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Archiv für die
gesamte Psychologie
Deutsche Gesellschaft für Psychologie
ftubihiiniu/ ^ *
Howard Crosby Warren '89
— iL vin
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ARCHIV
FÜR DIE
GESAMTE PSYCHOLOGIE
ÜNTEE MITWIRKUNG
VON
Pbof. A. KIRSCftMANN ix Toronto (Canada),
Fkop. E. KRAEPELIN m Heidelbkrö, Prof. 0. KÜLPE rv Wükzbubo,
Dk. A. LEH^fANX IX Kopenhagen, Prof. G. MART1U8 in Kiel,
Pbof. G. STOKRU^G in Z&bich, Db. W. WIRTH ut Lxipsio ma>
Pbov. W. WUNDT nr Leifszo
HERAUSGEGEBEN VON
E. MEÜMANN
O. PKOP. DSU PmLOSOPIUE D. uiii?s&&nli zObich
I. BAND
KIT 16 naUBBN III TBXT
LEIPZIG
VERLAG VON WILHELM ENGELMANN
1903
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Bs wurden Mugeeebon:
Heft 1 (S. 1—184; Litaatiu1»eRttht B. 1—90) «m 7. April 1906.
Heft 8 n. 8 (S. 186—418, litenturberielit & 81—60) «m 1& Mai 1908.
Heft 4 (S. 417—644; lateieturberioht S. 61—98) tn 86. Jtmi 1908.
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Inhalt des ersten Bandes.
Abhandlungen .
IfBüiEAinr, E.I Zur BinfUmmg 1
KBABPBEur, R, Über EimfidnogmeMimgeii 9
Fbabcb, H, Ob«r den EinlBuO ▼on Kebtnreisen auf die Reiunmliniebnaiig Sl
GABlBCgBHBBHfliWiB., CberdieMöf^ehketteinerQiMotttttderToiieDipfindaiig.
(Mit 2 Figuren im Text) 110
WBEftcnxEB, A., Zur Psychologie der Aussage. (Mit einer Ablnldung) . . . 148
Lipps, Theodob, Einfühlung, innere Nachahmung und Organempfindungen. 185
Krüeger, "Felix, Differenztone und Konsonanz. Mit 2 Figuren im Text) 205
Mater, August, Über Einrcl- und Gesamtlciatunp; des Schulkiudes .... 276
Pektscilew, Christo, Untersuchungen zur Ökonomie und Technik des Lernens.
(Mit 11 Figuren im Text) 417
Du&B. K., Über die Frage des Abhäugigkcitsverhültnisaes der Logik vüu
der Psychologie. Betraciitungeu im Anscliluß au die »Logischen
Uütcniiciiui^ai« roa Edmund Husserl 587
Xiiteraturbericlit.
H. KoETTEKE.v, Poetik. Erster Teil (A. Sehrnncrt.) 1
Fort«chntte auf dem Gebiete der Erforschiuig der kindlichen Sprache in den
Jahren 1898—1902 (Hermann Gutxmann.) 7
Fortechritte auf dem Gebiete der Psychophysik der Licht- und Farben-
empfindung. [Wühdm Wirth.) 21
Fortschritte auf dem Gebiet der Völkerpsychologie, Kultur- und Gesellschafts-
lehfe. Utanturberiebt Aber dae Jahr 1908. {A. VierhandL) .... ei
Die oeacren Erfidijungen tlber die SpcaehitAnmi^ Befeml
fl]>er die Jahve 1896^1900. ißermam Qvbfmmm.) 67
Ubsküll, J. von, Im Kampf um die 'TieMeele. {WHkOm AsnmU.) .... 90
vT-^* > 566276
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Zur EmfohroDg.
Die gegenwärtijre Psychologie zeigt eine ^rolic Mannie:faltic:-
keit von Riehtnngeu und Standpunkten, die sich nach einer langen
Periode i^eirenseiti^er Bekämpiung der Verständigung Uber ihre
materialen Grundanschauungen und die Methoden ihrer Forschung
zu Hähern beginnen. Diese Verfassung der Psychologie erscheint
als ein notwendiges Produkt ihrer historischen Entwick-
lung, denn die Anfänge nnsrer heutigen psychologischen Arbeit
verhalten sich wie weit verteilte Qnellen eines Stromes, und die
Verschiedenheit des Ursprungs mnfite notwendig längere Zeit in
der Entwicklung der Foiaehnng nachwirken.
Während die experimentelle Psychologie wesentlich an-
knüpfte an die Vorarbeiten der aUgemeinen Physiologie und ins-
besondere an Spezialuntersuchungen der Sinnesphysiologen der
ersten Hälfte des 19. Jahrhnnderts, zum Teil auch an Vorarbeiten
der Physiker, Astronomen nnd Mathematiker, und sieb erst in den
sechziger Jahren des vorigen Jahrhnnderts in Fechners und
Wundtfl grundlegenden Untersuehnngen zum ersten Bfal in den
Dienst psycholegisoher Angaben steUte, Aifite dieintrospektiye
Psycliologie anf nahezu rein philosophisohen Traditionen. Ihre
mittelbaren VorUlnfer dürfen wir sndien in den Vertretern der be-
schreibenden Psyehologie am Ansgaag des 18. Jahrhnnderts, ins-
besondere in Tetens^ Analyse der Tstsaehen des inneren Sinnes,
in der Fl^ehologie nnd Anfliropologie Kants — wobei anr Eni-
stehnng ihrer Mediode Kants Polemik gegen die MOgliohkeit, die
Pi^hologie an einer exakten Wissenschaft sn erheben, negatiy
beigetragen haben mag. Aneh die nnmittelbaren Vorlänfer der
gegenwirtigen Psychologie der inneren Wahmehmnng sind sam
grOSten Teil der natarwissensehaftlichen Denkweise fernstehende
Phfloeophen. Sehen wir ab von einer Anzahl fast vergessener
Psychologen, welche, die Traditionen der Anfkllbnmgspsychologie
weiter lllhrend, den Obergaug zum 19. Jahrhundert vermitteln, so
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Zur Emtlibnmg.
