für
die Umgebung von Berlin.
1 Plan: Straube’s amtlicher Dienstmanns-Wegemesser für Berlin.
1 „ „ „ Postplan von Berlin 1 : 14500.
1 „ „ „ Plan des Rohrpostnetzes von Berlin 1 : 17777.
1 , „ graph. Darstellung der Kirchspiele und Diözesen, sowie
der Standesamts-Bezirke von Berlin. 1: 14500
1 B „ Plan vonBerlinmit derEintheilung indie 326 Stadtbezirke.
1 „ n Netzplan zur Uebersicht der Eintheilung von Berlin
für die vomStädt. Vermessungsamt herausgegebenen Pläne.
1 „ „ Uebersichtsplan der Eintheilung von Berlin in die
Kataster- Amts-Bezirke.
1 „ „ Specialplan von Berlin (1 : 14500) mit Text, enth.
Verzeichniss der Strassen, ötfentl. Gebäude, Sehens-
würdigkeiten etc.
1 „ „ grosser Plan von Berlin mit sämmtlichen Vororten 1 : 1777.
1 „ „ Verkehrsplan von Berlin mit nächster Umgebung.
1 „ „ Monumentalplan der Reichshauptstadt Berlin.
1 „ der Anschlagsäulen Berlins.
1 Kirchenkarte.
1 Plan: Villencolonie Grünewald.
1 „ Straube’s illustrirter Plan von Berlin.
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182
Verzeichniss von Instrumenten, Karten etc.
1 Plan Straube’s neuester Plan von Berlin. Ausgabe A.
l«in nnnn r ®.
1 „ „ Taschenplan.
1 Plan von Königsberg.
1 „ „ Reval.
4 Pläne: Scbwemmlandkarte von Halle.
1 Plan: Graph. Darstellung der Sterblichkeit.
1 „ Straube’s Karte der Umgegend von Berlin (1: 130000) (ca.
85 Q Meilen).
2 „ „ Kleine Karte der Umgegend von Berlin (1: 130000)
(ca. 25 0 Meilen) 2-farbig und 11-farbig.
1 „ „ Specialkarte der Umgegend von Berlin und Potsdam.
1: 60000.
I „ „ Specialkarte der Umgegend von Potsdam und Werder
1: 60000.
1 „ „ Specialkarte von Potsdam und Umgegend (1 : 60000).
1 „ „ „ vom Grünewald.
1 „ „ Tableau der Wahlbezirke.
1 „ „ Specialkarte vom Riesengebirge. Ausgabe II.
1 „ „ n n n Ausgabe III.
Administrative Karte.
1 „ „ Fluss- und Gebirgskarte der Provinz Brandenburg.
1 „ „ Kreiskarte „ „ „
1 „ „ kleiner Schulplan von Berlin (1: 32000).
1 „ „ Eisenbahn - Karte des Deutschen Reiches mit den
Schnellzug-Verbindungen ab Berlin.
13. Senat der freien und Hansestadt Lübeck.
1 Karte von der Trave, Stepenitz und Maurine. Kresa 1601.
1 Geometrischer Abriss des Sachsenwaldes. Bredekow und Schildtknecht
1664—1672.
1 Uebersichtskarte, betreffend die Ländereien vor dem Holstenthore.
Schneider 1669.
1 Karte von Wisseloh (Wesloe) Schumacker 1705.
1 „ des Dorfes Poggensee. Engelhardt 1749.
1 „ n n » Möhring 1785.
1 Topograph. Karte des Gebietes der freien und Hansestadt Lübeck.
Behrens & Söhne 1809 — 13.
1 Karte der Ländereien vor dem Burgthor. Behrens 1822.
1 „ von der Lübecker Rhede etc. Wohlers 1781.
1 Plan de la Baie de Lübeck. Beautemps-Beauprd 1811.
1 Topograph. Karte des Gebietes der freien und Hansestadt Lübeck.
Behrens 1827.
1 Grundriss von Travemünde. Vermessungsschule von E. Biscamp 1829.
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Verzeichntes von Instrumenten, Karten etc.
183
1 Karte von Lübeck und Umgebung. Diestel 1885.
1 Geognostische Karte von Lübeck und Umgebung. Dr. Friedrich 1885.
14. Simon Schropp’sche Hof-Landkarten-Handlung in Berlin.
1 Geologische Karte von Luxemburg von Weroeke.
1 n „ „ Deutschland „ von Decker.
1 Höhenschichtenkarte vom Harzgebirge.
1 Kotentafel f. d. Kippregel.
1 Liebenow Signaturen zum Planzeichnen.
22 Vorlegeblätter von Wolf.
1 Hyphometrische Tabelle von Kempen.
15. Typographisches Institut Giesecke & Devrient in Berlin.
1 Plan von Dresden.
je 1 Plan von Dresden 1888, 89, 90.
1 Plan von Bochum.
1 „ „ Bruselles.
1 Bebauungsplan von Leipzig.
2 Abzüge von Blatt III 41 der neuen Leipziger Stadtvermessung.
1 Topograph. Karte der Umgegend von Leipzig.
2 Nivellementsprofile der Kgl. Eisenbahn-Direction Berlin.
1 Plan von Berlin mit dem Rohrnetz der Wasserleitung.
1 Mappa do Municipio Neustro de Rio de Janeiro.
1 Karte der Argentinischen Republik.
1 Karte von Indien im Bereiche der alten Welt.
1 n zu den Herbstübungen des XII. Armee-Corps 1889.
1 „ von Grossenhain und Meissen.
1 „ „ Bad Kissingen.
2 Generalkarten von Altenburg (Ost und West).
1 Höhenschichtenkarte von Mecklenburg.
6 Rheinstromkarten Blatt 1, 3, 7, 8, 21 u. 22.
1 Topograph. Karte von Königstein.
1 „ an Dresden.
1 Elbstromkarte No. 3.
1 Topograph. Karte von Baden.
1 Astronomische Karte.
1 Grundriss u. Profil der Altenburger Pleisse.
1 Geolog. Uebersieht des westl. und südl. Deutschlands v. Lepsius.
1 Grundriss der Flötzkarte der Westfälischen Steinkohlengebirges.
1 Profil n n n n n
2 Feuilles de Bruselles.
1 Hydrographie Sousterrain.
1 n n Pig- 1-3.
1 „ „ Profil 1—3.
1 Mappe mit 21 verschiedenen Kartenblättern.
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184
Verzeichniss von Instrumenten, Karten etc.
16. R. v. Decker’s Verlag, G. Schenck in Berlin.
1 Kataster-Anweisung I v. 31. 3. 77.
1 „ „ VIII v. 25. 10. 81.
1 TX
A n n n -n n v
1 Bestimmung betr. Signaturen.
1 Gauss, Theilung.
1 „ Gebäudesteuer.
1 Hlilfstafeln v. 25. 10. 81.
1 Imgart, Index z. Gebäudesteuer.
1 „ Mittheilungen 1/2.
1 Land- und Feldmessen.
17. J. B. Metzler’s Verlag in Stuttgart.
1 Jordan, Handbuch der Vermessungskunde. 3 Bde.
1 Hammer, Lehrbuch der ebenen u. sphärischen Trigonometrie.
1 Rex, östellige Logarithmen. 2 Hefte.
18. P. Stankiewicz’ Buchdruckerei in Berlin.
Vom Königl. Geodätischen Institut zu Berlin herausgegeben:
1 Astron. Geodät. Arbeiten 1873 u. 1874. Bestimmung der Längen-
differenzen zw. Brocken u. Göttingen,
Brocken und Leipzig, Berlin und
Göttingen etc.
1 „ „ „ 1875. Instruction für die Polhöhen- und
Azimutbestimmungen der astrono-
mischen Section d. geod. Instituts etc.
1 „ „ „ 1876. Instruction für die Längenbestim-
mungen des geodät. Instituts etc.
1 „ „ „ 1877. Bestimmung der Längendifferenz zw.
Berlin u. Paris, Berlin u. Bonn,
Bonn u. Paris.
1 „ „ „ 1878. Bestimmung der Längendifferenz
Berlin-Altona-Helgoland etc.
1 „ „ „ 1879 u. 1880. Bestimmung der Polhöhen
auf den Stationen : Neinstedt, Victors-
höhe u. Josephshöhe etc.
1 „ „ „ 1881 u. 1882. Instruction ftlr die Pol-
höhen- u. Azimutbestimmungen etc.
1 „ „ „ 1883 u. 1884. Bestimmung der Längen-
differenz Berlin-Swinemünde etc.
1 „ „ „ I. Ordn. Telegraphische Längenbestimmungen
1885 u. 1886.
1 „ „ „ „ Telegraphische Längenbestimmungen
1887 etc.
1 „ „ „ „ Telegraphische Längenbestimmungeu
1888 u. 1889 etc.
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Verzeichniss von Instrumenten, Karten etc.
185
1 Astron. Geodätische Ortsbestimmungen im Harz 1882.
1 Bestimmung des Längenunterschiedes zw. den Sternwarten von Göttingen
und Altona.
1 Das Berliner Basisnetz.
1 „ Hessische Dreiecksnetz.
1 „ Mittelwasser der Ostsee bei Swinemllnde.
1 n n n n n Travemünde.
1 „ „ n n n SwinemUnde. 2 Mittheil.
1 „ Präcisionsnivellement.
1 „ Rheinische Dreiecksnetz. Heft I die Bonner Basis.
1 „ „ „ „ II „ Richtungs-Beobachtungen.
1 „ „ „ „ III „ Netzausgleichung.
1 Der Einfluss der Lateralrefraction auf das Messen von Horizontwinkeln.
1 Die Ausdelmungs-Coefllcienten der Küstenvermessung.
1 „ Figur der Erde. Ein Beitrag zur Europäischen Gradmessung.
1 „ gegenseitige Lage der Sternwarten zu Altona in Kiel.
1 „ Schwerkraft im Hochgebirge insbesondere in den Tiroler Alpen.
1 Entwurf für die astronomischen Arbeiten der Europäischen Längen-
gradmessung unter 52° Breite vom Jahre 1863.
1 Gewichtsbestimmungen.
1 Gradmessungs-Nivellement zw. SwinemUnde und Amsterdam.
1 „ „ „ „ und Konstanz.
1 „ n n Anklam und Cuxhaven.
1 Lothab weichungen. Heft I.
1 ’ „ in der Umgegend von Berlin.
1 Maassvergleichungen des Königl. geodät. Instituts. Heft II.
1 Polhöhenbestimmungen aus dem Jahre 1886.
1 Präcisions-Nivellement der Elbe.
1 Protokoll der am 24., 25. und 26. April 1862 in Berlin abgehaltenen
vorläufigen Berathungen Uber das Project einer Mitteleuro-
päischen Gradmessung.
1 „ der Sitzungen der permanenten Commission der Mitteleuro-
päisch. Gradmessung in Leipzig vom 3. und 4. Sept. 1865.
1 „ der Sitzungen der permanenten Commission der Mittel-
europäischen Gradmessung in Neuenburg vom 6. bis
10. April 1866.
1 „ der Sitzungen der permanenten Commission der Mittel-
europäischen Gradmessung in Wien vom 25. bis 30. April 1867.
1 Register der Protokolle, Verhandlungen und Generalberichte für die
Europäische Gradmessung vom 1861 bis 1880.
1 Unification des Longitudes par l’adoption d’un Mdridien initial unique
et introduction d’une Heure universelle.
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186
Verzeichniss von Instrumenten, Karten etc.
1 Winkel- und Seitengleichungen. — Ueber die Beziehung der bei der
Stations-Ausgleichung gewählten Nullrichtung.
1 Zur Entstehungsgeschichte der Europäischen Gradmessung.
1 Zusammenstellung der Literatur der Gradmessungs-Arbeiten.
Von der Königl. Sternwarte zu Berlin herausgegeben:
1 Bestimmung des Zeitunterschiedes zw. dem Meridian von Berlin und
dem Meridian von Greenwich etc.
Von der Europäischen Gradmessung im Königreich Sachsen herausgegeben :
1 Bestimmung der Längen-Differenz zw. den Sternwarten zu Berlin und
Leipzig auf telegraph. Wege ausgeführt 1864.
1 „ der Längen-Differenz zw. den Sternwarten zu Leipzig
und Gotha auf telegraph. Wege ausgeftlhrt 1865.
1 „ der Längen-Differenz zw. Leipzig und Wien auf telegraph.
Wege ausgeführt 1869.
1 Die Vermessungen im Königreich Sachsen. (Denkschrift.)
1 Astronomisch-geodätische Arbeiten für die Europäische Gradmessung
im Königreiche Sachsen.
1 I. Abtheilung. Die Grossenhainer Grundlinie.
1 II. „ Das trigonometrische Netz.
1 III. „ Die Astronomischen Arbeiten.
1 IV. „ Das Landes-Nivellement.
1 Bestimmungen der Länge des Secundenpendels in Leipzig, Dresden
und dem Abrahamschachte bei Freiberg. 1869—1871.
1 Alphabetisches Verzeichniss der durch das Königl. Sächsische Landes-
nivellement bestimmten Höhen.
1 Logarithmisch-trigonometrische Tafeln mit 5 Decimalstellen. Bearbeitet
von Prof. Dr. Th. Albrecht.
1 Abhandlung zur Methode der kleinsten Quadrate von C. F. Gauss.
19. Verlagsbuchhandlung Paul Parey in Berlin.
1 Erkennen und Bestimmen der Wiesengräser von Strecker.
1 Wahnschaflfe Bodenuntersuchung.
1 Nowacki „
1 Massenbach Moordammkultur.
1 Krey Moorkultur.
1 Pereis landw. Wasserbau.
1 Jammerspach landw. Baukunde.
1 Engel Bauausführung.
1 Bttlow & Fastinan Wassergenossenschaften.
1 Hüser Zusammenlegung der Grundstücke.
1 Anweisung für Specialcommissare der Gen.-Comm. Cassel.
1 „ „ „ r> Hannover.
1 Werner Futterbau.
1 Vogler geodätische Uebungen.
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Verzeichntes von Instrumenten, Karten etc.
187
1 Baur niedere Geodäsie.
1 Zeitschrift für Landeskulturgesetzgebung 1890, Heft 1.
1 Geologisch-agronomische Bodenkarte.
20. Landmesser Hofacker in Düsseldorf.
6 Blatt: Topogr. Karte der Kreise Duisburg, Ruhrort und Mühlheim
a. Ruhr, 1:25000, Wasser im Blaudruck, mit Bergzeichnung,
erschienen 1883. Der am 1. Juli 1887 gebildete neue Kreis
Ruhrort ist darin abgetheilt; auch der Titel wurde ent-
sprechend ergänzt.
4 Blatt: Stadt- und Landkreis Gladbach, 1:25000; Wasser etc. wie
vor. Erschienen 1887.
1 Blatt: Kreis Lennep und Stadtkreis Remscheid (getrennt l./l. 88) 3.
Auflage mit Bergzeichnung in Schummerung. Maassstab
1:50000. Erschienen 1888.
4 Blatt: Kreis Gelsenkirchen, Reg.-Bez. Arnsberg in der Provinz
Westfalen. Maassstab 1:10000; in 3 Farben. Erschienen
Ende 1889. (Der Kreis ist nur 14/|0 Quadratmeilen gross und
hatte im Jahre 1889 118 000 Einwohner. In dem Kreis-
bezirke sind 27 Kohlenzechen; der Bereich der ganzen Karte
zeigt deren 55 !)
(Alle auf Veranlassung der Königlichen Regierung zu Düsseldorf im
Aufträge der Kreisstände angefertigt.)
Zum Vergleiche mit den Karten vom Kreis Gelsenkirchen war eine in
gleichem Maassstabe (1 : 10000) hergestellte KartedesLand-
kreises Bochum beigefügt, eine Karte, die ihren Verfasser
und Auftraggeber nicht nennt, in 5 Blatt.
21. Vermessungs-Revisor Börje zu Neuwied.
1 Waldhecker und Börje: Die Zusammenlegung der Grundstücke in der
Provinz Hannover.
22. Steuerrath Scherer in Cassel.
Graphische Rechentafel zum Multipliciren, Dividiren, Quadriren und
Radiciren.
23. Landmesser Friedei zu Düsseldorf.
1 Nadelkartirungsinstrument.
24. Techn. Versand-Geschäft R. Reiss in Liebenwerda.
1 Transversal-Maassstab in Schiebeetui.
1 » n n Klappetui.
7 Reisszeuge (versch. Grösse).
2 Kasten mit Zirkel etc.
1 Feldmesserbesteck (leer).
1 n (gefüllt).
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188
Verzeichntes von Instrumenten, Karten etc.
13 Stahlmessbänder (verschiedenartig).
1 Stabilband.
9 Fluchtstäbe (verschieden).
15m Messlatte oval.
1 » n flach-
1 n » oval, zum Klappen.
1 n n flach, „ „
13m Nivellirlatte zum Klappen.
1 7) „ „ Schieben.
2 Winkelspiegel versch. Grösse.
1 Prismenkreuz.
3 Winkelprismen (verschieden).
1 Prismentrommel.
2 Nivellirinstrumente.
1 Pantograph.
3 Planimeter verschiedener Construction.
1 Winkelspiegel zu 90° und 180°.
1 Satz Zähler.
1 Kartirung8instrument.
1 Paar Richtstäbe.
1 grosses Reisszeug.
25. Mechaniker Reinecke & Müller in Firma A. Meissner-Berlin.
1 gross. Tachymeter.
1 Theodolit mit Tangentenschraube.
1 Theodolit-Modell.
1 grosB. Theodolit.
1 klein. „
5 kleinere Theodolite mit Cylindertheilung.
6 diverse Nivellirinstrumente.
Signale und Lothstative.
Kippregel und Messtisch Modell 75.
1 klein. Universal-Instrument mit zerlegbarem Stativ.
26. Mechaniker Ed. Sprenger-Berlin.
1 Tachymeter-Theodolit mit Boussole.
1 Theodolit mit umlegbarem Fernrohr.
5 kleine Theodolite versch. Grösse.
7 Nivellir-In8trumente versch. Grösse.
1 freischwebender Pantograph.
1 Reductor.
Reisszeuge.
Ziehfedern.
Messbänder.
Maassstäbe.
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Verzeichnis« von Instrumenten, Karten etc.
189
Winkelspiegel.
Prismen.
Trommeln,
1 Messtischapparat.
Libellen.
Feldstecher.
2 topographische Boussolen.
27. Mechaniker Carl Bamberg-Friedenau b. Berlin.
1 8" Mikroskop- Theodolit.
1 5" geodätisches Universal-Instrument.
1 5" Mikroskop-Theodolit.
1 Feldmess - Theodolit mit Höhenkreis , 10 Secunden Ablesung des
Horizontalkreises.
1 Feldmess - Theodolit ohne Höhenkreis, 20 Secunden Ablesung des
Horizontalkreises.
1 mittlerer Theodolit, 20 Secunden Ablesung.
1 kleinster Theodolit.
1 „ r mit Boussole und Röhrenlibelle.
1 18"' Nivellir-Instrument.
1 16"' * q
1 1® n n
1 Silberstab oder Messingstab.
1 Stahlstab mit Thermometer.
1 Paar Endmeterstäbe.
1 Zeichenmaassstab.
1 grosses Kartirungs-Instrument.
1 kleines „ „
1 Kartirungs-Instrument der Stadtvermessung Berlin.
1 Courbiere’scher Ordinatenschieber.
3 Quadrätglastafeln.
28. Julius Raschke in Glogau.
Geaichte Stahlmessbänder.
Bandmaasse aus bestem Leinenband mit Drahteinlage und Lederver-
stärkung an den Enden.
Reisszeuge.
Transversalmaassstäbe.
Krimstecher,
u. a. G.
29. Clemens Riefler-Nesselwang und Manchen.
1 grösseres Tableau, enthaltend Zirkel, Reissfedern und verschiedene
andere Zeicheninstrumente.
30. Mechaniker C. LQttig-Bertin.
Theodolite in verschiedener Grösse.
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190
Verzeichntes von Instrumenten, Karten etc.
Nivellir-Instrumente.
Feldstecher.
Transveraalmaassstäbe.
Zeichen-Instrumente.
Reisszeuge,
u. a. G.
31. Mechaniker Rosenberg-Berlin.
1 Nivellir-Instrument neuester Construction nebst Stativ.
32. Mechaniker Pusch-Breslau.
1 Patent-Zirkel mit Schutzvorrichtung.
33. Städtisches Vermessungs-Amt zu Berlin.
a. Abtheilung I. (Plankammer.)
1 Plan von Berlin aus dem 17. Jahrhundert von v. Schmettau.
Innnnn n r> n (Copie.)
1 „ „ „ aus der Zeit von 1744—1766.
1 „ vom Dreifaltigkeits-Kirchhof vor dem Potsdamer-Thor.
2 Pläne vom Garnison-Kirchhof in der Linienstrasse.
1 Plan vom Juden-Kirchhof in der Spandauer-Vorstadt.
1 „ „ Französischen Kirchhof vor dem Oranienburger-Thor.
1 „ „ Dom-Kirchhof in der Stralauer-Vorstadt.
1 „ „ Kirchhof vor dem Halleschen Thor.
1 „ „ „ der deutschen Gemeinde in der Dorotheenstadt
und dem katb. Kirchhof.
1 Plan der Gegend vor dem Oranienburger-Thor.
1 „ n n n n Landsberger-Thor.
1 Projectplan zur Einrichtung der neuen Kirchhöfe.
1 Plan der Kirchhöfe vor dem Halleschen Thor.
1 „ vom Kirchhof zum französischen Hospital in der Friedrichstr.
1 „ der beiden Armen- Kirchhöfe in der Spandauer-Vorstadt.
1 „ „ Nicolai-, Marien- und Kloster-Kirchhöfe.
1 „ „ Gegend vor dem Prenzlauer-Thor.
1 „ „ „ zwischen Hamburger- und Rosenthaler- Vorstadt.
1 r vom Petri-Kirchhof in der Todten-Gasse.
1 „ „ Werderschen Kirchhof in der Commandantenstrasse.
b. Abtheilung II. (Neuvermessung.)
1 „ vom Dreiecksnetz I. und II. Ordnung.
1 n n v IU- Ordnung.
^ n n n 1^’ n
1 Actenheft mit trigonometrischen Berechnungen der Punkte I., II. und
IV. Ordnung.
1 „ mit trigonom. Berechnungen der Punkte III. Ordnung.
1 „ betr. Berechnung der mittleren Fehler in den Dreiecks-
netzen II. — IV. Ordnung und im Hauptpolygonnetz.
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Verzeichniss von Instrumenten, Karten etc.
191
1 Plan vom Hauptpolygonnetz.
1 „ Uber die örtliche Markirung und Fixirung des Polygon- und
Liniennetzes in der Grossbeerenstrasse.
1 „ 1 : 1000, zusammengesetzt aus den 4 durch Kupferstich verviel-
fältigten Uebersichtsplänen lü 11, 12, 21 und 22.
1 „ (graph. Ueber8icht) Uber die bei der Stuckvermessung gezahlten
Accordsätze (Preise).
1 Uebersicht Uber den jährlichen Fortgang der Vermessungs-Arbeiten,
des Personalbestandes und der Kosten.
1 Plan Uber den Stand der Stuckvermessung und Kartirung am 1.
April 1891.
1 „ Uber die am 1. April 1891 durch Kupferstich vervielfältigten
Uebersichtspläne 1 : 1000.
1 Plan, betr. das Präcisions-Nivellement der Stadt Berlin.
2 Handrissblätter.
1 Heft Mittheilungen Uber die Neuvermessung Berlins aus dem Jahre 1879.
34. Städtische Bibliothek zu Berlin.
1 Plan : Residentia electorialis Brandenburgica quam arte optica curate
delineavit, calamo iussu que clementissimo aeri incidit . .
Job. Bernh. Schultz 1686.
1 Geometrischer Plan der Königl. Haupt- und Residenzstadt Berlin nach
dermaliger Beschaffenheit. Auf Veranlassung der Königl.
Akademie der Wissenschaften verfertigt 1772 von J. C.
Rhode; gestochen von F. G. Berger sen. 1772 in Berlin.
1 Plan von Berlin nebst den umliegenden Gegenden, im Jahre 1798
herausgegeben von J. F. Schneider.
1 Geometrischer Plan der gesammten Königl. Preuss. Haupt- und Re-
sidenzstadt Berlin. Im Verlag Tobias Conrad Lotter in
Augsburg.
1 Plan von Berlin und Charlottenburg mit nächster Umgebung. Aufge-
und herausgegeben im Maassstabe 1 : 12500 v. d. topograph.
Abth. des preuss. grossen Generalstabes 1857.
1 Karte zwei Meilen um Berlin, worin die Dörfer, Vorwerke, Gärten,
Aecker, Wiesen, Brüche, Holzungen gezeichnet sind;
von Arends 1798 (Handzeichnung).
1 Copie des la Vigne’schen Planes von Berlin und Cöln aus dem
Jahre 1685.
35. Spielhagen & Co. zu Berlin.
Verstellbare Zeichentische.
Fertige Nivellirlatten.
„ Messlatten von verschiedener Länge.
Eine grosse Collection von Zeichen-Utensilien aller Art.
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192
Nene Schriften über Vermessungswesen. — Briefkasten.
36. Geometer Greder in Freiburg i. B.
2 Zeichnungen Uber die von ihm angewendete Methode der indirecten
Einmessung verbauter Besitzstandsgrenzen in Stadtlagen.
Zusammengestellt von Landmesser Ottsen.
Neue Schriften über Vermessungswesen.
Ministere de travaux publics. Nivellement general de la France. Reseau
fondamental. Repertoire graphique definissant les emplacements
et altitudes des reperes. lre livraison. Operations effectueea sous
la direction de la commission du nivellement pendant les
campagnes de 1884, 1885 et 1886. Paria 1889. 2re livraison,
Operations effectueea pendant les campagnes de 1887, et 1888.
Paris 1891.
Die Reduction geometrischer Nivellements wegen der Veränderlichkeit
der Schwerkraft, von Emanuel Czuber, o. ö. Prof, an der K. K.
Technischen Hochschule in Wien. Sonderabdruck aus den „Tech-
nischen Blättern,“ XXIII. Jahrgang. II. und III. Heft. Mit einer
Tafel. Prag 1892. Verlag des Deutschen Polytechnischen Vereins.
Druck von Heinr. Mercy in Prag.
über die neueren Vermessungsarbeiten auf der Balkanhalbinsel. Ein
Vortrag gehalten auf dem IX. deutschen Geographentage in Wien
im Jahre 1891. Von Heinrich Hartl, Oberstlieutnant im K. u. K.
Militär-Geographischen Institut in Wien. Sonderabdruck aus den
Verhandlungen des IX. d. Geographentages in Wien, 1891.
Verlag von Dietrich Reimer in Berlin. Berlin 1891. Druck von
W. Pormetter.
Briefkasten.
Ein Recensions - Exemplar, Anweisung für Generalcom-
missionen, ist, wie es scheint, durch ein Versehen unserer Redaction,
entweder an falsche Adresse versendet, oder sonst verloren gegangen.
Wer von einem solchen durch unmittelbare oder mittelbare Uebersendung
des Unterzeichneten erhaltenen Exemplar Kenntniss hat, möchte gefälligst
darüber Auskunft geben. Jordan.
Inhalt.
Grössere Mittheilungen: Aus den Verhandlungen des preussischen Abge-
ordnetenhauses Uber den Etat des Ministeriums fiir Landwirtschaft etc. —
Trigonometrische Punktbestimmung, von Jordan und Voigt. — Ver-
zeichniss derjenigen Instrumente, welche in der mit der 17. Hauptversammlung
des Deutschen Geometer-Vereips verbundenen Ausstellung in Berlin vertreten
waren. — Neue Schriften Uber Vermessungswesen. — Briefkasten.
Verlag von Konrad Wittwer, Stuttgart — Druck von Gebrüder Jänecke in Hannover.
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193
ZEITSCHRIFT für VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover,
1892.
Steuer-Rath in Mönchen.
Heft 7.
1. April. K-
Band XXI.
Mittheilung über die Arbeiten der trigonometrischen
Abtheiiung der Königl. Preussischen Landesaufnahme
im Jahre 1891.
(Vergl. Band XX, 1891, Seite 129 — 139 und die zwei lithographischen Beilagen.)
A. Die Dreiecksmessungen.
I. Die Triangulation I. Ordnung.
1. In der rhei ni s c h - h essischen Dreie cks k ette, deren
Messung 1889 begonnen wurde, sind die Beobachtungen auf den sämmt-
lichen noch übrigen Hauptpunkten, nämlich Erbeskopf, Loeberg, Muxerath,
Prilmscheid, Hohe Acht, Michelsberg, Weisser Stein, Langschoss, Birkhof,
Mündt und Hinsbeck beendet worden. Auf der Station Langschoss
wurde gleichzeitig die Richtung Ubagsberg des südlichen nieder-
ländischen Anschlusses beobachtet.
Die erste Ausgleichung, welche keinerlei Rücksicht auf andere
Beobachtungen oder Bestimmungen, als die der Kette selbst angehörigen
nimmt, wurde nach Schluss der Feldarbeiten alsbald in Angriff genommen
und ist beendet. Ihre Ergebnisse sind wohl für wissenschaftliche, nicht
aber für Zwecke der Landestriangulation, die ein das ganze Land Uber-
spannendes, widerspruchsfreies Netz herstellen soll, verwendbar. Die
den letzteren, praktischen Zwecken dienende zweite Ausgleichung kann
erst erfolgen, sobald der Werth der aus der Messung der Bonner Basis
und des Bonner Basisnetzes abzuleitenden Hauptseite Birkhof- Michelsberg
zur Verfügung steht und in die Rechnung eingeführt werden kann.
2. Auf der Insel Helgoland wurde die Beobachtung des Winkels
Neuwerk- Wangeroog ausgeführt, an die sich eine vollständige Triangu-
lation der Insel anschloss. Die Ergebnisse stehen zur Verfügung.
3. Von dem Werke: „Die Königlich Preussische Landes-
triangulation. H a u p t d rei ecke. Vierter Tbeil. Die Elbkette.“
Zeitschrift für Veriuesaungswesen. 1892. Heft J. 13
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194 Mittheilungen über die Arbeiten der trigonometrischen Abtheiluug
ist die zweite Abtheilung: Die Beobachtungen und deren Ausgleichung
gedruckt und dem Vertriebe Ubergeben. Der nunmehr vollständige vierte
Theil kostet 10 Mark.
II. Die Triangulation II. Ordnung.
In den Provinzen Hannover, Westfalen und Hessen -Nassau, sowie
in den beiden FUrstenthUmern Lippe sind 63 Messtische bearbeitet worden.
Sie sind auf der beigefUgten Skizze mit je einer Diagonale bezeichnet und
in ihrer Gesammtheit von einer starken Linie eingefasst.
III. Die Triangulation III. Ordnung.
In den Provinzen Sachsen und Hannover, sowie im Herzogthum
Braunschweig wurden 63 Messtische bearbeitet. Sie sind auf der bei-
gefUgten Skizze mit je 2 Diagonalen bezeichnet und in ihrer Gesammtheit
von einer starken Linie eingefasst.
Von dem die Gesammt- Dreiecksmessungen enthaltenden Werke:
Die Königlich Preussische Landestriangulation. Ab-
risse, Coordinaten und Höhen sämmtliclier von der trigo-
nometrischen Ab theil ung der Landesaufnahme bestimmten
Punkte
waren bis Ende 1890 der I. bis IX. und der XI. Theil erschienen. Der
X. Theil, welcher den Regierungsbezirk Posen enthalten wird, ist im
Druck weit vorgeschritten und wird 1892 zur Ausgabe gelangen.
B. Die Höhenmessungen.
1. Um den Anschluss des neuen französischen Nivellements
an das diesseitige Nivellementsnetz zu ermöglichen, wurden von letzterem
ausgehend nachstehende Linien versteint und 4 mal nivellirt:
a. Altkirch - Grenze bei AltmUnsterol 20 km
b. Maizi&res- „ „ Avricourt 10 „
c. Metz- „ „ Noveant 18 „
2. Durch Anbringen und Einmessen von Höhenmarken und
Mauerbolzen wurden im Ganzen 1448 km älterer Linien verfestigt.
Davon gehören 757 km dem H. Bande der „Nivellements“, dessen
Verfestigung damit beendet ist, die übrigen dem III. Bande an.
3. Im Arbeitsgebiete der III. Ordnung wurden 75 trigono-
metrische Punkte nivellitisch bestimmt, von denen aus die Höhen-
bestimmung aller Übrigen Punkte I. bis V. Ordnung durch Winkelmessung
erfolgte.
4. 19 Pegel wurden an das Nivellementsnetz angeschlossen und
mit Festpunkten versehen.
5. Auf der Insel Helgoland sind 27 Punkte an den dortigen
Fluthmesser angeschlossen worden.
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der Köoigl. Pruusmschen Landesaufnahme im Jahre 1891
195
13*
196
Der Mangel an Landmessern in der preussischen
6. Der Nachtrag V fUr das II. Heft (Preis 0,30 Mk.) und der
Nachtrag IV ftlr das V. Heft (Preis 0,05 Mk.) des Werkes „Auszug aus
den Nivellements der trigonometrischen Abtheilnng der
Landesaufnahme“ sind gedruckt und dem Vertriebe übergeben
worden.
Berlin, im Januar 1892. Morsbach,
Oberst und Chef der trigonometrischen
Abtheilung der Landesaufnahme.
Der Mangel an Landmessern in der preussischen
landwirthschaftlichen Verwaltung.
Herr Professor Vogler sagt im Schlusssatz seiner Besprechung der
Bedingungen für die Zulassung zur Landmesserprüfung (Heft 3, 8. 86),
man hätte kaum wagen mögen, den Zugang zur Landmesserlaufbahn
irgendwie zu beschränken, weil es einem bedeutenden Dienstzweige des
Staates sehr an Landmessern fehle.
Wenn man aber an maassgebender Stelle geglaubt hat, durch die wenn
auch ganz unerhebliche Herabsetzung der Ansprüche dem Fache mehr
Kräfte zuzuführen, bo bezweifeln wir, dass dieser Weg zum Ziele führen
wird. Wir Bind vielmehr der Ansicht, dass durch eine Erhöhung derselben
nicht allein der Zugang zur Landmesserlaufbahn gesteigert werden würde,*)
weil andere Fächer überfüllt sind, sondern dass auch die Leistungen
hierdurch wesentlich gewinnen würden!
Die Herabsetzung der Anforderungen als Antwort auf die Bitte des
gesammten Standes um Erhöhung derselben, musste eine tiefe Verstimmung
bei den Berufsgenossen zur Folge haben, und nur wenige Landmesser
werden sich voraussichtlich unter gegenwärtigen Verhältnissen bereit-
finden, Eleven auszubilden. So wird denn die Maassregel wahr-
scheinlich das Gegentheil von dem erzielen, was sie be-
absichtigt hatte!
Die Noth wendigke it, die Anforderungen an unsere Vorbildung
zu erhöhen, kann schon allein aus den Vorwürfen hergeleitet werden,
die unserm Stande öffentlich und unter ausdrücklicher Zustimmung der
Regierungskreise selbst noch in den letzten Jahren gemacht worden sind,
nicht minder aber aus der nackten Thatsache, dass die Ergebnisse der
*) Dieser Ansicht war auch die zur Begutachtung der Sombart’schen Denk-
schrift Uber die Organisation des Vermessungs wesens seitens des Staats-
ministeriums niedergesetzte Commission. Vergl. Jahrgang 1881 d. Z. f. V.
Seite 65 dritter Absatz. — Man blieb später leider auf halbem Wege stehen!
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landwirtschaftlichen Verwaltung.
197
Landmesserprüfungen die unzulängliche Vorbildung der Candidaten fest-
gestellt haben.
Als in der Sitzung desHerrenhau8esvom20.März 1884 Uber die Petition
der Auseinandersetzungslandraesser um Gewährung festen Gehalts verhandelt
wurde, da führte der Berichterstatter der Budgetcommission, Freiherr
von Tettau, als ersten Grund gegen sie ins Feld — (wörtlich ausSeite 129
des stenographischen Berichts entnommen) — „„dass die Gesammtheit
dieser Beamten in ihrer technischen Befähigung und in
ihrer Zuverlässigkeit wohl nicht derart sind, dass man
nicht Grund zu der Annahme hätte, dass bei Aussetzung
eines festen Gehalts das von ihnen geleistete Arbeitsquantum
ein viel geringeres sein würde““*) und beantragte schliesslich
Uebergang zur Tagesordnung. Als dementgegen das Herrenhausmitglied
für Cassel Herr Dr. Weigel die Petition der Regierung zur Erwägung
überwiesen haben wollte, widersprach ihm der Regierungscommissar,
und nachdem er ausdrücklich auf die häufig vorkommenden
Fehler in den Landmesserarbeiten hingewiesen hatte, schloss er seine
Rede mit den Worten: „„Ich kann mich deshalb aus diesem
sachlichen Grün de nicht für eine vollständige Beseitigung
desLiquidationswesens aussprechen, ich kann es aber auch
deshalb nicht, weil in der Liqnidirung der Diäten etc. ein
Antrieb zur Arbeit liegt, der bei vielen Feldmessern um
so nothwendiger ist, als sie nicht unter einer fortwährenden
Controle stehen und sie bei Fixirung des Einkommens
sich lange Zeit der Festsetzung gemachter Fehler entziehen
kön n en.““
Solchen Angriffen auf ihre moralische und technische Befähigung
gegenüber musste doch die Gesammtheit des Landmesserstandes auf Abhülfe
*) Dies harte Urtheil konnte bei Nichtsachverständigsn schon durch die
mannigfachen Abstriche hervorgerufen werden, welche seinerzeit von der Vor-
gesetzten Behörde an den Liquidationen der Landmesser gemacht wurden-
Um aber gerecht zu urtheilen, darf man nicht vergessen, dass sich zahlreiche
Arbeiten des Landmessers überhaupt nicht ohne Kenntniss der örtlichen Ver-
hältnisse am grünen Tisch beurtheilen lassen, und dass auch mitunter die Ab-
striche nicht in der mangelnden Befähigung dessen, der sie zu erdulden hatte,
sondern dessen, der sie machte, begründet waren. So wurden einem der be-
fähigsten und fleissigsten Vermessungsbeamten der ganzen landwirthschaftlichen
Verwaltung einmal von 1200 X, die er für Wegebau- Vorarbeiten liquidirt hatte,
nicht weniger als 800 X abgestrichen. 500 Jl rettete er durch wiederholte
Vorstellung der Sachlage, 300 X aber verlor er endgültig. - Dieser Beamte
wurde bald darauf Abtheilungsvorsteher und Vermessnngsinspector, dem Beamten
aber, der die Kosten festsetzung bewirkt und der sechs bis acht Jahre lang
über die Leistungen seiner Berufsgenossen in ähnlicher Weise zu Gericht ge-
sessen hatte, wurde späterhin von seiner Behörde noch die eigene Unfähigkeit
vorgeworfen, weil er ganz einfache geometrische Arbeiten nicht zur Zufriedenheit
zu erledigen im Stande gewesen war!
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198
Der Mangel an Landmessern in der preussischen
sinnen! — Hierbei darf nicht unerwähnt bleiben, dass in den letzten
Jahren bei den LandmesserprUfungen etwa 25 °/0 der Candidaten durcli-
gefallen sind, einerseits ein Beweis, dass zu einer tiefer gehenden Fachbildung
eine gründlichere allgemeine Vorbildung notliwendig ist, andererseits dass
sich unter den jetzigen Verhältnissen eine grosse Zahl schulmtlder Leute
in das Fach drängt, denen es an besonderer Veranlagung zu demselben
gänzlich mangelt, die die Landmesserlaulbahn nur als eine bequeme
Zufluchtstelle betrachten und erst zu besserer Einsicht kommen, wenn
es für sie zu spät ist, einen anderen Beruf zu ergreifen.
• • Herr Frofessor Vogler sagt selbst (S. 471 d. Z. v. v. J ), dass
das vollständige Durchlaufen einer neunklassigen Schule, wie die Erfahrung
lehrt, dem Geist und Charakter einen stärkeren Rückhalt giebt
als die bisher nur verlangte Erledigung von sieben Klassen, und das
wdrd niemand bestreiten. — Wenn also auch die officiellen Bestimmungen
nur das Durchlaufen von sieben Klassen vorschreiben, so werden doch
Landmesser von Ehrgefühl und Charakter, die auf sich selbst
und ihren Stand halten, in Zukunft um der besseren geistigen und
moralischen Vorbildung willen nur noch soleheEleven annehmen, welche das
Abiturienten-Examen an einer neunklassigen Lehranstalt bestanden haben,
wie dies schon seitens der Vorstandschaft des Deutschen Geometer Vereins
im zweiten Heft dieses Jahres in Anregung gebracht worden ist. — Z. B.
sind die hier am Orte wohnenden Landmesser (einschliesslich des Ka-
tastercontroleurs sieben an der Zahl) übereingekommen, diesen Grundsatz
streng festzuhalten, und haben ganz neuerdings bereits in zwei Fällen
danach gehandelt. — W i r wollen eben nicht, dass man unserem
Stande inZukunft wieder öffentlich vor dem ganzen Lande
in seiner Gesammtheit Mangel an sittlicher Kraft und
technischer Befähigung vorwirft! — Wir wollen dem Fache
nur gutes Personal zuführen! — Und wenn die Staatsregierung
einerseits selbst, wie dies in der Herrenhaussitzung vom 20. März 1884
geschehen ist, die gegen uns gerichteten Vorwürfe theilt, andererseits
aber uns durch Abweisung unserer sachlich begründeten Anträge auf
Einführung des Abiturientenzeugnisses das Mittel zur Abstellung der
Uebelstände versagt, so kann sie uns doch gewiss nicht verdenken, wenn
wir zur Selbsthülfe greifen und uns aus eigener Kraft so viel wie möglich
bestreben, unsern Stand zu heben ! Gelingt uns dies und wird dann das
Abiturientenzeugniss obligatorisch vorgeschrieben, so wird auch unser
Fach von tüchtigen jungen Leuten ebenso gern, vielleicht noch lieber
gewählt werden, als z. B. das Post- oder das Forstfach.
Und erfordert denn thatsächlich der Dienst z. B. eines Forst-
beamten eine höhere Vorbildung als der Dienst eines Landmessers und
Kulturtechnikers der Auseinandersetzungsbehörde? Ist es etwa schwieriger
die naturwissenschaftlichen Grundlagen für die Bodenbearbeitung, den
Anbau, das Wachsthum und die Pflege der Waldpflanzen einerseits oder
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landwirtliscliaftlichen Verwaltung.
199
der weit vielseitigeren landwirtschaftlichen Kulturpflanzen andererseits
zu erfassen? Ist es etwa schwieriger, eine Forstvermessung zu machen,
als eine Forst- und Feld- oder gar eine Stadtvermessung? — Ist es
etwa schwieriger ein Waldwegenetz zu entwerfen als ein landwirt-
schaftliches Wegenetz, bei dem nicht nur bequeme Zu- und Abfuhrwege,
sondern auch gut zu b e wi rt hs c haften d e Planformen erzielt
werden müssen? Ist es etwa schwieriger, eine Waldwerthsberechnung aufzu-
stellen als die Rentabilitätsberechnung einer grösseren landwirtschaftlichen
Melioration? Ist cs etwa schwieriger einen Forstbetriebsplan zu entwerfen
als einen Auseinandersetzungsplan und die Meliorationen für eine Land-
gemeinde mit mehreren hundert Besitzern, deren Interessen
einander stets widerstreiten, und von denen jedem der
grösstmöglichste Vortheil zugewiesen werden soll? — Braucht
ein Oberförster etwa tatsächlich mehr Rechtskenntnisse zur Verseilung
seines Dienstes, als ein Auseinandersetzungslandmesser zur Verseilung
des seinigen ? Und ist etwa der Dienst des Oberförsters verantwortlicher
als der des Anseinandersetzungslandmessers, von dessen Schaffen i n
erster Linie der wirthschaftliche Wohlstand der von ihm
im Laufe der Jahre bearbeiteten Gemeinden abhängt? —
Wer verarbeitet in einer fünfundzwanzigjährigen Dienstzeit ein grösseres
Grund- und Betriebscapital, ein Oberförster in seinem Forstrevier oder
ein Auseindersetzungslandmesser in den von ihm bearbeiteten Zusammen-
legungs- und Meliorationssachen? — Wer die beiderseitigen Verhältnisse
nicht bloss oberflächlich, sondern näher kennt, der wird alle diese Fragen
zu Gunsten des Landmessers beantworten, — und doch hält man für einen
Forstbeamten das Abiturientenzeugniss und dreijähriges Studium, für einen
Auseinandersetzungslandmesser nur Primareife und zweijähriges Studium
für noting! — Ja, obwohl höhere Analysis, Differentialrechnung und
Ausgleichungsrechnung nach der Methode der kleinsten Quadrate, der
Punkt, an dem 25 vom Hundert der jetzigen Landmessercandidaten
scheitern, gar nicht zum Lehrplan der Fortsakademien ge-
hören, so giebt man doch auch nach dem neuen Landmesserreglement
den Forstreferendaren eine Landmesserbestallung! — Man ermöglicht
durch diese Einrichtung denjenigen Forstreferendaren, die das Zeug zum
Bestehen der Forstassessorenprüfung nicht in sich haben, ihr Dasein noch
als Landmesser zu fristen, — aber welcher Art sind die Erfahrungen
gewesen, die einzelne Auseinandersetzungsbehörden mit den Leistungen
der so vorgebildeten Auseinandersetzungslandmesser gemacht haben? —
Sollte sich denn Preussen nicht entschliessen können, dem Beispiele
Bayerns zu folgen, wo schon seit Jahrzehnten das Abiturienten -Examen
nebst zweijährigem Studium an der Hochschule und ebenso langer Vor-
bereitungspraxis von den dortigen Fachgenossen, dreijähriges Studium
von den Kulturtechnikern verlangt wird ? — Gerade das würde unserem
Fache neue und tüchtige Kräfte reichlich zuführen! —
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200
Der Mangel an Landmessern in der preusBisehon
Eine andere Frage ist es, ob der Mangel an Landmessern in der land-
wirtschaftlichen Verwaltung überhaupt an einem Mangel an Landmessern
im Allgemeinen liegt? — Keineswegs! — Im April v. J. haben z. B.
81 Landmesser die Prüfung bestanden. Diese Zahl reicht aus, den
durchschnittlichen Jahresbedarf im Grossen und Ganzen, wenn auch
nicht den augenblicklichen Bedarf zu decken! — Von diesen
81 Landmessern sind aber nur 4 bei der landwirtschaftlichen, dagegen
52 bei der Katasterverwaltung eingetreten, der Rest hat sich andern
königlichen oder Communalverwaltungen zugewendet oder dem Privat-
dienst gewidmet. Im Ganzen sind 1891 bei der landwirthaftlichen Ver-
waltung 8 Landmesser neu eingetreten aber auch ebensoviel (8)
wieder ausgetreten, bei der Katasterverwaltung ist dagegen nicht
ein einziger wieder ausgetreten! — Da die Bezahlung bei der land-
wirtschaftlichen und der Katasterverwaltung ganz dieselbe ist, so ist leicht
einzusehen, dass die Landmesser erstere aus tiefer liegenden Gründen
meiden. Warum? Weil die landwirtschaftliche Verwaltung den be-
rechtigten Wünschen und Forderungen der bei ihr beschäftigten Ver-
messungsbeamten stets heftigen Widerstand entgegengesetzt hat und ihnen
immer erst nothgedrungen gefolgt ist, wie die Geschichte dies be-
weist. — Schon 1850 haben die Landmesser der landwirtschaftlichen
Verwaltung unter Vorlegung einer ausführlichen Denkschrift des Ver-
messungsrevisors Wäge zu Görlitz dem Ministerium dargelegt, dass es an
der Zeit sei, ihren Geschäftszweig selbstständig in die behördliche Organisation
aufzunehmen, — sie hatten nicht den geringsten Erfolg! — Einer 1860
zu gleichem Zwecke an das Ministerium entsendeten Deputation wurde
von einem Rate des Ministers, dem sie ihre Bitte vortragen durfte,
geantwortet: „Mit demselben Rechte wie sie könnten die Schuster und
Schneider mit der Forderung hervortreten, Staatsbeamte sein zu wollen.“
— (Vergl. Jordan-Steppes das deutsche Vermessungs wesen Bd. 2, S. 9.)
— Am 8. Februar 1871 nahm das Abgeordnetenhaus den Antrag der Ab-
geordneten von Schellwitz und Genossen an, die Regierung zu er-
suchen, dass Bestimmungen getroffen würden, wonach den bei den Aus-
einandersetzungsbehörden beschäftigten Commissaren und Feldmessern
ihr Einkommen in regelmässigen Zeitabschnitten gewährt werde. Am
2. März 1872 bat der Präsident der Generalcommission für
Schlesien, Excellenz von Schellwitz in seiner Eigenschaft als Ab-
geordneter das Ministerium nochmals, doch die Pensionsverhältnisse der
Auseinandersetzungslandmesser zu verbessern, sie überhaupt den Kataster-
controleuren gleich zu stellen, da es sonst an tüchtigen Auseinander-
setzungslandmessern fehlen werde! — Vergeblich brachte der kürzlich
verstorbene Abgeordnete Kiepert in der Sitzung vom 16. März 1875
den Antrag, den Auseinandersetzungslandmessern ein festes Einkommen in
regelmässigen Zeitabschnitten zu gewähren, wiederum vor! — Vergeblich
schilderte Buttmann die Missstände 1875 in seiner Schrift: „Die niedere
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landwirthschaftlichen Verwaltung.
201
Geodäsie, ein Stiefkind ira preußischen Staatsorganisraus.“ — Vergeblich
wandten sich die Landmesser der Generalcommission zu Cassel 1878 noch-
mals mit der Bitte um regelmässiges Einkommen an den Minister. Ihrem
Anträge wurde nicht nur nicht stattgegeben, sondern ihre Lage wurde sogar
wesentlich verschlimmmert, indem unterm 27. Mai 1880 eine Ministerial-
verfügung erging, durch welche die bis dahin neben den unzureichenden
monatlichen Vorschusszahlungen zugelassene Gewährung ausserordentlicher
Abschlagszahlungen untersagt wurde.*) — Nachdem dann von 1882 ab
die Sache wiederholt im Abgeordnetenhause zur Sprache gebracht war,
wurden zwar allmählich Verbesserungen eingefUhrt, aber erst im vorigen
Jahre also erst zwanzig Jahre, nachdem schon der Generalcommissions-
präsident von Scheilwitz den Antrag gestellt hatte, wurde die Gleich-
stellung mit den Katastercontroleuren herbeigefUhrt! — Wieviel Unan-
nehmlichkeiten hätten sowohl den Landmessern als auch sämmtlichen
betheiligten Behörden erspart werden können, wenn diese Einrichtung
früher getroffen worden wäre, als zu einer Zeit, wo der Mangel an
Landmessern schon in hohem Grade fühlbar geworden war!
— Und liegt nicht in dem endlich erfolgten Zugeständniss dieser Einrichtung
zugleich das Eingeständniss, dass die Gründe, die man früher dagegen
vorgebracht hatte, nicht stichhaltig waren? — Mit welcher Geringschätzung
wurden ferner die Feldmesser in der Sitzung des Abgeordnetenhauses
vom 30. Januar 1890 bedacht, als der Abgeordnete So mb art bean-
tragt hatte, die sogenannten Wiesenbaumeister in den Besoldungsver-
liättnissen nicht auf gleiche Stufe mit den Vermessungsbeamten zu stellen,
sondern sie ihrer Vorbildung entsprechend als eine besondere Beamten-
kategorie zu behandeln. — Und doch hat man sich im Ministerium als-
bald überzeugen müssen, dass die Forderung der Landmesser gerecht-
fertigt war. Denn während noch auf Seite 33 des landwirtschaftlichen
Etats von 1890/91 die Sache so dargestellt war, als ob die sogenannten
Wiesenbaumeister die Befähigteren und geeignet seien, die kulturtech-
nischen Arbeiten der Vermessungsbeamten zu prüfen, während sie hier
noch mit den Vermessungsbeamten in vollständig gleiche Gehaltskategorie
gestellt worden waren, wurden sie im Etat 1891/92 stillschweigend den
Zeichnern gleichgestellt, die aus den Büreaugehülfen der Vermessungsbeamten
liervorgehen! — Dass solche Ausführungen, wie sie in der Abgeordnetenhaus-
sitzung vom 30. Januar 1890, und solche moralische Blossteilungen der
Landmesser vor dem ganzen Lande, wie sie unter Zustimmung des Vertreters
der landwirthschaftlichen Verwaltung in der HerTenhaussitzung vom
20. März 1884 vorgekommen waren, nicht geeignet sind, die Berufs-
*) Die ausserordentlichen Abschlagzahlungen wurden erst durch die
Ministcrialverfiigung vom 3. März 1884 wieder zugelassen, — demselben Tage,
an welchem 25 Abgeordnete noch zur dritten Lesung des Etats den Antrag
für. 148 der Drucksachen des Abgh.) cinbrachten, den durchschnittlichen
monatlichen Vorschuss der Vermessungsbeamten zu verdoppeln.
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202
Der Mangel an Landmessern in der preussischen
freudigkeit zu fördern und dieser Verwaltung neue Kräfte zuzuflihren,
bedarf keiner Erläuterung. — Nene Kräfte werden nur dadurch
angelockt, dass die vorhandenen zufrieden sind! Diese
aber haben noch in mannigfacher Beziehung Ursache zu erheblicher
Unzufriedenheit! — Abgesehen von Punkten geringerer Bedeutung,
wie angemessenere Regelung des Gehtllfenwesens und Gewährung
ausreichenderer BUreauentscliädigungen, verlangen sie vornehmlich auf
Grund ihrer kulturtechnischen Vorbildung und ihres besseren Ver-
ständnisses von der Sache grössere technische Selbstständig-
keit gegenüber den juristischen Commissaren, denen gesetzlich allein
das Recht zugestanden ist, alle kultnrtechnisch- landwirtschaftlichen
Fragen zu entscheiden. — Hiermit verlangen sie nichts Unrechtes, das
beweist schon der Umstand, dass die Angelegenheit in Suddeutschland
überall in der von ihnen angestrebten Weise geregelt ist: in Bayern
durch Gesetz vom 29. Mai 1886, in Württemberg durch Gesetz vom
30. März 1886, in Baden durch Gesetz vom 21. Mai 1886 und im
Grossherzogthum Hessen durch Gesetz vom 28. September 1887. —
Wer die Sache nur halbwegs kennt, der wird den Vorzug dieser Gesetze
vor den preussischen nicht bestreiten und wir möchten das ein-
gehende Studium derselben und ihrer Motive allen denen
dringend ans Herz legen, die an der Regelung der Sache betheiligt
sind oder Interesse für sie haben.*) — Woher soll denn auch ein Jnrist
Uber landwirthschaftlich- technische Umgestaltungen allein zu disponiren
befähigt sein? Könnte man das nicht gerade so gut auch von einem
Mediciner oder Philologen verlangen, die ja auch studirt haben — nur
nicht landwirtschaftliche Technik ! — Ja, wenn wenigstens noch die
Bestimmungen des Ministerialerlasses vom 12. April 1836 für die Aus-
bildung und Prüfung der juristischen Commissare maassgebend wären,
wonach sie mindestens 2 Jahre praktische Landwirtschaft betrieben haben
und etwa ebenso lange als Gehülfe eines älteren Commissars tätig gewesen
sein mussten, bevor sie selbständig Sachen bearbeiten durften, dann läge die
Sache doch um etwas besser! — Aber diese Bestimmungen sind gänzlich
ausser Geltung gesetzt worden und die Sache liegt jetzt, wo die Herren
sich nur ein halbes Jahr auf der Generalcommission einzuarbeiten brauchen
(vergl. Glatzel u. Sterneberg, Auseinandersetzungsverfahren Seite 36)
für die Commissare selbst am traurigsten, sie verstehen eben den land-
wirtschaftlich-technischen, also den weitaus wichtigsten Theil der Geschäfte
*; Diese Gesetze sind in folgenden Ausgaben zu haben : Das bayrische Feld-
bereiuigungsgesetz erläutert von Müller, Haag u. Schreiber. Erlangen 1887 bei
Palm & Enke (8 M), — das witrttcmbergische Feldbereinigungsgesetz erläutert
von Gaupp. Stuttgart bei Kohlhammer 1888 (8 Jt), — das badische Feldbe-
reinigunsrsgesetz erlärtert von Buchcnbcrgcr u. Pfaff. Tauberbischofsheim bei
J. Lang (1,60 Jt), — das hessen-darmstädt. Feldbereinigungsgesetz, Darmstadt 1887.
Grossherzogi. Staatsverlag Preis 0,50 Jt. Eine erläuterte Ausgabe des
letzteren ist unseres Wissens nicht vorhanden.
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landwirthschaftlichon Verwaltung.
203
nicht und sollen doch allein darüber entscheiden! — Dass aber dieses
alleinige Bestimmungsrecht der nicht sachverständigen juristischen Com-
missare auch Uber technische Angelegenheiten den durch ihr ganzes Studium
und längere praktische Ausbildung für diese Geschäfte vorbereiteten
Auseinandersetzungslandmessern schon um deswillen ein Dorn im Auge
ist, weil es oft ein Hemmschuh für ihr ganzes Wirken ist, wird jedermann
leicht begreifen können. — Schon in der Denkschrift des Vermessungs-
revisors Wäge von 1850 ist dieser Gegenstand berührt worden. Im
Jahre 1873 ist derselbe abermals in einer Denkschrift des Ver-
messungsrevisors Koch zu Cassel, dem Ministerium und beiden Häusern
des Landtags dargelegt worden. — Interessant ist aus den damaligen
Vorgängen die Thatsache, dass in demjenigen Exemplar der Denkschrift,
welches dem Herrenhause Vorgelegen hatte und von diesem dem Ver-
fasser nach geschehener Verhandlung zurückgegeben wurde, gerade das
Blatt Seite 13 u. 14 herausgerissen war, welches unser Dienstverhältnis
zu den Commissaren besprach. — Es liiess dort:
„Man schuf demnach Geschäfts-Instructionen, welche den geo-
metrischen Theil der Geschäfte überall in hergebracht oberflächlicher
Weise kurz abfertigen, hingegen das Formenwesen und den von den
Commissarien zu verwaltenden Theil der Geschäfte ausführlich behandeln,
dabei aber den Commissarien auch für rein geometrische Geschäfte das
Recht nicht bloss der Einmischung, sondern sogar der alleinigen
Bestimmung zuweisen. Beispielsweise . soll der Commissar ohne Be-
schränkung die Kostenrechnungen der Feldmesser prüfen und begut-
achten, den Maassstab der Karten bestimmen,*) Instructionen für
die Abfassung der geometrischen Nachweisungen ertheilen, die neuen
Einrichtungen, Wege, Gräben, Pläne projectircn, kurz die Commissarien
werden in den Vorschriften — im Widerspruch mit den thatsächlichen
Verhältnissen — als die geistigen und verantwortlichen Urheber und die
Feldmesser als die handwerksmässigen Ausführer, ja man kann sagen als
die Handlanger betrachtet. Dabei ist es nichts als eine Phrase, wenn
gesagt wird, dass der Commissar die Verantwortung für das ganze
Geschäft übernehme, während er bei einer schlecht durchgeführten Sache
den Grund dafür in der Nichtbefähigung des Feldmessers zu suchen nur
zu gern bereit ist und bei der Behörde für entschuldigt gilt, wenn ein
solcher Grund nur einigermaassen plausibel gemacht werden kann. Man
sieht also, dass diese Phrase nur dazu dient, die Verantwortung illusorisch
zu machen, da der Feldmesser nicht verantwortlich gemacht werden kann.
Diese Grundsätze haben ganz wesentlich dazu beigetragen, einen
richtigen Fortschritt des geometrischen Theiles der Geschäfte zu verhindern,
indem Unzufriedenheit und Missgunst in die Verhältnisse der ausführenden
*) Diese Vorschriften sind in der Merseburger Geschäftsinstruction von 18t>8
enthalten, welche im Geschäftsbezirk der Gcneralcommission zu Merseburg noch
heute in Gültigkeit ist.
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204 Oer Mangel an Landmessern in der preussischen
Organe hineingetragen wurde, ohne sachlich irgendwie fördernd wirken
zu können.
Es wllrde zu weit fuhren, diese Quelle vieler Unzuträglichkeiten,
diesen Grund der immer mehr bei den Feldmessern zunehmenden Unzu-
friedenheit näher zu beleuchten und es möge deshalb nur auf das Wider-
sinnige hingewiesen werden, das darin liegt, dass von zwei nebeneinander
wirkenden Organen, welche, wie neuerdings von einer Generalcommission
in einer Erwiderung auf eine Beschwerde recht zutreffend gesagt ist,
berufen sind, „„in der Förderung der ihnen gemeinschaftlich obliegenden
Pflege der Landeskulturinteressen einen edlen Wetteifer zu entfalten und
zur Erreichung dieses Zieles Hand in Hand zu gehen““, der eine dem
andern untergeordnet werden soll. Und um den in diesen Verhältnissen
liegenden Widerspruch so recht klar zu stellen, möge nur auf den oft
wiederkehrenden Fall hingewiesen werden, der eintritt, wenn einem
praktisch unerfahrenen Specialcommissar, der häufig nur in der Frist
von einem halben Jahre bei einer Generalcommission seine ganze tech-
nische Vorbildung eingenommen hat, ein alter in allen Verhältnissen
geschulter Feldmesser untergeordnet, wenn der erstere als der geistige
Urheber und der letztere als sein Handlanger angesehen wird.“
Wir können uns nicht versagen, diesen letzteren Fall durch einen
Vorgang zu beleuchten, den uns der seit einigen Jahren erst pensionirte
Verfasser der vorstehenden Zeilen selbst noch aus seiner späteren
Dienstzeit mitgetheilt hat. Er schrieb : „Ein neu hierher versetzter
ganz junger Gerichtsassessor war plötzlich als Specialcommissar mein
Vorgesetzter geworden und trat in eine Sache ein, in welcher Re-
gister und Extracts von mir fertig gestellt waren. Eines schönen Tages
kam der Herr Assessor zu mir und sagte unter Anderem, dass er in das
Wesen der Auseinandersetzungsgeschäfte gar keinen richtigen Einblick
gewinnen könne, insbesondere sei ihm das Geschäft der Bonitirung ganz
böhmisch. Er bat mich dann, ihm doch mitzutheilen, wie das Bonitiren
eigentlich gemacht werde, damit er sich in den nächsten Tagen bei
Einleitung einer Bonitirung nicht so dumm anstelle. Ich belehrte
ihn nun nach Möglichkeit und verabredete dann für den folgenden
Tag eine Localexpedition zur Information ftir ihn, wobei ich ihm in der
Oertlichkeit die Untersuchung des Bodens in Krume und Untergrund zu
erklären suchte, selbstverständlich bei solcher Oberflächlichkeit ohne be-
merkbaren Erfolg, jedoch in grösster Gemüthlichkeit. Bei der Rückreise
erwähnte der Herr Assessor, dass er mir die von mir eingereichten Ver-
messungsurkunden als mehrfach in der Form fehlerhaft zur Umar-
beitung zurückgeben müsse. Als ich dann verwundert fragte, worin
die Fehler bestehen sollten, erwiderte er, das wisse er nicht so genau,
sein Protokollführer habe sich das so ausgetüftelt. Wenn es mir
nicht recht sei, solle ich ihm nur, wie es mir beliebe, antworten.
— Als ich heimgekehrt wrar, fand ich denn ein drei Bogen langes
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landwirtschaftlichen Verwaltung.
205
Schreiben, abgefasst in geradezu beleidigenden, anmaassenden Ausdrücken
vor, Uber das ich ganz aufgeregt wurde und das mich in einen sehr
unnützen Federkrieg verwickelte, aus welchem ich insofern siegreich
hervorging, als ich in keiner Ziffer und in keinem Buchstaben
die Urkunden abzuändern nüthig hatte. Den Aerger aber und den
Schaden an meiner Gesundheit hatte ich weg!“ —
Vorurteilsfreie Juristen haben das Unzweckmässige dieser Einrichtung
ja auch längst offen eingestanden. Wir beziehen uns nur auf die Auslassungen
des Regierungsraths Mahraun „Ueber die Bildung landwirtschaftlicher
Provinzialbehörden“ in Nr. 56—58 der deutschen landwirthschaftlichen
Presse von 1890. Selbst ganz unparteiische Sachkundige haben ein
ähnliches Urteil Uber die wahre Lage der Dinge gefällt, z. B. der
Nationalökonom Dr. Schlitte in seinem Werke Uber die Zusammenlegung
der Grundstücke Theil 1, Seite 42. — Die Sache ist übrigens von den
verschiedensten Seiten in dieser Zeitschrift so mannigfach besprochen
worden, dass wir uns jeder weiteren Erörterung darüber enthalten
können und lediglich auf diese Besprechungen: Jahrgang 1887 Seite 103,
281, 409 und 505 ; Jahrgang 1888 Seite 83 und 337 ; Jahrgang 1889
Seite 33 u. 577 ; Jahrgang 1890 Seite 481 und 493 mit der zugehörigen Be-
richtigung auf Seite 544, endlich Jahrgang 1891 Seite 20 hinweisen wollen.
— Nur eins möchten wir auch hier nochmals betonen, wir sind felsen-
fest überzeugt, dass sich bei einer Organisation der Sache nach Art der
süddeutschen Zusammenlegungsgesetze niemand glücklicher fühlen würde,
als unsere juristischen Commissare selbst! Sie könnten ihre Thätigkeit
dann auf das concentriren, was sie verstehen, auf die vorkommenden Rechts-
fragen und Verwaltungsangelegenheiten und würden von einer Verantwort-
lichkeit für technische Dinge entlastet, die sie, das gereicht ihnen nicht
zum Vorwurf, nicht beherrschen und nicht beherrschen können. — Be-
zeichnete doch auch der Abgeordnete M i es in der Sitzung vom 5. Febr. d. J.
„„die Einrichtung, wie sie hier besteht, als keine vernunftgemässe, eine
vernunftwidrige““ und hat sich doch weiterhin in derselben Sitzung
auch der mit der einschlägigen Materie genau vertraute Geheime Re-
gierungsrath Professor Dr. Dünkelberg ganz im Sinne unserer Anträge
und Wunsche ausgesprochen.
Die Regelung des vorerwähnten Punktes ist der Cardinalpunkt in
der Frage, ob die landwirthschaftliche Verwaltung wiederum von Land-
messern aus eigenem Antriebe aufgesucht werden wird oder nicht! —
Diejenigen Auseinandersetzungslandmesser, welche ihr Fach beherrschen,
haben auf Grund ihrer Mitwirkung an den Geschäften ein Recht darauf,
zu fordern, dass ihnen in technischer Beziehung Selbständigkeit eingeräumt
werde und dass die Gesetzgebung ihre Mitwirkung an dem Zusammen-
legungswerke in vollem Umfange anerkenne. So lange das nicht
geschieht, wird unser Fach von tüchtigen jungen Landmessern gemieden
werden. Dieselben werden, wie die Thatsache lehrt, lieber die Kataster-
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206
Der Mangel an Landmessern in der preussischen ete.
Verwaltung oder sonstige Stellungen aufsuchen, in denen sie Aussichten
auf spätere Selbständigkeit haben. Die Landwirtschaft hat aber ein
Interesse daran, dass gerade ihrem Verwaltungszweige befähigte, gut
vorgebildete und moralisch zuverlässige Vermessungsbeamte zugefillirt
werden; wohlbefähigt deshalb, weil die in landwirthscbaftlich-technisclier,
in kulturtechnischer Beziehung gemachten Fehler eich nicht, wie blosse
Messuugsfehler, beseitigen lassen, sondern grosse Geldopfer und dauernde,
schwerwiegende Nachtheile für die betreffenden Gemeinden im Gefolge
haben; moralisch zuverlässig, weil sie bei der Neuzutheilung des Grund-
besitzes mehr wie jedes andere Beamtenpersonal Bestechungsversuclien
ausgesetzt sind.
Es wäre daher zu wünschen, dass die landwirtschaftliche Verwaltung,
da sie ja als Endzweck ihrer Thätigkeit das Wohl der von den frag-
lichen Arbeiten betroffenen Gemeinden im Auge hat, den von dem Land-
messerstande ausgesprochenen beiden Wünschen zustimme, statt sie zu
bekämpfen: einmal dem Wunsche nach Vertiefung ihrer Vorbildung, fllr’s
andere dem Wunsche nach anderweitiger Organisation der Behörden!
Möchte sie sieh bei Erwägung ihrer nächsten Schritte in dieser
Angelegenheit von dem Gedanken leiten lassen, den der Herr Minister-
präsident Graf von Caprivi in der Abgeordnetenhausverhandlung vom
13. November 1890 in den Worten ausdrückte: „„Es will mir scheinen,
der Staat kann in dem Kampfe, vor den er gestellt ist, nur gewinnen,
wenn es ihm gelingt, die Zahl seiner Gegner zu verringern. Die Re-
gierung kann niederhalten, niederschlagen, damit ist die
Sache nicht gemacht! — Die Schäden, die bestehen,
müssen von innen heraus geheilt werden und dazu gehört,
dass das Wohlbefinden im Staate, das Sichheimischfiihlen,
die Theilnahme mit Kopf und Herz an den Aufgaben des
Staates in weitere Kreise dringt!““
Wie freudig würde der Landmesserstaud der Regierung für die Er-
füllung seiner beiden doch sachlich begründeten Wünsche danken,
wie gern würde er sich selbst die grösste Mühe geben, in diesem Falle
gute neue Kräfte für das Fach anzuwerben und sie zu tüchtigen Männern
heranzubilden! — Und statt des jetzt unter den Landmessern der landwirt-
schaftlichen Verwaltung herrschenden Missmuths, der in den letzten
Jahren, wie oben erwähnt, mehrfach ein Wiederaustreten von Beamteu
zwecks Uebergangs zu andern Verwaltungen zur Folge hatte, würde neue
Berufs- und Arbeitssfreudigkeit über sie kommen! — Gerade diese Ver-
waltung würde bei angemessener Selbständigkeit ihrer Vermessuugs-
beamten am meisten aufgesucht werden, weil ihre Arbeiten am inter-
essantesten und vielseitigsten, zwar auch am verantwortungsvollsteu,
aber bei tüchtigen Leistungen auch zugleich in sich selbst am dank-
barsten sind!
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Deubel. Die Verwendung des Höhenmessers bei den Vorarbeiten etc. 207
Die Verwendung des Höhenmessers bei den Vorarbeiten
zum Kostenanschlag in Zusammenlegungssachen;
von Deubel, Landmesser und Kulturteehniker.
Die Veranschlagung der Erdarbeiten zum Zwecke der Verdingung
und ordnungsmässigen Ausführung des Ausbaues der Wege und Gräben,
Bewässerungsanlagen, Sammelteicbe, Drainagen etc. bei den Zusammen-
legungen erfolgt entweder
I. nach Massen und Transporten oder
II. nach Pauschsätzen für den laufenden Meter ßaustrecke.
Letztere Methode kommt da zur Anwendung, wo die Wegeachse
im Gelände liegt, also Dammschüttungen und Einschnitte oder kurz
Endtransporte nicht Vorkommen, sondern lediglich ein regelmässiges
Profil herzustellen ist.
In durchschnittenem, bergigem Gelände dagegen wird man sich
nicht allein bei den Hauptwegen, sondern sehr oft auch bei unter-
geordneten Wegen zur speciellen Aufnahme nach Längen- und Quer-
profilen entschliessen müssen.
Die Methode der Messung ist abhängig von den Steigungsver-
hältnissen und dem von der Arbeit zu fordernden Genauigkeitsgrad.
Dieselbe ist nicht schon dann gut, weun sie an sich richtige Resultate
liefert, sondern sie muss auch ökonomisch richtig sein d. h. sie darf
nicht mehr Zeit erfordern als nothwendig ist.
Unter dem Gesichtspunkt, dass bei den Zusammenlegungen die
Anlagen im Felde projectirt, versteint, aufgemessen und kartirt werden,
bevor die Vorarbeiten zum Kostenanschlag ausgeführt werden, lassen
sich folgende Aufnahmemethoden unterscheiden:
1) Ein genaues Nivellement ist in allen Fällen unerlässlich
in welchen eine sorgfältige Regulirung der Gefall Verhältnisse an-
gezeigt erscheint, z. B. wenn es sich um eine Bach- oder Fluss-
regulirung, um den Ausbau eines Entwässerungssystems in sehr
ebener Gegend, oder die Anlage eines Hauptzuleiters einer Be-
wässerungsanlage, eines Mühlgrabens oder dergl. handelt. Zur
Projectiruug solcher Anlagen sind schon mehr oder weniger
genaue nivellitische Vorarbeiten erforderlich, diese bieten aber in
der Regel keine genügenden Anhaltspunkte für den Ausbau,
weshalb nach der Absteckung und Versteinung der Wasserläufe
ein specielles Nivellement, unter Umständen mit Anschluss an das
Landesnivellement, auszuführeu ist.
Besondere Nivellementsfestpunkte und die zahlreichen Grenz-
steine bieten sichere Anhaltspunkte für die exacte Ausführung
des Baues und erleichtern dem Beamten die Controle wesentlich.
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208 Deubel. Die Verwendung des Höhenmessers bei den Vorarbeiten
Bei Bachregulirungen*) und Grabenanlagen in Thälern von
0,5 °/o und mehr Gefälle kommt es auf die äusserste Feinheit
hinsichtlich der Gefällvertheilung nicht mehr an. Die Zielweiten
können somit entsprechend weiter genommen und die Höhenan-
gaben auf cm abgerundet werden.
Die übliche Stationirung der Achse oder einer Seite des
Wasserlaufs in Stationen von 100 zu 100 m wird bei den Zu-
sammenlegungen in der Regel dadurch entbehrlich, dass die bei
der Horizontalaufnahme gemessenen Strecken direct als Stations-
längen benutzt, oder solche von dem Lageplan abgegriffen werden
können.
2) Handelt es sich dagegen um die Aufnahme des Längenprofils
eines Wirthscliaftsweges im Berglande, so versagt das
Nivellirinstrument alsbald den Dienst, seine Verwendung ist
mindestens unpraktisch und zeitraubend, weil bei Steigungen von
7— 10°/0 und mehr die horizontale Visur nur sehr kurze Ziel-
weiten gestattet, das Nivelliren aus der Mitte begreiflicherweise
nicht mehr möglich ist, das Instrument sehr ott vergeblich hori-
zontirt werden muss, kurz weil die Arbeit langsam und dem
Zweck der Sache nicht entsprechend vorwärts geht.
Es liegt daher sehr nahe ein tachymetrisches Verfahren,
ähnlich dem von Professor Dr. Jordan auf Seite 626, Bd. II seiner
Vermessungskunde dargestellten , anzuwenden , indem man die
Neigungen gegen die Horizontale nach Procenten oder Höhen-
winkeln mit einem Gefäll- oder Höhenmesser ermittelt und
die Längen aus dem Lageplan entnimmt.
Die grosse Zahl dieser Instrumente wird jedoch wesentlich
beschränkt durch die Forderungen an die Leistungsfähigkeit,
welche mit Rücksicht auf den Zweck der Arbeit gestellt werden
müssen. Diese Forderungen sind folgende :
a. Die Procenttheilung von 0 bis ± 40 °/0 reichend, muss ohne Lupe
die sichere Ablesung von 0, 1 °/0 gestatten. Sofern Gradtheilung
mit Nonius vorgezogen wird, muss eine zweite Theilung in Pro-
cente beigegeben werden, um
b. das Instrument auf einen bestimmten Procentsatz einstellen und
somit eine Linie von gegebenem Gefälle im Felde aufsuchen zu
können;
*) Ohne mich auf diese vielumstrittene Frage näher einzulassen, muss ich
doch meine Ansicht kurz dahin aussprechen, dass ich die Bachregulirungen
auf die bessere Profilirimg des alten Bachlaufcs unter angemessener Ab-
rundung allzustarker Krümmungen und die Regulirung des Sohlengefälles be-
schränkt sehen möchte. Zur Trockenlegung der in der Regel vorhandenen
Seitenmulden sind allerdings secundäre Entwässerungsgräben erforderlich.
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zum Kostenanschlag in Zusammenlegungssachen.
209
c. die Instrumentenhöhe und die Zielhöhe müssen zur Vereinfachung
der Höhenermittelung untereinander gleich und constant sein;
d. der mittlere Fehler der Höhenmessung darf bei Zielweiten von
100 m nicht mehr als 0,1 m betragen.
Professor Dr. Jordan hat in Heft 1, Jahrgang 1887 dieser
Zeitschrift über Höhenmesser berichtet, wozu ich mir Folgendes zu be-
merken gestatte :
Die Pendelinstrumente nach Zugmaier, Frank, Randhagen u. a.
sind zu Recognoscirungen bei den Wegeprojectirungsarbeiten äusserst
bequem und handlich, obiger Genauigkeitsgrad ist mit denselben jedoch
bei weitem nicht zu erreichen, da bei der Ablesung am Kreise höchstens
•fjO/o mit Sicherheit geschätzt werden kann. Der Beobachter hat bei
derartigen Instrumenten ausserdem das Bedürfniss, sich durch eine
zweite und dritte Ablesung von der Richtigkeit der ersten zu über-
zeugen.
Die ßefällmesser von Bose und Sickler sind ebenfalls Pendel-
instrumente, deren Gebrauch bei windigem Wetter fast zur Unmöglich-
keit wird. Dieselben sind speciell für die Aufsuchung der Spur von Feld-
imd Waldwegen gebaut, eignen sich dagegen durchaus nicht zur Messung
wechselnder Gefälle, wie dies im vorliegenden Falle nothwendig ist.
Der Höhenmesser von Tesdorpf ist zwar nach einem sehr schönen
Grundgedanken construirt, arbeitet aber bei Ablesung von 0,1 Grad
am Nonius mit einem mittleren Fehler von ± 0,13°; eine Genauigkeit,
welche zur Aufnahme von Längenprofilen nicht au6reicht.
Das Wagner’sche und das Bobne’sehe Taschennivellirinstrument
haben beide eine feine Mikrometertheilung, um an dieser
bei horizontaler Richtung des Fernröhrchens Gefälle bis zu 10°/0 ja
sogar bis 20 °/0 ablesen zu können. Die Vergrösserung des Fernrohrs
sinkt jedoch bei diesen hohen Gefällen auf das 2- bezw. l*/4 fache.
Das Fernrohr verliert also in dem Maasse an Zweck, in welchem die
Instrumente zur Verwendung im Berglande verwendbar werden. Ferner
wird das Auge durch die Schätzung an der Mikrometertheilung be-
deutend mehr angegriffen, als dies beim Anvisiren einer bemalten Ziel-
scheibe der Fall ist.
Der mitgetheilte Genauigkeitsversuch bei Gebrauch in freier Hand
und Zielweiten von nur 25 m befriedigt durchaus nicht. Die Mit-
theilung weiterer Versuche unter Anwendung geneigter Visuren und
Zielweiten von 50 und 100 m wäre sehr erwünscht.
Abgesehen von der Genauigkeit und der Nichterfüllung der
Forderung b muss ich diesen Instrumenten die allgemeine Verwend-
barkeit im Berglande aus dem Grunde absprechen, weil man nicht
selten in die Lage kommt auch höhere Gefälle als solche von ± 20 %
Zeitschrift für Vermessungswesen. 1892. Heft 7. Id?
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210 Doubel. Die Verwendung des Höhenmessers bei den Vorarbeiten
zu messen. Ich erinnere nur an die Ermittelung der Wegebreite*)
bei Auf- und Abtrag im Hang aus dem mit dem Procentgefällmesser
gemessenen Quergefälle.
Unter Beibehaltung der Grundform des bekannten Gauss’schen
Keductors für Bandmaassmessung habe ich nachstehend dargestellten
Höhenmesser construirt, welcher nach den mit demselben angestellten
Versuchsmessungen allen an ein derartiges Instrument zu stellenden
Anforderungen entsprechen dürfte.
• • Dasselbe besteht aus folgenden Theilen:
1) der Hülse mit der Dosenlibelle und dem Lager für die horizontale
Drehachse A im HUlsenkopf;
2) dem Doppelbogen mit Theilung in */2 Procente von 0 — dr 40°/0;
3) dem Diopterrohr bez. Fernrohr mit lOfacher Vergrösserung mit
dem durch den Hebel H beweglichen Spiegel;
4) der Röhrenlibelle Lin der Richtung der Visur von 2' Empfindlichkeit;
5) dem Stativ (Stockstativ mit zwei beweglichen Streben).
Figur 1 stellt die Ansicht, Figur 2 einen Schnitt des Instrumentes dar.
Der Bogen hat einen Halbmesser von fast 20 cm erhalten, um
•^Procente noch theilen und 0,05— 0,l°/0 (1,5—2' a. Th.) mit Sicher-
heit schätzen zu können.
Die Gradtheilung hat allerdings den Vorzug, dass bei gleicher
Ablesungsschärfe ein kleinerer Gradbogen mit Nonius ausreicht. Nach
den bestehenden Vorschriften müssen aber die Steigungen in den
Projectkarten nach Procenten angegeben werden und ausserdem ge-
währt diese Theilung den wesentlichen Vortheil, dass die Höhenunter-
schiede im Felde durch einfache Multiplication der Strecke mit dem
Procentsatz ermittelt werden können. Dieser Fall tritt beispielsweise ein
*) Die für den Wegekörper erforderliche Breite entnimmt man aus folgen-
der Tabelle:
°/o
4 m
Fahrbahn
5 m
Fahrbahn
6 m
Fahrbahn
des
Böschung
Böschung
Böschung
Quer-
*/i
1,5/,
2/l
*/l
1,6/1
2/.
Vi
l,5/i
2/i ;
gefälles
in
in
in
m
m
m
in
in
in
10
4,4-4
4,66
4,88
5,55
5,82
6,10
6,66
7,00
7,32
15
4,70
5,05
5,40
5,88
6,32
6,76
7,06
7,59
8,12
20
5,00
5,50
6,00
6,25
6,87
7,50
7,50
8,25
9,00
25
5,34
6,00
6,68
6,68
7,52
8,36
8,02
9,03
10,04
30
5,72
6,58
7,44
7,15
8,23
9,30
8,58
9,87
11,16 1
35
6,16
7,24
8,32
7,70
9,05
10,40
9,24
10,86
12,48
40
6,66
8,00
9,32
8,33
10,00
11,66
10,00
12,00
14,00
Bei stark wechselndem Profil sind die Punkte, deren Quergefälle gemessen
wird, möglichst in einer der erforderlichen Wegebreite nahekommenden Ent-
fernung von einander zu wählen.
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zum Kostenanschlag in Zusammenlegungssachen.
211
bei der rechnerischen Ermittelung desjenigen Procentsatzes, mit welchem ein
Gebirgssattel oder irgend ein anderer Punkt erreicht werden kann, ohne
wesentliche A enderung der Richtung und Länge einer probeweise ab-
gesteckten Linie von bekannter Steigung. Bei der Projectirung von
Wasserleitungen und dergl. kommt es ebenfalls auf die sofortige Er-
mittelung des Höhenunterschiedes zweier Punkte an.
Die Anordnung der Klemmschraube k ist aus der Figur ersichtlich.
Das Diopterrohr reicht, wie die nachfolgende Versuchsmessung zeigt,
vollkommen aus. Ein Fernröhrchen mit lOfacher Vergrösserung erleichtert
jedoch das Anvisireu der Zielscheibe wesentlich und gestattet bei kleineren
tachymetrischen Aufnahmen Zielweiten bis zu 500 m. Der Preis des In-
strumentes erhöht sich hierdurch um ca. 35 Mark. Der Spiegel S im
Diopter- bezw. Fernrohr lässt das Spiegelbild der Röhrenlibelle L im
Gesichtsfeld erscheinen. Diese Einrichtung unterscheidet sich von der-
jenigen bei dem Tesdorpf’schen Höhenmesser dadurch, dass der Spiegel
durch den Hebel H verstellbar ist und somit die Blase der Libelle auch
bei stärkeren Steigungen während des Zielens beobachtet werden kann.
Bei fester Einstellung auf 0 °/0 kann das Instrument zum Ni-
velliren, d. h. zur Aufnahme von Querprofilen, kleineren Flächen-
nivellements z. B. zu Teichanlagen, Ermittelung der Stau weite bei
kleinen Schleusen, Wasserhaltungen n. dgl. verwendet werden.
Das Stativ besteht aus einem senkrecht stehenden Stab und zwei
verstellbaren Streben mit Klemmschrauben, sodass einerseits die con-
stante Instrumentenhöhe und andererseits eine leichte und sichere
Handhabung des Instrumentes gewahrt ist. ' -i
14*
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212 Deubel. Die Verwendung des Höhenmessers bei den Vorarbeiten
Die Zielscheibe wird in Instrumentenhöhe entweder an einen Stab
oder auf die Rückseite einer 3 m langen Latte geschraubt, welche in
Decimeter und halbe Decimeter nach der Angabe von Professor H a m m e r
(Seite 199 dieser Zeitschrift 1891) getheilt ist.
Die Prüfung und Berichtigung erstreckt sich zunächst auf die
Dosen- und Röhrenlibelle. Dieselben müssen bei der Drehung des In-
struments um die verticale Axe wenigstens annähernd einspielen. Ein
etwaiger Indexfehler wird durch Gegenvisur festgestellt und durch
Verschieben des Indexes beseitigt.
In dieser Ausstattung ist das Instrument unter Zugrundelegung der
Flurkarte oder eines Liniennetzes auch zu kleineren tachymetrischen
Aufnahmen geeignet, indem man nach der schon oben erwähnten
Methode von Prof. Dr. Jordan das aufzunehtnende Gebiet durch einen
Zug begrenzt und durch weitere Züge in der erforderlichen Anzahl
durchquert. Solche Aufnahmen werden namentlich erforderlich, wenn es
sich bei dem Wegeproject um mehrere concurrirende Linien, Drainage-
projecte u. dergl. handelt.
Bei den Vorarbeiten zum Kostenanschläge leistet das In-
strument bei der Aufnahme der Längen- und Querprofile der Wege im
Berglande die besten Dienste.
Das Verfahren ist kurz folgendes:
Zunächst wird die Achse des Weges so weit ausgesteckt und
eingemessen, als der Vorrath an Fluchtstäben reicht. Hierbei
werden die Zwischenstationen durch schiefe Stellung der Stäbe von den
Stationen unterschieden. Die Stationirung wird unter Angabe der
Maasse zur Festlegung der Achse in den Lageplan (eine Copie des Wege-
zuges aus der Urkarte), eingetragen und später im Zimmer genau maass-
stäblich eingezeichnet. Eine besondere Messung der Achse und Statio-
nirung von 100 zu 100 m wäre Zeitversehwendung, denn in unregel-
mässig verlaufendem Gelände stellen die bereits aufgemessenen und in
die Karte eingetragenen Grenzsteine so dicht, dass die zwischen je zwei
Steine oder in ähnlicher Weise eingemessenen Aclispunkte ohne Weiteres
als Stationen behandelt werden können. Die Entfernungen von Station
zu Station werden aus der Karte abgegriffen. Die Zwischenpunkte
werden eingemessen und in der auf dem Lageplan (Fig. 3) angedeuteten
Weise bezeichnet.
Auf dem Rückwege werden die Querprofile entweder mit der
Setzwage oder mit dem auf ± 0 °/0 gestellten Procentgefällmesser und
der oben beschriebenen Nivellirlatte aufgenommen, wobei stets die
Oberkante der im Profil liegenden Grenzsteine eingewogen wird. Im
Vorwärtsgehen wird schliesslich das Längenprofil von Station zu
Station fortschreitend durch Messung der Neigungen aufgenommen. Bei
Messung mit geneigter Visur empfiehlt es sich nicht nach Art des
Nivellirens in Springständen vorzugehen und Vor- und Rückblick zu
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zum Kostenanschlag in Zusammenlegungssachen. 218
notiren, weil bei fortwährendem Wechsel zwischen Höhen- und Tiefen-
winkeln leicht Verwechslungen eintreten und das Aufträgen des Längen-
profils dadurch erschwert wird, dass für die Rückblicke die Entfernungen
der Zwischenpunkte vom Instrumentenstandpunkt durch Abzug ermittelt
werden müssen.
Fig. 3.
Lageplan.
Rtlckvisur nach einer zweiten, im vorhergehenden Wechselpunkt zurück-
gelassenen Zielscheibe machen und diese Ablesung unter der ersten im
Formular einklammern.
Bei starken Krümmungen des Weges werden die Strecken von
Brechpunkt zu Brecbpunkt gemessen und die Höhenaufnahme wird da-
durch sichergestellt, dass eine Visur nach einem entfernter liegenden
Stationspunkt (in der Figur 3 von Station 3 nach Station 7) genommen wird.
Die Handhabung des Instruments ist folgende:
Nachdem das Stativ so aufgestellt ist, dass eine Strebe ungefähr
in die Richtung der Visur zeigt, bringt man die Dosenlibelle durch
Verschieben und schliessliches Festschrauben der Streben zum Einspielen.
Bei guter Berichtigung spielt alsdann die Röhrenlibelle ebenfalls an-
nähernd ein. Mit der rechten Hand umfasst man jetzt den unteren
Theil der Hülse und visirt, den Gradbogen mit dem Zeigefinger be-
wegend, die Zielscheibe an, wobei man sich gleichzeitig von dem ge-
nauen Einspielen der Libellenblase im Spiegel überzeugt. Der geringe
Ausschlag, der noch vorhanden sein sollte, wird durch einen leisen
Druck der rechten Hanl völlig beseitigt.
Mit dem vom Mechaniker Fennei. n Gassei gebauten Probe-
instrument mit Diopterrohr wurde das Profil ei er Strecke von IDO m
Länge, welche von 50 zu 50 m stalionirt war, zum Zwecke eines Ge-
nauigkeitsversuches aufgenommen.
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214 Deubel. Die Verwendung dos Höhenmessers bei den Vorarbeiten
Die nachstehende Tabelle stellt die mit dem Procentgefällmesser
gewonnenen Resultate dem als fehlerfrei anzunehmenden genauen
Nivellement der Strecke gegenüber.
Höhenunterschied.
Stat.
Nivellirinstr.
+ 1 -
Procent-
gefällmesser.
+ 1 -
Diff.
0
0,07
0,08
+0,01
+50
0,24
0,25
+0,01
1
0,63
0,61
—0,02
+50
1,74
1,80
+0,06
2
1,36
1,35
—0,01
+50
1,18
1,20
+0,02
3
1,21
1,20
—0,01
+50
1,55
1,52
—0,03
4
1,56
1,55
—0,01
+50
5
1,60
1,60
0,0
4,76 | 6,38 4,71 j 6,45 +0,10
1,62 1,64 —0,08
Der mittlere Fehler berechnet sich hiernach bei 50 m Zielweite
y58
— = 2,4 cm und somit auf ein
10
solches Nivellement von 1 km Länge zu m = 2,4]/ 20 = 10,8 cm.
Die Einrichtung des Formulars ist aus Figur 4 ersichtlich.
Flg. 4.
Querprofile.
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zum Kostenanschlag in Zusammenlogungssachen.
215
Der mittlere Raum ist fiir die Querprofilaufnahme bestimmt und
zur Erleichterung der Skizzirung durch verticale Linien eingetlieilt.
Jeder Wechselpunkt wird im Formular unterstrichen, die einge-
schriebenen Neigungen sind vom vorhergehenden Standpunkte aus
gemessen.
In Spalte 4 wird die Bodenklasse zum Zwecke der späteren Ver-
anschlagung der Kosten für die Erdarbeiten notirt.
Sonstige Notizen und Skizzen Uber die beabsichtigte Wasserführung,
Durchlässe , Kaskaden , Futtermauern , Rampen , Baumpflanzungen,
Rodungen u. dergl. finden in der Spalte „Bemerkungen“ Platz.
Das Aufträgen des Längenprofils einer mit dem Höhen-
messer aufgenommenen Strecke erfolgt zweckmässig unter Benutzung
eines mit lOfacher Ueberhöhung gezeichneten Diagramms. Für
Höhen- und Tiefenwinkel verweise ich auf das von Prof. Dr. Jordan
auf Seite 604 Bd. II seiner Vermessungskunde mitgetheilte Diagramm
für h== a • tgs a. Für die Iiöhenermittlung nach Procenten construirt
d JJ
man sich nebenstehendes Strahlendiagramm für 7i =
100
Flg. 5.
Strahlendiagramm.
14 19 12 11 10 9
Das Aufträgen des Profils geht sehr schnell von statten, indem man
die Entfernung zweier Stationen vom Lageplan bezw. Maassstab abgreift,
diese auf die Horizontale des Profils überträgt und mit derselben Zirkel-
216
Geodätischer Unterricht für Landmesser.
Öffnung die Höhendifferenz der beiden Punkte aus dem Diagramm entnimmt
und zur Höhe des vorhergehenden Stationspunktes auf dem Plane
graphisch addirt.
Bei Längen unter 50 m benutzt man mit Vortheil den auf 1: 2
gestellten Reductionszirkel, indem man die Höhe für die doppelte Ent-
fernung aus dem Diagramm entnimmt und durch den Zirkel wieder
halbirt.
Bei Verwendung von Millimeterpapier zum Aufträgen des Längen-
profils ist auch das Diagramm entbehrlich. Man theilt das Profil nach
den verschiedenen Stationslängen ein und schiebt die Neigungen der
einzelnen Strecken mit dem Winkel ab.
Selbstverständlich kann dieses graphische Verfahren auch durch
Einfügen der Spalten für „Länge der Stationen“, „Höhendifferenz“,
und „Cote“ in das obige Formular durch Rechnung ersetzt werden
und zwar hat dieses Verfahren den Vorzug grösserer Genauigkeit. Die
Rechnung kann jeder Gehilfe, welcher mit der Multiplicationstafel um-
zugehen versteht, ausführen. Auf die weitere Ausarbeitung der Nivelle-
mentspläne und der Erdmassenberechnung brauche ich hier nicht weiter
einzugehen.
Geodätischer Unterricht für Landmesser.
In der 32. Sitzung des Preussischen Abgeordnetenhauses vom
15. März 1892 wurde Folgendes verhandelt:
Abgeordneter Dr. Dttnkelberg: Meine Herren, ich möchte bei
diesem Titel hinweisen auf die Frage des geodätischen Unterrichts für
die Landmesser.
Als seiner Zeit dieses hohe Haus auf Anregung des Abgeordneten
Sombart den Beschluss fasste, dass die Ausbildung der Landmesser statt
einer rein empirischen auch eine auf wissenschaftlicher Grundlage
beruhende sein müsse, und als im Anschluss daran die Königliche Staats-
regierung an der landwirthschaftlichen Hochschule zu Berlin und an
der Akademie zu Poppelsdorf geodätische Curse gründete, war es
allerdings nicht vorauszusehen, dass die Entwickelung der Zeitverhältnisse
eine ausserordentliche Vermehrung der Landmesser nöthig machen würde.
Beide Anstalten sind bereits mit Studirenden überlastet, und hier handelt
es sich nicht nur um die Instruction durch Vorlesungen, sondern auch
um eingehende Uebungen, die von den betreffenden einzelnen Lehrern
geleitet werden, welche dem Bedürfniss nur theilweise genügen können.
Es ist zwar Thatsache, dass den Lehrern Assistenten zur Seite stehen,
die aber doch unmöglich die Qualification des Lehrers selbst haben
können. Wir stehen deshalb vor der betrübenden Thatsache, dass von
den Studirenden nach öffentlicher amtlicher Mittheilung 25 Procent
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Geodätischer Unterricht fiir Landmesser.
217
ihren Zweck nicht erreichen, weil eie das vorgeschriebene Staatsexamen
nicht in entsprechender Weise erledigen können.
Ich hatte seiner Zeit den Wunsch, dass der geodätische Unterricht
nicht auf zwei landwirtschaftliche Lehranstalten beschränkt bleiben
möge, sondern dass auch die technischen Hochschulen durch Einrichtung
geodätischer Curse mitwirken möchten. Das ist leider nicht verwirklicht
worden aus Gründen, welche mir unbekannt geblieben sind. Man sollte
nun meinen, dass, wenn ein tatsächlicher Mangel an Landmessern heut-
zutage nicht geleugnet werden kann, wenn sogar wichtige staatliche
Maassnahmen dieses Mangels wegen nicht mit der entsprechenden
Schnelligkeit und Präcision ausgeführt werden können, wenn die Gene-
ralcommissionen nicht entfernt die nötigen Kräfte an Landmessern zur
Hand haben, — dann die Unterrichtsverwaltung bestrebt sein würde,
für die Ausbildung des geodätischen Unterrichts in weiterem Umfange
Sorge zu tragen. Alle Verhältnisse hierfür sind ja auch tatsächlich
an den technischen Hochschulen gegeben; an jeder Anstalt sind im
geodätischen Fach erprobte Professoren angestellt und auch die weiteren
Hülfsmittel vorhanden. Auch haben die technischen Hochschulen den
Vorzug, dass Privatdocenten zugelassen werden, um die betreffenden
Professoren zu unterstützen.
Es ist auch keine ungewöhnliche Concurrenz in den Ressortver-
hältnissen zu befürchten, denn wenn die Unterrichtsverwaltung bereits
gegenwärtig an den Universitäten landwirtschaftliche Lehrstühle einge-
richtet hat, also in dieser Beziehung mit dem Ministerium der Land-
wirtschaft concurrirt, so wird eine weitere Concnrrenz auf dem Gebiete
des iandmesserischen Unterrichts keine besondere Einrede erfahren
können.
Ich möchte aber ganz besonders noch darauf aufmerksam machen,
dass das Institut der Rentenguter, obwohl das betreffende Gesetz kaum
erlassen ist, nichts desto weniger schon eine so grosse Ausdehnung erlangt
hat, dass die Anmeldungen die landmesserischen Kräfte übersteigen.
Das landwirthschaftliche Ressort, speciell die Generalcommissionen,
können gar nicht dem Bedarf entsprechen und haben deshalb für noth-
wendig gefunden, die Katastercontroleure zur Mitarbeit aufzufordern.
Diese Bind aber in ihrem speciellen Berufe bereits so überlastet, dass
die Arbeiten für die Rentenguter von ihnen jedenfalls nur sehr langsam
und unvollständig gefördert werden können. Es ist also nothwendig,
dass nicht bloss die staatlichen Landmesser, sondern auch Privatland-
messer sich mit diesem Gegenstand beschäftigen, was sehr wohl möglich
ist, weil es sich dabei nicht um andere Kenntnisse als landmesserische
handelt, und die betreffenden Gutsbesitzer die eigentlichen kulturtech-
nischen Gesichtspunkte, welche bei der Eintheilung maassgebend sind,
gewiss in entsprechender Weise selbst zu beurtheilcn wissen. Damit
aber die Entwickelung der Rentengüter gefördert werde und in den
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218
Kleinero Mittheilungen.
nächsten Jahren die gebührende Ausdehnung finden kann, ist unbedingt
eine Vermehrung der Landmesser erforderlich.
Ich hege die Hoffnung, dass die technischen Hochschulen, speciell
auch der Herr Unterrichtsminister, nicht anstehen werden, nacli dieser
Seite hin ihre fordernde Mitwirkung zu leihen.
Vicepräsident Dr. Freiherr von Heereman: Der Herr Regie-
rungscommissar hat das Wort.
Regierungscommissar Geheimer Oberregierungsrath Dr. Wehren-
pfennig: Als vor einer Anzahl von Jahren die Frage der Specialcurse
zur Ausbildung der Landmesser verhandelt wurde zwischen den betheiligten
Ressorts, hat die Unterrichtsverwaltung allerdings darauf aufmerksam
gemacht, dass die Landmesseraspiranten die wissenschaftliche Vorbildung
in der Mathematik nicht iiaben, auf denen die Vorträge auf den tech-
nischen Hochschulen beruhen, und dass daher an den technischen
Hochschulen Specialcurse für Landmesser eingerichtet werden müssten.
Damals hat der Herr landwirthschaftlicheMinister, der besonders dabei bethei-
ligt ist, sich damit begnügt, zunächst an seinen Anstalten solche Special-
curse zu errichten. Wenn nun, wie der Herr Vorredner sagt, das
Bedürfniss damit nicht befriedigt ist, so würde die Unterrichtsverwaltung
auf Wunsch der anderen Ressorts sicherlich in jeder Weise entgegen-
kommen und ihre technischen Hochschulen mit zur Verfügung stellen,
um diese Zwecke besser zu erreichen.
Kleinere Mittheilungen.
Karte des Deutschen Reichs
in 674 Blättern nnd im Maassstabe 1:100 000.
Bearbeitet von der Königlich preussischen Landes-Aufnahme, den
Topographischen Bureaux des Königlich bayerischen und des Königlich
sächsischen Generalstabes und dem Königlich württembergischen Stati-
stischen Landesamt.
Im Anschluss an die diesseitige Anzeige vom 2. November v. J.
wird hierdurch bekannt gemacht, dass nachstehend genannte Blätter:
Nr. 25. Leba,
43. Lanzig,
65. Gr. Möllen,
251. Wongrowitz und
276. Rogasen
Kartographische Abtheilung bearbeitet und veröffentlicht
durch die
worden sind
Ausserdem ist das Blatt
Nr. 411.
umgearbeitet worden.
Mühlhausen i. Th.
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ßiicherschau.
219
Der Vertrieb erfolgt durch die Verlagsbuchhandlung von R. Eisen-
schmidt hierselbst, Neustädtische Kirchstrasse 4/5.
Endlich wird bemerkt, dass die vom Königlich wtlrttembergischen
Statistischen Landesamt bearbeiteten Blätter:
Nr. 574. Heilbronn und
607. Heidenheim
fertiggestellt sind und durch die bedeutenderen Buchhandlungen in Stutt-
gart vertrieben werden. Der Preis eines jeden Blattes beträgt 1 Mk. 50 Pf.
Berlin, den 9. Februar 1892.
Königliche Landesaufnahme. Kartographische Abtheilung,
von Usedom,
Oberst und Abtheilungschef.
Anzeige,
betreffend die von der Landesaufnahme veröffentlichten
Messtischblätter im Maassstabe 1 : 25 000.
Im Anschluss an die diesseitige Anzeige vom 14. November 1891
wird hiermit bekannt gemacht, dass folgende Blätter, welche der Aufnahme
1890 angehören, erschienen sind:
Nr. 1151.
Priemhausen,
1153.
Schönebeck,
1327.
Werben,
1328.
Kollin,
1329.
Zachan,
1413.
Fürstenau,
1489.
Schönow,
1490.
Bernstein,
1492.
Sch wachenwald e,
1561.
Soldin,
1562.
Karzig,
1784.
S a m t e r,
2267.
L e i p c,
2340.
Li ssa,
2487.
Guhrau und
2488.
Triebusch.
Der Vertrieb erfolgt durch die Verlagsbuchhandlung von R. Eisen-
schmidt hierselbst, Neustädtische Kirchstrasse 4/5. Der Preis eines jeden
Blattes beträgt 1 Mk.
Berlin, den 8. Februar 1892.
Königliche Landesaufnahme. Kartographische Abtheilung,
von Usedom,
Oberst und Abtheilungschef.
BUcherschau.
Die photographische Messkunst oder Photogrammetrie, Bildmesskunst, Phototopo-
graphie, von Franz Schiffner, Professor a. d. K. u. K. Marine-Realschule
zu Pola. Mit 83 Figuren. Halle a. S. 1892. Verlag von Wilhelm Knapp.
Dieses Buch reiht sich den neueren Schriften Uber das immer mehr
praktisch fussfassende photographische Messverfahren an mit einem
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220
Bücherschau.
historischen Ueberblick der Entwickelung*) und zusammenfassender
Darstellung der Theorien und der Apparate. Die Theorie wird zuerst
in abstracter Weise im Sinne der Perspective und der neueren be-
schreibenden Geometrie geführt, wobei man im Allgemeinen erfährt,
welche Beziehungen zwischen den Raumgrössen bestehen, und welche
Aufgaben zu lösen sind.
Einfache Fälle liegen vor, wenn auf der Bildebene der Horizont
und der Augpunkt gegeben sind; schwieriger ist z. B. die Aufgabe
nach Steiner (S. 20). Wenn 5 Punkte in der Horizontalebene, und
ihre Bilder im Horizont einer perspectivischen Abbildung gegeben
sind, die Lage der Bildebene, d. h. den Augpunkt und den Augabstand
zu bestimmen. Wenn zufällig 4 der 5 Punkte, zweimal je 2 perspectivisch
sich decken, dann ist die Aufgabe leicht und dieser besondere Fall ist
auch geeignet, die Zahl 5 der im allgemeinen Falle nothwendigen Punkte
klar zu machen, der allgemeine Fall selbst verlangt aber die Zeichnung
von Kegelschnitten (S. 10) oder anderer Constructionen (S. 132) welche
von den Bedürfnissen der geodätischen Praxis ziemlich abliegen.
Wenn der Fall praktisch vorkommt, eine unbekannte Photographie
mit 5 gegebenen Punkten zu orientiren, so könnte man auf dem
Versuchswege auch zum Ziele gelangen, denn man weiss doch jedenfalls,
dass der Augpunkt ungefähr in der Mitte des Blattes liegt, dass die
Platte wohl nicht mehr als 35®— -40° fasst, dass also der Augabstand
wohl ungefähr = 1 */3 der Bildbreite sein wird, u. s. w.; mit solchen
Andeutungen, würden wohl einige Versuche mit Pauspapier und fehler-
zeigenden Figuren besser zum Ziele führen, als die Construction von
Kegelschnitten und Polardreiecken. Doch sei es uns fern, die Theorien
solcher Gebilde kritisiren zu wollen, sie haben auch für die vorliegenden
Zwecke ihre Berechtigung.
So verhält es sich auch mit der schönen Theorie von Hauck über
trilineare Verwandtschaft (S. 33); jedenfalls ist es gut, wenn auch der
mit ganz anderen Hülfsmitteln, nämlich Theodolit und Logarithmentafel,
vorgehende geodätische Photogrammeter sich vorher auch auf jenem
beschreibenden Gebiete umsieht. In diesem Sinne wird aus einem neueren
französischen Werke von V. Legros, elements de photogrammetrie, 1892,
berichtet, dass man auch hier der Photogrammetrie die Perspective zu
*) Ucber die Entstehung des Wortes „Photogrammetrie“ wird auf S. 72 in
Anmerkung gesagt: In dem ersten Aufsatz von Mcydcnbauer, 1867, wird der
Ausdruck „Photometrographie“ gebraucht, der Name Photogrammetrie
„tauchte erst später auf“. Ich glaube dieses „Auftauchen“ zurlickführen zu
können auf meine Abhandlung in der Zeitschr. f. Vorm. 1876, S. 1— 17: Photo-
grammetrische Aufnahme der Oase Dachei. Damals habe ich im Gegensatz
zu dem schon vorhandenen Worte „Photometrographie“ das bessere Wort
„Photogrammetrie“ selbst gebildet und durch jene Abhandlung eingeführt.
Jordan.
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Bücherschau.
221
Grunde legt und durch Umkehrung die photogrammetrischen Constructionen
ableitet.
Die technische Ausrüstung eines photographischen Messinstrumentes
wird auf 8. 41 — 54 beschrieben, dann die Ballon - Phototopographie,
welche sicher die beste Zukunft hat.
Ein Abschnitt, „Photographie im Dienste der praktischen Messkunst“
beschäftigt sich namentlich mit der italienischen Hochgebirgsaufnahme
von Paganini und giebt dessen Apparate ebenso wie kürzlich in dieser
Zeitschrift 8. 66 — 76 die Uebersetzung von Sch epp.
Wir schliessen unsere empfehlende Besprechung des Schiffner'schen
Buches, indem wir einstimmen in die am Schlüsse ausgesprochene
Hoffnung, dass aus dem vor mehreren Jahren in Berlin gegründeten
staatlichen photogrammetrischen Institute Veröffentlichungen hervorgehen
möchten. Jordan.
Hydrographische Uebersichtskarte des Königreichs Württemberg im Maassstab
1:600000. Herausgegeben von dem k. statist. Landesamt. Bearbeitet
von Inspector C. Regelmann. Stich und Druck von Giesecke & De-
vrient in Leipzig.
Diese neue Karte verdient allgemeines Interesse, denn sie ermöglicht,
wie kein anderes Mittel, eine leichte und zuverlässige Uebersicht Uber
die natürlichen Verhältnisse unserer heimathlichen Wassergebiete und Fluss-
läufe, sowie über diejenigen der angrenzenden Gebiete. Die hervorragende
Bedeutung unserer Bäche und Flüsse für die Industrie und Landwirthschaft
ist noch lange nicht genug gewürdigt, und es ist mit Sicherheit voraus-
zusehen, dass denselben noch in weit höherem Maasse als bisher wird
Beachtung geschenkt werden, je mehr es gelingt, mit verhältnissmässig
geringen Opfern auch kleinere, bisher unbenützte Wasserkräfte zu
sammeln, auf einen Punkt zu concentriren und so dem öffentlichen Wohl
dienstbar zu machen. Auch die immer wiederkehrenden Hochwasserschäden
und die nicht zu unterschätzenden Bedürfnisse der Landwirthschaft lassen
eine gründliche Erforschung unserer Wassergebiete als sehr dringlich
and nutzbringend erscheinen. Auf dieser Bahn bildet die hier vorliegende
Karte einen der ersten Schritte. Sie bringt den Aufbau der Flussgebiete,
die Grösse, Höhenlage und Form jedes einzelnen Theiles in übersichtlicher
Weise zur Anschauung, gestutzt auf sorgfältige Detailforschung. — Die
hydrographische Uebersichtskarte von Württemberg erschien erstmals
im Jahre 1883, herausgegeben vom k. statistischen Landesamt und der
k. Ministerialabtheilung für den Strassen- und Wasserbau, und fand schon
damals, nicht nur bei Technikern und Naturforschern, sondern auch in
weiteren Kreisen Eingang und vielfache Verwendung. Auch in den
Nachbarländern regt sich neues Leben auf dem Gebiet. Die Karte zeigt
daselbst eine Menge neugegründeter Beobachtungsposten und bildet dadurch
ein wichtiges Hilfsmittel, um die Ergebnisse derselben aufzufindeu, zu
verstehen und zu verwerthen. Sie wird dadurch zu einem recht erwünschten
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Vereinsangelegenheiten.
222
Commentar zu Bämmtlichen meteorologischen Jahrbüchern und Veröffent-
lichungen über Wasserstandsbeobachtungen in ihrem ganzen Gebiet. Mit
der Bearbeitung der vorliegenden Karte wurde der landeskundige Inspector
Kegelmann und mit der Vervielfältigung das leistungsfähige Leipziger
typographische Institut von Giesecke & Dev ri ent betraut. Die
hier angekündigte hydrographische Uebersichtskarte erscheint somit nicht
als weitere Auflage der älteren Ausgaben, sondern als ein völlig neues
Werk. Die Karte führt sich sehr vortheilhaft ein durch klare, über-
sichtliche Darstellung und die hübsche Ausstattung in Kupferstich, mit
fünffachem lithographischen Farbendruck. Die zahlreichen Höhenzahlen
geben erwünschten Aufschluss über Lage und Gefälle der Gerinne und
der Flussgebiete, deren Flächeninhalte in bequemer Weise dem Randtext
entnommen werden können. Weitere Karten, andere 8eiten der natürlichen
Verhältnisse Württembergs darstellend, sind in der Ausführung begriffen.
Vereinsangelegenheiten.
Brandenburgischer Landmesser - V erein.
Auszug aus der Verhandlungs - Niederschrift der I. Jahres-
Hauptversammlung am 23. Januar 1892.
Anwesend 34 Mitglieder und 13 Gäste.
Nachdem der Vorsitzende, College 0 ttse n, die Erschienenen begrüsst,
genehmigte der Verein nach Eintritt in die Tagesordnung nachträglich
zunächst die Ausgabeüberschreitung von 99,15 jft im Ausgaben - Titel des
Vorjahres „Repräsentation“. Der Vorsitzende erstattete sodann den Bericht
Uber die Vereinsthätigkeit im Vorjahre, dem Folgendes entnommen wird:
1) Mitglieder -Bestand am Schlüsse des Vorjahres: 1 Ehrenmitglied,
2 correspondirende und 55 ordentliche Mitglieder. Abgang: 4;
Zugang: 14, sowie ein Ehrengast (Herr Kataster- Inspector, Geh.
Rechnungsrath Meyer); mithin jetzige Mitgliederzahl: 66.
2) Das Vereinsleben kann unter dem Eindrücke der 17. -Hauptver-
sammlung des Deutschen Geometervereins als ein besonders reges
bezeichnet werden. Neben der besonderen Thätigkeit für die Vor-
bereitung der letzteren und den Verhandlungen Uber die für das
fachliche Interesse hochbedeutsame Frage der Aenderung des Be-
rechtigungswesens der höheren Schulen, welche den Verein zur
Ueberreichung einer Petition an den Herrn Finanzminister ver-
anlasste, hielt der Verein im Ganzen 16 Versammlungen mit be-
sonderer Tagesordnung ab, neben welchen die Vorstandschaft in
7 Sitzungen zusammentrat. Auch die Pflege des geselligen Verkehrs
mit den studentischen Vereinen „Kette“ nnd „Allemannia“, sowie
unter den Mitgliedern hat unter der anerkeunenswerthen Thätig-
keit des hierfür eingesetzten besonderen Ausschusses wie früher
die ihr gebührende Achtung gefunden.
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V ereinsangelegenheiten.
223
3) Der Vereinsbtlcherei wurde hinzugefügt: Oskar Schwebel, Geschichte
der Stadt Berlin, Jordan, Vermessungskunde Bd. 3, Htlser, Zu-
sammenlegung der Grundstücke, endlich ein Vereinsalbum.
Der Kassenabschluss für 1891 giebt einen baaren Ueberschuss von
rd. 280 c /f(\ der Voranschlag für 1892 stellt sich in Einnahme auf
708 c 4C\ in Ausgabe auf 650 <AC.
Der Entlastung der Vorstandschaft folgte die Neuwahl derselben.
Die Wahl ergab, nachdem der Vorsitzende College Ottsen zum leb-
haftesten Bedauern der Versammlung die bestimmte Erklärung abgegeben,
eine Wiederwahl nicht annehmen zu können,
zum Vorsitzenden College Esser,
„ 8tellvertr. Vorsitzenden „ Tasler,
„ Schriftführer „ Schmidt (Kat.-Contr.),
„ stellvertr. Schriftführer „ Radbruch,
„ Rechnungsführer „ Zilss,
„ Rechnungsrevisor „ Dr. Falck,
i. f. Tasler.
Thüringer Geometer- Verein.
Die diesjährige Hauptversammlung fand am 31. Januar d. J. im
Restaurant Mille zu Eisenach statt. — Die Versammlung war leider
schwach besucht.
V ereinsvorsitzender Schnaubert eröffnete die Sitzung und gedachte
vor Eintritt in die Tagesordnung mit warmen Worten des im verflossenen
Jahre dahin geschiedenen Collegen Hering; derselbe war allen ein
lieber Freund, besorgte eine Reihe von Jahren hindurch die Vereins-
kassen-Geschäfte mit musterhafter Ordnung und Pünktlichkeit und wird
sein Andenken vom Verein insbesondere alle Zeit hoch geehrt und
gehalten werden.
Das Wichtigste der Tagesordnung war die Ordnung der vom ver-
storbenen Vereinskassirer hinterlassenen Kasse.
Vereinsvorsitzender legte die BaarbeBtände auf. Es ergab sich
hiernach ein Vermögensbestand von 1738 25 ^j, welcher im Betrage
von 1386 Jl theils auf der Sparkasse zu Eisenach, tlieils auf der
Sparkasse zu Karlsruhe angelegt, während die Summe von 352 dC 69 ^
an Collegen ausgeliehen ist.
Die Zahl der Mitglieder beträgt 18. — Die Neuwahl der Vorstandschatt
erfolgte durch Acclamation. Die Vorstandschaft besteht für das Jahr
1892/1893 aus
Geometer G. Schnaubert, Weimar, Vorsitzender,
Geometer Kästner, Eisenach, Kassirer — auch für die Ver-
sicherungs - Abtheilung,
Geometer Holl, Weimar, Schriftführer,
Steuerrevisious - Assistent Koch, Neustadt a. d. Orla, stellvertr.
Schriftführer.
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224
Vereinsangelegenheiten.
Die Mitglieder der Commission in der Versichernngs- Abtheilung
setzen sich zusammen aus:
Geometer Schnaubert, Weimar, Vorsitzender,
Geometer Kästner, Eisenach, Kassirer,
Bezirkssteuer- Inspector Stütz, Weimar
Steuerrevisions- Assistent Ingber, Eisenach ! Beisitzer.
Geometer Brückner, Eisenach
Der neu gewählte Kassirer, College Kästner erhielt vom Vor-
sitzenden die Kasse ausgereicht und wurde derselbe bei dieser Gelegenheit
zur Ausleihung eines kleinen Darlehens gegen den üblichen Zinsfuss
ermächtigt. — Auch auf die statutengemässe Bestimmung, wonach dem
Kassirer gestattet ist, nur bis zur Höhe eines Gesammtbetrages von
300 Mk. Verausgabungen aus der Vereinskasse vorzunehmen, während
bei einem Mehrbeträge die Genehmigung der Commission einzuholen
ist, wurde der Kassirer besonders aufmerksam gemacht.
Nach Beendigung des länger andauernden Kassengeschäftes, wobei
zu bemerken ist, dass die Rechnungslegung pro 1891/92 demnächst er-
folgen wird, kam der Vorschlag der Vorstandschaft des Deutschen
Geometervereins, wonach in diesem Jahre entweder in Eisenach, Gotha
oder Cassel und zwar am 5. und 6. August eine geschäftliche Versammlung
dieses Vereins abgehalten werden soll, zur Besprechung.
Versammlung einigte sich dahin der Vorstandschaft des D. G.-V. vorzu-
schlagen, eine Versammlung in Form einer Delegirtenversammlung und
zwar bloss mit geschäftlicher Tagesordnung und ohne dass der Thüringer
Geometerverein mit besonderen Kosten zu dieser Versammlung in Anspruch
genommen werde, in den Tagen am 6. und 7. August d. J. in Eisenach
abzuhalten.
Nach eingenommenem einfachen Mittagsmahle trennten sich die
versammelten Collegen mit dem Wunsche baldigen frohen Wiedersehens.
Weimar, im Februar 1892. G. Schnaubert.
Zur Notiz: Die verehrlichen Mitglieder der Versicherungs- Abtheilung
werden hiermit ergebenst ersucht, die fällig werdenden Prämiengelder
nicht mehr nach Karlsruhe an die allgemeine Versorgungsanstalt,
sondern an den derzeitigen Kassirer des Thür. Geom.-Vereins
Herrn Geometer Kästner, Eisenach,
einsenden zu wollen.
Inhalt.
Grössere Mittheilungen : Mittheilungen über die Arbeiten der trigonometrischen
Abtheilung der König! Preussischen Landesaufnahme im Jahre 1891. — Der
Mangel an Landmessern in der preussischen landwirthschaftlichen Verwaltung.
— Die Verwendung des Höhenmessers bei den Vorarbeiten zum Kostenanschlag
in Zusammenlegungssachon, von Deubel. — Geodätischer Unterricht für Land-
messer. — Kleinere Mittheilungen : Karte des Deutschen Reichs in 074 Blättern
und im Maassstabe 1 : 100000. — Anzeige, betreffend die von der Landes-
aufnahme veröffentlichten Messtischblätter im Maassstabe 1 : 25000. — Blicher-
schau: Die photographische Messkunst oder Phutogrannnetrie, Bildmesskunst,
Phototopographic, von Franz Sehiffner. — Hydrographische l’ebersichtskarte
des Königreichs Württemberg im Maassstabe 1 : 000000. Bearbeitet von Inspector
C. Regel mann. — Vereinsangelegenheiten.
Verlag von Conrad Witt wer, Stuttgart, — Druck von Gebrüder Jiiuecke in Hannover.
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225
ZEITSCHRIFT für VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. w. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover, Steuer-Rath in München.
1892. Heft 8. Band XXI.
— 15. April.
Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen Gesetz-
buches für das Deutsche Reich.
Nacli einem Vorträge bei der 17. Hauptversammlung zu llerlin 1891,
von C. Steppes.
1. Einleitung.
Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche
Reich mit seinen Zugehörungen hat in den letzten Jahren eine grosse
Zahl von Besprechungen hervorgerufen, die aber — soweit sie dem Ver-
fasser bekannt geworden — die reichsgesetzliche Einführung des
Grundbuches in das Sachenrecht entweder gar nicht berühren oder
nur nebenher streifen. Der Verfasser möchte aber durchaus nicht
den Anschein erwecken, als wolle er etwa nur aus dem letzteren
Umstände allein das Bedürfniss und die Berechtigung ableiten, die
Reihe der Kritiker, welche den Entwurf in einer oft rücksichtslos
abfälligen Weise begrüssen zu müssen glaubten, in letzter, nahezu
bereits verspäteter Stunde durch ein weiteres Glied zu mehren.
Verfasser war beauftragt, der 17. Hauptversammlung des Deutschen
Geometer - Vereins, welche im Sommer 1891 zu Berlin tagte, über
.das Grundbuch im Entwürfe des bürgerlichen Gesetzbuches“ Vortrag
zu erstatten. Dieser Auftrag veranlasste die — allerdings entsprechend
knapper gegriffene Abfassung der nachstehenden Abhandlung. Nur
die bei jenem Anlasse auch von anderen Berufsgenossen ausgedrückte
Hoffnung, es könnten sich die Ausführungen dieses Vortrags vielleicht
doch einer näheren Beachtung in den für die endgiltige Gestaltung
des Entwurfs bezw. der Entwürfe maassgebenden Kreisen zu erfreuen
haben, ermuthigt den Verfasser, mit seiner kleinen Arbeit vor
den Kreis der Oeff'entlichkeit zu treten, keineswegs aber das
Bestreben, für den Pessimismus unserer Tage ein weiteres Zeugniss
abzulegen.
1 F,
Zeitschrift für Vermessungs wesen. 1892. Heft 8.
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226
Steppes. Das Grundbuch ira Entwürfe eines bürgerlichen
Bis zum Erscheinen der Entwürfe glaubte auch der Verfasser, der
künftigen Gestaltung der Sache mit ungetrübtem Optimismus entgegen-
sehen zu dürfen. Und schon kurz nach Erlass der preussischen
Grundbuchordnung, im Jahre 1875 anlässlich eines der 4. Haupt-
versammlung des Deutschen Geometer- Vereins erstatteten Vortrags
über den Einfluss der Landesvermessungen auf das deutsche Immobilien-
und Hypotheken-Recht, glaubte selber auf Grund der geschichtlichen
Entwickelung des deutschen Sachenrechtes mit aller Zuversicht ver-
heissen zu dürfen, dass das künftige Gesetzbuch die Lücken, welche
das Sachenrecht und die bestehenden Grundbuchs- Einrichtungen der
einzelnen deutschen Staaten bezüglich der consequenten Durchführung
des Grundbuchprincipes noch offen Hessen, in zuverlässiger Weise
schliessen werde. Leider aber musste er den eben erwähnten, im
Vorjahre erstatteten Bericht mit der Erklärung einleiten, dass sich
jene Verheissung — so, wie der Entwurf des bürgerlichen Gesetz-
buches und der Grundbuchsordnung in erster Lesung vorliegen —
seines Erachtens nicht, mindestens nur in sehr beschränkter und
keineswegs einwandfreier Weise erfüllt habe.
Dass Mancher geneigt sein wird, diesem Erachten von vornherein
das Anrecht auf Beachtung und Berechtigung abzusprechen, weil der
Verfasser nicht in der Lage ist, den Nachweis seiner Zugehörigkeit
zum Kreise der zum richterlichen Amt befähigten Personen ordnungs-
gemäss zu erbringen, ist sich Verfasser wohl bewusst. Schon Mit ter-
maier, der Nestor der deutsch gesinnten Rechtslehrer, hat ja die
Befähigung der Katasterbeamten (weniger allerdings zur Beurtheilung,
wie) zur Verwaltung des Grundbuch- und Hypotheken -Wesens verneint,
weil denselben die erforderlichen Rechtskenntnisse fehlen. Allein
abgesehen davon, dass für die von Mittermaier zu jener Verwaltung
vorgeschlagenen Gemeinde -Beamten dieser Einwurf ebenso gilt, abge-
sehen davon, dass jener Ausspruch aus der Zeit stammt, wo die
deutschen Regierungen noch den Gesammt- Begriff desMessungs- und
Kataster- Wesens in Kettenziehen und Latten-Zählen sahen und danach
ihre Anforderungen an die Ausbildung der Katasterbeamten bemaassen,
Hessen sich ebenso viele Aussprüche von Autoritäten, so Goetze,
Roscher u.A. dafür an führen, dass auch die Richter selbst nicht die
zur Verwaltung des Grundbuchwesens geeigneten Organe seien. Es
handelt sich aber hier garnicht um die Verwaltung, sondern um die
Beurtheilung der fraglichen Einrichtungen und in dieser Hinsicht gilt
wohl der Ausspruch Mäscher ’s (Das deutsche Grundbuch- und Hypo-
thekenwesen S. 538), wonach „bei der rationellen Einrichtung des
Hypothekenwesens“ (richtiger des Grundbuchs) „keineswegs juristische
Kenntnisse allein maassgebend sind. Das, worauf es neben Kennt niss
von Recht und National-Oekonomie bei diesem in das rein praktische
Leben eingreifenden Zweige der Rechtspflege und Volkswirthschaft
Gesetzbuches für das Deutsche Reich.
227
ankommt, besteht vielmehr darin, die Lehren der Geschichte und
Statistik des deutschen Hypothekenwesens zu beachten und daraus
die Consequenzen richtig zu ziehen.“
Auch durch den allgemeinen Hinweis auf die Thatsache, dass
bei der zweiten Lesung der Entwürfe dem Laienelement durch Bei-
ziehung von Männern des verschiedensten Berufes weitgehende Be-
rücksichtigung eingeräumt wurde, Hesse sich jener Einwurf wirksam
bekämpfen.
Indessen glaubt der Verfasser es garnicht noting zu haben, seine
Stellung hier durch die weitere Ausspinnung dieser Gegeneinwände
zu stärken und zwar deshalb, weil es ihm garnicht einfällt, in der
vorwürfigen Frage irgend welche neuen Rechtstheorien aufstellen und
deren Uebernahme in das Gesetz verfechten zu wollen. Im Gegen-
theil. Das, was der allgemeine Theil der Motive zum Sachenrecht
über das Ziel und die Aufgabe des Gesetzes ausspricht, nimmt der
Verfasser voll und ganz an; diese Ausführungen konnte er in der
Hauptsache nur mit hoher Befriedigung begrüssen.
Man stösst aber auf die wenig erfreuliche Erscheinung, dass schon
einzelne Bestimmungen des Sachenrechts und des Einführungsgesetzes
jenen Grundsätzen der allgemeinen Motive nicht voll entsprechen,
dass aber insbesondere der Entwurf der Grundbuchordnung und
die Motive zu selbem sich mit jenen Grundsätzen in einen, vielleicht
in Folge zwischenliegender Wandlung der Ansichten beabsichtigten,
jedenfalls aber in einen sehr augenfälligen und in einen der Sache
sehr abträglichen Widerspruch setzen. Während es die allgemeinen
Motive (S. 16) zum Sachenrecht als Aufgabe des Gesetzes bezeichnen,
eine positive Einrichtung zu schaffen, welche die Erkennbarkeit des
Rechtsstandes jedes einzelnen Grundstückes gewährleistet, während
diese allgemeinen Motive (S. 19) als erste Aufgabe der Bucheinrichtung
die Ermittelung und Feststellung der einzelnen Grundstücke
bezeichnen und (S. 21) die Herstellung der Bücher, unter Zugrunde-
legung der urkundlichen Ergebnisse der Landesvermessung verlangen,
erklären es die Motive zur Grundbuchordnung (S. 34) für bedenklich,
eine reichsgesetzliche Anforderung in dieser letzteren Richtung zu
stellen, und es sind in der That die Lücken, welche das Einführungs-
gesetz bezüglich der Erfassung einzelner sachenrechtlicher Materien
(und damit ungezählter Grundstücke) offen lässt, so weite und insbe-
sondere die Bestimmungen der Grundbuchsordnung über die Buch-
einrichtung so dürftige und dehnbare, dass man an deren Stelle
ebenso gut den Einen Satz stellen kann:
Bezüglich der Ausdehnung des im Sachenrecht im Allgemeinen
festgehaltenen Grundbuchsystems auf die einzelnen Kategorien von
Grundstücken, wie bezüglich aller Einzelheiten der Grundbucheinrichtung
— damit aber leider auch bezüglich der gedeihlichen Gestaltung des
15*
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228 Steppes. Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen
Grundbuchs für den Schutz des Grundeigenthums — kann jeder
einzelne deutsche Staat nach wie vor thun, was ihm beliebt.
Dies ist aber — und dieses Urtheil darf sich jeder Deutsche
getrost gestatten — viel, bedauemswerth viel weniger, als man von
einem Gesetzbucbe zu erwarten berechtigt ist, welches sich die Regelung
des bürgerlichen Rechtes für eine geeinte Nation zum Ziele setzt.
Es ist aber auch viel, viel zu wenig, als dass die Ziele, welche
der Gesetzentwurf in den allgemeinen Motiven sich selbst gesteckt,
auch wirklich erreicht und in gedeihlicher, eine einheitliche und fort-
schreitende Entwicklung gewährleistender Weise sichergestellt sein
könnten.
Thatsache, durch die Erfahrungen eines Jahrhunderts erhärtete
und in den Gesetzesmotiven selbst wiederholt anerkannte Thatsache ist
es nun einmal, dass die Rechtsgrundsätze, welche der Entwurf an-
genommen hat und nach Lage der Dinge auch unausweichlich an-
nehmen muss, ihre Verwirklichung im praktischen Leben nur mit
Hilfe der Messungs- und Katastertechnik finden können. Diese Technik
ist ihrerseits in jahrhundertelanger Entwicklung zu Grundsätzen gelangt,
ohne deren strengste Beachtung sie nach menschlichem Urtheile ihrer
Aufgabe unmöglich gerecht werden kann. Wenn man also diese
technischen Grundsätze, wie es namentlich der Entwurf der Grund-
buchordnung thut, verleugnet, ja ihnen geradezu ins Gesicht schlägt,
dann entzieht man den aufgestellten Rechtssätzen selbst den Boden,
auf dem sie allein gedeihen können, dann täuscht man sich selbst,
dazu aber auch alle diejenigen, welche auf die Stichhaltigkeit jener
Rechtsgrundsätze angewiesen sind. Schon im Jahre 1851 sprach es
die hannoversche Regierung bei ähnlichem Anlasse aus (Mäscher,
S. 643): „So lange es an einer sicheren Grundlage fehlt, wird das
Publicum sich zwar über eine Unzulänglichkeit der Einrichtung, nicht
aber über die Täuschung einer begründeten Erwartung beklagen,
wird aber der Glaube an eine gesicherte Grundlage durch die Gesetz-
gebung geweckt, so setzt sich diese, wenn der Glaube getäuscht wird,
der schwersten Verantwortlichkeit aus.“
Diese Anschauungen über das Grundbuch, wie es durch die Ent-
würfe geschaffen werden will, auf Grund der geschichtlichen Ent-
wicklung der Rechtsverhältnisse des Grundeigenthums und der an
diese Entwickelung sich knüpfenden allgemeinen, logisch unbestreitbaren
Erwägungen, nicht minder aber gerade an der Hand der allgemein
anerkannten und im Gesetzentwürfe selbst bezw. den Motiven zu
selbem proclamirten Rechtssätze zu erhärten und im Einzelnen zu
begründen, gleichzeitig aber auch die Wege wenigstens anzudeuten,
auf welchen bei der weiteren Feststellung der Entwürfe Abhilfe
geschaffen werden könnte und sollte, wird Aufgabe der nachstehenden
Erörterungen sein.
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Gesetzbuches fiir das Doutsehe Reich.
229
Der Verfasser stützt sich dabei, was die juristische Seite des
Gegenstandes anlangt, neben den Motiven zum sachenrechtlichen
Abschnitt des Gesetzentwurfes, zum Einführungsgesetz und zur Grund-
buchordnung vielfach auf das schon oben angegebene Werk von
Dr. H. A. Mäscher: Das deutsche Grundbuch- und Hypotheken wesen
(Berlin 1869. Verlag von Fr. Kortkampf). Dasselbe mag ja vielleicht
heute vergessen sein. Allein es ist, anlässlich der Behandlung des
Gegenstandes auf dem II. und III. Juristentage und zur Zeit heraus-
gegeben, da die Einführung des Grundbuchs im norddeutschen Bunde
in Frage stand, in so ausgiebiger Weise auf die grundlegende Fach-
literatur gestützt, dass dieses Vorgehen des Verfassers, eben weil er
weit entfernt ist, sich die volle Beherrschung der mitspielenden
juristischen Theorien zu vindiciren, wohl gerechtfertigt erscheint. Das
genannte Quellenwerk wird im weiteren Verlaufe lediglich mit „M.“
und der Seitenangabe citirt werden. Auch sei bemerkt, dass einige
aus dem Mäscher’ sehen Quellenwerke entnommene Citate mit den
Originalen nicht verglichen werden konnten.
2. Die geschichtliche Entwickelung der Grundbuchs-
Einrichtung und die Beziehungen des Vermessungswesen
zu dieser Entwickelung.
Um die Aufgaben, welche dem modernen Grundbuche gestellt werden
müssen und die .Anforderungen, welche an dessen Einrichtung behufs
Erfüllung dieser Aufgaben zu erheben sind, in voller Schärfe zu fassen,
erscheint es zunächst geboten, die geschichtliche Entstehung und Weiter-
bildung des Grundbuches wenigstens in den markantesten Zügen in aller
Kürze zu verfolgen.
Es sei also zunächst erinnert, wie es zur Zeit, da unsere Voreltern
zuerst aus dem Dunkel der Geschichte hervortreten, zur Zeit also, da
die Römer ihre ersten Eroberungszüge über die Alpen unternahmen,
persönliches Sondereigenthum im heutigen Sinne überhaupt nicht gab.
Bei der noch geringen Sesshaftigkeit der einzelnen Volksstämme wurden
die zum Ackerbau verfügbaren und bestimmten Gründe unter die freien
und wehrfähigen Stammesgenossen vertheilt und zwar durch Verloosung.
Immerhin musste schon damals solche Erwerbung des Grundeigenthums
unter öffentlicher Autorität und Genehmigung in der Versammlung der
Gemeinde, welche als die wahre Eigenthümerin des gesammten, von ihr
in Benutzung genommenen Grund und Bodens galt, erfolgen.
Erst nach dem Zusammenbrnch der Römerherrschaft, als die Franken
nach Unterwerfung anderer deutscher Stämme zur Herrschaft gelangten,
als die Züge der deutschen Völker aufhörten und neues Leben in den
alten Wohnstätten und den wieder auf lebenden Römercolonien erblühte,
entwickelte sich an diesen Orten, an den erstehenden königlichen Pfalzen,
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230 Steppes. Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen
Bischofssitzen und Klosterorten ein reger Verkehr, der unter Einwirkung
römischer Begriffe zu einer schärferen Trennung des öffentlichen vom
Privateigenthume führte. Dazu erlangte mit der grösseren Sesshaftigkeit
der Erbgang als Erwerbsart erhöhte Bedeutung, so dass gegen Ver-
äusserungen, welche unter der noch immer herrschenden rohen Natural-
wirtschaft ohnedem selten waren, den nächsten Erben ein Widerspruchs-
oder Vorkaufsrecht zugestanden wurde.
Auch in dieser Periode aber, als der ersten, in welcher von
persönlichem Grundeigenthum die Rede sein kann, musste jede Erwerbung
von Grund und Boden, an den sich die wichtigsten politischen Rechte
und Pflichten knüpften, öffentlich erkennbar gemacht werden. Anfangs
geschah dies vor den Gauversammlungen der freien Grundbesitzer,
später, als die Handhabung des Rechtes Namens der Gemeinde an die
Schöffengerichte übergegangen war, vor diesen. Solchen öffentlichen
Act der Eigenthumsübertragung nannte man die Auflassung (üplate),
Verlassung, Willigung. Sie war, wenn ohne Einspruch erfolgt, gegen
alle Anfechtung dritter sichergestellt. (Vergl. M. S. 44—46.)
Im Mittelalter nahm dann bekanntlich die Auflassung eine andere
Form an. Mit der steigenden Einwohnerzahl und dem häufigeren Be-
sitzwechsel hatte sich die Auflassung vor der versammelten Gemeinde
zunächst in den Städten, die ja zur fraglichen Zeit das öffentliche Leben
fast ausschliesslich repräsentirten, in eine Verlautbarung vor dem Rathe,
der Obrigkeit für Verwaltung und Rechtspflege, verwandelt und mit der
Verbreitung der Schreibekunst begann man den Hergang gleich allen
gerichtlichen Verhandlungen in die Stadtbücher einzutragen. Mit derZeit
fing man dann an, die häufiger werdenden Besitzveränderungen auch in
besondere Eigenthumsbücher Uberzutrageu, und da man sich überzeugte,
dass die von der öffentlichen Behörde vollzogene Eintragung dieselbe
Wirkung des Rechtsschutzes hatte, wie die frühere Auflassungsform, so
wurde bald die Eintragung im Buche als das Wesen der Auf-
lassung aufgefasst. (M. S. 54.)
So entstanden schon vom 11. Jahrhundert ab in den deutschen
Städten wirkliche Grundbücher und haben sich dort — und zwar nicht
nur in Städten, wie Hamburg, Bremen und Lübeck, die ihre politische
Selbständigkeit bis zum heutigen Tage gewahrt haben, sondern auch
anderwärts z. B. in München durch alle politischen Stürme und mitten
im Kreise ihrer von den bedeutsamsten Rechtsumbildungen betroffenen
Umgebung bis heute erhalten. Es ist das aber nicht reiner Zufall.
Ein wesentlicher Unterschied hatte sich mit Festigung des Sondereigenthums
zwischen diesen bücherlichen Auflassungen und den altdeutschen Auf-
lassungen in der Volksgemeinde immerhin eingestellt. Bei letzteren war
gemeinhin der Umfang des Rechtsobjectes der gleiche oder doch ein an
sich feststehender. Bei den fraglichen Bucheinträgen aber handelte es
sich in erster Linie auch um Feststellung des Rechtsobjectes. Dem
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Gesetzbuches für das Deutsche Reich.
231
Umstaude, dass in den Städten einerseits Umfang und Grenzen der
einzelnen Grandstücke vorwiegend durch hervortretende äussere Merkmale
ausser Zweifel gestellt sind und dass andererseits die Strassen- und
Herbergsnamen oder sonstige polizeiliche Einrichtungen ein Mittel dar-
boten, die einzelnen Rechtsobjecte in zweifelsfreier Weise zu bezeichnen
und damit unter sich zu unterscheiden, war es daher zu danken, dass mau
in den Städten von Anfang an und durch lange Jahrhunderte hindurch
flir die wirksame Führung der Eigenthumsbücher eine genügende Unter-
lage be8ass. Dieser Umstand zunächst erklärt ihre frühzeitige Entstehung
und ihren dauernden Fortbestand in den Städten.
Draussen im Lande nahmen die Dinge einen wesentlich anderen
oder doch wesentlich langsameren Verlauf. Kaum war der allmähliche
Hergang, wonach der — lange Zeiten mehr als berechtigter Niessbrauch
an dem formell für Gemeindeeigen geltenden Grund und Boden
betrachtete — Besitz sich zu wirklichem privaten Grundeigenthum um-
bildete, in das öffentliche Leben und Rechtsbewusstsein Ubergegangen,
als der Feudalismus sich breit zu machen begann und mit rasch
wachsender Gewalt den gemeinen Mann seinem Drucke unterwarf. Unter
seiner Herrschaft konnte es auch nicht dazu kommen, dass Einrichtungen
getroffen worden wären, welche eine sachgemässe und zuverlässige
Buchung der Eigenthumsrechte, wie in den Städten hätten verbürgen
können.
Dazu kam, dass allmählich die Schöffen immer mehr durch gelelirte
Juristen verdrängt wurden, die an den Hochschulen neben dem canonischen
nur das römische Recht sich angeeignet hatten, so dass gegen die Vorliebe
des neben der Geistlichkeit immer mehr an Einfluss gewinnenden Richter-
standes für das römische Recht die — mehr auf dem Herkommen, als
auf geschriebenen Formen beruhenden — deutschen Rechtsbegriffe immer
mehr verblassten. So konnte es nicht ausbleiben, dass der Begriff der
altdeutschen Auflassung immer mehr der Anschauung des römischen
Rechtes weichen musste, dass Eigenthum durch Vertrag und Tradition
übertragen werde.
An Stelle der öffentlichen und mündlichen Auflassung trat also auch
hier das Protokolliren der Verträge, die von den Gerichten confirmirt
und in die sogenannten Contractenbücher eingetragen wurden. An sich
hätte das gerade noch nicht zum schlimmsten führen müssen. Zufällig
waren die alten Römer, die bekanntlich auch schon ihren Giftbaum
hatten und den Liegenschaftenverkehr mehr auf dem Fusse des Börsen-
geschäftes betrieben, in Rücksicht auf die Verkehrsverhältnisse dazu
gelangt, die Tradition angesichts des Objectes durch rein formelle Acte
zu ersetzen. Der Schwerpunkt lag also immerhin in dem gerichtlich
eingetragenen Vertrage. Man wäre daher wohl ebenso wie in einzelnen
Städten dazu gelangt, die bücherliche Eintragung als genügenden Ersatz
der altdeutschen Auflassung zu betrachten bezw. zu gestalten, wenn nur
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232 Steppes. Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen
die sonstigen Voraussetzungen dazu in gleicher Weise überall vorhanden
gewesen wären. Allein es fehlte an Mitteln zu einer zuverlässigen
Darstellung des Grundbesitzes, man gelangte daher auch nur ausnahms-
weise zur Anlegung besonderer Eigenthumsbllcher, es entstanden viel-
mehr, da in die Contractenbücher Verträge jeder Art eingetragen wurden,
ganze Bibliotheken von Folianten, in denen sich Niemand zurecht zu-
finden wusste. So war der Grundeigenthümer, der in die Lage kam,
seinen Besitz ganz oder theilweise zu veräussern oder der Credit be-
anspruchen wollte, auch meist ausser Stande, sich als wahren Eigenthümer
zu legitimiren. Die ganze Thätigkeit der Gerichte schien in erster Linie den
Zweck zu haben, die Kasse des Patrimonialherm zu füllen (M. S. 91),
und zur Zeit da während und nach dem dreissigjährigen Kriege der
deutsche Reichswirrwarr den Höhepunkt erreicht hatte, stand auch die
deutsche Rechts- und Creditlosigkeit in ihrem Gipfel.
Im Volke selbst aber war die Anhänglichkeit an die altheimischen
Rechtsgebräuehe niemals ganz erloschen. Jedenfalls fühlte man in
demselben Maasse, als nach dem dreissigjährigen Kriege Ordnung
und Stetigkeit in das öffentliche, wie in das Erwerbsleben mälig zurück-
kehrten, das Bedürfniss, das Grundeigenthum durch einen systematischen
Nachweis der Besitzthümer zu befestigen und zu stutzen. Ein Mittel,
diesen Nachweis in dauernder und zuverlässiger Weise zu erbringen,
konnte man nur in der geometrischen Aufnahme der Grundstücke er-
blicken und so wurde denn schon gegen Ende des 17. und im 18. Jahr-
hundert — , bevor noch von oben herab die alten deutschrechtlichen
Einrichtungen sich wieder einer grösseren, zunächst durch Errichtung
von Lehrstühlen für deutsches Recht an den Hochschulen (zuerst in
Wittenberg 1707) sich äussernden Beachtung zu erfreuen hatten, — in
einzelnen deutschen Reichsgebieten, deren es ja damals noch ungezählte
gab, zur geometrischen Aufnahme der Grundbesitzungen und Gemeinde-
markungen geschritten. Nachdem so die Messkunst, die durch Jahrhunderte
hindurch in den Schulen und Klöstern als vorwiegend theoretische
Wissenschaft ihr ziemlich kümmerliches Dasein gefristet, zur praktischen
Verwerthung einmal wieder Ubergeführt war, schritt man auch in immer
umfangreicherem Maasse zu ihrer Ausnutzung. So ist die Idee der all-
gemeinen Landesvermessungen zur Entstehung und immer ausgedehnteren
Verwirklichung gelangt.
Es würde zu weit führen, die Geschichte der deutschen Landes-
vermessungen hier im Einzelnen näher verfolgen zu wollen. (M. vergl.
Dr. W. Jordan und C. Steppes : das deutsche Vermessungswesen. 2 Bände.
Stuttgart bei Konrad Wittwer. 1882.) Es will also nur darauf hingewiesen
werden, dass die hervorragendsten Männer in den einzelnen deutschen
Staaten der Verwirklichung des Landesvermessungsgedankens ihr Interesse
und ihre hingebende Mitwirkung geliehen haben und dass sich so,
insbesondere im Laufe unseres Jahrhunderts für das Grundprincip der
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Gesetzbuches fiir das Deutsche Reich.
233
Durchführung feste Normen gebildet haben, die heute in ihren Haupt-
zttgen als allgemein anerkannt gelten müssen. Und es erscheint dies
fltr die ganze vorliegende Frage so belangreich, dass nicht darauf ver-
zichtet werden kann, die Quintessenz jener Grundzüge wenigstens in
gedrängtester Kürze hier zusammenzufassen:
Auf Grund eines geodätisch festgelegten Netzes hat die Landes-
vermessung zunächst die — durch äussere Zeichen verlässig zu be-
zeichnenden — Umfangsgrenzen jedes einzelnen Besitzstückes zu erfassen
bezw. die zu ihrer Feststellung nöthigen und erheblichen Maasszahlen
zu gewinnen. Das Ergebniss dieser Messungen wird in der Grundkarte
bildlich dargestellt; und die so erhaltene Uebersicht Uber die Grund-
stücke eines bestimmten Bezirks bietet alsdann das Mittel, den einzelnen
Grundstücken durch ihre fortlaufende Nummerirung ein bestimmtes zu
ihrer gegenseitigen Unterscheidung dienendes Kennzeichen sozusagen
aufzudriicfcen und dieselben dadurch verkehrsfähig zu machen. Der
Inhalt der Karte wird sodann in einem objectiven (im preussischen
Kataster, wie in den deutschen Gesetzentwürfen „Flurbuch“ genannten)
Verzeichnisse zusammmengestellt, in welches zugleich die ein für allemal
zu bestimmten Zwecken ermittelten Eigenschaften der Grundstücke, wie
Fläche, Steuerquote etc. eingetragen werden. Daneben erheischt aber
das Bedürfniss des Verkehrs und der Buchführung auch eine specielle
Zusammenstellung der Objecte, welche jedem einzelnen Besitzer zugehören
und diese bietet die Mutterrolle, das eigentliche Kataster. Beim öffentlichen
Gebrauche werden nun allerdings die fertiggestellten Ergebnisse der
Landesvermessung in umgekehrter Ordnung benutzt. Wenn danach das
Subjectiv - Kataster eine erschöpfende Uebersicht zu geben hat, wie sich
der gesammte Grundbesitz des Einzelnen zusammensetzt und dagegen
der wesentliche Zweck des Objectiv- Katasters es ist, einmal den Gesammt-
stand eines bestimmten Bezirkes auszuweisen, namentlich aber als Nach-
schlagebuch zu dienen darüber, unter welcher Subjectivnummer das
einzelne Object zu finden ist, und so auf der anderen Seite davor zu
schützen, dass ein und das nämliche Object zwei verschiedenen Besitzern
zugeschrieben werde, so darf doch nie vergessen werden, dass zu beiden
als unerlässlicher Commentar die Grundkarte gehört. Denn beide müssen
sich begnügen, die einzelnen Objecte durch ein äusseres Zeichen zu be-
zeichnen; darüber aber, was unter diesen äusseren Zeichen zu verstehen
sei, kann nur die Grundkarte Aufschluss geben.
In der That haben sich die hervorragendsten Männer, und zwar
nicht allein Geodäten, sondern vorzugsweise auch rechtsgelehrte Volks-
wirte und Staatsmänner dahin ausgesprochen und das praktische Leben
hat es in der augenfälligsten Weise erwiesen, dass nur ein nach den
dargelegten Grnndprincipien angelegtes Kataster eine erschöpfende und
onter der für jedes Menschenwerk geltenden Einschränkung richtige
Darstellung des gesammten Grundbesitzes zu geben, und sofern sie
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234 Steppes. Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen
in gleichem Sinne weitergeführt wird, allein stetige Ordnung
und Sicherheit in die Buchführung Uber den Grundbesitz — welchem
Zwecke diese auch immer dienen möge, — zu bringen und zu erhalten
vermag. Erklärlicher, wenn auch höchst bedauerlicher Weise ist diese
Ueberzeugung in ihrer vollen Schärfe und in allen ihren Consequenzen
nirgends oder doch fast nirgends von Anfang an zu Tage getreten.
Man hat dies aber theuer genug bezahlen müssen. Millionen und
abermals Millionen sind — bezeichnend genug selbst in Staaten, wo man
das Kataster zunächst lediglich als Grundlage einer gleichmässigen und
gerechten Besteuerung des Grundbesitzes verwerthete, — ausgegeben
worden, um Erneuerungen und Ergänzungen durchzuführen, wo und soweit
man sich anfangs mit Halbheiten durchzuhelfen versucht hatte. Und wo
man sieh heute noch der Einsicht von der Richtigkeit jenes Satzes ver-
schliessen zu dürfen glaubt, da werden auch jetzt und auch künftig
noch immer neue Summen durch das alte löchrige Sieb geworfen.
Nun sind es zwar nur wenige und vorwiegend kleinere deutsche
Staaten, wie z. B. Nassau, Hessen, Weimar, (in neueren Jahrzehnten
auch Meiningen) gewesen, welche mit dem direct und klar ausgesprochenen
Zwecke, Grundbücher von auch rechtlicher Beweiskraft herzustellen, an
das Unternehmen einer Aufnahme aller Grundstücke des Landes heran-
getreten sind.
Andererseits ist aber gerade in den Zeiten, in welchen die Idee
der allgemeinen Landesvermessungen zur Reife und allmählichen Verwirk-
lichung gelangte, auf dem fraglichen Rechtsgebiete eine sehr bedeutsame
Wandlung eingetreten, die allerdings — aus hier nicht näher zu er-
örternden Gründen — von wirtschaftlichen Rücksichten, von dem Streben
nach Sicherung und damit Hebung des Realcredits ihren Ausgang nahm.
Zum Zwecke solcher Sicherung und Hebung ist nämlich ungefähr von
der Mitte des vorigen Jahrhunderts ab — zuerst im brandenburgisch-
preussischen Staate unter dem grossen Kurfürsten — die Gesetzgebung
der meisten deutschen Staaten für die Hypothek zu dem Grundsätze der
deutschen Auflassung zurückgekehrt, wonach die Erwerbung des durch
die Hypothek gegebenen beschränkten bezw. bedingten Eigentumsrechtes
öffentlich verlautbart, d. i. in die zu diesem Zwecke angelegten amtlich-
öffentlichen Bücher eingetragen werden muss und andererseits durch
diesen Eintrag gegen jede Anfechtung Seitens dritter sichergestellt ist.
Zwar ist diese Rechtsumbildung fast überall ohne directen Zusammen-
hang mit den Landesvermessungen und Katasteranlagen, weil ja auch
in den meisten oder doch grössten Staaten zeitlich vor deren Durch-
führung erfolgt. Die Dringlichkeit einer gesunden Gestaltung des
Hypothekenwesens hätte einen so langen Aufschub, wie ihn das Zuwarten
auf die Vollendung einer Landesvermessung bedingt hätte, unmöglich
geduldet. Und wenn auch mit der Aufhebung der Generalhypotheken
und der Einführung des Princips der Specialität in die meisten
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Gesetzbuches fiir das Deutsche Reich.
235
Hypothekengesetze das Bedllrfniss nach einer bestimmten Bezeichnung
der Rechtsobjecte sich einstellte, so musste und konnte man sieh dabei
für den Anfang mit Nothbehelfen insofern durchwinden , als bei der
damals noch durchweg bestehenden feudalen Gebundenheit der Güter,
in deren Folge „der Bauer unter beständiger Controle des adeligen
Gutsherrn und der Beamten stand, die ihn bei jeder Veränderung seiner
Grundeigenthumsverhältnisse controlirten“, (M. 8. 127) fast ausschliesslich
die ganzen ohnedem gebundenen Anwesen in Frage kamen. Sobald
aber irgendwo eine Landesvermessung und Katasteranlage zu Ende
gedieh, da konnte man sich freilich der Einsicht nicht verschliessen,
welch überaus bequemes und zuverlässiges Mittel für die einfache und
stichhaltige Führung der öffentlichen Bücher die Landesvermessungs-
Ergebnisse darboten und so stossen wir allenthalben auf die Thatsache,
dass auch da, wo andere Zwecke — vorwiegend war es bekanntlich die
Regelung der Grundsteuer — den Anstoss zur Landesvermessung ge-
geben haben, die Buchführung Uber den Realcredit, wie der Liegcn-
schaften-Verkehr überhaupt sich der Vermessungs- Ergebnisse sofort be-
mächtigten.
Es lässt sich allerdings nicht gerade behaupten, dass diese letztere
Thatsache iu den für die Rechtsgestaltung maassgebendsten Kreisen
sich einer besonderen Beachtung oder gar einer die Gesetzbildung be-
einflussenden Berücksichtigung zu erfreuen gehabt hätte oder auch nur,
dass überhaupt ihre Tragweite in allen juristischen Kreisen voll gewür-
digt worden wäre. So glaubte, noch vor dem III. Deutschen Juristen-
tage Bornemann seine Ansicht von der Entbehrlichkeit eines Grundbuches
durch folgende Sätze begründen zu sollen (M. S. 542 u. ff.), die wir
um deswillen hier anführen und in Kürze widerlegen müssen, weil sich
entgegen den Motiven zum Sachenrecht diejenigen zur Grundbuchord-
nung so ziemlich auf den gleichen Standpunkt stellen : „Allerdings wird
da, wo Grund-, Lager-, Saalbücher und dergl. bestehen oder wo, wie
in Bayern eine ursprünglich im Edictal- Verfahren begonnene und dann
mit allen Mitteln der Verwaltung und der Technik (?) ohne Rücksicht
auf Kosten bis ins kleinste Detail durchgeführte und stets auf dem lau-
fenden erhaltene Katastrirung dem Hypothekeninstitute zur Seite steht,
eine grosse Erleichterung in der Arbeit des Hypothekenbeamten, eine
vermehrte Sicherheit in seinen Aufnahmen, eine sehr erfreuliche Verein-
fachung seiner Einträge die natürliche Folge sein; aber dass dies so
sein müsse, um irgend eine wesentliche Aufgabe des neuen Hypotheken-
wesens zu lösen, oder auch nur besser zu lösen, das lässt sich durchaus
nicht behaupten.“
„Gerade darin, dass das bayrische Hypothekengesetz dieses Mittels
nicht bedarf, dass es ohne Alterirung der übrigen civilrechtlichen Insti-
tute und Gesetze lediglich den neuen Begriff der Hypothek (xat’ e£o£r,v)
construirte und ein ganz selbständiges Hypothekenrecht mit seinen
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236 Steppe». Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen
eigenen^ausreichenden Einrichtungen geschaffen hat, gerade darin dürfte
sein grösster Vorzug liegen; vom Standpunkte der Gesetzgebungskunst
wenigstens dürfte dies unbestritten bleiben. Es erreicht aber dieses
für sich abgeschlossene Institut seinen Hauptzweck vollkommen, indem
es das Hypothekenbuch so einrichtet, dass der Gläubiger durch den
Eintrag in dasselbe ein Realrecht an einer bestimmten unbeweglichen
Sache zur Sicherheit seiner Forderung erlangt und jeder Gläubiger und
jeder neue Erwerber des Hypothekenobjects aus dem öffentlichen Buche
ersehen kann, welche Sicherheit er durch dieses Object erhalte und
welche Hypotheken darauf haften.“
„Die im bayrischen Hypothekengesetze bezüglich des Besitztitels
und des speciellen Hypothekenobjects angeordneten Einträge sind für
den Hypothekenzweck vollkommen ausreichend; eine vierzigjährige An-
wendung des Gesetzes hat dies bewährt und zwar auch da und zu
einer Zeit, wo das Steuerkataster noch gänzlich fehlte; der schlagendste
Beweis seiner befriedigenden Wirkung liegt darin, dass während dieser
langen Zeit und sogar auch in der letzten an gesetzgeberischer Thätig-
keit so reichen Periode keine Verbesserungsversuche oder auch nur
Abänderungsanträge zu diesem Gesetze aufgetaucht sind.“
Diese Aensserung lässt indessen darauf schliessen, dass ihrem Ur-
heber die bayrischen Verhältnisse überhaupt nur vom Standpunkte der
Gesetzgebungskunst bekannt gewesen seien. Wenige Jahre vor Abgabe
dieser Aeusserung hat sich das bayrische Justizministerium ganz anders
ausgelassen. Es mögen aus diesem — in Jungermann’s Handbuch, Nach-
träge S. 66, dann bei Mäscher S. 783 abgedruckten — Erlasse nur
wenige Sätze hier Platz finden:
„Dem k. Staatsministerium der Justiz sind neuerlich über die Be-
handlung des Hypothekenwesens und den Zustand der Hypothekenbücher
bei einem sehr grossen Theile der Landgerichte glaubhafte Mittheilungen
zugekommen, w-elche ein höchst unerfreuliches Bild von diesem für die
Wohlfahrt des Landes so wesentlichen Institute geben Hypotheken-
protokolle ermangeln nicht nur häufig der amtlichen Fertigung, sondern
selbst der Unterschrift von Betheiligten. Ihre Redaction ist so unklar
und unbestimmt, dass sie mehrfache Deutung zulassen. In der ersten
Rubrik der Hypothekenfolien ist die Bezeichnung der Objecte oft noch
höchst mangelhaft, z. B. mit der Collectivbenennung : „Ein Viertels, halber,
dreiviertels Hof“ vorgetragen Hiedurch wurde besonders in den-
jenigen Landestheilen, wo die Zersplitterung des Grundbesitzes weiter
vorgeschritten und das Steuerdefinitivum erst in später Zeit
zurEinführunggelangt ist, unsägliche Verw-irrung geschaffen,
so dass auch bei schärfster Prüfung die Identität verpfändeter Objecte
nicht mehr zweifellos herzustellen ist.“ U. s. f.
Erwägt man, dass die getadelten Collectivbenennungen auch in den
der Instruction zum bayrischen Hypothekengesetz beigegebenen Muster-
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Gesetzbuches für das Deutsche Reich.
237
einträgen angewendet sind und dass wesentlich bessere Behelfe „da
und zu einer Zeit, wo das Steuerkataster noch gänzlich fehlte“, auch
gar nicht möglich waren, so wird man aus dem Erlasse die Berechti-
gung zu der Behauptung ableiten dürfen, dass mit Aufhebung der Ge-
bundenheit der Güter und dem dadurch herbeigeführten lebhaften Liegen-
schaften-Verkehr das bayrische Hypothekengesetz nur durch die —
allerdings ohne ausdrücklichen gesetzgeberischen Act erfolgte — Fundi-
rung der Buchführung auf das Kataster lebensfähig erhalten, dass es
nur so seinem auch von Bornemann anerkannten Hauptzwecke, dem
Gläubiger ein Realrecht an einer bestimmten unbeweglichen Sache
sicherzustellen, auf die Dauer gerecht werden konnte. Haben sich doch
auch in negativer Richtung diese Verhältnisse auf deutschem Gebiete
wirksam erwiesen, indem beispielsweise die hannoversche Regierung in
den Motiven zum Hypothekengesetze vom 14. December 1864 erklärte,
sie habe auf die Abschaffung der Generalhypotheken und Einführung
des Specialitäts-Principes verzichten müssen, weil eine ein- für allemal
feststehende Eintheilung der ganzen in Betracht kommenden Grundfläche
in einzelne Grundstücke und ein rein formelles Merkmal zur Bezeichnung
der letzteren nur dann vorhanden sei, wenn man genaue, auf Vermes-
sung beruhende Kataster oder vielmehr Karten habe. (M. 8. 642.)
Jedenfalls hat die bei Durchführung der Hypothekengesetze ge-
machte Erfahrung, dass die Ergebnisse der Landesvermessungen die
Sicherheit und Einfachheit der Buchführung wesentlich zu fordern ge-
eignet sind dazu beigetragen, dass die Ueberzeugung aisgemach zum
Durchbruche kam, wie es denn doch ein grimmes Unding sei, diese
Buchführung lediglich zum Schutze der Pfandrechte zu verwerthen und
so dem verpfändeten Grundeigenthum einen grösseren Schutz angedeihen
zu lassen, als dem nicht verpfändeten. Auf Grund dieser Einsicht aber ist —
als letzte Phase der Entwicklung vor Aufstellung der Entwürfe eines
deutschen Gesetzbuches — im Laufe der jüngsten Jahrzehnte auch be-
züglich des Erwerbes von Grundeigenthum die altdeutsche Auflassung,
die amtliche und öffentliche Buchung des Eigenthumsübergangs und der
rechtliche Schutz der Buchvorträge für reichlich vier Ftinft-Theile des
deutschen Gebietes wieder zur Einführung gelangt.
Allerdings ist auch bei diesem Vorgänge die Gesetzgebung immer
noch zu sehr von den früheren Vorstellungen beherrscht geblieben, wo-
nach sich das sachenrechtliche Grundbuch weniger den Schutz des Eigen-
thums um seiner selbst willen zum Ziele setzte, als vielmehr in
erster Linie dem Realcredit eine kräftigere Stütze bieten wollte. Man
konnte sich daher auch nicht entschliessen, die bei der Katasterführung
gemachten Erfahrungen rückhaltlos anzuerkennen und für die Rechts-
bildung zu verwerthen und es lassen daher die in den einzelnen Staaten
für die Anlage und namentlich für die Fortführung der Grundbücher ge
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238 Behren. Die Landmesser im Dienste der Stadt Köln.
troffenen Einrichtungen hier mehr dort weniger, durchschnittlich aber
ziemlich viel zu wünschen übrig.
Im weitaus grössten Theile deutschen Gebietes ist man eben bei
Einführung des Grundbuchsystems auch jetzt noch nicht von dem Be-
streben ausgegangen, die kostspieligen Landesvermessungen ihrem ober-
sten Zwecke, dem Schutze des Grundeigenthums, in möglichst ausgiebiger
Weise nutzbar zu machen. Man konnte sich zwar der Gewalt der That-
sache nicht verschliessen, dass es angesichts der eingetretenen Verkehrs-
freiheit noth wendig sei, von der nach Bornemann durch die Benutzung
der Parcellarkataster gegebenen grossen Arbeitserleichterung für den
Grundbuchrichter und Vereinfachung der Buchführung Gebrauch zu
nehmen. Aber man ging dabei nur so weit, dass der Schein, als komme
bei der Durchführung des Grundbuchsystems der Katastertechnik kei-
nerlei wesentlicher Antheil zu, gewahrt bleiben konnte. Im Uebrigen
sah man den Hauptvortheil der Gesetzesreform darin, in der Autlassung
eine Form der Eigenthums-Uebertragung wieder aufgenommen zu haben,
die man als eine „altdeutsche“ mit Recht bezeichnen durfte und die
den Vortheil bot, für die Unantastbarkeit der Grundbucliseinträge —
sobald sie das juristische Grundbuch ans dem Kataster einmal herüber-
zunehmen sich veranlasst gesehen — eine nach der juristischen Doctrin
unanfechtbare Grundlage abzugeben.
(Fortsetzung folgt.)
Die Landmesser im Dienste der Stadt Köln.
Die Verwaltung der Stadt Köln ist in den letzten Jahren bemüht
gewesen, durch Regelung der Gehalts- und Anstellungsverhältnisse die
Zukunft der städtischen Beamten sicher zu stellen. So wurde im Jahre
1886 der Stadtverordneten -Versammlung das erste, nach dem Vorgang
anderer grösserer Städte ausgearbeitete Normal -Regulativ für die Be-
soldung der städtischen Beamten zur Genehmigung vorgelegt, welches
allerdings gegenüber den Besoldungssätzen anderer selbst minder
grosser Städte nicht mustergültig genannt werden konnte. Es bestand
aus 9 Gehaltsklassen, deren zwei erste die Stellen des Stadtempfängers,
des Rendanten der Armenverwaltung und des Gartendirektors umfassten.
Dann folgten Sekretäre erster, zweiter und dritter Klasse, Bureau- und
Kassen-Assistenten erster und zweiter Klasse, die verschiedenen Unter-
beamten und endlich die Marktaufseher. Für technische Beamte war
in diesem Regulativ keine Fürsorge getroffen; eine solche erfolgte erst
durch dessen Ergänzung unterm 17. Juli 1888, insofern mehrere tech-
nische Beamte und Oberbeamte definitiv angestellt und für dieselben
besondere Gehaltsklassen vorgesehen wurden. Unter anderen wurde
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Hehren. Die Landmesser im Dienste der Stadt Köln.
239
der Vorsteher des städtischen Geometer-Bureaus als Stadtgeometer mit
3600 Mark Gehalt und den Competenzen der dritten Gehaltsklasse
(3000 — 4000 Mark) angestellt. —
Ein vollständig neues Regulativ erschien sodann unterm 26. Sept-
tember 1889. Dasselbe umfasste sämmtliche Beamtenstellen mit Ein-
schluss der Beigeordneten; die Gehaltsklassen waren von 9 auf 16 er-
höht. Zur 7. Gehaltsklasse (Anfangsgehalt 3000 Mark, Alterszulage
(von 4 zu 4 Jahren) 200 Mark, höchstes Gehalt 4000 Mark) gehörte
der Stadtgeometer; zur 8. Klasse (Anfangsgehalt 2500 Mark, Alters-
zulage (von 4 zu 4 Jahren) 200 Mark, höchstes Gehalt 3500 Mark)
die Landmesser.
Das neueste Regulativ ist vom 3. bezw. 10. December 1891. Der
Stadtgeometer gehört darnach zur 6. Gehaltsstufe (Anfangsgehalt
3500 Mark, Alterszulage (von 3 zu 3 Jahren) 300 Mark, höchstes
Gehalt 5300 Mark); die Landmesser dagegen gehören zur 8. Stufe
(Anfangsgehalt 2500 Mark, Alterszulage (von 3 zu 3 Jahren) 200 Mark,
höchstes Gehalt 3900 Mark.