sind e» toOs die ganze au dem KantianiBmiia herroigebende Psycho-
logie> insbesondeie Fries, Herbart und der die Bedeutung der
inneren Wahmehiniing ttberspumende Beneke (der Psychologie
>al8 NatnrwiflseDBehaft« an behandeln meinte, wenn er sich auf
innere Wafamehmiing stttizt), noch mehr die Herbartschc Schale
und der zwischen allen psychologischen Richtungen yennittelnde
Lotze, die fUr die Entwicklung der gegenwärtigen Psychologie
der Selbßtwahrnehmimg vor allem Bedeutung gewannen. Eine
ähnliche Stellung nehmen auf außerdeutschem Boden ein Maine
de Birun, die beiden Mill und Baiii. Isebcii diesen Haupt-
richtnngeu der gegenwartigen Psychologie finden wir die Xacb-
wirkunfiren der euglischen Assoziationspsychologie in
Deutöchluüd, und in direkter Gegnerschaft gegen die Kantisrhcn
Traditionen entstaixl auf dem Boden des neueren Thomismus
eine besondere Grupite von Vertretern einer empirischen Psycho-
logie der inneren Wulirnehmung. Der philosophische UrspruTiar
der neueren Psycliologie wirkt endlich in einer »philosophi-
schen Psychologie« nach, die ihre Aufgahe mehr in erkenut-
niötheoretischer Grnndlefrung der Psychologie als in der Analyse
einzelner BewuiitseinsvorL^inge sieht.
Aber damit nicht genug! Die Physiologie wollte sich nicht
iiclinicn lasseu, was ^ie einst historisch hervorbrachte, sie duldete
nicht die Emanzipation ihres Kindes. Daher sehen wir, wie uebeu
der ex]>erir!ieiitenen Psychol igie, die ganz in den Dienst psycho-
logischer Fragestellung tritt, sich bis heute eine andre Richtung
erhält, welche rein au« aTiatoTiii<Jc!i-phyaioh)|p-ischen Daten ttber
nervöse Verbindmigen in der Grolihirnrinde, Uber Lokalisations-
phänomenc und hypothetische Zellfunktionen - vermeintlich ohne
wesentliche Zuhilfenahme selbständiger psychologischer Analyse —
eine »physiologische £rklärnng der psychischen Er-
scheinungen« versucht.
Während die bisher genannten psychologischen Richtungen
schon offen miteinander im Kampfe ia^n, bildete die fär das
paycholegiaehe Studium so fimohtbare medizinische Forsohnng eine
anfangs von den Psychologen nur wenig beachtete neue Methode
ans, die gegenwärtig mit vollem Recht als eine besondere psycho-
logische Methode neben die experimentelle und introspektive Ana-
lyse tritt, wir meinen die paychopathologische Methode. In
Dentsefaland bis vor kurzem noch gSnzUeh in ihrer Bedeutung ver-
kannty von zahlreichen Payohologen noch immer nicht gebührend
gewürdigt, fand sie hanptsftchlich in Frankreich nnd England ihre
mte Ansbildnng (Handaley, Taine, Bibotn. a.}. Allerdinga
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Zur EintthniDg.
3
mag die anfänglich oft sehr unexakie Art tjie zu handhaben das
Mißtrauen der deatschen Psycholoiren gegen die pathologischen
Beobachtungsresultate erklären, aber wer wird eine Methode für
das mangelnde Geschick ihrer ersten Vertreter verantworthch
machen? Neuere Arbeiten auf diesem Gebiete liaben den Beweis
erbracht, daß die psychopathologische Belumdlung psychologi-
scher Probleme als eine zweite objektive Metliode von
größter Fruchtbarkeit neben die experimentelle Psjohologie au
treten geeignet ist.
Wenn die bisher bezeichneten Richtungen in der Psychologie
sich auf psychologischem Gebiete seihst bewegen, so bildeten sich
teils durch die fortschreitende Entwicklung der philosophisebeD
Erkenntnistheorie» teils durch Anregnngen, welche wiederum von
rein natanrissenschafllicher Seite ausgingen» auch in der er-
kenntnistheoretischen Frage nach der üTatnr des Ton der
Psychologie bearbeiteten Erfahrnngsgehietes gmndsätzlioh
verschiedene Standpunkte aus, und die methodischen Gegen-
sätze, die sich bis heute als Psychologie der inneren Wahmehmong
und physiologische und experimentelle Psychologie, oder als er-
kliiende und beschreibende Psychologie gegenttbeistehen, haben
ihre letzte Wurzel in erkenntnistheoretischen Meinungsverschieden-
heiten tlber die von allen empirischen Wissensdiaflen behandelte
Er&fariing. Vielleioht ist es nicht zu yiel behauptet, daß der lotste
Kampf der p^ebologischen Riehtongen nnd Standpunkte auf dem
Boden der erkenntnlstheoretisehen Gnmdlegnng der Psychologie
ausgefoditoi weiden wird.
DaB nun bei so venchiedenartigem historischen Ursprung der
psychologischen Foisdiungssweige die VeisHiadigung unter ihren
Vertretern eine schwierige ist, kann nicht wunderbar sein; schien
es doch manchmal — ganz besonders in den Geburtsjahren der
Fsychophysik und physiologischen Psychologie — daB die ver-
aohiedenen psychologischen Bichtnngen kaum noch das Bewußtsein
hätten, an derselben Bache zu arbeiten, zu dem gleichen Ziele zu
streben! Die experimentelle Psychologie spielte daher eine Zeit-
lang die Bolle einer disdplina milttans, sie hatte sich schiittweis
ihren Boden zu erkimpfen, es galt innere und äußere Sohwierig-
keiten zu überwinden. Die innem lagen in der Notwendigkdt,
das Ton den Grenzwissenschaften der Psychologie yorbearbeitete
Mateiial unter den rein psychologischen Gesichtspunkt zu bringen,
und die Methoden und Hilftmittel, die anfangs mehr der Besonder^
heit des psychophysischen Steifes angepaßt waren, zu eignen
Forschungsmetiioden und -ndtteln des Psychologen umzugestalten.
1*
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Zw £infilbnng.
Wir sehen daher in den Methodtu oud Verfahruii^'svveiBcn der
experimeütellcn Psychologie die allgemeine Ent^ivickluugstendenz
vorwalten, daß sie von rein objektiven Methoden, in denen der
Nachdruck auf dem Verfahren und der mathematischen Verwertnng:
der Resultate liegt, weiter gebildet werden zu jener Stellung des
Experiments, in der es nur ein dienendes Instrument der Selbßt-
wabmehraunfr ist — freilich ein Instmiiient, das das Auge der
Selbstwahruebmung erst zum zuverlässigen Sehen fähig macht.
Ehen so g^roß waren die äußern Schwierigkeiten, die der experi-
mentelle Fsycbolog zu Uberwinden hatte. Sic bestanden nicht zum
geringsten in der Notwendigkeit, Laboratorien zu gründen und
einen Nachwnchs heranzubilden, der methodisch und Bystemafisfh
so vorgebildet würde, wie es das eminente Ubcrgreilen der neuen
psychologischen Arbeitsweise auf Grenz- und Hilfswissensclmf^en
der Psychologie erlordcrte, — sodann aber auch in der irberwiti-
dung der Vorurteile der »reinen Psychologen«. Bestätigte sieh
doch hier die immer wiederkehrende Erfahrung, daß jahrelang
von der Stndierstnbe aus (Vlt unmöglich erklärt wurde, waa die
Männer der Tat längst ausgeführt hatten.
Aus diesem Stadium der gegenseitigen Bekämpfung beginnen
die verschiedenen fiichtungen in der Psychologie herauszutreten
und sich einander zu nähern; immer mehr ist in dem letzten Jahr-
zehnt die Gemeinsamkeit der Methoden und die Einheit des Zieles
betont worden. Es sind mancherlei Ursachen, die diese Annähe-
rung gefördert haben. Sie durfte hauptsächlich daianf beroheDy
daß die »Introspektiveiic und die »Experimentellen« voneinander
gelernt haben. Die experimentelle Psychologie verwendet in aus-
giebigster und systematischer Weise die Selbstbeobachtung; die Ver-
wertung aller, aneh der nicht in der direkten Linie des Experiments
liegenden Aussagen der YeisnehspeiBonen, und die Interpretation
der objektiv konstatierten YersnehseigebniBBe durch die Anseagen
des »Beobaohters« hat ein ganz andres Gewiekt bekommen, als
in den Methoden des Begründers der Fsyefaophysik. Die Frage-
steUnng im Experiment geht mehr, als es Feohner ttberhaapt fttr
mOgÜeh gehalten bitte, direkt anf rein psyebologiseke Probleme,
die anfangs dominierenden methodologiseben Fragen sbid durebaas
hinter matenal psyebologisebe Probleme xnrttokgetreten. Im Zn-
sammenbang der bistoriseben Entwicklung der Psychologie bedeutet
das den Sieg der experimentellen Psychologie über die Fecb-
nerscbe Psycbophy sik , die als bloBe Orenzwissensobaft von den
Besieh nngen swisoben Leib nnd Seele natnrgemilfi unter einer
zweifachen Beschränkung zu leiden hatte: der aassebliefiliebea
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Zur RjafiBining.
5
Uoteniichiuig toa Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Heiz and
NerreneireguDg und ihren psychischen Äqniyttlenlen, nnd der
melqihysiBehen Tendenz flner Fiagestellimg. Andrerseits aber
iehen wir, wie die »Introspektirenc sieh die Beenltate der experi-
menleUen Psyehologie zu eigen machen nnd mehr nnd mehr
SU Yerwendang der Methoden nnd Büttel der experimealellen
Fftyehologie ttbeigehen, nnd die Zeit durfte nieht mehr fern leän,
in der der Wmttch eines der Begründer der gegenwirtigen Peyeho*
legie in ErftHong geht, dafi die Beieiehnnngeii »experimentelle«
nnd »phyaiokigiBohe« Fnyohologie yerBehwinden werden, weil sie
selbetTenatindlieb geworden sind.
Aber diese AmAhemng m dem Charakter der Untettoohnng»-
meflioden iet dniehans nicht das einzige Momenti das die Flsyeho-
kgen Tersdiiedener Tradition nnd Biehtong anf den gleichen Weg
weist; mehr noeh seheint nne der Ausgleich der Gegensitu an-
gebahnt zu werden dnroh die fortaohreitende Erweitemng des
Anwendungsgebietes und der theoretischen Bedeutung der ezperi-
meatdlen Methoden selbetf Die ürllher oft g^ufierte Meumng,
die experimentelle Ffeiyehologie werde auf die Elemente des Seelen-
lebens, insbesondere auf die Empfindungen als eine Art »Psycho-
logie nnd Physiologie der Sinnesoigaae« besehribikt bleiben, wird
beute wohl niemand mehr vertreten wollen. Nicht nur, daS sieh
auch kompliziertere psyehiache PhSnomene, wie Aifekte, Willens-
liaadlnngen, ReprodnktionsYorgänge und Reprodnktionsgmndlagen,
GedSohtnialeistnngen, Lernmethoden, Lesen, Schreiben, Sprechen,
die yerwickdten Bedingungen »geistiger Arbeit«, ferner die Grund-
lagen der menschlichen Individualität uud ueuerdings Aussage, Frage
nnd Urteü als dem Experiment zu^räuglich erweisen — es liegt vor
allen Dingen eine prinzipielle Verki-niiimg der Tragweite des
Experiments iii jcuem Vorwurf. Es Bind nicht sowohl dir ele-
mentaren, als vielmehr die fundamentalen Probleme, die für
den Aufbau der ganzen Psyeh dogie nnd die Analyse der zu-
sammengesetzten Phänomene entseheidenden Grundtatsaclien,
die elementare Gesetzmäßigkeit des pgyrhischen Lebens,
ohne deren Erkenntnis keine analytische Psyt hologie die zu-
sammengesetzten Phänomene zu behandeln vermag, welche das
psychologische Elxperiment in Angriff nimmt. Die experimentelle
Behandlung des Gefühls z. B. sucht mittels der Ausdrncksmethodea
direkt zu eutsciieideu, die Frage nach der Anzahl elementarer
Geftiblsrichtangen, die Möglichkeit >gemi8chter Geftible«, die Ab-
bSngigkeit aller Geftihle vom Gesamtbewußtsein, die Beziehunß:en
zwischen Gefühl uud Aufmerksamkeit, die physischen Grundlagen
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Zur TSnffihniiig.
der Gefühle n. a. m. — Fragen also, tod denen die gesamte Ge-
ftthlspsychologie bei jedem Schritt abhängig ist.