Leider kann an dieser Stelle, wenn auch erfreulicherweise in den
meisten Klassen eine erhebliche Aufbesserung der Gehaltssätze zu
constatireu ist, die Thatsache nicht unerwähnt gelassen werden, dass
auch dieses neueste Regulativ augenscheinlich nicht ganz frei von Will-
kürlichkeit ist. Welcher Grund könnte sonst vorliegen, die Landmesser
z. B. mit den Bauassistenten 3. Klasse auf gleiche Stufe zu stellen,
während sic nach dem Regulativ von 1889 wenigstens noch mit den
Bauassistenten 2. Klasse rangirteu?! — Wenn, was doch wohl anzu-
nehmen, die Landmesser im Dienste der Stadt Köln wirklich staatlich
geprüfte und vereidigte Landmesser sind, dann ist eB schlechterdings
unbegreiflich, wie man dieselben mit technischen und anderen Beamten
ohne wesentliche wissenschaftliche Vorbildung auf gleiche Stufe stellen
kann. Oder wird jetzt etwa in Köln von Bauassistenten 3. Klasse eine
höhere wissenschaftliche und akademische Vorbildung verlangt? —
Dann gebe man doch diesen Beamten auch eine entsprechendere Amts-
bezeichnung:— die Bezeichnung Bauassistent und erst recht Bauassistent
3. Klasse lässt eine höhere Vorbildung nicht vermuthen.
Auch die 6. Gehaltsstufe des neuen Regulativs bietet Stoff zu
ähnlicher Betrachtung. Die Bauassistenten 1. Klasse rangiren darin
vor dem Stadtgeometer, welcher das letzte Rad am Wagen dieser
Klasse bildet. Daraus lässt sich wohl entnehmen, dass auch diese
technischen Assistenten 1. Klasse um Haaresbreite höher geschätzt
werden, als der Vorsteher des Vermessungs-Bureaus — eine Thatsache
die wohl ohne Beispiel dasteht und, wie wir glauben, auch ohne innere
Begründung ist. Was sind Bauassistenten erster Klasse? — technische
Beamte, welche — etwa im Besitze des Berechtigungsscheines zum
einjährig freiwilligen Militärdienst — einige Semester an einer teeh-
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240
Behren. Die Landmesser im Dienste der Stadt Köln.
nischen Hochschule hospitirt haben. Das ist wenigstens so durch-
schnittlich das Bildungs-Niveau der technischen Assistenten höherer
Ordnung und in Köln wird es nicht anders sein. Liegt nun ein recht-
licher Grund vor, solche Beamten den Landmessern vorzuziehen, deren
Bildungsgang — im Gegensatz zu jenen — staatlich vorgeschrieben
ist und erheblich Uber jenes Ziel hinausgeht? Und erst recht die Bau-
assistenten 2. Klasse, bei welchen man sich doch auch wohl in Köln
mit einer auf der Baugewerkschule erworbenen Vorbildung begnügen
wird. Wenn die Bezahlung der Arbeit eines Standes der Maassstab
seiner Würdigung ist, dann können sich die technischen Assistenten im
Dienste der Stadt Köln Uber zu geringe Werthschätzung jedenfalls
nicht beklagen ; sie erreichen dort sicher mehr wie in jeder anderen
Stadt und im Staatsdienste. — Auch lässt sich wohl annehmen, dass
es ihnen an warmer Fürsprache seitens der verschiedenen Bauamts-
vorsteher vor Abfassung des neuen Regulativs nicht gefehlt hat. —
Wer aber nahm sich der Landmesser an? — Wir glauben — Niemand;
würden es aber für Recht und billig gehalten haben, wenn auch diese,
in gleichem Schritt mit den Assistenten 2. Klasse der Bauämter, eben-
falls in die 7. Stufe des neuen Regulativs aufgerttckt wären (Anfangs-
gehalt 3000 Mark, Alterszulage (von 3 zu 3 Jahren) 200 Mark, höch-
stes Gehalt 4400 Mark), sie würden denn auch im Gehalte den Land-
messern im Staatsdienste so ziemlich gleichstehen, während sie jetzt
immerhin noch um den Betrag des Wohnungsgeldzuschusses hinter
diesen Zurückbleiben. — Es dürfte Übrigens zum Schlüsse nicht uninteres-
sant sein zu vergleichen, welche Beamtenstellen zur 6., 7. und
8. Stufe gehören; man möge dann selbst urtheilen, ob vorstehende
Auslassung und der Wunsch nach Abänderung berechtigt ist. — Es
gehören zur 6. Stufe: Brandmeister, Armen- Apotheker, Friedhofs-
Inspector, Director des statistischen Bureaus, Rendant des Einziehungs-
amtes , die Assistenten 1. Klasse der Bauämter, Baubeamter der
Armenverwaltung, Stadtgeometer. Zur 7. Stufe: Secretaire 1. Klasse,
Standesbeamter von Altköln, Verwalter des Bürgerhospitals, Vorsteher
des Waisenhauses, der Leihanstalt, des Schlacht- und des Viehhofes,
Erster Kassirer der Stadtkasse und der Sparkasse, die Kontroleure
der beiden Kassen, Assistenten 2. Klasse der Bauämter, Heizingenieure,
Marktinspector, Vorsteher der Zahlstellen. Zur 8. Stufe: Verwalter
des Invalidenhauses, des Barackenhospitals, Secretaire 2. Klasse, Calcula-
toren 1. Klasse, Landmesser, Oekonom der Armenverwaltung, 2. Thier-
arzt, Thierarzt für Trichinenschau, Nachtwachtinspector, Telegraphen-
Mechaniker, Hülfsarbeiter im Kunstgewerbemuseum, Kassirer der Leih-
anstalt, Controleure der Leihanstalt und des Einziehungsamtes, Kassen-
buchhalter 1. Klasse, Bauassistenten 3. Klasse, erster Obergärtner.
Köln gehört zu den Grossstädten; und da bekanntlich die kleineren
Provinzialstädte ihre Verfassung und Geschäftspraxis nach Muster
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Aus den Verhandlungen des preussischen Abgeordnetenhauses. 241
der Grossstädte einzurichten pflegen, so liegt es nahe, dass auch jemand
ausserhalb des Weichbildes der Stadt Köln ein Interesse daran haben
kann, das neue Gehaltsregulativ der Stadt Köln mustergültig in jeder
Beziehung zu sehen. Wir erwähnen dies nur so nebenbei, nötigenfalls
zu Nutz und Schutz unserer stadtkölnischen Collegen, welche, wie wir
hiermit ausdrücklich erklären, sammt und sonders an dieser Auslassung
unbetheiligt sind.
Hoffentlich kommt die Verwaltung der Stadt Köln recht bald zu der
Ueberzeugung, dass sie mit ihrem neuesten Regulativ die Landmesser
gegenüber den Bauassistenten 1., 2. und 3. Klasse, etwas zu sehr be-
nachtheiligt hat und bringt auch diesen die Werthschätzung entgegen,
welche sie vermöge ihrer Vorbildung und socialen Stellung mit Recht
wohl beanspruchen können.
M. Gladbach, December 1891. Behren.
Aus den Verhandlungen des preussischen Abgeordneten-
hauses über den Entwurf des Staatshaushaltes
für 189293.
Im Anschlüsse an die im 6. Hefte bereits gebrachten Mittheilungen
entnehmen wir weiteres dem stenographischen Berichte, zunächst Uber
die Berathung des Etats der Eisenbahnverwaltung die folgende Rede
des Herrn Abgeordneten Sombart.*)
Abgeordneter So mb art: Meine Herren, ich möchte einen anderen
Gegenstand zur Sprache bringen und zunächst dem Herrn Minister der
öffentlichen Arbeiten meine Genugthuung darüber aussprechen, dass er
sowohl in der vorigen Woche bei der Berathung des Reichseisenbahn-
etats im Reichstage, als auch vorgestern in diesem Hohen Hause erklärt
hat, dass er in der Ausbildung der im Capitel 23 Titel 1 aufgcfülirten
höheren Beamten eine Lücke entdeckt habe, und dass er bereit sei,
diese Lücke auszufüllen, und zu diesem Behüte eine Kommission bereits
eingesetzt habe. Meine Herren, ich möchte dem entsprechend den Herrn
Minister auf Titel 2 aufmerksam machen, wo in einem Gesammtbtindel
drei Kategorien von Beamten — wenn ich nicht irre, 320 — zusammen-
gefasst sind unter dem Namen „technische Eisenbahnsecretaire.“ Diese
Herren bestehen zu etwa einem Drittel nach eingezogenen Informationen
aus rund 100 Eisenbahnsecretairen, die sich mit Vermessungen beschäftigen,
*) Einem Wunsche unseres hochverehrten Ehrenmitgliedes, Herrn Landtags-
abgeordneten Sombart, entsprechend, theilcn wir bei dieser Gelegenheit mit,
dass sich selber zu dem Wunsche gonöthigt sieht, ihn mit Einzelzuschriften in
Fachangelegenheiten thunlichst zu verschonen, da er nicht in der Lago ist,
dieselben einzeln zu beantwoiten.
16
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242 Aus den Verhandlungen des preussischen Abgeordnetenhauses.
die wir Eisenbahnbaumesser nennen wollen, zu einem Drittel aus Maschinen-
techniken), zum letzten Drittel aus Bautechnikern. Von diesen Beamten
mittlerer Kategorie, die als sogenannte „Zangen“ in der Industrie be-
zeichnet und auch gewiss im Staatsdienst dazu benutzt werden, vorzugs-
weise zu arbeiteu und vorzuarbeiten, will ich einmal die Eisenbahnland-
messer etwas näher ins Auge fassen.
Bereits im Jahre 1878 und zwar am 19. December habe ich hier
in diesem Hohen Hause den Antrag gestellt, der Annahme fand und
dahin ging, eine höhere wissenschaftliche und technische
Ausbildung der Feldmesser — so hiessen damals die jetzigen
Landmesser — und eine Organisation des gesammten öffent-
lichen Verm essu ngswesens herbeizufUhren.
Infolgedessen habe ich dann eine Denkschrift ausgearbeitet und
dem Königlichen Staatsministerium unter dem 1. Apiil 1879 überreicht,
dabei aber den Wunsch ausgesprochen, man möge dieselbe keinem
Geringeren als dem Generalfeldmarschall Graf v. Moltke zur Begut-
achtung unterbreiten. Dieser hohe Herr hat dann die Güte gehabt,
sich wohlwollend Uber dieselbe auszusprechen, und das Centraldirectorium
der Vermessung unter dem Vorsitz des Generallieutenants v. Morosowitz
mit der Begutachtung dieser Denkschrift betraut. Es sind in tünf
Sitzungen die Hauptmomente hervorgehobeu, und es würde alles zu
meiner Zufriedenheit ausgefallen sein, wenn nicht in Bezug auf die
Organisation des öffentlichen Vermessungswesens von einem einzigen
Mitgliede dieser Commission aus einer Abtheilung eines Ministeriums,
das nicht näher zu bezeichnen ist, ein sogenannter Ressortneid, wie das
ja so oft der Fall ist, entstand und die Sache zu Fall brachte. Also
eine Organisation ist nicht eingetreten.
Dahingegen ist unter dem 4. September 1882 ein neues Prüfungs-
rcglemeut erschienen, und nach diesem Reglement sind diejenigen Candidaten
der Landmesskunst, welche dieses Fach ergreifen wollen, nach einjähriger
praktischer Ausbildung gehalten, ein zweijähriges akademisches Studium
zu absolviren, und zwar entweder an der hiesigen landwirthschaftlichen
Hochschule oder an der Akademie in Poppelsdorf.
Es war nun höchst- interessant, nach 8 Jahren die Resultate,
welche auf diesen Hochschulen erzielt worden sind, zu erfahren. Es
fand zufällig am 1. Juni vorigen Jahres hier in Berlin eine Versammlung
des Deutschen Geometervereins statt, in welcher die beiden Dozenten
der Geodäsie der gedachten Hochschulen Uber die Resultate berichteten,
die sie in diesen 8 Jahren erzielt haben. Da stellte sich nun bedauer-
licher Weise heraus, dass ein Viertheil, also 25 Procent, der 400 hier
in Berlin geprüften Candidaten nach zweijährigem Studium durch
das Examen gefallen waren, nach den weiteren Ausführungen, die die
Herren machten, vorzugsweise aus zwei Gründen: einmal, weil ihre
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Aus den Verhandlungen des preussischen Abgeordnetenhauses. 243
wissenschaftliche Ausbildung eine mangelhafte sei, und zweitens, weil
es mit der Praxis ebenso stände.
Was die wissenschaftliche Ausbildung anbetrifft, so sind die Candi-
daten verpflichtet, ein Zeugniss der Reife für die Prima eines Gymna-
siums oder von äqualstehenden Anstalten, also eines Realgymnasiums
oder einer Realschule mit neunjährigem Cursus, beizubringen. Darnach
haben sie ein Jahr praktisch zu arbeiten und dann zwei Jahre zu studiren.
Nun erklärten beide Herren einstimmig, dass für die Ansprüche,
die in der Geodäsie, überhaupt in der Mathematik, der Bodenkultur
u. s. w. u. s. w. an der technischen Hochschule gestellt würden, die
wissenschaftliche Vorbildung bis Prima nicht genügte, dass primo loco
das Abiturientenexamen an einer der drei genannten Hochschulen ver-
langt werden müsse. Namentlich führte Professor Vogler von hier aus
bezüglich der 250 Studirenden, die in diesem Augenblick vorhanden
sind, dass, wenn es nur das Primanerexamen sein sollte, in 5 Fächern,
und zunächst in Mathematik, im Deutschen, in einer fremden Sprache,
in Naturwissenschaften und im Zeichnen das Prädicat „gut“ ertheilt
sein müsse. Ja, solch ein Primaner ist mir auch lieber, als ein durch-
gedrückter Abiturient ; und das Abiturientenproletariat, wie es mal ein
hoher Herr bezeichnet hat, würde vielleicht hier unterschlüpfen, als wenn
verlangt und bestimmt wird, dass das Zeugniss für Prima mit diesen
fünf Prädicaten „gut“ erforderlich sei. Dann will ich auf den Antrag,
den ich wiederholt in diesem Hohen Hause gestellt habe, dass das
Primanerzeugniss erfordert werden soll, verzichten.
Es ist ja Ihnen allen bekannt, wie auch bereits im „Staatsanzeiger“
mitgetheilt ist, dass für das Landmesserexamen nur das Zeugniss der
Reife für Prima gefordert werden solle, und zwar wesentlich aus dem
Grunde, weil ein grosser Mangel an Landmessern voihanden sei.
Ich bin fest überzeugt, dass bei dem üeberfluss au Abiturienten,
die nicht wissen, welches Fach sie ergreifen sollen, sich eine grosse
Anzahl dem Studium der Landmesskunst zuwenden würden, sodass der-
Mangel dadurch ausgeglichen wäre.
Also die Ansicht der Herren, welche im „Staatsanzeiger“ diese Be-
fürchtung ausgesprochen haben, kann ich absolut nicht theilen. Das
Abiturientenzeugniss würde den gesummten Landmesserstand heben. Es
würde durch einen zweijährigen längeren Schulbesuch der Charakter
gestählt, und es würden gerade die Fächer, in denen jetzt die Litckeii
vorhanden sind, also im Deutschen in der Ausdrucksweise, in der
Mathematik und so weiter, unter allen Umständen ausgefüllt werden,
wenn die jungen Leute eine volle, abgerundete Bildung mit ins praktische
Leben brächten. Denn, was der Herr Staatsminister v. Gossler hier vor
einigen Jahren ausgesprochen hat bezüglich derjenigen, die von Unter-
nach Obersecunda versetzt werden, und dann abgehen, dass sie nur ein
verkümmertes oder verkrüppeltes Wissen mit auf den Weg nehmen, gilt
16*
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244 Aus den Verhandlungen des preussischcn Abgeordnetenhauses.
auch fUr die, die ein Jahr länger und zwar in Obersecunda, gesessen
haben.
Also primo loco das Abiturienteuexamen, eventuell aber, wenn die
Prüfungscommission für genannte fünf Fächer „gut“ ira Primanerzeugniss
fordert, will ich mich auch fügen, obgleich auch sehr zu wünschen wäre,
dass die jungen Leute noch zwei Jahre auf der Schule blieben und
nicht zu früh in die Praxis träten.
Was nun die praktische Ausbildung betrifft, so ist dieselbe dahin
gesetzlich oder vielmehr reglementarisch geordnet, dass, wenn der junge
Mann die Schule verlässt, er ein Jahr bei irgend einem Landmesser,
sei es bei der Eisenbahn, Generalcommission, oder dem Steuerkataster
in die Lehre geht und gewisse Vorschriften erfüllen muss. Hierzu ge-
hört namentlich, dass er mindestens eine Strecke von 8 Kilometern
nivellirt und profilirt, sowie 100 Ilectar in je zwei zusammenhängenden
Stücken mit den verschiedenen Kulturarten vermessen, kartirt und
berechnet haben muss. Aus den Vorträgen der genannten Herren
Professoren ging aber hervor, dass dies nur ein höchst mangelhaftes,
nur bei wenigen jungen Leuten zutreffendes, wirklich praktisches
geometrisches Arbeiten gewesen ist. Das liegt ja auch auf der Hand.
Der grösste Theil unserer Monarchie ist nur in jedem Kreise mit einem
Landmesser oder Katastercontroleur besetzt. Wer nun bei einem solchen
Katasterbeamten in die Lehre tritt, hat zu grösseren Vermessungen und
Nivellements u. s. w. durchaus keine Gelegenheit, er wird vielmehr bei
vorkommenden kleineren Landtheilungen, bei Anfertigung von Hand-
zeichnungen für das Grundbuch, sowie mit Fortschreibungsarbeiten,
Anfertigung von Auszügen und dergleichen beschäftigt. Besser sind
schon diejenigen Candidaten daran, welche im Westen der Monarchie
bei den Landmessern der Generalcommission, oder bei Katasterneu-
messungen eintreten können; dieses ist aber der geringere Theil.
Meine Wünsche würden nun dahin gehen, dass seitens der Ober-
prüfungscommission, die aus 3 Commissaren besteht, und zwar einem
des Finanzministers, einem des landwirtschaftlichen Ministers und einem
des Herrn Ministers für öffentliche Arbeiten, dass diese drei unter Zu-
ziehung von Sachverständigen, also nicht allein vom grünen Tisch aus,
einmal der Sache näher treten, wie eine bessere praktische Ausbildung
dieser Eleven zu schaffen ist. Da will ich zunächst verlangen, dass,
wenn solche junge Leute bei Katastercontroleuren in die Lehre treten
sie in diesem Lehrjahre wirklich mit geometrischen Arbeiten beschäftigt
werden, dass sie dieselben bei ihrer Anmeldung vorlegen, und dass diese
Arbeiten attestirt werden müssen durch den Vermessungsbeamten, bei
dem sie in der Lehre standen. Das wäre das eine.
Wichtiger aber wäre es doch, wenn die Herren, wie bei anderen
Zweigen, z. B. bei der Justiz, in der Verwaltung, beim Bergbau u. s. w.,
alle Stationen durchmachen. Da wäre eine Station für mich sehr wichtig'.
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Aus den Verhandlungen des preussischen Abgeordnetenhauses. 245
und das ist diejenige bei der Landesvermessung, bei der Triangulirung
von Fixpunkten III. Ordnung. Allen voran stehen die Leistungen, die
seinerzeit der Generalfeldmarschall von Moltke für den grossen General-
stab in Bezug auf das Vermessungswesen ins Leben gerufen hat. Meine
Herren, viele von Ihnen werden wahrscheinlich auf dem letzten Weih-
nachtstisch die Briefe des grossen unsterblichen Mannes gefunden oder
gelegt haben; Sie werden daraus ei sehen, mit welcher Rührung und
welcher Wichtigkeit er das Vermessungswesen in den zwanziger, drei-
ssiger und vierziger Jahren betrieben und was er darüber an seine
Mutter und seine Brüder geschrieben hat. Dieser Mann, der damals
erklärte: da sind 23 OOO Thaler beim Generalstab für das Vermessungs-
wesen, 1 2 000 Thaler für Reisekosten eingestellt, — dieser Mann hat
sich nicht gescheut, im Jahre 1877 800 000 Mark in den preussischen
Etat einzustellen, die wir jährlich noch in das nächste Jahrhundert
hinein zu bewilligen haben. Aber, meine Herren, was damit geleistet
wird, kommt unseren Enkeln und Urenkeln zu Gute. Diese 60 000
Granitsäulen oder Fixpunkte, die in das Feld hineingestellt werden, die
man jeden Moltke nennen sollte, sind Fundamente für eine Landes-
vermessung auf ewige Zeiten. Früher wurden die geometrischen Drei-
eckspunktc abgebrochen, der Punkt ging verloren, und man musste
von neuen messen. Wenn jetzt irgend eine Feldmark aufgetheilt werden
oder ein Nivellement vorgenomraen werden soll, dann nimmt man die
Generalstabskarte, ein Messtischblatt zur Hand, die dazu gehörigen
Tabellen und Bücher, bestimmt die Dreieekspunkte, und nun ist es leicht,
sich zu orientiren und daraufhin die Neumessungen von Feldmarken
rorzuuehmen. Ich meine also, der junge Eleve müsste zunächst mit
den 12 Oberfeuerwerkern, welche jährlich im Frühjahre zur trigono-
metrischen Festlegung der Dreieekspunkte III. Ordnung ins Feld rücken,
auf etwa vier Wochen zugetheilt werden, Winkel beobachten, dieselben
berechnen und den Gebrauch der Theodoliten kennen lernen. Demnächst
hätten dieselben bei den Eisenbahnlandmessern das Nivelliren und die
damit zusammenhängenden Arbeiten auszuführen. Dann wären sie bei
Xeumessungen, sei es beim Kataster, sei es bei den Generalcommissionen,
sei eä bei der Ansiedelungscommission mit dem praktischem Messen und
den damit in Verbindung stehenden Kartirungen, Berechnungen und
Kulturarbeiten möglichst lange, und zwar unter gehöriger Kontrole, zu
beschäftigen und auf die Genauigkeit der geometrischen Arbeiten auf-
merksam zu machen.
Es war ja früher mit den Landesvermessungeu nicht so schlimm;
denn zunächst galt es bei den Separationen nur einzelne Feldmarken
zu vermessen, die für sich ein abgeschlossenes Ganze bildeten. Als
wir aber das Gesetz vom 21. Mai 1861 zur Einführung der Grund-
steuer bekamen, da wurde auf Grund schlechter und guter alter Karten
das neue Kataster angelegt. Da habe ich diese Maassrcgel auch noch
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246 Aus den Verhandlungen des preussischen Abgeordnetenhauses.
nicht l'ilr sehr bedenklich gehalten, da die Grundsteuer amtlich nur
9,57 Procent des Reinertrages, in Wirklichkeit nur etwa 5 Procent beträgt.
Als aber die Grundbuchordnung vom 5. Mai 1872 bestimmte, dass
das Grund Steuer kataster mit seinen mangelhaften Karten und Flur-
büchern die Unterlage des Grundbuches bilden solle, in welches die
Flächen und Werthe des Steuerkatasters anfgenommen werden, da habe
ich gesagt: das ist ein Missgriff; man unterbreitet dem gesicherten
preussischen Hypothekenwesen falsche Unterlagen. Da bin ich eingetreten
für eine Verbesserung des Vermessungswesens. Früher, in den zwanziger
bis dreissiger und vierziger Jahren, musste jeder Baubeamte das Feld-
messerexamen machen, dies war die erste Staffel. Sie mussten sich
dann ein Jahr als Feldmesser bewähren und waren dadurch in den
Stand gesetzt, die geometrischen Arbeiten beim Wege- und Wasserbau
u. s. w. selbst auszuführen. Durch die Bestimmung des Herrn Ministers
v. d. Heydt, im Jahre 1849, der in dem Palais am Wilhelmsplatze
seinen Sitz hatte, wurde diese Bestimmung anfgehoben. Die Gründe
kenne ich nicht, ich nehme aber an, dass Theilung der Arbeit die
Ursache war. Man glaubte vielleicht, die Geometer, die Baubeamten
besser allein und selbständig zu beschäftigen n. s. w. Aber hierdurch
ist gerade der Geometer seinen wissenschaftlich höher ausgebildeten
natürlichen Vorgesetzten entrückt. Er verfiel in die Kategorie der
Gewerbetreibenden, in der er in den fünfziger und sechsziger Jahren,
namentlich durch die Gewerbeordnung von 1869, gestellt war, und er
war nur adhibirter Sachverständiger. Nun aber kam die Sache anders.
In den siebziger und achtziger Jahren entstand immer mehr Mangel an
Landmessern; es wurden auf Grund des Gesetzes von 1861 und später
durch die Gesetze für die neuen Provinzen die Katasterämter einge-
richtet und hierzu eine grosse Anzahl von Landmessern gebraucht. In
den neuen Provinzen wurden Generalcommissionen für die Specialsepa-
rationen gebildet, auch hierzu waren viele Landmesser erforderlich.
Es entstand ein Mangel, und in Folge dessen sahen sich die Ministerien,
denen das Kataster und die Generalcommission unterstellt waren, genüthigt,
eine vollständige Beamtenlaufbahn für die Landmesser einzurichten.
Das Einkommen besteht hiernach bei den jüngeren Leuten in Diäten
von aufsteigender Scala, und dann in festem Gehalt mit Ansprüchen
auf Pension und Wohnungsgeldzuschuss. Diese Einrichtung ist nun
leider beim Ministerium der öffentlichen Arbeiten noch nicht getroffen,
deshalb möchte ich die Bitte aussprechen, dass der Herr Minister im
nächstjährigen Etat auch die Gehaltsverhältnisse der in seinem Ressort
angestellten Landmesser denen der Generalcommissionen und Kataster-
verwaltung gleichstelle. Dort ist das Durchschnittsgehalt 3 150 Mark,
und zwar von 2 400 bis 3 900 Mark; bei dem Herrn Minister der
öffentlichen Arbeiten beziehen die sogenannten technischen Eisenbahn-
secretairc nur ein Gehalt von 2 100 bis 3 600 Mark, also im Durch-
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Aus den Verhandlungen des preussischen Abgeordnetenhauses. 247
schnitt 100 Thaler weniger. Was ist die Folge davon? Zunächst
gehen die Herren zum Kataster, dort ist das schnellste Fortkommen,
dann gehen sie zur Generalcommission und die letzten zur Eisenbahn.
Nun muss doch gewiss von einem Herrn, der so sachkundig, wie
der Herr Eisenbahnminister ist, anerkannt werden, wie wichtig die
Nivellements für die Eisenbahnen sind, wie das Leben vieler Menschen
davon abhängt, dass das Planum ein richtiges ist. Ich habe hier Ende
der siebenziger Jahre Pläne vorgelegt, welche falsche Nivellements
enthielten, und welche falsch in die Grundsteuerkarten eingetragen
waren, wie ferner ein Nivellement bei der neuen Frankfurt-Berliner
Bahn hier eintraf, welches 3 Meter Uber dem Anhaitischen Bahuhofe
sich erhob, während es mit 0 ankommen musste.
Alle solche Sachen sind so wichtig, dass gerade bei den Eisenbahn-
technikern mindestens dieselbe Ausbildung gefordert werden muss wie bei
den mehrfach genannten andern beiden Kategorien, und um so mehr, da
bei dem Examen ja die jungen Leute noch garnicht wissen, bei welcher
Behörde sie Anstellung finden. Ich fordere demnach einheitliche Ausbildung,
einheitliche Gehaltsregulirung, und was die Hauptsache ist, ein Verhältniss,
namentlich bei dem Ministerium der öffentlichen Arbeiten, wie es der
Herr Finanzminister im vorigen Jahre entwickelt hat, dass nur lj3 diätarisch
und 2/3 fest angestellt werde. Jetzt befinden sich z. B. unter den im
Capitel 6 aufgeftlhrten Diätarien eine Anzahl von 168 Landmessern,
die auf Diäten arbeiten, während nur 100 ein festes Gehalt beziehen.
Meine Herren, wenn 2/3 festes Gehalt beziehen sollen und '/3 diätarisch
angestellt werden soll, dann müssen 90 neue Stellen geschaffen werden,
um hier Abhülfe zu schaffen.
Nach diesen verschiedenen Richtungen möchte ich den Herrn
Minister gebeten haben, Wandel zu schaffen.
Hierauf bemerkte der Herr Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:
Meine Herren, auf die eingehenden Ausführungen und Anregungen des
Herrn Vorredners möchte ich nur insofern antworten, als mein Ressort
dabei betheiligt ist. Die Ausbildung und Prüfung der Landmesser
gehört nicht zum Ressort des Ministers der öffentlichen Arbeiten. Deshalb
beschränke ich mich auf die Bemerkung, dass die Frage, welche Stellung
die Landmesser in der Hierarchie der Eisenbahnverwaltung einnehmen
sollen, bereits in Erwägung genommen ist. Ob diese dahin führen
wird, demnächst eine Aenderung in der Stellung und eine Besserung
der äussern Lage der Landmesser herbeizuführen, das kann ich zur
Zeit nicht beurtheilen.
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248
Vereinsangelegenheilen.
Vereinsangelegenheiten.
Der Verein der Landmesser der Generalcommission Münster.
FUr die Leser dieser Zeitschrift, besonders für die bei General-
comraissionen beschäftigten Landmesser wird es von Interesse sein zu
erfahren, dass sich ein Verein der Landmesser der Generalcommission
Münster gebildet hat.
Nachdem schon verschiedene Anregungen zur Bildung eines solchen
Vereins gegeben waren, wurde derselbe am 13. December 1890 be-
gründet und traten am 22. Februar 1891 Vertreter fast aller Stationen
der Generalcommission Münster zur Berathung der Satzungen zusammen.
Nach letzteren „hat der Verein den Zweck des Einzelnen Erfahrungen
auf dem Gebiete des gesammten Vermessungswesens und der Kultur-
teclinik, insbesondere bei den Arbeiten in Auseinandersetzungssachen, der
Gesammtheit nutzbar zu machen, den Geist der Zusammengehörigkeit
zu pflegen und die Rechte und Interessen der Mitglieder (in ihrer Ge-
sammtheit) zu wahren. Die Erreichung dieses Zweckes soll durch Ab-
haltung von Versammlungen und durch Herausgabe von Broschüren,
deren Erscheinen sich nach der Anzahl der eingegangenen schriftlichen
Beiträge regelt, angestrebt werden. Mitglied kann jeder bei einer
Generalcommission beschäftigte Landmesser werden. — In der Regel
sollen im Jahre zwei Versammlungen abgehalten werden. Die Haupt-
versammlung findet im Winter statt. — Der jährliche Beitrag beträgt
5 Mark.“
Bei der Wahl des Vorstandes wurden Oberlandmcsser Schlichter
in Paderborn als Vorsitzender, die Landmesser Haupt in Münster als
Schriftführer, Th. Eichholtz in Lippstadt als Kassirer gewählt.
Die Satzungen sind der hohen Behörde vorgelegt und wurde der
Verein daraufhin durch eine wohlwollende Verfügung sehr erfreut.
Die erste kleine Wanderversammlung fand in Arnsberg am 26. Juli
statt. Der Vorsitzende behandelte in einem Vortrage „Die Beschäftigung
des zweiten Landmessers bei Ausführung des l’lauprojectes“. Auch
andere Fragen sind behandelt. Die Erinnerung an die schönen Stunden
in Arnsberg wird bei allen Fcsttheilnehmern eine bleibende sein. Ebenso
schön verlief die erste Hauptversammlung in Soest am 17. Januar 1892.
Wir entnehmen der sehr umfangreichen Tagesordnung nur, dass über
die Errichtung einer Unterstützungskasse für Hinterbliebene verstorbener
Collegen berathen und diese Angelegenheit einer Commission zur weiteren
Ausarbeitung übergeben ist. Absichtlich hatte der Vorstand die brennende
Tagesfrage der Ausbildung der Landmesser nicht zur Besprechung ge-
stellt, es wurde jedoch durch fast einstimmigen Beschluss auch über diesen
Punkt aufs eingehendste verhandelt und der Vorstand ermächtigt sich
mit dem Vorstande des Deutschen Geometervereins ins Einvernehmen
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Vereinsangelegenheiten.
249
zu setzen. Der Vorstand wurde wiedergewählt. Als Ort fiir die nächste
Wanderversammlung wurde Siegen, für die Hauptversammlung Paderborn
bestimmt. Vielleicht benutzen die Collegen namentlich auch anderer
Generalcommissionen eine dieser Gelegenheiten, um sich von den im
besten Sinne gehaltenen Bestrebungen des Vereins zu Überzeugen. -A.-
Breslau, den 11. Februar 1892.
Bitte
des Schlesischen Landmesser-Vereins um Gleichstellung der im Dienst
der Königlichen Staatseisenbahn - Verwaltung stehenden Landmesser
mit den bei der Kataster- und landwirthschaftlichen Verwaltung an-
gestellten beziehungsweise beschäftigten Landmessern.
Euer Excellenz erlaubt sich der ehrerbietigst Unterzeichnete Vorstand
des Schlesischen Landmesser-Vereins Nachstehendes einer hochgeneigten
Prüfung und wohlwollenden Berücksichtigung gehorsamst zu unterbreiten:
Bei der Königlichen Staatseisenbahn-Verwaltung sind zur Zeit 270
Landmesser beschäftigt, von welchen 96 oder 35,6 °/0 eine etatsmässige
Stelle mit der Amtsbezeichnung „technischer Eisenbahn-Secretair“ inne
haben. Bei der Kataster-Verwaltung sind 75 °/0 und bei der landwirt-
schaftlichen Verwaltung 66,7 °/0 aller beschäftigten Landmesser in etats-
mässigen Stellen. Während bei den letztgenannten Verwaltungen das
Anfangsgehalt 2400 Mark und das Höchstgehalt 3900 Mark beträgt,
beziehen die als technische Secretaire angestelhen Landmesser der Eisen-
bahn-Verwaltung ein Anfangsgehalt von 2100 Mark und ein Höchstgehalt
von 3600 Mark, obwohl die Anforderungen bezüglich der Vorbildung
und der Leistungen, wenngleich bei den letzteren in verschiedenen Rich-
tungen, bei allen in den einzelnen Staatsdienstzweigen beschäftigten
Landmessern dieselben sind.
Zur Kennzeichnung der bei der Staatseisenbahn -Verwaltung herr-
schenden Anstcllungs und Besoldungs-Verhältnisse der Landmesser möge
der Eisonbahn-Directionsbezirk Breslau gewählt sein, welcher in dieser
Beziehung unseres Erachtens noch zu einem der für die Landmesser
günstigeren gezählt werden darf.
Es sind in diesem Bezirk im Ganzen beschäftigt 32 Landmesser,
von welchen 12 sich in etatsmässigen Stellen, 4 in Stellen für Anwärter
zum technischen Eisenbahn-Secretair befinden und 16 gegen Tagesbesol-
dung arbeiten.
Diese 12 Angestellten beziehen folgende Einkünfte:
1 bei einer Dienstzeit v. 41 Jahren 3600 <M Gehalt, 432 dl Wohnungsgeldzu-
seh uss = 4032,0 M
* » r, n r :i^> „ n ^ an -^8*2,0 „
2 70Ö0JC Gehalt, 86iJ( Woh-
nungsgeldzuschuss = 7914, Oo/jf
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250
Vereinsangelegenheiten.
Uebertrag:
2 7050 «/# Gehalt, 864 «/# Wolmungsgeldzu-
schuss = 7914,0«/#
1 bei einerDienstzeit v. 26 Jahren
3400«/# Gehalt, 360,/#
rt
=3760,0
77
1 »
n
n
7t
29
7)
3300
7)
7t
432
77
77
= 3732,0
77
1 „
rt
77
7t
18
7t
3200
7t
7t
432
n
77
= 3632,0
77
1 »
rt
7 )
7)
16
7t
3200
7t
7t
432
7)
77
= 3632,0
77
1 *
rt
7)
7t
20
7t
3150
7)
rt
360
7i
77
= 3510,0
77
1 n
77
n
7)
19
7)
2850
rt
rt
360
rt
77
= 3210,0
77
1 n
rt
n
7t
17
J»
2550
7t
rt
432
Tt
71
= 2982,0
77
1 n
77
Ti
7)
18
7t
2100
77
rt
432
7t
77
= 2532,0
77
1 „
77
7)
7t
17
7)
2100
rt
7?
360
n
77
= 2460,0
rt
1 „
77
7)
7t
13
7t
2100
rt
7)
360
rt
77
= 2460,0
77
12 35000*/# Gehalt, 4824 J(, Woh-
nungsgeldzuschuss.
Die 4 Anwärter beziehen:
1 bei einer Dienstzeit von 11 Jahren 2100 «/£ Jahresbesoldung == 2100, 0*,-#
1
7t
rt
77
77
10
77
2100
77
77
= 2100,0 „
1
77
77
77
77
8
77
2100
77
77
= 2100,0 „
1
77
77
7t
77
7
77
1800
77
77
= 1800,0 „
4
8100,/# Jahresbesoldung
• 47924,0 Jt
Von
den gegen Tagesbesoldung Beschäftigten beziehen:
1 bei
einer Dienstzeit
von 24 Jahren 8,0 «/# Tagesbesoldung
= 2920,0 ^#
1
r
7?
75
77
22
77
8,0
77
77
= 2920,0 „
1
77
77
77
77
9
77
8,0
77
77
= 2920,0 „
2
rt
rt
rt
77
4
77
8,0
77
77
= 5840,0 „
3
77
rt
77
77
1
77
8,0
77
77
= 8760,0 „
1
77
77
77
77
24
77
7,5
77
7t
= 2737,5 „
1
rt
77
77
77
7
77
7,5
77
77
= 2737,5 „
3
rt
77
77
rt
1
77
7,5
77
77
= 8212,5 „
1
rt
7)
77
77
2
77
7,0
77
77
= 2555,0 „
2
rt
7)
77
77
1
77
7,0
77
77
= 5110,0 „
16
Zusammen
92636,5 «/#
Diesen Betrag von
92 636,5
</# leistet
die Staatseisenbahn-Verwal-
tung
an
Besoldungen für die
im
Directionsbezirk Breslau
beschäftigten
Landmesser.
Aus vorstehender Zusammenstellung erhellt zugleich wie ungleieh-
mässig die Besoldungen im Verhältnis zum Dienstalter sind.
Werden die voraufgeftlhrten Besoldungen als Verhältniss für alle
im Staatseisenbahndienst vorhandenen Landmesser zu Grunde gelegt, so
ergeben sich die vom Staate zu zahlenden Besoldungen wie folgt:
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Vereinsangelegenheiten.
251
Angestellte Landmesser, Gehalt 35000-96
12
Wohnungsgeld-Zuscliuss. . . 4824-96
12
280 000,00 J(
38 592,00 „
Anwärter zum technischen Eisenbahn-Se-
cretair und gegen Tagesbesoldung
beschäftigte Landmesser 52 812,5-174
2(j— = 4o9 468,<o „
Zusammen... 778 060,75 dt
Wird eine Regelung der Besoldungs- und Anstellungs- Verhältnisse
der zur Zeit im Dienst befindlichen Eisenbahn-Landmesser nach Maass-
gabe der bei den übrigen Verwaltungen bestehenden Grundsätze ange-
nommen, so würde folgende Eintheilung stattfinden:
a. Etatsmässige Beamte:
1 höherer Ministerial-Beamter mit einem Durch-
schnittsgehalt von 6000 dt — 6000 dt
11 Oberlandmesser bei den Eisenbahn-Directionen
mit einem Durchschnittsgehalt von 4800 „ = 52800 „
168 Eisenbahn - Landmesser mit einem Durch-
schnittsgehalt von 3150 „ = 529200 „
Wohnungsgeld -Zuschuss für 180 Beamte
durchschnittlich 400 „ = 72000 „
b. Gegen Monatsremuneration
beschäftigte Landmesser.
90 Landmesser mit einer Durchschnittsbesoldung von 1920 c/# = 172800 c/#
Zusammen . . . 832800 c Al
Dem Eisenbahnfiscus würde hiernach eine Mehrausgabe an Besol-
dungen von jährlich 54 739,25 dt oder rund 7 °/0 erwachsen.
Wenn nun auch nicht zu verkennen ist, dass eine derartige Mehr-
belastung des Eisenbahnetats bezüglich einer Beamten - Kategorie unter
den gegenwärtigen Verhältnissen ins Gewicht fällt, so darf doch wohl
angenommen werden, dass die Vortheile, welche eine Regelung der Be-
soldungs- und Anstellungs -Verhältnisse der Eisenbahn - Landmesser mit
sich bringen wird, die vom Eisenbahnfiscus zu bringenden Opfer in den
Hintergrund drängt.
Zu diesen Vortheilen gehört in erster Linie, dass den einzelnen
Eisenbahn-Directionen tüchtigere Kräfte zugeführt werden.
Unter den bei der Eisenbahn-Verwaltung obwaltenden Verhältnissen
hält es schwer, tüchtige jüngere Landmesser für den Eisenbahndienst zu
gewinnen, da ihnen bei den anderen Staatsverwaltungen feste, ihre Zu-
kunft sichernde Stellungen in Aussicht stehen. Ein fernerer Vortheil
wird darin bestehen, dass der unliebsame stetige Wechsel des Landmesser-
Personals bei der Eisenbahn durch die Aussicht auf spätere Anstellung
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252
Vereinsangelegenheiten.
sein Ende erreichen wird. Auch in persönlicher Beziehung würde durch
die Regelung der Anstellungs- und Besoldungs- Verhältnisse Abhilfe ge-
schaffen werden, da alsdann derartige -Ungleichheiten, wie sie in der
Anfangs aufgestellten Nachweisung in Bezug auf die Beschäftigungsdauer
und Besoldung zu Tage treten, nicht mehr Platz greifen können.
Wenn gelegentlich der dieser Art erwünschten anderweitigen Rege-
lung der Anstellungs- und Besoldungsverhältnisse der Eisenbahn -Land-
messer auch darauf Rücksicht genommen würde, dass aus der Amts-
bezeichnung derselben ihre Eigenschaft als Landmesser erkennbar bleibt,
so würde damit einem lang gehegten Wunsche des Landmesserstandes
entsprochen werden.
Da es nun den Eisenbahn- Landmessern in ihrer Gesammtheit mit Rück-
sicht auf ihre Beamtenstellung nicht zukommt, eine allgemeine Bitte zum
Vortrag zu bringen, so hat die am 7. Februar d. J. stattgehabte Haupt-
versammlung des Schlesischen Landmesservereins sich für verpflichtet
gehalten, im Interesse der Eisenbahn -Landmesser vorzugehen und aus
diesem Grunde erlaubt sich der gehorsamst Unterzeichnete Vorstand an
Eure Excellenz die Bitte zu richten, nach Prüfung des Vorgetragenen
hochgeneigtest dahin wirken zu wollen, dass die bei der Königlichen
Staatseisenbahn-Verwaltung angestellten und zur Anstellung gelangenden
Landmesser künftighin die Amtsbezeichnung „Eisenbahn -Landmesser“
führen dürfen und dass die Anstellungs- und Besoldungs-Verhältnisse der-
selben nach denselben Grundsätzen, welche bei der Kataster- und land-
wirtschaftlichen Verwaltung maassgebend sind, geregelt werden.
In tiefster Ehrerbietung Euer Excellenz gehorsamster
Vorstand des Schlesischen Landmesservereins.
gez. Fuchs.
An
«len Königlichen Staatsminister und
Minister der öffentlichen Arbeiten
Herrn Thielen
Excellenz
Berlin.
Schlesischer Landmesserverein.
Bericht des Vorstandes Uber das erste Vereinsjahr 1891/92.
In der constituirenden Hauptversammlung am 8. Februar 1891 hatten
49 Collegeu ihren Beitritt zu dem nenbegründeten Verein erklärt. Im
Laufe der nächsten Wochen traten noch 39 Collegen hinzu, in Folge
dessen der Verein am 1. April 1891, nachdem leider der College
Schwalenberg gestorben war, 87 Mitglieder zählte. Im Laufe des
Jahres sind 12 Mitglieder eingetreten und 2 ausgeschieden, so dass zur
Zeit dem Verein 97 Collegen angehören, von denen 31 bei der Kataster-
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Vereinsangelegenheiten.
253
Verwaltung, 30 bei der Generalcommission, 21 bei den Eisenbahnen, 3
im Communaldienst und 12 privatim arbeiten.
Das Vereinsleben war ein recht reges. Ausser den beiden Haupt-
versammlungen wurden 11 Monatsversamrolungen abgehalten, die durch-
schnittlich von 20 Mitgliedern und einigen Gästen besucht waren. Ein
Vortrag Uber Präcisionsmessungen und ein solcher über Rentenguter und
zahlreiche Besprechungen Uber Fachangelegenheiten belebten diese Mo-
natsversammlungen. Ein besonders durch die liebenswürdigen Bemühun-
gen des Collegen Strocka gut gelungener Sommerausflug mit Damen
nach Trebnitz trug dem Bedürfniss der Fachgenossen nach geselligem
Vergnügen Rechnung. Die am 24. Mai 1891 stattgehabte, von 40 Mit-
gliedern besuchte zweite Hauptversammlung beschäftigte sich zuerst mit
der Ausbildungsfrage und erkannte allgemein als erstrebenswerth au,
dass zur Landmesserlaufbahn nur solche junge Leute zugelassen werden
sollten, welche das Reifezeugniss einer neunklassigen Schule erworben
hätten. Die für die Hauptversammlung des deutschen Geometervereins
am 1. Juni gewählten Delegirten wurden aufgefordert, diese Ansicht in
Berlin zu vertreten, ferner aber auch den Deutschen Geometerverein
einzuladen, seine nächste Hauptversammlung in Breslau abzuhalten. Bei
den nächsten Monatsversammlungen konnten die Delegirten denn auch
berichten, dass der Deutsche Geometerverein beschlossen habe, das nächste
Mal, voraussichtlich 1893, nach Breslau zu kommen. Der Vorstand hat
es sich angelegen sein lassen, sofort schon Vorkehrungen einzuleiten,
um seinerzeit den Hauptverein würdig aufnehmen zu können.
Die Verhandlungen bei der Versammlung des Deutschen Geometer-
vereins in Berlin sind unsern Vereinsmitgliedern bekannt.
ln den letzten Monaten hat der Vorstand mit dem „Nordstern“,
Lebens, Unfall- und Alters -Versicherungs-Actien- Gesellschaft zu Berlin,
zwei Verträge vereinbart und abgeschlossen, inhalts deren die Gesellschaft
den Mitgliedern des Schlesischen Landmesservereins beim Abschluss von
Versicherungen folgende Vortlieile zubilligt.
1) Die Policegebühren und die Kosten für die ärztliche Untersuchung
trägt der „Nordstern“.
2) Es werden die tarifmässigen Prämien
a. bei Unfallversicherungen um 5 °/0,
b. bei Lebensversicherungen auf den Todesfall um 3®/0,
c. bei Aussteuer-, Alters- oder Leibrenten Versicherungen um 2%
ermässigt, so lange als der betreffende Versicherte Mitglied
des Schlesischen Landmesservereins bleibt.
Da der Vorstand sich im übrigen davon überzeugt hat, dass die
Prämientarife und die Versicherungsbedingungen des „Nordstern“ ins-
besondere bezüglich der Unfall- Versicherung günstigere sind als bei an-
deren Versicherungsanstalten, empfiehlt er den Vereinsmitgliedern, ihre
etwaigen Versicherungen möglichst beim „Nordstern“ zu nehmen. Jede
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254 Vereinsangelegenheiten.
■weitere Auskunft ertheilt Herr Versicheruugs-Inspector Ritter in Breslau,
Sadowastrasse 84.
Es bleibt noch zu berichten über den Verlauf der dritten Haupt-
versammlung. Dieselbe wurde am 7. Februar Mittags 12 Uhr im Vereins-
locale abgehalten und war von 35 Mitgliedern und 4 Gästen besucht.
Den Mittheilungen des Vorstandes Uber die bisherige Vereiusthätigkeit
folgte der Kassenbericht des Rechnungsftthrers. Derselbe ergab, dass
der Verein pro 1891 = 655,95 dl ordentliche Einnahmen und 266,12 dl
Ausgaben und somit am Jahresschluss einen Kassenbestand von 389,83 dl
gehabt hat, welch letzterer zum grössten Theil in einem Sparkassenbuch
angelegt ist. Der Voranschlag für das Rechnungsjahr 1892 schliesst
mit einem voraussichtlichen Ueberschuss von 390,00 dl ab. Die vom
Vorstand ernannten und von der Versammlung nachträglich bestätigten
Rechnungsrevisoren, Collegen Zedier und Engelmaun haben die
Jahresrechnung geprüft und für richtig befunden. Die Versammlung
ertheilte demgemäss dem Vorstande Decharge.
Bei der darauf folgenden Neuwahl des Vorstandes und der Rech-
nungsrevisoren wurden Collegen Fuchs zum Vorsitzenden, Nowak zu
dessen Stellvertreter, Tischer zum Schriftführer, Hartmann zu dessen
Stellvertreter, Berger zum ReclmungsfUhrer, Stangen und Engel-
mann zu Beisitzern und Zedier und Balthaser zu Rechnungsrevi-
soren gewählt.
Demnächst wurde Uber eine an den Herrn Minister der öffentlichen
Arbeiten abzusendende Petition, betreffend die Gehalts- und Anstellungs-
verhältnisse der Eisenbahn-Landmesser berathen. Die Versammlung er-
mächtigte einstimmig den Vorstand, die von ihm vorbereitete Bittschrift
zur Absendung zu bringen. Dies ist am 11. Februar geschehen. Dem
Hauptverein und den anderen Zweigvereinen wird eine Abschrift der
Bittschrift zugehen. Einige wenige Exemplare können auf besonderen
Wunsch einzelnen Vereinsmitgliedern abgegeben werden. Bei der Be-
sprechung Uber die Vorbildung zum Landmesserberuf wurde nach langer
Debatte beschlossen, dass eine Commission, bestehend aus dem Vorstande
•und den Collegen Tiesler, L. Weber, Wisselinck, Zedier und
Rath eine der nächsten Hauptversammlung zur Beschlussfassung vor-
zulegende Resolution, betreffend die Ausbildungsfrage vorberathen und
sämmtlichen Vereinsmitgliedern vor der Hauptversammlung zur Kenntniss
bringen solle.
Bezüglich der für 1893 in Aussicht genommenen Hauptversammlung
des Deutschen Geometervereins wurde beschlossen, die Vorstandschaft
des Hauptvereins zu ersuchen, von einer diesjährigen geschäftlichen Ver-
sammlung Abstand zu nehmen und an der für 1893 in Aussicht genom-
menen Hauptversammlung in Breslau festzuhalten. Für den Fall, dass
deunoch eine Versammlung des Hauptvereins in diesem Jahre stattlinden
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Person alnachrichten.
255
sollte, wird Herr Rechnungsrath Tiesler in Oels zum Delegirten
gewählt.
Das sehr sorgfältig bearbeitete Referat des Collegen Balt baser
über die Beamtenqualität der gewerbetreibenden Landmesser legte in
erschöpfender Weise dar, dass nach den bestehenden Gesetzen und mini-
steriellen Erlassen allen vor dem 9. Juni 1883 vereideten Feldmessern
wohl die Staatsbeamtenqualität beiwohne, aus derselben allein aber ein
Recht auf das Communalsteuer-Beneficium nicht herzuleiten sei, dasselbe
vielmehr nur denjenigen Landmessern zustehe, welche fixirte Diäten aus
der Staatskasse beziehen.
Im Interesse der intensiveren Verwaltung unserer besonders durch
ein grösseres Btichergeschenk des Herrn Rechnungsrath Haelschner
schon recht umfangreich gewordenen Vereinsbibliothek beschloss ferner
die Hauptversammlung folgende Abänderung der Vercinssatzungen :
Der Schlusssatz des § 12, welcher von der Thätigkeit des Schrift-
führers handelt, lautet in Zukunft:
„und führt namens des Vorstandes die Oberaufsicht Uber die
Vereinsbibliothek“.
Ein neu eingeschalteter § 12 a lautet „die Vereinsbibliothek wird
durch den von der Hauptversammlung zu ernennenden Vereinsbibliothekar
verwaltet“.
Demgemäss wurde von der Versammlung der College Schmidt
zum Bibliothekar ernannt. Endlich wurde als Ort der nächsten Haupt-
versammlung wieder Breslau gewählt. Der nahezu vier Stunden wäh-
renden Verhandlung folgte ein gemeinsames Mittagessen.
Der Vorstand Ubergiebt den vorstehenden Jahresbericht den Vereins-
mitgliedern mit dem Wunsche, dass jedes einzelne auch fernerhin bei-
tragen möge, durch rege Betheiligung an den Versammlungen die Zwecke
unseres so schnell zur BlUthe gelangten Vereins zu fördern.
Breslau, den 15. Februar 1892.
Fuchs, Vorsitzender. Tischer, Schriftführer.
Personalnachrichten.
Neue geodätische Professur.
An der landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin hatte sich in
den letzten Jahren die Zahl der studirenden Landmesser derart ver-
grössert, dass neben dem bisherigen Professor der Geodäsie eine zweite
geodätische Lehrkraft dringend erwünscht erschien. Im Etat der laud-
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256
Personalnaehrichten.
wirthschaftlichen Verwaltung fUr 1891/92 wurde deshalb dem Landtag
die Errichtung einer neuen Professur vorgeschlagen, und nach
ihrer Bewilligung Herr Landmesser Ernst Hegemann mit dem 1. April
d. J. zum zweiten etatsmässigen Lehrer für Geodäsie berufen und ihm
zugleich der Professortitel verliehen. Herr Professor Hegemann, ein
Schüler Helmert’s, seit 1886 Assistent für den geodätischen Unterricht
an der landwirthschaftlichen Hochschule, seit 1888 Mitglied der Prüfungs-
commission für Landmesser zu Berlin, hat in den letzten Jahren zwei
vortheilhafte Anerbietungen, darunter eine Stelle rein wissenschaftlichen
Charakters in einem Nachbarlande, ausgeschlagen und ist nunmehr dem
Unterrichte der jungen preussisehen Landmesser dauernd gewonnen.
Am 1. April ist ein Vermessungsamt für den Stadtkreis Remscheid
errichtet, dessen Leitung dem Landmesser Hark sen übertragen ist.
Königreich Preussen. Finanzministerium. Die Kataster-
Controleure Bigge in Belzig, Dreihus in Eupen, Frederkingin
Witzenhausen, Hayn in Bunzlau, Lehmann in Erkelenz, Prell in
Düren, Schmeisser in Hersfeld und Worgitzky in Ohlau sind zu
Steuerinspectoren ernannt worden.
Königreich Bayern. Der erledigte Messungsbezirk Winnweiler
(Pfalz) wurde dem Kreisgeometer Philipp Schmidt in Speyer übertragen.
Königreich Sachsen. Durch den Rath der königl. Haupt- und
Residenzstadt Dresden ist dem Vermessungsingenieur Karl Ferdinand
Thomas der Amtstitel: „Vermessungsinspector“ verliehen worden.
Inhalt.
Grössere Mittheilungen : Das Grundbuch im Entwurf eines bürgerlichen Gesetz-
buches für das Deutsche Reich, von C. Steppes. — Die Landmesser im Dienste
der Stadt Köln, von Behren. — Aus den Verhandlungen des preussisehen Abge-
ordnetenhauses über den Entwurf des Staatshaushaltes für 1892/93. — Vereins-
angelegenheiten. — Unterricht und Prüfungen. — Personalnaehrichten.
Verlag von Konrad Wittwer. Stuttgart. — Druck von Gebrüder Jänecke
In Hannover.
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257
ZEITSCHRIFT fob VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und O. Steppes,
Professor in Hannover, Steuer-Rath in München.
1892. Heft 9. Band XXI.
^ 1. Mai.
Einsinken der Nivellirinstrumente und der Latten.
Die einseitigen Nivellirfehler, welche beim Hin- und Zurlick-Nivel-
liren sich zeigen, sind von dem Einsinken der Nivellirapparate, sei es
der Instrumentenstative oder der Latten abhängig. Es kann zwar Vor-
kommen, dass auf elastischem Boden Hebungen statt Senkungen Vor-
kommen und die einseitigen Nivellirfehler können auch andere Ursachen
haben; allein die Senkungen mtlssen jedenfalls in Betracht genommen
werden.
Wir haben einige Erfahrungen hierüber gesammelt und verweisen
hierzu auch auf das Werk „Lever des plans et nivellement, par Andrd
Pelletan et Charles Lallemand“, Paris 1889, S. 521.
Fig. 1.
Senkung o des Kivelltrinstruments und Senkung 1 der Latte.
Das Einsinken auf dem Nivellirwege giebt immer Fehler in dem-
selben Sinne, nämlich so dass der nivellirte Höhenunterschied zu
gross erscheint, sei es dass das Stativ mit seinen Fussspitzen einsinkt,
oder dass die Latten selbst mit ihren Fussplatten sich senken.
Wir wollen dieses an Fig. 1 deutlicher zeigen: Es werde von A
nach B und C mit den Instrumentenstellungen J, und J2 nivellirt und
zwischen A und B finde eine Stativsenkung o statt, in der Zwischenzeit
zwischen der RUckwärtsablesung rY auf A und der Vorwärtsablesung i\
Zeitschrift für Vermessungs wesen. 1892. Heft 9. 17
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258 Jordan. Einsinken der Nivellirinstrnmente and der Latten.
auf B] dann wird die Vorwärtsablesung üj um den Betrag o zu klein,
und statt rx — vx bekommt man rx — (»j — o) = rx — vt -j- a, d. li. man
bekommt um a zu viel.
Als zweiten Fall nehmen wir an, dass in der Zwischenzeit zwischen
den Instrumentenaufstellungen Jt und J2 sich die Latte B um den
Betrag k gesenkt habe, dann wird die RUckwärtsablesung r2 um k zu
gross, und r2 — t>2 wird in r2 + X — c2 = r2 — »2 -j- k Ubergehen, d. h.
man bekommt abermals zu viel.
Im Falle von Fig. 1 haben wir also:
richtiger Höhenunterschied h = rx — vx -f- r2 — »2
falscher Höhenunterschied h' —rx — vx + o + r2 — t>2 -f~ k
Wirkung der Senkungen K — h = a -\-k = z
dabei soll -c die Gesammtwirkung aller Senkungen bedeuten. (1)
Wenn der Nivellirweg nicht steigt, wie in Fig. 1 angenommen, son-
dern fällt, so bleibt die Gleichung (1) doch gültig, wenn man nur immer
h und K im algebraischen Sinne richtig rechnet, d. h. ein Gefälle als
negative Höhe behandelt.
Wenn eine Linie hin und her, oder als geschlossene Schleife ni-
vellirt wird, gilt die Gleichung (1) in dieser Weise:
Es sei I der nivellirte Höhenunterschied des ersten Nivellements
im Sinne des Nivellirweges, also bei Steigung sei I positiv, bei Gefäll
negativ, und II sei der entsprechende Werth des Gegennivellements.
Dann ist die Differenz:
I — II = d — -f- 2 t (2)
wenn t der Einfluss der Senkung für e i n Nivellement ist. Die Nivellir-
fehler selbst sind hierbei nicht berücksichtigt.
Auf einem Nivellirwege von A nach B bezeichnet I den Höhen-
unterschied von A nach B, d. h. es sei I positiv wenn B höher als A
liegt und negativ wenn B tiefer als A liegt, z. B. sei 1= 4- 25,737 m,
wenn B um 25,737 m höher als A hegt. Nivellirt man von B nach A zurück,
so wird man im Feldbuche einen negativen Werth ausrechnen, etwa
— 25,714 m, wofür wir aber schreiben wollen II = + 25,714 m und
dann I — 11= -f 23 mm, d. h. die Gleichung I — II = d soll so ver-
standen werden, dass die Vorzeichen der Nivellements I und II beide
in demselben Sinne gezählt werden wie bei I.
Beim Nivelliren eines geschlossenen Polygons wollen wir alle Höhen
in demselben Sinne rechnen, in welchem der Nivellirweg durchlaufen
wurde und dann werden die Senkungen einen positiven Schlussfehler
erzeugen (abgesehen von den eigentlichen Nivellirfehlern selbst). Mau
kann auch jedes Hin- und Her-Nivelliren als ein geschlossenes Schleifen-
nivellement ansehen, z. B. das vorige, von A nach B -f- 25,737 m
und von B nach A — 25,714 m giebt den Schleifenanschlussfehler
to = 4- 25,737 m — 25,714 m = 4- 23 mm wie vorhin.
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Jordan. Einsinken der Nivellirinstrumente und der Latten.
259
Ein erstes schlagendes Beispiel für die Wirkung des Einsinkens
habe ich 1881 auf dem Nivellement Strassburg-Alexanderschanze gefunden
(8.Zeitsehr. f. Verm. 1882, S. 300). Es wurde bei schwachem Regen, der
in optischer Beziehung gar nicht störend war, im Gegentheil ganz ruhige
Bilder abzulesen gestattete, dabei aber auf regendurchweichter Land-
straese, nivellirt und beim Rticknivelliren folgende ganz bedeutende Diffe-
renzen gefunden:
Bolzen Entfernung Niv. I Regen Niv. II trocken I — II = d
(6640)
2,0 km + 25,737 m + 25,714 m -)- 23 mm
(6641)
2,0 km -f 31,835 m + 31,816 m + 19 mm (3)
(6642)
2.0 km + 40,618 m + 40,604 m +14 mm
(6643)
6.0 km + 98,190 m . + 98,134 m -(-56 mm
Nivellement I geht von (6640) bis (6643) mit Steigung von 98,190 m
und II geht zurück von (6643) bis (6640) mit Gefäll von 98,134 m;
wir behalten jedoch das Vorzeichen von I bei und rechnen d — + 98,190m
— (+ 98,134 m) = + 56 mm.
Betrachtet man diese Differenz + 56 mm als alleinige Wirkung der
Einsenkungen auf der durchweichten Strasse, so findet man:
I Kg
t = — - — = 4- 9,3 mm auf 1 km. (4)
o
Als praktisches Nivellementsergebniss müsste natürlich all dieses
verworfen werden, jedoch als Versuch bei aussergewöhnlichen Verhält-
nissen scheint uns dieser Fall von Interesse. Die Ergebnisse des wirk-
lichen Nivellements auf trockener Strasse für jene Strecke sind ver-
öffentlicht in „Nivellements der trig. Abth. d. Landesaufnahme, V. Band,
1883“, S. 105, und die „grossh badischen Hauptnivellements“, 1885,
S. 28, dieselben zeigen bei 57 km Entfernung und 829 m Höhenunter-
schied keinen auf Senkungen t hindeutenden Verlauf der Differenzen d.
Die Schweizerischen „Nivellements de precision“ von Hirsch und
Plantamour haben sich mehrfach mit dem Einfluss der Senkung (tassement)
der Nivellirapparate beschäftigt. Die 6. Lieferung, 1877, S. 422 — 426
erwähnt zuerst ein solches Einsinken schon als Gitat aus der ersten
Lieferung 8. 59 (1867), wo zum Chasseral Uber eine Wiese nivellirt
wurde und Einsinken beobachtet wurde.
Weiter giebt die 6. Lieferung, 1877, 8. 422 — 426, ein Polygon
Zürich- Steckborn -Sargans-Pfaffikon- Zürich von 275 km Umfang in 40
Theilstrecken, deren Differenzen im Sinne der obigen Gleichung (2)
genommen, zum grössten Theil positiv sind, nämlich 30 positiv, 8 negativ
und 2 Null. Dabei ist zu beachten, dass diese Schweizer Mittheilung
17 *
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260 Jordan. Einsinken der Nivellirinstrumente und der Latten.
d = II — I zählt, also umgekehrt im Vergleich mit unserer Annahme (2),
dass dabei aber die Vorzeichen von II und I nicht im Sinne von I,
sondern im Sinne von II genommen sind, so dass im Vergleich mit
unserer Annahme (2) zweifacher Zeichenwechsel stattfindet, also unsere
Gleichung (2), nämlich d = -j-2t, doch wieder gilt.
Die Schlussfehler, im Sinne der Nivellirwege gerechnet, sind bezw.
+ 0,219 m und + 0,029 m, im Mittel 0,124 m , was auf 275 km
geben würde:
t == 4- 0,45 mm auf 1 km (5)
275
■wobei der ganze Schlussfehler als Ergebniss der Senkungen angenommen
ist, also die Nivellementsfehler selbst ausser Betracht gelassen werden.
Noch eingehender beschäftigt sich die 9. Lieferung der Schweizer
„nivellements de precision“ 1891, S. 603 u. ff., mit der Frage der Sen-
kungen, indem die Nivellements-Netzausgleichung mit Rücksicht hierauf
geführt wird. Nach S. 604 — 607 werden 3 Arten von Nivellirfehlern
behandelt.
1) Zufällige Nivellirfehler Ai x\/ k
wobei k die nivellirte Länge und x der mittlere Fehler für die Längen-
einheit, also x mm für k = 1 km.
2) Lattenunsicberheiten ± y H
wobei y mm für H = 1 m.
3) Senkungseinflüsse — z k
wobei — z mm die Correction auf k = lkm im Sinne des Nivellirweges
gerechnet ist.
Wenn ein Höhenunterschied H von A nach B nivellirt = Uv er-
halten wurde und ein zweites Mal in demselben Sinne von A nach
B nivellirt, — H2, so wird gesetzt:
1 ff = -ET, ± xx 1/ k ± yi H — zt k
H — H2 ± x2 ]/ k ± y2 II — z2 k
d = Hy — H2 = A x\/ 2\/ k Ay\f2H Az]/ 2k (zweimal hin). (6)
Wenn dagegen H2 im entgegengesetzten Sinne von Hx nivellirt
wurde, so wird genommen:
d — H\ — H2 — dz x ]/ 2 ]/ k ±y\/2H-\-2zk (hin und her). (7)
Dabei gilt x als ein Mittelwerth von Xi und x2, y als ein Mittel-
werth von yx und y2 und ebenso z als ein Mittelwerth von zx und z2,
wobei wir jedoch die Bemerkung machen müssen, dass in der Gleichung
(6) das letzte Glied ± 2 ]/ 2 k nach unserer Ansicht nicht richtig ist
und besser = Null gesetzt würde.
Die drei Constanten x, y, z werden nun aus zahlreichen Doppel-
nivellirungen ermittelt nach einer Theorie von Helmert, Uber welche
wir früher in dieser Zeitschrift 1885, S. 44 — 47, berichtet haben. Hier
interessiren uns die Schweizer Doppelnivellements namentlich in Hinsicht
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Jordan. Einsinken der Nivellirinstrumente und der Latten. 261
auf die Bestimmung der Senkungsconstanten x (entsprechend t in unserer
Gleichung 1).
Auf 8. 608 der 9. Lieferung sind 17 Linien mit Doppelnivellement
in demselben Sinne angegeben, wobei die Differenz II — I = d in 7
Fällen positiv und in 10 Fällen negativ ist, so dass also ziemlich gleiche
Yertheilung stattfindet. Dagegen auf 8. 609 sehen wir 32 Linien hin
und her nivellirt, wobei d = II — I im Vorzeichen — bedeutend über-
wiegt, es ist nämlich 22 mal — , 1 mal Null und 9 mal +. Dabei
haben diese d — II — I umgekehrte Bedeutung im Vergleich mit unseren
früheren d — I — II nach der Gleichung (2).
üm eine erste Näherung für z zu erhalten, bilden wir aus jenen
32 Werthen von 8. 609 der 9. Lieferung einen Auszug, indem wir nur
diejenigen Werthe nehmen, bei welchen k grösser als 10 km, H kleiner
als 100 m und 2 h kleiner als 200 m ist. Dadurch wurde erhalten :
II — I k H 2 h
Genf-Nyon — 40 mm 24 km 1 m 50 m
Nyon-Morges 0 „ 27 „ 1 , 124 „
Ouchy-Morges — 10 „ 11 „ 38 „ 83 „
Pfäffikon-Zürich — 15 , 33 „ 8 „ 103 „
Steckborn-Constanz . — 6 „ 16 „ 2 „ 23 „
Constanz-ßheineck . — 69 , 45 „ 5 „ 109 „
Sargans-Landquart . — 23 „ 15 „ 17 „ 90 „
— 163 mm 171 km
I — II = 4- 163 mm auf 171 km.
Wenn man diese 163 mm auf 171km Entfernung lediglich als Er-
gebniss der Senkungen auffassen wollte, so würde man finden:
-f 163
171
■ 0,95 mm auf 1 km.
Wir wollen daraus wenigstens den Schluss ziehen, dass die Instru-
menten- und Lattensenkungen einen constanten Fehlereinfluss ausüben
können, als dessen obere Grenze der Werth 1mm für 1km gelten kann.
Die eingehendere Schweizer Berechnung giebt nach S. 612 der
9. Lieferung:
z = ± 0,50 mm für 1 km Entfernung (Senkung)
und dazu y = ± 0,038 mm für 1 m Höhe (Lattenfehler)
x — db 1,65 mm für 1 km Entfernung (Nivellirfehler)
Die Senkung z ist übrigens nicht unregelmässig sondern negativ
= — t wenn t nach unserer Gleichung (1) genommen wird, auch ist
hierzu unsere schon oben bei (6) gemachte Bemerkung zu wiederholen.
Nach S. 605 dieser Schweizer Veröffentlichung soll der Einfluss
der Lattensenkungen stärker sein als der Einfluss der Stativsenkungen.
Ein drittes Beispiel für unsere Untersuchung giebt uns das Werk
„Präcisions-Nivellement der Weichsel, im Aufträge des Herrn Ministers
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262
Jordan. Ueber Nivellirstative.
der öffentlichen Arbeiten ausgeführt und bearbeitet von Professor Dr.
Wilhelm Seiht, ständigem Hillfsarbeiter im Königlichen Ministerinm
der öffentlichen Arbeiten. Berlin, 1891. Stankiewicz’ Verlag.
Dieses Nivellement zeigt sehr erhebliche constante Fehler, nämlich
im Gesammtbetrage von etwa 0,17 m zwischen beiden Ufern der Weichsel.
Aus sämmtlicken Hin- und Her-Nivellirungen wird ein constanter Fehler-
factor c = 0,3 mm auf 1 km ermittelt (8. 18), es ist aber zu beachten,
dass die 25 Schlussfehler von S. 14 sehr ungleiches Verhalten zeigen,
indem an der Nogat (XIII— XV) und auf den Anbindungen an die
Landesaufnahme (38, 57) c nahezu gleich Null oder gar negativ
ausfällt.
Es kommt nach unserer Ansicht hier die Weichheit oder Härte des
Nivellirweges in Betracht und das dadurch erzeugte Einsinken der
Stative und der Latten, welches erklärt, dass z. B. auf der harten Land-
strasse nach Elbing (Nr. 57) ein anderes c sein muss als auf lehmigen
Bergabhängen, an Wasserbecken u. s. w. (8. 3). Da durch dieses be-
kannte Einsinken die constanten Felder sich am einfachsten erklären,
ist es auffällig, warum Verfasser statt dessen zu einer gekünstelten Er-
klärung durch Abscheuern von Schmutztheilen , Kreidestrichen u. s. w.
(S. 15) Zuflucht nimmt?
Es wäre wohl das einfachste und zugleich sachlich Beste gewesen,
je zwei gegenüberliegende Uferstrecken schlechthin in ein Mittel zusam-
menzufassen und dadurch nicht nur eine einfachere Berechnung, sondern
auch eine weniger gekünstelte Erklärung der constanten Fehler zu
erhalten. Jordan.
lieber Nivellirstative.
Die Anordnung der Stative für Nivellirinstrumente verlangt deswegen
eine besondere Ueberlegung, weil beim Nivelliren, im Gegensatz zum
Winkelmessen, die Aufstellungen ungemein zahlreich sind, so dass 50
bis 100 Aufstellungen an einem Tage nichts seltenes sind. Eine kleine
Erleichterung oder Zeitersparung beim Aufstellen eines Nivellirstatives
fällt daher bedeutend ins Gewicht und kann das Schlussergebniss wesent-
lich beeinflussen, namentlich auch insofern, als ein glatter und rascher
Verlauf des Nivellirverfahrens im ganzen von Einfluss auf das Maass
systematischer kleiner Fehler ist und auf die Wahrscheinlichkeit, dass
solche beim Hin- und Rücknivelliren sich aufheben.
Für die Wahl des Nivellirinstrumentes ist es nun ein wesentlicher
Unterschied, ob man auf ebener fester Landstrasse oder auf dem
Schotterweg einer Eisenbahn oder sonst auf unregelmässigem Lande
nivellirt. Auf Landstrassen und in Städten habe ich das von der trigo-
nometrischen Abtheilung unserer Landesaufnahme übernommene Verfahren
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Jordan. Ueber Nivellirstative.
263
der Stativaufstellung angewandt und vortrefflich erprobt gefunden, näm-
lich auf der Platte eines gewöhnlichen Statives eine schwach empfind-
liche Dosenlibelle anzubringen, welche durch Rücken der Stativbeine
nahezu zum Einspielen gebracht wird, was die Gehilfen rasch mit wenigen
Handgriffen lernen. Der Nivellirende selbst hat dann nur noch wenige
Griffe an den Stellschrauben des Nivellirinstrumentes selbst anzuwenden,
da ja durch das Rücken der Stativbeine bereits Alles nahezu horizontal
gestellt ist.
Nach diesem Verfahren habe ich 1881 in Baden und 1886 bis 1887
viele und genaue Nivellirungen gemacht, und dabei durch Ausbilden
jener einfachen Handgriffe bei befriedigender Genauigkeit zugleich grosse
Nivellirge8chwindigkeit erzielt. Dagegen auf Eisenbahnen lässt sich das
nicht machen, weil jedes Stativbein in dem grobsteinigen Schotter einen
festen Platz erlangen muss und nur in grossen Sätzen, aber nicht stetig
bewegt werden kann.
Um diesem Uebelstande
abzuhelfen, hat als ersten
Versuch Herr Mechaniker
Randhagen inHannover
uns das in Fig. 1 darge-
stellte Stativ hergestellt,
bei welchem nach dem
Festtreten oder Festsetzen
der drei Stativfussspitzen,
in jeder Stativbeinlänge
noch eine Verlängerung
oder Verkürzung vorge-
nommen werden kann
durch Schlitzbewegung
mit gegenwirkender Spi-
ralfeder. Hiermit wird an
einem, zweien oder auch
an allen dreien Beinen
so lange gedrückt oder
gezogen, bis die Dosen-
libelle L oben auf dem
Stativkopfe einspielt. Dieser erste Versuch ist nicht weiter verfolgt
worden.
Eine zweite Construction zu dem fraglichen Zwecke zeigt Fig. 2,
welche nach Mittheilung des französischen Erdmessungs-Ingenieurs Lall e -
mand für unsere Sammlung von Mechaniker Berthelemy in Paris an-
geschafft wurde (und oben für unsere Zwecke mit dem Aufsatzstttck D
versehen ist). Das Wesen dieser Construction besteht darin, dass der
ganze Obertheil B gegen das eigentliche Stativ A durch ein Kugel-
Fig 1.
Stativ mit Schlitzbewegung in den Beinen.
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264
Jordan. Ueber Nivellirstative.
gelenk verstellbar gemacht ist , welches mit der Centralsohraube C
regiert und dann festgestellt wird, wenn die Dosenlibelle L nahezu
einspielt.
Fig. 2.
8tativ mit Kugelgelenk.
Endlich zeigt Fig. 3 eine schon seit Jahren von uns geplante und
durch Verhandlungen mit Herrn Mechaniker Randhagen zur Ausfüh-
rung gebrachte Construction nach dem System der Car dänischen Auf-
hängung. Es war zuerst beabsichtigt, die Unterlagsplatte B des Nivellir-
instrumentes in loser Car dänischer Aufhängung gegen das eigentliche
Stativ A pendeln und durch ein unten angehängtes starkes Gewicht
einspielen zu lassen, worauf das Feststellen durch die Kurbel K erfolgen
sollte. Der Erfolg war aber nicht günstig, und deshalb brachten wir
statt des Centralgewichtes eine Einstellung durch drei grobe Stell-
schrauben S, mit der Dosenlibelle L, in Anwendung. Diese Schrauben
S haben doppelte Gänge mit einer wirksamen Ganghöhe von 5 mm; es
genügen daher nur wenige Umdrehungen, um auch eine ganz erhebliche
Neigung der Platte B rasch auszugleichen. Beim Nivelliren selbst hatte
ich einen Assistenten zum Ablesen der Libellentheile am Instrumente;
mit diesem Assistenten war ich bald so eingearbeitet, dass wir, nach
Festtreten der Stativbeine, ohne Rücksicht auf die Neigung der Platte
A, gemeinsam die drei groben Schrauben S in Angriff nahmen, bis die
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Jordan. Ueber Nivellirstative.
265
Die vorstehende Mittheilung, welche, mit anderen Figuren, bereits
in der Zeitschrift fUr Instrumentenkunde 1892, 8. 21, 22, veröffentlicht
wurde, ist auch in der Zeitschrift des Rheinisch-westfälischen Landmesser-
Vereins 1892, 8.69—70 im Auszug berichtet, und es ist dazu bemerkt,
dass es gut sei , zwei solcher Stative zusammen zu benutzen , sodass
das eine Stativ zum Nivelliren dient, während gleichzeitig das andere
durch den Gehilfen vorwärts aufgestellt wird. Diese Anordnung ent-
sprechend der von uns seit lange angewendeten Polygonzugmessung mit
3 Stativen durfte allerdings den Gang noch mehr beschleunigen.
Jordan.
Blase bei L einspielte, worauf erst das eigentliche Nivellirinstrument,
das auf B aufgesetzt ist, in Wirksamkeit trat. Die Handgriffe mit den
drei groben Schrauben S (welche nach Einspielen von L alle drei
scharf pressen müssen) waren bald so mechanisch eingeübt, dass wir bei
einem mittleren Nivellirfehler von 2 mm auf 1 km auf der Eisenbahn
eine Geschwindigkeit von 1,5 km für eine Stunde erreichten. Diese
Construction Fig. 3 hat sich von den dreien, Fig. 1, 2, 3, bei unseren
Versuchen am besten bewährt. Uebrigens könnte auch das Kugelgelenk
von Fig. 2 mit den drei groben Schrauben S von Fig. 3 construirt werden.
Fig. 3.
Stativ mit Card aniseben Ringen und vorläufiger Schrauben Stellung.
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266 Steppe*. Da* Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen
Das Grundbuch im Entwürfe eines bGrgerlichen Gesetz-
buches für das Deutsche Reich.
Nach einem Vorträge bei der 17. Hauptversammlung zu Berlin 1S91,
von C- Steppes.
Fortsetzung.
3. Die Entwürfe des Sachenrechts und der Grundbnch-
Ordnung in ihrem Verhältnisse zur Entstehungsgeschichte
der modernen Grundbücher.
Man mag nun der biatorischen Schule ausschliessliche Berechtigung
zuerkennen oder mehr der naturrechtlichen Schule zuDeigen; von dem
Augenblicke an, wo der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches dem
im grössten Theile des deutschen Gebietes ohnedem herrschend gewor-
denen Grundbuch-Systeme den principiellen Fortbestand gewährleistete,
durfte man angesichts des bisherigen Entwickelungsganges voraussetzen,
dass das Gesetz sich mit der Proclamirung des Princips nicht begnügen
werde. Man durfte vielmehr mit Bestimmtheit erwarten, dass es sich
die Entwürfe auch angelegen sein lassen werden, der bezüglich der
Durchführung des proclamirten Princips derzeit noch allenthalben be-
stehenden Halbheit und Unklarheit ein Ziel zu setzen.
Es ist aber gewiss nicht nur eine Halbheit und Unklarheit, es ist
vielmehr ein geradezu — für das Volk der Denker doppelt — unwür-
diges Verhältnis* , wonach überall in Deutschland für die Grundsteuer,
welcher die Ermittelung und Festhaltung des Besitzstandes lediglich
Mittel zum Zwecke ist, ein logisch vollkommen durchgebildetes System
der Buchführung und ein sorgfältig fortgeführtes Kartennetz im Gebrauche
ist, — durchgebildet und fortgeführt aber nicht aus theoretischer Lieb-
haberei und Spitzfindigkeit, sondern aus innerer, durch die Bedürfnisse
des Lebens entwickelter Notwendigkeit, — während fast überall ncch
dem eigentlichen Zwecke der Eigentums-Sicherung ein bruchstückweiser
Abklatsch des Steuerkatasters dient, der geradezu in Nichts zerfallen
müsste, wenn es heute oder morgen der Steuerbehörde einfallen würde,
ihr Kartennetz nicht weiter evident zu halten. Dass ein derartiges Ver-
hältnis entstehen konnte, lässt sich aus der geschichtlichen Entwicke-
lung der Dinge bei dem Umstande, dass die Durchführung der Landes-
vermessungen mit der durch einen gewaltigen wirtschaftlichen Umschwung
bedingten Rechtsumbildung nicht von Anfang an gleichen Schritt halten
konnte, wohl erklären. Dass dieses Verhältnis dann auch nach Abschluss
der Landesvermessungen sich längere Zeit erhalten konnte, scheint schliess-
lich auch noch begreiflich. Dass es aber fortbestehen und gewisser
maa8sen erst die höhere gesetzliche Weihe in dem Augenblick erhalten
sollte, in dem zur Aufstellung eines von langer Hand vorbereiteten
und gewiss auch nicht für heute auf morgen berechneten deutschen
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Gesetzbuches für das Deutsche Reich.
267
Gesetzbuches geschritten wird, das wurde denn doch schwer begreiflich
erscheinen.
Nun sprechen allerdings, wie Eingangs schon berührt wurde, die
Motive zum Sachenrecht (8. 54) unverhUllt aus, dass die Grundbuchs-
Einrichtung sich auf die Ergebnisse der Landesvermessung zu stützen
habe; es ist dort auch bei Nennung des Flurbuches fast jedesmal die
Grundkarte mitgenannt; ja, eine Anmerkung zu § 787 des Gesetz-Ent-
wurfes lautet wörtlich:
„Die Vorschriften der Grundbuch -Ordnung werden ergeben, dass
das Grundbuch die allgemeine Aufnahme der Grundstücksgrenzen in
öffentlichen Urkunden — Karten, Flurbüchern — zur Voraus-
setzung habe.“
Allein in der Grundbuchordnung, wie übrigens schon im Texte des
Gesetzentwurfes selbst, findet sich die Karte als Zubehör des Flurbuches
mit keinem Worte erwähnt. Und es bleibt auch gar kein Zweifel, dass
dies durchdachte Absicht oder, um nicht euphemistisch zu sprechen,
dass dies kein zufälliges Uebersehen ist. Die Motive zu § 7 der Grund-
buchordnung, wonach die Grundstücke in dem Grundbuche nach dem
amtlichen Verzeichnisse zu bezeichnen sind, in welchem die Grundstücke
eines Bezirkes unter Nummern aufgeführt sind (Flurbuch — das letztere
Wort ist anscheinend verschämt in Klammern beigesetzt), diese Motive
also besagen wörtlich (S. 34):
„Das Verzeichniss muss die Grundstücke nach Merkmalen bezeich-
nen, welche dieselben auffinden und von anderen Grundstücken unter-
scheiden lassen. Zu dem Ende wird es wünschenswerth sein, wenn das
in § 7 technisch als Flurbuch bezeichnete Verzeichniss eine voraus-
gegangene amtliche geometrische Vermessung und Kartirung zur Grund-
lage hat. Eine reichsgesetzliche Anforderung in dieser Richtung zu
stellen, erscheint jedoch bedenklich. Nicht bei allen Arten von Grund-
stücken ist das Bedtlrfniss der Kartirung das gleiche. Soweit feste
Grenzzeichen bestehen und den Besitzstand erkennen lassen, lä3st sich
das Grundstück auch ohne Hinweisung auf kartirte Grenzen durch Be-
zeichnung nach seiner allgemeinen Lage, dem wirthBchaftlichen Mittel-
punkte, den Nachbarn etc. genügend genau im Flurbuche bezeichnen.
Besonders für die städtischen Bezirke ist die Kartirung nicht in gleichem
Maasse Bedttrfniss, wie für die ländlichen Bezirke. Der Entwurf setzt
deshalb nur voraus, dass überall ein amtliches Verzeichniss besteht, in
welchem die Grundstücke des Grundbuchbezirkes unter Nummern auf-
gefUhrt sind.“
Das ist offenbar eine gegenüber der Verheissung im Sachenrechte
selbst bedeutend abgeschwächte Voraussetzung. Noch ungleich bezeich-
nender aber für den Standpunkt der Grundbuch-Ordnung erscheinen die
Motive zu dem (hier vorerst belanglosen und auch wohl eigentlich in
das Einführungsgesetz gehörenden) § 9 derselben. Dort heisst es:
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268
Steppes. Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen
„Die Bezeichnung durch Verweisung auf das Flurbuch bietet zwar
die besten Garantien für die Identificirung der Grundstücke; derselbe
Zweck lässt sich aber, wenn auch in unvollkommenerer Weise, auf an-
derem Wege erreichen. Man kann sich darauf beschränken, gewisse
Merkmale, an welchen die Individualität des Grundstückes erkannt wird,
ins Auge zu fassen, insbesondere den Namen oder die Polizei-Nummer,
welchen dasselbe führt, die festen Grenzen, welche durch Strassen, Flüsse
etc. gebildet werden, und in Ermanglung solcher die Nachbar - Grund-
stücke. Der Besitzstand ergiebt alsdann des Näheren die Ausdehnung
des im Allgemeinen festgestellten Grundstückes.' Dieser Weg wurde in
älterer Zeit betreten, namentlich in Hamburg und Lübeck.“ ....
Diese Ausführungen beruhen auf einer gewiss wohlgemeinten, aber
für Jeden, der mit dem Gegenstände durch einige Zeit näher befasst
war, ganz ausser allem Zweifel stehenden und, sofern sie auf die künf-
tige Handhabung der Grundbuchsführung irgend welchen Einfluss ge-
winnen sollten, sehr verhängnissvollen Selbsttäuschung. Derartige Ein-
richtungen mögen, wie ja auch im vorigen Abschnitte berührt, in früheren
Jahrhunderten in den Städten nothdürftig genügt haben. Bei den heutigen
Verhältnissen genügen sie auch hier nicht mehr, ja vielleicht weniger wie
anderwärts. Es giebt in den Städten eben nicht allein Häuser, sondern
auch Bauplätze und andere Objecte. Die modernen Straasenanlagen
durchschneiden die bestehenden Grundstücke in durchaus rücksichtsloser
und unregelmässiger Weise, Reihen von Bauplätzen entstehen, werden
in Einzel-Parcellen verkauft, nach wenigen Wochen oder Tagen wieder
zu zweien oder dreien in einer Hand vereinigt u. s. f. Bei solchem
Verkehr die Objecte lediglich durch Wort- Beschrieb bezeichnen za wollen,
wäre ein unmögliches, höchst gefährliches Unterfangen. Beim Mün-
chener Grundbuche ist dadurch, dass die Grundbuch-Behörde in solchen
Fällen nur durch einige Jahre die Umschreibung auf Grund von vor-
läufigen Ausfertigungen vorgenommen, ein Zustand herbeigefübrt worden,
welcher der im obenerwähnten Erlasse vom bayrischen Justizministerium
gerügten unsäglichen Verwirrung so ähnlich sieht, wie ein Ei dem an-
deren, ein Zustand, der noch heute trotz inzwischen getroffener beson-
derer Vorkehrungen zu bedenklichen Weiterungen zum Schaden der Be-
theiligten — Eigenthümer wie Gläubiger — führt.
Die geschilderte Art des Grundstück-Beschriebes liesse sich auf den
ersten Blick vielleicht noch in solchen ländlichen Bezirken für möglich
halten, wo ausschliesslich geschlossene Güter bestehen. Wenn aber die
geschlossenen Güter nicht auch gebundene sind, dann erfordert auch
hier der Verkehr sehr bald eine Unterscheidung der einzelnen Parcellen
des Gutes, wie sie eben nur durch die Grundstücks-Nummerirung gegeben
werden kann. Eben deshalb wird ja wohl das Sachenrecht, wie die
Grundbuch -Ordnung selbst die Bezeichnung der Grundstücke durch
Nummern vorgeschrieben haben. Wie man aber eine Grundstück-
Google
Gesetzbuches für das Deutsche Reich.
269
Nummerirung einführen wollte, ohne eine zugehörige, wenn auch Bchliesslich
primitive kartographische Darstellung der zu erfassenden Grundstücke,
davon vermag sich eben ein Praktiker, der mit solchen Dingen schon
einige Zeit befasst war, keine Vorstellung zu machen. Ohne solche
Grundlage wird man niemals im Stande sein, wie es doch das ganze
Gesetz ausdrücklich voraussetzt, die im Flurbuch verzeiclmeten Grund-
stücke mit einer für die daran geltenden Rechtsverhältnisse maassgebenden
Zuverlässigkeit jederzeit — oft nach laugen Jahren und Jahrzehnten —
wieder aufzufinden. Die Bezeichnung der Grenzen in der Natur durch
äussere Zeichen hat mit dieser Frage der allgemeine Auffindbarkeit und
vollends mit der Zugehörigkeit einzelner Flächenabschnitte eines grösseren
Besitzthums zu den entsprechenden Nummern gar nichts zu thun. Und
gelbst wenn eine ganz neue, nur immer ganze Besitzstücke erfassende
Nummerirung eingeführt würde, wird es nicht ausbleiben, dass im Laufe
der Zeit mehrere Nummern doch wieder in eine Hand kommen. Sind
diese später wieder getrennt worden oder sind sie mit verschiedenen
Rechten belastet, so bedarf man allemal wieder eines Mittels, um die
einzelnen Nummern mit Sicherheit zu identificiren.
Kurz, der in den Motiven zur Grundbuch - Ordnung eingenommene
Standpunkt bedeutet eine gründliche und gefährliche Verkennung der
grundlegendsten, auf dem Gebiete der Vermessungs- und Kataster-Technik
seit einem Jahrhundert gemachten Erfahrungen. Als Begründung für
diesen Standpunkt ist zunächst (S. 36 d. Mot.) angegeben, dass sich schwer
ermitteln lasse, inwieweit ein diesem Standpunkt entsprechender Zustand
nicht irgendwo in Deutschland noch bestehe.
Worin die Schwierigkeiten dieser Ermittelung liegen sollen, ist nicht
gesagt. Man wäre versucht, sich die Sache recht leicht vorzustellen;
denn jeder gute Kalender enthält die Adressen der deutschen Staats-
regierungen und ihre Zahl ist ja nicht mehr so gross, als dass nicht ein
guter Hectograph die nöthige Zahl von sauberen Abdrücken einer ent-
sprechenden Anfrage geliefert hätte. Wenn aber auch in irgend einem
entlegenen Winkel des Reiches wirklich die Karten- Unterlagen für eine
Grundstücks -Nummerirung fehlen sollten, — und jedem Fachmanne ist
bekannt, dass es sich dabei höchstens um einige der kleineren und kleinsten
Staaten handeln kann, — so trägt diesem Verhältnisse ja der § 9 der
Grundbuch-Ordnung und das Einführungsgesetz in einfachster Weise Rech-
nung. Unmöglich aber kann dieses Verhältniss für das ganze übrige
Deutschland, wo eben Flurbücher vorhanden sind, die ausschliesslich auf
die zugehörigen Karten sich gründen, wo nach Sinn und Wortlaut der
Entwürfe diese Flurbücher für das sachenrechtliche Grundbuch benutzt
werden müssen , obwohl sie ohne die Karten lediglich eine geradezu
sinnlose Anhäufung von Ziffern bedeuten, den Grund abgeben, dass
dieser naturnothwendige Zusammenhang verleugnet und jede Vorsorge
dafür unterlassen wird, dass die Grundkarte in stetem Zusammenhang
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270 Steppes. Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen
mit der Flurbuchs- und dadurch der Grundbuchs-Führung gebracht und
erhalten wird.
Die Entwürfe scheinen ja wohl vorausgesetzt zu haben, dass in jenen
Staaten, wo ein auf Karten sich stutzendes Flurbuch für das Grundbuch
verwerthet wird, die betreffenden Katasterverwaltungen für die Karten-
fortführung Sorge tragen werden. Dabei werden aber schwere Enttäu-
schungen nicht ausbleiben. Wer hätte es nicht schon bitter empfunden,
dass in der Staatsverwaltung gar häufig die eine Hand nicht weiss, was
die andere thut. Es kommt aber namentlich in Betracht, dass durchaus
nicht alle Karten-Vorträge, die für das Grundbuch von Belang sind, dies
auch für die Steuerverwaltung sein müssen, bei welcher noch überdies
nicht überall die höchste administrative Machtbefugniss und die grösste
Beherrschung der technischen Fragen in Einer Hand liegen, dass aber
vor Allem die Brauchbarkeit einer Karte für eine bestimmte Buchführung
nur dann dauernd gesichert bleibt,_wenn Buchführung und Kartenführung
organisch verbunden, jederzeit pari passu vorschreiten können und
müssen.
Darin also, dass der Gesetzentwurf, wie er sich durch Zusammenhalt
des Sachenrechtes, des EinfUhrungsgesetzes und der Grundbuchordnung
darstellt, die Grundkarte vollkommen unerwähnt lässt und es im besten
Falle den einzelnen Landesregierungen überlässt, was sie in dieser Hin-
sicht zu thun oder zu unterlassen für gut finden, muss der erste und
grundlegendste, hoffentlich bei der zweiten Lesung zur Ausmerzung ge-
langende Fehler, eine erste Verkennung der thatsächlichen Verhältnisse
des praktischen Lebens erblickt werden. — —
Freilich müsste man, sobald die Zusammengehörigkeit von Grund-
buch und Grundkarte und überhaupt die Aufgabe des Grundbuches, das
Eigenthum um seiner selbst willen zu schützen, anerkannt wird,
auch noch einen Schritt weitergehen und weiter noch anerkennen, dass
das rechtlich beweiskräftige Grundbuch auch eine Grundkarte bedinge,
deren Vorträgen bezüglich der Eigenthumsgrenzen gleichfalls Beweiskraft
beigelegt ist.
Wer näher in den inneren Grund und Zusammenhang dieser Dinge
einzudringen sich vorsetzt, der wird sich nicht verhehlen können, dass
ohne beweiskräftige Grundkarte das beweiskräftige Grundbuch für den
Schutz des Grundeigenthums an sich nur einen recht beschränkten Werth
hat. Denn bei aller Beweiskraft schützt der Eintrag eines Grundstückes
für einen bestimmten Eigenthümer im Grundbuche denselben in der Regel
nur so lange, als er eben nicht in die Lage kommt, sein verbuchtes
Recht in der Natur auch in dessen vollem Umfange geltend zu machen.
Die Fälle, in welchen das Eigenthum ganzer Besitzstucke in Frage kommen
kann, sind ja, wenn bei Anlage und Fortführung des Grundbuches mit
der nöthigen Sorgfalt vorgegangen wird, was allerdings nach dem vor-
liegenden Entwürfe einer Grundbuchordnung nicht gesichert erscheint,
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Gesetzbuches für das Deutsche Reich.
271
verschwindend selten. Dagegen tritt die Frage nach dem Umfange der
im Grundbuch vorgetragenen Objecte im praktischen Leben alltäglich
auf. Sobald aber diese Frage auftritt, kommt man nicht Uber die nun
einmal unabänderliche Thatsache hinaus, dass das freie Vertügungsrecht
Uber einen bestimmten Theil der Erdoberfläche, wie es dem Eigenthflmer
zusteht und eingeräumt werden will, im Grundbuche lediglich mittelst
allgemeiner Kennzeichen (nach dem Entwürfe den Parzellennummern)
gebucht, thatsächlich aber nur durch Gestalt und Lage eben jenes be-
stimmten Theiles der Erdoberfläche definirt werden kann, wie sie in der
Grundkarte angegeben bezw. nach dem heutigen Stande der Vcrmessungs-
technik durch die zur Construction der Karte benutzten, in der Natur
erhobenen Maasszahlen bestimmt sind.
Auch die Motive zum Sachenrecht können sich dem Zwang dieser
Gründe nicht entziehen. Wenn man die Ausführungen dieser Motive
bezüglich der hierher einschlägigen Fragen, so Seite 16 — 19, 53 — 56,
160, 182, 268 u. folg., dann 274 verfolgt und insbesondere bei der
Aeusserung auf der letztangeführten Seite stehen bleibt, wonach „der
Entwurf von dem Principe ausgeht, dass ein jedes Grundstück gegen
das Nachbargrundstück eine geometrische Grenze haben muss und dass
diese Grenze objectiv stets gewiss und in den Fällen subjectiver
Ungewissheit stets aufzufinden ist“, so wird man darin das Anerkenntniss
finden müssen, dass das Grundbuch sich auf eine Karte bezw. auf vor-
hergehend ermittelte Messungsergebnisse stützen muss, welche die jederzei-
tige und zuverlässige Auffindbarkeit der Grundstücksgrenzen sicherstellen.
Die Motive zur Grundbuchordnung erscheinen allerdings auch in
diesem Punkte wesentlich abgeblasster. Dort ist (S. 35) im Anschluss an
die bereits mitgetheilte, die Nothwendigkeit einer Kartirung überhaupt
negirende Begründung des § 7 der Grundbuchordnung noch weiter
gesagt:
„Die Bezeichnung des Grundstückes ist auch eine Angabe des Grund-
buches, deren Richtigkeit nach Maassgabe der §§ 837, 838 des B. G. B.
zu Gunsten eines gutgläubigen Erwerbers garantirt wird. Da indessen
das Grundbuch das Grundstück nach § 7 durch Angabe der Nummer
des Flurbuches bezeichnet, so wird nur garantirt, dass das an der Hand
des Flurbuches zu ermittelnde Grundstück den im Grundbuche angege-
benen Rechtsverhältnissen unterliegt. Die ferneren Nachrichten, welche
das vielleicht weiter auf eine Kartirung sich stutzende Flurbuch Uber
die Lage und Grösse des Grundstückes gibt, stehen nicht unter der
gleichen Garantie wie der Grundbuchinhalt, sondern nur unter derjenigen
Garantie, welche das vorausgegangene amtliche Ermitte-
lnngsverfahren ihnen giebt und welche von der Genauigkeit
und Zuverlässigkeit der Ergebnisse dieses Verfahrens
abhängt.“
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272 Steppes. Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen
Diese Ausführungen in ihrer Gesammtheit beruhen auf einem, nach
allen vorausgegangenen Erörterungen leicht erkennbaren Irrthum, der
übrigens sogleich in voller Deutlichkeit bezeichnet werden wird. Vor-
erst möchte aber allerdings darauf hingewiesen werden, dass nach Lage
der Verhältnisse in Deutschland der durch gesperrten Druck hervorge-
hobene Schlusssatz der Motive zu § 7 allerdings gerade vom technischen
Standpunkte aus der ernstesten Beachtung werth ist. Thatsache ist, dass
bei Herstellung der Grundlagen, deren sich ein künftiges deutsches Grund-
buch bedienen muss, vielfach nicht der Zweck der Wahrung des Grund-
eigenthums, sondern der der Besteuerung im Vordergrund gestanden ist
und dass daher vielfach dem technischen Verfahren bei jener Herstel-
lung nicht jene mathematische Schärfe zu Grunde gelegen oder doch
wegen begangener Fehler heute nicht mehr in einwandfreiem Maasse zu
Grunde liegt, welche bei strengster Durchführung der Beweiskraft der
Karten von den — in dieser Beziehung überdies äusserst empfindlichen
— Grundbesitzern vielfach verlangt und vorausgesetzt wird. Dass es
zu weit geht, wenn aus Gebieten, wo die Beweiskraft der Karten in
Geltung ist oder war, berichtet wird , dass auf Grund der Karte ein
Grenzzug richterlich festgehalten wurde, bezüglich dessen der zugezogene
Sachverständige erklärt hatte, dass sein Eintrag in die Karte auf einem
zweifellosen Irrthum oder Fehler beruhte, ist ja wohl selbstverständlich.
Jedenfalls dürfte nach Maassgabe des Sachenrecht-Entwurfes die Beweis-
kraft der Karte nicht enger gefasst werden, als sie das Grundbuch nach
§ 826 des Sachenrechts (gegenüber der Ersitzung und dem Schutze des
Besitzes nach § 825) überhaupt besitzt.
Das preussische Centraldirectorium der Vermessungen hat sich in
seinem Gutachten vom 15. December 1880 zu einer vom Abgeordneten
Sombart aufgestellten Denkschrift mit der Frage der Beweiskraft der
Karten vom technischen Standpunkte aus beschäftigt und dabei dieNoth-
wendigkeit bereits betont, eine Einschränkung der Beweiskraft der Karten
gegenüber offenbaren Irrthümem bei dem Anlageverfahren eintreten zu
lassen. Und wenn im Uebrigen dieses Gutachten des Centraldirectoriums
den Standpunkt einnimmt, dass die Beweiskraft der Grundkarte als eine
Nothwendigkeit für die Interessen des Grundbesitzes zwar anzuerkennen,
ihre praktische Durchführung aber auf jene Gebietstheile zu beschränken
sei, für welche Messungswerke vorhanden sind, welche mit einer dieser
wichtigen Aufgabe entsprechenden Zuverlässigkeit und Genauigkeit aus-
geführt sind, so liegt darin ein sehr bedeutsames Zugeständniss an den
Standpunkt, welchen der oben mitgetheilte, gesperrt gedruckte Satz der
Grundbuchordnungs- Motive einnimmt. Man mag also, wie dies viele
Techniker thun, der Ansicht sein, dass auch eine technisch noch lange
nicht den höchsten Anforderungen entsprechende Karte immer noch ein
besseres Mittel zur Wiederauffindung verlorener Grenzen abgebe, als
die zum Nachweise des Besitzstandes in einer bestimmten Zeit gemeinhin
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Gesetzbuches für das Deutsche Reh*.
273
geleisteten Eide; immerhin wird man zugeben müssen, dass in Rücksicht
auf den so verschiedenen Werth der zu sehr verschiedenen Zeiten und
nach sehr verschiedenen technischen Grundsätzen hergestellten Vermes-
sungswerke die wirkliche Festsetzung der Beweiskraft der Karten mit
grosser Vorsicht anzufassen ist.
Es will also in gar keiner Weise hier verkannt werden, dass dem
oben angeführten (gesperrt gedruckten) Satze der Motive zur Grundbuch-
Ordnung, .soweit es sich um die gesetzliche Definirung und die praktische
Wirkung der Beweiskraft der Grundkarte handelt, gründliche Beachtung
znzuwenden ist. Die Besprechung des Specialitäts-Principes (im 5. Ab-
schnitte) wird Gelegenheit geben, auf diesen Gegenstand nochmals näher
zsrUckzukommen.
Andererseits aber ändert dieses Sachverhältniss nicht das mindeste
an der Thatsache, dass ein Sachenrecht, welches dem öffentlichen Be-
dürfnisse Genüge leisten will, dass ein Grundbuch, welches sich den
Schutz des Grundeigenthums „um seiner selbst willen“ zum Ziele setzt,
principiell zur Voraussetzung das Vorhandensein einer Grundkarte,
eines Messungswerkes haben muss, welches die Lage und die Begren-
zung der Rechtsobjecte ausser allen Zweifel stellt.
Die Motive zum Sachenrecht (S. 268) haben, wie oben angeführt,
diese Thatsache klipp und klar anerkannt und dem gegenüber erscheinen
die angeführten Auslassungen der Motive zur Grundbuchordnung völlig
belanglos bezw. unzutreffend. Es erscheint eben absolut unzulässig, den
Grnndstücksnnmmern im Grundbuche selbst eine andere Bedeutung bei-
legen zu wollen, als den gleichen Nummern im Fiurbuche, nämlich die
Bedeutung der thunlichst einfachen Bezeichnung eines ganz bestimmten
Grundstückes, welches Bich von all seinen Gattungsgenossen durch eine
bestimmte Lage und Begrenzung unterscheidet. Das Flurbuch, wie das
sog. Sachenblatt des Grundbuches ist nur eine geschriebene Karte (M.
S. 723). In der That enthalten die in der Natur aufgenommenen Ver-
messungsrisse, die aus diesen construirte Karte, das nach letzterer ge-
fertigte Flurbuch und endlich das aus dem Flurbuch schöpfende, nach
subjectiven Erfordernissen geordnete Grundbuch materiell alle die
gleichen Angaben, nur je in anderer Form und Ordnung. In Folge
der Verkennung dieses Sachverhältnisses kann die angeführte Aeusserung
der Motive zur Grundbuchordnung in ihrer Gesammtheit bei dem Sach-
verständigen im besten Falle nur Verwunderung erregen. Wenn die
Grund8tUcksbezeichnung im Grundbuche den Bestand von Rechtsverhält-
nissen für das an der Hand des Flurbuches (oder auch sonstwie immer)
za ermittelnde Grundstück garantiren soll, so muss doch vor Allem dessen
Lage auch garantirt werden (vergl. Motive zum Sachenrecht S. 19 unten),
veil es sich ja ausserdem um ein ganz anderes Grundstück, als das im
Grnndbuch angegebene handeln würde. Und ebenso muss — abgesehen
von der Flächenangabe, die allerdings in besonderem Verfahren ermittelt
Zeitschrift für Vcnnessungswesen. 1602. Heft 9. 18
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274 Steppes. Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen
wird und daher auch mit besonderen Fehlern und Ungenanigkeiten be-
haftet sein kann, — im Allgemeinen der Umfang des Grundstückes ga-
rantirt sein, weil ja die fraglichen Rechtsverhältnisse das Grundstück
einerseits voll und ganz, andererseits ausschliesslich (nicht auch hinzu-
getretene Bestandtheile anderer Grundstücke) erfassen sollen.
Wenn es also nach dem erörterten Zusammenhänge der Dinge ganz
richtig ist, dass ebenso die (objeetiven) Vorträge des Grundbuches, wie
die des Flurbuchs und der Grandkarte nur diejenigen Garantien ihrer
Zuverlässigkeit bieten können, „welche das vorausgegangene amtliche
Ermittelungsverfahren ihnen giebt und welche von der Genauigkeit und
Zuverlässigkeit der Ergebnisse dieses Verfahrens abhängen“, so hätte man
grundsätzlich von den Gesetzentwürfen die strengste Vorsorge dafür er-
warten müssen, dass bezüglich aller kraft des künftigen Gesetzes anzu-
legenden Grnndbücher und ihrer Unterlagen, der Grundkarten und Flur-
bücher, jene Garantien in vollem Maasse vorhanden seien, deren das
Grundeigenthum zu seinem Schutze, bezw. das Grundbuch zu seiner ge-
deihlichen Wirksamkeit bedarf. Nur unter dieser Voraussetzung vermag
das bürgerliche Gesetzbuch den Rechtsschutz des Grundeigenthums im
ganzen Reiche wirklich auf die gleiche Stufe und die genügende Höhe
zu stellen. Und auf diesen Anspruch an das Gesetzbuch kann das
deutsche Volk, kann der Staatsbürger, der die vielerlei Belästigungen
zu tragen hat, welche eine solche Maassregel nothwendig mit sich bringen
rnnss, unmöglich verzichten.
Zu jenen Garantien aber gehört wie oben nachgewiesen, vor Allem
ein grundlegendes Karten- bezw. Vermessungswerk von solcher Beschaffen-
heit, dass es Lage und Umfang der Rechtsobjecte in voller technischer
Schärfe ausser Zweifel stellt; zu selben gehören aber auch die Haupt-
grundzüge der Bucheinrichtung und alle jene organischen Einrichtungen
überhaupt, die zwar anscheinend mit dem Rechtsprincip nicht direct Zu-
sammenhängen, die aber thatsächlich — und man könnte dafür Dutzende
von Stellen in den Gesetzes-Motiven als Beleg anftthren — für die wirk-
lich erspriessliche Entfaltung und Wirksamkeit des Princips von ausschlag-
gebendster Bedeutung sind. „Ohne allen Zweifel — so sagt auch schon
Ma8cher(S. 715) — hängt die gedeihliche Entwickelung der Sache auch
von der Art und Weise ab, wie die Evidenzhaltung des Grundeigen-
thumes und der Veränderungen an demselben, der dinglichen Rechte,
oder die Sicherung des Grundeigenthums und die Hebung und Befesti-
gung des Realcredits formell erfolgt, mit anderen Worten von der prak-
tischen Einrichtung der Grund- und Hypothekenbücher, von der Folio-
graphie ab.“ Die Motive zur Grundbuchordnung selbst sagen in der
Einleitung (S. 22): „Das materielle und das formelle Grundbuchrecht
bilden ein einheitliches Ganzes und müssen einheitlich geordnet werden.
Ohne eine solche Regelung würde auch die einheitliche Anwendung des
materiellen Grundbuchrechtes beeinträchtigt werden.“
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Gesetzbuches fttr das Deutsche Reich. 275
Nun wird gewiss Niemand verkennen können, welch grosse Schwierig-
keiten sich hätten ergeben mQssen, wenn die Gesetzentwürfe sich die
alsbald obligatorische Aufstellung einheitlicher Vorschriften über alle
die angedeuteten Fragen und Einrichtungen zum Ziele gesetzt hätten.
Die Verschiedenheiten, welche sowohl bezüglich der technischen — zu-
nächst und zumeist in den Grundsteuer - Katastern niedergelegten —
Grundlagen für die künftigen Grundbücher, als bezüglich der bisherigen
Rechtsverhältnisse auf dem Gebiete des Sachen- (und Pfand-) Rechtes
und damit bezüglich des Uebergangs von den bisherigen in die neuen
Zustände bestehen, sind eben zu bedeutende. Schon vor dem öffentlichen
Erseheinen der Entwürfe hat daher der Verfasser in einer, die voraus-
sichtliche Gestaltung der Dinge besprechenden Abhandlung (Zeitsehr. f.
VermeBsungswesen , 1888, Heft 1 und 4) darauf hingewiesen, dass ein
Vorgehen im obigen Sinne, abgesehen von der Kostenfrage, so umfang-
reiche Vorarbeiten bedingen würde, dass man für einen ungewöhnlich
langen Zeitraum Uebergangs- und Einführungs-Bestimmungen hätte treffen
müssen, die sich eben doch an das Bestehende anzulehnen hätten und
daher im Wesentlichen immer darauf hätten hinauslaufen müssen, vor-
erst in den Fragen von mehr organisatorischer, als rechtlicher Natur
den Einzelstaaten, wie es die Entwürfe thatsächlich thnn, freie Hand
su lassen.
Unmöglich aber kann die Nothwendigkeit eines derartigen Ueber-
gangs8tadiums auch die Unterlassung jeder Vorsorge dafür rechtfertigen,
dass die vorerst nothgedrungen den Einzelstaaten zu überlassenden
Maassnahmen auf ein bestimmtes, wenn auch erst in fernerer
Zukunft vollkommen und überall zu erreichendes Ziel sich
hinbewegen müssen. Darin, dass die Entwürfe, zunächst die Grund-
buchordnung und das Einführungsgesetz darauf verzichten, wenigstens
in den wesentlichsten, oben angedeuteten Punkten, die für die Richtig-
keit und Zuverlässigkeit des gesammten Grundbuchinhaltes maassgebend
sind, Normativ -Bestimmungen aufzustellen, die überall da obligatorisch
wirken müssten, wo eben neue Bücher angelegt werden müssen oder
wollen, wo neue organische Einrichtungen zu treffen, neue Grundver-
messungen grösseren Umfangs vorzunehmen sind, muss vielmehr eine
weitere grundsätzliche Lücke des ganzen Entwurfes erblickt werden, eine
Lüeke, die eben nur wieder in Folge von Verkennung oder der Nichtbeach-
tung der bisherigen Entwickelung der Dinge (nach ihrer praktischen
Seite und Wirkung) offen bleiben konnte.
Diese Lücke auszufüllen, wozu zunächst schon die zweite Lesung
der Entwürfe Gelegenheit bieten würde, wäre ja allerdings nicht sehr
einfach, aber auch nicht unüberwindlich schwierig. Was insbesondere
die technischen Anforderungen an neu dnrehzuführende Vermessungswerke
betrifft, so wurden selbe, wie oben angedeutet, im Jahre 1880 von einer
Commission des Central-Directoriums der Vermessungen im Preussischen
18*
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276 Steppes. Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen etc.
Staate in einer Reihe allgemein gebilligter nnd inzwischen durch die
einschlägigen preussischen Verwaltungen auch praktisch zum Vollzug
gebrachter Sätze bereits formulirt. Und es ist gewiss bezeichnend, dass
diese Commission, welcher unter dem Vorsitze des Chefs der .Landes-
aufnahme unter Andern die Ministerial- Decernenten aller am Vermes-
snngswesen betkeiligter Verwaltungen (darunter 4 Geheime Räthe) ange-
hörten, so dass sie wohl von dem Verdachte des Radicalismus verschont
bleiben dürfte; dass diese Commission die Darlegung der fraglichen
Haupterfordernisse mit dem Satze einleitete: „Wo die alten Karten“ —
und, so darf man ergänzen, damit die auf selbe gegründeten Flurbücher
etc. — „nicht mehr genügen, da ist es unbedingt als noth wendig zu
bezeichnen, in voller praktisch erreichbarer Schärfe an die Neubearbei-
tung zu gehen; jede schlechtere Ausführung wäre eine nutz-
lose Vergeudung öffentlicher Mittel.“ (Zeitsehr. f. Vermessungs-
wesen, 1881, S. 44.) Freilich dürften all diese schönen Worte wenig
nützen, wenn man wirklich aus ganz fernliegenden Rücksichten (auf die
sogenannte Schulreform) auf die Dauer vergessen sollte, dass zur Her-
stellung vorzüglicher Vermessungswerke auch ein nicht nur praktisch
geschultes, sondern auch gründlich (an Geist und Charakter) vorgebil-
detes Personal gehört.
Aehnlich liegen die Verhältnisse in den anderen deutschen Staaten.
Man steht dort theoretisch völlig auf dem Standpunkte des preussischen
Centraldireetoriums; man hat auch diesem Standpunkte, soweit es noch
nöthig war, praktisch in manch wichtigen Punkten Rechnung getragen.
Nebenher aber läuft die Nichtberücksichtigung einzelner Haupterforder-
nisse, durch deren Nichtbeachtung der Nutzen aller übrigen Verbesse-
rungen völlig in Frage gestellt wird. Es handelt sich dabei vielfach
um die Nothwendigkeit der Regelung durch Gesetz oder Verordnung,
deren Erlass aber von anderen Ministerien, als denjenigen abhängt,
welchen die Katasterverwaltung unterstellt ist.
Diese kurzen Andeutungen dürften genugsam darthun, dass — wie
bezüglich der Bucheinrichtung und der allgemeinen organischen Einrich-
tungen schon der Natur der Sache nach, so aueh — bezüglich der
Aufstellung von Normen für die Vermessungs werke sich die Justizver-
waltung ebensowenig, wie bezüglich der Kartenfortführung, auf die Vor-
sorge durch andere Verwaltungszweige verlassen dürfe. Der Entwurf
des Sachenrechts mit seinen Motiven erkennt rückhaltalos an, dass das
Grundbuch entsprechender technischer Unterlagen unbedingt bedarf (und
die entgegenstehenden Sätze in den Motiven der Grundbuch -Ordnung
sind voll innerer Widersprüche und wohl auch gar nicht in der Erwar-
tung ausgesprochen, dass ihnen praktisch dauernde Folge gegeben
werden könnte). Von diesem Augenblicke an dürfen sich aueh die
Entwürfe nicht der Festsetzung und Sicherstellung der fraglichen Nor-
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Das Rentengiitergesetz und unsere jungen Landmesser. 277
men entschlafen. Die Entwürfe würden sich sonst ausser Stande er-
klären, wenigstens in ferner Zuknnft für das ganze Reich -die gleichen
Garantien für die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Grundbücher und
damit für den Schutz des Grundeigenthums zu schaffen.
(Fortsetzung folgt.)
Das Rentengürtergesetz und unsere jungen Landmesser.
Die Zeitschrift des Rheinisch-Westfälischen Landmess ervereinB bringt
in ihrem 2. Heft einen Bericht über die Kaisergeburtstagsfeier an der
landwirthschaftlichen Hochschule zu Berlin, von dem ein Auszug auch
jetzt noch interesslren dürfte.
Diesmal fand die akademische Feier im Beisein des Ministers für
Landwirtschaft, von Heyden, statt. Der Stoff des Festvortrages war
besonders geeignet, die Studirenden der Geodäsie zu fesseln und zu
erheben. Der Nationalökonom , Professor Dr. Sering, besprach die
Gesetze, welche unter den preussischen Königen zur Erhaltung des
Bauernstandes erlassen worden sind, und doch nicht verhüten konnten,
dass sich in den Gutsarbeitern ein Bauernproletariat ohne Grundbesitz
und ohne Aussicht auf dessen Erwerb bildete, ausgeschlossen selbst von
der Theilnabme an dem bäuerlichen Gemeindeleben. Diesen Enterbten
komme jetzt, wenn auch spät und für die zahlreichen Ausgewanderten
zu spät, das Re ntengütergesetz zu Hülfe. Was es werde leisten
können, das beleuchtete der Redner an dem Erfolge eines vorbildlichen
Unternehmens, der Besiedelung Posens durch deutsche Bauern.
Der politische Zweck des Änsiedelungsgesetzes für Posen habe
freilich seine sociale Wirkung vielfach erschwert; das werde beim
Schaffen der Rentenguter nicht zu fürchten sein. Es sei vielmehr zu
hoffen, dass die Generalcommissionen und ihre ausführenden Organe,
und nicht zum geringsten die kulturtechnisch gebildeten
Landmesser, ihre hohe Aufgabe so lösen könnten, dass ihr Werk dem
Vaterlande auf Generationen hinaus zum Segen gereichen werde.
Nach dem Vortrage erhob sich Herr Minister von Heyden und
sprach, zu den Studirenden gewandt, er habe durch seine Anwesenheit
bei der akademischen Feier hauptsächlich sein lebhaftes Interesse an
dem Gesetz über die Rentenguter zu Tage legen wollen und danke dem
Redner für die warme Vertretung der socialen Aufgabe, die dieses Ge-
setz unserer Nation stelle. An einem so grossartigen Werk, das gleich
bei seiner Einleitung durch zahlreiche Anmeldungen zu theilender Güter
(100 000 Hektar = 18 geogr. Quadratmeilen) in drei Provinzen sich
technisch als eine Riesenarbeit darstelle, müssten Generationen wirken,
und werde es vielen der anwesenden Studirenden beschieden sein, mit
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278
Patent-Mittheilungen.
Hand anzulegen. Sie möchten sich dazu durch ihre geodätischen und
kulturtechnischen Studien so ernstlich vorbereiten, wie es der erhabene
Zweck ihres künftigen Berufslebens verlange.
Es ging ein grosser Zug durch diese Feier. Die ideale Seite ihres
einstigen Berufes, ihre Bestimmung, mitzuwirken an einer der wichtig-
sten Aufgaben im Leben unserer Kation — die Grundlage unserer Volks-
kraft, einen gesunden Bauernstand uns zu erhalten — konnte der aka-
demischen Jugend nicht schöner vorgeführt werden.
Bering's Vortrag ist seitdem im Buchhandel erschienen.*) Manchen
der Zuhörer mag er in dem Entschlüsse bestärkt haben, die eigene Kraft
dem Werke zu widmen, dessen eingreifende Bedeutung soeben geschil-
dert worden war. Wenigstens sind nach der Osterprüfung dieses Jahres
etwa 10 junge Landmesser von der Berliner Hochschule, und zwar aus-
schliesslich solche von hervorragender Tüchtigkeit, in
den Dienst der landwirthschaftlichen Verwaltung eingetreten. Das ver-
dient Beachtung. Starke jugendliche Geister lockt eben der ideale
Inhalt ihres Berufes. Zeigt ihnen den, und sie werden vor Mühen
und Beschwerden, die ihrer warten, wahrlich nicht zurückschrecken.
Patent- Mittheilungen.
Patent - Ertheilungen.
Kr. 54 835.
Kr. 54 998.
Nr. 55 244.
Nr. 55 594.
Nr. 55 659.
Nr. 55 673.
Nr. 55 806.
Nr. 55 912.
Nr. 55 633.
Curvenmessrädchen , von E. Findeisen in Crailsheim
(Württemberg).
Streckenmesser für Landkarten, von E. L. Bonnefon
in Paris.
Kalenderuhr mit selbstthätiger Regelung beim Monatsanfang,
von H. Sievert in Grossenmarpe.
Quecksilberthermometer mit magnetischer Anzeigevorrich-
tung, von Gebrüder E. u. P. Schön lau in Espenfeld bei
Salzkotten.
Globus für Unterrichtszwecke, von E. Naumann.
Elektrisches Log, von W. P. Granville in London.
Druckvorrichtung an Baummesskluppen, von J. V. Boden -
stein in Königliche Weinberge bei Prag.
Theilungs-Maassstab, von E. Goldschmitt und G. Goller
in Bayreuth.
Zielvorrichtung mit Entfernungsmesser, von B. A. Fiske
in New-York.
*) Arbeiterfrage und Colonisation in den östl. Provinzen Prenssens. Rede
etc. Berlin 1892, Paul Parey.
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Patent-Mittheilungen.
279
Nr. 55 946.
Nr. 56 135.
Nr. 56 132.
Nr. 56 133.
Nr. 56 374.
Nr. 56 073.
Nr. 55 661.
Nr. 55 931.
Nr. 56 660.
Nr. 56 682.
Nr. 56 696.
Nr. 56 712.
Nr. 56 718.
Nr. 56 519.
Nr. 56 528.
Nr. 56 560.
Nr. 56 633.
Nr. 56 865.
Nr. 56 864.
Nr. 57 027.
Nr. 57 192.
Nr. 57 277.
Nr. 57 251.
Verstellbares Zeichenbrett, von E. Agsten und 8. Wett-
engel in Mittweida.
Winkeldrittler, von Hermes in Danzig.
Winkeltheiler für technische Zwecke, von R. Dorr in Elbing.
Desgl., von R. Dorr in Elbing.
Vorrichtung zur Bestimmung der Coordinaten bei Bahnver-
messungen vom Gleis aus, von Th. Stradal in Warnsdorf
(Böhmen).
Entfernungsmesser, von A. Boldt in St. Petersburg.
Vorrichtung zur Ermittelung trigonometrischer Werthe, von
R. Brotherhood in Chepstow (England).
Rechentafel zum Vervielfältigen und Theilen, von H.
Weicker in Darmstadt.
Tellurium, von G. Salter, in Firma G. Salter & Co.
in West Bromwich, W. Parkes in Birmingham und Th.
Hadley in Oldbury.
Mikroskop-Beleuchtungsspiegel flir auffallendes Licht, von
G. Seile in Berlin.
Elektrische Registrirvorrichtung mit selbstthätiger Aufziehung
des zugehörigen Uhrwerks durch bei den einzelnen Regi-
strirungen frei werdende Kräfte, von Hartmann & Braun
in Bockenheim-Frankfurt a. M.
Zeichengeräth zum Ziehen paralleler Linien und zum Theilen,
von Mendle & Löwy in Wien.
Schublehre mit selbstthätiger Feststellvorrichtung, von E.
Kölle in Esslingen.
Elektrischer Compass mit Cursverzeichner, von J. Ritter
von Peichl in Fiume.
Mes8rad-Curvenme8ser, vonK. Demmel in Bias bei Zerbst.
Kegelschnittzirkel, von C. Hildebrandt in Braunschweig.
Elektrischer Temperaturmessapparat, von Hartmann &
Braun in Bockenheim-Frankfurt a. M.
Zeiger-Metallthermometer, von C. Admiraal in Ryp, Nord-
Holland.
Justireinrichtung für MetaUthermometer , von 0. Möller
in Hamburg.
Entfernungsmesser mit Latte, von A. Barr in Glasgow und
W. Stroud in Leeds (England).
Gravirvorrichtung zur Ausführung von Compasseintheilungen
von V. le Comte Ourdan in Washington.
Als elektrischer Compass eingerichteter Fluidcompass, von
J. Ritter von Peichl in Fiume.
Entfernungsmesser für Kriegszwecke, von C. Erle in Wien
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280
Patent-Mitthüilungen.
Nr. 57 282. Fernrohr mit Einrichtung zum Messen von Entfernungen,
von Dennert & Pape in Aitona. (Zusatz zum Patente
Nr. 51 805.)
Nr. 57 407. Doppelfernrohr mit einstellbarem Axenabstand, von G. Ro-
denstock in München.
Nr. 57 438. Vorrichtung zum Senkrechthängen eines Instrument- oder
Absteckstabes, von Gögler in Strassburg.
Nr. 57 663. Apparat zum Aufzeichnen von Central- und Orthogonal-
projectionen, von P. Fiorini in Turin.
Nr. 57 678. Winkelmesser, insbesondere fUr Unterrichtszwecke dienlich,
von 0. Ohmann in Berlin.
Nr. 57 681. Messzirkel mit Bogenscala von rautenförmigem Querschnitte,
von R. Bauer in Hamburg.
Nr. 57 718. Apparat zur Bestimmung von Höhenunterschieden nach Art
der Schlauchwaage, von W. Seibt und R. Fuess in Berlin.
Nr. 57 470. Apparat zum Aufträgen von Färbe- und KlebdUssigkeiten,
von T. Remus in Dresden.
Nr. 57 838. Rechenvorrichtung, von H. C. Hart in Detroit, V. St. A.
Nr. 57 890. Absteckgeräth zum Zeichnen von Karten und dergl., von
H. Friedei in Düsseldorf.
Nr. 57 935. Zusammenlegbarer Entfernungsmesser, von H. Classen
in Ansbach.
Nr. 57 965. Entfernungsmesser aus einem Doppelfernrohr gebildet, von
H. von Krottnauer in Berlin.
Nr. 58 101. Richtscheit zur Bestimmung von loth- und waagerechten
Lagen, von P. Krebs und L. Menz in Berlin.
Nr. 58 143. Instrument zum Bestimmen und Anzeigen der Längen- und
Breitengrade, sowie des Sehiffskurscs, von J. O’Neil in
New-York.
Nr. 58 220. Baumhöhenmesser, von T. Christen in Bümpliz bei Bern.
Nr. 58 336. Messschraubenlehre mit Lochmessvorrichtung, von Sautter
& Messner in Aschaffenburg.
Nr. 58 775. Apparat zur Darstellung von Planetenschleifen , von E.
Naumann in Konstantinopel.
Nr. 58 778. Vorrichtung zum Messen oder Absetzen von Entfernungen
und Winkeln, von A. Barr in Glasgow und W. Stroud
in Leeds (England).
Nr. 58 785. Messstabhalter, von G. Häussermann in Strassburg.
Nr. 58 580. Zeichentisch, von G. A. Schütz in Wurzen i. S.
Nr. 59 032. Zirkel zum Anreissen der Mitte zwischen zwei Punkten,
von K. Oertel in Hamm i. W.
Nr. 58 976. Ablesevorrichtung an Baummesskluppen, von J. G. Lorenz
in Rodeneck und A. Berger in Zellberg, Oberbayern.
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Patent-Mittheilungen.
281
Nr. 59 123.
Nr. 59 124.
Nr. 58 972.
Nr. 59 017.
Nr. 59 269.
Nr. 59 345.
Nr. 59 682.
Nr. 59 745.
Nr. 59 755.
Nr. 59 636.
Nr. 59 764.
Nr. 59 797.
Nr. 59 773.
Nr. 59 393.
Nr. 59 799.
Nr. 59 909.
Nr. 59 956.
Nr. 59 911.
Doppelfernrohr mit Compass , von E. G. King in San
Francisco.
Aneroidbarometer, von Dennert & Pape in Altona.
Apparat zum Zeichnen nach der Natur, von J. Sch weil
in Ramsen (Schweiz).
Taschensonnenuhr zum Gebrauche bei bedecktem Himmel,
von M. Küster in Freienwalde, Oder.
Auf WiderstandsmeBSung beruhender elektrischer Entfer-
nungsmesser, von B. A. Fiske in New-York. (Zusatz
zum Patent Nr. 47 747.)
Vereinigte Schub- und Schraublehre, von F. Wagener in
Leipzig-Reudnitz.
Differential - Dampfspannungsthermometer mit Einrichtung
zum Fernmelden der Temperatur, von H. Hartl in Reichen-
berg i. B.
Stativ mit zusammenschiebbaren Schenkeln, vonWestphal
& Etzold in Leipzig.
Verstellbarer Temperaturmelder, von Th. Weisser in
Vöhrenbach, Baden.
Vorrichtung zum Messen von Linsen, von Geneva Optical
Company in Chicago.
Compensationsplatten - Thermometer, von 0. Möller in
Hamburg.
Justirvorrichtnng an Messstangen, von L. Fetz er in Bibe-
rach (Oberschwaben).
Rechenmaschine, von F. Cuhel in Prag.
Wassertiefenmesser, von G. A. Rung in Kopenhagen.
Rechenvorrichtung, von E. E. Mattson in Siljarnas
(Schweden).
Ortfinder für Landkarten, Pläne u. dergl., vonG. Freytag
und Berndt in Wien.
Tiefenloth, von C. S. Ritter von Ilanor in Wien.
Tragbare Sonnenuhr, von A. Verbeek in Dresden.
Patent - Beschreibungen.
Apparat zur Bestimmung von Höhenunterschieden nach Art
der Schlauchwaage
von
Dr. Wilhelm Seibt & R Fuess in Berlin.
D. R.-P. Nr. 57 718.
An einem Maassstabe A (s. Fig. 1), auf welchem seiner ganzen
Länge nach eine Millimetertheilung aufgetragen ist, deren Nullpunkt
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282
Patent-Mi ttheilangen.
in der stählernen Endfläche des Maassstabes liegt, gleitet ein Schieber
B, dessen jeweilige Stellung an einem */20 mm angebenden Nonius ab-
gelesen werden kann. Mit dem Schieber B ist ein in eine starke Metall-
fassung eingelagerter hohler, zur Auf-
nahme von Wasser bestimmter, einige
Decimeter langer Glascylinder C fest
verbunden, dessen Enden durch Mes-
singkapseln dicht verschlossen sind.
Den Zutritt bezw. den Abfluss des
Wassers in den Glascylindern C ver-
mitteln die in den vorerwähnten Kap-
ne ».
r sein befindlichen Hähne H und IP.
BDie Metallfassung des Glascylindere
C trägt das Ablesemikroskop M, dessen
optische Axe mit dem Nnllstrich des
Nonius in einer Ebene liegt.
Im Glascylinder C befindet sich ein
Schwimmkörper aus schwarzem Glas,
auf dessen oberes, convex gestaltetes
und um ein Weniges aus dem in dem
Glascylinder C befindlichen Wasser
hervorragendes Ende der Horizontal-
faden des Mikroskops einzustellen ist
An Stelle des Mikroskops könnten vielleicht noch einfacher und zweck-
mässiger die Oberkanten zweier diametral angebrachten Ausschnitte in
einer sich mikrometrisch mit einem Nonius vorbeischiebenden Metallhfllse
als Ablesevorrichtung dienen (Fig. 2).
Angewandt wird der Apparat in folgender Weise:
In den einzunivellirenden Punkten wird je eins der im Vorher-
gehenden beschriebenen Instrumente senkrecht aufgestellt; hierauf ver-
bindet man beide Instrumente durch einen dichten, mit Wasser gefüllten
biegsamen (Gummi-) Schlauch und gestattet dem in den Glascylindern
befindlichen Wasser durch entsprechendes Oeffnen der Hähne und durch
zweckentsprechendes Verschieben der Glascylinder an dem Maassstabe
sich in ein gleiches Niveau zu stellen. Nach ganz kurzer Zeit kommen
die Schwimmkörper völlig zur Ruhe und dann erfolgt die mikroskopische
bezw. mikrometrische Einstellung auf die Kuppen dieser Körper, worauf
an dem Nonius der Höhenunterschied der beiden Aufstellungspunkte des
Apparats unmittelbar abgelesen werden kann.
Nach der Meinung der Erfinder gewährt der Apparat gegenüber
den älteren Schlauchwaagen eine wesentlich erhöhte Genauigkeit.
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BUcherschau.
283
Aneroidbarometer
von
Dennert & Pape in Altona.
Mit dem in bekannter Weise auf der einen Seite der Kapsel a
(Fig. 1—3) angeordneten Zapfen b ist ein zweiarmiger Hebel d bei c
gelenkartig verbunden. Ueber das freie Ende dieses Hebels d ist eine
Hülse g geschoben, deren geschlossenes zugespitztes Ende h von einer
Feder f stetig in die steile, schraubenförmige Nuth i der zwischen den
Wangen mm1 gelagerten, den Zeiger l tragenden Spindel k gedrängt wird.
Der Stützpunkt n des Hebels d ist auf einer mit der Montirungs-
platte A starr verbundeneu gabelförmigen Platte p verstellbar ange-
ordnet, um hierdurch die Schwingungsverhältnisse des freien Hebelendes
entsprechend regeln zu können. Infolge der Anordnung der stetig vor-
geschobenen Hülse g wird die Spitze h derselben bei der Schwingung
des Hebels d um seinen StUzpunkt n immer in der Nuth * der Spindel
k gehalten und ertheilt der letzteren und dem Zeiger l infolge der
schraubenförmigen Gestalt der Nuth * eine entsprechende Drehbewegung
nach Maassgabe der Durchbiegung der Kapsel a in der einen oder
anderen Richtung.
Bücherschau.
1 eröffenllichung des Königl. Preussischen Geodätischen Institutes. Das Berliner
Basisnetz, mit 2 Tafeln. Berlin. Druck und Verlag von P. Stankiewicz’
Buchdruckerei. 1891. 87 Seiten 4° mit 2 Tafeln.
Die schon im Jahre 1845 von Baeyer zu seiner „Küsten Vermessung“
bei Berlin mit dem Bessel’schen Apparat gemessene, 2336 Meter lange
Grundlinie wurde im Jahre 1880 von dem geodätischen Institute mit
by GooqI
284
Blichersehau.
dem neuen Brunner’schen Apparate nachgetnessen (parallel zur alten
Linie im Abstand von 34 Meter) und das zugehörige Basisnetz wurde
1885 — 1887 trigonometrisch bestimmt.
Marienfelde
Buckow
Berliner Basisnet!. Maasastab 1:200000. — . ... , , ......
„ Das eigentliche rhombische Netz
(AC' = 2mm/. °
_ , ist m nebenstehender Figur gezeichnet,
o Ue eP9 und ein weiteres Netz von 6 Punkten
schliesst sich noch daran an.
Die Punkte A, B, C sind in
diesem Netze doppelt vorhanden,
nämlich Aa, Ba, Ca für die alte Basis
und An, Bn, C„ ftlr die neue Basis
und in den Winkelmessungen sind alle
von A oder nach A, B, C gehenden
Sichten entsprechend doppelt.
Zu den Winkelmessungen in diesem
Netze wurde ein lOzölliges Universal-
instrument benutzt, welches schon
früher bei dem Rheinischen Dreiecksnetze gedient hatte, aber im Winter
1885 — 1886 eine neue Theilung von Wanschaff erhielt. Vor dieser
Neutheilnng geschahen die Messungen in 12 Kreisständen mit je 3facher
Wiederholung, also in 36 Sätzen, nach der Neutheilnng nur noch mit
2facher Wiederholung, also in 24 Sätzen; in der Netzausgleichung wurde
auf diese kleine Verschiedenheit keine Rücksicht genommen.
Ziethei.
Das Basisnetz hat 7 Punkte, 16 je gegenseitig beobachtete Sichten
(also 32 Richtungen) und giebt hierfür 5 Seitengleichungen und 10
Winkelgleichungen. Dabei ist zunächst gänzlich davon abgesehen, dass
die Basistheile AB und B C linear gemessen wurden, und die Aus-
gleichungen für die beiden Netze Na und Nt, (entsprechend den oben
erwähnten Aa, An u. s. w.) hängen in den Punkten A, B, C selbst
auch nicht zusammen. Die Ausgleichung gab für diese beiden Netze
folgende mittlere Richtungsfehler (S. 42)
Na = ± 0,54" Nb=± 0,60"
Es wurde nun zunächst die alte Basis auf die neue übertragen und
dann die Länge A C in jedes der Netze besonders eingeführt.
Die Theillängen AB und B C, welche auf diesem Wege trigono-
metrisch berechnet werden, Stimmen nun mit den unmittelbar gemessenen
Theilen AB und BC natürlich nicht, weil hierfür keine Zwangs-
Seitengleichung in die Ausgleichung eingeführt worden war. Ob und
unter welchen Gewichtsannahmen dieses nützlich wäre, dürfte von vielen
Erwägungen abhängen, wir erlauben uns nur die Bemerkung, dass die
auf S. 43 dagegen angeführten 3 Gründe das Wesen der Frage nicht
treffen.
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Biichersohan.
285
Von allgemeinerem Interesse sind noch die Fehlerbestimmnngen
S. 70 u. ff.
Die schon oben erwähnte besondere Anordnung von je 3—2
Wiederholungen eines Satzes bei gleichem Kreisstande führt zu
einer wichtigen Fehlervergleichung mit oder ohne Theilungsfehler.
Man kann nämlich aus den Standmitteln einen mittleren Felder ohne
Theilungsfehler berechnen S. 72—73:
M, = ± 0,885" altes Netz und ± 0,820" neues Netz
ferner aus der Stationsausgleichung:
Mn = ± 1,298" und ± 1,163"
also Einfluss der Theilungsfehler:
M, = V Mn*— W = ± 0,960" und ± 0,825'
Diese M gelten für die Gewichtseinheit, d. h. (nahezu) für eine
Richtung, wie gewöhnlich in 2 Fernrohrlagen mit 2 Mikroskopen.
Die Grösse von Mt , welche so gross oder fast noch grösser als
M, ist, scheint uns einen wichtigen Fingerzeig für die Praxis zu geben,
in Uebereinstimmung mit Erfahrungen auch von anderer Seite, dass
nämlich der unregelmässige Theilungsfehler Mt einen ganz erheblichen
Antheil der Gesammtfehler ausmacht. (S. 72 und S. 80.)
Die darauf folgenden Fehlerbestimmungen im Netz (S. 75) geben
dreimal so grosse Beträge als auf den Stationen, was aus Seitenrefraction
und dergl. erklärt wird. Die Schluss-Uebertragungswirkung des ganzen
Basisnetzes (S. 81—54) ist günstig.
Auf eine Studie betreffs der bekannten Wirkung ungleicher Ge-
wiehtsvertheilung im Basisnetze ist der Verfasser nicht eingegangen.
Im astronomischen Theil S. 84—87 berührt uns die Mittheilung,
dass der Marienthnrm in Berlin, welcher als Zielpunkt des wichtigen
Orientierungs-Azimutes gedient hat, seit 1846 eine Verschiebung von
0,1 bis 0,2 wahrscheinlich erlitten hat. J.
Höhenschichtenkarte des Grosshsrzogthutns Hessen im Maassstabe von 1:25000.
Im Anschluss an die im Bande XX, Seite 95 dieser Zeitschrift ent-
haltenen Veröffentlichung ». ird hiermit bekannt gemacht, dass von der
vorbezeichneten Höhenschichtenkarte weiter die zwei Blätter Schaaf-
heim und Neustadt erschienen sind.
Der Vertrieb dieser Karten erfolgt durch die Jongkaus'sche Hof-
buchhandlung (Verlag) in Darmstadt. Der Preis eines jeden Blattes
beträgt 2 Mark; Civil- und Militärbehörden erhalten die Karten zum
halben Preis.
Die Verhältnisse des Eisenbahn-Landmessers, verglichen mit denen seiner Collegen
in der Kataster- und landwirthschafllichen Verwaltung.
Eine so betitelte Denkschrift ist der Redaction zugegangen, kann
aber ihres bedeutenden Umfangs wegen nicht zum Abdruck gelangen.
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286
Personalnaohrichten .
Der 1. Abschnitt handelt von den Anstellung^- und Besoldungsverhältnissen
der Landmesser überhaupt und zwar a. der Eisenbahnlandmesser bei
Vorarbeiten oder Neubauten, wie beim Betrieb, b. der bei der Kataster-
verwaltung und c. der bei der landwirtschaftlichen Verwaltung beschäf-
tigten und angestellten Landmesser. Der Verfasser gelangt dabei zu
dem in dieser Zeitschrift wiederholt bereits betonten Ergebnisse, dass die
Eisenbahnlandmesser bezüglich ihrer äussern Lage gegen die Collegen
bei den anderen Verwaltungen namhaft zurtlckstehen, während doch,
wie in Abschnitt II der Abhandlung näher ausgeführt ist, die Aufgaben
der Eisenbahnlandmesser hinter denen der Landmesser bei den anderen
Verwaltungen nicht zurückstehen. Im III. und IV. Abschnitte sind
sodann die Dienstverhältnisse der Eisenbahnlandmesser noch näher
erörtert. Insbesondere wird geltend gemacht, dass an letztere höhere
Anforderungen gestellt werden, als an die übrigen technischen und
nichttechnischen Eisenbahnsecretaire. Wenn also auch dieser Titel ein
durchaus ehrenvoller sei, so sei doch das Streben nach dem Titel eines
königlichen Eisenbahnlandmessers und nach materieller Gleichstellung
mit den Landmessern der übrigen Verwaltungen ein wohlberechtigtes.
St.
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. Die Landmesser, Vermessungsrevisoren
Fuchs zu Elbing, Hilscher zu Bromberg und Hennerici zu Erfurt sind
zu Oberlandmessern ernannt worden. —
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Kataster-
controleur, Steuerinspector Buschik zu Kulm den Character als Rechnungs-
rath und dem Vermessungsrevisor Flierbaum zu Osterode a. H. den
Rothen Adler- Orden 4. CI. zu verleihen.
Königreich Bayern. Zum Kreisgeometer bei der Regierung
der Pfalz zu Speyer wurde der Geometer Adam Straub in Kaisers-
lautern ernannt.
Königreich Sachsen. 1. Der im Königlichen Centralbureau
für Steuervermessung in Dresden angestellte geprüfte Feldmesser Hugo
Naumann ist am 1. April aus dem sächsischen Staatsdienst ausgetreten
und hat das ihm vom Rath der Stadt Chemnitz übertragene Amt
des Stadtgeometers daselbst übernommen.
2. Der geprüfte Feldmesser Bruno Schräber hat seine Stellung im
Königl. Centralbureau für Steuervermessung in Dresden am 1. April
freiwillig aufgegeben und sich in Lübau als Privat-Geometer niedergelassen.
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Unterricht und Prüfungen. — Vereinsangelegenheiten. 287
\
Unterricht und PrOfungen.
Nachweisung derjenigen Landmesser, welche die
Landmesserprüfnng im Herbsttermine 1891 bestanden haben.
Lau-
fende 1
Nr.
Namen
Bezeichnung der
Prüfungscommission.
1
Adamczyk, Franz
Berlin
2
Bendey, Karl
Poppelsdorf
3
Brandenburg, Hermann
Berlin
4
Bruttig, Christian
Poppelsdorf
5
Clement, Eduard
Poppelsdorf
6
Ebbecke, Karl Wilhelm Christian .
Berlin
7
Grossmann, Gustav
Berlin
8
Hesmkes, Josef
Poppelsdorf
9
Hildebrand, Georg Friedrich Wilh.
Berlin
10
Hoppenrath, Walter
Berlin
11
Kämpfert, Franz Christ. Karl Alb.
Berlin
12
Kopp, Max Friedrich Wilhelm....
Berlin
13
Kremers, Heinrich
Poppelsdorf
14
Lieftucht, Bernard August
Poppelsdorf
15
Loepthien, Heinrich
Berlin
16
Neumann, Vincent Michael#-
Berlin
17
Ose, Adalbert
Berlin
18
Röhrig, William
Berlin
19
Rück, Johannes Hermann
Berlin
20
Schütter, Wilhelm
Poppelsdorf
21
Waehner, Ernst
Poppelsdorf
22
Wittenhagen, Kurt Paul Wilhelm .
Berlin
23
Zachariae, Heinrich August Sophus
Berlin
Vereinsangelegenheiten,
An
die Mitglieder des Deutschen Geometervereins.
Seit Jahren gehen mir von den Vereinsmitgliedern zahlreiche
Einsendungen zu, die zum Geschäftskreise der Redaction der Zeitschrift
für Vermessungswesen gehören. Es befinden sich darunter sogar rein
geschäftliche Angelegenheiten, wie z. B. Anfragen, ob für irgend einen
Artikel Honorar gezahlt wird, Ersuchen um Rückgabe von Holzstöcken
u. dgl. mehr. Alle diese Fragen können selbstverständlich nur von der
Redaction entschieden werden, meine Mitwirkung dabei kann sich nur
auf die Weitergabe der an mich gelangten Einsendungen erstrecken.
Es erwächst mir daraus aber eine Arbeitslast, welche z. Zt. für
mich um so drückender ist, als ich durch die Führung der Kassen-
geschäfte ohnehin sehr in Anspruch genommen bin.
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288
V ereinsangelegenheit en.
Ich richte daher an die geehrten Vereintmitglieder die dringende
Bitte, nur solche Sendungen, welche sich auf sonstige Vereinsangelegen-
heiten beziehen, an mich, alle auf die Zeitschrift bezüglichen Eingaben
aber an eins der Mitglieder der Redaction richten zu wollen.
Falls meine Mitwirkung auch bei solchen wünschenswerth scheinen
sollte, so wird die Redaction mich dabei in Anspruch nehmen.
L. Winckel,
z. Z. Vorsitzender des Deutschen Geometerveretns.
Thüringer Geometerverein.
Nachweis Uber den Stand, Abgang und Zugang der im Thüringer
Geometerverein bestehenden Versicherungsabtheilung.
1891.
•O Q
if
Ver-
sicherungs-
Kapital
Jt | A
jährl.
Prämien
M | A
Guthaben
der
Mit-
glieder
M | A
Allg
mein
Font
Jt
e-
er
ls
A
Gesammt-
Ver-
mögen
M | A
Stand Ende 1890..
15
116500
—
3561
09
1260 j 68
427
51
1687
99
Hierzu:
für zu wenig ein-
gestelltes Guthaben
»
6 12
Hiervon :
fiir zu viel berecli-
nete Zinsen
1
3
34
Wirkl. Stand 1890.
15
116500
3561
9
1266 1 80
423
97
1690
77
Zugang von 1891 .
—
—
—
—
71 22
56
06
127
28
Stand 1892
15
116500
—
3561
09
1338 02
480
03
1818
05
V ermögensnachweis :
1. Bei der Sparkasse in Karlsruhe
2. Bei der Sparkasse in Eisenach
3. Ausgeliehene Capitalien
4. Rückständige Zinsen
5. Baares Geld
Summa
1205
60
174
91
427
04
10
42
~
08
1818
05
Eisenach, den 16. Febr. 1892.
der d. Z. Kassircr
Fr. Kästner.
Weimar, den 24. Febr. 1892.
Abschluss geprüft u. richtig befunden
G. Schnaubert,
d. Z. Vereinsvorsitzender.
Inhalt.
Grössere Mittheilungen: Einsinken der Nivellirinstrumente und der Latten, von
Jordan. — Ueber Nivellirstative, von Jordan. — Das Grundbuch im Ent-
würfe eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, von C. Steppes.
(Fortsetzung.) — Das Rontengütergesetz und unserere jungen Landmesser. —
Patent-Mittheilungen. — Btlcherschau. — Personalnachrichten. — Unterricht u. Prüfungen.
— Vereinsangelegenheiten.
Verlag von Konrad Wittwer, Stuttgart. — Druck von Gebrüder Jänecke in Hannover.
289
ZEITSCHRIFT für VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover, Steuer-Rath in München.
1892. Heft 10. Band XXI.
9* 15. Mai.
Dienstvorschriften für die in der Provinz Hannover
beschäftigten Specialcommissare und Vermessungs-
beamten.
Berlin bei Parey, 1891. 3 Theile. 25 Mk.
Man kann diese Dienstvorschriften als neue, vermehrte und verbes-
serte Auflage der 1887 von der Königlichen Generalcommission zu Cassel
dir ihren Geschäitsbezirk herausgegebene Geschäftsanweisung mit den-
jenigen Abweichungen bezeichnen, die die hannoverschen Sonderverhält-
nisse und vornehmlich das hannoversche Verfahrens-Gesetz vom 30. Juni
1842 bedingen.
Vermehrt sind die Dienstvorschriften durch Einfügung eines die
Bestimmungen Uber das Kostenwesen enthaltenden Theils. Verbessert
sind sie, abgesehen von andern Dingen, schon dadurch, dass alle fremd-
sprachlichen Ausdrücke, soweit sie eine zwanglose Uebertragung ins
Deutsche gestatteten, durch deutsche Bezeichnungen ersetzt worden sind,
z. B. das schon lange nicht mehr in seiner ursprünglichen Bedeutung
gebrauchte Wort Brouillonkarte durch Urkarte, Bonitirung durch
Schätzung, Specialextracte aus dem Vermessungs- und Bo-
citirungsregi ster durch Besitzstandsrolle, Recess durohThei-
lungs urkunde u. s. w., also durch Worte, die den Vorzug haben,
dass auch jeder Bauersmann sie versteht.
Der erste Theil des Werkes handelt in seinem ersten Abschnitte
von der dienstlichen Stellung und Thätigkeit der Beamten, im
zweiten von dem allgemeinen Gang des Verfahrens und den commis-
sarischen Geschäften. — Im ersten Abschnitt haben wir einen wesent-
lichen Fortschritt in Bezug auf die Organisation des Dienstes zu ver-
zeichnen. Es ist nämlich den älteren Vermessungsbeamten, deren Con-
sole jüngere, noch nicht selbständig beschäftigte Landmesser unterstellt
sind, einerseits zur Pflicht gemacht, für deren ordnungs-
Zeitschrift für Vermesanngswesen. 1892. Heft 10. 19
Digitized by Google
290 Dienstvorschriften fnr <lie in der Provinz Hannover beschäftigten
mässigc Ausbi ldung in den Aaseinandersetzungsgeschäften
zu sorgen, sie insbesondere mit den bei Bearbeitung der
Folgeeinrichtungs- und Ei nth eilungs - Entwürfe in Frage
kommenden technischen und landwirtschaftlichen Gesichts-
punkten, so wi e mit den einschlägigen gesetzlichen Bestim-
mungen gehörig vertraut zu machen und ihre Arbeiten zu
überwachen, andererseits hat man ihnen aber auch an
Stelle des Commissars das Recht zugestanden, den aus-
zubildenden jüngeren Vermessungsbeamten die von ihnen
zu erledigenden Arbeiten zuzuweisen. Dadurch, dass hier
Rechte und Pflichten fest umschrieben sind, wird zweifellos
die Ausbildung der jungen Berufsgenossen zu tüchtigen Auseinander-
setzungs - Landmessern in bessere Bahnen gelenkt !
* i
Auch im zweiten Abschnitt des ersten Theils haben wir Fortschritte
zu verzeichnen. Insbesondere ist die auf Seite 89 getroffene Bestimmung
im Interesse der bearbeiteten Gemeinden freudig zu begrüssen, dass nur
unter äusserst zwingenden Gründen die Ausarbeitung des Aus-
einandersetzungs-Plans einem andern Vermessungsbeamten übertragen
werden soll, als dem, der die Einschätzung geleitet und dadurch eine
genaue Kenntniss der wirthschaftlichen und der Bodenverhältnisse in der
Gemeinde gewonnen hat. Die Bestimmung beweist, dass die General-
commission zu Hannover die Planzutheilung keineswegs als blosses Rechen-
exempel betrachtet, wie die Sache von juristischer Seite mitunter hin-
gestellt wird. — Im Allgemeinen räumen auch die weiteren Bestimmun-
gen der hannoverschen Dienstvorschriften dem Sachiandmesser eine we-
sentlichere Mitwirkung an der Planbearbeitung ein, als irgend eine der
bekannten Geschäftsanweisungen dies vorher gethan hat, *) wenn dies
*) Man mnss sich hierbei vergegenwärtigen, dass die eigentlichen Zu-
sammenlegungsgeschätte in der Provinz Hannover bis znm Jahre 1883
ganz in den Händen der Techniker lagen. Bis dahin bestand nach dem Gesetz
vom 30. Juni 1842 in Hannover die Theilungscommission aus einem Rechts-
kundigen und einem Techniker. Der Rechtskundige war in der Regel ein
Richter aus dem betreffenden Bezirk und führte seine commissarischen Geschäfte
im Nebenamt, er wurde für Rechtsfragen und gewisse Termingeschäfte, zu Ver-
eidigt ngen etc. zugezogen. — Die Leitung der Verhandlungen stand aber dom
technischen Commissar zu, der nach besonders abgelegter Prüfung aus den
Vermessungsbeamten hervorging. — Erst durch das Gesetz vom 17. Januar
1883 wurde „die Theilungscommission“ nach Analogie der Gesetzgebung
in den altländischen Provinzen durch „den Commissar“ ersetzt. Interessant
ist die Begründung dieser Abänderung in den Motiven zu dem Gesetzentwurf
(Abgeordnetenhaus- Verhandlungen 1882 — 83, Bd. I der Anlagen Seite 59) gegen-
über der Wendung, die die Dinge thatsächlich infolge der Abänderung genommen
haben. — Wir schicken zum richtigen Vcrständniss der Sachlage die Bemerkung
voraus, dass in Hannover nach § 2 des Gesetzes vom 2. April 1842 Streitig-
keiten über Berechtigungen, welche unabhängig von einem Zusammenlegnngs-
verfahren hätten entstehen können und dann in den Weg Rechtens gehört haben
Digitized by Googh
Specialcominissare und Vermcssungsbeamten.
29J
auch mehr zwischen als in den Zeilen ausgedrückt ist. So sagt z. B.
die Casseler Geschäftsanweisung im § 110, Theil I noch, dass die gene-
relle Plandisposition vom Sach commissar unter Zuziehung des Ver-
messungsbeamten aufgestellt werden soll und im § 111 ermahnt sie den
Commissar ganz besonders, sich ja immer bewusst zu bleiben, dass
ihm die endgültige Bestimmung der Planlage allein zu-
steht. Die hannoverschen Dienstvorschriften sagen in § 66 zwar auch,
dass der allgemeine Planentwurf vom Sachcommissar mit dem Sachland-
mes8er aufgestellt werden soll, aber sie weisen die schriftliche Ausar-
beitung desselben direct dem letzteren zu. Und der folgende § 67
der hannoverschen Dienstvorschriften lässt die erwähnte Vermahnung an
den Commissar ganz weg und ermahnt ihn nur noch, sich von dem
Fortschreiten des durch den Sachlandmesser auszuarbeitendeu besonderen
Eintheilungsentwurfs in steter Kenntniss zu halten und sich mit dem-
selben so vertraut zu machen, wie die ihm später obliegende
Vertretung des Planes — (der hannoversche Commissar entscheidet in
würden, vor die ordentlichen Gerichte gehören. — Es heisst nun in den gedachten
Motiven: „Da eigentliche Rechtsstreitigkeiten von der Zuständigkeit der Aus-
einandersetznngsbehörde ausgeschlossen und die Entscheidung der Theilungs-
commission ihrer wesentlichen Bedeutung nach überwiegend sachverständige
oder solche Festsetzungen sind, welche den technischen Theil des Verfahrens
betreffen, so fand der Rechtskundige kein genügendes Feld seiner
Thätigkeit, während seine Theilnahme an den Terminen und Entscheidungen
mitKosten und Weiterungen verbunden war. Nach § 4 der Geschäftsanweisung
der Generalcommission hat das technische CommiBsionsmitglied mit Ausnahme
bei der Aufnahme von Syndikaten und Vollmachten regelmässig die Leitung
der Sache, einschliesslich der Verhandlung und Protokollfiihrung in den Terminen,
sowie die Führung der vollständigen Acten. Es empfiehlt sich daher, das
bloss rechtskundige Mitglied ausscheiden und an die Stelle der
bisherigen Theilungscommission einzelne Commissare, wie im alt-
ländischen Verfahren, treten zu lassen. Hierin kann eine Beein-
trächtigung des Rechtsschutzes der Parteien um so weniger ge-
funden werden, als schon jetzt die von den Landesökonoiniec on -
ducteuren — (so Messen dio zu Commissaren beförderten Vermessungsbe-
amten) — vor ihrer Beförderung zu solchen nach der Bekannt-
machung des Ministeriums des Innern vom 1. November 1856
(Hannov. Gesetzsammlung S. 417) abzulegonde Prüfung sich auch auf
die Kenntniss der Theilungs- und Verkop p ol ungsgese tze und
Instructionen erstreckt u. s w.u — Nach dieser Begründung hätte man
wohl glauben können, dass das damalige Ministerium weniger Gewicht auf
juristisch als auf technisch vorgebildcte Commissare gelegt hätte. — DioThat-
saehen beweisen aber das Gegcntheil. Während nämlich nach den amtlichen
Veröffentlichungen in der Zeitschrift für Landeskulturgesetzgebung Bd. 26 von
den 35 im Jahre 1883 in der Provinz Hannover dauernd beschäftigten Com-
missaren nur einer aus der Klasse der Assessoren, 34 aus der Klasse der
Techniker hervorgegange.n waren, sind dort augenblicklich (Zeitschr. f. L. Bd. 31)
von 21 dauernd beschäftigten Commissaren nur noch 10 aus der Klasse der
Techniker, dagegen 11 aus der Klasse der Assessoren vorhanden. Vermessungs-
beamte werden unsere Wissens überhaupt nicht mehr zu Commissaren befördert.
19*
tized by Google
292 Dienstvorschriften für die in der Provinz Hannover beschäftigten
Auseinandersetzungsangelegenheiten zugleich in erster Instanz) — es er-
fordert. — Während ferner die Casseler Geschäftsanweisung, Seite 600,
Theil I, die Leitung des Ausbaues der neuen Wege, Gräben etc. „der
Specialcommission“ — und das ist nach der hier geltenden Verordnung
vom 20. Jnui 1817 der Commissar allein — zuweist und ausdrücklich
bestimmt, dass die endgültige Abnahme derselben durch den Commis-
sar erfolgen soll (§ 138 f. Seite 166, Theil I), so ist in den hanno-
verschen Dienstvorschriften die Leitung des Ausbaues und die Abnahme
desselben direct dem Sachlan dmesser zugewiesen (§ 72, Seite 116,
117, Theil I). Wir haben alle Ursache uns Uber diese Aenderungeu zu
freuen und können nur wünscheu, dass die Behörden im Interesse der
Sache demnächst bei Abfassung eines neuen Landesculturgesetzes an
Stelle unserer nicht mehr zeitgemässen Gesetzgebung von 1817 und 1821
die den Technikern hier gemachten Zugeständnisse auch gesetzlich
anerkennen.
Diese Zugeständnisse würden der Generalcommission zu Hannover
vielleicht mehr Landmesser Zufuhren, als den übrigen Generalcommissionen,
wenn nicht andererseits auch Bestimmungen neu eingeführt wären, die
die Landmesser sehr unangenehm berühren müssen. Hierhin gehört in
erster Linie die auf Seite 44 im ersten Abschnitte von Theil I neu getroffene
Bestimmung, dass der Commissar angewiesen ist, den Landmesser so-
wohl bei häuslichen als auch bei örtlichen Arbeiten minde-
stens einmal im Monate zu revidiren, und dass dies geschehen, im Tage-
buche des Vermessungsbeamten zu vermerken. Zwar ist gesagt, dies
solle geschehen, damit der Commissar einen Ueberblick Uber die Thä-
tigkeit des Vermessungsbeamten behalte, allein wir können diesen Grund
als stichhaltig nicht gelten lassen, denn diesen Ueberblick kann er voll-
kommen genügend schon aus dem Geschäftsplan, dem monatlich
einzureichenden Tagebuch und den am Schluss desselben (nach
Anlage 24) zusammen zu stellenden Nach Weisungen über den
Umfang der einzelnen in dem betreffenden Monat fertig
gestellten Arbeiten erlangen. Es muss nämlich der Auseinander-
setzungs-Landmesser, auch der bejahrte, in seinem monatlich einzu-
reichenden Tagebuche nach Dreissigtheilen des achtstündigen Arbeits-
tages d. h. also nach viertelstündlichen Zeitabschnitten im
Einzelnen uachweisen, was er gemacht hat! — Ob aber die Arbeits-
leistungen des Landmessers dem Zeitverbrauche an sich entsprechend
sind, das kann doch der Commissar als solcher überhaupt nicht be-
urtheilen, dazu gehört ein erfahrener Landmesser! — Die gedachten
commissarischen Revisionen können also von den Vermessungsbeamten,
schon weil der Vermerk im Tagebuch dabei vorgeschrieben ist, nur
als eine Art Polizeiaufsicht betrachtet werden, und eine solche
ist allen Technikern verhasst! Auch wir Landmesser wollen uns als
Leute betrachtet wissen, die aus Pflichtgefühl, aus Liebe zur Sache und
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Spcoialcominissare und Vermessungsbeaniten.
293
aus eigenem Antriebe arbeiten ! — Ebenso ist es sehr befremdend, dass
die hannoverschen Dienstvorschriften die Commissare in § 20 Theil I
(vgl. Anlage 16 Spalte 4) anweisen, sich alljährlich über die „Zuver-
lässigkeit der geometrischen Arbeiten“ der eineinen Vermes-
sungsbeamten zu änssern. Kann denn ein Jurist oder ein Oekonom das??
— Wir Landmesser wünschen unsere Arbeiten von Leuten beurtheilt zu
wissen, die sie auch selbständig zu beurtheilen verstehen!
Der II. Theil behandelt auf 167 Seiten mit Mustern und Beispielen
das Kosten- und Rechnungswesen in Auseinandersetzungssachen. Dieser
Theil wird besonders denjenigen jüngeren Collegen (auch bei andern
als bloss der hannoverschen Generalcommission) willkommen sein, die
die kulturtechnisch - praktische Dienstprüfung noch vor sich haben und
sich zu dem Zwecke auch über das Kostenwesen eingehend unterrichten
müssen. — Hervorzuheben ist aus diesem Theile, dass nach Seite 12 u.
13 die Berichtigung von Fehlern in Landmesser- Arbeiten dem Betreffenden
zur Last gelegt wird. Es ist nicht gesagt, dass dies nur dann geschehen
soll, wenn offenbare Flüchtigkeit oder Mangel an Sorgfalt vorliegt, son-
dern ganz allgemein ausgesprochen. Da bei unsern complicirten Arbeiten
trotz grösster Sorgfalt immerhin noch ein Fehler unterlaufen kann,
der nicht sofort entdeckt wird, so gemahnt diese Bestimmung zu dop-
pelter und dreifacher Vorsicht und Controle! — Den Katastercontro-
leuren werden unseres Wissens die Kosten für Berichtigung Vorgefun-
dener Irrthümer bei im Ganzen sorgfältiger Arbeit nicht zur Last gelegt,
sondern die Berichtigung erfolgt ex officio durch den, der den Fehler
später vorfindet. — Ganz unbillig erscheint uns die Bestimmung auf Seite
27, wonach den jüngeren Landmessern diejenigen Kosten vollständig zur
Last gelegt werden sollen, welche durch ihre Anleitung und Unterweisung
entstehen. Die unterweisenden Beamten sollen diese Kosten gesondert
nachweisen ! — Die Katasterverwaltung bildet ihre jungen Landmesser
für ihren Specialdienst umsonst aus, warum unsere nicht? — Ein solches
Verfahren kennen wir sonst bei k ei ner Verwaltung ihren jungen
Beamten gegenüber. Und unsere jungen Fachgenossen bekommen doch
auch, obwohl sie als Landmesser geprüft und bestallt sind, als Anfangs-
gehalt nur etwa 3/5 von dem, was das Landmesserreglement den vereideten
Landmessern zubilligt! — Sofern diese Bestimmung nicht schon inzwischen
dadurch thatsächlich ausser Anwendung gekommen ist, dass alle etats-
mässigen Landmesser festes Gehalt, die übrigen bestimmte Monatsdiäten
beziehen, sollte man sie um der Gerechtigkeit willen wieder beseitigen!
Der HI. Theil der hannoverschen Dienstvorschriften behandelt die
Ausführung der Landmesserarbeiten und stimmt mit dem zweiten Theil
der Casseler Geschäftsanweisung inhaltlich ziemlich überein. — Flächen
von mehr als 20 Hectaren müssen bei Neumessung an die Landes-
triangulation angeschlossen werden. Für die Ausführung der trigono-
metrischen und polygonometrischen Arbeiten sollen die Vorschriften der
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294 Dienstvorschriften fiir die in der Provinz Hannover beschäftigten
bekannten Anweisung IX der preussischen Katasterverwaltung maassgebend
sein. Die Fehlergrenzen für Liniennetzmessung und Flächeninhaltsbe-
rechnung entsprechen ebenfalls denen der Katasterverwaltung. Die
Urkarten werden ausnahmslos in Grösse von 1,0 zu 0,66 m auf unauf-
gezogenem Whatmannpapier hergestellt und zwar im Maassstabe 1 : 2000,
1:1000 und 1:500. Ob fflr Zusammenlegungszwecke ein so kleines oder
ein grösseres Format zweckmässiger ist, das würde zuverlässig nur je-
mand beurtheilen können, der selbst längere Zeit beide Formate im
Gebrauch kennen gelernt hat. — Wir vermögen uns für dieses kleine
Format der Karten für Zusammenlegungszwecke noch nicht sonderlich
zu begeistern, weil bei der Weiterbearbeitung zu viel Uebertragungen
alter Parzellen- und Klassengrenzen etc. stattfinden müssen, auch die
Uebersichtlichkeit Uber das Ganze allzusehr beeinträchtigt wird, wenn-
gleich wir andererseits die grössere Handlichkeit und die Möglichkeit
mehr Hülfskräfte an einer Sache beschäftigen zu können, als wesentliche
Vorzüge derselben anerkennen müssen; auch lassen sich die Quadratnetze
leichter und genauer hersteilen und das Papier verzieht sich weniger
nngleichmässig als bei grossen aufgezogenen Karten. — Wollte man
die Vorzüge der kleinen Urkarten nicht aus der Hand geben und doch den
Mangel an Uebersichtlichkeit für die specielle Planbearbeitung, der ins-
besondere bei starkem Klassenwechsel ins Gewicht fällt, vermeiden, so
müsste man die Urkarten in demselben Maassstabe noch zu besonderen
Projectkarten von grösserem Format Zusammentragen. — Zu den Urkarten
wird eine besondere Uebersichtskarte auf unterzogenem Papier in klei-
nerem Maassstabe (1:4000) angefertigt. — Für die sonstige technische
Ausführung der Arbeiten sind die Bestimmungen der Casseler Geschäfts-
anweisung meistens beibehalten worden. Neu ist noch die Bestimmung,
dass nach Besteinung und Aufmessung der neuen Plangrenzen, aber vor
Anfertigung der Katasterkarten über den neuen Besitzstand vom Ver-
messungsinspector oder dem Stellvertreter desselben oder allenfalls einem
älteren Vermessungsre visor der Specialcommission Prüfungslinien quer
durch die einzelnen Kartensectionen gemessen werden sollen. Die An-
ordnung örtlicher PrUfungsmessungen quer durch die Sectionen halten
wir für sehr zweckmässig, da ein sorgfältiger und fähiger Arbeiter kei-
nerlei Prüfung zu scheuen braucht! — Zwecks Uebernahme des nenen
Besitzstandes ins Kataster erfolgt wie in Cassel schliesslich auf Grund
der Planaufmessung eine Neukartirung der Gesammtfläche im geodätisch-
technischen Büreau der Generalcommission zu Hannover.
Die knlturtechnische Seite der Sache ist leider auch in den hanno-
verschen Dienstvorschriften noch sehr spärlich behandelt. Im ersten
Theil ist auf die Förderung des Obstbaues, die Anstrebung von Drai-
nagen und Bewässerungen nur kurz hingewiesen, im dritten Theil ist
als Beispiel zum Kostenanschlag für Wegebauten auf je einer halben
Seite ein 200 Meter langer und 8 Meter breiter, ganz einfacher Weg
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Specialcommissarc und Vermessungsbeamten.
295
und ein Durchlass veranschlagt. Dann ist eine kleine, zweckmässige
Anweisung zur Ausführung von Wassermengenmessungen in kleinen Bächen
mittelst Schwimmern und eine solche (3 Seiten lang) für die Anfertigung
von Vorarbeiten behufs Correction kleiner Flüsse gegeben. Sie sagt
hauptsächlich, was bei dem Nivellement zu berücksichtigen ist. Zudem
ist, wie auch in der Casseler - Geschäftsanweisung geschehen, noch die
bekannte ministerielle Anweisung für Anfertigung von Vorarbeiten zu
Meliorationen vom 15. August 1872 abgedruckt. — Wünschenswerth
würde es uns in erster Linie erscheinen, dass die Generalcommissionen
unter Zuziehung von Meteorologen vor allen Dingen für die einzelnen
Kreise ihres Geschäftsbezirks und innerhalb dieser für die verschiedenen
Höhenlagen eine Tabelle aufstellen lassen, welche die unter verschie-
denen Verhältnissen pro Quadratkilometer und Secunde zum Abfluss
kommenden Niederschlagsmengen nachweist, damit es ihren Beamten
möglich ist, die abfliessenden Wassermengen aus der Grösse des Sammel-
gebiets, die aus den Generalstabskarten entnommen werden kann, schneller
und zuverlässiger zu berechnen, als dies aus den wenigen und daher oft
unzuverlässigen Geschwindigkeitsmessungen, die gelegentlich der Anfer-
tigung eines Meliorationsprojects vorgenommen werden können, geschehen
kann. Wir meinen also eine Tabelle von folgender Form:
Name
des
Kreises
Höhonanlage
über dem
Meeresspiegel
m
Abfli
Secunde
mete
kleinste
cbm
issmcnge in der
vom Quadratkilo-
r Sammelgebiet
gewohnt. grösste
cbm [ cbm
Bemerkungen
Dann wäre es doch wohl auch nöthig, dass ebenso wie den Juristen
Muster für Verhandlungen aller Art gegeben worden sind, auch den
Technikern Muster für Verträge z. B. mit den Materiallieferanten, mit
den Bauunternehmern u. s. w. gegeben würden. Man bedenke doch,
dass es sich beim Ausbau der neuen Anlagen fast in jeder Gemeinde
um zehntausende von Mark handelt! Wünschenswert!) würde es ferner
sein, dass die Dienstvorschriften Anhaltspunkte für die Materialpreise in
den verschiedenen Kreisen und eingehendere Beispiele für die Aufstellung
von Kostenanschlägen enthielten. Auch fehlen Beispiele für die Zutheilung
des Wassers an die einzelnen Besitzer bei kleineren, und Muster für
Wässerungsordnungen bei grösseren Meliorationsanlagen, ferner Muster
zu Verträgen und Dienstvorschriften für Wege- und Wiesenwärter u. s. w
u. s. w. Um es kurz zu sagen: Gerade so, wie in den Dienstvorschriften
die gewöhnlichen und allerhand öfter vorkommende besondere Fälle für
Zusammenlegungsgeschäfte erörtert und durch praktische Beispiele
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296 Geister u. Jordan. Snellius und das Problem „der vier Punkte“.
erläutert worden sind, so wäre dies auch fUr die dabei vorkommenden
Meliorations geschäfte wtinschenswerth. Dadurch würden die Dienstvor-
schriften zweifellos noch gewinnen, wie es denn auch im allgemeinen Inter-
esse unserer Landwirtschaft, als des Fundaments unseres Staatswesens,
dringend zu wünsohen wäre, dass den Meliorationen gelegentlich der
Zusammenlegung der Grundstücke noch grössere Aufmerksamkeit ge-
schenkt würde. P.
Snellius und das Problem „der vier Punkte“.
Ein Franzose, namens Dupain de Montesson, der Verfasser einer
1781 ins Deutsche übersetzten Schrift: „Kunst alles in Grundriss zu
bringen, was auf den Krieg oder auf die bürgerliche und ökonomische
Baukunst Beziehung hat“, bezeichnet den Mathematiker Pothenot als
Erfinder obigen Problems.
Der Göttinger Epigrammatiker Professor Kästner sagt hierüber
in der Vorrede zu seinen geometrischen Abhandlungen, Göttingen 1790,
auf S. 4: „So fand ich unlängst die Aufgabe der 51. Abhandlung 8. 393
beim Willebrord Snellius: Eratosthenes Batavus, Leiden 1617 etc.“
und weiter auf S. 5 : „Also hat Snellius diese Aufgabe sehr richtig trigo-
nometrisch aufgelöst und Pothenot ist nicht der erste Erfinder von ihr,
hat aber vermuthlich von des Snellius Auflösung nichts gewusst. Wäre“
— so fährt er in bekannter caustischer Weise fort, — „wäre Snellius
dem Herrn de Montesson bekannt gewesen, so hätte Herr de Montesson
vielleicht gesagt: Snellius habe Pothenot’s Methode gebraucht, wie Cassini
de Thury sagt *): Snellius habe zur Messung eines Grades eben die Me-
thode gebraucht wie die französischen Astronomen, anstatt zu sagen:
die französischen Astr .... wie Snellius. Die rhetorische Figur heisst
glaube ich : üoxepov txpÄTepov.“
Zur Weiterverbreitung der Montesson’schen Angabe unter den deut-
schen Geometern hat offenbar Joh. Tob. Mayer, Grossbritt. Hofrath
und zu gleicher Zeit mit Kästner Professor in Göttingen, das meiste
beigetragen, dadurch dass er es unterliess, in seinem Werke: „Gründ-
licher und ausführlicher Unterricht zur praktischen Geometrie“ die Kästner-
sche Richtigstellung der Thatsachen aufzunehmen. Die geometrischen
Abhandlungen des Letzteren waren ihm wohlbekannt; denn er bezieht
sich hin und wieder auf dieselben. Sollte er die Vorrede nicht gelesen
oder nie mit seinem Collegen über die Sache gesprochen haben? Wäh-
rend die zur Zeit ihrer Uebersetzung ins Deutsche streng genommen
schon veraltete Schrift des Montesson sich wohl kaum allgemeinen Be-
kanntwerdens in Deutschland erfreut hat, erfuhr das Mayer’sche Werk
*) In Mem. de l'acadetnie des sciences, 1748 p. 123, ed. de Paris.
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Geisler u. Jordan. Snellius und das Problem „der vier Punkte“. 297
von 1779 bis 1816 vier Auflagen. So kam es, dass den damaligen
Feldmessern nur Pothenot als Urheber bekannt wurde und so blieb
es bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts.
Etwa 50 Jahre nach Kästner trat ein Zweiter, der Professor Dr.
G. J. V er dam an der Universität zu Leiden für Snellius, seinen hoch-
verdienten Landsmann, ein in einem Briefe vom 23. Januar 1842 an das
von J. A. Grunert in Greifswald redigirte „Archiv für Mathematik und
Physik, Greifswald 1842.“*) „Mes nombreuses occupations“ schreibt
V er dam, „ont toujoure empechd de satisfaire ä ce voeu (nämlich
Beiträge zu senden) et peutetre j’aurais encore differe de vous adresser
cette lettre, si la lecture de votre Journal n'avait pas fixe mon attention
sur un point, lequel me semblait hors de doute dans l’histoire des
Mathdmatiques, et qui regarde l’honneur de priority d’un celebre Mathd-
maticien Hollandais du 17 sifecle“ etc.
Gegenwärtig ist diese Angelegenheit zwar schon längst hors de doute
aber immer noch verknüpft der deutsche Landmesser den Namen des
französischen Mathematikers mit dem Problem der „vier Punkte“
oder dem „Rückwärtseinschneiden“. Es geschieht dies indess ungerecht-
fertigter Weise, da es auch einen deutschen selbständigen Erfinder
der beregten Aufgabe giebt, nämlich Schickhart. Der Nachweis, dass
ihm schon die Schrift des Snellius bekannt gewesen ist, dürfte schwer,
wenn nicht unmöglich sein, die grösste Wahrscheinlichkeit spricht für
das Gegentheil und letzteres nimmt man ja in Bezug auf Pothenot eben-
falls an, der seine Auflösung ca. 70 Jahre später gab.
Doch hören wir ihn selber!
Unterm 6. Juni 1624 schreibt Schickhart aus Tübingen an seinen
Freund und ehemaligen Studiengenossen Johannes Kepler,**) nach-
dem er ihm von seiner Aufnahme Württembergs Mittheilung gemacht
hat, Folgendes:
„Plurimum negotii facessunt loca in convallibus sita, inobservabilia
ei alto. Pro iis utor tali modo: Attendo, quos angulos faciant conti-
gU08 cum tribus jam notis locis A, B, C, eosque ad lineam mediam B G
utcumque sumptam utrimque adjungo, velut F et E. Mox per arti
semper puncta AFB vel BEC circulos duco, et ubi se ambo secant,
ut in H, locum quaesitum repono, quia angulos per totam circumterentiam
omnes ad eandem chordam aequales esse docet Euclides.
*) Mitgetheilt auf S. 210 genannter Zeitschrift.
**) Der Brief ist enthalten in : „Epistolae mutuae Ceplcri“ horausgegeben
von Michael Hanschius. Leipzig 1718, Seite 686. Die Kenntniss dieses
Briefes verdankt Einsender dem Director der hiesigen Seefahrtschule Herrn
Or. Breusing.
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298 Geisler u. Jordan. Snellius und das Problem „der vier Punkte“.
Examina hunc modum et si compendiosiorem noati , non invide.“
Schickhart zieht demnach,
wenn ABC die gegebenen
Punkte sind, durch B eine be-
liebige Linie BG, legt an den
beliebigen Punkt G die gemesse-
nen Winkel l und r, zieht von
A und C aus die Parallelen,
so dass AFB — l und BEC
= r, und beschreibt um die
drei Punkte AB F und B CE
je einen Kreis. Dann ist der
Durchschnittspunkt H der zu
bestimmende Standpunkt, wie
aus der Gleichheit der Um-
ringswinkel AHB — AFB
und BHC = BEC folgt.
Sch ick hart hat die Auf-
gabe des „Rilckwärtseinschnei-
dens“ in seine 1629 erschienene Schrift nicht mit aufgenommen, viel-
leicht weil er ihr keine grosse Bedeutung beilegte. Heute sind wir
Landmesser dartiber anderer Ansicht, wenn wir uns auch anderer Lö-
sungen bedienen.
Bremen, December 1891.
Geisler.
Geschichte der Snel’schen Aufgabe.
Die vorstehende Mittheilung giebt Veranlassung eine geschichtliche
Untersuchung vorzuflihren, welche enthalten ist in der niederländischen
„Tijdschrift voor Kadaster en Landmeetkunde“ jaargang V. 1889, S.
1 — 38, nämlich Overzicht van de graadmetingen in Nederland door Dr.
J. D. van der Plaats. Hoofdstuk I. De Triangulatie van Snellius.
In § 9, S. 31 — 33 wird zuerst eine astronomische Aufgabe von
Hipparchus behandelt, welche im Wesentlichen auf das Rückwärts-
einschneiden durch Winkelmessen gegen 3 gegebene Punkte hinauskommt.
Nach diesem wird aus dem Werke von Snellius „Eratosthenes
Batavus, de terrae ambitus vera quantitate“ der auf die Snel’sche RUck-
wärts-Einschneide-Aufgabe bezügliche Theil vorgefiihrt.
(Das Basisnetz und einige Erläuterungen hierzu haben wir aus diesem
Werke mitgetheilt in J. Handb. d. Verm. III. 1890, S. 4.)
Die Niederländische Abhandlung sagt nun S. 34 — 38 Folgendes:
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Geisler n. Jordan. Snellius und das Problem „der vier Punkte“. 299
Der Titel von Cap. 10 des Snellius’schen Werkes lautet: Gegeben
die gegenseitigen Abstände von drei Punkten, es sollen ihre Abstände
von einem vierten Punkte durch Messungen nur auf diesem vierten
Punkte bestimmt werden.
In dem Titel von problema 11 heisst es: Gegeben die Seiten eines
Dreiecks y, i, uj es soll lediglich auf dem Balkon meines Hauses der
Abstand von jedem der drei gegebenen Punkte bestimmt werden (vgl.
Figur 2).
Snellius hatte in seinem
eigenen Hause 0 die Polhöhe
und das Azimut nach dem
Haag und nach dem Punkte S
bestimmt und musste den Ab-
stand OS suchen, wozu die
Winkel POS =32° 57' und
POH — 64° 40' gemessen
wurden. Nun giebt Snellius
zuerst die Construction mit
zwei Kreisen um POS und
PO H (Mittelpunkte tn und n),
woraus die Möglichkeit der
Auflösung gezeigt ist. (Ueber
den unbestimmten Fall, der da-
bei Vorkommen kann, spricht
er nicht.) Die Berechnung
von Snellius schliesst sich der
Fig. 2.
Construction mit zwei Kreisen an ; es sind m r und nt die Mittel-
senkrechten auf PS und PH, dann ist Winkel Pmr = Winkel
POS also
Pm =
PS
und ebenso Pn ■
PH
C\ • Ti S'l O uuu vuviwu x IV . rr
2 sm POS 2 sin POH
Winkel mPn = POH — POS — SPH
wobei der letzte Winkel SPH aus dem gegebenen Dreieck PSH be-
rechnet wird. In dem Dreieck mPn sind nun gegeben zwei Seiten Pm
und Pn und der eingesclilossene Winkel bei P, woraus also der Winkel
Pnm berechnet werden kann und endlich
PO —2 Pn sin Pnm
OH folgt aus PH und den Winkeln bei OPH und POH ; OS folgt
ans PS und den Winkeln SPO und I'OS.
Hierauf berechnet Snellius seinen Fall mit nachstehenden Zahlen-
werthen, welchen die von van der Plaats nachgerechneten Werthe in
eckigen Klammern zugesetzt sind:
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300 Geisler u. Jordan. Snollius und das Problem „der vier Punkte“.
Suellius van der PlaatB
Winkel SPF= 15 0 56' [I6O3']
Halbmesser Pm = 47,80 Ruthen [47,80]
„ Pn = 61,35 „ [61,35]
Winkel Pmw=40° 50' 40"
Druckfehler statt 40° 15' 40" [40° 6' 25'']
Abstand OP= 79,30 Ruthen [79,04]
n OJH= 118,2 „ [118,6]
„ OS =96,2 „ [95,58]
In der Rechnung von S n e 1 1 i u s ist OS grösser als 2 Pm, was
unmöglich ist. Snellius weist in einem Anhang zu dem 10. Cap. auf
die vielfältige Brauchbarkeit der Auflösung hin. Ohne Logarithmen ist
keine kürzere Auflösung als diese möglich.
Wilhelm Schickhart, Professor in Tübingen, berichtet in einem
Brief vom 6. Juni 1624 an Kepler, dass er auf die Aufgabe gestossen
sei und dieselbe mit 2 Kreisen aufgelöst habe. (Epistolae ad Kepplerum,
ed. Hantsch, Leipzig 1718, p. 686.) Schickhart frug Kepler um nähere
Aufklärung. Kepler kannte übrigens das Werk von Snellius sehr gut.
Im Jahre 1671 wurde die Aufgabe behandelt von John Collins
(1624 — 1683), Buchhändler in Oxford, welchem sie aufgegeben war, als
„a chorographical problem“ von Richard Town ley, der sie zweifellos
selbst auf anderem Wege gelöst hat. Dieses ist mitgetheilt in: Philoso-
phical Transactions 25 March 1671, vol. 6, p. 2093, vergl. auch 1685,
vol. 15, p. 1231. Auf der letzten Seite wird dort von einem Unbekannten
auch die Aufgabe der zwei unzugänglichen Punkte (Problem von
Hansen) aufgelöst.
Collins unterscheidet 5 Fälle, wenn z. B. die drei gegebenen
Punkte auf einer Geraden liegen u. s. w. Den unbestimmten Fall be-
handelt er aber nicht.
In der Sitzung der Pariser Academie des sciences vom 31. December
1692 wurde die fragliche Aufgabe behandelt von Laurent Pothenot
als „probleme de geometrie pratique: trouver la position d’un lieu
que Ton ne peut voir des principaux lieux d’oil Ton observe“. Dieses
ist aufgenommen in die M^moires de l’institut. Die ursprüngliche Aus-
gabe ist uns nicht bekannt, dagegen der Abdruck Amsterdam 1723,
p. 276 und Paris 1730, tome 10, p. 221 — 224, s. auch tome 2, p. 157
und 369.
Pothenot hatte die Aufgabe gebraucht bei der Herstellung einer Karte
des Eure -Flusses. Obgleich Pothenot Nachfolger war des berühmten
R oberval, dessen Waage heute allenthalben gebraucht wird, findet sich
Uber Pothenot’s wissenschaftliche Thätigkeit nichts berichtet, als dass
er Cassini bei Beobachtung zweier Sonnenfinsternisse behülflich war.
Schon 1699 wurde er seiner Mitgliedschaft der Akademie enthoben, weil
er nichts leistete, er starb 1732. Pothenot gab nur die bekannte
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Geisler u. Jordan. Snellius und das Problem „der vior Punkte“- 301
Construction mit zwei Kreisen, aber nicht die Berechnung. Er nennt
auch den unbestimmten Fall, dass die 4 Punkte auf einem Kreise liegen,
auch giebt er die Construction mit 4 gegebenen Punkten zwischen denen
man nur 2 Abstände kennt.|
Im 18. Jahrhundert haben sich verschiedene Gelehrte mit der Auf-
gabe beschäftigt:
1) Lambert, Beiträge zur Mathematik 1765, I p. 72,
2) Delambre, method es analytiques 1799, p. 135; in Cagnoli,
Trigonometrie 1786, p. 467,
3) Kästner, Geometrische Abhandlungen 1790, I (Mathematische
Anfangsgrttnde I, 3. Abth.) S. 4, 406,
4) Van 8winden, Meetkunde, Amsterdam' 1790, blz. 354, 2. druk
1616, blz. 424, mit einer Auflösung von ihm selbst von 1772
und einer älteren von Ypey, übereinstimmend mit der von Collins.
Aus diesen Schriften sieht man, dass um 1780 in Frankreich die
Aufgabe beinahe vergessen war und von Delambre aufs neue gelöst
werden musste. Erst später entdeckte dieser die Angaben von Hipparch
und Snellius. Lambert redet nichts Uber den Entdecker; Kästner nennt
8. 406 Pothenot, aber verbessert dieses in seiner Vorrede 8. 4 und gab
hier Snellius die Ehre.
Aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts melden wir Burckhardt,
monatliche Correspondenz von Zach, 1801, IV, 8. 359, s. auch Moll-
weide ebendaselbst 1813, XXVII, 8. 566. Burckhart’s Auflösung ist
als beste zu betrachten.
Bessel beschäftigte sich in seinen Brautstagen (Sept. 1812) damit
(Monatl. Correspondenz 1813, XXVII, 8. 222 und Briefwechsel mit Olbers,
1812, I, S. 344) und kam später mit Kulenkamp darauf zurück (Bessel
astr. Nachrichten 1824, Bd. 3, S. 193, 221).
Diese Beiden sprechen nicht über den Erfinder der Aufgabe, sondern
benennen nur „eine Aufgabe der praktischen Geometrie“.
Aber im Jahre 1836 sprechen GausB und Schumacher stets Uber
„die Po thenot’sche Aufgabe“. (Briefwechsel Bd. 3, S. 32, 40, 46,
48.) Gauss zeigte, dass die Auflösung unmöglich sein kann, z. B.j
wenn man bei einem wirklichen Fall eine der gemessenen Richtungen
umkehrt. Gauss wunderte sich auch, dass keiner der zahlreichen Bear-
beiter der Aufgabe angegeben hatte, wie man aus den gegebenen Stücken
zum Voraus analytisch ableiten kann, ob die Auflösung in der Zeich-
nung möglich ist. (Vergl. hierzu auch Zeitschr. f. Verm. 1886, 8. 140 — 145
und J. Handb. d. Verm., 3. Auflage, II. Bd., 1888, 8. 249 — 251).
In Deutschland sprach man daher vor 50 Jahren allgemein von der
„Pothenot’sclien Aufgabe“. Im Jahre 1842 glaubte unser Landsmann
Verdam (Grunert’s Archiv 1842, Band 2, S. 210 — 212) dagegen auftreten
und für Snellius alle Ehre beanspruchen zu können, er gab aber nichts
als ein Citat aus Kästner und in seinem Französisch einige Besonder-
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302 Stoppen. Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen
heiten Uber das Werk von Snellius, die beweisen, dass er dasselbe nicht
gehörig gelesen oder nachgerechnet hat. Wenn der Aufsatz von Verdam
nicht zu unbedeutend gewesen wäre, sondern die Ergebnisse der geschicht-
lichen Forschungen Delambre’s zu einer erschöpfenden Erörterung des
Snellius’schen Falles ergänzt hätte, wäre vielleicht Pothenot’s Name
verdrängt werden. So aber scheint dieser unsterblich geworden zu sein
und wird fortwährend gebraucht, auch von solchen, die es besser wissen.
Wir brauchen uns nicht zu ärgern. Die Namen Hipparchus
und Snellius werden unsterblich bleiben auch ohne diese Aufgabe-
Schluss-Ergebniss. Gerechtfertigt wäre es, mit Delambre von
dem „Problem des Hipparchus“ zu reden.
Snellius gab zuerst eine Construction und eine Rechnungs - Auf-
lösung, welche allen Anforderungen seiner Zeit entsprachen.
Pothenot fand die Construction vielleicht selbständig aber lange
nach Snellius und Collins und zu einer Zeit als kein Sachverständiger
in der Auflösung noch besondere Schwierigkeiten finden konnte.
Soweit der Niederländer Dr. J. D. van der Plaats. — Wir
Deutsche müssen uns sagen, dass durch unsere Schuld der Franzose
Pothenot zu der unverdienten Unsterblichkeit gekommen ist. Machen
wir also den Fehler wieder gut, indem wir von nun an die fragliche
Aufgabe entweder kurz sachlich „Rückwärtseinschneiden“ nennen, oder
„Aufgabe des Snellius“ oder (da Snellius latinisirt aus Snel ist)
die Snel’sche Aufgabe. J.
Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen Gesetz-
buches für das Deutsche Reich.
Nach einem Vortrage bei der 17. Hauptversammlung zu Berlin 1891,
von C. Steppes.
Fortsetzung.
4. Das Publicitäts-Princip in den Entwürfen.
Die Ausführungen des vorigen Abschnittes dürften zur Genüge dar-
gethan haben, dass in den Entwürfen Lücken von weittragender Bedeu-
tung offen geblieben sind undv dass man als Grund dafür hauptsächlich
eine gewisse Verkennung der Erfahrungen betrachten darf, welche die
bisherige Entwicklung und die praktische Verwerthung der sachenrecht-
lichen Einrichtungen gezeitigt haben.
Ohne die Ausfüllung dieser Lücken kann das Grundbuch von vorn-
herein seiner Aufgabe nicht gerecht werden und den Interessen der
deutschen Landwirthschaft, des deutschen Grundbesitzes unmöglich ge-
nügen. lieber die wahren Aufgaben der Grundbuch - Einrichtung kann
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Gesetzbuches für das Deutsche Reich.
303
nach Allem, was die ersten 300 Seiten der Motive zum Sachenrecht
darüber beibringen, ja glücklicher Weise ein Zweifel nicht mehr bestehen.
Mit der allgemeinen Einführung der Auflassung als Form oder doch als
Bedingung der Eigenthums-Uebertragung ist für die Ansprüche des Grund-
besitzes an das Grundbuch noch sehr wenig oder nichts gethan. Sie
hat, wie Roscher bemerkt (M. S. 82), zunächst schon im Mittelalter mit
dem Untergange der alten Gemeindeverfassung ihren früheren Boden
verloren; sie ist, wenn sie auch den materiellen Rechtsnormen zugezählt
wird, zu einer formellen Vorschrift geworden, die ohne wesentlichen
Schaden für die Grundbuch -Einrichtung selbst ebensogut durch eine
andere entsprechende Form ersetzt werden könnte. Heute, wo die strengste
feudale Gebundenheit der Güter einer kaum noch irgendwie beschränkten
Verkehrsfreiheit Platz gemacht hat, wo die Parcellirung des Grund und
Bodens einen zum Theil schon ans Ungesunde streifenden Grad erreicht
hat, muss die Landwirtschaft behufs ihrer ruhigen Betätigung von dem
Grundbuche die directe Klarstellung, den unmittelbaren Schutz ihres
Eigenthums in seiner berechtigten örtlichen Ausdehnung erwarten und
fordern. Durch die Freiheit, jederzeit einen Besitz- oder Eigenthums-
Process, womöglich beide, anzustrengen, erscheint jener Schutz nicht ge-
nügend bezw. befriedigend gewährleistet. Er kann vielmehr, wie die
Erfahrungen der letzten 100 — 200 Jahre auf dem Gebiete der Kataster-
technik gezeigt haben, nur durch die Vorsorge dafür erreicht werden,
dass die in den Vermessungswerken niedergelegte Darstellung der Eigen-
thums-Verhältnisse nicht allein für die Grundbuch -Einrichtung in aus-
giebigster Weise verwerthet, sondern auch im Zusammenhang mit der
Buchführung weiter geführt und zu der erforderlichen, überall gleich-
mäsaigen Vervollkommnung gebracht wird. Entzieht sich die Gesetz-
gebung dieser Vorsorge, so wird sie nicht nur ihrer allgemeinen Auf-
gabe, dem Volke das Beste zu bieten, untreu, sie inaugurirt einen ver-
hängnissvollen Rückschritt, indem sie in die bisherige Entwicklung der
Dinge hemmend oder doch verflachend eingreift; sie läuft Gefahr, dem
erwähnten Satze im Gutachten des preussischen Centraldirectoriums von
der nutzlosen Vergeudung öffentlicher Mittel eine rückwirkende Bedeu-
tung zu verleihen, indem sie den für die vorhandenen Vermessungswerke
gemachten Aufwand, der sich nach vielen Hunderten von Millionen be-
ziffert und der, wenn dies auch nur in einzelnen Staaten durch den
Wortlaut der sachenrechtlichen Gesetze anerkannt ist, gleichwohl nur
behufs Verwerthung der Ergebnisse zum Schutze des Grundeigenthums
gemacht wurde, nachträglich zu einem vergeblichen stempelt.
Die Beiseitesetzung der bisherigen Erfahrungen, welche allerdings
weniger in den richterlichen Kreisen, als von den Organen der Kataster-
verwaltung gesammelt werden konnten, hat aber nicht allein die Offen-
haltung der nachgewiesenen Lücken verschuldet, sie hat auch zur directen
Folge geführt, dass die Einzelbestimmungen der Entwürfe den rechts-
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304 Steppes. Das Grundbuch irn Entwürfe eines bürgerlichen
theoretischen Principien, wie sie in der Fachliteratur entwickelt und
meist in den Motiven znm Sachenrechts-Entwürfe auch ausdrücklich an-
erkannt sind, nicht immer und nicht genügend gerecht werden konnten.
Dies im Einzelnen näher nachzuweisen, haben sich die weiteren Erör-
terungen zur Aufgabe gestellt.
Von den drei Grundprincipien der Pnblicität, Specialität und Priorität,
auf welchen das Grundbuch aufzurichten ist, bezw. welche zu verwirk-
lichen es die Aufgabe hat, kann die Priorität hier ganz übergangen
werden, da sie vorwiegend für das Pfandrecht von Bedeutung ist und
letzteres hier ausser Betracht bleiben muss, soweit nicht etwa Fragen,
die mit den objectiven Vorträgen des Grundbuchs Zusammenhängen, ge-
streift werden.
Als oberstes und wichtigstes dieser Principien (bis zu dem Grade,
dass die anderen eigentlich nur als dessen Folgen erscheinen) wird ge-
meinhin das der Publieität, des öffentlichen Glaubens bezeichnet. Man
versteht darunter nach Puchta die Möglichkeit, von dem Zustande eines
Grundstückes , wegen eines ökonomischen und rechtlichen Interesses,
Einsicht nehmen und daraus materielle Verpflichtungen herleiten zu
können, oder nach Klepsch (das österreichische Tabularrecht, 8. 80)
die Möglichkeit, aus dem Hypothekenbuche von allen Verhältnissen Kennt-
niss zu erhalten, die von entscheidendem Einfluss auf jedes etwa abzu-
schliessende, das Grundeigenthum und den Realcredit betreffende Rechts-
geschäft sein können. Mas ch er, dem diese Citate entnommen sind (S. 583)
erklärt jede andere Definition als einseitig, unbestimmt und deshalb
nicht erschöpfend. Indessen scheint damit für die Sache selbst wenig
gedient. Für die Bedeutung des Princips dürfte es vor Allem darauf
ankommen, welche Folgerungen man aus dem Wesen des Princips zieht,
welche Anforderungen an das materielle und formelle Recht man aus
selbem ableitet.
Was nun diese Anforderungen betrifft, so weicht der Entwurf ge-
rade in dem nach der sonst allgemein vertreteneil Doctrin wichtigsten
Punkte von dieser ab, insofern er der Eintragung im Buche die formale
Rechtskraft versagt. Man wird dieses Vorgehen einigermaassen auf-
fallend finden dürfen, nachdem in den Motiven zum Sachenrecht (S. 139)
die Vortheile der formalen Rechtskraft, insbesondere die „ungemein
einfache Gestaltung des Immobilienrechts“ (die doch eigentlich zu den
wichtigsten Aufgaben der Entwürfe gezählt werden muss) mit grosser
Objectivität anerkannt sind und der Gegeneinwand, dass der Haupt-
zweck des Publicitätsprincips erreicht werde, „wenn der Inhalt des
Grundbuchs zu Gunsten des mit der wirklichen Sachlage unbekannten
Erwerbers als richtig fingirt wird“, doch recht bedenklich lautet.
Immerhin aber kann die Rechtsänderung ohne Eintragung nicht giltig
werden , insofern nach dem Entwurf „der dingliche Vertrag in seiner
Giltigkeit oder doch in seiner vollen Wirksamkeit von der Erfüllung
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Gesetzbuches für das Deutsche Reich.
305
auch des Erfordernisses der Eintragung abhängig sein soll“. (Mot. S. 138
u. 139.) Man wird also die dreifache Besiegelung (obligatorischer Ver-
trag, dinglicher Vertrag und Eintragung) etwas viel des Guten finden
mtissen; gleichwohl könnte man sich — in Rücksicht darauf, dass die
formale Rechtskraft der Eintragung auch ihrerseits eine um so höhere Vor-
sorge der materiellen und formellen Rechtsbestimmungen und der orga-
nischen Einrichtungen dafür bedingt, dass jeder Eintrag dem thatsäch-
lichen Rechtsvorgange aufs genaueste entspricht — mit dem fraglichen
Vorgehen an sich aussöhnen, wenn dasselbe nur nicht auch zu einer,
wie sich zeigen wird, sehr bedeutenden Durchbrechung des Eintragungs-
princips selbst verleitet hätte.
Unter den gegebenen Verhältnissen bringen die Motive eine einiger-
maassen greifbare Erörterung über die Bedeutung des öffentlichen Glau-
bens zunächst nur in Rücksicht auf die §§ 837 und 838 des Sachenrechts,
welche aber den öffentlichen Glauben lediglich für den Fall des Erwerbs
durch Rechtsgeschäft, Zwangsvollstreckung oder Arrest zur Geltung
bringen. Andererseits leiht aber doch der Entwurf dem Oeffentlichkeits-
princip im Allgemeinen weittragende Verwirklichung, indem er in § 826
die Vermuthung des Rechtsbestandes für alle Grundbuchs- Vorträge in
der Weise feststellt, dass derjenige, welcher auf ihren Inhalt sich beruft,
eines Beweises der Richtigkeit desselben überhoben ist. (Motive 8. 153.)
Und die Vorbemerkungen der Motive zu den allgemeinen Vorschriften
über Rechte an Grundstücken, an deren Spitze der § 826 steht, erklären
ausdrücklich, dass sich für den Entwurf die Aufstellung dieser Normen
schon um deswillen empfohlen habe, weil derselbe die beiden Haupt-
principien des Grundbuchrechtes, das Oeffentlichkeitsprincip im
materiellen Sinne (Grundsatz des öffentlichen Glaubens
des Grundbuches) und das Eintragungsprincip vollständig durch-
führt. (S. 136.)
Die Frage erscheint also weder müssig noch unberechtigt, wie sich
die Entwürfe im Einzelnen (abgesehen von der formalen Rechtskraft der
Eintragung) zu den aus dem Oeffentlichkeitsprincip abzuleitenden Anfor-
derungen an die Gestaltung der materiellen und formellen Rechtsvor-
schriften stellen.
Als die wesentlichsten dieser Anforderungen bezeichnet Mäscher
(8. 586 u. folgde.) die nachstehenden:
a. Ohne Eintragung kann kein Grundeigenthum und keine Hypothek
erworben werden; und im Zusammenhang damit:
b. Die Eintragung darf sich nicht bloss auf Geschäfte unter Lebenden
erstrecken, welche Eigenthumsrechte gewähren, sondern muss
selbstverständlich auf alle Titel des Eigenthumserwerbs, freiwillige
und gezwungene (Urtheile), lästige und freigebige, insbesondere
auch solche, die im Erbrecht wurzeln, ausgedehnt werden.
Zeitschrift für VermessuDg?wesen. 1892. Heft 10. 20
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306 Steppes. Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen
Den ersten Satz erweitert Mäscher allerdings zu der Forderung,
dass erst der Eintrag das dingliche Recht, das jus in re, die Erfüllung
des durch den Vertrag erlangten jus ad rem erzeugen soll. Gleichwohl
dürfte der Satz auch für den Entwurf Geltung haben, nachdem selber
das Eintragungsprincip vollständig durchzuführen verheisst und in der
That „der dingliche Vertrag in seiner Gültigkeit oder doch in seiner
vollen Wirksamkeit von der Erfüllung auch des Erfordernisses der Ein-
tragung abhängig sein soll“. (Mot. S. 138.)
Man wäre daher gewiss zur Annahme berechtigt, dass auch die
Einzclbestimmungen des Entwurfes dem Eintragungsprincipe strenge
Rechnung tragen werden, um so mehr, als schon in den allgemeinen
Motiven zum Sachenrechte (S. 16) ausgesprochen ißt, dass die Gesetz-
gebung im Grundbuche eine positive Einrichtung schaffen müsse, welche
die Erkennbarkeit des Rechtsstandes jedes einzelnen Grundstückes ge-
währleistet und als verschiedene Stellen der Motive, wie auch die —
bei dem Umstande, dass die Regelung der Sache den Einzelstaaten
überlassen ist, allerdings sehr dürftigen — Bestimmungen und Motive
des Einführungsgesetzes Uber die Grundbuchanlage die Voraussetzung
ersehen lassen, dass bei der primären Buchanlage alle einzelnen Grund-
stücke erfasst werden sollen.
Allein als Erforderniss künftiger Erwerbung beschränkt das Sachen-
recht des Entwurfes die Eintragung im Grundbuche von vornherein auf
die Fälle der Uebertragung durch Rechtsgeschäft, der Zueignung und
des Aufgebotes. Für die so ausgedehnte Erwerbsart durch Vererbung
ist jede directe Nöthigung zum Eintrag von vornherein ausgeschlossen
und ist man auf die in den Motiven gelegentlich ausgesprochene Hoff-
nung angewiesen (Mot. S. 310), dass sich die Eintragung durch die
Wahrung ihrer Interessen Seitens der Berechtigten von selbst vollziehen
werde. Aehnlich verhält es sich bezüglich der ehelichen Güterge-
meinschaft.
Der Entwurf überlässt ferner eine ganze Reihe von Rechtsmaterien,
welche die Grundeigenthums- Verhältnisse und die Grundbuchführung direct
und zum Theil in der aller intensivsten Weise berühren, so das Wasser-,
Forst-, Berg-Recht, das Enteiguungsrecht und vor Allem die agrarischen
Reformen einschliesslich der Zusammenlegung der Landesgesetzgebung.
Im ganzen dritten Abschnitt des Einführungsgesetzes beginnt überhaupt
fast jeder der rund 60 Artikel stereotip mit den Worten: „Unberührt
bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften u. s. f.“ Und der Verzicht
des Entwurfes auf reichsgesetzliche Regelung dieser Materien beschränkt
sich nicht etwa auf die Rechtsbildung selbst, wofür ja in der That
gewichtige Gründe sprechen mögen, sondern dehnt sich eben auf die
Durchführung des Eintragungsprincipes selbst aus, so dass beispielsweise
gerade der das umfangreichste dieser Rechtsgebiete behandelnde Art. 41
des Einführungsgesetzes wörtlich lautet: „Unberührt bleiben die landes-
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Gesetzbuches fiir das Deutsche Reich.
307
gesetzlichen Vorschriften, welche die Gemeinheitstheilung, die Zusammen-
legung von Grundstücken, die Regulirung der gutsherrlich -bäuerlichen
Verhältnisse und die Ablösung von Dienstbarkeiten und Reallasten be-
treffen, insbesondere auch insoweit, als die Vorschriften auf die Erwer-
bung des Eigenthumes, die Begründung und Aufhebung von anderen
Rechten an Grundstücken und die Berichtigung des Grundbuches sich
beziehen.“
Dabei darf man es keineswegs als selbstverständlich betrachten,
dass die Landesgesetzgebnngen dem Eintragungsprincipe nothwendig
Geltung verschaffen müssten. Für belastete Grundstücke mag das etwa
in Rücksicht auf den nothwendigen Schutz der Berechtigten gelten. Im
Uebrigen ist beispielsweise in Bayern für die Flurbereinigungen, wie
für Gemeindegrund-Vertheilungen der sonst für Eigenthumsübertragungen
allgemein festgesetzte Notariatszwang ausdrücklich aufgehoben und könnte
die naturgcmäS8e Einpassung dieses Verhältnisses in das Sachenrecht des
Entwurfs wohl nur im Nachlasse der Eintragung bestehen.
Die Begründung für eine so ausgiebige Durchbrechung des Eintra*
gungsprincips in den Gesetzesmotiven ist eine recht dürftige. Sie be-
schränkt sich nahezu auf den Satz (S. 299 der Mot.), dass das Erfor-
derniss der Eintragung positiver Natur und folglich für die Eigen-
thumserwerbung nur insoweit gerechtfertigt sei, als seine Zweckmässigkeit
in Ansehung der einzelnen Erwerbsarten dargethan werden könne. Vom
Laien-Standpunkte wird man diesen Causal-Nexus nur schwer anerkennen,
jedenfalls aber demselben die Behauptung entgegenstellen können, dass
ein Princip, — und als solches ist die Eintragung in den Gesetzes^
motiven ungezählte Male proclamirt — , wenn es aus Zweckmässigkeits-
gründen nur in einzelnen Fällen zur Geltung gebracht wird, überhaupt
kein Princip mehr ist. Gerade bezüglich der Eintragung treten denn
auch die einzelnen Aussprüche der Motive unter sich, wie mit der Ge-
staltung des Entwurfes vielfach in Widerspruch. Zwar ist in den Motiven
(8. 18) primär der Gedanke, die Wirksamkeit der dinglichen Rechte
gegen Dritte von der Eintragung abhängig zu machen, in seiner Allge-
meinheit nicht als ein glücklicher bezeichnet; gleichwohl führt nach
S. 20 und 136 der Motive der Entwurf das Eintragungsprincip „voll-
ständig“ durch. S. 139 werden an „die Verallgemeinerung des Ein-
tragungsprincipes in dem Entwürfe“ bedeutsame Erwartungen geknüpft;
nach S. 161 liegt das Erfordemiss der Eintragung in der Consequenz
der Bucheinrichtung; auf Seite 164 mit 168 ist die Nothwendigkeit des
Eintragungsprincips für Grunddienstbarkeiten aufs wärmste vertreten,
während es nach dem bereits angeführten Ausspruche auf S. 299 für
das Eigenthum als allerwichtigstes und grundlegendes Recht seiner po-
sitiven Natur wegen für jede einzelne Erwerbsart aus Zweckmässigkeits-
gründen bei Seite gesetzt werden darf.
20 *
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308 Steppes. Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen
Zn der grundsätzlichen Abschwächung des Eintragungsprincipes im
materiellen Recht tritt aber noch eine weitere Einschränkung desselben
durch die formellen Bestimmungen der Grundbuch-Ordnung. Nach deren
§11 werden die dem Reiche gehörenden Grundstücke nur auf Antrag
des Eigentümers eingetragen und das Gleiche kann durch einfache
landesherrliche Verordnung nicht allein für Grundstücke eines Bundes-
staates und eines Landesherrn, für die zum Hausgute oder Familiengute
einer landesherrlichen Familie oder der Familie Hohenzollern gehörenden
Grundstücke, sondern selbst für Grundstücke „gewisser“ juristischer Per-
sonen, sowie für Eisenbahnen und öffentliche Wege bestimmt werden.
Diese Ausnahme ist nach den Motiven zur Grundbuchordnung (S. 38)
erforderlich, weil „die Buchungspflichtigkeit einen unverhältnissmässigen
Arbeitsaufwand und Kostenaufwand mit sich führen würde. Worin dieser
Aufwand seinerseits begründet sein soll , ist weder ausgesprochen noch
ersichtlich. Wären aber besondere Schwierigkeiten vorhanden, so wäre
deren Existenz nur ein um so triftigerer Beweis für die Notliwendigkeit
der Klarstellung der Rechtsverhältnisse an den fraglichen Objecten. Der
Ausdruck „Buchungspflichtigkeit“ muss freilich Manches erklären. Wenn
man aber die Bucheinrichtung nicht als eine unbequeme Last, sondern
wirklich als eine wohlthätige Einrichtung zum Schutze des Grundeigen-
thums, zunächst um seiner selbst willen, auffasst, dann wird man auch
zum Schlüsse kommen müssen, dass dieses Schutzes Niemand, der Höchste
sowenig wie der Niederste, öffentliche Corporationen sowenig wie der
Privatmann beraubt werden, dass dieser Schutz keiner Scholle deutschen
Bodens — diene sie welcher Verwerthung immer — entzogen werden
dürfe.
Wie überhaupt bei einer so ausgedehnten Durchbrechung des Ein-
tragungsprincipes durch die materiellen und formellen Rechtsvorschriften
die in den Motiven (S. 16) anerkannte Aufgabe der Gesetzgebung, im
Grundbuche eine positive Einrichtung zu schaffen, welche die Erkenn-
barkeit des Rechtsstandes jedes einzelnen Grundstückes gewährleistet,
auf die Dauer sichergestellt erscheinen, wie die dort (S. 318) als
„ein Hauptzweck der Grundbucheinrichtung“ bezeichnete Aufgabe, „dass
stets der gegenwärtige Eigenthümer durch das Grundbuch nach-
gewiesen wird,“ erfüllt werden soll, ist schwer erfindlich. Es ist viel-
mehr zu fürchten, dass im Laufe der Jahrzehnte die Zurückführung des
Rechtes des jeweiligen Eigenthümers auf den zuletzt eingetragenen Eigen-
thümer sich doch schwieriger gestalten werde, als der Entwurf annimmt
(Mot. S. 310) und dass Schädigungen des wirklichen Eigenthümers ge-
rade durch das Princip des öffentlichen Glaubens nicht ausbleiben
werden.
Was aber noch schwerer ins Gewicht fällt, so scheint es denn doch
fraglich, ob einem so lückenhaft geführten Grundbuche gegenüber bei
den deutschen Grundbesitzern sich das so unbedingt nöthige Vertrauen
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Gesetzbaches fiir das Deutsche Reich.
309
einstellen und erhalten wird. Die Landbevölkerung ist im Allgemeinen
far die Bedeutung und die Noth wendigkeit des öffentlichen ^Glaubens
eines gutgeführten Buches nicht unempfänglich; pflegt sie doch in ob-
jectiver Richtung den Vermessungs werken Beweiskraft auch da beizu-
legen, wo sie ihnen gesetzlich völlig fehlt. Wenn aber das Kataster
darauf angewiesen ist, nicht nur allen objectiven Aenderungen, sondern
auch jeglichem Eigenthumswechsel genauestem alsbald zu folgen, wäh-
rend das Grundbuch nicht allein bezüglich der objectiven Aenderungen
immer wieder behufs seiner Ergänzung zum Kataster hlllfesuchend fluchten
muss, sondern nach Lage der Entwürfe auch den subjectiven Verände-
rungen nicht Zug um Zug folgt, so liegt es denn doch sehr nahe, dass
der Grundbesitzer im Kataster auch den authentischeren Nachweis der
Eigentumsverhältnisse, im Grundbuch aber lediglich eine Einrichtung
zum Schutze seiner Gläubiger — im weitesten Sinne des Wortes —
zu erblicken geneigt sein werde.
Als nächste Consequenz des Oeffentlichkeitsprincips bezeichnet
Mäscher den Satz:
c. Die Eintragung darf nur im Bezirke der belegenen Sache —
(der Ausdruck ist allerdings mehr durch den technischen Ge-
brauch als durch seine sprachliche Richtigkeit berechtigt) —
erfolgen.
Auch dieser, dem formellen Gebiete angehörende Grundsatz erscheint
in der Grundbuch- Ordnung in der ausgiebigsten und grundlegendsten
Weise durchbrochen.
Der § 5 der Grundbuchordnung stellt zwar zunächst den Grundsatz
auf: „Das Grundbuch ist nach Bezirken zu führen“; aber nach dem
zweiten Absatz dieses nämlichen § 5 kann durch landesherrliche Ver-
ordnung bestimmt werden, dass für gewisse Gattungen von Grundstücken
besondere Grundbücher geführt werden sollen“.
Es mag Uber die Unbestimmtheit des Ausdrucks, die schliesslich
gestatten würde, jede einzelne Kulturart als besondere Gattung von
Grundstücken aufzufassen, hinweggesehen werden. Wenn die Lehn- und
Fideicommi88 - Güter, die Stammgüter, Rentengüter und Heimstätten nur
halbwegs die Ausdehnung finden, welche ihre Anhänger wünschen und
erwarten, (vielleicht auch die Rittergüter noch hinzugenommen werden),
so genügt die Einführung besonderer Bücher für alle diese Güter- Gat-
tungen, um den unerlässlichen Zusammenklang der Grundbücher mit den
Realrepertorien, den Flurbüchern des Gesetzes, die sich nach der Sach-
lage nothwendig an die Bezirkseintheilung des Katasters aulehnen müssep,
zu beeinträchtigen und schliesslich zu zerstören. >
Aber auch im Einzelnen ist der fragliche Grundsatz durchbrochen.
Der § 6 der Grundbuchordnung bestimmt in seinem zweiten Absätze:
„Mehrere Grundstücke dürfen ein gemeinschaftliches Grundbuch-
blatt erhalten, wenn sie denselben Eigenthümer haben. Die Zu-
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310 Steppes. Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen
lässigkeit wird dadurch nicht ausgeschlossen, dass die Grundstücke
zu verschiedenen Bezirken desselben Grundbuchamtes gehören.“
Und der § 13 der Grundbuchordnang lautet:
„Sind die Bestandteile eines Grundstückes in verschiedenen Grund-
buchbezirken desselben Grundbuchamtes belegen , so erhält das
Grundstück ein Blatt nur in dem Grundbuche eines der Bezirke
Sind die Bestandteile in den Bezirken verschiedener Grundbuch-
ämter belegen, so wird das zuständige Grundbucharat von der
Aufsichtsbehörde bestimmt.“
Die letztere Bestimmung wird in den Motiven (8. 42) noch dahin
erweitert, dass selbst die Grenzen der Bundesstaaten hinfällig werden,
sofern eine Vereinbarung Uber die Zuständigkeit der Grundbuchämter
unter den beteiligten Staaten getroffen ist. Die Wirkung beider Be-
stimmungen wird überdies noch dadurch verschärft, dass jede Nöti-
gung zu einem Hinweis auf die in einen anderen Bezirk verlegten Ein-
träge in der Grundbuchordnung fehlt und dass dieser Hinweis, soweit
verschiedene Grundbuchämter in Frage kommen, auch nur mit grossen
Umständlichkeiten möglich wäre.
Die beiden Bestimmungen stehen übrigens auch unter sich nicht
völlig im Einklang. Der zweite Absatz des § 6 ist in den Motiven
(S. 34) ausdrücklich dahin erläutert: „Gehören die mehreren Grundstücke
desselben Eigentümers verschiedenen Grundbuchamtsbezirken an, so
stehen die Zuständigkeitsgrenzen einer Vereinigung derselben auf einem
gemeinschaftlichen Blatte entgegen.“ Mit diesem Satze ist aber die
Schlussbestimmung des angeführten § 13 anscheinend schwer vereinbar,
insofern jedes einzelne mit anderen zusammengebuchte Grundstück (Num-
mer) zweifellos einen „Bestandteil“ des einheitlich gebuchten Gesammt-
grundstückes bildet. (Vergl. die Motive zur Grdb.-Ord. S. 41 oben;
umgekehrt trifft der Satz freilich nicht zu; aber angesichts der vorge-
schriebenen bezirksweisen Nummerirung der Grundstücke (§ 7 der Grdb.-
Ord.) kann ein nicht nummerirter Bestandteil weder in einem anderen
Bezirke, noch weniger in einem anderen Amte liegen.) Die Absicht, in
§ 6 Abs. 2 und in § 13 zwei wesentlich verschiedene Fälle auseinander
zu halten, wird eben (lurch die Declaration in § 787 Abs. 1 hinfällig.
Es besteht tatsächlich keinerlei Gewähr, dass ein besonders numme-
rirtes Grundstück auch wirklich ein selbständiges Grundstück ist und
bleibt.
Dass nun diese Bestimmungen die Durchführung des § 1105 des
Gesetzentwurfes, wonach für das Aufgebot in Hypothekensachen das
Gericht zuständig ist, in dessen Bezirke das belastete Grundstück belegen
ist, vielleicht auch des § 1139, wonach die Rückzahlung und Zinszahlung
für Grundschulden am Sitz des Grundbuchamtes zu erfolgen hat, schwierig
und lästig werden gestalten müssen, soll nur nebenbei berührt werden.
Für die Grundbuchführung selbst kommt hauptsächlich in Betracht, dass
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Gesetzbuches für das Deutsche ßeich.
311
ebenso oft, als ein Grundstück (eine Nummer) in einem anderen Bezirke
gebucht wird, das Grundbuch dieses letzteren Bezirkes zwei — bei zu-
fälligem Zusammentreffen mehrfacher Auswärtsbuchungen unter Umständen
aber noch mehr — völlig verschiedene Grundstücke mit gleicher Nummer-
bezeichnung aufweisen muss.
Wie aber mit einem solchen System Ordnung und Sicherheit der
Buchführung auf die Dauer sollte aufrecht erhalten bleiben, ist schwer
abzusehen. Die Erfahrungen eines Jahrhunderts im Katasterdienste haben
die Anschauung gezeitigt und bekräftigt, dass jene Ordnung und Sicher-
heit nur durch ein peinlich strenges Festhalten der einmal getroffenen
Bezirksausscheidung und des ganzen Formalismus der Buchführung über-
haupt gewährleistet ist. Es ist also leider anzunehmen, dass Dr. Mäscher
Becbt behalten wird, wenn er bei Zulassung von Einträgen ausserhalb
des Bezirks der belegenen Sache Täuschungen für unvermeidlich hält
und das Publicitätsprincip als durchbrochen ansieht. —
Eine weitere Forderung des Publicitätsprincips spricht Mäscher
in folgendem Satze aus:
d. Jede Aenderung eines selbständigen Grundstücks, welches durch
die Eintragung in das Hypothekenbuch ein physisch unzertrenn-
bares Ganzes darstellt, also jede Abtretung oder Zuschlagung
muss aus dem öffentlichen Buche erhellen.
Mäscher und mit ihm eine Reihe der hervorragendsten Rechts-
gelehrten setzen dabei voraus, dass der Eintrag und die Abschreibung
der Trennstücke von der Genehmigung der Hypothekengläubiger ab-
hängig gemacht werden müsse, da sie die sogenannten Correalhypotheken
für unzulässig erachten. Das Sachenrecht des Entwurfes lässt die Correal-
hypotheken bei Grundstückstheilungen zu, wenngleich es in § 1063 die
Belastung eines Bruchtheiles eines Grundstückes mit einer Hypothek
verbietet. Es will indessen dieser Widerspruch hier nicht näher verfolgt
werden, da die Frage ausschliesslich für das Pfandrecht von Belang ist
und überdiess bei Beurtheilung der Schädlichkeit der Correalhypotheken
auch noch die Bestimmungen des Zwangsvollstreckungsgesetzes von Be-
lang sind. Ebensowenig will näher ausgeführt werden, dass die Annahme
Mascher’s, als könne ein Grundstück durchseine gesonderte Eintragung
zu einem physisch unzertrennbaren Ganzen gestempelt werden, (nach
seinen eigenen Anschauungen über die Bucheinrichtung; vergl. z. B.
8. 720) unzutreffend ist.
Hier kommt zunächst in Frage, in welcher Weise die Entwürfe selbst
den Gegenstand regeln. Behufs solcher Regelung bestimmt zunächst
der § 26 der Grundbuchordnung:
„Die Eintragung eines Rechtes an einem Bestandtheile eines Grund-
stückes soll nur angeordnet werden, wenn der Bestandtheil in Folge
eines Antrages, welcher gleichzeitig mit dem Anträge auf Eintragung
oder vorher gestellt ist, als besonderes Grundstück gebucht wird.“
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312 Steppes. Das Grandbuch im Entwürfe eines bürgerlichen
„Von der Landesjustizverwaltung kann bestimmt werden, dass die
Eintragung der bei der Theilung eines Grundstückes gebildeten Grund-
stücke nur angeordnet werden soll, wenn die Grundstücke im Flnr-
buche bezeichnet sind und eine die Theilung darstellende Karte vor-
gelegt wird.“
Daneben ist von Belang der grundlegende § 787 des Sachenrechts:
„Jedes Grundstück, welches in dem Plurbuche eine besondere Nummer
führt, ist als einheitliches Grundstück anzusehen.“
„Ein Gleiches gilt von mehreren Grundstücken, welche im Flurbuehe
verschiedene Nummern führen, sofern sie in dem Grundbuche als’ ein
einheitliches Grundstück gebucht sind.“
Der Ausdruck der Grundbuchordnung „besonderes Grundstück“
entspricht dem Specialitätsprincip, mit welchem dieser Gegenstand ebenso
nahe zusammenhängt, wie mit dem Oeffentlichkeitsprincip selbst, offenbar
besser, als das „einheitliche Grundstück“ des § 787. Dass der Ausdruck
„einheitliches Grundstück“ in dem Entwürfe des bürgerlichen Gesetz-
buches selbst, wie in der Grundbuchordnung und den übrigen An-
nexen, ja selbst in den so ausführlichen Motiven der Entwürfe fast
niemals wiederkehrt, sondern in der Regel durch das „Grundstück“
schlechtweg ersetzt ist, könnte fast zur Vermuthung führen, als sei der
Ausdruck „einheitliches Grundstück“ im ersten Absätze des § 787 nur
gewählt, um für den zweiten Absatz, wo es sich in der That um die
Buchung mehrerer Grundstücke als einheitliches Rechtsobject handelt,
eine bessere Grundlage zu gewinnen.
Jedenfalls ist im ersten Satze des § 787 der Schwerpunkt auf das
Wort „anzusehen“ zu legen. Ob dies die Absicht des Gesetzgebers
gewesen sei, stellen war die Motive zu § 787 (S. 53 u. folgde) nicht
völlig ausser Zweifel. Es ist dort ausgesprochen, das Grundbuch sei
„so anzulegen und einzurichten, dass die einzelnen Flächenabschnitte in
einer dem Grundstücksbegriffe entsprechenden Begrenzung gebucht werden“
(S. 54), und dass der Entwurf nur mit einem solchen Grundbuche rechnen
könne, „welches in der Bestimmung des Gegenstandes der dinglichen
Rechte sich nach der in dem Flurbuche enthaltenen Beurkundung der
Landesvermessung richtet“. Dabei ist angenommen, dass diese Beur-
kundung unter fortlaufenden Nummern erfolgt sei, „so zwar, dass jeder
Flächenabschnitt, der nach der oben (in den Motiven) gegebenen Begriffs-
bestimmung ein Grundstück bildet, unter einer besonderen Nummer auf-
geführt wird“. Diese Begriffsbestimmung ist in den Motiven dahin ge-
geben: „Das einzelne Grundstück muss daher, um rechtlich als Sache
angesehen werden zu können, als ein räumlich abgegrenzter, d. h. von
einer in Sich zurücklaufenden Grenzlinie umschlossener Flächenabschnitt
sich darstellen. Nur unter dieser Voraussetzung ist es ein möglicher
Gegenstand des Eigenthumes, der begrenzten Rechte und der Inhabung.
Eine Definition des hieraus sich ergebenden Grundstücksbegriffes eignet
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Gesetzbuches ftir das Deutsche Reich.
313
sich jedoch zur Aufnahme in das bürgerliche Gesetzbuch nicht.“ Letzte-
res ist immerhin bedauerlich. Denn wenn der Ausdruck „Grenzlinie*4
bei obiger Begriffsbestimmung im gemeinüblichen Sinne, nämlich als eine
Linie zu nehmen ist, welche zwei, oder mehr, verschiedenen Eigen-
tümern gehörige Grundflächen scheidet, so würde sich der Begriff des
in den Entwürfen so häufig angeführten „Grundstückes“ mit dem in
§ 787 gegebenen des „einheitlichen Grundstückes“ nicht decken.
Jedenfalls bleibt, was letztere Begriffsbestimmung betrifft, die That-
sache bestehen, dass in den Flurbüchern aller deutschen Staaten nicht
allein bei grösseren geschlossenen Gütern, sondern auch in parcellirten
Fluren mehr oder minder häufig innerhalb einer Parcelle (eines Besitz-
stückes) deren einzelne Abschnitte wegen Verschiedenheit der Kulturart
oder aus anderen katastertechnischen Rücksichten mit verschiedenen
Nummern bezeichnet sind. Dasselbe Verhältniss kann sich in parcellirten
Gegenden (selbst wenn das neue Grundbuch auf eine neue Nummerirung
gestutzt würde) dadurch einstellen, dass mehrere vorher getrennt besessene
Grundstücke durch Kauf u. s. w. in Einer Hand vereinigt wurden. Es
können demnach unter allen Umständen die Bestandtheile einer in der
Natur sich als einheitliches Besitzstück darstellenden Parcelle selbst
schon einheitliche Grundstücke im Sinne des § 787 (besondere Nummern)
sein und es kann also die Eintragung eines Rechtes an einem Bestand-
theile eines in der Natur einheitlich besessenen Grundstücks ohne Wei-
teres, unbeschadet des § 26 der Gr.-Ordn. erfolgen, weil der Bestand-
theil im Grundbuche bereits als besonderes (Buch-) Grundstück gebucht
ist. Ob dieses Verhältniss zutrifft oder nicht, ob die (nach Absatz I
oder auch nach Absatz II des § 787) gebuchte Nummer auch ein selbst-
ständiges Object in der Natur bildet, kann in jedem einzelnen Falle
auch aus einem die gegenwärtigen Eigenthümer zuverlässigst nachwei-
senden Flurbuche nur unter gleichzeitiger Zuhilfenahme der, die gegen-
seitige Lage der einzelnen Nummern darstellenden Flurkarte ersehen
werden, — ein neuer und eindringlicher Hinweis auf die Nothwendig-
keit, die Karte in ihrem natürlichen Zusammenhänge mit dem Grund-
buche zu belassen.
Das geschilderte Verhältniss ist aber deshalb von besonderem Be-
lang und daher hier etwas ausführlicher erörtert worden, als manchem
Leser vielleicht nöthig erscheinen mag, weil gerade in den Fällen, in
welchen ein bereits mit besonderer Nummer versehener Bestandteil
eines in der Natur einheitlichen Grundstückes in andere Hände über-
geht, Abweichungen zwischen dem unter den Betheiligten geschlossenen
obligatorischen Vertrag und dem von selben verlautbarten dinglichen
Vertrag, sofern besondere vorbeugende Maassnahmen nicht getroffen
werden, nicht allein möglich und wahrscheinlich, sondern geradezu zur
Regel werden müssen. Die Scheidungslinien zwischen den einzelnen
Nummern, die aus getrenntem Eigenthum in Eine Hand kommen, werden
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314 Steppeg. Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen
aas wirtschaftlichen Gründen möglichst bald zu verwischen gesucht,
die Grenzen der einzelnen Kulturarten etc. innerhalb einer Parcelle sind
steter, willkürlicher and unwillkürlicher, Verschiebung ausgesetzt. Wird
eine solche Nummer wieder in anderes Eigentum übertragen, so pflegen
die Beteiligten, wenn ein Zwang zur Grenzfestsetzung dureh Vermessung
nicht besteht — und der Zusammenhalt des § 787 des B. G. -B. und
des § 26 der Grd.-Ord. schliesst einen solchen Zwang vorerst völlig aus
— gleichwohl die neue Grenze in der Natur — sei es aus Unverstand,
sei es aus Geiz — willkürlich festzusetzen. Die so festgesetzte Greuze
wird und muss in 99 unter 100 Fällen von der in den Büchern fest-
gehaltenen Nummerngrenze — erfahrungsgemäss oft unglaublich weit —
abweichen. Gleichwohl wird der dingliche Vertrag und die Eintragung
im Grundbuche so verlautbart, als ob die Nummer in ihrer früheren,
ursprünglichen Lage und Begrenzung Gegenstand des Rechtsgeschäftes
gewesen wäre. Einer solchen Corrumpirung des Grundbuches kann anr
durch eine entsprechende Regelung der amtlichen Vermessungsthätigkeit
vorgebeugt und abgeholfen werden.
Der 2. Absatz des § 26 der Grd.-Ord. verzichtet allerdings, ent-
gegen der preussi sehen Grundbuchordnung auf eine solche auch nur
allgemeine Regelung selbst im Falle der evidenten Grundstückstheilung,
stellt selbe vielmehr in das Belieben der Landesjustizverwaltungen. Wo
letztere keinen Gebrauch von der ihnen eingeräumten Befugniss machen,
scheint sich die im 1. Absatz des § 26 geforderte besondere Nummeri-
rung auf einen stilistischen Beschrieb der Trennstücke (nach den Angaben
der Betheiligten?) im Sinne der Motive zu § 9 der Grd. -Ord. gründen
zu sollen. Wie weit man damit wohl kommen wird? Man steht hier
wieder vor einem der ebenso merkwürdigen, als häufigen Widersprüche
zwischen der Grundbuchordnung und den Motiven zum Sachenrecht. Die
letzteren bezeichnen es (S. 55) als eine Consequenz des § 787 Abs. 1,
„dass über einen Theil des Grundstückes mit dinglicher Wirkung nur
verfügt werden kann, wenn dasselbe vorher im Flurbuche nach Ein-
zeichnung der neuen Grenze zwei Nummern erhalten hat.“
Bezüglich der Zuschlagung von Grundstückstheilcn zu einem anderen
(anliegenden) Grundstücke ist überhaupt nichts verfügt, obwohl es doch
nach der Fassung des § 787 im Zusammenhalt mit anderen zahlreichen
und wichtigen Bestimmungen des Sachenrechts durchaus nicht gleich-
giltig ist, ob die in der Natur zuzuschlagenden Theile eine besondere
Nummer erhalten oder auch formell mit der Nummer des Grundstücks,
dem sie zugehen, vereinigt werden und ob die Entscheidung für den einen
oder anderen Weg lediglich durch katastertechnische Rücksichten beein-
flusst bleiben kann.
Die Erörterungen der vorliegenden Frage dürften zur Genüge er-
weisen, wie in allen Fällen, wo es sich nicht bloss um subjectiven Wechsel
des Eigenthtlmers, sondern um die Neugestaltung des Eigenthums und
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Gesetzbuches für das Deutsche Reich.
315
damit um die objective Fortführung des Grundbuchs handelt, die tech-
nische Behandlung von ausschlaggebendster Bedeutung ist. Die bücher-
liche Eintragung kann dabei mehr noch, wie sonst, immer nur die äussere
Sicherstellung des Rechtsvorganges herbeifithren , während die Gewähr
dafür, dass die Bucheinträge auch den wirklichen Hergängen bei der
Eigenthumsttbertragung entsprechen, durch die Thätigkeit des Land-
messers, des Geometers beschafft werden muss.
Eben deshalb sollte aber auch die Grandbuchverwaltung, sollte
nach Schaffung eines einheitlichen Sachenrechts die Justizverwaltung
überhaupt der Frage nach der Organisation des Messungsdienstes und
ihrem Zusammenhang mit der Gnindbuchführung nicht gleichgültig gegen-
überstellen.
Bei dem Umstande, dass die Entwürfe die Wahl des Grundbuch-
beamten aus der Reihe der zum richterlichen Amt befähigten Personen
nicht erfordert (Mot. z. Sachenrecht S. 178), liegt die Frage nahe, ob
nicht eine directe Verwendung des vermessungstechnischen Personals
als Grundbuchbeamte geboten oder doch wünschenswert!! erscheine. In
solchen Einzelstaaten, welche die weitgehenden, ihnen bezüglich der
Benutzung bisher geführter Bücher eingeräumten Vollmachten (vergl.
§§ 8—10 der Grd.-Ord.) etwa dahin ausnutzen sollten, dass sie die
vorhandenen Kataster als Grundbuch und daneben das Hypotbekenbnch
als Lastenbuch einrichten, könnte der Werth und die Wirksamkeit der
Grandbucheinrichtung nur wesentlich gewinnen, wenn (unbeschadet der
Führung des Hypothekenbuchs durch einen juristischen Beamten, aber
unter entsprechender Wahrung des organischen Zusammenhangs) die
Führung des Grundbuchs einem Vermessungsbeamten übertragen würde.
Dass die Einrichtung und Führung einer Mehrzahl von Büchern auch
vielerlei Nachtheile mit sich bringt, will übrigens nicht verkannt und
daher auch eine solche Anordnung nicht direct und allgemein empfohlen
werden. Ein einheitliches — aber allerdings ein vollständiges und den
Ansprüchen der Landwirtschaft nach allen Richtungen voll genügendes
— Grundbuch wird immer das Ideal bleiben müssen.
Je weniger übrigens dem Grundbuchbeamten ein selbständiges
Urtheil und eigene praktische Erfahrung in technischen Fragen zuge-
muthet werden kann, je mehr die formelle Einrichtung des Grundbuches
selbes darauf anweist, die im Kataster gebotenen technischen Unter-
lagen von Fall zu Fall für seine Zwecke zu verwerten, desto unab-
wei Blich er erscheint die systematische Vorsorge für eine auch den
Grundbuchszwecken entsprechende äussere Organisation und innere Ge-
staltung des Messungsdienstes.
Freilich kann der Zusammenhang beider auch wieder zu eng ge-
griffen werden. Wenn beispielsweise dem juristisch gebildeten Grund-
buchbeamten zugemuthet wird, die vom Vermessungsbeamten gefertigten
Pläne oder Berechnungen durch seine Unterschrift zn legitimiren, ob-
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316
Herl. Zur Construction von Horizontalcurven.
wohl ihm die zur Beurtheilang ihrer Richtigkeit und Vollständig-
keit nöthigen Kenntnisse fehlen, so verurtheilt sich eine derartige
Fiction von selbst. In der That verlangt das Publicitätsprincip, —
eben weil es vernünftiger Weise dahin aufzufassen ist, dass die Buch-
vorträge die Rechtsverhältnisse nicht nur überhaupt angeben, sondern
in zutreffender, den Thatsachen entsprechender Weise ersehen lassen
müssen, — dass der Landmesser bezw. Geometer, welcher die Unterlagen
für die Bucheinträge beschafft und deren Richtigkeit verbürgen muss,
ebensowohl mit der nöthigen Autorität und äusseren Stellung umkleidet
sein muss, wie der Grundbuchbeamte selbst.
Auf eine Erörterung der an die äussere und innere Organisation
des Messungsdienstes zu stellenden Anforderungen im Einzelnen muss
hier verzichtet werden. Wird nur die Bedeutung und Tragweite der
geometrischen Thätigkeit für die Grundbucheinrichtung anerkannt und
ist nnr der Zusammenhang beider im Einzelnen klargestellt, so muss
es auch schliesslich gelingen, die dieser Erkenntniss entsprechenden
organischen Einrichtungen zu finden. Wo ein Ziel ist, findet sich immer
auch ein Weg dazu.
Indem weitere Folgerungen aus dem Oeffentlichkeitsprincipe ihrer
minderen Tragweite halber hier übergangen werden, will nur noch
darauf länge wiesen werden, dass der Entwurf das Vorkaufsrecht, das
Erbbaurecht, die Grunddienstbarkeiten, die Reallasten und selbstver-
ständlich das Pfandrecht (nebst Grundschuld) unter Festhaltung des
Eintragungsprincipes regelt. Wenn das Einführungsgesetz (Art. 109)
für den Eintrag von Grunddienstbarkeiten längere Fristen Uber den
Zeitpunkt der Buchanlage hinaus gestattet, so dürfte dies nicht allein
die Buchanlage beschleunigen, sondern auch die in den grossen Rechts-
gebieten, für welche die Buchungspfiichtigkeit der Dienstbarkeiten als
weitgreifende Neuerung erscheint (Motive z. Einführungsges. S. 268),
vielfach bestehende Befürchtung abschwächen, als müsse diese Neuerung
zu zahlreichen und langwierigen Processen führen.
Zur Construction von Horizontalcurven.
Im Heft 12, Band XX dieser Zeitschrift findet sich eine Abhandlung
über die graphische Interpolation der Horizontalcurven in Plänen mit
quotirtem Quadratnetz (von Prof. C. Zwicky), welche recht deutlich
beweist, dass das Bedürfniss nach einer Vorrichtung zu gedachtem
Zwecke immer und immer wieder lebhaft empfunden wird und dass
nicht alle der Ansicht sind, welche im Wochenbl. f. Baukunde 1887 Nr. 14
ausgesprochen ist, dass nämlich im Falle des Gebrauches ein vorhan-
dener Specialapparat sicher verräumt oder dessen Handhabung unge-
wohnt sein werde.
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Merl. Zur Construction von Horizontalcurven.
317
Den klaren Ausführungen des Herrn Prof. Zwicky habe ich
nichts hinzuzufügen, als dass längere Zeit auf meinem Bureau die Durch-
gangspunkte der Horizontalcurven zwischen zwei benachbarten Höhen-
pnnkten in ähnlicher Weise bestimmt wurden, dass aber trotz der grossen
Einfachheit dieses Verfahrens die Arbeit sich noch mehr abkUrzen lässt,
allerdings mit Hülfe eines (von mir construirten und in der „deutschen
Banzeitung“ 1884 Nr. 98 beschriebenen) Specialapparates, welcher in
Vergessenheit gerathen oder übersehen worden zu sein scheint. Ich lasse
im Nachfolgenden das Hauptsächlichste hierüber folgen.
Der Apparat besteht in seinen wesentlichen Theilen aus zwei scharnir-
artig verbundenen Linealen, von welchen das untere an der Innenseite
mit beliebiger Theilung versehen ist, und einem rechteckigen Plättchen,
an der oberen Kante mit gleicher Theilung ausgestattet, an welchem
sich die genannten Liniale verschieben lassen.
Nach den Lehrsätzen der ebenen Geometrie wird eine gegebene
Linie A — B in eine beliebige Anzahl gleicher Theile getheilt, wenn
man an dieselbe unter irgend einem Winkel eine zweite Linie C — B ,
welche in die verlangte Anzahl
Theile getheilt ist, anlegt, die Punkte
C und A durch eine dritte Linie
A — C verbindet und parallel mit
dieser durch die Theilpunkte der
Linie B — C gerade Linien zieht,
bis sie A — B schneiden; alsdann ist A — B in die verlangte Anzahl
Theile getheilt.
Ls ist klar, dass mii Anwendung dieser Regel eine gegebene Linie
auch in beliebig ungleiche Theile getheilt werden kann. Diese Aufgabe
tritt an den praktischen Ingenieur sehr häufig heran; besonders bei der
Darstellung des Terrains durch Horizontalcurven. Die Linie A — B
entspricht der horizontalen Entfernung von zwei auf ihre Höhenlage
bestimmten Punkten, die Theilung dieser Linie den Höhenunterschieden
der Punkte und der zwischen denselben hindurchgehenden Horizontal-
curven.
Das obere der schrägmaass- ähnlich mit Scharnier verbundenen
Liniale vertritt die Linie C — A, das untere innen mit Theilung ver-
sehene die Linie C — B. Das letztere hat auf seiner unteren, am Plättchen
F — G gleitenden Seite links eine Marke, welche bei Beginn der Ope-
ration auf den Nullpunkt der Theilung auf F — G eingestellt wird.*)
Ist nun eine gegebene Linie, z. B. A — B in drei Theile zu theilen,
welche sich verhalten, wie x:y:z, so legt man den Apparat so, dass
das Lineal C — B mit demjenigen Theilpunkt, welcher der Summe
'*) Der Apparat ist so eingorichtot, dass das verschiebbare System, bzw.
dessen FUhrungsschlitten anstösst, wenn die Marke auf Null steht.
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318
Merl. Zur Construction von Horizontalcurven.
x + y -f- z entspricht, an dem einen Endpunkte B der Linie A—B
anliegt, worauf man den Schenkel 0 — A so dreht, dass dessen innere
Kante durch den Punkt A hindurchgeht. Alsdann schiebt man das
(arretirte) System ACB so an der Theilung des Plättchens von links
nach rechts, dass die oben erwähnte Marke zunächst auf den Theilstrieh
gleich der Entfernung x und dann auf den gleich der Entfernung x -f y
zeigt und zieht nach jeder Verschiebung an der inneren Kante des
Lineals CA einen Strich durch A—B. Die Durchschnittspunkte geben
die gewünschten Proportioualtheile.
Sollen z. B. zwischen zwei Punkten A und B von beliebiger Ent-
fernung mit den Coten 11,35, bezw. 12,30 die Durchgangspunkte der
Horizontalcurven 11,40, 11,60 12,20 gefunden werden, so legt
man an den einen Punkt B den untern Schenkel CB mit dem Theil-
striche 1230 — 1135 = 95 an und schiebt 1140 — 1135 = 5 Theilstriche
vorwärts; alsdann zeigt der obere Schenkel CA den Durchgangspunkt
der Curve 11,40 au. Schiebt mau 20 Theilstriche weiter, so erhält
man den der Curve 11,60 u. s. w. Liegt die Linie auf dem Tische
so, dass man den getheilten Schenkel bequemer an Punkt A mit der
Cote 12,30 anlegt, so kehrt man einfach die Proportion um und schiebt
zuerst 1230 — 1220 = 10 Theilstriche, wodurch man den Durchgangs-
punkt der Curve 12,20 erhält u. s. w. Wenn die Höhendifferenzen
der beiden Punkte A und B sehr klein sind, so kann man, wenn grössere
Genauigkeit gewünscht wird, Vielfache dieser Differenz nehmen;
dem geübten Rechner bietet dies keine Schwierigkeiten.
Man ersieht daraus, dass zwischen zwei cotirten Punkten ohne we-
sentlichen Zeitaufwand eine sehr grosse Anzahl von Durchgangspunkten
bestimmt werden kann und dass das Verfahren überhaupt die denkbar
kürzeste Dauer beansprucht. Meine Zeichner haben dasselbe noch stets
in wenigen Minuten erlernt und leicht im Gedächtniss behalten, den
Apparat auch nie verräumt.
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Bücherschau. — Neue Schriften über V onnessungs wesen . 319
Die Vorrichtung gestattet aber noch eine andere, ausserordentlich
Zeit sparende Anwendung, indem sie bei Flächen - Nivellements da, wo
verlässige Gemarkungspläne vorhanden und die Grundstücke nicht sehr
gross sind, das umständliche Messen mit Messband oder Kette überflüssig
macht; man braucht nur die Schrittzahlen des Lattenträgers auf einer
gegebenen Linie zu notiren und kann dann zu Hause dessen Standpunkte
leicht in den Plan eintragen. Die Summe der Schritte giebt den Theil-
strich an, welcher an das Ende der durchschrittenen Linie angelegt wird;
das obere Lineal wird gedreht, bis es durch den Anfang dieser Linie
geht, dann arretirt, worauf das System um die Schrittzahlen x, x -f- y,
x + y "4" z fortgeschoben wird. Die erreichte Genauigkeit ist eine voll-
ständig befriedigende.
Es würde mich freuen, wenn die Herren Collegen künftig mehr
Gebrauch von dieser einfachen Vorrichtung machen würden, gewiss zu
ihrem eigenen grossen Vortheile.
Da die in gedachter Abhandlung erwähnten Diagramme, durch die
Zirkelspitzen mit der Zeit unbrauchbar und dann wieder neu angefertigt
■werden, milchte ich darauf aufmerksam machen, dass dieselben, wenn
auf durchsichtigen Stoff (Pauspapier, Horn) gezeichnet, ebenfalls noch
andere, besonders für den Meliorationstechniker wichtige Anwendungen
gestatten. Das Nähere hierüber findet sich in meiner Schrift: „Neue
Theorie der Bodenentwässerung“ S. 47 und 63, sowie auf Tafel I daselbst.
Speyer a. Rh. Merl,
Kreis - Kulturingcnieur.
Bücherschau.
A. Fretwurst. Dio Kartenschrift. Anleitung zum Schreiben derselben für
kartographische und technische Zwecke. Stuttgart, Verlag von Konrad
Wittwcr.
In diesem Hefte sind die bei topographischen Karten namentlich
in Betracht kommenden beiden Hauptschriftarten, die stehende lateinische
Druckschrift und die Cursivschrift, hinsichtlich der Construction der
Buchstaben und der Wahl der Grösse der Schrift eingehend besprochen.
Am Ende sind noch Tafeln mit vollständigen Alphabeten und Diagrammen
für die Schriftgrösse beigefügt, so dass die Anleitung wohl mit Vortheil
beim Beschreiben der Karten angewandt werden kann. P.
Neue Schriften über Vermessungswesen.
Veröffentlichung der Königl. Württemb. Commission für die internationale
Erdmessung. III. Heft. Triangulirung zur Verbindung des Rheinischen
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320
Personalnachrichten. — Fragekasten.
Netzes mit dem bayerischen Hauptdreiecksnetz, mit 36 Figuren im
Text und 1 Tafel. Im Aufträge des Königl. Ministeriums des
Kirchen- und Schulwesens bearbeitet von E. Hammer. Stuttgart,
Druck der J. B. Metzler’schen Buchdruckerei.
Anleitung zur Waldwerthsberechnung und Bonitirung von Waldungen
von H. Martineit, Regierungs- und Landesökonomie-Rath in Cassel.
Berlin, 1892. Verlag von Paul Parey. Preis 4 Mk.
Vermessung der Stadt Hamburg. Erster Nachtrag zum Verzeichniss der
Höhenpunkte, 1886. Von H. Stück. Hamburg 1892.
Pollack, V. Die photographische Terrainaufnahme (Photogrammetrie
oder Lichtbildmesskunst) mit besonderer Berücksichtigung der Arbeiten
in Steiermark und des dabei verwendeten Instrumentes. 8. 16 8.
Wien 1891. Verlag von R. Lechner. Preis fl. — .40.
Kalender, Astronomischer, für 1892. Nach dem Muster des K, von
Littrow’8chen Kalenders herausgegeben von der k. k. Sternwarte.
Neue Folge. Jahrgang 11. Wien 1892. 147 pg. cart.
Personalnachrichten.
Der Landes-VermeB8ungs-In8pector Pattenhausen zu Braunschweig
ist zum ausserordentlichen Mitgliede der Herzoglichen Landes-Oekonomie-
Commission ernannt worden.
Fragekasten.
Kann Jemand Bezugsquellen und Preise für Granitsäulen angeben?
Ich beabsichtige die Nivellementsbolzen, soweit dieselben nicht in Sockel
etc. eingelassen werden können, in Granitsäulen von 1 Meter Länge,
25 cm behauen mit einem Querschnitt von 25-25 cm einzulassen. Ein
hiesiger Unternehmer verlangt für die fertig behauenen Säulen aus bestem
belgischen Granit etwa 6 Mark frei Bahnhof.
Remscheid, April 1892. Harksen.
Inhalt.
Grössere Mittheilungen: Dienstvorschriften lür die in der Provinz Hannover
beschäftigten Specialcommissare und Vormessungsbeamten. — Snellius und das
Problem „der vier Punkte“, von Geisler und Jordan. — Das Grundbuch
im Entwürfe eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, von
C. Steppes. (Fortsetzung.) — Zur Construction von Horizontalcurven, von
Merl. — Bilcherschau : A. Fretwurst. Die Kartenschrift, Anleitung zum
Schreiben derselben für kartographische und technische Zwecke. — Neue Schriften
Uber Vermessungswesen. — Personalnachrichten. — Fragekasten.
Verlag von Konrad Wittwer, Stuttgart — Druck von Gebrüder Jänecke in Hannover.
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321
ZEITSCHRIFT für VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover, Steuer-Ratb in Manchen.
*
1892. Heft 11. Band XXI.
1. Juni, et- —
Ueber die Bedeutung und die Anwendbarkeit der Methode
der kleinsten Quadrate in der Feld- und Landmessung.
Vortrag auf der 17. Hauptversammlung des Deutschen Geometer-Vereins,
am 2. Juni 1891, zu Berlin.
Es ist jetzt uahezu ein Jahrhundert verflossen seit der Begründung
einer Theorie, welche sich mit den Fehlern der Beobachtungen und
Messungen beschäftigt, und daher uns Feld- und Landmesser sehr nahe
berührt, nämlich der sogenannten „Methode der kleinsten Quadrate“.
Im Jahre 1795 wurde diese Theorie von dem damals erst 18jährigen
Mathematiker Gauss gefunden, und bald darauf durch die Anwendung
auf die Ausgleichung des Planeten Ceres bewährt.
Allerdings die Priorität der Verb ff en t lichung hat Gauss nicht,
denn damit kam ihm der Franzose Legendre im Jahre 1805 zuvor,
und erst aus dem Jahre 1809 haben wir die erste dffentliche Abhandlung
über Fehlertheorie von Gauss selbst. Von da an aber ist die weitere
Entwickelung bis zum Jahre 1826 fast ganz allein Gauss zu verdanken,
welcher in 6classischen Abhandlungen alles Wesentliche von dem ge-
schaffen hat, was heute Methode der kleinsten Quadrate heisst.
Die Anwendungen der neuen Wissenschaft waren vorwiegend geo-
dätisch.
Legendre hat 1805 als erste Anwendung seines Ausgleichungs-
satzes eine franzbsisclie astronomisch -geodätische Breiten- Ausgleichung
durchgeführt und von Gauss haben wir von 1823 als erstes Zahlen-
beispiel eine trigonometrische Ausgleichung für RUckwärtseinschneiden
und schon von 1826 zwei Triangulirungs-Netz-Ausgleichungen in dem
„supplementum theoriae combinations“.
Auch die anschliessenden Arbeiten von Bessel, Hansen, Andrae
u. A. waren wesentlich durch geodätische Bedürfnisse hervorgerufen;
und wenn wir die heutige im Laufe fast eines Jahrhunderts angewachsene
Literatur über Ausgleichungsrechnung überblicken, so finden wir darunter
keine Disciplin so sehr vertreten wie die Geodäsie, und neben Astronomen,
Zeitschrift für Vermessungsweaen. 1892. Heft 11. 21
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322 Jordan. Ueber die Bedeutung und die Anwendbarkeit der Methode
Physikern u. A. können wir Feld- und Landmesser uns wohl rühmen,
dass wir die eifrigsten Jünger des Meisters Gauss in Hinsicht auf die
methodus quadratorum minimorum sind.
Indessen unmittelbar aus den Gauss’schen Quellen konnten die
Praktiker Anfangs nicht schöpfen ; sie brauchten vermittelnde Lehrmeister,
und diese waren zuerst 1837 der Wasserbaumeister Hagen und 1840
der Landmesser Gerling. Hagen ging 1837 von der Wahrscheinlichkeits-
rechnung aus, wie ursprünglich Gauss selbst, und hat damit die Sache den
Praktikern unnöthig erschwert, während Gerling 1843 als späterer Schüler
von Gauss schlechthin das Princip der kleinsten Quadratsumme an die
Spitze stellte und in populärster Weise, durch Zerlegung in je „7 Haupt-
Geschäfte“ die Sache seinen Lesern so mundgerecht machte, dass
sein Buch heute noch nach fast 50 Jahren als eines der besten Lehr-
bücher für den Anfänger geschätzt wird.
In seiner Vorrede sagt Gerling: „Ich erinnere mich noch gar wohl
der Zeit, wo der Landmesser, welcher mit den logarithmischen Tafeln
umzugehen wusste, für den Gelehrten unter seinen Collegen galt. Jetzt
würde sich einer lächerlich zu machen glauben, wenn er sich ohne
diese Kenntnisse nur zum Examen melden wollte. In ähnlicher Weise
wird es demnächst wohl auch mit der Ausgleichungsrechnung gehen“.
Jetzt, 48 Jahre nachdem sie geschrieben, ist diese Prophezeihung
erfüllt, denn die Grundzüge der Ausgleichungsrechnung werden jetzt in
allen gut eingerichteten Feldmesserprüfungen unseres Vaterlandes verlangt.
Allerdings ist diese halbhundertjährige Entwickelung nicht immer
gleichförmig, und auch nicht ohne Kämpfe, verlaufen. Wir wollen
sogleich einen Haupteinwurf erledigen, der stets gemacht wurde, dass
nämlich die Feld- und Landmessungen grossentheils mit einseitig
wirkenden Fehlern behaftet seien, und sich daher zur Ansgleichung nach
dem Quadratprincip überhaupt gar nicht eignen.
Noch in allerjüngster Zeit schrieb mir ein ausländischer College,
dass der Hauptgrund, warum er seine Nivellements-Netze nicht nach der
Methode der kleinsten Quadrate ausgleiche, darin liege, dass ja dieNivel-
lirungen niemals völlig frei von systematischen Fehlern seien.
Dieser Einwand ist aber leicht zu pariren: Abgesehen davon, dass
die Vertreter desselben sich meist nicht scheuen, bequeme Mittelbildungen
und Proportional-Vertheilungen u. s. w., ohne solche Gewissensscrupel
vorzunehmen, kommt in Betracht, dass gerade die Methode der kleinsten
Quadrate die feinsten Mittel besitzt, um einseitig wirkende Fehler auf-
zufinden und zu berücksichtigen.
Ein zweiter Einwand gegen die geodätischen Anwendungen der
Methode der kl. Q. betrifft die grosse Arbeit der dabei nöthigeu Zahlen-
Rechnungen, namentlich bei Auflösung der Normalgleichungen. Allen
Anfängern bereiten diese Rechnungen grossen Kummer und sie bilden eine
stehende Beschwerde, welcher wir aber am wirksamsten begegnen, indem
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der kleinsten Quadrate in der Feld- und Landmessung. 323
wir den Spiess umkehren, indem wir sagen, dass die richtig angewen-
dete Methode der kl. Q. nicht Vermehrung, sondern Verminderung
der Rechenarbeit gebracht hat.
Hierzu wollen wir zuerst einen Ausspruch des bayerischen Geodäten
von Orff citiren, welcher im Jahre 1866 sich an die schwierige Arbeit
gemacht hat, die ganze alte bayerische Triangulirung von Anfang des
Jahrhunderts an neu zu berechnen und auszugleichen; er wirft dabei
die Frage auf, ob die mancherlei probeweise vorzunehmenden Rechnungen,
welche mit der Anwendung anderer Ausgleichungsmethoden verbunden
sind, ohne in den Schlussergebnissen zu Tage zu treten, nicht einen ähn-
lichen Aufwand von Zeit und Mühe verursachen wie die M. d. kl. Q. ?
Von dem westlichen Nachbar Bayerns, dem trefflichen Bohnen-
berger in Württemberg, wissen wir, dass er wegen Mangels eines festen
Au8gleichungsverfahrens niemals zu einem festen Abschluss gekommen
ist; und ebenso war es in Baden, wo man bis zu den vierziger Jahren
eine unzählige Menge von Winkeln maass und jahrzehntelang rechnete,
bis endlich der tüchtige Obergeometer Rh ein er noch in reifen Lebens-
jahren die M. d. kl. Q, lernte und damit die jahrzehntelangen Trian-
gulirungs- Messungen und Berechnungen in Baden endlich (etwa 1850)
zum Abschluss brachte.
Wie Triangulirungen in ganzen Netzen früher ausgeglichen wurden,
das kann Niemand sagen; man weiss nur soviel, dass vor derM. d. kl. Q.
ein ewiges Verwerfen und Wiederholen, Probiren, Rücken und Drücken
Mode war, und es hat sich aus jener Zeit die treffende Redensart
erhalten: Wenn es nicht stimmt, so schickt man einen Trigonometer
hinaus und lässt ihn einen Winkel so lange messen, bis er um 3" grösser
wird. —
In solchem Wirrwarr wirkte die M. d. kl. Q. wie eine Erlösung,
aber allerdings musste dabei eine lange Schule durchgemacht werden,
und noch vor kaum 20 Jahren haben sich höchstgestellte Geodäten noch
öffentlich gestritten um rein formelle Fragen, wie die „Berechnung des
mittleren Fehlers der Winkelmessungen“ oder die berühmte Bessel’sche
„Nullpunk tBCorrection z“.
Wenn nun auch solche Streitfragen jetzt verstummt sind und die
Unentbehrlichkeit der M. d. kl. Q. in der höheren Geodäsie jetzt allge-
mein anerkannt ist, so wurde andererseits deren Anwendbarkeit für die
sogenannte niedere Geodäsie lange hartnäckig bestritten, wir hörten
jahrzehntelang die Behauptung, dass die Fehler des gewöhnlichen Feld-
und Landmessens ohne M. d. kl. Q. ausgeglichen werden können und
sollen u. s. w. — Behauptungen, welche das langsam aber stetig fort-
schreitende Eindringen der M. d. kl. Q. in die Feld- und Landmessung
nicht aufgehalten haben.
Allerdings häufen sich die Zweifel und Schwierigkeiten der Anwen-
dung der M. d. kl. Q. umsomehr, je weiter man von den Triangulirungen
21*
Digitized by Google
324 Jordan. Ueber die Bedeutung und die Anwendbarkeit der Methode
I. Ordnung zu der II.— IV. Ordnung herabsteigt, allein auch auf diesem
Gebiete hat sich die M. d. kl. Q. siegreich bewährt.
Der Chef unserer Landesaufnahme hat sich am bestimmtesten hier-
über ausgesprochen in dem Berichte Uber die Erdmessungs-Conferenz zu
Nizza 1887 (Annex Xb.S. 10): „Die M.d. kl. Q. dientbei den Triangulirungen
niederer Ordnung lediglich dem Zweck, auf eine möglichst willkürfreie
Art zu widerspruchsfreien und plausiblen Resultaten zu gelangen. Dieses
Ziel wird aber mit Hilfe der Methode, wenn man nur da, wo wirkliche
Strenge ohnehin unerreichbar, auch auf den Schein einer solchen verzichtet,
in der denkbar einfachsten und elegantesten Weise erreicht.“
Diese Vortheile der „einfachsten“ Erlangung widerspruchsfreier
und plausibler Resultate bestehen aber nur für denjenigen, welcher aut
die Sache eingeUbt ist, und wer z. B. berufsmässiger „Trigono meter “
werden will, der darf die Arbeit des Einübens nicht scheuen. Ein Feld-
und Landmesser dagegen, welcher vorwiegend mit anderen Arbeiten zu
thun hat und nur gelegentlich da oder dort einen trigonometrischen
Punkt bestimmen will, der darf sich wohl dabei begnUgen, einen Punkt
mindestens zweifach unabhängig zu berechnen und aus den Coordinaten
kurzer Hand ein Mittel zu nehmen.
Ich fürchte, dass unsere werthvolle Anweisung IX vom 25. October
1881 in dieser Beziehung theil weise missverstanden worden ist. Kaum
ein preussiscber Feldmesser wagt noch, das ihm geläufige Verfahren des
Mittelbildens nach Gutdünken von Fall zu Fall auf einzelne gelegent-
liche und untergeordnete Punktbestimmungen anzuwenden und rechnet
lieber gar nicht mehr trigonometrisch, wenn er nicht in Formular 6 — 10
der Anweisung IX völlig Bescheid weiss.
Ich habe selbst im vorigen Jahre eine Zahl von etwa 70 trigono-
metrischen Punkteinschaltungen gemessen und berechnet und nur den
mindesten Theil derselben methodisch ausgeglichen, weil die Untersuchung
ob und wie weit die alten Anschlusspunkte überhaupt brauchbar waren,
in diesem Falle viel wichtiger war als die formelle Ausgleichung und
unter diesen Umständen eine hinreichende Ausgleichung nach Gutdünken
von Fall zu Fall sich ganz nebenbei von selbst einstellte.
Gehen wir von den Triangulirungen niederer Ordnung Uber zu den
Polygonzügen, so beschränkt sich das Gebiet der methodischen Ausglei-
chung immer mehr. Der gestreckte gleichseitige und auch noch der
gestreckte ungleichseitige Zug lassen sich noch mit Vortheil theoretisch
behandeln, der geknickte Zug im Allgemeinen aber nicht mehr.
Daraus sollte man nach meiner Ansicht die Folgerung ziehen, mit
der Ausgleichung solcher Züge nicht Uber Proportionalvertheilungen und
dergl. hinaus zu gehen und die Feldmesser nicht unnöthig mit langen
Nebenrechnungen zu quälen, welche selbst doch theoretisch anfechtbar sind.
Eine andere der geläufigen Landmesserarbeiten, das Nivelliren,
bietet strenger Ausgleichung keine Hindernisse, weder im Sinne der
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der kleinsten Quadrate in der Feld- und Landmessung. 325
Theorie noch der Ausrechnung. Z. B. ein Stadtnivellement in etwa 10
Polygonen zusammen zu fassen, ist für den Gelibten nur eine Tages-
arbeit, d. h. neben der übrigen Arbeit fast verschwindend
Da aber die letzten Ergebnisse einer formellen Nivellirungsnetzaus-
gleichung bei guten Messungen sich nur um etliche Millimeter zu unter-
scheiden pflegen von der nach Gutdünken ausgewählten Vertheilung von
Strecke zu Strecke und deswegen in mancher Hinsicht allerdings über-
flüssig ist, so mag dieses Beispiel benützt werden um zu zeigen, welche
mancherlei mittelbare Vortheile aus einer Gesammtausgleichung gezo-
gen werden können. Eine solche methodische Gesammtausgleichung ist
nämlich das beste Mittel, um übersichtlich Rechenschaft abzulegen, z. B.
vor einer Behörde oder in einer Veröffentlichung. Ist nämlich die An-
ordnung der Polygonschlüsse dargelegt, sind die Bedingungs- und die
Normalgleichungen zusammengestellt, die Verbesserungen und die mitt-
leren Fehler ausgerechnet, so kann jeder Sachverständige mit einem
Blicke übersehen (salvo errore calculi), welchen Werth die Arbeit hat,
während man zur Kritik einer Näherungs- Ausgleichung zuvor allen will-
kürlichen Windungen des Bearbeiters nachgehen muss.
Dieses leitet uns über zu den Näherungsmethoden im Allgemeinen,
namentlich auch trigonometrischer Art, welche die M. d. kl. Q. ersetzen
sollen. Es giebt deren eine grosse Menge von der persönlichen Will-
kür im einzelnen Fall bis zu den verklausulirtesten Anleitungen und
Zwangsformularien. Wenn auf dem Gebiete der Feld- und Landmess-
ausgleichung in den letzten zwei Jahrzehnten gesündigt worden ist, so iBt
es sicher bei diesen Näherungsmethoden am meisten geschehen. Die
private und amtliche Literatur der vergangenen Jahre weist an manchen
Stellen einen wahren Näherungs- Ausgleichungs- Fanatismus auf, der in
fortgesetzt willkürlich geänderten Formeln und Regeln ohne genügende
mathematische Begründung sich geäussert hat.
Allgemein wird die M. d. kl. Q. als Prüfstein filr Näherungs-
methoden anerkannt und deswegen muss man verlangen, dass eine Nähe-
rungsmethode erheblich weniger Arbeit erheischt als die wirkliche
M. d. kl. Q. Dieses ist aber bei vielen der zahlreichen Vorschläge jener
Art nicht der Fall.
Wenn die Theorie uns im Stiche lässt, ist Willkür unvermeidlich
und dann haben die Verfasser mancher Näherungsanweisungen gewisse
Anordnungen mit bewusster Willkür ein für allemal getroffen, um dem
Rechner im einzelnen Falle die Willkür abzuschneiden. Dieses Verfahren
hat büreaukratische Vortheile, wir möchten aber doch vorziehen, dem
Rechner in solchen zweifelhaften Fällen möglichsten Spielraum zu
lassen und ihm anheimgeben, von Fall zu Fall nach bestem Ermessen
selbst zu entscheiden.
Eine grosse Zahl von Einwirkungen der M. d. kl. Q. auf unser Fach
kann man kurz als moralische Vortheile bezeichnen, das Messen und
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326 Jordan. Ueber die Bedeutung und die Anwendbarkeit der Methode
Berechnen ist durch die M. d. kl. Q. ehrlicher geworden. Jeder von uns
weiss, welche Gemüthsbedrückungen entstehen können, wenn Messungen
nicht stimmen, wie sie nach billigem Erwarten stimmen sollten. In der
Geschichte der Geodäsie wird berichtet, dass der Astronom und Geodät
Mechain bei der berühmten französisch-spanischen Gradmessung von 1792
durch unehrliches Unterdrücken eines Theiles seiner Messungen bei
Barcelona sich eine dauernde Gemüthskrankheit und mittelbar den Tod
zugezogen habe und in unserer Zeitschrift für Venn. 1884, 8. 285 wurde
hiezu bemerkt, dass vielleicht Mechain gerettet worden wäre, wenn er
sich bereits im Besitze der M. d. kl. Q. befunden hätte.
Ob die M. d. kl. Q. genügt hätte, in jenem Falle einen Charakter-
mangel auszugleichen, lässt sich natürlich nicht bestimmt behaupten, aber
das ist zweifellos, dass unehrliches Unterdrücken von Messungen und
dergleichen seit der M. d. kl. Q. viel seltener geworden ist als früher.
Den besten Einblick in die geodätischen Ehrlichkeitsverhältnisse
früherer Zeiten giebt der vortreffliche Bericht, den Hauptmann G ä d e
aus den Gauss’schen Gradmessungsacten gezogen hat.
Im Jahre 1830 schrieb Gauss an Bessel: Ich habe das System meiner
Hauptdreiecke sorgfältig ausgeglichen, „ohne alle Willkür, ohne
Auswählen oder Ausschliessen“. Wenn Gauss das ausdrücklich
hervorhebt, so kann man daraus rückwärts schliessen, wie es vorher und
anderwärts zugegangen sein mag; und in der That werden Uber die
niederländischen, bayerischen, österreichischen und französischen Trian-
gulirungen Einzelheiten berichtet, welche deutlich zeigen, wie gering die
Objectivität der Messungen jener Zeit war. Es sei nur das eine erwähnt,
dass oft schon die Diagonalen-Controlen (Seitengleichungen) hinreichten,
um unehrlich zusammen gestimmte Dreiecksketten zu entlarven.
Alle diese Verhältnisse haben sich nun wesentlich gebessert und
wir haben in unseren neuesten Ausgleichungen sogar ein gewisses mathe-
matisches Maass für die Objectivität des Beobachters, nämlich in dem
Verhältnis des mittleren Gewichtseinheitsfehlers nach der Ausgleichung
und vor der Ausgleichung, ein Verhältnis das theoretisch =1 sein
sollte, aber häufig 1,5 bis 2,0 sich einstellt. Dasselbe hängt allerdings
auch von gänzlich unbekannten Elementen ab, bringt aber doch auch
den Ehrlichkeitsgrad der Messung und Berechnung mit zum Ausdruck.
Ein sehr schönes Feld der Anwendung hat die M. d. kl. Q. in der
amtlichen Festsetzung von Fehlergrenzen, oder allgemein gesagt, in
den amtlichen Genauigkeitsbestimmungen für Messungen irgend welcher
Art, insbesondere für unsere Feld- und Landmessungen.
In früheren Zeiten wurden die Messungsfehler so wenig als möglich
erwähnt, es giebt ganze Bücher Uber Landmessung, welche die Frage
der Messungsgenauigkeit mit unbestimmten Redensarten abhandeln oder
auch ganz übergehen. Ja manche alte Verordnung verpflichtet den Feld-
messer bei einem Eide „ganz genau“ zu messen.
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der kleinsten Quadrate in der Feld- und Landmessung. 327
Solchen Anschauungen gegenüber ist die Einführung des mittleren
Fehlers an und für sich schon ein grosser Fortschritt, auch wenn die
mittleren Fehler nicht immer richtig berechnet wurden. Die heBte
Bearbeitung eines Vermessungswerkes besteht jetzt nicht mehr wie früher
darin, die Fehler zu verstecken, sondern sie so hervorzuheben und
zusammenzustellen, dass man rasch ein Urtheil Uber das Ganze ge-
winnen kann.
Die Genauigkeitsbestimmungen früherer Zeit bewegten sich fast nur
inProcentangaben, man sagte z. B., der mittlere Fehler einer Ketten-
messung sei 1 : 1000, oder der Grenzfehler einer Flächenbestimmung sei
■/2 °/0, oder gar die Genauigkeit eines Nivellements sei 1 : 500 000 der
Länge u. s. w., was alles unzutreffend ist.
Erst mit Hülfe der M. d. kl. Q. sind für die meisten Feldmessarten
richtige Fehlergesetze gefunden worden, welche für die Anordnung der
Messungen zum Voraus, zur Beurtheilung des Erfolges nach der Messung
und zur amtlichen Fehlergrenzbestimmung von höchster Wichtigkeit sind.
Wir wollen hierbei uns der langen Controversen Uber die Fehler
der Ketten-, Band- und Lattenmessung erinnern, welche im deutschen
Geometerverein vor 18 Jahren im Anschlüsse an die Nürnberger Ver-
suchsmessungen geführt worden sind.
Diese Sache wurde von den Streitenden damals vielleicht theil-
weise überschätzt, allein die Ergebnisse jener Erörterungen unseres
Vereins finden wir heute mittelbar nicht nur in zahlreichen amtlichen
Vermessungs- Anweisungen wieder, sondern auch in den Werken Solcher,
welche damals unsere Versuchsmessungen und theoretischen Abhandlungen
glaubten „belächeln“ zu können.
Wenn nun schon die einfache Frage nach den Fehlern der Ketten-
und Lattenmessungen nicht ohne M. d. kl. Q. gelöst werden konnte, so
ist das noch vielmehr der Fall bei den schwierigen und doch so wich-
tigen Fehlergesetzen der Polygonzüge. Wir wissen jetzt z. B., dass der
mittlere Querfehler eines gestreckten gleichseitigen Zuges proportional
der l'/j Potenz der Gesammtlänge ist, dass der zu fürchtende Quer-
fehler eines offenen Zuges durch Azimutanschluss auf die Hälfte und
wenn noch Coordinatenanschluss hinzukommt, auf t/8 reducirt wird u. s. w.
Solche Fehlergesetze sind zu vergleichen den Spannungs- und Bie-
gungsgesetzen der Ingenieurmechanik; und wir wollen daraus auch die
weitere Analogie bilden, dass auch die praktischen Anwendungen solcher
Gesetze in beiden Fällen innig verwandt sind. Tausende von Bauwerken
werden ohne Festigkeitsberechnung nur nach dem praktischen Griff des
Maurers und Zimmermanns ausgeführt; aber wer nicht gegebenen Falles
auch mit der Berechnung an Spannungen und an Trägheitsmomenten
umzugehen weise, der kann heutzutage wohl als Bauhandwerker aber
nicht als wissenschaftlicher Ingenieur gelten. Aehnlich verhält es sich
mit den Fehlergesetzen unseres Faches. Züge und Dreiecke u. s. w. zu
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328 Jordan. Ueber die Bedeutung und die Anwendbarkeit der M. d. kl. Q.
\
messen und nach sin und cos zu berechnen, genügt für den täglichen
Bedarf, aber von dem Meister unseres Faches verlangt man, dass er
auch einen Einblick in die verschlungenen Fäden der Fehlerzusammen-
wirkung besitze.
Die erwähnten allgemeinen Fehlergesetze bilden insofern einen ganz
besonderen Gewinn fllr unsere Messungen als sie, einmal gefunden und
aufgestellt, jedermann mühelos zu gute kommen, und es ist keine Ueber-
treibung, wenn wir aussprechen : in diesem Sinne lässt sich die M. d. kl. Q.
auf alle Messungen, sogar auf diejenigen mit der Kette mit Vortheil
anwenden, allerdings durchaus nicht so, dass immer Fehlergleichungen
gebildet und Normalgleichungen aufgelöst würden, sondern so, dass zwar
nach Gutdünken im einzelnen Falle ausgeglichen, dabei aber die Fehler-
einflüsse aller Einzelgeschäfte im Ganzen nach theoretischen Gesetzen
berücksichtigt werden.
Nach all diesen idealen Vortheilen wollen wir auch die realen und
materiellen Gewinne betrachten, welche die M. d. kl. Q. den Feld- und
Landmessern gebracht hat und zwar dadurch, dass die Berechnungen
schwieriger und eben damit geachteter und lohnender geworden sind.
Um dieses zu zeigen, müssen wir uns der gedrückten Lage erinnern,
in welcher die Feld- und Landmessung neben den anderen technischen
Wissenschaften sich lange befand und theilweise sich noch befindet.
Da das Aufmessen eines kleinen Lageplans oder das Nivelliren eines
Flusslaufes und dergl. allerdings eine einfache Sache ist, die wohl jeder
gute Architekt oder Bau-Ingenieur nebenbei machen kann, wenn er nur
den guten Willen dazu hat, so glaubten viele Staatsbehörden, die ganze
Landmesserei sei nur so eine Art Handwerk für Techniker zweiten
Ranges und könne einem Architekten oder ähnlichen Beamten amtlich
unterstellt werden. — Da war es nun eine für uns ganz vortheilhafte
Neuerung, dass z. B. in den Nivellirtabellen neue Spalten auftraten mit
sonderbaren Gliedern — und dergl., dann viele Quadratwurzeln, welche
die Herren der alten Schule nicht mehr verstanden. Dieses führte an
vielen Orten zu der nützlichen Erkenntniss, dass zu solchen Arbeiten
Männer angestellt werden müssen, welche die Sache nicht nur nebenbei,
sondern ganz verstehen und als Lebensberuf betreiben und dass solche
Männer mit gleichen Rechten wie Bau-Ingenieure und Architekten ange-
stellt und in gleicher Weise auch bezahlt werden müssen.
Diese Erkenntniss haben wir nicht zum geringsten Tlieile dem Ein-
dringen der M. d. kl. Q. in unser Fach zu verdanken.
Denselben Gedanken hat auch einmal ein Decernent ausgedrückt
durch die Worte: Wenn wir in der Feldmesserprüfung M. d. kl. Q.
verlangten, so müssten wir die Feldmesser auch besser bezahlen. —
Beim Rückblick auf die Entwickelung, welche die M. d. kl. Q.
einerseits im Ganzen und andererseits in ihren einzelnen Zweigen und bei
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Gerke. Beitrag zu den Kosten von geometrischen Arbeiten. 329
ihren einzelnen persönlichen Vertretern genommen hat, finden wir
die Analogie eines physiologischen Gesetzes Uber die „Entstehung der
Arten“ bestätigt, nämlich dass alle die Stadien, welche die Gesammtheit
allmählich durchlaufen hat, auch in der Entwickelung der Unterabtheilungen
und der einzelnen Individuen nochmals verhältnissmässig kurz durch-
gemacht werden mtlssen.
Die Hauptstufen dieser Entwickelung sind in unserem Falle: Erstens
langsames Erlernen und bedenkliches Auffassen, zweitens Ueberschätzen
und blindes Vertrauen wie zu einem Universalmittel gegen alle Messungs-
schäden, drittens ruhige Würdigung und erfolgreicher Gebrauch.
So war es z. B. eine zu hoch aufgeschossene Blüthe des zweiten
Stadiums, als Hansen vor 25 Jahren glaubte, bei Triangulirungen brauche
man nun fast keine Rücksicht auf schiefe Dreiecke und spitze Winkel
zu nehmen, wenn mau nur genügend viele Controlen hat, deren Gesammt-
ausgleichung alle Schäden heilen sollte.
Andererseits betrachten wir als Blüthe des dritten, reifen Stadiums
den von dem Chef unserer Landesaufnahme zuerst ausgesprochenen Satz,
dass nicht systemloses Zusammenbrauen von Controlen aller Arten, sondern
Auswahl und scharfes Messen des Wichtigsten eine geodätische Arbeit
zum Meisterwerke macht.
Versuchen wir zum Schlüsse die Entwickelung und die heutige
Stellung der M. d. kl. Q. in der Feld- und Landmessung durch wenige
zusammenfassende Worte zu charakterisiren, so können wir sagen: Diese
Methode hat unserem Fache die wichtigsten Dienste theils auf unmittel-
barem, theils auf mittelbarem Wege geleistet, unmittelbar in der Klar-
stellung und Sicherung der Fehlerausgleichungen und der Genauigkeits-
bestimmungen, mittelbar als wichtigster Hebel zur Hebung unseres Faches
und Gleichstellung desselben mit den übrigen technischen Wissenschaften.
Jordan.
Beitrag zu den Kosten von geometrischen Arbeiten.
Das Nivellement I. Ordnung der Altenburger Wasserleitung;
von Gerke, VermesBungs-Director in Altcnburg.*)
1. Zweck und Umfang der Vermessung.
Die Stadt Altenburg bezieht den Bedarf an Trinkwasser aus den
3 Thalschluchten , welche bei den Dörfern Platschütz - Trebula ;
Graicha - Gimmel und Mohlis sich befinden. Das Quellengebiet des
Mohliser Thaies hat nur eine Länge von 3 km und schliesst sich daun
dem Graicha - Gimmeler Thale an. Die Leitungsrohre des letzteren
*) Z. Z. in Dresden.
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330 Gerke. Beitrag zu den Kosten von geometrischen Arbeiten.
haben eine Länge von ungefähr 5 km und bringen ihr Wasser nach
einem neben dem Dorfe Altkirchen gelegenen Wasserbehälter. In den
letzteren mündet auch die Leitung des Platschütz - Trebulaer Thaies,
welches eine Länge von ungefähr 4 km hat. Der Altkirchener Wasser-
behälter, welcher höher liegt wie die höchsten Bauwerke der Stadt
Altenburg, regelt den Wasserzufluss zur Stadt. Die Leitung von Alt-
kirchen bis zum Stadtgebiet ist gegen 10 km lang.
Behufs Ausdehnung des Röhrennetzes der Wasserleitung in den drei
genannten Thälern und Austausch alter Rohrleitungen war es nothwendig
in diesen Thälern eine Anzahl Höhenmarken zu schaffen, welche für
auszuftlhrende Nivellements, für Längen- und Querprofile, sowie für das
Legen der Rohre selbst die nöthigen Unterlagen zu geben hatten.
Der Anschluss der 3 Thal-Nivellements war in 4 Höhenmarken des
sächsischen Landes -Nivellements zu erreichen und zwar in Burkersdorf,
Gross Stöbnitz, Schmölln und Nöbdenitz. Es betrugen die Anschluss-
Strecken zusammen 22 km, und die gesammte doppelt auszuführende
Nivellementsstrecke 39,4 km.
2. Die Organisation der Vermessung und die ausführenden Techniker.
Das betreffende Nivellement ward vom Vermessungsamt der Stadt
Altenburg nach Anordnung des Berichterstatters ausgeführt.
Die selbstständige Ausführung aller Feldarbeiten wurde dem Land-
meBsercandidaten Thomsen übertragen, welcher bei Beginn des Nivelle-
ments fast l1^ Jahre unter meiner Leitung theils als Eleve, theils als
Gehilfe in der Praxis des Vermessungswesens beschäftigt war, während
er seine theoretische Ausbildung theils auf der Technischen Hochschule
zu Hannover, theils auf der Landwirthschaftlichen Hochschule zu Berlin
genossen hatte. Derselbe hatte früher dem Berichterstatter bei der Aus-
führung eines 130 km langen sogen. Eisenbahn -Präcisions- Nivellements
unterstützt, eine grössere Anzahl Flächen-Nivellements und einen grossen
Theil des Nivellements I. Ordnuug der Stadt-Vermessung selbstständig
ausgeführt, so dass derselbe mit den betreffenden Nivellementsarbeiten
vollkommen vertraut war und in der Handhabung des Instruments eine
grosse Uebung erreicht hatte. Auch waren die ihm zugetheilten Schreiber
und die Messgehilfen, welche für die ganze Dauer des Nivellements mit
zwei Ausnahmen stets dieselben blieben, vollkommen eingearbeitet.
Der Wohnort des Vermessungspersonals war die Stadt Altenburg,
jedoch war es dem Ausfuhrenden überlassen, mit seinem Personal in dem
dem Arbeitsfelde zunächst gelegenen Orte zu übernachten und die Bahn
nach Möglichkeit zu benutzen.
Die Hausarbeiten sind theilweise von dem bei den Feldarbeiten
mitwirkenden Schreiber, theils von einem jungen Geometergehilfen aus-
geftihrt, während die Ausgleichung der Nivellementszüge von dem Unter-
zeichneten bewirkt wurde.
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Gerke. Beitag zu den Kosten von geometrischen Arbeiten. 331
3. Die Anforderungen an das ausgeführte Nivellement und die gegebenen
Unterlagen.
Eb ward von uns der Anschluss an die obengenannten 4 Punkte
des Sächsischen Landesnivellements bestimmt, wobei jede Strecke nach
beiden Richtungen zu nivelliren war. In Betreff der zu erreichenden
Genauigkeit wurden die Bestimmungen der Preussischen Landesaufnahme
zu Grunde gelegt, nach denen ein Nivellement als gut bezeichnet wird,
wenn der beobachtete mittlere Fehler nicht mehr als 3 mm auf 1 km
Länge, und noch brauchbar ist, wenn derselbe nicht mehr als 5 mm auf
1 km beträgt.
Die gegebenen Unterlagen für die Ausführung des Nivellements be-
standen in 4 Höhenmarken des Sächsischen Landes-Nivellements, welche
sich in Burkersdorf, Gross Stöbnitz, Schmölln und Nöbdenitz befinden.
Die beiden letzten Orte haben Bahnverbindung und sind von Altenburg
aus leicht zu erreichen.
4. Die Beschaffenheit des Arbeitsfeldes.
Das Nivellement ward grösstentheils auf gut chaussirten Strassen
und festen Feldwegen geführt und nur verhältnissmässig kurze Strecken
sind über Wiesen und Ackerland geführt. Das Nivellement lief durch
die Stadt Schmölln und eine Anzahl Dorfschaften , doch sind durch den
Verkehr keinerlei Störungen entstanden, während die passirten Strassen
und Feldwege überhaupt einen sehr geringen Verkehr hatten. Der Aus-
führung des Nivellements waren aber die theilweise grossen Gefallver-
hältnisse der Wege störend, da längere Wegestrecken ein Gefälle von
1:30 bis 1 : 25 aufweisen, auch war das Einnivelliren einzelner Bolzen,
welche an hochgelegene Bauwerke angebracht werden mussten, mit
Schwierigkeiten verknüpft. Das Gelände war im Allgemeinen sehr wellen-
förmig, was schon aus dem Umstande erhellt, dass das vorzugsweise
dem Sprottethale sich entlang ziehende sächsische Landesnivellement dem
Quellengebiete der Altenburger Wasserleitung und dem zwischen dem-
selben liegende Bergrücken gegenüber sehr tief liegt. Die höchste Höhen-
marke hat die Lage 276, die niedrigste 198 m Uber N. N.
Im Allgemeinen ist das Gelände jedoch als äusserst günstig für die
Ausführung des Nivellements zu betrachten.
Es möge hier noch hinzugefügt werden, dass die Erreichung des
Anschlusses an die gegebenen 4 Höhenmarken keine günstige war. Die
obengenannten Höhenmarken sind nach dem bekannten Muster der Euro-
päischen Gradmessung durch eingemauerte Bolzen angegeben, welche
an der Stirnfläche zur Angabe des Festpunktes ein Loch haben. Der
Bolzen ist durch ein Schild mit Bohrloch verdeckt, welches derart an
die Mauerfläche angeschraubt wird, dass das Loch des Schildes vor dem
Loche des Bolzens' steht. Bolzen und Schild (letzteres trägt die Bezeich-
nung „Höhenmarke“) sind in einer Höhe von 1,6 bis 2 m Uber dem
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332 Gerke. Beitrag zu den Kosten von geometrischen Arbeiten.
Boden angebracht, so dass zu den Anschlussbeobachtungen besondere
Vorkehrungen erforderlich sind und negative Ablesungen liefern. Hier-
durch ist der Anschluss aber auch nicht allein unbequem, sondern es
wird auch bei Ausführung der gewöhnlichen für technische Zwecke be-
stimmten Nivellements nicht diejenige Genauigkeit erzielt, wie durch
das Aufstellen einer Latte.
5. Die Vorarbeiten.
Zu den Vorarbeiten gehört die Anbringung der Festpunkte. Zu
diesem Zwecke ging der das Nivellement ausfuhrende Techniker zunächst
die gesammten Strecken ab und bestimmte feste Bauwerke, welche in
der Nähe der Nivellementswege lagen und die sich zur Einlassung von
eisernen Bolzen eigneten oder wählte andere Festpunkte aus; er holte
hierbei die vorläufige Erlaubnis der betr. Besitzer ein und bezeiclmete
dem ihn begleitenden Steinmetzen den ausgewählten Standpunkt des
einzulassenden Bolzen. Nachdem die schriftliche Genehmigung zum Setzen
der Bolzen beim Stadt-Vermessungsamte eingegangen war, wurden die
Bolzen eingemauert und das Nivellement in Angriff genommen.
Es wurden im Ganzen 51 Festpunkte bestimmt, von denen 37 durch
eiserne Bolzen markirt sind.
6. Die Zeit der Ausführung des Nivellements und die Witterungsverhältnisse.
Durch besondere Umstände hervorgerufen, gelangte das Nivellement
erst spät im Herbst zur Ausführung und zwar wurden die Feldarbeiten
in der Zeit vom 10. bis 21. October und 2. bis 7. November 1888 aus-
geführt. Die Witterungsverhältnisse waren auch demnach für die Aus-
führung der Arbeit nicht günstig. Starker Wind, dicker Nebel, häufige
Regenschauer und besonders im Anfang November schon eintretende
Kälte, zwangen den Ausfuhrenden vielfach zur Einstellung der Arbeit
oder zur Anordnung kurzer Zielweiten und beschränkten seine Arbeitszeit.
Die Anordnung der Reihenfolge der einzelnen Nivellementsstrecken wurde
derart gewählt, dass das Vermessungspersonal durch Zu- und Abgang
zur Arbeitsstelle von und nach den Quartieren eine möglichst geringe
Wegestrecke zurückzulegen hatte; es wurden daher bei der Ausführung
des Nivellements mit geringen Ausnahmen keine Mittagspausen, sondern
nur kurze Frühstückspausen gemacht, also im Allgemeinen durcligear-
beitet, wie man zu sagen pflegt.
7. Der Nivel lirapparat und die angewandte Nivellirmethode.
Das Nivellirinstrument hat ein Fernrohr von 46,5 cm Länge, welches
mit dem Obertheil des Instruments fest verbunden ist. Die Brennweite
des Objektivs beträgt 42 cm, die Vergrösserung des Ramsden'schen
Oculars ist eine 45fache. Das Fernrohr hat nur einen Horizontalfaden.
Die nach Vogler’s Angaben mit Filz überzogene Libelle hat eine Em-
pfindlichkeit von 9,6" auf einen Strich von 2,25 mm Länge (Pariser
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Gerke, Beitrag zu den Kosten von geometrischen Arbeiten. 333
Linie). Das Instrument ist vom Mechaniker ßandhagen in Hannover
bezogen.
Die beiden zur Verwendung gelangten Nivellirlatten sind Kasten-
latten nach Muster der preussischen Landesaufnahme, mit Vorkehrnngen
zur Bestimmung des Lattenmeters und angeschraubter Dosenlibelle. Die
Latten sind an beiden Seiten durch centimeterstarke farbige Striche
getheilt, welche durch feine Ansatzlinien wiederum halbirt sind, so dass
man 5 mm direct ablesen kann, die übrigen Millimeter aber zu schätzen
sind. Die Bezifferung der Latte ist nach Muster der Nagel'schen Vor-
schrift ausgeführt, indem sie an der einen Seite — der Vorderseite — von
unten nach oben, an der anderen, der Rückseite aber von oben nach
unten ausgeführt ist. Jede Latte hat etwas über 3 m Länge; die Con-
stante jeder derselben (Summe der Ablesungen an beiden Seiten) ist 6,1 m.
Die beiden Latten nebst Dosenlibellen sind vom Mechaniker Bamberg
in Berlin geliefert und kosten zusammen 360 Mark.
Auf dem Transport werden zum Schutz über die Latten Gurten ge-
zogen und durch Kappen festgeschnallt. Jede der beiden eisernen mit
Griff versehenen Unterlagsplatten wiegt 5 Kilogramm.
Zum Nivellirapparat gehört ferner noch ein grosser Schirm mit einer
leichten Dreibein- Vorkehrung zur Aufstellung.
Zum Transport der Utensilien dient ein kleiner leiehter Kasten-
Handwagen.
Die Ausführung des Nivellements geschieht folgendermaassen :
Hat der Beobachter in der Mitte der beiden Lattenträger A und B
das Instrument aufgestellt, so liest er bei einspielender Libelle zuerst
an der Latte des rückwärts stehenden Trägers A ab und zwar zunächst
von der Vorderseite, dann an der Rückseite der Latte. Der Schreiber
notirt beide Ablesungen in ein für diese Ablesungsmethode besonders
eingerichtetes Formular und addirt die beobachteten Werthe sofort im
Kopfe; stimmt die Summe mit den Constanten der Latte, ist also kein
grober Ablesungsfehler vorhanden, so verlässt auf ein gegebenes Zeichen
der Arbeiter A sofort seine Station und begiebt sich nach vorwärts,
während der Beobachter die beiden Ablesungen an der Vorderlatte des
Trägers B in derselben Weise macht. Mittlerweile ist der Arbeiter A
bei der Beobachtungsstation angelangt, wo er den Handwagen findet
und diesen bis zum nächsten Standpunkt des Instruments mitnimmt. Ist
die Ablesung an der Vorderlatte für richtig befunden, so nimmt der
Beobachter das lose auf das Stativ aufgestellte Instrument ab und trägt
es selbst bis zur nächsten Station, während der Schreiber das Stativ be-
fördert und auf der nächsten ihm vom Ausfuhrenden angegebenen Station
unter Berücksichtigung der am Stativ angebrachten Dosenlibelle wieder
aufstellt.
Die Länge der Zielweiten wird durch Abschreiten hestimmt und für
jede Station notirt, wobei die Entfernungen durch event, vorhandene
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334 Gerke. Beitrag au den Kosten von geometrischen Arbeiten.
Strassenkilometersteine controlirt werden In dieser Weise wird die Arbeit
fortgesetzt, indem der Instrumentenwagen abwechselnd durch die beiden
Lattenträger von Station zu Station mitgenommen werden muss.
8. Die Resultate des Nivellements.
Bei der Ausgleichung des Nivellements ergab sich, dass die ange-
nommene Höhenmarke Nöbdenitz nicht mehr die ursprüngliche Höhen-
lage haben konnte, da der mittlere Beobachtungsfehler längst in den
vorgeschriebenen Grenzen geblieben war, während der mittlere Abschluss-
fehler ganz bedeutend höher war. Es ward daher ein Verbindungs-
nivellement von 5,6 km Länge angeordnet, dessen Resultat die Annahme
bestätigte.
Wegen zu grosser Differenzen zweier benachbarter Bolzen musste
eine Strecke von 1,2 km Länge zum drittenmale nivellirt werden. Da
der gesammte einfach nivellirte Weg 78,8 km betrug, so haben nur
1,5 °/0 Ausscheidungen stattgefunden.
Die 4 Züge ergaben folgende Werthe:
Der mittlere Beobachtungsfehler des Mittels zweier Nivellements
war für die Strecken-Einheit von 1 km nach der Formel:
Af=±0,98; ±1,84; ± 1,91; ± 1,46 Millimeter,
während die mittleren Abschlussfehler nach der Gleichung
w
sich ergaben zu:
m= ± 1,52; ± 3,22; ± 3,99 und ±3,34 Millimeter
pro Kilometerstreckenlänge.
9. Die für die Ausführung der Nivellements verwandte Arbeitszeit.
A. Feldarbeiten.
Es wurden zu den Vorarbeiten des 22 km langen Anschluss-Nivelle-
ments behufs Auswahl der Standpunkte der Festpunkte 2 Arbeitstage
verwandt; während die Bestimmung derselben im Quellengebiete gele-
gentlich der Ausführung anderer geometrischer Arbeiten vorgenommen
wurde und daher zu */2 Tag Arbeitszeit veranschlagt werden mag. Zum
Einlassen der 37 Bolzen und Einmeisseln von 14 Kreuzen verwandte
ein Steinhauer mit seinem Hilfsarbeiter 5 Arbeitstage.
Zur Ausführung des Nivellements sind mit Ausnahme der 1,2 km
langen Controlstrecke, welche hier ganz ausgeschlossen bleiben soll, im
Ganzen 14 Arbeitstage verwandt, die jedoch in Folge der ungünstigen
Jahreszeit an einzelnen Tagen nicht voll ausgenutzt werden konnten.
Es beträgt die Arbeitszeit, von der ersten bis zur letzten Instrumenten-
aufstellung eines Tages incl. der event. Mittags- bezw. der doppelten
Gerte. Beitrag zu den Kosten von geometrischen Arbeiten. 335
Frühstückspausen, jedoch excl. der Ab- und Zugangszeit zur Arbeitsstelle
im Ganzen 98 Stunden, so dass täglich durchschnittlich 7 Arbeitsstunden
zu verzeichnen sind.
Thatsäclilich beträgt die grösste Arbeitszeit 10,5 Stunden, die ge-
ringste nur 2' Stunden; ferner sind Arbeitstage von nur 3,5, 4,5 und
5 Stunden zu verzeichnen. Rechnet man die Pausen, welche zur Er-
frischung des Vermessungspersonals verwandt worden sind, ab, während
die durch Regen verursachten Störungen als Arbeitszeit betrachtet werden,
so beträgt die gesammte zur Ausführung der 78,9 km langen Nivellements-
strecke 83 Arbeitsstunden, welches einer durchschnittlichen Tagesleistung
von 5,9 Stunden entspricht.
Die Länge der Wegestrecke, welche durch Ab- und Zugang zum
gewählten Quartier bezw. zum nächstgelegenen Bahnhof zu Fuss zurück-
zulegen war, — es sind mithin die Bahnbefördernngen und die Fahrten
mittelst Wagen zwischen Altenburg und Altkirchen ausgeschlossen —
betrug vom Quartier bis zur Arbeitsstelle im Ganzen 30,6 Kilometer,
also durchschnittlich 2,2 Kilometer, für die Heimkehr 33,2 Kilometer,
mithin 2,4 Kilometer im Durchschnitt, so dass also im Mittel täglich eine
Wegestrecke von 4,3 Kilometer Länge zurückzulegen war, welche unge-
fähr 50 Minuten an Zeit verursacht.
Die durchschnittlich täglich verwandte Arbeitszeit incl. Pausen war
auf 7 Stunden angegeben, so dass die tägliche Inanspruchnahme des
Landmessers seit dem Verlassen des QuartierB im Mittel auf 7 Stunden
50 Minuten, rot. 8 Stunden gerechnet werden kann.
Die Gontrolen des Berichterstatters zu den Feldarbeiten geschahen
gelegentlich bei Ausführung anderer geometrischer Arbeiten und sind
hier nicht in Anschlag zu bringen.
B. Hausarbeiten.
Die Einholung der Erlaubniss für Anbringung der Bolzen und die
betr. Schreiben für den Schutz derselben an die Behörden, die Ausrech-
nung und Ausgleichung der Nivellementszüge, Anfertigung von Nivelle-
mentsskizzen und die diesbezüglichen Eintragungen in vorhandene Karten
und mehrere andere Verwaltungsangelegenheiten, welche die Ausführung
des Nivellements beanspruchten, beschäftigten einen Schreiber und einen
jüngeren Geometergehülfen ungefähr je 4 Tage, den Unterzeichneten
gegen 3 Tage.
10. Die Arbeitsleistung.
Unter Bezugnahme der unter 9 angegebenen Arbeitszeit, stellt sich
die Arbeitsleistung folgendermaassen:
Es ist in 14 Arbeitstagen ein einfaches Nivellement von der Strecke
78,9 km ausgeführt, wobei zu bemerken ist, dass diese Strecke aus
der Summe der Schritte berechnet ist, also auf eine absolute Genauigkeit
keinen Anspruch macht.
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336 Gerke. Beitrag zu den Kosten von geometrischen Arbeiten.
Nicht ohne Interesse ist eine Uebersicht der täglichen Arbeitsleistung,
da hieraus zu ersehen ist, welchen Einfluss fast lediglich die Witterungs-
verhältnisse allein auf die Arbeitsleistung hatten. Es sind innerhalb
dieser 14 Arbeitstage täglich uivellirt:
5,4, 5,9, 10,7, 5,4, 4,5, 6,9, 6,6 3,6, 5,3, 5,0, 7,5, 0,9, 5,4, 5,8 km.
Es ergiebt sich hiernach eine tägliche Durchschnittsleistung von
5,6 km, eine Maximalleistung von 10,7 und eine Minimalleistung von
0,9 km.
Auf die verwandten Arbeitsstunden berechnet, ergiebt sich folgende
Arbeitsleistung:
Berücksichtigt man die Zeit zwischen der ersten und der letzten
Instrumentenaufstcllung eines Tages so betrug innerhalb 98 Arbeitsstunden
die Maximalleistung in einer Stunde 1,273 km
„ Minimalleistung „ „ „ 0,445 „
„ Durchschnittsleistung „ „ „ 0,829 „
Bringt man jedoch die für die Erfrischung des Vermessungspersonals
nothwendigen Mittags- bezw. Frühstückspausen in Abzug, während die
durch Regen entstandenen Störungen inbegriffen bleiben, so wurden inner-
halb 83 Arbeitsstunden
im Maximum 1,343 km in einer Stunde
n Minimum 0,445 „ „ „ „
„ Durchschnitt 0,951 n „ „ „
einfaches Nivellement ausgeführt.
Auf der gesammten 78,934 km langen ausgeführten Nivellements-
strecke waren 1001 Instrumentenaufstellungen erforderlich, so dass also
die durchschnittliche Entfernung der Latten 78,8 m oder die durch-
schnittliche Zielweite 39,4 m betrug. Die kürzeste Zielweite musste
ausnahmsweise zu ungefähr 15 m angenommen werden, während keine
Visur über 50 m ausgefUhrt worden ist.
Ferner ergiebt sich, dass die täglichen Instrumentenaufstellungen
im Maximum 130
„ Minimum 17
„ Mittel 71,5
betrugen, und zwar sind im Durchschnitt eines Arbeitstages innerhalb
einer Stunde Arbeitszeit ausgefUhrt worden
im Maximum 16,9
„ Minimum 7,1
„ Mittel 12,0
Instrumentenaufstellungen.
11. Die Kosten des Nivellements.
1. Kosten der Festpunkte.
Zum Setzen von 37 Bolzen und Einhauen von 14 Kreuzen auf 34 km
langer Nivellemcntsstrecke hat ein Maurer 79 Arbeitsstunden gebraucht,
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Gerke. Beitrag zu den Kosten von geometrischen Arbeiten. 337
wobei derselbe 51 Stunden von einem Handlanger unterstützt wurde.
Ersterer bekam 30 Pf., letzterer 19 Pf. pro Arbeitsstunde und 1 Mark
bezw. 0,75 Mark Feldzulage. Der Maurer erhielt im Ganzen 32 Mark,
der Handlanger 13 Mark 63 Pf.; während die Auslagen für Bahnbeförde-
rung und Materialverbrauch u. dergl. noch 6 Mark betrugen, so dass
für das Markiren der obigen Festpunkte 51 Mark 63 Pf. verausgabt
sind. Die Bearbeitung der Kreuzrinnen ist in der halben Zeit des Bolzen-
setzens auszuftlhren, so dass demnach das Setzen eines Bolzens 1,17 Mark
und das Einhauen eines Kreuzes 0,58 Mark gekostet hat. Die guss-
eisernen Bolzen mit abgedrehten und verkupferten Köpfen sind nach dem
auf Seite 393 Jahrgang 1886 der Zeitschr. für Verm. angegebenen Muster
geformt und kosten 35 Pf. pro Stück, so dass für die Bolzen im Ganzen
12,95 Mark verausgabt sind. Mithin kosten die hergestellten 51 Fest-
punkte (excl. dem Recognosciren von Seiten des Geometers) 64 Mark 58 Pf.
2. Ausgaben an Gehalt, Diäten (Feldzulage) und Arbeitslohn,
a. Für die Feldarbeiten.
Neben freier Beförderung auf Eisenbahnen oder mittelst Wagen von
und nach dem Standquartier Altenburg und Auslagen für Uebernaclitungen
erhielt der Geometer an Gehalt anfangs 125 Mark, später 150 Mark
monatl nebst 4,80 Mark tägliche Diäten (Feldzulage), während der Schreiber
75 Mark Gehalt und 2 bezw. 3 Mark Diäten täglich bekam. Die Mess-
gehilfen erhielten bei freier Fahrt täglich 2,50 und 1 Mark Zulage.
Die Benutzung der Wagen von Altenburg nach Altkirchen sind hier
nicht in Rechnung gestellt, da die Gespanne fiir andere Zwecke enga-
girt waren.
Es ist gezahlt worden
dem Geometer an Gehalt und Diäten
128
Mark
47
Pf.
für Fahrt und Uebernaclitungen . . . .
16
r )
10
n
dem Schreiber an Gehalt und Diäten
84
r)
51
7)
für Fahrt und Uebernaclitungen
15
n
20
r>
den Messgehilfen für 27,5 Arbeitstage
96
rt
25
n
für Fahrten
9
n
90
n
Das 1,2 km lange Controlnivellement ist ausser-
dem zu veranschlagen auf
40
n
—
n
390
Mark
43
pf.
b. Für Hausarbeiten.
Die Kosten der Hausarbeiten setzen sich zusammen aus der Zeit-
versäumniss, welche die Verwaltung und die vorbereitenden Arbeiten und
die Berechnung, Ausgleichung und Zusammenstellung der Nivellements-
resultate beanspruchen. Sie sind zu schätzen auf je 50 Mark, so dass
fiir die gesammten Hausarbeiten 100 Mark in Ansatz zu bringen sind.
Zeitschrift für Yermessangswesen. 1892. Heft 11. 22
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338 Steppes. Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen
3. Auslagen verschiedener Art.
Für den Transport der Instrumente und kleine Reparaturen sind
verausgabt 13 Mark 20 Pf.
An Zeichen- und Schreibutensilien, Porto und an-
deren Kleinigkeiten sind ungefähr in Rechnung
zu stellen in
n n
Im Ganzen... 23 Mark 20 Pf.
Mithin setzen sich die Gesammtkosten der 39,44 km langen Nivelle-
mentsstrecke unter der Annahme, dass der Nivellirapparat mit seinen
gesamroten oben angegebenen einzelnen Bestandtlieilen vorhanden ist
und eine Abnutzung oder Amortisation des Anlagekapitals nicht in An-
schlag gebracht wird, folgendermaassen zusammen:
Für die Markirung der Festpunkte 64 Mark 58 Pf.
Ausgabe an Gehalt, Diäten und Arbeitslohn
a. für die Feldarbeiten 390 . 48
* 71 f)
b. für die Hausarbeiten 100 >
* * * 71 7)
Ausgaben verschiedener Art 23 „ 20 „
Im Ganzen... 578 Mark 21 Pf.
Mithin kostet das Doppelnivellement eines Kilometers
für Markirung der Festpunkte 1 Mark 64 Pf.
Ausgaben an Gehalt, Diäten und Arbeitslohn
an Feldarbeiten 9 n 91
an Hausarbeiten 2 „ 54
Ausgaben verschiedener Art — n 59
14 Mark 68 Pf.
rund 15 Mark.
Altenburg, im Januar 1891.
Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen Gesetz-
buches für das Deutsche Reich.
Nach einem Vortrage bei der 17. Hauptversammlung zu Berlin 1891,
von C. Steppes.
(Fortsetzung.)
5. Das Princip der Specialität in den Entwürfen.
Die zweite Grundsäule des Grundbuchsytems ist das Princip der
Specialität. Es ist in der Entwicklungsgeschichte des deutschen Sachen-
rechtes begründet, dass sich die Berechtigung und die Bedeutung dieses
Princips zunächst in Richtung auf die Hypothek geltend gemacht hat.
Dementsprechend ist selbes bei Mäscher (S. 637) als die gesetzliche
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Gesetzbuches für das Deutsche Reich.
339
Möglichkeit definirt, nach dem Sicherheitsobjecte und dem Geldwerthe
schätzbare, gegenwärtige und künftige dingliche Verpflichtungen in das
Hypothekenbuch eintragen lassen zu können. Für ein Grundbuch, welches
sich den Schutz aller dinglichen Rechte und des Eigenthums vorweg
zur Aufgabe setzt, durfte sich das Specialitätsprincip präciser als die
Anordnung darstellen, wonach ebensowohl die Rechte, welche erworben
werden und im öffentlichen Buche eingetragen werden sollen, als die
Objekte, an welchem diese Rechte erworben werden, bestimmt bezeichnet
und begrenzt sein mUssen.
Der Entwurf hat denn auch das Specialitätsprincip zur Grundlage
genommen (Mot. S. 183). In welchem Sinne dies geschehen wollte,
zeigt am besten der schon unter den allgemeinen Gesichtspunkten in
den Sachenrechtsmotiven (S. 19) enthaltene Satz: „Daher besteht die
erste Aufgabe der Bucheinrichtung in der Ermittelung und Feststellung
der einzelnen Grundstücke, die zweite in der Sicherung und Befestigung
des Eigenthums und erst die dritte in der Darstellung der Belastungen
desselben, insonderheit der Hypotheken.“
Es muss hier darauf verzichtet werden, die Entwürfe bezüglich
ihrer materiellen Bestimmungen Uber die Feststellung und Begrenzung
der einzelnen Rechte einer Untersuchung unterstellen zu wollen. Dies
ist in den von competenterer Seite veröffentlichten Besprechungen der
Entwürfe zur Genüge geschehen. Für die hier zunächst zur Erörterung
gestellte Grundbuchsfrage kommt das Specialitätsprincip, wie auch der
oben angeführte Ausspruch darthut, vorwiegend bezüglich der Rechts-
objeete in Betracht, da bezüglich der Rechte selbst eine dem Princip
entsprechende Buchung und gegebenen Falles ein den Buchvorträgen
entsprechender Rechtsverfolg keinerlei principiellen Schwierigkeiten und
Bedenken unterliegen kann.
Die Grundbuchordnung hält daher (Mot. S. 61) auch ihrerseits eine
allgemeine Vorschrift, dass der Inhalt der begehrten Eintragung in Be-
willigung und Antrag genau bezeichnet sein müssen, wegen ihrer Selbst-
verständlichkeit für entbehrlich und verleiht dem Specialitätsprincip in
§ 25 zunächst nach seiner objectiven Seite hin Ausdruck durch die
Bestimmung, dass eine Eintragung nur angeordnet werden soll, wenn
das Grundstück, bei welchem die Eintragung zu bewirken ist, in der
Eintragungsbewilligung oder dem Anträge auf Eintragung nach der im
Grundbuche enthaltenen Bezeichnung oder nach dem Grundbuchblatte
bestimmt bezeichnet ist.
Die Bezeichnung der Grundstücke im Grundbuchc erfolgt nach
Maassgabe des früher bereits angeführten § 787 des B. G.-B. und des
§ 7 der Grundbuchordnung durch die im Flurbuche (bezirksweise) zu-
sammengestellten Nummern und ist jede mit einer Nummer bezeichnete
Grundfläche als ein einheitliches Grundstück anzusehen. Es ist im vori-
gen Abschnitte (zu lit. d) bereits darauf hingewiesen worden, dass eine
22 *
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340 Stoppe«. Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen
gesetzliche Begriffsbestimmung des besonderen Grundstückes oder auch
des Grundstückes schlechtweg die Klarstellung des Specialitätsprincips
und seiner Tragweite, damit aber auch der Tragweite zahlreicher in
dem Entwürfe gegebener sachenrechtlicher Bestimmungen wesentlich hätte
fördern müssen. Die materiellen Bestimmungen des Sachenrechtes sprechen
durchwegs von Grundstücken schlechthin. Es ist aber vielfach ausser
Zweifel und lässt sich durchweg vermuthen, dass dabei der in den
Motiven (8. 53 u. fgde, dann 8. 258) gegebene Grundstücksbegriff zu
Grunde gelegt, dass dabei Grundstücke gemeint seien, die sich that-
sächlich als ein selbständiger, durch Eigenthumsgrenzen räumlich ab-
gegrenzter Flächenabschnitt darstellen. Mit diesem Verhältnisse tritt,
wie schon früher im Einzelnen dargethan wurde, die Bestimmung in
Absatz 1 des § 787, die sich nicht als Definition, sondern als positive,
rein formale Vorschrift darstellt, in einen gewissen Gegensatz, weil es
danach Grundstücke giebt, die thatsächlich nur Bestandtheile eines räum-
lich gegen fremden Besitz abgegrenzten Grundstückes sind, nach der
Bucheinrichtung aber gleichwohl als selbständige Grundstücke „anzu-
sehen“ Bind und als solche der selbständige Gegenstand aller dinglichen
Rechte werden können.
Sowie die Dinge nun einmal liegen, lässt sich dieser Gegensatz
auch ganz unmöglich beseitigen. Die Begründung des Sachenrechts in
dem Entwürfe hat immer wieder bezw. hat von vornherein zur An-
erkennung der Nothwendigkeit gedrängt, die Grundbucheinrichtung auf
die vorhandenen — glücklicherweise für mindestens 97 °/n der Grund-
fläche des Deutschen Reiches vorhandenen , — für Elsass-Lothringen in
der Ausführung bezw. Erneuerung begriffenen — Vermessungswerke zu
stützen, das Grundbuch auf die aus diesen Werken hervorgegangenen
Flurbücher zu fundiren. Nach den diesen Flurbüchern zu Grunde lie-
genden Nummerirungssystemen sind aber nun einmal — unter früher
bereits angegebenen Umständen — vielfach die einzelnen Abschnitte eines
zusammenhängenden Besitzstückes mit besonderen Nummern versehen
worden. Mit dieser Thatsache muss also die Grundbucheinrichtung
unabweisbar rechnen.
Soll aber diesem Sachverhältnisse unter Wahrung des Speeialitäts-
principes Rechnung getragen werden, so wird nicht allein die Vorsorge
dafür nothwendig, dass in allen Fällen, wo das materielle Recht ein
selbständiges, in sich abgeschlossenes Object voraussetzt, der Vollzug der
Eintragung von dem Nachweis abhängig bleibt, dass der durch die
Nummer bezeichnete Flächenabschnitt auch wirklich seine entsprechende
Abgrenzung in der Natur erhalten hat. Als unmittelbare weitere Folge
ergiebt sich überdies die Nothwendigkeit, die Grundkarte als integri-
renden, unentbehrlichen Bestandtheil der Grundbucheinrichtung gesetzlich
anzuerkennen. Das in den Motiven zu § 9 der Grundbuchordnung
erörterte Auskunftsmittel, die Grundstücke nur nach allgemeinen Merk-
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Gesetzbuches für das Deutsche Reich.
341
malen zu bezeichnen und Uber die Ausdehnung des im Allgemeinen fest-
gestellten Grundstückes den Besitzstand entscheiden zu lassen, müsste
hier seine Dienste von vornherein versagen. Der Besitzstand ergiebt
über die Ausdehnung von Flächenabschnitten der liier fraglichen Art,
die an andere Flächenabschnitte des gleichen Besitzers anstossen, keinerlei
Anhaltspunkt. Die Ausdehnung der Grenzen dieser Abschnitte sind
lediglich in den Plänen angegeben tin Bayern nennt man die Grund-
stücksnummern zutreffend Plannummern) und können nur an der Hand
der Pläne und ihrer Unterlagen, der Messungsrisse, ermittelt und fest-
gestellt werden.
Aus den im 3. Abschnitte gegebenen Darlegungen geht aber des
Weiteren hervor, dass ganz allgemein, also auch bezüglich der wirklich
selbständigen Objecte ohne Grundkarte von einer Aufrechterhaltung
der 8pecialität keine Rede sein kann — vorausgesetzt nur, dass dieselbe
nicht ausschliesslich nach ihrer rein formalen, man möchte sagen: papie-
renen Seite, sondern dahin aufgefasst wird, dass die den Buchvorträgen
entsprechende Bezeichnung und Begrenzung der Rechtsobjecte sich auch
in praktischer Bethätigung in der Natur nachweisen und festhalten lassen
muss. Auch der Vordersatz der Motive zu § 9 der Grundbuchordnung,
wonach die Bezeichnung durch Verweisung auf das Flurbuch die besten
Garantien für die Identificirung der Grundstücke bieten soll, ist eben
unrichtig. Es soll hier nicht weiter mehr darüber gerechtet werden,
dass das Flurbuch, welches sich die Motive — nicht der Wortlaut —
des § 7 der Gr. -Ordn. willkürlich in Anlehnung an den Standpunkt
früherer Jahrhunderte construiren, diese Garantien unmöglich bieten kann.
Auch die vom bürgerlichen Gesetzbuch selbst (Anmerk. 1 zu § 787)
vorausgesetzten Flurbücher der Landesvermessung helfen — für sich
genommen — für die Identificirung der Grundstücke gar nichts. Sie
sind in dem Augenblicke, wo die ihnen zu Grunde liegenden Karten
und Risse verbrannt werden, ein unverständliches und unentwirrbares
Chaos von Nummern und Ziffern. Man kommt eben unmöglich Uber die
Thatsache hinaus, dass die Nummer eines Grundstückes bezw. Flächen-
abschnittes nur ein äusseres Erkennungszeichen ist, welches zum leben-
digen, praktisch greifbaren Begriffe nur durch die Definition werden
kann, welche die Karte und deren Elemente, die Vermessungsrisse mit
den Maasszahlen, davon geben.
In diesem Punkte also gewinnen die im 3. Abschnitte vom allge-
meinen Standpunkte gezogenen Schlussfolgerungen ihre Bedeutung für
die Haltbarkeit der materiellen Rechtsbestimmungen. Ohne Grnndkarte,
ohne eine für die Sicherstellung der objectiven Grundstücksgrenzen aus-
reichende Grundkarte erscheint die Durchführung des Specialitätsprincips
als ein Ding der Unmöglichkeit.
Im Anschluss an jene früheren Darlegungen kann es sich also nur
mehr darum handeln, in welcher Weise und bis zu welchem Grade die
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342 Steppes. Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen
Beweiskraft der Karte wirksam werden soll und kann. Es gilt dabei,
einerseits die sachenrechtliche Bedeutung und Aufgabe der Grundkarle
zur principiellen Anerkennung zu bringen, andererseits den auf die Ver-
schiedenheit der vorhandenen Kartenwerke gestützten Bedenken gegen
die Festsetzung einer unbedingten Beweiskraft gerecht zu werden.
Ebendeshalb wäre es vorerst sicherlich am zweckmässigsten, wenn
zunächst nur in ähnlicher Weise, wie dies in § 826 des B. G.-B. be-
züglich des Bestandes der im Buche eingetragenen Rechte geschehen ist,
die Vermuthung gesetzlich festgestellt würde, dass die Rechtsobjecte in
der Lage und Begrenzung bestehen, welche die Grundkarte angiebt.
Es wäre damit von vornherein nicht allein die im vorigen Abschnitte
zu lit. d behandelte, ebenso wichtige als häufige Frage nach der Ab-
grenzung von nummerirten Grundstücksbestandtheilen in zweifelsfreier Weise
gelbst; es wären überhaupt alle Zweifels- und Streitfälle, in welchen
nicht mehr von blossen Grenzverwirrungen die Rede sein kann, sondern
die Zugehörigkeit erheblicherer Flächentheile zu einer bestimmten Nummer
in Frage steht, in die richtigen Wege geleitet.
Damit wäre zunächst eine Anordnung getroffen, die selbst bezüglich
der allgemeinen Bezeichnung der Rechtsobjecte im Bedarfsfälle z. B. bei
Nummernverwechslungen den Gegenbeweis und die Berichtigung des
Buches offenhalten würde, die überhaupt Niemand als eine auch nur
über das zwingendste Bedürfnis hinausgehende bezeichnen könnte. Hat
sich doch in vielen deutschen Staaten auch ohne gesetzliche Festlegung
die bevorwortete Rechtsvermuthung im praktischen Rechtsleben eine ge-
wisse Geltung zu verschaffen gewusst. In Bayern z. B. haben gemeinhin
auch bisher schon die Hypothekenrichter den Vollzug von geometrischen
Ausfertigungen Uber Grenzberichtigungen oder Vergleiche, sobald danach
eine wenn auch geringfügige Fläche von Nummer x zu Nummer y über-
ging, im Interesse der Iiypotliekengläubiger von Nummer x zurückge-
wiesen. Sobald man also davon ausgeht, dass der GrundeigenthUmer
selbst mindestens ebensoviel Anspruch auf Schutz seines Rechtes hat,
wie der Gläubiger, müsste der Richter sich gedrungen fühlen, seine Ent-
scheidungen über die Eigenthumsansprüche so einzurichten, dass die
Nummern in ihrem ursprünglichen Bestände erhalten bleiben, was eben
nur bei Anerkennung der in der Karte angegebenen Begrenzung der
Fall ist.
Jedenfalls wird man aber nach Feststellung jener Rechtsvermuthung
nicht zu befürchten haben, dass ein nach exacter Methode gefertigtes,
also durchweg auf Grund der in der Natur direct ermittelten Maasszahlen
construirtes und die directe Verwerthung dieser Maasszahlen bei späterem
Vergleiche des Natur- und Kartenstandes ermöglichendes Kartenwerk in
seiner Beweiskraft durch die Zulassung des Gegenbeweises die geringste
unberechtigte Beeinträchtigung erleiden könnte. Gegenüber der immer-
hin nicht ausgeschlossenen Möglichkeit von Fehlern und Irrthümern, deren
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Gesetzbuches für das Deutsche Reich.
343
Wahrscheinlichkeit aber bei jenem Verfahren deshalb eine eingeschränk-
tere ist, weil sich die zur Herstellung der Karte nöthigen Proceduren
gegenseitig controliren, erscheint die Möglichkeit des Gegenbeweises nur
zweckmässig. Wo aber ein Irrthum nicht wahrscheinlich gemacht werden
kann, da ist die Sprache der beurkundeten Maasszahlen eine so über-
zeugende, dass ihr gegenüber ein Gegenbeweis, da Ersitzung des Eigen-
thums ausgeschlossen ist und der Anspruch auf Grenzfeststellung nicht
verjährt, wohl selten versucht werden wird, noch seltener je gelingen
kann.
Es ist früher (im dritten Abschnitte) bereits angedeutet worden,
dass die in den einzelnen Staaten vorhandenen Karten — theilweise
oder auch durchweg — den vollen Anforderungen an ein exactes Karten
werk nicht immer entsprechen. Es ist dies nicht etwa in einer nach-
lässigen Herstellung, sondern in der Herstellungsmethode selbst begründet.
In den ersten Decennien unseres Jahrhunderts, in einzelnen Staaten bis
in die letztvergangenen Jahrzehnte hinein, war die sogenannte graphische
Methode üblich und ihrer (vermeintlichen) Billigkeit wegen bevorzugt,
bei welcher durch Anwendung der dazu geeigneten Instrumente das Plan-
bild unmittelbar auf dem Kartenpapier erzeugt wurde und daher, abge-
sehen von den sonstigen sogenannten Fehlerquellen auch den Wirkungen
der hygroskopischen Eigenschaften des Papiers ausgesetzt war. Es ist
zwar richtig, dass die Unzulänglichkeit dieser Karten häufig nur gegen-
über Ansprüchen besteht, die man als Uber die praktische Noth-
wendigkeit, zuweilen selbst über ein vernünftiges Maass hinausgehend
bezeichnen muss. Jedenfalls kann es aber gegenüber unzulänglichen
Karten nicht unerwünscht sein, wenn — unbeschadet ihrer Bedeutung
für den Nachweis der allgemeinen Lage der Grundstücke und der Zu-
gehörigkeit der Flächenabschnitte zu den einzelnen Nummern — be-
züglich ihrer Angaben Uber den engeren Grenzverlauf der Gegenbeweis
offen gelassen ist.
Bezüglich des Nachweises der Grundstücksbegrenzung im engeren
Sinne wird man sich dann vorerst um ein anderes Auskunftsmittel Um-
sehen müssen. Der Entwurf des bürgerlichen Gesetzbuches construirt
za diesem Zwecke die „Grenzverwirrung“ und bestimmt darüber in
§ 852 Folgendes:
„Wird im Falle einer Grenzverwirrung die richtige Grenze nicht
erwiesen, so ist als richtige Grenze diejenige Linie anzusehen, welche
dem Besitzstände entspricht, und wenn auch ein solcher nicht erwiesen
wird, diejenige Linie, durch welche jedem der betheiligten Grundstücke
ein gleich grosses Stück des streitigen Flächenabschnittes zugetheilt wird.“
Die Bestimmung krankt in ihrem letzten Theile an einem mathe-
matischen bezw. geometrischen Irrthum, da offenbar angenommen ist,
dass es immer nur Eine Linie gebe, welche den streitigen Flächen-
abschnitt in zwei gleich grosse Theile zerlegt. Thatsächlich giebt es
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344 Steppes. Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen
aber solcher Linien in jedem einzelnen Falle unendlich viele. Es wäre
also entweder noch näher technisch zu definiren, welche von diesen
Linien gemeint ist, oder es müsste, falls wirklich dem Richter die Be-
fugniss ertheilt werden soll, unter diesen Linien die nach seinem Er-
messen der Sachlage entsprechende auszu wählen, statt „diejenige Linie“
gesetzt werden „eine Linie, welche etc.“ Es scheint nach den Motiven
diejenige Linie gemeiut zu sein, welche den Grenzen des streitigen
Fläcbenab8chnittes am meisten symmetrisch liegt.
Wenn so eine redactionelle Durchprüfung des § 852 sich vernoth-
wendigt, wäre es vielleicht nicht vom üebel, wenn sich selbe Uber den
beregten Punkt hinaus erstrecken würde. Wie beispielsweise ein streitiger
Flächenabschnitt entstehen soll, wenn gar kein Besitzstand erweisbar
ist, ist dem Verfasser nicht recht erfindlich. Selber kann sich die Aus-
führungen der Motive zu diesem Punkte absolut nicht klar machen und
tröstet sich bei diesem Geständnisse mit der Thatsaehe, dass es den
Herrn Rechtsgelehrten bezüglich anderer Stellen (z. B. Motive S. 310
u. folgde) ähnlich ergangen ist. Bedauerlich bleibt insbesondere auch,
dass weder der Gesetzeswortlant noch die Motive zweifellos aussprechen,
was denn unter der im Vordersätze der Gesetzesbestimmung erwähnten
„richtigen Grenze“ gemeint sei. Im Gegensatz zu dem Besitzstand im
Nachsatze wird man voraussetzen dürfen, dass die der Bezeichnung der
Grundstücke im Grundbuche entsprechende Eigenthumsgrenze gemeint
sei. In diesem Sinne könnte der § 852 durch Feststellung der für die
Kartenangaben bevorworteten Vermuthung an Deutlichkeit, wie an sach-
licher Berechtigung nur gewinnen. Nur unter dieser Voraussetzung
kann man sich Erfolg davon versprechen, dass der Anspruch aus § 852
auch den Realberechtigten eingeräumt ist. Ausserdem wären zwei ein-
verstandene Grenznachbarn in der Lage, durch künstliche Herbeiführung
einer Grenzverwirrung eine Eigenthumsverschiebung zu erzielen.
Jedenfalls aber wird bei der Zulässigkeit des Gegenbeweises und
in Rücksicht auf die bezüglich der Qualität der Karten bestehenden
Verhältnisse der Besitzstand für den Nachweis der engeren Grundstücks-
begrenzung noch auf lange Zeiten hinaus eine sehr bedeutsame Rolle
spielen. (Nach den früher bereits (3) angeführten Motiven zu § 9 der
Grdb.-Ord. wäre er ja für „die Ausdehnung des im Allgemeinen fest-
gestellten Grundstückes“ der allein denkbare Nachweis.)
Nun ist es wohl überflüssig, dem mit den landwirtschaftlichen Zu-
ständen praktisch Vertrauten näher auseinanderzusetzen, in welch un-
glaublichem Grade der Besitzstand ohne Vermarkung der Grundstücke
fortwährenden Störungen und Verschiebungen — unwillkürlich und leider
auch willkürlich — ausgesetzt ist. Der Fernstehende wird sich aus den
ungezählten Aeusserungen insbesondere technischer Kreise, welche das
Verhältniss behufs Herbeiführung gesetzlicher Maassregeln zur Besserung
beleuchten, leicht Ueberzeugung verschaffen können. Hier sei nur auf
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Gesetzbuches für das Deutsche Reich.
£45
die einschlägige Aeusserung des Centraldirectoriums der Vermessungen
(Zeitschr. f. Verm.-Wesen, 1881, Rand X, S. 48) verwiesen und aus
selber der eine Satz ausgehoben: „So ist es (in den pareellirten
Gebieten des preussischen Staates) . . . eine häufige Erscheinung, dass
die Ackersttlcke von Minorennen oder von anderen Personen, welche
ihre Rechte nicht persönlich wahrnehmen können, von Jahr zu Jahr
schmaler zu werden pflegen und nicht selten ganz verschwinden.“
Angesichts dieses Sachverhältnisses braucht man aber nur die Be-
stimmungen des Gesetzentwurfes Uber Besitz und Inhabung, verbotene
Eigenmacht und was damit zusammenhängt zu lesen (Sachenrecht, zweiter
Abschnitt), um sich klar zu werden, wie ohne Vermarkung der Grenzen
die Fundirung des Eigenthumsnachweises auf den Besitztand nichts weiter
sein könnte, als die Verkündigung des Krieges Aller gegen Alle,
die Aufrichtung eines modernen Faustrechtes; ja noch schlimmer, die
Umkehrung eines modernen Schlagwortes: „Diebstahl ist Eigenthum“
wtirde kaum ausblciben können.
Der Gesetzentwurf trägt diesem Verhältnisse insoweit Rechnung, als
§ 851 dem Eigenthttmer eines Grundstückes den Anspruch auf Mitwir-
kung des Nachbars zur Errichtung und Wiederherstellung fester Grenz-
zeichen einräumt. Es ist nur bedauerlich, dass dabei wieder das Ver-
fahren bei der Abmarkung und deren Art gänzlich den Landesgesetzen
und in Ermangelung von solchen der bekanntlich auf sehr schwankenden
Füssen stehenden „Ortsilblichkeit“ überlassen wird. Die Motive zu § 851
lassen freilich sehr im Zweifel, ob dabei die Staaten, welche ein sach-
gemäss geordnetes Vermarkungswesen besitzen, nicht wesentlich besser
fahren. Die Motive verrathen eine bedenkliche Annäherung an den
vielfach von der Ortsüblichkeit, leider auch mehrfach von den Landes-
gesetzen festgehaltenen Standpunkt, wonach die Sicherheit und der Rechts-
bestand der Abmarkung durch sogenannte geheime — thatsächlich aber
in der Tisch-Schublade des Feldgeschworenen bei den Messern und Gabeln
aufbewahrte — Zeichen (Unterlagen) gewahrt werden soll und der Stand-
punkt eines verloren gegangenen Grenzsteines dadurch wieder aufge-
funden werden möchte, dass die auf den nächsten beiden Steinen ein-
gemeisselten Rinnen (von 1 dm Länge) soweit verlängert werden, bis
sie sich in dem gesuchten Punkte schneiden. Jedenfalls verrathen die
Motive so wenig, wie der Wortlaut des § 851, auch nur eine leise An-
deutung darüber, dass die Vermarkung auch wirklich in ihrem wahren
technischen Sinne aufgefasst werden soll. In diesem Sinne bildet aber
bekanntlich die Aufrichtung äusserer Zeichen nach dem Hergang wie
nach dem Zwecke des Geschäftes nur den einen Tlieil desselben, wäh-
rend Aufgabe und Ziel des anderen Theiles darin besteht, dass von
sachverständiger und autoritärer Seite die technischen Erhebungen (Mes-
sungen) gepflogen und beurkundet werden, wrelche den Standpunkt der
Grenzzeichen auf der Erdoberfläche festlegen und so allein die Möglich-
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346 Steppes. Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen
keit einer zuverlässigen Wiederherstellung für alle Zeiten Bicherstellen
können.
Es wäre nachgerade Zeit, dass auch ausserhalb der technischen
Kreise endlich die Einsicht lebendig würde, dass der Rechtsschutz so
lange nur ein fieliver, nur auf dem Papiere bestehender bleibt, als eben
für alle diese Vollzugseinrichtungen nicht endlich die. technische, die
sachverständige und allein sachdienliche Auffassung Boden und Geltung
gewinnt. Soll diess aber im vorliegenden Falle geschehen, so müsste
in der Grundbuchordnung und im Gesetze Vorkehr dahin getroffen werden,
dass die technischen Urkunden Uber den Vermarkungsvollzug, die Nach-
weise Uber den Standpunkt der gesetzten Grenzzeichen ebenso gesammelt
werden, wie dies bezüglich der Rechtsurkunden (§ 14 der Gr.-Ord.)
angeordnet ist und dass selben Beweiswirkung bei späterem Verlust der
Greuzzeichen innewohnt.
Soll die berührte Möglichkeit, dass unrechtmässig angeeigneter Grund
und Boden Eigenthum werden kann, absolut abgeschnitten werden, so
müsste man allerdings zur Forderung der allgemeinen Vermarkung ge
langen. Als publizistische, im Interesse der öffentlichen Ordnung an
die Grundbesitzer herantretende Rechtsnorm würde der Entwurf die all-
gemeine Zwaugsvermarkung (Mot. S. 268) nicht ausschliessen. Diese als
Vorbedingung der Grundbuchseinrichtung zu fordern, ginge wohl schon
in Rücksicht auf die zu ihrer Durchführung benöthigte Zeitdauer nicht an.
Aber Einen Schritt hätte unbedingt der Gesetzentwurf selber weiter
gehen müssen, als er wirklich tliut. Ebensogut wie im Sachenrecht durch
§ 851 anerkannt ist, dass Eigeuthum und Besitzstand durch das Recht
aut Abmarkung geschützt sein müssen, so sollte auch im Obligationeu-
recht anerkannt werden, dass der in § 388 dem Erwerber eines Grund-
stückes zugesicherte Anspruch auf Gewährleistung seiner Eigenschaften,
insbesondere seiner bestimmten Grösse, dann aber auch der in § 462
dem Käufer eingeräumte Anspruch auf Ertheilung der nöthigen Auf-
schlüsse über die Grundstücksgrenzen nur im Falle einer vorgängigen
Abmarkung voll und zuverlässig gewährleistet werden kann. Was ins-
besondere die Flächenermittelung anlangt, so wird es ja vielfach auf-
fallend befunden, wenn wiederholte Messungen des (angeblich und ver-
meintlich) gleichen Grundstückes verschiedene Ergebnisse liefern. (Mau
ist dazu allerdings, abgesehen von der häufigen Unklarheit der Laien
über den praktisch erreichbaren Genauigkeitsgrad in einem Staate nicht
berechtigt, in welchem die geometrischen Längenmaasse dem Aichzwange
unterworfen sind, obwohl die vorgeschriebene Aichung die für gute
geometrische Arbeiten erforderliche Genauigkeit der Instrumente nicht
annähernd garantirt.) Abweichungen der Ergebnisse sind aber nicht
nur nicht auffallend, sondern geradezu unvermeidlich, so lange nicht
durch eine genügende Vermarkung dafür gesorgt ist, dass der Umfang
des Messungsobjectes stets derselbe ist und bleiben muss.
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Gesetzbuches ftir das Deutsche Reich.