Je mehr sich diese Erkenntnis Bahn bricht, daß die Bedentong
des EIxperiments in der Psychologie eine fundamentale, nicht eine
»elementare« ist, desto mehr wird auch der nioht-experimentelle
Fftycholog bereit sein, mit den Beaohaten des psyehologiMsheii
£zperimentB m lechnen.
Nicht nur unter den Psychologen von Fach bat sich das Be-
wußtsein gemeinsamer Arbeit and gleicher Ziele herausgebildet^
aneh in den Anwendungsgebieten der Psychologie werden die
Bestrebungen, die eine Zeitlang völlig der Zerqtlitterung anheim-
fieien, immer konveigenter.
In der psyehologiseben P&dagogik ist eine umfangreicbe
Fersebnng entstanden, die sieh der Sjrstematisehen Beobaehtong
und des EiperimenlB bedient und die Hedioden der eiperimen-
teilen Fliyehologie ftr die Behandlung pttdagegisefaer Probleme
umsugestalten und an die Besonderheiten des Gebietes und des
Objektes auBUpassen bemttbt ist
In der Ästhetik bat die psyebologische Analyse des Sstheti-
sefaen Verhaltens TorlSafig nabesu alle andern ftsthetiscben Metho-
den verdrlngt; und wenn die psycbolegisebe Püdagogik gerade in
der Anwendung des Experiments ihre Stibrke sucht, so ist es der
rem analytisehe Weg der Zergliederong istfaetiBober Eindrucke
und ästhetischen Geniefiens, der ^ Torlttufig wenigstens — auf
diesem Gebiet die größten Erfolge su Teizeiehnen bat
Auch die psychologisehe Grandlegnng der Erkenntniswiasen*
sehaften und der Ethik gebt immer mehr in die Bünde des Faeh-
Psychologen Aber, und in diesen Gebieten dttrfte trots mancher
boflhnngsYoUer Ansfttse des erkenntnistheoretisohen Experiments
wiederum der Hauptantefl an den bisher erreiebten Besultaten der
reüi analytischen Psychologie zufalien.
So ist auch der Stand der Forschung in den Anwendungs-
gebieten der Psychologie geeignet, zur gegenseitigen Anerkennung
und zur Betonung der Einheit des Forschens zu mahnen.
Einigung der Arbeit verlangt aber nicht minder der wissen-
schaftliche Fortschritt in den Grenzgebieten der Psychologie;
umso mehr, als ihr Verhältnis zu diesen ein wesentlich andres
ist, als zu ibren Aiiweudungsgebieten. Wäbrend sich dort die
Psycbob)gie wesentlicb gebend und anregend verhalten hat, dürfte
sie von der Paycbiatrie, der Rriminalpsychologie, der psychologi-
seben Bebandlungaweise natioualökonüuiiscber Probleme eine Rück-
wirkung, uamentlich eine Befruchtung uacb der metbodiscbea Seite
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Zur Ebifllhnuig.
7
hin erfabrcu haben, die ihrem eignen Beitrag zur FOrdenmg jener
Wissenschaften mindestenB gleiehwcrtig ist. In den Untersnchnngen
Uber die Bedingungen geistiger nnd körperlicher Arbeit, die bisher
wesenilioh Ton psycbiatfisober Seite ausgingen, in den psyehlairi-
schen Intelligenzprltfiingen, in der pathologischen Symptomatik
des nlmormen SpiedienS) Lesens und Schrdbens, sehen wir Unter-
snebongsmeOioden entstehen, die ihrer Aosbeotnng Air rein psyelio-
logische Zweeke noeb warten, und die statistisehen, die zählen-
den Methoden eatgtaam in willkommener Weise das messende
Vei&hren des psyehologisdien Eiperiments. Wir bnmehen end-
lieh wohl kaum daianf hinroweisen, daß es in der Tendens des
Sipeiimentes selbst liegt, sn gemeinsamer Arbeit anzuregen. In-
dem die Arbeit des Fsydiologen EzpenmentaUbnehnng geworden
ist, kann sie sieht mehr das PriTÜ^nm einzehier besonders yer^
aolagter Geister bleiben; es vennag sieh jeder mit Brfolg in ihr
in betitigen, der die FiÜugkdt der Beobaohtong, dar nnTorein-
genommenen Analyse der TaJaaehen nnd der Anwendung exakter
Methoden bestizt Diese Verteilang der Arbelt anf sstdieiehe
Kiifte ist zugleich die unerlttfiliche Bedingaug des i^rtsdiritts
einer empirisdien Forschung, die vor einer solchen Fülle veiy
wiekelter TatbestBnde steht, wie die Psydiologie.
Als dn Dokument dieses wachsenden BewuBtseins der Qemein-
samkeit der Arbelt und der Gldchheit der Ziele will das Arehir
für die gesamte Psychologie betrsditet sein. Es tritt nicht
als eine neue Zeitschrift unter zahllosen andren anf den Plan,
sondern als die erweiterte Fortsetzung der Philosophischen
Stadien^ die lange Zeit als das alleinige Organ ftlr die Ver-
öffeutlic'hung experimentell -psychologischer Arbeiten dastanden.
Die 'Studien* Wuudts waren, entsprechend der Entwicklung
tief cxfieriraeütellen Psychulogie, anfangs ein Kampforgan, (I.lh der
neuen psychologiscbeii Methode die Wege baünen sollte und ge-
bahnt bat. Durch die Erweiterung ihres Programms zu einer all-
gemein psychologischen Zeitschrift möchten die Herausgeber be-
kunden, daß sie die Zeit ftlr gekommen erachten, um auf dem
einstigen Kampfesboden zahlreiche Psycholageu zu gemeinsamer
Arbeit zu vereinigen.
Damit aber dtlrftcn die Bedtirfiiisse nicht erschöpft sein, denen
eine allgemeine psychologische Zeitschrift in unsrer Zeit zu
dienen hatl
Der heutigen Psych ologie droht eine andre größere Grefahr als
der Maiii^el an Einierkeit unter den Psychologen: es ist die Zer-
äplitteiaug der psychologischen Einzelforschung, die einerseits
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8
Zur Wnfltliwiiig-
dorch die immer weiter getriebene Spezialisierung der Probleme,
sodann aber mindesteoB ebenso durch die beständig fortschreitende
Erweiterung des Umfangsbereichs der psychologischen Forschung,
den Uberblick Uber das Ganze immer schwieriger macht Nicht nnr,
daß neben die fast nnttbersebbare Stoffmenge der Indiyidaalpsycho-
logie das weite Feld der TülkeilMyehologischen Untersncliiingen ge-
treten ist, wir müssen sogar auf fernere Gebietserweiterangen hoifeii,
auf den Anbau der Einderpsychologie, der Tierpsychologie und der
Sklwiekliiigspsycbologie. Zn dem Ruf nach Einheit und Veratfn-
dignng gesellt sich so daa lebhafte Verlanen nach Konsentration
der Forschung! Die Zusammenfassung der gesamten psychologi-
aehen Arbeit wird allmtthlich eine Lebensfrage der Psychologie.
Ihr werden zwar in letzter Linie nur Übersichtliche Kompendieii
und ersohi^feiide und zugleich sichtende Gesamtdarstellungen
dienen können, aber das yorbecotonde Organ fUr dieie ist di6
lenlniltaierende Zeitschrüll
Im Intereeae der Einigong und Eonzentcitloii der peyefaolegi-
Boben Arbeit will das AiehiT für die geeamte Peyehologie sn
wtrkeo sneben. Aber damit soU nioht einem flimibMMiL Sammeln
▼Oll Elaielbeitep ud einem priniiplosen EUektizismne das Wert
geredet sebi! Die Hemsgeber hoffen niebt nur dem Verlangen
nach Konaentration, sondern auch den Anfovderangen an eine kri-
tisebe l^ditiing der Ergebnisse der payohokgiseben Einxelarbeit
dnreh die Snßere Einriehtoiig des Arehivs gereeht m werden.
Neben Abhandlungen ans allen Gebieten der Psyehologie wird das
AvoMy ansfllbrliehe kritisebe Beapieebin^en wiobtiger Werke und
in insammenfassenden Literatnrberichten eine Obersiebt Itber den
Fortsehritt der Forsebang im ganzen Interessenbereiobe des Pi^cbo-
logen an geben Teisooben, Beriebtent denen ebensowohl die Auf-
gabe der ZnsammenÜMsnng des Wertvollen, wie die Anssobeiduig
des Minderwertigen obliegt.
Hnn.
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über ErmädoiigsmesBUDgen.
Von
Emil KnepeUn«
Die außerordentliche Sohneiligkeit, mit der sieh die ans der
itten Welt veipflaiizte junge Wissenschaft der expeiimeotellen
Fkyehologie in Amerika eoMekelt lia^ findet ihie Erklinoig nm
gVton Tdl in der Bedeutung, die man ilur dort fibr die LOenng
ynktiseher AnQiaben somiBt Bei nn«, im elgentliehen Tateilaiide
jener Wiseenscliaft, sind ibre Ziele bisher wesentiieb auf die reine
Erkenntnis der Gesetze des Seclcnlebciis bescbrünkt geblieben.
Mich selbst trieb freilich schon vor mehr als 20 Jahren die Hotfiuiuir
in Wundts Laboratorium, auf irgend weleheu dunkleu Weircn
den psychologischen Versuch ftlr das VerBtäudnia der Geisteastö-
rasgen nutzbar machen zu können. Aber derartige BestiebnngeD
biben sicli bis heute der Beachtung oder gar Wertschätsnng mei-
aer Fadigenoasen nur in sehr beeeheidenem Mafie an erfirenen
gMbt, obgleiefa sie ebne Zweifid das dnzige IGttel darstellen, an
sner braoelibaren Psjchopalliologie an gehiqgett.
bst in aflemenester Zeit briebt sieh aneb bei ans die Erkenntnis
iiM'hr und mehr Bahn, dah die experim enteile Psychologie weit mehr
i-t, [ih dm Steckenpferd einiger ukadcmischen Gelehrten, daß sie
vieimehr in erster Linie lierufeu ist, anch in zahlreichen Fragen den
praktischen Lebens die Entscheidung zu bringen, in denen es sich
un die Beziebongen zwischen Ursache und Wirkong anf geistigem
Gebiete bändelt Wenn wir hier die Anflülningen anfier aobt
bM«n, die nne der psyebologisdie Venneb in der Frage der psy-
sUieben Alkobol^HriLnngen gebraebt bat, eo sind ea namentlieh
die Bedtirfiusae der Sebnlmünner, welobe die Anfinerksamkdt anf
snsere WissenscbafI gelenkt beben. In der Tat ersebeint sie
geeignet, wie erst jungst wieder Meiimauu^) dargetan hat, gerade
1) Entstehnn? \\r\(\ Ziele der esperimeatellea Pidagogik. Die deotsehe
Schule V, Heft 2-5. 1901.
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Emil KnepeUa,
ftr die Lehre vom Lernen and Erziehen die allerwichtigsten Grimd-
lagen zu liefeni.