347
Auch über diesen Gegenstand ist, insbesondere innerhalb des Deut-
schen Geometervereins und der Landesvereine unendlich viel gesprochen
und geschrieben worden, auch schon im Anschlüsse an den Entwurf des
B. G. B. in einer Denkschrift der bayrischen Geometervereine und ins-
besondere auch in einem Uber diese Denkschrift an das Generalcomitd
des landwirtlischaftlichen Vereins in Bayern vom Herrn Abgeordneten
Frhr. von Soden erstatteten Referate. Es wäre auch ohne den vor-
liegenden gesetzgeberischen Anlass längst an der Zeit gewesen, dass
endlich für den Verkehr mit Grundstücken die gleiche Solidität gewähr-
leistet würde, wie sie für den Handel mit Salz und Pfeffer längst ge-
währleistet ist. Und das ist eben notorisch nur durch Statuirung des
Vermarkungszwanges in allen Fällen der Uebertragung von Grundeigen-
thum durch Rechtsgeschäft möglich. Denn nur dann kommen bestimmt
abgegrenzte Grundstücke in den Verkehr, nur dann erscheint das
Princip der Specialität wenigstens im Verkehr mit Liegenschaften
wirklich gewahrt. — —
Schliesslich sei gestattet, noch einige Gesetzes -Bestimmungen in
Kürze zu besprechen, die zwar die Grundbucheinrichtung selbst nicht
direct berühren, gleichwohl aber mit den hier erörterten Fragen speciell
mit der Begrenzung der Rechtsobjecte Zusammenhängen.
Der § 854 des Sachenrechts stellt für eine auf der Grenze zweier
Grundstücke befindliche Einrichtung, welche zum Vortheile beider Grund-
stücke dient, die Vermuthung fest, dass sie in Ansehung der Benutzung
zu beiden Grundstücken gehöre, sofern nicht äussere Merkmale auf das
Alleineigenthum des einen Nachbarn hinweisen. Im zweiten Absätze ist
alsdann das gemeinschaftliche Benutzungsrecht, die Theilung der Unter-
haltungskosten, das Recht jedes Nachbarn auf Fortbestand und im
üebrigen die Anwendung der Vorschriften über Gemeinschaft festgestellt.
Diese rechtlichen Bestimmungen an sich wollen hier keineswegs be-
mängelt werden, zumal die Motive aussprechen, dass die Einrichtungen
keineswegs als ein zwischen beide Grundstücke sich drängendes drittes
Grundstück betrachtet werden dürfen und dass auch der Anspruch auf
Abmarkung (§851) und Grenzfestsetzung (§ 852) bestehen bleibt. Allein
der erste Absatz enthält eine beispielsweise Aufzählung: „Rain, Grenz-
gestell im Walde, Winkel, Zwischenraum, Mauer, Graben, Hecke, Planke,
Zaun und dergleichen“, die zu Bedenken Anlass giebt. Insbesondere
gilt dies bezüglich der Raine. Raine dienen zwar zuweilen unbeschadet
der Zugehörigkeit ihrer Grundfläche zu den anstosseuden Grundstücken
als Fahrten; allein dann handelt es sich um so mehr um reine Dienst-
barkeiten, als in der Regel auch Dritten das Fahrtrecht zustcht. Mei-
stens aber sind Raine, wenigstens in SUddeutschland, Grundflächen, die
allerdings in Richtung auf Kenntlichmachung und Erhaltung der Grenze
neben dieser, in der Regel nach jederzeit lösbarem Uebereinkommen, von
beiden Nachbarn nicht wie das Grundstück selbst zum Ackerbau benutzt
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348
Steppes. Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen
werden. Sie erscheinen daher weniger als Grenzanlage, wie als (aller-
dings verwerfliches, ungenügendes) Grenzzeichen. Die Anwendung der
getroffenen Bestimmungen auf Raine erscheint, solange die Grenze selbst
nicht noch besonders vermarkt ist, deshalb bedenklich, weil dieselben
von habsüchtigen Nachbarn gern zur Landaneignung benutzt werden,
bei geringer Breite durch directe Verschiebung bei der Grenzbestcllung,
bei erheblicherer Breite dadurch, dass der Rain beim Ackern verschmä-
lert, dann aber gleichwohl Eigenthumsanspruch bis zur Mitte des Rains
(§ 852) erhoben wird. Es lässt sich freilich einwenden, dass auf Raine,
wenn sie, wie behauptet, nicht zu den Grenzanlagen zählen, auch die
fraglichen Bestimmungen nicht anwendbar seien. Wenn dies aber bei
der überwiegenden Mehrzahl der Raine der Fall ist, warum sie daun
bei der fraglichen Exemplification benennen?
Aehnlich verhält es sich, wenn auch minder häufig und ausgeprägt,
bezüglich der Grenzgestelle im Walde. Dieselben dienen zwar vielfach
dem Fuss- und Fuhrwerks -Verkehr längs der Grenze. Vielfach aber
sind auch diese nur Grundflächen, welche lediglich behufs Vermeidung
der nachbarlichen Collisionen, die betreffs der auf oder nahe der Grenze
aufwachsenden Bäume zu befürchten wären, nicht zur Holzzucht benutzt
werden.
Bezüglich der Hecken erscheint es fraglich, ob nicht bei den häufig
vorkommenden einseitigen Verwachsungen der Anspruch des Nachbarn
auf Unterlassen der Beseitigung oder Aenderung der Anlage zu vielen
unnützen Processen führen wird. Auch die Hecken werden andererseits,
wenn die Vermarkung der Grenze selbst fehlt, durch geeignetes Mani-
puliren beim Beschneiden zur Grenzverschiebung missbraucht.
Eine sorgfältige Prüfung des § 854 . in der angedeuteten Richtung
lässt sich umsomehr erwarten, als der zur zweiten Lesung berufenen
Commission auch hervorragende Landwirtlie angehören. Vielleicht
könnten alle Bedenken am einfachsten durch gänzliche Streichung der
gesammten Exemplification beseitigt werden.
In den §§ 857 — 860 ist die Ueberbauung in der Weise geregelt,
dass derjenige Grundeigenthümer, welcher bei Errichtung eines Ge-
bäudes ohne Vorsatz und Fahrlässigkeit seinerseits, wie ohne rechtzeiti-
gen Widerspruch des Nachbarn die Grenze überschritten hat, die Dul-
dung des Gebäudes gegen eine nach den Verhältnissen zur Zeit der
Grenzüberschreitung festzusetzende Rente erlangen kann. Die Rente
hat den Vorzug vor allen auch älteren Rechten, mit welchen das rente-
pflichtige Grundstück belastet ist; eine Eintragung im Grundbuche findet
nicht statt. Der Eigenthümer hat das Recht, statt der Rente den
Ersatz des Werthes zur Zeit der Grenzüberschreitung gegen Uebertra-
gung des Eigenthums an der überbauten Fläche jederzeit zu verlangen.
Im Uebrigen erlischt die Rentenlast mit der Beseitigung des Gebäudes.
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Gesetzbuches für das Deutsche Reich.
349
Auch bezüglich diesev Frage soll bezüglich der rechtlichen Seite,
die ja schon aus competenterer Feder mehrfach erörtert ist, nur
angedeutet werden, ob nicht die Verschiedenheit der Verhältnisse in
Ortschaften und insbesondere in grösseren Städten, wo und soweit das
geschlossene Bausystem herrscht, von denen auf dem Lande, wo in der
That nur ausnahmsweise dem dienenden Grundstücke durch die Ueber-
bauung ein wesentlicher Abbruch geschieht, eine entsprechende Berück-
sichtigung verdient hätte. Für uns kommt zunächst in Betracht, dass
ohne Eintrag des entstehenden Rechtsverhältnisses im Grundbuch weder
dem Princip der Oeffentlichkeit noch dem der Specialität genügt ist.
Wenn nun vollends nach den Ideen der Mot. zu §§ 7 u. 9 der Gr.-Ord.
die GebäudegrundstUcke nur durch Strasse und Hausnummer definirt
würden, das Uebrige aber der Besitzstand ergeben müsste, wäre da nicht
bei Unterbleiben des Eintrags der Hintergehung des späteren Erwerbers
und der Gläubiger des dienenden Grundstücks Thür und Thor geöffnet.
Aber auch bei speciellercr Objectsbezcichnung kann der spätere Erwerber
geschädigt werden, da die Rente nach dem Wertlie der abgängigen
Fläche zur Zeit der Ueberbaunng bemessen ist. Wird vollends das
berechtigte Gebäude nach Jahrzehnten unter Zurückgehen auf die Grenze
erneuert, so hätte der Eigenthümer des inzwischen gleichfalls überbauten
dienenden Grundstückes zu dem Schaden, der ihm durch die Entstehung
eines Zwischenraumes zugeht, wohl nur den Spott wegen des Erlöschens
der Rente. — Wären freilich alle Richter der Anschauung des Verfassers,
so würden die §§ 857 — 860 wohl nie zur Anwendung kommen. Der
Grundeigenthümer hat die moralische (leider vielfach nur diese) Ver-
pflichtung, seine Grenze jederzeit kenntlich zu erhalten bezw. zu machen.
Wer aber an eine so wesentliche Aenderung des Grundstücks herantritt,
wie es die Errichtung von Gebäuden ist, ohne sich Uber den Grenzzug
mit seinem Nachbar sorgfältigst zu benehmen oder sonst zu vergewissern,
der macht sich immer einer groben Fahrlässigkeit schuldig.
Nach § 863 finden bezüglich der Nothfahrten und der dafür fest-
gesetzten Rentenpflicht die Bestimmungen wegen Nichteintrags der Rente
etc. gleichmässige Anwendung wie bei der Ueberbauung. Das Unter-
bleiben der Eintragung ist hier um so auffallender, als in den Motiven
zum Sachenrecht das Bedürfniss der Eintragung für Grunddienstbarkeiten
so warm befürwortet ist. Die bestehenden Fahrtservituten sind doch
vorwiegend auch nicht durch Vertrag, sondern, wie der Nothweg durch
richterliche, so durch freiwillige Anerkennung des unabweisbaren Bedürf-
nisses entstanden. —
Der Versuchung, schliesslich noch das Sondereigenthum an Stock-
werken eines Gebäudes oder an Theilen von solchen zu besprechen,
soll aus dem Wege gegangen werden. Der Schutz bestehender Rechte
ist durch Art. 73 des Einführungsgesetzes gewährleistet. Die betheiligten
Staaten werden den Weg zu einer geeigneten Bezeichnung der Rechts-
objecte zu finden wissen.
(Schluss folgt.)
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350
Biicherachau.
’ Bücherschau.
Ministere de trarauoc publics. Nivellement general de la France. Resean fon-
damental. Repertoire graphique definissant les emplacements et altitudes
des roperes. Ire livraison. Operations effectudes sous la direction de la
commission du nivellement pendant les campagnes de 1884, 1885 et 1886.
Paris 1889. 2me livraison. Operations effectudes pendant les campagnes
de 1887 et 1888. Paris 1891.
In diesen zwei Bänden ist der Anfang der Veröffentlichung eines
neuen französischen Hauptnivellementsnetzes gemacht.
Die Entwickelung des Nivellements hat in Frankreich sich nahezu
ebenso gestaltet wie anderwärts und wie bei uns, indessen der Zeit nach
waren uns die Franzosen lange voraus, indem sie schon 1860 also 20
Jahre vor unserem Normal-Null eine einheitliche Zählung der Höhen
hatten.
Vor 1860 wurden die Höhen in Paris auf eine Vergleichs-Ebene
bezogen 75,240 m unter Pegel-Null der Tournelle-BrUcke; fUr das Ni-
vellement der Marne lag die Vergleichs-Ebene 114,91 m unter demselben
Nullpunkt. Das Nivellement der Loire war an das Mittelwasser des
Atlantischen Meeres bei Saint -Lazare angeschlossen, die Nivellements
der Departements Cher und l’Allier hatten als Ausgangspunkt eine Marke
an der Cathedrale von Bourges, das Nivellement der Rhone bezog sich
auf das Niederwasser bei Marseille; jedes Nivellement eines Ortes oder
Bezirkes hatte seinen mehr oder weniger willkürlichen Höhen-Nullpunkt,
und alle diese Bestimmungen waren ungenügend unter sich verbunden,
was zu vielen Irrungen Veranlassung gab.
Als gegen 1855 die Eisenbahnen und Canalbauten die Uebelstände
mehr fühlbar machten, wurde von der Verwaltung der öffentlichen Ar-
beiten der Vorschlag eines geschickten Beamten, Bourdalouö, ange-
nommen, dahingehend, es sollte ein genaues Nivellementsnetz Uber ganz
Frankreich gelegt werden mit öffentlichen Höhenmarken und Zählung
aller Höhen von einem Ausgangspunkte.
Dieser Ausgangspunkt sollte das Mittelwasser eines Meeres sein,
indem man annahm, dass ein solcher Horizont stabiler sei, als eine Marke
auf dem festen Lande, welche den aufeinander folgenden Bewegungen
infolge Gefrierens und Wiederaufthauens der Erdkruste ausgesetzt ist.
Eine Entscheidung vom 13. Januar 1860 bestimmte als gemeinsamen
Ausgangspunkt des Gesammtnivellements von Frankreich das Mittelwasser
des Mittelmeeres bei Marseille, oder genauer, den Strich 0,40 m des
Meerespegels von Saint-Jean in dem alten Hafen, indem man annahm,
dass dieser Strich sehr nahe dem fraglichen Mittelwasser entspreche,
(während sich später ergab, dass dieser Strich sich 6—7 cm Uber dem
Mittelwasser befindet).
Diese Vergleichshöhe, heute unter dem Namen Bourdaloue-
Null bekannt, ist amtlich eingefiihrt in allen Plänen des Dienstes der
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Bücherschau.
351
öffentlichen Arbeiten und der militärischen Topographie. Hiernach ist
also die Höhen- Vereinheitlichung schon seit 30 Jahren in der ganzen
Ausdehnung von Frankreich durchgefillirt.
Inzwischen ist nun ein völlig neues „Nivellement general de
la France“ unternommen worden, Uber welches wir bereits in dieser
Zeitschrift 1891, S. 16—17, Einiges berichtet haben.
Die zwei amtlichen Bände, deren Titel oben citirt ist, enthalten
nun die ersten Ergebnisse und zwar fitr den praktischen Gebrauch in
endlosen graphischen Darstellungen, von welcher nachstehende Zinko-
graphie eine Anschauung giebt.
... Chl"defer)*P>art*"‘
; au Roseau
Route • ) r.od.m"
*”+-+■+ Ch‘“defert
t.i-i .) Route > par
iBourd&loug
Station
PN. -Passage i niveau
(avec maison de garde).
Pl.-Pontou Pass«'infr.
PS. -Passage superieur.
Tunnel.
Viaduc.
Mit Canal
— Chemin de fer.
- Route nationale.
— Route Depart1*.
. Chin de Gdc Com""
Ch^d’interetcom"
Chin Vicinal.
Chin Rural.
Canal.
33»=. Fleuve ou Riviere.
Ruisseau.
Etang ou Marais.
Limite d’Etat.
......... id. de Depart'
ville.
O Village.
* Ferme , Maison.
Aqueduc.
vers la tin de la Section.
3° /üepere ancien l^pptr-
ten' a un nivellem'anier')
t« Rivei :
a) Sur ia plinthe d'un ouv**
b) Sur le seuil d une mai*
son de garde.
Hierzu sind die Höhenzahlen selbst seitlich beigeschrieben.
Ausserdem geben wir noch die Figuren zur Veranschaulichung der
französischen Nivellements - Höhenmarken.
Höhenmarke de» alten Höhenmarke dea neuen Nivellements-Bolzen
Nivellemente Bourdalouö. Nivellements. (auf tiebluden, Sockeln
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352 Neue Sehriften Uber Vermessungswesen. — Personalnachrichten.
Das neue französische Nivellement hat manche beachtenswerthe
Eigentümlichkeiten, z. B. bimetallische Latten, Ablesung der Latten
mit Reflexionsbild der Libellenblase im Ocular des Fernrohrs u. s. w.,
worüber jedoch erst nach einer zusammenfassenden Ausgleichung und
Fehlerdiscussion ein Urtheil zu gewinnen sein wird. J.
Neue Schriften über Vermessungswesen.
Der kulturtechuiscke Dienst zur Abwendung von Wasserschäden und zur
Nutzbarmachung der Privatgewässer im landwirtschaftlichen, ge-
werblichen und sanitären Interesse des Königreichs Sachsen. Von
Dr. Edm.Fraissinet, staatlich verpfl. Sachverständigen für Landes-
meliorationen. G. Scliönfeld’s Verlagsbuchhandlung in Dresden.
Preis 80 Pfg.
Personalnachrichten.
Julius Erasmus Hilgard, früher Vorstand der Küstenvermessung
in den Vereinigten Staaten, starb am 8. Mai 1891 zu New-York. Er
war am 7. Januar 1825 in Zweibrücken geboren und kam im Jahre
1835 mit seinem Vater nach den Vereinigten Staaten. Die Familie
siedelte sich bei Belleville, Illinois, an, und der Vater erwarb sich ein
unsterbliches Verdienst, indem er die Kultur der Weinrebe in Amerika
einführte und ausserdem entdeckte, dass sich die Catawba- Traube am
besten für das Klima von Illinois, Ohio etc., wo sie jetzt in ausge-
dehntem Maa6se gepflegt wird, eigne. Der junge Hilgard wurde Civil-
ingenieur und trat unter Superintendent Ba c h e in den KUstenvermessungs-
dienst ein, an dessen Arbeiten er, namentlich auch während der an-
strengenden Zeiten des Bürgerkrieges, hervorragenden Antheil nahm;
die Kartirung der früher fast unerforschten Küste des Stillen Oceans
ist zum guten Theil sein Werk. Nacli dem Ableben des Superintendenten
Pierce wurde er dessen Nachfolger und stand dem KUstenvermessungs-
dienste bis zum Jahre 1884 vor.
(Mitgetheilt aus dem „Globus“ von Müller, Landmesser in Lippstadt.)
Inhalt.
Grössere Mittheilungen: Ueber die Bedeutung und die Anwendbarkeit der
Methode der kleinsten Quadrate in der Feld- und Landmessung, von Jordan.
— Beitrag zu den Kosten von geometrischen Arbeiten, von Gerke. — Das
Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen Gesetzbuches fiir das Deutsche
Reich, von Steppes. (Fortsetzung.) — Bücherschau: Nivellement general de
la France. — Neue Schriften über Vermessungswesen. — Personalnachrichten.
Verlag von Konrad Wittwer, Stuttgart. — Druck von Gebrüder Jänecke in Hannover.
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853
ZEITSCHRIFT für VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover, Steuer-Rath in Manchen.
• ' l
1892. Heft 12. Band XXI.
^ 16. Juni. K
Beiträge zur Praxis der Höhenaufnahmen.
Vop Prof. Hammer,
III. Zur barometrischen Höhenanfnahme.
Bekanntlich werden die Höhenmessungen für „topographische“ Auf-
nahmen in kleineren Maassstäben, 1: 25 000 u. s. f., vielfaoh ganz oder
fast ganz barometrisch gemacht, sofern die Situations- (Kataster-) Grund-
lage nur noch eine reiue Höhenaufnahme, keine Lagemessungen mehr
erfordert; und filr Aufnahmen dieser Art sind in der That die Verschie-
bungen der Höhencurven infolge der für die bequemste aber ungenaueste
Höhenmessmethode verhältnissmässig grossen Hähenfehler in nicht ganz
flachem Gelände erträglich. i:
Man kann aber barometrisohe Messungen zur Gewinnung der erfor-
derlichen Einzelhöhenpunkte trotz dieses im Vergleich mit anderen Me-
thoden grossen Fehlers auch noch vielfach für Aufnahmen in grossen
Maassstäben, 1 : 5000 oder 1 : 2500, mit Vortheil verwenden und es war
nicht gerechtfertigt, dass sie in Württemberg bis vor 20 Jahren und
noch später ausdrücklich ausgeschlossen wurden (vergl. z. B. Haas,
Ueber Höhenaufnahmen, 1878, S. 110; der daselbst für eine Aufnahme in
1:2500 als Maximal-Höhenfehler angegebene Betrag von 0,2 m ist,
allgemein hingestellt, unnötliig klein und würde Nivellirung aller Punkte
voraussetzen, denn schon bei halbtrigonometriseher und tachymetrischer
Messung lässt er sich bei Weitem nicht mehr festhalten). Man wird nur
allerdingsauf ziemlich flachem Gelände Barometermessung unterlassen, wenn
auch für dieses auf dem Aufnahmemaassstab entsprechend genaue Situirung
der Höhencurven Werth gelegt werden soll. Bei unsern 1 :2500-Aufnahmen
habe ich mir zur Regel gemacht, die Verwendung des Barometers jeden-
falls auf solche Flächenstücke zu beschränken, deren Böschungslinien
(die Curvenschaar, deren Individuen als Orthogonal-Trajectorien derHori-
zontalcurven überall die Richtung des Wasserablaufs darstellen und durch
die Bergstriche schraffirter Karten zum Ausdruck kommen) überall min-
Zeitschrift für Vermessungswesen. 1892. Heft 12, 23
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354 Hammer. Beiträge zur Praxis der Höhenaufnahmen.
des tens 100 bis 15° Neigung haben; die angegebenen Zahlen gelten je
nachdem die aufgenommenen Funkte erst bei ihrer Barometermessung
auch nach Lage bestimmt werden müssen und also nachträglich ohne
Weiteres nicht mehr festzustellen sind oder in den Flurplänen von vorn
herein gegeben sind. Selbst mit dieser Beschränkung bieten sich An-
wendungen genug: auf den steilen Weinberghalden ist in der Regel
reichliche Situationsgrundlage (Marksteine) im Flurplan vorhanden, ebenso
auf Baumwiesen und Hopfengärten; die letzteren müssten bei tachyme-
trischer Aufnahme in der Regel wie Waldflächen behandelt werden (vgl. II.),
während doch das Vorhandensein jener Lageangaben in den Flurplänen
au8geniltzt werden sollte. Auch im Wald kann das Aneroid oft gebraucht
werden, im verhältnissmässig klein parcellirten Privatwald oder auch
selbst noch vielfach für den Fall, dass die Lage der Höhenpunkte mit-
bestimmt werden muss.
Zum zuletzt genannten Fall sollen die folgenden Zeilen als Erwei-
terung einer schon früher gemachten Mittheilung (d. Z. 1885, 8. 305)
einen Beitrag liefern.
Von den verschiedenen Methoden der barometrischen Höhenmessung
ist die Aneroid- Einschaltung von Höhenpunkten zwischen gegebene Fest-
punkte im Allgemeinen die zweckmässigste, weil einfachste, Bei es nun,
dass, bei kleinen Maassstäben der Aufnahme, als solche Festpunkte die
jetzt in den meisten Ländern zahlreich vorhandenen trigonometrischen
Höhenpunkte genügen, oder dass man, bei grösserem Maassstabe, sie sich
zum Theil erst nivellitisch oder tachymetrisch herstellen muss. Im Gegensatz
zu der rein barometrischen Standbarometermethode, die in den letzten
Jahren durch leicht transportable und billige selbstregistrirende Aneroide,
vor allem das vortreffliche Richard’sche, — Uber die Dauer der Mes-
sung an einem Ort mit ziemlich constanter Temperatur (Keller) aufzu-
stellen oder durch einen selbstaufzeichnenden Thermometer zu vervoll-
ständigen — gefördert worden ist, könnte man jene Methode auch als
relative barometrische Messung bezeichnen. Uebrigens lässt sich, nebenbei
bemerkt, das Princip dieser Messung auch bei flüchtigeren, rein baro-
metrisch zu machenden Höhenmessungen noch mit Erfolg anwenden, in-
dem man. sich gleichsam zwei meteorologische Stationen selbst schafft:
an zwei passenden Stellen des aufzunehmenden Gebiets, d. h. so dass
die barometrisch zu messenden Punkte nach Höhe und auch nach Lage
im Allgemeinen zwischen jene beiden Punkte fallen, wird je ein
Standbarometer aufgestellt, selbstregistrirend oder durch einen Mess-
gehilfen alle 10 Minuten abgelesen; die einzige geometrische Höhen-
messung hat dann den Höhenunterschied dieser zwei Standbarometer zu
ermitteln, der die Basis der folgenden Barometeraufnahme darstellt.
Es scheint, dass diese, besonders durch Gilbert bei geologischen Auf-
nahmen in der Union ausgebildete Methode bei uns in Deutschland wenig
bekannt geworden ist.
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Hammer. Beiträge zur Praxis der Höhenaufnahmen. 355
Von den in Betracht kommenden Instrumenten ist bekanntlich das
Aneroid Naudet’scher Construction mit 11 cm Theilungsdurchmesser
am weitesten verbreitet; man liest, bei Eintheilung auf */2 mm, den
Stand auf */20 mm ab*): bei genügend geringer Empfindlichkeit des In-
struments gegen kleine Erschütterungen kann man recht wohl die Stände
715,7, 715,75, 715,8 auseinanderhalten. Diese Genauigkeit der Ab-
lesung entspricht auch Behr gut dem Bedürfniss: mit ausgezeichneten
Instrumenten der angegebenen Art und unter sonst günstigen Bedingun-
gen kann man bei kurzen Interpolationen und Höhenunterschieden bis
100 m den mittleren Fehler eines Punktes ganz wohl auf ± 0,6 oder 0,7 m
herabbringen (vgl. z. B. meine Notiz in d. Z. Jahrgang 1890, S. 79); im
Allgemeinen thut man aber gut, Belbst bei massigen Höhenunterschieden
jenen mittleren Fehler zu nicht unter ± 1 m anzunehmen und nach dieser
Erwägung ist auch die oben angegebene Grenze für Anwendung des
Aneroids bei unsern Aufnahmen in 1 : 2500 angenommen worden. Es
scheint mir sogar, dass die Versuche, die Lesung am Aneroid wesentlich
unter */20 mm herabzubringen, zum mindesten bei Instrumenten Nau det-
acher Construction, ziemlich ohne Bedeutung sind; Bohne in Berlin z. B.
fertigt auch noch Aneroide von etwas grösserem Theilungsdurchmesser
und, infolge stärkerer Uebersetzung wesentlich weiterer Theilung an,
auf welcher die mm -Räume in je fünf Theile zerlegt sind, man bekommt
aber auch bei ihnen nicht leicht schärfere Ablesung als auf mm
und dazu noch weniger übersichtlich als bei */2 mm -Theilung. Ich bin
auch mit zwei Instrumenten dieser Sorte, von denen ich je eines im
vorigen und in diesem Jahre benutzen konnte, nicht unter 0,5 bis
0,6 m mittleren Fehler bei günstigen Interpolationen gekommen. Auch
an den von Hottinger verbesserten Goldschmid’schen Instrumenten -
(in der grösseren Ausführung) liest man zweckmässig nur auf V20 mm
ab, jedenfalls haben die 0,01 mm, die man hier ja allerdings leicht
schätzen kann, keinen erheblichen Werth, wie man schon durch einige
rasch wiederholte Ablesungen erkennt und wie durch die Thatsache ge-
zeigt wird, dass der mittlere Fehler der Höhenbestimmungen mit diesen
Instrumenten ziemlich derselbe ist wie bei Anwendung derNaudet’schen;
übrigens ist, nebenbei bemerkt, die Vergrösserung der vom Verfertiger
gewählten Lupe für Beobachtung der Coincidenz der beiden Marken meist
zu klein. Mit Reitz’schen Aneroiden kann man allerdings in der wirk-
lichen Genauigkeit der Luftdruckmessung noch etwas weiter kommen
(vgl. z. B. meine Notiz in d. Z. 1887, S. 20) allein ich habe bei meh-
reren Exemplaren dieses trefflichen Instruments wahrgenommen, dass sie
auch gegen ziemlich schwache Erschütterungen, wie sie bei praktischem
Gebrauch in Feld und Wald bei aller Vorsicht nicht zu vermeiden sind,
*) Nicht aut V« min wie aus Versehen in Vogler, Geodät. Uebungen
S. 159 stehen geblieben ist (vgl. die Zahlen oben auf der angegebenen Seite).
23*
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356 Hammer. Beiträge zur Praxis der Höhenaufnahmen.
sich ziemlich empfindlich zeigten. — Aber auch ganz abgesehen von den
Schwierigkeiten, welche die Construction der Aneroide selbst der Erlan-
gung einer sehr genauen Messung des Luftdrucks an einem bestimmten Ort
und zu einer bestimmten Zeit entgegenstellt, kommt in der Praxis der
barometrischen Höhenmessung noch eine Heike anderer Fehlerquellen in
Betracht: bei der Standbarometermethode die in verschiedenen Punkten
des Aufnahmegebiets nach Zeit und Betrag nicht ganz gleichförmig vor
sich gehenden Aenderungen von Luftdruck und Temperatur, bei Ein-
schaltungen die Ungleichförmigkeit jener Aenderungen an sich, bei beiden
die nicht ganz zu vermeidende Bestrahlung der Instrumente, Standände-
rungen durch Erschütterung u, s. f.; der Einfluss dieser Fehlerquellen
lässt sich durch sachgem&sse Ausführung der Messungen stark vermin-
dern, er ist aber doch in jedem Fall so bedeutend, dass eine wesent-
liche Verfeinerung der Aneroidablesung über Vjo mm hinaus kaum von
praktischer Bedeutung sein dürfte. *)
Wenn gleichzeitig die Lage der Höhenpunkte mitbestimmt werden
muss, so ist barometrische Höhenbestimmung bei Aufnahmen in grossem
Maassstab im Allgemeinen überhaupt nur an zurathen, wenn das zu messende
Profil entweder der Lage nach im ganzen (ohne weitere Einteilung)
in der Karte gegeben ist oder nach Augenmaass geradlinig zwischen
zwei bekannten festen Endpunkten gelegt werden kann. Gebrochene
Profile, mit Bestimmung der Zugseiten - Richtungen durch die Bussole,
leisten bei barometrischer Einschaltung der Höhen für flüchtige Auf-
nahmen in kleinen Maassstäben zwar u. U. auch noch gute Dienste;
für Aufnahmen in grossen Maaasatäben wende ich aber, wie angedeutet,
wenn Richtungen gemessen werden müssen, lieber auch ftir die Höhen
geometrische Methoden an (vgl. II).
Als Längenmaasa bei diesen Profilen ist bekanntlich entweder
das Abschreiten oder Bandmessung za benützen. Im Allgemeinen bin
ich von der Verwendung des Sehrittmaasses (vgl. darüber’ die Mitthei-
lungen Jordan’s in d. Z. 1884, S. 485, Handbuch H, 8. 534 und [36])
zu Gunsten der Bandmessung fast ganz zurückgekommen; man muss
einen Messgehilfen, dessen Entbehrlichkeit für das Sohrittmaass angeführt
*) Man darf sich bei Bourtheilung des Vorstehenden nicht irre machen
lassen durch überraschende Resultate, die man unter besonders günstigen Ver-
hältnissen (z. B. namentlich bei Einschaltungen im Innern eines hohen Gebäudes)
gelegentlich einmal erhält. Einen erwähnenswerthen Fall dieser Art theilt Herr
Prof. Vogler in dem in der vorigen Anmerkung genannten Beispiel mit; wens
man aus den daselbst gegebenen Zahlen den mittleren Fehler eines eingeschal-
teten Punktes rechnet, so erhält man für die ausgeführte Doppelmessung
± 0,23 m, für die einfache Messung also kaum Uber 0,3 m, entsprechend einem
Lnftdruckfehler (die empirisch barometrische Höhenstufe beträgt 11,16 bezw,
11,94 m, im Mittel 11,5 m) von ± 0,028 = ± l/40 mm! Schade, dass sich solche
Zahlen, auch bei den günstigsten Verhältnissen, in Feld und Wald nicht fest-
halten lassen!
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Hammer. Beiträge zur Praxis der Höhenaufhahmen. 357
werden kann, bei einige nnaassen umfassenden Aufnahmen doch als Träger
mitfahren, während die Bandmessung, so wie sie für den vorliegenden
Zweck erforderlich ist, kaum langsamer von statten geht, als Abschreiten ;
sodann hat man unterwegs gelegentlich viele Notizen Über topographische
Einzelheiten aufzuschreiben, wodurch das Zählen lästig wird, während
doch die mir bekannten mechanischen Schrittzähler nicht besonders zu
empfehlen sind (vor allem im Bergwald) und aus dem eben angegebenen
Grunde häufig ausgeschaltet werden müssen; endlich ist vielfach die hier
besprochene Aufnahme sehr rationell gerade auf Profilen zu gebrauchen,
auf denen von Abschreiten überhaupt keine Rede mehr sein kann, wie
z. B. auf den mit Bloekschntt überstreuten Buntsandsteinhängen des
Schwarzwaldes.
Die neuen Holzabfuhrwege und Waldeintheilungslinien (Schneisen)
unserer Staatswaldungen sind jetzt genügend genau in die Flurpläne einge-
tragen (bevor dies durch besonders angestellte ^Forstgeometer“ geschah,
Waren jene Einträge [durch Forstbeamte] meist unbrauchbar) und sehr will-
kommene Grundlagen der Höhenaufnahme. Auf Wegen geht Abschreiten
mit Redaction der Schritte auf die Horizontale in der von Jordan an-
gegebenen Fora (s. oben) gut von statten; wenn mit dem Band ge-
messen wird, kann man bis zu bestimmter Steigung auch ganz wohl
sogleich horizontale Strecken ermitteln. Von einer gewissen Steigung an und
namentlich bei verhältnissmässig rasch wechselnden Steigungen ist es
aber trotz der vorhandenen „Hbrizentalmesser“ viel einfacher, schiefe
Längen zu messen und diese nachträglich mit Benutzung der Äneroid-
differenzen auf die Horizontale za reduciren.
Ueber die Ausführung der Profllmessung (vgl. d. Z. 1885, S. 305)
ist kaum noch etwas hinzuzufllgen. Bei der Rechnung ist hach Reduc-
tion der AneZoSdablesunge« auf dieselbe Temperatur bei Verwendung
eines nicht compänsirtcn Instruments, zunächst die empirische barome-
trische Höhenstute (gegebener GeSammthöhenUnterschied der Profilend-
p unkte dividirt durch die ganze Aneroiddifferenz) am Rechenschieber
einzustellem und es sind dann sofort die einzelnen Höhenunterschiede
der RBihe nach abzulesen. Man rechnet die Höhenunterschiede abge-
hetzt, von Punkt Zd Punkt, also mit Benutzung der Aneroiddifferönzen
von Punkt zu Punkt, nicht, Wie meist üblich, alle auf den Ausgangs-
punkt des Profils bezogen, um mit durchaus kleinen, leicht Übersehbaren
Zahlen zu thun zu haben* Und besonders um der so »ich bietenden durch-
greifenden Co nt role der Höh enrechnnng nicht verlustig zu gehen;
bei deUC meist vürgeaogfenen Rechnung vom einen Endpunkt aus fehlt diese
Probei- Der gewöhnliche Rechenschieber reicht ans bis zum Höhenunter-
schied 200m, da man bis hier rasch auf 0,5 m abliest, was genügt;
für etwa :vorkommende grössere Höhenunterschiede öder wenn schärfere
Rechnung gewünscht wird, Verwendet inan den 50 cm -Schieber oder
einen ähnlichen genaneren iogarithmischen Schieber.
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358 Hammer. Beiträge zur Praxis der Höhenaufnahmen.
Die angegebene abgesetzte Rechnung für die Höhen ist hier beson-
ders auch deshalb anzuwenden, weil man die Aneroiddifferenzen fUr die
Endpunkte jeder einzelnen schief gemessenen Strecke von 3, 3,5, 4 Bän-
dern mit gleicher Neigung zur Reduction dieser Strecke auf die Hori-
zontale braucht. Diese Reduction, bei der es sich ja höchst einfach
um Bestimmung der horizontalen Kathete eines rechtwinkligen Dreiecks
handelt, dessen verticale Kathete durch die Barometermessung bekannt
und dessen Hypotenuse direct mit dem Band gemessen ist, kann man
bequem graphisch - mechanisch machen mit Benutzung eines einfachen
Diagramms: ein Punkte der Geraden OA wird auf AB J_ 0 A von A
aus eine Höhentheilung im Planmaassstab (bei nur 1 : 2500) aufgetragen,
etwa bis auf einzelne m getheilt und zur Uebersicht von 10 zu 10 m
beziffert; > diese Theilung braucht nur 40 bis 50 m (16 bis 20 mm) zu
umfassen. Um nun irgend eine Theilstrecke zu reduciren, nimmt man
die gemessene schiefe Länge (im Allgemeinen stets ein Vielfaches von
20 m oder wenigstens von 10 m, am bequemsten auf der Theilung AB
selbst abzustechen) in den Zirkel, setzt den einen Fuss desselben in den
aus der Höhenrechnung bekannten Punkt der Höhentheilung AB und
schneidet mit der anderen Zirkelspitze die Gerade OA in C ein; CA
ist die gesuchte reducirte Länge. Man kann so ausserordentlich rasch
die einzelnen horizontalen Theilstrecken des Profils auf der Kante eines
Papierstreifens aneinanderlegen und damit die Zwischenpunkte zwischen
die gegebenen Endpunkte einpassen. Man kann in der Theilung AB
leicht einen mittleren Papiereingang des Plans berücksichtigen; doch
ist dies, fllr geradlinige Profile wenigstens, unwichtig.
Statt die ausgerechneten Höhenunterschiede für die einzelnen Profil-
abschnitte zu benützen, kann man die Theilung A B natürlich auch mit
den entsprechenden, unmittelbar gegebenen Aneroiddifferenzen ein-
richten (Theilung auf 0,1 Aneroidtheil) und beziffern; nur braucht man
dann eigentlich für jede barometrische Höhenstufe ein besonderes Dia-
gramm. Man überzeugt sich aber leicht, dass man das Intervall der
Höhenstufen zwischen zwei aufeinander folgenden dieser Diagramme
keineswegs sehr klein zu machen braucht. Ich habe mir z. B. nur die
4 Diagramme für die Höhenstufen 11, 12, 13, 14 auf einem kleinen
Stück Kartenpapier nebeneinander gestellt; damit reicht man in allen
Fällen praktisch aus.
Ein anderes bequemes Verfahren, das zugleich eine Profilconstruc-
tion liefert, ist folgendes: Die Höhen der einzelnen Schaltpunkte seien
wieder ausgerechnet; aufMm-Papier werden Parallelen, die 10m Höhen-
unterschied im Maassstab der Karte entsprechen, ausgezogen; auf der
Kante eines Kartenpapierstreifchens sind die (schief gemessenen) Längen
0,5, 1,0 . . , 5,0 Bänder aufgetragen ; der Anfangspunkt der ersten ge-
messenen Bandstrecke ist im Netz der Höhenparallelen markirt. An
diesen Punkt wird nun der Streifen so angelegt, dass 0 an jenem
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Hammer. Beiträge zur Praxis der Höhenaufhahmen,
359
Reduction auf die Horizontale mit Hilfe der Aneroiddifferenzen .
Empir. barom. Höhenstufe = 10,5 m.
IO,*.
Differenz
d.Ablesungen
an den
Endpunkten.
Messbandlagen
von
20 m schiefer Länge.
0,5
1
1,5
2
2,5
3
3,5
4
4,6
5
0,1
9,9
20,0
30,0
40,0
50,0
60,0
70,0
80,0
90,0
100,0
0,2
9,8
19,9
29,9
39,9
50,0
60,0
70,0
80,0
90,0
100,0
0,3
9,5
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360
Hammer. Beiträge zur Praxis der Höhenaufnahmen.
Reduction auf die Horizontale mit HiHe der Afttröiddifferenzen.
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361
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362
Hammer. Beiträge zur Praxis der Höhenaufnahmen.
Reduction auf die Horizontale mit Hilfe der Aneroiddifferenzen.
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Hammer. Beiträge zur Praxis der Höhenaufnahmen.
363
Reduction auf die Horizontale mit Hilfe der Aneroiddifferenzen.
Empir. barom. Höhenstufe = 12,5 m.
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an den
Endpunkten.
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von 20 m
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364 Hammer. Beiträge zur Praxis der Höhenaufnahmen.
Reduction auf die Horizontale mit Hilfe der Aneroiddifferenzen.
Empir. barom. Höhenstufe = 13 m.
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Differenz
il. Ablesungen
an den
Endpunkten.
Messbandlagen
von 20 m
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0,5
7,6
18,9
29,3
39,5
49,6
59,6
69,7
79, t
89,8
99,8
0,6
6,3
18,4
29,0
39,2
49.4
59,5
69,6
79,6
89,7
99,7
0,8
17,1
28,1
38,6
48,9
59,1
69,2
79,3
89,4
99,5
1,0
15,2
37,0
37,8
48,3
58,6
68,8
78,9
89,1
99,2
1,2
12,5
25,6
36,8
47,5
57,9
68,2
78,5
88,6
98,8’
1,4
23,8
35,6
46,6
57,2
.11
67,6
77,9
88,1
98,3
1,6
21,6
34,2
45,5
56,3
66,8
77,2
87,6
97,8,
1,8
18,8
32,4
44,2
55,2
66,0
76,5
86,9
97,2
2,0
1
30,4
42,7
54,1
65,0
75,7
86,2
96,6
2,2
28,0
41,0
52,7
63,9
74,7
85,3
95,8
2,4
25,0
39,1
51,3
62,7
73,7
84,4
95,0
2,6
36,8
49,6
61,3
72,6
83,4
94,1 !
2,8
34,3
47,7
59,8
71,2
82,3
93,1 1
3,0
31,3
45,6
58,1
69,8
81,1
92,1
3,2
43,2
56,3
68,3
79,8
90,9 j
3,4
40,6
54,3
66,7
78,4
89,7:
3,6
37,5
52,1
64,9
76,9
88,4
3,8
49,6
62,9
75,2
86,9
4,0
46,9
60,8
73,5
85,4
4,2
43,8
58,6
71,5
83,8
4,4
55,9
69,6
82,0
4,6 |
53,1
67,3
80,1
4,8
50,1
64,9
78,1
5,0
62,2
76,0
5,2
69,4
73.7
5,4
56,3
71,2;
5,6
M
68,6
5,8
d.J
65,7
6,0
1
62,6
Hammer. Beiträge zur Praxis der Höheqaufnahmen.
365
Reduotion auf di« Horizontale mit Hilf« dar Aneroiddifferenzen.
Empir. barom. Höhaastnfe = 13,6 m.
Differenz
d. Ablesungen
an den
Endpunkten.
Messbandlagen von 20 m
Bchiefer Länge.
0,5
1
1,5
2
2,5
3
3,5
4
4p
5
9,9
20,0
30,0
40,0
50,0
60,0
70,0
80,0
90P
100,0
0,2
9,6
19,8
29,9
39,9
49,9
59,9
69,9
80,0
90,0
loop
0,8
9,1
19,6
29,7
39,8
49,8
59,9
69,9
79,9
89,9
99,9!
0,4
8,4
19,3
29,6
39,6
49,7
59,8
69,8
79,8
89,8
99,9
0,5
7,4
18,8
29,2
39,4
49,6
59,6
69,7
79,7
89,7
99,8
0,6
5,9
18,3
38,9
39,2
49,3
59,5
69,6
79,6
89,6
99,7
0,8
16,8
28,0
38,5
48,8
59,0
69,2
79,3
89,8
99,4 1
1,0
, '
14,8
26,8
37,7
48,1
58,5
68,7
78,9
89,0
99,1
1.2
11,7
25,2
36,6
47,3
57,8
68.1
78,3
88,5
98,7
1,4
23,3
35,3
46,3
56,9
67,4
77,7
88,0
98,2
1,6
20,8
33,7
46,1
56,0
66,6
77,0
87,4
97,6
1,8
17,6
91,8
49,7
54,9
65,6
76,2
86,7
97,0
2,0
'
29,5
42,1
53,6
64,6
75,3
85*9
96,3
2,2
26,8
40,2
52,1
63,4
74,3
85,0
95,5
2,4
23,5
38,1
50,5
62,1
73,1
84,0
94,6
2,6
35,6
48,7
60,6
71,9
82,9
93,6
2,8
;
32,7
46,6
58,9
70,5
81,7
92,6
3,0
29,3
44,3
57,1
69p
80,4
91,4
3,2
41,6
55,1
67 p
79,0
90,2]
3,4
38,6
52,9
65p
77,4
88,8
3,6
35,2
50,4
63,5
75,7
87,4
3,8
47,6
61,4
73,9
85,8
4,0
44,5
59,0
72*0
84,2
4,2
41,1
56,4
69,9
82,4 i
4.4
53,6
67,6
80,4!
4,6
50p
65,1
78,4
4,8
46,9
62,5
76,2
5,0
59,6
73,8
5,2
56,3
71,2
5.4
52,8
68,5
1 5,6
65,5
5,8
62,2;
6,0
58,6
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366
Hammer. Beitr&ge zur Praxis der Höhenaufnahmen.
Reduction auf die Horizontale mit Hilfe der Aneroiddifferenzen.
Empir. barom. Höhenstufe = 14 m.
9,9
9,6
9,1
8,3
19,9
19,8
19,6
19,2
30,0
29,9
29,7
29,5
40,0
39,9
39,8
39,6
50,0
49,9
49,8
49,7
7,1
18,7
29,2
39,4
49,5
5,4
18,2
28,8
39,1
49,3
16,6
27,8
38,4
48,7
14,3
26,5
37,5
48,0
10,9
24,9
36,3
47,1
22,7
34,9
46,0
20,0
33,1
44,7
16,3
31,1
43,2
28,6
41,4
25,5
39,4
21,7
37,0
34,3
31,0
59.4 69,5 [ 79,6 j 89,6 99,6
58,9 69,1 79,2 89,3 99,4
58,3 68,6 78,8 88,9 99,0
57.6 67,9 78,2 , 88,4 : 98,6
56.7 67,2 77,6 87,8 j 98,1
55.7 66,3 76,8 87,2 97,5
54.5 65,3 75,9 86,4 I 96,8
51,5
62,9
73,8
84,6
95,1
49,7 1
61,4
72,6
83,5
94,2
*7,7
59,8
i 71,2
82,3
93,1
45,4
58,0
69,7
81,0
92,0
42,8
56,0
68,1
79,6
90,8
39,9
53,8
66, 3
78,1
89,4
36,5
51,3
I 64,3
76,4
87,9
32,6
48,6
62,1
74,6
86,4
45,5
59,7
72,6
84,7
42,0
57,1
70,5
82,8
38,0
54,2
68,1
80,9
51,0
65,6
78,8
47,5 1
62,9
76,5
43,4
59.9
74,1
52,9
68,6
48,8
65,5
62,1
58,3
Hammer. Beiträge zur Praxis der Höhenaufnahmen. 367
Punkt liegt, und so gedreht, dass der Endpunkt der ersten Bandstrecke,
z. B. 3,5, nach Schätzung zwischen die 10 m - Parallelen auf die berech-
nete Höbe des Endpunktes der ersten Bandstrecke zu liegen kommt;
damit kann dieser Punkt mit der Bleistiftspitze bezeichnet werden, er
dient als Ausgangspunkt für die zweite Strecke u. s. f. Das Aneinander-
tragen der so erhaltenen Horizontalprojectionen der einzelnen Theil-
strecken auf einem besonderen Papierstreifen zum Zweck der Einpas-
sung zwischen die gegebenen Endpunkte des ganzen Profils in die Karte
geht mit Hilfe der zweiten Linienschar des Mm -Papiers bequem in ge-
nügender Genauigkeit von statten und das ganze Verfahren, das un-
mittelbar eine Profilzeichnnng liefert, lässt nichts zu wünschen übrig.
Man kann nun aber auch noch den Gebrauch des Zirkels, wie
ihn diese Diagramme voraussetzen oder die soeben angegebene Con-
struction auf Mm-Papier, vollständig umgehen, indem man sich eine
Tabelle anlegt, deren eines Argument die Anzahl der schiefen Bänder
ist (0,5, 1, 1,5 .. . 5), während das zweite wieder entweder die mit
dem Rechenschieber ermittelten Theilhöhen oder aber die einzelnen
Aneroiddifferenzen sind. Im ersten Fall reicht man wieder mit einer
Tabelle aus, ich ziehe aber im Allgemeinen den zweiten vor; und die
den Höhenstufen 10,5, 11, 11,5 . . . . 14 entsprechenden Tabellen, die in
all ihrer Einfachheit mir eine wünschenswerthe Zugabe zu den Barometer-
tafeln zu bilden scheinen, sind in den hier abgedruckten 8 Tafeln
gegeben. *)
Ueber den Gebrauch der Tafeln ist kaum etwas beizufUgen; nach-
dem die empirische barometrische Höhenstufe am Rechenschieber abge-
lesen ist, entnimmt man aus der nächstgelegenen Tafel (bei 11,35
z. B. 11,5) für jede Theilstrecke mit einem Blick (ohne Interpolation)
die entsprechende horizontale Strecke (im angegebenen Beispiel mit
£=3,5, An. Diff. =1,7 z. B. I— 67; die Tafel 11 würde 67,5, die
Tafel 12 67,0 liefern). Diese Theilstrecken werden dann ohne Zirkel,
mit einem einfachen auf m getheilten Anlegemaassstab 1 • 2500 auf der
Kante eines Papierstreifens aneinandergelegt. — Man überzeugt sich
leicht aus den Differenzen aufeinanderfolgender Tafeln, dass die Zu-
lassung eines so grossen Intervalls (0,5 m), oder mit anderen Worten, die
starke Abrundung der für die Höhenrechnung maassgebenden Höhen-
stufe für die Rechnung der horizontalen Strecken nur auf äusserst steilen
Strecken bemerkbar wird.
*) Eine der Tabellen, die für die Höhenstufe 12 m, ist bereits in Z. f. V.
1885, S. 308, veröffentlicht Sie wird hier, unwesentlich vervollständigt, noch-
mals mit aufgenommen, um etwas Zusammenhängendes und für alle Zwecke der
Praxis unmittelbar Ausreichendes zu bieten. Die Tafelwerthe hätten auf ganze in
abgerundet werden können (max. Fehler 0,5 m, im Maassstab 1:2500 der
Strecke 0,2 mm auf der Karte entsprechend).
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368 Steppes. Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen
Eine Ersetzung dieser Zahlentafel oder dieser Zahlentafeln durch
graphische Tafeln ist hier wieder aus dem Grande mindestens überflüssig,
dass das eine Argument (L) mit allen, im Allgemeinen vorkommenden
Werthen gegeben ist, so dass nur einfaohe Interpolation nötbrg ist,
wenn man bei der Ausführlichkeit des zweiten Arguments überhaupt , von
einer solohen apreohen will.
Stuttgart, im Mai 1891. ■
Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen Gesetz-
buches für das Deutsche Reich.
Nach einem Vortrage bei der 17. Hauptversammlung zu Berlin 1891,
von G. Steppen. ..... „ .
(Fortsetzung und Schluss.) ... i . ..
6. Schlusswort.
Soll zum Schlüsse zunächst die Summe der vorstehenden Erörte-
rungen gezogen werden, so lautet das Ergebniss dahin: Der Gesetz-
Entwurf in seiner gegenwärtigen Fassung im Zusammenhalt mit dem
des Einführungsgesetzes und der Grundbuch- Ordnung vermag nicht mit
Sicherheit die Herstellung eines Grundbuches zu gewährleisten, dettsep
Werth sich namhaft über den eines gutgeführten reinen Hypotheken-
buches erheben könnte, eines Grundbuches, welches dem Ziele, das ihm
nach den Motiven gesteckt sein sollte und wollte, — eine positive Ein-
richtung zu sein, welche den Rechtsstand jedes einzelnen Grundstückes
ersehen lässt und den Schutz des Grundeigenthums um seiner selbst
willen zu verbürgen geeignet ist, — in zureichendem Maasse gerecht
werden könnte. Die Entwürfe bedeuten gegenüber der preussischen
Grundbuch - Einrichtung keinen wesentlichen Fortschritt, wohl aber in
manchen Punkten eine Abschwächung, was um so mehr auffallen muss,
als das inzwischen von der Reichsregierung geschaffene elsass- lothrin-
gische Grundbuch gerade nach der technischen Seite hin ganz unbestreit-
bare Vorzüge (neben manchen Schattenseiten) anfzuwelsen hat.
Und es vermag für die Unzulänglichkeit, mit welcher die Principien
der Publicität und Specialität im Entwürfe praktisch durchgeführt er-
scheinen, der Umstand in keiner Weise zu trösten, dass diese sogenannten
deutschrechtlichen Grundsätze in den Motiven theoretisch so unumwunden
zur Richtschnur erklärt wurden. Wenn man mehr die praktischen Ziele,
als die geschriebenen Formeln ins Auge fasst, verliert der Schlachtruf:
„Hie deutsches, hie römisches Recht“ überhaupt wesentlich an Reiz und
Bedeutung.
Es lässt sich aus neueren Werken, insbesondere den Schriften von
Laveley und Dr. Bücher leicht die Ueberzeugung gewinnen, dass
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Gesetzbuches fiir das Deutsche Reich.
369
die Entwickelung des Grundeigenthums, bedingt durch die Entwickelung
der vorschreitenden Kultur, auf der Erde überall die ganz gleiche war.
Und wie sich in den verschiedenen Welttheilen noch heute die Typen
für jedes einzelne Entwickelungsstadium von der Nomadenwirthschaft
bis zum parcellirtesten Sondereigenthum vorfinden, so hat im Grossen
und Ganzen und mit seltenen Ausnahmen auch die Entwickelung der
Rechtsverhältnisse des Grundeigenthums bei allen Kulturvölkern den
gleichen Verlauf insbesondere dahin genommen, dass nach Festigung
des Sondereigenthums und bei vorschreitender Parcellirung zu einer ge-
nauen Vermessung der Grundstücke, zur Herstellung von Grundkarten
und zur Anlage öffentlicher Bücher geschritten wurde. Und auch die
alten Römer konnten sich der Logik der Thatsachen nicht entziehen.
Die Bildung der seinerzeit nach Deutschland übertragenen römischen
Rechtsregeln entstammt ja grösstentheils einer Zeit, in der die Grund-
eigenthumsverhältnisse des Römerreiches mehr denen in unserer Feudal-
zeit geglichen haben, wie beispielsweise aus dem Wortlaut der Rechtsregel
fiir den Besitzschutz: non vi, non clam, non precario deutlich erhellen
dürfte. Das aber steht ausser allem Zweifel, dass auch bei den Römern
da, wo eben zweifellos quiritisches d. i. Sondereigenthum in unserem
heutigen Sinne in Frage stand, wie z. B. in den Colonien, die Grund-
vertheilung auf eine umständliche Vermessung gegründet, durch ein pe-
dantisch ausgebildetes Abmarkungssystem sichergestellt und dass ins-
besondere die bücherlichen Zusammenstellungen der Grundvertheilung
durch eine an öffentlichem Orte ausgehangene, in Erz gegossene und
auf Leinwand copirte Karte erläutert wurden.
Jedenfalls wird Niemand den Vorzug der fraglichen Grundsätze
darin allein erblicken können, dass sie bestimmten römischen Rechtsregeln
widersprechen und ihren Ursprung in deutschen Rechtsgebräuchen nehmen;
ein Vorzug derselben kann vielmehr nur darin gesucht werden, dass sie
— folgerichtig und sachgemäss durchgeführt — auch den heutigen Be-
dürfnissen nicht allein bezüglich des Liegenschaften -Verkehrs, sondern
auch bezüglich der stabilen Ordnung und Sicherstellung des Grundeigen-
thums genügen.
Die grosse Masse der deutschen Landwirthe hat für den geistigen
GenusB, den beispielsweise die xar' ejoyijv construirte Hypothek im
bayrischen Gesetze dem Sachverständigen bereiten konnte, wenig Ver-
ständniss. Sie ist für die subtileren Unterscheidungen in der Bedeutung
und Rechtswirkung des obligatorischen, des dinglichen Vertrags, der
Eintragungsbewilligung, des Eintragungsantrags und der Eintragung selbst
wenig empfänglich. Sie ist eher geneigt, in den materiellen Rechts-
bestimmungen, wenn sie wie hier vielfach darauf hinauslaufen müssen,
dem formellen Acte eine materielle Wirkung beizulegen, nur eine Klippe,
ja geradeheraus eine Falle zu sehen. Einem Grundbuche, welches ihn
vielfach schon bezüglich der Frage nach dem Eigenthlimer seiner Nachbar-
Zcitschrift für Vermessungswesen. 1892. Heft 12. 24
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370 Steppea. Das Grundbuch im Entwürfe einea bürgerlichen
Grundstücke, insbesondere aber bezüglich der für ihn wichtigsten Auf-
schlüsse über Lage, Begrenzung und damit Grösse seines Grundbesitzes
an eine andere, mehr oder minder fernstehende Einrichtung verweisen
muss oder doch verweist, wird der deutsche Landwirth nur wenig Ver-
trauen entgegenbringen. Er wird geneigt sein und veranlasst werden,
in einem solchen Grundbuch eine Einrichtung zu sehen, welche vorwiegend
den Nachweis und die unbedingte Sicherstellung der auf seinem Eigen-
thum ruhenden Lasten und Berechtigungen Dritter bezweckt, eine Ein-
richtung, die ihm selbst wenig nützen, wohl aber ihm wegen Versäum
niesen, deren Tragweite ihm zu wenig einleuchtet, an welchen ihn per-
sönlich auch vielfach kein Verschulden trifft, den schwersten Schaden
bringen kann.
Die deutsche Landwirtschaft bedarf aber als erste Grundlage ihres
ruhigen und gedeihlichen Betriebes ein Grundbuch, welches nicht allein
die dem Grundeigenthümer lästigen Rechte sicherstellt, nicht allein dem
Verkehr mit Liegenschaften die vollste Rechtsgewähr bietet, sondern
auch mit gleich peinlicher Sorgfalt das Grundeigenthum um seiner selbst
willen, das unbelastete gleich dem belasteten, das unbesteuerte gleich
dem besteuerten, zu schützen und ihm den friedlichen Bestand zu sichern
geeignet ist und dieser seiner Aufgabe für das Gebiet des ganzen
Deutschen Reiches in absehbarer Zeit in gleich hohem Maasse und in
gleicher Zuverlässigkeit gerecht wird.
Soll dies durch den Entwurf des bürgerlichen Gesetzbuches und
seine Zugehörungen erreicht werden, dann sollte den Entwürfen vor
Allem nicht bloss ein Tropfen, sondern ein ganzer lebendiger Strom
technischen Oeles beigemengt werden. Es sollte in diesem Sinne nicht
allein die Grundbuchordnung selbst gründlich umgestaltet, es sollten
auch aus den Motiven zu selber die merkwürdigen, den Zuständen ver-
gangener Jahrhunderte entsprechenden Auslassungen entfernt werden,
durch welche sich die Grundbuchordnung und ihre Motive mit denVer-
heissungen im Entwürfe des Sachenrechts und den allgemeinen Motiven
zu selben in so auffallenden Gegensatz stellen; es müsste so die Gefahr
beseitigt werden, dass diese Auslassungen für die Interpretation und den
Vollzug des Gesetzes auch nur den geringsten Boden jemals gewinnen
könnten. Es müsste so, wenn auch und gerade weil die bestehenden Gesetze
dies zum Theil nicht thun, der Zusammenhang der Kataster- und Ver-
messungstechnik mit der Grundbuch-Einrichtung in seinem vollsten Um-
fange und ohne jeden Rückhalt anerkannt, diesem Anerkenntniss aber
auch die weitmöglichste praktische Folge gegeben werden.
Ein Obligationen- und Handelsrecht, welches die Thatsache ver-
leugnen wollte, dass die Neuzeit zur Vermittlung und Hebung des Ver-
kehrs die Eisenbahnen und den Telegraphen geschaffen, würde in den
Kreisen der Betheiligten mehr als die bitterste Kritik herausfordern.
Und doch bleibt neben der Eisenbahn der Land- und Wasserverkehr,
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Gesetzbuches für das Deutsche Reich.
371
neben dem Telegraphen die Briefpost in ihrem Rechte. Bezüglich des
Grundbuchsystems aber liegt die Sache noch ganz anders. Ein den
Forderungen der Zeit, den bestehenden Verhältnissen des Grundbesitzes
gerecht -werdendes Grundbuch kann ohne die Grundlage der Kataster-
und Vermessungswerke überhaupt nicht existiren. Eben deshalb muss
aber auch die Grundbuch-Einrichtung die Errungenschaften der Landes-
vermessungen nicht bloss anerkennen und gelegentlich verwerthen, sie
muss dieselben völlig absorbiren.
Es hiesse die deutschen Staatsregierungen des Unverstandes zeihen,
wenn man annehmen wollte, dass sie die Hunderte von Millionen, welche
die ursprüngliche Durchführung, die Erneuerung, Ergänzung und Ver-
vollkommnung der Landesvermessungen gekostet, thatsächlich nur behufs
gerechter Verkeilung der Grundsteuer aufgewendet hätten. Die Zinsen
dieses Aufwandes in Verbindung mit den Kosten, welche die exacte Fort-
führung der Vermessungswerke alljährlich erfordert, würden ja hinreichen,
um die Grundsteuer zu einem so grossen Theile aufzuheben, dass von
einer Härte derselben sicher keine Rede mehr sein könnte. Jene Millionen
sind vielmehr in der stetig wachsenden Erkenntniss aufgewendet worden,
dass ohne die Grundlage zuverlässiger Vermessungswerke Ordnung und
Sicherheit bezüglich des Grundeigenthums, des Liegenschaftenverkehrs
und des Realcredits unmöglich aufrecht erhalten werden kann. Eben
deshalb kann aber auch die Justizverwaltung nicht verkennen, dass
das Grundbuch ohne die volle und stricteste Durchführung der oben
(2. Abschnitt) in den markantesten Zügen dargelegten technischen Grund-
sätze seine — von dem Kataster übernommene bezw. zu übernehmende
— Aufgabe nicht erfüllen kann. Das Kataster darf also vom Grundbuch
nicht bloss gelegentlich benutzt werden, es muss — unbeschadet der
organischen Sicherstellung der ihm etwa verbleibenden steuertechnischen
Aufgaben — völlig im Grundbuche aufgehen. Andernfalls würden
sich die gesetzgebenden Factoren dem Verdachte aussetzen, die Bedeu-
tung und den Werth einer der besten Errungenschaften unserer Zeit
missverstanden zu haben.
In welcher Weise nun diese allgemeinen Anforderungen an das Grund-
buch Berücksichtigung finden könnten oder doch, wo diese Berücksich-
tigung zunächst einzusetzen hätte, ist in der vorliegenden Abhandlung
soweit angedeutet worden, als dies bei einer Kundgebung aus Kreisen,
denen jeder directe Einfluss auf die Gestaltung der Dinge versagt ist,
angemessen erscheinen kann. Diese Berücksichtigung würde auch bei
der Mehrzahl der fraglichen Anregungen, sobald nur deren Berechtigung
und Zweckmässigkeit anerkannt ist, keinen wesentlichen Schwierigkeiten
begegnen können. Es dürfte dies beispielsweise bezüglich der bevor-
worteten Einsetzung der Grundkarte in ihre Rechte, der Fundirung der
Buchführung auf den Bezirk der belegenen Sache, wie der Anregungen
bezüglich der Grenzvermarkung und Grenzverwirrung der Fall sein.
24*
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372 Steppes. Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen etc.
Schwieriger gestaltet sich allerdings die Sache bezüglich der Aus-
dehnung des Eintragungsprincips auf die der Landesgesetzgebung vor-
behaltenen Rechtsmaterien und der bevorworteten Feststellung allgemeiner
Normen für die Neuanlage von Grundbüchern und die damit zusammen-
hängenden Einrichtungen, insbesondere auch für die Herstellung neuer
Grundkarten. Es lässt sich ja nicht verkennen, dass hier neben den
Rechtsfragen auch politische Rücksichten mit hereinspielen, da das Or-
ganisationsrecht der Einzelstaaten und daneben auch der Kostenpunkt
mit ins Spiel kommt.
Was aber die Kostenfrage an sich anlangt, so wird gewiss Niemand
den Standpunkt für sachgemäss erachten, dass die seinerzeit so stürmisch
verlangte, nun von so langer Hand vorbereitete Rechtseinigung der
deutschen Stämme und Staaten sich auf jene Rechtsnormen beschränken
dürfte, die ohne Weiteres decretirt werden können, vor jenen Rechts-
materien aber Halt machen müsse, deren Regelung Einrichtungen er-
heischt, die ohne jeden Kostenaufwand nun einmal nicht herzustellen
sind. Was aber künftige Neuanlagen betrifft , so wird man vertrauen
dürfen, dass nach den bitteren Erfahrungen, die in so vielen deutschen
Staaten vorliegen, sich nachgerade überall die maassgebenden Factoren
von dem Standpunkte des preussischen Gentraldirectoriums der Vermes-
sungen werden leiten lassen, wonach heut zu Tage jede nicht den
höchsten Anforderungen genügende Durchführung eines Vermessungs-
werkes, damit aber auch der darauf gegründeten Buchanlage nur zu einer
nutzlosen Vergeudung öffentlicher Mittel führen könnte.
Sofern aber das Organisationsrecht der Einzelstaaten berührt wird,
so wird wohl von Anfang an keiner derselben an das grosse Werk ohne
das Bewusstsein herangetreten sein und herantreten, dass selbes nur
durch eingreifende gegenseitige Zugeständnisse zu Stande kommen könnte.
Es mag ja sein, dass bei dem nahezu gänzlichen Verzicht der Ent-
würfe, in die berechtigten und unberechtigten Eigentümlichkeiten der
Einzelstaaten einzugreifen, deren Maassnahmen vielfach zu einem an sich
befriedigenden Zustande führen werden. Unmöglich aber wird man er-
warten dürfen, dass diese Maassnahmen nicht beim besten Willen schon
von Anfang an und noch mehr im Laufe der Zeiten so weit auseinander-
gehen sollten, dass von einem einheitlichen deutschen Grundbuchsystem
— damit aber von der Einheit in der tatsächlichen Verwirklichung des
Sachenrechts — die Rede sein kann. Denn, so sagen ja die Motive
zur Grd.-Ord. selbst (8. 22), „das materielle und das formelle Grund-
buchrecht bilden ein einheitliches Ganzes und müssen einheitlich geordnet
werden; ohne eine solche Regelung würde auch die einheitliche Anwen-
dung des materiellen Grundbuchrechtes beeinträchtigt werden.“
Sollte in der That der Reichsgedanke so ohnmächtig sein, dass auf
einem so wichtigen und umfangreichen Gebiete auf die Erzielung der so
heiss ersehnten Rechtseinheit verzichtet werden muss?
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Kaeppler. Längs- oder Querdrainage?
373
Längs- oder Querdrainage?
Der Mittheilung, Band XX, Heft 23, Seite 633 — 34, der Zeitschrift,
eine Abhandlung über „Umgestaltung der Drainagebauten von Längs-
zu Querdrainagen“ betreffend, glaube ich das Folgende hinzufttgen zu
dürfen.
Während meiner Praxis habe ich erfahren, dass diejenigen Drainagen
am sichersten gewirkt und sich gut erhalten haben, deren Sammeldrains
das grösstmöglichste Gefälle erhalten hatten, während die Saugdrains
mit einem geringeren aber doch entsprechenden Gefälle angelegt waren,
um gute Abführung nach den Sammeldrains zu erzielen und die Ver-
schlammung und längere Stagnation des angesaugten Wassers zu vermeiden.
Eine ganz sanfte Verminderung des Gefälles der Saugdrains nach
den Sammeldrains hin hat auch gute Wirkung bezüglich der Vermeidung
der Verschlammung an den Einmündungspunkten der Sammeldrains gezeigt.
Zuweilen wird dadurch eine günstigere Tieferlage der Saugdrains er-
möglicht, als wenn dieselben den Sammeldrains mit rollendem Gefälle
zugeführt werden.
Erfahrungsmässig ist die Benutzung des grösstmöglichsten Gefälles
für die Sammeldrains fast ohne Ausnahme in der Praxis zweckmässig
befunden worden, und für die Saugdrains gegenüber jener Gefälle ein
geringeres. Es erseheint mir in der Praxis schwierig, die beiden in der
Gerhardt’schen Abhandlung getrennten Systeme, die sogen. Längs- und
Querdrainage, streng zu trennen, vielmehr wird durch Anwendung beider
Systeme, je nach den Lage Verhältnissen, meist die beste Wirkung er-
zielt werden.
Die für die zu drainirenden Lagen ermittelten Gefälle- und Boden-
verhältnisse sind für die Anwendung des einen oder anderen Systems
in den Zwischenlagen und für das ganze Terrain maassgebend und nur
in seltenen Fällen wird eine Drainage lediglich als Längs- oder als Quer-
drainage streng im Sinne der vorgedachten Abhandlung ausführbar sein.
Die grössere Billigkeit der Herstellung, welche durch die Ersparniss
der Sammel- und Saugdrains bei der sogen. Querdrainage erzielt werden
soll, — aber bei der nothwendig sorgfältigsten Ausführung der Drain-
jzüge wohl kaum erreicht werden wird, — erscheint keinenfalls so ge-
wichtvoll, als die gute sichere Wirkung und billigere Unterhaltung einer
Drainage, welche nächst möglichst rascher Wasserabführung auch noch
als Luftventilator zur Erwärmung und Lösung vortheilhaft wirken soll.
Eine vollständige Umgestaltung und Umarbeitung des bisherigen
Drainsystems in ein neues, welches in der Abhandlung speciell als Quer-
drainagensystem bezeichnet wird, muss deshalb recht vorsichtig behandelt
werden, besonders wenn die auf rot. 10 % berechnete billigere Her-
stellung der Querdrainagen mit Erfolg erreicht und grösserer Nachtheil
vermieden werden soll.
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374
Die Landmesser vor 100 bis 150 Jahren.
Bei richtiger Auffassung ist die Gerhardt’sche Abhandlung zweifellos
sehr beachten8werth für die Ausführung von Drainagebauten.
Fraglich erscheint es jedoch, ob die fast immer rechtwinklige Ein-
mündung der Sangdrains in die Sammeldrains nicht nachtheilig wirken
und durch ein etwas grösseres Gefälle der Saugdrains besser vermieden
wird, so dass die Einmündung derselben mehr in der Fallrichtung der
Sammeldrains erfolgt, wodurch nach den praktischen Erfahrungen zwei-
fellos eine bessere Wirkung und ein grösserer Schutz gegen Verschlam-
mung erzielt wird.
Eschwege, im December 1891. Kaeppler,
V ermessungs • Revisor.
Die Landmesser vor 100 bis 150 Jahren.
Aus alten Acten eines mitteldeutschen Staates werden der nach-
stehende Bericht einer Unterbehörde und die allgemeinen Verfügungen
der Oberbehörden, welche die Landmesser - Angelegenheiten betreffen,
mitgetheilt, um den früheren Stand des Vermessungswesens und die Lage
der Landmesser in der Zeit vor etwa 150 Jahren zu kennzeichnen:
1. Bericht vom 18. August 1756.
„Unterthäniges Pro Memoria, an Hochfüretliche General - Steuer-
Rectifications-Commission. Hochfllrstl. Steuer Rectific. Commission habe
untertliänigst vorstellen wollen, wie das bei denen Landmessern annoch
hölzerne Massstäbe gefunden werden, weilen aber solche sich leicht aus
stechen und hernach unrichtige Ruten und Schuhe angeben, so wäre
meine unterthänige Bitte, denen Landmessern, welche — keine messingene
Massstäbe haben, gnädig anzubefehlen, dass sie sich dieselben mit ehe-
stem anschaffen müssen, damit alle Charten nach einem accuraten Mass-
stab aufgetragen werden. Solche nun zu verfertigen hat sich Christian
Wilhelm Range bei mir angegeben und fordert vor jedes 8tück
1 Thaler, selbiger will auch vorher zeigen; wann den HochfUrstl. hohe
Commission solchen gnädigst approbiren, so können alsdann die übrigen
Massstäbe darnach gemacht werden. Mit unterthänigem schuldigen Respect
verharre Hochkurfürstl. General-Steuer-Rectifications Commission
unterthänig gehorsamster Knecht
Johannes Schleenstein.
2. Circular der Generalsteuer-Rectifications- Commission an
sämmtliche Landmessern, vom 12. Marty 1757.
Nachdem zeithero wegen derer, denen Landmessern von denen ihnen
angewiesenen Orten, zu verschaffenden freyen Quartiere nebst Bette,
Holtz und Liecht nicht nur hin und wieder, Beschwehrden entstanden,
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Die Landmesser vor 100 bis 150 Jahren.
375
sondern auch das Messungsgeschäfte selbst darüber behindert worden.
Und man dan zu besserer der Sachen Einrichtung resolviret hat, dass
die zu messende Orthe denen Landmessern allmonathlich, so lange sie
mit der Mess- und Verfertigung der Charten und deren Zubehör in locis
beschäftiget 3 Thaler service bezahlen, diese aber dagegen das Quartier,
Bette, Holtz und Liecht, davon bestreiten nnd Selbsten anschaffen und
ausser denen gnädigst verordneten Messgebühren nicht das mindeste von
denen Unterthanen, es geschehe auch unter was protext es immer wolle,
annehmen sollen.
Es hat sich der Landmesser dauach genau zu richten, und im Fall
ein oder andere commun sich zur ausszahlung sothaner 3 Thlr. monatl.
Service nicht willig verstehen sollte, die Beamte mittelst production dieses
rescripti um die nötige assistence zu requiriren oder dem Inspectori Nach-
richt davon zu geben, welcher sodann die weitere nothdurft besorgen wird,
etc. etc. etc.
3. Circular derselben Commission vom 28. Juni 1875.
Nachdem Sr. Hochfürstl. Durchlaucht vermöge extractus Geheimen
Baths protocolli vom 17. Juni a. c. gnädigst befohlen, dass zur Beförde-
rung des Messungsgeschäfts und Ersparung deren Kosten, bei denen
Künftighin vorzunehmenden Messungen, jedesmahl zwey gelernte Ketten-
zieher employiret hingegen keine ungelernte Dienstleuthe auss denen
Gemeinden dazu genommen werden sollen.
Als wird solches dem Landmesser N. zu seiner Nachachtung hier-
mit bekannt gemacht, anbey befohlen, künftighin nur 2 gelernte Ketten-
zieher, bei denen Ihme anbefohlnen Messungen zu adhibiren mit selbigen
in gegenwart und mit Bewilligung des Beamten auf das genaueste zu
accordiren, wie solches an jedem orte geschehen sofort an Fürstl. General-
St.-R.-Commission zu berichten und dahin zu sorgen, dass ersagte Ketten-
ziehern ihr Tagegeld verdienen, mithin solche nicht nach willkühr einige
wenige Stunden sondern gantze Tage wan es die Witterung nicht ver-
hindert zu gebrauchen, damit die Kosten nicht dadurch vermehret werden
mögen. Wie Er dann auch vom Empfang dieses seinen Bericht zu er-
statten hat.
etc. etc. etc.
4. Circular derselben Commission vom 18. xbr.
(December) 1774.
Nachdem bei Fürstlicher Gen. St. R. Commission die unerwartete
Anzeige geschehen, dass verschiedene Landmessern sich von den Ge-
meinden, wo ihnen Messungen aufgetragen worden, verköstigen oder
sonst allerhand reichen lassen, hiernächst aber nach vollendeter Messung
ohne diese bezahlt zu haben, sich von dem Orte hinwegbegeben oder
wohl gar unter nichtigen Einwendungen die Bezahlung verweigern, und
also zu begründeten Beschwerden Anlass geben.
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376
Rechenschieber mit Lupe.
Als wird sämmtlichen Landmessern hiermit nachdrücklichst befohlen
die von den Unterthanen oder den Gemeinden wo Ihnen Messungen auf-
getragen, empfangene Zehrung oder sonstige Lebensmittel jedesmalen
vor ihrer abreise richtig zu bezahlen, und dass solches geschehen sich
von Schultzen und Vorstehern Bescheinigung ertheilen zu lassen, widrigen-
falls derjenige gegen welchen hiernächst dieserhalb weitere Beschwerde
entstehen solte, nach befinden der ohnfehlbaren Cassation zu gewärtigen
habe. i.
Kleinere Mittheilungen.
Rechenschieber mit Lupe.
Die in untenstehender Figur dargestellte Anordnung eines Rechen-
schiebers mit grossem Leseglas ist aus dem Wunsche hervorgegangen,
eine Genauigkeitssteigerung ohne Dimensionsvergrösserung zu erlangen.
Wir haben hiermit namentlich Ausgleichungsrechnungen, Auflösung
von Normalgleichungen etc. gemacht, z. B. die Correlatenausgleichung
des Fünfecks auf S. 2 dieses Jahrgangs der Z. f. V. und die zugehörige
Doppelpunktseinschaltung sind fast ganz mit solchem Rechenschieber
gemacht.
Als Ablesungsmarke haben wir manches versucht: Feinen Faden,
Strich auf Glasplättchen etc. Das Ideal wäre ein Faden im optischen
Vergrösserung8werke selbst. Dazu müsste man aber statt der einen
grossen Lupe ein aus zwei Linsen zusammengesetztes Mikroskop an-
wenden, welches wohl einen Faden auf die Theilung optisch projiciren
kann, aber geringes Gesichtsfeld und zu grosse Länge hat, wie unsere
ersten Versuche ergaben. Wir möchten aber einen erfahrenen Optiker
bitten, sich der Sache anzunehmen und ein Mikroskop zu erfinden mit
Faden in sehr grossem Gesichtsfeld, mit höchstens 10 cm Ocularhöhe
Uber der Theilung, Vergrösserung 5 — lOfach.
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Bocherschau.
377
Es wäre dann weiter Sache der Schieber -T hei lang, die Striche
feiner als bisher, auch theilweise mit noch geringeren Intervallen herzu-
stellen. Auf diesem Wege eher als auf dem Wege des amerikanischen
Walzenprincips (Z. f. V. 1891 S. 433—441) hoffen wir, dass ein wesent-
licher Fortschritt in der Herstellung logarithmisch - mechanischer Rechen-
htilfen zu erzielen wäre. J.
Bücherschau.
Ueber die Einschaltung ton Punkten in ein durch Coordinaten gegebenes, trigono-
metrisches Hetz mit ausgiebiger Verwendung einer Rechenmaschine, von Dr.
G. Höckner. Leipzig 1891, Verlag von Gustav Fock.
Die Schrift, zu welcher der Verfasser durch seine Thätigkeit bei
der Leipziger Stadtvermessung geführt worden ist, verfolgt zwei Ziele.
Erstens will sie die wichtigsten trigonometrischen und polygonometrischen
Punkteinschaltungen vereinfachen, indem Bie statt der Üblichen Auflö-
sungsmethoden solche vorschlägt, die eine möglichst ausgedehnte und
vortheilhafte Verwendung der Rechenmaschine gestatten, und zweitens
sucht sie gleichzeitig eine theoretische Vervollkommnung der Resultate
zu erreichen.
Die Formeln für die Ableitung der Schlussergebnisse aus den Be-
stimmungsstucken sind bei dem Üblichen Rechnungsverfahren speciell
für logarithmische Auswerthuug angeordnet, d. h. es werden die Resul-
tate mit Vermeidung von Additionen und Subtractionen zu Producten
und Quotienten zusammengefasst. Bei der Maschinenrechnung ist diese
Vermeidung von Addition und Subtraction nicht erforderlich, es kommt
vielmehr nur darauf an, die Endergebnisse mit möglichster Umgehung
von Zwischenrechnungen direct in den Bestimmungsstucken auszudrUcken.
Der Verfasser stellt dementsprechend zunächst für die Berechnung
der Coordinaten bei Vorwärts- und RUckwärtseinschneiden für die
Rechenmaschine geeignete Ausdrücke her.
Für das Vorwärtseinschneiden geschieht dies in der Weise, dass
durch Transformation der Coordinatenunterschiede der gegebenen Punkte
auf einen Bestimmungsstrahl eine Höhe im Dreieck abgeleitet, durch
diese und den Schnittwinkel die Länge des gegenüberliegenden Strahles
gefunden und damit die gesuchten Coordinatenunterschiede erhalten
■werden. Dieser Rechnungsgang liefert AusdrUcke von der Form
A ya I __ (xi, — xa) sin <pb — (t/i — y0)cos<pft ( sin <p„
Aa^i sin 6 'costp,,
und entsprechend für den anderen Strahl eine unabhängige Probe.
Diese AusdrUcke lassen sich mit der Maschine sehr bequem aus-
werthen. Es wird zunächst der Quotient gebildet, derselbe sodann als
Multiplicand eingestellt und mit sin <p und cos f multiplicirt.
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378
Bücherschau.
Für das Rück wärtseinschneiden wird die Auflösung mittelst der Sehnen-
vierecke in den |Bestimmungskreisen benutzt. Bei der üblichen Bezeich-
nungsweise *) für die gegebenen Punkte P„ P„ Pb ist der gesuchte
Punkt P die Projection des Mittenpunktes Pm auf die Secante, welche
bestimmt wird, durch die von Pm ausgehenden Kreisdurchmesser für
deren Endpunkte sich mittelst der Winkel a und ß die Coordinsten
ergeben. Auf diesem Wege erhält man Ausdrücke von der Form
i_-i YtX.-X. Ya f(Xb-Xtt)
AxJ- + i (F»~ F.) *-(A4-2:a)2 t (Yt-Y.)
worin ist
F0 — (ya — y») — (xa — xm) cotg a
xa — (xa — x„) -j- (ya — y„) cotg a u. s. f.
Auch diese Form ist für die Maschinenrechnung sehr bequem, obwohl
mehrere Zwischenzahlen zu notiren sind. Nach Ableitung der Werthe
Ya, Xa, Y j, Xb, sowie (Fj — Ya) und (Xb — Xa) wird zunächst die
Quadratsumme des Divisors berechnet und niedergeschrieben, sodann der
Quotient gebildet, als Multiplicand eingestellt und mit (Xb — Xa) bezw.
( Yb—Ya ) multiplicirt. Zur Probe muss mit Wiederholung desselben
Rechnungsganges ein anderer Punkt oder beide andere Punkte der
Reihe nach als Mittenpunkte P,„ eingesetzt werden, oder auch, was
wesentlich einfacher ist, durch Ableitung von tg (a + ß) der Winkel
(a ß) mit dem gemessenen Werth verglichen werden.
Wir haben nach diesen Methoden mehrere Beispiele durchgerechnet
und das Verfahren äusserst bequem gefunden. Als einen Uebelstand
empfindet man jedoch den Mangel an zweckmässigen Tafeln für die
natürlichen Zahlen der trigonometrischen Functionen. Der Verfasser
spricht sich Uber diesen, für seinen Vorschlag sehr wichtigen Punkt
nicht aus. Die Zeitersparniss scheint bei umfangreichen Rechnungen
eine nicht unerhebliche zu sein; die mitgetheilten Zeitangaben für den
Vergleich mit der üblichen Methode unter Benutzung von siebenstel-
ligen Logarithmen bei Punkten niederer Ordnung sind allerdings nicht
ganz von Voreingenommenheit frei.
Weiterhin will nun der Verfasser auch die Vortheile der Rechen-
maschine für die Ausgleichung der Punkteinschaltungen ausnutzen. Be-
kanntlich ist die Rechenmaschine bei umfangreichen Ausgleichungsarbeiten
bei der Bildung der Factoren der Normalgleichungen und der Auflösung
derselben vielfach und mit Vortheil verwendet worden, dagegen bei der
Aufgabe der Punkteinsclialtungen wc hl noch nicht, anscheinend jedenfalls
nicht in grösserem Umfange.
Der zeitraubendste und lästigste Theil der Rechnung einer Punkt-
einschaltung nach der üblichen Methode ist die Ableitung der Neigungen
für die bestimmenden Strahlen. Der Verfasser sucht daher diesen Theil
*) Jordan, 3. Aufl., Bd. II, S. 240, Anw. IX, S. 183.
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Bacherschau.
379
der Rechnung ganz zu vermeiden, indem er nicht wie Üblich mit Hilfe
der gegebenen und genäherten Coordinaten die Fehlergleichungen für
die Richtungen (cp) aufstellt, sondern für die Querabstände (9) des an-
genommenen Punktes von den Visirstrahlen. Also z. B. für Vorwärts-
richtungen statt der Üblichen Fehlergleichungen
sin <? * cos <P « . , , _ . ,.
t>cp= — j-1 p 5a; p oy + (cp) — 9 Gewicht g 9
die folgenden
vq = sin 9 6a; — cos 9 5 y (q) — q Gewicht gq
Die Querabstände ( q ) werden dabei nach der Transformationsformel
(q) = Ax sin 9 — Ay cos 9 ermittelt. Während nun die Gewichte für
die Fehlergleichungen in der Regel = 1 genommen werden können,
sind für vq die Gewichte abzuleiten, wozu die Strahlenlänge erforderlich ist,
welche ebenfalls nach der Transformationsformel p — Ax cos 9 -f- Ay sin 9
berechnet werden soll. Nach Multiplication der Fehlergleichungen vq
mit den mit Hülfe von p gebildeten Gewichtszahlen \/g werden dann
mittelst der Rechenmaschine die Factoren der Normalgleichungen ge-
wonnen, und diese selbst aufgelbst, wobei in zweckentsprechender Weise
zunächst die bekannten Gewichtsglieder Qu @12 <?2 2 hergestellt werden.
Vergleichen wir das übliche Verfahren mit dem Hbckner’schen, so
erkennen wir, dass zunächst abgesehen von der Bildung der Factoren
der Unbekannten und der Gewichte, der Unterschied in der Ableitung
der Fehlerwerthe fq = (q) — q und fy — (9) — 9 liegt. Nach Höckner
sind die sin 9 und cos 9 aus einer Tafel der natürlichen Zahlen dieser
Functionen zu entnehmen und dann nach der Transformationsformel die
(q) abzuleiten, während beim üblichen Verfahren bei Anwendung loga-
rithmischer Rechnung die (9) aus den Tangenten zu bilden sind. Es
ist einleuchtend, dass durch Vermeidung der logarithmischen Rechnung
die Hbckner’sche Rechnungsweise die kürzere ist. Aber andererseits
hindert auch nichts, der durch Hbckner gegebenen Anregung folgend,
die Vortheile der Maschinenrechnung für den üblichen Rechnungsgang
mit Ableitung der Fehlergleichungen für die Richtungen auszunutzen,
d. h. also die Neigungen (9) anstatt auf logarithmischem Wege mit der
A y
Maschine zu bilden. Hierbei sind zuerst die Quotienten herzustellen,
danach die (9) aus der Tafel zu entnehmen und gleichzeitig zur Bildung
der Factoren der Unbekannten die sin 9 und cos 9 bis auf drei Stellen
zu notiren. Unabhängig lässt sich dann die bekannte sehr wichtige
Probe nach tg (9 -}- 45 °) ausnutzen, während die Werthe (q) doppelt
berechnet werden müssten. Zur weiteren Ausrechnung der Factoren
sin 9 , cos 9
8 P Un<1 S P
ist es dann nicht nothwendig s(=p) wie bei
Höckner nach der Transformationsformel zu rechnen, sondern es genügt,
dieselben aus den auf drei Stellen notirten Werthen für sin 9 und cos 9
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B80
Bücherschau.
nach
Ay
sin 9
bezw.
Atr
cos <p
mit dem Rechenschieber zu ermitteln, auf
welche Weise die Factoren in einem Zuge erhalten werden. Für die
weiteren Theile der Rechnung kann man sodann je nach den Umständen
die Maschine oder den Schieber verwenden, da sich beide sehr bequem
nebeneinander benutzen lassen und bekanntlich die Genauigkeit eines
guten Rechenschiebers bei einiger Uebung für jene Factorenbildung genügt.
Während nun bei diesem Rechnungsgang, wie üblich, die Fehler-
gleichungen Vre für die Richtungen gleiches Gewicht erhalten, haben in
diesem Fall die Fehlergleichungen vq für die Qnerabstände die Gewichte
*/s 2. Höckner leitet nun für diese Fehlergleichungen Gewichtszahlen
Vj in der Weise ab, dass er die Coordinatenfehler der gegebenen Punkte
berücksichtigt und gerade die Einführung dieser Gewichtszahlen ist es,
welche den Verfasser veranlasst, die Fehlergleichungen für die Quer-
abstände aufzustellen, indem er hierin das zweite Ziel seiner Arbeit vor
sich hat, nämlich eine theoretische Vervollkommnung der Resultate zu
erreichen.
Bei der üblichen Ausgleichung von Punkteinschaltungen wird in der
Regel von dem Fehler der gegebenen Punkte abgesehen, denselben also
das Gewicht unendlich gegeben, und die nach Bestimmung des Punktes
sich zeigenden Fehler im Richtungsfehler ausgedrUckt. Nur in verein,
zelten Fällen wird auf Coordinaten- bezw. Centrirfehler Rücksicht ge-
nommen und dann die Richtungsgewichte p nach den mittleren Fehlern
2 o
+ »io (wobei mc — Coord.- bezw. Centrirfehler der gege-
benen Punkte und m-e Richtungsfehler bedeutet) eingefUhrt, in welchem
Fall sodann die Fehlergleichungen mit zu multipliciren sind, wie es
z. B. in den Formularen der Anweisung IX vorgesehen ist. Höckner will nun
diese Gewichtsfestsetzung verallgemeinern und führt als Vergleichsmaasseine
Entfernung E ein, bei welcher der Richtungsfehler dem Coordinatenfehler
tu
entspricht, also E= — p ist, womit dann für die Fehlergleichungen der
Vto\ p
Strahlenabstände q die Gewichte die Form q = — = — ^ „... oder auf E
a y s^ + E*’
als Einheit bezogen g = / ^ ^ , = 2* - 1 erhalten, gegenüber
G), + 1
Pi 2 + 1
dem Werth bei dem üblichen Gewichtsansatz (mit mc = 0). Die Zahlen
E sollen dabei nach mittleren Verhältnissen in runden Werthen ange-
nommen werden, z. B. 500, 1000 etc. Der Verfasser glaubt durch diesen
Gewichtsansatz den Zusammenhang des Netzes zu fördern und eine gleich-
mässigere Fehlervertheilung zu erzielen. Dieser Ansicht können wir uns nicht
ohne Weiteres anschliessen, besonders nicht für Kleintriangulirungen. Eine
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Bücherschau.
381
Erörterung würde im Rahmen dieser Besprechung zu weit führen.*) Wir
würden vorziehen den üblichen Gewichtsansatz — beizubehalten, also
die Fehlergleichungen v,t mit y multipliciren und damit auf die Glei-
chungen v<f zurückkommen. Der Gewichtsansatz an sich ist natürlich
ganz unabhängig von der Methode der numerischen Rechnung, sei es
mit der Maschine oder Logarithmen, bezw. Rechentafel und Schieber.
Im dritten Abschnitt wird auch die Verwendung der Maschine bei
der Polygonzugrechnung empfohlen. Hierbei sucht der Verfasser eine
theoretische Vervollkommnung der Resultate zu erzielen, dadurch, dass
er die Gewichtszahlen Z für die Winkelverbesserungen, welche die
Biegung des Zuges bedingen, bestimmt als diejenigen Strecken, um welche
die auf die Verbindungslinie von Anfangs- und Endpunkt projicirten
Punkte von dem durch das arithmetische Mittel sämmtlicher Projectionen
(von einem Endpunkt angerechnet) bestimmten Punkte abstehen. Diese
Ableitung der Zahlen Z ist eine Fortführung der von Jordan in dieser
Zeitschrift Bd. XVIII (1889) Seite 46 für gestreckte Züge gegebenen
Entwickelung. Glaubt man in dieser Weise eine günstigere Fehlerver-
theilung zu erzielen, so entspricht es doch unserer Ansicht nach nicht
der Bedeutung solcher Zahlen, dieselben in umständlicher Weise mit der
Maschine abzuleiten; am zweckmässigsten erscheint es in diesem Fall,
dieselben mit Hülfe der Polygonnetzkarte, wie auch der Verfasser vor-
schlägt, oder mit dem Rechenschieber zu ermitteln.
In einem Anhang wird ein Theil des Netzes der Leipziger Stadt-
vermessung einer Untersuchung auf Punktverschiebung unterworfen,
sodann folgen am Schluss 10 Beilagen mit Mustern zur Anwendung
der Maschinenrechnung.
Nach den von uns durchgerechneten Beispielen erscheint uns die
bei der Leipziger Stadtvermessung erprobte Verwendung der Rechen-
maschine für viele Theile der geodätischen Rechnungen äusserst empfeh-
lenswerth, besonders wenn nebenher der Rechenschieber benutzt wird,
und wir möchten daher alle Fachgenossen, welche umfangreiche Rech-
nungen der vorliegenden Art auszuführen haben, veranlassen, den sehr
beachtenswerthen H ö c k n e r’schen Vorschlägen zu folgen und die Rech-
nungsweise auch ihrerseits zu erproben. Vor allen Dingen aber sind für
den praktischen Gebrauch geeignete Tafeln der natürlichen Zahlen der
trigonometrischen Functionen erforderlich und zwar 4-, 5-, und 6-stellige.
An Stelle der bei der Leipziger Stadtvermessung benutzten 8-stelligen
Thomas-Burkhardt’schen Maschine genügt eine 6-stellige, denn auch für
die Maschine sind überflüssige Stellen Ballast. Der Missstand der
*) Wir haben hierzu eine Betrachtung angcstellt, welche demnächst in
dieser Zeitschrift mitgetheilt werden wird.
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383
Neue Schriften über Vermessungswesen.
Maschinenrechnung, Fehler oder Irrthtimer im Verlaufe der Rechnung
wegen des Mangels der Zwischenzahlen schwer auffinden zu können,
lässt sich durch die an sich nicht noth wendige Notirung einzelner Zahlen
etwas einschränken. Vielleicht aber würde sich die Selling’sche Maschine,
wegen der dabei erfolgenden Aufsummirung der Multiplicatoren z. B.
bei Reihen wie [a&] etc. und geeigneter Verwendung der automatischen
Copirung, besonders auch mit Rücksicht auf den Preis (bei Beschränkung
auf die nothwendige Zifferzahl) zu einem sehr brauchbaren Hülfsinstrument
bei geodätischen Rechnungen ausbilden lassen.
Bonn, December 1891. Reinhertz.
Neue Schriften über Vermessungswesen.
Die Triangulation von Java, ausgeführt vom Personal des geographischen
Dienstes in Niederländisch Ost-Indien. Dritte Abtheilung, Ergänzungen
zu den beiden ersten Abtheilungen, genaue Bestimmung des Verhältnisses
zwischen dem Normalmeter und dem metre des archives. Das Basisnetz
von Simplak. Die Basismessungen bei Logatong und bei Jangsei sowie
die beiden dazu gehörigen Basisnetze. Im Auftrag des Ministeriums der
Colonien und unter Mitwirkung von J. C. A. van Asperen, geogr.
Ingenieur in Ost-Indien a. D. M. L. J. van Asperen, Capitain zur
See a. D. W. G. Jeunissen, Assistenten bei dem geogr. Dienst in Ost-
indien a. D. und A. A. Ni j land, Cand. phil., bearbeitet von Dr. J. A. C.
Ou de mans, Professor an der Reichsuniversität zu Utrecht, ehemaligem
Hauptingenieur und Chef des geographischen Dienstes in Ost-Indien.
Druck von Jobs. Enschedd en Zonen zu Haarlem. Haag, Martinus
Nijhoff, 1891.
Das photographische Aufnehmen zu wissenschaftlichen Zwecken, ins-
besondere das Messbild- Verfahren, von Dr. A. Meyden bau er, Geheimer
Banrath, Vorsteher der Messbildanstalt des Königl. Ministeriums der
geistlichen, Unterrichts- und Medicinalangelegenheiten. Erster Band:
Die photographischen Grundlagen und das Messbildverfahren mit kleinen
Instrumenten. Berlin 1892. Unte’s Verlagsanstalt.
Die Photographie im Dienste des Ingenieurs, ein Lehrbuch der Photo-
grammetrie. Bearbeitet vom dipl. Ing. Friedrich Steiner, o. ö.
Professor der Ingenieurwissenschaften an der k. k. deutschen
technischen Hochschule in Prag. Lieferung I mit 25 Textfiguren
und 2 Tafeln. Wien 1891. R. Lechner’s k. und k. Hof- und
Univ.-Buchhandlung.
The Surveyer, a Weekly Journal. London. 4. — Year I: 1892
(52 Nrs.).
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Unterricht und Prüfungen.
383
Sopra ana relazione tra le coordinate sferiche ortogonali e le coordinate
topografiche. Nota dell’Ing. G. B. Maffiotti, Inspector des
Katasters. Torino 1892. Carlo Clausen, Libraio della R.
Accademia delle Scienze.
8ull’ errore medio dei punti determinati nei problemi di Hansen e di
Marek. Nota del Dott. Vincenzo Rein a. Torino 1892. Carlo
Clausen, Libraio della R. Accademia delle Scienze.
Fennia 4. Bulletin de la societe de geographie de Finlande.
Helsingfors. 1891.
Bericht über die Ausstellung des IX. Deutschen Geographentages zu
Wien 1891. Nebst Ausstellungs-Catalog. Herausgegeben vom
Ausstellungs-Comite. Wien 1891. Verlag des Ausstellungs-Comites.
Landesaufnahme und Generalstabskarten. Mit besonderer Berücksichtigung
Thüringens. Von P. Kahle. Hierzu eine Karte. Sonderabdruck aus
den Mittheilungen der Geographischen Gesellschaft (für Thüringen)
zu Jena. X. Band. 1891.
Repetitorium der Differential- und Integralrechnung. Von Chr. G. Joh.
Deter, Dr. phil. 2. Auflage. Berlin 1892. Verlag von Max
Rockenstein. SW., Hallesche Strasse 4. Preis 1,50 Mk.
Astronomisch-nautische Mittheilungen für das Jahr 1893, deutsche Aus-
gabe. Ueber Veranlassung der Marine-Section des k. und k. Reichs-
kriegsministeriums herausgegeben vom astron.-meteorolog. Obser-
vatorium der k. k. Handels- und nautischen Akademie zu Triest
unter Redaction von Dr. Ferdinand Anton. Jahrgang VI. Triest
1891. Buchdruckerei des österr.-ungar. Lloyd.
Der kulturtechnische Dienst zur Abwendung von Wasserschäden und
zur Nutzbarmachung der Privatgewässer im landwirthschaftliclien,
gewerblichen und sanitären Interesse des Königreichs Sachsen.
VonDr. Edm. Fraissinet, staatlich verpflichtetem Sachverständigen
für Landesmeliorationen. Dresden 1891. G. Schönfeld’s Verlags-
buchhandlung. Preis 80 Pfg.
Unterricht und Prüfungen.
Der geodätisch-kulturtechnische Cursus der landw. Hochschule zu
Berlin zählt gegenwärtig etwas Uber 300 Theilnehmer, sämmtlich Deutsche
und alle bis auf 2 oder 3 entschlossen, die preussische Bestallung
als Landmesser zu erwerben. Denn in manchen kleineren Nachbar-
ländern, z. B. Braunschweig, gilt neuerdings der Erwerb dieser Bestellung
als Bedingung der Anstellung im Landmesserfach, während andere, wie
Mecklenburg und Oldenburg, von Alters her besondere Landmesser-
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384
Vereinsangelegenheiten. — Personalnachrichten.
Prüfungen abhalten. Bemerkenswerth erscheint, dass 51 Studirende, also
Pg der Gesammtheit, das Reifezeugniss einer neunklassigen Schule besitzen,
unter diesen 8 vormalige Studirende der Mathematik und Naturwissen-
schaften, die das Lehrfach wegen mangelnder Aussichten aufgegeben
haben. Der Uebertritt aus anderen, dem Landmesserstudium ferner
liegenden Fächern kommt nur mehr vereinzelt vor. — An dem Landmesser-
cursus der Akademie Poppelsdorf nehmen zur Zeit etwa 140 Zuhörer Theil.
Vereinsangelegenheiten.
Der Unterzeichnete ist zum städtischen Vermessungsdirector in
Altenburg S.-A. ernannt worden. Der Sitz des Deutschen Geometer*
Vereins ist daher von jetzt ab bis zur nächsten Hauptversammlung
Altenburg S.-A.
Alle Zuschriften werden unter der Adresse L. Winckel, Vermessnngs*
director in Altenburg S.-A. erbeten.
L. Winckel,
z. Z. Vorsitzender des Deutschen Geometerverein?.
Personalnachrichten.
Seine Hoheit der Herzog Ernst von Sachsen-Altenburg haben
gnädigst geruht, dem Vermessungsdirector Rudolph Gerke zu Dresden
das Ritterkreuz 2. Klasse des Sachsen - Ernestinischen Hausordens za
verleihen.
Inhalt.
Grössere Mittheilungen: Beiträge zur Praxis der Höhenaufhahmen, von Prof.
Hammer. — Das Grundbuch im Entwürfe eines bürgerlichen Gesetzbuches für
das Deutsche Reich, von Steppes. (Fortsetzung und Schluss.) — Längs- oder
Querdrainage von Kaeppler. — Die Landmesser vor 100 bis 150 Jahren. —
Kleinere Mittheilungen: Rechenschieber mit Lupe. — Bücherschau; Ueber die Ein-
schaltung von Punkten in ein durch Coordinaten gegebenes, trigonometrisches
Netz mit ausgiebiger Verwendung einer Rechenmaschine, von Dr. G. Höckner.
— Neue Schriften über Vermessungswesen. — Unterricht und Prüfungen. — Vereins-
angelegenheiten. — Personalnachrichten.
Verlas: von Conrad Wittwer, Stuttgart — Druck von Gebrüder Jänecke In Hannover.
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385
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover, Steuer-Ratb in Manchen.
-*
1892. Heft 13. Band XXI.
^ 1. Juli, e«
Die Schriften der römischen Feldmesser; *)
von Curt Merkel, Baumeister.
Die hohe Ausbildung, welche das römische Volk den verschieden-
artigsten Zweigen des Staatswesens angedeihen liess, ist allgemein be-
kannt. Dass bei einem Volke, dessen Sinn in hervorragender Weise
auf das Praktische gerichtet war und dessen Machthabern eine Kenntniss
davon wie viel Morgen bebautes Ackerland ein Stadtgebiet umfasste und
welchen Ertrag Wald und Wiese gewährte, besonders wissenswert!» er-
schien, das Vermessungswesen eine starke Förderung erfuhr, ist erklärlich.
Bis zu welch’ hohem Grade der Ausbildung das römische Vermessungs-
wesen gebracht wurde und wie vielseitig die auf diesem Gebiete zu
lösenden Aufgaben waren, zeigen die auf uns gekommenen Schriften der
römischen Feldmesser. In anschaulichster Weise führen uns diese Schritten
das Vermessungswesen des römischen Weltreiches vor Augen, sie lassen
uns den Entwickelungsgang desselben und seine Einzelheiten verfolgen.
Sie geben Kunde davon wie die Anlage einer, Stadt und die Vertheilung
von Grund und Boden innerhalb und ausserhalb der Mauern geschah,
sie berichten Uber die Richtung der Strassen, die Scheidung von Privat-
und Gemeindeland, sie zeigen uns die Ausbildungsweise und die Art der
Geschäftsführung des römischen Geometers, sie enthalten neben Special-
beschreibungen von Staatsvermessungen aus den amtlichen Festungsplänen
und Flurkarten des Reichsarchivs arithmetische, geometrische, statistische
und technische Einzelheiten. Zwar können die römischen Geometer nicht
den Ruhm beanspruchen, Bahnbrecher auf diesem Gebiete gewesen zu
sein, denn lange vor dem Auftreten des römischen Volkes hatten bereits
in Assyrien und Aegypten Vermessungen stattgefunden, die sich nament-
lich in dem letzteren Lande als eine nothwendige Folge der obwaltenden
*) Auszug aus dem Werke: Die Schriften der römischen Feldmesser,
herausgegeben und erläutert von F. Blume, K. Lachmann u. A. Rudorff.
2 Bände, Berlin 1848 und 1862.
Zeitschrift für Vermessungswesen. 1892. Heft 15. 25
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386 Merkel. Die Schriften der römischen Feldmesser.
natürlichen Verhältnisse ergeben hatten. Jährlich wurden in Aegypte»
die Grenzen der überaus kleinen Parcellen, wie solche sich durch die
Eigenartigkeit und Fruchtbarkeit des Nilthaies herausgebildet hatten,
durch die Anschwellung des Nils zerstört. Die Beurkundung der Grenzen
musste hier durch Flur- und Lagerbücher vorgenommen werden. Die
Führung dieser Bücher lag den Ortsschreibern (Komo- und Popogram-
mateis) ob. Dieselben gaben Lage, Grenze, Nachbarn, Güte, Eigenthum
eines jeden einzelnen Grundstücks auf das Genaueste an. Das Maass
war die ägyptische Elle, ein Quadrat von 100 Ellen Seitenlänge hiess
ein Arura. Auch von China und Griechenland ist bekannt, eine wie
weitgehende Limitation in diesen Ländern durchgeführt war. Lehnte
sich auch das römische Vermessungswesen, wie erklärlich, vielfach an
bereits gegebene Vorbilder an, so muss dennoch den römischen Groma-
tikern für die Weiterführung und Ausbildung des Ueberkommenen unsere
vollste Anerkennung gezollt werden.
Es kann dem hier vorliegenden Zwecke gemäss nicht die Absicht
sein, im Einzelnen über die verschiedenen Handschriften, welche den in
der Fussnote genannten Gelehrten zur Verfassung ihrer Arbeit gedient
haben, zu berichten, vielmehr soll nachstehend auf den Inhalt jener Ab-
handlungen Bezug genommen werden und in erster Linie die Abhand-
lung von Rudorff über die gromatischen Institutionen der Römer, soweit
dieselben an dieser Stelle von Interesse sind, Beachtung finden. Unbe-
kannt ist, an welchem Ort und zu welcher Zeit die Sammlung der
Schriften der römischen Feldmesser entstanden ist, eine Sammlung, die
Bruchstücke der Schrift eines etruskischen Aruspex aus dem fünften
Jahrhundert der Stadt neben Abhandlungen eines Ingenieurs enthält,
welcher Trajan auf seinen Eroberungszügen an der Donau Dienste ge-
leistet hat. Baibus, Frontinus, Hyginus und Siculus Flaccus sind die
Hauptvertreter, denen sich eine Reihe Namen anfügt, deren Träger dereinst
weniger in den Vordergrund getreten waren. Der hervorragendste römische
Schriftsteller Uber die Feldmesskunst ist unbestreitbar Frontinus, jener
Schriftsteller, der uns eine äusserst werthvolle Abhandlung über die,
noch heute in ihren Trümmern die Bewunderung der Welt heraus-
fordernden, römischen Wasserleitungsbauten hinterliess, deren Oberaufseher
er unter Nerva war. Durch die wiederholten Abschreibungen hat die
Sammlung der Feldmesser im Laufe der Jahrhunderte vielfache theilweise
sinnentstellende Abänderungen erlitten.
Im gesammten Vermessungswesen spielt die Grenze eine wichtige
Rolle und so möge zunächst das in jenen Schriften über das Wesen,
die Bedeutung und die Bezeichnung der Grenze Gesagte wiedergegeben
werden.
Die Grenze ist der -Saum der aneinander hängenden und gleich-
artigen Oberfläche eines als Ganzes angenommenen Stückes, bei welcher
Hoheit, Eigenthum und Besitz enden und wenden sollen. Von der
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Merkel. Die Schriften der römischen Feldmesser. 387
grösseren äusseren, Völker- und staatsrechtlichen Grenze ist die innere
privatrechtliche zu unterscheiden.
Da durch die Grenze Eigenthum und Besitz an Grund und Boden
bestimmt wird, so ist bei jeder Rechts- und Besitzilbertragung, sowie
nach jedem Grenzstreit eine Grenzanweisung erforderlich. Die Grenze
bedarf einer doppelten Sicherung und zwar gegen die Macht der Ele-
mente und gegen die Bosheit und Gewalt der Menschen. Die Bezeich-
nung, durch welche der Grenzzug, soweit dieses durch die natürlichen
Verhältnisse bedingt war, kenntlich gemacht wurde, nannten die römischen
Geometer — die Agrimensoren — Observatio, die Zeichen selbst hiessen
observabiliae. Gegen die menschliche Willkür schuf der besondere
Rechtsfrieden Abhilfe. Bereits frühzeitig war der Grenzfriede von grosser
Wichtigkeit und Bedeutung, enthielt er doch den Keim rechtlicher Ord-
nung in der Beherrschung von Grund und Boden und reihte sich doch
an denselben der Antang der Gemeinde- und Staatenbildung. Im vor-
römischen Italien entstand der Grenzfriede in Folge religiöser Einflüsse,
seine Einführung reicht Uber die Anfänge der Geschichte hinaus. In
Rom schrieb mau dieselbe Numa zu. Dem Grenzbegriff wurde göttliches
Wesen und Persönlichkeit beigelegt. Die Grenzbestimmung fand im
Zusammenhang mit einem Opfermahl statt, bei welchem die den Grenz-
frieden schliessenden Nachbaren die Tischgenossen bildeten. Der zur
Bezeichnung der Grenze dienende 8tein wurde gesalbt, gekrönt und be-
räuchert. Im Beisein der Anlieger wurde er auf das bestimmte Lager,
welches die Knochenreste, das Blut und die Kohlenreste des Opferfeuers
enthielt, gesetzt. Dem künftigen Friedensrichter sollten diese Reste dereinst
als sicheres Erkennungszeichen dienen. Das Mahl wurde an einem be-
quem belegenen Orte, in der Nähe und im Schatten des Malbaumes an
einem Opfertisch von Holz oder Stein eingenommen. In älterer Zeit
pflegten jährlich Ambarvalien der Nachbarn stattzufinden, in späterer
Zeit traten an Stelle dieser, gleichsam als sichtbare Beurkundung des
geschlossenen Grenzfriedens dienenden Feste, Protokolle, in welchen der
Grenzzug genau von Punkt zu Punkt beschrieben war. Diese Protokolle
bezeichnete man mit dem Ausdruck pagum.
Frühzeitig wurden bereits Grundrisse der Besitzungen angefertigt,
doch besassen dieselben als einseitige Acte keine beweisende Kraft gegen
den Nachbar.
Die Hauptbedeutung dieser ländlichen Feste und der durch dieselben
geschlossenen Verträge lag in dem Umstande, dass durch diese Verein-
barung die Genossen in ein festeres Verhältnis zu einander traten,
gleichsam in einen Gemeindeverband zusammengezogen wurden. Der
Name für eine solche Bauerngenossenschaft war pagus, die Gemeinde-
mitglieder hiessen pagani. Die in jenem Zeiträume stattfindende Völker-
bewegung mit ihren zahlreichen Kämpfen machte das Bedürfnis nach
einem gemeinsamen Schutze besonders fühlbar und führte zur Bildung
25 *
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388
Merkel. Die Schriften der römischen Feldmesser.
von Communalverbänden und Stadtgebieten (res publicae, civitatis), ans
welchen sich wiederum Eidgenossenschaften herausbildeten , die eine
kräftigere Handhabung des Landfriedens gewährleisteten.
Die Orte, die als Malstätten dienten, an welchen die Volksver-
sammlungen stattfanden und woselbst die Märkte und Gerichte abge-
halten wurden, erlangten naturgemäss eine erhöhte Bedeutung.
Rom, diese Schöpfung von Hirten, welche durch die Nachbarschaft
feuerspeiender Berge aus Alba longa vertrieben waren, war es beschiedcn,
die festen Hauptorte Italiens zu einer grossen Einigung (societas) zu
zwingen und sich zu deren Vorort aufzuschwingen. Die grösseren ci-
vitates bestanden im weiteren Verlauf nur noch als ständische Glieder
in dem grossen römischen Reichskörper fort.
Bereits oben war bemerkt, dass dem Grenzstein göttliches Wesen
beigelegt wurde, es entsprang aus demselben in Folge der geistlichen
Kraft der Consecration und politischer Verbindungen der Jupiter terminalis,
jener Gott, mit dessen Heimsuchung die etruskischen Haruspiece die
Grenzfrevler schreckten, indem sie auf diese Seuchen, Wunden, Erdbeben,
Hagel, Dürre und Misswachs herabbeschworen.
Nach einem Gesetze Numa’s war der Frevler, welcher einen Grenz-
stein umgepflügt hatte, sammt den Flugstieren dem Gotte verfallen.
In späterer Zeit traten für Grenzverletzungen Geldstrafen ein, die
Magistrate hatten dafür Sorge zu tragen, dass die fehlenden Grenzsteine
durch die Eigenthümer wieder hergestellt wurden.
Wer Grenzsteine wissentlich und in böser Absicht versetzt hatte,
musste für jeden Stein der Gemeindekasse 5000 Sesterzen (circa 750 Mark)
zahlen. Der Gerichtsvorstand hatte das Recht, die Strafe durch Personal-
arrest oder Auspfändung von dem Verurtheilten ohne Aufschub beizu-
treiben.
Das Gesetz Hadrian's aus dem Jahre 140 unterschied vier Fälle
der Grenzverletzung.
Der erste Fall betrifft die Entwendung eines Grenzsteines, dessen
Bedeutung der Thäter jedoch nicht kennt. Für dieses Vergehen trat
körperliche Züchtigung, die Strafe des qualificirten Diebstahls, ein. Im
Falle durch die Vertilgung der Grenzmale eine Aneignung des benach-
barten Ackers beabsichtigt war, wurde auf Verbannung, deren Dauer
sich nach dem Alter des Thäters richtete, erkannt.
Wollte der Thäter jedoch nur einem Anderen einen Dienst leisten,
so wurde er auf zwei bis drei Jahre zu öffentlichen Arbeiten verurtheiit. -
Ein Sklave, der nicht auf Befehl des Herrn handelte, erhielt Bergwerks-
arbeit. Der vierte Fall betraf die Ausrottung der Grenzbäume oder
die Aufhebung der Kulturverschiedenheit, um hierdurch die Grenze,
welche Wald und Feld, Acker und Wiese von einander trennte, zu ver-
wischen.
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Merkel. Die Schriften der römischen Feldmesser. 389
Die alten Landwehren der arcifinischen Territorien, d. h. derjenigen
Ländereien, welche keine geraden Begrenzungslinien besassen, waren
entweder reine Naturgrenzen, gemischte Grenzen, d. h. Naturgrenzen
mit menschlicher Nachhülfe und reine Kunstgrenzen.
Die alten Grenzmerkmale, die Malbäume, Sümpfe, Raine wurden
im Laufe der Zeit immer mehr verdrängt, an ihre Stelle traten bei
neuen Vermarkungen immer ausschliesslicher die neuen Grenzzeichen, die
Termini, die immer künstlicher, genauer und mannigfaltiger gestaltet wurden.
Unter den in früherer Zeit als Grenz-, Mal- oder Lochbäume be-
zeichneten einzeln stehenden Bäumen, welche zur Bestimmung der Grenze
gedient hatten und denen als heilige Bäume der heidnische Baumcultus
Lampen anzündete und Wein schenkte, unterschied man dreierlei Arten:
1) Verschonte Bäume, von denen weder Laub zum Viehfutter, noch
Nutzholz, noch Brennholz genommen werden durfte und die bei ihrem
Eingehen gemeinschaftlich und nach gegenseitiger Uebereinkunft ersetzt
werden mussten. 2) Gezeichnete Bäume. Die Zeichen wurden entweder
durch Axthiebe hergestellt und vernarben lassen oder sie bestanden in
Löchern, in welche Holzzapfen gesteckt wurden. Befand sich der nächste
Grenzpunkt an einem grösseren Wasser, so Hess man Blei ein. Bäume
an einem Winkel erhielten ein Gamma, Bäume an einem Kreuzwege ein
Kreuz oder eine römische Zehn. Auf der inneren Eigenthumsgrenze zwischen
zwei Aeckern bekamen sämmtliche Bäume innerhalb der üblichen fünf-
filssigen Grenzstreifen Kennzeichen, die mittleren, hart auf der Grenze
stehenden von beiden Seiten, die übrigen auf der dem Eigenthümer ab-
gekehrten. 3) Besondere Baumgattungen, besonders Ulmen, sodann
Pinien, Cypressen, Oelbäume, Pappeln, Mandeln, Datteln, Quitten.
An Einfriedigungen unterschied man vier Arten: Hecken lebendige,
Zäune, Wälle und Gräben, Erd-, Backstein- oder Feldsteinhaufen.
Wege dienten nur in den seltensten Fällen als Grenzen.
Die vollständige Entwickelung der neueren Greuzzeichen, der Ter-
mini, fand unter den Imperatoren statt.
In holzreichen aber steinarmen Gegenden verwandte man Pflöcke
von Eichen, Steineichen, Oelbäumen, Wachholdern. Um dieselben vor
dem Verwittern zu schützen, überzog man sie mit Pech. Nach ihrer
Versetzung blieben die Pflöcke entweder frei oder wurden mit Erde
überdeckt.
Bei der Wahl steinerner Marken richtete man sein Augenmerk be-
sonders darauf, dass das Material derselben von den einheimischen Feld-
steinen abstach, man wählte daher farbige ausländische oder gebrannte
Steine. Die Grösse der Grenzsteine richtete sich nach der Wichtigkeit der zu
bezeichnenden Grenze. Landes-, Territorial- und Gerichtsgrenzen wurden
vielfach durch Säulen markirt. Ecksteine pflegten besonders gross
zu sein.
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390 Merkel. Die Schriften der römischen Feldmesser.
Die Agrimensoren unterschieden an jedem terminus: die Front, den
Fuss und die Seiten. Neben dreieckigen Steinen finden sich Parallelo-
gramme, Rhomben, Rhomboide, Trapeze, Trapezoide, Polygone. Aach
Grenzsteine in Form von Urnen kommen vor. Die Grenzsteine wurden
mit verborgenen oder offenen Zeichen versehen, den letzteren war eine
besondere Künstlichkeit eigen. Die geheimen Zeichen wurden unter das
Gesäss des Steines in das Lager gelegt (in Deutschland heissen sie Ge-
heimniss, Zeichen, Belag, Beilage, Eier, Junge, Loos oder Markzeichen).
Bei den Römern wurde die geheime Bezeichnung durch Kalk, Gips,
Kohle, Glasscherben, Asche, Topfscherben, Denare und andere Münzen
gebildet. Bei den von der römischen Regierung angeordneten Vermar-
kungen waren keine geheime Zeichen vorgeschrieben, der Gebrauch der-
selben war daher ein willkürlicher und hieraus erklärt sich, dass der
Mangel derselben nichts gegen die Eigenschaft der Marksteine bewies.
Die offenen Merkmale bestanden in Inschriften, Buchstaben oder
Zeichen. Nur Grenzsäulen pflegte man mit Inschriften zu versehen. Die
Bedeutung der einzelnen Buchstaben wurde in den Vermarkungsproto-
kollen erläutert. Die verschiedenen Zeichen hatten eine bestimmte Be-
deutung, so wiesen z. B. Kreuze auf einen in der Nähe befindlichen
Kreuzweg hin.
Nachdem vorstehend die römische Auffassung des Grenzbegriffes
wiedergegeben und die Bezeichnungsweise der Grenzen dargestellt
worden ist, möge nunmehr das Rechtsverhältniss und die Arten der zur
Vermessung gelangenden Ländereien näher erläutert werden.
Man unterschied zunächst Arcifinien und Territorien.
Ein arcifinius ager ist ein Gebiet, welches keine geraden Linien
der Begrenzung, wie solche die Colonien erhielten, besitzt, sondern noch
die unregelmässigen Grenzen, die durch Widerstand oder Uebereinkunft
unter den noch selbstständigen Republiken des alten Italiens in vorrflmi-
scher Zeit entstanden waren, bewahrt hat. Diese Grenzen beruhten
nicht auf einem römischen Staatsact, sondern auf alten Sühneverträgen
und Friedensschlüssen der Nachbargemeinden. Ueber die arcifinischen
Gebiete konnte es daher keine Karten mit öffentlichem Glauben, sondern
nur Protokolle und Privatpläne der Betheiligten geben.
Einzelne der alten Staaten (z. B. der Staat der Etrusker und Hera-
cleoten) hatten bereits vor ihrer Einverleibung in den römischen Staats-
körper Landanweisungen vorgenommen. Je nachdem nun die Einver-
leibung mittelst eines völkerrechtlichen Vertrages oder durch Gewalt
erfolgt war, wurden die bereits vorhandenen Limitationen geachtet oder
zerstört.
Unter Territorium verstand man die Gesammtheit der Grundstücke
innerhalb der Grenzen einer Gemeinde.
Die Landgebiete im römischen Reiche wiesen, wie sich leicht denken
lässt, eine grosse Rechtsverschiedenheit auf und zwar kannte das civile
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Merke). Die Schriften der römischen Feldmesser.
391
6renzrecht zunächst drei Verschiedenheiten: die staatsrechtlich-gromatisehe,
die privatrechtliche, die landwirtschaftliche.
Staatsrechtlich und gromatisch konnte ein Gebiet entweder aufge-
theilt, bloss vermessen oder keines von Beiden sein.
Die Auftheilung und Vermessung war ein Staatsact, die beiden
ersten Klassen konnten daher durch Karten beglaubigt werden, die als
amtliche, von den geschworenen Feldmessern der Regierung aufgenom-
menen Urkunden öffentlichen Glauben genossen.
Bei der dritten Klasse (ager arcifinius) beruhten, wie bereits oben
bemerkt, die Grenzverhältnisse nur auf Verträgen zwischen den Gemeinden
oder Einzelnen und waren dieselben als Privatzeugnisse in eigener Sache
daher ohne Beweiskraft. . . .
Nur bei den beiden ersten Klassen (aufgetheilte und vermessene
Gebiete), wo ein Durch- oder Abschneiden durch unveränderliche, mathe-
matische Linien erfolgte, konnten Schnitzel und Reste entstehen, was
bei arcifinischem Lande selbstverständlich unmöglich war.
Die mathematischen Linien der Begrenzung schlossen die Möglich-
keit einer Grenzänderung durch Wasserlauf (Alluvion, Inseln, Fluss-
bett) aus.
Frontin erkannte als aufgetheiltes Land nur die Colonialgebiete an,
auf deren specielle Verhältnisse weiterhin eingehender zurtickgekommen
werden soll. Das Kaufland, d. h. das vom Staat verkaufte und limi-
tirte Land stand in einem Zwitterverhältniss zwischen Veräusserung und
freiem Staatseigenthum.
Die römischen Colonien unterschieden sich wesentlich von denjenigen
des neueren Europas. Die römischen Colonien , die der Eroberung auf
dem Fusse folgten, waren Staatsfestungen, durch welche das Gewonnene
gesichert werden sollte, sie waren ein Abbild der Mutterstadt und be-
stimmt die durch Kriege verminderte alte Bevölkerung durch eine neue
römische zu ersetzen. Eine Colonie nannten die Römer einen persön-
lichen Staats- und Heertkeil, welcher in Gemässheit eines öffentlichen
Beschlusses in einen festen Platz hinausgefUhrt und daselbst als eine
Tochtergemeinde Roms nach bestimmten Rechtsanordnungen angesiedelt
wurde. Die Anlage erfolgte daher auch ganz in der gleichen Weise, wie
sie fllr die Gründung einer urbs in den alten etruskischen Ritualbüchern
vorgeschrieben war, wenigstens hatte sich das Wesentlichste dieses
etruskischen Rituals bei der Gründung römischer Colonien bis in die
dritte Periode erhalten.
Angethan mit dem cinatus Gabinus und mit Uber dem Kopfe ge-
schlagener Toga, um nicht durch bösen Angang bei der heiligen Hand-
lung gestört zu werden, führte der Magistrat einen Pflug um das für
die Colonie bestimmte Land. Der Pflug musste mit zwei weissen Thieren
verschiedenen Geschlechts bespannt sein. Der Stier musste rechts, die
Knh links gehen und war es erforderlich, dass der Zug sich von der
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392 Merkel. Die Schriften der römischen Feldmesser.
Linken zur Rechten wendete; die umgekehrte Bewegung hätte für eine
böse Vorbedeutung gegolten. Die durch den Pflug geschaffene Furche
bildete den Anfang des Stadtgrabens, die Schollen mussten auf die Innen-
seite fallen und stellten den Stadtwall dar. Von dem Krümmel (ab
unre et orbe) leitete sich die Bezeichnung urbs ab. An den Stellen,
an welchen sich die zukünftigen Stadtthore befinden sollten, wurde der
Pflug getragen, von dem aufgehobenen Pfluge entstammte die Bezeich-
nung porta. Auf die Umziehung folgte die Bestimmung der Stadttheile
(tribus) und der regiones der Feldmark. Dieselbe geschah durch kreu-
zende Furchen nach gleichseitigen Vierecken.
In derselben Weise wie eine Stadt gegründet, wurde sie auch zer-
stört, d. h. durch Umpflügen zu Ackerland. Dieses Umpflügen zu Acker-
land geschieht per strigas et scamna, wobei strigae die Furchen, scamnae
die bei fehlerhaftem Pflügen unberührt gebliebenen Bänke zwischen zwei
Furchen bedeuten. Die Strigation bildete das Umgekehrte der Centu-
ration. Unter Centuration (auch limitatio) verstand man die Zertheilung
des BodenB in centuriae, d. h. in Quadrate von 100 sortes oder herediae.
Diese Zerschneidung erfolgte durch Längen- und Querlinien in Kreuzform.
Die urkundliche Beglaubigung dieses Staatsactes wurde auf Holztafeln,
später auf solche von £rz oder Pergament verzeichnet. Neben den qua-
dratischen Formen konnte ein Coloniegebiet jedoch auch längliche Vier-
ecke aufweisen. Die Bezeichnung für diese Ackerbeete war strigae,
wenn es Längsstreifen, scamnae, wenn es Querstreifen waren. Boden,
welcher in der einen oder der anderen Richtung gestreift war, wurde
daher ager scamna oder strigatus genannt. Der Längenbegriff war durch
die Richtung von Norden nach Süden, der der Breite durch die Richtung
von Westen nach Osten bestimmt.
Die Centuration, sowie die Strigation und Scamnation kommen jedoch
in zwei weiteren Anwendungen vor und zwar bei der Lagerabsteckung,
welche die militärische Seite der Gromatik bildete und in Bezug auf den
steuerpflichtigen arcifinischen Provinzialboden, an welchem der Staat
das Eigenthum, der Einzelne nur eine mit Tribut belastete Privatbe-
nutzung hatte. Letzteres Land konnte daher nur missbräuchlich von
den Agrimensoren in Centurienform vermessen werden, da eine voran-
gegangene Centuration bei diesem Lande nicht angängig war. Eine
Vermessung im Ganzen ohne Auftheilung kam in drei Anwendungen vor
und zwar: bei der Unterordnung eines Gemeindewesens unter ein andere«,
zur Erhaltung der geistlichen Güter der römischen Priestercollegien und
zwecks Erhaltung der Staatsdomänen.
Der erste Fall trat hauptsächlich in den Provinzen zur Erzielung
einer Vereinfachung der Justiz- und Steuerverwaltung ein. Durch diese
Einrichtung wurde die Bildung grösserer Gemeinden beabsichtigt, welche
das auf sie fallende Tributum auf die sämmtlichen ihnen zugelegten Ort-
schaften vertheilen und dann in einer Summe entrichten mussten. Ke
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Merkel. Die Schriften der römischen Feldmesser.
393
Attribution war ein Staatsact, die Uber denselben aufgenommene Karte
hatte daher volle Beweiskraft.
Die im Besitz der römischen Priestercollegien, sowie der Vestalinnen
befindlichen Ländereien waren selbst noch in der dritten Periode in
Italien Überaus umfangreich. Soweit dieselben nicht zu gottesdienstlichen
Zwecken benutzt werden mussten, wie die Tempel und Haine, wurden
dieselben in ein- bis fünfjährige Zeitpacht oder auch in Erbpacht gegeben.
Die hier in Frage kommenden Ländereien sind, wahrscheinlich unter
Augustus, vermessen worden. Wenn die betreffenden Urkunden auch
nach allgemeinen Grundsätzen als Privatacte aufzufassen waren, so hatten
sie doch öffentlichen Glauben, da die Vermessung unter öffentlicher Auto-
rität erfolgt war und da die Besitzungen der römischen Priestercollegien
den Staatsdomänen gleichstanden. Die provinziellen Priestercollegien
konnten eine gleiche Sicherheit höchstens durch eine rechtskräftige Sen-
tenz erreichen. Dieselbe galt jedoch nur immer unter den Parteien und
batte keinen öffentlichen Glauben.
Die Vermessung der römischen Domänen war zwar mit einer Thei-
lung in laterculi (Quadratform), aber nicht mit einer persönlichen Auf-
teilung an Einzelne oder Heeresabtheilungen verbunden. Der Zweck
der Vermessung derselben, welche namentlich unter Vespasian mit grosser
Sorgfalt zur Ausführung kam, war darauf gerichtet, diese Güter den
Occupationen der Private zu entziehen und dieselben demgemäss dem
Staate zu erhalten.
Dass das arcifinische Land ungeteilt und unvermessen blieb, ist
nach dem bereits früher Gesagten selbstverständlich.
Das arcifinische Land umfasste in der dritten Periode 1) die noch
übrigen in der Hauptsache aus einigen Forsten bestehenden Domänen
der römischen Republik, 2) die Forsten und Domänen des Kaisers, 3) die
Forsten und WaldgUter römischer Edlen in Italien und den Provinzen,
4) die steuerpflichtigen Privatbesitzungen des Volkes wie des Kaisers in
den Provinzen, 5) die Territorien der Bruderstädte in Italien und den
Provinzen und 6) die Gebiete des peregrinischen Civitates in den Provinzen.
Die arcifinischen Ländereien erfuhren eine stete Verminderung und
Vermehrung. Die Verminderung wurde verursacht durch die fortwäh-
rende Gründung von Colonien, durch die zur Sicherung theils der Grenzen,
theils der Stenern vorgenommenen Strigationen der steuerpflichtigen
Provinzialpossessionen und durch die besonders von Vespasian angeord-
nete Vermessung der Domänen.
Eine Vermehrung erfuhr das formlose Land durch die Verwilderung
innerhalb der Limitationen, in welchen durch Kauf und Tausch bei dem
Mangel geschlossener Hufen wenigstens arcifinische Privatgrenzen ent-
stehen konnten.
In privatrechtlicher Beziehung war der Grund und Boden entweder
Privateigenthum, Gemeinland oder gemischten Rechts.
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394
Merkel. Die Schriften der römischen Feldmesser.
Dasjenige Land, welches seitens des Staates oder einer Gemeinde
durch eine wahre Veräusserung und Auftheilung von dem Staats- oder
Gemeindeland vollständig ausgeschieden und den Geschlechtern erb- und
eigentümlich überlassen war, befand sich im Privateigenthum.
Im freien Staats- oder Gemeindeeigenthum steht der ager publicas.
Derselbe kann weder veräussert noch zu festem Privatbesitz überlassen
werden. Die Einziehung stand jederzeit dem Staat oder der Gemeinde
zu. Dieser Tbeil des Staatseigenthums befand sich entweder im öffent-
lichen (zu weltlichen oder religiösen Zwecken des Gemeinwesens) oder
Privatgebrauch.
Die Privatnutzung war entweder eine gemeinschaftliche oder sns-
schliessende.
Bürgerwaldungen und Gemeindeweiden standen z. B. im gemein-
samen Gebrauch.
Diejenigen agri publici, deren Besitznahme dem Einzelnen gestattet
war, standen dagegen in ausschliessender Privatnutzung. In früheren
Zeiten war das Occupationsrecht ein schrankenloses gewesen und der
siegende Feldherr pflegte jeden dazu durch ein Edict einzuladen. Einige
Schriftsteller berichten von ganzen Provinzen, welche sich im Besitze
weniger grosser Herren befunden hatten.
Durch das Licinische Gesetz wurde das Maass der Occupation auf
das Maximum beschränkt, welches ein Einzelner bebauen konnte.
Durch die Lex Thoria wurde das Maass auf 30 Iugera vermindert.
Unter Domitian verlor die Occupation in Italien ihren rechtlich erlaubten
Gegenstand, nur in den Provinzen an der Militärgrenze kommt dieselbe
noch in der vierten Periode vor.
In dem gemischten Verhältniss befand sich dasjenige Staats- oder
Gemeinland, welches der Staat oder die Gemeinde ohne Veräusserung
zu erblichem Privatbesitz verliehen hatte. Von diesem Lande blieb zwar
der Staat Eigenthümer, aber er leistete Verzicht auf die Einziehung und
zwar wurde der Verzicht bedingt oder unbedingt geleistet.
Die landwirtschaftliche Verschiedenheit, die dritte und letzte Ver-
schiedenheit, welche das civile Grenzrecht kannte, kam für folgende
drei Fälle in Frage: 1) bei Ermittelung der Grenzen durch Verschieden-
heit des Anbaues, 2) bei Anlage einer Colonie, wo sie auf das Maass
des einzelnen Looses Einfluss hatte und 3) bei stipendiarischen Stadt-
gebieten im Falle die ursprünglich festgesetzte Fruchtquote durch Ab-
schätzung des Bodens auf Geldabgaben reducirt werden sollte.
Die für letzteren Zweck festgesetzten Bonitirungsclassen unterschieden
z. B. in Pannonien: Ackerboden erster Klasse, zweiter Klasse, Wiese,
Mastwald, gemeiner Wald zu Holzhieb und Weide. Die für jedes Iu-
gerum in jeder Klasse festgesetzte Grundsteuer hing von dem Ertrage
ab. Um zu ermitteln, ob die Zahl der Iugerte mit der vom Besitz-
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Merkel. Die Schriften der römischen Feldmesser.
395
angegebenen übereinstimmte, musste also jede geschätzte Klasse für sich
gemessen werden.
Wie bereits aus dem Vorangegangenen hervorgeht, war die Thätig-
keit der römischen Agrimensoren eine sehr umfassende und es dürfte
daher von Interesse sein, zunächst darauf einzugehen, in welcher Weise
die Vorbildung derselben erfolgte und welche Stellung dieselben im
römischen Staate einnahmen.
Agrimensoren und Juristen hatten insoweit eine gleichartige Vor-
bereitung, als dieselbe sich in eine praktische und eine theoretische schied.
Der Gromatiker erhielt die erstere, so lange der Staat noch Kriegszüge
ausführte und Colonien schuf, im Gefolge der Imperatoren, in späterer
Zeit erfolgte dieselbe durch praktische Erörterungen und Aufgaben aus
gromatischen Pandecten auf der polytechnischen Schule. Nach Livius
hatte die patrizische Jugend der Republik ihre kriegswissenschaftlichen
und gromatischen Kenntnisse aus Uebertragungen geschöpft, welche den
Ritualbüchern der Etrusker entnommen waren. Erst Frontinus legte
durch seine Schriften den Grund zu einem wissenschaftlichen Unterricht
in der Gromatik.
Während der ganzen städtischen Periode besass Rom weder eine
Staatsanstalt für die Ausbildung der Feldmesser noch für die Ausführung
von öffentlichen Vermessungen und Vermarkungen. Die Gromatik war
ursprünglich eine freie Kunst, gleichwie die Rechtskunde. Dieselbe wurde
von Freien ohne vorangegangene Prüfung wissenschaftlich, von Sklaven
praktisch geübt. Erst in späterer Zeit wurde für Leistungen auf diesem
Gebiete ein honorarium gegeben. Der Name für einen frei gewählten
Feldmesser war finitor, der Name mensor dürfte vielleicht erst unter
Julian eingeführt worden sein. Eine vollständige Aenderung in der
Stellung der Vertreter der Feldmesskunst trat unter dem Principat ein.
Für die Absteckung des Lagers, der Militärcolonien , für die Bildung
von Municipien, sowie für die Festsetzung der Grundsteuern wurden
unter den Imperatoren Techniker im GeneralBtabe oder als Regierungs-
feldmesser angestellt. Zu Polybius Zeiten erfolgte die Absteckung des
Lagers durch einen Tribunus mit Unterstützung einiger Centurionen;
Cäsar sandte noch im gallischen Kriege zu dem genannten Zwecke einige
Centurionen voraus, unter Antonius aber wurde die Lagerabsteckung
bereits als fester Beruf durch einen peritus metator et callidus betrieben.
Neben den Bezeichnungen, welche der betriebenen Kunst oder den
hierzu erforderlichen Werkzeugen entlehnt waren, führten diese Mensoren,
welche bleibend im Dienste der Regierung angestellt waren, den beson-
deren Namen togati Augustorum und auctores. Von den Geometern
wurde zwar weder eine juristische noch eine militärische Ausbildung ver-
langt, auch wurden vielfach Militärpersonen zu bürgerlichen Vermessungen
verwandt; es lag jedoch in der Natur der Sache, dass die Geometer
eine genügende theoretische und praktische Kenntniss ihres Berufes sich
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Merkel. Die Schriften der römischen Feldmesser.
erwerben mussten. Nur wer diese Kenntniss durch eine Staatsprüfung
nacbgewiesen, konnte auf eine Anstellung rechnen. Ausgezeichneten Aue-
toren pflegte der Perfectissimat ertheilt zu werden.
Die gewöhnlichen Reise- und Hoffouriere (mensores nostri) sind nicht
mit den Agrimensoren zu verwechseln, bildeten vielmehr eine unterge-
ordnete Klasse der Hofdienerschaft.
Einigen Einblick in die Art der Unterweisung der angehenden Feld-
messer gestatten die durch langen Schulgebrauch am stärksten mitge-
nommenen Theile der Feldmessersammlnng, in welchen die Vertheilong
eines Berges unter die Loose der Ebene und einige weitere Einzelheiten
behandelt sind. Die hierauf bezüglichen Erläuterungen wurden beim
Unterricht in der Weise benutzt, dass die Schüler zu den Beschreibungen
des Lehrers die Zeichnungen, zu den Zeichnungen die Erklärungen liefern
mussten. Auch die Hülfsmittel zum Nachschlagen werden aufgeftlhrt.
Neben dem Bethätigungskreis der bürgerlichen Feldmesser, wie
solcher sich aus dem früher Gesagten ergiebt, umfasste die Thätigkeit
der Agrimensoren das Beurkundungsgeschäft in unstreitigen, theils das
Richteramt, die Advocatur und die sachverständige Beurtheilung in strei-
tigen Grenzsachen. Die hervorragendste Beschäftigung war die bei der
Anlage von Militärcolonien, bei den Grundsteuer- und Domänenvermes-
sungen, sowie die Theilnahme bei den Ganggerichten.
Von Interesse dürfte es zunächst sein, die Instrumente, deren sich
die römischen Feldmesser bedienten, sowie die Art ihrer Verwendung
ins Auge zu fassen. Bei den Vermessungen spielte die Gestalt des Kreuzes
eine hervorragende Rolle, sie bildete in allen Colonien die vorherr-
schende Form. Die Kreuzesform wurde wohl nur von den ältesten
Auguren mit dem Krummstabe nach Gutdünken beschrieben. Schon zu
Ennius und Lucilius Zeiten bedienten sich die Auguren und Mensoren
bei Messungen auf der Erde, welche auf der Kreuzesform beruhten, so
namentlich bei der Gründung von Festungen und Lager eines metallenen
Messinginstrumentes. Den Gebrauch desselben hatten die Römer von
den Etruskern, diese von den Griechen, diese von den Babyloniern
überkommen.
Der Name dieses Instrumentes war „stella“, derselbe rührte von der
Kreuz- oder Sternform her und sollte eine gute Vorbedeutung für die
aufgehende Stadt sein. Neben dieser Bezeichnung hatte sich der Aus-
druck groma eingebürgert und den gromatici den Namen gegeben.
Die Stella oder Groma war ein doppeltes Diopterlineal, das aus
zwei rechtwinklig sich schneidenden Armen bestand, an deren Enden
die Himmelsgegenden angedentet waren.
An den vier Enden waren Perpendikel mit Gewichten angebracht,
dieselben dienten dazu das Instrument zu richten. Zur Bestimmung des
Meridians bedienten sich die Feldmesser der Sonnenuhr (gnomon).
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Merkel. Die Schriften der römischen Feldmesser.
397
Die Groma ruhte auf einem eisernen Fussgestell. Bei den feierlichen
Auspicien wurde die Stella in Gegenwart des Gründers der Colonie auf
deren Markt, im Schneidepunkt der Hauptstrasse aufgestellt. Von dieser
ersten feierlichen Aufstellung unterschieden die Gromatiker die Ueber-
tragung des Instrumentes auf die übrigen rechten Winkel innerhalb der
Limitation.
Das Ende des Auftrages des Curators und damit der Beginn der
Herrschaft des Gesetzes und der ordentlichen Magistrate wurde durch
die gänzliche Wegnahme der Groma und durch die Anheftung des aus-
geführten Limitationsplanes auf dem Markt oder im Archiv bezeichnet.
Sämmtlicke rechtwinklige Schneidepunkte wurden tetrans oder groma
genannt.
Man hatte es bei neuerbauten Colonien in der Hand, die Groma
des Ganzen zum Marktplatz der Colonie einzurichten. Nach Vitruv sollten
am Marktplatz der Haupttempel, das Rathhaus, die Börse, das Stadt-
gericht und das Stadtgefängniss , sowie das Schatzhaus erbaut werden.
Wie im Lager führten die vier Hauptstrassen zu den vier Thoren hin-
aus, die Stadt beherrschte alle vier Quartiere. Der Weg zum Gericht,
zum Markt war überall der gleiche. Die beschriebene Form galt als
die günstigste und schönste, war jedoch nur in seltenen Fällen an-
wendbar.
Die gerade Richtung der auslaufenden Limites von den Kreuzpunkten
aus wurden durch Visiren und Zurückvisiren mittels Messstangen bestimmt.
War das Terrain geneigt, so ward an der Spitze der horizontalen
Messruthe ein Perpendikel gebunden und auf diese Weise die horizon-
tale Längenausdehnung gemessen.
Hindernisse, wie Gebäude, Klippen, Bäume und dergl. wurden um-
gangen, der Raum derselben möglichst ausgemessen. Flüsse und Thäler,
welche zu übersehen waren, wurden mit Hilfe der Lehre von der Gleich-
heit der Dreiecke in ihrer Breitenausdehnung bestimmt.
Jeder Arm des sich im Mittelpunkt des Ganzen schneidenden Kreuzes
theilte die Feldmark in zwei Hälften, wodurch die vier tribus oder
regiones entstanden.
Jeder dieser Theile hatte besondere Bezeichnungen. Man ging von
der Auffassung aus, dass die Welt ein organisches Wesen sei und übertrug
die vom menschlichen Körper entlehnten Unterscheidungen, Oben und
Unten, Vor- und Rückwärts, Rechts und Links auf den Weltorganismus.
Von der Stellung des Gromatikers gegen die Climata, ianuae und
cardines mundi, hing es ab, welche Regionen der Mark die vorderen
und hinteren, die rechten und linken genannt wurden.
In der Feldmessersammlung werden zwei Stellungen unterschieden.
Die älteste vorkommende Stellung war von den Etruskern übernommen.
Der Augur wendete hierbei der untergehenden Sonne das Gesicht zu.
Die prorsi liraites, d. h. die in der Richtung der Kreuzarme von dem
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398
Uerkel. Die Schriften der römischen Feldmesser.
Augur oder Feldmesser geradeaus laufenden Linien gingen von Morgen
gegen Abend; die in der Richtung der Querarme hiessen transversi
limites. Sobald die zweitheilende Hauptstrasse (der Decumanus) be-
stimmt war, drehte sich der Feldmesser rechts um gegen Norden, es
wäre von tlbler Vorbedeutung gewesen mit dieser Richtung gegen Mitter-
nacht zu beginnen. Der von Süden nach Norden laufende Limes wurde
der Transversus genannt, oder, da er der Weltachse entsprach, der
Cardo. Die im Lager in dieser Richtung laufende Strasse war die via
principalis, die Thore an ihrem Ende hiessen porta principalis dextra
(Südseite) und porta sinistra. Durch den cardo wurde das Lager in
vier Quartiere der Stadt getheilt.
In späterer Zeit hielt man die Richtung gegen den Aufgang der
Sonne für glücklicher als die gegen den Niedergang. Diese Anschauungs-
weise bewirkte eine allgemeine Umkehr der Stellung.
Die porta praetoria, früher das Thor an dem Westende des Decu-
manus, wurde nun, wenn nicht gegen den Feind, gegen Morgen gerichtet.
Es möge nicht unerwähnt bleiben, dass sich selbstverständlich auch
bei den Römern nicht eine starre Durchführung dieser Grundsätze nach-
weisen lässt, vielmehr vielfache durch die verschiedenartigsten Gründe
herbeigeführte Abweichungen vorkamen. Befand sich z. B. bereits eine
Niederlassung in der Nähe, so liess man um Verwechselungen auszu-
schliessen, die Limitation der neuen Colonie schräg auf die der alten
stossen. Im Laufe der Zeit erfuhr die alte Markscheidekunst immer
mehr Umbildungen. Die Kreuzesform erhielt sich und ging in das
christliche Ritual und die kirchliche Baukunst Uber. Die wichtigsten
Limites waren hinfort nicht nur Linien sondern auch Fahrstrassen, die
zwar der Gemeinde gehörten, aber doch vielfach dem Staate geöffnet
waren. Die Breite schwankt von 10 bis 120 Fuss. Die offenen Wege
wurden gepflastert und mit Abzugsgräben versehen. Nebenstrassen zer-
legten das Quartier in saltus von 25 Centurien ; die limites lineares
trennten die Compagnieloose von einander.
An den Winkeln der Centurien wurden Steine, in einzelnen Fällen
mit Aufschriften, angebracht. Dieselben waren ursprünglich sehr unvoll-
kommen. Die lex Sempronia, lex Julia, sowie die Triumvirn und Au-
gustus machten jedoch den Unternehmern die Durchführung eines deut-
lichen Systems der Versteinung und Bezifferung zur Pflicht.
Hiernach sollten Staatslimitationen an allen vier Ecken jeder Centurie
durch Steine, deren Material, Gestalt, Stellung u. s. w. genau vorge-
schrieben war, bezeichnet werden.
Durchgängig wurden folgende beiden Grundsätze festgehalten. 1) Io
jeder Colonie war nur ein System der Bezifferung zulässig, 2) die
Versteinung hatte von dem Kreuzpunkt der Hauptstrassen aus zu beginnen.
Die Steine erhielten Aufschriften mit Angabe des betreffenden Cardo
und Decumanus, wodurch es sehr leicht war sich auf limitirtem Felde
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Merkel. Die Schriften der römischen Feldmesser.
399
zu orientiren. Die Entfernung der Steine richtete sich in der Regel
nach der Centuriengrösse, welche zwischen 200 — 240 Iugera schwankte.
An dieser Stelle möge etwas näher auf die Maassverhältnisse ein-
gegangen werden.
Das römische Staatsmaass war ursprünglich ein Decimalsystem, wahr-
scheinlich bereits aber unter Servius wurde das leichter theilbare Duode-
cimalsystem eingeflihrt. Die Einheit (pertica) bildete ein Quadrat von
zwölf zehnfüsaigen Ruthen. Der Fuss war das hervorragendste Maass.
Der römische Normalfuss war der auf dem Capitol befindliche pes
monetalis. Die Unterabtheilung bildete 16 Zoll.
Das lugerum ist ein Doppel- As von 240 Fuss Länge und 120 Fuss
Breite. Dasselbe bildete das römische Staatsmaass vor Gericht und im
Lager. Das Scriptulum ist das Quadrat der Ruthe. Hiernach ist also
1 lugerum — 2 pertica k 144 Quadratruthen und 1 Scriptulum der
288. Theil des lugerum.
Neben diesen römischen Staatsmaassen erhielten sich Jahrhunderte
lang die altitalischen Maasse, auf welche jedoch nicht näher eingegangen
werden soll.
Die Grosse des Looses war zu verschiedenen Zeiten eine verschie-
dene und richtete sich vielfach nach der Grösse des vorhandenen Landes,
dem militärischen Grade; auch der Werth und die Fruchtbarkeit des
Landes waren von bedeutendem Einflüsse auf dieselbe.
Die Militärcolonien, in welchen sich die Feldmesskunst in hervor-
ragendem Maasse bethätigte, unterschieden sich wesentlich von den Co-
lonien des alten Staates. Während diese dureh einen Senatsbeschluss,
seit Gracchus durch einen Volksbeschluss gegründet worden waren, ging
die Stiftung der Militärcolonien von dem Imperium aus. Dieselben bil-
deten das Mittel, den Sieg des Militärstaates Uber den alten Rechtsstaat
zu befestigen. Landempfänger waren in der Hauptsache gewesene Militär-
personen, d. h. Veteranen. Die Vertheilung des Landes erfolgte in der
Regel, um den Beschwerden der Einzelnen zuvorzukommen, durch
Verloosung. Mit der Verloosung endete die Thätigkeit des Feldmessers,
vorausgesetzt, dass ihm nicht auch noch die Einführung der Veteranen
in ihre Loose commissarisch übertragen war. Von den Bezeichnungen
der angewiesenen Centurien durch signis scheint die Uebergabe assi-
gnatio, das angewiesene Land ager datus assignatus genannt worden
zu sein.
Die beendete Limitation oder Assignation wurde durch eine zwei-
fache Beurkundung, welche als Beglaubigung eines Staates öffentlichen
Glauben hatte, festgelegt. Die Beurkundung erfolgte durch Monumente
an Ort und Stelle, sowie durch Documents.
Die örtlichen Grenzmonumente waren steinerne, viereckige, auf
Biegungen dreieckige Altäre von ansehnlicher Grösse. Aneinander stossende
Colonien errichteten dieselben wohl gemeinsam und versahen die zuge-
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Merkel. Die Schriften der römischen Feldmesser.
wandte Seite mit ihren Kamen. Unter den Documenten war das wich-
tigste die Karte. Dieselbe gab die ganze Colonie mit dem dazu gehih
renden Landgebiet, womöglich mit Angabe der Länge und Breite der
Assignationen in jeder Centurie im Kleinen bildlich wieder. Das Haupt-
exemplar wurde in Erz gegraben und auf dem Markt der Colonie oder
im Tabularium öffentlich angeschlagen.
Das Duplicat war auf Leinewand gezeichnet und wurde im kaiser-
lichen Archiv aufbewahrt. In Zweifelsfällen gab derselbe den Ausschlag.
Zur Ergänzung und Erläuterung der Karte dienten zusammengeheftete
Wachstafeln, auf welchen die Namen der Landempfänger und die Loose
derselben aufgeführt waren, sodann Verzeichnisse etwa nicht assignirter
Stücke und eine Aufzählung der vom Princeps verschenkten und der
Colonie überlassenen subseciv und extraclusa.
Auch diese Verzeichnisse wurden doppelt ausgefertigt und vom
Princeps eigenhändig vollzogen. Ein Exemplar blieb im Archive der
Colonie, das andere kam in das tabularium Caesaris.
Zum Schluss erübrigt eine Vorführung der Ganggerichte, eine Tlii-
tigkeit der Agrimensoren auf streitigem Gebiete.
In diesen Streitsachen hatten die römischen Feldmesser ein zwei-
faches Amt auszuüben. In wichtigen Angelegenheiten dieser Art hatten
sie die sachverständige Begutachtung, in den geringeren Streitfällen stand
ihnen das Feldrichteramt selbst zu. Sowohl die Gutachten wie die Ur-
theile mussten eidlich bekräftigt werden. Das Beweisverfahren erfolgte
durch eine Besichtigung der Grenzen an Ort und Stelle. An dem Streit-
orte zeigten beide Parteien, welche von ihren Freunden und Beiständen
begleitet waren, dem Richter die von ihnen beanspruchten Grenzen.
Die Richter hielten Begang ab, erhoben die Steine, untersuchten die
offenen und geheimen Merkmale und wiesen darnach den Grenzzug an.
Der letzte nachweisbare Fall der Thätigkeit der Agrimensoren auf
diesem Gebiete stammt aus der Zeit der ostgothischen Herrschaft.
Der Streit über die richtige Stellung eines Grenzsteines bildete in
der Regel die Vorfrage eines Grenz- oder Eigenthumstreits.
Streitigkeiten Uber Flächenmaasse kamen in drei Anwendungen vor
und zwar in Fällen der Zusicherung eines bestimmten LandmaasBes an
einen Einzelnen oder an eine juristische Person durch eine lex coloniae
oder lex contractus, sowie bei Angabe eines unrichtigen Maasses in einer
Profession behufs der Grundsteuer.
Der Streit über das Eigenthum, sowie der Besitzstreit konnte sich
entweder auf ein angrenzendes Stück Land oder auch auf eine entlegene
Pertinenz (z. B. einen Holztheil im Gebirge) beziehen. Streitfragen über
Anschutt und Abtrieb, Flussinseln und verlassene Flussbette traten nur
dann an die Feldmesser heran, wenn zufällig in limitirten Feldmarken
ein Fluss mit assignirt oder dem Flussbett eine gewisse Breite einge-
räumt war. In solchen Fällen musste die Flurkarte entscheiden.
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Wilski. Cubatur eines prismatischen Körpers etc. 401
Es ist selbstverständlich, dass es nicht möglich ist, in dem engen
Rahmen dieser Abhandlung alle Einzelheiten des ausgebildeten römischen
Vermessungswesens zu berühren, Zweck derselben kann es vielmehr nur
sein, das Interesse der Leser dieser Zeitschrift auf die Verhältnisse zu
lenken, unter welchen die antiken Collegen thätig waren und in grossen
Zügen deren Wirkungskreis vor Augen zu führen.
Cubatur eines prismatischen Körpers mit windschiefer
oberer Grenzfläche und unregelmässigem Viereck als
Grundfläche.
Von Landmesser Wilski.
Der Körper, um dessen Inhalt J es sich handelt, sei begrenzt
durch die ebene Grundfläche 1, 2, 3, 4, welche als unregelmässiges
Viereck angenommen werden soll, ferner durch die vier auf der Grund-
fläche senkrechten Ebenen 12D.A, 23 CB, 34 DC, 41 .AD und schliess-
lich durch die windschiefe Vierecksfläche AB CD, welche entsteht, wenn
Fig. 1.
C
man AB und CD oder AD und BC in je m gleiche Theile theilt,
entsprechende Theilpunkte durch gerade Linien verbindet und dann m
bis ins Unendliche wachsen lässt. Der Rost von geraden Linien geht
dann in die zusammenhängende windschiefe Fläche über. Sind nun n, v
zwei beliebige Zahlen, die nur den Beschränkungen unterworfen sind, dass
o < n • v •< 1 und o < (n — 1) • v <Z 1
ist, und werden auf AB zwei Punkte Alr Bl so ausgewählt, dass
AAt = (n — 1 )v AB
und A Bi— nvAB
ist , und auf D C zwei Punkte D{ , so , dass
Zeitschrift für Vermessüngswesen. 1S92. Heft 13. 26
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402
Wilski. Cubatur eines prismatischen Körpers mit windschiefer
DBy = (» — 1) v DC
und D C| — nv DO
ist, und wird nun Al mit Dy , sowie By mit Cy durch eine Gerade ver-
bunden, so schneiden die durch ß, Cj und Ay Dt gehenden auf der
Fläche 1234 senkrechten Ebenen aus dem ganzen Körper einen kleineren
Körper von derselben Art heraus. Dessen Volumen F wollen wir jetzt
ausdrtlcken durch die Dimensionen des ganzen Körpers und die Zahlen «, v.
Denkt man sich statt durch die windschiefe Fläche den kleinen
Körper oben begrenzt durch die 2 ebenen Dreiecke Ay ß4 Dy und Cy By Dy,
so sei das Volumen des neuen prismatischen Körpers V\. Wird die
windschiefe Fläche ersetzt durch die ebenen Dreiecke By Ay Cy und
Dy Ai Cj, so entstehe das Volumen F2. Dann ist, wenn grösser
als F2 angenommen wird:
Vi > F> F2.
Denn im Dreieck Dy Ay By schneidet jede der Geraden, die man von
Dt aus nach den Punkten der Strecke Ay By ziehen kann, die wind-
schiefe Fläche einmal initj, das andere Mal in dem betreffenden Punkte
von Ai Bt . Die windschiefe Fläche kann daher als Fläche zweiter
Ordnung nicht noch in anderen Punkten von diesen Geraden geschnitten
werden und liegt demnach ganz auf der einen Seite des Dreiecks.
Dasselbe gilt von den anderen 3 erwähnten Dreiecken, die windschiefe
Fläche liegt mithin ganz innerhalb des von den 4 Dreiecken umschlossenen
Raumes, und es ist somit:
T'i > F> F2.
Wir bedienen uns nun folgender Bezeichnungen:
A 412 = A' A 587 = K0
A 413 = L A 586 = L0
V 1423 = M * 8576 = M0
K + L + M=F K0 + L0 + M0 = F0
Die 4 Höhen des ganzen Körpers seien
Hv Ho., H3, ß4;
die Höhen des Theilkörpers:
/<l, ho, h3, ht.
Man hat zunächst:
3 T j = A’o (hy + hy -f- h2) -p (L0 -p M0) {ho — (— A3 — hi)
3 F2 = {K0 -p M0) {hy -p ho h 3) p Lq (h3 4- ä4 -p hy )
3 ( F2 T 1 ) = A0 (h3 A4) p Lq (hi — ]io) -j- 3/g (hy — A4).
Nach einem bekannten Satz über Flächentheilungen ist ferner:
Q 1764 = n v {K -j- L) -p «2 v- M
□ 1854 = (n — \)v(K+L) + (» - l)2 <>2 M
F0 = □ 8765 = v (K -p L) -f- (2 n — 1) v- M.
Aus der Figur 2 erhalten wir noch:
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oberer Grenzfläche und unregelmässigem Viereck als Grundfläche. 403
= {pi — (» — 1) v (P* —Pa))
= v K-\-(n — 1) v2 M.
65 -pg
L°~ 2
— -y4- (ii — (» — 1) ® Oi — i>i))
= vL -J- (h — 1) t>2 3/
Figur 2.
Folglich ist
3/0 = v2 M,
da
Aq 4~ Lq -{" 3/q = v (K -|- A) 4~ (2 u — 1) v 2 3/
ist. Werden die für A0, Aq, 3/0 erhaltenen Werthe in den Ausdruck
für 3 Fj eingesetzt, so erhält man:
3 T j = v [AT (A4 4- Aj 4" A2) 4~ A 4" A3 4“ A4]
4~ v2 M \h (/ij 4~ 2 Ä2 4* ^3 4" ^*4) — A4 — A| — A2],
Setzt man hierin jetzt auch noch für Aj, A2, A3, A4 die Werthe
Aj = A/j 4” (* — 1) f (i/2 — üj)
A2 — 7/j 4~ a r (if2 — i/j)
A3 = i/ j + »t (i/3 — A/4)
A4 = i/4 4- (n - 1) D (i/3 — ü4)
ein, so ergiebt sich:
3 Fj =v { A (2 ifj 4- üj 4* ® [(2 « — 1) (Ü2 — ifj) 4- (w — IXA/3 — i/4)])
4- A (i/j 4- 2 ii4 4" » [« (AA — üi) + (2«~ 1) (i/3 — Ü4)])}*
— | — v2 3/ {(3 ?i — 2) Hy 4~ (3 n — 1) i/4
4- v (3 «2 — 3 n 4- 1) (ü2 4 -H-y—Hy— i/4)}.
26*
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40t
Wilski. Cubatur eines prismatischen Körpers etc.
Wird jetzt
12 = S
v • S== As
nvS — s
gesetzt, so geht der Ausdruck für 3 F,, wenn man ihn nach Potenzen
von A s ordnet, Uber in :
3 F, = [k(2 Hy +HJ+L (Hy + 2 //4)]
+ 8-*±[k(2H2 - 2 Hy +II3 -Hy) + L(H2 - Hy + 2H3-2Hy)
4 3/ (3 Hy 4 3 //4)^|
4 • 3 1 \1{H2+H3 -Hy- Hy)
4 4?- [^1 - H3-H3 + Hy)+L(Hy -7/3) -3/(2//, +//,)]
4 • 3 -H2-H3+ Hy)
4 -jf .M(H2+H3-Hy-Hy)
Lassen wir jetzt A s unendlich klein werden und deuten dies dadurch
an, dass wir A s durch das Zeichen ds ersetzen, so wird der Ausdruck
für 3 Vy ebenfalls unendlich klein, und zwar geht er über in eine
Summe unendlich kleiner Glieder erster, zweiter und dritter Ordnung.
Demgemäss ersetzen wir jetzt die Bezeichnung F, durch dJy. Wird
nun von s = 0 bis s — S integrirt, so erhält man daher ein endliches
Glied und zwei unendlich kleine Glieder erster und zweiter Ordnung.
Bis auf ein unendlich kleines Glied von der Ordnung der Grösse ds
genau erhält man daher:
IGZS
(3 (IJy = 3jy=K(2 Hy + Hy) + L (Hy + 2 Hy)
J
1=0
4 i K(2 II,-2I1X+ H3 - Hy) + jL(H2 - Hy + 2 7/3 - 2 Hy)
+ { 3/(3 //, + 3 Hy) + M(H2 + H3 - Hy - Hy),
6 Jy — A [2 Hy -f" 2 H2 4" 7/, -j~ Hy] 4 / [//, 4" H2 4- 2 H3 4 2 //,]
4 M [Hy 4 2 H2 + 2 H3 + Hy].
Das ist, wenn
Hy + H2 + H3-{- Hy — Y
gesetzt wird:
6Jy = F-l + K(Hy +H2) + L (H3 + Hy) 4 M(H2 4 H3).
Jy ist nun der Grenzwerth, dem die Summe der Theilvolumina F,
sich nähert, wenn man die Theilvolumina unbegrenzt abnehmen lässt.
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Das neue Vermarkungsgesetz für das Ftlrstenthum Lippe.
405
Wenn nun noch nachgewiesen wird, dass der Grenzwerth J2 für die
Summe der Tlieilvolumina V2 denselben Werth hat, so folgt dann für
die gesuchte Grösse J, welche zwischen «7, und J2 liegen muss, dass
sie gleich dem in Rede stehenden Grenzwerth selbst ist.
Es war nun
3 ( I 2 — — K0 (h3 — Ä4) + L0 ( h\ — ho) -+- M0 (ä, — Ä4)
Ersetzt man hierin Kq, Mq, L0, /tj, h2, h3, A4 durch n, v, K, L, M,
ff,, ff2, ff3, Hu, so zeigt sich, dass n herausfällt, und man erhält:
3 ( Tr2 — Vi) — v~ [K (II3 - ff4) + L (ff, -H2) + M (ff, - I/4)]
= ^2[k (ff3 - ff4) + £ (ff, - ff2) + M (ff, - ff4)]
Bei abnehmendem As wird daher 3(F2 — F,) eine unendlich kleine
Grösse zweiter Ordnung, das Intergral 3 (J2 — «Tj), also ein unendlich
Kleines erster Ordnung. Mithin ist bis auf ein unendlich kleines Glied
./, .7 '/'2 .
Wir erhalten somit für den gesuchten Inhalt J des prismatischen
Körpers mit windschiefer oberer Grenzfläche und unregelmässigem Viereck
als Grundfläche:
6 J= F ■ I + K (ff, + ff2) + L (ff3 + ff4) + 3/(ff2 + ff3).
Diese Formel mag praktisch von geringem Interesse sein , sie er-
möglicht indessen, sich Uber die Brauchbarkeit vorgelegter Näherungs-
formeln ein Urtheil zu bilden. Für solche Zwecke wird die aufgestellte
Formel zweckmässig so uragestaltet, dass das Anfangsglied in .7 gleich
v
F-— wird. Man erhält dann:
4
+ *ä=*±i±J' + JJ):
+ H
K—L + M
■ k+L — M
1.
Das neue Vermarkungsgesetz für das Fürstenthum Lippe
vom 17. Juli 1890.
In dem Berichte der Vorstandschaft des Deutschen Geometervereins,
welcher in der Hauptversammlung des Vereins am l.Juni v. J. in Berlin
vorgetragen wurde, ist unter andern darauf hingewiesen worden, dass
die Erhaltung und Fortführung des Katasters noch manches zu wünschen
übrig lasse, dass namentlich auch der Mangel gesetzlicher Bestimmungen
zur zwangsweisen Vermarkung der Grundstücke und zur dauernden
Unterhaltung der Vermarkung noch fortbestehe. Letzteres erscheint be-
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406 Das neue Vermarkungsgesetz für das Fürstentbum Lippe.
gründet, indess ist auf eine wirksame Abhülfe nicht zu rechnen, so
lange an maassgebender Stelle die Ansicht Geltung behält, welche in dem
finanzministeriellen Erlass vom 11. December 1880 zum Ausdruck ge-
bracht ist. Darin heisst es, dass die gute und dauerhafte Vermarkung
der Eigenthumsgrenzen wiederholt Gegenstand der eingehendsten Erwä-
gung gewesen sei, dass man auch die Einrichtungen im Regierungs-
bezirk Wiesbaden in Betracht gezogen habe, bestehend in Gemeinde-
Feldgerichten, Feldgeschworenen u. dergl., welche jede Setzung von Grenz-
steinen beaufsichtigen und die vorhandene Vermarkung bezüglich ihrer
guten Erhaltung unter Zuziehung von Feldmessern periodisch zu revi-
diren haben. Alle diese Einrichtungen seien aber, wie weiter gesagt
wird, schwerfällig, kostspielig und würden deshalb, wo sie bestehen,
noch kaum exact gehandhabt; aus diesen und anderen Gründen ständen
der allseitigen Einführung wichtige Bedenken entgegen.
Allerdings muss es bedenklich erscheinen, kostspielige Grenzrevisionen
neu einzuführen und die Grundbesitzer mit der Aufbringung der Kosten
zu belasten, oder dieselben auch in solchen Fällen, wo sie selbst auf
die Erhaltung und Sicherung der Grenzen kein Gewicht legen, zu zwingen,
dass sie die Vermarkung herbeiführen und in Ordnung halten sollen.
Die Mühe und die Kosten, die hierdurch verursacht werden, möchten
mit dem Werth des Grundbesitzes nicht immer in Einklang stehen.
Diese Kosten bleiben jedoch weit zurück gegen die Summen, welche in
manchen Gemeinden für die von den einzelnen Grundbesitzern bean-
tragten Grenzfeststellungen alljährlich aufgebracht werden müssen. Es
giebt zwar viele Gemeinden, in welchen ganze Jahre hindurch keine
einzige Grenzfeststellung nöthig ist, aber auch andere, aus welchen die
Anträge nie auf hören und um so häufiger gestellt werden, je bereit-
williger denselben von Seiten des Katastercontroleurs Folge gege-
ben wird.