Cranz besouders ist es die fVage der Ermttdangsmessuu^en
gewesen, welche die Notwendigkeit einer experimentellen Behand-
lung nahe gelegt hat. Die einschneidende Bedeutung, die der £r-
mUdmig im UntemchtBbetriebe snkommt, muBte den Wnnfleh leb-
haft herrmrtieten laBsen, die GiOBe ihrer Wirkungen m heetimmen,
sobald nur liigendwie die HOgliehkeit emer solehen Messung anf-
tanehte. In dieser Riehtang haben sieh daher aneh bis jetet die
meisten der von Schalmänneru selbst durchgeführten Experiraental-
uütersuchnngen bewegt. Dabei ist es klar geworden, daß hier
zwei Hauptfragen zu beniitworten sind, deren Lösun-r auf ver-
schiedenen Wegen in Angrill genummen werden muß. Es handelt
sich nämlich einmal um die Frage, welche ErmUdungswirkungen
eine Ttttigkeit ven yerBohiedener Art und Dauer auf dieselbe Person
ansübt, sodann aber um die pers5n]iohen Unterschiede der Er-
mlidbarkeit bei versebiedenen Sehlllem nnter dem Einflnsse der-
selben Arbeit Diese beiden Richtungen der Unteisaehnng ent-
sprechen den beiden Seiten der ÜberbttrdiingsiTage, der stoffliehai
und der persönlichen. Dort ist das Ziel eine richtige Beniessoug
des Stoffes und der Dauer des Unterrichts, hier die öonderuug
der ScIiUler nadi ihrer Eicenart.
Entschieden im Vordergmude des Interesses hat bisher die
erstere Frage gestanden, der ja auch wohl die allgemeinere Be-
deutung zukommt. Ich betrachte es indessen hier nicht als meine
Aufgabe» auf die einaefaien Arbeiten ttber die EnnUdnngswixknng
der Schnlstnnden einzngehen, sondern möchte mich anf einige
grnndsätdiche Darlegungen ttber derartige Messungen beschränken <J.
Es liegt auf der Haud, daß es ganz allgemehi zwd Verfehren geben
kann, die Größe der durch den Unterricht bewirkten Ennlidimg
festzustellen. Entweder wird dazu die Leistung wäLiund der
Schulstunde selbst benutzt, oder es werden vor und nach der
Stunde andersartige Arbeiten von den Schülern verlangt, aus deren
Ausfall dann die Schlüsse ttber den in der Zwischenzeit erreich-
ten Ermttdnngsgrad abgeleitet werden.
1 Dabei ^n^d sich eine toilwoise Wiederholung früherer Erürtcrnngen
nicht ^'anz umgehen lassen. Vgl. Kraopeli u. Znr Überblirdniigsfrage. 1897;
Über die Measnng der geistigen Lei»timgeifäbigkeit und Ermüdbarkeit, Bericht
Qber die Natoifoncherversammlang in Düsseldorf, S. 217.
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über ErmUdungsmesBangeiL
11
Das erste dieser beideo Yerfalireii entspricht denjenigen, wel-
ches wir am bäniigsten im Laboratorinm anwenden, indem wir eine
l)€8timmte Zeit bindnreh Reihen gleichartiger, einfacher Arbeitsaaf-
gabt3u lüseii Uibfeeü, liechneü, Lesen, Lcrucii, Schreiben, Bnchsüibeu-
zäblen oder dergl. Der Unterschied der Leistimg am Anfange und
am Schlüsse der Arbeitszeit enthält dann auch den Ausdruck der
ErmUdungswirkung^. Allein mit ihr verbindet flieh untrennbar der
Übmigsfortschritt, dessen Größe sieh leider nnr durch besondere,
smfangreiGhe YerBnehe mit einer gewissen Annlhemng feststellen
läSi Zn dieser Schwierigkeit kommt im Unteiriehtabetriebe der
Sehsle noch die weitere hinzu, daB hier niemals diejenigen Be-
dmgnngen obwalten, welche eine raverlässige Messnng der Leistung
in den einzelnen Abschnitten der Stunde ermOgfiohen. Stets schie-
ben sich Pausen, Störungen und Unrcgclmüßigkeiteu aller Art ein,
die den Gang der Arbeit in der allcrmannigfaltigstcn Weise he-
omüussen und jeder Berechnung spotten. Aus diesen Gründen
haben auch die bisher angestellten Versuche, durch fortgesetztes
itechnen oder Diktieren in der Schalstande die Grülie der Enntt-
dsng za bestimmen, wesentlich nnr ein regeUoses Gemisch von
Übsngs- nnd EnnttdnngserBcheinnngen ergehen, ohne daß ans den
Zahlenwerten irgend welche Schltlsse anf die reine lirmttdnngs*
Wirkung der bestimmten Arbeit gezogen werden könnten. Zn den
g:leiehen Erfahrungen haben schon die Versuche Oehrns*) geführt,
bei denen sich zeigte, duli ein Sinken der Leistung einerseits bei
wenig ermüdenden, aber sehr eingettbten Arbeiten eintreten kann,
während es andererseits auch bei sehr ermüdender Leistaug nicht
selten durch starke Übungswirkongen verhindert wird.
Will man daher die Veränderung der LeistungsfUhigkeit durch
eine bestimmte geistige Arbeit messen, so bleibt nichts ttbrig, als
n dengenigen Yer&hren zu greifen, das ich als das Stiehproben-
Tcrfiduren beseichnet habe, d. b. man mnB Tor und nach der Er-
mttdnngsarbeit gleichartige Aufgaben lUaen lassen und ans dem
Unterschiede im Ausfalle der Arbeit ein Urteil ttber die inzwischen
erfolgten Wandlungen ableiten. Die Probeleistuugen selbst mUsseu
möglichst wenig ausgedehnt sein, um nicht ihrerseits unberechen-
bare übungs- und ErmUdungswirkungen in den Versuch einzu-
nUiren. Ans demselben Grunde werden tlü: diesen Zweck nur
1) Kraepolias psychologiiche Arbeiten 1. S. 93.
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12
Entil Knopelin,
solche Arbeiten geeignet sein, die schon selir eingeübt sind nnd
demnach durch die Wiederkoluag seibat nicht mehr ueuneoswert
verändert werden.
An dieeem Punkte erhebt flieh eine Frage, von deren Beant-
wortung es flehr weaentiioh abhängt, ob eine piaktiach branohbare
LQanng der hier gestellten Aalgabe ttberhanpt mOgUeh ist. Es
darf Ton vomherdn zweifelhaft eraeheinen, ob die im Unterrichte
auftretende Ermttdnnf^ nnr der GrOBe oder aneh der Art naeh mit
der Verschiedenheit der Gegenstände oder des Lehrbetriebes wech-
selt- InsbeöoiKU'i e kann mau daran denken, daß Je nach der stär-
keren Beausprucliung der Anffaösung. den Gedär htiii^ses, des Ur-
teila 0. 8. f. die Ermüdung sich auf ganz yerachiedeuen Gebieten
der geistigen Arbeit geltend machen werde, ganz abgesehen ron
den besonderen Wirkangen jener Unterriohtaatonden, bei denen
ktfrperliohe Leistungen im Vordergrunde stehen. Eratreekt flieh
die Ermttdnng dureh den Unterricht jeweUs aussehlieBlieh öder
Yonugswdse auf ganz beatimmte Arbeitsgebiete« ao wird sieh offen-
bar anch die Probearbeit, welche sie aufdecken soll, jedesmal auf
denselben Gebieten bewegen mtlssen. Wir würden also in diesem
Falle streng genommen so viele verschiedene Probearbeiten in
Anwendung zu ziehen liabcu, wie es Unterrichts<rejren8tHnde gibt,
und jede dieser Arbeiten hätte sich genau dem betretfenden Schul-
betriebe anzupassen. Daß dadurch die Schwierigkeiten der Mes-
sung selbst wie einer Vergleichong der Ergebnisse untereinander
80 ziemlieh bis zur Undurehftihrbarkeit steigen würden, bedarf
keiner weiteren Auaftihmng.
Die Annahme hat in der Tat riel ftr aich, daß der geistige
Gesamtzustand des Schillers sich naeh verschieden ausgeftlllten
Stunden recht verschieden gestaltet. Vor allem dürfte, soweit die
hisher vorliegenden Versuche ein Urteil zulassen, jede mit leb-
haften Bewegungsautriebeu verbundene Täti.irkcit iJiTiccre Zeit hin-
durch eine gewisse psychomotorische Erregung zurllckiassen. Wahr-
seheinlieb trifiPt das nicht nur für körperliche Leistungen im engeren
Sinne, Marsehieren, Turnen, Singen u. dergl zu, sondern auch für
di^enigen geistigen Arbeiten, bei denen psyehomotorisohe HlUa-
mittel, insbesondere Sprachbewegnngen, eine herrorrsgende BoUe
spielen, wie beim meehanischen Lernen, fltlstemden Lesen und
Rechnen. Die durch solche Leistungen erzeugte Erregung kann
l'rUluugsarbeiten, die sich auf dem gleichen Gebiete abspielen,
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über EnDlIdiiiigimeMiuigeii.
13
erleichtern, auch wenn daucbeo starke ErmttdnTig: bcBteht, die
durch eine anderweitige Probe Tielleieht klar zu Ta^e tretea
würde. Umgekehrt sprechen manche Erfahrmg^cn dai^r, daß eine
TMigknt, die eine einaeitige Ktchtnng der Aufinerksamkeit auf
Sümeseiiidraeke oder reine Veistaodeelelfltiiiigen erfordert, gerade-
Sil einen hemmenden EinflnB anf die AnslOBong von Bewegmigs-
«Dtrieben anattben kann. In einem soldien Falle konnte eine
PtttAmgmTbeit, die psychomotoriielie Hilünnittel in Anspruch nimmt,
unveriictltmemäßig stärker beeinträchtigt erscheinen, als es der ein-
fachen Ermttdungswirkuüg entsprechen würde.
Gegentiber diesen ErwHgun^^eu ist jedoch auf die schon von
Mos so und seinen Schülern festgestellte Tatsache hiuzuweiseu,
dafi körperliche und geistige Ermüdung in nahen Weclisolbezie-
koBgen ra einander stehen. Angestrengte rein geistige Tätigkeit
kann die MnakeUeistong herabsetaen, und kOrperüehe Arbdt iSfit
aaeb auf geistigem Gebiete deatliebe ErmUdangszeiehen sorllek.
Abweichende Versacliaergebuisse «rldSren sieb nngesEwungen ans
der gelegentlich die Ermüdung überwiegenden psychomotorischen
Erregung:, die je nach der Art der Ermüduiigsarbeit stärker oder
schwächer hervortritt. Den Beweis fllr die Richtigkeit dieser Deu-
tung liefert unter Umständen die Messuni:. da die Zeichen der
Erregung in der liegel weit flüchtiger sind, als diejenigen der Er-
müdung. Unter solchen Bedingnngen ist nach emiger Zeit eine
Herabsetsnng der Probeleistnng naehweisbar, wiihrend znnMebst
eme Steigerung derselben Yorhsnden war. FreiHoh ist es zur Anf-
deckang dieses Verbaltens nOttg, die Mfimg nicht nnr nmnittei-
bar naeb Beendigung der Ermttdnngsarbeit vorzunehmen, sondern
sie in rerBchiedenen zeitlichen Absfänden nach derselben xu wie-
derholen.