In der oben gedachten Ministerial- Verfügung ist nun weiter gesagt:
„Dagegen ist es von grosser Wichtigkeit, dass die Organe der Kataster-
Verwaltung, namentlich bei der Ausführung von Fortschreibungsvermes-
sungen und Kataster-Neumessungen durch Belehrung der Grundbesitzer
sowie in sonst geeigneter Weise mit Nachdruck darauf hinwirken, dass
der Erkenntniss der Vortheile einer den Umständen entsprechenden guten
Grenzvermarkung Eingang verschafft und dadurch die letztere in mög-
lichst weitem Umfange zur Ausführung gebracht werde.“
Ferner enthält die Katasteranweisung II vom 31. März 1877 im
§ 11 die Bestimmung: „Wo eine geregelte und dauerhafte Aussteinung
der Grundeigenthumsgrenzen noch nicht in genügender Weise besteht,
hat der Katastercontroleur auf die Vortheile fester Grenzmale auf-
merksam zu machen, damit das Setzen derselben, mindestens aber doch
bei der Vermessung bewirkt werde. Der Kataster - Controleur ist ver-
pflichtet, hierzu durch bereitwillige Anleitung zur zweckmässigen Aus-
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Das neue Vermarkungsgesetz für das Fürstentum Lippe. 407
führung und durch hilfreiche Ausgleichung von Grenzdifferenzen mitzu-
wirken.“ Ausserdem sind die Vorladungslisten, durch welche die Grund-
eigentümer zur Beiwohnung der Fortschreibungs -Vermessungen aufge-
fordert werden, mit einem Vordrucke versehen, nach welchem die
Betheiligten ihre Eigenthumsgrenzen anzuzeigen, die Grenzen anzuer-
kennen und die etwa erforderlichen Grenzmale, welche sie in Bereitschaft
halten müssen, zu setzen haben. „Möchte“, wie es weiter heisst, „im
Falle des Nichterscheinens des einen oder anderen Theils der Bethei-
ligten oder der mangelnden Einigung Uber die Anerkennung der Grenzen
und Setzung der Grenzmale die Ausführung der Messung unmöglich
werden, so fallen die dafür zu liquidirenden Kosten dem Ausbleibenden
oder demjenigen Betheiligten zur Last, durch welchen die Ausführung
verhindert wurde.“ Hiernach ist die Nichtbeschaffung der Grenzzeichen
und die Unterlassung einer dauernden Markirnng der Grenzen nicht als
Hinderniss der Vermessung anzusehen.
Für Neumessungen ist in der allgemeinen Verfügung vom 2. Juli
1880 durchweg angeordnet, dass alle Messungspunkte (Dreiecks-, Polygon-
und Kleinpunkte) durch Drainröhren unterirdisch vermarkt werden müssen,
da diese Art der Vermarkung die Bürgschaft längster Dauer für sich
hat“, und hinsichts der Vermarkung der Eigenthumsgrenzen heisst es:
„Die dauerhafte Vermarkung der Eigenthumsgrenzen gehört eben-
falls zu den Erfordernissen einer guten Landesvermessung. Um den
Missständen vorzubeugen, welche aus der mangelnden Vermarkung dieser
Grenzen entspringen, ist die Anordnung einer Neumessung davon ab-
hängig gemacht, dass die betreffende Gemeinde die Verpflichtung zur
ordnungsmässigen Vermarkung der Gemeindegrenzen und der Grenzen
der Eigentliumsstücke übernimmt.“
Wo jedoch die Eigenthumsgrenzen durch aufgeworfene hohe Wälle
mit und ohne Gräben, durch Hecken und dergl. vermarkt sind, oder
solche durch Wassergräben von entsprechender Breite und Tiefe be-
zeichnet werden, wird die Vermarkung nicht für unbedingt nöthig er-
achtet, da grosse Verschiebungen nicht eintreten und etwaige Grenzzweifel
im Anschluss an die unterirdisch vermarkteu Messungspunkte nach den
Stückvermessungshandrissen wieder behoben werden können.“
Welchen hohen Werth man in Preussen auf die Vermarkung der
Grundstücke auch schon in früherer Zeit gelegt hat, erhellt aus den
Bestimmungen im 1. Theil, XVII. Titel, V. Abschnitt, §§ 362, 363 u.
367 des allgemeinen Landrechts, welche lauten:
„Die Grenzen müssen sowohl bei Gemeinheitstheilungen als auch
bei allen anderen Grenzbestimmungen deutlich bezeichnet sein.
Die Grenzbezeichnung durch Grenzraine, Gräben, Steine, Pfühle,
Bäume oder Grenzhügel muss so beschaffen sein, dass sie nicht leicht
verrückt oder verdunkelt werden kann.
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408 Das neue Vermarkungsgesetz für das FOrstentbum Lippe.
Grenzpfähle, Bäume und Steine müssen durch oberhalb des Bodens
eingehauene, oder durch untergelegte unverwesliche Merkmale bezeich-
net sein.“
Hinsicht8 des Unterlegens unverweslicher Merkmale sei hier gleich
bemerkt, dass dies in neuerer Zeit ziemlich ahgekommen und besonders
da nicht mehr üblich ist, wo sich solche Grenzpunkte, deren Marken
verrückt oder ganz verschwunden sind, auf Grund vorhandener Measungs-
unterlagen mit Sicherheit wieder auffinden lassen. Der Herr Minister
für Landwirtlischaft, Domainen und Forsten hat jedoch in einer an die
Königliche Generalcommission zu Bromberg am 3. Juni 1885 gerichteten
Verfügung ausdrücklich angeordnet, dass das Unterlegen der gedachten
Merkmale nach wie vor zu erfolgen habe.
Aus Vorstehendem erhellt, dass die Wichtigkeit einer dauernden
Grenzvermarkung von der Staatsverwaltung voll gewürdigt wird, dass
man aber gegen säumige oder widerstrebende Grundeigenthtimer keinen
Zwang ausüben und ab warten möchte, bis die eigene Erkenntniss der
Vortheile, welche mit der Vermarkung und deren Erhaltung verbunden
sind, dieser Einrichtung überall Eingang verschafft. Dies ist jedoch
sehr weit aussehend. Das Verfahren der Zusammenlegung der Grund-
stücke, obgleich dessen Nutzen klar in die Augen springt, beweist zur
Genüge, wie schwer es ist, die Mehrzahl der betheiligten Grundbesitzer
zu einer diesem Verfahren zustimmenden Erklärung zu bringen. Auch
wenn die Einleitung der Zusammenlegung gesichert ist, pflegt immer
noch eine starke Minderheit übrig zu bleiben, die sich nur gezwungen
dem Verfahren unterwirft. Bei Grenzfeststellungen und noch mehr bei
der Vermessung neu entstandener Grenzen haben die Katastercontro-
leure oft die grösste Mühe, die betheiligten Grundbesitzer zur Herbei-
schaffung und zum Setzen der Grenzzeichen zu bewegen. Es giebt Fälle,
wo alle Mühe und auch gute Worte vergebens sind und der Beamte,
um der ihm ertheilten Vorschrift nachzukommen, sieh entschliesst , die
Vermarkung durch seine Messgehülfen ausführen zu lassen. Das Ver-
fahren, nach bewirkter Vermessung und vorläufiger Markirung der
Grenzpunkte, die Verstcinung der letzteren den Grundbesitzern zu über-
lassen, wenn diese sich ausdrücklich zur Nachholung des Steinsetzens
bereit erklären, ist im Allgemeinen unzulässig und würde nur in dem
Falle Anwendung finden dürfen, wenn der Katastercontroleur beab-
sichtigt, die Grenzsteine nachträglich aufzumessen und ihren Stand nö-
thigenfalls zu berichtigen.
Eine allgemeine und zugleich ordnungsmässige Vermessung der
Eigenthumsgrenzen, welche als eine länger dauernde angesehen werden
kann, findet statt in Verbindung mit den Zusammenlegungen, da es
hierbei üblich ist, dass die Steine auf einmal in bestimmter Form und
Grösse sowie von guter Beschaffenheit geliefert, auch unter Aufsicht eines
Landmessers eingesetzt und von diesem nachher aufgemessen werden.
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Das neue Vermarkungsgesetz für das Fürstenthum Lippe. 409
Für die künftige Erhaltung der Vermarkung pflegt allerdings nichts zu
geschehen. Wegen der regelmässigen Form der Planstücke sind jedoch
viele Grundbesitzer in der Lage, auf Grund eigener Kenntniss von der
Abmessung (Längen- und Breitenmaass) ihrer Grundstücke oder durch
Entnahme der betreffenden Zahlen aus der in der Gemeinde verblei-
benden Beinkarte der Zusammenlegung, soweit in dieselbe die Stein-
Entfernungen eingetragen sind, die etwa unklar gewordenen Grenzen
wieder herzustellen. Dass dabei mit geometrischer Genauigkeit verfahren
wird, ist kaum anzunehmen, man wird sich in vielen Fällen mit einem
annähernden Ergebniss, gegen welches der Grenznachbar nichts einwendet,
begnügen.
Die Grenzfeststellung in gedachter Art kann aber nicht mehr statt-
finden, wenn in der Versteinung schon zu grosse Lücken entstanden
sind, sei es dass man ursprünglich zu kleine und nicht genug Grenzsteine
errichtet hätte, sei es, dass seit der ersten Vermarkung eine zu lange
Zeit verflossen wäre. In nicht verkoppelten Gemarkungen mit zahlreichen
krummlinig! begrenzten Parcellen ist eine allgemeine Vermarkung nur
schwer durchführbar und sehr kostspielig. Unterirdische Vermarkung
mit Hohlziegeln ist hier, wenn der Untergrund nicht zu fest ist, durch-
aus am Platze, indess ist diese billige und lange Dauer versprechende
Art der Vermarkung erst zu kurze Zeit bekannt und noch wenig im
Gebrauch.
Obgleich man nun allgemein von der Zweckmässigkeit einer guten
Vermarkung der Eigenthumsgrenzen überzeugt ist und solche sowie ihre
dauernde Erhaltung im Sinne des Grundbuchgesetzes für nothwendig
erachtet, so scheint es doch, dass auf diesem Gebiete die kleineren
deutschen Staaten den ganz grossen ebenso vorangehen sollen, wie dies
mit der Landesvermessung der Fall gewesen ist. Mit dieser letzteren
Arbeit sind einzelne deutsche Staaten schon längst zum Abschluss ge-
kommen, während in Preussen noch an dem Dreiecksnetz der unteren
Ordnung gearbeitet wird und die anschliessende Stückvermessung erst
wenig gefördert ist.
So ist im vorigen Jahre im Fürstenthum Lippe ein Vermarkungs-
gesetz zu Stande gekommen, das als zweckmässig und gut bezeichnet
werden kann, von dem daher auch zu erwarten steht, dass es sich bestens
bewähren wird. Mit einfachen und wenig kostspieligeu Einrichtungen
dürfte hier der Zweck einer gehörigen Sicherung des Grundeigenthums
vollständig erreicht werden. Wir lassen die wichtigsten Bestimmungen
des Gesetzes hier folgen:
Aus § 1. Es müssen 1) an den bestehenden Grenzen die abgän-
gigen Steine stets wieder ersetzt werden, 2) an unvollständig versteinten
Grenzen ordnungsmässige Steine gesetzt werden, sobald die bisherigen
Grenzmale eingehen oder dem Zwecke der sicheren Grenzbezeichnung
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410 Das neue Vermarkungsgesetz für das Ftlrstenthum Lippe.
nicht mehr entsprechen, 3) neu entstehende Grenzen sofort versteint
werden.
Aus §§ 4 bis 6. Für jede Gemeinde etc. ist ein Feldgeschworener
oder es sind deren mehrere zu bestellen, welche die aus der Lage ge-
kommenen Grenzsteine aufzurichten, mangelhafte Grenzsteine durch andere
zu ersetzen, Deue Grenzen vorbehaltlich der Revision durch den Kataster-
geometer zu versteinen haben.
Aus § 10. Der Ortsvorstand hat mit Hülfe der Feldgeschworenen dar-
über zu wachen, dass die Versteinung der Grenzen bei der Gegenwart
erhalten bleibt. Zu diesem Zwecke sind von Zeit zu Zeit, mindestens
aber einmal im Laufe von 10 Jahren die Eigenthums- und BezirkB-
grenzen in der Gemarkung unter Zurhandnahme geeigneter Copien der
Katasterkarte behufs Prüfung der Vermarkung zu begehen. Vorgefundene
Grenzmängel werden von dem Feldgeschworenen, falls er dazu befugt
ist, berichtigt, anderenfalls dem Katastergeometer angezeigt, damit dieser
dieselben beseitigt.
Aus § 11. Der bei Begradigung von Grenzen stattfindende Aus-
tausch kleiner Parcellen - Absplisse erlangt durch die Eintragung der
betreffenden Veränderungen in die Katasterdocumente auch ohne gericht-
liche Verlautbarung oder Auflassung Rechtsgültigkeit, wenn die Gleich-
werthigkeit der ausgetauschten Flächen durch die dabei betheiligten
Grundbesitzer, den Katastergeometer, sowie durch den Ortsvorstand in
dem Vermessungs-Protokolle ausdrücklich anerkannt ist. Der Zustimmung
ingrossirter Gläubiger oder anderer Drittberechtigter bedarf es in diesem
Falle nicht, vielmehr treten die eingetauschten Flächen auch in Bezug
auf Lasten und die Rechte Dritter überall an die Stelle der abgetre-
tenen Flächen.
Aus § 13. Die Grundbesitzer sind verpflichtet, auf Ladung seitens
des Katastergeometers 1) zu den Grenzverhandlungsterminen persönlich
zu erscheinen oder sich durch Beauftragte vertreten zu lassen, 2) die
erforderlichen vorschriftsmässigen Grenzsteine anzuliefern sowie auch Leute
zur Handreichung bei der Vermarkung zu stellen.
Zur Erfüllung dieser Verpflichtungen können die Eigenthümer durch
Strafe bis zu 30 Mark angehalten werden, nötigenfalls erfolgt die Ver-
markung auf ihre Kosten und die Einziehung der letzteren im Wege
der Verwaltungs- Zwangsvollstreckung. Gegen die Strafverfügung kann
der Beschuldigte binnen einer Woche nach Empfang derselben auf ge-
richtliche Entscheidung antragen, oder Beschwerde bei der Regierung
erheben.
Aus § 14. Die Kosten der Grenzherstellung fallen den betheiligten
Grenznachbarn in der Regel zu gleichen Theilen zur Last, vorbehaltlich
des Anspruchs auf Ersatz gegen denjenigen, welcher etwa die Grenz-
beschädigung verschuldet hat. Die Kosten der periodischen Revision der
Grenzen sind aus der Gemeindekasse zu bestreiten.
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Trigonometrisches aus Süd -Afrika.
411
Von besonderer Wichtigkeit ist die Bestimmung im § 11, durch
welche die Vergradung der Grenzen sehr erleichtert wird. Mit der
Preussischen Grundbuchordnung steht das angeordnete Verfahren aller-
dings nicht im Einklang. Wo diese uneingeschränkt gilt, ist auch zu
dem kleinsten Flächenaustausch die Auflassung erforderlich, welche noch
besonders erschwert wird, wenn die zu- und abgehenden Flächenabsplisse
verschieden belastet sind. Nach § 71 der Grundbuchordnung vom 5. Mai
1872 kann zwar eine Uebertragung der Lasten oder gänzliche Befreiung
des Absplisses von der bisherigen Belastung stattfinden, indess das
dieserhalb anzuwendende Verfahren ist umständlich und mit Kosten ver-
bunden. ln jedem Falle hat die Generalcommission die Entscheidung
zu treffen, und sie kann dies selbstverständlich erst thun, wenn durch
ihre Organe die erforderliche Auskunft eingeholt und nachgewiesen ist,
dass die Interessen keines der Betheiligten geschädigt werden. Unter
Umständen kann die genannte Behörde auch durch die Katastercon-
troleure die Gleichwerthigkeit der Tauschobjecte begutachten lassen.
Das einfachere Verfahren im Ftiretenthum Lippe, woselbst der Ka-
tastergeometer und der Ortsvorstand, die an Ort und Stelle die jedes-
malige Sachlage am besten beurtheilen können, ohne Weiteres zu be-
schliessen haben, verdient entschieden den Vorzug. Um die Hypotheken-
gläubiger und andere Berechtigte gegen Schaden jeder Art zu schützen,
der ihnen bei diesem Verfahren etwa entstehen möchte, würde es nur
nö'uig sein zu bestimmen, dass jenen Personen gestattet sei, innerhalb
einer bestimmten Frist die Entscheidung der Generalcommission gegen
die seitens des Katastergeometers in Gemeinschaft mit dem Ortsvorstande
vorgenoramene Uebertragung ihrer Rechte auf andere Parcellentheile
anzurufen.
Das Vermarkungsgesetz für das Fürstenthum Lippe erscheint sowohl
wegen der gedachten Vorschrift Uber die Bescheinigung der Unschäd-
lichkeit als auch wegen der sonst darin vorgesehenen Bestimmungen als
durchaus zweckentsprechend und ist in seiner Ausführung wenig kostspielig,
so dass man wünschen muss, es möchten Gesetze dieser Art auch in
anderen Staaten je eher je lieber eingeführt werden.
Trigonometrisches aus Süd -Afrika.
26. April 1892, Pretoria, box 238, Transvaal.
Für die in Anweisung IX, 154 gegebene Berechnung von Pa Pb und
ist in Süd-Afrika eine Probe in Gebrauch, die ich mir erlaube, Ihnen
mitzutheilen.
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412
Trigonometrisches aus Süd- Afrika.
Nach Anweisung IX, 154 haben wir zunächst
lof
tg v> - log
Xt — X,
Ay -
’ log
Ay
Ax
log s — log
sin v a
log
Ax
cos v
Die Probe ist
yt = s • sin -}- ya xb — s ■ cos v« + xa
Die natürlichen sinus und cosinus werden entnommen aus „Tables
containing the natural sines and cosines to seven decimal figures of
all angles between 0® and 90® to every ten seconds etc. by C. L.
H. Max Jurisch, Examiner of Diagrams Capecolony — Capetown, Michaelis
a Braun. (Gedruckt bei Breitkopf & Härtel, Leipzig.)
Ich gebrauche statt dieser Tafel und neben derselben die von Herrn
Professor Hammer in der Zeitschrift für Vermessungswesen besprochenen
„Traverse Tables“ von R. L. Gurden.
Beispiel:
yb = — 196 • 230 xh = + 795 • 100
y„ = + 3561 • 230 x„ = - 3415-827
Ay— — 3757 • 460 Ax= + 4210 • 927
log Ay = 3 -5748944
log Ax= 3 -6243777
log tg Va 9 - 9505167 v* = 318®- 15’- 25", 5
log sin Va 9 ■ 8233369
log cos 9 - 8728201
log s = log — ~ 3.7515576 « = 5643-618
COS V a
Probe durch Jurisch’s Tafeln.
sinus 318® 15' 25,5 (1 Interpolation) 0 - 6657894 X
s (umgekehrte Ziffernfolge) 8 163465
3328947
399474
26632
1997
399
7
5
A y = — 3757 • 461
aus der Liste zu entnehmen: y„=- {- 3561-230
y4 = - 196-231
cosinus 318® 15' 25,5 ‘ 0 • 7461397 X
s (umgekehrte Ziffernfolge) 8 163465
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Kleinere Mittheilungen.
413
3730698
447684
29846
2238
448
7
6
+4210-927
x„ (aus Liste oder Abriss zu entnehmen) = — 3415- 827
xb + 795 • 100
Probe durch Garden’s Traverse Tables.
sin 318° 15', 425
5600 (1 Interpol.)
3728 ■ 421
43 (1 Interpol.)
28 • 629
0,61
0-406
0,008
0-005
Ay=_
— 3757-461
5600 (1 Interpol.)
4178 • 383
43 (1 Interpol.)
32 • 084
0,61
0-455
0,008
0-006
Ax —
+ 4210 • 928
cos 318° 15', 425
Wenn man zu den so erhaltenen A y und Ix, ya und x„ nach
Entnahme aus dem Abriss addirt und die Summe == yb resp. xb ebenso
mit der Angabe des Abrisses vergleicht, dürfte man eine vollständige
Probe auf Alles haben. C. A. Rühs.
Kleinere Mittheilungen.
Die Stellung städtischer Vermessungsbeamten.
Herr Landmesser Wiek in Charlottenburg ist daselbst vor kurzem
als Stadtgeometer mit einem Jahresgehalt von 3600 steigend von 3 zu
3 Jahren um je 300 jü. bis zum Höchstbetrage von 5100 <At
angestellt worden. College Wiek ist in der glücklichen Lage dieses
Gehaltsmaximum mit seinem 43. Lebensjahre erreichen zu können.
In Stettin wurde der Stadtgeometer mit Beginn dieses Jahres gleich-
falls mit einem Anfangsgehalt von 3600 <M angestellt, steigend von 3 zu
3 Jahren um 200 c/tf, bis zum Höchstgehalt von 4800 ^Ai.
Es wäre erwünscht, wenn angestellte Landmesser ihre Gehalts-Ver-
hältnisse mittheilen möchten, um anderen bei Stellung ihrer Ansprüche
eine gewisse Richtschnur zu bieten. K.
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414
Gesetze und Verordnungen.
Gesetze und Verordnungen.
1) Verordnung: Ludwig IV. von Gottes Gnaden Grossherzog
von Hessen und bei Rhein etc. etc.
Um den Candidaten des Finanzfachs und der technischen Fächer,
welche die allgemeine Staatsprüfung bestanden haben, fUr diejenige Zeit,
in welcher sie keine Verwendung in ihrem eigentlichen Berufe finden
können, Gelegenheit zu anderweiter nützlicher Beschäftigung zu bieten,
haben Wir zusätzlich zu den Verordnungen vom 31. August 1874 und
vom 15. Juli 1885 verordnet und verordnen hiermit, wie folgt:
§ 1. Diejenigen Candidaten für den höheren Staatsdienst imFinanz-
und Forstfach, sowie den bautechnischen Fächern, welche die allgemeine
Staatsprüfung bestanden haben und die Bestellung als Geometer I. Klasse
erlangen wollen, haben einen praktischen Cure von mindestens 6 Monaten
bei einem Geometer I. Klasse oder bei einer von Unserem Ministerium
der Finanzen zu bestimmenden Stelle zu bestehen und durch ein des-
fallsiges Zeugniss den Nachweis zu liefern, dass sie selbstständig richtige
Vermessungen, Nivellirungen, Kartirungen und zugehörige Berechnungen
ausführen können.
§ 2. Sodann haben sie bei Unserem Ministerium der Finanzen,
Abtheilung für Steuerwesen, unter Vorlegung des Nachweises nach § 1,
sowie ihres Zeugnisses über die bestandene allgemeine Staatsprüfung,
um Zutheilung einer Probearbeit im Plan- und Terrainzeichnen, sowie
die Candidaten des Finanz- und Forstfaclis im Freihandzeichnen nach-
zusuchen.
§ 3. Nach Einreichung der Probezeichnung nebst Original ist, in-
sofern die erstere genügend scheint, ein kleiner Theil der Probearbeit
in Gegenwart eines Commissairs von dem Candidaten nachzuzeichnen.
§ 4. Unser Ministerium der Finanzen, Abtheilung für Steuerwesen,
hat alle vorerwähnten Nachweise zu prüfen und Entschliessung zu fassen,
ob und wie der Candidat bestanden ist, im günstigen Falle die Bestei
lung als Geometer I. Klasse auszufertigen.
§ 5. Für Staatsdienstaspiranten, welche nur eine specielle Prüfung
im Finanz- und technischen Fach bestanden haben und sich der Prüfung
für Geometer unterziehen wollen, bleiben dio in den Verordnungen vom
31. August 1874 und 15. Juli 1885 ertheilten Vorschriften auch fernerhin
maassgebend, jedoch kann von Unserem Ministerium der Finanzen anstatt
eines Geometers I. Klasse auch eine staatliche Stelle für Ableistung des
praktischen Curses bestimmt werden.
Urkundlich Unserer eigenhändigen Unterschrift und beigedrUckten
Grossherzoglichen Siegels.
Darmstadt, am 11. November 1891.
(L. S.)
Ludwig.
W eber.
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Neue Schriften über Vermessung® wesen
415
2) Ministerial-Bekanntmachung: Auf Grund der §§ 1 und 5
der in obigem Betreff ergangenen Verordnung vom 11. November d. J.
(Reg.-Bl. Nr. 38) haben wir bestimmt, dass die dort aufgefUhrten Can-
didaten für den höheren Staatsdienst und Finanzaspiranten den zur Be-
stellung als Geometer I. Klasse vorgeschriebenen praktischen Curs anstatt
bei einem Geometer I. Klasse bis auf Weiteres auch bei den Grossherzog-
lichen Baubehörden flir Nebenbahnen in Starkenburg, Oberhessen und
Rheinhessen, sowie bei den Grossherzoglichen Wasserbauämtern Worms
und Mainz ableisten können.
Darmstadt, den 10. December 1891.
Grossherzogliches Ministerium der Finanzen.
(gez.) Weber.
(ggez.) von Diemar.
Neue Schriften über Vermessungswesen.
Mittlieilungen aus dem Gebiete der Geodäsie, von Professor A. Nagel
in Dresden. Die Saalevermessung im Herzogthum Sachsen- Altenburg.
Leiclitfassliche Anleitung zum Feldmessen und Nivelliren für praktische
Landwirthe und landwirtschaftliche Lehranstalten. Bearbeitet von
Dr. Albert Wtlst, Professor an der Universität Halle a. S. Dritte
erweiterte Auflage. Mit 114 Textabbildungen. Berlin 1892.
Verlag von Paul Parey. Preis 2 Mark 50 Pfg.
Das Verebnen der Kugeloberfläche für GradnetzentwUrfe. Ein Leitfaden
für den Unterricht von Dr. A. Breusing, Director der Seefahrt-
schule in Bremen. Mit Figuren im Text und sechs Bildtafeln.
Leipzig, 1892. Verlag von H. Wagner & E. Debes. Preis 3 Mark-
Vierstellige logarithmische Tafeln der natürlichen und trigonometrischen
Zahlen nebst den erforderlichen Hilfstabellen. Für den Schulgebrauch
und die allgemeine Praxis bearbeitet yon E. R. Müller. Stuttgart.
Verlag von Julius Maier.
Die photographische Terrainaufnahme (Photogrammetrie oder Lichtbild-
messkunst) mit besonderer Berücksichtigung der Arbeiten in Steier-
mark und des dabei verwendeten Instrumentes. Von Vincenz
Pollack, Ober- Ingenieur der k. k. Generaldirection der öster-
reichischen Staatsbahnen. Soliderabdruck aus: „Centralblatt für
das gesammte Forstwesen“ 1891. Wien 1891. Verlag von R.
Leckner's k. u. k. Hof- und Universitäts-Buchhandlung (Willi. Müller).
Neue Integrationsmethoden auf Grund der Potenzial-, Logarithmal- und
Numeralreclinung. Von Dr. Julius Bergbohm. Stuttgart 1892.
Selbstverlag des Verfassers.
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416 Neue Schriften über Vermessungswesen etc. — Personal-Nachrichten.
General Description of the Principal Triangulation of the South-
Wales Quadrilateral, including the simultaneous reduction and the
details of its component series. London 1891. roy. 4.
Härtner, F., Handbuch der niederen Geodäsie. 7. vermehrte Aufl.,
bearbeitet von J. Wastler. Wien 1892. gr. 8. 14 u. 800 pg.
m. 2 Tafeln u. 437 Holzschnitten. 16 Mark.
Hausdorff, F., Zur Theorie der astronomischen Strahlenbrechung.
(Leipzig, Her. Ges. d. Wiss.) 1892. 8. 86 pg. 1 Mark 40 Pfg.
Graf, J. H., Bibliographie der Landesvermessung und Karten der
Schweiz, ihrer Landstriche und Kantone. Bern 1892. gr. 8. 17
u. 193 pg. 3 Mark.
Personal -Nachrichten.
Königreich Preussen. Se. Maj. der König haben Allergnädigst
geruht, dem Bezirksgeometer a. D. Schwenk zu Heigerloch den Kgl.
Kronenorden 4. Klasse zu verleihen. — Der bisherige Landmesser, Ver-
messungsrevisor Bracht zu Minden und der bisherige Landmesser Loch
zu Münster i. W. sind zu Ober-Landmessern ernannt worden.
Bonn. Dem etatsmässigen Docenten an der landwirtschaftlichen
Akademie zu Poppelsdorf Otto Ko 11 ist der Titel Professor verliehen
worden.
Königreich Sachsen. 1) Im Königlichen Central -Büreau für
Steuervermessung haben am 1. Mai lauf. Jabres folgende Beförderungen
stattgefunden: Vermessungs-Ingenieur-Assistent Rudolph Heilman zum
Vermessungs- Ingenieur und die geprüften Feldmesser Paul Hennicke
und Hermann Oschätzchen zu Vermessungs-Ingenieur-Assistenten.
2) Der zeither im Kgl. Centralbüreau für Steuervermessung ange-
stellte Geometer Oscar Göllnitz hat am 1. Mai d. J. diese Stellung
verlassen und ist als Vermessungs -Ingenieur -Assistent im Sächsischen
Domainen Vermessungs -Büreau eingestellt worden.
Inhalt.
Grössere Mittheilungen: Die Schriften der römischen Feldmesser, von Curt
Merkel. — Cubatur eines prismatischen Körpers mit windschiefer oberer Grenz-
fläche und unregelmässigem Viereck als Grundfläche, von Wilski. — Das neue
Vermarkungsgesetz für das Fürstenthum Lippe vom 17. Juli 1890. — Trigono-
metrisches aus Süd-Afrika. — Kleinere Mittheilungen: Die Stellung städtischer Ver-
messungsbeamten. — Gesetze und Verordnungen. — Neue Schriften Uber Vermessungs-
wesen. — Personal-Nachrichten.
Vorlap: von Conrad Wittwer, Stuttgart. — Druck von Gebrüder Jänecke in Hannover.
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417
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover, Steuer-Hath in Mönchen.
1892.
Heft 14.
16. Juli.
Band XXI.
Ueber die
Projection der Mecklenburgischen Landes-Vermessung
und ihre Neubearbeitung durch Prof. Jordan.*)
Zur Einleitung der Anzeige der unten angeführten Schrift darf
ich vielleicht die folgenden allgemeinen Bemerkungen vorausschicken,
deren weitere Entwickelung freilich einer anderen Gelegenheit Vorbe-
halten bleiben muss.
Während man bei Ausgleichung und Berechnung eines geodätischen
Dreiecknetzes I. oder II. 0. und bei der Berechnung der geographischen
Coordinaten der Eckpunkte unmittelbar sphärisch bezw. sphäroidisch
rechnen kann, jedenfalls nicht oder nicht nothwendig eines ebenen
Coordinaten-Systems bedarf, ist ein solches System für die Zwecke der
sich anschliessenden Klein-Triangulirung, überhaupt Kleinmessung unbe-
dingt erforderlich; man muss das Triangulirungsgebiet auf die Ebene
abbilden. Je nach der Umgrenzung dieses Gebiets wird die Abbildung
eine verschiedene sein können.
1) Wenn für die soeben angedeuteten Zwecke mit ebenen Polar-
coordinaten etwas zu beginnen wäre, so wäre es das Natürlichste, die
nach dem Vorgang von Bessel eine zeitlang zur gegenseitigen Fest-
legung von Triangulirung8punkten rechnerisch benutzten sphärischen oder
sphäroidischen Polarcoordinaten zur Herstellung jener ebenen Abbildung
zu gebrauchen; und zwar wäre dies um so mehr angezeigt, je mehr
der Umriss des Triangulirungsgebiets einem Kugelkleinkreis entsprechen
würde. Man würde geometrisch — wobei aber nicht gesagt sein soll,
dass andere rein analytisch aufzusuchende, nicht azimutale Abbildungen
für gewisse Zwecke nicht ebenso gute Ergebnisse liefern können —
auf azimutale Abbildungen geführt, wobei die Zenitlinie der Bild-
*) W. Jordan, Prof. a. d. Techn. Hochschule Hannover, ConformeKegel-Pro-
jection der GrosBherz. Mecklenburg. Landes-Vermessung. gr. 4 °. Autogr. 26 S.
Schwerin 1891. — Seitherige Nachträge dazu.
Zeitschrift für Vermessungswesen. 1892. Heft 14. 27
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418 Jordan, lieber die Projection der Mecklenburgischen Landes-
ebene durch die Lothrichtung im Nullpunkt gegeben wfire und die
sphärischen Hauptkreise sich in der Ebene als Gerade durch den
Mittelpunkt daratellen würden, die sich unter ihren wahren sphäri-
schen Winkeln schneiden; von diesen azimutalen Abbildungen kämen
zunächst zwei in Betracht: die spärischen Polarcoordinaten, Azimut a
nach dem abzubildenden Punkt im Nullpunkt des Gebiets und sphärische
Entfernung 3 zwischen beiden Punkten als ebene Polarcoordinaten
aufgetragen gedacht (u in wahrer Grösse, r — 5) würde die (fälschlich)
sogenannte Postel’sche Abbildung, eine Vergrösserung des Mittelpunkt-
8 B
abstandes r des abzubildenden Punktes im Verhältniss von 2 • tg — : 2 • —
würde dagegen die winkeltreue azimutale Abbildung, die s. g. stereo-
graphische Projection liefern. Man beachte, dass diese beiden Ab-
bildungen, die um so näher zusammenfallen, je kleiner 3 ist, in ganz
ähnlicher Beziehung stehen, wie die sogleich zu erwähnenden wichtigsten
cylindrischen von Soldner und Gauss. — Nun ist aber mit Polarcoordinaten
geodätisch in der Ebene nichts anzufangen, man braucht nothwendig r echt-
wink li ge Coordinaten. Solche ebene rechtwinklige Coordinaten kann
man nun selbstverständlich aus den soeben aufgetragen gedachten Polar-
coordinaten berechnen und man hat thatsächlich schon von solchen recht-
winkligen Coordinaten-Systemen azimutaler Abbildungen geodätischen
Gebrauch gemacht: in der Schweiz sind bei Ausgleichung des Dreieck-
netzes die rechtwinkligen Coordinaten der „gnomonischen“ Abbildung
benutzt worden (Perspective, also ebenfalls azimutale Abbildung, vom
Kugelmittelpunkt auf die Bildebene, so dass alle Grosskreise, z. B.
Dreiecksseiten, geradlinig erscheinen; der Name ist wunderbar schlecht)
und in Oesterreich ist das rechtwinklige System der „stereographi-
schen“ Projection als endgültiges ebenes geodätisches Coordinaten -System
gebraucht worden. Im Allgemeinen hat man aber vorgezogen, sich cy-
lindrischer Coordinaten zu bedienen. Denkt man sich nämlich
2) das Triangulirungsgebiet zunächst als schmalen Streifen längs
einem Meridian, so liegt es nahe, als Hilfsfläche in der sphärischen
Geodäsie einen Kreiscylinder zu benutzen, der jenen Meridian zum Grund-
kreis hat, und die ebene Abbildung als Abwickelung dieses Cylinders zu
gewinnen. Dabei werden jedenfalls die den Grundkreis senkrecht schnei-
denden Grosskreise (vom Ref. speciell Hauptkreise genannt) als Mantellinien
auf den Cylinder zu übertragen sein, so dass sie in der Abbildung als Gerade
senkrecht zum geradlinig abgebildeten Grundkreis, der x - Axe, erscheinen
und zwar wird das auf dem Kugelgrundkreis durch den Hauptkreis abge-
schnittene x des abzubildenden Punktes in wahrer Grösse aufzutragen
sein. Ist ferner r, der rechtwinklige sphärische Abstand eines Kugel-
punktes vom Grundkreis, so kommen bekanntlich wieder zwei Systeme
geodätisch in Betracht: im ersten werden auf dem geradlinig abge-
bildeten Hauptkreise die r, einfach rectificirt aufgetragen, im zweiten
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- Vermessung und ihre Neubearbeitung durch Prof. Jordan. 419
aber bo vergrössert, dass die Abbildnng winkeltreu wird, nämlich im
Verhältnis8 l tg|^ + ^ : *i vergrössert; das erste System sind die
Soldner'schen, das zweite die Gauss’schen Coordinaten, beide sind,
flir die hier in Betracht kommende Ausdehnung, wieder vollständig gleich-
werthig und wieder, wie man unmittelbar durch Reihenentwickelung des
ersten Gliedes des angegebenen Verhältnisses sieht, um so schärfer mit
einander übereinstimmend, je kleiner r, ist. Dieses cylindrische System
hat man dann auch auf beliebig umschriebene Länder angewandt, in-
dem man nach Bedarf mehrere Meridian-Grundkreise (a;-Axen der ebenen
Abbildungen) neben einander legte, das Gebiet so in Meridianstreifen zer-
theilend, dass die Ordinaten eine gewisse Grenze nicht überschreiten;
je kleiner r„ die Ausdehnung zu beiden Seiten des Meridians, desto
schärfer dürfen die „rechtwinkligen sphärischen“ Coordinaten einfach
als rechtwinklige ebene behandelt werden. Unstreitig sind diese „trans-
versal-cylindrischen“ Abbildungen geodätisch die wichtigsten, weil sie
eben am bequemsten den Uebergang zu den rechtwinkligen ebenen
Coordinaten vermitteln.
3) Die azimutalen und cylindrischen Abbildungen sind nun aber
nicht die einzigen „geometrisch einfach definirten“ Abbildungen, die in
Betracht kommen können; sie sind auch nur Specialfälle eines allge-
meinen Falles, der conischen Abbildungen. Wenn das Triangulirungs-
gebiet sich als schmale Zone zwischen zwei Breitenkreisen der Erdober-
fläche hin erstreckt, so ist es das Nächstliegende, als Hilfsfläche einen
Drehungskegel zu benutzen, der die Erde im Mittelparallel berührt (also
„normale“ Lage besitzt nach der Bezeichnung des Ref. ; vergl. auch die
Reihenfolge normal, transversal, schiefaxig bei conischer, cylindrischer,
azimutaler Abbildung) und durch Abwicklung des Kegelmantels die Ab-
bildung zu gewinnen. Die Meridiane der Kugel werden als Mantellinien
auf den Kegel übertragen, in der Abbildung also Gerade, die nach
einem, weit ausserhalb des in Betracht kommenden Kartengebiets lie-
genden Punkt convergiren und dort Winkel einschliessen , die zu ihren
geographischen Längenunterschieden ein constantes Verhältniss besitzen.
Die Kugelparallelkreise werden eoncentrische Kreise um jenen Punkt.
Geodätisch kommen dieselben zwei Möglichkeiten für die Parallel-
kreisbilder in Betracht, wie oben bei 1) und 2): entweder werden die
Meridianabschnitte in wahrer Länge abgebildet oder es werden diese
Abschnitte, vom Mittelparallel aus, bis zur Winkeltreue der conischen
Abbildung vergrössert. Beide Abbildungen sind für die hier in Betracht
kommende Ausdehnung wieder gleichwerthig.
Es braucht zum Schluss dieser geometrischen Uebersicht kaum noch
ausdrücklich hinzugesetzt zu werden, dass alle drei bisher genannten
Abbildungsarten: schiefaxig-azimutal, transversal- (oder auch schiefaxig-)
27*
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420 Jordan. Ueber die Projection der Mecklenburgischen Landes*
cylindrisch und normal-conisch um so schärfer ftlr ein bestimmtes Trian-
gulirungsgebiet Ubereinstimmen, je kleiner dieses Gebiet ist.
Nun aber zu der mecklenburgischen Vermessung und der angezeigten
Abhandlung. In Einem deutschen Staat ist nämlich als System ebener
rechtwinkliger Coordinaten ein durch (normale) conische winkeltrene
Abbildung des Triangulirungsgebiets entstandenes System im Gebrauch,
eben in Mecklenburg. Das Land hat seine Haupterstreckung von West
nach Ost und deshalb ist von dem verstorbenen Leiter der Trianguli-
rung (1854 — 1873), Geh. Canzleirath Paschen, dieses System gewählt
worden. *)
Hier lässt sich nun zunächst die Bemerkung nicht unterdrücken,
dass diese Wahl keineswegs nothwendig war. Wenn das abzubil-
dende schmale Zonenstück nur wenige Längengrade umfasst, so lässt
sich die normale conische Projection auch, und zwar mit Vortheil,
ersetzen durch eine schiefaxigcy lindrische; schiefaxig, aber doch
derart, dass der Mittelmeridian vom Grundkreis des Cylinders senkrecht
geschnitten wird und jener Mittelmeridian also Symmetrieaxe der Abbil-
dung wird. **) Zunächst hat man sich das EllipsoidstUck, um dessen
Abbildung es sich handelt, auf eine passend gewählte Eugel winkeltreu
übertragen zu denken. Da der Voraussetzung nach die abzubildende
Zone nicht breit sein soll, z. B. nicht Uber 1 0 zu beiden Seiten des
Mittelparallels (bei der mecklenburgischen Vermessung geht dieses Maass
nicht Uber 3/4 ® hinaus), so ist geometrisch leicht einzusehen, dass diese
winkeltreue Uebertragung selbst fUr sehr scharfe Rechnung als Über-
haupt unverzerrt wird gelten können (bei 1 0 Entfernung wäre das Längen-
verhältniss auf den Randparallelkreisen etwa 1j20 Einheit der 7. Decimal-
stelle des Log., nach S. -f-, nach N. — ); man erkennt dies am besten
durch Vergleichung dieser winkeltreuen mit der entsprechenden flächen-
treuen Abbildung***): Winkeltreue und Flächentreue zugleich, wenn
sie eben hier möglich wäre, würde der Abwickelung des Ellipsoids auf die
Kugel entsprechen; für die erforderliche Genauigkeitsstufe der Rechnung
darf man trotz der mathematischen Unmöglichkeit annehmen, das kleine
EllipsoidzonenstUck sei auf ein entsprechendes Kugelzonenstück abwickel-
*) Die Ergebnisse der ganzen Mecklenburgischen Vermessung sind in den
4 Bänden der „Grossherzoglich Meckionburg. Landes- Vermessung“ veröffent-
licht; der hier in Betracht kommende Theil des Werks ist der II. (Schwerin
1883). Ausführlicher Bericht hierüber von Jordan s. Zeitschr. für Venn. 1883
S. 355 -367.
**) Eine solche schiefaxige cylindrische Abbildung fUr ähnliche Fälle (in
Ausdehnung auf eine ganze Erdhalbkugel) hat Ref. mit Figuren mitgetheilt in
Zeitschrift für wissensch. Geogr., Band VI, Tafel IV.
***) Vergl. z. B. des Ref. Schriftchen: Zur Abbildung des Erdellipsoids,
Stuttgart 1891.
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Vermessung und ihre Neubearbeitung durch Prof. Jordan.
421
bar; kurz, es handelt sich nur noch um Abbildung einer schmalen
Kugelzone von, der Voraussetzung nach, nicht grosser Längenausdeh-
nung. Denkt man sich nun einen Nullpunkt gewählt, durch den Mittel'
parallel und Mittelmeridian bestimmt sind (im Fall der mecklenburgischen
Vermessung würde sich am meisten Zeh na empfohlen haben), und den
Grosskreis gelegt, der den Mittelmeridian im Nullpunkt senkrecht durch-
schneidet, so weicht dieser vom Mittelparallel nach 0. und W. hin gegen
8. ab, aber im Anfang nur langsam: ist 80 = 900 — <p0 die Poldistanz
des Mittelparallels, 8) die Poldistanz des genannten Grosskreises auf dem
Meridian X vom Mittelmeridian, so ist
tgo, = tg 80 ■
1
C08 X ’
oder es hat die Differenz zwischen 8^ und 30 für 80=361/4°(<p0=53054';
man kann für diese Rechnung ohne weiteres die ellipsoidische Breite
für die sphärische nehmen) der Reihe nach für X = 1°, 2°, 3°, 4° die
Werthe 16", 58", 136", 240”, entsprechend den Längen (1" dort= 30,9m):
0,5 km, 1,8 km, 4,2 km, 7,4 km. Mit anderen Worten: um die oben
angegebenen Maasse weicht in der Richtung des Meridians der im Null-
punkt senkrecht zum Mittelmeridian gezogene Grosskreis ab vom Mittel-
parallel in den Abweitungen 66 km, 132 km, 198 km, 264 km. auf diesem.
Bei Annahme des Schweriner Meridians als Nullmeridian ist die grösste,
in Betracht kommende Erstreckung gegen W. etwa 80, gegen 0. etwa
190 km; bei Zehna als Nullpunkt wären beide Zahlen ziemlich gleich,
etwa 130 km.
Es ist mit diesen wenigen Zeilen gezeigt, dass man für den vor-
liegenden Fall das, was die conische Abbildung leistet, auch auf
anderem und zwar etwas einfacherem Weg, nämlich durch eine cylin-
d rische Abbildung hätte erreichen können: der Grundkreis dieser Ab-
bildung wäre im Nullpunkte, senkrecht zum Nullmeridian zu ziehen
gewesen; die Abbildung würde damit symmetrisch zu letzterem und
die Blätter irgend einer (Detail- oder Uebersichts-) Karte als Ergebniss
dieser Abbildung könnten ohne Weiteres wie gewöhnlich (Nord oben)
orientirt werden. Die Verstreckung des Grundkreises liefert die x Axe ;
wenn + x nach 0. gelegt wird, geht + y im Mittelmeridian nach S. ; die
Hanptkreise der Kugel (s. oben) schneiden sich mithin nicht wie bei Soldner
und (sphärisch) bei Gauss in den um sich 90° vom Mittelmeridian
abstehenden Punkten des Aequators, sondern in den in Breite um 90°
vom Nullpunkt entfernten Punkten des Mittelmeridians; die auf der
Kugel gemessenen Ordinaten (Hauptkreisstücke) können in wahrer Länge
(Soldner) oder bis zur Winkeltreue der Abbildung vergrössert (G a u s s )
aufgetragen werden. Kurz, für alle Triangulirungsrechnungen, in denen
nur die rechtwinkligen Coordinaten Vorkommen, d. h. für 9/i0 aller
Rechnungen, würden die einfachen Formeln für Richtungswinkel und Ent-
fernungen der 8 o 1 d n e r’schen oder Gauss’schen Projection gelten; die
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422 Jordan. Uebor die Projection der Mecklenburgischen Landes-
grössten vorkommenden Ordinatenwerthe wären (bei Zehna als Null-
punkt) etwa — 86000 m (Dare) und + 80000 m (KUnkendorf und
Gransee). Nur für die Rechnung der geographischen Coordinates »ns
den linearen und umgekehrt wären die Soldner- Bohnen b er ger’schen
Formeln abzuändern.
Erst bei wesentlich grösserer Länge der schmalen Zone, als sie
hier vorliegt, würde man also mit Nothwendigkeit zu einer conischen
statt einer cylindrischen Abbildung geführt.
Der Schreiber dieser Zeilen braucht wohl nicht ausdrücklich hervor-
zuheben, dass es ihm ferne liegt, mit den vorstehenden Bemerkungen
etwas historisch Gewordenes' kritisiren zu wollen.
In Mecklenburg ist 'wie erwähnt, diese conische Abbildung durch
Paschen (+ 1873) einmal gewählt worden und zwar mit Zu-
grundelegung folgender Annahmen (vgl. die Figur): (Ellipsoidischer)
Normalparallel ist 53° 45', so dass das constante Verhältniss des Win-
kels (Längenunterscliiede) zwischen zwei Ellipsoidmeridianen und des
Winkels ihrer geradlinigen Kartenbilder = \ : (K - sin 53° 45') ist; Mittel-
(Null-) Meridian ist der Meridian des Schweriner Schlossthurms.
Die Parallelkreisbilder sind
durch die Bedingung der Winkel-
treue der Abbildung bestimmt.
Wie in der Figur angedeutet,
sind zwei rechtwinklige Coor-
dinatensysteme vorhanden: (x't
y) mit dem Nullpunkt im Schnitt-
punkt A von Nullmeridian und
Normalparallel, und (sc, y ) mit
dem Nullpunkt im Schweriner
Schlossthurm; x' und x unter-
scheiden sich um 13919,812 m;
+ x liegt im Südzweig des
Meridians, also + y nach W.
Zu Anfang April 1891 fand in
Schwerin eine Berathung Uber die
Vervollständigung der Mecklen-
burgischen Landes- Triangulirung
statt, zu der Prof. Jordan be-
rufen wurde. Als dringendstes
BedUriniss ergab sich die Er-
gänzung der Paschen’schen
Theorie durch Formeln zur un-
mittelbaren Reduction der aus den ebenen Coordinaten sich ergebenden
Entfernungen und Richtungen auf Entfernung und Richtung auf dem
Ellipsoid. In der angezeigten Schrift giebt Jordan diese Ergänzung
s
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Vermessung und ihre Neubearbeitung durch Prof. Jordan. 423
nebst nochmaliger Entwickelung der Theorie: nach Aufstellung der Grund-
formeln fllr die winkeltreue conische Abbildung einer Ellipsoidzone („con-
forms Kegel-Projection“) nach Gauss, nach. Wahl der Constanten fUr
Mecklenburg und Angabe deB Wegs der Verwerthung der so zunächst zu
gewinnenden ebenen Polarcoordinaten mit dem Nullpunkt in S (s. Fig.)
in ebene rechtwinklige Coordinaten folgen die zum Theil mühsamen
Reihenentwicklungen, welche die praktische Ausführung der Theorie ent-
halten : Reihe für den Abstand A B des Parallels <p = P — p vom Haupt-
parallel P in der Abbildung; Reihe für das Längenverhältniss (Ver-
grösserungsverhältniss) m auf einem bestimmten Parallel; Reihenent-
wicklungen für die Coordinaten ( x ' , y), bezw. (as, y)\ Reihenumkehrung
und zweite Reihe für m, nämlich in Function der Coordinaten eines Punktes;
endlich folgt die Reduction der Entfernungen und der Richtungswinkel aus
den ebenen Coordinaten und die Erläuterung der Formeln an dem Zahlen-
beispiel: Dars — Stralsund.
Die Mittheilung einzelner Formel- und Zahlenresultate kann hier
unterbleiben, da diese sich ja auf den besonderen Fall der Mecklen-
burgischen Vermessung beziehen und anderwärts nicht brauchbar sind.
Umsomehr werden die mecklenburgischen Geometer, welche jenes System
nun einmal haben, Herrn Prof. Jordan für seine Entwickelung alles
Erforderlichen bis zur praktischen Anwendung dankbar sein. Es mag
noch erwähnt sein, dass der Verfasser seit Abschluss dieser Abhandlung
vom April vor. Jahres Vieles weiter verfolgt hat, z. B. ist die Reihe
für AR:R0 bis zu den Gliedern (p — P—y) mit p 5 entwickelt, die
Reihe für log m' in Function von x und y schärfer entwickelt, die
Reduction der Richtungswinkel weiter verfolgt; endlich sind zur Berech-
nung der geographischen Coordinaten (X, tp) bezw. X, p\ (s. oben) aus
den linearen ( x ' , y) und umgekehrt Formeln bis zu den Gliedern mit
J?'04 und J5'05 im Nenner, bezw. bis zu den Gliedern mit X4 und p*,
nebst zugehörigen Rechnungs-Formularen aufgestellt worden.
Stuttgart, Anfang 1892. Hammer.
Conforme Coordinaten für Landesvermessungen.
Die im vorstehenden Berichte beschriebene conforme Kegelprojec-
tion der Mecklenburgischen Landesvermessung ist zur Zeit die einzige
„conforme“ Projection einer Deutschen Triangulirung zum unmittelbaren
kartographischen Gebrauch und dieser Umstand mag es rechtfertigen,
die grossen Vortheile der „Conformität“ für solche Zwecke hier ausein-
ander zu setzen (und zugleich der vorstehenden Abhandlung von
Hammer noch einiges hinzuzufügen).
Als Gauss etwa um 1830 seine conformen rechtwinkligen Coor-
dinaten in Hannover einführte, waren ihm natürlich die süddeutschen
Soldner’schen rechtwinkligen Coordinaten und deren Vorläufer (Clairaut
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424 Jordan, Uebor die Projection der Mecklenburgischen Landes-
schon 1741) bekannt und er war sich sehr klar bewusst, durch Einfüh-
rung der „Conformität“ eine wesentliche Verbesserung einzufiihren.
Es ist aber eine eigentümliche Fügung des Schicksals, dass das
classische ßauss’sche conforms System mit dem Nullpunkt Güttingen in
der Provinz Hannover selbst, wo Gauss persönlich tliätig war, hente
keine amtliche Geltung mehr hat, sondern seit 1881 durch mehrere
andere Systeme nach Soldner’scher Art ersetzt worden ist. Es ist nicht
unmöglich, dass das laute Rühmen der Vortheile, welche die einheit-
lichen süddeutschen Soldner’schen Systeme viele Jahrzehnte lang voraus
hatten vor dem norddeutschen, grösstentheils ohne umfassendere Coor-
dinatenbezirke arbeitenden Verfahren, schliesslich 1881 dem Soldner-
schen System auch in Preussen mit zum Siege verholfen hat, allein jenes
Rühmen hat die feineren Unterschiede und Vortheile der Conformität
neben dem Hauptmomente, dass überhaupt umfassendere auf Erd-
krümmung berechnete Coordinatensysteme nötlüg sind, nicht in Betracht
genommen, oder es wurden neben diesem Hauptmomente jene feineren
Unterscheidungen nicht in das Bereich der Vergleichung gezogen.
Wir haben in dieser Zeitschrift 1875, S. 29 — 32, eine Vergleichung
Soldner’scher und Gauss’sclier Coordinaten angestellt, lediglich in Hin-
sicht auf die Verzerrungsverhältnisse und in dieser Beziehung ist das
Soldner'sche System das bessere, weil Gauss die Conformität durch ein
Opfer an Congruenz erkaufen muss an Stellen, wo nach Soldner gar
keine Verzerrung nöthig ist (nämlich in der Ordinatenrichtung).
Obgleich nun die Gesa mmt Verzerrung bei dem Soldner’schen
System geringer ist als bei dem conformen Gauss’schen, kann man doch
nicht sagen, dass das erstere einen der Gesammt-Verzerrungs- Verminde-
rung entsprechenden Vortheil biete, denn die Maximal -Verzerrung an
den von der Mittellinie entlegensten Theilen ist doch in beiden Fällen
dieselbe, und mit dieser Maximalverzerrung muss man rechnen, wenn
man sich Uber den Geltungsbereich eines solchen Systems schlüssig
machen will.
Die eigentlichen Vortheile der Conformität treten bei solcher Art
der Vergleichung noch nicht zu Tage, bei Triangulirungen sind diese
Vortheile anderer Art: man hat dabei kürzere und elegantere Formeln,
oder man hat weniger zu rechnen! Deutlich zeigt sich dieses bei
den Reductionsformeln für Richtungswinkel, nämlich:
nach Soldner A<=(ar2 — a;1)(2y, + y2) g^2 + (*2 ~ *l)
nach Gauss (conf.) A f = (aj2 — x1)(2t/l +2/2) g~2*
Das zweite umständliche Glied nach Soldner fällt bei Gauss einfach
fort! Noch schlagender wirkt der Vergleich mit dem Vergrösserungs-
verliältniss m, welches nach Soldner für jede einzelne Dreiecksseite nach
einer umständlichen Formel besonders berechnet werden muss, während
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Vermessung und ihre Neubearbeitung durch Prot Jordan. 425
nach Gauss, oder Überhaupt bei conformen Coordinate!!, eine Tabelle
mit einem Argumente iy bei Gauss) für ein ganzes Land ausreicht.
Auch die Tabelle kann bei conformen Coordinaten noch passend
ersetzt werden, wenn es sich um Bestimmung von m (oder log m)
handelt, denn man braucht nur auf dem Netzbilde der Triangulirung
Linien für gleiche log m zu ziehen, um dann für jeden Fall den ein-
zelnen Betrag log m mit dem Zirkel zu interpoliren. Diese Linien
gleicher log m werden im Gauss’schen System Parallelen zum Haupt-
meridian (y constant) und bei der conformen Kegelprojection Parallelen
zum Mittelparallelkreisbogen, d. h. im Abbild concentrische Kreise.
Ueberhaupt wird das ganze Formular- und Tabellenwesen bei der
Rechnung mit conformen Coordinaten viel einfacher als bei ungleich
verzerrten Coordinaten , weil die Richtungsreductionen A t und lineare
Reductionen log m sich von selbst getrennt darstellen, und dadurch
übersichtlicher werden, abgesehen davon, dass die Formeln selbst schon
für die A t und log m bequemer sind. All das wird aber wohl nur bei
längerer praktischer Recbenarbeit mit beiden Arten von Coordinaten in
vollem Maasse empfunden.
Nachdem im Vorstehenden die Vortheile der Conformität wesentlich
für Triangulirungen dargelegt sind, wollen wir auch noch auf die Vor-
theile bei Polygonztlgen übergehen: Setzen wir einen grössten Abstand
von der Mittellinie y — 60 km, wie in Preussen festgesetzt ist (ent-
sprechend x — 60 km in Mecklenburg), so giebt das eine Verzerrung von
0,044 m auf 1000 m, d. h. einen Betrag, den man wohl bei Polygon-
zügen im Feld und Wald zu vernachlässigen, bezw. schlechthin mit
den Messungsfehlern selbst zu vertheilen pflegt, der aber bei genauen
Lattenmessungen für Stadt- Aufnahmen doch an die Grenze der
Messungs - Genauigkeit heranragt. Ein solcher Fehler ist nun bei con-
formen Coordinaten viel weniger schädlich als bei ungleich verzerrten
Coordinaten, weil im ersteren Falle der Fehler nach allen Richtungen
derselbe ist und durch eine con st ant 3 logarithmische Reduction behandelt
werden kann, ähnlich wie eine Maassstabsverzerrung in der Klein-
triangulirung, während z. B. bei Soldner’schen Coordinaten ein solcher
Fehler verschieden ist, je nachdem ein Zug von Süd nach Nord, von
West nach Ost oder von Süd-West nach Nord-Ost sich erstreckt, was
der rechnerischen Berücksichtigung die grössten Widerwärtigkeiten be-
reiten würde.
Wie sehr die conformen Formeln die Rechnung erleichtern, hat
Verfasser im vorigen Jahre erfahren, als er die Hannoversche Stadt-
Triangulirung gleichzeitig in dem conformen System der Landesaufnahme
mit Null - Meridian bei Berlin, und in dem Localsystem mit dem ganz
nahe gelegenen Nullpunkt Celle berechnete. Trotz der Kleinheit der
Correctionen im letzteren System mit Ordinaten von nur etwa 20 km
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426 Jordan. Ueber die Projection der Mecklenburgischen Landes-
war die Rechnung doch viel mühsamer als mit den 250 km langen
Ordinaten des allgemeinen Landesvermessungssystems.
Dieses leitet auch dazu über, dieses von dem Chef unserer Landes-
aufnahme eingeführte System hier zu erwähnen als zur Zeit einziges
seiner Art in Preussen, während die 40 örtlichen Systeme der Kataster-
Vermessung andere sind.
Kommen wir endlich zurück zu dem Ausgangspunkt dieser Betrach-
tungen, der conformen Kegelprojection von Mecklenburg, so ist in histo-
rischer Beziehung zuerst zu sagen, dass dieselbe insofern auf unmittel-
bare Lehre des Meisters Gauss zurück zu führen ist, als der Mecklen-
burger Geheime Canzleirath Paschen in Göttingen als Studirender von
Gauss selbst gelernt hat.
Dass nun Paschen nicht geradezu nach dem Gauss’schen Muster
einen Meridian seines Landes als Hanptachse nahm, ist in der Gestalt
des Mecklenburger Landes mit Haupterstreckung von West nach Ost
begründet, und es wäre nur noch zu fragen, warum Paschen den mitt-
leren Parallelkreis und nicht den Quer -Normalbogen rechtwinklig zum
Mittel-Meridian als Hauptachse genommen hat?
Letzteres wäre für reine Triangulirungszwecke günstiger gewesen,
wie wir schon vor längerer Zeit bei anderer Gelegenheit, in dieser
Zeitschr. 1876, S. 266 bemerkt haben. Wie wir nachher deutlicher
zeigen wollen, wären dadurch gewisse Glieder dritter Ordnung fortgefallen.
Die Kegelprojection für Mecklenburg für „ n oth wendig u zu halten
(S. 420), daran ist also nicht zu denken.
Indessen auch abgesehen davon wird die Frage, warum in jener
Zeit nicht Cylinder-Anschluss an den Quer-Normalbogen, sondern Kegel-
projection gewählt wurde, leicht zu beantworten sein durch Hinweis
auf die geographischen Coordinaten, cp, X, welche damals in Norddeutsch-
land auch bei Triangulirungen als wichtigstes Schlussergebniss angesehen
wurden, und diese cp, X stehen allerdings zu den Polorcoordinaten der
Kegelprojection in naher Beziehung und man hat sich lange begnügt,
alle geodätischen Berechnungen I. und II. Ordnung nur in geographischen
Coordinaten zu führen und die rechtwinkligen Coordinaten x, y mehr
nur als Material für III. und IV. Ordnung zu behandeln.
Um die Wirkung des Parallelkreisbogens als Hauptachse deutlich
zu zeigen, wollen wir die bei der Neubehandlung der Mecklenburgischen
Triangulirung, 1891, aufgestellte wichtige Formel für Reduction eines
Richtungswinkels von der Ebene auf das Ellipsoid in ihren wesentlichen
Theilen hier vorführen:
At = 27» ~ (2/2 — 2/t> 4 *' 2 (2/2 - 2/i) H 2/2 (2/2 “ #)
H y (*2 — *,')•
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Vermessung und ihre Neubearbeitung durch Prof. Jordan.
427
Dagegen besteht für Gauss’sche Projection mit Meridian -Anschluss (wie
schon auf S. 424 angegeben, die Formel:
Wie man sieht, ist das erste Glied der Kegelformel völlig identisch
mit der Gauss’schen Formel, wenn man nur x' mit y bezw. y mit x
vertauscht; und das ist auch insofern ganz natürlich, als der Parallel-
kreis der Kegelprojection an Stelle des Mittelmeridians der Gauss’schen
Projection tritt; allein das geht nur so lange, als man die Krümmung
jenes Parallelkreises vernachlässigen kann, und das ist für Mecklenburg
wohl etwa bis y = 100 000 m westlich und östlich von Schwerin der
Fall, so lange man nur auf 0,1" rechnen will. Weiter hinaus als
y— 100 000 m also namentlich für Mecklenburg -Strelitz und überhaupt
wenn man auf 0,01" genau rechnen will, kommen noch drei Glieder
dritter Ordnung hinzu, welche in obiger Formel nur angedeutet, nicht
mehr voll geschrieben sind. Diese kleinen Glieder aber kann man leicht,
wo man sie braucht, durch Hülfstafeln bestimmen, welche dazu berechnet
worden sind.
Aehnlich verhält es sich auch mit dem Vergrösserungsverhältniss in,
welches im Wesentlichen ist:
m=zl *’ y 2
wobei wieder die Glieder dritter Ordnung nur angedentet sind.
Alle diese kleinen Glieder dritter Ordnung würden nun fortfallen
und die Berechnung erleichtern, wenn, wie oben erwähnt, statt des
Parallele ein Quer-Normalbogen gewählt worden wäre.
Trotzdem können wir in jenen kleinen Gliedern dritter Ordnung,
die sich leicht, wo man sie braucht, tabellarisch berücksichtigen lassen,
keinen Nachtheil des mecklenburgischen Landesvermessungs-Systems er-
blicken, im Vergleich mit den grossen Vortheilen, welche die Confor-
mität überhaupt bietet, Vortheile, welche die Mecklenburgische Projec-
tionsart heute vor allen übrigen Deutschen Landesvermessungen vor-
aus hat! *) Jordan.
*) Wie sich eine Landesvermessung gestaltet haben würde, wenn vor
Jahrzehnten andere Anordnungen getroffen worden wären, dieses ist eine im
vorstehenden (S. 422 und 426) berührte Frage, welche wenn überhaupt gestellt,
und zur Vergleichung auch auf alle anderen deutschen VermessungB werke
ausgedehnt, gerade den in der deutschen Geodäsie bis jetzt wenig bekannten
Namen Paschen und sein mecklenburgisches Werk im schönsten Lichte er-
scheinen lässt. J.
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428 Jv. Horn. Ueber den Gebrauch dee Sextanten bei Triangnlirungeaufhahmen,
Ueber den [Gebrauch des Sextanten bei Triangulirungs-
aufnahmen.
In der Theorie des Sextanten Bind gewöhnlich 3 Fehler angegeben,
welche nach gehöriger Berichtigung des Instrumentes noch in Rechnung
gezogen werden müssen, nämlich:
1) der Index - Fehler,
2) die Fehler der Excentricität und der Kreiseintheilung, welche ein
für allemal bei jedem Instrument bestimmt werden müssen, und
3) der Fehler für Spiegelparallaxe, wenn die Entfernung der Ziel-
punkte nicht sehr gross ist.
Bei der Triangulation des ausgedehnten Dreiecksnetzes in dem
Ueberströmungsgebiete der oberen Maas stellte es sich in Bezug &nf
den unter 3) genannten Fehler heraus, dass die gemessenen Winkel
besser auf 180° und 360° abschlossen, wenn die Spiegelparallaie
nicht in Rechnung gebracht wurde.
Nach dem Wochenblatte „de ingenieur“ Nr. 36 d. J., welchem die
folgenden Mittheilungen entnommen sind, liegt die Ursache dieser Er-
scheinung in dem Unterschiede, welcher in der Art und Weise besteht,
wie man in der Theorie annimmt, dass mit dem Sextanten gemessen
wird und wie man das Instrument in der Praxis gebraucht.
Bei den Aufnahmen für die Stromkarten mittels des Sextanten werden
überall die zu triangulir enden Punkte durch Baken bezeichnet. Die
Messung des Winkels von einem solchen Punkte aus geschieht, indem
man (den Arm um die Bake schlingend) das Instrument so nahe wie
möglich der Bake bringt. Theoretisch jedoch müsste der Drehpunkt
der Alhidade in dem Winkelpunkte, aus welchem man misst, gehalten
werden. Dieser Bedingung ist in der Praxis nur Genüge zu leisten,
wenn für jede Winkelmessung die Bake vorher herausgenommen wird.
Letzteres würde viel zu umständlich sein und wiederum zu anderen
Ungenauigkeiten Veranlassung geben.
Auffallend dabei ist es nun, dass man durch die in der Praxis be-
folgte Messungsweise genauere Ergebnisse erzielt als wenn man anf
streng theoretische Methode den Drehpunkt der Alhidade in dem Winkel-
punkt hält. Um dieses zu beweisen, ist für einen bestimmten Sextanten
und für die am meisten vorkommenden Fälle (was Stärke und Abstand
der Baken betrifft) der Einfluss dieser Messungsweise und der Spiegel-
parallaxe berechnet. Die Stärke der Baken betrug 8,5 bis 12 cm, die
Zielweite 8 bis 9 m. Die Dreiecksseiten konnten für eine Triangulation
vierter Ordnung im Mittel auf 500 m gestellt werden, unter Umständen
bis 300 m abnehmend und bis 700 m zunehmend.
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v. Horn. Ueber den Gebrauch des Sextanten bei Triangulirungsaufnahmen. 429
Sei nun in der Figur
C der grosse Spiegel, A
der kleine Spiegel, A G die
Achse des Fernrohres und
M der Mittelpunkt der
Bake, so lehnt sich beim
Messen — je nach der
Construction des Sextanten
— entweder das Fernrohr
oder der Fernrohrträger
DE an der linken Seite,
«ach ^*e Kreisfläche, auf welcher
xO, der grosse Spiegel befestigt
ist, an der Vorderseite ge-
gen die Bake, wie in der
Abbildung angegeben ist.
Es sei Q C ein Lichtstrahl,
von dem rechten Objecte
kommend , welcher nach
CAB reflectirend mit dem
von dem linken Objecte
kommendenLichtstrahl PB
zusammenfällt. Alsdann ist
a der Winkel, welchen
man als Ergebniss der Ablesung erhält, M der Winkel (in der Mitte
der Bake), welchen man messen will, und ß der Winkel, welchen man
erhalten würde, wenn man die Spiegelparallaxe in Rechnung bringt. Es
ist nun a priori schon zu sehen, dass a weniger von dem wahren Winkel
M abweichen wird als ß, weil F und M mehr in der Richtung eines
durch P und Q gehenden Kreises liegen d. h. näher den geometrischen
Stellen der Punkte, für welche der Winkel constant bleibt.
Der genaue Werth des Winkels M ist somit zu finden, indem man
den gemessenen Winkel o nach M centrirt. Dafür gilt die bekannte
Formel:
M = a + cp — <J<
worin:
. S ■ sin (a + e) S • sin 3 Y + d
8in ? = L = — L L ‘
Es wird also tp für ein und dieselbe Bakendicke allein von dem Ab-
stande des linken Objectes abhängen. cp ist nahezu = der gewöhn-
lichen Correction für die Spiegelparallaxe ^
P
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430 v. Horn. Ueber den Gebrauch des Sextanten bei Triangulirungsaufnahmen.
Der zweite Winkel <]> wird bestimmt durch
. . 5 • sin e
sm = - £l -
und hängt somit ausser von der Bakendicke noch ab von der Zielweite
des rechten Objectes und von dem gemessenen Winkel.
Für L — 300 m bis 700 m und die in der Figur angegebenen
Sextantenmaas8e erhält man nun die folgenden
Werthe von <p.
Zielweite
Bakendicke
der linken Bake
8,5 cm
10 cm
12 cm |
300 m
9 = 38"
? = 42"
<p = 46
400
29
31
34
500
23
25
28
600
19
21
23
700
16'
18
20
Ferner werden in einem regelmässigen Dreiecksnetz die Winkel oft
zwischen 30° und 80° liegen (nach der Instruction der Stromkarte ist
75° die Grenze), so dass die meistens vorkommenden Fälle in der fol-
genden Tabelle fUr die Werthe von enthalten sind.
Werthe von iji in Secunden.
Die 1. Zahl gilt für eine Bakendicke von 8,5 cm
»^•nnnn n v ^ n
Neue Schriften Uber Vermessung« wesen.
431
Nehmen wir z. B. ein gleichseitiges Dreieck mit Seiten von 500 m,
so würden die Correctionen <p — <j/, welche an die gemessenen Winkel
angebracht werden mussten, um den Fehler zu eliminiren, welcher da-
durch entsteht, dass das Instrument gegen die Bake gehalten wird, bei
einer Bakendicke von 10 cm betragen:
In A: <p — tj» = 25" — 30" = — 5"
„ B: <p — <} = 25" — 30" = — 5"
„ C: <p — ^ = 25" — 30" = — 5"
Ftlr alle 3 Winkel = - 15"
Würde man nun — ohne die Bakendicke zu rechnen — die ge-
bräuchlichen Correctionen für die Spiegelparallaxe anbringen, so hätten
diese iy annäherungsweise =0 gesetzt) die Grösse:
In A: <p = 25" .
„ B: <p = 25"
n C: 9 = 85"
Für alle 3 Winkel = + 1' 15"
Man würde somit durch Reduction von o. auf [3 die Summe der
Winkel um 1'15" vermehren, während die Reduction von a auf M
nur 15" beträgt.
Dasselbe findet sich auch bei einem zweiten Beispiel mit einem
Dreieck, dessen Winkel 40°, 60°, 80° und dessen Seiten 300 m, 404 m,
460 m sind, womit das anfangs Gesagte, dass die Winkel besser
schliessen, wenn man die Parallaxe vernachlässigt, bewiesen ist.
Hamburg, September 1891. v. Horn.
Anm. d. Red. Der hier geführte Nachweis einer zufällig glück-
lichen Fehleraufhebung bei der Sextantenmessung ist für die Praxis sehr
angenehm, ist aber, weil nur für ganz bestimmte Fälle gültig, mit Vor-
sicht weiter zu benutzen. Anregend ist die Mittheilung, dass in Frankreich
der Sextant heute noch zu kleinen Triangulirungen benutzt wird, wäh-
rend in Deutschland kaum ein Landmesser je einen Sextanten in der
Hand gehabt hat und doch ist in Fällen schwieriger Aufstellung, geringer
Genauigkeit8ansprUche (1' — 2') und Bedürfnisses rascher Messung der
Sextant für den Eingeübten ein treffliches Werkzeug.
Neue Schriften über Vermessungswesen.
Anleitung zur Waldwerthsberechnung und Bonitirung von Waldungen.
Von H. Martineit, Regierungs- und Landesökonomie -Rath in
Cassel. Berlin 1892, Hedemannstrasse 10. Verlag von Paul Parey.
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432
Personalnachrichten.
Bauer, C., Uebersichtstafel zur Vergleichung der Tageslänge und
Sonnenstände nach mitteleuropäischer und Ortszeit für das Gebiet
zwischen 7° 30' u. 8° 30' östlicher Länge. Speier 1892. 1 Tafel
in qu. fol. 40 Pfg.
Günther. — Wagner, H., Ueber das von S. Günther 1888 heraus-
gegebene spätmittelalterliche Verzeichniss geographischer Coor-
dinatenwerthe. (Göttingen, Nachr. Ges. d. Wiss.) 1891. gr. 8.
23 pg. 1 Mark.
Günther’s Verzeichniss erschien in der Zeitschrift für wissenschaftl. Geo-
graphie. Band VI.
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. Se. Maj. der König geruhten dem Ver-
messungsrevisor Hawlitschka zu Frankfurt a. 0. den Rothen Adler-
Orden 4. Klasse zu verleihen.
Königreich Sachsen. 1) Se. Maj. der König haben Allergnä-
digst geruht: dem Vermessungs-Ingenieur Carl Eduard Schulze beim
Königl. Kreissteuerrath in Zwickau das Ritterkreuz II. Klasse des Albrechts-
ordens zu verleihen.
2) Beim Königlichen Centralbureau fllr Steuervermessung haben
folgende Anstellungen stattgefunden:
Vom 1. Mai ab: der zeitherige Assistent für Geodäsie an der „Tech-
nischen Hochschule in Dresden“, der dipl. Vermessungs-Ingenieur
Max Ehnert und
Vom 15. Mai ab: die geprüften Feldmesser Paul Schlegel, Emil
Kästner und Emil Raschke als Geometer des genannten
Büreaus.
Grossherzogthum Baden. Mit Entschliessung grossh. Ministe-
riums des Innern vom 14. Juni d. J. wurden die Bezirksgeometer
Friedrich Einwald in Pforzheim, Johann Gärtner in Ueberlingen
und Ulrich Bau mann in Sinsheim zu Bezirksgeometern I. Klasse ernannt.
Durch Entschliessung des Ministeriums des Innern vom 14. Juni 1892
wurden die Revisionsgeometer Johann Maier und Karl Bai er, sowie
Trigonometer Eduard Bayer bei der Oberdirection des Wasser- und
Strassenbaues zu Vermessungsrevisoren ernannt.
Inhalt.
Grössere Mitthellungen: Ueber die Projection der Mecklenbnrgischen Landes-
vermessung und ihre Neubearbeitung durch Prof. Jordan, von Hammer nnd
Jordan. — Ueber den Gebrauch des Sextanten bei Triangulirungsaufnahmen,
von v. Horn. — Neue Schriften Uber Vermessungswesen. — Personalnachrichten.
Verlag von Conrad Wittwer, Stuttgart. — Druck von Gebrüder Jänecke in Hannover.
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433
ZEITSCHRIFT für VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover, Steuer-Rath in München.
1892. Heft 15. Band XXI.
1. August. —
Beitrag zu den Kosten von Nivellements.
Von fierke, Vermessungsdirector.
Da s Nivellement I. Ordn. der Strecke Rudolstadt -Weimar.
1. Zweck und Umfang der Vermessung.
Die Herzoglich Sachsen -Altenburgische Regierung beschloss im Jahre
1882 die Ausführung von geodätischen und hydrometrischen Vorarbeiten
für Aufstellung eines generellen Entwurfs der Regulirung der Saale. Zu
diesem Zwecke wurde eine Neuaufnahme des Stromgebietes nothwendig.
Behufs Ausführung der zahlreichen Nivellements zur Construction der
Höhencurven und der vielfachen hydrometrischen Untersuchungen des
Strombettes mussten in der Nähe des Flusses eine grosse Anzahl Fest-
punkte geschaffen werden. Die Festlegung dieser Höhenmarken war der
Zweck des in Rede stehenden Nivellements I. Ordn., welcher behufs Er-
reichung eines Anschlusses an gegebene sichere Höhenmarken einestheils
von Rudolstadt bis zum Eintritt der Saale in das Herzogi. Sächs. Alten-
burgische Gebiet geführt werden musste und anderntheils von der Landes-
grenze am untern Flusslauf bis nach Weimar auszudehnen war.
Die gesammte doppelt ausgeführte Nivellementsstrecke beträgt
63,30 km.
2. Die Organisation der Vermessung und die ausführenden Techniker.
Die Anordnung der gesummten hier in Frage kommenden Arbeiten
wurde durch die Herzogliche Regierung, Abtheilung des Innern ge-
troffen, welche die Ausführung dem Vorstande des Herzoglichen Bauamts
in Roda — dem Herrn Oberbauinspector Schierholz — übertrug,
während für die Anordnung und Leitung der geodätischen Arbeiten der
Herr Geheime liegicrungsratli Professor Nagel in Dresden gewonnen
wurde. Nach den Angaben und Vorschriften des letzteren sind die ge-
sammten diesbezüglichen Vermessungsarbeiten*), also auch das in Frage
kommende Nivellement I. Ordn. ausgeführt worden, während die Ver-
*) welche neuerdings im Civilingenicur 1892, Heft 2 unter dom Titel „die
Saalevermessnng im Herzogthum Sachsen - Altenbnrg“ veröffentlicht sind. Es sei
hierauf ganz besonders hingewiosen.
Zeitschrift für Vermessungswesen. 1892. lieft 15.
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434 0 erke. Beitrag zu den Kosten von Nivellements.
waltungsangelegenheiten dem Oberbauinspector Schier holz zufielen;
dem letzteren waren auch die, die Vermessung ausfllhrenden Techniker
unterstellt. Das hier zu besprechende Nivellement ist je zur Hälfte von
dem Herrn Ingenieur Koch und dem Vermessungsingenieur Wolf .uns-
geführt. Ersterer war nach mehrjährigem Besuch der Technischen Hoch-
schulen zu Hannover und Dresden 5 Jahre als Bauführer, meist mit
Vorarbeiten für Eisenbahn- und Flussregulirungen in Rudolstadt thätig
gewesen, während letzterer nach erfolgreich bestandener Diplomprüfung
direct von der technischen Hochschule zu Dresden kam, vorher aber
einige Wochen durch Professor Nagel für die von ihm auszuführenden
Messungen in Dresden speciell eingerichtet wurde.
Beide Herren hatten noch keine Gelegenheit gehabt Präcisions-
Nivellements in den gestellten Forderungen auszuführen. Der Ingenieur
Koch ist leider verstorben, während der Vermessungsingenieur Wolf
nach Beendigung der betr. Vermessungsarbeiten z. Z. beim Stadt -Ver-
messungsamt Dresden thätig ist.
Die bei der Ausführung des Nivellements beschäftigt gewesenen
Messgehtllfen sind bei ein und demselben Vermessungsingenieur meistens
dieselben gewesen, sie haben sich im Allgemeinen sehr bald eingear-
beitet und sind ihren Obliegenheiten vorwiegend zur Zufriedenheit nach-
gekommen.
Zum ständigen Wohnort des Vermessungspersonals war die an der
Saale gelegene Stadt Kahla bestimmt, welche rund 23 km von Rudol-
stadt und 41 km von Weimar liegt. Von hier aus begab sich der In-
genieur mit seinem Personal meist unter Benutzung der Bahn täglich
nach der Arbeitsstelle und kehrte Abends nach hier zurück. Ueher-
nachtungen in den nächstgelegenen Orten des Arbeitsfeldes kamen wegen
zu grosser Entfernung vom Stationsort nur auf der Strecke Göschwitz-
Weimar vor.
3. Die für das Nivellement gegebenen Unterlagen und die gestellten
Anforderungen.
Die Erreichung eines Anschlusses an sicher festgelegte Höhenmarken
war sehr schwierig, da sich herausstellte , dass die Festpunkte der im
Arbeitsgebiet selbst gelegenen Eisenbahnstrecke zu ungenügend bestimmt
waren. *) Man musste wohl oder übel sich zu einem Anschlussnivelle-
ment bequemen, um zu der zunächst gelegenen Höhenmarke der Euro-
päischen Gradmessung am Empfangsgebäude zu Weimar zu gelangen.
*) Fiir die BeUrtheilung der Werthe der Höhenangaben einzelner Eiscn-
bahnstrecken sind hierbei die Höhenangaben der Weimar -Gcraer Bahn von
Interesse. Die Direction derselben gab auf Anfrage die Höhenlage der Schienen-
oberkante am Balmhof Göscliwitz an, fügte jedoch ihrem Schreiben hinzu, dass
nach dem vorhandenen Längenprofile der Weimar-Geraer und der Saalbahn
sieh für die in gleicher Höhe gelegenen Punkte eine Höhendifferenz von nicht
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(ierkc. Beitrag zu ilon Kosten von Nivellements, 435
Nachdem mit Ende des Jahres 1885 die Festlegung des nächstgelegenen
Nivellementszuges der Preussisehen Landesaufnahme zum Abschluss ge-
langt war, war es möglich, am andern Ende der Arbeitsstrecke einen
weiteren Auschlusspunkt in Rudolstadt zu erreichen. Die Entfernung
von Rudolstadt bis zum Eintritt der Saale in das Herzogthum Altenburg
beträgt 5,5 km, während die Strecke vom Ausgangspunkt der Saale ans
dem Herzogthum bis nach Weimar 30,5 km beträgt.
Die Markirung der zu bestimmenden Festpunkte des Nivellements
ist nach 2 verschiedenen Methoden ausgeführt, die man auch als Haupt-
und Nebenpunkte bezeichnen kann. Die ersteren, welche nur innerhalb
des eigentlichen Arbeitsfeldes Verwendung gefunden haben, sind eiserne
Bolzen, welche in die zum Markiren der trigonometrischen Punkte ge-
setzten Steine eingelassen sind. Die letzteren sind 30 X 30 cm starke
und 75 cm lange Sandsteine bester Qualität, in deren Kopf ftlr die
trigonometrische Punktbestimraung ein Loch von 4 cm Durchmesser und
10 cm Länge eingearbeitet ist, während der eiserne Bolzen auf der Stirn-
fläche, seitlich des Loches so tief eingelassen ist, dass nur der kugel-
förmig abgedrehte Theil desselben hervorsteht. Diese mit der grössten
Sorgfalt gesetzten Steine sind gegen Vcrrtlckung und Senkung durch
Umbauen derselben mit Trockenmauerwerk, sorgfältiges Ausstampfen der
Zwischenräume mit Erde und bei schlechtem Untergründe durch eine
40 cm starke Betonfundirung gesichert. *)
Die Steine mit Bolzen befinden sich säinmtlich auf der linken Ufer-
seite der 31km langen Flussstrecke; es beträgt ihre Zahl 46 und der
durchschnittliche Abstand zweier solcher Festpunkte 600 m.
Die Lage dieser Festpunkte ergab sich aus der trigonometrischen
Punktbestimmung, welche in den Monaten Mai bis Juli 1885 und Januar
bis Februar 1886 nach Angaben des Herrn Geheimrath Nagel vom
Vermessungs-Ingenieur Wo 1 f ausgeführt wurden. Es waren daher diese
Punkte als „Gegeben“ zu betrachten.
Auf den Strecken der Anschlussnivellements, also ausserhalb des
eigentlichen Arbeitsfeldes und ebenso innerhalb des letzteren soweit die
Bolzen für die Ausführung des Flächennivellements und der hydrome-
trischen Untersuchungen zu grosse Entfernung von einander hatten, sind
Zwischenpunkte, Festpunkte II. Ordn. angenommen, welche auf Sockel-
vorsprungen von Gebäuden, auf Deckplatten der Eisenbaiindurchlässe,
weniger wie 1,57m ergäbe, so dass man alle Ursache habe, die gegebenen
Höhen für andere nivellitischo Arbeiten mit Misstrauen zn betrachten. Wie
sehr dieses Misstrauen berechtigt war, zeigte sieh bei der Beendigung des
Prücisions-Nivellemcnts, da sich ergab, dass die angegebene Höhe von dem
thatsächlich bestimmten Werthe um nicht weniger wie 3,756 m abwich.
*) Es hat sich übrigens nachträglich herausgestellt, dass diese Punkte
trotz aller Vorsicht Veränderungen unterworfen gewesen sind, namentlich auf
dem Üammkörper der Eisenbahn.
28 *
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43G (ierke. Beitrag zu den Kosten von Nivellements.
auf Kilometersteinen, auf Lagsteinen und auf anderen anscheinend festen
Unterlagen gewählt wurden. Soweit diese Gegenstände nicht schon selbst
unzweifelhafte Punkte flir das Aufhalten der Nivellirlattc boten, wurde
auf denselben durch Einmeisseln einer kreisförmigen Rinne eine kugel-
förmige Erhöhung hergestellt, deren höchster Punkt als Festpunkt galt
und auf den die Nivellirlatte gestellt werden konnte, ohne dass die
untere Endebene einen anderen Punkt als diesen berührte. Diese Zwi-
schenpunkte mussten in der Hauptsache während des Nivellirens gesucht
und fixirt werden. Es sind im Ganzen 47 solcher Punkte innerhalb des
Altenburgischen Staatsgebietes bestimmt worden, während auf den beiden
36 km langen Anschlussnivellements zusammen 59 solcher Punkte sich
befinden, die während des Nivellements zu markiren waren.
Betreffs der Ausführung des Nivellements wurde den ausfuhrenden
Technikern die Vorschrift, das Nivellement 2 mal und zwar in entgegen-
gesetzter Richtung auszufUhren. Hierbei wurden in betreff der zu erzie-
lenden Genauigkeit die Beschlüsse der Europäischen Gradmessung vom
October 1864 für maassgebend angeordnet, nach denen der wahrschein-
liche Fehler der Höhendifferenz zweier um 1 km entfernter Punkte im
allgemeinen nicht 3 mm, in keinem Falle aber 5 mm überschreiten darf.
Von häuslichen Arbeiten ward nur die Berechnung und Ausgleichung
des Nivellements und die definitive Höhenlage jedes einzelnen Fest-
punktes verlangt.
4. Die Beschaffenheit des Geländes für die Ausführung der Vermessung.
Das Nivellement der Strecke Rudolstadt- Weimar ist zum grössten
Theil auf dem Bahnkörper der Weimar-Geraer und Saalbahn ausgefllhrt
und nur innerhalb des eigentlichen Arbeitsfeldes, wo die Festpunkte in-
folge der bedeutenden Krümmungen der Saale vom Bahnkörper sehr
entfernt lagen, musste das Nivellement von dem Bahndamm herab uml
durch Wiesen und Felder geführt werden.
Sehr ungünstig gestaltete sich der Anschluss des Nivellements an
die Nullpunkte der 3 vorhandenen Pegel, da der Zugang nur auf wenig
festem Boden zu erreichen war, so dass besondere Vorkehrungen durch
Schaffung eines festen Standpunktes für Stativ und Latten getroffen
werden mussten. Das Nivellement I. Ordnung wurde, wie bereits oben
erwähnt, nur auf dem linken Ufer der Saale ausgeführt. Später sind
zur Bestimmung der auf dem rechten Ufer erforderlichen Festpunkte eine
grössere Anzahl Seitennivellements ausgeführt, wobei man öfters gezwungen
war Uber den 60 bis 80 m breiten Fluss zu visiren und ganz besonders
schlechte Standpunkte in Kauf zu nehmen.
5. Die erforderlich gewesenen Vorarbeiten.
Besondere Vorarbeiten für die Ausführung des Nivellements waren
eigentlich nicht vorhanden, wenn der Briefwechsel mit den in Betracht
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Gerke. Beitrag zu den Kosten von Nivellements. 437
kommenden Behörden Uber Erreichung des Anschlusses und die Anbrin-
gung der Bolzen an die vorhandenen trigonometrischen Steine ausser
Acht gelassen werden.
6. Die Zeit des ausgeführten Nivellements und die Witterungsverhältnisse
während desselben.
Von dem Nivellement sind 62,4 km in den Monaten August bis
October 1884 und 68, G km in den Monaten Juli bis September 1885
mit geringen Unterbrechungen ausgeführt.
Nähere Angaben über die Witterungsverhältnisse stehen dem Refe-
renten nur in der von Vermessungs- Ingenieur Wo lf ausgeführten Arbeit
zu Gebote. Von den 31 Tagen, die zur Ausführung der Nivellements-
strecke Göschwitz - Landesgrenze Schwarzburg - Rudolstadt erforderlich
waren, haben 13 Tage günstige Witterungsverhältnisse gehabt, während
an 18 Tagen die Arbeit durch Nebel, Gewitterregen und Wind beein-
trächtigt wurde. Bei dem Nivellement der Anschiussstrecke Landes-
grenze-Rudolstadt war die Witterung weniger günstig; es war sehr kalt
und windig.
7. Die Nivellirapparate und die angewandte Nivellirmethode.
Für die Ausführung des Nivellements ward kein besonderes Nivellir-
instrument angeschafft, sondern man begnügte sich mit dem Theodolit,
der zu den Winkelmessungen des trigonometrischen und polygonometri-
schcn Netzes benutzt wurde und welcher von dem Mechaniker Iley de
in Dresden angefertigt war. Mit dem Fernrohr ist eine sog. Reversions-
libelle fest verbunden, welche beim Ausschlag der Blase um einen Scalen-
theil 10 Secunden geneigt wird. Das Fernrohr und somit auch die
Libelle, wird mit Hülfe der Feinstellungsschraube in horizontale Lage
gebracht und festgehalten. Das Fadennetz des Fernrohres besteht auB
einem vcrticalen und drei horizontalen Fäden, von denen ersterer bei
dem Nivellement natürlich nicht in Betracht kommt. Eine Untersuchung
und event. Justirung des Instruments ward täglich mehrmals, mindestens
aber bei Beginn und am Schluss der Arbeit vorgenommen.
Es kamen 2 Latten zur Verwendung, welche flir den Preis von je
60 Mark geliefert wurden. Jede Latte ist aus einem Stück Holz gear-
beitet, mit Seitenleisten, an den Enden mit starken Stahlplatten versehen
und etwas Uber 3 m lang. In der Höhe von ca. 1 m wird seitlich der
Latte eine Dosenlibelle angeschraubt; auf der Höhe von 2,7 m befindet
sich ein eisernes Drahtöhr, in welches von dem Lattenträger eine Stange
eingehakt wird, hierdurch erhält erstere eine Stütze, durch welche das
in Folge des Luftzuges stattfindende Schwanken der Latte vermindert
wird. Die mittelst Theilmaschine auf beiden Seiten der Latte ausge-
führte Theilung ist in Centimeter starken Theilstrichen ausgeführt, so
dass die Millimeter-Ablesungen geschätzt werden müssen. Die Beziffe-
rung ist in Decimeter erfolgt und zwar derart, dass dieselbe auf der
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438 Gerke. Beitrag zu den Kosten von Nivellements.
Vorderseite von unten nach oben von 0 bis 30 dem, mit aufrecht ste-
henden schwarzen Ziffern, auf der Rückseite aber von oben nacli unten
von 30 bis 60 dem mit verkehrt stehenden rothen Ziffern ausgeflihrt ist.
Die Constanten der Revisionslatten wurden mittelst Comparators zu
60,107 dem und 60,111 dem ermittelt.
Die eisernen Unterlagsplatten hatten ein Gewicht von je 5 kg.
Der Vermessungs-Ingenieur hat zum Nivelliren 2 Lattenträger und
einen Arbeiter, sowie einen Schreiber verwandt. Die Ausführung des
Nivellements geschah folgendermaassen:
Gesetzt, das Instrument ist in gleichem Abstande von den beiden
Latten aufgestellt, so richtet der Landmesser das Fernrohr auf die rück-
wärts stehende Latte A, bringt mit Hülfe der Feinstellungsschraube die
durch einen Spiegel gesehene Fernrohrlibelle genau zum Einspielen und
liest nun an allen 3 Horizontalfäden die beobachteten Zielhöhen ab;
dann wird das Fernrohr auf die vorwärtsstehende Latte B eingestellt
und nachdem der veränderte Libellenstand ebenfalls durch die Fein-
stellungsschraube verbessert ist, wird wiederum an allen 3 Horizontal-
föden abgelesen. Jetzt drehen die Lattenträger auf ein gegebenes Zeichen
die Latten um, es wird nun zuerst an der Latte B und dann wiederum
an der Latte A abgelesen; es sind somit an jeder Lattentheilung 3 Ab-
lesungen, also auf jedem Standpunkte 12 Ablesungen erfolgt. Der Schreiber
hat die Unterschiede der ihm dictirten Werthe in einer besonderen Spalte
des Feldbuches sofort zu berechnen und es darf die Station nicht eher
verlassen werden, als bis die Ablesungen in den Grenzen der unver-
meidlichen Beobachtungsfehler geblieben sind. Es sind auf diese Weise
auf jedem Standpunkte 2 Nivellements in entgegengesetzten Richtungen
und mit verschiedenen Lattentheilungen ausgeführt; hierbei sind zur Be-
rechnung der Höhenunterschiede nur die Ablesungen der Mittelfäden zur
Verwendung gelangt und ans den Beobachtungen an den Vorder- und
Rückseiten der Latten das Mittel genommen. Die Ablesungen des Mittel-
fadens waren dann noch durch die der andern beiden Fäden zu corri-
giren, indem die geringen Unterschiede zwischen den durch die 3 Faden-
ablesungen erhaltenen Lattenabschnitte in Rechnung gezogen wurden.
Die Ablesungen an den oberen und unteren Horizontalfäden bewahrten
aber vor allen den Landmesser vor groben Ablesungsfehlern und dienten
ferner noch als Entfernungsmesser für den Abstand der beiden Latten.
Die gesummten auf einer Station gemachten Beobachtungen und
Berechnungen, welche in gewissem Zusammenhänge stehen, gelten nur
für ein Hauptnivellemeut. Das zweite Nivellement ist ganz und gar
unabhängig von dem ersteren ausgeführt.
Die Entfernungen der einzelnen Stationen wurden im Allgemeinen
abgeschritten und betrugen 50 bis 60 Schritt und nur bei ganz kurzen
Zielweiten ward die Strecke mittelst Bandmaass abgemessen. Für die
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(»erke. Beitrag zu dun Kosten von Nivellements.
439
Berechnung und Ausgleichung der Höhenlage der Festpunkte ward die
Länge der nivellirten Strecke aber aus den Doppelablesungen ermittelt,
wie bereits oben angegeben.
8. Die Resultate der Vermessung.
Der Abscblussfehlcr zwischen den beiden gegebenen Höhenpunkten
in Weimar und Rudolstadt betrug 22 mm, so dass sich bei der 63,3 km
langen Nivellementsstrecke der mittlere Abschlussfehler des Nivellements
pro Kilometer
to
m — = ± 2,77 mm
Vs
ergab.
Wird der mittlere Kiloraeterfehler aus dem doppelt ausgefUhrten
Nivellement nach den Höhenunterschieden beider Ergebnisse einzelner
Strecken berechnet, so ist der mittlere Kilometerfehler der einfachen
Messung
IH
-vim
und des Mittels aus beiden Messungen
4*1
**2 ~ ]/ 2
wenn 8 die Differenz der doppelt nivellirten Strecke, s die Länge der-
selben und n die Anzahl der nivellirten Strecken bedeutet. Für das
vom Ingenieur Koch ausgefllhrte 27,5 km lauge Nivellement der Strecke
Weimar- Göschwitz beträgt
Pi = zt 1,99 mm; ji2 — ± 1,41 mm.
Für das vom Ingenieur Wolf ausgefllhrte 35,8 km lange Nivelle-
ment der Strecke Göschwitz- Rudolstadt ist
Pi = ± 1,95 mm; p.2 = ± 1,38 mm
ermittelt.
Der gesammte 63,3 km lange Doppel -Nivellementszug Weimar-
Rudolstadt, der aus 154 einzelnen Strecken besteht, erhält einen mitt-
leren Kilometerfehler der einfachen Messung zu:
p.) = ± 1,96 mm
und einen mittleren Kilometerfehler des Mittels aus beiden Messungen zu
|a2 = ± 1,39 mm.
Letzterer bleibt daher bedeutend unter der zulässigen Fehlergrenze
3 bis 5 mm. Der Widerspruch von 22 mm ist proportional der Länge
auf die einzelnen Höhenmarken vertheilt.
9. Die für die Ausführung des Nivellements verwandte Arbeitszeit
und die Arbeitsleistung.
Es sei das Nivellement von Weimar bis Göschwitz mit A und die
Strecke Göschwitz bis zur Landesgrenze Altenburg -Schwarzburg mit B
bezeichnet. (Das 5,5 km lange Anschlussnivellement bis Rudolstadt,
welches später ausgeillhrt wurde, ist hier nicht in Betracht gezogen.)
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440 G erke. Beitrag zu don Kosten von Nivellements.
Die durch Koch einfach nivellirte Strecke A beträgt 62,440 km,
während die von Wolf ausgefllhrte Strecke B 68,504 km ausmacht.
Die Feldarbeiten haben beansprucht
fUr A 27 3/4 Arbeitstage,
7i B 31 „
und zwar wurde gebraucht an Zeit von der ersten bis zur letzten Instru
mentaufstcllung, incl. der dazwischen liegenden Pausen für Mittagsrast
und verschiedene Störungen kleiner Art, jedoch ohne die Zeit flir Zu-
und Abgang von der Arbeitsstelle, also au Gesammtarbeitszeit
filr das Nivellement A 256 Stunden 13 Min.
a n n B 342 „ 19 Ti
Die wirklich bei der Arbeit zugebrachte Zeit, also die reine Arbeits-
zeit betrug
fUr die Strecke A 169 Stunden 28 Min.
71 71 77 B 234 „ 16 i)
Es kommt daher auf 1 Tag an Gesammtarbeitszeit durchschnittlich
für Strecke A 9 Stunden 14 Min.
7? 77 B 11 „ 3 „
und thatsächlich zum Nivelliren gebrauchte Arbeitszeit
für Strecke A ; 6 Stunden 5 Min.
Ti a B 7 „ 35 „
Es wurde in einer Stunde nivellirt
Gesammtarbeitszeit reine Arbeitszeit
bei Strecke A 243,6 m 367,8 m
Ti Ti B 200,4 „ 292,9 „
Hieraus ergiebt sich, dass die durchschnittliche Arbeitsleistung eines
Tages betrug:
bei A: 2 — • 243,6 = 6 —• 367,8 = 2,24 km
60 60
3 35
,, Bl 1: l w 200,4 = 7—292,9 = 2,22 „
Instrumentaufstellungen sind im Ganzen gemacht worden:
beim Nivellement A 673
,, ,, B 877
mit einer durchschnittlichen Entfernung
bei A mit 93 m
Ti B n 78,2 m
so dass die durchschnittliche Zielweite
46,5 bezw. 39,1 m beträgt.
Es kommt daher auf eine Instrumentenaufstellung eine Gesammt-
arbeitszeit
bei A 23 Minuten
a B 23 „
und bei reiner Arbeitszeit
bei Strecke A 18 Minuten
7) 71 B 16 „
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Gerkc. Beitrag zu den Kosten von Nivellements.
441
Während das Nivellement A nur auf dem Bahnkörper der Weimar-
Geraer Bahn entlang geführt wurde, musste beim Nivellement B der
Bahnkörper der Saalbahn öfters verlassen werden, da der Nivellements-
zug sich den Krümmungen der Saale anzuschliessen hatte, dadurch
waren aber mitunter nur sehr kurze Ziclwciten bedingt. Aus diesem
Grunde zeigte sich, dass die stündlich nivellirte Strecke bei B kleiner
ausfiel als bei A, trotzdem die Arbeitszeiten pro Station beider Nivelle-
ments gleiche sind.
In Betreff der häuslichen Arbeiten gebrauchte der Ingenieur Koch für
die Berechnungen der Strecke Weimar -Göschwitz 18 Arbeitstage, während
der Vermessungs -Ingenieur Wolf für die Berechnungen der Strecke
Göschwitz - Rudolstadt und für die Gesammtausgleichungen, Zusammen-
stellungen der Resultate u. s. w. im Ganzen 30 Arbeitstage verwandte.
10. Die Kosten des Nivellements.
Bei der Aufstellung der Kosten des Nivellements sollen die vorbe-
reitenden Arbeiten, welche beispielsweise in dem Briefwechsel des Her-
zoglichen Bauamts mit den verschiedenen Behörden und Privaten bestehen,
nicht mitgerechnet werden, auch kommen die Arbeiten für Bestimmung
der Standpunkte der Höhenmarken nicht in Betracht, da diese gleich-
zeitig mit den trigonometrischen Arbeiten ausgeführt wurden; dann soll
die Berechnung des im Felde gebrauchten Materials der Steinquader
mit eingelassenen Bolzen unberücksichtigt bleiben und ebenso wird auch
die Anschaffung und Abnutzung des Nivellirapparates ausser Acht ge-
lassen, ferner sollen auch die Kosten der Oberleitung und der Verwal-
tung mit den gesammteu Biireauunkosten nebst Schreibmaterialienver-
brauch unberücksichtigt bleiben.
Hiernach kommen nur die Auslagen für die Vermessungs-Ingenieure
und deren Gehlilfen in Betracht. Dabei ist zu bemerken, dass von den
Directoren der betreffenden Eisenbahnen dem Vermessungspersonal grüss-
tcntheils freie Eisenbahnfahrt frcundlichst gewährt wurde.
Es ist von Seiten der Herzogi. Regierung verausgabt worden
1. für die Strecke We imar-Gösch witz
31 Feldarbeitstage des Ingenieurs ä 7,50 jtt = 2.32 jit 50 J,
124 Arbeitstage des Schreibers und der Messgehülfen
a 2,50 dt — 310 „ — „
Fahrgeld auf der Saalbahn = 16 „ 45 „
18 Hausarbeitstage des Ingenieurs ä 7,50 <M = 135 „ — „
Im Ganzen 693 95 J,
2. für die Strecke Göschwitz-Rudolstadt
38 Feldarbeitstage des Ingenieurs k 7,50 = 285 vH — ^
Löhne an Schreiber und Messgehülfen 1,80 und 2,50 <AC
(ein Arbeiter ward theilweise von dem Chaussee-
wärterpersonal unentgeltlich gestellt = 302 „ 85 „
Zu übertragen... == 587 M 85
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442
Hölscher. Das Berechtigungswesen und die Landmesser.
Uebertrag = 587 <M 85
Fahrgeld auf der Bahn — 9 „ 90
30 Hausarbeitstage des Ingenieurs, unter Berücksichti-
gung der Ausgleichung der Gesammtnivellements = 225 , — „
in Summa... 822^ 75 Jj
Hierzu sind noch zu rechnen 38 Tage Hilfsleistungen
eines Arbeiters, der von der Chausseeverwaltung gestellt,
aber nicht aus dem Vermessungsfonds bezahlt worden
ist, zu je 1,50 jft Tagelohn macht = 57 „ — „
Mithin im Ganzen... 879^75^
Die Kosten des Präcisions - Nivellements für 1 km Lange ergeben
sich also
694
für die Strecke Weimar-Göschwitz zu — - — 25 . /Z 24 J
27,5 J
880
n n n Göschwitz-Rudolstadt zu — — 24 „ 60 „
23,8
mithin für beide Strecken annähernd gleich rot. 25 aH~
Fassen wir bei Beurtheilung der beiden Nivellements die erreichte
Genauigkeit, die Arbeitsleistung und die Kosten zusammen, so gelangt
man zu dem Schlüsse, dass bei dem in 2 verschiedenen Nivellements
mit ein und demselben Nivellirapparate ausgeführten Präcisions-Nivellc-
ment der Strecke Weimar-Rudolstadt in gleicher Zeit eine gleich grosse
Genauigkeit unter gleichem Kostenaufwands erzielt worden ist.
11. Die Quellenangabe der obigen Mittheilungen.
Als Grundlage zu den oben gemachten Mittheilungen dienten dem
Referenten die ihm von dem Herrn Oberbauinspector Schierholz in
Roda zu Theil gewordenen Aufzeichnungen des ausführenden Vermessungs-
ingenieurs Herrn Wolf, während der die technische Oberleitung des Prä-
cisions-Nivellements ausfuhrende Herr Geheimer Regierungsrath Professor
Nagel in Dresden mit den betr. Mittheilungen sich einverstanden erklärte.
Für die werthvollen Angaben sagen wir den drei Herren auch hier
unseren besten Dank.
Al ten bürg, im September 1891.
Das Berechtigungswesen und die Landmesser. *i
Unter dieser Ueberschrift bringt die Nr. 299 der Freisinnigen Zeitung
im Beiblatt folgenden Bericht:
„Eine Versammlung der Studirenden der Geodäsie hat am 16. De-
cember protestirt gegen die Erleichterungen im Berechtigungswesen der
*) Diese Einsendung, welche als Erwiderung auf einen Artikel einer poli-
tischen Zeitung vom vorigen Jahre nun sehr spät kommt, wurde zunächst zu-
riickgehalten, weil die Untorrichtsfrage durch die in dieser Zeitschrift lieft 7,
S. 216- 218 berichteten Verhandlungen eine neue Entwicklung zu nehmen schien.
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Hölscher. Das Berechtigungsweson uml die Landmesser.
443
Landmesser, welche vor einigen Tagen verfügt worden sind.“ An diesen Be-
richt knüpft das genannte Blatt folgende Auslassung: „Dergleichen Proteste
bekunden den zünftlerischen Sinn der Betreffenden. Weil diese selbst unter
schweren Vorbedingungen zum Studium gelangt sind, wollen sie Jüngeren
nicht eine Erleichterung gönnen und sich vor einer weiteren Concurrenz
schützen.“
Man muss sich fragen, wie kommt das freisinnige Blatt dazu, eine
so abfällige Kritik zu üben an den Bestrebungen eines Kreises von Fach-
genossen auf Gestaltung des Faches an sich. Wer die Freisinnige Zei-
tung längere Zeit gelesen hat, weiss, dass dieselbe vielfach die Interessen
gerade der Stände bekämpft, denen die Thätigkeit des Landmessers ge-
widmet ist. Wenn also die oben angeführte Kritik nicht von anderer
Stelle in die Freisinnige Zeitung hineingebracht worden ist, darf man
sie wohl argwöhnisch anfnehmen.
Wenn heute plötzlich und unerwartet und ohne dass mit den be-
theiligten Kreisen vorher Fühlung genommen wäre, die Vorbildung für
einen anderen Stand, für den Mediziner, den Juristen, aut ein geringes
Maass herabgesetzt worden wäre, würden da nicht Proteste der Ange-
hörigen dieser Stände, zu erwarten sein und würde die Freisinnige Zei-
tung auch diese als zünftlerischen Sinn und als Bestrebungen zur Abwehr
weiterer Concurrenz erklären? Nun wird inan doch aber zugeben müssen,
dass nicht nur derjenige, welcher ein Gymnasium vollständig besucht
hat, mit gutem Erfolge Medizin oder Rechtswissenschaft studiren könne.
Es wird ja seit Jahren erstrebt, den Realgymnasiasten die Zulassung
zum Studium der Medizin zu verschaffen. Maassgebende Persönlichkeiten
(u. A. Virchow auf der diesjährigen Aerzte- Versammlung) geben sogar
dem Realgymnasium als Vorbildung für den Mediziner vor dem Gym-
nasium den Vorzug. Und dennoch hat die Neuordnung des Berechti-
gungswesens hierin keine Aenderung gebracht. Was besonders die Aus-
bildung der Juristen anbetrifft, 60 muss daran erinnert werden, dass die
Richter bis zum 1. October 1879 in Preussen durchaus nicht die gleiche
Ausbildung genossen hatten. Die Friedensrichter wie die Notare der
Rheinprovinz hatten die grosse Staatsprüfung der Juristen nicht abzu-
legen. Seit 1879 ist die Ausbildung für alle Juristen, Amtsrichter, Land-
richter, Rechtsanwalt wie Notar die gleiche, der Amtsrichter hat gleichen
Rang mit dem Landrichter. Noch heute giebt es in der Rheinprovinz
frühere Friedensrichter in der neuen Stellung der Amtsrichter und Notare
der alten Schule. Wer wollte nun behaupten, dass die damaligen Ein-
richtungen nicht heute noch für die Rheinprovinz ausreichten? Heute
wird das Grundbuch in der Rheinprovinz eingeführt; seit 1879 gelangen
daselbst nur noch Gerichtsassessoren zur Anstellung als Amtsrichter und
als Notar. Und doch wissen wir, dass dort die Juristen in der über-
wiegenden Mehrzahl gegen das Grundbuch waren; doch wohl nur, weil
sie das Grundbuch nicht kannten, Uber die Bedeutung desselben also
kein richtiges Urtheil haben konnten.
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444 Hölscher. I):is Berechtigungswesen und die Landmesser.
Man darf daraus folgern, dass ein Fach am richtigsten aus der
Praxis beurtheilt werden kann. Hat also die Versammlung Studirender
der Geodäsie gegen die Erleichterungen im Berechtigungswesen der
Landmesser protestirt, so hat sie in Wahrung berechtigter Interessen
gehandelt und die unsachliche Kritik der Freisinnigen Zeitung ist weder
geeignet, zur Lösung der Frage des Berechtigungswesens beizutragen,
noch kann dieselbe als eine Anerkennung gleichen Rechts fUr alle an-
gesehen werden. Man kann zweifelhaft darüber sein, ob die Studirenden
an erster Stelle zur Wahrung der Interessen eines Faches berufen seien.
Doch haben ja auch Fachmänner an hervorragender Stelle eine Eingabe
an das Königliche Staatsmiuisterium in letzter Zeit gemacht, worin die
Nothwendigkeit einer besseren Vorbildung betont und zwar die Absol-
virung eines Gymnasiums bezw. einer Ober-Realschule bezw. eines Real-
gymnasiums als Vorbedingung zum Studium für den Landmesser gewünscht
wird. Diese Eingabe ist in der Zeitschrift für Vermessungswesen für
1891, Heft 20, veröffentlicht worden und dürfte der Freisinnigen Zeitung
mindestens so zugänglich gewesen sein, wie der Bericht über die Ver-
sammlung der Studirenden der Geodäsie. Wenn eine politische Zeitung
dazu übergeht, die Bewegung innerhalb eines Kreises von Fachgenossen
zu kriti8iren, so muss sie auch den aus diesem Kreise kommenden Ent-
gegnungen Beachtung schenken. Die Mitglieder des Deutschen Geometer-
vereins haben zu dem Vorstande das Vertrauen, dass er in Wahrung
der Standesinteressen handle, noch mehr aber nach Verbesserungen der
fachlichen Einrichtungen strebe, welche erfahrungsgemäß« den betheiligten
Staatsbürgern, also dem Staate zu Gute kommen werden und zugleich
eine dringende Forderung der heutigen Zeit bedeuten. Mit gleichem
Vertrauen blicken alle Fachgenossen auf die Lehrer in ihrem Fache.
Der Deutsche Geometerverein hat sich auch seit Jahren aus dem Kreise
hervorragender Landwirthe und Beamten höchst beachtenswertlier Aner-
kennung, Anregung und Unterstützung erfreut. Die Namen der Männer,
die sich hervorragend um den Verein verdient gemacht haben und die
den Fachgenossen geläufig sind, verdienen auch ausserhalb des Vereins
Beachtung und es ist an der Zeit, dass über die Fachangelegenheiten
besonders diejenigen Kreise aufgeklärt werden, denen schliesslich ein
maassgebender Einfluss auf die Organisation des Faches zusteht und welche
die Verantwortung tragen müssen, wenn die Zeit die Erkenntniss reift,
dass ihre Entscheidung ein unheilvolles Ilemmniss in der Entwickelung
von nutzbringenden Einrichtungen war. Wenn ein Regierungsrath Herr
Mahr au n in Cassel die Bildung landwirtschaftlicher Provinzialbehörden
in Preussen zur Unterstützung und Förderung landwirtschaftlicher Be-
triebe vorschlägt mit der zeitgemässen Mahnung, dem Landmesser und
Kulturtechniker die notwendige berechtigte Anerkennung nicht länger
zu versagen, — wenn die Vorstandschaft des Deutschen Geometervereins,
bestehend aus den Herren Obergeometer L. Winckel, Steuerrath G.
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Hölscher. Das Bereehtignngswesen und die Landmesser. 445
Steppes, Professor Dr. W. Jordan, nach den eingehenden Berichten
der Herren Professor Dr. Vogler, Docent Koll u. A. auf der letzten
Hauptversammlung des Deutschen Geometervereins zu Berlin über den
Stand der Ausbildung der preussischen Landmesser den Auftrag über-
nommen und ausgeführt hat, dem Kgl. preussischen Staatsministerium
das Bittgesuch um Forderung der Abiturientenprüfung als wissenschaft-
liche Vorbildung für den künftigen Landmesser zu unterbreiten, — wenn
schon vor Jahren der Vorsitzende des Centraldirectoriums der Vermes-
sungen in Berlin, wenn wiederholt Fachkenner wie Landtagsabgeordneter
Sombart dasselbe verlangt haben, so ist das nicht mehr eine Bekun-
dung zünftlerischen Sinnes, nicht die Absicht, .Jüngeren eine Erleich-
terung zu missgönnen und sich vor einer weiteren Concurrenz zu schützen,
wie die Freisinnige Zeitung sich auszudrücken beliebt.
Die Fachgenossen werden weit davon entfernt sein zu glauben, dass
alle die genannten Personen, welche sich in der angegebenen Weise
verdient gemacht haben, nicht aus voller eigener Ueberzeugung gehandelt
haben sollten. Wäre dies nicht so, so würden die Freisinnige Zeitung
und andere den Angehörigen des Faches eine Wohlthat erweisen, diese
von ihren krankhaften Ideen zu heilen. Es dürfte aber noch ein Um-
stand in Betracht kommen. Wie einem Theile der Menschenkinder über-
haupt, so wird auch manchem Angehörigen unseres Standes in der Praxis
oftmals sich Gelegenheit bieten, eigene und fremde Mängel an Wissen
oder Fachbildung zu erkennen.
Man wird finden, dass leider eine grosse Zahl der Angehörigen des
Landmesserstandes in Wissen, allgemeiner und Fachbildung nicht hoch
genug steht, um allen Aufgaben, welche ihr Beruf an sie stellt, gerecht
zu werden. Dieses Urtheil haben auch die akademischen Lehrer bezüg-
lich der wissenschaftlichen Vorbildung ausgesprochen und erklärt, dass
die Studirenden der Geodäsie zum grossen Theile ihre Muttersprache
nicht beherrschen. Diese Wahrnehmungen sind es, die den Fachmann
treiben, die bessere wissenschaftliche wie fachliche Ausbildung anzustreben.
Es muss dabei nicht die Absicht zu Grunde liegen, auch für sich selbst
Vortheil zu erreichen, auch zeigt die Erfahrung, dass durch die Ungunst
des Einflusses bestehender Organisationen, wie gesellschaftlicher Vor-
urtheile Menschenalter vergehen können, ehe der Frühling allgemeiner
Schaffensfreude anbricht; denn was für den jüngeren Fachgenossen Erfolg
bedeutet, kann dem älteren kränkende Zurücksetzung eintragen.
Um auf die Sache der Ausbildung zurückzukommen, sei angeführt,
dass der Landmesser, der Culturtechniker selbständig arbeitet, selbst
seine jeweilige Arbeit erfassen, selbst die Sachlage auch eiuem Nicht-
fachmann klarlegen und unabänderlich feststellen bezw. niederschreiben,
selbst den Erfolg seines Projectes vertreten muss. Hierzu ist zweierlei
erforderlich: 1) Gründliche wissenschaftliche Vorbildung, die den Forde-
rungen für andere Fächer in Nichts nachsteht; 2) gediegene theoretische
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44P> Hölscher. Das Bcrechtigungswescn und di« Landmesser.
wie praktische Fachbildung. Das eine lässt sich nicht vom andern
trennen, mangelhafte wissenschaftliche Vorbildung bedeutet Mangel in
der Befähigung des Ausdrucks und dadurch eine unheilvolle Unterord-
nung, ein Nachgeben an die oft schiefe Auffassung des Nichtfachmannes.
Dadurch entscheidet zum Beispiel im Process nicht mehr das Gutachten
des Fachmannes, sondern die höchst zweifelhafte Auffassung und ent-
sprechende Abfassung des Gutachtens durch den Richter. Eine mangel-
hafte Fachausbildung bedeutet also nach allen Seiten hin Schaden.
Nun wissen wir aber auch, dass der Vertreter des landwirthschaftlichen
Ressorts in der Commission für die Schulreform der Ausführung des
Berichterstatters: „Das von einer sechsklassigen höheren Schule ausge-
stellte Reifezeugniss berechtigt zum Eintritt in den gesammten Subaltern-
dienst, sowie zur Zulassung zu den Prüfungen der Landmesser und
Markscheider“ entgegentrat.
Wenn dennoch später die Schulconferenz mit der Herabsetzung der
Höhe der seit 1831 geforderten wissenschaftlichen Vorbildung der Land-
messer überraschte, so müssen wir uns trösten mit der Erklärung, dass
nur die Zeit noch nicht reif ist für den Aufschwung des Faches und
den davon zu erwartenden Segen und dass man sich, um mitMahraun
zu sprechen, noch nicht allgemein daran gewöhnen kann, dem Stande
mit Wohlwollen entgegen zu treten. Die Fachgenossen darf das aber
nicht abhalten, für das, was sie als gut und nothwendig erkannt haben,
weiter zu wirken und den Erfolg von der Zeit zu erwarten, in welcher
auch die betheiligten Kreise die Richtigkeit unserer Bestrebungen erkannt
haben werden.
Januar 1892. Hölscher.
Schlussbemerkung. Wenngleich sich unsere Zeitschrift mit
einer Polemik gegen politische Zeitungen nur in Ausnalimefallen befassen
kann, so glaubte doch die Redaction der vorstehenden AeusBerung eines
mitten in der Praxis stehenden Fachgenossen die Aufnahme nicht ver-
sagen zu dürfen. Die Vorbildungs-Frage ist eine so wichtige und die
Verstimmung Uber die neueste Wendung, welche selbe für den grössten
und ersten der deutschen Bundesstaaten genommen, eine so tiefgehende,
dass diese Frage gar nicht gründlich genug nach allen Seiten erörtert
werden kann.
Es ist ja richtig, dass eine wesentliche Abänderung der Vorbedin-
gungen durch die neueste Regelung nicht eingetreten ist. Aber immer-
hin ist unter den bisher gestatteten Wegen gerade der am wenigsten
empfehlen8werthe durch einen neuen Seitenpfad verbreitert worden, dessen
Eröffnung unmöglich als eine Verbesserung betrachtet werden kann.
Gerade der nicht direct Betheiligte wird sich daher am wenigsten des
Eindruckes erwehren können, dass die neuen Bestimmungen nicht durch
Rücksichten auf die Fachinteressen selbst, sondern lediglich durch RUck-
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Ilülsclier. Das Berechtigungswesen und die Landmesser. 447
sichten auf die hier nicht näher zu erörternde Schulreform dictirt
wurden.
Das Bedauern Uber die eingetretene Wendung ist aber deshalb ein
so tiefgehendes und berechtigtes, weil seit längerer Zeit schon in Fach-
kreisen statt einer Abschwächung eine tliunlichst ausgiebige Steigerung
der Vorbedingungen, insbesondere der allgemein wissenschaftlichen und
mathematischen Vorbildung fUr nothwendig erachtet wurde. Dass sich
die Vertreter dieser Anschauung in bester Gesellschaft befinden, darauf
ist in der obigen Abhandlung bereits hingewiesen worden. Es will
daher nur an eine Thatsaclie hier noch erinnert werden : Die Commission
des Centraldirectoriums der Vermessungen, welche seinerzeit die Sombart-
sche Denkschrift begutachtete, hat der Aufzählung der Anforderungen,
welche die heutige Zeit an die Durchführung (und Fortführung) von
Vermessungswerken stellt, den bemerkenswerthen Satz vorangestellt:
„Jede schlechtere Ausführung wäre eine nutzlose Vergeudung öffentlicher
Mittel.“ (Zeitsehr. f. Verm. 1881, S. 44.) Zur Sicherstellung einer
exactcn Durchführung der Vermessungen genügt aber der Erlass von
entsprechenden Vorschriften allein bekanntlich nicht. Es gehört dazu
auch ein Personal, welches durch seine Geistes- und Charakterbildung
befähigt ist, sich die zur Ausführung der Vorschriften genügende prak- ‘
tische Schulung rasch anzueignen. Also auch eine ungenügende Vor-
bildung des Personals kann uud muss schliesslich zur nutzlosen Vergeu-
dung öffentlicher Mittel führen.
Zur Behebung eines bestehenden Personalmangels dürfte es zweck-
massigere Mittel, als den Verzicht auf die durch die Berufsaufgabe er-
forderte Vorbildung geben. Auch in Bayern bestand bezw. besteht derzeit
noch ein empfindlicher Personalmangel. Seit jedoch der Keformplan der
bayerischen Staafsregierung veröffentlicht und dadurch klargestellt ist,
dass die befürchtete Gleichstellung mit einer neuen Klasse mindergebil-
deten Personals ausgeschlossen, andererseits aber den Berufsangehörigeu
(ohne wesentliche Erhöhung des Durchschnitts - Einkommens) eine ange-
mes8eno, in ihrer Selbständigkeit nur durch fachliche Aufsicht und
Leitung beschränkte Stellung, ihren Hinterbliebenen aber eine entspre
chende Versorgung zugebilligt ist, hat sich die Frequenz des Fachcurses
an der technischen Hochschule alsbald in einem Maasse vervielfacht,
dass bei Fortdauer dieses Verhältnisses schon nach einer kleinen Zahl
von Jahren die gänzliche Behebung des derzeit so empfindlichen Mangels
erhofft werden kann. Achnlichc Maassnahmen, wie sie jetzt in Bayern
getroffen werden, wo bekanntlich die Anforderungen an die Vor- und
Fachbildung die höchsten in Deutschland sind, können daher allen Ver-
waltungen, in deren Ressort sich trotz der spruchwörtlichen Ueberfüllung
der Bilduugsanstalten Personalmangel zeigt, mit der sicheren Aussicht
auf Erfolg wärmstens empfohlen werden.
Steppes.
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448 Steppes. Die gesetzliche Regelung eines Auscinandersetznngsverfalircns
Die gesetzliche Regelung eines Auseinandersetzungs-
verfahrens für städtischen Baugrund.
Am Schlüsse der 17. Hauptversammlung des Deutschen Geometer-
vereins hat bekanntlich (vergl. Band 20, Heft 18, S. 527 dieser Zeit-
schrift) Herr Vermessungsdirector Gerke auf die grossen Vortheile liin-
gewiesen, welche die ländliche Bevölkerung aus der Grundstückzusammcii-
legung ziehe, und die Ausdehnung der einschlägigen Gesetzgebung auch
auf städtische Grundstücke bevorwortet. Wo die Grundstücksgrenzeu
zu den festgestellten Bebauungsplänen schiefwinklig stehen, sei es in der
Regel sehr schwer, ohne ein gesetzlich geregeltes Vorgehen zu einer
Umlegung der Grenzen in der Weise zu gelangen, dass schiefwinklige
Gebäude und Gelasse vermieden würden. Es sei daher eine dankbare
Aufgabe für den Verein, auf den Erlass gesetzlicher Bestimmungen hin-
zu wirken, nach denen die von genehmigten Strassenzügen begrenzten
Grundstücke zur Erlangung zweckmässiger Bauplätze nötigenfalls einem
Auseinandersetzungsverfahren unterliegen.
Wer jemals in die Bebauungs-Verhältnisse einer grösseren Stadt, ja
selbst kleinerer Orte näheren Einblick genommen, wird überzeugt sein
müssen, dass das Ziel der erwähnten Anregung ein hervorragend gemein-
nütziges ist und dass die glückliche Lösung der angeregten Frage einen
ebensowohl von den betheiligten Grundbesitzern, wie auch in ihren
Wirkungen von der städtischen Bevölkerung überhaupt schwer empfun-
denen Missstand beseitigen würde. Eben so sicher aber ist, dass der
gegebenen Anregung, wie auch Herr Gerke selbst schon hervorgelioben
hat, sehr bedeutende Schwierigkeiten und Bedenken entgegenstehen.
Diese Schwierigkeiten sind zunächst schon allgemeiner Natur. Bei
den Auseinandersetzungen für landwirtschaftlich benutzte Grundstücke
besteht von vornherein wenigstens Ein allen betheiligten Eigentümern
gemeinsames Interesse darin, dass Jeder die Erzielung einer möglichst
günstigen landwirtschaftlichen Verwertung des Bodens als Ziel vor
Augen haben muss, so dass in der (auch überall von der Gesetzgebung
erfüllten) Voraussetzung, dass einzelne Grundstücke, die besonderen
Zwecken dienen, von der Einbeziehung in das Verfahren ausgeschlossen
werden, wenigstens der Endzweck des Unternehmens ein allen gemein-
samer, von Allen vernünftiger Weise in gleich hohem Grade gebilligter
ist. Dies ist aber nicht so bei den hier fraglichen Auseinandersetzun-
gen. Hier wird — wenn auch nicht immer, so doch in der Regel —
zwar ein Theil der Beteiligten die möglichst günstige Gestaltung der
Grenzen behufs sofortiger Besetzung mit Gebäuden anstreben; ein an-
derer Theil aber wird die bisherige Benutzungsweise der Grundstücke
(z. B. als Gärtnereien etc.) möglichst lange fortsetzen wollen und daher
der beabsichtigten Umgestaltung prineipiell und unter allen Umständen
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tiir städtischen Haugrund.
449
auch dann entgegen zu treten suchen, wenn als Zweck des Verfahrens
noch gar nicht die Herstellung sofort brauchbarer Bauplätze, sondern
nur die möglichst fllr den Bebauungszweck günstige Umgestaltnng der
Grenzen aufgestellt wird.
Eine zweite Schwierigkeit liegt in der Dauer des Verfahrens. Man
wird das Auseinandersetzungsverfahren hier in mindestens gleicher Sorg-
falt, wie bei ländlichen Flurbereinigungen, mit gesetzlichen Garantien
zum Schutze der Betheiligten umgeben müssen und es wird daher die
Abwickelung des Verfahrens notliwendig eine beträchtliche Zeitdauer
beanspruchen. Bei den hohen Grundwerten, die hier in Frage stehen,
wird aber die Gefahr bestehen, dass der durch diese Zeitdauer entstehende
Zinsverlust für einzelne Betheiligte grösser werden könnte als die Vor-
theile , die ihnen das Verfahren für den günstigeren Erwerb der von
den Nachbarn benötigten Grundflächen bieten kann.
Dazu kommen neue Bedenken, sobald man an die Regelung der
Einzelfragen herantritt. Ersichtlicher Weise bezweckt die gegebene
Anregung die Feststellung eines Auseinandersetzungsverfahrens für die
gesammte, von genehmigten Strassenzligen ringsum eingeschlossene Grund-
fläche eines künftigen Häuser-Blockes. Für ländliche Auseinandersetzun-
gen stellen nun in der Regel die einschlägigen Gesetze als Grenze,
innerhalb welcher der Einzelne zur Annahme einer Abfindung gezwungen
werden kann, den Grundsatz auf, dass eine wesentliche Aenderung des
Wirthscliaftsbetriebes nicht erforderlich werden darf. Angenommen nun
auch, es erscheine in Rücksicht auf den Zweck des fraglichen Verfahrens
vollkommen berechtigt, die obenerwähnte Verschiedenheit der Interessen
unberücksichtigt zu lassen und lediglich die Verwerthung als Baugrund
in den Vordergrund zu stellen, so bleibt bezüglich der Grundsätze der
Zutheilung immer noch gegenüber den ländlichen Auseinandersetzungen
ein Unterschied von höchster Tragweite zu beachten. Dort besteht nur
ein allgemeines, mit grösster Leichtigkeit zu befriedigendes Interesse,
dass die einzelnen Abfindnngsstücke an den Weg zu liegen kommen.
Hier aber erscheint es für den Werth der Abfindung und die Interessen
der Betheiligten geradezu ausschlaggebend, mit welcher Frontlänge die
einzelne Abfindung an den von vornherein unabänderlich feststehenden
Strassenzug zu liegen kommt. Es würde daher nahe liegen, diese be-
rechtigten Interessen durch eine in das Gesetz selbst aufzunehmende
Bestimmung schützen zu wollen, wonach Jeder den Anspruch hätte, das
seine Abfindung im gleichen Verhältniss wieder an die Strassenfront zu
liegen komme, als dies bei seiner Einlage der Fall war.
Wo die neuen Strassenzüge eine regelmässige oder annähernd regel-
mässige Gewanne durchschneiden und es sich also in der Hauptsache
nur darum handelt, die Grenzen in eine günstigere Lage zur Strassen,
linie zu drehen, liesse sich das ja auch durchführen. Dies ist aber nur
ausnahmsweise der Fall. Wollte man aber Grundstücke, welche inmitten
Zeitschrift für Verinessungswescn. 1892. Heft tS.
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450 Die gesetzliche Regelung eines A useinandersetzungs Verfahrens
des künftigen Häuserblockes liegen und an die Strassenlinie überhaupt
nicht stossen, von dem ganzen Verfahren unberührt lassen, so würde
dies meist einer gänzlichen Vereitlung des Endzweckes der Sache gleich-
kommen. Auch der Ausweg, diesen Inseln im Innern des Blockes eine
besondere Zufahrt offen zu halten, würde in den meisten Fällen über
jene Gefährdung des Endzweckes nur lückenhaft hinüberhelfen. Auf
ähnliche Schwierigkeiten stösst die Anwendung jenes Grundsatzes, wo
einzelne Grundstücke mit ihrer Längsseite an die künftige Strasse stossen
und den hinter ihnen aufstossenden Grundstücken vorgelagert sind. Man
braucht gerade noch nicht Boden-Reformer zu sein , um es bedauerlich
zu finden, dass die Besitzer solcher Grundstücke unter den jetzigen Ver-
hältnissen ihren Vortheil häufig in der ungemessensten Weise ausnutzen.
Andererseits kommt aber in Betracht, dass nach den einzelnen Landes-
gesetzen meist diese Besitzer auch den Löwenantheil bezüglich der un-
entgeltlichen Ablassung des Strassengrundes zu tragen haben und dass
es daher — eben weil es in den seltensten Fällen möglich und in noch
selteneren Fällen rathsam ist, die Strassenführung von den bisherigen
Grenzverhältnissen abhängig zu machen, — eine sehr schwierige Aufgabe
ist, die Ansprüche solcher Besitzer ohne Beeinträchtigung des Ganzen
in gerechter Weise zu befriedigen.
Alle diese Schwierigkeiten, welche sich der gütlichen Verständigung
und Befriedigung einer Mehrzahl von Interessenten entgegenstellen, mögen
wohl auch dazu geführt haben, dass in grösseren Städten sich immer
mehr die Speculation der Sache bemächtigt hat, indem sie die gesammte
innerhalb eines Blockes gelegene bezw. an selbem betheiligte Grundfläche
zusammenkauft, sie in günstige Bauplätze zerlegt und diese dann, vor
oder nach Besetzung mit Gebäuden, einzeln wieder ausbietet. Und so
bedauerlich es ist, dass vielfach die Maassnahmen der Stadtverwaltungen
selbst die Speculation grossziehen, indem sie die Anforderungen insbe-
sondere an die ersten Ansiedelungen in einer bestimmten Strasse bezüg-
lich der unentgeltlichen Leistungen für die Strassenherstellung etc. ins
Ungeraessene steigern, so muss doch anerkannt werden, dass gerade
die Herstellung günstiger Bauplätze noch die gesundeste Seite der Bau-
Speculation bildet.
Man wäre daher versucht, die bestehenden Schwierigkeiten dadurch
zu lösen bezw. die Erreichung des angeregten Zieles dadurch anzustreben,
dass städtische oder staatliche Commissionen nach dem Vorbilde der
preussischen Ansiedelungscommission eingesetzt würden, welche den zur
Bebauung überzuführenden Grund und Boden blockweise zu expropriiren,
in günstige Bauplätze zu zerlegen und diese dann wieder auszubieten
hätten. Dabei könnte ja den bisherigen Besitzern das Vorkaufsrecht
unbedenklich eingeräumt werden; ja es könnten die Commissionen ange-
halten werden, die Wünsche dieser Besitzer bezüglich der Grösse und
Gestaltung der von ihnen zurück zu erwerbenden Bauplätze nach Tliun-
Digitized by Google
tlir städtischen Baugrand.
451
lichkeit zu berücksichtigen. Kurz, es scheint mir zweifellos, dass auf
diesem Wege das Ziel der Gerkc’schen Anregung zu erreichen wäre,
ohne dass es durch die Zeit- und Zinsvcrluste , welche durch ein zu
peinliches Eingehen auf die Einzel - Interessen einer Mehrzahl von Be-
theiligten entstehen müssen, allzu theuer erkauft würde.
Dass es schwer halten wird, die Staats- oder Stadt -Verwaltungen
zu einem Vorgehen in der angedeuteten Richtung und zur Beschaffung
der nöthigen Geldmittel zu gewinnen, ist ja nicht zu verkennen. Die
in einzelnen Städten schon recht laut in der Presse etc. erklingende
Mahnung, es möchten die Stadtverwaltungen auf den Verkauf ihrer un-
bebauten Liegenschaften verzichten und vielmehr ihre Capitalien im
Ankauf von noch unbebauten Grundstücken Anlegen, ist aber immerhin
eine Erscheinung, die sich in gleicher Richtung mit jenem Vorschläge
bewegt. Der Zweck, den diese Mahnungen der öffentlichen Meinung im
Auge haben, die Sicherung grösstmöglichen Einflusses auf die Bebauungs-
verhältnisse in hygienischer und anderer Hinsicht, würde durch jenen
Vorschlag sicher nicht beeinträchtigt, vielmehr bei entsprechender orga-
nischer Verbindung der Commissionen mit den Organen der Baupolizei
(nicht aber bureaukratischer Unterordnung unter selbe) wesentlich geför-
dert werden. Auch das erspriessliche Wirken der preussischen Ansiede-
lungscommission unterscheidet sich ja weniger durch ihr Ziel, als durch
ihre Mittel und Wege so vorteilhaft von den gewöhnlichen Güter-
schlächtereien.
Ein anderer Weg, um den zwar nicht absolut unüberwindlichen,
aber immerhin höchst gewichtigen Schwierigkeiten der Auseinandersetzung
zwischen einer grösseren Anzahl von Betheiligten aus dem Wege zu
gehen, wäre der, dass eine Regelung von Fall zu Fall ins Auge gefasst
würde. Es könnte zu diesem Zwecke einerseits eine baupolizeiliche
Vorschrift aufgestellt werden, dass alle Bauplätze bei geradlinigen
Stras8enzügen senkrecht, bei gebrochenen oder gebogenen Zügen symme-
trisch zur Strassenflucht abgegrenzt werden müssen und andererseits
müsste dann dem Einzelnen der Anspruch eingeräumt werden, den behufs
solcher Anordnung benötigten Grund nach einem thunlichst vereinfachten
Verfahren zu expropriiren. Es würde so gewiss manche bauliche Unge-
reimtheit aus der Welt geschafft. Aber die Befürchtung liegt doch sehr
nahe, dass durch derartige Einzel - Regelungen auch recht häufig einer
späteren gesunden Gestaltung des ganzen Blockes ein nicht wieder zu
beseitigendes Hiuderniss in den Weg geschoben würde. Liegt doch
selbst bei ländlichen Auseinandersetzungen die Erfahrung vor, dass
das Herausgreifen einzelner Feldpartien, — wie es insbesondere da
beliebt ist, wo die Behörden mehr ein Paradiren mit möglichst vielen
Nummern, als ein möglichstes Gedeihen der gesaminten wirtschaftlichen
Verhältnisse einer ganzen Gemeinde im Auge haben, — einer späteren
Erfassung de Gesammtflui' den Riegel vorschiebt. Und in grösseren
29*
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452 Reinhertz. Einige BemerKiingen über Kleintriangnl'iningen.
Städten kann man ja sehr häufig mitansehen, wie eine allzu ängstliche
Beschränkung auf das Tagesbedilrfniss bei grösseren baulichen Maass-
nahmen nur zu nutzlosem Aufwande führt.
Der Verfasser erhebt natürlich nicht den Anspruch, den Gegenstand
nach allen seinen Seiten auch nur annähernd beleuchtet zu haben. Einer
solchen Beleuchtung müsste vor Allem eine Sammlung der in den ein-
zelnen Staaten bestehenden, den Gegenstand berührenden baupolizeilichen
Gesetze und Verordnungen (unter Umständen auch einzelner nachbar-
rechtlicher Bestimmungen in den Ortsstatuten) vorangehen. Vielleicht
dürfte aber doch ans der vorstehenden allgemeinen Erörterung ein oder
der andere, dem Bauwesen näher stehende College Anlass nehmen, den
Gegenstand weiter zu verfolgen.
München, im November 1891. Steppes.
Einige Bemerkungen über Kleintriangulirungen.
Das Princip, den Kleinmessungen (Polygon- und Liniennetz) ein auf
trigonometrischem Wege ermitteltes möglichst engmaschiges Punktsystem
zu Grunde zu legen, hat allgemein Eingang gefunden und sich bewährt.
Die Punktabstände niederster Ordnung werden je nach den örtlichen
Verhältnissen bemessen auf 3/4 - - Va km und in Ortalagen, besonders bei
schwierigem Gelände bisweilen herabgemindert auf einige Hundert Meter.
Es muss nun ein solches Punktsystem der Bedingung genügen, jene
Punktabstände mit einer solchen Genauigkeit anzugeben, dass die Fehler
derselben gegenüber den Fehlern der Kleinmessung, also der directen
Längenmessung, nicht mehr in Betracht kommen. Dieser Anforderung
wird genügt, wenn der mittlere Fehler der Punktabstände */4 bis */s
des mittleren Fehlers einer allen Anforderungen entsprechenden directen
Messung jener Länge nicht übersteigt. Mit dieser Grenzbestimmung wird
der mittlere Längenmessungsfehler nur um I/30 bezw. l/so erhöht, ein
Betrag um welchen selbst dieser mittlere Fehler schwankt. Geht man
nun von irgend einer der Angaben über den mittleren Fehler guter
Längenmessungen aus, so findet man, dass es genügen würde, wenn für
die mittleren Fehler der trigonometrisch bestimmten Punktabstände etwa
folgende Festsetzung getroffen würde:
Entfernung 1 bis 3/4 km mittlerer Fehler ± 5 bis 4 cm
v 3li n */2 » n n ± 4 n 3 n
n V2 n */ü n n n i 3 , 2 ,
„ darunter „ „ ± 2 cm.
Legt man nun, wie üblich, bei der Bestimmung eines Neupunktea
durch Einzelpunkteinschaltung die gegebenen Punkte als fehlerfrei zu
Grunde, so ist der aus der Ausgleichung sich berechnende mittlere re-
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Reinherlz. Einigt’ Bemerkungen über Kleiutriaugulirungen.
453
lative Puuktfehler (mittlere Coordinatenfehler X v'ä) direct der mittlere
Fehler der Abstände des Neupunktes von den festen Punkten. Es wird
demnach dem praktischen Bedürfniss im grossen Ganzen entsprochen,
wenn man festsetzt, dass der mittlere relative Punktfehler bei Abständen
von im Mittel 1 km nicht 3 bis 4 cm, von im Mittel % km und darunter
nicht 2 cm übersteigen soll. Zu dieser Festsetzung wird sich im Allge-
meinen sagen lassen, dass es nicht rathsam ist, dieselbe zu erweitern,
aber auch nicht nothwendig, dieselbe zu verschärfen und dass, was
hierbei sehr ins Gewicht fällt, durch die Erfahrung erwiesen ist, dass
es bei sachgemässer Ausführung der betreffenden Arbeiten möglich ist,
selbst mit einfachen Mitteln, diese Grenzen bei Kleinnetzen innezuhalten.
Handelt es sich nun darum, bei einer Triangulirnng diesen Anfor-
derungen zu genügen, so muss man in erster Linie eine allgemeine
Kenntniss davon haben, in welcher Weise die einzelnen Fehlerquellen
aller trigonometrischen Operationen in dem Rechnungsresultat „mittlerer
Punktfehler“, von dem man ausgehen muss, zura Ausdruck kommen.
Die bei einer Klcintriangulirung in Betracht kommenden Fehler-
quellen sind:
1) der Fehler der gegebenen Punktcoordinaten,
2) der Centrirungsfehler der Signale und des Instrumentes (und der
eventuellen Centrirungsmessungen),
3) der Visurfehler, welcher durch die constant unrichtige Auffassung
eines Punktes durch die Art der Signalisirung entsteht,
4) der Fehler der Richtungsmessung.
Diese sämmtlichen Fehler werden bei der üblichen Rechnungsweise
im Rechnungsresultat „mittlerer Gesammt-Richtungsfehler“ zum Ausdruck
gebracht.
Wir bezeichnen mit
mn — - den Gesammtrichtungsfehler im Punktsystem bezw. Netz,
m0 — den aus den mittleren relativen Coordinatenfehlern der Punkt-
orte sich ergebenden Richtungsfehler,
mc — den dem Centrirungs- und Visurfehler (die wir nicht zu trennen
im Stande sind) entsprechenden Richtungsfehler,
mT — den Messungsfehler, wie er sich durch Vergleich der direct
gemessenen Richtungen auf der Station ergiebt.
Dann ist »»„ = \/ jn„2 + me2 + wr2. Danach ist nun der aus der
Ausgleichung sich berechnende relative Punktfehler Mp — mn
wobei P= Wh\^^Pahl da8 Punktgewicht ist.
[p«a] + [pbb]
Mit Einführung der Einzelfehler ist Mp = j/ m„2 -f- mc 2 -f- »nr2 wp-
Kennt man nun für ein Netz die Einzelfehler, so kann man nach
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454 Reinhort*. Eiuige Bemerkungen über Klointriangulirungon.
•
obiger Gleichung direct auf ihren Beitrag zum Gesammtpunktfcliier
echlieasen.
Diese Einzelfehler lassen sich aus den Ergebnissen einer Triaugu-
lirung ableiten,*) Es muss hier bemerkt werden, dass wir bei Bildung
des Werthes mu ein Zurtickgreifen auf die einzelnen Richtungssätze, wie
es in dieser Zeitschrift 1891, S. 368 vorgeschlagen wird, nicht ftlr an-
gebracht halten, da einmal der eigentliche Riehtungsfehler nur einen
Theil des Gesammtfehlers »»„ ausmacht, dann aber auch die Kreisthei-
lungsfehler (und bei Schraubenmikroskop-Ablesung die Mikroraeterfehler),
welche in den Satzfehlern auftreten, im Satzmittel wenigstens theilweisc
eliminirt sind. Der fllr den Uebergang zum Netz maassgebende Fehler
ist der aus den Dreieckswidersprtlchen abgeleitete.
Bezeichnet man mit ma den aus den Dreieckswidersprtlchen ermittel-
ten Richtungsfehler, so ist mc = \/ i»r — m T — und m 0 = J/ m „2 — mil.
ln dieser Weise haben wir nun jene Fehlerarten für verschiedene
Triangulirungeu ermittelt und zwar
1) für die Triangulirung III. Ordnung von Bremen,**) mit 14 Ncu-
punkten und 14 gegebenen Standpunkten, ausgeführt von Vermes-
sungsinspector Geis ler,
2) für einen Triangulirungsdistrict IV. Ordnung im Rheinthal im Kreise
Bonn mit 33 Neupunkten und 11 gegebenen Standpunkten,
3) für einen solchen am Vorgebirge, ebenfalls im Kreise Bonn, mit
31 Neupunkten und 14 gegebenen Standpunkten. Diese beiden
letzten Arbeiten sind ausgeführt von der preussischen Kataster-
verwaltung.
Die Gebiete entsprechen demnach 1) einem Hauptnetz für eine
Stadtvermessung, 2) einem Netz für einen Gemarkungscomplex mit offener
Feldlage und mehreren Ortslagen und 3) einem solchen für ein Gebiet
in mässig hügeligem Felde mit tlieilweise schwierigen Verhältnissen
und ebenfalls mehreren Ortslagen.
Die Resultate der Fehlerrechnung sind in folgender Tabelle zn-
sammengestellt:
Netz
m n
tichtungsfehler
Punktfehlcr
Durch-
schnittliche
gtreckni-
ltinge
km
tttd
m r
mc
WO
Mp
cm
cm
Mc
cm
Mo | y Mr*+Mc*
cm cm
Bremen
1,60
1,16
g
0,67
1,10
2,6
1,5
14
1
1,8
1,9
*7
Rheinthal . .
6,9
4,3
1,8
3,9
5,4
00
4“
0,9
2,0
2,7
2,1
1,8
Vorgebirge
9,1
6,6
3,7
5,5
6,3
5,7
2,3
3,4
3,9 !
4,2
2,2
*) Eine specielle Darstellung dieser Fehlerrechnung haben wir behandelt
in der Schrift: „die Verbindungstriangulation zwischen dem Rheinischen Dreiecks-
netze der Europäischen Gradinessnng und der Triangulation des Dortmunder
Kohlenreviers der Landesaufnahme“. Stuttgart 1889, Verlag von Konrad Wittwer.
**) Vermessung der freien Hansastadt Bremen. Die Triangulation 111 Ord-
hung. Bremen 1891.
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Reinhertz. Einige Bemerkungen Uber Kleintriangulirungen. 455
Die Tabelle veranschaulicht den Beitrag der Einzelfehler zum Ge-
sammtfehler fUr diese drei Netze. Man erkennt, dass der eigentliche
Richtungsmessungsfehler nur einen kleinen Theil des Gesammtfehlers
ausmacht (im Mittel etwa dass Messungs- und Centrirfehler zusam-
men dem Fehler der Punktorte entsprechen, und inan danach aus den
Messungs- und Centrirfehlern durch Multiplication mit ]/ 2 = 1,4 ge-
nähert den Gesammtfehler erhält, welche Beziehung im Allgemeinen beim
Uebergang von den Richtungen zum Netz sich ergiebt.
Es sei hier erwähnt, dass fUr die beiden letzten Netze die Dreiecks-
schlu88fehler (aus 73 bezw. 72 Dreiecken abgeleitet) mit den Umfang-
längen abnehmen, also direct den Einfluss der Centrirungsuusicherheit
erkennen lassen, der sich für 3 bezw. 4 verschiedene Entfernungs-
gruppen im Durchschnitt berechnet zu 2,2 bezw. 3,3 cm, also in voll-
kommener Uebereinstimmung mit der Ableitung aus dem ganzen Netz.
Ferner zeigt die Tabelle, dass es zur Innehaltung der entsprechenden
Fehlergrenze von 2 bis 5 cm genügt, aber auch erforderlich ist, wenn
der eigentliche Richtungsmessungsfehler einen Werth von 2" bis 3'
oder 4" nicht übersteigt. Diese Messungsgenauigkeit ist aber erfalirungs-
gemäss schon bei etwa 3 bis 4facher Wiederholung mit guten kleinen
Theodoliten etwa von 13,5 cm Kreisdurchmesser, mit Theilung in */3 0
und 20" Nonieneinheit, bei 25facher Fevnrohrvergrösserung zu erreichen.*)
Der Gesammtcentrirfehler soll eine Grenze von 1 — 2 cm nicht über-
schreiten. Dieses ist die schwierigste Aufgabe für den Trigonometer;
sie ist nur möglich zu erfüllen durch scharfe Punktbezeichnung und
Ueberwachung der Signalisirung, da besonders durch Verwendung von
Thurmeinstellungen ohnehin der Fehler der Centrirung erhöht wird. Es
würde unseres Erachtens der Genauigkeit der Kleintriangulirungen der
grösste Vorschub geleistet durch Einführung einer allgemein gebräuch-
lichen, zweckmässigen und möglichst einfachen Punktbezeichnung.
Sorgt man bei Ausführung der Beobachtungsarbeiten dafür, dass
die Einzelfehler Mr und Me , je für sich, einen Betrag von 1 cm oder 1 bis
2 cm nicht übersteigen, so werden die Rechnungsergebnisse allen Anfor-
derungen genügen, wenn nur durch die Netzanordnung Gewähr dafür
geleistet ist, dass der Rechnungswerth für {die relativen Fehler der Punkt-
orte auch thatsächlich zutreffend ist. Man könnte nun die Frage erwä-
gen, ob es nicht vortheilhaft sei, durch Modification des Rechnungsver-
fahrens mit Berücksichtigung der Grösse der Einzelfehler eine Vervoll-
kommnung der Resultate zu erreichen. Nach dieser Richtung zielt eine
Schrift von Höckner, **) welche uns veranlasst hat, die vorliegende Mit-
tbeilung niederzuschreiben.
*) Wir fänden für derartige Instrumente den mittleren Fehler einer ein-
maligen Satzmessung zwischen 4'' und 5".
**) Höckner, Ueber die Einschaltung von Punkten in ein durch Coordi-
naten gegebenes trigonometrisches Netz mit ausgiebiger Verwendung der Rechen-
maschine. Leipzig 1891 ; besprochen in dieser Zeitschrift 1892, Seite 377.
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456 Ruiulicrtz. Einige Bemerkungen über KlcintrianguUrungen.
Das bei der Punkteinschaltung Übliche Ausgleichungsverfahren ist das
bekannte Näherungsverfahren, bei welchem zunächst an Stelle einer ein-
heitlichen Ausgleichung die Einzeleinschaltung tritt und bei dieser wieder
abgesehen wird von der Berücksichtigung der Einzelfehler, nämlich des
Kichtungsmessungs-, Centrir- undCoordinatenfehlers, indem die Signal- bezw.
Punktorte mit den einmal ermittelten Coordinatenwerthen unveränderlich der
Rechnung zu Grunde gelegt und die librigbleibenden Fehler formell im
Richtungswerth zum Ausdruck gebracht werden. Diese Vereinfachung
tritt ein sowohl bei der Orientirung gemessener Richtungen auf festen
Punkten, als auch bei den Richtungen auf zu bestimmenden Punkten,
wobei dann weiterhin in der Regel auch der Gewichtsunterschied dieser
beiden Richtungsarten ausser Acht gelassen wird. Diese Vereinfachung
der Rechnung wird veranlasst sowohl durch das Bestreben, die Rechen-
arbeit möglichst einzuschränken, als auch durch den Umstand, dass die
Werthe der Einzelfchler, nach denen der Gewichtsansatz zu erfolgen
hat, nicht genügend bekannt sind. Theoretisch gerechtfertigt ist diese
Vereinfachung, sobald die Netzanlage eines Punktsystems eine derartige
ist, dass die Gleichgewichtigkeit der Bestimmungselemente innerhalb ge-
wisser Grenzen ohne Weiteres gewährleistet ist. Nur in vereinzelten
Fällen weicht man von diesem üblichen Rechnungsgang ab und nimmt
Rücksicht auf Centrir- und Coordinatenfehler, indem für die in Frage kom-
menden Strahlen dementsprechende Gewichtszahlen abgeleitet werden.
Höckner will nun in der genannten Schrift diesen Gewichtsansatz ver-
allgemeinern und macht ihn zu dem Zweck bequem durch Einführung
der Entfernung E, in welcher der Richtungsfehler m tp dem Coordinaten-
fehler mc entspricht f. j.
Wir halten diese Verallgemeinerung nicht für richtig. Ob durch
Einführung derartiger Gewichtszahlen aus den ungleichartigen Bestim-
mungselementen in Wirklichkeit gleichartige werden, bleibt mindestens
fraglich. Da man weiss, dass die Ergebnisse am zuverlässigsten werden,
wenn die Netzanordnung von vornherein eine solche ist, dass die Be-
stimmungselemente gleichgewichtig werden, so sucht man diesen Fall
nach Möglichkeit zu erreichen. Fällt somit bei derartig rationell gestal-
teten Netzen der Gewichtsansatz im Allgemeinen von selbst weg, so
könnte man dagegen bei stark abweichenden*) Strahlenlängen die Einfüh-
rung von Gewichten in Frage ziehen. Bei dem üblichen Rechnungs-
verfahren wird den gegebenen Punkten das Gewicht „unendlich“ bei-
gelegt, bezeichnet man die Strahlenlängen mit s so sind die Gewichte
der Fehlergleichungen für die Querabstände der Punktorte von den
Bestimmungsrichtungen ; nimmt man nur Rücksicht auf Coordinaten-
si
*) Wie sie besonders bei Stadtvermessungen wohl nicht ganz zu vermeiden
sind.
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Reinhertz. Einige Bemerkungen iihur Klciutriaiigulirungcn. 457
fehler and giebt den Richtungen das Gewicht „unendlich“, so erhalten
diese Fehlergleichungen sämmtlich das Gewicht = 1. Will man aber
beiden Bestimmuugsstücken, Richtungen und Coordinaten, gerecht werden,
so muss mau die Gewichte nach ihren Fehlergrössen ansetzen und kann
dann unter der Annahme gleiclimässiger Genauigkeit der gegebenen
Punktorte und der Centrirungen mit Vortheil nach Höckner’s Vorschlag
das Gewicht durch 1 , „ zum Ausdruck bringen.
1+(i)
Handelt es sich nun um ein Netz, in welchem die Einzelfehler
M r und Mc innerhalb der vorbesprochenen Grenzen bleiben, so ist es
überhaupt praktisch gleichgültig, welchen Gewichtsansatz man auch bei
stark abweichenden Strahlenlängen wählt; liegen aber verhältnissmässig
grosse Coordinatenfehlei vor, z. B. einige dm (oder wie in dem Beispiel
aus der Triangulation der Stadt Hanuover, siehe Jordan, Handbuch etc.,
Bd. I, S. 147 und 155) so hat man wohl zu erwägen, welchen Gewichts-
ansatz man mit Rücksicht auf die zu lösende Aufgabe zu nehmen hat.
Die Aufgabe der trigonometrischen Einschaltung lässt nun im Wesent-
lichen zwei verschiedene Lösungen zu. Entweder soll der Neupunkt
derart bestimmt werden, dass er sich möglichst den als unveränderlich
zu betrachtenden Punkten (Punktgewicht = unendlich, Strahlengewicht
==—,,) anpasst, oder aber, dass er sich möglichst der Richtungs-
me8sung (Richtungsgewicht — unendlich, Strahlengewicht = 1) fügt.
Die erste Aufgabe, die eigentliche „Punkteinschaltung“ liegt vor bei der
Bestimmung eines Punktsystems als Grundlage für den Anschluss der
Kleinmessungen, um die zweite, die „Richtungseinschaltung“ handelt es
sich, wenn z. B. die Aufgabe vorliegt, die Coordinaten eines Punktes zu
ermitteln, der benutzt werden soll, um für den betreffenden Netztheil
das magnetische Azimut mit dem trigonometrischen zu vergleichen. Die
erstere Aufgabe ist also die der eigentlichen trigonometrischen Praxis,
da eine Aufgabe wie die eben erwähnte ein Ausnahmefall ist, sodann
aber auch eine weitgehende Azimutübertragung mittelst der Coordinaten
von einer Kleintriangulirung nicht verlangt wird, und es sich lediglich
darum handelt, beobachtete Richtungssysteme möglichst der als unver-
änderlich zu betrachtenden Lage der jeweiligen Festpunkte anzupassen.
Ob dabei die Richtungen mehr oder weniger geändert werden, ist neben
der Forderung möglichst guter gegenseitiger Lage der Punkte eine
Frage von untergeordneter Bedeutung, denn die Richtungsmessung dient
nur dazu die gegenseitige Punktlage zu vermitteln. Es ist nicht richtig,
die Güte der Resultate allein nach dem Werth des sich errechnenden
mittleren Richtungsfehlers oder auch allein nach dem Werth des Coor-
dinatenfehlers beurthcilcn zu wollen. Rechnet man in der üblichen
Weise, ohne Rücksicht auf die Fehler der gegebenen Coordinaten, so
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4-58
Reinhertz. Einige Bemerkungen über K lein t riangu liru ngen.
bestimmt sich der mittlere Fehler der Abstände des Neupunktes von
den unveränderlichen, gegebenen Punkten gleich dem Punktfeliler
= Mx,j jf 2; nimmt man aber nur auf Coordinatenfehler Mt der
gegebenen Punkte Rücksicht, so ist der Fehler der Punktabstände
= J/ Mkl + Mx,ß (Mx ,,= mittlerer Coordinatenfehler des Neupunktes).
In dem citirten Beispiel (Jordan, Bd. I, S. 147, 155), würde man z. 15.
als Fehler der Punktabstände erhalten im ersten Fall ± 7 dm, im
zweiten Fall dt 13 dm.
Die vorstehend behandelten zwei Fälle entsprechen dem Gewichts-
ansatz =
s 1
bezw. = 1 für die Querabstände, während das Gewicht
----- * zwischen diesen beiden Grenzen liegt. Die beste gegen-
1 + (e)
seitige Punktlage würde nun eine solche sein, bei welcher die mittleren
Fehler der Punktabstände mit den Längenmcssungsfehlern in Beziehung
stehen. Es liegt daher nahe zu untersuchen, welcher Werth für die
Strahlengewichte am meisten dieser Bedingung entspricht, d. h. festzu-
stellen, wenn ein Neupunkt durch Strahlen von verschiedener Länge fest-
gelegt wird, welche Gewichte der Strahlenschnitte den Ort des Neupunktes
am besten in Uebereinstimmung mit den Anforderungen der Längcn-
inessung setzen.
Die folgende Tabelle giebt eine Uebersicht über die verschiedenen
Gewichtsbeziehungen. Das Längenmessungsgewicht ™ ist eingeführt nach
der Fehlergrenze a = 0,01 ]/~4 s + 0,005 s2 Seite 33 der Vermessungs-
Anweisung IX.
Strecken
Strahlengewichte
fü r
s
1
«'
1
*3
und
>2
1 , wobei E
m
X 1 000000
250 500
1000
2000
3000
5000
10000 °o
too
22.2
100
0,86 I 0,96
0.99
1
1
1
1 [ 1
200
10.0
25
0,61 i 0,86
0,96
0,99
1
1
1 '
300
6.06
it
0,41 0,74
0,92
0,98
0,99
1
1 '
500
3.08
4
0,20 0,50
0,80
0,94
0,97
0,99
1 1
1000
1.11
1
0,06 1 0,20
0,50
0.80
0,90
0,96
0.99 1
2000
0.36
0,25
0,015 0,06
0,20
0,50
0.69
0,86
0,96 1
3000
0.175
0,11
0,007 0,027
0,10
0,31
0,50
0,74
0.92 ! 1
5000
0.069
0,04
0,0025 0,010
0,04
0,14
0,26
0,50
0,80 i 1
Der Tabelle, oder noch besser, einer danach angefertigten graphi-
schen Darstellung entnehmen wir, dass bei den grösseren Entfernungen
ein hervortretender Unterschied im Laufe der verschiedenen Gewichts-
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Reinhurtz. Einige Bemerkungen über Kieintriangulirungen.
459
kurven nicht vorhanden ist, dagegen umsomehr bei den kleinen Entfer-
nungen. Für minderwerthige Richtungsmessung, ausgedrückt durch die
kleinen Werthe E= 250 — 500, sind die Gewichtskurven */s2 und
■ l -f- ^ ^ nahezu gleichlaufend mit */a-, für bessere Richtungsmessung
dagegen, d. h. grössere Werthe filr E (am meisten bei E — ;*>) zeigt
sich ein hervortretender Unterschied gegen das Litngengewicht. Also
gerade in dem Fall, wo es sich bei guter Richtungsmessung um grosse
Punktfehler und stark wechselnde Entfernungen handelt, tritt die Form
*/l -+- in Widerspruch mit den Anforderungen der Kleinmessungen,
während bei kleinen Coordinatenfehlern und minderwerthiger Richtungs-
messung, die ohnehin durch Gewichtsansatz nicht besonders geschützt
zu werden brauchte, Uebereinstimmung mit der üblichen Form und dem
Längengewicht besteht.
Wir halten daher die gebräuchliche Rechnungsmethode, ohne Rück-
sichtnahme auf die Punktfehler, für die sachgeroässe , ohne damit im
Allgemeinen die andere Methode, welche das Genauigkeitsverhältniss der
Bestimmungsstucke, Coordinaten und Richtungen nach ihren Fehlern
berücksichtigt, verwerfen zu wollen. Gegen ihre Anwendung spricht
aber weiterhin der nicht ausser Acht zu lassende Umstand, dass die
Ansicht Platz greifen könnte, durch entsprechende Gewichtseinführung
ohne Weiteres Gleichgewichtigkeit der Bestimmungselemente zu erzielen
und dadurch die Nothwendigkeit einer sachgemässen Netzanordnung
überflüssig erscheinen möchte. Ueberhaupt liegt schon an sich in der
Art der Punkteinschaltung, welche eine so äusserst elegante und man
kann sagen bewegliche Bestimmungsmethode darbietet, die Gefahr ver-
borgen, dass der Begriff- „Netz“, wenn auch nicht verloren geht, so doch
verdunkelt wird. Während vor der allgemeinen Anwendung der Punkt-
ausgleichung nach vermittelnden Beobachtungen in wirklichem Sinne ein
„Dreiecksnetz“ angelegt wurde, auf dessen sachgemässe Auswahl viel
Mühe verwendet werden musste, so hat man bei der Punkteinschaltung
zwar eine grössere Freiheit und Beweglichkeit, aber diese darf auch
nicht bis zur Planlosigkeit ausarten, eine solche aber müssen wir cs
nennen, wenn z. B. vorgeschlagen wird, eine graphische Darstellung der
Visirstrahlen vorzunehmen, um danach die zur Ausgleichung nicht geeig-
neten Richtungen ausscheiden zu können.
Bei der Punkteinschaltung ist jedes einzelne Punktsj'stem ein Netz
für sich, innerhalb dessen die Gleichgewichtigkeit der einzelnen Bestim-
mung88tücke nach Möglichkeit zu erstreben ist. Die besten Ergebnisse
würde man erhalten, wenn man denjenigen Complex von Punkten, welcher
zu einem abgeschlossenen Theil des übergeordneten Systems gehört, im
Zusammenhang durch Ausgleichung auf das letztere abschlösse. Diese
Ausgleichungsart, welche besonders bei etwas unsicherem Netzbau von
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460 Rciuhortz. Einige Bemerkungen über Klcinlriaugulirungen.
Bedeutung ist, wird in der Praxis der KLeintriangulirung nur selten an
gewendet, vielmehr in der Regel allein Einzelpunkteinschaltungen vor-
genommen, wobei dann ein Punktsystem in das andere zu interpoliren,
nicht aber aufzubauen ist. Dieses Verfahren kann nur dann zu guten
Ergebnissen fuhren, wenn ein sorgfältig angelegter Plan der Rechnungs-
folge die ganze Arbeit leitet. Dieser Plan ist aber nicht erst nach
Abschluss der Beobachtungsarbeiten zu entwerfen, sondern — und das
ist unserer Ansicht nach die wichtigste Vorbedingung zur Erlangung
guter Resultate — er muss schon entstehen während der Recognoscirung,
bei der Netzanlage für die er von Grund auf maassgebend sein muss.
Dieser Plan,*) dessen graphische Darstellung die Netzkarte ist, soll
demnach nicht nur die Grundlage bilden für die Rechenarbeit, sondern
auch die RichtungsmeBsung hat unter strengster Beachtung der einmal
festgesetzten Netzrichtungen zu erfolgen. Es darf keine Richtung zu
wenig und keine zu viel beobachtet oder gar gestrichen werden. In der
Aufstellung dieses Netzplanes erkennen wir die wichtigste und zugleich
die schönste Arbeit des Trigonometers und wie wir ausdrücklich hervor-
heben möchten, nicht nur für Hauptnetze, sondern erst recht bei Kleiu-
netzen bis hinab zum letzten Punktsystem.
Als praktische Bemerkung sei hier angeführt, dass es zur Erleich-
terung der Uebersicht bei der Auswahl der Punktfolge zweckmässig ist,
die Grenzen der jedesmal in Frage kommenden Systeme durch Bleilinien
zu umrahmen. Bekanntlich genügen erfahrungsgemäss für eine Punktein-
schaltung durchschnittlich sechs, entsprechend auf den Horizont ver-
theilte, möglichst zweiseitig zu beobachtende Richtungen. Leitet man
für schematische Figuren von 3 bis 10 gleichmässig um den Horizont
eines Neupunktes vertheilten gegebenen Punkten die Fehler M., der
Ausgleichungsergebnisse ab, so erhält man z. B. für Vorwärtseinschneiden
folgende Verhältnisszahlen für die Rechnungswerthe der Punktfehler
3 Richtungen 1,15
4 n 1,0
6 „ 0,82
8 „ 0,71
10 „ 0,63.
Für Thoile des Leipziger Netzes, welches im Uebrigen sehr geringe
Fehlergrössen aufweist, hat Höckncr die Thatsache naehgewiesen, dass
die Richtungsfehler v für grössere Strahlenlängen grösser sind als für klei
nere, und dass die Grösse der Punktfehler mit dem Range der Einschaltung
zunimmt. Er schreibt diesen Umstand der üblichen Rechnungsweise
mit Vernachlässigung der Punktfehler zu, wir vermuthen, dass der Fehler
eher in der Netzanorduung zu suchen ist, da wir diese Thatsachen noch
für keine der von uns untersuchten und nach der üblichen Methode
*) Ein Schema hierfür haben wir mitgetheilt in „die Verbindungstriangu-
lation etc.“ Seite 56.
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Reinhertz. Einige Bemerkungen über Kleintriangnlirungen. 4ßl
berechneten Triangulirungen nachweisen konnten. Z. B. ist nach einer
graphischen Darstellung der Fehlergrössen v der Triangulation III. Ord-
nung von Bremen der Werth von v bei 2,5 km 1,6", bei 10 km 1,0",
bei 17,5 km 0,5". Es zeigt sich ein allmähliches Abnehmen mit der
Strahlenlänge, wie es sein soll. Auch ein Wachsen der Punktfehler mit
dem Range der Einschaltung haben wir bisher noch nicht gefunden, es wäre
das ja überhaupt ein Umstand, der direct der praktischen Bedeutung
der Einschaltungsmethode entgegenstehen würde. Grössere Werthe von
Punktfehlern bei den letzten Einschaltungen in ein Netz haben wir nur da
vorgefunden, wo für diese Einschaltungen ungünstige Bestimmungsverhält-
nisse Vorlagen, welche eben die Veranlassung waren, dass in sachgemässer
Weise solche Punkte als die letzten in den Berechnungsplan eingestellt
waren. Bei den preussischen Katastervermessungen hat sich beim Anschluss
neuer Triangulationen an ältere, deren Genauigkeit bei weitem nicht
den jetzigen Anforderungen genügten, an die aber wegen der Verbindung
der Kleinmessungen angeschlossen werden musste, gezeigt, dass beim
ersten Anschluss zwar bedeutende Widersprüche auftraten, bei den
weiteren Einschaltungen aber die Richtungsfehler innerhalb der Fehler-
grenzen blieben. Wurden dagegen beim ersten Anschluss solche nicht
stimmenden Richtungen im Hauptnetz, um die grossen Widersprüche
zu vermeiden, gestrichen, so überschritten bei den weiteren Einschaltungen
die Richtungsfehler die erlaubte Grenze.
Unseres Erachtens wird ein Wachsen des Punktfehlers immer dann
eintreten, wenn an Stelle der Einschaltung, das ist also der Interpolation
in übergeordnete Systeme, ein Aneinanderreihen der Einzelsysteme tritt.
Ist es nicht möglich die Netzanordnung so zu treffen, dass der Uebergang
zu niederen Punktordnungen durch aufeinander folgende Einzeleinschal-
tnngen mit nahezu gleichgewichtigen Richtungen erfolgen kann, wobei
dann jeder Neupunkt annähernd im Schwerpunkt des für sein System
feststehenden Rahmens liegen soll, so muss der Uebergang durch
gleichzeitige Einlegung mehrerer, auf dem Flächenraum des festen
Rahmens annähernd gleichmässig vertheilter Punkte vermittelt werden.*)
Wird ein nach diesen allgemeinen Gesichtspunkten angelegter,
wohldurchdachter Plan der Einschaltungsfolge zu Grunde gelegt, und
jeder Punkt durchschnittlich durch 4 bis 6 nach Möglichkeit zweiseitig
beobachteter Richtungen von einigermassen gleicher Strahlenlänge be-
stimmt, sorgt man dann weiter für scharfe Centrirung besonders der
Signale und genügend, nicht übertrieben, genaue Richtungsmessung, so
wird man unter Anwendung der üblichen Ausgleichungsmethode selbst
mit einfachen Mitteln gute Resultate erzielen, die allen Anforderungen
genügen. Ein an sich (mit entsprechenden Mitteln) allerdings mögliches
*) Die Ausgleichung von Systemen mehrerer Punkte haben wir im Anschluss
an das Verfahren der Anweisung IX an Beispielen behandelt in .die Verbindungs-
triangulalion etc.* Seite 46.
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462
Bücherschau.
Weitertreiben der Genauigkeit über die durch die strengsten Anforde-
rungen der Technik der Kleinmessungen gebotenen Grenzen hinaus,
halten wir fUr unsachgemäss, zumal die Resultate dabei nur auf dem
Papier stehen, besonders wenn natürliche Zielpunkte wie Tlmrmspitzen
ete. als Netzpunkte Verwendung finden, deren Mittellinien, abgesehen
von den Bewegungen solcher Bauwerke, innerhalb ihrer äusseren
Begrenzung je nach der Zielrichtung eine andere Lage erhalten.
Bonn, December 1891. Reinhertz.
Bücherschau.
Dr. A. Breusing, Dir. der Secfahrtschule Bremen, Das Verebncn der Kugelober-
fliiehe für GradnetzentwUrfe. Leipzig, Wagner und Debes 1892. 69 8.,
Fig. und 4 Taf. 3 Mark.
Der Verfasser bietet hier ein Lehrbuch der Kartenprojectionslehre
mit Benutzung möglichst elementarer Hilfsmittel und mit besonderer
Rücksicht auf die Bedürfnisse der Nautik. — Man verdankt bekanntlich
dem Verf. eine Anzahl vortrefflicher deutscher Ausdrücke für wichtige
Begriffe der Geographie und insbesondere der „Kugel verebnung“ ; sollten
nicht bei uns z. B. seine Wörter winkeltreu und flächentreu statt
conform und äquivalent oder orthomorph und isomer als bessere, weil
den Begriff erschöpfende Bezeichnungen allgemein gebraucht werden?
Eine andere Bezeichnung des Verfassers wäre sicher von Nutzen: das
lineare Maass eines Bogens auf einem Breitenkreis (Parallelkreisbogen)
heisst bei den Seeleuten und damit bei Breusing: Abweitung. Ob der
Verf. mit anderen Worten wie „säulig“ für cylindrisch, „strahlig“ für
azimutal oder zenital, u. 8. f. durchdringt, erscheint zweifelhaft, die Er-
fahrung spricht dagegen. Statt der vom Ref. bei allen „geometrisch
einfach definirten“ Abbildungen für die Lagebezeichnung des besonderen
Falles benutzten Ausdrücke: normal, transversal, schiefaxig, gebraucht der
Verfasser bei den „strahligen“ und auch bei den „abweitungstreuen“
Entwürfen die Wörter polständig, äquatorständig, zwischenständig, bei
den cylindrischen dagegen geradsäulig, quersäulig, schrägsäulig; hier dürfte
eine einheitliche Bezeichnung vorzuziehen sein, schon um anzudeuten, dass
alle diese „geometrisch einfachen“ Abbildungen aufs engste unter sich
Zusammenhängen, dass die beim allgemeinen Falle, den konischen Abbil-
dungen, in Betracht kommende Kegelaxe bei der Degeneration des Kegels
(bei den cylindrischen und azimutalen Abbildungen) in die Axe des
Cylinders und die Zenitlinie der Bildebene übergeht. Der Ausdruck
mitteltreu statt vermittelnd (nämlich zwischen Winkeltreue und Flächen-
treue vermittelnd) dürfte nicht ohne weiteres verständlich sein; der
Ansdruck höhentreu für den wichtigsten vermittelnden cylindrischen
Entwurf ist gewiss bedenklich, denn die Verwechslung mit den Höhen
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Büeherschau.
403
der Kugelzonen (bei der normalen Lage) und also mit dem flächentreuen
Entwurf derselben Gruppe wird kaum zu vermeiden sein, breitentreu
wäre hier (flir die normale Lage) besser; ferner ist geradwegig bei
den azimutalen Abbildungen nicht den Bezeichnungen der Übrigen Ent-
würfe dieser Gruppe coordinirt, die hierhergehörige winkeltreue Abbil-
dung, die immer noch s. g. stereographische Projection, müsste sonst
kreistreu heissen, u. s. w. Richtig ist die Verwerfung aller Perspectiven
mit Ausnahme der eben genannten; ob aber die Art der Einführung
dieser winkeltreuen Perspective auf Seite 13 genügt und ob, nachdem
diese Perspective Gutes leistet, dem Versuch anderer Augpunkte nicht
durch triftigere Gründe entgegen zu treten ist? (Man kann dies
auch ganz elementar machen.) Unterbleiben hätte können der Versuch,
die „abweitungstreuen“ Entwürfe zu retten (polständig von Stab,
äquatorständig meist nach Sanson oder Flamsteed benannt, aber
auf Mercator znrückgehend, zwischenständig meist nach Bonne be-
nannt und lange Zeit viel benutzt, aber ebenfalls zuerst von Mercator
gebraucht); die Berufung auf die „naturgetreue“, malerische Abbildung
Seite 57 kann hier nichts ändern, da ja, wie erwähnt, kurz zuvor
die Perspectiven als werthlos erkannt sind. Als unberechtigt muss
die Verwerfung aller conischen Entwürfe durch den Verfasser bezeichnet
werden: Man muss diese Entwürfe, von denen wie schon erwähnt, die
azimutalen und cylindrischen nur Specialfälle sind, für den Fall haben,
dass eine verhältnissmässig schmale (Kleinkreis-) Zone abgebildet werden
soll, und darf sie nur — wie aber ihre beiden Specialfälle auch — nicht
auf Gebiete ausdehnen wollen, die ihren geometrischen Grundlagen nicht
entsprechen. Auch die polykonische Abbildung der Amerikaner kommt
zu schlecht weg: der Verfasser übersieht, dass sie für einen nicht zn
breiten Streifen längs dem Mittelmeridian selbst für grosse Maassstäbe
praktisch genau dasselbe giebt, wie ein „quersäuliger“ Entwurf und dass
sie dabei den Vortheil einfacherer Construction oder, falls diese nicht
ausreicht und nicht die Tafeln zur Verwandlung geographischer Coor-
dinaten in azimutale für ^0 = 0 in genügender Ausführlichkeit zur Hand
sind, auch einfacherer Berechnung hat.
Geographen, Kartographen und Seeleute werden dem Verfasser flir
sein lebendig geschriebenes, auf jeder Seite anregendes Büchlein dankbar
sein; insbesondere werden bei ihnen auch die eingehenden geschichtlichen
Erörterungen und Berichtigungen grosses Interesse finden. Und wer
würde nicht mit Vergnügen die elementar-mathematische Behandlung der
M e r c a t o r - Projection lesen, die die Wege Wright’s und Bond’s
wieder aufsucht? Diese nautisch wichtigste Abbildung der Erdoberfläche
entstand volle hundert Jahre vor Entdeckung der Infinitesimalrechnung
und ihr Erfinder war sich Uber ihre Bedeutung völlig klar; die Erfin-
dung, „eine der grossen Entdeckungen des 16. Jahrhunderts“ (Lai and e),
fiel aber zunächst einfach zu Boden und musste nach dem Tode ihres
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464 Unterricht und Prüfungen.
deutschen Urhebers in England um die Wende des Jahrhunderts gleichsam
wieder entdeckt werden.
Auch den Lesern dieser Zeitschrift sei das Huch angelegentlich em-
pfohlen, obgleich der Verfasser im Vorwort allzu bescheiden bemerkt,
dass er dem Mathematiker nichts und dem Kartographen wenig bieten
könne. Auch für den Geodäten im engeren Sinne wird mehr und mehr
die Nothwendigkeit erkannt werden, sich zum richtigen, Uber das un-
mittelbare Gebiet der praktischen Anwendung hinausgehenden Verständ-
nis« seiner sphärischen und sphäroidisclien Coordinatensysteme in ihren
Beziehungen zur Ebene, auch Uber die „Verebnung“ grösserer Stücke
der Kugel- oder Ellipsoidiläche Rechenschaft zu geben.
Hammer.
Unterricht und Prüfungen.
Vor dem Königl. Sächsischen Technischen Oberpritfungs-
amte haben in den Jahren 1890 bis 1892 die Staatsprüfung im Fache
der Geodäsie in Gemässheit der Verordnung vom 24. December 1851
bestanden folgende seiner Zeit von der Technischen Hochschule zu
Dresden diplomirten Ingenieure:
Herr Constanz Georg Benno Heuchelt, jetzt Vermessungs- Ingenieur
bei der Königl. Steuervermessung in Oelsnitz i. V. ;
Herr Hermann Paul Üblich, jetzt Professor der Geodäsie und Mark-
scheidekunst an der Königl. Bergakademie zu Freiberg i.S. ;
Herr Oscar Robert Göllnitz, jetzt Vermessungs -Ingenieur -Assistent
bei der Königl. Domainen- Vermessung in Dresden;
Herr Max Ernst Oscar Ehnert, bisher Assistent für Geodäsie ander
Königl. Technischen Hochschule zu Dresden;
Herr August Wilhelm Georg Wolf, jetzt Vermessungs- Ingenieur bei
der Stadtverraessung zu Dresden;
und es ist denselben in Folge der Verordnung vom 29. Mai 1803 das
Prädicat „Geprüfter Vermessungs-Ingenieur“ ertheilt worden.
Personalnachrichten.
Elsass-Lothringen. Zu Katastercontroleuren wurden ernannt
die bisherigen etatsmässigen VermeBsungsbeamten (Personalvorsteher bei
den Katastererneuerungsarbeiten) Kaiser in Harr, Harth in Strassburg,
Baumgartner in Forbach, Flöck in Metz, Scherer in Stützbein),
Martin in Strassburg, Hammer in Thann, Jansen in Strassburg,
Hoppe in Diedenhofen, Jessen in Strassburg, Schmidt in Reichshofen,
Schäckeler in Neubreisach.
Die Katastercontroleure rangiren gehaltsmässig mit den Steuercon-
troleuren zusammen und stehen in deren Rangklasse.
Inhalt.
Grössere Mittheilungen: Beitragzu den Kosten von Nivellements, von Gcrke.
— Das Berechtigungswesen und die Landmesser, von Hölscher. — Die ge-
setzliche Regelung eines Auseinandersetzungsverfahrens fiir städtischen Baugrund,
von Steppes. — Einige Bemerkungen liber Kleintriangulation, von Reinhertz.
— BUcherschau. — Unterricht und Prüfungen. — Personalnachrichten.
Verla« von Konrad Wittwer, Stuttgart. — Druck von (iebrüder J »necke in Hannover.
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465
ZEITSCHRIFT für VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover, Steuer-Rath in München.
1892. Heft 16. Band XXL
15. August. K-
Uebersicht
der
Literatur für Vermessung-swesen
vom Jahre 1891.
Von M. Petzold in Hannover.
Einteilung des Stoffes.
1. Zeitschriften, die in früheren Literaturberichten nicht aufgeftlhrt sind
oder Veränderungen erlitten haben.
2. Lehrbücher und grössere Aufsätze, die mehrere Theile des Ver-
messungswesens behandeln.
3. Mathematik, Tabellenwerke, Rechenhilfsmittel; Physik.
4. Allgemeine Instrumentenkunde, Maasse, Optik.
5. Flächenbestimmung, Stuckvermessung, Katasterwesen, Kulturtech-
nisches, markscheiderische Messungen.
6. Kleintriangulirung und Polygonisirung.
7. Nivellirung.
8. Trigonometrische Höhenmessung, Refractionstheorie.
9. Barometrische Höhenmessung, Meteorologie.
10. Tachymetrie und zugehörige Instrumente, Pliotogramiuetrie.
11. Magnetische Messungen.
12. Kartographie, Zeichenhilfsmittel ; Erdkunde.
13. Traciren im Allgemeinen, Absteckung von Geraden und Curve» n. s. w.
14. Hydrometrie, Hydrologie.
15. Ausgleichungsrechnung.
16. Höhere Geodäsie, Erdmessung.
17. Astronomie, Nautik.
18. Geschichte der Vermessungskunde, Geometervereine, Versammlungen.
Zeitschrift für Vermeseungswesen. tS91 Heft 18. 30
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4GG 1. Zeitschriften, etc. 2. Lehrbücher und grössere Aufsätze, etc.
19. Organisation des Vermessungswesens, Gesetze und Verordnungen,
Unterricht und Prüfungen.
20. Verschiedenes.
1. Zeitschriften, die in früheren Literaturberichten nicht aufgeführt sind
oder Veränderungen erlitten haben.
Klein, H. J. Jahrbuch der Astronomie und Geophysik. I. Jahrg. 1890.
(8°, 356 S.) Leipzig 1891. E. H. Meyer. 7 Mk. Bespr. in Peter-
manns Mittheil, aus J. Perthes’ Geogr. Anst. 1891, Literaturber.
S. 155.
Landwirthschaftliche Jahrbücher. Zeitschrift für wissenschaftliche Land-
wirtschaft und Archiv des Königl. Preuss. Landes-Oekonomie-
Collegiums. Herausgegeben von Dr. II. Thiel,' Kgl. Geh. Ober-
Regierungsrath u. vortrag. Rath im Kgl. Preuss. Ministerium für
Landwirtschaft, Domänen u. Forsten. Berlin, Parey. Preis pro
Jahrg. von 6 Heften (in Sa. 60 Bogen mit lithographirten Tafeln)
20 Mk.
Mittheilungen der Vereinigung von Freunden der Astronomie und
kosmischen Physik. Redigirt von Prof. Dr. W. Foerster zu Berlin.
I. Jahrgang 1891. Heft No. 1 ausgegeben Anfang Juli 1891.
Monatshefte für Mathematik und Physik. Mit Unterstützung des hohen
k. k. Ministeriums für Cultus und Unterricht herausgegeben von
Prof. G. v. Escherich und Prof. Ein. Weyr in Wien. 1. Jahrg. 1890.
Wien, Manz. — Abonnementspreis jährl. 7 fl. = 14 Mk., halbjährl.
3 fl. 50 kr., vierteljährl. 1 fl. 75 kr.
2. Lehrbücher und grössere Aufsätze, die mehrere Theile des Vermessungs-
wesens behandeln.
Boccardo, E. C. Trattato elementare completo di geometria pratica.
Torino 1887 u. 1888.
Coast Survey. Report of theU.S. Coast und Geodetic Survey for 1887.
Washington 1890. (8° 514 pg. with 42 maps and sections.) Cont. :
Mitchel, H., On the movements of the sands at the eastern entrance
of Vineyard Sound. — Schott, C. A., Fluctuations in the level of
Lake Champlain. — Pillsbury, J. E., Gulf Stream Currents along
the Florida Straits. — Schott, C. A., Magnetic work of the Greely
Arctic Expedition — etc.
Crouzet, E. Elements de topographie, precedes de notions sur la con-
struction des cartes. (8°, 120 S. mit Taf.) Paris 1891. Nouy.
Direction der Deutschen Seewarte. Dreizehnter Jahresbericht für das
Jahr 1890. Aus dem Archiv d. Deutschen Seewarte XIII. Jahrg.
1890, No. 1, S. 1 — 71.
Durand-Claye, Ch.-Lion, et Pelletan, A., et Lallemand, Ch. Encyclopedic
des travaux publics, fondee par M. C. Lechalas. Lever des plans
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2. Lehrbücher und grössere Aufsätze, etc.
467
et nivellement. Operations sur le terrain, operations 'souterraines,
nivellement de iiaute precision. Paris 1889. ßaudry et Cie. (703 S. 8 °.)
Durand-Claye, Ch. L. Levers des plans et nivellements. (8 °, mit Taf.
Paris 1890. ßaudry. 25 Fr.
Henchie, E. T. An elementary treatise on mensuration. London, School-
books publishing Company.
Hergesell, Dr. H., u. Rudolph, Dr. E. Die Fortschritte der Geophysik.
Geograph. Jahrbuch 1891, XV. Bd., S. 31 — 140.
Huyghens, Ch. Oeuvres completes. Publies par la Socidte hollandaise
des sciences. Tome IQ. Correspondence. 1660 bis 1661. Ilaag 1890.
Nijhoff. (593 S., 1 Tafel, 3 Facsimiles. 4°.) Bespr. in d. Literar.)
Centralblatt 1891, S. 977; d. Deutschen Literaturzeitung 1891, 8. 279.
Observatorien, die Kgl. (preuss.) für Astrophysik, Meteorologie und
Geodäsie bei Potsdam. Aus amtlichen Anlass herausgegeben von
den betheiligten Directoren. Berlin 1890. Mayer & Müller. Bespr.
in d. Centralblatt d. Bauverwaltung 1891, S. 206.
Petzold, M., Privatdoc. Uebersicht der Literatur für Vermessungswesen
vom Jahre 1890. Zeitschr. f. Vermessungsw. 1891, S. 545 — 554,
577—590, 593—609.
Pucci, E. Fondamenti di geodesia. II. Vol. Milano, Hoepli.
v. Reitzner, Grnndzüge der allgemeinen praktischen Geometrie und der
militärischen Landes-Aufnalime. Wien, Seidel & Sohn.
Scheck, R. Kalender für Strassen- u. Wasserbau- und Cultur-Ingenieure.
Begründet von A. Rheinhard. 19. Jahrg. 1892. Wiesbaden, J. F.
Bergmann. (5 Theile in Kl. 8°.) — I. Thcil: Kalendarium und
78 S. Text mit Abb. und Karte. Geb. — II. Theil (Beilagen) in
4 Abtheilungen mit 118, 120, 146 u. 88 S. Text mit Abb. Geh. 4 Mk.
Schlebach, Oberstcuerrath. Kalender für Geometer und Kulturtechniker
unter Mitwirkung von Gieseler, Vogler, Jordan, Steppes,
Gerhard, Müller, Emelius, Trognitz herausgegeben. Jahr-
gang 1892. Stuttgart, Konrad Wittwer.
Schürmann, F. Kleine praktische Geometrie. 14. Aull. Moers, Spaar-
mann. 1,80 Mk.
Tacchini, A. Trattato teorico-pratico di topogr. moderna. (8®, 766 S.,
mit 192 Fig.) Mailand 1890. Hoepli. 16 L.
3. Mathematik, Tabellenwerke, Rechenhilfsmittel; Physik.
August E. F. Vollständige logarithmische und trigonometrische Tafeln.
17. Aufl., besorgt von F. August. Leipzig, Veit & Co. Geb. 1,60 Mk.
Bertrand, J. Principes gendraux sur le choix des unites. Nouvelles
Annales de Mathematiques 1890, S. 21 — 35.
Bohl, P. Ueber eine Verallgemeinerung des dritten Kepler’schcn Ge-
setzes. Zeitschrift für Matliem. u. Physik. 1890, S. 188 — 191.
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168
3. Mathematik, Tabellcnwcrke, Rechenhilfsmittel; Physik.
Bremiker’s logarithmisch - trigonometrische Tafeln mit 6 Decimalstellen.
Neu bearbeitet von Th. Albrecht. 11. Ausg. Berlin, Nicolai.
4,20 Mk.; geb. 5 Mk.
Bitsolt, M. Behandlung der confonneu Abbildung der Oberflächen
2. Ordnung. Königsberg, Koch. 1,20 Mk.
Casorati, F. Mesure de la courbure des surfaces suivant Tidde commune.
Acta Mathematica 1891, 14. Bd., S. 95 — 110. Bemerkung darüber
von E. Catalan im 15. Bd. ders. Zeitschr. S. 191 — 192.
Caville. Rechenschieber von Celluloid. Zeitschr. f. Vermessungsw. 1891,
8. 119—122, 423-426.
Clebsch, A. Vorlesungen Uber Geometrie, unter besonderer Benutzung
der Vorträge bearb. von Dr. F. Lindemann. 2. Bd. 1. Th. Die
Flächen erster u. zweiter Ordnung oder Classe und der lineare
Complex. Leipzig 1891. Teubner. (VIII, 650 S. Gr. 8°.) 12 Mk.
Bespr. in d. Literar. Ceutralblatt 1891, S. 1360; d. Deutschen
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Berricagaix, general. Sur une Table de logarithmes centeaiiuaui
. A 8 ddcimales. Comptes rendus 1891, 112. Bd., S. 277 — 278.
Emmerich, Br. A. Die Brocard’schen Gebilde und ihre Beziehungen
zu den verwandten merkwürdigen Punkten u. Kreisen des Dreiecks.
Mit 50 Fig. im Text u. 1 lithogr. Taf. Berlin 1891. G. Reimer.
(XIV, 154 S. Gr. 8°.) 5 Mk. Bespr. in d. Literar. Centralblatt
1891, S. 1587.
Fink, Dr. K. Kurzer Abriss einer Geschichte der Elementarmathematik
mit Hinweisen auf die sich anschliessenden höheren Gebiete.
Tübingen 1890. Laupp. (X, 269 S. 8°.) 4 Mk. Bespr. in der
Deutschen Literaturzeitung 1891, S. 63; d. Archiv der Matliem.
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Fuhrmann, Dr. A., Prof. Naturwissenschaftliche Anwendungen der
Integralrechnung, Lehrbuch u. Aufgabensammlung. Mit 73 Holz-
schnitten. Berlin 1890. Ernst & Korn. (VIII, 268 S. 8°.) 5,20 Mk.
Bespr. in d. Literar. Ceutralblatt 1891, 8. 977; d. Deutschen
Literaturzeitung 1891, 8. 927.
Galileo Galilei. Le Opere. Edizioue Nazionale sotto gli auspicii di
Sua Maestä il Re d’Italia. Promotore della Edizione il R. Ministero
della istruzione pubblica. Direttore: Antonio Favaro. Coadiutore
letterario: Isidoro del Lungo.Consultori: V. Cerruti, C. Govi, G. V.
Schiapareli. Vol. I. Florenz (Tipograiia di G. Barbera) 1890.
(427 8. 4°.) Bespr. in d. Deutschen Literaturzeitung 1891, S. 823.
Gauss. F. G. Fünfstellige vollständige logarithmische und trigono-
metrische Tafeln. 33. Aufl. Halle, Strien. Geb. 2,50 Mk.
— Vierstellige logarithmisch - trigonometrische Handtafelu. 2. Aull.
Halle, Strien. 0,60 Mk.
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3. Mathematik, Tabellenwerke, Rechcnhilfsmittel; Physik. 469
Graefe, Dr. Fr., Prof. Auflösungen und Beweise der Aufgaben und
Lehrsätze aus der analytischen Geometrie des Raumes, insbesondere
der Flächen zweiten Grades. Leipzig 1890. Teubner. (XVI,
353 S. 8°.) 8 Mk. Bespr. in d. Literar. Centralblatt 1891, S. 950;
d. Deutschen Literaturzeitung 1891, S. 1425.
Greve, A. Fünfstellige logarithmische und trigonometrische Tafeln,
nebst einer grösseren Anzahl von Hilfstafeln. 4. Auf!. Bielefeld,
Velhagen u. Kl. Geb. 2 Mk.
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Nachwort. Darmstadt 1891. Bcrgsträsser. 2 Mk.
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470 Mathematik, Tabelleuwerke, Recheuhilfsuiittel ; I’hysik.
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Rühlmann , M. und Rühlmann, M. R. Logarithmisch- trigonometrische
u. andere für Rechner nützliche Tafeln. 11. Aufl. Leipzig, Klink-
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Wohlf. Schulausg. 10. Aufl. Braunschweig, Vieweg & Sohn. 1 Mk.
Schrön, L. Siebenstellige gemeine Logarithmen der Zahlen von 1 bis
108 000 und der Sinus, Cosinus, Tangenten und Cotangenten aller
Winkel des Quadranten von 10 zu 10 Secunden. 21. Aufl. Taf. I
u. II des Gesammtwerkes in 3 Tafeln. Braunschweig, Vieweg &
Sohn. 4,20 Mk.
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Zahlen von 1 bis 108 000. 21. Ausg. Ebd. 2,40 Mk.
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Bespr. in d. Literar. Centralblatt 1891, S. 950; d. Deutschen
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Sickenberger, A., Prof. Vierstellige logarithmisch-trigonometrische Tafel
zum Schul- und Handgebrauch. Zweite, vermehrte Aufl. München
1891. Ackermann (22 S.) 0,40 Mk.
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471
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Nation. (Gr. in 4°. 636 pg.) 34 Mk.
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Ster.-Ausg. Bearb. von C. Bremiker. 73. Aull, von F. Tietjen. Berlin,
Weidmann. 4,20 Mk.
Violle, J., Prof. Lehrbuch der Physik. Deutsche Ausgabe von Dr.
E. Gumlich, Dr. L. Holborn, Dr. W. Jaeger, Dr. D. Kreichgauer,
Dr. St. Lindeck. 1. Th. Mechanik. 1. Bd. Allgemeine Mech. n.
Mech. der festen Körper. Mit zahlreichen in den Text gedr. Figuren.
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Weber, H. Elliptische Functionen und algebraische Zahlen. Akademische
Vorlesungen. Braunschweig 1891. F. Vieweg & Sohn. (XIV, 504 S.
8°). 13 Mk. Bespr. in d. Literar. Centralblatt 1891, S. 1427;
d. Deutschen Literaturzeitung 1891, S. 927; d. Archiv derMathem.
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Winkelmann, A. Handbuch der Physik. Mit 297 Abbild. I. Bd., 2. — 7.
Lief. (Encyklopädie der Naturwissenschaften. III. Abth., 1. Th.)
Breslau 1891. Trewendt. (II, S. 129 — 878. Gr. 8°.) Je 3 Mk.
Bespr. in d. Deutschen Literaturzeitung 1891, S. 1615.
Wittstein, Th. Fünfstellige logarithmisch-trigonometrische Tafeln. 14. Aufl.
Hannover, Hahn. Geb. 2 Mk.
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Börner, C. M., Markscheider. Ueber die Anwendung von Consolschrauben
mit neuer Centrirvorrichtung für den Markscheidertheodolit. Berg-
u. Hüttenmännische Ztg. 1890, S. 253 — 254 u. Taf. IV.
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S. 344 — 346. Bemerkungen dazu von Foerster ebendas. S. 413 — 414.
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metres etalons en platine iridie, compares directement avec le metre
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in ders. Zeitschr. 1886, 8. 1 — 121. Beide Abhdl. sind bespr. in
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472
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Brathuhn, 0. Das selbstschreibende Declinatoriura in Clausthal. Zeitschr.
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Coutureau, Besehe, Lehlond. Rapport de la lre Commission du Comitc
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Nr. 54 282. Uhr zu unmittelbarer Ablesung der Ortszeit auf
einem bestimmten Meridian, von Walter W. Barett in Portland 306
Nr. 54 333. Aequatorial -Sonnenuhr, von A. Verbeek in Dresden 307
Nr. 54502. Entfernungsmesser, von R.C. Romanei in Ponders End 309
Nr. 54 835. Curvenmessrädchen, von E. Findeisen in Crailsheim 536
Nr. 54 998. Streckenmesser fllr Landkarten, von E. L. Bonnefon
in Paris 538
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abgehaltenen Conferenz der permanenten Commission der intern. E.
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Verein8schr. d. Eisass - Lothr. Geometer -Vereins 1891, S. 89 — 91,
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Leroux. (XX, 266 8. Gr. 8°., 6 Karten 4°.) Bespr. in d. Literar.
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Hannoverscher Landmesser -Verein. Ver.-Angolcgenkeiten. Zeitschr. d.
Rhein.-Westf. Landm.-Ver. 1891, 8. 59.
Hirsch, A. Prof. Verhandlung der vom 15. bis 21. September 1890
zu Freiburg i. B. abgehaltenen Conferenz der Permanenten Com-
mission der Internationalen Erdmessung. Zugleich mit den Berichten
über die Fortschritte der Erdmessung in den einzelnen Ländern
während des letzten Jahres. Mit neun lithographischen Tafelu.
. . . Internationale Erdmessung. Versammlung vom 8. bis 17. October
1891 in Florenz betr. Zeitschrift für Vermessungs wesen 1891,
S. 617 — 619.
Jordan, Dr. W., Prof. Ein schwäbischer Geodät aus dem 17. Jahr-
hundert. Zeitschrift f. Vermessungsw. 1891, 8. 532—536.
— Verhandlung der Permanenten Commission der Internationalen Erd-
messung in Freiburg i. B. vom 15. — 21. September 1890, Bericht.
Zeitschrift f. Vermessungsw. 1891, S. 1 — 20.
Kollm, G. Ueber den Verlauf des IX. Deutschen Geographentages in
Wien. (Vortrag.) Verhandlungen der Gesellsch. f. Erdk. 1891,
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18. Geschichte der Vermessungskunde, Geometervereine, Versammlungen. 493
Laussedat, A. Histoire des appareils ä mesurer les bases. Comptes
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Ost- und West-Preussischer Landmesser -Verein. Ver.- Angelegenheiten.
Zeitschr. d. Rhein. -Westf. Landin.-Ver. 1891, S. 40.
Rheinisch -Westfälischer Landmesser -Verein. Angelegenheiten d. Ver.
Zeitschr. d. Rhein. -Westf. Landrn.-Ver. 1891, S. 1 — 4, 25, 40,
41—42, 65—67, 97—98, 129—134, 160. Zeitschrift für Ver-
messungsw. 1891, 8. 125 — 126.
Schlesischer Landmesser -Verein. Bericht Uber die constituirende Haupt-
versammlung am 8. Februar 1891. Zeitschr. d. Rhein. -Westf.
Landm. -Ver. 1891, S. 26 — 27.
Schnaubert, G. Rechnungsabschluss der Versicherungsabtheilung im
Thüringer Geometerverein fUr 1888,89 und — Entgegnung, betr.
die Strassburger Anträge auf Einrichtung einer Hilf« - und Unter-
stützungs-Kasse innerhalb des Deutschen Geometervereins. Mit
Schlussbemerkung von Steppes. Zeitschr. f. Vermessungsw. 1891,
8. 38-45.
. . . Snell, Willibrod, der Begründer der jetzigen Methode der Erd-
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Steppes, C., Steuerrath. Bericht Uber die 17. Hauptversammlung des
Deutschen Geometerver. vom 31. Mai bis 4. Juni 1891 zu Berlin.
Zeitschr. f. Vermessungsw. 1891, 8. 497 — 528.
Verein Hessischer Geometer I. CI. Bericht Uber die am 15. März 1891
zu Darmstadt stattgehabte Generalversammlung. Zeitschr. f. Ver-
messungsw. 1891, S. 635 — 640.
Walraff. Bericht Uber die Hauptversammlung des Deutschen Geometer-
Ver. 1891. Zeitschr. d. Rhein.-Westf. Landm. -Ver. 1891, 8.72—81.
Wegener, Dr. G. Die internationale geographische Ausstellung zu Bern
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Wichmann, 11. Der V. internationale geogr. Congress zu Bern am
10. — 14. August 1891; Petermann’s Mittheil, aus J. Perthes’ Geogr.,
Anst. 1891, 8. 249—252, 273—277.
Wähler. Berichte Uber die 23. und die 24. Hauptversammlung des Mecklen-
burgischen Geometerver. zu Schwerin.
Wolf, R. Histoire de l’appareil Jbanez-Brunner. Comptes rendus’ 1891
112. Bd., 8. 370—371.
Wiirttembery. Geometer -Verein. Angelegenheiten d. Ver. Mittheilungen
d. Württemberg. Geometer-Ver. 1891, 8. 1, 21—22, 25—31, 37,
72—82, 83—85, 107, 108.
19. Organisation des Vermessungswesens, Gesetze und Verordnungen,
Unterricht und Prüfungen.
. . . Aufgaben bei der FeldinesserprUfung des Jahres 1890 (in Württem-
berg). Mittheilungen des Württemberg. Geometer-Ver. 1891, S. 5 — 16.
Barenbroek, E., de Haan, H. P. , de Fos.s, M. Verslag van de
commis8ie van preadvies in zake de opleiding tot landmeter van
het kadaster.
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494
19. Organisation des Vermessnngswesens etc.
Bijlagen I. De tegenwoordige examen-programma's.
„ II. Polytechnische school, uittreksel uit het programma
der lesssen voor 1890 — 91.
„ III. De opleiding tot landmeter in de Duitsche Staten.
„ IV. De organisatie van het technisch personeel bij het
kadaster in Italiö.
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Regierungs-Director — nun königl. Staatsminister des Innern für
Kirchen und Schulangelegenheiten, und Heinrich Haag, königl.
Ministerialrath im königl. Staatsministerium des Innern, mit Ein-
leitung von R. Schreiber, königl. Bezirksamtmann. (Separatabdruck ans
der Gesetzgebung des Königr. Bayern). Erlangen 1891 . Palm & Encke.
Dienst - Vorschriften für die in der Provinz Hannover beschäftigten Special-
commissure und Vermessungsbeamten der Königl. Generalcommission
für die Provinz Hannover und Schleswig - Holstein zu Hannover.
Erster Th eil: Die allgemein und vorzugsweise das commissarisclie
Verfahren betreffenden Bestimmungen.
Zweiter Theil: Von dem Kostenwesen.
Dritter Theil: Anweisung für die Ausführung der Landmesser-
arbeiten. Berlin 1891. Parey. 25 Mark.
Finanzministerium, Kgl. preuss. Fortschreibungs -Vermessungen betr.
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Gesetz vom 21. Sept. 1889, die Versteinung der Grenzen im FUrsten-
thum Schwarzburg -Sondershausen betreffend. Zeitschrift f. Ver-
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Berlin 1890. Mayer und Müller.
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495
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Reichsanstalt und die bisherigen Arbeiten derselben, insbesondere
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... Landesausschuss - Verhandlungen in Elsass-Lothringen 1891. Ver-
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Landtagsverhandlungen, preussische, über Eisenbahnlandmesser. Zeitschr
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um Zeichnerstellen bei den Königl. Generalcommissionen. Zeitschr.
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Ministerium für Elsass-Lothr. Verordnungen, betr. die Anlegung von
Grundbüchern, den Geschäftsgang und das Verfahren in Grnndbuch-
sachen, die Erhaltung der Uebereinstimmung zwischen Grundbuch
und Kataster, sowie Bestimmungen, betr. die autorisirten Genossen-
schaften zum Zwecke der Regelung von Feldwegen sowie Herstellung
von Bewässerungen u. s. w. Vereinsschr. d. Elsass-Lothr, Geometer-
Ver. 1891, S. 153-174.
Mörsbach, Oberst. Der Stand der Arbeiten der Trigonometrischen Ab-
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Pontois, Depute. Proposition de loi, ayant pour object la reorganisation
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49ft
Organisation des Vertnessungswesens, etc.
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geordnetenhauses. 28. Sitzung, Berlin, d. 7. Febr. 1891. Zeitschr.
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Wastler, J., Prof. Die Geodäsie auf steirischem Boden. Rede. Graz 1890.
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Winckel, L., Vermessungsdir. Aus dem Etat der Köuigl. Preuss. land-
wirth8chaftlichen Verwaltung für 1891/92. Zeitschr. f. Vermessungsw.
1891, 8. 97—105.
— Die voraussichtliche Wirkung der neuen preussischen Steuergesetz-
gebung auf die Organisation der Katasterverwaltung. Zeitschr. f.
Vermessungsw. 1891, S. 173 — 179.
Württemberg. Geometerverein. Technische Anweisung für das Ausmaass
von Bauarbeiten. (8°, 32 8. mit 44 Fig.) Stuttgart 1891. Wittwer.
Bespr. in d. Zeitschr. f. Vermessungsw. 1891, S. 218.
Zeidler. Das preussische Grundsteuerkataster. Zeitschr. f. Vermessungsw.
1891, S. 353—368.
20. Verschiedenes.
Favaro, A. Galileo Galilei e Suor Maria Celeste. Florenz 1891,
G. Barbara (440 8. 8°.) 4 L. Bespr. in d. Deutschen Literatur-
zeitung 1891, 8. 825.
Vogel, Dr. E. Praktisches Taschenbuch der Photographie. Berlin.
R. Oppenheim. 2,40 Mk. Bespr. in d. Zeitschr. f. Instrumentenk. 1891,
S. 451.
Inhalt.
Grössere Mittheilungen: Uebersicht der Literatur für Vcrmessungswesen von
Jahre 1891. Von M. Petzold in Hannover.
Verla# von Konrad Wittwer, Stuttgart. — Druck von Gebrüder «) inecke in Hannover.
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'• . .•> . : . 49?
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover, Steuer-Rath in München.
T
1892. Heft 17. Band XXI.
— l. September. K
Geometrische Aufgabe;
von Dr. Nell in Darmstadt.
Das Grundstück AB CD (Fig. 1) besteht aus dem Ackerfeld AEGD
und dem Wiesengeländc EBCG. Von jenem soll die Flüche AE KL — f,
Fig. 1. von diesem das Stück EBJK—tc
abgeschnitten werden und sollen die
Dimensionen AL — x, EK—y,
BJ = z berechnet werden.
Gegeben ist AE = m, EB — n,
£ EAD = a, CBE=$,GEA = e.
Nach den Regeln der Polygono-
metrie bestehen die Gleichungen:
2 f = x m sin a — xy sin (a -f- e)
■fmy sin e
2 w = yn sin s — y x sin (e — (3)
+ na sin ß.
Da hiernach nur 2 Gleichungen zur
Bestimmung von 3 Unbekannten vor-
handen sind, so kann eine der letzteren z. B. y willkürlich gewählt
werden. Setzt man noch 2 f — F, 2w— W, so findet sich dann:
F — m y sin e i W — n y sin a
m sin a — y sin (e + n) ’ " n sin ß — y sin (e — ß)
Wird noch die Bedingung hinzugefügt, dass die 3 Punkte J, K, L
in einer geraden Linie liegen sollen, so ist dafür, wenn £ LKE—%
und EKJ—\ gesetzt wird: x -f- X = 180 0 oder tg x -f- tg k — 0.
Zur Bestimmung von x und X hat man die Gleichungen:
y sin II — m sin (x -f- e) -f- x sin (x -f- s -f- o) = 0
y sin X — n sin (e — Xj -\r Z sin (a — X — ß) = 0
Durch Zerlegen der Sinns der zusammengesetzten Winkel erhält
man daraus :
^ m sin a — x sin (e + a) ^ n sin e — z sin (e — ß)
° y — m cos e -}- x cos (e + a) ’ y -f- n cos a — z cos (s — ß)
Zeitschrift für Vermtasungaweson. 1692. Heft 17. 32
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498
Nell. Geometrische Aufgabe.
Diese Werthe in die Bedingungsgleichung tg x 4- tg X = 0 einge-
setzt, liefern eine Gleichung, welche mit Zuziehung der obigen Werthe
fUr x und z gerade hinreicht, die 3 Unbekannten zu bestimmen.
§ 2.
Zur Ausführung der am Schluss von § 1 angedeuteten Operationen
eliminiren wir zuerst die Grössen x und z aus den Ausdrücken für tg x
und tg X und erhalten dadurch :
»t2 sin a sin e — F sin (e + a)
tg x -
tgX =
m2 sin a cos e -f- F cos (e •+ a) + 2 my sin a — y 2 sin (s -f a)
n 2 sin ß sin e — W sin (e — ß)
n2 sin ß cos e — W cos (e — ß) + 2 n y sin ß — y2 sin (e — ß)
Addirt man diese beiden Werthe und setzt ihre Summe gleich Null,
so entsteht eine Gleichung von der Form:
Ay2- 2jBy+C=0
wenn nämlich gesetzt wird :
A — m2 sin a sin e sin (s — ß) + n2 sin ß sin s sin (e -}- a) — (F -J- W)
sin (e — ß) sin (e -f- “)
B—mn(in -(- n)sin a sin ßsine— i^n sin ß sin (e -f- a)— Wm sin a sin (e— ß)
C=(F n 2 + W m2) sin a sin ß — F W sin (a -f- ß)
Durch die Auflösung der quadratischen Gleichung ergiebt sich:
y = ^|>± Vb* — ac]
Für die logarithmische Rechnung ist es indess bequemer, einen
Htllf8winkel zu berechnen. Dabei hat man die beiden Fälle zu unter-
scheiden, wenn A positiv und wenn A negativ ist.
1. A hat das positive Vorzeichen
sin cp
VA C
B ’
sin 2 ^ <p
2. A hat das negative Vorzeichen
t V-AC B , .
tg<? = — ß — , y = — -jtg<p£<ptg
Man berechnet also zuerst die Grössen A, B, C und findet nach
Bestimmung des Winkels ® den Werth von y. Die beiden anderen
Werthe x und z erhält man dann nach den Formeln im § 1.
Anmerkung. Die Grössen A, B, C haben mitunter so beträcht-
liche Zahleuwerthe, dass es nöthig erscheint, zu deren Berechnung die
sechsstellige oder gar die siebenstellige Logarithmentafel anzuwenden,
während alsdann zur Berechnung von y, x und z die fünfstellige Tafel
genügt.
§ 3.
Zur Anwendung der gegebenen Entwickelungen lassen wir einige
Beispiele folgen :
1. »i = 44,9 a = 64« 5' 0" e = 142<>30' 0'' /= 1874
n = 43,8 ß = 122 10 0 w = 1230
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Nell. Geometrische Aufgabe.
49ft
Man leitet zunächst daraus ab
m -{--»=88,7, « + ß = 186®15' 0”, e + «=206®35' e-ß = 20®20
,F=3748, W = 2460, Jf-f W— 6208
A = 383,5642 - 432,4010 -f 965,3280 = 906,4912
B = 80851,50 + 62186,29 - 34520,75 = 108 517,04
C = 9250 423,0 -f 1 003 762,8= 10 254 187,8
<p =62® 40' 45,9" log y = 1,811 357 y — 64,7675
3748,0 — 1770,272 " 2460,0—1726,944
37,07683 — 22,50547 — 0U,dUBl
n; = 28,5107, 2 =
~ 40,38446 4- 28,98340
2. »» = 447,17 «= 69® 13’ 37,4" s = 92® 51' 13,3" f— 105680
n — 279,67 ß = 127 13 42,5 w = 124 779
«» + « = 726,84, « -f p = 196 27 19,9, « + «= 162® 4' 50,7",
e - p= - 34° 22' 29,2"
F= 211 360, W= 249 558, F- j- W= 460 918
A= — 105 429,022 + 19 137,487 + 80,068,600 = - 6 222,944
B = 67 587 429 — 14 481 067 + 58 911 250 = 112 017 612
C = 49 457 778 000 -f 1-1 941 586 000 = 64 399 364 000
9 = 10® 7' 36,78' log y = 2,455 138 y = 285,1925
211 360,0 — 127 37 1 .47 _ , ^ 249 558,0 - 79,660,8:0
222,6825+161,0208
— 254,3276, 2 =
= 442.7820
— 418,1018 - 87,7470
Zusatz. Will man die Resultate in Bezug auf ihre Richtigkeit
prüfen, so berechne man die Winkel x und X nach den Formeln
Schlüsse des § 1, dann soll sein x + X = 180 ®.
am
Flir das Beispiel 2 findet sich
log tg x = 0 • 749 734
log tg X = 0 • 749 731„
x= 79® 54' 38,03"
X= 100 5 22,21
In einer vor längerer Zeit
Hirsch eine andere Lösung der
Fig. 2.
*) Sammlung geometrischer Aufgaben von
Berlin 1805, Seite 49 und ff.
x + X = 180 0 0,24
\ 4-
erschienenen Schrift*) giebt Meier
hier behandelten Aufgabe. Derselbe
sucht (Fig. 2) die Durch-
schnittspunkte M, N der
Linie KG mit den Seiten
CB und AD und berechnet
die Dreiecke J KM, LKN.
Bezeichnet man das erstere
durch P, das andere durch
Q, so findet sich
P=\BEM + »p,
Q — äAEN — f.
Setzt man ausserdem noch
BME—a, LN K— t,
so hat man a = ß — s,
Meier Hirsch. II. Theil
32+
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500
Nell. Geometriscso Aufgabe.
t = 180° — (a + e),ME=
nsinß
EN= -®m “ MN= ME +EN=e
sin o ' sin x
P = | ME • n sin s + w, Q = ^ EN • m sin e — f. Wird ferner MK
durch u, also KN durch e — u bezeichnet, so findet sich
A J KM
u2 sin a sin X
^=P, A KL N =
(e — u) 2 sin x sin t
2 sin (x — t)
2 sin (o + X)
Daraus folgen die beiden Gleichungen:
«2 — 2 P cot X + 2 P cot a, (e — u)2 — 2 Q cot t — 2 Q cot x.
Nun besteht, weil x-(-X = 180°, die Bezeichnung cotx= — cot X.
Werden diese Winkel eliminirt, so ergiebt sich die Gleichung:
— cot o =
(e — u)2
— cot t, oder
2 P 2 Q
(P — Q)n2 — 2 P e u = 2 PQ (cot t — cot a) — P e 2
Die Auflösung dieser quadratischen Gleichung führt zu dem Werthe von «:
Pe
u — p
2 (P — Q) sin (o — t)
e 2 sin o sin x
)]
Wenn hier P und Q wenig von einander verschieden sind, dann wird
das Resultat wegen des kleinen Divisors unsicher. Man berechnet dann
u am besten durch eine Reihe. Wir schreiben nämlich die obige Glei-
e Q Bin (o — x)
e sin o sin x
P-Q
chung, indem wir —
— r setzen, in der folgenden Form :
u —
2 Pe U
Durch Umkehrung findet sich, wenn noch der Bruch
gesetzt wird,
Q
2 Pe
S3
M=r{l + 93-f 2SB2 + 5SB3+ 14S84 + 42SB5 + 132336 + 429SB7 + 1430S8«}
Nimmt man hier beiderseits die Logarithmen und entwickelt
log (1 -f- S3 + 2 SB 2 -j- 5 S3 3 . . . .) nach bekannten Methoden in eine Reihe,
so findet sich schliesslich: '
I , . irrn i 3 M » « 10 M . 35 M .
log « = log r + M S3 -4 — - — SB 2 H - — SB 3 -1 - — S34 +
2 O 4
126 M
SB5
wo M = 0,4342 9448.
1716 3/
S37 +
6435 M_
8
SB8 .
§ 5.
Ueb ersichtliche Zusammenstellung der Regeln zur Lösung
der Aufgabe nach der in § 4 entwickelten Methode.
o = ß — e, t=180° — (a + e), F—2f, W —2 w
jß „ n sin ß T, lr m sin a
EN
sin o ' sin x
P = ^ ME ■ n sin s -f- w , Q
g = MK— ME
F — m y sin e
in sin a — y sin x
z —
e = M E + EN
J EN • m sin s — f
W — ny sin e
n sin ß -(- y sin o
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Nell. Geometrische Aufgabe.
501
Bei der Berechnung von MK sind 3 Fälle zu unterscheiden:
Pe
" ~[1 +
I. p> Q, MK— -eö I" L - t/|(! + - 9gin.(a ~ TI)1
■» — VL ' P\ ezsinasint /J
oder man berechne die Hülfswinkel <p und <\i
_ 2(P— @)sm(o— -x) i/2 ö 2Pe
COS 2 (B = . ; COS 2'!/ = COS cp \ MK—y: ;
T e - sin o sin x T ' ' ' P — t
II.
P-Q
2 (9 — P) sin (o — t)
sin2i]i
e 4 sin o sin x
P<Q, ^=^p[l/|( 1-
oder, wenn die Winkel <p und i|i berechnet werden
= |/sin cf'j/?
H
cos 2 <p —
2(Q — P) sin (o — t)
e 2 sin o sin x ’
cot ih
2 Q
2 P ß
MK—-q — jj cot ij< cot 2 ijj
III. P ist nicht sehr verschieden von Q
e Q sin (o — t)
r
5»:
(P — Q)r
e sin o sin x " 2 Pe
S=n | 8 -f «2 ® 2 + «3 ® 3 4" w4 ®4 +w5®5 4 «6®6
+ n7 33 7 -j- w8 ®8 4" ■ •
log», = 9.637 784 log n2 — 9.813 876
logn3 = 0. 16066 log »4 =0.579 79
log n5 = 1.039 2
log »g = 1 . 524 3
log «8 = 2.543
cot x = cot x ■
— cot o, x -f- X = 180 ®
log «7 = 2.027
log MK = log r + S
Die Reihe convergirt gut, wenn 58 <
Zur Prüfung, ob MK richtig bestimmt ist, hat man die Bezeichnungen:
(e — M K)t . , MK 2
» coU— 2 P
Die Lösung der Aufgabe nach diesen Vorschriften dürfte etwas
einfacher sein, als die in § 2 gegebene, namentlich auch aus dem Grunde,
weil man auch schon bei ausschliesslicher Anwendung fünfstelliger Loga-
rithmen fast immer befriedigende Resultate erhalten wird. Doch wird
diese Lösung unbrauchbar, wenn o und x sehr kleine Winkel sind;
denn in diesem Falle nähern sich die Linien BC, EG, AD dem
Parallelismus.
8 6.
Anwendung der Vorschriften des § 5 auf mehrere Beispiele
1. »» = 47,5 a= 58° 12’ e = 95 ® 22' f= 820
» = 41,2 3 = 133 4 Mi =1477
3 = 37® 32' x = 26® 16' o — x = ll®16' P=1640, JF=2954
ME = 49,406, EN= 91,220, e= 140,626
P= 2490,02, Q = 1336,35, P—Q = 1153,67
Berechnung von MK nach I (Hülfswinkel)
<p = 42®34' 30,4"; ij, = 20®8' 15" log MK= 1,85706, JM.K=71,955
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502
Nell. Geometrische Aufgabe.
Berechnung von MK durch die Reihe in III
r = 70,313 — 6,886 = 63, 427, log 8 = 9,01004, 3) = 0,10448
n i 39 =0.045 375 log r= 1.80228
n, S3 2 = 0 . 007 111
n3 S33 = 0.001 651
»4 S34 = 0.000 453
»5 S35 = 0.000 136
n6 S3* = 0.000 044
»7 107 = 0.000 014
»8 33 8 = 0 . OOP 005
S= 0.054 789
g = 0.05479
log MK= 1.85707
MK= 71.956
,¥£=49.406
y = 22 . 550
x— 18.884
2 = 46.314
Zur Probe,
log cot x = 9.41828
log cot X = 9.41826.
x = 75° 19' 13"
1 = 104 40 47
x + l=180 0 0
2. »» = 447,17 a = 69» 13' 37,4" s = 92» 51' 13,3" f= 105 680
» = 279,67 ß = 127 13 42,5 «>= 124 779
o = 34» 22' 29,2", t = 17° 55' 9,3", o — t = 16 0 27' 19,9" ;
F = 211 360, W = 249 558
ME = 394,41, EN = 1358,90, e= 1753,31
2* = 179 864, Q = 197 770, Q — P = 17906
Berechnung von MK nach II (HUlfswinkel)
9 = 44027' 20,7" <J< = 44» 27' 30" log 3/2f= 2,83174, MK= 678,80
Berechnung von MK mittelst der Reihe in III
r — 692,731 , log 33 = 8,29374,,, S3 = — 0,019667
«, 33 =
«3 332 =
— 0.008 541
— 0.000 011
n 2 S32 = 0.000 252
»4 334 = 0.000 001
— 0.008 552
0.000 253
+ 0.000 253
MK= 679,63
S =
— 0.008 299
ME— 394,41
log r =
2,840 57
y = 285,22
Hier convergirte die
Reihe sehr schnell, da
33 einen kleinen Werth
hat, während im Beispiel
1 der Werth von 33
grösser wird, als
log ./¥£= 2,832 27
Der durch die Reihe gefundene Werth von MK ist genauer, als
der nach II berechnete, weil beim Uebergang von log cot tj» auf log
cot 2 eine merkliche Einbusse an Genauigkeit stattgefunden hat.
Das gleiche Zahlenbeispiel wurde auch schon im § 3 berechnet.
3. »» = 44,9 a = 64» 5' s=142»30' f= 1874
» = 43,8 ß = 122 10 «>=1230
a= — 20» 20', t= — 26» 35', o — t=6» 15'; F= 3748, !F=2460
ME= — 106,702 *) , EN = — 90,246 , e = — 196,948
P= — 192,53, Q = — 2914,57, Q — P— — 2914,57
Berechnung von MK nach II
ip = 48» 1' 7,5", 1^=25» 56' 51", log MK= 1.622 65., MK= - 41,941
y — MK — ME— 64,761 ; e — MK= — 155,007
log cotx = 0, 27173, log cotX =0,27,176,,; x = 28» 8' 31",
\ = 151» 51' 34", x + X = 180»0' 5".
*) Hier haben verschiedene Grössen daB negative Vorzeichen, was davon *
herriihrt, dass die DurchBchnittspunkte M und N die entgegengesetzte Lage
haben, als dies in Figur 2 vorausgesetzt war.
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Kleinere Mittheilungen, BUcherschau.
503
Wird dasselbe Beispiel auch nach den Regeln des § 2 berechnet,
so erhält man:
A — 906,4912, B = 108 517, 04 , 0=10 254 187,8
<p= 62« 40' 45,82", logy= 1.811 356, y = 64,7673
Mit dem letzteren Werthe von y, der genauer ist, als der obige,
finden sich die Werthe von x und z:
x = 28,5102 , z = 50,3082. *)
Kleinere Mittheilungen.
Feldbereinigung in Württemberg.
Winterbach. Nachdem am 19. October 1888 auf hiesiger Mar-
kung in den Gewänden Sterrenberg und Sauschlaf die erste Feldbe-
reiuigung im Bezirk Schorndorf beschlossen worden ist, wurde
die Schlusstagfahrt anberaumt. Anwesend waren Regierungsrath Krais
aus Stuttgart, Obcraratmann Kinzelbach und die Vollzugscommis-
sion. Von 184 Betheiligten wurden nur 20 Beschwerden vorgebracht.
Durch die 75 Morgen umfassende Feldbereinigung ist nunmehr jedes
Grundstück mit 2 Wegen versehen und es sehen die Grundbesitzer ein,
was durch richtig angelegte Feldwege auf dem Gebiet der Landwirth-
schaft zu erzielen ist und welche Nachtheile durch den Mangel von
Zufahrten entstehen. Das Unternehmen ist sowohl zur Zufriedenheit der
einzelnen Besitzer als der ganzen Gemeinde ausgefallen und es dürfte
in kurzer Zeit eine weitere Bereinigung in Angriff genommen werden.
Zum Gelingen des Unternehmens hat die Aufsicht seitens der K. Central-
stelle viel beigetragen. Die Vollzugscommission stand unter dem Vorsitz
des Freiherrn Perglcr von Perglas von Oberkolbenhof.
Büch erschau.
Müller- Bertoeea , Prof. Masch. am Technikum Winterthur, Anleitung zum Rechnen
mit dem logarithmischen Rechenschieber. Zürich, Meyer und Zeller 1892.
54 S., 2 Taf. 1 Mark 80 Pf.
Obgleich an Anleitungen und Leitfäden Uber den Gegenstand kein
Mangel ist — die beste Anleitung bleibt übrigens die ein- oder mehr-
malige mündliche durch einen erfahrenen Rechner, der Erfolg des
Anzuleitenden im Ganzen hängt dann nur noch von seiner eigenen wei-
teren Einübung ohne Lehrer oder Lehrbuch ab — , wollte Verf. „seinen
eigenen Zöglingen einen kurzgefassten Leitfaden über die Behandlung
des Instrumentes in die Hand geben.“ Dem Bedürfniss des Maschinen-
*) Eine Auflösung dieser Flächentheilungsaufgabe mit neuerer Geometrie
wurde von Professor C. W. v. Baur in Stuttgart im Jahrgang 1872 d. Z.
gegeben. D. Red.
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504
BUcherschau.
Ingenieurs entsprechend sind eingehender, als für sonstige Zwecke er-
forderlich wäre, die Wurzeln u. s. w. behandelt und Verf, hebt als neu
ein Interpolationsverfahren beim Ausziehen der 3. Wurzel hervor, das
aber der gewöhnlichen, und hier sehr scharfen, Schätzung gegenüber
kaum Vortheile bieten dürfte. Warum wird ferner nicht bei der Rech-
nung mit kleineu Winkeln endlich einmal allgemein die alte Schreibart
n
mit sin 1" aufgegeben? Ist sin a" ~ — jr ^ tg a und dergl. nicht
P
einfacher und geometrisch anschaulicher als z. B. tg a" a" : * „ ?
sin 1
llr.
Die Vollendung der geognotischen Karte von Württemberg.
In diesen Tagen ist mit der Verötfentlichung der letzten Blätter
unseres geognostischen Atlasses sowie der dazu gehörigen Begleitworte
ein Werk dreissigjähriger Arbeit zu gutem Ende geführt worden, ein
Werk, mit dem die Namen vieler württembergischer Geologen und Karto-
graphen für immer verbunden bleiben werden. Nachdem im vorigen
Jahrhundert Dr. Balthasar Ehrhart von Memmingen in seinen acta
physico-medica vom Jahr 1748 zum erstenmal 6 verschiedene Schichten
oder, wie man heute sagen würde, Formationen der Suevia subterranca
unterschieden hatte, lieferte 1774 Job. Friedrich Gmelin werthvolle
„Beiträge zu der württembergischen Naturgeschichte der echten thieri-
schen Versteinerungen“. Indessen hatte man damals kaum eine Ahnung
von dem Aufbau und der Aufeinanderfolge unserer Schichten. Die erste
Karte, welche 'geognostisch colorirt war, ist eine unter Schübler’s
Leitung im Jahre 1833 herausgegebene Reliefkarte. Im selben Jahre
stellte Finanzrath Paulus an das kgl. statistisch topographische Bureau
die Bitte, mit der Aufnahme des topographischen Atlasses zugleich die
Untersuchung der geognostischen Verhältnisse verbinden zu dürfen, um
Material zu einer geognostischen Karte zusammen zu bringen, was von
der Leitung des Bureaus gutgeheissen wurde. An seiner Arbeit bethei-
ligte sich später in hervorragenderWeise Hauptmann Bach. Dr. Rom-
minger beschäftigte sich aus Anlass einer Preisaufgabe, welche die
Universität Tübingen 1845 stellte, mit den Blättern Tübingen und Böb-
lingen. So war von verschiedenen Seiten ein Anfang gemacht worden,
da stellte Prof. Dr. Quenstedt 1856 an die kgl. Centralstelle für
Handel und Gewerbe die Bitte, auf die Bearbeitung einer ausführlichen
geognostischen Karte von Württemberg hinwirken zu wollen. Infolge
dieser Anregung beauftragte das kgl. statistisch topographische Bureau,
wie es damals noch hiess, den Hauptmann Bach, einen Theil des Landes
nach seinen eigenen und den Untersuchungen von Paulus auf einzelnen
Blättern geognostisch darzustellen, damit man einen Anhaltspunkt über
die Art und Weise der Ausführung einer geognostischen Specialkarte
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RUcherschau.
505
gewinne. Nicht lange nachher (24. Juni 1857) wurde auf der Versamm-
lung des „Vereins für vaterländische Naturkunde“ der Wunsch ausge-
sprochen, es möchte die kgl. Regierung die bisher von einzelnen auf
ihre Kosten betriebenen Arbeiten bezüglich der geognostischen Landes-
karte unterstützen. Und von da an waren es hauptsächlich die diesem
Vereine angehörigen Geologen im Bunde mit Quenstedt, welche das
wichtige Kartenwerk entwarfen, gestutzt und gefördert durch gütiges
Entgegenkommen von seiten des kgl. Finanzministeriums. So erschienen
denn als die ersten Blätter: Maulbronn 1863, Besigheim, Liebenzell,
Tübingen 1864. Es würde an dieser Stelle zu weit führen, wollten wir
fllr jedes Blatt die Männer nennen, die daran gearbeitet; es dürfte ge-
nügen, wenn wir ihre Namen insgesammt in diesen vaterländischen Blät-
tern anfllhren. Die Grundlage des ganzen Werkes bildet der topogra-
phische Atlas im Maassstab 1:50000; es mussten daher überall die tri-
gonometrischen Höhenaufnahmen vorangehen, woran sich Daniel
Chr.Rieth (f 1864), Trigonometer Regel mann, Trigonometer J ordan
(jetzt Professor in Hannover), Prof. Gross (f 1889) betheiligten. Daran
hatte die geognostischeAufnahme sich anzuschliesscn und dieselbe
wurde ausgeführt von Hauptmann Bach, Finanzrath Paulus, Prof. Dr.
Quenstedt, Oberstudienrath Dr. Fra as, Fabrikant Deffner, Berg-
rathsdirector Dr. Baur, Dr. E. Fr aas und dem Geognosten Hi Iden -
brand. Dieselben besorgten im Allgemeinen auch die technische Re-
daction der Blätter. Die „begleitenden Worte“ wurden geschrieben von
Bach, Paulus, Quenstedt, 0. Fraas und Deffner, sowie zuletzt von Eberh.
Fraas.
Den Farbendruck besorgte eine und dieselbe lithographische
Anstalt, deren Inhaber zuerst Friedr. Maltd und von 1868 an G.
Bopphan war. Namentlich dem letzteren (f am 24. Jan. 1892) ver-
dankt das Werk sehr viel, unter Hopphan’s Leitung wurden 44 Blätter
illustrirt und zwar waren es schliesslich 154 Farben, womit die ver-
schiedenen Schichten unterschieden wurden, während Balthasar Ehrliart
seiner Zeit nur 6 für nothwendig hielt.
Es soll hier nicht verschwiegen werden, dass sämmtliche Drucke
von 1859 bis 1892 von einem und demselben Steindrucker dieser litho-
graphischen Anstalt, von Epple, ausgeführt wurden — für die neueste
Zeit in Anbetracht der ArbeiterverliUltnisse gewiss ein seltener Fall!
Nun sind es im ganzen 55 Atlasblätter mit 36 Heften, worin die Begleit-
worte enthalten sind. Zu den Blättern brauchte man 51 Schwarzplatten,
wobei zu bemerken ist, dass die Steine durch den Druck der topogra-
phischen Karte ziemlich nothgelitten hatten, weiter 418 Farbplatten,
wornach im Durchschnitt auf jedes Blatt 9 Druckplatten kommen, so
dass jedes Blatt neunmal gedruckt werden musste. Daraus ist wohl
deutlich, dass auch an den Lithographen nicht geringe Anforderungen
gestellt waren, Anforderungen, denen er aber gewachsen sich zeigte.
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506
Blichursehau.
Den Fortschritt in der Darstellung zeigen die Blätter, wenn man die
frühesten mit den jüngst erschienenen zusammenhält, in deutlichem Lichte.
Die Farben wurden stark verdünnt, die Töne gemildert, so dass die
Schrift und Terrainzeichnung noch deutlich zu lesen ist.
Was nun die zuletzt veröffentlichten Blätter betrifFt, so erschienen
1890 die Blätter Nockarsulm, Oehringen, Oberkessach, welche
geognostisch aufgenommen wurden von Hauptmann Bach, Bergraths-
director Dr. Baur und Hildenbrand. Dazu erschienen im laufenden Jahre
die Begleitworte, geschrieben von Dr. E. Fraas. Der geognostische
Charakter dieser Gegend ist ziemlich einförmig, es ist eine Muschelkalk-
landschaft mit aufgelagerter Lettenkohle oder diluvialem Dcckcnschotter;
im Nordwesten zeigt sich als älteste Formation darunter der Buntsand-
stein, aber nur an zwei Stellen, so im Quellgebiet der Schefflenz und
am Ncekar bei Diedesheim. Im Süden des Blattes Oehringen lagern
sich auf die Lettenkohle die Keuperberge der Weinsberger Gegend und
im Südosten der Berg von Buchhorn. In besonderem Grade nehmen die
Gruben- und Solenfelder der Heilbronner Gegend das Interesse in An-
spruch und so sind dieselben auch deutlich auf der Karte eingezeiclmet.
Ausserdem bieten ein praktisches Interesse die Gipse der Anhydritgruppe
zwischen Hassmersheim und Obrigheim, an der Seckacli bei Roigbeim
und Adelsheim, die Bausteine aus dem Muschelkalk (besonders schön im
Brettach- und Ohrnthal), die Sandsteine aus der Lettenkohle und dem
Schilfsandstein des Keupers. Von Mineralquellen sind nur zu nennen
die Solquelle von Offenau und die Roigheimer Schwefelquelle, beide der
Anhydritgruppe entspringend.
Im Jahre 1891 erschienen endlich die vier letzten Blätter des At-
lasses, nämlich die des äussersten Nordostens: Künzelsau, Kirchberg,
Niederstetten, Mergentheim, geognostisch aufgenommen von Hil-
denbrand und zum Theil von E. Fraas. Die Begleitworte dazu folgten
vor wenigen Tagen nach, abgefasst ebenfalls von Dr. E. Fraas. Hier
sehen wir wiederum eine weite Muschelkalklandschaft sich ausdehnen,
unter der bloss auf einer von Süd nach Nord von Ingelfingen am Kocher Uber
Altkrautheim an der Jagst nach dem Thal der Umpfer bei Schweigern
und der Tauber bei Königshofen sich ziehenden Linie der darunter lie-
gende Buntsandstein hervortritt. Ueberlagert ist auch hier der Muschel-
kalk weithin von der Lettenkohle, sowie von diluvialem Schotter und
Löss. Die Keuperformation legt sich an die Lettenkohle nur im Süden
dieser Blätter, einmal im Sudwesten in der Waldenburger Höhe und so-
dann im Südwesten bei Maria Kappel in dem nördlichsten Ausläufer der
Limpurger Berge oder der Frankenhöhe. Das Salz tritt hier fast ganz
zurück, es ist nur etwa Niedernhall zu nennen, dessen Quelle schon im
Jahr 1037 genannt wird; die Quelle war aber nur dreigrädig. Auch
die Bohrung auf Steinkohlen bei Ingelfingen 1857 — 63 verlief erfolglos,
nicht glücklicher die Mutungen und Schürfungen auf Blei und Zink bei
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Biichcrschau, Gosotze und Verordnungen. 507
Niedernhall 1856 — 58. Dagegen spielt die Gewinnung von Gips von
Tag zu Tag eine bedeutendere Rolle theils aus der Anhydritgruppe, theils
aus dem Grenzgebiet von Lettenkohle und Keuper. An Bausteinen fehlt
es auch in diesen Gegenden nicht, ebensowenig an Mineralquellen: obenan
steht das Karlsbad bei Mergentheim, dann die Quelle im Schlossgarten
von Ingelfingen, die Säuerlinge von Kirchberg, Mulfingen, St. Wendel
am Stein, endlich die Sauerbrunnen von Crailsheim. Es liegt auf der
Hand, dass eine Muschelkalklandschaft von der Ausdehnung, wie sie die
oben genannten sieben Blätter aufweisen, durchschnitten durch so viele,
oft auffallend nah neben einander fliessende Bäche und Flüsse (mau
denke an Kocher und Jagst!) eine Reihe schöner Profile dem Geognosten
liefert und so enthalten auch die Begleitworte ein reiches Material da-
von theils aus der eigenen Beobachtung von E. Fraas, tlieils aus früheren
Aufnahmen von Regelmann. Auch Uber die verschiedenartige Ausbildung
der Lettenkohle, hier mehr Meeresbildung, dort mehr Landbildung, er-
gaben sich wichtige Aufschlüsse; doch würde es an dieser Stelle zu weit
führen, wollten wir näher darauf eingehen. So ist ein verdienstliches
Werk zu Ende geführt und die Topographie und Naturbeschreibung
unseres Landes haben einen schönen Erfolg errungen. Aber noch ist
nicht alles getlian 1 Schon entwarfen die Nachbarstaaten genauere Karten
im Maassstab von 1 : 25 000, schon werden viel eingehendere, genauere
Aufnahmen gemacht mit Ilöhencurven von 10 Meter Abstand und die
Geologie von heute verlangt durchaus eine neue Auflage des ganzen
Werkes, denn welche Wissenschaft ist in den letzten 40 Jahren rascher
vorgeschritten als sie? Und dazu ist auch die Schaffung einer selbst-
ständigen geognostischen Landesanstalt unumgänglich noth-
wendig, wie sie in Preussen, Baden, Hessen, in den Reichslanden schon
länger ins Leben gerufen ist. Dann kann auf Grundlage der bis jetzt
erzielten Resultate eine Darstellung unseres Landes entworfen werden,
die allen Anforderungen der Neuzeit genügen dürfte.
(Württemb. Volkszeitung 1892, Nr. 132.)
Gesetze und Verordnungen.
Königlich Allerhöchste Verordnung, die Regelung der Dienst-
und Gehaltsverhältni88e des Geometerpersonals betreffend.
Im Namen Seiner Majestät des Königs. Luitpold, von Gottes
Gnaden Königlicher Prinz von Bayern, Regent.
Wir finden Uns bewogen, zum Vollzüge des Gesetzes vom 15. August
1828 und 19. Mai 1881, die allgemeine Grundsteuer betreffend, und im
Nachgange zur Verordnung vom 19. Januar 1872, die Umgestaltung
der Steuerkataster-Commission betreffend, zu verordnen, was folgt:
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508
Gesetze und Verordnungen.
§ 1.
Innerhalb der bestehenden Messungsbezirke wird der Messungsdienst
Behörden übertragen, welche die Bezeichnung „Messungsbehörde“ fuhren.
Die Messungsbehörden sind den Regierungsfinanzkammern unterstellt
und verkehren in den ihnen zugewiesenen Angelegenheiten unmittelbar
mit den hiebei betheiligten Verwaltungsbehörden, Gerichten und Notaren.
§ 2.
Als Vorstände der Messungsbehörden werden die Bezirksgeometer
in pragmatischer Diensteigenschaft aufgestellt. Dieselben erhalten den
Rang der RechnungscommisBäre der Regierungsfinanzkammern und tragen
die Uniform derselben.
Den Gehalt der Bezirksgeometer werden W i r nach zwei Abstufungen
(Bezirksgeometer I. und II. Klasse) bei deren Ernennung bestimmen.
Bei der Regulirung des Pensionsgehaltes der in pragmatischer Dienst-
eigenschaft ernannten Bezirksgeometer dürfen die in der früheren Stellung
als Bezirksgeometer — oder in einer dieser gleichzuachtenden Dienstesstellung
— zugebrachten Dienstjahre voll in Berechnung gezogen werden.
Die von den Parteien zu entrichtenden Messungsgebühren werden
als Entschädigung für den Dienstaufwand und für äussere Dienstverrich-
tungen den Bezirksgeometern belassen. Die Regelung dieser Gebühren
oder der an Stelle derselben zur Vergütung gelangenden Dienstaversen
erfolgt durch das Staatsministerium der Finanzen.
§ 3.
Die Vorschriften hinsichtlich der Aufnahme und Verwendung des für die
Messungsbehörden nöthigen Hülfspersonals werden vom Staatsministerium
der Finanzen erlassen. Dasselbe ist ermächtigt, zur Stellvertretung und
Aushülfe im Vollzüge des Messungsdienstes oder zur Geschäftsbeihülfe
bei Prüfung der Messungsarbeiten Functionäre mit der Bezeichnung
„Messungsassistenten“ zu ernennen und deren Dienstbezüge zu regeln.
Wir genehmigen, dass den zur Aufstellung als Functionäre gelan-
genden Messungsassistenten, wenn sie zur Zufriedenheit gedient haben,
aber durch Alter oder Unglück dienst- und erwerbsunfähig werden, ebenso
ihren Wittwen und Waisen, welche kein zu ihrem Unterhalte hinreichendes
Vermögen besitzen, ständige Unterhaltsbeiträge angewiesen werden.
§ 4.
Die bei den Regierungsfinanzkammern angestellten Kreisobergeometer
erhalten den Rang und Gehalt von Steuerassessoren. Wir behalten Dns
vor, einzelnen derselben je nach Würdigkeit und Dienstalter den Titel,
Rang und Gehalt von Steuerräthen zu verleihen.
Die Kreisobergeometer können in den Sitzungen des Finanzkammer-
Collegiums zum Vortrag Uber Gegenstände des Messungsdienstes ein-
schliesslich der Personalangelegenheiten der Bezirksgeometer und ihrer
Hülfsorgane zugelassen werden, haben aber nur eine berathende Stimme,
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Gesetze und Verordnungen.
509
§ 5.
Die Kreisgeometer werden als pragmatische Beamte mit gleichem
Range und Gehalte wie die Bezirksgeometer II. Klasse angestellt; § 2
Abs. 3 gegenwärtiger Verordnung findet auf dieselben entsprechende
Anwendung. Die den Kreisgeometern an Stelle von McssungsgebUhren
zu gewährenden Entschädigungen werden durch das Staatsministerium
der Finanzen geregelt.
§ 6.
Der § 3 der Verordnung vom 19. Januar 1872, die Umgestaltung
der Steuerkataster-Commission betreffend, wird aufgehoben und an dessen
Stelle Folgendes verfügt:
Das in pragmatischer Diensteigenschaft aufzustellende Personal des
Katasterbureaus besteht
a. aus dem Vorstande,
b. aus der erforderlichen Anzahl von technischen Beamten des Re-
feratsdienstes,
c. aus dem Kassirer, Conservator und Registrator,
d. aus der erforderlichen Anzahl von Trigonometern, Obergeometern
und Katastergeometern, dem Controleur der Kasse- und Materialver-
waltung, dem Lithographie-Oberrevisor, dem Repartitor, Druckerei-
Werkmeister, Secretair und zwei Kataster-Commissairen.
Den Rang und Gehalt der sämmtlichen Beamten werden Wir in
den einzelnen Ernennungsdecreten besonders bestimmen.
Auf die in lit. d bezeichneten Beamten findet der § 2 Abs. 3 ge-
genwärtiger Verordnung sinngemässe Anwendung. Die den Kataster-
geometern an Stelle von Messungsgebühren zu gewährenden Entschädi-
gungen werden durch das Staatsministerium der Finanzen geregelt.
Ausserdem ist dem Katasterbureau das für die verschiedenen Zweige
des Dienstes nöthige HUlfspersonal beizugeben.
§ 7-
Die vorstehend unter § 6 Abs. 2 lit. d und Abs. 3 bis 4 ertheilten
Anordnungen finden auf die Vorstände und Katastergeoraeter der Mes-
sungsbehörde München entsprechende Anwendung.
Im Uebrigen bleiben für diese Behörde bis auf Weiteres die Bestim-
mungen der Verordnung vom 25. April 1890, die Geschäffsverhältnisse
des Messungsbezirkes München - Stadt betreffend, in Geltung.
§ 8.
Gegenwärtige Verordnung tritt mit dem 1. Juli 1892 in Wirksamkeit.
München, den 4. Juni 1892.
Luitpold, Prinz von Bayern,
des Königreiches Bayern Verweser.
Dr. Fr hr. v. Riedel.
Auf Allerhöchsten Befehl:
Der General-Secretair: Ministerialrath v. Schneider.
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510
Personalnachrichten,
Personalnachrichten.
Vom 1. Juli d. J. ab wurden 1) der Steuerratk des Katasterbureaus
Carl Steppes im Hinblicke auf den § 6 der Verordnung vom 4. Juni
1. J., die Regelung der Dienst- und Gebaltsverhältnisse des Geometer-
personals betr., von der Function eines Kataster - Inspectors enthoben;
2) nach Maassgabe des Tit. II § 18 der Verf.-Urkunde ernannt: a. zn
Trigonometern des Katasterbureaus: die functionirenden Trigonometer
Felix Vara, Michael Dressendörfer und Anton Brülbeck, letzterer
als Vorstand der Messungsbehörde München, dann der Privatdocent an
der technischen Hochschule dahier Dr. Ignaz Bischoff; b. zum Contro-
leur der Cassa- und Materialverwaltung des Katasterbureaus der functio-
nircnde Controleur Josef Rauch; c. zu Obergeometern des Kataster-
bureaus: die functionirenden Obergeometer Josef Müller, Theodor Zi-
zelsberger, Georg Kraus, Heinrich Gresser, Josef Amann, Franz
Xaver Hauer, letzterer als stellvertretender Vorstand der Messungsbe-
hörde München, Adolf Ibel und der Katastergeometer Wilhelm Möh nie,
d. zum Secretair des Katasterbureaus : der functionirende Secretair Eduard
Asthausen; e. zu Katastercommissairen : die funct. Katasterrevisoren
Willi. Nähr und Peter Jacob Fugmann; f. zu Katastergeometern: die
functionirenden Katastergeometer Jos. Zinsmeister, Job. Gr et sch;
mann, Jul. Stappel, Alexander Salzmann, Jos. Fritz, Carl Arnold,
Georg Eitzenberger, Bemh. Reuss, Philipp Treier, Franz Xaver
Zwissler, Max Weber, Job. Fischer, Friedr. Meier, Max Friedl,
Georg Friedr. Maier, dann die geprüften, beim Katasterbureau als HUlfs-
arbeiter verwendeten Geometer Nik. Gareis, Andr. Schleussinger-
Heinrich Schlenk und Friedr. Hering; 3) bestimmt wurde, dass die
vorstehend unter lit. a. bezeichneten Beamten den Rang von Steuer-
assessoren, der unter lit. b. bezeichnete Beamte den Rang des Ilaupt-
münzamts-Controleurs und die unter lit. c. bis f. bezeichneten Beamten
den Rang der Rechnungscommissaire der Regierungsfinanzkammer erhalten
sollen.
Vom 1. Juli 1. J. an wurden nach Maassgabe des Tit. II § 18 der
Verf.-Urkunde: a. den Kreisobergeometern Joh. Lorenz Gareis in Würz-
burg, Job. Bapt. Sturm in Augsburg, Stephan Hanemann in Regens-
burg, Rich. Ratting er in Speyer, Ernst Schäffler in München, Luit-
pold Seeberger in Ansbach, Georg Thomas in Bayreuth und Joh.
Schott in Landshut der Rang eines Steuerassessors verliehen; b. zu
Bczirksgeometern I. Classe und Vorständen der Messungsbehörden an
den beigefügten Orten ernannt die Bezirksgeometer Joh. Georg Re her
in Passau, Adolf Doifl in Neumarkt, Friedr. Ba ch mann in Pfarrkirchen,
Joh. Huber in Vilshofen, Friedr. Herold in Dachau, Josef König in
Landshut, Friedr. • Co 1 1 orio in Straubing, Ludwig Uhl in Aichach
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Pcrsonalnachrichten. ß 1 1
Friedrich Anton Hofstetten in Aschaffenburg, Georg Neuer in Augs-
burg, Ernst Loschge in Annweiler, Andreas Liebl in Pfaffenhofen,
Anton Schleifer in Freising, Carl Edler v. Schweller in Oberdorf,
Emeran Stöber in Augsburg, Joh. Bapt. Kulzer in Kaufbeuren, Gustav
Schaaf in Landau, Carl Merkle in Eichstätt, Peter Staudinger in
Tölz, Josef Paulus in Ebersberg, Max Josef Roiderer in Neustadt
a. H., Friedrich Brändlin in Arnstein, Clemens Ho eger in Mindelheim,
Friedrich Conrad Dorsch in Weissenburg, Adolf Lang in Homburg,
Ludwig Stubenhofer in Amberg, Carl Dtlll, seither in Regensburg,
nun in Dillingen, Jacob Zeidler in Ansbach, Johann Drechsel in
Nürnberg, Moriz Dorsch in Donauwörth, Christian Ertl in Erding,
Andreas Strebei, seither in Dillingen, nun in Regensburg, Anton Kal-
tenegger in Neuburg a. D., Georg Heini in Immenstadt, Eduard
Mädl in Kempten, Wilh. Dull in Mönchen (Land), Oscar Gärtner
in Neustadt a. A., Heinrich Muller in Krumbach, Heinrich Schott in
Kusel, Franz Groll in Laudsberg, Friedrich Kolb in Wurzburg, Frz.
Wagner in Speier, Albr. Burgartz in Zwiesel, Jacob Graessmann
in Schweinfurt, Daniel Rasp in Bayreuth, Carl Dittmar in Simbach,
Christian II elm reich in Ochsenfurt, Conrad Frhr. v. Pechmann in
Abensbcrg, Alois DUmler in Rosenheim, Wilhelm Russwurm in Forch-
heim, Friedrich Schärtet in Cham, Franz Christoph in Maliersdorf
Donat Röther in Weiden, Georg Zobel, seither in Trostberg, nun in
Traunstein, Heinrich Balbier, seither in Traunstein, nun in Wolfrats-
liausen, Max Fortner in Mühldorf, Anton Brochier in FUrth, Eduard
Egen in Kronach, Josef Knauer in Lichtenfels, Wilhelm Windstosser
in Weilheim, Theodor Lodter in Gtinzburg, Tobias Eggart in Hof,
Max Steger in Neunburg v. W., Ludwig Winkler in Neustadt a. S.,
Theodor Besse in Schwandorf, Franz Josef Wurm, seither in Ingolstadt
nun in Trostberg, Heinrich Fleischmann in Ludwigshafen a. Rh., Josef
Handl in Deggendorf, Jacob RU 11 in Obermoschel, Heinrich Henle in
Eschenbach; c. zu Bezirksgeometern II. Classe und Vorständen der
Messungsbehörden an den beigefilgten Orten ernannt die Bezirksgeometer:
Josef Haselmayr in Passau, Anton Gegen furtner in Schwabach,
Wilhelm Bosch in Bergzabern, Anton Krammel in Pirmasens, Franz
Sebastian Weiss in Hammelburg, Johann Nepomuk Weiher in Viechtach,
Ludwig Port in Kaiserslautern, Johann Baptist Kniess, seither in
GrUnstadt, nun in Ingolstadt, Andreas Knott in Hemau, Anton Fertig
in MUnnerstadt, Oswald Haussig in Rothenburg a. T., Carl Wagner
in Hersbruck, Johann Oberbaucr, dieser als Vorstands -Stellvertreter
der Messungsbehörde Bamberg, Eduard Weiss in Greding, Andreas
Reissinger in ZweibrUcken, Georg Raba in Ebern, Johann Wen-
ninger in DinkelsbUhl, Otto Wild in Landstuhl, Wilhelm Müller in
Blieskastel, Max Stark in Velburg, Franz Xaver Kempter in Burg-
hauseu, Carl Griebel in Lohr, Josef Kraus in Lautereckeu, Jacob
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512
PerSonalnachrichtett.
Pfleger in Kandel, Ernst Frhr. v. LUzelburg, seither in Kemnath,
nun in Ottobeuren, Michael Spanl in Tirschenreuth, August Schmidt
in MUnchberg, Heinrich Thierfelder in Wunsiedel, Max Frank in
Dlirkheim, Johann Schneidl in Landau a. J., Wilhelm Landgraf in
Volkach, der Kreisgeometer Adolf Berdel, seither in München, nun in
Bruck, ferner die Bezirksgeometer: Philipp Schmidt in Winnweiler,
Christ. Do stier in Pottenstein, Ant. Burk hart in Nördlingen, Josef
Lindner in Kirchheimbolanden, Carl Burkhardt in Klingenberg, dann
die geprüften Geometer: Ant. Hederich, seither beim Messungsbezirk
Neustadt a. A. verwendet, in Höchstadt a. A., Lorenz Schmidt, seither
beim Messungsbezirke Schwandorf verwendet, in Kemnath, und ,Carl
Leehn er, seither beim Messungsbezirke Weissenburg verwendet, in Grün-
stadt; d. die Stelle von Kreisgeometern verliehen den Kreisgeometern:
Friedrich Johannes in München bei der Regierungsfinanzkammer von
Oberbayern, Christoph Ru pp in Landshut bei der Regierungsfinanz-
kammer von Niederbayern, Gust. Job. Hochrein in Bayreuth bei der
Regierungsfinanzkammer von Oberfranken, Aug. Brenner in Ansbach
bei der Regierungsfinanzkammer von Mittelfranken, Georg Hu mm in
Würzburg bei der Regierungsfinanzkammer von Unterfranken und Aschaffen-
burg, Alois Merkle in Regensburg bei der Regierungsfinanzkammer der
Oberpfalz und von Regensburg, Gabriel G reger in Augsburg bei der
Regierungsfinanzkammer von Schwaben und Neuburg, Adam Straub in
Speyer bei der Regierungsfinanzkammer der Pfalz, und der geprüfte
Geometer Alois Mayr, seither beim Messungsbezirke Oberdorf verwendet,
bei der Regierungsfinanzkammer von Oberbayern.
Beginnend vom 1. Juli lfd. J. wurde der Bezirksgeometer Friedrich
Neuner seiner Function für den Messungsbezirk Bruck, der Bezirks-
geometer Johann Preckwitz seiner Function für den Messungsbezirk
Ottobeuren, der Bezirksgeometer Ludwig Huber seiner Function für
den Messungsbezirk Höchstadt a. d. A. und der Bezirksgeometer Johann
Rauch seiner Function für den provisorisch gebildeten Messungsbezirk
Mitterfels enthoben, ferner die Stelle von Messungsassistenten im Regie-
rungsbezirke Niederbayern dem geprüften Geometer Johann Raue h und
dem Geometerassistenten Alois Rödel verliehen.
Inhalt.
Grössere Mittheilungen: Geometrische Aufgabe, von I)r. Nell in Dannstadt —
Kleinere Mittheilungen: Feldreinigung in Württemberg. — BUcherschau: Miiller-
Bestossa, Prof. Mascli. am Technikum Winterthur, Anleitung zum Rechnen mit
dem logarithmischen Rechenschieber. - Gesetze und Verordnungen. — Personal-
nachrichten.
Verlag von Uonrail Witlwur, Stuttgart. — Druck von Oetirüder J .in ecke in Hannover.
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513
ZEITSCHRIFT für VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover, Steuer-Rath in Manchen.
1892. Heft 18. Band XXI.
15. September.
Sind die für trigonometrische Punkteinschaltung üblichen
Rechenvorschriften verbesserungsbedürftig ?
Von Dr. G. Höckner in Leipzig.
Wie viele mögen die Prüfung dieser Frage mit dem Bemerken von
der Hand weisen, dass ihre eigenen, auf dem gewöhnlichen Wege ge-
fundenen Resultate allseitig befriedigen! Und doch werden auch sie
zugeben müpsen, dass eine Verbesserung der Methode selbst dann einen
praktischen Erfolg haben kann, wenn das Bedürfniss, die Genauigkeit zu
erhöhen, nicht vorliegt, wohl aber wenig Messungen mit guter Verwer-
thung an die Stelle von viel Messungen mit unvollständiger Verwerthung
zu treten im Stande sind, ganz besonders aber, wenn die Einführung
solcher Verbesserungen ausserdem noch die Rechenarbeit zu erleich-
tern vermag.
In meiner Schrift Uber die Einschaltung von Punkten in ein durch
Coordinaten gegebenes, trigonometrisches Netz*) habe ich eine Anzahl
von Rechenvorschriften entwickelt, welche diesen Anforderungen genügen.
Freilich ist dabei der Gebrauch einer Rechenmaschine von der Leistungs-
fähigkeit der ßurkhardt’schen vorausgesetzt, die trotz ihrer grossen Vor-
theile**) noch nicht die ihr gebührende Verbreitung gefunden hat. Aber
man kann sich die neuen Formeln auch bei logarithraischer Rech-
nung zu nutze machen, und so dürfte der Gegenstand, zu dessen
Illustration die nachfolgende kleine Betrachtung dienen möge, weitere
Kreise interessiren.
Die üblichen Ausgleichsrechnungen für Punkteinschaltungen fussen
bekanntlich auf der Annahme, dass die Coordinatenfehler der gegebenen
Punkte den bei der Einschaltung begangenen Beobachtungsfehlern gegen-
über nicht in Betracht kommen oder, wie man zu sagen pflegt, in letztere
mit eingeschlossen werden dürfen. Obgleich nun aber diese Annahme
*) Leipzig 1891, Verlag von G. Fock.
**) Bei der Leipziger Stadtvcrmessung werden jetzt auch die trigonome-
trischen Berechnungen mit der Maschine, also ohne Logarithmen, ausgeführt.
Zeitschrift für Veruvssungswese i. 1S92, Heft 18. 33
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514 Dr. Hückner. Sind die fiir trigonometrische Pankteinschaltung
sehr oft, vielleicht sogar im Allgemeinen *) nicht gerechtfertigt ist, wird
doch nach demselben Schema weiter gerechnet. Auf solche Weise können
wohl grobe Näherungswerthe verbessert werden, ob sich die immerhin
mühevolle Ausgleichung aber lohnt, nachdem man schon flir einen guten
Näherungswerth gesorgt hat, dürfte weniger feststehen. In einem Schreiben
an II. C. Schumacher (Astronomische Nachrichten, Bd. 1, S. 81, 1822)
sagt Carl Friedrich Gauss, nachdem er die Vorschriften einer Punkt-
einschaltung durch RUckwärtsschnitte bei Satzbeobachtung und Winkel-
messungen gegeben hat:
„Endlich bemerke ich noch, dass hierbei nur die Fehler der Winkel-
mesBungen ausgeglichen werden sollen , indem die Coordinate» der
bekannten Punkte als genau angesehen werden. - Ich erläutere diese
Vorschriften für den zweiten Fall**) noch an den mir von Ihnen
mitgetheilten Winkelmessungen auf der Holkenbastion bei Kopenhagen,
obwohl, wie es scheint, die zuletzt angezeigte Voraussetzung dabei
nicht genau genug stattfindet; bei so kleinen Entfernungen haben
kleine Unrichtigkeiten von einigen Zehntheilen eines Fusses in den
gegebenen Coordinaten einen sehr viel grösseren Einfluss als die
Fehler in den Winkelmessungen, und man darf sich daher nicht
wundern, dass nach möglichster Ausgleichung der Winkel Differenzen
Zurückbleiben, die viel grösser sind, als bei den Beobachtungen der
Winkel als möglich angenommen werden kann. Für den gegenwär-
tigen Zweck, wo nur ein Rechnungsbeispiel gegeben werden
soll, kann dies jedoch gleichgültig sein.“
Nun folgt die Ausgleichung der Holkenbastion, an deren Schluss sich
die Bemerkung findet, dass die Coordinaten der gegebenen Punkte nicht
auf Zehntheile des Fusses genau gewesen sein könnten,
„weshalb denn freilich auch die gefundene Verbesserung selbst dies-
mal etwas zweifelhaft bleibt.“
Ich will nun das Bedenkliche der üblichen Ausgleichung au einem
einfachen Beispiele verständlich machen, das zwar fingirt, aber doch so
gewählt ist, dass es namentlich bei den dichter beisammen liegenden
trigonometrischen Netzpunkten einer Stadtvermessung wohl auch in Wirk-
lichkeit einmal eintreten kann.
Was würde wohl jemand sagen, der auf einer Station P die Rich-
tungen gemessen hätte
A
00
0'
0"
B
e
O
0'
0"
C
180°
0'
0"
D
2700
0'
0"
wenn ihm die übliche Ausgleichung den mittleren Fehler einer Richtung
m = + 36" trotz einer durchschnittlichen Visurlänge von 575 m gelie-
*) Wie z. B. bei der Leipziger Stadtvermessung.
**) Ls sind die Winkeluiessungen gemeint.
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üblichen Rechenvorschriften verbesserungsbedürftig ?
515
fert hätte ? Würde er nicht, falls er nach der Untersuchung seiner Mes-
sungsreihen von der Gute der Beobachtungen überzeugt ist, glauben,
dass die Coordinatenfehler der gegebenen Punkte annähernd den Betrag
36 • 575
206265
0,100 m
erreichen könnten? Vielleicht würde er auch berechnen, wie viel die
gemessenen Visuren nach der Ausgleichung (Orientirung des Satzes und
Festlegung des Standpunktes P ) an den einzelnen Zielpunkten vorlibcr-
gehen, und wenn sich diese Querfehler resp. zu
4, 3, 4 und 272 Millimeter
ergeben hätten, den Punkt D als ganz besonders fehlerhaft und schäd-
lich ausstossen.
Ich sage, mit all’ diesen Schlüssen kann er sich arg täuschen, denn
ebendieser Fall kann eintreten, wenn die Messungen (1) vollkom-
men richtig, auch der Punkt D fehlerfrei und der mittlere
F ehler der gegebenen Coordinaten überhaupt nur cm beträgt.
Ich brauche nur anzunehmen, dass die Entfernungen der Zielpunkte
A, B, C, 1) von P resp. die Werthe
50, 200, 50 und 2000 Meter
habeu (Durchschnitt 575 m), und dass die Coordinaten dieser Netz-
punkte statt
A
1 B |
c
D
y
1
0
4- 200
0
- 2000
X
+ 50
0 1
1
— 50
0
wie sie in Wirklichkeit sein müssten, folgenderraaassen gegeben sind
A
B
c
D
y
+ 0,01
+ 200
— 0,01
— 2000
X
-j-50
0
— 50
0
wobei nur 2 Ordinaten, nämlich die von A und C, um je 1 cm falsch
sind, der mittlere Fehler der gegebenen Coordinaten also
cm ist.
Nun wird man die obigen Resultate leicht bestätigen können; zu-
gleich wird man als definitive Coordinaten von P
y = 0 und a; = + 0,022 291 statt y = 0 und x=0
erhalten und die endgültige Orientirung des Satzes (1) wird um 25,8''
falsch aus der Rechnung hervorgehen, nur die mittleren Fehler der ver-
besserten Coordinaten, nämlich
mv — dz 6 mm und ms — ± 39 mm
können einigermaassen befriedigen.
Wo liegt nun die Ursache dieser Missverhältnisse? Einzig und allein
in der Ausgleichungsmethode, welche alle Widersprüche durch möglichst
geringe Verbesserung der gemessenen Winkel ohne Rücksicht auf deren
33*
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51G Dr. Höckner. Sind die fiir trigonometrische Punkteinschaltung
Schenkellängen ausgleiehen will. Hiervon können wir uns Überzeugen,
indem wir die hier einzig richtige Ausgleichung anwenden, nämlich die,
welche den gemessenen Strahlbüschel (1) so hinlegt , dass die Strahlen
möglichst genau durch ihre Zielpunkte hindurchgehcu. Diese Ausglei-
chung, für welche Herr Prof. Jordan in seinem Handbuch der Ver-
messungskunde 3. Auf!., Bd. 1, S. 156 eine Rechenvorschrift gegeben
hat, sieht die Messungen (1) als fehlerfrei an und sucht die Ursache
der Widersprüche nur in der Ungenauigkeit der gegebenen Coordinaten-
Sie liefert im vorliegenden Falle
y = 0, x — — 0,000 371 statt y — 0, x — 0 als Coordinaten von P,
m = dt 14,13 mm statt ± 5 mm als mittleren Fehler der gegebenen
Coordinaten, verbessert die Orientirung des Büschels (1) mit C = + 0,08"
(statt mit 0") und es wird
niy = ± 10,0 mm m* = ± 12,9 mm wir = dt 1,87".
Hierdurch haben die Messungen (1) ihre richtige Verwerthung gefunden
und das Resultat ist durchaus befriedigend.
Wenn nun in Wirklichkeit auch keine fehlerfreien Beobachtungen
bestehen, so wird man doch berechtigt sein, die zuletzt benutzte Aus-
gleichung der sonst üblichen überall da vorzuziehen, wo die Coordinaten-
fehler der gegebenen Punkte Uber die Beobachtungsfehler der Richtungs-
messung dominiren, ohne dass man zu fürchten braucht, die definitive
Lage des zu berechnenden Punktes werde sich vorwiegend nach den
entfernten Objecten richten, mit den zunächst liegenden aber nicht ge-
nügend harmoniren. Dieses wird durch ein unten folgendes Beispiel
bestätigt und entspricht überdies der Erwartung, dass eine theoretisch
bessere Annahme auch zu praktisch besseren Resultaten führen muss.
Was die Rechenarbeit anlangt, so scheint sie zunächst dadurch erheblich
vermehrt, dass die Coefficienten der Orientirungscorrection C nicht mehr
gleich sind. Allein besonders bei Anwendung einer Rechenmaschine wird die
Aufstellung der Fehlergleichungen um so einfacher, so dass nur noch ein
Uebelstand der praktischen Verwendung der Methode hindernd in den Weg
tritt, es ist die immer wiederkehrende Frage: soll hier nach Beobach-
tungsfehlern oder nach Coordinatenfehlern ausgeglichen werden? Da
überdies die Antwort hierauf oftmals schwer zu geben ist, so kann das
Bedürfnis nach einer allgemein anwendbaren Rechenvorschrift nicht be-
stritten werden.
Die Untersuchung dieses Gegenstandes hat mich zu folgendem Ver-
fahren hingeleitet: *)
Werden innerhalb eines in seinen Theilen annähernd gleich zuver-
lässigen, trigonometrischen Netzes ( me= mittlerer Fehler der gegebenen
Coordinaten) Winkelmessungen mit annähernd gleicher Genauigkeit aus-
geführt (mr — mittlerer Beobachtungsfehler einer Richtung in analyti-
*) Vergl. meine oben genannte Schrift,.
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üblichen Rechen Vorschriften verbesserungsbedürftig?
517
schem Maass), so lässt sich die Länge E einer Visur bestimmen, an deren
Endpunkt der vom Beobachtungsfehler herrtihrende Tlicil des Querfehlers
gleich dem mittleren Coordinatenfehler ist, indem man
„ , rl »i e
in r • E = m c also E —
mr
annimmt. Mit dieser Länge E stelle ich eine kleine Gewichtstabelle her,*)
welche mir sagt, mit welcher Zahl ich die zu einer Visur von der Länge l
gehörige Fehlergleichung zu multiplicircn habe.**) Die so vorbereitete
Ausgleichung wird wie gewöhnlich durchgeführt und lässt die einzelnen
Visuren je nach ihrer Länge so auf das Resultat einwirken, wie es der
Güte der Richtungsbeobachtung im Vcrhältniss zur Genauigkeit der ge-
gebenen Coordinaten entspricht.
Bei der Leipziger Stadtvermessung wird rund E — 1000 m ange-
nommen. Mit dieser Annahme würde man beim obigen Beispiel erhalten:
y — 0 x = — 0,000 224 791 statt y — 0, x = 0 als Coordinaten von P,
mc = ± 14,10statt ±5mmals mittl. Fehler der gegebenen Coordinaten,
£= + 0,25" statt 0'' als Orientirungscorrection, und die mittleren
Fehler dieser Resultate würden
Mj=±9,97 mm, mx = ± 13,38 mm, in? — ± 3,22" werden.
Diese Ausgleichung ist richtig, wenn der mittlere Beobachtungsfehler
einer Richtung mr =
0/H41
“üxxT
206 205 = 2,91" ist.
Die geringe Abweichung dieser Ergebnisse von den vorhergehenden,
durch die Ausgleichung nach Coordinatenfehlern (mit E = x) gefunde-
nen Resultaten lässt erkennen, dass auf eine genaue Bestimmung von E
nicht viel ankommt. Eine Aenderung von E wird erst dann in den
Resultaten grösseren Einfluss gewinnen, wenn sich E der Null nähert
(für E = 0 hat man die gewöhnliche Ausgleichung nach Richtungsfehlern).
Um nun an einem Beispiele zu zeigen, dass, hinreichend gute Be-
obachtungen vorausgesetzt, selbst bei der alleinigen Berück-
sichtigung der Coordinatenfehler ( E—°° ) die Befürchtung,
der zu berechnende Punkt werde sich den nächst gelegenen Netzpunkten
nicht genügend anbequemen, nicht viel zu bedeuten hat, nehme ich
wieder an, die Beobachtungen (1) seien fehlerlos, statt der wahren Coor-
dinaten (2) habe man aber die theilweise fehlerhaften Coordinaten
1 A
B
C I D
y \ 0
+ 200
0 1 — 2000
*;+50
— 0,01
— 50 | + 0,01
*) 10 Stufen: 0,1 1,0.
**) $ = ~r - fi*r die Querfehlcr an den Zielpunkten, oder
y l2 -j-
— r t für dio zugehörigen Winkelfchlcr im Standpunkte.
y 1 1 + A’2
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518 Br. Höckner. Sind die fiir trigonometrische Punkteinschaltung etc.
Dann findet man bei der üblichen Ausgleichung (E = 0)
y-0 * = — 0,009412 C = + 0,62"
Dagegen mit der Ausgleichung E — <x> (Coordinatenfehler)
y = 0 *=-0,008165 C == -h 1,87"
und mit E = 1000 m
y = 0 * = — 0,008172 C= + l,86".
Man sieht, dass auch hier wieder die beiden letzten Ausgleichungen den
Punkt P in bessere Uebereinstimmung mit seiner nächsten Umgebung
gebracht haben, als die übliche Ausgleichung nach Richtungsfehlern, für
welche man doch sonst diesen Vorzug in Anspruch zu nehmen pflegt.
Anmerkung der Redaction.
Nachdem Uber die neuen Rechenverfahren des Herrn Dr. Höckner
vor Kurzem in dieser Zeitschrift S. 377— 382 ein kritischer Bericht von
Reinhertz erschienen ist und nun mit Hinweis auf die unleugbaren
Inconsequenzen der üblichen Punktfehlervernachlässigung eine neue Mit-
theilung des genannten Herrn Verfassers hier veröffentlicht wird, möchte
auch eine Aeusserung unserer Redaction gestattet sein: Wenn man bei
Triangulirungen niederer Ordnung die methodische Ausgleichung nicht
indem Sinne der Erlangung wahrscheinlichster Ergebnisse verwendet,
sondern mehr nur als ein glattes Verfahren zur Erlangung widerspruch-
freier und der Willkür entzogener plausibler Resultate (vergl. die Zeit-
schrift für Verm. S. 324) so wird man die Inconsequenz der Punktfehler-
vernachlässigung wohl im Allgemeinen mit in den Kauf nehmen können,
und nur in besonderen Fällen besondere Hülfsmittel dagegen anwenden.
Was besondere Fälle solcher Art sind, muss allerdings dem Verständ-
nis8 des Rechners überlassen bleiben. Indessen wegen jener Umstände
ein für allemal Entfernungsgewichte einzuführen, möchte doch nach
unserer Ansicht nicht räthlich sein.
Auch die ausgedehnte Einführung der Rechenmaschine in die
trigonometrische Rechenpraxis möchte doch wohl noch zu überlegen sein.
Eine Rechenmaschine zum Preise von 500 — 600 t/fC ist bei strengem
Gebrauche nicht mehr als einige Jahre zuverlässig, wird also die Arbeit
vertheuern und bei Reparaturbedürftigkeit oft verzögern. Wer sich an
ein solch luxuriöses Hülfsmittel mit besonders darauf eingerichteten For-
meln gewöhnt und damit die Einübung der Verfahren mit Logarithmen-
tafel und Rechenschieber vernachlässigt hat, der wird in manchen Lagen
der Praxis und des Lebens liülflos dastehen oder zurücktreten müssen
neben dem geübten gewöhnlichen Rechner mit östelliger Logarithmen-
tafel und Rechenschieber. Ich habe die Rechenmaschine seit Jahr-
zehnten in ausgedehntester Weise gebraucht, aber hauptsächlich zu Ta-
bellenbcrechnuugen, während zerstreute s sin a und s cos a mit Aufstecken
von s und Multipliciren mit sin a und cos a, die man selbst vorher aus
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Puller. Das Abstecken mehrfacher Korbbögen.
519
der Tafel aufschlagen muss, doch kaum dem Wesen der Rechenmaschine
entsprechen dürfte. Sechsstellige logarithmisch - trigonometrische Tafel
und Rechenschieber sind nach unseren Erfahrungen bei Stadttrianguli-
rungen durch die 30fach theurere Maschine nicht zu Übertreffen.
Mit all dem Vorstehenden wollen wir aber die Erfahrungen von
Höckner durchaus nicht bestreiten, denn der eine macht diese, der andere
jene Erfahrungen auf Grund verschieden entwickelter Gewohnheiten und
Vorliebe nach der einen oder anderen Seite ; wir wollten vielmehr durch
Vorstehendes nur Seitens der Redaction die Ansicht ausdrücken, dass
die dankenswerthen Mittheilungen von Herrn Höckner werth sind, auch
von anderer Seite beleuchtet zu werden. J.
Das Abstecken mehrfacher Korbbögen.
Von Ingenieur Puller in Köln.
Soll eine Bahnachse aus einem Lageplane ins Feld übertragen
werden und weist dieselbe Korbbögen auf, was in hügeligem und be-
sonders in bergigem Gelände nicht selten eintritt, so empfiehlt es sich,
da ein solcher Bogen durch die als gegeben zu betrachtenden Grössen
und zwar die Halbmesser und den Winkel, unter welchem sich die Haupt-
tangenten schneiden, nicht eindeutig bestimmt ist, an der Hand gewisser
aus dem Lageplane zu entnehmenden Bedingungen zunächst die den ein-
zelnen Bögen zugehörigen Mittelpunktswinkel und Tangentenlängen zu
berechnen und dann erst mit Hülfe dieser die Absteckung im Felde
vorzunehmen.
Es mögen nun im Folgenden diese Berechnungen zunächst allge-
mein für einen n fachen Korbbogen , d. h. einen Bogen aus n Mittel-
punkten und im Besonderen für einen drei- und zweifachen Korbbogen
hergeleitet und hierfür zwei praktisch durchgeftihrte Beispiele beigefügt
werden.
Bezeichnet man allgemein für einen n fachen Korbbogen die
Halbmesser mit rl r% . . . . r«, die zugehörigen Mittelpunktswinkel
mit », <p2 93 • • • • 9«, die Tangentenlängen mit fo ^3 • • • • un^ m'*
a den Winkel, den die Haupttangenten mit einander bilden, so gelten
die Gleichungen
(1) et -f- 9 1 -"H 92 93 “I“ • • • • “H 9 n == 180®
und
(2) f» = r„tg-?-" (siehe Fig. 1).
Nun sind in Gleichung (1) die n Winkel (9) unbekannt; cs bedarf
daher noch zur vollständigen Bestimmung des Bogens der Annahme von
(» — 1) Grössen. Verbindet man in Fig. 1 die n Mittelpunkte mit ein-
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520
Puller. Das Abstecken mehrfacher Korbbögen.
a/
\b
Fig. 1. ander, so sind in dem hierdurch ent-
W stehenden »-Ecke die (» — 1) Seiten
r/Ä\ dl=rl— r3 d2 — r2—r3
\ d3 = r3 — ri cfn_i = rB_i — r„
\
\ bekannt; die letzte Seite MxMn=c
\ kann durch die Annahme der beiden
Längen WA = a, WB — b bestimmt
werden, so dass jetzt noch 2» — 3 — n=
n — 3 Bedingungen angenommen wer-
den mtissen.
Zweckmässig wird es sein, die n — 3
Mittelpunktswinkel hierfür an der Hand
der vorliegenden Achse festzulegen, so
dass dadurch der n fache Korbbogen
auf einen solchen mit 3 Mittelpunkten
zurllckgeführt wird.
Gegeben seien nun nach Fig. 2
von einem dreifachen Korbbogen
die drei Halbmesser r2 r3,
der Winkel a und die Längen a
und b der Haupttangenten. Das
Dreieck M2 M3 ist durch die
drei Seiten
d | = » j — r2 — Mt M2
d2 = r2 — r3 = M2 M3 und
M i M 3 = c bestimmt, wo diese
Seite c aus den Gleichungen
Mi P M 3 P
M3P ’ C~ cos ß
Mi P— ( a — b cos a) — r3 sin a
M3P— ( b sin a — r j) — r3 cos a
folgt.
Bezeichnet man C ^
mit«, so erhält man den Winkel <p2 aus der bekannten Gleichung
tgß:
(3)
(4)
?2
t
(s — a!,)(s — rf2)
tg ~
2 r s(s — c)
Ferner ist >{_ M3 Mt M2 ~ 4- ('fl 4- ß) als Aussenwinkel des Drei-
ecks Q Mt M3 also:
?] + ß
(5)
tg-
f
(S — c) (s — dt)
s(s— d2)
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Puller. Das Abstecken mehrfacher Korbbögen.
521
und endlich folgt aus
» + <?i + 92 + 93 = 1800
der dritte Winkel zu
(6) -p3 = 180° — (a + ?i + »2)
Nachdem aus (4), (5) und (6) die drei Mittelpunktswiukel berechnet
sind, können auch leicht die drei Tangentenlängen ty t2 und ^3 gefunden
werden nach der Formel , , a
t = rtgf
Nunmehr bietet die Absteckung im Felde, d. h. die Ermittelung
der Winkelpunkte JFj 1K2 und W3 keine Schwierigkeit mehr dar;
ebenso kann die Absetzung der
Fig. 3.
W
/*\
' .A
j. y / /
.
'S
\\
Bogenpunkte nach einem der be-
kannten Verfahren bewerkstelligt
werden.
Eine Probe für die Richtigkeit
der Rechnung ergiebt sich aus
dem Vierecke W Wy W2 Wj
der 4 Winkelpunkte (Fig. 3), in
welchem jetzt die vier Seiten
und vier Winkel bekannt sind.
3 Nach der Fig. 3 erhält man die
beiden Gleichungen
| (a — <i) sin i — (ty 4- ti) 8>n (<?2 + ?3) (h + ^3) B'n 93
| (b — <3) sin a = (<i -j- <2) sin j + {t2 -f- 1 3) sin (cp 2 -f- w2).
Ein besonderer Fall ergiebt sich, wenn die beiden Halbmesser >•(
und r3 einander gleich sind, wenn also
d, = d2 = d wird.
Das Dreieck My M2M3 wird dann gleichschenklig und man erhält
(4a) “ - " ~ ~
(5 a)
2 2 d
<p j = 90 0 — (ß + ~7^~) und endlich
2
3 = 90 0 -+- ß — a ■
92
2
Ist statt eines dreifachen ein zweifacher Korbbogen gegeben, so
kann dieser Fall auf den schon erörterten dadurch zurllckgeflihrt werden,
indem man r3 = r2 setzt, so dass c — dy—ry — r2 wird.
Führt man diesen Werth in Gleichung (3) ein, so erhält man
Mi P b sin a — rt — r2 cos a
Vy — r j “
oder
(8)
cos
9i
cos ß
: COS ß =
COS ß
b sin a — r j — r2 cos a
r 1 ~r 2
welche Gleichung auch unmittelbar aus Fig. 4 hergeleitet werden kann.
Ferner ist
s-}-S| — f— cp 2 == 180°
also
(9) <p2 = 1800 — (a-f-cp,)
und es findet sich:
(10)
a = b cos a -j- r2 sin a — d sin j
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522
Puller. D.18 Abstecken mehrfacher Korbbögen.
Fig. 4.
Wenn man in Gleichung (8)
r2 gleich rj setzt, wodurch
der zweifache Korbbogen in einen
gewöhnlichen Bogen übergeht,
so hat man, da der Nenner des
Bruches in obiger Gleichung zu
Null wird und costpi einen end-
lichen Werth behält, auch den
Zähler dieses Bruches nach Ein-
flihrungderBeziehungr2— rt =r
gleich Null zu nehmen. Das
liefert
, 1 -f- cos a *
(11) b = r- — = r cotg—
sin a 2
die bekannte Formel ftir die Tangentenlänge.
Führt man noch in Gleichung (10) die Werthe d = 0, r2 = r und
1 -f- cos * . .
b — r v ein, so erhalt man
sin a
1 -f cos a .
a = r ; cos a 4- r sin a oder
sin a
1 -4- cos a ,
a — r = b.
sin ix
die bekannte Eigenschaft der gleichen Tangeutenlängen eines Kreises.
Auch fUr den zweifachen Korbbogen erhält man eine Probe ftir die
richtige Rechnung aus dem Dreieck W Wt W2 (Fig. 4) nach den
Gleichungen
( (o — fi)sina = (fj + <2)s*n''?2
(12) und
(6 — f2) sin a = (f| -)- <2) sin tp1
wofür man auch nach der Formel
(13) (a — <j) sin <p ] == (5 — f2)sin<p2
rechnen kann.
Die Anwendung dieser Formeln möge an zwei praktisch ausge-
ftihrten Beispielen für die Absteckung eines drei- und eines zweifachen
Korbbogens gezeigt werden.
1. Absteckung eines dreifachen Korbbogens.
Gegeben sind zunächst die drei Halbmesser r j = 250 m, r2 = 1000 m
und r3 = 400 m (Fig. 5). Nach Ausrichtung der beiden llaupttangeuten
WA und WB kann der Winkel a ira Felde gemessen werden, doch
gestattete die Gestaltung des Geländes dieses nicht; vielmehr war man
gezwungen, den Linienzug CDE zu legen (Fig. 6); dessen Längen-
und Winkelmessung ergab :
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Puller. Das Abstecken mehrfacher Korbbögen.
528
Fig. 5. Fig. C.
CD = 195,39 m; £#= 242,23 01
£ WCD= 430 7' 50"
£ CD # = 222° 14' 20" und
£ WED — 290 6' — "
Aus den drei Winkeln folgt nach der Gleichung
a = 360o — (WCD+ CDE+ WED) = 65 « 31' 50'
Nun erhält man, wenn noch A C — 98,00 m und BE~ 107,00 m
(Fig. 6) angenommen wird:
Y=£ WED — (90° — oc) oder
7 = 290 6' — 24«28' 10" =40 37' 50"
DE sin 7 = 242,23 sin 4 »37' 50''= 19,56 m
D E cos 7 = 242,23 cos 4° 37' 50" = 241,44 m
CD sin WCD = 195,39 sin 43« 7' 50" = 133,58 m
C D cos WCD = 195,39 cos 43 o 7' 50" = 142,60 m
EB sin a = 107,00 sin 65» 31' 50" = 97,39 m
EB cos a = 107,00 cos 65° 31' 50" = 44,32 m
r 3 sin a = 400 sin 65 0 31' 50" = 364,07
und r 3 cos a = 400 cos 65 0 31' 50" = 165,68.
An der Hand der Fig. 6 ergiebt sich jetzt
Mi P = 364,07 + 44,32 — 19,56 — 142,60 — 98,00 = 148,23 m und
il/3 P = 133,58 + 241,44 + 97,39 — 250,00 — 165,68 = 56,73 m.
Nach der Gleichung (3) erhält man
also
ß = 60«3'30"
c —
56,73
cos 69 Ö 3' 30'
= 158,72 m.
Die Einsetzung der Grössen
dA = 750,00; d2 — 600,00; c = 158,72
s = 754,36; s — c = 595,64
s — dj=4,36; s — cfj — 154,36
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524
Puller. Das Abstecken mehrfacher Korbbilgen.
giebt nach Gleichung (4)
tg^-= l/ 4,36 -154,36^
2 “ 754,36 • 595,64
oder 'i 2 = 4° 26' — ".
Ferner ist (siehe Fig. 5)
tg ?! _ 1/ 595,64 • 4,36
n 2 t 754,36 • 154,36
oder =8020' 40" und cp, = 86» 2' 50".
Endlich erhält man nach Gleichung (6)
cp 3 = 180» — 65« 31' 50" — 86« 2' 50" _ 4« 26' — ' " oder
cp3 = 23° 59' 20".
Aus diesen drei Winkeln cp, cp2 und cp3 rechnet man die Tan-
gentenlängcn nach Formel (2) also
t , = 250 tg 43 0 1 ' 25" = 233,32 m
<2= 1000tg 2° 13'— " = 38,71m
1 3= 400 tg 11 0 59' 40" = 84,98 m
und für die HUlfstangente des ersten Bogens mit dem Halbmesser
r, = 250 m findet sich j, = 250 tg 21° 30' 40" = 98,53 m.
Fig.
Die Probe auf die richtige Berechnung ergiebt, wenn noch b nach
6 ermittelt wird zu
b = 107,00 +
241,44 + 133,58
sin n
oder
37 t 09
b = 107,00 + . ■ = 519,03 ml
sin 65° 31 oO
434,05 sin a = 272,03 sin 86« 2' 50" + 123,69 sin 90° 28' 50" oder
395,06 = 271,38 + 123,68.
Mit Hülfe dieser berechneten Winkel und Tangentenlängen ist es
nun leicht, die einzelnen Bogen im Felde abzusetzen.
2. Absteckung eines zweifachen Korbbogens.
Fig. 7.
W
/s
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Jordan. Der Distanzstab.
Gegeben sind die beiden Halbmesser r-|=250m; *‘2 = 300m;
die Geländegestaltung liess liier die unmittelbare Messung des \\ inkels
a (Fig. 7) zu, dieselbe ergab
a = 93° 6' 10".
Aus dem Lageplane wurde die Länge b zu 274,00 m entnommen.
Nun rechnet man nach Formel (8)
273,60 — 250 + 16,24 .. _Q,.a
C08!pi= ’ — = 0,<908
oder <p i = 37 0 10’ 30”
und nach (9) <p2 = 49° 43' 20" ;
die Länge a erhält man nach Gleichung (10) zu
a = 300 sin a -f 274,00 cos <x — 50 sin <p ,
oder a = 254,52 m.
Endlich finden sich die Tangentenlängen nach Gleichung (2)
«! = 250 tg 18« 35' 15" = 84,07 m
f2 = 300 tg 24« 51' 40" = 139,01 m.
Die Probe auf die richtige Berechnung ergiebt nach Gleichung (13)
(a — <j)sin<p! = (6 — f2) sin cp2 oder
170,45 sin 37« 10’ 30” = 134,99 sin 49« 43' 20"
oder 102,99 = 102,98
somit eine genügende Uebereinstimmung vorhanden ist.
Der Distanzstab.
Bei Centrirungen kommen oft Entfernungen vor, welche wegen
Schwierigkeit des Ablothens oder dergleichen nicht unmittelbar gemessen
A C B wert*en können, und in solchen Fällen wendet man
; — ~ — — jj — 7 häufig mit Vortheil den Distanzstab an, wie in neben-
\ j j stehender Figur angedeutet ist.
* j Wenn PC—s die gewünschte Entfernung ist, so
\ S;1 / legt man in C einen genauen Maassstab ACB = a -f- b
\ I / quer zu CP und misst in P die Winkel i und ß
\ / genau, daraus kann man nach dem Verfahren
ctU / P des KUckwärtseinschneidens die Entfernung s berech-
p nen, nämlich in bekannter Weise mit einem Hülfs-
winkel jx:
a . , b . _
» = — — sm^l = — : — —sm« (1)
sm i sin ß '
sin B ( sin a / \ sin ß / tan', ^
tang -A - = taug — - ^ — cotg ((i + 45 °)
oder weil A -f- B — 180« — (a -\- ß) ist, (2)
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526
Jordan. Der DiBtanzstab.
tang A -~B- — cotg “ i£- cotg (fi + 45 «) (3)
Aus (2) und (3) hat man A -\- B und A — B, also auch nun A und B
und damit s aus (1) mit Probe.
Wenn aber die beiden Theile A C und CB einander gleich sind
( a = b ) und wenn der Stab A C im Glanzen sehr nahe rechtwinklig zu
CP liegt, so kann man auch genähert rechnen:
s — a cotg - (4)
Wir haben hierzu eine Ueberlegung angestellt, wie gross die Ab-
weichung 5 der Mittellinie PC von der zu AB rechtwinkligen Lage
sein darf, wenn ein gewisser Fehler an s nicht Überschritten werden soll.
Man hat hierzu nach der Figur:
oder entwickelt:
cos (a -
a , b
t — — cos (a — o) = — — — cos (9 4- 8)
sin a sin ß r
8 2 83
8) = cos a + 8 sin a — cos a 3- sin a
2 0
cos (ß -f- B) = cos ß — 8 sin ß
62 o 53 .
cos ß — sin ß
2 r 6
in dem besonderen einfachen Falle b — a giebt dieses:
s
a
8
- = cotg a + o ■
8 2 83
_cotga _
« =cotgß-8 1-
liieraus durch Addition und Subtraction:
cotg ß +
R 3
6
a cotg a 4- a cotg ß a 8 2
3 = 2 1 - • 2~ cotg«
0 — cotg a — cotg ß -{- 2 6
8 2
(cotg a — cotg ß) —
83
Nun kann man weiter die Differenz a ■
a — ß = 6
ß = d einfilhren durch :
(5)
(C)
(7)
a + ß . <x — ß , d
t==- 2 +“2
_a + ß a — ß ^ d
cotg a = cotg a o -
2 sin 2a0
cotgß = cotga0-j- — d
d 2 cos a0
4 sin3a0
d2 cos a0
2 sin 2 a 0 4 sin3a0
cotg a — cotg ß = ■
sin 2a0
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Jordan. Der Distanzstab.
527
Hieraus in Verbindung mit (G):
d = 28 sin 2 ot0 d. h. a — ß = 2 3 sin 2 (8)
Auf gleichem Wege hat man auch:
COjg^COtg_^ = d* _cos«0
2 4 sin ® aß
Die Entfernung wird aus (5) und (8):
cotg a + cotg ß a d- cotg a
S~a 2 " 8 p2 sin 4 a ( 0)
Dabei wurde der Nenner p 2 für d in Secunden zugesetzt.
Nun kann man noch (9) berücksichtigen, womit (10) übergeht in:
s = a cotg
a d2 cotg a
8 p 2 sin 4 a
d 2 cos 2 a
cos 2 a
a + ß / d2 cos 2a \
s = a cotg — — I 1 — -—5- — ; — . — I
2 \ 8 p 1 sin 4 a /
oder logarithmisch
log s = log a cotg a -
d 2 cos 2 a
^ 8 p 2 sin 4 a
Das zweite Glied der Formel (11) stellt den Fehler vor, welcher
der Näherungsformel (4) anhaftet, z. B. mit a = 1™, a = 18° 10',
{3 = 17° 50' also a — ß == 20' bekommt man:
s == 3,0777 “ - 0,0012 ” = 3,07G5
Der Fehler der Näherung (4) beträgt also in diesem Falle nur
1,2*"“; dabei war 8 = 1® 34' 41".
Es genügte also, wenn der Stab AB nur etwa auf 1° genau recht-
winklig zur Mittel - Ziellinie CP gelegt wurde, um s auf lmm genau
zu erhalten.
Zu einer Ueberlegung über die Genauigkeit des Verfahrens über-
haupt, sei es, dass man nach den strengen Formeln (1) — (3) oder nach
der Näherungsformel (4) bezw. (11) rechnet, betrachten wir 2 a als
Basisstablänge und 2 a als gemessenen Winkel, also für ein einigermaassen
grosses s genähert:
2 a
S~YaP
, 2 a j s 2 d (2 a)
ds — — Vo— p d (2 a) = —
(2 a) 2 r 2 a p
oder wenn d (2 a) = ± in der mittlere Winkelmessungsfehler des Winkels
2a ist (2a als Ganzes gemessen), so hat man:
j s 2 in
ds—± — — —
2 a p
Zur Uebersicht wurde berechnet, mit 2a = 2’“ und mit f» = ± 1",
ds = -^—s2, d. h.:
2p
s = 5“ 10“ 20“ 50“ 100“
ds= ±0,06”“ ±0,24”“ ±0,77”“ ±5,8“” ±24,3““
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528
Ucbcr eine Verbesserung an Nivellirinstrumenten’etc.
Man sieht hieraus, dass wenn man eine Winkelgenauigkeit von
m — rk 1 " hat, die Genauigkeit der Distanzstabmessung eine ganz er-
hebliche ist, z. B. bis zu 20™ für Centrirungen immer ausreichend.
Wenn dagegen eine scharfe Winkelmessung (mit in — ± 1'') nicht
zu haben ist und wenn die Entfernung s gross wird, so verliert die
Distanzstabmessung den Vortheil der Genauigkeit. Z. B. eine Entfernung
von s = 50™ bis 100™ würde man genauer und bequemer mit gewöhn-
lichen Feldmesser-Latten messen als mit dem Distanzstab, und zu letzterem
nur dann Zuflucht nehmen, wenn Feldmesser-Latten nicht zur Verfügung
sind, oder wenn Lattenmessung nach Lage der Oertlichkeit ausge-
schlossen ist. Jordan.
Ueber eine Verbesserung an Nivellirinstrumenten
mit Reversionslibelle.
Obgleich schon Amsler-Laffon 1859*) Nivellirinstrumente mit
Reversionslibelle zum Umschrauben der Libelle an dem drehbaren Fern-
rohr einrichtete und darauf hinwies, dass hierdurch die Prüfung der
Libelle auf die Richtigkeit ihres Schliffes vorgenommen werden könne,
hatte bisher eine derartige Einrichtung keinen Eingang in die Praxis
gefunden. Dahingegen sind in den bedeutendsten neueren Lehrbüchern
und mehreren besonderen Abhandlungen andere Methoden zum Zwecke
der Prüfung von Reversionslibellen angegeben worden. Es scheint daher
Amsler’s Verfahren den Beifall der Geodäten nicht gefunden zu haben.
Verfasser, welcher im Laufe der letzten Jahre Uber Hundert Rever-
sionslibellen auf die Richtigkeit ihres Schliffes untersuchte, ist auf Grund
der hierbei gemachten Erfahrungen zu der abweichenden Ansicht gelangt,
dass die genaueste und sicherste Methode zur Prüfung einer Reversions-
libelle die Amsler’sche ist, wobei die Libelle an einem drehbaren Fern-
rohr in 4 Lagen eingestellt wird und die 4 entsprechenden Lattenab-
lesungen verglichen werden.
Diese 4 Ablesungen erhält man auf folgende Weise. Denken wir
uns die Libelle an den Enden mit + und — bezeichnet, so macht man
während -f- nach dem Objectiv zu liegt, eine Ablesung u' wenn die
Libelle unterhalb, und eine Ablesung o' wenn die Libelle oberhalb des
Fernrohres einspielt. Darauf schraubt man die Libelle so um, dass das
*) Dingler’s Polytechnisches Journal, 1859, Band 153, Seite 401 — 406.
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Fennel. Ueber eine Verbesserung an Nivollirinstruraenten etc. 529
Zeichen — nach dem Objectiv zu liegt und macht wieder eine Ablesung
u" wenn die Libelle unterhalb, und eine Ablesung o" wenn die Libelle
oberhalb des Fernrohres einspielt.
Der wahre Horizont h des Instrumentes ist dann in Folge Elimi-
nation aller Instrumentalfehler
, tl O U -f- 0
einerlei ob die Tangenten an die Nullpunkte der Reversionslibelle pa-
rallel sind oder nicht.
Bei einer richtigen Reversionslibelle muss aber auch der Theorie
„ L u' + o' u" + o"
gemäss h = £ = 2 sein.
Als Fehler der Libelle ergiebt sich
t i t tt . /'
U -(- O U + 0
d:
Um vor Zufälligkeiten möglichst geschlitzt zu sein, wird man sich
nun mit einer einmaligen Bestimmung von d aus 4 Lattenablesungen
nicht begnügen, sondern diese Ablesungen wiederholen. Hierbei hat es
sich als zweckmässig erwiesen, nicht jedesmal zwischen 2 Lattenable-
sungen die Libelle umzuschrauben, sondern zunächst eine Reihe von Werthen
für u' und o' zu bestimmen, alsdann erst die Libelle vorsichtig umzuschrau-
ben, ebenso viele Werthe für«" und o" zu beobachten und nachher die
Hauptmittel aus beiden Beobachtungsreihen zu vergleichen.
Diese Prüfungsmethode scheint deshalb die besten Ergebnisse zu liefern,
weil alle anderen Instrumentalfehler vollständig dabei eliminirt werden und
nur der Libellenfehler übrig bleibt. Um jeden Vermessungs-Techniker in
den Stand zu setzen, diese Prüfung selbst ohne irgend welche Hülfsmittel
jederzeit vornehmen zu können, werden seit einigen Monaten von der Firma
Otto Fennel in Cassel alle Nivellirinstrumente mit Reversionslibelle so
eingerichtet, dass die Libelle leicht und schnell am Fernrohr umgeschraubt
werden kann. Zu diesem Zwecke ist die eigentliche Libellenfassung
L in einem Rahmen R durch 2 Schrauben SS befestigt und die Justirvor-
richtungen J zur Herstellung des Parallelismus zwischen Fernrohrachse
und Libellenachse stehen nur mit diesem Rahmen in Verbindung.
Das eine Ende der Libellenfassung ist mit dem Zeichen -f- das
andere mit dem Zeichen — versehen.
Um die Libellenfassung umzuwenden, hat man nur nöthig die Schrauben
SS zu lösen. Alsdann ist die Libellenfassung frei, kann umge-
wendet und durch Anziehen der Schrauben wieder befestigt werden.
Die Prüfung der Libelle wird nun wie folgt vorgenommen.
Man stellt in etwa 50 m Entfernung die Nivellirlatte fest auf, indem
man dieselbe an eine Mauer lehnt und setzt das Instrument so auf das
Stativ, dass eine der Dreifuss-Stellschrauben in der Richtung der Visir-
ZeUachrlft für Vermessungswesen. 1892. Heft 18. 34
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530 Fennel. Ueber eine Verbesserung an Nivellirinstrumenten etc.
linie steht. Alsdann richtet man das Fernrohr nach der Latte, bringt
die Libelle unterhalb des Fernrohres genau zum Einspielen, liest die
Latte ab und trägt die Ablesung z. B. 0,243 in das Formular ein.
Hierauf dreht man vorsichtig das Fernrohr in seinen Lagern so, dass
die Libelle oben steht, liest wieder bei genau einspielender Libelle die
Latte ab und trägt die Ablesung z. B. 0,248 ein. Nunmehr verändert
man den Winkel zwischen Visirlinie und Libellenachse, indem man die
senkrecht wirkende Justirschraube an dem Libellenrahmen ein wenig
anzieht oder ltlftet und macht wiederum bei genau einspielender Libelle
ein Paar Lattenablesungen in zwei Fernrohrlagen.
Dieses Verfahren wird fortgesetzt, bis man etwa 5 Paar Ablesungen
gemacht hat.
Nun löst man die beiden Schrauben SS, welche die eigentliche Libellen-
fassung in dem Rahmen festhalten, und setzt die Libelle so um, dass
dasjenige Ende nach dem Objectiv gerichtet ist, welches vorher nach
dem Ocular zu lag.
In dieser Libellenlage werden wiederum 5 Paar Lattenablesungeu
gemacht und eingetragen.
Die zur weiteren Erläuterung des Verfahrens folgenden Beispiele
beziehen sich alle drei auf dieselbe Libelle von 14,6” Empfindlichkeit,
welche in ein Nivellirinstrument von 43 cm Brennweite und 32facher
Vergrösserung eingesetzt wurde. Die erste Prüfung ist nicht am Nivellir-
instrument selbst, sondern in einem besonderen PrUfungsapparat vorge-
nommen, welcher auf einem Steinpfeiler des Justirzimmers aufgestellt
war. Hierbei erfolgten die Ablesungen an einer in 6 m Entfernung ange-
brachten Millimeter-Scala. Bei Prüfung I besorgte Verfasser das Auf-
schreiben, 0. Fennel jr. das Einstellen und Ablesen, bei Prüfung II und III
hat Verfasser abgelesen und aufgeschrieben, während ein Gehülfe die
Einstellung der Libelle besorgte.
Prüfung I der Reversions-Libelle — 17286 • 14,6 S. -f im Prüfungs-Apparat.
der Libelle liegt nach dem
Objectiv zu.
Die mit 4- bezeichnete Seite
der Libelle liegt nach dem
Objectiv zu.
Bemerkungen
Lattenablesungeu
in Millimetern
Mittel
o. 255,0
u. 237,0
246,00
Zeit und Ort der
Beobachtung:
16. Septbr. 1891.
u. 241,2
o. 250,7
245,95
4 Uhr Nachm.
Justirziramer.
o. 244,6
u. 247,6
246,10
Entfernung des
Millimeter -Maass-
u. 253,8
o. 238,4
246,10
Stabes: 6,8m.
Beobachter:
0. Fennel. jr.
o. 235,5
u. 256,5
246,00
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Fennel. Ueber eine Verbesserung an Nivellirinstrumenten etc. 531
Prüfung II der Reversions -Libelle -17286-14,6 S. +
im Nivellir- Instrument Nr. 656.
Die mit + bezeichnet« Seite
der Libelle liegt nach dem
Objectiv zu.
Die mit — bezeichnte Seite
der Libelle liegt nach dem
Objectiv zu.
Bemerkungen
Lattenablesuugen
in Metern
Mittel
Lattcnablesungen
in Metern
Mittel
u. 0,243
o. 0,248
0,2455
u. 0,267
o. 0,221
0,2440
Zeit und Ort der
Beobachtung:
23. April 1892,
10 Uhr Vormitt,
Uoethestrasse.
Temperatur:
12« R.
Entfornuug der
Centimetcr-Latte :
50 m.
Beobachter:
A. Fennel.
o. 0,245
u. 0,245
0,2450
o. 0,231
u. 0,256
0,2435
u. 0,249
o. 0,241
0,2450
u. 0,245
o. 0,245
0,2450
o. 0,231
u. 0,259
0,2450
o. 0,252
u. 0,238
0,2450
n. 0,254
o. 0,236
0,2450
u. 0,225
o. 0,265
0,2450
Haupt-Mittel
0,2451
Haupt-Mittel
0,2445
Fehler der Libelle bei 50 m Zielweite ^ =+0,fKj03 m.
Prüfung III der Reversions -Libelle — 17286-14,6 S. -f-
am Nivellir -Instrument Nr. 656.
Die mit -4- bezeichneto Seite
der Libelle liegt nach dem
Objectiv zu.
Die mit — bezeichnete Seite
der Libelle liegt nach dem
Objectiv zn.
Bemerkungen
Lattenablesungen
in Metern
Mittel
Lattenablesungen
in Metern
Mittel
u. 0,707
o. 0,800
0,7535
u. 0,730
o. 0,775
0,7525
Zeit und Ort der
Beobachtung: !
23. April 1892,
2 — 3 Uhr Nachm, i
Schulhof zwischen
Schillcrstrasse und
Goethestrasse.
Temperatur:
12» R.
Beobachter:
A. Fennel.
Abstand der
Centimeter-Latte :
44,5 m.
Beleuchtung gut;
leichter Wind.
o. 0,788
u. 0,718
0,7530
o. 0,796
u. 0,709
0,7525
u. 0,696
o. 0,808
0,7520
u. 0,723
o. 0,781
0,7520
o. 0,800
u. 0,704
0,7520
o. 0,770
u. 0,735
0,7525
u. 0,698
o. 0,8i <8
0,7530
u. 0,745
u. 0,761
0,7530
Haupt-Mittel
0,7527
Haupt- Mittel
0,7525
Fehler der Libelle bei 44,5 m Zielweito 0,7525 _q qqqi
34*
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532 Fennel. Ueber oine Verbesserung an Nivellirinstrumenten etc.
Stellen wir nun die 3 Prüfungsergebnisse zusammen, so ergiebt
sich daraus Folgendes:
Prüfung I, Fehler der Libelle — 0,01 mm bei 6,8 m Zielweite
n H, „ „ „ +0,30 „ „ 50 „ „
n HI» n n n + 0,10 „ „ 44,5 „ n
oder wenn man alle Ergebnisse auf 50 m Zielweite reducirt
Prüfung I — 0,07
n II +0,30
A HI +0,11
Libellenfehler im Mittel... +0,11 mm auf 50m Zielweite.
Bei der Prüfung II scheint die Libelle, obgleich sie mit einem
Schutzglas umgeben war, durch die Berührungen beim Umschrauben
ungünstig beeinflusst worden zu sein.
Trotzdem muss das Gesammt-Ergebniss der Prüfungen als ein sehr
günstiges bezeichnet werden; jedenfalls tritt der Libellenfehler gegen
den mittleren Fehler einer einzelnen Lattenablesung erheblich zurück
Da nun fast alle nach obiger Methode geprüften Reversionslibellen äusserst
geringe Fehler zeigten, so ist dies wohl als ein weiterer Beleg dafür
anzusehen, dass die Technik des Libellenschleifens eine genügend ent-
wickelte ist, um eine erweiterte Anwendung der Reversionslibelle durchaus
zu rechtfertigen. Ein indirecter Beweis für die Brauchbarkeit der Re-
versionslibelle liegt ferner darin, dass seit anderthalb Jahrzehnten etwa
250 Instrumente dieser Bauart von der Firma Otto Fennel geliefert
worden sind, ohne dass jemals eine Beschwerde Uber mangelnde Ge-
nauigkeit eingelaufen wäre.
Für den Fall, dass man anderweitig bei der Prüfung von Reversions-
libellen gleich günstige Ergebnisse erzielen sollte, wird auch die Frage
nochmals zu erörtern sein, ob Nivellirinstrumente mit solchen Libellen
für Nivellements ersten Ranges zu empfehlen sind. Wie aber auch die
Entscheidung hierüber fallen mag, so möchte Verfasser schon jetzt be-
tonen, dass ihm der Hauptwerth der Reversionslibelle nicht in ihrer
Anwendbarkeit für eigentliche Präcisions-Nivellements zu liegen scheint,
sondern vielmehr in der Verwendung für die in der Praxis des Land-
messers und Vermessungs- Technikers täglich vorkommenden untergeord-
neteren Nivellirungsarbeiten.
Bei den eigentlichen Präcisions-Nivellements (Landes-Nivellements),
welche nur von wissenschaftlich und technisch hierzu besonders vorbe-
reiteten Geodäten vorgenommen werden, ist die Erzielung der höchsten
Genauigkeit die vornehmste Bedingung und es wird derselben durch
tägliche Prüfung der Instrumente, Gleichheit der Ziel weiten für Vor- und
Rückblick, Ablesung an mehreren Visirfäden, Beobachtung der Libcllen-
ausschläge u. s. w., sowie schliessliche Fehler-Ausgleichung ohne Rücksicht
auf die Zeitdauer Rechnung getragen.
Ganz anders liegen die Verhältnisse bei den Nivellements grösserer
oder geringerer Ausdehnung, welche bei den Vorarbeiten und der Aus-
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Vereinsangelegenheiten. 533
führung von Eisenbahnen, Strassen, Wasserbauten und Landesverbesse-
rungen alltäglich ausgefilhrt werden.
Diese Nivellirungen werden durchaus nicht immer von wissenschaft-
lich vorgebildeten Landmessern oder Ingenieuren, sondern sehr oft von
jüngeren Technikern oder sonstigen Hülfskräften ausgeftihrt, welchen es
an den nöthigen Kenntnissen zur Prüfung und Berichtigung der Instru-
mente mangelt und die aus diesem Grunde sich mit Prüfungen und
Justirungen niemals befassen. In solchen Fällen ist es von grösstem Werthe,
durch Ablesung in zwei Fernrohrlagen und jedesmalige Einstellung der
Reversionslibelle alle Instrumentalfehler unschädlich machen zu können.
Cassel, im Mai 1802. Adolph Fennel.
Vereinsangelegenheiten.
Württembergischer Geometerverein.
Bericht über die Hauptversammlung vom 18. April 1892.
Die jährliche Hauptversammlung des württembergischen Geometer-
vereins fand zum erstenmal in diesem Jahre ausserhalb Stuttgarts und
zwar in Ulm statt und war von über 80 Mitgliedern besucht. Seitens
der Stadtgemeinde, deren Gastfreundschaft in Anspruch genommen
wurde, wohnte der Oberbürgermeister Herr Wagner der Versammlung
bei. Er begrüsste dieselbe namens der Stadt Ulm, indem er auf die
Bedeutung hinwies, welche der Vermessungsberuf neben seinen übrigen
Functionen besonders auch für die Ausarbeitung der städtischen Bebau-
ungspläne und damit für die Entwicklung der Städte erlangt habe.
Vorstand E n s s 1 i n - Cannstatt erstattete sodann den Jahresbericht
über die Thätigkeit des Ausschusses, aus welchem namentlich hervor-
zuheben ist die Einreichung einer Denkschrift mit der Bitte um Erhö-
hung der Ansprüche an die Vorbildung der Geometerkandidaten und die
in gleicher Angelegenheit stattgehabte Audienz bei Sr. Exc. dem Herrn
Minister des Innern.
Bezüglich einer von anderer Seite angeregten diesjährigen Haupt-
versammlung des deutschen Geometervereins wurde der Beschluss
gefasst, seitens des württembergischen Geometervereins sich gegen
die Abhaltung einer solchen auszusprechen, jedoch einen Delegirten zu
entsenden, falls dieselbe gleichwohl zu Stande käme.
Nach Verlesung des Kassenberichts durch denVereinskassier Herrn
Lin der -Cannstatt und nach erfolgter Entlastung desselben erhielt
der Unterzeichnete das Wort zu nachfolgendem, auf Grund eines Ver-
sammlungsbeschlusses zu veröffentlichendem Vortrag:
Meine Herren!
Wie Sie aus der Einladung zur heutigen Hauptversammlung ersehen
haben, will der Vereinsausschuss Ihnen Vorschläge Uber eine zeitgemässe
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534
Vereinsangclegenheiten.
Organisation des Vermessungsdienstes und Uber die Maassregeln unter-
breiten, welche nothwendig sind, um eine solche erfolgreich anzubahnen.
Es ist mir der Auftrag geworden, Ihnen diejenigen Gedanken mitzu-
theilen, welche den Vereinsausschuss zur Aufstellung des genannten
Punktes der Tagesordnung bewogen haben. Der Inhalt derselben lasst
sich wie folgt präcisiren:
„Es ist zu untersuchen
1) Welche Bedeutung hat der Vermessungsberuf für das öffentliche
Leben und die Bedürfnisse der Staatsverwaltung in Rücksicht auf
a. die Steuervertheilung,
b. die Bautechnik, spcciell den Eisenbahnbau,
c. die Sicherung des Grundeigenthums und die Hebung des
Rcalcredit8,
d. die Kulturgesetzgebung,
e. die Geschäfte der Stadtverwaltungen;
2) Findet der Beruf diejenige Würdigung und Anerkennung, die ihm
vermöge der Wichtigkeit seiner Functionen zukommen sollte,
eventuell
3) Welches ist der Grund der ungenügenden Beachtung, unter welcher
der Vermessungsberuf und seine Organe im Allgemeinen leiden, und
4) Was ist zu thun, um den Widerspruch zwischen Bedeutung und
Würdigung des Geometerberufs zu heben und dem Geometer
die ihm gebührende amtliche und sociale Stellung zu erringen.“
Gestatten Sie mir nun, meine Herren, diese einzelnen Punkte näher
zu beleuchten und zunächst zu untersuchen:
Welche Bedeutung hat der Vermessungsberuf für das
öffentliche Leben und für die Bedürfnisse der Staatsver-
waltung erlangt.
Als im Anfang dieses Jahrhunderts mit einer stückweisen Vermessung
unseres engeren Vaterlandes begonnen wurde, waren es fast ausschliess-
lich Rücksichten auf eine gerechte Steuervertheilung, welche den
Anstoss zur Inangriffnahme dieses grossen Werkes und die Richtschnur
für dessen Ausführung abgaben.
Es war sich damals wohl kaum jemand der Tragweite vollkommen
bewusst, welche diesem Werke in Bezug auf die Arbeiten der übrigen
Zweige der Staatsverwaltung und auf weite Gebiete des wissenschaft-
lichen und öffentlichen Lebens innewohnte. Es dachte namentlich kaum
jemand daran, dass dasselbe die Grundlage ftir jeden Fortschritt auf
technischem Gebiet abgeben würde, dass es dereinst berufen sei, einen
mächtigen Hebel zur Sicherung und Förderung des im Bodenwerth be-
gründeten Theils des Nationalvermögens zu bilden.
Ganz unerwartet und in demselben Maasse, in welchem der zur
Zeit der Vermessung vorhanden gewesene Besitzzustand sich verwischte,
erweiterte sich die Bedeutung des ursprünglichen Steuerkatasters; schritt-
Digitized by GoO'
Vereinsangelegenheitcn.
535
weise, aber unaufhaltsam verminderte sich diejenige des altehrwürdigen
Feld- oder Untergangsgerichts und an Stelle des wichtigsten Theils
seiner Functionen trat ein Nebenproduct der Steuervermessung — die
Katasterkarte.
Aber kaum würde jener Process mit auch nur annähernd gleicher
Schnelligkeit vor sich gegangen sein, kaum würde er vermocht haben,
die Vermessungswissenschaft in der rückläufigen Bewegung zu hemmen,
welcher sie in Württemberg nach Schluss der Landesvermessung mangels
einer entsprechenden Organisation des Vermessungsdienstes verfallen war,
wenn nicht ein bedeutsames. Moment eingetreten wäre, welches plötzlich
den enormen Werth, ja die Unentbehrlichkeit der Katasterkarte wei-
teren Kreisen vor Augen führte — der Eisenbahnbau.
Er war es, welcher zur Evidenz zeigte, dass die Vermessungs-
wissenschaft nicht nur der Steuerbehörde treffliche Dienste zu leisten
vermochte, sondern dass sie berufen sei, der mächtig aufstrebenden
Bautechnik eine sichere Grundlage zu bieten. Aber er wirkte auch —
und zwar in zweifacher Hinsicht — fördernd auf die Entwicklung der
Vermessungswissenschaft ein, direct, indem er ihr grössere und schwie-
rigere Aufgaben stellte — ich erinnere an Tunneldurchstiche, Bergbah-
nen etc. — indirect, indem der sich auf seiner Grundlage aufbauende
Verkehr den Werth von Grund und Boden rapid steigerte.
Die Bedürfnisse eines reinen Steuerkatasters wurden zwar durch
diese Wandlung nicht, oder jedenfalls nur in verschwindendem Maasse be-
rührt; wenn trotzdem seitens des grundbesitzenden Publikums höhere
Ansprüche an die Genauigkeit der Vermessungen gestellt wurden, wenn
Erlasse der leitenden Behörden, die in der Ausarbeitung einer voll-
ständig neuen Vermessnngsanweisung gipfelten, bei Grenzherstellungen die
directe Benutzung der Originalmaasse der Landesvermessung, statt der
Karte vorschrieben, so beweist dies, wie weit entfernt schon damals
das Kataster von seiner ursprünglichen Bestimmung war, ein blosses
Steuerkataster zu sein.
Seitdem ist es — unterstützt durch passende Vorschriften der Ver-
messungsbehörde — mit Erfolg auf dem betretenen Weg weiter geschrit-
ten, im Verlauf weniger Jahrzehnte haben sich unsere Vermessungsdo-
cumente aufgeschwungen zu den hervorragendsten Stützen für die Siche-
rung des Grundeigenthums und Hebung des Realcredits.
Der gesammte heutige Immobilienverkehr, eine geord-
nete Pfandbestellung auf Grundbesitz, eine weitergehende
Inanspruchnahme des Bodencredits sind ohne dieFlächen-
bestimmung, ohne die sichere Identificirung der Grund-
stücke durch die Vermessungsacten heute überhaupt
nicht denkbar.
Zwar wohnt den Vermessungsdocumenten juridisch eine Beweiskraft
noch nicht inne, jedoch leidet dieser Zwang gegen thatsächlicbe Ver-
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536
Vereinsangelegenheitcn.
hältnisse insofern an einem inneren Widerspruch, al6 Pfandbestel-
lungen, die nur auf Grund der Angaben der Vermessungsdocumente
bewirkt werden können, beweiskräftig sind.
Im Volksbewusstsein ist die Beweiskraft der Vermessungsdocu-
mente längst anerkannt, der Geometer gilt als technischer Richter und
verschwindend ist die Anzahl der Fälle, in denen die Grundbesitzer sich
nicht bei dem Ausspruch des ersteren beruhigen, sondern an die ordent-
lichen Gerichte appelliren.
Den berührten drei Momenten, welche der Vermessungswissenschaft
und deren ausübenden Organen eine hervorragende Stelle im öffentlichen
und staatlichen Leben sichern, gesellt sich ein weiteres ausschlaggeben-
des hinzu. Es sind die Functionen, welche dieselbe berufen ist bei
Ausführung der Kulturgesetzgebung zu übernehmen.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass bei Durchführung von Feldberei-
nigungen, — dem einzigen bis jetzt in Württemberg fertig gestellten
Theil der Kulturgesetzgebung — der Geometer die Seele der Commission
ist. Von seiner Gewandtheit, seinen Erfahrungen hängt wesentlich das
Gelingen der socialpolitisch so eminent wichtigen Arbeit ab, — ohne
Geometer ist die Ausführung von Feldbereinigungen ein-
fach undenkbar.
Gestatten Sie mir zum Schluss dieser Untersuchung noch auf die
Dienste hinzuweisen, welche der Geometer den Stadtverwaltungen bei
Ausarbeitung der Bebauungspläne leistet und welche mein geehrter
Vorredner, Herr Oberbürgermeister Wagner bereits in anerkennender
Weise berührt hat.
Sämmtliche grösseren Städte Deutschlands nehmen trotz des fühl-
baren Mangels an Vermessungspersonal seit Jahren für diese Arbeit die
Kraft des Geometers in Anspruch, so dass sich derselbe wenn nicht als
unentbehrliches, so mindestens als sehr nützliches Glied der städtischen
Verwaltung erwiesen hat.
Legen wir uns nun die Frage vor,
ob der Vermessungsberuf im öffentlichen und staatlichen
Leben di ejenigeWürdignng und Anerkennung fi nde t, diei hm
kraft der Wichtigkeit seiner Functionen zukommen sollte,
so können wir dieselbe leider nicht kurzweg mit Ja beantworten.
Wohl sind sich alljährlich am 1. April die Steuerbehörden der
grundlegenden Thätigkeit des Geometers bewusst;*) wohl gelten die
*) Die Evidenterhaltung des Grundsteuerkatasters erfolgt in Württemberg
in jährlichen Perioden. Sie soll am 1. April jeden Jahres beendet sein und
alle diejenigen Veränderungen umfassen, welche während des abgelaufenen
Jahres bis zu diesem Termin in der Bodeneintheilnng und Bodenkultur vor
sich gegangen sind. Die Folge dieser Einrichtung ist eine sich alljährlich
wiederholende Collision zwischen der Steuersatzbehörde und dem Geometer,
welch letzterer die Fertigung sämmtlicher Aenderungsunterlagen (Messurkunden)
selten zum vorgeschriebenen Termine fertig zu stellen vermag.
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V ereinsangelegenhoiten.
537
Elaborate des Geometers bei Ausführung von Bauobjecten (voran der
Strassen und Eisenbahnen) als unentbehrliche Grundlagen; die Commis-
sionen zur Ausführung von Feldbereinigungen sehen sich in Ver-
hinderungsfällen des Geometers ausser Stande ihre Functionen zu erfüllen;
die grundbesitzende Bevölkerung wendet sich in Grenzstreitigkeiten
zunächst an niemanden, als an den Geometer, aber — es gilt als ganz
selbstverständlich, dass der letztere nach gethaner Arbeit zurücktritt und
den moralischen Erfolg derselben Anderen überlässt.
Es liegt mir eine in dieser Hinsicht interessante Notiz vor, welche
— in dem officiellen Organ Württembergs, dem Staatsanzeiger (allerdings
im nichtamtlichen Theil) veröffentlicht, ein Streiflicht auf die bespro-
chenen Verhältnisse werfen dürfte. (Dieselbe ist bereits in dieser Zeit-
schrift Heft 17, S. 503 abgedruckt.)
Als materiellen Erfolg müssen es weitaus die meisten württemb.
Geometer betrachten, wenn sie das durch Minist. -Erl. v. J. 1873
normirte Taggeld von 6 <M 40 ^ sich erringen, welches unter Zu-
grundelegung von 300 jährlichen Arbeitstagen einer Jahreseinnahme von
1920 <M ergiebt. Damit muss sich der Geometer einen Reservefond für
etwaige Krankheits- und Unglücksfälle, eine Altersrente und jene Berufs-
freudigkeit erwerben, welche in dem an physischen und geistigen An-
strengungen so reichen Beruf doppelt vonnöthen ist.
Es dürfte im gesammten öffentlichen und staatlichen Leben wohl
kaum ein Beamter mit annähernd gleicher Vorbildung und gleich wich-
tigen Functionen anzutreffen sein, welcher sich zeitlebens mit gleich
geringen und unsicheren Einkünften, mit gleich geringer Anerkennung
bescheiden müsste und welchem eben so wenig Garantien für ein sorgen-
freies Alter geboten wären.
Es drängt sich nun die Frage auf:
Welches Bind die Ursachen der ungenügenden Beachtung,
welche dem Vermessungsberuf und namentlich seinen Or-
ganen in Württemberg geschenkt wird?
Eine hauptsächliche Ursache dieses bedauerlichen Umstandes mag
darin begründet sein, dass die Arbeit des Geometers fast nie als
Selbstzweck auftritt, sondern gewöhnlich die Grundlage weiterer Ar-
beiten bildet. Dazu ist sie — zumeist rechnerischer Natur — so wenig
in die Augen fallend, dass sie der Laie Uber dem auf ihr aufgebauten
technischen — oder Rechtsgeschäft übersieht.
Eine weitere, nicht nebensächliche Ursache dieser geringen Beach-
tung liegt aber im Geometer selbst, sie liegt in der Unthätigkeit, welcher
sich so mancher College in Allem hingiebt, was nicht die eigenen Special-
interessen berührt, sie liegt theilweise auch in der oft genug hervortre-
tenden Uneinigkeit von Angehörigen des württemb. Geometerstandes.
Kein Stand hat seine Anerkennung als Geschenk des Staats in die Wiege
gelegt bekommen, ja es würde zu den weitestgehenden ConBequenzen
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538
Vereinsangelegenheiton.
führen, wenn seitens des Staats ein solches Geschenk je gemacht werden
wollte; jeder Beruf hat sich vielmehr durch längere oder kürzere Kämpfe
die Stelle erringen müssen, die er im Staat und in der Gesellschaft ein-
nimmt. Warum es dem württemb. Geometerstand bisher nicht gelingen
konnte, aus diesem Kampfe siegreich hervorzugehen, ergiebt sich aus
folgenden zwei Beispielen:
Die Generalversammlung des Jahres 1890 beschloss — in der Vor-
aussetzung, dass ein Theil der geschilderten Unzuträglichkeiten daraus
resultiere, dass das Vermarkungswesen nicht der Neuzeit entsprechend
geregelt sei — mit allen Kräften und unter Zuhülfenahme der Presse
die Schaffung eines Vermarkungsgesetzes anzustreben. Mir ist nicht ein
einziger Artikel zu Gesicht gekommen, der, von Vereinsmitgliodern ge-
schrieben, bestimmt gewesen wäre, in diesem Sinne zu wirken.
Seit bald einem Jahrzehnt ist der Geometerverein bestrebt, die An-
sprüche an die Vorbildung der Geometercandidaten zu steigern, indem
er eine solche Steigerung als wirksamstes Mittel zur Hebung des
Standesansehens erachtet. In Berücksichtigung des Umstandes, dass im
gesammten Staatsdienst die Erlangung der Berechtigung zum einjährig-
freiwilligen Dienst als Vorbedingung für die Zulassung zum Subaltern-
beamten gilt, beschloss die Generalversammlung des vorigen Jahres in
einer Eingabe an das Kgl. Ministerium des Innern die Reife für die
9. Glasse einer höheren Lehranstalt als Vorbedingung für die Zulassung
zur Geometerprüfung zu fordern. Trotzdem lässt die Vorbildung der
gegenwärtig die Fachschule besuchenden, in den letzten Jahren dem
Beruf zugegangenen Geometerzöglinge einen Fortschritt in dieser Rich-
tung nicht erkennen, sondern zeigt im Gegentheil eher einen Rück-
schritt gegenüber den jüngst verflossenen Promotionen. Auch die nächst-
folgenden Promotionen werden voraussichtlich keine günstigere Zusam-
mensetzung aufweisen.
Während also viele Collegen und Lehrprincipale sich um die Be-
strebungen und Beschlüsse des Geometervereins gar nicht gekümmert
haben, hat ein College sogar geglaubt, seine der Erhöhung der Vor-
bildung abgeneigten Ansichten der öffentlichen Presse übergeben zu sollen.
Wie kann es angesichts solcher principiellen Meinungsverschiedenheiten
und solcher Indolenz in Geometerkreisen wundernehmen, dass die Kgl.
Regierung sich vorerst unthätig verhält und ab wart et, bis die zunächst Be-
theiligten sich über die Ziele ihrer Bestrebungen klar geworden sind.
Was ist nun zu thun, um den Widerspruch zwischen Bedeu-
tung und Würdigung des Geometerberufs zu heben und
dem Geometer diejenige amtliche und sociale Stellung zu
schaffen, die er vermöge der Wichtigkeit seiner Func-
tionen beanspruchen muss?
Es ist für den Erfolg einer Sache durchaus nicht gleichgültig, wie
und zu welchem Zeitpunkte dieselbe eingeleitet und vor die maass-
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Vereinsangelegenheiten.
539
gebende Behörde gebracht wird. Zunächst ist daher zu constatiren,
dass der jetzige Zeitpunkt für Bestrebungen auf dem besprochenen Ge-
biet günstig, jedenfalls günstiger ist als voraussichtlich irgend ein späterer
Zeitpunkt. Der Mangel an verfügbaren vermessungstechnischen Kräften,
die Fülle der bei den einzelnen Verwaltungen und Behörden anfallenden
Arbeiten fordert gebieterisch eine grössere Rücksichtnahme auf berech-
tigte Wünsche und Verbesserungsvorschläge des Geometerstandes als
dies vor einem Jahrzehnt der Fall war, oder — angesichts des in nächster
Zeit zu erwartenden Personalzuwachses — demnächst der Fall sein wird.
Hiezu gesellt sich der Umstand, dass die Fortsetzung unserer Kultur-
gesetzgebung in allernächster Zeit bevorsteht und dass dem Geometer
und Kulturtechniker wie in Preussen und Bayern weitere wichtige Funk-
tionen zufallen müssen, wenn er im entscheidenden Moment auf dem Plan
ist. — Um das gesteckte Ziel jedoch zu erreichen, ist es unbedingt er-
forderlich, dass sämmtlichc Angehörige unseres Vereins in engere Füh-
lung zu einander treten und dass sie geschlossen und zielbewusst in
gemeinsamer Arbeit die für die Entwicklung des Vermessungsberufs noth-
wendigen Verbesserungen erringen.
Der Vereinsausschuss unterbreitet Ihnen in dieser Richtung folgende
Vorschläge zur Besprechung und event. Beschlussfassung:
„Innerhalb des Vereins bildet sich eine Anzahl von Commis-
sionen, bestehend aus Vertretern der einzelnen Berufszweige, welche
die Interessen ihres Zweiges zu wahren haben, namentlich aber zunächst
eine bestimmte und womöglich in bestimmter Frist zu erledigende
Aufgabe erhalten. Im Interesse eines einheitlichen Wirkens gehört
die Vorstandschaft des Vereins ex officio einer jeden dieser Commis-
sionen an, welche sich entsprechend den verschiedenen Bezufszweigen
unterscheiden könnten in:
1) Commission zur Herbeiführung von Verbesserungen
auf dem Gebiet des K atasterv ermessungs wesens.
Endziel: Ueberftihrung des Steuerkatasters in ein Eigenthums-
kataster.
Zunächst wäre anzustreben: die Schaffung eines Vermarkungs-
gesetzes.
Mittel: Sammlung statistischen Materials aus Baden, Elsass-
Lothringcn, Hessen-Nassau etc. Verarbeitung zu einer Ein-
gabe an Königl. Ministerium des Innern.
2) Commission zur Einleitung von organisatorischen
Verbesserungen auf dem Gebiete des Vermessungs-
wesens im Dienste der Kulturtechnik.
Endziel: Ausbildung der Königl. Cenlralstelle, Abtheilung für
Feldbereinigung, zu einer Behörde mit etatsmässig angestell-
tera, aus Geometern und Kulturtechnikern bestehendem Be-
amtenpersonal nach Vorbild der bayrischen Flurbercinigungs-
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510
Vereinsangelcgenheiten.
bchörde und der preussischen Generalcommissionen (jedoch
ohne Einführung der dortigen juristisch gebildeten Commissare).
Zunächst: Erhebung der seit 27 Jahren eingefUhrten halb-
staatlichen Prüfung für Kulturtcchniker zur Staatsprü-
fung; Schaffung von Functionen für den Kulturtech-
niker im Hinblick auf die rein kulturtechnische Seite des
Dienstes und die demnächst zu erwartende Wasserrechtsge-
setzgebung; Stellungnahme gegen die Bestrebung,
Kulturinspectionen nach dem Vorbild Badens zu
schaffen und wie dort, wo das Institut der Kulturtecliniker
überhaupt nicht existirt, den Geometer zum reinen Vermes-
sungstechniker herabzudrücken; Stellungnahme gegen die bis-
herige Gepflogenheit, die kulturtechnischen Arbeiten einer
Bereinigung Uber den Kopf des Geometers und Kultnr-
technikers weg durch Bauinspectoren und Kulturaufseher
auszuführen.
Mittel: Sammlung statistischen Materials aus Württemberg dar-
über, wie viel Candidaten alljährlich die Kulturtechniker-
prüfung ablegten vor Inkrafttreten des Feldbereinigungs-
gesetzes (also in der Hoffnung auf später zu erlangende Func-
tionen) und wie viel Candidaten dies nach Inkrafttreten des
Feldbereinigungsgesetzes und nach erfolgter Organisation
des Dienstes noch für erspriesslich hielten ; ferner Sammlung
statistischen Materials Uber Zusammensetzung und Leistung
der Feldbereinigungsbehörden in Preussen, Bayern und Eisass-
Lothringen und Verarbeitung zu Eingaben an die Königl.
Centralstelle für die Landwirthschaft und an das Königl.
Ministerium des Innern.
3) Commission zur Einleitung von Verbesserungen im
Vermessungsdienst der Eisenbahnen.
Ziel: Schaffung einer erheblicheren Anzahl etatsmässiger Stellen
für Geometer (Abtheilungsgeometer) mit dem Rang technischer
Secretaire.
Mittel: Sammlung statistischen Materials über die Zahl der
während der letzten zwei Jahrzehnte jährlich beschäftigten
und Uber diejenige der definitiv angestellten Geometer.
Vergleich mit den entsprechenden Zahlen anderer Berufs-
gattungen im Dienste der württemb. Eisenbahnverwaltung.
Vergleich mit den Verhältnissen anderer deutschen Staaten.
Eingabe an die Königl. Generaldirection event, an Königl.
Ministerium des Auswärtigen und an die Stände.
4) Commission zur Erringung von Verbesserungen im
Prüfungswesen.
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V ereinsangelegenhciten.
541
Ziel: Erhöhung der Ansprüche an die Vorbildung der Geometer-
candidaten nach Maassgabe der im verflossenen Jahre an das
Königl. Ministerium des Innern gerichteten Eingabe.
Stellungnahme gegen die erleichterte Zulassung von
Angehörigen irgend eines anderen Berufs (Forstcandidaten,
Ingenieure) zum Geometerberuf.
Mittel: Erneute Eingabe an Königl. Ministerium des Innern.“
Meine Herren, Sie ersehen aus diesen Vorschlägen, dass die Ab-
wickelung der gestellten Aufgaben die thatkräftigste Unterstützung nicht
bloss der event, den einzelnen Commissionen zuzutreibenden, sondern mög-
lichst aller Vereinsmitglieder erfordert. Um so mehr aber darf gehofft
werden, dass durch diese Mitarbeit das Interesse an allgemeinen Standes-
fragen wachse und die getheilte, nach einheitlichem Gedanken geleitete
Arbeit reiche Früchte bringe für die gedeihliche Weiterentwicklung der
Vermessungswissenschaft und des Vermessungsberufs.
Der allgemeine Beifall, welchen die Versammlung den oben wieder-
gegebenen Ausführungen zollte, zeigte, dass das Bedürfniss einer that-
kräftigen Mitarbeit ein allgemein gefühltes war; die sofort eröffnete
Debatte ergab denn auch — abgesehen davon, dass noch die Aufstel-
lung einer weiteren Commission II b als wünschenswerth bezeichnet wurde,
deren Aufgabe die Erringung von Berechtigungen des Geometers und
Kulturtechnikers zur Ausarbeitung von Bebauungsplänen und
Ausführung von Nivellementsarbeiten zu Flussbauten und
Stauanlagen sei — die unveränderte und einmüthige Annahme der
seitens des Vereinsausschusses gestellten Anträge.
Um Zeit zu gewinnen wurde der Ausschuss ermächtigt, die Com-
missions-Mitglieder — deren Anzahl auf 5 festgesetzt wurde — und deren
Vorsitzenden zu ernennen *) und gleichzeitig bestimmt, dass die Com-
missionen berechtigt seien, weitere Kräfte aus der Zahl der Vereins-
Mitglieder zu cooptiren.
Der nächste Punkt der Tagesordnung betraf Verhandlungen Uber:
„Unzuträglichkeiten, welche dem Geometer die Ausübung
seines Berufs erschweren“.
College Ky riss- Brackenheim hatte das Referat hierüber übernommen
und kam in seinem Vortrag zu dem Schluss, dass ein hauptsächlicher
Grund derselben in dem Fehlen eines Vermarkungsgesetzes zu suchen
sei. Die eingeleitete Debatte stutzte sich naturgemäss auf die bereits
*) Die Ernennung ist unterdessen erfolgt und ergab folgendes Resultat:
1) Commission für das Katastervermessungswesen
Vorsitzender: Oberamtsgeometer Hör z -Waiblingen;
Mitglieder: Geometer und Schultheiss Schall-Kuchen,
„ „ Kulturtechn. Klemm -Stuttgart,
„ „ „ Ky riss -Brackenheim,
„ „ „ Reinhardt-Göppingen.
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542
Vereinsangelegenheiten.
angenommenen Anträge des Vereinsausschusses betreffend Schaffung von
Commissionen. College K 1 e in m - Stuttgart hob einige Erlasse und Ver-
fügungen hervor, welche bis zur endlichen Schaffung eines Vermarkungs-
gesetzes recht wohl geeignet sind, dem Geometer einigen Rückhalt zu
gewähren.
Der letzte Punkt der Tagesordnung, die Neuwahl der Vorstand-
schaft ergab durch Acclamation die bisherige Zusammensetzung des Aus-
schusses, so dass der letztere auch für das kommende Vereinsjahr besteht
aus den Herren
2a) Commission für das Vormessungswesen im Dienste der
Kulturtechnik
Vorsitzender: Geometer und Kulturtechn. Schäfer -Geislingen,
Mitglieder: „ „ „ Zein er -Mergelstetten,
„ Gonzer-Ebingon,
„ und Kulturtechn. Binder-Böblingen,
„ „ „ Maurer-Gerstetton.
2b) Commission für das Vermessungswesen im Dienste der
Stadtverwaltungen
Vorsitzender: Obergeometer Siegle-Stuttgart,
Mitglieder: Geometer Maier-Heilbronn,
„ und Kulturtechn. Dollmann-Heilbronn,
„ Lutz-Backnang,
Stadtgeometer und Kulturtechn. Neu weil er- Stattgart.
3) Commission fiir den Eisenbahnvermessungsdienst
Vorsitzender: Abtheilungsgeometer Fe tzer- Stuttgart,
Mitglieder: „ Frey-Stuttgart,
„ Gressler-Stuttgart,
Geometer Pfäffle-Reutlingen,
„ Ul rieh -Stuttgart.
4) Commission zur Bearbeitung der Vorbil dungsfr age
Vorsitzender: Stadtgeometer Widmann-Stuttgart,
Mitglieder: Oberamtsgeometer Lutz-Tuttlingen,
Geometer Ostertag-Laichingen,
„ Steinbrenner-lleidenheim,
r und Kulturtechn. Mante-Ebingen.
Ensslin-Cannstadt, Vorstand,
Eberhard-Tübingen, 2. Vorstand,
Lin der- Cannstatt, Cassirer,
G U n 1 1 e r - Stuttgart, Schriftführer,
Weitbrecht - Stuttgart, 2. Schriftführer und Redacteur.
Als Ort der nächsten Hauptversammlung wurde Tübingen bestimmt.
Die kurze bis zur Tafel noch verbleibende Zeit wurde von den
Anwesenden dazu benutzt, die ausgestellten geometrischen Arbeiten, In-
strumente und Messgeräthe zu besichtigen, von welchen besonders her-
vorzuheben ist:
ein Atlas von Herrn Vermessungsdirector Ger ke- Dresden, enthaltend
eine Uebersicht Uber die verschiedenen Vermessungsarbeiten der
Stadt Altenburg,
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Pcrsonalnachrichten.
543
Instrumente von Herrn Collegen Men n er- Sigmaringen zum Verfeinern
der Streckenmessung (neu construirter Gradbogen und Messkeile),
neu construirter Gradbogen sowie Instrumente zwecks Erleichterung
der Zutheilung nach ßonitätsklassen von Herrn Collegen Gonser-
Ebingen,
Visierstäbe etc. von Herrn Collegen Gerst-Schussenried etc.
Der Mittagstafel, welche den Mitgliedern Gelegenheit gab, Erfah-
rungen und Erlebnisse gegenseitig auszutauschen und welche in animir-
tester Stimmung verlief, wohnte der Herr Oberbürgermeister der gast-
lichen Stadt Ulm an, Vorstand Ensslin brachte während derselben ein
begeistert aufgenommenes Hoch auf Se. Majestät den König als den
eifrigsten Förderer der Wissenschaften aus.
Später führte der Herr Oberbürgermeister die Versammlung durch
das mit Schätzen aus der glorreichen Vergangenheit der altehrwürdigen
Reichsstadt Ulm ungefüllte Alterthums- und Gewerbemuseum und von da
in das Kleinod gothischer Baukunst, das herrliche, nach langen Mühsalen
in voller Pracht erstandene Münster, wo die Versammlung durch die
mächtigen Klänge des dem Baudenkmal würdigen Orgelwerkes überrascht
und geehrt wurde.
Die bis zur Abfahrt nach der Heimath noch übrige Zeit verstrich
in gemüthlicher Unterhaltung beim Glase Bier auf dem Brenner und
wohl kein Theilnehmer an der in ihrem ganzen Verlauf so gelungenen
und würdigen Versammlung wird die gastliche Stadt Ulm unbefriedigt
und ohne Gefühle des Dankes gegen ihren liebenswürdigen Oberbürger-
meister und das rührige Ortscomitd verlassen haben.
Stuttgart, im Mai 1892. W. Weitbrecht.
Das Verfahren in dem Concurse des Bankhauses Jos. Simon’s
Söhne in Coburg ist durch Zwangsvergleich beendet.
Die Gläubiger haben rund ö 9 */2 °/0 ihrer Forderungen herausbezahlt
bekommen.
Auf die von dem verstorbenen Kassirer des Deutschen Geometer-
Vereins bei Simon’s Söh n e hinterlegte Summe von 1771,15 Mk. entfiel
ein Antheil an der Masse in Höhe von 1057,89 Mk. Die genaue Ab-
rechnung wird der nächsten Hauptversammlung zur Beschlussfassung
vorgelegt werden.
Die Vorstandschaft des Deutschen Geometer-Vereins.
L. Winckel.
Personalnachrichten.
Baden. Durch Entschliessung des grossherzogl. Ministeriums der
Finanzen vom 28. v. M. wurde Geometer Karl Dress in Donaueschingen
zum Vermessungsrevisor ernannt und der grossherzogl. Eisenbahnbau-
iuspection Karlsruhe zugetheilt.
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544
Neue Schriften über Vermcssungsweson.
Neue Schriften über Vermessungswesen.
Arbeiten, Astronomische, des K. K. Gradmessungsbureau. Band III:
Längenbestimmungen. Wien 1892. gr. 4. 180 pg. Mk. 46.
Bandl u. II: Längenbestimmungen 1889 — 91. 247 u. 204 pg. M. 32.
Foerster, W., Ueber die Stellung der Astronomie innerhalb der Natur-
wissenschaften und zu den Geisteswissenschaften. Berlin 1891.
4. 21 pg. Mk. 1,50.
Geelmuyden, II. , Stedbestemmelse pa höie Bredder. Christiania (Vid.-
Selsk. Forh.) 1892. gr. 8. 36. pg. m. 1 Karte und 3 Holz-
schnitten. Mk. 1,80.
Hausdorff, F., Zur Theorie der astronomischen Strahlenbrechung.
Leipzig 1891. 8. 86 pg. Mk. 1,80. f
Wolf, B., Handbuch der Astronomie, ihrer Geschichte und Litteratur.
(In 2 Bänden.) Band II. 1. Hälfte. Zürich 1892. gr. 8. m. Holz-
schnitten. Mk. 8.
Band I. 1891. 728 pg. mit zahlreichen Holzschnitten Mk. 16.
Verhandlungen der vom 8. bis 17. October 1891 zu Florenz abgebaltenen
Conferenz der permanenten Commission der Internationalen Erd-
messung (Comptes rendus des 8 fiances de la Commission permanente
de l’Association Geoddsique Internationale). Redigirt von A. Hirsch.
Zugleich mit den Berichten Uber die Fortschritte der Erdmessung
in den einzelnen Ländern während des letzten Jahres. Berlin 1892.
gr. 4. 234 pg. m. 4 Tafeln. Mk. 9.
Auszug aus den Nivellements der Trigonometrischen Abtheilung der
Landesaufnahme. Heft II, Nachtrag 6 (1892). Berlin 1892. gr. 8.
63 pg. Mk. 0,60.
— Dasselbe. Heft IV, Nachtrag 5 (1892). Berlin 1892. gr. 8.
70 pg. Mk. 0,60.
Jahrbuch der Astronomie und Geophysik (Astrophysik, Meteorologie,
physikalische Erdkunde). Herausgegeben von H. J. Klein.
Jahrgang II.: 1891. Leipzig 1892. gr. 8. 11 und 400 pg. m.
6 Tafeln (1 colorirt). cart. Mk. 7.
Die Landesvermessung in Griechenland, zweiter Bericht von Heinrich
Hartl, Oberstlieutenant im k. und k. railitairgeographischen In-
stitute. Separat-Abdruck aus den Mittheilungen des k. und k. mili-
tairgeographischen Institutes, XI. Band, Wien 1892. Druck von
Johann N. Vernay in Wien.
Anfangsgründe der niederen Geodäsie mit Berücksichtigung der Formeln
der Preussischen Vermessungsanweisung (Katasteranweisung VIII und
IX). Dargestellt von Loewe, Landmesser, mit 24 Figurentafeln
und einem Anhänge, enthaltend mathematische Tabellen. 1892.
Verlag des technischen Versandgeschäftes von R. Reiss, Lieben -
werda. 130 + 30 Seiten.
Inhalt.
Grössere Mittheilungen : Sind die für trigonometrische Punkteinschaltung üb-
lichen Rechenvorschriften verbesserungsbedürftig? Von Dr. G. Höckner. —
Das Abstecken mehrfacher Korbbögen von Ingenieur Puller. — Der Distanz-
stab von Professor Jordan. — Ueber eine Verbesserung an Nivellirinstru-
menten mit Reservionslibelle von Fennel. — Vereinsangelegenheiten. — Personal-
nachrichten.—Neue Schriften Uber Vermessungswesen.
Verlag von Konrad Witt wer, Stuttgart. — Druck von Gebrüder Jänecke in Hannover.
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545
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover, Steuer-Ratb in Manchen.
1892. Heft 19. Band XXI.
& 1. October. —
Zur Geschichte der Leibniz’schen Rechenmaschine.
Nachdem wir schon früher in dieser Zeitschrift, 1887 8. 226 — 229,
einen kurzen Bericht Uber die anf der Königlichen Bibliothek zu Han-
nover befindliche Original- Leibniz’sche Rechenmaschine gebracht haben,
wollen wir nun jenen Bericht in mehrfacher Hinsicht ergänzen.
Zuvor aber ist es nöthig, um Uber die Geschichte der Leibniz’Bchen
Erfindung Klarheit zu gewinnen, die Vorgängerin, nämlich die Fascal’sche
Maschine, kennen zu lernen, wobei uns als Hauptquelle das Werk dient:
„Oeuvres completes de Blaise Pascal, tome troisieme. Paris, librairie
Hachette & Cie 79 Boulevard 8t. Germain, 1880.“ Pascal war Theolog,
Mathematiker und Philosoph, geboren 1623 zu Clermont, gestorben 1662
zu Paris.
Ein Königliches Privileg fUr die von Pascal erfundene Rechen-
maschine wurde am 22. Mai 1649 verliehen, wie auf 8. 196 des im
Vorstehenden citirten Werkes angegeben ist, worauf auf 8. 196—208
folgt: „Description de la machine arithmdtique de Pascal, par Diderot
(three du premier volume de l’encyclopddie)“.
Fig. 1. Pascal’sche Rechenmaschine. (Additionsmaschine.)
Vorstehendes ist die dazu gehörige Figur; in derselben bedeutet
NO PR eine Kupferplatte, welche die Oberfläche der Maschine bildet.
Man sieht auf dem unteren Theil dieser Platte eine Reihe N 0 von
Zeitschrift für Venneasongsweeen. 1692. Heft 19- 35
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546
Zur Geschichte der Leibniz’sehen Rechenmaschine.
Kreisen Q, Q, Q u. s. w., alle beweglich um ihre Mittelpunkte Q. Der
erste Kreis rechts hat 12 Zähne, der zweite 20 Zähne und alle folgenden
Kreise haben 10 Zähne. (Dieses entspricht der Miinztheilung deniers,
sous, livres, nämlich 1 livre = 20 sous, 1 sous =12 deniers; heule
würde Pascal ohne Zweifel alle Kreise mit 10 Zähnen gemacht haben.)
Bei S befinden sich Hemmstücke, die man Potenzen nennt, dieselben
berühren die sich darunter frei drehenden Kreise nicht, sondern dienen
nur zum Anhalten von Stiften, die man in der Hand hält und zwischen
die Zähne der beweglichen Räder Q steckt, um dieselben in der Richtung
6, 5, 4, 3 zu drehen, wenn man die Maschine in Thätigkeit setzt.
Die Linie Y Z enthält eine Reihe von Löchern, durch welche man
Ziffern sieht und zwar in unserem Falle 436 809 livres, 15 sous, 10 deniers.
Die Leiste PR ist beweglich, man kann dieselbe auf die Reihe
der Oeffnungen 436 809, 15, 10 schieben und dieselben bedecken; man
würde dann aber eine zweite Reihe von Löchern und darunter ebenfalls
eine Ziffernreihe selten.
Die Leiste P R trägt Rädchen mit einer Nadel in der Mitte und
Ziffern, welche den Ziffern der Räder Q entsprechen (nämlich rechts 12,
20, dann 10, 10 . . ).
Vorstehendes ist wörtliche Uebersetzung von Diderot, 8. 196—198,
worauf noch 5 Figuren mit Text folgen, die wir hier nicht wiedergeben
können, es sei nur bemerkt, dass eine Zehnerübertragung bei
Pascal vorhanden ist, mit gleicher Wirkung wie bei der Leibniz’sehen
und heutigen Thomas’schen Maschine.
Weiter giebt S. 204—206 die Handhabung der Maschine:
Addition. Man stellt die Decke PR so wie Fig. 1 zeigt, dass also die
Löcher YZ offen sind. Alle Räder NO werden auf Null gestellt. Man
habe Folgendes zu addiren:
69' 7* 8'1
584 15 6
Man nimmt den Führstift, führt ihn in den 8. Zahn des äussersten
Rades Q rechts und dreht dieses Rad bis zu dem Anschlag S. Ebenso
verfährt man bei dem zweiten Rade mit dem Stift, welcher in 7 gesteckt
und bis zum Anschlag S gedreht wird, und so fort mit 9 bei dem
dritten und 6 bei dem vierten Rad; damit hat man die erste Summe
69' 7’ 8d auf den Schaulöchern erhalten. Nach diesem verfährt man
ebenso mit dem zweiten Summanden 584! 15* 6d, worauf die Summe
entsteht: 6541 3* 2d.
Multiplication. Man stellt die Räder auf 0; es soll 1245 mit
3 multiplicirt werden, man macht 3 m a 1 die Addition und erhält 3735.
Wenn der Multiplicator mehrziffrig ist, muss man alle Ziffern des
Multiplicandus mit jeder Ziffer des Multiplicators multipliciren, d. h. sie
in der Weise der Addition schreiben, aber man muss beachten, beim
zweiten Multiplicator als erstes Rad das der Zehner zu nehmen.
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c
Zur Geschichte der Leibniz’schcn Rechenmaschine.
547
Das Vorstehende mag genligen, um einzusehen, dass die Pascal’sche
Maschine noch nicht die Entwicklung der Thomas’schen besass, sondern
nur eine Art Additionsmaschine für den besonderen Zweck der Geld-
zählung war.
Wir gehen nun über zu der Rechenmaschine von Leibniz
und citiren aus dieser Zeitschr. 1887 8. 226 — 229, sowie 1887 8. 593 — 596
und aus dem „Archiv der Geschichte der Philosophie, herausgegeben
von Ludwig Stein, Band I. Berlin, Georg Reimer, 1888,“ 8. 78 — 91
„die in Halle aufgefundenen Leibniz -Briefe.“
Im Jahre 1695 schrieb Leibnitz an Ludolf (im vorstehenden 8. 85
oben): „Und nun ist mein arithmetisches Instrument vollendet, dem
ähnliches bis jetzt nicht gesehen worden ist, da es gänzlich eigener
Art ist.“ Aehnlich auch in einem Briefe an Thomas Bernet: „Ich
habe auch das GlUck gehabt, eine arithmetische Maschine herzustellen,
welche unendlich verschieden ist von derjenigen Pascals,
da die meinige die grossen Multiplicationen und Divisionen in einem
Augenblick macht und ohne Nebenhülfe von Additionen und Subtractionen.“
Nach diesem geben wir zuerst in Fig. 2 und Fig. 3 zwei Zeichnungen
der Leibnizschen Maschine.
Fig. 2. Lcibniz’sche Rechenmaschine in Hannover nach Photographie im April 1892.
Fig. 3. Leibniz'sche Rechenmaschine, geometrische Zeichnung (Länge 44 cm).
B
35*
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548
Zur Geschichte der Leibaiz’schen Rechenmaschine.
Im April 1892 hatte Herr Bibliothekar Dr. Bodemann die Güte
die Herstellung einer Photographie der in der Königlichen Bibliothek
zu Hannover befindlichen Maschine zu gestatten, woflir auch an diesem
Orte geziemender Dank ausgesprochen wird.
Uebrigens ist entsprechende Fig. 2 wenig anschaulich, weil die
Ansicht zu wenig von oben erfolgt, doch mag immerhin Fig. 2 in
Verbindung mit Fig. 3 eine richtige Vorstellung der Sache geben.
Die von Leibniz selbst gegebene lateinische Beschreibung haben
wir schon in dieser Zeitschr., 1887 S. 227 — 229, abgedruckt, wir wollen
eine deutsche Uebersetzung des Haupttheils jener Beschreibung, nämlich
Gebrauchsanweisung zum Multipliciren, hierhersetzen:
Es sei eine gegebene Zahl mit einer zweiten gegebenen Zahl zn
multipliciren, jedoch soll das Product nicht Uber 10 Stellen sein,
z. B. 1709X365. Die Zeiger der 8 Räder stehen zuerst alle auf 0;
dann stellt man die Zeiger auf den 4 kleinen Rädern (Rotae minusculae)
rechts bezw. auf 1 7 0 9; die Lage des beweglichen Theiles (Pars
mobilis) sei im Anfang so, dass der erste Strich der 8 Räder des
beweglichen Theiles dem ersten Striche der 12 Räder des unbeweglichen
Theiles (Pars inmobilis) entspricht; auf dem unbeweglichen Theil zeigen
alle Löcher 0.
Da nun 1709 mit 365 multiplicirt werden soll, multipliciren wir
1709 mit 5, was so geschieht: Man steckt einen kurzen Stift in das
Loch 5 des grösseren Rades rechts (Rota majuscula) und zwar 5 auf der
äussersten Theilung, dann wird das grosse Rad (Magna rota), das
sich in der Mitte befindet, am Griffe umgedreht, wodurch sich auch
die bewegliche Scheibe des grösseren Rades (majuscula) drehen wird.
Bei fortgesetzter Bewegung wird bald der eingesteckte Stift an ein
Hinderniss anstossen, welches an dem grösseren Rade (Rota majuscula)
zwischen 0 und 9 sich befindet. Der Widerstand belehrt uns, dass
diese Operation beendet ist, und durch die Löcher des unbeweglichen
Theiles erscheint das Product aus 1709 und 5, nämlich 8545.
Zur Multiplication mit der zweiten Ziffer 6 wird der bewegliche
Theil nach links verschoben, so dass das erste der 8 Räder mit
dem zweiten der 12 Räder zusammen stimmt. Dann wird der Stift
auf 6 abermals der äusseren Theilung gesteckt, und das vorige wieder-
holt u. s. w.
Aus diesem geht hervor, dass die kleinen Scheiben (Rotae minus-
culae) auf dem beweglichen Theil (Pars mobilis) den Schlitzen mit
Schieberknöpfen bei der heutigen Thomas’schen Maschine entsprechen.
Die Schaulöcher auf dem unbeweglichen Theil entsprechen den Schau-
löchern auf Thomas’ beweglichem Theil. Die gegenseitige Beweglichkeit
ist bei Leibniz umgekehrt im Vergleich mit Thomas, was unwesentlich
ist, da es nur auf die relative Bewegung ankommt. Die Kurbel K
links dient zum Hinausrilcken um je 1 Element beim Multipliciren mit
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Zur Geschichte der Leibniz’schen Rechenmaschine.
549
10, 100 etc. und das vordere Rad (Magna Rota) liefert die Triebkraft
im Ganzen wie die Kurbel rechts bei Thomas.
Die Walzen mit ungleich langen Zähnen sind bei Leibniz schon
ebenso wie bei Thomas.
Ein Unterschied besteht darin, dass der Multiplicator, z. B. 5, bei
Thomas durch 5 maliges Umdrehen der Kurbel zum Ausdruck kommt,
dagegen bei Leibniz durch Einstecken eines Stiftes in das Loch 5 der
rechtseitigen Rota majuscula und Umdrehen der Rota magna so lange,
bis eine Hemmung durch Anstossen an ein Hinderniss entsteht.
Mehr können wir nach dem kurzen Anblick der Maschine, welche
nicht geht, mit welcher auch keinerlei Hantirungen gestattet sind, nicht
angeben, indessen genügt das mitgetheilte, zur Erkenntniss dass die
Leibniz’sche Rechenmachine das Vorbild der heutigen Thomas’schen
(auch Burkhardt’schen) Maschine gewesen sein muss.
Nachbildungen der Leibniz’schen Maschine sind im vorigen Jahr-
hundert gemacht worden, namentlich von dem Pfarrer Hahn in Echter-
dingen bei Stuttgart. Zwei solche waren ansgestellt in London 1876.
Der hier zugehörige „Bericht über die Ausstellung wissenschaftlicher
Apparate im South Kensington Museum zu London 1876, zugleich
Catalog etc. von Dr. Rudolf Biedermann, London 1877“, sagt hier-
über auf S. 9 — 10 Folgendes:
56. Rechenmaschine von Pfarrer Hahn in Echterdingen, ersonnen
in den Jahren 1770—1776. Ausgeführt von seinem Sohne, Hof-Mechaniker
in Stuttgart im Jahre 1809 als viertes Exemplar, ausgestellt von der
Herzogin von Urach, Durchlaucht, Stuttgart.
Das vorliegende Exemplar zeigt bis ins Einzelne die Einrichtung
der jetzt gebräuchlichen Thomas’schen Rechenmaschine mit dem Unter-
schiede, dass bei Thomas die Zahlen geradlinig, bei Hahn im Kreise
angeordnet sind. Höchst wahrscheinlich ist ein Exemplar Muster für
die Thomas’sche Maschine gewesen. Die Maschine arbeitet jetzt voll-
kommen gut bis zu zwölfziffrigen Zahlen.
57. Rechenmaschine aus dem vorigen Jahrhundert; wahrscheinlich
erstes Exemplar von Pfarrer Hahn in Echterdingen, ausgestellt von
Prof. Reuleaux (Director der königl. Gewerbe-Akademie), Berlin.
Stammt aus dem Nachlasse des Physikers und Chemikers, Hofrath
Beyreis. Sie ist offenbar eine ältere Schwestermaschine der von der
Herzogin von Urach ausgestellten. Die der Rechenmaschine beigegebene
alte Beschreibung, die vermuthlicb von dem Verfertiger der Maschine
selbst verfasst und niedergeschrieben wurde, ist am angegebenen Orte
8. 10 — 11 von Biedermann abgedruckt.
Wir haben auch eine Mittheilung des „schwäbischen Merkurs“
von Herrenberg, 16. Mai 1878:
Eine Rechenmaschine des Pfarrers Hahn befindet sich im Besitze
eines hiesigen Bürgers, sie ist in noch ganz gutem Zustand. Von dieser
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550
Zur Geschichte der Leibniz’schen Rechenmaschine.
Maschine sagt Hahn: „Als ich in der Berechnung der Trabantenräder
(an einer astronomischen ühr) begriffen war und wegen der grossen
Brüche weitläufige und beschwerliche Multiplicationen und Divisionen
nöthig waren, die mich theils im Denken stumpf machten, theils in
meinem Amte hindern wollten, fiel mir ein, von Leibniz gelesen zu
haben, dass er eine Rechnungsmaschine erfinden wollte und lange mit
Aufwendung sehr grosser Kosten daran arbeiten liess, ohne sie za
Stande zu bringen. Ich fand Licht und liess daran arbeiten, dass sie
aber nicht das Werk einer kurzen Zeit oder eines ersten Versuchs war,
sondern sowohl in der Theorie als in der Ausführung ungemein
Schwierigkeiten und Auslagen gekostet hat, wird wohl Jeder ohne Ver-
sicherung glauben, sowie dass mehrere Jahre unter misslungenen Ver-
suchen verstrichen sind, bis endlich die Maschine die gegenwärtige Voll-
kommenheit und Dauerhaftigkeit erhalten hat. Den meisten Anstand
bildete der Transport von den Einheiten in die Zehner etc., an dem
der Leibniz’sche Versuch gescheitert ist.“ Die in Herrenberg befindliche
Hahn’sche Maschine hat die Gestalt eines aufrechfstehenden Cylinders von
25 cm Durchmesser und 1 2 cm Höhe. In der Mitte befindet sich eine Kurbel,
mit der die Maschine, einer Kaffeemühle gleich, gehandhabt wird. Oben
auf dem Cylinder stehen in 2 Kreisen je 14 Zifferblättchen und diesen
entsprechend am Rande 14 Aufzugstäbchen. Zifferblätter und Aufzug-
stäbchen enthalten je die Zahlen 0 bis 9. Der äussere Ring der Ziffer-
blätter, sowie die Aufzugstäbchen werden zum Addiren und Subtrahiren
gebraucht, beim Multipliciren und Dividiren tritt auch der innere Ring
der Zifferblätter in Thätigkeit. Mit leichter Mühe kann jede Rechnungs-
aufgabe aus allen 4 Species bis auf 1000 Millionen spielend gelöst
werden. Beim Dividiren zum Beispiel wird der Quotient auf den
inneren Zifferblättern, und das was im Rest bleibt, auf den äusseren
Scheiben abgelesen, auch die Zahl der Kurbeldrehungen wird von einer
Scheibe angezeigt. Eine von Pfarrer Hahn geschriebene Gebrauchs-
anweisung setzt auch den Laien iu Stand, die verschiedenen Resultate
auf den 8cheiben ablesen zu können.
Ueberblicken wir die Hauptmomente der Erfindung der Multiplications-
Rechenmaschine nach dem Leibniz’schen Princip, so kann Pascal’s
Additions-Maschine zwar als Vorläuferin, aber nicht als Vorbild genannt
werden, denn Pascal’s Erfindung betraf nur das Addiren und hatte
keine Elementenverschiebung, welche in Leibniz’ pars mobilis zum erstenmal
auftritt. Nach Leibniz folgten Hahn, Thomas (Burkhardt) als Bahn-
brecher für die Praxis. Inzwischen ist eine Erfindung nach ganz
anderem Princip von Selling(Eine neue Rechenmaschine, Berlin 1887)
dazwischen gekommen, in der alten Leibniz'schen Spur fortfahrend
aber hat in allerneuester Zeit eine Rechenmaschine Brunsviga eine
vortreffliche Vereinfachung erzielt (Patent: automatische Rechenmaschine
Brunsviga. Grimme, Natalis & Co. Braunschweig). Diese am 29. August
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V eroinsangelegenheiten.
551
1892 auf der Versammlung des Vereins deutscher Ingenieure zu Hannover
erstmals vorgeftihrte Maschine schliesst sich an Leibniz-Thomas unmittelbar
an, hat aber die Walzen mit ungleich langen Zähnen in höchst einfacher
Weise ersetzt durch Zahnräder, an welchen durch Einstellung von Innen
heraus nach Bedarf mehr oder weniger Zähne (zwischen 1 und 9) wirk-
samer gemacht werden können.
Dieses ist eine erhebliche Vereinfachung, welche namentlich den
Preis der Maschine auf etwa ein Drittel des Preises einer Thomas’schen
Maschine herunter bringt. Wir denken nächstens näheres hierüber zu
bringen. Jordan.
Bericht über die 26. Hauptversammlung des Mecklen-
burgischen Geometer- Vereins zu Schwerin am Sonnabend,
den 16. Juli 1892,
erstattet vom Schriftführer Brumberg.
Es sind anwesend 5 auswärtige und 11 hiesige Mitglieder.
Die Versammlung wird um 12 '/2 Uhr des Mittags vom Vorsitzenden,
Herrn Cammer-Ingenieur Vogeler, mit folgender Ansprache eröffnet;
Meine Herren! Im Namen des Vorstandes danke ich Ihnen ftlr
Ihr Erscheinen und heisse Sie herzlich willkommen!
Es ist uns eine ganz besondere Freude, dass unser Ehrenmitglied,
Herr Cammer-Präsident von Nettelbladt, Excellenz, dem Verein
die Ehre erwiesen hat, die heutige Hauptversammlung zu besuchen.
Ich knüpfe hieran den Wunsch: es möge Sr. Excellenz noch lange
vergönnt sein, unserem Verein anzugehören und sein hohes Interesse
für denselben zu bethätigen.
Zu Punkt 1 der Tagesordnung: Bericht des Vorstandes Uber
Vereinsangelegenhciten im letzten halben Jahre, berichtet der Herr
Vorsitzende:
Seit unserer letzten Hauptversammlung haben im Winter nur noch
6 wöchentliche Versammlungen stattgehabt. In einer derselben berichtete
Herr Cammer-Ingenieur Mumm Uber die in der Fachlitteratur enthaltenen
Kritiken betreffend „die neue Theorie der Bodenentwässerung“.
Herr Cammer-Ingenieur Voss legte an einem Abende dem Verein
eine ihm vom grossherzoglichen Archiv ausgehändigte Karte von Schwerin
vor. Dieselbe war im Jahre 1747 von dem Ingenieur-Capitain von
Z U 1 o w angefertigt und zwar im Maassstab : 4 Ruthen auf 1 Zoll, also
etwa im Verhältniss 1:750.
Die Übrige Zeit an den Vereins-Abenden wurde durch freie Unter-
haltung Uber fachliche Gegenstände ausgefttllt.
Dem Verein ist als Mitglied beigetreten Herr Vermessungs-Ingenieur
Arndt in Waren, dahingegen hat Herr Vermessungs-Ingenieur Pecht
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552
V ereinsangelogenheiten.
in Teterow seinen Austritt erklärt, so dass unser Verein fernerhin
1 Ehrenmitglied und 55 Mitglieder zählt.
Aus einem Schreiben von der Vorstandschaft des Deutschen Geometer-
vereins, welches der Herr Vorsitzende zur Verlesung brachte, geht
hervor, dass eine Hauptversammlung des Deutschen Geometer-Vereins
in diesem Jahre nicht stattfindet.
Punkt 2 der Tagesordnung. Zu Kassenrevisoren für das
Jahr 1892/93 wurden durch Zuruf die Herrn Forstgeometer Wilhelmy
und Tolzien gewählt.
Zur Erledigung von Punkt 3 der Tagesordnung hält Herr
Cammer-Ingenieur Vogeler folgenden Vortrag:
Im Jahre 1882 sind in 4 Bänden die Resultate der Mecklenburgischen
Landesvermessung veröffentlicht worden und jetzt nach Verlauf eines
Decenniums arbeitet man daran, die Landestriangulation, das geodätische
Fundament aller Vermessungen, zu verbessern und zu ergänzen. Es
wird Sie, wie ich hoffe, interessiren, die Gründe zu diesem Vorgehen
zu erfahren und hierbei gleichzeitig die früher ausgefllhrten Triangulations-
Arbeiten genauer, wie dies aus dem gedruckten amtlichen Werke möglich
ist, kennen zu lernen.
Die erste Anregung zu der Mecklenburgischen Triangulation gab
der damals mit der Küstenvermessung beschäftigte Preussiscbe Major,
spätere Generallieutenant B a e y e r. Aus diesem Grunde wird es am
Platze sein, uns kurz zu veranschaulichen, welchen Fortgang die
Triangulationen in Preussen bis zum Beginn der Mecklenburgischen
Arbeiten im Jahre 1853 genommen hatten. Eine deutliche Uebereicht
gewähren die hier ausliegenden Karten: 1) die Hauptdreiecke und 2) die
Dreieckspunkte I. Ordnung der trigonometrischen Abtheilung der
Preussischen Landesaufnahme. Man ersieht daraus, dass zu jener Zeit
erst die Gradmessung in Ost-Preussen und die Küstenvermessung
beschafft waren.
Die Triangulationen wurden in Preussen in älterer Zeit fast aus-
schliesslich als Grundlage für topographische Aufnahmen und für Grad-
messungszwecke ausgeführt, und erst in neuerer Zeit sind die Resultate
derselben auch für die Katasterzwecke verwendet worden. In der Zeit
von 1830 bis 1865 waren die trigonometrischen Grundlagen selbst für
die topographischen Aufnahmen in Bezug auf die Anzahl der Punkte
noch mangelhaft; denn auf 1 Messtischblatt von 2 */4 Q Meilen entfielen
nur 2 bis 3 trigonometrische Punkte. Erst im Jahre 1872 ist durch
das Centraldirectorium der Vermessungen im preussischen Staate bestimmt
worden, dass eine Triangulation des gesammten Staatsgebietes in dem
Umfange ausgeführt werden sollte, dass auf jede Quadratmeile 10 ver-
steinte Punkte kommen, deren Umgebungsterrain in den Besitz des
Staates übergeht.
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Vereinsangelegonheiten.
553
In Mecklenburg war 1853 beschlossen worden:
1) eine trigonometrische Vermessung,
2) astronomische Ortsbestimmungen,
3) eiue topographische Aufnahme
auszufUhren.
Nach Seite 5, Band I, der amtlichen Mecklenburgischen Veröffentlichung
sollte die trigonometrische Grundlage vollständig und erschöpfend be-
handelt werden, um dadurch alle späteren trigonometrischen Messungen
für topographische Aufnahmen entbehrlich zu machen. Die Zahl
der auch auf Höhe zu bestimmenden Funkte sollte 12 bis 20 für die
Quadratmeile betragen. Wir sehen, dass von den Bedürfnissen für die
landwirtschaftlichen und Katastervermessungen nicht die Rede ist; auch
heisst es auf Seite 9 im II. Bande, dass die rechtwinkligen Coordinaten
nur den Zwecken der topographischen Arbeiten dienen sollten. Wäre
die trigonometrische Aufnahme nach dem ursprünglichen Plane zur Aus-
führung gekommen, so hätten etwa 4500 Punkte der Lage nach bestimmt
werden müssen. Es sind aber nach Band II nur 1107 Punkte, also
nicht 12 bis 20, sondern nur 3,75 für die Quadratmeile festgelegt worden.
Selbst von dieser geringen Anzahl müssen für genaue trigonometrische
und geometrische Arbeiten eine grosse Zahl ausfallen, weil es keine ge-
nügend scharfen Objecte sind. Es sind nämlich eine grosse Zahl
holländischer Windmühlen und Bockwindmühlen, runder Scheunen, Bäume
und dergleichen als trigonometrische Punkte III. Ordnung bestimmt
worden. Bringt man diese Punkte in Abzug, so reducirt zieh die Anzahl
der trigonometrischen Punkte auf 800 oder 2,7 auf die Q) Meile. Von
dieser geringen Zahl ist endlich noch ein Theil durch Neubauten,
resp. durch Ausackcrung der unterirdischen Festlegungssteine verloren
gegangen, so dass als Grundlage für die Kleintriangulationen höchstens
2,4 Punkte fllr die QMeile verbleiben. Für die Ende der 70er Jahre
durch die Preussische Landesaufnahme ausgeführte topographische Ver-
messung konnte dies weitmaschige trigonometrische Netz, welches etwa
5 — 6 Punkte für das Messtischblatt lieferte, allenfalls nothdürftig ge-
nügen, musste aber selbst hierfür mit dem für diesen Zweck ausreichenden
Genauigkeitsgrad an einzelnen Stellen durch Einschaltung einiger neuer
Punkte ergänzt werden. Durch die Beendigung der topographischen
Vermessungen hatte eigentlich unsere Landestriangulation ihrem ur-
sprünglichen Zwecke, weswegen sie ausgeführt worden war, genügt,
aber in richtiger Erkenntniss der Wichtigkeit, für die Flurkarten genaue
und stabile Grundlagen zu schaffen, entschlossen sich die hohen Be-
hörden, das trigonometrische Netz weiter vervollständigen zu lassen.
Es wurde bestimmt, das Netz derartig zu ergänzen, dass auf
1 [ j Meile etwa 8 versteinte Punkte entfallen. Nach der Allerhöchsten
Verordnung vom 28. April 1890 ist auch jeder Grundbesitzer verpflichtet,
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554 Vereinsangelegenheiten.
eine kreisförmige Bodenfläche von 0,75 bis 1 Meter Radius für diese
Fixpunkte abzutreten.
Die Triangulationsarbeiten sind im Frllhlinge vorigen Jahres in
Angriff genommen. Es ist hierüber Folgendes zu berichten:
Es vernothwendigte sich zunächst die Berechnungen und Einschaltungen
der Punkte II. und III. Ordnung, welche nicht veröffentlicht sind, genauer
zu studiren, um ein sicheres Urtheil über die Brauchbarkeit dieser
Arbeiten zu gewinnen. Da sich zu den Berechnungen nur höchst
mangelhafteSkizzen, ohne geometrische Genauigkeit, Uber die Einschaltungs-
sichten vorfanden, so wurden zunächst auf Grund der Coordinaten
Uebersichtsnetze entworfen.
Auf dem Netz II. Ordnung (welches auf der Versammlung aus-
gelegt war, jedoch hier nicht mitgetheilt werden kann) sind alle Linien
dargestellt, welche zur Ausgleichung benutzt wurden.
Es genügt für jeden Sachverständigen schon ein flüchtiger Blick
auf diese Karte, um zu erkennen, dass das Netz II. Ordnung seiner
Configuration nach mangelhaft ist. Die rothen Zahlen geben die Reihen-
folge der Punkteinschaltungen an und auch aus letzteren erkennt man
ohne Schwierigkeit, dass hierin gleichfalls manches zu wünschen übrig
bleibt. Die Einschaltung der Punkte II. und III. Ordnung erfolgte nach
der früher allgemein üblichen Methode der bedingten Beobachtungen.
Es fehlen in Folge dessen auch die Genauigkeitsangaben, die mittleren
Fehler der Winkel und Coordinaten. Nach Lage der Sache musste be-
schlossen werden, das Netz II. Ordnung, soweit die Punkte im Felde
noch völlig unverrtlckt erhalten sind, auf Grund der älteren Messung
und auszuflihrenden Ergänzungsmessungen nach vermittelnden Beob-
achtungen neu zu berechnen und dasselbe durch Neueinschaltung von
Punkten zu ergänzen. Hierzu war zunächst nothwendig, die Identität
der Dreieckspunkte I. und II. Ordnung im Felde festzustellen. Wir
beschränkten uns bei dieser Arbeit auf das von uns zunächst in Angriff
genommene Gebiet von etwa 55 Q] Meilen Grösse, nördlich resp. westlich
von den Verbindungslinien der Städte Wittenburg, Schwerin, Sternberg,
BUtzow, Kröpelin.
Es ist nun hier am Platze, zunächst zu bemerken, dass die Punkte
unserer Landestriangulation, soweit sie nicht aus Kirchthürmen und
dergl. Bauten bestehen, ursprünglich nur unterirdisch durch gewöhn-
liche Granitsteine, welche mit Bleimarken und eingemeisBeltem Kreuz
versehen sind, festgelegt worden sind. Jeder Dreieckspunkt I. Ordn.
ist durch 2—4 derartige Marken, welche excentrisch um den Dreiecks-
punkt liegen, festgelegt. Die Lage dieser Marken gegen die Dreiecks-
punkte ist, weil früher in letzterem die Beobachtungspfeiler standen,
meistens nicht durch directe Messung, sondern durch eine kleine Trian-
gulirung bestimmt worden. Die aus letzterer gewonnenen Festlegungs-
elemente sind für die Punkte I. Ordn. durch Angabe von Polarcoordinaten
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V ereinsangelegenheiten .
555
im I. Theile des amtlichen Werks veröffentlicht. Von den Punkten
II. Ordnung siud nur 29 Punkte durch 1 bis 4 unterirdische Marken
eicentrisch festgelegt, während alle übrigen Punkte lediglich durch
einen versenkten Stein centrisch festgelegt sind. Die Festlegungs-
elemente für die excentrisch festgelegten Punkte II. Ordn. sind zwar
nicht veröffentlicht, wohl aber gleichfalls in Polarcoordinaten in beson-
deren Heften im Grossh. Archive niedergelegt.
Auf Grund dieser Festlegungselemente sind nun in den Jahren 1877
bis 1879 von dem früheren Trigonometer Schlosser für die Zwecke
der topographischen Aufnahme sämmtliche Dreieckspunkte reconstruirt
und zu Tage versteint worden. Bei diesen Arbeiten stellte sich heraus,
dass eine Anzahl der früher bedauerlichst nur etwa 2 Fuss tief ver-
senkten Steine bereits verschwunden waren. Es liegen die Punkte
I. und II. Ordn. fast ausnahmslos auf den höchsten Bergkuppen, die
successive durch Abackerung und Abspülung verringert werden. Hierdurch
ist die Freilegung der Marken vielfach erfolgt. Der in den Jahren
18— erfolgten besseren unterirdischen und gleichzeitig ausgeführten ober-
irdischen Versteinung der Punkte ist es zu verdanken, dass die bisher
beschafften Vermessungsarbeiten vor völligem Verfall geschützt sind.
Wenn es nun feststeht, wie aus dem II. Theil, Seite 58, des amt-
lichen Werks hervorgeht, dass mehrfach Punkte verschwunden sind, so
musste, um eine sichere Grundlage für den weiteren Ausbau der uns
übertragenen Arbeiten zu gewinnen, zunächst ermittelt werden, welche
Punkte dies sind. Es ergab sich aus der genauen Durchsicht der von
Schlosser Uber die Reconstruction erstatteten Berichte, dass von den
Punkten I. Ordnung der Punkt Karenz, von den Punkten II. Ordnung
24 als verloren, bezw. höchst zweifelhaft anzusehen sind.
Das Aufsuchen der unterirdischen Festlegungssteine, bei welchem
durch Rückwärtseinschneiden zunächst ein Punkt in der Nähe des auf-
zusuchenden Steins zu bestimmen ist, verursacht in unserem weitmaschigen
trigonometrischen Netze grosse Schwierigkeiten. Ferner sind bei den
Berechnungen und Messungen für die Reconstruction der Dreieckspunkte
nach den excentrischen Marken , besonders wenn dieselben nur von einer
Person ausgeführt werden, Irrthümer möglich. Aus diesen Gründen
beschlossen wir, die von Schlosser gefundenen Resultate örtlich zu
prüfen, soweit dies durch die excentrischen Marken möglich ist.
Zu dieser Prüfung sind aus den Polarcoordinaten rechtwinklige
Coordinaten und aus diesen die erforderlichen Richtungswinkel und Ent-
fernungen berechnet worden. Es ist hierauf dann die örtliche Untersuchung
vorgenommen. Bei dieser wurde der Theodolit scharf centrisch Uber
jedem Festlegungssteiu aufgestellt und durch Vorwärtseinschneiden von
Markirnadeln wurde dann auf einem, auf einem Messtisch ausgespannten Bo-
gen Papier die fehlerzeigende Figur im Felde construirt. Es zeigte sich, dass
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556
Vereinsangelegenheiten.
ursprünglich auf allen Punkten die Festlegung mit aller erdenklichen Schärfe
ausgefllhrt war; denn wir bekamen nur fehlerzeigende Figuren von 2 bis 3
Quadratmillimeter Fläche in natürlicher Grösse. Die dann vorgenommene
Vergleichung mit der von Schlosser beschafften Versteinung ergab Ab-
weichungen bis zu 5 Centimeter in jeder Achse. Es mag hier bemerkt
werden, dass nach meinen nachträglich gesammelten Erfahrungen ein
wesentlicher Theil dieser Fehler nicht der ungenauen Ausführung, sondern
späteren Versackungen der Festlegungssteine zuzuschreiben ist. Die Be-
richtigung der Festlegungen ist von uns ausgeführt. Die Herausnahme
und genaue Centrirnng der grossen Steine, Grundplatten und der unter-
irdischen, centrischen Festlegungssteine war eine mühsame und zeitraubende
Arbeit. Wir hatten bei unseren örtlichen Untersuchungen die grosse
Freude, einige bereits als verloren oder unsicher bezeichnte Punkte wieder
aufzufinden, bezw. herzustellen. Es möge hierzu nur erwähnt werden der
Punkt I. Ordn. Karenz. Nach diesem wichtigen Punkte war im Aufträge
der Landesvermessungs-Commission schon wiederholt gesucht worden.
Ein Punkt I. Ordn. „nördl. Thurm der Marienkirche zu Lübeck“ ist leider
vor einigen Jahren durch Gradrichtung um 1 Meter bezw. 1 Meter der
Lage nach verändert worden und hierdurch verloren gegangen. Es mag dies
hier als Belag dafür Erwähnung finden, dass hohe, Bchlanke Thürme
höchst zweifelhafte Objecte für eine Landestriangulation sind. Nachdem
wir so in unserem Arbeitsgebiete uns genaue Kenntniss verschafft hatten,
welche Punkte der früheren Triangulation als durchaus zuverlässig
angesehen werden konnten, wurde die Errichtung der Signale über
diesen Punkten ausgeführt.
Der Signalbau muss sich vor Allem nach dem Zweck und der Bedeu-
tung richten, welche ein Punkt für die Triangulation hat. Höhere Bauten
sind erforderlich, wenn ein Hervorheben des Signals Uber die Umgebung
erreicht werden muss. Dieselben sind aber nur in dem Falle gerecht-
fertigt, wenn ein Punkt besonders wichtig ist. Die Preussische Landes-
aufnahme gestattet für die II. Ordnung beispielsweise Beobachtungs-
pfeiler von einer grösseren Höhe als 6 Meter nur ausnahmsweise. Bei
der Preu8sischen Triangulation sind aber stets die Signale auf den
Punkten I. Ordn. zu der Zeit, in welcher II. Ordn. gemessen wird, noch
vorhanden. Dies trifft bei unseren Arbeiten nicht zu. Wir müssen daher
die Punkt. I. Ord. aufs Neue zweckentsprechend signalisiren.
Auf dem in hohen Buchen im Schlemminer Forste belegenen Punkte
I. Ord. „Hoheburg“ wurde von meinem Collegen Mauck, um diesen
Punkt sichtbar zu machen, ein 27 */2 Meter hohes Signal ohne Beobachtungs-
pfeiler erbaut. Auf dem Punkte I. Ordn. „Diedrichshagen“ wurde von
mir, wegen der mangelhaften Configuration des Netzes II. Ordn. in dortiger
Gegend, ein s. g. abgefangener Beobachtungspfeiler von 20 Meter Höhe
nach den Vorschriften der Preussischen Landesaufnahme erbaut. Von
diesen Vorschriften wurde nur abgewichen in der Anordnung des Kopfes.
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V ereinsangelegenhciten.
557
Letzterer wurde, wie die Bewegung beim Linear-Planimeter geschieht,
zum Verschieben eingerichtet, worüber eine besondere Beschreibung mit
Zeichnung später mitgetheilt werden kann. Durch diese Einrichtung war
es möglich, die Pyramidenspitze auf 1 bis 2 Millimeter genau Uber den
senkrecht darunter liegenden, grossen centrischen Festlegungsstein zu
bringen. Beim Bau des Signals wurde Uber dem Festlegungsstein durch
starke Pfähle und Bohlen ein Tisch construirt, und hierdurch der
Stein gegen Erschütterungen und Verrückungen geschützt. Der Tisch
diente gleichzeitig dazu den 20 Meter langen, sehr schweren Beobachtungs-
pfeiler während des Baues, bis derselbe „abgefangen“ werden konnte,
einen sicheren Stand zu geben. Der Pfeiler konnte mit Hülfe eines Flaschen- .
zuges durch 8 Mann auf den Tisch gehoben werden. Versackungen
des Tisches fanden, abgesehen von der ersten Durchbiegung, wie mit Hülfe
eines Nivellirinstruments auf 1 Millimeter genau constatirt wurde, während
des ganzen Baues nicht statt. Es war dies mein erstes höheres Signal,
welches ich erbaute. Zum Bau desselben waren 24 Arbeitstage erforderlich.
Nach den Mittheilungen des Vermessungsdirigenten Erfurth in d. Z. f
V. - W. v. J. 1887 rechnet man als Bauzeit für 1 Meter 1 Tag, so dass also
nur 4 Tage mehr erforderlich waren, als von diesem erfahrenen Beamten
als Durchschnittsleistung angesehen wird. Es mag hier noch erwähnt
werden, dass alle Holzmaterialien zu dem Signal für Diedrichshagen
stärker gewählt wurden, wie die Preussische Landesaufnahme dies
vorschreibt. Maassgebend hierfür war die exponirte Lage in unmittelbarer
Nähe des Meeres und der Umstand, dass dasselbe von den naheliegenden
Badeorten Heiligendamm und Brunshaupten zu Aussichtszwecken voraus-
sichtlich sehr stark benutzt werden wird. Der Bau wurde durch die
stärkeren Hölzer wesentlich erschwert, ebenso dadurch, dass grünes
Holz verwendet werden musste. Eine wie grosse Rolle übrigens die
Uebung und Erfahrung’beim Signalbau spielen, dürfte beispielsweise daraus
hervorgehen, dass ich einen 14 Meter hohen abgefangenen Pfeiler in
diesem Frühjahr in 6 Tagen baute.
Im Laufe des vorigen Sommers wurden von meinem Collegen M a u c k
und mir Beobachtungspfeiler von geringerer Höhe , sowie Pyramiden mit
eingezogenen Pfeilern im Ganzen noch 8 erbaut. Alle übrigen Punkte
I. und II. Ordnung sind mit einfachen Pyramiden von 8 bis 10 Meter
Höhe bezeichnet worden. In Bezug auf den Signalbau haben wir uns
streng nach den Vorschriften der trigonometrischen Abtheilung der
Preussischen Landesaufnahme gerichtet. Der Chef dieser Abtheilung,
Herr Oberst Morsbach, hat uns bereitwilligst ein reichhaltiges Material
an Zeichnungen und Erläuterungen ausgehändigt, wofür wir zu grossem
Danke verpflichtet sind.
Nach Errichtung der Signale auf den Punkten I. und den vorhan-
denen Punkten II. Ordn. haben wir dann die Erkundung der weiter
erforderlichen Punkte in dem Umfange von 8 auf die Q Meile im vorigen
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558
V ercinsangelegenheiten.
Jahre beschafft. Die Errichtung von Signalen auf diesen Punkten ist
dann im Laufe des Winters, sofern die Witterung dies gestattet, von
unseren Arbeitern ausgeftihrt. Die Arbeiter sind im Laufe des ver-
flossenen Sommers für den Signalbau von uns besonders eingetibt worden.
Die im vorigen Sommer bei der Erkundung gewonnenen Ergebnisse und
die Uber die früher ausgefUhrten Triangulirungen vorhandenen Daten
wurden im Laufe des Winters genauer studirt und hieraus Beobachtungs-
und Ausgleichungspläne zusammcngestellt.
Wie Ihnen bekannt ist, hat Herr Professor Jordan in Hannover
im Aufträge unserer hohen Behörde eine autographisch gedruckte Ab-
handlung „Conforme Kegel -Projection der Grossherzoglich Mecklen-
burgischen Landes- Vermessung“ geschrieben, welche Ergänzungen und
Erweiterungen der Pasehen’schen Theorie insofern giebt, als Reiben-
entwickelungen für geographische und rechtwinklige Coordinaten und
Reductionsformeln für die Richtungswinkel von dem Ellipsoid auf die
Ebene aufgestellt wurden. Auf Grund der hierin entwickelten Theorien
und Formeln haben wir im Laufe des Winters unser Dreiecksnetz
I. Ordn. einer durchgreifenden Controle unterzogen. Es hatte sich
nämlich auf Grund von Proberechnungen ergeben, dass die rechtwinklig
ebenen Coordinaten früher nicht mit der erforderlichen Schärfe aus den
geographischen Coordinaten berechnet worden sind. Die rechtwinklig
ebenen Coordinaten sollten ja, wie es in dem amtlichen Werke heisst,
nur den Zwecken der topographischen Aufnahme dienen. Hierzu
hätte allerdings eine noch viel geringere Genauigkeit genügt.
Wir haben zunächst für sämmtliche Punkte I. Ordn. und zwar
unabhängig von einander aus den geographischen Coordinaten die recht-
winklig ebenen Coordinaten doppelt berechnet. Es fanden sich bei fast
allen Punkten kleinere Abweichungen, theilweise Fehler von mehreren
Centimetern und bei einem Punkte ein Fehler von Uber 1 Decimeter.
Alle Punkte, bei welchen sich grössere Abweichungen zeigten, sind,
ausser nach den vorstehend erwähnten Reihen, auch noch mit Hülfe der
Paschen’schen Tabellen, oder nach den strengen geschlossenen Formeln
mit 10 stelligen Logarithmen unter Berücksichtigung der 2. Differenzen
nochmals controlirt worden. Durch diese Arbeit ist nun erreicht, dass
die Coordinaten aller Punkte I. Ordn. auf 1 Millimeter genau mit den
geographischen Längen und Breiten übereinstimmen. Umgekehrt lassen
sich aus den rechtwinklig ebenen Coordinaten die ellipsoidischen Breiten
und Längen auf 0,0001 Secunden ableiten. Um das Netz I. Ordn. einer
völlig durchgreifenden Controle zu unterziehen , haben wir aus den
rechtwinklig ebenen Coordinaten sämmtliche Entfernungen und Richtungs-
winkel rückwärts berechnet, wodurch eine Vergleichung aller berechneten
Richtungen mit den ursprünglich gemessenen möglich wurde. Hierbei
sind an die berechneten ebenen Richtungswinkel auf Grund der oben
erwähnten neuen Entwickelungen die Reductionen auf das Ellipsoid
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Vereinsangelegenheiten.
559
angebracht und dann die Differenzen zwischen den so hereclmeten und
den gemessenen Richtungen gebildet worden.
Die Formeln des § 8 in der autographirten Abhandlung sind in-
zwischen weiter entwickelt, so dass diese Reductionen auf O,"01 genau
sind. Es ist klar, dass die von uns rückwärts berechneten Differenzen mit den
von Paschen ursprünglich nach der Methode der kleinsten Quadrate be-
stimmten Verbesserungen, wenn Alles genau mathematisch vorliegt, stimmen
mussten. Es hat sich dies allerdings nicht völlig ergeben, jedoch kann man
sich bei den gefundenen Resultaten beruhigen. Die Abweichungen bewegen
sich nämlich meistens innerhalb der hundertstel Secunden, und nur in ein-
zelnen Fällen beträgt die Differenz mehr als 0," 1 und werden 0," 2 nicht über-
schritten. Forscht man nach den Gründen für diese Widersprüche, so muss
zunächst bemerkt werden, dass wir die Reductionen der Richtungswinkel
mit Hülfe unserer neuen Tabellen für die Correctiousglieder III. Ordnung
nur auf 0,"01 bis 0,"02 genau berücksichtigt haben. Es ist ferner die
Ausgleichung, welche in einem Gusse 109 Bedingungsgleichungen er-
geben haben würde, von Paschen in 5 getrennten Gruppen nach einem
von Gauss stammenden Näherungsverfahren beschafft, und schliesslich
sind noch einige Restwidersprüche empirisch vertheilt. — Vergl. S. 151,
Band I. — Wie nun auch die Resultate der Ausgleichung gefunden
sein mögen, so kommt es doch immer nur darauf an, dass sämmtliche
Bedingungsgleichungen erfüllt sind. Ist dies der Fall, so muss sicli
das Netz widerspruchsfrei rechnen lassen. Um zu prüfen, ob die
Bedingungsgleichungen erfüllt sind, habe ich aus den definitiven Richtungs-
werthen, S. 177 bis 184, alle 57 Winkelgleichungen zusammengestellt,
ausserdem sind noch die im Netze vorhandenen weiteren 12 Dreiecks-
abschllisse, die in die Seitengleichungen eingehen, zur Prüfung heran-
gezogen. Für letztere sind zu diesem Zwecke die Eicesse von mir
berechnet worden. Es fanden sich zwar nur Widersprüche von O/'OOl
bis 0,"005, jedoch machen sich diese in der 8. Logarithmenstelle der
Seiten schon bemerkbar. Einige Stichproben der Seitenbedingungs-
gleichungen ergaben Abweichungen von 0,6 Einheiten der 7. Decimale
der Logarithmen. Nehmen wir an, dass durch die Fehlerfortpflanzung
bei der Berechnung des ganzen Netzes sich schliesslich auch nur eine
Unsicherheit von einer Einheit der 7. Stelle des Log. sich ergiebt, so
wird hierdurch eine Seite schon um 1:4340,000 geändert, und ein
Winkel rund um 0, "05. Durch directe Berechnung einigergeodä-
tischer Linien und Azimute aus den geographischen Coordinaten
hat sich ergeben, dass das Mecklenburgische Netz nur auf 0,"10 aus-
geglichen, bezw. berechnet ist. Nach den Erfahrungen, welche man
beispielsweise bei der Berechnung und Ausgleichung des sächsischen
Netzes gemacht hat, vergl. das Werk von A. Nagel S. 628 und
folgende; so hätte das Mecklenburgische Netz mit 10 stelligen Logarithmen
berechnet und hiernach die Absolutglieder der Bedingungsgleichungen
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V ereinsangelcgenheiten.
berücksichtigt werden müssen, wenn man rückwärts aus den conformen
ebenen Coordinaten die ausgeglichenen Richtungen auf 0,"01 genau
hätte finden wollen. Jedenfalls haben wir durch unsere neuen Berechnungen
erreicht, dass jetzt ein widerspruchsfreies Netz I. Ordnung in Coordinaten
bis auf 1 mm, in den Richtungen yon 0,"01 — 0,"02 vorliegt. Dies ist
vollauf genügend, namentlich mit Rücksicht darauf, dass in der Nähe
des Minimums sich die Function (t>2) nur sehr wenig ändert. Dm
Genauigkeitsermittelungen anzustellen, sind von mir sämmtliche im Netze
vorhandenen Dreieksschlussfehler gebildet, auch sind die Differenzen
zwischen den von uns berechneten und den gemessenen Richtungen, sowie die
von Paschen nach d. M. d. kl. Q. bestimmten V erbesserungen hierzu benutzt.
Das ErgebniBS ist Folgendes:
Nach Seite 89, I. Theil des Werks hat das Netz 57 Winkel-
gleichungen, hierin sind 4 Vierecksschlussfehler enthalten, welche bei
unserer Berechnung nicht ausgeschieden sind, dahingegen sind aber,
wie die Bestimmungen der internationalen Erdmessung zur näherungs-
weisen Ermittelung der Genauigkeit einer Triangulation dies vorschreiben,
die ausserdem noch vorhandenen 12 Dreiecksschlussfehler mit heran-
gezogen. Die Excesse sind hierzu berechnet worden.
Von diesen 69 Schlussfehlern sind 29 positiv, 40 negativ,
die Summe der positiven Schlussfehler ist 48," 798
» n n negativen „ „ 67 "945
Absolute Summe = 116, "743
rA1 116" 743
Hieraus folgt — = — - — = 1,''692 als durchschnittlicher
w 69
Schlussfehler.
Es folgt weiter ein mittlerer Winkelfehler
*. = i;<22
Die Summe der Quadrate der positiven Schlussfehler’= 125," 5832
v Ti Ti n n negativen „ = 157, "9268
[AA] = 283, "5100
Hieraus ergiebt sich ein mittlerer Schlussfehler
M-.
= ± 2,” 027
M
und weiter ein mittlerer Winkelfehler m,„ — T— = ± 1," 170.
1/3
Berücksicht man noch, dass, wie oben erwähnt wurde, 4 Vierecks-
schlüs8e Vorkommen, so wird tn,„ = * — ± 1,"16
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V ereinsangelegenheiten.
561
Bei dieser Bereehnungsart ist abgesehen worden von einer kleineren
Modification, welche noch angebracht werden könnte bei Vierecken
mit zwei Diagonalen u. 8. w.
Von den Schlussfehlern liegen zwischen den Grenzen
0,00
bis
0,50. .
. 14
Fehler
0,50
n
1,00. .
. 10
n
1,00
tj
1,50..
. 7
77
1,50
' n
2,00. .
. 8
n
2,00
i)
2,50..
. 12
77
2,50
D
3,00. .
. 9
77
3,00
rt
3,50..
. 4
n
3,50
77
4,00..
. 3
n
4,00
77
4,50. .
. 2
71
Summe.... 69 Schlussfehler.
Im Netze sind 239 Richtungen gemessen. Von diesen erhalten
nach Paschen’s Ausgleichung: 121 positive u. 117 uegative Verbesserungen;
nach der Berechnung v. J. 1891: 126 positive und 113 negative Ver-
besserungen.
ferner wird:
[t
-f
]
[«
+
*1
H
absolut
iH
absolut
Puchn'ieb« iugleicban; :
60, "3469
59, "8341
52, "7591
53, "9192
120,181
106, "6783
Berechnung v. J. 1891
60," 56
60/ 72
53,1078
53, "9614
121,28
107,0692
Die algebraische Summe der Richtungsverbesserungen ist, wie es
sein muss, nahezu Null. Zu den Resultaten aus der Paschen’schen
Ausgleichung muss noch bemerkt werden, dass einige Richtungen, die
nicht zum Netze gehören, als Anfangsrichtungen benutzt sind, woraus
sich die grössere Abweichung von Null erklärt.
Unter Berücksichtung des Besse l’schen z für die Anfangsrichtungen
ergiebt sich bei 109 Bedingungsgleichungen
ein durchschnittlicher Fehler einer Richtung nach Paschen’s Ausgl.
120,181
V 239X1Ö9
±0/'743,
ein durchschnittlicher Fehler einer Richtung nach der Berechnung vom
J. 1891 = i2.1’2.8. — — + Q"75i.
Y 239X109
Zeitschrift für Vermessungs wesen. 1892. Heft 18.
36
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562
V ereinsangelegenheiten.
Hieraus folgen mittlere Winkelfehler
ro« = 1,2533 VT X 0,743 = ± 1,"316
und mw = 1,2533 ViTX 0,751 = ± 1,"333.
Aus [»»] folgt für Paschen’sche Ausgleichung
, _ l/l06.6783
mr
109
•= ± 0,”99
Aus [w] folgt für die Berechnung v. J. 1891
j/ 107.06 92
mr
109
± 0," 99
Aus diesen mittleren Richtungsfehlern folgt ein mittlerer Winkelfehler
= p/TXO,"99=±l,"40.
Dieser mittlere Winkelfehler ist abhängig von der ganzen Confi-
guration des Netzes, welche bei dem Mecklenb. Netze I. Ordn. bei
den vielen kurzen Seiten von 10 bis 20 km sehr ungünstig ins Gewicht
fällt. Im Vergleich zu anderen Triangulationen, aus der Zeit vom
Jahre 1852, dürfte der mittlere Winkelfehler nicht gross zu nennen sein.
Da eine strenge Ausgleichung im Ganzen nicht stattfand,
ist es nicht möglich, mittlere Fehler von Functionen der ausge-
glichenen Beobachtungswerthe zu berechnen; allerdings könnte man
in Grundlage des gefundenen mittleren Winkelfehlers die Fehler-
fortpflanzung der Seiten in einer Dreieckskette untersuchen, beispiels-
weise die Kette von der Basis Höhbeck-Ruhnerberg bis Dars-
Stralsund, jedoch gehen wir hierauf vorläufig nicht ein. Es mag noch
bemerkt werden, dass Functionsberechnungen für das Mecklenburgische
Netz sehr günbtig ausfallen würden, weil dasselbe sehr engmaschig ist.
Eine ungefähre Beurtheilung der Genauigkeit des Netzes kann durch
die Vergleichung der Berechnung 5 preussischer Anschlussseiten, welche
auf Seite 9 Band I mitgetheilt wird, erfolgen.
Das Hauptnetz ist durch die conforme Kegelprojection auf die
Ebene übertragen und hierdurch ist erreicht worden, dass das Bild an
keiner Stelle mehr als — - — - von der wahren Grösse abweicht. Will
man die Seiten des Dreiecksnetzes genauer kennen lernen, so muss man
das Vergrösserungsverhältniss der Projection berücksichtigen. Innerhalb
eines gewissen Gebietes, beispielsweise an der Grenze bei Dars, betragen
innerhalb 4 Minuten in der Breite, also etwa auf Entfernungen bis zu
einer Meile, die relativen Verzerrungen, die bei einer Kleintriangulation
eine Rolle spielen würden, nur — Will man die Längen aus den
Coordinaten der eingeschalteten Punkte innerhalb dieses Gebietes gleichfalls
auf genau haben, so ist dies sehr einfach dadurch zu erreichen,
dass man einen coustauten Logarithmus zu dem Logarithmus der Seiten
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Veröinsangelogenheiten.
563
addirt. Man ersieht aus diesen Mittheilungen, dass man nach Vollendung
des Netzes von 8 Punkten auf 1 Q Meile für die weiteren Triangulationen
die Erdkrtlmmung vollständig vernachlässigen kann.
Jedenfalls genügt unsere Landestriangulation, wenn sie in der be-
absichtigten Weise sorgfältig vervollständigt wird, für alle praktischen
Zwecke auf unabsehbare Zeiten. Es wird hierbei nur darauf ankommen,
die trigonometrischen Punkte im Felde völlig unverrückt zu erhalten.
Eine Landestriangulation, welche die Grundlage von allen Kataster-
vermessungen bildet und zur Sicherung des Grundeigenthums und der
Grenzen dient, muss vor allen Dingen nach jeder Richtung stabil sein.
Es können die Resultate derselben, die Coord inaten, nicht aus dem Grunde
Veränderungen erleiden, weil die Winkelmessinstrumente und Basis-
apparate vervollkommnet sind, und man heute genauere Messungen aus-
fllhren kann, wie früher. Es ist für alle praktischen Vermessungen völlig
gleichgültig, ob die Seite eines trigonometrischen Netzes auf
1
iööööö
oder . QQQQQ genau ist. Viel wichtiger ist es, dafür Sorge zu tragen,
dass die mit vieler Mühe und grossem Geldaufwand beschafften Arbeiten
im Felde unverrückt erhalten bleiben und nicht nur auf dem Papiere
stehen. In dieser Beziehung darf man aber von fast allen bisher aus-
geführten Triangulationen Deutschlands behaupten, dass bezüglich der
Vermarkung der trigonometrischen Punkte Vieles zu wünschen übrig bleibt.
Durch die Geometer-Vereine und durch Collegen habe ich Uber die
Vermarkung der einzelnen Triangulationen zahlreiche Erkundigungen
eingezogen, und werde ich eine spätere Gelegenheit benutzen, um Uber diesen
zweifellos allerwichtigsten Punkt der Triangulationen zu berichten.
Es wird unsere Aufgabe sein, hier in Mecklenburg für eine wirklich gute
Vermarkung der trigonometrischen Punkte bei unseren Arbeiten Sorge
zu tragen, dann hoffen wir, dass wir, wenn auch unser Netz I. Ordn. in
Bezug auf die Configuration und Winkelmessung von neueren Trian-
gulationen übertroffen wird, bei sorgfältiger Einschaltung weiterer Punkte
in praktischer Beziehung eine Landestriangulation demnächst besitzen
werden, welche sich allen übrigen ebenbürtig an die Seite stellt. —
Nachdem somit der geschäftliche Theil der Tagesordnung erledigt
war, fand ein gemeinschaftliches Mittagessen statt, und darauf ein Ausflug
mit den Damen nach dem Kaninchenwerder.
Es ist von dem Unterzeichneten Vorsitzenden des Vereins aus dem
Hefte 14 der Zeitschrift für Vermessungswesen in der Versammlung die
vom Professor Hammer in Stuttgart geschriebene Kritik „Uber die
Projection der mecklenburgischen Landes- Vermessung und ihre Neu-
bearbeitung durch Jordan“ zur Verlesung gebracht, jedoch nur soweit
wie diese Kritik auf die mecklenburgische Projection (S. 420 bis 423),
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564
Vcrcinsangelegenheiten.
thatsächlich eingeht. Zur allgemeinen Orientirung über die Vortheile
conformer Coordinaten wurden die in demselben Hefte 14, 8. 423 bis
427, von Jordan gegebenen Mittheilungen gleichfalls verlesen.
Es ist in der Versammlung die Frage angeregt worden, ob denn
thatsächlich durch die Hammer’schen Vorschläge sich wesentliche
Vereinfachungen in den Berechnungen ergeben haben würden und ob
in mathematischer Beziehung Besseres dadurch erreicht worden wäre?
Die hierauf unmittelbar in der Versammlung von den mit der
Triangulation beauftragten Cammer-Ingenieuren Mauck und Vogeler
gegebene Beantwortung in Verbindung mit nachher noch geführten
Erörterungen hat Folgendes ergeben:
Während die rechtwinkligen Coordiuatensysteme fast aller deutschen
Staaten mit je einer Hauptachse in der Meridianrichtung (Süd-Nord) an-
gelegt sind, was abgesehen von allgemeinen Vortheilen, bei Ländern
mit südnördlicher Haupterstreckung, z. B. Württemberg, Baden, das natur-
gemäsee ist, kann bei Ländern mit wesentlich west- östlicher Ausdehnung
die Frage nach einer entsprescheuden Querachse (von West nach Ost)
aufgeworfen werden. Ein Vorschlag solcher Art wurde z. B. für Sachsen
von Professor Jordan gemacht in der Zeitschr. f. Verm. 1876, S. 266,
wie auch in einem Buche Uber Kartenprojectionen von Hammer, als
Citat nach Jordan angegeben wird.
Der nun in der Zeitschr. f. Verm. S. 421 als Gegensatz zu der
mecklenburgischen conformen Kegelprojection nochmals ausführlichst be-
handelte Gedanke einer querachsigen (cylindrischen bezw. conformen)
Projection ist also durchaus nicht neu, sondern von dem Neubearbeiter
der conformen Kegelprojection (Jordan) selbst zuerst ausgesprochen
und bei der Neubearbeitung 1891 zur Vergleichung stets im Auge behalten
worden. (Autographie S. 23 und 26.)
Mecklenburg hat aber bereits ein System, welches der westöstlichen
Erstreckung des Landes in anderer Weise gerecht wird, und das mit
einem rechtwinkligen querachsigen conformen System fast identisch ist,
wie aus der nachfolgenden Erörterung Uber Reductionsglieder 2. und
3. Ordnung hervorgeht.
Die von Herrn Professor Jordan in seiner autographirten Abhand-
lung „conforme Kegelprojection der mecklenburgischen Landes -Ver-
messung“ entwickelten Formeln und Reihen sind allgemein gültig
und können zu Berechnungen und kartographischen Darstellungen
nach conformer Kegelprojection überall benutzt werden (vgl. hierzu
S. 423), jedoch die gleich mit beschafften Coefficientenausreclmungen mit
der Normalbreite P = 53 0 45' gelten zunächst nur für Mecklenburg.
Bei allen Kleintriangulirnngen und Messungen kann der mecklen-
burgische Geometer die Formeln der conformen Kegelprojection entbehren
und schlechthin wie mit ebenen Coordinaten rechnen; nur wenn er die
Triangulirung höherer Ordnung und die allgemeine Theorie der mecklenbur-
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Vcreinsangelegenheiten.
565
gischen Landesvermessung mit rechtwinkligen und mit geographischen
Coordinaten kennen lernen will, wird er die Jordan’sche Abhandlung
benutzen. Durch die Mittheilungen, die wir in unserem Vortrage gegeben
haben, erscheint die Frage berechtigt, ob wir nicht ein anderes Coor-
dinatensystem einführen sollten, da wir thatsächlich die Coordinaten des
Netzes I. Ordnung neu berechnet haben, und das Netz II. und III.
Ordnung neu messen und ausgleichen werden. Die Commission*) hat
sich, im April 1891 fllr die Beibehaltung des alten Systems erklärt.
Obgleich schon die Pietät für den Urheber Paschen die Bei-
behaltung des Systemes bis zu einem gewissen Grade gerechtfertigt
haben würde, ist die Beibehaltung doch nicht nur deswegen erfolgt,
„weil die mecklenburgischen Geometer jenes System nun
einmal haben“ (S. 423), sondern weil wohlerwogene mathematische
und schwerwiegende praktische Gründe für die Beibehaltung sprachen.
Die mathematische Untersuchung und Vergleichung mit einem
querachsigen conformen System im April 1891 hat nämlich innerhalb
der verhältnissmässig zur Erdoberfläche sehr kleinen Ausdehnung des
Mecklenburgischen Landes eine so nahe Uebereinstimmung zwischen dem
mecklenburgischen System und einem querachsigen conformen System er-
geben, dass die Abweichungen sich nur in Berechnungen mit Dreiecksseiten
I. Ordnung als kleine Reductionsglieder zu erkennen geben; diese Ab-
weichungen bestehen nämlich darin, dasB bei den Reductionen der Ent.
fernungen und Richtungswinkel von dem Ellipsoid auf die Ebene und um-
gekehrt, wenn man auf 0,"01 bezw. auf 7 Stellen des Logarithmus genau
rechnen will; kleine Glieder 3. Ordnung berücksichtigt werden müssen (vergl.
Autographic 8. 23 und 26 und Zeitschr. f. Vermessungsw. S. 426— 427.)
Diese Glieder 3. Ordnung sind bei der Berechnung des Netzes I. Ordnung
von uns berücksichtigt. Der grösste Betrag, beispielsweise für den
Richtungswinkel Lukow-Künkendorf, der aus derselben hervorgeht,
beträgt 0,31.” Diese Seite liegt aber schon weit über die Grenzen des
Landes hiuaus. Innerhalb des Landes beträgt für die meisten Richtungen
des Netzes I. Ordnung der Einfluss dieser Glieder III. Ordnung nur
einige hundertel Secunden und es wird 0," 1 nur sehr selten überschritten.
Es ist klar, dass für Seiten des Dreicksnetzes II. Ordnung die Vernach-
lässigung der Glieder III. Ordnung etwa rund nur bis 0,"05 betragen
kann. Diese kleinen Abweichungen sind, wie beispielsweise Herr
Professor Helmert in seiner Abhandlung über Näherungsformeln für
die Gaus8’sche Projection schon im Jahre 1876 bemerkt (S. 250,
Band V), bei der II. Ordnung durchaus zu vernachlässigen und
den Beobachtungsfehlern zuzurechnen.
Es wäre von der Commission im April 1891 unverantwortlich
gehandelt gewesen, dieser wohl bekannten geringen Vorzüge wegen, welche
*) Jordan, Mauck, Vogeler.
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566
Vereinsangelegenheiton.
ein queraclisige8 (conformes) System dem unsrigen voraus hat, ein Werk,
welches seit nahezu 40 Jahren besteht, umzuwerfen.
Für die Beibehaltung sprachen aber auch schwerwiegende rein
praktische Grlinde. Es sind nämlich bereits etwa 5000 trigonometrische
Punkte in Grundlage des bisherigen Netzes I. bis III. Ordnung einge-
schaltet und nach der M. d. kl. Q. mühsam ausgeglichen. Ein praktisches
Bedtlrfniss, diese Punkte nach Vollendung der jetzigen Arbeiten um-
zurechnen, liegt zur Zeit nicht vor. Alle diese Punkte haben durchaus
kleine mittlere Coordinatenfehler Die Einschaltung derselben in dem
bisherigen weitmaschigen Netze war aber eine zeitraubende und
mühsame Arbeit und durch die jetzige Triangulirung II. und III. Ord-
nung soll ein bequemes und rationelles Einschalten von Punkten
für die Zukunft erreicht werden. Durch die Einführung eines neuen
Coordinatensystems hätten hunderte von Vermessungspapieren und Karten,
welchen jene älteren Punkte als Grundlage dienen, einen sehr verminderten
Werth erhalten. Eine unmittelbare Vergleichung und Zusammentragung von
Karten auf Grund des Coordinatennetzes wäre bei zwei völlig verschiedenen
Systemen nicht mehr möglich, auch wären die Coordinaten aller älteren
Punkte nicht einmal mehr als Näherungswerthe zu gebrauchen.
Die grossen Nachtheile, welche aus der Vermengung
zweier Systeme entstanden wären, liegen für jeden Prak-
tiker klar zu Tage. Das Vermessungswerk eines Staates
mu8B, wie bereits in unserem Vortrage erwähnt ist, vor
Allem stabil sein. Wir besitzen ein gutes Coordinatensystein, und
dasselbe hat vor allen anderen deutschen den Vorzug der Conformität.
Es ist dasselbe ferner auch der westöstlichen Erstreckung des Landes
zweckmässig angepasst. Die Nachtheile, welche aus der unsymmetrischen
Lage des Meridians von Schwerin entstehen, sind uns ebenso bekannt,
wie die Thatsaclie, dass Zehna mehr in der Mitte des Landes liegt —
und sich dieser Punkt als Nullpunkt des Coordinatensystems mehr em-
pfohlen hätte. Alle diese Gründe reichten nicht aus, das alte System
aufzugeben.
Es hat der Commission vom April 1891 nicht nöthig geschienen,
alle diese wohlbekannten Verhältnisse damals ausführlich darzulegen,
während nun aus den Hammer'schen Bemerkungen in der Zeitschrift
f. Verm. S. 420 — 423 eine nicht unwillkommene Veranlassung genommen
wurde, unsere mecklenburgische conforme Projection und die Gründe
für deren Beibehaltung und Weiterentwicklung im Jahre 1891, sowohl
der Vorgesetzten hohen Behörde gegenüber als auch öffentlich, darzulegen.
E. Vogeler ,
Kammer-Ingenieur, d. Z. Vorsitzender des Mecklonburgischen Goometer- Vereins.
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Personalnachrichten. Neue Schriften etc.
567
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. Der Landmesser Leo ist zum Königl.
Landmesser im Bereich der allgemeinen Bauverwaltung ernannt und der
Elbstrombauverwaltung in Magdeburg zugetheilt worden.
Der Katasterinspector Eicken brock zu Trier ist in gleicher
Diensteigenscbaft nach Düsseldorf, und der Katastercontroleur G r ass h o f f
zu Peine als Katastersecretair nach Hildesheim versetzt; die Kataster-
assistenten Willmeroth in Koblenz und Knaak in Liegnitz sind zu
Katastercontroleuren in Peine bezw. Namslau bestellt worden.
Grossherzogthum Oldenburg. S. Kgl. Hoheit der Grossherzog
haben geruht, den Vermessungsconducteur Treiss zu Oldenburg zum
Vermessungsinspector zu ernennen.
Königreich Sachsen: Se. Majestät der König haben Aller-
gnädigst geruht dem Vorstand des Domainen- Vermessungs- Bureaus,
Finanz-Verme88ung8-Inspector (geprüfter Vermessungs -Ingenieur) Schanz
den Charakter als „Kammer-Rath“ zu verleihen.
Der im Königlichen Centralbureau für Steuervermessung in Dresdeu
ange8tellte Vermessungs -Ingenieur -Assistent Philipp ist am 1. Juli
unter gleichzeitiger Versetzung zum Kreissteuerrathe Zwickau zum Ver-
messungs-Ingenieur befördert worden.
Vor der Königlichen Commission für die Staatsprüfung der Tech-
niker haben: Vermess.-Ing.-Ass. im Kgl. Domainen-Vermessungs-Bureau
Oscar Göllnitz, Geometer (Dipl. Vermess.-Ing.) im Centralbureau filr
Steuervermessung Max Ehnert und Vermess.-Ingenieur im Stadt ver-
mes8ungs-Amt Dresden Georg Wolf die Prüfuug im Fache der Geodäsie
mit Erfolg abgelegt. Das Zeugniss der bestandenen Staatsprüfung be-
rechtigt zur Führung des Prädicats als „geprüfter Vermessungs-Ingenieur“.
Neue Schriften über Vermessungswesen.
Das Altwürttembergische Forstkartenwerk des Kriegsraths Andreas K i e s e r
im Besitze der Königlichen öffentlichen Bibliothek zu Stuttgart.
Ein Beitrag zur Geschichte des Vermessungswesens von Inspector
C. Regelmann. Mit zwei Karten und sechs Abbildungen im
Text. Besonderer Abdruck aus dem Jahrgang 1891 der Württem-
bergischen Jahrbücher für Statistik und Landeskunde. Stuttgart.
Druck von W. Kohlhammer. 1892.
Fennia. 5. Bulletin de la Socidte de Gdograpliie de Finlande.
Helsingfors 1892.
The Photochronograph. Applied to Determinations of Latitude. Stormont
u. Jackson, Printers, Washington, D. C. 1892.
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568
Neue Schriften über Vermessungs wesen.
Die wichtigeren Dreiecksaufgaben aus der ebenen Trigonometrie. Für
den Schulgebrauch und zum Selbststudium zusammengestellt und
aufgelöst von WaldemarM ad el. Berlin. VerlagvonMaxRflgö>;i892.
Die Landesvermessung in Griechenland. Zweiter Bericht von Heinrich Hartl ,
Oberstlieutenant im K. und K. militärgeographischen Institute.
Separatabdruck aus den „Mittheilungen des k. und k. militär-
geographischen Institutes“. XI. Band. Wien, 1892. Druck von
Johann N. Vernay in Wien.
Ueber die Veränderungen der bei den Präcisions-Nivellements in Europa
verwendeten Nivellirlatten. Ein Nachtrag zu dem Berichte über
den Stand der Präcisions-Nivellements in Europa mit Ende 1889,
von Alexander Ritter von Kalmar, K. u. K. Linienschiffscapitain,
Vorstand der astronomisch-geodätischen Gruppe des K. u. K. militär-
geographischen Institutes. Separatabdruck aus den „Mittheilungen
des k. u. k. militärgeographischen Institutes“. XI. Band. Wien, 1892.
Druck von Johann N. Vernay in Wien.
Anleitung zur Photographie für Anfänger, herausgegeben von G. Piz zig -
helli. Kaiserl. und Königl. Major der Genie-Waffe. 4. Auflage mit
166 Holzschnitten. Halle a. S. Verlag von Wilhelm Knapp. 1892.
Die Steilschrift und deren Anwendung in der Kanzlei, der Schule und
im öffentlichen Leben. Ein Leitfaden ftlr Jedermann zum Selbst-
studium von Fr. Koch, Schreiblehrer in Kaiserslautern. Mit
3 lithographirten Tafeln. Preis 1 Mark. Kaiserslautern. August
Gotthold’s Verlagsbuchhandlung.
A Text-Book on the Method of Least Squares. By Mansfield Merrimam,
C. E, Ph.D., Professor of Civil - Engineering in Lehigh University.
Fifth revised edition.
Sonnen- und Sterntafeln für Deutschland, Oesterreich und die Alpen.
Zur Bestimmung der Himmelsrichtung und Zeit nach dem Stand der
Sonne und Sterne im geographischen Unterricht, bei topographischen
Aufnahmen und auf Reisen. Nebst erläuterndem Text und einer
Uebersichtskarte von Mitteleuropa zur Bestimmung des Unterschiedes
zwischen Ortszeit und der mitteleuropäischen Einheitszeit (M. E. Z.)-
Von P. Kahle, Assistent an der Königl. Technischen Hochschule
zu Aachen. Aachen 1892. C. Mayer’s Verlag. (Carl Mayer,
Königl. Hofbuchhändler.)
Inhalt.
Grössere Mittheilungen: Zur Geschichte der Leibniz’schen Rechenmaschine.—
Vereinsangelegenhciten. — Personalnachrichten. — Neue Schriften Uber Vermessung!
wesen.
Verlag von Konrad Wlttwer, Stuttgart. — Druck von Gebrüder Jänecke in Hannover.
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569
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover, Steuer-Rath in Manchen.
1892.
Heft 20. Band XXI.
— — 15. October.
Der Feldschreibtisch
von A. Behren, Stadtgeometcr in M.- Gladbach.
(AU Gebrauchsmuster gesetzlich geschätzt)
Die Vornahme von Winkelmessungen grösseren Umfanges unter
Beobachtung der bezüglichen Vorschriften der Kataster-Anweisung IX
vom 25. October 1881 macht es wllnschenswerth und nothwendig, das
vorgeschriebene Formular (Trig. Form. I) vor der Verwendung bei der
örtlichen Vermessung in Buchform einzubinden.
Um nunmehr das Einschreiben der Beobachtungsergebnisse sauber
und bequem in Tinte ausführen, dabei aber das eingebundene Winkel-
register vor Beschädigungen, wie solche durch das bisher übliche Verfahren
des Rückwärtszusammenschlagens der Einbanddeckel zu entstehen pflegen,
thunlichst schützen zu können, bedarf es eines bequem zu handhabenden
und leicht zu transportirenden Feldschreibtisches.
Diese Erwägungen gaben Veranlassung zu einem vorhandenen
Butenschoen'8chen Stativ (vergl. Taschen-Nivellir-Instrnment von Buten-
schoen — Deutsches Reichspatent Nr. 36795 und Zeitschrift für Ver-
messungswesen, Jahrgang 1887 Seite 335 ff.) eine abnehmbare Tischplatte
zu construiren, welche, wie aus den nachstehenden Zeichnungen des
Näheren ersichtlich, aus zwei Theilen besteht und vermittelst zweier
Scharniere zusammengeklappt — das vorgeschriebene Format zu den
Winkelregistern (30/19 cm bezw. eingebunden etwa 35/21 cm) nicht
wesentlich an Grösse überragt, also mit diesem leicht in einer besonders
zu dem Zwecke hergestellten, verschliessbaren Tasche (wie solche sich
überhaupt für den Feldgebranch in allen Fällen eignet und empfiehlt)
Aufnahme finden und mit ins Feld genommen werden kann.
Das zugehörige Butenschoen’sche Stativ ist an und für sich schon
so leicht und handlich construirt (Gewicht etwa 3/4 kg), dass dessen
Zeitschrift für Vermcssungawesen. 1&92. Heft 20- 37
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570
Bohren. Der Feldschreibtisch.
Mitführung ins Feld kaum als eine Mehrbelastung des Gepäckträgers
bezw. Messgehiilfen angesehen werden kann.
Fig. 2.
Tischplatte — zusammengeklappt
— von der ßückseite gesehen.
Fig. 1 zeigt die Tischplatte in Verbindung mit diesem Stativ.*)
Dieselbe hat — auseinandergeklappt — eine Grösse von 50/45 cm und
besteht aus zwei ungleichen Hälften; die eine von 27/45 cm, die andere
von 23/45 cm. Die grössere Hälfte trägt auf der Rückseite (vergl.
Fig. 2) eine eingelassene Messingplatte mit einer, das Tischblatt nahezu
durchdringenden konischen Messinghülse zur Aufnahme des ebenfalls
konischen Stativzapfens. In dieser Verbindung lässt sich die Tischplatte
vermittelst des Kugelgelenkes in jede beliebige (horizontale oder schiefe)
Lage bringen.
Der obere und nntere Rand derselben ist mit einer etwa 5—6 mm
vorstehenden Leiste versehen, welche dazu bestimmt ist, dem auf der
Tischplatte aufliegenden Winkelregister den nöthigen Halt zu geben,
wenn die Tischplatte geneigt steht.
Ebenfalls am oberen Rande rechts befindet sich eine in die
Platte eingebohrte Vertiefung (a a) zur Aufnahme bezw. Befestigung
eines verschliessbaren Tintenbehälters (in Fig. 1 oben rechts mit Tinten-
behälter und unten links ohne solchen dargestellt).
Die beiden Auskehlungen b b dienen zur Aufnahme bezw. Unter-
bringung des Tintenfasses nach beendigter Messung — die zusammen-
geklappten Tischblatthälften verhindern ein Herausfallen desselben während
des Transportes vollständig.
*) Das Butenschoen'sche Stativ bildet einen angenehmen und bequemen,
aber keineswegs unumgänglich nothwendigen Bestandtheil des Feldschreib-
tisches; es lässt sich dazu mit leichter Mlihe ein passendes Stativ construiren
— in vielen Fällen ist sogar, je nach der Bodenbeschaffenheit, ein einfacher
Stab ohne weitere Ilülfseonstruction als Stativ verwendbar.
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Aug den Keichslanden.
571
Die in Fig. 2 in beiden Blatthälften sichtbaren Ausstemmungen
(eine im linken Blatt, zwei im rechten) dienen zur Aufnahme und
MitfUhrnng von Federhaltern, Federn, Bleistiften und ähnlichen Utensilien.
So lange die beiden Blatthälften nicht in einer Ebene liegen (wie .in
Fig. 1 veranschaulicht), müssen diese Oeffnungen durch Eindrücken von
Gummi, Papier, Watte oder dergleichen geschlossen werden, um ein
Herausfallen der darin aufbewahrten Gegenstände zu verhüten; während
beim Gebrauche der Tischplatte ein Herausfallen allein dadurch schon
unmöglich wird, dass diese Oeffnungen gegen einander gehen, sich also
gegenseitig decken und abschliessen.
Der Preis einer solchen Schreibtischplatte (mit Einschluss des
Kugelgelenks und eines angepassten verschliessbaren Tintenfasses) beträgt
13 Mark, so dass also jedermann, insbesondere der, welcher bereits im
Besitze eines Butenschoen’schen Stativs*) ist, sich bei einem nur
verhältniBsmässig geringen Kostenaufwande leicht in den Besitz eines
bequemen Feldscbreibtisches setzen kann, der namentlich bei Winkel-
messungen nicht zu unterschätzende Vortheile und Annehmlichkeiten
bieten wird.
Aus den Reichslanden.
ln Eisass -Lothringen haben sich im Verlaufe dieses Jahres mehrere
Ereignisse vollzogen, welche die bei den Katastererneuerungs-Arbeiten
beschäftigten Fachgenossen sehr nahe berühren und daher in dieser
Zeitschrift eine Erwähnung zu finden verdienen.
Wie den Herren Collegen wohl fast allgemein bekannt sein dürfte,
besonders denjenigen, welche auf der 16. Hauptversammlung des D. G. V.
zu Strassburg im August 1889 zugegen waren, findet in den Reichslanden
eine Erneuerung des Katasters statt, welche Arbeit nach einer annähernden
Schätzung noch c. 50 — 60 Jahre in Anspruch nehmen wird, weil nach den
jetzt maassgebend gewordenen Principien lediglich nur mehr Stück-
vermes8ungen (Neumessungen mit obligatorischer Vermarkung) ausgeführt
werden sollen.
Die mit der Leitung dieser Arbeiten betraute Behörde hat es sich
daher schon seit geraumer Zeit zur besonderen Aufgabe gemacht, hierfür
sich ein wohlgeschultes Personal dauernd zur Verfügung zu erhalten
und dasselbe auch möglichst durch jungen Ersatz zu vermehren.
Ueber die Bezahlungsweise der bei den Katastererneuerungsarbeiten
beschäftigten Geometer hat der Herr Oberkatasterinspector, Steuerrath
*) Das Butenschoen'sche Stativ (Ladenpreis 8 Mark für das kleine, drei-
beinige Stockstativ und 12 Mark für das etwas stabilere grosse) wird auf Wunsch
zn den beigesetzten Verkaufspreisen mitgeliefert.
37*
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572
Aus den Reichslanden.
Dr. Joppen in seinem Vortrage*) am 11. August 1889 auf der Haupt-
versammlung in Strassburg das Nähere mitgetheilt, so dass ein Zurück-
kommen hierauf nicht mehr nöthig ist. Es sei hier nur bemerkt, dass
die Einführung der festen Monatsbezüge neben dem Bezüge eines Theils
von Gebühren als eine wesentliche Verbesserung und zugleich moralische
Stärkung in der ökonomischen Lage der Geometer gegenüber dem
früheren mehr oder weniger unsicheren Verdienst lediglich nach Gebühren
anerkannt worden ist.
Wie Herr Dr. Joppen in seinem erwähnten Vortrage weiter mitgetheilt
hat, werden den eintretenden Zöglingen vielfache Erleichterungen gewährt,
so z. B. der unentgeltliche, theoretische Wintercursus in Strassburg und
die haaren Beihülfen an unbemittelte Zöglinge bis zur Höhe von 50 Mk.
pro Monat, was zur Folge hatte, dass auch verhältnissmässig viele junge
Leute, welche die zur Ablegung des Feldmesserexamens erforderliche
Vorbildung erlangt hatten, sich als Zöglinge meldeten. Es muss jedoch
zur Steuer der Wahrheit hervorgehoben werden, dass viele von diesen
Zöglingen nur deshalb gekommen sind, weil sie in den Veranlagungsdienst
(Steuercontroleurcarriere) treten wollten. Hierzu war bisher der Besitz
des Feldmesserpatentes erforderlich. Von jetzt ab sollen aber, weil
die Fortführung der neuen Gemeindekataster, auf Grund deren jetzt
überall das Grundbuch eingeführt wird, allmählich durch die Personal-
vorsteher oder deren Vertreter erfolgen soll,**) die Anwärter ffür den
Veranlagungsdienst lediglich aus den Civilsupernumeraren der Sfteuer-
direction entnommen werden. \
Amtlich publicirt ist diese Aenderung zwar noch nicht, jedoch \i«t
sie sozusagen zur stillschweigenden Thatsache geworden. Freilich wind
man einem jungen Manne, der das Feldmesserexamen abgelegt hat, et«
nicht verwehren können, auch fernerhin sich noch als Anwärter für de«
Veranlagungsdienst zu melden. Allein unter den bewandten Verhältnissep
werden die jungen Leute, welche in den Veranlagungsdienst trete!}
wollen, sich hierzu direct als Anwärter melden, ohne erst Feldmesser
zu werden.
Soviel Uber die jüngeren Geometer, welche von jetzt an also lediglich
eine technische Berufslaufbahn vor sich haben werden.
Wenn nun auch die gegenwärtige Bezahlungsweise der Feld-
messer und Vermessungstechniker bei der Katasterabtheilung der
Steuerdirection keine ungünstige zu nennen ist, obwohl auch in dieser
*) Abgedruckt in dieser Zeitschrift pro 1890, XIX. Band, Seite 1 — 18.
**) Ministerialerlass vom 27. September 1891, worin es im § 1 heisst: Als
technische Beamte worden den Amtsgerichten die Vermessungs-Personal Vorsteher,
oder vorübergehend Steuercontroleure beigeordnet. Die Personalvorstehcr
können durch einen der ihnen unterstellten Feldmesser vertreten werden.
Die betreffenden Beamten bezw. Vertreter werden durch den Director
der directen Steuern, dem dieselben auch unterstellt bleiben, ernannt.
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Aus den Reichslanden.
573
Hinsicht noch manche Wünsche ihrer Erfüllung harren, so mangelte
es doch in einer anderen Hinsicht an etwas, das ein ganz besonderes
Moment zur Erhaltung und Heranziehung geometrischer Kräfte bildet.
Die hier in Betracht kommende Verwaltungsbehörde konnte bisher
(len jungen Geometern in der Hauptsache nur die Steuercontroleur-
carriere als Aussicht auf feste Austeilung im Staatsdienste bieten. Daneben
freilich auch noch die wenigen Stellen bei der Katasterabtheilung*)
und die hierzu gehörigen 12 etatsmässigen Stellen der Personalvorsteher.
Nachdem nun aber, wie bemerkt, die Steuercontroleurcarriere den
jungen Geometern, wenn auch nicht verschlossen, so doch nur mit
grösseren Geldopfern zugänglich sein wird, indem die bisher den
Supernumeraren bewilligt gewesenen Remunerationen (90—180 Mk.)
wegfallen, so bleiben hauptsächlich nur die wenigen Stellen der Kataster-
abtheilung übrig. Daneben gibt es nun allerdings noch in anderen
elsass-lotbr. Verwaltungen 8 etatsmässige Regierungsfeldmesserstellen,
welche zum 1. April 1890 errichtet worden sind.
Hiervon entfallen 4 auf die Meliorationsverwaltung, 3 auf die
Wasserbauverwaltung und 1 auf die Forstverwaltung.
Es sei hier beiläufig bemerkt, dass es sehr im Interesse der elsass-
lothr. Geometer liegt, dass diese 8 Stellen bei etwaiger Erledigung,
desgleichen die diätarischen Stellen bei den genannten drei Verwaltungen,
welche den Ersatz hierfür bisher aus Altdeutschland, vorzugsweise aus
Württemberg, bezogen, in Zukunft lediglich den hier im Lande ausge-
bildeten oder bereits länger beschäftigten Geometern zugänglich werden
mögen. Das Gleiche wäre hinsichtlich der Stellen bei der General-
Direction der elsass-lothringischen Eisenbahnen sehr zu wünschen, die
ebenfalls ihre geometrischen Kräfte bisher vorzugsweise aus Altdeutsch-
land sich verschaffte.
Unter normalen Verhältnissen würden die vorhandenen etatsmässigen
Stellen in Elsass-Lothringen wohl schon genügen, um hinreichenden
Ersatz heranzuziehen. Allein bei der grossen Anzahl von Geometern,
welche die Katasterverwaltung für ihre Arbeiten braucht, ist es nach
Lage der Verhältnisse ausgeschlossen, dass diese auch nur zum kleineren
Theile in etatsmässige Stellen gelangen können.
Die leitenden Kreise der Katasterverwaltung verkannten diesen
Missstand nicht und wählten deshalb einen anderen Ausweg, um den
älteren Katasterfeldmessern und Vermessungstechnikern eine Versorgung
zu sichern.
Die Regierung brachte in der verflossenen Landesausschusssession
(1891/92) eine Vorlage ein, wonach sie die Ermächtigung erhalten soll,
*) 1 Oberkatasterinspector, 2 Katasterinspectoren, 3 Katastercontroleure
(frühere Steuercontroleure).
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574
Aus den Reichslanden.
24 Katasterfeldmessern and 12 Vermessungstechnikern*) die
Pensionsberechtigung verleihen zu können, und die eventuell zu zahlenden
Pensionen bis auf weiteres aus dem ausserordentlichen Katasterfonds
gezahlt werden sollen.
Bei der sympathischen Stellung, welche der Landesausschuss aus-
gesprochenermaassen seit mehreren Jahren für die Katastererneuerungs-
Arbeiten einnimmt, war auf eine Annahme dieser Vorlage fast mit
Sicherheit zu rechnen. Der Landesausschuss hat sich auch in der That
derselben angeschlossen, so dass es jetzt in der Hand der Regierung
steht, 24 Katasterfeldmessern und 12 Vermessungstechnikern die Pensions-
flihigkeit verleihen zu können. Möge sie hiervon nur recht bald Gebrauch
machen! Der einer eventuellen Pensionirung zu Grunde zu legende
(Gehalts-) Betrag ist für die Feldmesser auf 2400 — 3300 und bei den Ver-
messungstechnikern auf 1500—2400 (also wie bei den preuss. Kataster-
zeichnern) festgesetzt. **)
Eigentliche Beamte werden die Feldmesserund Vermessungstechniker,
welchen die Pensionsfähigkeit verliehen wird, zwar nicht; jedoch ist es
bei den Feldmessern nicht ausgeschlossen, dass sie in eine Beamtenstellung
eventuell einrticken können, z. B. bei Erledigung einer Personalvorsteher-
stelle, oder beim Uebertritt in eine etatsmässige Stelle einer andern
technischen Verwaltung inElsass-Lothringen. Es ist im übrigen anzunehmen,
dass, nachdem dieser principielle erste Schritt geschehen ist, mit der
Zeit ftir noch mehr Katasterfeldmesser und Vermessungstechniker die
Pensionsberechtigung gefordert und bewilligt werden wird. Zu empfehlen
wiire es, nach dieser Richtung ein bestimmtes Princip aufzustellen, etwa
in der Weise, dass einem jeden Katastertechniker, welcher ununterbrochen
10 Jahre bei den Katasterarbeiten in Elsass-Lothringen beschäftigt
gewesen ist, wobei natürlich Elevenzeit nicht mitgerechnet, die Pensions-
berechtigung verliehen wird, sofern nicht aus Disciplinar- und ähnlichen
Gründen die genannte Berechtigung gegebenenfalls durch ausdrücklichen
Beschluss der Verwaltungsbehörde auf noch längere Zeit vorzuenthalten
oder gar ganz zu verweigern ist.
Eine weitere, mehr in ihren Motiven und zukünftigen Consequenzen,
als einstweilen in ihrem directen Effecte wichtige Vorlage wurde dem
Landesausschusse in seiner letzten Session gemacht, nämlich die Um-
wandlung der bisherigen (Kataster-) Vermessungsbeamten-Stellen in
Katastercontroleurstellen. Schon bei der Creirung jener 12 Stellen im
Jahre 1889 war in den Motiven gesagt worden, dass eine spätere
Uebernahme der Inhaber dieser Stellen in anderweite Beamtenstellen in
*) Gegenwärtig sind 73 Feldmesser inch Trigonometer, 63 Vermessungs-
techniker, 5 Vermessungsgehiilfen, 35 Zeichner und Lithographen und 56 Zöglinge
im Dienste der Katasterverwaltung beschäftigt.
**) Die Pensionsberechtigung der bereits erwähnten 8 Rcgierungsfeldmesser
ist vom 1. April d. J. ab auf 2300—4200 Mk. festgesetzt worden.
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Aus den Reichslanden.
575
Aussicht genommen sei. Die Regierung hat nämlich die Absicht, wie
auch schon Herr Oberkatasterinspector Joppen am Schlüsse seines oben
erwähnten Vortrages angedeutet hat, und wie aus dem citirt gewesenen
Ministerialerlass auch hervorgeht, die Fortführung der erneuerten Kataster
allmählich ausschliesslich in die Hände von wirklichen Berufskräften zu
legen, als welche natürlich in erster Linie die Vermessungspersonal-
vorsteher in Betracht kommen, ln den Kreisen der Steuercontroleure,
insbesondere unter den jüngeren, befinden sich auch tüchtige Fachkräfte.
Es ist oder war wenigstens in Aussicht genommen, diese in die Kataster-
verwaltung zu übernehmen, je nach dem Vorschreiten der Kataster-
erneuerungsarbeiten. Indem nun die Steuercontroleure in den Bezirken,
woselbst sich Vermessungspersonale befinden, die Fortführung der er-
neuerten Kataster an die Katastercontroleure abzugeben haben werden,
werden erstere allmählich entsprechend entlastet, und wird analog hierzu
eine allmähliche Verminderung der Steuercontroleurstellen und eine dem-
entsprechende Vermehrung der Katastercontroleurstellen eintreten, sofern
nicht in Folge einer etwaigen Steuerreform der Wirkungskreis der
Steuercontroleure auf anderen Gebieten sich erweitern wird.
Deshalb sind die Katastercontroleure einstweilen mit den Steuer-
controleuren zusammen in eine Beamtenklasse rangirt worden, sodass
also, wenn eine Steuercontrolcurstelle eingehen sollte und eine Kataster-
controleurstelle an deren Stelle tritt, der Etat dadurch zunächst nicht
berührt wird. Die Katastererneuerungsarbeiten schreiten nun aber
verhältnissmässig langsam voran, so dass eine Vermehrung der Kataster-
controleurstellen wohl nur in sehr beschränktem Maassstabe in absehbarer
Zukunft möglich erscheint.
Indessen mit der Ernennung der 12 Personalvorsteher zu Kataster-
controleuren ist zunächst einmal ein grosser Schritt vorwärts gethan
zur Errichtung einer gesonderten Katasterverwaltung, was vom fachlichen
Standpunkte aus nur begrüsst werden kann. Wie der Ersatz für etwa
abgehende oder noch weiter anzustellende Katastercontroleure stattfinden
soll, darüber ist noch kein bestimmtes Princip aufgestellt. Ein Super-
numerariat, wie in Preussen, wird wahrscheinlich nicht eingeführt.
Voraussichtlich werden die künftig noch zu ernennenden Katastercontroleure
aus den Feldmessern, welchen die Pensionsberechtigung verliehen wird,
entnommen, so dass also tüchtige und befähigte Feldmesser dergestalt
ein Avancement machen können.
Leider mischt sich aber auch in diese Angelegenheit ein etwas
bitterer Wermutstropfen, indem die neuernannteu Katastercontroleure
anstatt, wie vorher allgemein angenommen worden war, nach Maassgabe
ihrer Dienstzeit in den Reichslanden, Alter des Feldmesserpatentes u. s. w.
zwischen den Steuercontroleuren eingereiht zu werden, thatsächlich
hinter sämmtliche Steuercontroleure, selbst hinter diejenigen, welche
nach der Ernennung der Personalvorsteher zu etatsmässigen Vermessungs-
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576
Aus den Keichslandeu.
beamten erst zur Anstellung gelangt waren, angereiht worden sind.
Solche Einreihungen einer bestimmten Beamtenklasse in eine andere
Beamtenkategorie pflegen ja nicht selten für einzelne dieser Beamten
mit Nachtheil verbunden zu sein. In dem gegenwärtigen Falle scheint
es uns aber, als ob die dauernden Nachtheile, welche insbesondere die
Dienstälteren der neuernannten Katastercontroleure aus dieser Vereinigung
haben werden, sich doch als zu sehr fühlbar erweisen.
Die bisherigen Personalvorsteher hatten ein directes Diensteinkommen,
welches zwischen 2750 — 3550 Mk. variirte.*)
Dieses Diensteinkommen war s. Z. nach dem Muster der Bezahlungs-
weise der Vermessungsbeamten bei den preuss. Auseinandersetzungs-
behörden geregelt worden, welche bekanntlich bis zum Etatsjahre 1891/92
zum Tlieil festes Gehalt (1200 — 2000 Mk.) und zum andern Theil
Diäten (5 Mk. pro Arbeitstag, bezw. fixirte monatliche Diäten im Betrage
von 120 — 175 resp. 195 Mk.) hatten.
Die Diensteinkommen der Personalvorsteher waren aber von 2300 bis
3300 Mk. pensionsfähig, und sind auch diese pensionsfähigen Beträge
s. Z. bei der Ernennung der Personalvorsteher zu etatsmässigen Ver-
messungsbeamten unverkürzt zugestanden worden, so dass also die
butgetmässige Theilung ihres Diensteinkommens in zum Theil „festes
Gehalt“ und zum Theil „wiederrufliche Remuneration“ sozusagen gänzlich
belanglos war.
Mit der Ernennung zu Katastercontroleuren wurden aber die
Personalvorsteher je zur Hälfte in die allerunterste Gehaltsklasse von
2300 Mk. und zur anderen Hälfte in die vorletzte Gehaltsklasse von
2600 Mk. eingereiht.**) Von ihrem bisherigen Diensteinkommen wurden
ihnen ferner je 100 Mk. noch abgenommen, indem zu dem Gehalte noch
eine „zukünftig wegfallende Zulage“ bewilligt wurde, die aber mit
*) Das Diensteinkommen der Personalvorsteher hatte vor dem 1. April
d. J. folgende Scala:
Gehalt
Widerrufliche
Remuneration
Zusammen
1
2300
1250
3550
2
2150
1250
3400
3
2150
1250
3400
4
2000
1250
3250
5
2000
1250
3250
6
1900
1250
3150
7
1900
1250
3150
8
1800
1250
3050
9
1800
1250
3050
10
1650
1250
2900
11
1650
1250
2900
12
1500
1250
2750
**) Die Gchaltsklassen dor Steucrcontroleure, mit denen die Kataster-
controleure zusammenrangiren, sind folgende
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Aus den Keichslanden.
577
dem Gehalte zusammen je 100 Mk. weniger beträgt, als das bisherige
Diensteinkommen.
Selbstverständlich verkürzt sieh aber bei jedem eventuellen Auf-
rücken in eine höhere Gehaltsklasse die „zukünftig wegfallende Zulage“
um den Betrag der Differenz der Gehaltszunahme. Wie es aber mit
dem Aufrücken in die höheren Gehaltsklassen für die neuernannten
Katastercontroleure bestellt ist, darüber lässt die Gehaltsklassen-Scala
keinen Zweifel übrig, wobei besonders hervorzuheben ist, dass von den
17 Stellen in der vorletzten Gehaltsklasse die 6 dienstältesten Personal-
vorsteher die 6 letzten Nummern einnehmen. An sie schliessen sich
die 6 dienstjüngeren Personalvorsteher in der untersten Gehaltsklasse
an, und die letzten 2 Nummern nehmen 2 nachträglich ernannte, junge
Steuercontroleure ein.
Ständen die neuernannten Katastercontroleure in noch jüngerem
Lebensalter, so könnten sie ja noch von einer fernen Zukunft erhoffen, im
Gehalte nochmals dahin zu kommen, wo sie mit ihrem bisherigen
Diensteinkommen gestanden haben, vielleicht auch noch etwas weiter.
Aber diese Hoffnung muss eine ganze Anzahl unter ihnen vollständig
aufgeben; denn dieselben stehen in einem Lebensalter von 37 — 54 Jahren,
also in einem Durchschnittsalter von 45 — 46 Lebensjahren. Nehmen
wir einen Durchschnittsabgang von 4 0/0 an, der für elsass- lothringische
Verhältnisse eher viel zu hoch als zu nieder gegriffen ist, und der
auch in den letzten Jahren bei weitem nicht erreicht wurde, so würde
ein jährlicher Abgang von 2 */2 Stelleninhabern stattfinden. Um nun
nur in die Durchschnitts-Gehaltsklasse von 3250 Mk. zu kommen,
müssen für den dienstältesten Personalvorsteher 19 und für den dienst-
jüngsten 31 Vordermänner abgegangen sein. Der Dienstälteste kann
es daher am Ende seiner Dienstzeit noch erleben, in die genannte Gehalts-
klasse zu kommen, der Dienstjüngste nach ungefähr 15 Jahren.
Dass diesen Erwägungen gegenüber, welche rechnerisch und that-
sächlicli unanfechtbar sind, die Stimmung, besonders bei den dienstälteren
Personalvorstehern, die zum Theil starke Familien zu unterhalten haben,
eine mehr wie gedrückte ist, bedarf keines weiteren Beweises. Zwar
ist eine allmähliche Vermehrung der Katastercontroleurstellen mit dem
Fortschreiten der Fertigstellung neuer Gemeindekataster in Aussicht
| Gehalts-
i k lasse
| Mk.
Anzahl der darin
befindlichen
Controlenre
Gehalts-
klasse.
Mk.
Anzahl der darin t
befindlichen
C'»ntroleure
4200
6
Uebertr. 27
3900
8
2900
8
3600
7
2600
17
3250
6
2300
8
27
60
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578
Aus den Reichalanden.
genommen; aber diese Stellen werden in nur beschränkter Zahl in
absehbarer Zukunft zum Bedürfnis werden, weil bei der peinlichen
Sorgfalt, mit welcher alle Stadien der Stllckvermessungsarbeiten behandelt
werden, auch dementsprechend verhältnissmässig wenige Gemeinden
fertig werden. Für die jtingere Generation der elsass-lothringischen
Eatasterlandmesser bringt die Zukunft schon eher Hoffnungen mit sich.
Für die jetzt angestellten Katastercontroleure ist diese aber eine geradezu
trostlose. Unter diesen Umständen dürfte wohl die Frage anzuregen
sein, ob es nicht möglich ist, durch eine anderweite Organisation die
Katastercontroleure in eine bessere Lage zu versetzen.
Wir halten dies für sehr leicht ausführbar, nämlich durch vollständige
Trennung der 2 Beamtenklassen, der Steuercontroleure und Kataster-
controlcure, derart, dass beide für sich ganz getrennf rangiren.
Diese Trennung soll ohnehin für spätere Zukunft seitens der Regierung
beabsichtigt sein; sie könnte daher auch wohl schon jetzt zur Durch-
führung gelangen.
Es würden demnach für die Katasterabtheilung zunächst folgende
Stellen existiren: 1 Oberkatasterinspector, 2 Katasterinspectoren, 15 Ka-
tastercontroleure.*)
Hierzu kämen noch die 24 Katasterfeldmesser und 12 Vermessungs-
techniker, welchen die Pensionsfähigkeit verliehen werden soll. Es liegt
kein Grund vor, dass die 18 etatsmässigen Katasterbeamten nicht eine
besondere Beamtenkategorie für sich bilden können, zumal deren Anzahl
nach und nach sich vermehren wird.
Kommt diese Trennung der Steuer- und Katastercontroleure, wie
wir hoffen wollen, möglichst bald zu Stande, so wird dadurch zunächst
ermöglicht, die bisherigen Katastercontroleure wieder auf ihr früheres
Diensteinkommen zu setzen, wenn nicht gar einzelnen eine Gehaltszulage
zuzuwenden; denn der Landesausschuss hatte für die 12 Personalvorsteher
das Durchschnittseinkommen der Steuercontroleure, also je 3250 Mk.
bewilligt. Ferner würde durch die Trennung eine bessere Aussicht aut
allmähliches Vorrücken im Gehalte eröffnet, indem insbesondere die
Dienstjüngeren mit jeder Vermehrung der Katastercontroleurstellen dem-
entsprechend im Avancement vorrücken würden.
Für den pecuniären Ausfall bei den Stenercontroleuren, welche
auf Kosten der Personalvorsteher 2400 Mk. in ihrer Abtheilung zur
Vertheilung bekommen haben, werden sich schon Mittel und Wege
linden lassen zur Deckung. Vielleicht bewilligt der Landesausschuss
diesmal die schon einmal vorgeschlagene Gehaltserhöhung für die
Steuercontroleure, in welchem Falle wohl auch jedenfalls die Kataster-
controleure mitbedacht werden.
Alsdann wäre von selbst Deckung für den Ausfall geschaffen.
*) Hiervon sind 3 frühere Steuercontroleure, wovon einer Titular-Kataster-
inspector und einer Titular-Steuerinspcctor ist.
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Kleinere Mittheilungen.
579
Mit den vorstehenden Ausführungen soll, was hiermit ausdrücklich
betont wird, in keiner Beziehung ein künstlicher Gegensatz zwischen
den 2 Beamtenkategorien der Steuercontroleure und Katastercontroleure
bezweckt werden.
Den Katastercontroleuren wäre es im Gegentheil an sich erwünscht
gewesen, in einer grösseren Beamtenkategorie mitzurangiren, allein
unter den geschilderten Verhältnissen müssen sie in ihrem eignen Interesse
— und dieses liegt doch immer zunächst — wünschen, dass sie sobald
wie möglich wieder von den Steuercontroleuren vollständig geschieden
werden.
Kleinere Mittheilungen.
Ein Vorschlag an die Herren Collegen zur Wahrung unseres
Ansehens in der Oeffentliclikeit.
In neuester Zeit kommt es sehr häufig vor, wenn von gewerbtrei-
benden Landmessern und auch von Behörden zur Ausführung von geo-
metrischen Arbeiten Hülfskräfte gesucht werden , dass die gesuchten
Personen als „Landmesser-Gehülfen“ bezeichnet werden.
Auch bieten sich „Landmesser-Gehülfen“ an. Wie es einem Tech-
niker, welcher geometrische Arbeiten ausfuhrt, nicht benommen werden
kann, sich als „Geometer“ oder gar „Landmesser“ zu bezeichnen, noch
viel weniger kann gegen die Bezeichnung der erwähnten Landmesser-
Gehülfen ein wirksamer Einspruch erhoben werden.
Bestehen dürfte aber nach meinem Dafürhalten seitens der geprüften
und vereideten Landmesser, welche sich doch nicht überall so umständ-
lich bezeichnen können, der dringende Wunsch, die Bezeichnung „Land-
messer“ als eine nach vielen Mühen erworbene unangetastet ausschliess-
lich für sich behalten zu dürfen.
Gebräuchlich zwar sind Bezeichnungen, wie „Apotheker- Gehtilfe“,
„Buchbinder- Gehülfe“, „Maler- Gehülfe“; diese Gehülfen können aber
einmal Apotheker, Buchbinder, Maler werden und sind schon als solche
qualificirt. Das sind die Landmesser-Gehülfen entsprechend nicht.
Statt „Baumeister -Gehülfen“, „Arzt- Gehülfen“ ist man an „Bau-
techniker“ und „Heil -Gehülfen“ gewöhnt, welche nie Baumeister oder
Aerzte werden. So werden die neuerdings üblichen „Landmesser -Ge-
hülfen“ aber auch nie Landmesser.
In altherkömmlicher Weise wurden bisher die ungeprüften Hülfs-
kräfte im Vermessungswesen sehr passend als „Vermessungs- Gehülfen“
bezeichnet und werden es zum Theil noch.
Unterzeichneter sieht ohne weitere Ausführung des Angeregten Grund
genug für alle Collegen, Hülfskräfte lieber unter der bisher üblichen
Bezeichnung „Vermessungs -Gehülfen“ zu suchen, die technischen Hülfs-
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580
BUcherschau.
kräfte werden dann sick von selbst mit dieser sehr schönen Bezeichnung
zufrieden geben, wie auch die Behörden keinen Anlass finden werden,
einem geübten besseren Brauche zu widerstreben.
Die Bezeichnung „Landmesser“ wird aber für geprüfte und beeidete
Vermessungsbeflissene als erworbenes Privilegium rein erhalten bleiben,
der Oeffentlichkeit wird diese Bezeichnung ihrem Werthe nach zum
Bewusstsein gelangen, während augenblicklich Täuschungen Uber das
Maass der Zusammengehörigkeit der Landmesser und der Landmesser-
Gehülfen unvermeidlich sein dürften.
Jedem das Seine!
Wesel, im Februar 1892. Marseille, Königl. Landmesser.
Bücherschau.
1) Service gdoyraphique de V Armee. Tables des Logarithmes ä huit Döcimales
des Nombres entiers de 1 ä 120 000 et des Sinus et Tangentes de dix en
dix Secondes d’Arc dans le Systeme de la Division Centesimale du Quadrant.
Paris, Imprimerie Nationale, 1891.
2) ./. de Mendizdbal Tamborrel, Ingenieur- Giographe , Tables des Logarithmes ä
huit Döciinales des Nombres de 1 ä 125000 et desFonctions goniomStriques
de Centimilligone on Centimilligone et de Microgone en Microgone pour les
2500t) premiers Microgones. Paris, Hermann, 1891.
Ziemlich gleichzeitig sind die beiden [vorstehenden 8-stelligen Tafeln
erschienen, die erste ein mächtiger Band in gr. 4 °, die zweite in Fol.
1) Die Zahlen des ersten Werks sind ein Auszug aus einer überaus
werthvollen handschriftlichen Tafel, die Frankreich besitzt, den 14-stelligen
Logarithmen (im goniometrischen Teil für Centesimaltheilung) , die am
Ende des vorigen Jahrhunderts unter Leitung von Prony im Aufträge
des Katasterdienstes berechnet worden sind; dieses Werk, das 1794 bis
99 durch eine grosse Zahl von Rechnern durckgeführt wurde, charak-
terisirte Prony selbst in seiner Ankündigung im Institut am 1. Ger-
minal des Jahres IX mit den Worten: „Da allem, was sich auf das
französische metrische System bezieht, eine hervorragende, die allgemeine
Aufmerksamkeit fesselnde Bedeutung verliehen, und weil für jene Dinge
das allgemeine Vertrauen durch Ueberflügelung aller bisherigen ähnlichen
Leistungen erworben werden sollte, so lag es nicht nur in meinem Auf-
träge, diese Tafeln in möglichster Fehlerfreiheit herzustellen, sondern
auch sie zum umfassendsten und mächtigsten Rechnungswerke zu machen,
das je au8geftlhrt oders elbst nur geplant wurde.“ Die Tafeln bestanden
denn auch die Prüfung der dafür niedergesetzten Commission (Lagrange,
Laplace und Delambre) aufs beste; nach dem Vorschläge der Com-
mission sollten diese „Katastertafeln“ gedruckt werden, weniger zum
unmittelbaren Gebrauch, denn „als Vorbild für die Anordnung und als
Prüfungsmittel aller Tafeln, deren Veröffentlichung die Praxis wünschens-
werth erscheinen lassen wird.“ Die Akademie ging sofort auf diesen
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Biicherschau.
581
Vorschlag ein, Prony sollte die Tafeln 12-stellig, mit dritten Diffe-
renzen einschliesslich, veröffentlichen; die Publication hätte 1200 Folio-
seiten erfordert, man kam aber über zwei Drittel des Satzes nicht hinaus, der
Druck begann gar nicht und ist nie wieder aufgenommen worden. Es sind
jetzt 2 Exemplare der 14-stelligen Prony’schen Katastertafeln hand-
schriftlich vorhanden (je 17 Foliobände), das eine auf der Bibliothek
des Instituts, das andere auf dem Pariser Observatorium. Sie enthalten
die Logarithmen der Zahlen bis 200000 und die der Sin und Tang fllr
den ganzen Quadranten von 10" zu 10" ; die Diflferenzreihen sind bis zur
6. angegeben. Im Vorwort des jetzt vorliegenden Werks (von General
Derrecagaix) ist ein Beispiel der Anordnung jener Tafeln gegeben.
Es sind daselbst auch ziemlich eingehend die Maassregeln mitge-
theilt, welche dem neuen 8-stelligen Werk möglichste Fehlerfreiheit
sichern sollten und welche in der That noch zur Entdeckung einer kleinen
Zahl von Fehlern in dem benutzten Exemplar des Prony’schen Werkes
geführt haben. Der Band enthält die Zahlenlogarithmen von 1 bis 120000
und die Log. der goniometrischen Functionen von 10" zu 10' ; von
0» bis 59 sind auch die zur Rechnung mit solchen kleinen Winkeln er-
sin " tun et"
forderlichen log — und — -% angegeben. Bei der 8. Stelle ist
OL OL
im ganzen Werk durch nachgesetzte Punkte (den Minus -Strichen unter
der 7. Stelle bei Schrön entsprechend) angedeutet, ob die Stelle durch
Erhöhung entstanden ist oder nicht; man rechnet also bei Beachtung
dieser Punkte 8- bis 9-stellig und kann so die 8. Stelle auch bei län-
gerer Log. - Addition ziemlich sichern. „Alle Einzelheiten der typogra-
phischen Ausstattung sind der Gegenstand eingehender Studien und zahl-
loser Versuche gewesen.“ Die Ziffern sind vollständig neu in der Form
und in der That vortrefflich, aufs leichteste lesbar und in gut gewählten
Zwischenräumen gesetzt, das Papier ist leicht gelb; die Anordnung des
goniometrischen Theils ist sehr übersichtlich; die ganze Ausstattung des
starken Bandes lässt nichts zu wünschen übrig. Die unlängst vom Ita
lienischen Militär-Geographischen Institute angefertigte Reproduction des
VegaVhen Thesaurus wird für die meisten geodätischen Zwecke durch
das vorliegende Werk rasch in den Hintergrund gedrängt werden, selbst
für jene Fälle, in denen gemessene Winkel erst von der alten in die
neue Theilung übersetzt werden müssen. Ref. hat dies kürzlich bei Be-
rechnung einer kleinen Triangulirung gethan und kann auch nach son-
stiger Erfahrung die Rechnung mit der neuen Tafel als sehr bequem
bezeichnen. Das Werk soll die vergriffene 7-stellige Tafel für neue
Theilung, die Bord a berechnet und Del amb re veröffentlicht hat, er-
setzen; — es wird übrigens hier im Vorwort die Angabe vermisst, dass
die erste gedruckte Tafel für die Centesimal - Theilung des Quadranten
in Deutschland erschien, die Tafeln vonHobert und Ideler kamen
1799 in Berlin heraus — ; es ist im Jahre 1887 unter Leitung von
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582
Biicherschau.
Perrier begonnen und nach dessen Tode unter Leitung von Bassot
beendigt worden.
2) Die Centesimaltheilung des Quadranten, 1782 von Lagrange
vorgeschlagen, wie oben erwähnt zuerst von Bord a in ausführlicheren
Tafeln verwendet, an den Instrumenten für die neue (dritte) französische
Meridianbogenmessung benutzt und von ihm für viel allgemeiner nützlich
erklärt, als die Einheitlichkeit der metrischen Maasse und Gewichte
von Delambre und Mdchain eben in jener grossen Triangulirung
bei Messung und Rechnung gebraucht, dann von Laplace und später
vonLeVerrier dringend zur allgemeinen Anwendung empfohlen, „wird
jetzt von der Mehrzahl der französischen Geodäten fast ein Jahrhundert
lang benutzt. Die dabei erzielten Erfolge haben definitiv die Ueber-
legenheit der neuen Theilung Uber die alte bewiesen, sowohl für die
Instrumente als für die Rechnung.“ (Bericht von Derrecagaix an
die Akad. der Wiss., C. R. CXII, S. 277.) Es ist bekannt, dass auch
in Deutschland, wo früher die neue Theilung nur vereinzelt Anwendung
fand (z. B. bei der badischen Triangulirung), dieses System, insbesondere
seit allgemeiner Einführung der tachymetrischen Methode für gewisse
Messungen, mehr und mehr Eingang findet. *) Dagegen ist nun aber neuer-
dings wiederholt die Behauptung aufgetaucht, die Einheit, in der die
Winkel zu messen seien, sei der volle, nicht der rechte Winkel; **)
es ist bekannt, dass diese Ansicht besonders in Yvon Villarceau
einen eifrigen Verfechter gefunden hat. Man muss nun zugeben, dass
es theoretisch natürlioher wäre, die ganze Periode des Arguments der
goniometrischen Functionen, d. h. den vollen Umkreis, als Maasscinheit
zu nehmen; dass dem ganzen Sterntag als zunächst gegebener, natür-
licher Zeiteinheit in der Astronomie der ganze Umfang als Bogenein-
heit entspricht und dass fiir gewisse astronomische Rechnungen diese
Einrichtung Vortheile bietet; man kann aber trotzdem nicht zugeben,
dass der rechte Winkel im Gegensatz dazu eine künstliche oder gar
willkürliche Winkeleinheit vorstelle, denn an jenen sind wir durch die
Grundlagen der Geometrie, den Gang der goniometrischen Functionen,
die rechtwinkligen Coordinaten gebunden.
*) Es dürfte hier übrigens die Bemerkung von Interesse sein, dass viel-
leicht die erste decimale Winkeltheilung in Deutschland angewandt wurde.
S. Günther hat nachgewiesen, dass ein deutscher Geograph in der ersten
Hälfte des 16. Jahrhunderts den alten Grad (i/90 des Quadranten) decimal
weiter theilte; und in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts hat der flämische
Mathematiker S. Stevin, der zuerst nachdrücklich auf die Bequemlichkeit der
Decimalbrüche statt der gewöhnlichen in der Arithmetik hinwies, ebenfalls
die decimale, bezw. centesimale Untertheilung der Winkeleinheit verfochten.
Ganz neuerdings ist in Deutschland der Vorschlag, den alten Grad beizubehalten,
aber decimal zu theilen, wiederholt worden.
**) Vgl. z. B. des Ref. Schrift: Nullmeridian und Weltzeit, Hamburg 1888,
S. 58 ff.
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Bücherschau.
583
Die erste praktische Folge jener Ansicht nun sind die 8-stelIigen
Tafeln von Prof. Mendizäbal y Tamborrel, einem der mexikanischen
Bevollmächtigten zur Internationalen Erdmessung. Er bezeichnet den vollen
Winkel (dem ganzen Kreisumfang entsprechend) mit y (gon) und demnach
'/io 1> Vioo Y> Vi oooooo 7 als Decigon, Centigon, Mikrogon.
Ein Mikrogon ist also = 4” = 1,"296. Die Tafeln enthalten die Logarith-
men der Zahlen 1 bis 125 000 und die der gonioraetrischen Functionen
von Mikrogon zu Mikrogon. Von den Zahlenlogarithmen hat der Verf. die bis
1200 dem Werk von Callet und die von 100000 bis 108 000 der Tafel
von Schrön entnommen; alle übrigen Log., ebenso die der goniometrischen
Zahlen sind neu 10-stellig berechnet. Die Vergleichung mit den oben ange-
führten Prony’schen Tafeln ergab nach dem Verfasser einige Irrthümer
in dieser seiner Rechnung, es wurden „aber auch einige Fehler aufge-
funden, die in den genannten Tafeln vorhanden waren“. Nach dem
Druck hat der Verf. die ganze goniometrische Tafel nochmals durch Bildung
der log sin durch Addition der zusammengehörigen log tg und log cos
geprüft. Noch vor Vollendnng des Drucks dieser Tafeln waren die
unter 1) angezeigten erschienen und Tamborrel hat auch diese noch mit
den seinigen verglichen. In den Tafeln 1) zeigten sich dabei 8 Fehler,
die durch die Akad. der Wiss. angezeigt worden sind. Für das erste
>/80 des ganzen Umfangs (in gewöhnlicher Tlieilung 5^ = 4 */2 °) sind auch
hier die Verhältnisse
und
tgct
unter den Bezeichnungen S undT1
a a
angegeben. In der Tafel der goniometrischen Log. wird jede Seite einem
Milligon entsprechen, das Argument hat das Intervall eines Centimilligon
(== 10 mr). In Beziehung auf Einrichtung und Ausstattung hält die Tafel
2) den Vergleich mit 1) nicht aus: die Ziffern sind kleiner und sehr eng
gesetzt, so dass man leicht Fehlern und rascher Ermüdung ausgesetzt
ist; während z. B. die Zahlenlog. in 1) 226 S. umfassen, sind sie hier
auf 59 S. zusammengedrängt.
Man hatte seither hei trigonometrischen Erdmessungs- Rechnungen
die Wahl, sich entweder mit 7 Decimalen (bez. mit Andeutung der 8.
nach Schrön) zu begnügen oder den unbequemen 10-stelligen The-
saurus zu verwenden. Da die erste Annahme vielfach nicht ganz aus-
reicht (z. B. beim Ansatz der Seitenbedingungen in der Ausgleichung
u. s. f.), so kommen die hier angezeigten Tafeln in der That einem Be-
dürfnis der höheren Geodäsie entgegen; und obgleich die Tafel 2) sich
an Bequemlichkeit der Anwendung mit 1) nicht messen kann, obgleich
*) Ref. muss hier anmerken, dass der zweite gouiotmotrischo Theii des
Werks noch nicht herausgegeben zu sein scheint; wenigstens habe ich ihn bueh-
händierisch noch nicht erlangen können, berichte vielmehr nach mir vorliegenden
Probeblättern des zweiten Theils.
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584
Pereonalnachrichten. Prüfungen. Berichtigung.
sie eine Kreistheilung voraussetzt, die in absehbarer Zeit gewiss nicht
allgemeiner gebraucht werden wird , kann sie doch zur Controle der
aus 1) zu entnehmenden Zahlen werthvolle Dienste leisten. Bei allem
Vertrauen, das man der Correctheit der Tafel 1) entgegenbringen darf,
ist es doch erfahrungsgemäss unwahrscheinlich, dass sie vollkommen frei
von Fehlern sei (es sind bis jetzt in jeder grösseren Tafelsammlnng
ohne Ausnahme Fehler nachgewiesen worden); und oft genug haben
Tafeldruckfehler umständliche Rechnungswiederholungen nothwendig ge-
macht. Als ein neueres Beispiel dieser Art sei nur das schöne Sächsische
Netz I. 0. angeführt, dessen Netzausgleichung Nagel nach vollständiger
Erledigung zum grössten Tbeil wiederholen musste, weil in Folge eines
nicht sofort ins Auge fallenden, aber doch wesentlichen Druckfehlers im
Thesaurus in eine der 62 Seitenbedingungsgleichungen ein Fehler Bich
eingeschlichen hatte. Hammer.
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. S. M. d. König haben Allergnädigst
geruht, dem Auseinandersetzungslandmesser und Vermessungsrevisor
Nibelung zu Hildburghausen die Erlaubnis zur Anlegung des ihm
verliehenen Ritterkreuzes 2. Kl. des Herzoglich Sachsen - ernestinischen
Hausorden zu ertheilen.
Finanz- Ministerium. Der Kataster-Controleur, Steuer-Inspector
Fressei zu Ibbenbüren ist in gleicher Diensteigenschaft nach Osnabrück
versetzt und der Kataster-Assistent Schmitz in Münster zum Kataster-
Controleur in Ibbenbüren bestellt worden.
Der Kataster-Controleur Heim in Simmern ist in gleicher Dienst-
eigenschaft nach Essen versetzt.
Die Kataster- Assistenten Bunz in Cassel, Keul in Wiesbaden und
Pfund t in Bromberg sind zu Kataster-Controleuren in Wolfhagen, in
Simmern und bezw. in Kulm bestellt worden.
Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten.
Der Landmesser, Vermessungsrevisor Nowak zu Breslau ist zum König-
lichen Ober-Landmesser ernannt worden.
Prüfungen.
Bayern. Vom 14. bis 27. September d. J. fand beim k. Kataster-
bureau zu München eine praktische Concursprüfung für Bezirks-, Ka-
taster- und Flurbereinigungs Geometer statt. An derselben betheiligten
sich 17 Candidaten, welche theils 1889 theils 1890 das Absolutoirnm
an der technischen Hochschule erlangt und inzwischen die vorgeschriebene
zweijährige Praxis zurückgelegt hatten.
Berichtigung.
In dem Artikel Uber die Leibnitz’sche Rechenmaschine S. 545—551
des vorigen Heftes 19 soll überall stehen Leibnitz statt Leibniz.
Inhalt.
Grössere Mittheilungen: Der Feldschreibtisch von A. Behren. — Aus den
Reichslanden. — Kleinere Mittheilungen: Ein Vorschlag an die Herren Collcgen
etc. von Marseille. — BUcherschau von Hammer. — Personalnachrichten. —
Prüfungen. — Berichtignng.
Verlag von Conrad Wittwer, Stuttgart. — Druck von Gebrüder Jünecke in Hannover.
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585
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover, Steuer-Rath in Manchen.
*
1892. Heft 21. Band XXI.
1. November. ■< — —
Das Teleobjectiv und seine Verwendbarkeit zu
photogrammetrischen Aufnahmen.
Bei dem regen Interesse, welches technische Kreise in den letzten
Jahren der Photogrammetrie entgegenbringen, dürfte die Besprechung
eines photographischen Objective, welches die Leistungsfähigkeit dieser
Aufnahmsmethode wesentlich erhöht, nicht unwillkommen sein.
Eine wesentliche Schwierigkeit bei der photogrammetrischen Terrain-
aufnahme, welche hier vorwiegend berücksichtigt werden soll, liegt darin
dass der Maassstab des Bildes nothwendig ein ziemlich kleiner sein muss,
da [man mit Rücksicht auf die Transportfähigkeit des Apparates mit
fixer Bilddistanz, keine Objective mit allzu grosser Brennweite wählen
konnte. Als praktisch haben sich Brennweiten zwischen 18 und 25 cm
erwiesen.
Aus deni'bekannten Verhältniss zwischen Bild weite (b) Gegenstands-
weite (a) und Brennweite (/)
-1 + 1= 1
a ' b f
ergiebt sich —-= f ■ ,
a a — /
oder da sich die Höhe des Bildes B zur Höhe des Gegenstandes A wie
die zugehörigen Distanzen verhalten, ist auch
B f f
A a — / a ’
da bei einigermaassen entfernten Gegenständen die Grösse /' gegen
die Gegenstandsweite « vernachlässigt werden kann.
A-f
a-B-
Es ist somit
Soll nun eine Höhendifferenz von A = 1 m noch sicher aus der
Photographie zu entnehmen sein,_[ so darf das Bild von A nicht kleiner
als B — 0,0001 m werden, woraus für verschiedene Brennweiten (f) der
Zeitschrift für Vermessnnprswesen. 1S92. lieft 21. H8
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586
llafferl. Das Teleobjectiv und seine Verwendbarkeit
zugehörige Werth von ( a )) also der zulässige Abstand eines I'm hohen
Gegenstandes vom Standpunkte (Gegenstandsweite) sich ergiebt mit
a — 1800 m bei /= 0,18 m
2000 m 0,20 tn
2500 m 0,25 m.
Hierbei ist vorausgesetzt, dass auf den zur Construction verwendeten
Bildern auch wirklich 0,0001 m mit Sicherheit gemessen werden könne,
was thatsächlich nur unter Zuhiilfenahme besonderer Instrumente und
Überdies durch unbequemere Arbeit auf den Originalnegativen möglich
sein wird.
Fllr die Construction nach Papierabziigen wird man mit der zu-
lässigen Minimalgrösse des Bildes nicht unter 0,00025 m gehen dürfen;
man erhält dann die grösste zulässige Gegenstandsweite (a).
Für y = 0,18 m a = 720 m
> 0,20 m 800 m
0,25 m 100(1 m.
Es ergiebt sich damit die Nothwendigkeit für Detailaufnahmen die
Standpunkte verhältnissmässig nahe an das Object zu legen, was vielfach
grossen Schwierigkeiten begegnen wird.
Diesem Uebelstande konnte bisher nur durch Anwendung langer
Brennweiten und dadurch complicirterer Apparate *) oder durch nach-
trägliche Vergrösserung der Originalaufnahmen abgeholfen werden, welch
letzteres Verfahren aber wieder Anlass zu neuen Fehlerquellen giebt.
Eine gründliche Abhilfe scheint durch das Teleobjectiv gegeben.
Die ersten Nachrichten hierüber fand Verfasser im Herbst vorigen Jahres
in der naturwissenschaftlichen Wochenschrift „Prometheus“, wonach
Dr. Adolf Mi et he in Berlin die Construction zum Patente angemeldet
habe. Am 10. December 1891 hielt der bekannte englische Optiker
Th. R. Dalimeyer im Camera Club in London einen Vortrag „über
ein neues teleskopisches Objectiv fiir photographische Zwecke“, welches
er erfunden und im Herbste 1891 construirt habe. **)
Sowohl Miethe’s als auch Dallmeyer’s Construction
beruht auf genau dem gleichen Principe, wonach die
Combination einer biconvexen Vorderlinse und einer
biconcaven Hinterlinse bei entsprechendem Abstande der-
*) Ein für variable Brennweiten bis zu 0,50m geeigneter photogrammetrischer
Apparat wurde im vergangenen Jahre vom Verfasser entworfen, nachdem aber
die langen Brennweiten durch das Teleobjectiv nunmehr Überflüssig werden,
wieder bei Seite gelegt.
**) Ucbersotzung dieses Vortrages erschien in „Lcchnor's Mittheilongcu*
Februar 1892. — Während der Arbeit an vorliegendem Aufsatze wurden dem
Verfasser noch folgende Publicationen über diesen Gegenstand bekannt:
Photographische Correspondenz, Februar 1892. Aufsatz von Dr. A. Steinheil,
März 1892. Mittheilungen von Dr. Eder, April 1892. Vortrag des Herrn
B. Spitaler über Fornobjective.
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zu photogrammetrisehen Aufnahmen. 587
selben, reelle umgekehrte Bilder liefert, welche bei
gleicher Bildweite mehr oder weniger gegen diejenigen
eines gewöhnlichen Objectivs vergrössert sind. — Die
Elemente der Combination sind dieselben wie bei einem galileischen
Fernrohre (Operngucker), welches allerdings in seiner gewöhnlichen Ver-
wendung aufrechte virtuelle, und nicht, wie das Teleobjectiv, umgekehrte
virtuelle Bilder ergiebt. — Setzt man aber das eine Rohr eines Opern-
guckers lichtdicht an eine Camera an und richtet auf einen entfernten
Gegenstand ein, so gelingt es durch entsprechendes Verstellen am
Operngucker und an der Camera ein vergrössertes reelles umgekehrtes
Bild jenes Gegenstandes auf der matten Scheibe zu erhalten. Allerdings
wird dasselbe nur in der Mitte scharf sein und gegen die Ränder hin
rasch verschwimmen, allein dieser Fehler rührt nur von der ftlr diesen
Zweck nicht entsprechenden Berichtigung der Linsen des galileischen
Fernrohrs her.
In beiden erwähnten Artikeln ist ausser dem Vorstehenden über
die Theorie kaum etwas erwähnt. — Da dieselbe, speciell für photo-
grammetrische Zwecke vielfache Aufschlüsse über die Anwendbarkeit des
neuen Objectivs giebt, soll sie in Nachstehendem näher erläutert werden,
ohne übrigens auf die erforderlichen optischen (sphärische und chromatische)
Correctionen einzugehen.
In der Methode der Entwicklung folgen wir P. Zech „Elementare
Behandlung von Linsensystemen“, *) welche uns am raschesten und
übersichtlichsten zum Ziele zu führen scheint. — Die dabei gemachten
Annahmen sind: Es werden nur nahe der Achse einfallende Strahlen
untersucht, so dass, auf die in Betracht kommende Ausdehnung, die
Oberflächen der Linsen als zur optischen Achse senkrecht stehende
Ebenen angenommen werden können. — Wir vernachlässigen hierbei
auch die Dicke der einzelnen Linsen, wodurch die beiden Hauptebenen
einer jeden unter sich und mit der Ebene der beiden Linsenoberflächen
zusammenfallen. — Die Ilauptebenen einer Linse oder einer Linsen-
combination sind bekanntlich jene Ebenen, welche congruente gleich-
liegende Figuren conjugiren; in anderen Worten: befindet sich ein
Gegenstand in der ersten Hauptebene einer Linsencombination, so ent-
steht ein dem Gegenstände gleichliegendes und congruentes Bild des-
selben in der zweiten Hauptebene und umgekehrt. — Bei einfachen
Linsen liegen die beiden Hauptebenen immer innerhalb der Linse selbst.
Es erscheint also die Annahme des Zusammenfallens der beiden Linsen-
oberflächen und der beiden Ilauptebenen in einer durch die Mitte der
Linse gehenden zur Achse senkrechten Ebene zulässig.
*) Erschienen in .Mathematisch - Naturwissenschaftliche Mittheilungen*.
Herausgegeben von Dr. Otto Bö ekl in. — 2. Band. 1. und 2. Heft. — Tübingen
Verlag von Franz Fucs 1887. — Ausgegeben 28. Mai 1887.
38*
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588
Hafferl. Das Teleobjectiv und seine Verwendbarkeit
Unter diesen Voraussetzungen stelle nun in Fig. 1 L, die biconvexe
Vorderlinse dar mit ihrem ersten Brennpunkte ini'1,, dem zweiten in Ff,
rift. l.
gleichzeitig die zusammenfallenden Hauptebenen Hy Hy resp. H2 H2
dar. — Die beiden Linsen Ly und L2 sollen nun combinirt werden,
d. h. es sollen die beiden Brennpunkte und die beiden Hauptebenen
einer fingirten dritten Linse bestimmt werden, deren Wirkung aequivalent
derjenigen unserer Combination aus einer biconvexen und einer biconcaven
Linse ist.
Denken wir uns zu diesem Zwecke einen zur Achse XX' des Systems
parallelen, von links kommenden Strahl St , die erste Linse Ly in St treffend,
so wird derselbe so gebrochen, dass er nach dem zweiten Brennpunkt Fy'
von Ly geht. — Er trifft hierbei die zweite Linse 1^ in St’, wo er
abermals gebrochen wird. — Um die Austrittsrichtung zu finden, ver-
längern wir die Richtung Si S" bis zum Schnitt (in S{") mit der Brenn-
ebene in F2t d. i. einer im Brennpunkte F2 auf XX' senkrechtstehenden
Ebene. — Ein zur Achse paralleler Strahl dessen Richtung durch
den Punkt Si" ginge, würde durch die biconcave Linse so gebrochen
werden, als ob er aus dem zweiten Brennpunkte F2 käme, also in der
Richtung F2 ©/' austreten. Nun hat aber jeder Punkt der Brennebene
einer Linse die Eigenschaft, dass alle Strahlen, welche durch denselben
gehen, durch die Linse in parallele Richtungen gebrochen werden, (die
Brennebene ist der unendlich fernen Ebene conjugirt). — Die Strahlen
S! Si und ©,' <£/' laufen aber, wenn man sich L 2 entfernt denkt,
beide nach dem Punkte SI" der Brennebene von 1^ , sie müssen also
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zu photograinmetrischen Aufnahmen.
589
durch L2 in parallele Richtungen gebrochen werden; es muss demnach
der Strahl S, aus der Linse L2 in S" parallel zu F{ ©" austreten.
Er schneidet die Achse in F . Es ist aber F‘ der zweite Brennpunkt
des combinirten Systems, da sich in ihm zwei zur Achse XX parallele
Strahlen, nämlich die Achse selbst und der Strahl St, nach dem Durchgang
durch das System Bchneiden.
Ein zweiter Strahl Sr trete nun im selben Abstand wie St und
parallel zu XX von rechts ein. Er trifft L2 in Sr" und wird nach
Sr in der Ebene der ersten Linse L\ gebrochen, wie wenn er vom
Brennpunkte F 2 der 2. Linse käme. — Um die Richtung seines Aus-
tritts aus Ly zu bestimmen, denken wir uns von dem Punkte ©r, in
welchem Sr" Sr' die zweite Brennebene (F{) der ersten Linse schneidet,
wieder einen Strahl parallel zur Achse ausgehen. Dieser trifft Ly in <S'r
und wird nach dem ersten Brennpunkte von Ly nach Fy gebrochen. —
Da aber die Strahlen ©r ©r' und Sr" Sr' beide von dem in der Brenn-
ebene der Linse Ly gelegenen Punkte ©, ausgehen, so müssen sie aus
Ly parallel austreten; es muss also Sr' F parallel ©r' Fy sein. Der
Schnittpunkt F des austretenden Strahles mit der Achse ist aber (aus dem
gleichen Grunde wie für F' angegeben) der erste Brennpunkt des com-
binirten Systems.
Stellen wir uns nun den Schnittpunkt i von St und Sr als leuchtenden
Punkt vor, so haben wir von den von ihm ausgehenden Lichtstrahlen
zwei construirt, nämlich i S, S/ S/' F' als einen und den andern
iST' Sr" Sr- — Sie treten in den Richtungen St" F und Sr" Sr aus
dem System aus; der Schnittpunkt dieser beiden Richtungen giebt uns
das Bild i' von i. — Betrachten wir umgekehrt i' als leuchtenden
Gegenstand, erhalten wir i als Bild. — Bild und Gegenstand (» und i ')
liegen aber in gleichem Abstande auf der gleichen Seite der Achse, es
sind daher, nach der Definition, i und i' Punkte der gesuchten Haupt-
ebenen H und H' des combinirten Systems, welche durch » resp. i'
senkrecht zur Achse X X laufen.
Aus der Construction ergeben sich auch sehr einfache Ausdrücke für
die Lage von FF' H H' gegen Ly und L2. — Der Einfachheit halber
setzen wir voraus, es seien die erste und zweite Brennweite der ersten
biconvexen Linse Ly einander gleich, also fy = f(, ebenso diejenigen
der biconcaven Linse L2, also f2 — f2 . — Wir führen nun nachstehende,
auch in der Figur angedeutete Bezeichnung ein :
biconvexe Vorderlinse biconcave Hinterlinse combinirtes System
fy Ly — Fy Ly = fy L2 F% = L2 F 2 — f2 F H — <B
Ft Lt — d Abstand der beiden Linsen L, u. L, F' IJ' = o
F\ F, = e F Ly =/ (|
II Ly— h I
F L , =/ 60
II' L, = K
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590
Ilafferl. Das Teleobjeotiv und seine Verwendbarkeit
Als Hülfsgrössen werden noch eingeführt:
Abstand der Achse vom Strahl Si resp. Sr y
„ Punkte Sr p
Sir
i P
„ Strahle <Br' @r q
n » ®. 4-
Hierbei wird eine Grösse als positiv angenommen, wenn sie im
Sinne der vorstehenden Bezeichnung verläuft, es ist also z. B. h > 0,
wenn H links von Lx liegt, ergiebt sich A < 0 so liegt H rechts von L{.
Wir können nun sämmtliche gesuchten Grössen durch die gegebenen
Bestimmungsstucke der Vorder- und Hinterlinse fx und /2 sowie durch
den Abstand d derselben ausdrücken.
Aus der Figur folgt unmittelbar
e—d +/2 — fi ,
so dass wir auch e als bekannt annehmen können, wodurch sich die
Formeln einfacher gestalten.
Die gesuchten Grössen ergeben sich aus der Figur durch die Be-
ziehungen zwischen ähnlichen Dreiecken u. zw.
1)
L
fl
_P ..d+ft
q e
.. (1)
2)
A
Ji
_ P' _ fl ~ d
q e
■r -**=*..
.. (2)
3)
h
p y a
h — fr . —
.. (3)
fl
q e
•'1 e
4)
K
_y — p' d
K —fr —
.. W
fi
q e
n e
5)
<P =
... = ..
T e
.. (5)
6)
9-
=f+K=frf^zA+f2±
• A h
* -~T
.. (6)
Aus (5) und (6) folgt
<P = ? =
/1/2
(7)
Die Gleichung (7) sagt, dass die beiden Brennweiten einer Linsen-
combination gleich sind, wenn dieses auch für die beiden Brennweiten
der einzelnen Linsen der Fall ist.
Die vorstehend entwickelten Formeln gelten unter den gemachten
Voraussetzungen für jede beliebige Linsencombination, wenn nur die
Vorzeichen der einzelnen Werthe im oben erwähnten Sinne eingeführt
werden.
Kennt man die Lage der Brennpunkte und Hauptebenen eines
Systems, so gestaltet sich die Construction des Bildes eines gegebenen
Gegenstandes sehr einfach.
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zu photogrammetrischen Aufnahmen.
591
Ein Gegenstand G Gj (Fig. 2) von der Höhe A stehe im Ab-
stande a von der ersten Hauptebene II senkrecht auf der Achse X X .
Fig. 2.
>r
Ein von seinem oberen Ende G parallel zur Achse A X' ausgehender
Lichtstrahl lauft bis zur zweiten Hauptebene H' gerade durch und von
hier nach dem zweiten Brennpunkte F des combinirten Systems.
Ein von G in der Richtung nach dem ersten Brennpunkt F laufender
Strahl behält diese Richtung bis zum Schnitt mit der 1. Hauptebene
bei, von hier aus verläuft er weiter parallel mit X X ' und schneidet
den erst betrachteten Strahl in G' dem Bilde von G. Der beschriebene
Verlauf dieser beiden Strahlen folgt unmittelbar aus den bereits be-
kannten Eigenschaften der Hauptebenen und Brennpunkte eines Systems.
Fällt man von G' eine Senkrechte auf die Achse, so giebt ihr
Fusspunkt G{ das Bild von Gx . Es ist also G' G\ mit der Höhe ß
und dem Abstande b von der zweiten Hauptebene II' das Bild des
Gegenstandes G Gt von der Höhe A im Abstande a von der ersten
Hauptebene II des Systems.
Wie die Construction zeigt ist G' G{ ein umgekehrtes reelles Bild,
da sich die von einem Punkte oberhalb der Achse X X' kommenden
Strahlen hinter dem Linsensysteme unterhalb der Achse thatsächlich
schneiden.
Die Beziehung zwischen Gegenstandsweite a und Bildweite b ergiebt
sieh unter Berücksichtigung, dass cp — cp' aus der Figur mit
a — cp A cp
cp B b — cp’
woraus
ab — otp — cp 6 -|- cp2 = cs2,
ab cp
die bekanute Linsfeuformel ; oder durch Auflösung nach b
<H)
a — cp
(9)
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592
Hafferl. I)a« Telcobjectiv und seine Verwendbarkeit
In unseren Falle ist weniger der Abstand des Bildes von der Haupt-
ebene des combinirten Systems als derjenige von der Vorderlinse L, von
Wesenheit. Bezeichnen wir diesen mit ß, so ist
ß = b — // -f- d (10)
Die durch das System erzielte Vergrössernng wird dargestellt durch
den Ausdruck
A a —
Iß 9
B= = —
a —
f.
?
(11)
Um die neue Linseucombination mit den gewöhnlichen Objectiven
vergleichen zu können, benöthigen wir noch den Ausdruck für die Grösse Bt
desjenigen Bildes, welches eine entsprechende, an die Stelle der Vorder-
linse Lt gebrachte, einzige gewöhnliche Biconcavlinse von dem Gegen-
stände A bei der gleichen Bilddistanz ß hervorbringen würde. Diese ist:
«i
worin at der Abstand des Gegenstandes von der Vorderlinse, also
«i = a + h
ist.
Bi =!
(12)
Alle vorstehenden Gleichungen lassen sich leicht derart umformen,
dass sie ausser einer der gesuchten Grössen 9, /’, h, f , h' , b, ß, B, Bt
nur noch die bekannten A, a und die Variable d enthalten. — Die
analytische Untersuchung dieser umgeformten Gleichungen ergiebt, dass
sie sämmtlich Hyperbeln darstellen. — Diese Hyperbeln wurden nun für
den speciellen Fall, dass
/l = 10 cm ; fi = 1 cm; A — 100 m ; a — 1000 m
in Fig. 3 gezeichnet. Um eine bessere Uebersicht zu erhalten, wurden
einige zulässige Vernachlässigungen gemacht, u. zw. können wir in
Glchg. (9) 9 gegen a vernachlässigen, wodurch sie übergeht in
6 = 9,
so dass die Curven für 9 und b zusammenfallen, was streng genommen
nur für a == 00 richtig ist.
Dasselbe gilt für (11), welche übergeht in
A
r ?>
B
nach welcher Formel die Hyperbel für B construirt wurde.
In der Figur sind sämmtliche Maasse in natürlicherGrösse dargestellt,
u. zw. ist der Abstand d der biconcaven Hinterlinse von der biconvexen
Vorderlinse als Abscisse, die Werthe von hl, 9, b, ß, B, Bl als Ordinaten
aufgetragen, so dass eine Senkrechte in einem Punkte der Abscissen-Aclise
direct sämmtliche zu einer bestimmten Objectivstellung gehörigen Werthe
abschneidet.
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zu photogrammetrischon Aufnahmen.
593
Flur. a.
Es ist von vomeherein klar, dass nur diejenigen Linsenstellungen von
praktischer Bedeutung sein können, fUr welche
ß><f + c
ist, d. h. fttr welche ein Bild rech's von der Hinterlinse in einem
Minimalabstande c
entsteht, nachdem
sich die empfind-
liche Platte nicht
näher an die Hinter-
linse rücken lässt,
ein Bild also über-
haupt nicht aufge-
fangen werden
könnte. — c soll mit
Rücksicht auf die
Dicke der Hinter-
linse und deren
Fassung — 1 cm
angenommen
werden. Es wird
dann die Grenzlage
der Platte durch
eine Gerade deren
Glchg. y = d -f- 1
ist dargestellt,
welche eingezeich-
net ist. — Diejenigen
Theile der Figur,
für welche die
Curve von ß unter-
halb dieser Geraden
liegt, kommen da-
her praktisch nicht
in Betracht.
Nachdem die Fi-
gur ergiebt, dass
mit wachsendem ß
auch B zunimmt,
so giebt der Werth
d = ß — 1,
welcher dem Schnitt
der Curve ß mit
der Geraden y = d 1 entspricht, denjenigen Abstand der beidenLinsen
an, mit welchem eine Minimalbildgrösse erzielt wird. — Die Maximal-
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m
Hafferl. Das Tolcobjeetiv und seine Verwendbarkeit
bildgrösse hängt nur von der Auszogslänge der Camera ab, da sowohl
B als ß für d = 9 cm den Werth oo erhalten.
Die Auszugslänge der Camera möge ß = 50 cm betragen, dann
ergiebt -sich fUr das . betrachtete Teleobjectiv
dmtii — 9*5 cm für ß = 10‘5 cm
t/min = 9 '02 cm „ ß == 500 cm
diesen beiden Werthen entsprechen nachstehende aequivalente Brenn-
weiten (p und Bildgrössen B und ßj eines 100 m hohen, 1000 m ent-
fernten Gegenstandes.
cm cm cm
dmtlx = 9-5 9 = 20 00 B = 20004
dm in = 9-02 9 = 500 00 B = 50-352
Hierbei giebt der abgerundete Werth ~ an, wie viel mal so gross
das Teleobjectiv einen Gegenstand A im Abstande a darstellt, als ein
gewöhnliches Objectiv, u. zw. bei dem gleichen Abstande der Platte,
das einemal von der Vorderlinse des Teleobjectives, das anderemal von dem
gewöhnlichen Objective. Die Werthe 9, ß, B, Bx, ^ für d = 9-0 bis
d = 9-5 sind in Fig. 4 in grösserem Maassstabe dargestellt.
Wir erhalten also mit der gewählten Linsencombination und einer
Camera von 50 cm Auszugslänge von einem Gegenstand in 1000 m Ent-
fernung mindestens ein doppelt sö grosses Bild als mit einem gewöhn-
lichen Objectiv, können aber nach Belieben auch ein 10 mal so grosses
erhalten, zu welchem Zwecke wir die Distanz von Vorder- und Hinter-
linse nur um 0-48 cm zu ändern brauchen.
Wie soll nun dieses Objectiv für photogrammetrische Zwecke an-
gewendet werden?
Die grösste Genauigkeit und Bequemlichkeit wird jedenfalls durch
einen Apparat mit fixer Brennweite erzielt und zwar können wir als
mittleres Maass für diese 20 cm annehmen. — Denken wir uns in einen
derart construirten Apparat unser Teleobjectiv mit der Vorderlinse einge-
schraubt, so dass
. " ß = const. = 20 cm
wird und ändern die Distanz d der Hinterlinse gegen die Vorderlinse,
2?, =1-05 w = 2
B, = 500 = 10
XJ|
so haben wir nach Glchg. (10):
20 = ft — K + d
a ©
a — ©
— K' + d.
/
Setzen wir a = n ■ 9,
so ergiebt sich nach Einsetzung der durch ft ,/2 und d ausgedrückten
Werthe von 9 und h
n ■ (Jt, + 20) d - d* + 20 (.ft /,) .
-■ i ■ : in -.1 ,> it fi /2 ■■■..
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zu photograinraotrisclien Aufnahmen.
595
und nach Einführung der früher angenommenen Brennweiten /,
fl — 1 cm 30 d — - d2 — 180
n = 30 d — (ß— 190
10 cm
• (13)
Wir erhalten hieraus den Abstand d der Vorder- und Hinterlinse,
welcher erforderlich ist, damit ein •*> weit entfernter Punkt ein scharfes
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596
Hafferl. Das Teleobjectiv und seine Verwendbarkeit
Es wird aber n= *>, wenn entweder . 1) der Zähler des Bruches
30 d — d2 — 180 = oo,
was nur der Fall, wenn d — oo, oder 2) der Nenner =0
30 d — rf2 — 190 = 0
d= 15 ± |/— 190 -f 152
j 1 20-916
I 9084.
Hiervon hat bei einer Bilddistanz von ß = 20 cm nur der zweite
Werth d = 9 084 cm eine praktische Bedeutung. Dieser bildet den
unteren Grenzwerth für die nachfolgende Tabelle, welche für verschiedene
Linsenstellungen den Abstand a angiebt, welchen ein Punkt von der
ersten Hauptebene haben muss, damit er in der Bilddistanz ß = 20 cm
scharf abgebildet wird. Ferner sind darin angegeben die Abstände h h
der Hauptebenen, die aequivalente Brennweite und die Bildgrösse eines
1 m hohen Gegenstandes in dem betreffenden Abstande a von der
1. Hauptebene. Sein Abstand von der Vorderlinse ist dann aj = a + /(
ß
woraus sich B und endlich _ als Vergrösserungsverhältniss ergiebt.
Die Tabelle ist soweit geführt, bis die Grösse B j (das Bild durch
ein entsprechendes gewöhnliches Objectiv auf 20 cm Bilddistanz)
> 0-025 cm wird, dass sich also ein Gegenstand von 1 m Höhe mittelst
eines gewöhnlichen Objectives in einer für die Construction genügenden
Grösse abbildet, nachdem von diesem Punkte ab das Teleobjectiv über-
flüssig wird.
Ist für ein gewähltes d aus (13) n berechnet und aus Glchg. 3, 4 und 7
der Werth von h, h und tp, so ergiebt sich
a — n ■
<j| = a -j- h
100 _ 100
a — <p n — 1
für A = 100 cm B in cm
zu photograminetrischen Aufnahmen.
597
1
a( = o+ A
B -m
„ 2000
i<i = — —
«l
(abgerundet)
— j
» — 1
in Metern
in Ccntimctern
abs. Zahl.
oo
c©
0
0
—
56579
5668-7
0 021
00036
6
3600-0
3610*8
0033
00055
6
26372
26480
0-045
00076
6
2078-6
2089-4
0057
0-0095
6
1716-3
1727-1
0070
0012
6
920-4
9311
0-128
0022
6
626-7
637-3
0187
0031
6
Die Columne für Bt zeigt, dass wir das gewöhnliche Objectiv für
alle Gegenstände, welche näher als 637 m liegen anstandslos verwenden
können, nachdem ein Gegenstand von 1 m Höhe in 637 m Entfernung
sich noch 0-31 mm hoch abbildet. Für diese Entfernung hätte beim
Teleobjectiv der Abstand d der beiden Linsen 9-0855 cm zu betragen.
Behalten wir diese Stellung als fixe bei, so entsteht nur das Bild eines
Gegenstandes in 637 m genau auf der Platte, die Bilddistanz für ver-
schiedene Entfernungen (o) ist
a} — 637-3 m ß = 20-0000 cm 20 — ß = 0-0000 cm
2000 19-8935 0-1065
5000 19-8535 0-1465.
Für einen 5000 m entfernten Gegenstand entsteht also das Bild
um 0-1465 cm vor der Platte, ein Punkt bildet sich daher nicht mehr
als Punkt ab sondern als Kreisfläche. Nehmen wir die wirksame
Oeffnung des Objectivs mit 4 cm an, so erhält dieser Kreis einen
Durchmesser von 0-03 cm, was schon sichtlich als Unschärfe erscheint.
Durch Anwendung von Blenden lässt sich dieselbe wohl wesentlich
vermindern, es empfiehlt sich aber jedenfalls einen mittleren Werth von
d in Anwendung zu bringen. Hierfür eignet sich d = 9-0846 cm. Es
ergiebt sich bei dieser fixen Stellung: <p— 118-203 cm und für
o= 626 7 9204 1716 3 2078'6 2637 2 3600-0 5657 9 m
3 = 20157 20-087 20016 20002 19 983 19974 19956 19 905 cm
20 - 3 = —0 157 — 0087 — 0016 — 0002 +0017 +0.026 + 0 044+0 095 cm
Durchmesser des Zerstreuungskreises
= 0 0314 0 0174 0 0032 0 0004 0 0034 00052 0 0088 0 0190.
Man erhält somit durch dieses Objectiv bei voller Oeffnung scharfe
Bilder aller Gegenstände, welche in Distanzen zwischen 1500 m und
6000 m liegen, da für diese Entfernungen der Zerstreuungskreis, d. h.
das Bild eines mathematischen Punktes auf der Platte keinen grösseren
Durchmesser als 0-1 mm erhält. Verwenden wir eine Blende von 1 cm
Durchmesser, so reducirt sich der Durchmesser des Zerstreuungskreesis
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598 Ilafforl Das Teleobjoctiv und seine Verwendbarkeit
auf */4 der angeführten Werthe und wir erhalten dann sämmtliche
Punkte, für welche wir das Objeetiv anwenden wollten, scharf. — Es ist
somit für photogrammetrisehe Terrainaufnahmen im Allgemeinen nicht
erforderlich, die Distanz d von Vorder- und Iiinterlinse variabel zu
machen, wohl aber wird diese Einrichtung notkwendig, wenn das Telc-
objectiv zur Aufnahme naher Gegenstände, z. B. architektonischer Details
Verwendung finden soll.
j Bei der constructiven Verwerthung von Bildern, welche mit
*Teleobjectiven aufgenommen wurden, ist zu berücksichtigen, dass für das
Teleobjectiv nicht die beiden Hauptebenen als z. B. in der Mitte der
Vorderlinse zusammenfallend augenommen werden dürfen. Beide Haupt-
ebenen liegen vielmehr zwischen Vorderlinse und Gegenstand u. zw.
die erste im Abstande h, die zweite im Abstande /(' — d vor derselben,
ber Gang der Lichtstrahlen ist in untenstehender Fig. 5 dargestellt.
Ein Strahl welcher die
1. Hauptebene H unter
dem Winkel trifft, geht
v von hier bis zur zweiten
£ Hauptebeue H' parallel
$ zur Achse und tritt aus
R1- - H' unter dem gleichen
Winkel wieder aus.
Es sind demnach zwei
Aehnlichkeitspunkte P u.
P' zu berücksichtigen.
Weiter ist zu beachten, dass der Apparat mit seiner Drehachse F,
welche nicht durch einen der Aehnlichkeitspunkte geht, auf den Stand-
punkt S im Terrain centrirt wird. Die folgenden schematischen Figuren
(Fig. 6 Aufriss, Fig. 7 Grundriss) geben ein Bild der in Betracht
kommenden Verhältnisse.
Ist für ein Bild die Richtung SM vom Standpunkte nach dem
Bildmittelpunkte M (Schnitt von Horizontal- und Verticalfaden) gegeben,
so gestaltet sich die Construction sehr einfach. Wir erhalten den
Grundriss des Negativs durch eine Senkrechte auf M S in M, wobei
die Länge M S = ß — ü.
Der zweite Aehnlichkeitspunkt P' liegt um H — d I) vor S.
Diese Grössen ß — D und K — d D stehen in Zusammenhang nur
mit dem Bilde allein, sind daher in natürlicher Grösse aufzutragen.
Der erste Aehnlichkeitspunkt P bezieht sich auf den Gegenstand. Um
ihn zu erhalten haben wir die Länge P' P—h — H d im Maassstabe
des Planes zu zeichnen.
Wir erhalten nun die Richtung nach einem Punkte X des Terrains,
dessen Bild auf dem Negative x ist, wenn wir zu xP' eine Parallele
durch P ziehen. Wollen wir das Ziehen von Parallelen vermeiden, so
Fig. 5.
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zu photogi'ammetrischen Aufnahmen. 599
können wir einfach. (Jie Platte um den Abstand PP' y.orrlicken, also
von. der. Lage Mx. nach M' und erhalten dann die, Richtnng nach
X als Verlängerung ven x P. .Soll', nicht aus, dem Negativ, sondern
ans einer Positivcopie construirt werden, so brauchen wir nur M' x'
auf die andere Seite von P nach M" x' umzuklappen. Die Richtung
nach X ist dann durch die Gerade Px" gegeben.
Soll der Plan im Maassstabe l:m gezeichnet werden, so ist, um
dieLage des ersten Aehnlichkeitspunktes und desPositivs M" x" zu erhalten,
auf der gegebenen Richtung von S aus anfzutragen, u. zw. alles in der
gleichen Einheit gemessen:
SP=U — d + D+ h~K + -■
■ • • ■ PM" =H -rf + ß. • ‘ • ■ - - .
Ist wie oben angenommen d constant, so sind auch h und //
constante Grössen. D und ß sihd fixe Längen im Apparate; es sind
somit auch die Grössen SP und PM" fUr sämmtliche Bilder constant
so lange im selben Maassstabe - construirt wird.
m .
Die Grösse S P, welche bei gewöhnlichen Objectiven und Constructionen
in nicht allzugrossem Maassstabe —0 gesetzt werden kann, ist beim
Teleobjectiv durchaus nicht zu vernachlässigen.
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600
Hafferl. Das Teleobjectiv und seine Verwendbarkeit
Legen wir wieder das in der Tabelle behandelte specielle Objectiv
zu Grunde, für welches /j = 10 cm /2 = 1 cm, ß = 20 cm d = 9,0846 cm
und es gehe die Verticalachse durch die Mitte des Apparats, so dass
D — — 10 cm, so ist
A
und es wird:
10-
9 0846
0-0846
90846
G0846
= 1073-825 cm
= 107-3825 cm
FM' =118-43 cm
Q7K.4Q
SP = 108-43 4- in cm.
m
Das letzte Glied ist dann zu vernachlässigen, wenn es kleiner als
0-01 cm wird, da die Länge dann nicht mehr aufzutragen ist. Dies
tritt ein für:
m = q5q*- = rot. 100000.
Es ist also S P= Const = 108-43 cm erst fllr Constructionen in 1 : 100000
oder noch kleineren Maassstäben.
Ist nicht die Orientirung des Plattenmittelpunktes gegeben, sondern
die Sichtung vom Standpunkte S nach irgend einem Terrainpunkte X,
dessen Bild auf der Platte x ist, so gestaltet sich die Sache etwas
complicirter.
Wir kennen in Fig. 8 den Winkel a, dessen tg sich aus der
Abscisse von x" auf der Platte und der bekannten Grösse PM" ergiebt,
ferner die Länge PS und müssen die Distanz SX—a des anvisirten
Fig. s. Punktes Xvom
Standpunkte
als bekannt vor-
aussetzen. Der
Winkel <p in
dem Dreieck
XS P ist bei
einigermaa8sen
grossem Ab-
stande von X jedenfalls so klein, dass wir seinen sin mit dem Bogen
vertauschen und auch setzen können
XP = a — l.
Eg ist dann
. sin oc • l
sin ® = ■ —
T a
P •/ .
®= ! — • sm o
T a
at => — <f
p • l .
— ot — - — sin o.
a
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zu photogrammetrischen Aufnahmen.
601
Der Winkel a ist durch die Plattengrösse begrenzt; fllr Platten
von 24 em Breite wird
, _ 12
tg omax—
50 47'
118-43
sin amax = 010083.
Setzen wir voraus, dass Winkel < 1' nicht mehr anfgetragen werden
können, so dürfen wir otj = o setzen, wenn
9=1' oder 1=^-0-10083,
T a
woraus
a = 3438X010083X1-1843 in Meter
= 408-7 m.
Ist also der vom Standpunkte S mit irgend einem Winkelinstrumente
anvisirte Punkt X weiter als 400 m entfernt, so können wir die Strahlen
S X und P X als parallel annehmen und brauchen somit, um die
Orientirung der Mittellinie der betreffenden Platte zu erhalten an die
gemessene, im Plane eingetragene Richtung S X nach dem Punkte X,
nur den aus der Platte bestimmten Winkel X P M" = a anzutragen.
In der Praxis der Terrainaufnahme wird der Abstand a des Punktes
X fast immer > 400 m sein. Wäre dies nicht der Pall, so müsste
man trachten, o wenigstens genähert zu bestimmen und daraus nach
oben entwickelter Formel den Werth 9 rechnen, um welchen <x zu
vermindern ist, damit man die Richtung der Mittellinie der Platte erhält.
Die Höhe Y eines Terrainpunktes X Uber dem Instrumentenhorizonte
ergiebt sich aus der Höhe y des Bildes x" Uber dem Horizontaifaden mit
Y-yxlp
PY' ’
wobei X P im Maassstabe des Planes zu messen ist.
Für die Verwendung des Teleobjectives zu photogrammetrischen
Zwecken ist demnach die Kenntniss der Lage der Hauptebenen H und H'
unbedingt erforderlich. Um dieselbe für ein gegebenes Objectiv zu
bestimmen, wäre etwa folgendermaassen vorzugehen, nachdem es nicht
möglich ist, den Abstand d von Vorder- und Hinterlinse mit hinreichender
Genauigkeit zu messen.
Zunächst 3ind die Brennweiten /j und /2 von Vorder- und Hinter-
linse zu bestimmen, was wohl am verlässlichsten durch den Verfertiger
des Objectives selbst geschieht. Das Objectiv wird nun so eingestellt,
d. h. die Distanz von Vorder- und Hinterlinse so regulirt, dass es in
die Camera von fixer Bilddistanz eingeschraubt, Gegenstände in 5000 bis
6000 m Abstand, bei voller Oeffnung möglichst scharf abbildet. Diese
gegenseitige Lage von Vorder- und Hinterlinse wird fixirt.
Wir messen dann von S aus (Fig. 8) die Winkel ix a2 03 nach
Terrainpunkten, Qx Q2 Q3 deren Entfernungen Lx L 2 L3 von S so gross
sind, dass wir die Winkel in S gleich denen in P setzen können .
Zeitschrift für Vermessungswesen. 18S‘2. Heft *21. 39
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602 Hafferl. Das Teleobjectiv und seine Verwendbarkeit.
Photographiren wir nun diese Punkte, so erhalten wir die Bilder
92 93» attS deren gegenseitigem Abstande und den Winkeln von P
nach qx q2 q3, welche denen von P nach Qj Q2 Q3 gleich, also auch
— aj, oc2, 03 sind, rechnen wir mit Hülfe des pothenotischen Problems
den Abstand P M—b und daraus die Längen P </x = lx, P q2 —
P q3 = l3. Nachdem die Längen Lx , L2, L3 gegenüber 11 S sehr gross
angenommen wurden, können wir auch P Qx = Lx, P Q2 = L2) P Q3 = L3
setzen, so dass dann Lx, L2, L3 Gegenstandsweiten, lx, l2, l3 die zu-
gehörigen Bildweiten darstellen. Zwischen diesen und der Brennweite
des Linsensystems besteht aber die Beziehung
woraus cp zu rechnen ist. Die Brennweiten fx und /2 sind bekannt;
mit denselben und cp erhalten wir:
cp
d = e —fi + fi
Ä=/>*
Nachdem sich der Abstand der vertikalen Drehachse des Apparats
von der empfindlichen Platte leicht messen lässt, so ist damit alles
Erforderliche bekannt, um die Bilder des Teleobjectivs zur Construction
zu verwenden.
Es wird sich übrigens empfehlen, die so erhaltenen Werthe von
P S und P P als erste Näherung zu betrachten und damit die Rechnung
nochmals durchzuführen, indem man dann aus den Dreiecken PS Qt,
P S Q2 und P S Q3 die spitzen Winkel rechnet, damit die Winkel ax , o2, o3
corrigirt und ein neues b, lx , l2, l3 ermittelt. Diesen neuen Bilddistanzen
entsprechen die corrigirten Gegenstandsdistanzen Lx — PS, L2 — PS,
L3 — PS, woraus sich endlich das neue cp ergiebt. Wiederholt man
dieses Verfahren auch flir andere Punkte|^( Q2 Q3, welche so nahe liegen,
dass sie eben noch scharfe Bilder ergeben, so erhält man einen zweiten
Werth von cp, das Mittel aus diesen beiden giebt dann das definitive cp,
e, d, h, K .
Soll das Teleobjectiv für photogrammetrische Architekturaufnahmen
verwendet werden, wo also auch nahe Gegenstände in Frage kommen
können, so muss die Distanz d von Vorder- und Hinterlinse veränderlich
und auf O'Oö mm genau messbar gemacht werden, da sich die Lage
der Hauptebenen bei geringer Zunahme von d sehr rasch ändert. Die
Einstellung auf den betreffenden Gegenstand erfolgt durch Verlängerung
oder Verkürzung des Abstandes d von Vorder- und Hinterlinse. Die Grösse
desselben wird an der Theilung abgelesen und daraus für jeden Fall
die Lage der Hauptebenen gerechnet.
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Neigungsmesser.
603
Aus Vorstehendem ergiebt sich, dass die photogrammetrische Ver-
werthung von Bildern des Teleobjectives keinerlei wesentliche Schwierig-
keiten macht oder besonders complicirte Constructionen erfordert. Es
ist daher keine Frage, dass sich dieses Objectiv rasch ftlr photogrammetrische
Zwecke einbürgern wird, nachdem es gestattet von einem Standpunkte
auf bedeutend grössere Distanzen hinaus mit derselben Genauigkeit zu
arbeiten als mit den bisherigen Objectives Allerdings wäre zu einer
Aufnahme des ganzen Horizontes eine grosse Anzahl von Platten er-
forderlich, da der Bildwinkel des Teleobjectivs naturgemäss ein kleiner
sein muss, allein in dieser Weise dürfte es wohl selten Verwendung
finden, da man meist mit einem gewöhnlichen Objectiv die allgemeine
Aufnahme machen, dann dieses gegen ein für dieselbe Camera geeignetes
Teleobjectiv Umtauschen und mit demselben einzelne wichtigere Theile
des Gesichtsfeldes detailiren wird, was insbesondere dort eintreffen
dürfte, wo unzugängliche Terrainpartien nur von weit entfernten Stand-
punkten (z. B. jenseitige Thallehne) zu übersehen sind.
Wien, im März 1892.
F. Hafferl, Ingenieur.
Neigungsmesser.
Auf S. 87 der Zeitschrift für Vermessungswesen XIX. Band (1890)
ist mein Name im Zusammenhang mit dem Neigungsmesser genannt, der
jetzt vom Mechaniker Max Wolz in Bonn ausgeführt wird, und wie ich
zu meiner Freude höre, Beifall gefunden hat. Vielleicht ist es mir ge-
stattet, zu erzählen, wie das Instrument seine jetzige Gestalt erhalten hat.
Im Herbst 1855, als ich im Begriffe stand, der Einladung des
damaligen General-Gouverneurs von Britisch-Ostindien, Lord Dalhousie
folgend, die Verwaltung der Teakforsten in der neu erworbenen Provinz
Pegu zu übernehmen, kaufte ich mir in Berlin bei der damaligen Firma
Paetz und Flohr einige Instrumente. Ein Neigungsmesser, der damals
viel bei Drainage- Arbeiten gebraucht wurde, erregte meine Aufmerksamkeit,
und ich nahm ihn mit. Dieses Instrument hatte im Wesentlichen die
Einrichtung meines jetzigen Höhenmessers, aber es war gross und un-
behülflich. Trotzdem fand ich bald, dass es für das Messen von Baum-
höhen in tropischen Wäldern ein sehr geeignetes Werkzeug war.
Instrumente von Holz, oder theilweise vort Holz, werden bekanntlich
im feuchten tropischen Klima bald unbrauchbar. Der Höhenwuchs der
Bäume bietet ja das sicherste Mittel, um sich rasch über die Productivität
und den Werth von Waldcomplexen ein Urtheil zu bilden. Begreiflicher
Weise war mir daher dieses Instrument von grossem Nutzen.
Als ich später nach Calcutta berufen wurde, um das Forstwesen
in den anderen Provinzen des britisch-ostindischen Reiches zu organisiren,
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604
Kleinere Mittheilungen.
liess ich (1863) von dem Mechaniker der Landesvermessungsanstalt,
Seid Mohsin, einem sehr geschickten Mohamedaner, ein kleineres und
verbessertes Instrument anfertigen, welches ich von der Zeit an, während
meiner ganzen indischen Carriere, gebraucht habe und noch besitze.
Dieses, so wie eins der gleich zu erwähnenden, hat Herrn Wolz als
Muster gedient. Im Jahre 1866, als ich auf Urlaub in Europa war,
interessirte sich der verstorbene Forstdirector Burckhardt für meinen
Höhenmesser, und auf seine Empfehlung liess ich bei dem Mechaniker
A. Frerk & Sohn in Hannover eine Anzahl dieser Instrumente bauen,
welche ich nach meiner Rückkehr nach Indien unter meine Collegen und
Freunde vertheilte. Vor einigen Jahren, nachdem ich meine dortige
Thätigkeit aufgegeben hatte, wünschte ich eine neue verbesserte Aus-
gabe des Höhenmessers machen zu lassen und wandte mich auf den
Rath von Herrn Professor Koll, welcher sich freundlichst für die Sache
interessirte, an Herrn Max Wolz hier. Ich wünschte die Genauigkeit
der Beobachtung zu vergrössern, und dieses ist durch Verkleinerung des
Zwischenraumes zwischen der Gradeintheilung und der Visirlinie erreicht
worden. Früher wurde die Hemmung durch eine Schraube bewirkt,
während in den von Herrn Wolz gebauten Instrumenten der Druck
eines Knopfes den Kreis in freie Schwingung bringt. Dem Nullpunkt
der Gradtheilung gegenüber (bei 180°) war schon bei den Instrumenten
von 1863 und 1866 ein Theilstrich angebracht, um die Richtigkeit des
Instrumentes zu prüfen. Ob dies schon bei dem von 1855 der Fall
war, erinnere ich mich nicht.
Bei der Messung von Baumhöhen besteht ein Nachtheil darin, dass
man eine kleine Tabelle braucht, wenn man nicht auf ebener Erde
bei 45 0 misst; das Instrument hat aber den grossen Vortheil, dass in
angemessener Entfernung der Baum von jedem beliebigen Punkte, auch
auf stark geneigtem Hange, gemessen werden kann.
Bonn, 18. Juli 1892. Dietrich Brandis.
Kleinere Mittheilungen.
Alter Grenzstein.
Einen seltsamen Grenzstein entdeckte im vergangenen Jahre der
Professor der Königsberger Universität Dr. Bezzenberger zwischen
Rossitten und Wackern. Der Stein hat eine Höhe von 1,17 m, eine Länge
von 77 cm und eine Breite von 48 cm. Sein Alter schätzt der Professor
auf 800 — bis 1000 Jahre. Dass er in der Heidenzeit wahrscheinlich als
Götzenbild gedient hat, dafür sprechen die roh in den Granit eingc-
meisselten Umrisse einer menschlichen Gestalt (Kopf mit Andeutung von
Augen, NaBe, Mund, die Hände sind Uber die Brust gelegt). Die Schwierig-
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Kleinere Mittheilungen.
605
keiten, welche der UeberfUhrung des Steines in den Besitz der Königs-
berger Alterthumsgesellschaft Prussia entgegenstanden, wurden durch
Vermittelung der Königlichen Regierung beseitigt. Am 28. Mai d. J.
langte der wissenschaftlich werthvolle Gegenstand, wohl in Stroh ver-
packt, auf einem Wagen des Besitzers Nichau aus Rossitten in Königs-
berg an. Der interessante Stein wird an der nördlichen Seite des Schlosses,
auf der Terrasse an der Schlossstrasse am Aufgang zum Prussia-Museum
aufgestellt werden. Ein ähnliches, aber um Vieles kleineres steinernes
Götzenbild besitzt das Museum bereits in seinen Sammlungen. (Aus der
Deutschen Warte.)
Lippstadt, 25. Juli 1892. Müller, Landmesser.
Querdrainage und Längsdrainage.
Auf Seite 373 d.Zeitschr. bemerkt Herr Vermessungsrevisor Kaeppl er
in Eschwege, dass es in der Praxis schwierig sein wllrde, die beiden
Systeme Längs- und Querdrainage streng zu trennen, dass vielmehr durch
Anwendung beider Systeme je nach den Lageverhältnissen die beste
Wirkung erzielt werden würde. Ich stimme diesem Anspruch vollständig
bei, habe auch durch meine Abhandlung Uber die Umgestaltung der
Drainagebauten gar nichts anderes erreichen wollen, als dass in
dieser Weise drainirt werde. Ich habe darzulegen versucht, dass die
ausschliessliche Herrschaft der Längsdrainage von Uebel ist, dass der
Grundsatz der Querdrainage als maassgebend angesehen werden muss,
jedoch mit der Bedingung, den Saugern stets ein bestimmtes
Minimalgefälle zu geben. Hieraus folgt einmal, dass die Be-
zeichnung „Querdrainage“ nicht genau wörtlich zu nehmen ist. Man
könnte sie auch „Schrägdrainage“ nennen. Das Wort Quer-
drainage wurde von mir deshalb gewählt, um den Gegensatz gegen
die andere Bauweise Längsdrainage schärfer zum Ausdruck zu
bringen. Es folgt aber dann auch weiter, dass in allen flachen Lagen
des Geländes das für die Sauger erforderliche Gefälle nur dadurch ge-
wonnen werden kann, dass man sie der Länge nach anordnet. In
solchen Fällen ist also nach wie vor die Längsdrainage geboten. Ich
darf auf die Abbildung 10 meiner Abhandlung verweisen, welche eine
derartige Verbindung zwischen Längs- und Querdrainage darstellt. Es
ist daher die Längsdrainage nur ein besonderer Fall der
Querdrainage. Niemals jedoch tritt das Umgekehrte ein; die Quer-
drainage kommt nie zur Geltung da, wo die Längsdrainage vorherrscht.
Aus diesem Grunde ist die Vorschrift gerechtfertigt, dass die Quer-
drainage grundsätzlich beim Drainiren in Anwendung zu bringen sei.
— - Gerhardt.
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606
Unterricht und Prüfungen.
Unterricht und Prüfungen.
Nachweisun^ derjenigen Landmesser, welche die Landmesser-
Prüfung im Frülyahrstermine 1892 bestanden haben.
Lau-
fende
Nr.
Namen
Bezeichnung der
Priifungscommission.
1
a. Berufslandmesser.
Ahrens, Hermann
Berlin
2
Altmann, Fritz Hans Otto
Berlin
3
Ansorge, Fritz
Berlin
4
Bachmann, Fritz
Berlin
5
Bardenheuer, Hubert Leonard ....
Poppelsdorf
• 6
Barth, Julius
Berlin
7
Becker, Emil
Poppelsdorf
■ 8
Becker, Clemens
Poppelsdorf
9
Benkelberg, Gustav
Poppelsdorf
10
Berndt, Adolf
Poppelsdorf
11
Blasweiler, August
Poppelsdorf
12
Böckmann, Heinrich
Berlin
13
Böhler, Heinrich Rudolf Martin...
Berlin
14
Bruckisch, Ernst Imman uelJohannes
Poppelsdorf
15
Bulir, Wilhelm
Poppelsdorf i
16
Dörr, Carl
Berlin
17
Drolshagen, Friedrich Carl
Berlin
18
Fegeler, August
Poppelsdorf
i 19
Fendel, Carl
Poppelsdorf
| 20
Franzheim, Ludwig Ferdinand
Poppelsdorf
21
Gerntholtz, Fritz Eduard Paul ....
Berlin
22
Gress, Wilhelm
Berlin
23
Groehn, Emil
Berlin
24
Hachmann, Fritz
Berlin
25
Haffraanns, Heinrich Arthur
Poppelsdorf
26
Hagelweide, Arthur Wilhelm Rcinhold
Berlin
27
Helmdach, Bruno
Berlin
28
Henrich, Georg Philipp
Poppelsdorf
29
Herr, Heinrich Wilhelm Arthur....
Berlin
30
Hirnschal, Eugen
Berlin
31
Hopff, Hermann
Poppelsdorf
32
Jeschal, Alfred
Berlin
33
Junker, Wilhelm
Berlin
34
Kaiser, Joseph
Berlin
35
Kallmann, Carl Friedrich Adolf..
Berlin
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Unterricht und Prüfungen.
607
■ Lau-
fende
Nr.
Namen
Bezeichnung der
Prtifunga commission.
36
Klett, Hugo
Berlin
37
Klose, Carl Ferdinand
Berlin
38
Klüwer, Heinrich
Poppelsdorf
39
Kreis, Eduard
Poppelsdorf
40
Krome, Adolf
Berlin
41
Kummer, Gotthelf
Berlin
42
Lammert, Carl Friedrich
Berlin
43
Löhr, Edmund Hugo Albert
Berlin
44
Mätzner, Carl
Berlin
45
Müller, Johannes
Berlin
46
Mürriger, Heinrich
Poppelsdorf
47
Nehm, Wilhelm Carl Ludwig
Poppelsdorf
48
Niedling, Richard
Poppelsdorf
49
Petersen, Carl Johann Heinrich ....
Poppelsdorf
50
Reich, Oscar
Berlin
51
Reiften, Heinrich
Poppelsdorf
52
Ritz, Gustav
Berlin
53
Roemer, Carl August Eduard
Berlin
54
Rogge, Hermann Joseph
Poppelsdorf
55
Scherer, Franz Joseph Wilhelm....
Poppelsdorf
56
Scherer, Robert
Poppelsdorf
57
Schettler, Max Richard
Berlin
58
Schmeidler, Hermann .
Berlin
59
Schneider, Baptist
Poppelsdorf
60
Schroeder, Paul
Poppelsdorf
61
Schultz, Johann Fritz Gustav
Berlin
62
Schulz, Friedrich Paul Ferdinand .
Berlin
63
Siemon, Friedrich
Berlin
64
Simon, Otto August
Berlin
65
Sossna, Hermann Paul Eugen Heinr.
Berlin
66
Stahl, Alfred Carl Wilhelm
Berlin
67
Strasburger, Eduard
Berlin
68
Strinz, Carl
Poppelsdorf
69
; Suabedissen, Georg August
Berlin
70
' Voigt, Paul Wilhelm
Berlin
71
1 Voss, August Wilhelm Paul
Berlin
72
Walter, Johannes Wilhelm
Berlin
73
Warkenthien, Fritz
Poppelsdorf
74
Wessel, Johann Georg Hermann...
Poppelsdorf
75
Willeke, Eduard
Poppelsdorf
76
1 Zilius, Robert
Poppelsdorf
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608 Neuo* Schriften über Vermessungswesen. Personalnachrichten.
Lau-
fende Namen
Nr.
Bezeichnung der
Priifimgscoimnission I
—
1
b. Forstassessoren.
Külitz, Hermann Adolf Max
Poppelsdorf
2
Meyer, William
Poppelsdorf
3
Rocholl, Gustav
Poppelsdorf
4
Schmundt, Hermann Reinhold ....
Poppelsdorf
5
8tippler, Heinrich
Poppelsdorf
6
Wienke, Friedrich Wilhelm
Poppelsdorf
Neue Schriften über Vermessungswesen.
De eischen der medewerking van Nederland aan de internationale aard-
meting. Door de Rijks-Commissie voor Graadmeting en Water-
passing. Overgedruckt uit het Tijdsclirift v. Kadaster en Landmeetk.
Jaarg. VII. Aflev. 4. N. B. De pagineering ist die van het Tijd-
schrift.
Handbuch der Photographie für Amateure und Touristen. Von G. Piz-
zighelli, K. und K. Major im Genie-Stabe. Zweite Auflage. Mit
1022 Holzschnitten. Band I. Die photographischen Apparate.
Band II. Die photographischen Processe. Band III. Die An-
wendungen der Photographie. Jeder Band ist einzeln käuflich!
Final formulas for the algebraic solution of quartic equations by
Mansfield Merriman, Ph. D. Professor of Civil Engineering in the
Lehigh University, South Bethlehem, Pa. Reprinted from the Bulletin
of the New -York Mathematical Society for June, 1892. New-
York 1892.
Personalnachrichten.
Preussen. Se. Majestät haben Allergnädigst geruht dem Landmesser
0. Michaelis zu Lippstadt, Mitglied des Vereins, bei seinem Austritt ans
dem Staatsdienst in den Ruhestand den rothen Adlerorden zu verleiben.
Württemberg. Gestorben: 22. August d. J. Hans Lutz, Be-
zirksgeometer in Tuttlingen, 44 Jahr alt.
Inhalt.
Grossere Mittheilungen: Das Tcleobiectiv und seine Verwendbarkeit zu
photogrammetrischen Aufnahmen von F. Uafferl. — Neigungsmesser von Dietrich
Brandis. — Kleinere Mittheilungen: Alter Grenzstein von Müller. — Quer-
drainage und Längsdrainage von Gerhard. — Unterricht und Prüfungen. —
Neue Schriften Uber Vermessungswesen. — Personalnachrichten.
Verlap von Conrad Wittwr r, Stuttgart. — Druck von Gebrüder Jnneckr In Hannover.
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609
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
. Herausgegeben von
'Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover, Steuer-Rath in München.
1892. Heft 22. Band XXI.
1B. November.
Rollenschiefe und Scharnierschiefe beim
Amsler’schen Polarplanimeter.
Vom Landmesser Paul Wilski, Assistent für Geodäsie au der Landwirt-
schaftlichen Hochschule zu Berlin.
Inhalt: Angabe eines Verfahrens zur numerischen Bestimmung der Rollen-
schiefe. Erörterung der Scharnierschiefe. Erklärung für Maxima und Minima
der Abwicklung in der Normalstellung.
In der Zeitschr. f. Verm. 1878, S. 264 — 266 hat Reitz die Theorie
der Rollenschiefe behandelt und wohl zuerst darauf aufmerksam gemacht,
dass bei Polarplanimetern, welche Rollenschiefe besitzen, Abwicklungs-
fehler auftreten, die beim Uebergang von stnmpfwinkliger zu spitz-
winkliger mittlerer Armstellung entweder beständig wachsen oder be-
ständig abnehmen. Und zwar geht der Abwieklnngsfehler von negativen
zu positiven Werthen in der Weise über, dass der Fehler 0 bei nahezu
rechtwinkliger Armstellung erreicht wird. Reitz nimmt nun umgekehrt
bei Polarplanimetern, für welche durch Versuch ein derartiges Ver-
halten des Abwicklungsfehlers festgeBtellt ist, Rollensohiefe als vorhanden
an und theilt einige praktische Regeln mit, wie man dieselbe durch
Verbiegen des Fahrarms beseitigen könne.
Im Anschluss an diese Ausföhrungen soll hier eine kleinere Unter-
suchung mitgetheilt werden, welche zeigt, dass das oben beschriebene
Verhalten des Abwicklungsfehlers nicht immer auf Rollenschiefe zurück-
zuführen ist, sondern dass dasselbe sowohl durch Rollenschiefe als auch
durch Schiefe des Scharniers, endlich auch durch vereintes Wirken
beider hervorgerufen wird. Zugleich wird sich noch eine Erklärung
ergeben für ein anderes Verhalten des Abwicklungsfehlers, das man
an Polarplanimetern nicht selten bemerken kann, und das darin besteht,
dass der Abwicklungsfehler in einer mittleren Armstellung mit dem
Werthe 0 ein Maximum oder Minimum erreicht, also beiderseits negative
oder beiderseits positive Werthe besitzt.
Zeitschrift für Vertnessungswesen. 1892. Heft 22. 4U
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WiUki. Rollenschiefe und Scharniergchiefo
610
Die Theorie derjenigen Planimeter, welche durch Umfahren des
Umfangs den Flächeninhalt einer Figur ermitteln, gründet sich auf
nachstehenden Satz:
Wenn in einer Ebene ein Punkt F sich auf dem Umfang einer
geschlossenen Fläche U bewegt, und ein mit F starr verbundener
Punkt S gleichzeitig in derselben Ebene auf einer nicht geschlossenen
Linie s in der Weise entlang gleitet, dass F und S zugleich in ihre
Ausgangsstellung zurückehren, so ist, wenn a den veränderlichen
Winkel bezeichnet, den die Strecke SF in irgend einer Lage mit der
Tangente der Bahn des Punktes S einschliesst :
jam a ds = U,
wo die Integration Uber den ganzen Umfang der Fläche U zu er-
strecken ist. . ~ ..
Beim Amsler’schen Polarplanimeter ist F die Spitze des Fahrstiftes,
und der Punkt S ist die Projection eines späterhin noch zu bestimmenden
Punktes am Scharnier auf die Ebene, in welcher F beweglich ist, und
die wir die F- Ebene nennen wollen. Mit der Strecke SF starr ver-
bunden ist bei diesem Instrument die Achse einer Rolle, welche auf der
F- Ebene während der Bewegung von F gewisse Theile ihres Umfangs
abwickelt. Schliesst nun die Projection der Rollenaehse auf die i'-Ebene
mit der Strecke SF den Winkel 8 ein, welcher die Rollenschiefe genannt
wird, so ist die Abwicklung der Rolle während der Bewegung des
Punktes F gleich
Jain (a + 8) dg.
Die Abwicklung ist nämlich unabhängig von der Rollenneigung,
d. h. demjenigen Winkel, welchen die Rollenachse mit der F- Ebene
bildet. Ist keine Rollenschiefe vorhanden, so ist die Abwicklung
Jsin ads,
der durch die Rollenschiefe erzeugte Abwicklungsfehler J ist demnach gleich :
J == Jsin (« -(- 8) ds -T- Jsin ads
= Jsin a cos 8 dg + Jeus a sin 8 ds — Jsin a ds.
Ist nun die Rollenschiefe die einzige vorhandene Fehlerquelle, so
ist 8 constant für alle Stellungen des Fahrarms. Es kann mithin Bin 8
und cos 8 in diesem Falle vor das Integralzeichen gesetzt werden, und
es ergiebt sich, wenn noch
SF=r
gesetzt wird:
J = (cos 6 — 1) Jsin a ds -J- sin 8 Jcos ads
(cos 8 — 1) U , , , , ,
= — — — — h sin ö cos ads
r J
= c + sin 8 J cos ad 8.
Es sei nun mit S und F starr verbunden ein ebenfalls in der
F- Ebene beweglicher Punkt F , und es sei:
t FSF = 90»
~ I (
SF' == r'.
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beim Amsler’schen Polar nimeter.
611
Durch eine wenig kostspielige Vorrichtung kann man mit den
Punkten S und F eines Polarplanimeters einen Bleistift in derartige,
während der Bewegung des Punktes F starre Verbindung setzen, dass
die Bleistiftspitze einen solchen Punkt F abgiebt. Umfährt dann F
eine Fläche U, so zeichnet die Bleistiftspitze F' in der F- Ebene eine
Fläche TT , deren Inhalt sich daraus ergiebt, dass der veränderliche
Winkel, den SF mit der Tangente der Linie s einschliesst, far alle
Lagen von S F gleich 90° -f- a ist. Man erhält daher :
IT =r' Jain (90° + a)ds ' ■■■■ih : < ..
— r fcosads
r j CT
cos 0 08 = — r-
j r
Es ist mithin der numerische Werth von j" cos ads als bekannt
anzusehen, da die Grösse von TT durch Umfahren mit dem Planimeter
bestimmt werden kann.
Für J erhält man nunmehr:
' TT-'
J — c + sin 8 • ■ — -•
r
Wird nun ein und dieselbe Fläche 17 bei verschiedenen Arm-
stellungen umfahren, nnd gleichzeitig von F zu jeder Armstellung die
zugehörige Fläche TT gezeichnet, so ergiebt sich, dass diese Flächen
bei stumpfwinkliger Armstellung stark negativ ausfallen, bei ungefähr
rechtwinkliger Armstellung werden sie in der Weise zu Null, dass der
Umfang sich selbst schneidet und dadurch positive und negative Flächen-
theile erzeugt. Bei spitzwinkliger Armstellung endlich werden die U' -
Flächen stark positiv. Es ergiebt sich daher eine Bestätigung des von
Reitz angegebenen Kennzeichens der Rollenschiefe, da die Abwicklungs-
fehler J zugleich mit U' wachsen und abnehmen. Diejenige Armstellung,
für welche ü' = 0 ist, kann durch Probiren leicht gefunden werden.
Ke möge die Normalstellung des Planimeters für die zu umfahrende
Fläche heissen. Sie besteht für alle Flächen in nahezu rechtwinkliger
Armstellung. Eine in der Normalstellung vorgenommene Umfahrung der
Fläche U liefere die Abwicklung Aq. Für eine beliebige Armstellung
mit der zugehörigen Fläche IT und der Abwicklung A für die Fläche
U hat man dann:
TT
A = jsin a ds -f- c -f- — r sin 8
Aq == jsin otds + c
. , TT . .
A — Aq = — — sin 8
sin 8 =
/•(Al — Aq).
V
Wird nun mit Hülfe dieser Formel die Rollenschiefe von Polar-
planimetern numerisch bestimmt, so ergeben sich zuweilen, wie eine in
der geodätischen Abtheilung der landwirtschaftlichen Hochschule zu
40*
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612
Wilgki. Rollenschiefe and Scharnierschiefe
Berlin ausgeführte Prüfung von Planimetern gezeigt hat, für die Rollen-
schiefe eines und desselben Planimeters wesentlich verschiedene Werthe,
jenachdem man zur Erstellung des Werthes
A — A0
V
die Normalstellung mit einer spitzwinkligen oder einer stumpfwinkligen
Armstellung combinirt. Es können daher die bei verschiedenen Arm-
stellungen auftretenden Abwicklungsdifferenzen nicht eine Folge allein
der Rollenschiefe sein, weil sie sonst für diese stets ein und denselben
Werth ergeben müssten. Die Abwicklungsdifferenzen müssen vielmehr
noch einer anderen Fehlerquelle entstammen. Es liegt nahe, unter dieser
unbekannten Fehlerursache Scharnierschiefe zu vermuthen, und es soll daher
die Wirkung der Scharnierschiefe in Folgendem näher betrachtet werden.
Wir hatten unter dem Punkt S eines Planimeters einen mit F
starr verbundenen, in der F- Ebene beweglichen Punkt verstanden, der
mit F zugleich in seine Anfangslage zurückkehrt, und dessen Bahn bei
beliebiger Bewegung von F eine nicht geschlossene Linie bildet. Es
Flg 1 ist nun zunächst die Lage
eines solchen Punktes an
P einem mit Scharnierschiefe
behafteten Planimeter zu
bestimmen. Das Scharnier
S S" (Fig. 1) ist einerseits
starr verbunden mit dem
Pol P, andererseits auch
mit der Fahrstiftspitze F
und den Mittelpunkt M der
Rollenscheibe.
Es sei nun die einschränkende Voraussetzung gemacht, dass die
Geraden FM und S' S' sich schneiden.
Der Schnittpunkt sei S'. Führt dann F in der F- Ebene eine
beliebige Bewegung aus, so wird M sich in einer Fläche halten, die
mit hinreichender Genauigkeit als Parallelebene zur F- Ebene betrachtet
werden darf. Es kann nicht in Strenge von einer Parallelebene gesprochen
werden, weil bei der Bewegung von F die Rollenachse sich um MF
dreht, und dabei die Rollenscheibe ihre Neigung gegen die F- Ebene
ändert. Infolgedessen schwankt der Abstand des Punktes M von der
F- Ebene um kleine Beträge, die aber für unsere Untersuchung vernach-
lässigt werden dürfen. Es wird daher auch S sich in einer Parallelebene
zur P-Ebene bewegen. Andererseits wird S' in einer Kugelfläche ver-
bleiben, deren Mittelpunkt P ist. Es wird mithin die Projection von S'
in der /’-Ebene eine Kreislinie um P beschreiben. Die Projection
von S entspricht daher der Definition des Punktes S und sei demgemäss
mit S bezeichnet. SF und S P sind Fahrarm und Polarm des Instruments.
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beim Amsler’schen Polarplanimeter.
613
Folgende Winkel bleiben nun bei allen Bewegungen des Fahrstifts
constant:
£ S' PS — A
£ S' FS = B
£ S" S'P=* 90° f A
£ 5" S' F*= 90° 4- B 4- cp,
wo cp>0 oder <J<>0 ist, wenn Scharnierschiefe vorhanden; cp = cj< == 0,
wenn das Scharnier beständig normal zur F- Ebene bleibt. cp ist eine
Constante des Instruments, 'l hingegen ist bei Planimetern mit Nadelpol
abhängig von der Tiefe, bis zu welcher man die Nadel in das Papier
hineinlässt. Würde z. B. die Nadel um 1 mm zu tief in das Papier
eingesenkt, so würde bei einer Polarmlänge von 170 mm dadureh ein
Winkel cj; vom Betrage
entstehen. Bleiben nun P und S' im Baume fest (s. Fig. 2), während
F in seiner Ebene um S eine Kreislinie beschreibt, so bewegt sich
hierbei das Scharnier S' S" auf dem Mantel eines im Baume festen
Kegels, dessen Scheitel S' und dessen Achse S' P ist. Denkt man sich nun
durch Botation der Linie S' S" um S' F einen zweiten Kegel erzeugt und
diesen mit S' F starr verbunden, so wird bei der Bewegung von F um S
dieser Kegel sich um das Loth
SN, Fig. 2, der F- Ebene
drehen, und zugleich wird das
Scharnier S' S" auch in dieser
beweglichen Kegelfläche blei-
ben müssen, seine Stellung ist
daher für jede Armstellang
durch die eine der beiden
Schnittlinien der Kegel ge-
geben. Von der Stellung der
beiden Kegelflächen zu ein-
ander gewinnt man für alle
Uber <p und •!. noch zu treffenden
besonderen Voraussetzungen
leicht eine Vorstellung, wenn
man Folgendes bedenkt. Die
Winkel cp und sind beträchtlich kleiner als A und als B anzunehmen.
Mithin sind die Winkel
S" S' P = 90° -f- A 4- ->
und S" S' F— 90° - B + cp
in allen in Betracht kommenden Fällen grösser als 90(). Folglich wendet
der Kegel mit der Achse FS' dem Punkte F seine convexe Seite zu,
welche Voraussetzungen man auch Uber cp und <1 machen möge, wenn
Fig. 2.
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614
Wilski. Rollenschiefe und Scharnierschiefe
nur die absoluten Beträge von cp und tj, kleiner als A und als B an-
genommen werden. Desgleichen ist dem Punkte P bei allen über cp
und ']i zu machenden Voraussetzungen die convexe Seite des um S' P
als Achse beschriebenen Kegels zugewendet. Es seien nun die Linien
SP und SF in derartige Lage zu einander gebracht, dass die eine die
Verlängerung der anderen bildet. Eine zur f -Ebene oberhalb S' parallel
gelegte Ebene schneide dann die beiden Kegel in den Hyperbelbögen
S" P" und S" F' , sowie das Loth der F- Ebene im Punkte N. Gehören
die Punkte P",F" der Ebene PS' FS an, so ist;
& NPP'=i
£ NS1 F" = cp.
Es seien nun die absoluten Beträge der Winkel <{i und cp mit
I* I , I ? I
bezeichnet, und es sei zunächst;
I + I £ I <P I > ? <0
wie in Fig. 2 dargestellt. Wird F um S gedreht, so wandert das
8chamier von der Lage S' S" auf dem P- Kegelmantel bis in die Lage
S'Pj, welches es in dem Augenblicke erreicht, wo F“ , in einem Kreise
um N sich bewegend, in die Lage Pj und S F in die Lage SPt || NPl
gekommen ist. Das Scharnier wird darauf, wenn der Fahrarm sich
weiter dem Polarm nähert, seine Bewegungsrichtung umkehren und
wieder der Lage S' S" zustreben. Die Ebene S" S' F führt daher
während der Bewegung von F eine fortwährende Drehung um S' F
aus, geht durch die Ebene S' SF hindurch und gelangt sodann auf die
andere Seite derselben. Der Durchgang durch die Ebene S' SP findet,
wie die Schnittfigur in der Ebene S" P" F' zeigt, bei einer Armstellung
statt, welche gleich ist £ P' PP, (s. Fig. 3).
Fig. 3. Giebt man diesen Winkel an zu
wo Are sin den zwischen + 90 0 und
— 90° liegenden Werth von arcsin
bedeuten soll, so begeht man nur
einen Fehler, der von der zweiten
Ordnung in Bezug auf cp und c|i ist.
Denn schneiden sich Pj P2 und NP'
in C, und setzt man C S' P" = e,
so erhält man aus der körperlichen
Ecke S',PPj Po:
sin2 PS 1 C= sin2 PS' P, - cos2 PS' P,. tang2 CS' P, .
In dieser Gleichung ist:
£ PS'Pi = 90« + A f $
£ PS C= 90« + 4+6 + e
und tang2 CS Pj = sin 2 cp — sin 2 (<ji + e)
— cp2 — (<{i + e)2.
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beim Amsler'achen Polarplanimeter.
615
Setzt man diese Wertlie ein, so erhält man nach einigen Reductionen :
e = — tangzl-(tp2 — i^2).
Man kann daher e neben <1 vernachlässigen and statt
90° — Arcsin ^ 8 einfach 90° — Arcsin — schreibe]
<p <p
einfach 90° — Arcsin — schreiben.
¥
Nun sei (s. Pig. 4.):
I <!< I < I <p I , <? > 0.
Dann bewegt sich das
Scharnier aus der Lage S S"
in die Lage S' PI und von
da strebt es wieder der
Lage S' S" zu. Auch hier
gelangt die Ebene S" S' F
durch fortwährende Drehung
p ohne Umkehr aus der ur-
sprtinglichenLage allmählich
auf die andere Seite der
► Ebene S' S F. Der Durch-
\ gang durch die Ebene findet
I wieder statt bei der Armstel-
/ lang
' 90° — Arcsin --L.
fr ;qiJ imu / ?p
Es sei jetzt (s. Fig. 5):
I I > | (fl | , <!» < 0-
Eine Umkehrstelle ist
dann fllr das Scharnier nicht
vorhanden, hingegen giebt
es eine solche für die Ebene
S' S F. Dieselbe nähert sich
der Ebene S S F, bis sie mit
derselben einen Winkel ein-
schlieest, der zwischen 0 und
| 'li \ liegt. Darauf kehrt
die Ebene ihre Bewegungs-
richtung um und strebt ihrer
Anfangslage wieder zu. Die
Armstellung
90® — Arcsin—
¥
giebt diesmal die Umkehrstelle ber Ebene S" S F an.
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616
Wilski. Rollenschiefe und Scharnierschiefe
Ist schliesslich (s. Fig. 6.):
Fig. 6.
I ^ I > I ? I » 'r' > 0,
so hat wiederum S' S" keine
Umkehrgtelle, und die Ebe-
ne S" S' F besitzt eine
solche bei der Armstellung
90° — Arcsin
1
^ '
in welcher sie der Ebene
S' S F bis auf einen Win-
kelbetrag nahe gekommen
? ist, der zwischen 0 und
I <!* I liegt.
Man erhält daher bei
der Bewegung des Punktes
i^von der Armstellung 180°
nach 0° eine Bewegung
der Ebene S" S' F:
1) ohne Umkehr mit Durchgang durch die Ebene S' S F bei der Arm-
A
Stellung 90° — Arcsin — , wenn | 4 | < | ® | ,o>0;
V
2) ohne Durchgang durch die Ebene S' SF mit Umkehr bei der Arm-
stellung 90 — Arcsin und bei einem Winkel zwischen den Ebenen
S" S' F und SS' F, der zwischen 0 und | ^ | liegt: wenn
I ^ I > I ? I > 41 < °-
3) Ist | if | = | <p | > 0 , so erhält man eine Bewegung, die sich so-
wohl als besonderer Fall von 1) als auch von 2) auffassen lässt.
4) Ist = tp = 0 , so bleibt das Scharnier beständig normal zur JF-Ebene
und die Ebene S" S F fällt beständig mit S' S F zusammen.
Nun ist mit der Ebene S" S' F die Rollenachse starr verbunden.
Bei Veränderung der Armstellung dreht sich mithin die Rollenachse um
die Linie S' F in demselben Drehungssinn und um denselben Drehungs-
winkel, wie die Ebene S" S' F. Mithin besteht die Wirkung der Schar-
nierschiefe in der Erzeugung einer mit der Armstellung veränderlichen
Rollenschiefe. Es erklären sich daher bei einem Planimeter wesentliche
Verschiedenheiten, welche die Berechnung der Rollenschiefe nach der
oben aufgestellten Formel liefert, durch Annahme von gleichzeitig vor-
handener Scharnierschiefe. Liegt nun die Rollenachse eines Planimeters
in der Ebene S" S' F, so kann von Rollenschiefe im Sinne eines Con-
structionsfehlers nicht mehr gesprochen werden. Indessen erhält man,
wenn bei einem solchen Planimeter Scharnierschiefe vorhanden ist, bei
verschiedenen Armstellungen verschiedene Abwicklungsfehler. Dieselben
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beim Amsler'schcn Polarplanimeter.
617
besitzen, wie die Fehler, welche ohne Einwirkung von Scharnierschiefe
durch allein vorhandene Rollenschiefe erzeugt werden, diesseits und
jenseits der Normalstellung verschiedene Vorzeichen, wenn
1*1 > I 9 I
ist, da in diesem Falle die durch das Soharnier erzeugte Rollenschiefe
zu beiden Seiten der Normalstellung das gleiche Vorzeichen besitzt.
Aber auch der in der Praxis zuweilen beobachtete Fall, dass die
Abwicklungsfehler in der Normalstellung ein Maximum oder Minimum
erreichen, findet, wie bereits oben erwähnt, durch die Scharnierschiefe
. i 9
seine Erklärung. Denn es sei Arcsin — ein Winkel von nur wenigen
9
Graden, und der Winkel, den die Rollenachse mit der Ebene S" S F bildet,
sei 0 oder wenigstens sehr klein. Dann wechselt die durch die Scharnier-
schiefe erzeugte Rollenschiefe bei einer von 90" nur um wenige Grade
verschiedenen Armstellung ihr Vorzeichen. Da aber der Abwicklungs-
fehler der Rollenschiefe beim Durchgang durch nahezu rechtwinklige
Armstelluug ebenfalls sein Vorzeichen wechselt, so erhält mau diesseits
und jenseits der rechtwinkligen Armstellung Abwicklungsfehler von
gleichem Vorzeichen. Man kann also den Satz aufstellen:
• ?vi:
Liegen bei einem Amslerschen Polarplanimeter die Verbindungslinie
der Fahrstiftspitze mit dem Mittelpnnkt der Rollenscheibe und die Schar-
nieraxe . in einer Ebene ; ist ferner der Winkel, welchen die Rollenachse
mit dieser Ebene bildet, 0 oder doch sehr klein; und ist schliesslich
Scharnierschiefe in der Weise vorhanden, dass der aus ihren Compo-
1 I (L
nenten 6 und © gebildete Ausdruck Arcsin— ein Winkel von nur we-
9
nigen Graden ist, so erreicht die Abwicklung in einer von der Normal-
stellung nur um wenige Grade abweichenden Armstellung ihr Maximum
oder Minimum.
Leicht lässt sich aus der angestellten Betrachtung über die Bewe-
gung einer mit der Ebene S " S' F starr verbundenen Rollenachse noch
folgender allgemeinere Schluss ziehen:
Bei vorhandener Scharnierschiefe giebt es unter der Voraussetzung
i * I < I 9 I > 9 < 0
zwischen den Armstellungen 180* und 0* im allgemeinen ein Maxi-
mum oder Minimum der Abwicklung. Dasselbe kann je nach
dem Werth des Verhältnisses 9 : <p und je nach der Grösse des
Winkels A, welchen die Rollenachse mit der Ebene S' S' F bildet,
bei beliebiger Armstellung eintreten. Es kommt dann und nur dann
nicht zustande, wenn A so gross ist, dass die Rollenachse stets auf
ein und derselben Seite der Ebene S S F bleibt. Es giebt daher
auch im Allgemeinen ausser der nahezu rechtwinkligen Armstellung
noch eine zweite Armstellung, für welche der Abwicklungsfehler 0 ist.
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018 D'Ocagne. lieber die Bestimmung des wahrscheinlichsten Punkts etc.
Ist | <J, | > | 9 | , ^ > 0, so giebt es zwischen den Armstellungen
180° und 0° im allgemeinen 2 Maxima oder Minima der Abwicklung.
Dieselben können je nach dem Werth des Verhältnisses 9 : 9 und je
nach dem Betrage von A bei beliebiger Armstellung eintreten. Sie
kommen beide dann nicht zu stände, wenn A so gross ist, dass die
Rollenaxe stets auf ein uud derselben Seite der Ebene S" S F bleibt.
Es giebt daher ansser der nahezu rechtwinkligen Armstellung im All-
gemeinen noch 2 Armstellungen, ftlr welche der Abwicklungsfehler 0 ist.
Letzteres folgt daraus, dass die Drehbewegung der Rollenachse
zwischen 180° und 0° eine Umkehrstelle besitzt. Die Achse kann
daher zweimal durch die Ebene S'S/’hindurchgehen. Von den Durchgangs-
Armstellungen braucht aber keine mit der nahezu rechtwinkligen Arm-
stellung identisch zu sein, in welcher die Rollenschiefe den Abwicklungs-
fehler 0 erzeugt. Mithin sind im Ganzen 3 Armstellungen möglich, für
welche der Abwicklungsfehler 0 ist.
Ueber die Bestimmung des wahrscheinlichsten Punkts aus
einer Anzahl zu seiner Ermittelung gegebener Geraden.
Von M. D’Ocagne.*)
Die in der Uebersehrift genannte Aufgabe kommt in der Geodäsie
und praktischen Astronomie mehrfach vor. Sie lautet, mathematisch
gefasst, so:
In einer Ebene sind die n Geraden Dj, D2) . . . . D„ ge-
geben; der Punkt M ist so zu bestimmen, dass, wenn dlt
d2, d„ seine Abstände von jenen n Geraden, und Af|,
kn, ..., k„ gegebene Constanten bedeuten, die Summe
A-, d^ + k2d2^ + ....-\-kn dn 2
ein Minimum werde.
Eine Lösung dieser Aufgabe (för den Fall A:, = A^ ==... = kn = 1,
was übrigens keinen wesentlichen Unterschied bringt) ist von B ertöt
in den Gomptes Rendus veröffentlicht worden (1876, 1. Halbjahr,
S. 682).**)
Eine neue, von der Bertot’schen gänzlich verschiedene und sehr
einfache Lösung dieser Aufgabe ist die folgende.***)
*) Aub den C. R. (Band CXI. 13. Juni 1892) der Pariser Akademie mitge-
theilt von Ha mm er. Bei dem grossen Interesse, das das Bertot’sche Aus-
gleichungsverfahren in Deutschland gefunden hat, dürfte auch die folgende
Mittheilung willkommen sein.
**) Andere Lösungen sind in der Sociötö MathCmatique (Sitzung vom
3. Februar 1892) von Laisant und D'Ocagne mitgetheilt worden.
***) Eingehendere Mittheilungen über die geometrischen Betrachtungen,
die ihn zu dieser Lösung geführt haben, behält sich der Verfasser vor.
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Vereinsangelegenheiten.
619
Der oben definirte Punkt M stimmt tlberein mit dem Schwerpunkt
seiner Projectionen auf die gegebenen Geraden, wenn diesen Projections-
pnnkten, den Indices entsprechend, die Massen kX) fc>, . . . kn beigelegt
werden. Man kann diese wohlbekannte Eigenschaft des Punkts M leicht
so beweisen: Betrachtet man den Ort der Punkte, für welche
ki <fj * -(- fcj rf23 -f- + ft» d, , 2 = einer Constant en K
ist, so erhält man nach dem verallgemeinerten Poinsot'schen Theorem*)
die Normale in einem beliebigen Punkt M jener Ortscurve, indem
man von M aus in den auf Dx, Z)2, . . . D„ gefällten Lothen die Strecken
kj di, tf2, • . . • k„ d„ abträgt, nnd deren geometrische Resultante
nimmt. Ist nun der Punkt M derjenige, für welchen K zum Minimum
wird, so muss flir ihn, da die Richtung der Normalen unbestimmt wird,
jene Resultante Null sein. Diesem Funkt M kommt also die oben aus-
gesprochene Eigenschaft zu.
Von diesem Satz ausgehend, erhält man nun folgende Lösung unserer
Aufgabe: Ist 0 ein beliebiger Punkt der Ebene und bedeuten
G den Schwerpunkt der nach den Projectionen von 0 auf
D2, . . . D„ verlegten Massen kx, fcj, . . . &» ;
H den Schwerpunkt der nach den Projectionen von G auf Gerade,
die durch 0 parallel zu Dx , Z)2, . . . D„ gezogen werden, verlegten
Massen /fcj, kj, . . . kn ;
K die Projection von H auf die durch 0 senkrecht zu OG gezogene
Gerade; endlich
J den Punkt, in dem G H die durch O senkrecht zu 0 H gezogene
Gerade schneidet: dann ist
der gesuchte Punkt M der Schnittpunkt von OH
mit der durch G senkrecht zu JK gezogenen Geraden.
Vereinsangelegenheiten
Verein Hessischer Geometer I. Classe.
Bericht über die am 15. Mai 1892 zu Friedberg stattgehabte
Generalversammlung.
Auf der Tagesordnung steht:
1. Rechenschaftsbericht des Vorstandes.
2. Rechnungsablage.
3. Revision der Satzungen.
4. Voranschlag pro 1892/93.
5. Eingelaufene Anträge.
*) Vgl. darüber die Notiz von D'Ocagne in C. R. 1889, 2. Halbj., S. 959.
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620
V eroinsangelegenheiten.
In Anwesenheit von 23 Mitgliedern eröffnet der Vorsitzende um
lO' o Uhr die Generalversammlung.
Vor Eintritt in die Tagesordnung widmet derselbe dem am 13. März
verstorbenen Grossherzoge Ludwig IV. einen Nachruf, in welchem er
hervorhebt, wie der geliebte Fürst ein Förderer des Wohles seines
Volkes war, und wie auch die Verhältnisse der Geometer unter seiner
segensreichen Regierung sich sehr gebessert haben. Nachdem er des
Hohen Dahingeschiedenen noch als Held und Sieger der glorreichen
Jahre 1870/71 gedacht, schliesst er mit der Aufforderung an die An-
wesenden, zum ehrenden Gedächtniss an den Hohen Dahingeschiedenen
sich von ihren Sitzen zu erheben.
Nachdem dies gechehen, gedenkt der Vorsitzende der durch Tod
im abgelaufenen Jahre dem Verein entrissenen Mitglieder Lautz,
Trott, Krass und des Ehrenpräsidenten Lahr. Er habe sich ge-
stattet, im Namen des Vereins aus besonderer Anerkennung der Verdienste
des Letzteren, die derselbe sich in seiner Eigenschaft als Mitbegründer,
mehrjährigen Vorsitzenden und Ehrenpräsidenten um den Verein erworben
habe, an dem Grabe einen Lorbeerkranz niederlegen zu lassen. Zum ehrenden
Godächtniss an die unserem Verein entrissenen Collegen und Freunde bitte
er die Anwesenden sich von ihren Sitzen zu erheben. Nachdem dieser
Bitte Folge gegeben, geht der Vorsitzende zur Tagesordnung Uber.
Zu Pos. 1 berichtet er, dass drei Vorstandssitzungen abgehalten
wurden, indem er darauf verweist, dass der Schriftführer Porth die
diesbezüglichen Protokolle verlesen werde.
Ferner theilt er mit, dass der Vorstand am 23. Mai v. J. aus
Anlass der Ernennung des Herrn Steuerinspectors Steuerrath Weigel
zum Obersteuerrath mit Sitz im Ministerium, und für die vielten guten
Einrichtungen, welche derselbe in einer 11 jährigen Thätigkeit als Dirigent
des Katasterarats getroffen, und für das Wohlwollen, welches er dem
Verein stets gezeigt, seine Glückwünsche und seinen Dank in Form einer
künstlerisch ausgestatteten Adresse genanntem Herrn dargebracht habe.
Am 1. Juni v. .1. habe der Vorstand ifa Interesse der Eingabe
bezügl. der Gebühren- und Taxenerhöhung Besuche bei seiner Excellenz
dopt Herrn Finanzminister Weber und Herrn Ministerialrath Baur
abgestattet.
Am 28. Juni v. J. habe der Vorstand dem neuernannten Steuer-
inspector und Dirigenten des Katasteramts, Herrn Dr. Lauer, seine
Glückwünsche zu dieser Ernennung durch seinen Besuch persönlich
ausgesprochen.
Wegen der Bezirksgeometerfrage seien, entgegen dem vordem
Geplanten bei Landtagsabgeordneten keine Schritte unternommen worden,
weil der Zeitpunkt und die Lage der Verhältnisse zur Agitation in
dieser Sache als ungeeignet erkannt wurden.
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Y ercinsangelegenheiten.
621
Der Schriftführer verliest sodann die Protokolle der drei Vorstands-
sitzungen und zum Schlüsse (als Ergänzung) ein Schreiben des Vor-
sitzenden des deutschen Geometervereins, nunmehrigen Vermessungs-
directors Herrn Win ck el zu Altenburg S. A., in Sache des verstorbenen
Kassirers Kerschbaum, aus welchem hervorgeht, dass im laufenden
Jahre keine Hauptversammlung stattfindet und Herr Winckel die Kassen-
geschäfte vorläufig weiter führen wird.
Auf Antrag Wissner’s wird dem Vorstande und namentlich bezügl.
der Adresse an Herrn Ober - Steuerratli Weigel durch Erheben von
den Sitzen der Dank des Vereins ausgesprochen.
Zu Po 8. 2 ersucht der Vorsitzende das Rechnungsprüfungs- Com-
missionsmitglied Braun Bericht über die Prüfung der Rechnung abzulegen.
College Braun theilt mit, dass gegen die Rechnungsablage kein Anstand
zu erheben sei und wird auf dessen Antrag dem Rechner bezw, dem
Vorstand Decharge ertheilt.
Auf bezügliche Anfrage des Commissionsmitgliedes Engroff theilt
der Rechner mit, dass es bei der Sparkasse Butzbach, bei welcher
derzeit die disponiblen Baarmittel des Vereins angelegt werden, Usus sei,
die Zinsrechnung am 1. Januar abzuschliessen.
Zur Commission für die Prüfung der Rechnung 1892/93 wurden
per Acclamation die Collegen Wämser, Wissner und Knierim
gewählt.
Vom Collegen Wallmanach trifft ein Begrllssungstelegramm ein,
Zu Po 8. 3 führt der Vorsitzende aus, dass der den Mitgliedern
vorliegende Entwurf der neuen Satzungen einen so guten Aufbau habe,
dass er hoffe, rasch Uber die Verhandlungen derselben hinwegzukommen;
er ersuche nur noch, etwaige Aenderungsanträge schriftlich formulirt
bereit zu halten. Hierauf ertheilt er dem Commissionsmitglied für die
Revision der Satzungen, Collegen Bergauer, der für das gewählte,
aber später verhinderte Commissionsmitglied Bretsch, eingesprungen
war, das Referat dieser Sache.
Der Referent Bergauer erläutert den Aufbau der neuen Satzungen ?
denen theils die Satzungen des deutschen Geometer- und theils diejenigen
des badischen Geometervereins zu Grunde liegen, und zieht Vergleichungen
zwischen diesen und den alten, woraus hervor geht, dass letztere in
vieler Hinsicht reparaturbedürftig waren.
Nach Durchberathung der einzelnen Paragraphen und kurzen Debatten
wurden die neuen Satzungen mit nur wenig Aenderungen einstimmig
angenommen.
College Hiemenz beantragt, durch Erheben von den Sitzen der
Commission (Bergauer, Betz und Ludwig) für ihre Arbeit den
Dank des Vereins auszudrücken. Dies geschieht.
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622
Vereinsangelegonk ei ten.
Zu Pos. 4. Der von dem Vorstand entworfene Voranschlag für
1892,93 wurde von dem Vorsitzenden verlesen und knrz erläutert.
Derselbe wurde ohne Debatte angenommen und es bei dem festgesetzten
Jahresbeitrag von 5 Mark belassen.
Zu Pos. 5 stellt College Braun drei Anträge, wie folgt:
Antrag 1. Die Generalversammlung wolle an Grossherzogliche
Regierung die Bitte richten, die Verordnung vom 11 November 1891,
betr. die Organisation des zur AusUbung der Feldmesskunst bestellten
Personals dahin abzuändern, dass die Candidaten für den höheren
Staatsdienst im Forst - und Finanzfach , sowie in den bautechnischen
Fächern bei der Bewerbung um das Patent als Geometer I. Classe
ein nach denselben Grundsätzen auszustellendes Zeugniss der praktischen
Befähigung zu erbringen haben, wie dies bei den übrigen Candidaten
für die I. Classe der Geometer auch verlangt wird, oder dass sie bei
Beibehaltung der jetzigen Bestimmungen eine andere Bezeichnung wie
die Geometer I. Classe erhalten und in der AusUbung der Praxis
entsprechende Beschränkungen auferlegt bekommen.
:
Antrag 2. Die Generalversammlung wolle an Grossherzogliche
Regierung die Bitte richten, die Bezeichnung der Geometer I., II. und
III. Classe so abzuändern, dass eine Verwechselung dieser drei Kategorien
in Zukunft nicht mehr möglich ist und ein Missbrauch der gleichmässigen
Bezeichnung als „Geometer“ durch die Geometer II. und III. Classe
ausgeschlossen bleibt.
Antrag 3. Die Generalversammlung wolle beschliessen, dass in
Zukunft zur Hebung des Vereinswesens und der Collegialität ausser
der Generalversammlung jährlich drei Proviuzialversammlungen abge-
halten werden, mit deren Einberufung und Leitung je ein Mitglied
des Vorstandes zu betrauen ist.
Nachdem der Vorsitzende dem Antragsteller zu Antrag 1 das Wort
ertheilt und derselbe diesen genügend motivirt hat, wird nach eingehender
Debatte nachstehende Resolution von Bergauer vorgeschlagen und
einstimmig angenommen. Die Resolution lautet:
„Der Verein Grossherzoglich Hessischer Geometer I. Classe steht der
Allerhöchsten Verordnung vom 11. November 1891 über die Organisation
des zur Ausübung der Feldmesskunst bestellten Personals, nach welcher
sich diejenigen Candidaten für den höheren Staatsdienst im Forst- und
Finanzfach sowie in den bautechnischen Fächern, welche die allgemeine
Staatsprüfung bestanden haben und die Bestallung als Geometer I. Classe
erlangen wollen, der in den Verordnungen vom 31. August 1874 und
vom 15. Juli 1885 vorgeschriebenen besonderen Fachprüfung nicht mehr
zu unterziehen haben — ohne der Frage des Bedürfnisses näher zu treten —
im Allgemeinen nicht unsympatisch gegenüber. Der Verein hätte jedoch,
mit Rücksicht auf die vielseitigen Zweige des Vermessungs wesens und
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Neue Schriften über Vermessungswesen.
623
auf das zur selbständigen und erspriesslichen Ausübung des Geometer-
berufs erforderliche hohe Maass technischer Kenntnisse und Fertigkeit,
gewünscht, dass von jenen Candidaten der Nachweis der Kenntnisse
über die im Grossherzogthum Hessen bestehenden sehr umfangreichen
gesetzlichen und reglementairen Bestimmungen Uber das Kataster- und
Grnndbuchwesen und die Ausübung der geometrischen Praxis durch eine
besondere Prüfung, und der Nachweis der praktischen Befähigung
in ganz derselben Weise zu erbringen sei, wie dies von den übrigen
Geometern „Candidaten L Classe“ auch verlangt wird.“
Zu Antrag 2. Der Vorsitzende verspricht sich von einer Aenderung
der Titel keinen besonderen Erfolg.
Nach kurzer Debatte wurde der Antrag Wissner:
„An Grossherzoglichen Steuerinspector eine Eingabe des Inhalts
zu richten, derselbe möge nachdrücklichst darauf hinwirken, dass jeder
Geometer anzuhalten sei, auf allen Actenstücken, die er unterschreibt,
seine Classe, für welche er patentisirt ist, genau anzugeben,“ mit dem
Zusatz des Collegen H i e m e n z :
„Grossherzoglicher Steuerinspector möge ferner dahin wirken, dass
die Behörden angewiesen werden, auf die vollständige Angabe der
Classe der Geometer bei amtlichen Actenstücken streng zu sehen und
bei unvollständiger Angabe des Titels die betreffende Sache zurück-
zuweisen“, einstimmig angenommen.
Zu Antrag 3 wird beschlossen, dass ausser der jährlich abzu-
haltenden Generalversammlung noch weitere 3 Provinzialversammlungen
unter der Leitung eines Vorstandsmitgliedes stattfinden sollen.
Als Ort der nächsten Generalversammlung wurde Worms ausersehen.
Schluss der Generalversammlung um 1 3jt Uhr.
Nachdem ein gemeinschaftliches Mittagessen im Hotel Trapp
eingenommen war, begab man sich gemeinschaftlich nach dem nahege-
legenen Badeort Nauheim, um dort bei Concert und vorzüglichem
bayrischen Bier bis zu den spät abgehenden Bahnzügen zusammen zu sein.
Der Vorsitzende. Der Schriftführer,
gez. Weinerth. gez. Porth.
"i . * i ' . :
•- ! /I .!• t-, r ‘
* . . ‘ • t • ► •
Neue Schriften über Vermessungswesen.
Sammlung populärer Schriften herausgegeben von der Gesellschaft Urania
zu Berlin. Nr. 15. Die Methoden der unterirdischen Orientirung
und ihre Entwickelung seit 2000 Jahren. Von Prof. Dr. Max
Schmidt, Vorstand des geodätischen Instituts der Kgl. Techn.
Hoohschule München. Mit Illustrationen. Berlin 1892, Verlag von
Hermann Paetel. Preis 60 Pfennige.
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634 Personalnachrichlen.
»*>*'*! ' **
Aus dem Archiv der Deutschen 8eewarte. XIV. Jahrgang: 1891. Heraus-
gegeben von der Direction der Seewarte. Hamburg 1892.
The Figure of the Earth. An Introduction to Geodesy. By Mansfield
Merriman, Ph. D., formerly Acting Assistent United States Coast
and Geodetic Survey. 12 mo, cloth 1,50 L.
Gross, H., Die einfacheren Operationen der praktischen Geometrie.
3. Auflage. Stuttgart 1892. 8. 96 pg. m. 107 Holzschnitten. 2 Mk.
Landes- Triangulation, Die Königl. Preussische. Abrisse, Coordinaten
und Hüben sämmtliclier von der Trigonometrischen Abtheilung der
Landesaufnahme bestimmten Punkte. Theil X: Regierungsbezirk
Posen. Berlin 1892. Lex. 8. 8 u. 769 pg. m. 13 Beilagen, cart.
10 Mk.
— Coordinaten und Höhen sämmtliclier von der Trigonometrischen Ab-
theilung der Landesaufnahme bestimmten Punkte im Regierungs-
bezirk Posen. Berlin 1892. Lex. 8. 5 u. 187 pg. cart. 2 Mk.
Gauss, F. G. Die trigonometrischen und polygonometrischen Rechnungen in
der Feldmesskunst. 2. Auflage. (In 9 Heften.) Halle 1892. 8. m.
Figuren. — Heft 2: pg. 81 — 160. Jedes Heft 3,50 Mk.
Nell, A. M. Fünfstellige Logarithmen der Zahlen und der trigometrischen
Functionen, nebst den Logarithmen für Summe und Differenz zweier
Zahlen, deren Logarithmen gegeben sind, sowie einigen anderen
Tafeln, mit einer neuen, die Rechnung erleichternden Anordnung
der Proportinaltheile. 7. Auflage. Darmstadt 1892. gr. 8. 20 u.
104 pg. Leinenband 1,80 Mk.
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. S. M. d. K. geruhten, dem Kataster-
eontroleur a. D. Rechnungsrath Jensen, bisher zu NeumünBter, jetzt
zu Kiel, den Rothen Adlerorden 4. Kl. zu verleihen.
Königreich Bayern.' iS. K. Hoheit der Prinzregent geruhten
dem Bezirksgeometer I. Kl. Johann Huber in Vilshofen unter Anerkennung
seiner langjährigen, treuen und eifrigen Dienstleistung den erbetenen
Ruhestand für immer zu bewilligen und den Bezirksgeometer II. Kl. Anton
Gegenfurtner in Schwabach zum Bezirksgeometer I. Kl. zu ernennen.
Verstorben: BezirksgcOmSter I. Kl. Re her in Passau. ! >'
Inhalt.
Grössere Mittheilungen : Hollensuhicfe und ächarniersckiefe beim Amsler’schen
Polarplanimeter, von Paul TVilski. — Ueber die Bestimmung des wahrschein-
lichsten Punkts ans einer Anzahl zu seiner Ermittelung gegebenen Geraden,
von M. D’Ocagne. — Neue Schriften Uber Vermessungswesen. — Vereinsangelegenheiten.
— Personalnachrichten. ti, , .! . .i;' :im ,.
Verlag von Conrad Wittwer, Stuttgart. — Druck von Gebrüder Jänecke ln Hannover.
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625
ZEITSCHRIFT für VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover, Steuer-Bath in Manchen.
K-
1892. Heft 23. Band XXI.
- — 'Hh 1. Dezember.
Neue mechanische Rechenhülfsmittel.
Von P. Wilski, Assistent a. d. landw. Hochschule zu Berlin.
Die neuen mechanischen Rechenhülfsmittel, welche im Folgenden
besprochen werden sollen, sind die Scherer’sche logarithmische Rechen-
tafel, die Kloth’sche Quadratglastafel und die Kloth’sche Hyperbel-
tafel. Wenn dieselben hier neu genannt werden, so könnte diese Be-
zeichnung Befremden erregen. Denn die Tafel des Steuerraths Scherer
ist bereits vor einem Jahre in der Berliner Fachausstellung ge-
legentlich der XVII. Hauptversammlung des Deutschen Geometervereins
einer grösseren Zahl von Fachgenossen bekannt geworden und in Jahr-
gang 1892 Seite 153 dieser Zeitschrift beschrieben worden. Ueber die
Instrumente des Katasterkontroleurs Kloth findet sich ferner ein
Bericht in Jahrgang 1884 dieser Zeitschr. S. 398 und 8. 529. Seit jener
Zeit sind indessen die genannten Recheninstrumente von ihren Erfindern
in Anbetracht ihrer Genauigkeit so wesentlich vervollkommnet worden,
dass man sie in ihrer nunmehr vorliegenden Gestalt wohl mit Recht als
etwas Neues bezeichnen darf.
A. Die Scherer’sche Tafel älterer Auflage besass eine auf Pappe
ausgeftthrte Theilung. Der wesentliche Vorzug der neuen Autlage be-
steht nun darin, dass die Pappe durch dünnes, lackirtes, mit Pappe
hinterkleidetes Eisenblech ersetzt worden ist, und demnach Verzerrungen
unter dem Einfluss von Wärme und Feuchtigkeit jetzt so gut wie aus
geschlossen erscheinen.
Ein Exemplar der neuen Auflage wurde in der geodätischen Ab-
theilung der landwirthschaftlichen Hochschule zu Berlin in der Weise
untersucht, dass 50 Längen auf der Tafel mit dem Comparator nach-
gemessen wurden. Es ergab sich dabei ein mittlerer Theilungsfehler von
0,05 mm.
Bei Scherer’s Tafel entspricht nun dem Wachsthum des Logarithmus
um die Zahl Ejns eine Strecke von 1500 mm. Der eine beliebige Zahl
Zeitschrift für Vermessnngswesen. 1892, Heft 23. 41
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626
Wilski. Neue mechanische RechenhUlfsmittcl.
x markirende Theilstrich hat demnach von dem Nullpunkt der Theilung
den Abstand:
1500 mm X log x
Da nun dieser Abstand im Mittel um die Grösse 0,05 mm unrichtig iBt,
so hat man:
d {l500 mm X log x} = 0,05 mm
1500 — = 0,05 also
x ’
d x =
0,05
- x.
1500 30000
D. h. die den Theilstrichen beigeschriebenen Numeri sind infolge der
1
Theilungsfehler im Mittel um
30000
ihres Werthes falsch.
Beim Anlegen des Schiebers an die Grundplatte wird man nun an
dem Indexstrich stets die Zehntel des Intervalls noch richtig zu schätzen
im Stande sein. Der grösste Schätzungsfehler beträgt dann des In-
tervalls. Alle Schätzungsfehler von 0 bis des Intervalls sind gleich
wahrscheinlich, der mittlere Schätzungsfehler beträgt daher:
1
10]/ 12 ~ ^e8 Interva^8'
Der gleiche mittlere Schätzungsfeliler gilt für die Ablesung des
Products. Denn obgleich hier zuweilen eine nicht markirte Zahl der
Grundplatte neben einer nicht markirten Zahl des Schiebers durch Schätzung
zu gewinnen ist, so wird dieser Fall doch leicht zurtlckgeftthrt auf das
Ablesen einer nichtmarkirten gegenüber einer markirten Zahl. Ist beispiels-
weise in der nebenstehenden Figur 1 gegenüber der Zahl
9662 des Schiebers das Product auf der Grundplatte
abzulesen, so wird man zunächst sich die Frage vor-
legen: an welcher Stelle des Intervalls 966 — 967 steht
der Strich 876? Man UberBieht mühelos, dass diese Stelle
9666 ist. Daraus folgt, dass die Zahl 9662 sich um
4 Zehntel des Intervalles 966 — 967 unterhalb des Striches
Bei der annähernden Gleichheit der Intervalle liegt mit-
hin die Zahl 9662 auch um 4 Zehntel des Intervalls 875 — 876 unter-
halb des Striches 876, d. h. das gesuchte Product ist 8756.
Würde nun Herr Scherer allen Intervallen der Tafel eine annähernd
gleiche Grösse ertheilt haben, so würde die durch die Ablesungs-
fehler entstehende procentuale Ungenauigkeit an allen Stellen der Tafel
die gleiche sein. Herr Scherer bringt indess dies bei den Rechenschie
bern bewährte Princip nicht zur Anwendung, seine Tafeln haben vielmehr
Intervalle von 2 mm bis zu 0,7 mm.
Fig. 1.
Q7 —
1- 88
3/
96 =
= 87
876 befindet.
*) In einem der nächsten Hefte d. Zeitschr. wird eine zinkographische
Darstellung von Scherers Rechentafel in */j natürlicher Grösse nebst einigen
weiteren Mittheilungen hierzu gebracht werden. D. Bed.
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Wilski. Neue mechanische RechenhUlfsmittcl.
627
Einem Schätzungsfehler von 3 Hundertsteln des Intervalls entspricht
nun bei Intervallen von 2 mm Grösse eine üngenauigkeit der abgelesenen
Zahl um
0,03 • 2
1500
1
25000
0,004 o/o,
während bei der Intervallgrösse 0,7 mm derselbe Fehler
0,03-0,7 _ 1
1580
71000
= 0,0014 o/#
des abgelesenen Werthes ausmacht.
Der Uesammtfehler eines mit der Scherer’schen Tafel ermittelten
Productes setzt sich nun zusammen aus dem Ablesefehler am Index, dem
Ablesefehler im Resultat und aus den 3 Theilungsfeklern an beiden
Stellen — einer auf dem Schieber, zwei auf der Grundplatte.
Wenn die zur Bildung eines Productes benutzten beiden Stellen der
Grundplatte 2-mm-Intervalle besitzen, so beträgt demnach der Gesammt-
fehler im Mittel
± 1/3-0,052+ 2-0,062 == ± 0,12 mm,
0 12
d- i- lioö = 0,00008 = 0,008 °/o
des Productes. Ist die Intervallgrösse an beiden Stellen der Tafel
0,7 mm, so beträgt der Gesammtfehler im Mittel
± Y 3 • 0,05 2 + 2 • 0,021 2 = + 0,092 mm,
0 092
d- *■ Töoö = °’00006 = °'006 %
des Productes. Im Mittel können wir daher die Unsicherheit eines mit
der Scherer’schen Tafel aus 2 Factoren gebildeten Productes zu
0,007 0/Q
annehmen. Nun wird ftlr die Häufigkeit des Gesammtfehlers ein Fehler-
gesetz gelten, das von dem Gauss’schen Fehlergesetz nicht wesentlich
abweicht. Denn der Gesammtfehler setzt sich aus einer grösseren An-
zahl von Einzelfehlern zusammen, von denen drei sogar jeder für sich
möglicherweise dem Gauss’schen Fehlergesetz folgen. Mithin wird der
grösste unter 1000 Exempeln zu befürchtende Fehler etwa das 3,29 fache
des mittleren Fehlers, d. i. 0,023 °/0 betragen.
Der Fehler eines mit der Scherer’schen Tafel aus 2 Fac-
toren gebildeten Productes wird daher nur in ganz selte-
nen Fällen 2 Einheiten der vierten Stelle übersteigen.
Dieses Ergebniss stimmt gut überein mit einer Untersuchung, welche
im französischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten von Lallemand
angestellt worden ist. Nach Lallemand beträgt für die Scherer’sche Tafel
der erreur maximum k craindre eines Productes aus zwei Factoren
1
2900
= 0,034%. Ein etwas grösserer Werth ergab sich für die Scherer’sche
Tafel älterer Auflage aus der S. 153 dieses Jahrgangs mitgetheilten
41*
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628
Wilaki. Neue mechanische Rechenhiilfsmittel.
Untersuchung des Herrn LU decke. Herr LU decke fand den mittleren
Fehler eines Productes aus 2 Factoron zu 0,015 °/0, woraus der grösste
unter 1000 Exempeln zu befürchtende Fehler sich zu 0,048 °/0 ergiebt.
Lalleroand hat auch den grössten zu befürchtenden Fehler berechnet für
das Product aus einer natürlichen Zahl und einem Sinus. Er findet
hierfür -*--== 0,030 °/0. Diese Zahl ist indess für uns insofern ohne
3300
Interesse, als wir in Deutschland noch mit der alten Gradtheilung
rechnen, und der Scherer’sche Sinusschieber neues Gradmaass angiebt.
Für die Berechnung von Producten aus einer natürlichen Zahl und dem
Sinus oder Cosinus eines Winkels in altem Gradmaass ist der Scherer'schen
Tafel eine numerische Hülfstabelle beigegeben, welche die natürlichen
Werthe der Sinus und Cosinus fünfstellig von Minute zu Minute enthält,
sodass die Scherer’sche Tafel auch für Polygonzugberechnungen geeignet
erscheint.
Vor den Rechenschiebern verdient daher die Tafel, wenn es sich
um Productbildungen aus 2 Factoren handelt, unbedingt den Vorzug,
da erst ein Rechenschieber von 3 m Länge ihr an Genauigkeit gleich-
kommen würde. Wo es sich hingegen um Producte von mehr als 2
Factoren handelt, dürfte doch der Rechenschieber ein angenehmeres
Rechenhülfsmittel bilden, insofern der Läufer desselben es gestattet, nicht
markirten Zahlen in jedem Augenblicke eine Marke zu ertheilen.
B. Kloth's Tafeln. Die zur mechanischen Flächenermittelung die-
nende Kloth’sche Hyperbeltafel besteht in ihrer jetzigen Gestalt aus einer
durchsichtigen Platte, deren Unterseite auf dem Wege der verkleinernden
Photographie mit 2 symmetrisch liegenden halben Scharen gleichseitiger
Hyperbeln überzogen ist. Die Hyperbelcurven besitzen alle dieselben
Asymptoten, in der nebenstehenden
Figur C A und C B. Die zu ermit-
telnde Fläche zerlegt man, wie bei
einer Zirkel- und Maassstabberech-
nung, in Dreiecke und Vierecke.
Ein Viereck, etwa ab cd — nach
der Bezeichnungsweise des Herrn
Kloth — wird sodann in folgender
Weise berechnet. Man legt die Tafel
so auf die Karte, dass der Asymp-
totenschnittpunkt C auf einen Eck-
punkt, etwa a, fällt, und die Achse
der Tafel CA durch den gegenüber-
liegenden Eckpunkt b geht. Hierauf
wird die Tafel an einem Lineal verschoben, bis CA durch den Punkt
c geht. Sodann liest man an dem Punkt b zwischen den Curven den
Flächeninhalt des Dreiecks abc ab. Hierauf verschiebt man die Tafel
Fig. 2.
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Wilski. Neue mechanische RechenhUlfsmittel.
629
an dem Lineal so weit, dass die Linie CA durch den Punkt d geht.
In dieser Lage wird bei b zwischen den Curven der Inhalt des Dreiecks
ab d abgelesen.
Ausser den Hyperbeltafeln stellt Herr Kloth auf photographischem
Wege auch die Theilungen der mit Quadratnetz ttberzogenen Glasplatten
her, welche unter den Namen „Glastafeln“ oder „Glasplatten“ als Flächen-
berechnungsinstrumente eingebürgert sind. Die photographische Herstel-
lung liefert eine so hohe Genauigkeit, dass beide Kloth’schen Tafeln
für die feinsten heutzutage üblichen mechanischen Flächenermittelungen
empfohlen werden können. Als Material zu seinen Instrumenten benutzt
der Erfinder Glas, Celluloid und Marienglas. Vielleicht dürfte Glas
aus dem Grunde den Vorzug verdienen, weil es sich unter der Hand-
wärme nicht wirft.
Eine in der geodätischen Abtheilung der landwirthschaftlichen Hoch-
schule zu Berlin untersuchte Marienglasplatte mit Quadratnetz ergab
einen mittleren Theilungsfehler von
0,023 mm.
Etwa denselben Theilungsfehler, nämlich 0,025 mm zeigte eine der
gewöhnlichen, mittelst Aetzung hergestellten Bamberg’schen Glasplatten.
Die Billigkeit des photographischen Verfahrens dürfte daher das Ent-
scheidende sein.
Auch eine Hyperbeltafel des Herrn Kloth wurde auf ihre Genauig-
keit hin untersucht. Dabei wurde der Umstand benutzt, dass gerade
Linien, welche einer Asymptote parallel sind, durch die Curven in gleiche
Theile zerlegt werden müssen. Diese Untersuchung ergab an denjenigen
Stellen der Tafel, wo die Intervalle sehr schmal sind, für die fehler-
hafte Verschiebung der Curven in der Richtung des Krümmungsradius
den Mittelwerth
d. i. etwa der dortigen Intervallbreite. An den Stellen, wo die
50
Intervalle ihre grösste Breite besitzen, ergab sich
18 mm’
d. i. ebenfalls etwa des betreffenden Intervalls. Ein Wachsen der
50
Ablesung um ein Intervall drückt nun ein Wachsen der Fläche um 1 qcm
aus. Mithin entsteht durch die Ungenauigkeit der Curvenzeichnung ein
Fehler in der Flächenermittelung, welcher innerhalb der schmalen wie
der breiten Intervalle den Mittelwerth
2 qmm
besitzt. Die Theilungsfehler dürften daher gegenüber den unvermeid-
lichen Fehlern der Handhabung als verschwindend zu betrachten sein.
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630 Optische Feliler-Thoorie dos Bauernfeind’schen dreiseitigen
Da nun die Handhabung der Kloth’schen Hyperbeltafel dieselbe ist, wie
die einer Glasplatte — Verschiebung längs einer geradlinigen Schiene — ,
so durfte die Hyperbeltafel an Genauigkeit der von ihr gelieferten
Flächeninhalt8ermittelungen mit der Glasplatte auf eine Stufe zu stellen
sein. Den Flächeninhaltsermittelungen mit Zirkel und Maassstab erscheint
die Hyperbeltafel in jeder Hinsicht überlegen. Aber auch der Glasplatte
gegenüber hat die Hyperbeltafel einen wesentlichen Vorzug, das ist die
grosse Zeitersparnis , welche durch die unmittelbare Ablesung der
Flächeninhalte mit Uebergehung des Zwischenstadiums der Factoren
erzielt wird. Einen Vorwurf darf man indessen der Kloth’schen Hyperbel-
tafel nicht ersparen. Obgleich die volllinirten Curven mit grosser Fein-
heit gezeichnet sind, so sind die punktirten und strichpunktirten Ilülfs-
curven doch so wenig genau ausgeführt, dass das blosse Auge Fehler
in ihnen erkennt. In ihrem jetzigen Zustande bilden sie daher eher
ein Hemmniss als eine Hülfe für die Interpolation. Doch wird der Er-
finder hoffentlich hier noch die bessernde Hand anlegen.
Optische Fehler-Theorie des Bauernfeind’schen
dreiseitigen Winkel -Prismas und deren Anwendung.*)
Bezeichnet man die Winkel eines dreiseitigen Prismas und die der
ein- und ausfallenden, gebrochenen und zurückgeworfenen Strahlen, wie
solche in Fig. 1 eingeschrieben sind, und setzt das Brechungsverhältniss
= n, so folgt nach dem Brechungsgesetze :
n sin ß = sin e • (1)
und
n sin ß| = sin ej (2)
Ferner ergiebt sich aus der Vergleichung der Winkel in den Dreiecken
C D E, EFG und BFG und des Nebenwinkels bei F:
ß1_ß = a-|-3a1— 180°. (3)
Sodann folgt aus den Winkeln der Dreiecke CDJ und G II J der
zurüekgestrahlte Winkel:
co = 180° — (a -f- aj) + (ej — e). (4)
*) Man vergleiche hierzu eine frühere Entwicklung in der Ztschr. f. V. 1886,
S. 138 — 140 und S. 176, welche in der Sache dasselbe enthält wie diese neue
Abhandlung von Wagner. Man kann jedoch auch in der Form die beiden
Entwicklungen in einander überführen. Man hat nämlich nach (8) S. 139,
Z. f. V. 1886, eine Function J/T-f- (n2 — 1) sec2 o, welche mit Rücksicht auf die
dazu gehörige Figur, S. 138, mit sin a = p sin ß auch geschrieben werden kann
l/l | — p2— — I— _ l/ ^ i*28in2ß _ ^ un(j ,]jeseB jgt mjt Rück-
V ' COS2a cos2a V cos2 a C0B 1
COS2a cos2a '
sicht auf die veränderte Bedeutung der Zeichen übereinstimmend mit der Func-
tion m in (9a) dieser Entwicklung von Wagner. J. .
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Winkel-Prismas und deren Anwendung. 631
Nach diesen vier Grundformeln lassen sich nun alle übrigen Ver-
hältnisse ableiten.
Setzt man noch der Kürze halber:
o = 45° -f- <p, 0l =45° -ftp,, j
(u = 90° -f- x und = m,
so folgt aus (3):
(4a)
ßi — ß = ? -f 3 <p,
und durch Uebertragung von m :
(5)
e, — e = m(ip + 3tp,).
Aus (4) (4a) und (6) ergiebt sich sodann:
(6)
X = m (<p -f- 3 9,) — (<p -f 9j)
oder
(7)
X — ?i (3 m — 1) + ? (m — !)•
Figur I.
I
i
(8)
Vertauscht man die Winkel a
und aj oder — was gleichbe-
deutend ist — giebt man dem
einfallenden Strahl die Richtung
K L, in welchem Palle derselbe
in der Richtung KH austritt,
und setzt den zurückgestrahlten
Winkel toj = 90° + Xl > 80 *iat
man sofort:
Xi=<p(3m— l)-f 1). (9)
Da die Unterschiede der Winkel
(s] — e) und (ß, — ß) stets klein
sind, so lässt sich m für verschie-
dene Einfallswinkel im voraus
berechnen und zwar am be-
quemsten nach einer Näher-
ungsformel
cos ß „
m =n —1—, (9a)
cos e
welche man dadurch findet, dass
man entwickelt:
sin E|
t e = 2 sin
e, — e
el T
COS 1 --
-=(ej — s) cos e
und ebenso
sin ßi — sin ß = (ß, — ß) cos ß,
worauf sich aus (4a) alsbald (9a) ergeben wird.
Zur Ausrechnung kann n = 1,52 angenommen werden, d. h. ein
Brechungsverhältniss, welches dem bei Primen gewöhnlich zur Verwen-
dung kommenden Kronglase entspricht.
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632
Optische Fehler-Theorie des Bauernfeind’schen dreiseitigen
Für s = 0 wird m — n — 1,52 , für e = 90° folgt m — at.
Innerhalb der möglichen Beobachtnngsgrenzen, die bei scharfkantigen,
ungefassten Prismen ungefähr zwischen i = 5° bis 85° fallen, ergeben
sich folgende Werthe:
s oder s, — 5« 15» 30" 45° 60® 75« 80° 85« (10)
m = 1,52 1,55 1,65 1,9 2,5 4,5 6,7 13,2
m — 1 = 0,52 0,55 0,65 0,9 1,5 3,5 5,7 12,2
3 in — 1 = 3,56 3,65 3,95 4,7 6,5 12,5 19,1 38,6.
Um den Einfluss der Fehler durch ein Zahlenbeispiel darzuthun, sei
tp==l' und (p! = — ,/2'. Das Prisma ist bei dieser Annahme weder
rechtwinkelig noch gleichschenkelig.
Es berechnet sich alsdann :
s ödere, = 5» 15« 30° 45» 60° 75° 80® 85® (11)
■/ = — 1,3' -1,3' -1,3' -1,5' -1,7'- 2,7'- 3,9' - 7,1'
X, = + 3,3 +3,4' +3,6' -1 4,2' +5,7' + 10,7' 4-16,3' +32,5'.
Ist das Prisma gleichschenkelig, aber nicht rechtwinkelig (!p = tp,),
so ergiebt sich •/ = y, ; für den rechtwinkelig ungleichschenkeligen
Querschnitt (cp = — cp,) wird y, = — X- Es können mithin bei einem
fehlerhaften Prisma die in beiden Lagen und bei gleichen Einfallswinkeln
zurückgestrahlten Winkel m und <o, sowohl gleich sein, als auch zusammen
180® betragen.
Ein besonderer Fall tritt für cp = — 3 cp, ein. Denn obgleich das
Prisma alsdann weder rechtwinkelig, noch gleichschenkelig ist, bo strahlt
es doch in der einen Lage einen gleichbleibenden, von s unabhängigen
Winkel zurück.*) Man erhält für diesen Ausnahmefall nach (7):
x=-y (12)
und für die andere Prismalage nach (8):
Xi =j?(4i® — !)• (13)
Aus (12) und (13) folgt, dass wenn ein Prisma in der einen Lage
einen „festen“, von e unabhängigen Strahl zurückwirft, dies auch noch
kein Beweis für die Richtigkeit des Prismas sein kann. Hat dasselbe
aber in der zweiten Lage auch einen „festen“ Strahl, so ist es zweifel-
los fehlerfrei. Die Prüfung eines Prismas muss daher stets auf beide
Lagen sich erstrecken.
Sodann geht aus (10) und (11) hervor, dass bei fehlerhaften Pris-
men die Bewegungen der zurückgeworfenen Strahlen bei kleinem Einfalls-
winkel ganz gering sind, dagegen die Bewegungen bei grossem Einfalls-
winkel stark auftreten und sehr rasch zunehmen. Diese Eigenschaft
lässt sich sowohl bei genauen Prüfungen, als auch bei flüchtigen Unter-
suchungen vortheilhaft verwerthen. Denn einentheils sind die Unterschiede
zwischen den beiden Strahlen für s = 5® und e = 85® oder auch e = 45°
*) Hierauf gründet sich das Bauemfeind’sche „Distanz“ Prisma.
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Winkel-Prismas und deren Anwendung.
633
und £ = 85° in der den stärkeren Fehler zeigenden Prisma-
lage etwa 6bi8 8 mal — durchschnittlich rund 7 mal — grösser, als die
Fehler für z — 45°, und anderenteils bedarf man zur Bestimmung der
ersteren keine entgegengesetzte Signale. Die Vorzeichen dieser Unter-
schiede ergeben sich daraus, dass die Fehler bei den kleineren Einfalls-
winkeln am kleinsten sind, somit diese Strahlen dem gedachten recht-
winkeligen Strahl am nächsten fallen. Sodann kann letzterer nur ausser-
halb des Unterschiedes liegen, da die Fehler für die kleineren Einfalls-
winkel stets das Vorzeichen des Unterschiedes haben.*)
Unter Beachtung dieser Umstände lassen sich die Fehler eines
Prismas für die Gebrauchsfälle schon sehr annähernd mit abgekürztem
Verfahren feststellen, indem man zunächst den grösseren Unterschied
von • = 45° bis s = 85° ermittelt und durch 7 theilt, und alsdann die
andere Lage mit dem nun bekannten rechtwinkeligen Strahl vergleicht.
Behufs genauer und vollständiger Untersuchung bestimmt man die
Unterschiede in beiden Prismalagen bei gleichem Einfallswinkel, und be-
rechnet nach den erhaltenen Resultaten zunächst 's und <p, und nach
diesen alle übrigen Verhältnisse.
Haben zu diesem Zwecke y, yx und m die bisherige Bedeutung
für grosse Einfallswinkel, dagegen yit y$ und mi die gleiche Bedeutung
für kleine Einfallswinkel, so ergiebt sich aus (7):
(X — Z2> = (w— f'3<pi) (14)
¥i =
(15)
(16)
(17)
und demgemäss auch:
(Xl — X3> = (w — mi )' (3 ? + ?i )•
Aus (14) und (15) folgt sodann:
3 (xi — Xä) — (X — Xi)
™ 8(»t — J»i)
und:
- 3(X~ Xz)~ (Xl - X3>
8 (m — mx )
Im Falle die Richtung des rechtwinkeligen Strahls bereits genau
bekannt ist, und man auf die einfache Ermittelung der Fehler für die
Gebrauchsfälle sich nicht beschränken will, so genügt für die weiteren
Untersuchungen eine Bestimmung von y und bei gleichen, thunlichst
grossen Einfallswinkeln. Für diesen Fall entwickelt sich aus (8) und (9)
Xl (3 m — !) — X (”» ~ 1)
• 4 tri (2 m — 1)
und
(18)
_ X_(3 ™ — 1) - Xi (w — 1)
4 m (2 m — 1)
(19)
*) Auch bei der zweiten fehlerfreieren Priamalage ist dies der Fall, solange
die vollen Unterschiede (t = 5° bis 85° oder t = 45° bis 85°) in beiden Lagen
and bei gleichen Vorzeichen, nicht mehr als etwa 7 fach verschiedene sind, z. B‘
dieselben einerseits ± 5' und andererseits nicht über ± 35' betragen. Bei
grösserer Verschiedenheit wechseln die Vorzeichen.
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634 Optische Fehler-Theorie des Bauerfeind’schen Winkel-l’risraas.
Bei Messung der Einfallswinkel wird eine grosse Genauigkeit nur
selten beansprucht ; es ist zu vollständigen Prüfungen meistens schon
ausreichend, wenn die grössten Winkel innerhalb 5 bis 10' bekannt
sind, wogegen bei den kleinen Winkeln unter 30°, mit Rücksicht auf die
ungemein geringe Verschiedenheit ihres Einflusses auf die Beobachtungen,
es auf 10° bis 20° nicht ankommen kann. Für letztere genügt daher
eine schätzungsweise Bestimmung, während die Messungen der grössten
Einfallswinkel auf verschiedene Weise, u. a. schon mit einer guten
Bussole bewirkt werden können.
Zur Verhütung einer kleinen Excentricität, die bei nahen Signalen
bemerkbar sein würde, setzt man das Prisma so auf das betreffende
Winkelinstrument, dass nach dem Augenmaasse die Mitte der Hypotenuse
mit der Drehachse zusammenfällt. Bei der Drehung des Prismas ver-
schieben sich nämlich die Winkelscheitel H und K, Fig. 1, und deren
geometrischer Ort enspricht einem um das Prisma beschriebenen Kreise.
Sodann benutzt man den Einfallswinkel von 45° zur Messung der
übrigen, d. h. man ermittelt, wieviel die benutzten Einfallswinkel grösser
oder kleiner als 45° sind.
Die Prismalage für e = 45° ist sofort an dem Strahl erkennbar,
der in der Nähe der Hypotenuse und parallel zu dieser einfällt und
genau in derselben Richtung austritt {M G — L N, Fig. 1), was der
Fall ist, wenn das direct gesehene Signal mit seinem gespiegelten Bilde
sich deckt.
Alsdann kann bei einem fehlerhaften Prisma zwar e von 45° ab-
weichen, indessen beträgt diese Abweichung für die hier in Betracht
kommenden Fälle höchstens einige Minuten und darf daher dieselbe
ganz vernachlässigt werden. Denn bei einem gleichschenkeligen Prisma
liegt der erwähnte Strahl genau parallel der Hypotenuse und es ist
e = ej = 45° — (p, und bei einem ungleichschenkeligen Prisma beträgt
annähernd: die Divergenz = >/2 (<p! — <p), e = 45° -f- */2 (<p2 — 3 cp) und
e, = 45° -)- */» (<p — 3 <p,).
Zu fluchtigen Untersuchungen ist ein Winkelinstrument nicht er-
forderlich. Der kleinste Einfallswinkel wird geschätzt und für den
grössten Einfallswinkel giebt man dem Auge eine Anhaltslinie, die in
verschiedener Weise, u. a. schon mit Cartonabschnitten leicht hergestellt
werden kann.
Bei Prismen, deren Seitenflächen aus Kreisen, bezw. aus Kreisab-
schnitten bestehen, und auch bei gefassten Prismen mit scharfkantigen
(rechteckigen) Seitenflächen, (sofern man letztere aus der Fassung nicht
herausnehmen will), lassen sich die Beobachtungen gewöhnlich nur
zwischen e = 15° bis 80° ausführen, indem sowohl durch die Schleifränder,
als auch durch vorspringende Theile der Fassung die Gesichtsfelder des
Prismas etwas verkleinert werden.
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Die Photogrammetrie in Italien.
635
Diese Grenzen oder auch e = 45° bis 80° genügen aber schon für
Prüfungen, da man bei deren Benutzung die Fehler immer noch ungefähr
3 mal grösser ermittelt, als sie bei den Gebrauchsfällen eintreten, für
welche man e im Mittel zu 45° oder, mit Rücksicht auf die bei flüchtigem
Gebrauche eines Prismas unwillkürlich vorkommenden und auch zuläs-
sigen Abweichungen, etwa zu 45® ± 10 bis 15® annehmen kann.
Sodann ergeben sich durch die Prismadrehung, ohne Benutzung
entgegengesetzter Signale, die Vorzeichen der Fehler, die bei vollständigen
Untersuchungen immer, für den praktischen Gebrauch aber nur dann
in Betracht kommen, wenn ein zu gross erscheinender Fehler bei der
Absteckung der rechten Winkel berücksichtigt werden soll. Eine Minute
Fehler ergiebt auf 100 m Entfernung einen Abstand von rund 3 cm
oder eine Stabdicke, und unter Beachtung dieses Verhältnisses können
Fehler von mehreren Minuten mit ausreichender Genauigkeit schätzungs-
weise verbessert werden.
Für die Praxis sind thunlichst genaue Prismen selbstverständlich vor-
zuziehen, und hat deren Beschaffung keine Schwierigkeit. Es sind
aber auch eine Menge ältere Prismen im Gebrauche, und kommen solche
möglicher Weise heute noch im Handel vor, die den berechtigten An-
forderungen mangelhaft entsprechen.
Solche mehr oder weniger fehlerhafte Prismen können jedoch mit-
unter in der einen Lage ganz brauchbar sein. (Vergl. Zahlenbeispiel (11).)
In solchen Fällen erscheint es aber angezeigt, die für die andere Lage
dienenden Kathetenflächen theilweise, — etwa auf */4 der Kathetenlänge — ,
abzublenden oder sie in anderer Weise so deutlich zu bezeichnen, dass
eine unbeabsichtigte Verwechselung der Lagen nicht Vorkommen kann.
Die zweite Lage ist ohnehin entbehrlich. Wagner.
Die Photogrammetrie in Italien.
Ueber die Fortschritte in der praktischen Anwendung der Photo-
grammetrie bei der topographischen Aufnahme von Italien entnehmen
wir einem Bericht, den der Leiter der „phototopographischen“ Arbeiten
in Italien, Ingenieur- Geograph Pio Paganini vor Kurzem auf dem
ersten italienischen geographischen Congresse erstattete , die nach-
stehenden Mittheilungen.
Paganini knüpft an seinen gedruckten Bericht 'vom 'Jahre 1889 an,
der unter dem Titel „La Fototopografia in Italia“ im August -Heft
der „Rivista Maritima“ erschien und von welchem die Zeitschrift für
Vermessungswesen eine Uebersetzung brachte (siehe Jahrgang 1891, Heft 3
und 12, sowie 1892, Heft 3).
Die hierin von ihm schon angekündigte Verbesserung seines Aufnahme-
Apparats (Beschreibung desselben s. Zeitschrift für Vermessungsw. 1891,
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Die Photogrammetrie in Italien.
636
Seite 70 u. f., Abbildung 1892 S. 66) ist inzwischen zur Ausführung
gelangt. Im Wesentlichen besteht sie in der Fortlassung des excentrischen
Fernrohrs und Ausbildung der photographischen Camera
selbst zu einem centrischen Fernrohr.
Das letztere erreicht Paganini einfach dadurch, dass er an Stelle
der Mattscheibe in die photographische Camera eine undurchsichtige
Platte mit einem Ramsden’schen Ocular in ihrer Mitte einsetzt. Dieses
unterscheidet sich von den gewöhnlichen Fernrohr - Ocularen nur durch
eine beträchtlich grössere Diaphragma- Oeffnung, die nothwendig ist,
um lichtstarke Bilder zu erhalten.
Da die Camera sowohl um eine Verticalacbse wie um eine Horizontal-
achse drehbar ist, ja sogar sich durchschlagen lässt, so kann der neue
Apparat, der im Uebrigen alle Einrichtungen eines Theodolits besitzt,
auch ganz wie ein solcher mit centrischem Fernrohr zum Winkel-
messen gebraucht werden. Der nämliche Apparat, dem bloss noch eine
zweite, an Stelle der Mattscheibe einzuschiebende Platte mit Ocular
beigegeben ißt, dient also sowohl zur Aufnahme der photographischen
Panoramen, wie zur Winkelmessung behufs Orientirung der Panoramen
oder Bestimmung des Standpunktes.*)
Die noch mit dem älteren Apparate im Jahre 1889 aufgenommenen
Blätter 6 und 7 der neuen Karte von Italien, umfassend die Gegend
nördlich von Chiavenna bis zum Splügen, sind inzwischen fertig bearbeitet
und durch Druck vervielfältig worden. Die mir vorliegende Ausgabe
im Maassstabe 1:50000 mit Höhencurven von 50 Meter (in der Ebene
von 10 Meter) Abstand kann in der That als das Muster einer topo-
graphischen Karte bezeichnet werden ; verglichen mit dem angrenzenden
Blatt des Dufour-Atlas, macht sie den Eindruck grösserer Natur-
wahrheit, und wenngleich die Schweizer Karte in der zeichnerischen
Ausführung entschieden vollendeter ist, so verräth sie doch eine etwas
schablonenmässige Behandlung in der Terraindarstellung.
Auf der gelegentlich des IX. Congresses deutscher Geographen in
Wien im vorigen Jahre veranstalteten Ausstellung von Kartenwerken
wurde von berufenster Seite dieser italienischen Karte uneingeschränktes
Lob ertheilt und ausgesprochen, dass sie unter dem ausgestellten Material
unstreitig den ersten Rang einnehme.
Des weiteren haben im Jahre 1890 mit zwei Apparaten, dem alten
und einem neuen von der obenbeschriebenen, abgeänderten Construction
Paganini und der ihm beigegebene Topograph Rimbotti gemein-
schaftlich begonnen, die höchsten Partien des Terrains von Blatt 29
der neuen Karte von Italien, welches die schwierige Gruppe des Monte
Rosa mit Höhen bis zu 4600 Meter umfasst, photogrammetrisch anfxn-
*) Eine ausführliche Beschreibung dieses neuen Apparats will Paganin)
demnächst veröffentlichen.
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Die Photogrammetrie in Italien.
637
nehmen. 1891 erlitt diese Arbeit allerdings eine Unterbrechung, um
„eiligere Arbeiten zu ausschliesslich militärischen Zwecken“ auszufllhren;
ohne sie näher zu bezeichnen, gibt Paganini noch an, dass er auch
im laufenden Jahre mit einer „wichtigen militärischen Aufgabe“ beschäftigt
gewesen sei, deren Lösung ihm zweifellos nur auf photogrammetrischem
Wege habe gelingen können.
Hiernach macht Paganini noch interessante Mittheilungen Uber
eine von ihm erdachte und zur Zeit in der ersten Ausführung begriffene
besondere Construction seines photogrammetrischen Apparats zum Zweck
der Kü8tenaufnahme von Bord eines Schiffes aus, die er
„photographisches Azimutale“ nennt. Früher wurden diese
Aufnahmen, die in der Form von perspectivischen Ansichten eine Ergänzung
der Seekarten und HafenbUcher bilden und dem Seemann das Annähern
an eine Küste sowie das Erkennen derselben erleichtern sollen, in folgender
Weise gemacht.
Vom verankerten Schiffe aus wurde nach Augenmaass eine perspecti-
vische Ansicht der Küste mit allen bemerkenswerthen Punkten, insbesondere
mit den Leuchtthürmen und Seezeichen gezeichnet (die Verwendung einer
Camera war hierbei natürlich der Schiffsschwankungen wegen aus-
geschlossen); mit einem Sextanten wurden sodann die Winkel zwischen
den hervorragenden Objecten gemessen und schliesslich durch Peilung
der Richtung nach einem der Objecte mittels der Bussole die Orientirung
des Bildes sowie das magnetische Azimut für alle hervorragenden Punkte
vom Ort des Schiffes aus erhalten. Diese Richtungen wurden in der
Zeichnung Uber den Punkten eingeschrieben. Der Schiffsort musste so
gut wie möglich bestimmt und auf der Seekarte bezeichnet werden.
Derartige Aufnahmen (in denen Porro eine bewundernswerthe
Gechickliclikeit besessen haben soll) mussten natürlich durch einen auf
dem Schiff benutzbaren photographischen Messapparat wesentlicli erleichtert
werden und anderseits eine bedeutend grössere Genauigkeit erhalten.
Deshalb hat sich Paganini, der bis zum Jahre 1875 der italienischen
Marine als Offizier angehörte, schon lange mit dem Studium eines solchen
Apparats beschäftigt,*) namentlich nachdem durch die Ausbildung der
Augenblicksphotographie, ein wirklicher Erfolg in dieser Richtung
zu erwarten war.
Das Resultat von Paganini’s Studien, das jetzt in der Ausführung
begriffene „photographische Azimutale“ ist im Wesentlichen ein Theodolit
mit Höhenkreis, der an Stelle des gewöhnlichen centrischen Fernrohrs
eine photographische Camera trägt, die aber nach Bedarf durch Einsetzen
eines Oculars in ein Fernrohr umgewandelt wird. Von dem auf dem
Lande gebrauchten „phototopographischen“ Apparat unterscheidet er
*) Vergleiche die Fussuote auf Seite 82, Jahrgang 1892 der Zeitschrift für
V ermessungs wesen .
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C38
Die Photogrammetrie in Italien.
sich hauptsächlich nur durch die verschiedene Aufstellung nnd
durch die Hinzugabe einer Bussole.
Was den ersten Punkt betrifft, so erwähne ich nur, dass, wie man sich
denken kann, das Stativ statt der festen Kopfplatte einen cardanischen
King tragen muss, in welchem die das Instrument tragende Grundplatte
schwebt. Die Befestigung des Instruments auf der Grundplatte erfolgt
mittelst Centralschraube, an der ein schweres Gewicht hängt zur Vermin-
derung der Schwankungen und sicheren Horizontalstellung des Limbus,
bezw. Verticalstellung der Achse. Das Instrument soll auf der Com.
mando-Brllcke des Schiffes Aufstellung finden und zu diesem Zweck das
vierbeinige Stativ auf diese aufgeschraubt werden.
Die Bussole, nach Art der „Schmalkalder Bussole“ mit schwingendem
Stundenring, ist centrisch über dem Limbus und innerhalb der ringförmig
gestalteten Alhidade angeordnet. Sie hat den Zweck der unmittelbaren
Orientirung der mit dem Apparate aufgenommenen Bilder, welcher Zweck
einfach dadurch erreicht wird, dass sich gleichzeitig mit der Landschaft
und dem Fadenkreuz auf dieselbe Platte auch die Compasstheilung
oder wenigstens ein in der Visirrichtung liegender Ausschnitt derselben
abbildet. Da sich der N ullhalbmesser des Theilkreises bei der Schmalkalder
Bussole stets in den magnetischen Meridian einstellt, so gibt derjenige
Theilstrich, welcher auf dem Bilde mit dem Verticalfaden zusammenfällt,
unmittelbar das magnetische Azimut der optischen Achse des Apparats
im Moment der Aufnahme an, womit das Bild orientirt ist. Die Abbildung
der Bussolentheilung wird dadurch bewirkt, dass Uber der Bussole
und unter der eigentlichen photographischen Camera rechtwinklig zu
ihr eine zweite, HUlfs - Camera angeordnet ist. Durch ein im Innern
der letzteren an geeigneter Stelle angebrachtes Prisma werden die durch
ihr Objectiv eintretenden Lichtstrahlen rechtwinklig umgebogen und
erzeugen so auf der lichtempfindlichen Platte oberhalb des Landschafts-
bildes das Bild der Compasstheilung.
Damit beide Bilder thatsächlich im gleichen Moment entstehen,
werden die Blenden der Objective beider Kammern durch Luftdruck
ganz gleichzeitig fUr einen Augenblick geöffnet. Bei der Aufnahme
steht die optische Achse der Hauptcamera horizontal, die der Httlfs-
camera uud die Bildfläche vertical, so dass die erhaltenen Bilder verticale
sind. Der Apparat kann auch zu Arbeiten auf dem Lande gebraucht
werden, dann wird der Limbus in gewöhnlicher Weise von einem Dreifnss
unterstützt.
Auf dem Lande wird auch die Prüfung und Berichtigung vorgenommen
und zwar möglichst im Niveau des Meeres, um zur bequemen Berichtigung
des Fadenkreuzes das Bild des Meereshorizontes auf der Mattscheibe
benutzen zu können.
Als weitere für die Aufnahme mit dem photographischen Azimutale
geeignete Gegenstände bezeichnet Paganini die Grenzen der von den
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BHcherschau.
639
Leuchtthürmen erhellten Ausschnitte des freien Meeres, sowie die Grenzen
der Sichtbarkeit der Seezeichen ; mit Vortheil, meint er, würde sich das
Instrument ferner verwenden lassen zur topographischen urtd hydro-
graphischen Aufnahme der Häfen, der Rheden und wenig bekannter Küsten,
auf militärischen oder wisssenschaftlichen Entdeckungsreisen, endlich aber
auch zur geographischen Ortsbestimmung auf See mit Hülfe des leicht
scharf zu erhaltenden photographischen Bildes der Sonne und des von ihr
beleuchteten Meereshorizonts. In der That kann man ja aus jedem mit
dem Apparat aufgenommenen Bilde der Sonne Azimut und Höhe derselben
unmittelbar entnehmen und folglich mit der bekannten Zeit die geographische
Breite berechnen. Ob diese Bestimmungen eine ausreichende Genauigkeit
geben und mit solchen aus Beobachtungen mittels des Sextanten concurriren
können, kann nur die Erfahrung lehren; vielleicht wird sich später
hierüber etwas mittheilen lassen.
Im Ganzen gewinnt man aus dem hier nur in knappem Auszug
wiedergegebenen Bericht von Paganini den Eindruck, dass sich die
Photogrammetrie in Italien zur Zeit in verhältnissmässig hohem Auf-
schwung befindet. Insbesondere ist es ihre praktische Anwendung bei
topographischen und hydrographischen Vermessungen, welche Dank
Paganini’s rastlosem Bemühen in der Vervollkommnung der Methode,
des Messapparates und der Hülfsinstrumente zur Ausarbeitung der Karten,
in den letzten Jahren weitere erhebliche Fortschritte gemacht hat.
Aachen, Oct. 1892. F.
Bücherschau.
Hydrographische Durchläesigkeitekarte des Königreichs Württemberg im Maassstab
1: 600000 bearbeitet im K. Statistischen Landesamt. Herausgegeben vom
hydrographischen Bureau der K. Ministerialabtheilung für den Strassen- und
Wasserbau und bearbeitet von Inspector C. Regel mann. Druck von
Giesecke & Devrient, Leipzig und Berlin 1891.
Die vorliegende, von dem Inspector C. Regelmann bei dem
K. Statistischen Landesamt bearbeitete Karte bildet die Fortsetzung der
von dem hydrographischen Bureau der Abtheilung für Strassen- und
Wasserbau im K. württ. Ministerium des Innern (Vorstand: Regierungs-
director von Leibbrand) in Angriff genommenen hydrographischen
Arbeiten, von denen die zuerst ira Jahre 1881 und später im Jahre 1891
in zweiter Auflage erschienene hydrographische Uebersichtskarte des
Königreichs Württemberg (vgl. Z. f. V. 1884 S. 68) die erste grössere
Publication darstellt.
Die im Jahre 1883 vom deutschen Reich berufene Commission zur
Untersuchung der Stromverhältnisse des Rheins hat dieGesammtergeb-
n i 8 s e des von den einzelnen am Rhein betheiligten Staaten gelieferten,
äusserst werthvollen statistischen und kartographischen Materials in dem
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640
BUcherachau.
Werke: der Rheinstrom und seine wichtigsten Nebenflüsse, Berlin 1889,
veröffentlicht, während sie den Einzelstaaten Uberliess, die von ihnen
gelieferteil Beiträge nach eigenem Ermessen publicistisch zu verwerthen.
So ist zunächst die vorgenannte hydrographische Karte von Württemberg
entstanden. Zur richtigen Beartheilung der Wasserabflussverhältnisse
eines Landes ist eine solche hydrographische Karte aber nicht ausreichend,
auch kann das hierzu Fehlende nicht durch eine geologische Karte in
Verbindung mit einer Regenkarte ersetzt werden, hierzu ist noch
eine kartographische Darstellung derjenigen Verhältnisse erforderlich,
durch welche die Durchlässigkeit des Bodens übersichtlich zum Ausdruck
gebracht wird. Diesen Bedürfnissen sucht die vorliegende Durchlässig-
keitskarte zu entsprechen. Zu diesem Zweck ist das Land in 3 Boden-
klassen eingetheilt: undurchlassend, mitteldurchlassend und sehr durch-
lassend, und dieser Eintheilung entsprechend sind die bezüglichen
Flächen auf der Karte durch verschiedene Schraffirungen kenntlich
gemacht. Diese Eintheilung ist entstanden auf Grund der von dem
Verfasser erworbenen geognostischen Kenntnisse des Landes anlässlich
seiner vieljährigen Höhenaufnahmen zu einer geognostischen Karte von
Württemberg. (Vgl. Wtlrtt. Jahrbücher 1872, die Quellwasser Württembergs
und Tabelle XLVI 8. 188 des „Rheinstroms“.)
Zum Unterdrück ist der Stein für die hydrographische Karte benutzt,
so dass eine Nebeneinanderstellung und Vergleichung beider Karten
leicht möglich ist. Auf den Rändern der Durchlässigkeitskarte finden
sich nähere Angaben Uber die württ. Pegelstationen und über die Regen-
stationen, zusammengestellt nach den verschiedenen Flussgebieten des
Landes: Neckar, Donau, Bodensee, Rhein, Main, in Uebereinstimmung
mit der hydrographischen Karte.
Die Darstellung der Karte ist eine gefällige und eine übersichtliche
und macht der Firma Giesecke & Devrient alle Ehre.
Der Verfasser C. Regelmann hat sich durch diese Arbeit ein weiteres
Verdienst um die württ. Landeskunde erworben, und die württ. In-
dustrieellen, die Landwirthe und die Forstwirt he« werden dem K. Statis-
tischen Landesamt und der K. Ministerialabtheilung für den Strassen-
und Wasserbau für diese Publication Dank wissen. Schl.
Inhalt
Grössere Mittheilungen: Neue mechanische Rechenhülfsmittel von Wilski. —
Optische Fehler-Theorie des Bauemfeind’schen dreiseitigen Winkel-Prismas
und deren Anwendung von Wagner. — Die Photogrammetrie in Italien. —
BUcherschau.
Verlag von Conrad Wittwer, Stuttgart — Druck von Gebrüder Jänecke in Hannover.
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641
ZEITSCHRIFT for VERMESSUNGSWESEN.
Organ des Deutschen Geometervereins.
Herausgegeben von
Dr. W. Jordan, und 0. Steppes,
Professor in Hannover, Steuer-Rath in München.
1892. Heft 24. Band XXI.
jh 15. Dezember.
Die 10. Allgemeine Conferenz der Internationalen
Erdmessung zu Brüssel.
Die allgemeinen Versammlungen der Internationalen Erdmessung folgen
sich in Zwischenräumen von drei Jahren. Nachdem die letzten beiden
1886 in Berlin und 1889 in Paris abgehalten worden waren, fand in
diesem Jahre auf Einladung der belgischen Regierung die Versammlung
in BrUssel statt. Der Finanz-Minister und stellvertretende Minister der aus-
wärtigen Angelegenheiten Beernaert eröffnete die Sitzungen am 27. Sep-
tember im Palast der Akademie, worauf der Präsident der Permanenten Com-
mission Faye aus Paris mit Worten des Dankes für den ehrenden Em-
pfang erwiederte. Auf seinen Vorschlag wurde der Director des militair-
geographischen Instituts in Brüssel, Oberst Hennequin, zum Präsidenten
der Versammlung erwählt. Zu Vice-Präsidenten wurden General-Lieutenant
Ferreroaus Florenz und Geheimer Rath Foerster aus Berlin ernannt-
Von den 27 Staaten der internationalen Vereinigung waren zwölf durch
25 Delegirte vertreten; auch zahlreiche fremde und einheimische Ein
geladene nahmen an den allgemeinen Sitzungen theil. Für Preussen waren
erschienen ausser dem Geheimen Rath Foerster der Chef der Trigono-
metrischen Abtheilung der Königlichen Landesaufnahme, Oberst Morsbach,
der Director des Königlichen Geodätischen Instituts und Centralbureaus
der Internationalen Erdmessung, Professor Helm ert , und der Abtheilungs-
chef im Geodätischen Institut, Professor Albrecht. Oesterreich-Ungarn
sandte den Triangulirungs-Director im militair-geographischen Institut
Ritter von Kal mär, den Oberst-Lieutenant Hartl, der zugleich Griechen-
land, dessen geodätische Arbeiten er leitet, vertrat, sowie den Director
der Wiener Sternwarte, Professor Weiss, Frankreich u. a. den Präsidenten
des Längenbureaus Faye und den Director des militair-geographischen
Dienstes, General Derrdcagaix, Italien den Director des militair-geo-
graphischen Instituts, General-Lieutenant FerTero, Spanien den General -
Director des geographisch-statistischen Instituts Arrillaga, Schweden
den Akademiker, Professor Rosän, die Schweiz den Director der Neuen-
burger Sternwarte, Professor Hirsch, u. s. w.
Zeitschrift für Vermessungswesea. 1892. Heft 24. 4-2
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642 Di« 10- Allgemeine Conferenz der Internationalen Erdmessung zu Brüssel.
Professor Hirsch, der beständige Secretair der Permanenten Com-
mission, machte in der ersten Sitzung verschiedene geschäftliche Mit-
theilungen, worauf die Professoren Helmert und Albrecht Uber die
im verflossenen Jahre vom Centralbureau im Aufträge der Permanenten
Commission ausgefUhrten wissenschaftlichen Arbeiten berichteten und
mehrere umfangreiche, hierauf bezügliche Drucksachen zur Vertheilung
brachten. Das Hauptinteresse beanspruchten die Mittheilungen Uber die
Ergebnisse der gleichzeitigen Beobachtungen der geographischen Breiten
zu Honolulu einerseits und zu Berlin, Strassburg und Prag andererseits.
Dr. Marcuse, der Beobachter zu Honolulu, und Director Becker von
Strassburg waren gegenwärtig; ersterer gab in der zweiten allgemeinen
Sitzung verschiedene ergänzende Mittheilungen zu der Honolulu-Expedition.
Von grossem Werthe war, dass der Superintendent der Coast and Geodetic
Survey der Vereinigten Staaten von Nord- Amerika, Mendenhall, in
letzter Stunde vorläufige Ergebnisse gleichzeitiger Beobachtungen zu
Washington an das Centralbureau eingesandt hatte, denn es wurde durch die
Gesammtheit aller dieser Ergebnisse zweifellos dargelegt, dass die in den
letzten Jahren beobachteten Veränderungen der geographischen Breiten ihre
Ursache in einer periodischen Verschiebung der Erdaxe im Erdkörper
haben und nicht auf systematische Beobachtungsfehler zurtickgefiihrt
werden können, wie der bekannte Physiker Cornu in der zweiten all-
gemeinen Sitzung in längerer Rede auszuführen suchte. Seine Auffassung
wurde von mehreren Rednern u. a. Foerster, Faye, Helmert,
Hirsch entschieden zurückgewiesen.*)
Eine andere Frage, der von einigen Seiten ein besonderes Interesse bei-
gelegt wurde, kam nach verschiedenen Vorbesprechungen erst am 7. October
in der letzten allgemeinen Sitzung, der sechsten, zur Besprechung. Es
handelte sich dabei um die Wahl eines einheitlichen Nullpunktes der
Höhenangaben für Europa. Das Centralbureau schlug auf Grund einer
Untersuchung der seit einem Vierteljahrhundert in Deutschland, Oesterreich,
Ober-Italien und Frankreich sowie den dazwischenliegenden kleineren
Staaten ausgeführten Feinnivellements und der anschliessenden Bestimmungen
des Mittelwassers der Meere vor, von der Wahl eines einheitlichen Null-
punkts abzusehen, da einerseits die Nivellements trotz ihrer grossen Güte
doch nicht genau genug sind, selbst nur für das genannte Gebiet, geschweige
denn für ganz Europa, ein durchschnittliches Mittelwasser abzuleiten
und ein gemeinsames Höhensystem wissenschaftlich befriedigend festzu-
stellen, während andererseits der gegenwärtige Zustand, wo jedes Land
seinen eigenen Nullpunkt benutzt, für alle technischen Anwendungen
genügt, da bei Grenzüberscheitungen, Dank den vielen Nivellements-
anschlüssen, leicht von einem Höhensystem zum andern Ubergegangen werden
kann. Der Wahl eines gemeinsamen Nullpunktes stehen auch noch
*) Zur Zeit ist die Breitonamplitude etwa 0,5 und die Periodendauer
380 bis 400Tage.
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Die 10. Allgemeine Conferenz der Internationalen Erdmessung zu Brüssel. 643
leicht erkennbare Bedenken ganz anderer Art entgegen, die nur dann
zum Schweigen gebracht werden können, wenn zwingende wissenschaftliche
oder technische Gründe vorliegen, was zur Zeit nicht der Fall ist. Die
Entscheidung der Frage wurde abermals vertagt, indem eine Commission
von 5 Mitgliedern, bestehend aus Oberst MorBbach (Preussen), Schiffs-
capitain von Kal mar (Oesterreich-Ungarn), Director Lallemand (Frank-
reich), Inspector des Waterstaats van Diesen (Niederlande), und Di-
rector Hirsch (Schweiz), mit ihrem Studium betraut wurde.
Weiteres hierüber giebt der folgende Auszug aus einem schrift-
lichen Bericht des Herrn Dr. Bö rach an die Versammlung.
Auf der letzten Conferenz der Permanenten Commission der
Internationalen Erdmessung in Florenz (1891) hatte Herr Director
Dr. Hirsch den Wunsch ausgesprochen, dass vom Centralbureau big
zur nächsten Allgemeinen Conferenz in Brüssel folgende, für die Wahl
eines allgemeinen Höhennullpunktes wichtige Fragen untersucht werden
möchten:
1. Welches sind die Höhen der Normalfixpunkte, welche gegenwärtig
in den verschiedenen [Ländern gebräuchlich sind, und mit
welcher Genauigkeit kann man sie auf das nächste mittlere Meeres-
niveau beziehen, sei es, indem man den directen Nivellementslinien
folgt, oder indem man sie aus der Compensation der bezüglichen
Netze ableitet?
2. Es ist eine vergleichende Liste der mittleren Meereshöhen, welche
durch die in den verschiedenen Häfen aufgestellten Mareographen
geliefert worden sind, zu entwerfen, wobei für jedes einzelne Instru-
ment seine Thätigkeitsdauer und die Genauigkeit seiner Resultate
anzugeben sind ; so viel wie möglich sollten für die an denselben
Küsten befindlichen benachbarten Mareographen ihre durch directes
Nivellement gefundenen Niveaudiflerenzen beigefügt werden.
3. Nach den erhaltenen Angaben ist die Frage zu erörtern, welches
Meer und welche Küste nach dem heutigen Stande unserer
Kenntnisse das gleichmässigste und stabilste Meeresniveau aufweisen.
Diese Wünsche Hessen sich entweder direct oder mit leichter
Mühe mit Hülfe der im Vorjahre in Florenz vorgelegten Abhandlung
über die Vergleichung der Mittelwasser erfüllen, natürlich nur insoweit,
als es mit dem vorhandenen und dem Centralbureau zugänglichen Ma-
terial überhaupt möglich war.
Die relativen Höhen der wenigen und hauptsächlichsten Normal-
fixpunkte, die nicht durch die Mittelwasser selbst bestimmt sind, wurden
bereits auf 8. 88 der „Vergleichung der Mittelwasser“ gegeben, und zwar
sowohl für die Gesammtausgleichung der gebildeten 48 grossen Nivellements-
polygone als auch für die beiden Theilausgleichungen. Nur der vor-
läufige Nullpunkt für die Schweiz (Pierre du Niton in Genf) fehlte.
Da aber inzwischen die 9. und 10. Lieferung des schweizer Präcisions-
42*
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044 Die 10. Allgemeine Conferenz der Internationalen Erdmessung zu Brüssel.
Nivellements, die die Ausgleichung und den Catolog der Höhen enthalten,
erschienen sind, so kann nunmehr Pierre du Niton angeschlossen werden.
Weiterhin sind in der Tabelle II die Höhen der verschiedenen Null-
punkte besonders zusammengestelit.
Die Unsicherheit, mit der sich die Höhen der Nullpunkte, die nicht
direct Mittelwasser sind oder unmittelbar am Meere liegen, nämlich
Normal-Null in Berlin und Pierre du Niton in Genf, gegen das nächste
mittlere Meeresniveau bestimmen lassen, ist ungefähr folgendermaassen zu
schätzen:
I. Für Normal-Null in Berlin ist die Unsicherheit gegen das Mittel-
wasser in Swinemünde
1) nach directem Nivellement ± 70 mm
2) nach der Ausgleichung rt 35 mm,
II. für Pierre du Niton in Genf gegen das Mittelwasser in Marseille
oder in Genua
1) nach directem Nivellement ± 120 mm
2) nach der Ausgleichung ± 60 mm.
Der mittlere Fehler einer 100 km-Strecke beträgt im europäischen
Nivellementsnetz ± 44 mm, auf den Kilometer berechnet wird er also
ziemlich gross. Hiervon ist die Ursache zum Theil die Ungenauigkeit
einzelner Theile des Netzes, zum Theil das Vorhandensein gewisser
systematischer Fehler.
Die Tabelle I S. 648 — 649 der Mittelwasserhöhen ist im Allgemeinen
eine Wiederholung der in der „Vergleichung der Mittelwasser“ auf S. 87/88
gegebenen Uebersicht. Die Angaben der auf Wunsch des Herrn
Director Hirsch noch hinzugefügten Columnen — die mittleren Fehler
der Mittelwasserbestimmungen und die durch directes Nivellement be-
stimmten Höhenunterschiede benachbarter Mittelwasser — konnten
ebenfalls dieser Arbeit entnommen werden. Dagegen sind noch einige
Mittelwasserbestimmungen hinzugefllgt worden. Durch dankenswerthe
Mittheilungen des Herrn Oberst von Zachariae war es nämlich
möglich geworden, 3 dänische Stationen, 2 an der Ostsee und 1 an der
Nordsee, mit Hülfe des ausgeglichenen Netzes der Nivellements der
Königlich PreuBsischen Landesaufnahme in Schleswig-Holstein, in das Netz
einzufügen. Obwohl die an diesen Orten aufgestellten Mareographen erst
seit 1888 oder 1889 functioniren, schliessen sich die durch sie bestimmten
Mittelwasserhöhen doch gut dem Gange der übrigen an. Endlich wurden
die durch die spanischen Mareographen bestimmten Mittelwasser in
Alicante, Santander und Cadiz angeschlossen. Da jedoch dieser Anschluss
nur an einen Punkt (Le Perthus in der Nähe der Mittelmeerküste bei
Port Vendres) erfolgen konnte, und ein Theil der Nivellementslinie bis
Alicante nicht durch Polygonabschlüsse controlirt ist, so verdienen die
erhaltenen Resultate noch kein besonderes Vertrauen. In der That
zeigen auch die dortigen Mittelwasserhöhen bedeutende Abweichungen,
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Die 10. Allgemeine Conferenz der Internationalen Erdmessung zu Brüssel. 645
an deren Realität nach den sonstigen Erfahrungen stark gezweifelt
werden muss. Zu bemerken ist hierbei, dass die orthometrische Reduction
von Santander bis Alicante -(- 339 mm und von Santander bis Cadiz
gar -(- 390 mm beträgt. Durch ihre Berücksichtigung sind die direct
bestimmten Mittelwasserunterschiede dieser drei Stationen bedeutend
verringert worden; die gegenseitige Lage der Mittelwasser von Cadiz
und Santander stimmt sogar so gut, als man es nur erwarten kann.
Die Tabelle der Mittelwasserhöhen lässt endlich erkennen, dass für
keines der in Frage kommenden Meere von einer Gleichmässigkeit in
seinem Niveau die Rede sein kann. Die Unterschiede der Mittelwasser-
höhen für dieselben Meere erreichen nämlich dieselbe Grösse, wie die
Unterschiede der verschiedenen Meere gegen einander im Mittel. Auch
sichere Schlüsse über die Stabilität der gegenseitigen Lage von Küste
und Meer lassen sich in den meisten Fällen noch nicht ziehen, da die
Beobachtungen erst seit viel zu kurzer Zeit angestellt werden. Höchstens
kann man behaupten, dass in Swinemünde und Amsterdam im Allgemeinen
eine ziemliche Constanz der Mittelwasserhöhen nachgewiesen ist. Hier
verdient noch erwähnt zu werden, dass Herr Prof. Brückner die in
den Jahren 1853 bis 1883 nachgewiesenen Wasserschwankungen in
Brest, Cherbourg und Le Havre auf die wechselnde Wasserführung der
Seine zurückzuführen sucht, die das Meerwasser des Kanals mehr oder
weniger aussüsst und dementsprechend ein Heben oder Senken des
Meeresspiegels herbeifuhrt.
Aus dem Vorstehenden folgt, dass das Centralbureau keine Ver-
anlassung hatte, von seinem Standpunkt zur Frage über einen allgemeinen
Höhennullpunkt, wie er in dem vorjährigen Bericht des Herrn Director
Helmert an die Permanente Commission (Le zdro des altitudes. „Ver-
handlungen in Florenz, 1891“, 8. 148 — 153) klargelegt ist, abzugehen.
Die dort angestellten Erwägungen bleiben vielmehr durchaus bestehen.
Denn auch dem von Herrn Director Hirsch gemachten Einwurf, dass
beim Ueberschreiten der Landesgrenze, ohne Feststellung eines allgemeinen
Nullpunktes, die Höhenzahlen sich um bedeutendere Beträge (bis zu
mehreren Metern) ändern, was nicht blosB für die Eisenbahn- und Canal-
Ingenieure, sondern auch für die wissenschaftlichen hypsometrischen
Untersuchungen sehr unbequem sei, kann eine entscheidende Bedeutung
nicht beigelegt werden.
Zunächst erreichen die Anschlussdifferenzen nach den neueren
Nivellements höchstens noch einige Decimeter, auch wenn jedes Land
sein besonderes Mittelwasser als Ausgangsfläche für die Höhen nimmt,
vorausgesetzt natürlich, dass die orthometrischen Reductionen angebracht
werden. Solche Differenzen ergeben sich aber schon längs der Grenzen
benachbarter Länder durch die beiderseitigen besonderen Ausgleichungen
(vergl. z. B. die Anschlüsse zwischen dem schweizer Nivellement und
dem des Königl. Preussischen Geodätischen Instituts längs der Linie
646 D*e 10. Allgemeine Conferenz der Internationalen Erdmessung zu Brüssel.
Basel-Constanz). Da also derartige Differenzen, auch wenn man an meh-
reren Stellen durch Zwangsausgleichungen die Debereinstimmung in den
Höhen gemeinschaftlicher Punkte Uber einem allgemeinen Nullpunkt
herbeifllhrte, bei allen anderen Anschlusspunkten und bei Anschlüssen
an andere Länder und besonders bei jeder neuen nivellitischcn Verbindung
doch wieder auftreten würden, so bliebe nur übrig, das gesammte vor-
handene oder in einer unbestimmten Anzahl von Jahren vollendete
Höhennetz Europas zusammen auszugleichen, und die Ergebnisse dieser
Ausgleichung für immer, auch für alle späteren Neumessungen und Ein-
schaltungen, festzuhalten. Ein solches Verfahren ist aber mit den
Fortschritten der Wissenschaft unvereinbar. Wenn nun auch vom rein
praktischen Standpunkte aus dieser, immerhin nur für eine gewisse Zeit
gültigen Ausgleichung keine ungewöhnlichen Schwierigkeiten entgegen-
stehen würden, so würden doch wohl schwerlich die Länder (z. B.
Preussen und die Niederlande), die sich jetzt schon, theilweise nach
langen Bemühungen, ein einheitliches System ihrer Höhen geschafft
haben, darauf eingehen, diese Einheit und Klarheit durch Einführung
eines ganz neuen und wissenschaftlich anfechtbaren Höhensystems
wieder aufzugeben, und so wieder neue Verworrenheit in den Gebrauch
der Höhenzahlen zu bringen. Wenn also nicht einmal dem Ingenieur
ein allgemeiner Nullpunkt irgend einen Nutzen bringen wird, so kommt
für wissenschaftliche Untersuchungen die geringe Mühe, die die Be-
rücksichtigung etwaiger Anschlussdifferenzen erfordert, gar nicht in Be-
tracht.
Der Vorschlag des Centralbureaus an die Allgemeine Conferenz war
daher, wie im Vorjahre, der folgende:
„Von der Wahl eines gemeinsamen Nullpunktes der Höhen in
Europa wird abgesehen. Für die wissenschaftlichen Zwecke der
Geodäsie werden die Meereshöhen mit Hülfe von Nivellements nach
den benachbarten Küsten des Atlantischen Oceans, des Mittelländischen
und Adriatischen Meeres und der Ostsee abgeleitet, wobei solche Stellen
auszuwählen sind, an denen das Mittelwasser voraussichtlich aus
theoretischen Gründen oder erfahrungsmässig keine Anomalien darbietet.
Es ist aber andererseits eine fortdauernde Aufgabe des Centralbureaus ,
die Ergebnisse der einzelnen Länder zu sammeln, zu vergleichen und
zu verknüpfen, sowie insbesondere die gegenseitige Lage der Special-
Nullpunkte festzustellen“.
Soweit der Bericht von Dr. Börsch.
Der eigentliche geodätische Kern der Internationalen Erdmessung
kam in den Berichten der einzelnen Delegirten über die Arbeiten in
ihren Ländern, sowie in verschiedenen zuBammenfassenden Berichten
zur richtigen Beleuchtung, und es bot sich dem Fachmann ein über-
raschendes Bild der Entwicklung der Erdmessung in den letzten Jahren
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Die 10. Allgemeine Conferenz der Internationalen Erdmessung zu Brüssel. 647
dar, sodass General-Lieutenant Ferrero mit Recht am Schluss der
Sitzungen die besondere Bedeutung der 10. Allgemeinen Conferenz
liervorheben konnte.
Wie Director van deSandeBakhuyzen aus Leyden constatirte, hat
die Zahl der Bestimmungen von Breite, Azimut und Länge sich neuerdings
wieder sehr vermehrt. Die Uebersicht der Ergebnisse füllt bereits einen
fingerstarken Quartband. Eine Ausgleichung des Längennetzes ist in
Vorbereitung. Die astronomischen Arbeiten gestatten in Verbindung
mit dem Dreiecksnetz, Uber welches General- Lieutenant Ferrero referirte,
ausser zahlreichen localen und regionalen Studien die Bildung von vier
grossen Meridianbögen von ca. 30 Grad Amplitude, was Professor
Helmert hervorhob, um die Wichtigkeit der Ergänzung und Fortführung
der Triangulationsarbeiten an einigen Stellen ins rechte Licht zu bringen.
Derselbe legte auch das System der Lothabweichungen auf dem grossen
Parallelbogen in 52 Grad Breite von Valencia in Irland bezw. Brest
bis zum Ural vor. (Vergleiche die S. 651 folgende Mittheilung.)
Die alte Längengradmessung im mittleren Parallel (45 Grad Br.)
wird in Frankreich durch eine projectirte Neutriangulation verbessert
werden. Die Reduction aller linearen Längen auf den internationalen
Meter schreitet, wie Herr Oberst Bassot aus Paris berichtete, durch
Vergleichung der Maasseinheiten und Basisapparate rasch voran. Bereits
jetzt zeigte eine umfangreiche tabellarische Zusammenstellung des Central-
bureaus, dass die Dreiecksketten von Grundlinie zu Grundlinie im all-
gemeinen eine treffliche Uebereinstimmung ergeben. Zu einer leb-
haften Discussion gab der gelungene Versuch des Nordamerikaners
Woodward, eine Grundlinie mit Hülfe einer mit Eis umgebenen Metall-
stange zu messen, Veranlassung.
Die Messung der Intensität der Schwerkraft mittels des Pendels hat
in den letzten Jahren durch Benutzung der von dem Oberst-Lieutenant
von St er neck in Wien eingeführten kleinen, handlichen Halbsecunden-
pendel eine enorme Ausbreitung erfahren. Während mau 1884 nur
für 120 Orte die Grösse der Schwerkraft kannte, ist sie zur Zeit an
etwa 500 Orten beobachtet. Voraussichtlich wird sich in den nächsten
Jahren die Zahl der Stationen rasch weiter vermehren. Die Zeit der
Expeditionen zur Messung der Schwerkraft in allen Welttheilen aus den
ersten Decennien dieses Jahrhunderts dürfte wiederkehren. Die wissen-
schaftliche Vertiefung des Problems der Schwerkraftsbestimmung hat
Commandant Defforges vom Service g^ographique aus Paris sich
zur Aufgabe gestellt und eine absolute Schwerebestimmung im inter-
nationalen Maass- und Gewichtsbureau zu Breteuil nach neuen Principien
ausgeführt.
Die so ergebnisreichen Tage der zehnten allgemeinen Coferenz
wurden den Theilnehmern durch die liebenswürdige Gastfreundschaft des
militair - geograDhischen Instituts und des Empfangscomitees, sowie der
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. Vergleichung der Mittelwasser.
648
Die 10. Allgemeine Conferenz der Internationalen Krdmessung zu Brüssel.
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Die 10. Allgemeine Conferenz der Internationalen Erdmeasung zu Brüssel.
649
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650 10. Allgemeine Confereni der Internationalen Erdmessung zu Brüssel.
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II. Vergleich «mg voa HiShennullpunkten.
Die 10. Allgemeine Conferenz der Internationalen Erdmeasung zu Brüssel. 65 1
Staatsregierung verschönt. Seine Majestät der König Leopold II. geruhte
dieselben in seinem Pavillon zu Ostende zu empfangen und eingehender
Unterredung zu würdigen. —
Die nachstehende Tabelle zeigt die Lothabweichungen für die Längen-
gradmessung in 52° Breite, theils nach den Sapiski der kriegstopogr.
Abth. des russischen Generalstabes, Bd. 47, theils nach dem Bericht des Prof.
Helmert von 1887 aus den Nizzaer Verhandlungen, sowie nach Rech-
nungen des Centralbureaus für die Strecke Breslau-Czenstochau, welche
die in den genannten beiden Mittheilungen behandelten Gebiete von
einander trennt.
Lothabweichnngen in Länge für die Längengradmessung
in 52° Breite.
Beob. Länge
von Gr.
Astron
Clarke
-Geod.
Bessel
Feaghmain
—
10»
20'
51"
—
77
14,0
+
0,5
Haverfordwest . .
—
4
57
49
—
8,9
+
2,6
Brest
—
4
29
22
—
9,9
+
1,2
Greenwich
0
0
0
—
4,5
+
3,7
Paris
+
2
20
51
—
5,0
+
1,4
Dünkirchen . . . ,
4-
2
22
34
—
10,3
—
3,6
Nieuport
+
2
45
26
—
9,4
—
3,0
Bonn
7
5
51
10,7
—
6,9
Göttingen
9
56
35
_
7,7
—
5,6
Kiel
10
8
56
—
3,8
—
1,7
Brocken
10
37
8
+
0,5
+
2,2
Gotha
10
42
39
—
3,6
—
1,9
Leipzig
12
23
31
+
1,2
4-
1,8
An-
genommener
Nullpunkt.
Rauenberg
Breslau
13
17
22
9
OO CO
+
0,0
4,1
4-
0,0
1,8
Trockenberg . . .
18
52
38
—
0,7
—
4,2
Czenstochau ....
19
7
54
+
3,6
4-
0,0
Königsberg ....
20
29
46
—
1,9
—
6,4
Warschau . . . .
21
1
52
+
3,5
—
1,3
Grodno ,
23
49
45
3,2
—
9,8
Bobruisk
29
13
32
+
4,9
—
5,0
Orel
36
3
56
+
13,8
—
0,5
Lipetsk
39
36
14
+
7,9
—
8,6
Saratow
46
2
39
+
20,3
—
0,2
Samara
50
5
1
+
7,0
—
16,0
Orenburg
55
6
37
+
16,8
—
10,4
Orsk
+
58
33
26
19,7
48,0
Die auf Bessel’s Ellipsoid bezogenen Lothabweichungen sind filr die
aus den Sapiski entlehnten Angaben nach Clarke mittelst der Nähe-
rungsformel
1 1 + sin2 52°. da j
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Längengradmessung in 52° Breite.
652 I>ie 10. Allgemeine Conferenz der Internationalen Erdmessung zu Brüssel.
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Die 10. Allgemeine Conferenz der Internationalen Erdmessung zu Brüssel. 653
reducirt, worin l den östlichen Längenunterschied gegen den willkürlichen
Anfangspunkt Rauenberg bedeutet und im Sinne Bessel— Clarke
da
— = — 0,000 13359 da = — 0,0000 6477
a
gesetzt ist. Die Substitution dieser Werthe giebt als Reduktion
— 0,000 174 l. Hiermit werden die Zehntelsekunden allerdings nicht
correct erhalten, was aber für den vorliegenden Zweck einer allgemeinen
ITebersicht gleichgültig ist.
Vergleicht man die beiden Reihen von Lothabweichungen, so ist
augenfällig, dass sich die Krümmung des Parallels auf den 56 Graden
von Feaghmain bis Saratow dem Bessel’schen Ellipsoid weit besser
anschmiegt, als dem Clarke’schen Ellipsoid. Nur am östlichsten Ende bei
Orsk wird für Bessels Ellipsoid die Abweichung sehr gross. Die
graphische Darstellung aufS. 12 zeigt dies alles noch besser und überdies
auch, dass am besten ein Krümmungsradius des Parallels entspricht, der um
ca. 300 km grösser als derjenige nach Bessel und um 800 km kleiner
als derjenige nach Clarke ist.
Die Erhebung des Geoids ist von Feaghmain bis Saratow oder Oren-
burg, wenn man dort Clarke’s Ellipsoid osculiren lässt, rund 300 m.
Mit Clarke’s Halbachse a und Bessels Abplattung reducirt es sich auf
rund 200 m.
Die Thatsache, dass der Parallelbogen in 52° Breite vom Meeres-
strande ab bei seinem Eindringen in den europäischen Continent auf
56 Längengrade eine stärkere Krümmung besitzt als das Clarke’sche
Ellipsoid von 1880, das bis jetzt den anderen grossen Gradmessungen
am besten genügte, deutet auf einen merkbaren Einfluss der europäischen
Continentalmasse auf die Figur des Geoids hin.
Die Masse des Festlandes würde demnach durch Defecte in der
Erdkruste nur zum Theil compensirt sein.
Zu demselben Schlüsse führte schon 1890 die rechnerische Ver-
bindung der russisch- scandinavischen mit der französisch-englischen Grad-
messung durch die Herren Börsch.
Die merkwürdig grosse Abweichung des Lothes, welche auf der
Strecke Orenburg-Orsk eintritt, fordert zu erneuten und erweiterten
Operationen in jenen Gegenden um so mehr auf, als die geodätischen
Messungen im östlichen Theile des Parallelbogens zufolge der bei den
Basisanschlüssen hervortretenden grossen Differenzen eine grössere Un-
sicherheit zu besitzen scheinen. In erster Linie würde eine Wiederholung
der Basismessung von Orsk zu empfehlen sein und falls diese Basis nicht
mehr vorhanden ist, die Wiederholung des ganzen Bogens Orenburg-Orsk.
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654
Beitrag zur Ausgleichung nach der Coordinatenmethode.
Beitrag zur Ausgleichung nach der Coordinatenmethode.
Da manchem mehr praktisch als theoretisch tbätigen Geodäten bei
Ausführung von Ausgleichungsrechnungen nach der Coordinatenmethode
die in Jordan’s Handbuch Bd. L, iS. 151 .behandelte Elimination der
Nullpunktscorrection z und die Bildung der reducirten Fehlergleichungen
nicht ohne Weiteres klar sein werden, so dürften vielleicht die nach-
stehenden kurzen Entwickelungen nicht ganz nutzlos erscheinen.
In einem nach der Coordinatenmethode auszugleichenden System
seien für die Station A folgende n Fehlergleichungen vorhanden, in
denen in Wirklichkeit stets ein Theil der mit Ax und Ay behafteten
Glieder gleich Null ist, was aber auf die weitere Entwicklung keinen
Einfluss hat.
c, = 2„ + 1 1 -f- Oj • A xa -f- bi • Ay„ -f- a, • Ax,|+ 6, • Ay, -j-Oj • Ax% + öi -Ay,
v2~Za+ h + a2- Axa-\-b2-Aya + aii-Axl+bf Ayx+az- Ax2 -f b, -Ay,
vn = Za + ln -I- a, • AXq + 6« • A y„ -f an ■ Ax, + bn ■ Ay, -f-gn • Ax2 + bn -Ay;
0 = [®] = » • 2a -f- [Q + [a] • Axa + [6] • Ay„ [a] • Ax, + [6] • Ay, -j-taJ-Aj^-f- [6]-%.
Die Summe vorstehender Gleichungen ist gleich Null, weil in sämmtlichen
Gleichungen za mit dem Factor 1 behaftet vorhanden ist.
Aus der Summengleichung findet man:
«a = — -^-([4] + [a]-Ax„ + [&]• Aya +[a]-Ax, -f [6] • Ay, -f [a] • Axj + C&Hyi)
und durch Einsetzung dieses Werthes in die einzelnen Gleichungen
ergiebt sich folgendes Gleichungssystem:
0 = Z, —
m
A Xa
+ «1 -
0-1,-™
n
0=1™
A y*
Ax,
Ay,
A*2
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Beitrag zur Ausgleichung nach der Coordinatenmethode.
655
Hiernach berechnet sich der Beitrag der Station A zu dem Absolutglied
der ersten Normalgleichung:
i „ m , [«] , ra .[«]
11 1 n 1 n n n
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z n z n n n
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n n n n
[<*q _ [a] . 13. _ m . J§! + „ . J£Ö. ^ = [aq - i-[a][q=(i),
n n
ferner der Beitrag zu dem ersten quadratischen Glied
a;_2aiM + W
1 n n2
a|_2a2M + W
3 * n 1 n7
2«,^ + ^
n w2
[a
der Beitrag zu dem ersten nicht quadratischen Glied:
n n n
[4] , W [b]
oj 6, -M.t a M + W.M
n n n n
°2 ^>2 — ~ • ^2
<h • — 4*J
n n n
a„ bn
M + M.H
n ' n n
I«] •[»]--£- [«i m ~ • [«I m = [«»] - \ [«] [«>] = (3)-
Die Fehlergleichungen ohne Berücksichtigung der Nullpunkts-
correction za würden ergeben:
(!) = [«*] (2) = [a1] (3) = [ab].
Es stellen demnach
[ol* und
n 1 ‘
1
n
[a] [6] den Ein-
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656
Beitrag znr Ausgleichung nach der Coordinatenmethode.
flues der Nullpunktscorrection auf die GröBse der Beiträge der Station A
zu den Gliedern der Normalgleichungen dar.
Um nun die Bildung der Normalgleichungen rechnerisch möglichst
einfach zu gestalten, fügt man den Fehlergleichungen ohne Nullpunkts-
correction eine neue Gleichung hinzu, die auf die Grösse der Glieder
der Normalgleichnngen denselben Einfluss austibt wie die Nullpunkts-
correction, und die man dadurch erhält, dass man nach Hinweglassung
des Gliedes n • za die Summengleichung der Fehlergleichungen mit
einer vorläufig noch unbekannten Grösse x multiplicirt. Die neue
Gleichung lautet dann:
0 = x [i] + x[a]- Axa + x [6] A ya +
und giebt als Beiträge zu (1), (2) und (3)
x •[/]•* [o], x2 [o]* und x-[a\-x [ö].
Setzt man diese Grössen entsprechend gleich den Werthen, welche
vorher als durch die Nullpunktscorrection hervorgerufene Beiträge zu den
Gliedern der Normalgleichungen gefunden worden sind, so erhält man
die drei Gleichungen:
1) = 2)
3)--[°] [&]=*[«]•*[&)
und hieraus übereinstimmend:
Für den Fall zweier Fehlergleichnngen von nachstehender Form erhält
man nach dem ersten Verfahren:
», == Zk
Vj = Zk +l\ + cij- Aar, + by A yx
0 = 2 • Zk + lx -j— (i\ • A • Ayj
— y— T,A* i ~4'Ay»
- Y -
»i = + y +
Beitrag (1) = 4- y a, /,
i (2) = + °i
n (3) = 4* ~2 °1 &I •
Nach dem zweiten Verfahren findet sich für den vorliegenden Fall
I
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Gebrauch des Winkelprismas bei geneigten Strahlen.
657
Jkaj
dkk
m
Üedj
ob
m
ar
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elf
!eo
ID
Beitrag (1) = + a,!, + ]/- ~ ~ a, lt
„ (2) =aj-j-^a, \ 2 ^ =JT'ifat
n (3) = aj bj + at • yj — g- • &i ■ V
Es gilt also die oben für x gefundene Formel auch Air diesen Special-
fall, in welchem man jedoch kürzer zu demselben Resultat gelangt,
wenn man — wie von Jordan geschehen — die Summengleichung
multiplicirt und einzig und allein die so erhaltene Gleichung
bei Bildung der Normalgleichungen berücksichtigt.
Dresden, im September 1892. Franz Fuhrmann,
geprüft. VermeBSungsiDgenieur.
Gebrauch des Winkelprismas bei geneigten Strahlen.
Das Winkelprisma eignet sich bekanntlich zum Abstecken von
rechten Winkeln vorzugsweise gut in der Ebene. Weniger bekannt
dürfte aber sein, dass dasselbe auch bei geneigten Strahlen häufig
vortheilhafte Verwendung finden kann.
Das hierauf bezügliche Verfahren gründet sich darauf, dass ein
schiefer rechter Winkel, dessen einer Schenkel horizontal liegt, bei
seiner Projection auf den Horizont keine Veränderung erleidet. Kann
Fig. 1. Flg. 2.
daher dem einen Visirstrahl eine wagerechte Lage gegeben werden
— was meistens in der Abscissenlinie, seltener in der Ordinatenrichtung
der Fall sein wird — so steht bei beliebiger Neigung des anderen
Strahls der Absteckung des rechten Winkels nichts entgegen. Es ist
dazu nur nothwendig, die Prismaebene in die schiefe Beobachtungsebene
einzustellen und alsdann den schiefen Strahl mit dem wagerechten zu-
sammen fallen zu lassen.
Zeitschrift für Vermessungaweaen. 1892. Heft 2*. 43
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658 Gebrauch des Winkelprismas bei geneigten Strahlen.
Die erforderliche Horizontale lässt sich mittelst eines Senkels and
des Prismas leicht hersteilen. Wird nämlich letzteres mit der einen
Hand in die in Fig. 2 oder 3 skizzirten Lagen gebracht, ( — Prisma-
ebene: stets senkrecht, Hypotenuse: senkrecht oder wagerecht — ), und
mit der anderen Hand die Senkelschnur, beiläufig gegen die Mitte der ein-
fallenden Strahlen, an die Prismakante gehalten, so sieht das bei A be-
findliche Auge des Beobachters den Senkel in horizontaler Richtung
schweben, sodass S in S' erscheint. Der Beobachter ist daher im
Stande, die Lage des horizontalen Strahls an der Eintheilung eines in
der Abscissenlinie stehenden Fluchtstabes, zuweilen auch an Gegen-
ständen im Hintergründe zu beurtheilen, bezw. sich zu merken.
Damit dieser Strahl durch eine spätere Verschiebung des Beob-
achters nicht wesentlich verändert wird, ist zuvor eine annähernde Be-
stimmung des Fusspunktes der Ordinate räthlich, wobei die Horizontale
geschätzt werden darf. Bei entfernten im Hintergründe liegenden Merk-
malen ist dies nicht erforderlich, wogegen bei kurzen Strahlen, ins-
besoudere bei stark geneigter Abscissenlinie wohl auch eine Wieder-
holung des Verfahrens nothwendig werden kann.
Bei Abvisirung der Horizontalen muss das zurtlckgestrahlte obere
Ende der Senkelschnur selbstverständlich mit der Augenlinie zusammen-
fallen, was sich sofort durch eine entsprechende Verschiebung des Auges
oder des Prismas oder der Schnur bewirken lässt. Auch empfiehlt
sich mit Rücksicht auf rasche Beruhigung des Senkels, die Schnur nur
etwa m lang zu wählen. Kleine Senkelschwingungen sind übrigens
nicht schädlich, da deren Mitte mit genügender Genauigkeit beurtheilt
werden kann.
Die Herstellung eines horizontalen Strahls erfordert ungefähr nur
10 Secunden Zeit, und der dabei zu erwartende zufällige Höhenwinkel-
fehler darf bei vorausgesetztem raschen Verfahren im Mittel zu rund
5 Minuten angenommen werden. Dieser Fehler überträgt sich aber
durchschnittlich kaum mit seiner Grösse auf den rechten Winkel.
Denn es ist annährend:
8 = A sin y *)
in welcher Formel y den Neigungswinkel des schiefen Strahls, A den
Fehler der Horizontalen und 8 den Fehler des rechten Winkels be-
zeichnet. Für A — 5' berechnet sich z. B. :
Y = 0, 10°, 20°, 30°, 40» 900
8=0, O,#, 1,7', 2,5', 3,2' 5'.
Zur Absteckung eines rechten Winkels in der vorbeschriebenen
Weise bedarf man durchschnittlich nicht mehr Zeit, als mit einer Kreuz-
scheibe. Bei geringer Neigung der Abscisse oder der Ordinate ist in
*) Diese Formel heisst ursprünglich: sin ? = sin A sin r, und bezieht sich
auf das in diesem Falle entstehende sphärische rechtwinklige Fehler-Dreieck,
in welchem die Hypotenuse und ein Winkel bekannt sind, und die diesem
Winkel gegenüberliegende Seite gesucht wird.
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Kleinere Mittheilungen.
659
dieser Beziehung das Prisma, dagegen bei starker Neigung der beiden
Linien die Kreuzscheibe überlegen. In letzterem Falle wird nämlich
bei Verwendung des Prismas häufig die Einschaltung eines Fluchtstabes
in die Abscissenlinie erforderlich, an welchem der Beobachter die
Horizontale fixiren kann.
Das Verfahren eignet sich nicht allein in hügeligen und gebirgigen
Gegenden, sondern kann zuweilen auch in der Ebene gute Dienste
leisten. So findet man u. a. die unteren Kanten der Landhäuser
durch Bäume und Ziersträucher der Vorgärten u. s. w. öfters verdeckt,
und bei deren geometrischen Aufnahme müssen deshalb mitunter sehr
steile Ordinatenstrablen benutzt werden.
Wiesbaden, im December 1891. Carl Wagner.
Kleinere Mittheilungen.
Beschluss.
In der Strafsache gegen den Ackerbürger N. N. in N. N. wegen
Diebstahls, hat auf die Beschwerde des Königlichen Landmessers und
Kultur -Ingenieurs K in W vom 15. August 1892
gegen den Beschluss der Strafkammer des Königlichen Landgerichts zu
M vom 20. Juli 1892, betreffend die Feststellung der dem
Beschwerdeführer als Sachverständigen zustehenden Entschädigung der
Ferien -Senat des Königlichen Oberlandesgrichts zu P . . . . in der
Sitzung vom 31. August 1892 unter Mitwirkung des Senatspräsidenten
N. N. und der Oberlandesgerichtsräthe N. N., N. N., N. N. und N. N.
nach erfolgter Erklärung des Königlichen Oberstaatsanwalts beschlossen,
dass die Beschwerde zurückzuweisen.
Gründe.
Nach §13 der Gebühren- Ordnung für Zeugen und Sachverständige
vom 30. Juni 1878 kommen für die Bestimmung der Entschädigung
des Beschwerdeführers, welcher als Sachverständiger vor der Straf-
kammer gehört ist, die Vorschriften des Reglements für die Land- (Feld-)
messer vom 26. August 1885 (G.-S. S. 319) zur Anwendung. § 41
a. a. 0. ergiebt, dass die dort erwähnte Feld- und Reisezulage dem
Land- (Feld) - Messer nur zu gewähren ist für jeden Kalendertag, den
er „im Interesse der Arbeiten“ ganz oder theilweise ausserhalb seines
Wohnortes zubringen musste, und unter diesen Arbeiten sind die Land-
(Feld)- Messer- Arbeiten zu verstehen (§ 37 ebd.). Dies erhellt auch
daraus, dass in § 41 von der Entschädigung für die Zurücklegung des
Weges zwischen Nachtquartier und Arbeitstelle die Rede ist. Dem-
nach ist die Ausführung des angefochtenen Beschlusses, dass dem Be-
schwerdeführer, welcher zur Wahrnehmung des Termins Arbeiten der
bezeichneten Art nicht geleistet hat, die Feld- und Reisezulage nicht
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660
BUcherschau.
zusteht, für zutreffend zu erachten und die erhobene Beschwerde unbe-
gründet.
(Unters chri ften.)
Ausgefertigt
P . . . den 7. September 1892* N. N.
Gericht88chrelb«r
des Königlichen Oberlandesgerichte.
Der vorstehende Beschluss muss in hohem Grade auffallend erscheinen.
Die Bestimmung in § 41, dass für den Weg von der Arbeitstelle
zum Nachtquartier keine besondere Reisekosten (Kilometergelder) bezahlt
werden sollen, schliesst doch nicht aus, dass die Reisezulage gezahlt
werden muss, wenn ein solcher Weg nicht nöthig wird.
Die Bestimmung in § 40 des Reglements, wonach die Tagegelder
auch an Sonntagen und an solchen Tagen, an welchen der Witterung
wegen nicht im Felde gearbeitet werden kann, gezahlt werden in Ver-
bindung mit dem § 41 a. a. 0. ist bisher von allen Behörden so auf-
gefasst, dass die Feld- bezw. Reisezulage auch an diesen Tagen zu zahlen
sei, woraus erhellt, dass dieselbe nicht lediglich für Feldarbeiten
gezahlt werden soll, sondern in erster Linie eine Entschädigung darstellt
für die erhöhten Ausgaben, welche dem Landmesser durch den Auf-
enthalt an einem fremden Orte erwachsen.
Wir möchten daher allen unsern Fachgenossen, welche in eine
ähnliche Lage kommen, rathen, stets den Beschwerdeweg zu beschreiten,
da wohl anzunehmen ist, dass von einem anderen Oberlandesgericht ein
abweichendes Urtheil abgegeben werden wird.
Altenburg, November 1892. L. Winckel.
Das photographische Aufnehmen zu wissenschaftlichen Zwecken insbesondere das
Messbildverf ähren. Erster Band: Die photographischen Grundlagen und das
Messbildverfahren mit kleinen Instrumenten von Dr. A. Meydenbauer.
Das Buch zerfällt, wie schon der Titel besagt in zwei Theile.
Der erste Theil, etwas über zwei Drittel des Ganzen, könnte ebenso gut
Anleitung zur Photographie für Anfänger genannt werden, nur dass der
Stoff weniger gut und weniger vollständig behandelt ist als in den kleinen
Lehrbüchern über diesen Gegenstand z. B. von Pizzighelli oder
E. Vogel. Der zweite Theil, etwas weniger als ein Drittel des Ganzen,
beschäftigt sich mit dem Messbildverfahren mit kleinen Instrumenten,
ln einem Anhänge wird ein kleines Messbildinstrument beschrieben, das
nach des Verfassers Angaben ausgeführt ist. Wegen des letzten Drittels
wird das Buch Manchem willkommen sein. In leicht fasslicher Dar-
stellung sind die Elemente des Messbildverfahrens auseinandergesetzt,
deren Keuntniss Jeden in den Stand setzen werden, sich des Verfahrens
zu raschen Aufnahmen von Bauwerken und dergleichen, wo es auf eine
sehr grosse Genauigkeit nicht ankommt, zu bedienen. R.
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Personalnachrichten.
661
Personalnachrichten.
Königreich Preussen. (Finanz -Ministerium.) Die Kataster-
Controleure Steuerinspector Jahr in Berlin und von Pannewitz in
Peine sind als Kataster-Secretaire nach Potsdam bezw. Liegnitz versetzt ;
die Kataster-Assistenten Eicker in Cassel und Gretsch in Aachen
sind zu Kataster-Controleuren in Peine bezw. Stromberg bestellt worden.
Die Kataster-Controleure Zacke in Heinrichswalde und Schmitz
zu Wäehtersbach sind in gleicher Diensteigenschaft nach Flensburg
bezw. Berlin versetzt; die Kataster- Assistenten Nickel in Danzig und
Quandt in Gumbinnen sind zu Kataster-Controleuren in Heinrichs walde
bezw. Wächtersbach bestellt worden.
Die Kataster-Controleure Steuer-Inspector Hansen aus Flensburg
und Henning aus Mohrungen sind zu Kataster-Inspectoren ernannt,
und es ist ihnen die Stelle eines Katasters-Inspectors bei der Königlichen
Regierung in Trier bezw. Schleswig verliehen worden.
Die Kataster-Controleure Broil zu Frankfurt a. M,, Schneider
in Langenschwalbach und Anacker in Rennerod sind in gleicher Dienst-
eigenschaft nach Braunfels, Frankfurt a. M. und bezw. Langenschwalbach
versetzt; der Kataster-Assistent Baldus in Wiesbaden ist zum Kataster-
Controleur in Rennerod bestellt worden.
Die Kataster-Controleure Maske zu Königswinter und Loebell
zu Sensburg sind in gleicher Diensteigenschaft nach Bonn bezw. Rasten-
burg versetzt; die Kataster-Assistenten Hesse in Lüneburg und Petrick
in Frankfurt a, 0. sind zu Kataster-Controleuren in Königswinter bezw.
Sensburg bestellt worden.
Morsbach, Oberst ä la suite des Generalstabes und Chef der trigono-
metrischen Abtheilung der Landesaufnahme, ist zum Commandeur des
5. Rheinischen Infanterie-Regiments Nr. 65 in Cöln ernannt worden.
Königreich Bayern. Vermessungsdienst. Vom 1. December
wird auf die erledigte Stelle eines Vorstandes der Vermessungsbehörde
Vilshofen der Bezirksgeometer 2. Klasse R a b a von Ebern, auf Ansuchen,
versetzt; die hierdurch in Erledigung kommende Stelle eines Vorstandes
der Messungsbehörde Ebern dem geprüften Geometer Rüb in A.ugsburg
unter Ernennung desselben zum Bezirksgeometer 2. Klasse verliehen;
der Bezirksgeometer 2. Klasse Haselmayr von Passau zum Bezirks-
geometer 1. Klasse ernannt.
Grossherzogthum Oldenburg. Seine Königliche Hoheit der
Grossherzog haben gernht: den Regierungsgeometer Meiner» zu Ell-
würden mit dem 1. Januar 1893 zum Vermessungsconducteur und Bezirks-
vermessungsbeamten des Amtes ßutjadingen zu ernennen.
Grossherzogthum Hessen. Se. Königl. Hoheit der Grossherzog
haben am 25. November dem Revisionsgeometer bei dem Katasteramt
in Darmstadt J. Schreiner das Ritterkreuz II. CI. des Verdienstordens
Philipps des GrossmUthigen verliehen.
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Berichtigung. — Vereinsangelegenheiten.
Berichtigung.
Sofort nach Erscheinen meines Aufsatzes „Das Tele-Objectiv u. s. w.“
in Nr. 21 hatte Herr P. Penner, Docent an der technischen Hoch-
schule in Aachen die Freundlichkeit mich auf einige darin enthaltene
Irrthtimer aufmerksam zu machen, welche ich nachstehend berichtige.
Pag. 597 sind die aus der ungenauen Einstellung resultirenden
Zerstreuungskreise zu gross angegeben. Der Durchmesser (z) derselben
ist
z = — (20 — B)
woraus, wrenn 0 als volle Objectiv-Oeffnung mit 4 cm angenommen
wird, für einen 5000 m entfernten Gegenstand z = 0,005 cm und nicht
0,03 cm sich ergiebt.
Es reduziren sich demnach auch die in der Tabelle angegebenen
Durchmesser auf rot. >/6 des Werthes und erst für einen Gegenstand
im Abstande von 370 m wird z = 0,01 cm. Es liefert demnach dieses
Objectiv theoretisch scharfe Bilder aller Gegenstände von mehr als
370 m Distanz.
Pag. 600 ist nicht der Ausdruck für P M" sondern derjenige
für PM (also für die Construction aus dem Negativ) gegeben. Es soll
heissen P’ M= PAT = H — d -f- ß =im spec. Fall 118,3 cm. Construirt
man dagegen aus dem Positiv, so ist, wie eine einfache Ueberlegung
ergiebt, die ganze Länge
SP— l = h — h +d+h" —D = h + D
im Maassstabe — des Planes, PM" dagegen in natürlicher Grösse auf-
zutragen.
Pag. 601. In der Auswerthung von a (vorletzte Zeile) wurde die
Länge l unrichtig eingesetzt, die richtige ist 1 = h + D — 10,83825 m
und nicht 1,1843 m. Damit wird
a — 3758 m.
Es muss also ein Punkt rund 4000 m (nicht wie im Aufsatze an-
gegeben 400) vom Standpunkte entfernt sein, um die Orientirung
direct verwenden zu können.
Wien, im November 1892. Hafferl, Ingenieur.
Vereinsangelegenheiten.
Die Mitglieder de» Deutschen Geometervereins, welche
den Beitrag für das Jahr IN0S durch Postanweisung ein-
zusenden beabsichtigen, werden gebeten, dies ln der
Zelt vom
• O. Januar bis IO. Mürz 1898
zu thnn, da vom letztgenannten Tage ab die Einziehung
durch Nachnahme erfolgen wird.
Für die Kassen Verwaltung des Deutschen Geometer- Vereins
Altenburg, S.-A., den 1. December 1892. L. Winded,
Vermessungs - Director.
Inhalt.
Grössere Mittheilungen: Die 10. Allgemeine Conferenz der Internationalen
Erdmessung zu Brüssel. — Beitrag zur Ausgleichung nach der Coordinaten-
methode von Fuhrmann. — Gebrauch dos Winkelprismas bei geneigten
Strahlen von Wagner. — Kleinere Mittheilungen. — Bücherschau. — Personal-
nachrichten. — Berichtigung. — Vereinsangetegenheiten.
Verlag von Conrad Wittwer Stuttgart — Druck von Gebrüder Jänecke in Hannover.
Digitized by G(
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UN IV. O* MlOrt-
JUN 2i 1308
'!
UNIVERSITY OF MICHIGAN
3 9015 06717 3727
Digitized by