Aus den angeführten GrUuden erpbt sich, daß tsich zur Mes-
sung peisti^rer Ennüdung^ solche Prüfungsarbeiten wenig; eignen,
die sich ganz vorzugsweise auf psychomotorischem Gebiete ab-
spielen. Mindestens dürfte die Frobe erst einige Zeit nach Been**
digong der Bimttdnngsarbeit Yorgenommen werden, wenn die etwa
bestehende Erregung im wesenflichen sur Buhe gekommen oder
eme Hemmungswirkung geschwonden wSre. Da sich aber in der
Zwischenzeit auch die Ermüdung bis zu eüiem gewissen Grade
aasgleicht, so würde die Messung nur ein sehr unvollkommenes
ßild ihrer wirklichen Größe liefern können. Andererseits ibt es
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14
Emil Kröpelin,
sicher, dafi anch die rein listige Tätigkeit flir knrze Zeit eine
Arbeitserlei chtenmg zurUt klälU, die nichts mit der Übung zu tun
hat, aber cbriifalls einen Teil der EnnUdung^wirkung verdenken
kann. Dan Wesen dieser vorübergehenden ArbeitHerleiehterun^,
die wir einstweilen als Auregimg bezeichnen, ist noeh unklar. Da
schließlich alle geistige Arbeit anch Willenstätigkeit ist, haben wir
es bei der Anregung teilweise vielleieht mit Mlmlieheii Naefawir-
knngen wie der Erregong nach kOiperlieher AnstrengoDg za
tun, deeh fehlen bei ihr dvrehans die dort beobachteten Zeichen
erleichterter BewegongsansKtonng, wie das Antreten ron Klang-
assoziationen und Fehircaktionen.
Immerhin wäre es wUnsciienswert, auch den Einfluß der An-
regmig ans den ErmUduug^&nicssungen uach Mügliehkeit zu besei-
tigen. Einer Einschiebun^ von Pansen zwischen ErniUdungsarbcTt
und Frobeleistnng atchcn die soeben schon berührten Bedenken
gegenüber. Dagegen dürfte ein wesentlicher Teil der Anr^goog
dueh einen Wechsel der Tätigkeit beseitigt werden. Genaneies
darüber wissen wir zwar noch nicht) aber die tlgliehe Erfahnmg
lehrt znr geniige, daß wir nns beim Obergang yon einer Tätigkeit
znr andern erat wieder in die neue Arbeitsweise mit ihren ver-
llnderten Bedingungen hineinfinden müssen. Anch die von Wey-
gundti) beobachtete Tatsache eines > Wechselantriebes« spricht
dafUr, daß heim Arbeit^^wechsel Sehwierigkeiten zu ttberwindca
sind, die eben durch Verlust der Anregung entstehen. Welcher
Art daher auch das Tieileicht sehr verwickelte Wesen der Anre-
gung sein mag, so wird doch sicher mindestens ein Teil derselben
durch den Wechsel der Tätigkeit Temiehtet Unter diesem 6e-
sichtsponkte werden whr za dem Sehhisse konmien, daB die Pttt-
ftmgsärbeit gerade nicht dieselbe sein sollte wie die Hanptarbeity
wenn wir ein mißlichst reines Bild Ton deren Ennttdongswirknn-
gen gewinnen wollen. Dadurch wird zugleich ein ÜbnngseinflnO
der ErmUdungsaibt'ir auf die Prüfungsarbeit veriaieden.
Daß aber die durch geistige Arbeit erzeugte Ermüdung min-
destens innerhalb sehr weiter Grenzen die gesamten geistigen
Leistungen in Mitleidenschaft zieht, haben die umfangreichen Ver-
snche Weygandta über den Ar])eitswechsel>) erwiesen. Dabei
zeigte sich dnrehweg, daß die Wirkung einer Arbeit auf eine
1) Psychologiache Arbeiten U. S. 197.
2] Ebenda S. ua
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andere gar nicht von der pHychologischen Verwandtschaft oder
Verschiedenheit beider, sonderu nur von ihiem Ermllduu^^swcrte
nlthäD^ig war. Leichtere, d. h. wenic:er erniüdende Arbeiten wirk-
ten erholend; schwerere steigerten die Ermüdung, einerlei ob sie
dieaelben oder andere psychische Hilfsmittel in Bewegung Betasten,
alB die Torheigehende Utigkeit Damit ist nicht gesagt, daB die
Alt der Arbeit ftr ihre Wuknng auf die Leistonggfilhigkeit völlig
gleiehglUtig ist Fttr praktimhe EimtldiiiigBmeflBangen aher aeheint
in der TU nur die Schwierigkeit der ErmttdnngBarheit in Betracht
zu kommen, während ihre sonstigen Eigenschaften in dieser Hin-
sicht keiiic wesentüche Kolle spielen. Mit andern Worten, die
geistige Arbeit bewirkt eine allgemeine, nicht auf bestimmte
Tätigkeiten beschränkte Ermüdung, ein Satz, der »ich mit den
Eriahmngen des täglichen Lebens leobt gut decken durfte. Ist
er aber richtig, so füllt ifür unsere Ermttdungsmewniigen die
KOtigiuig forti die PrOfnngBarbeU jeweUa der EnnttdnngBarfoeit an«
sii|Munen. Wir kllnneii qhb viehnehr daranf baaehränken, eine
oder einige wenige geeignete FMlfnngaarbeiten aUgemein zur An-
wendnng sn bringen, ganz gleich durch welche Leistungen die
Ermtldung herbeigeführt wurde, die wir messen wollen.
In der Tat sind auch die meisten Versuche, die Ermliduugs-
wirkung einer Schulstunde zu bestimmen, von der Annahme aun-
gegangen, daß ein einheitliches Verfahren für alle Fälle geuUge.
Die Wahl der Prtlfungsarbeit wird dabei grundsätzlich weiten
Spielraiiin haben. Alle Probearbeiten, die durch die Eimüdiing
in gesetzmitfilger Weise beeinflnfit werden, kOnnen Tcrwendet
werden, sofern sie sich in zahleninttfiige Bestimmnngen fassen
lassen. Man kann also Aafßusnngs- vnd Unterscheidnngsvorgänge,
die Zeitdaner der verschiedensten Beaktionen, GedHehtnisleiBtungen,
Assoziationen vnd viele andere Proben benutzen, um an ihnen die
Wirkungen der Ermüdungsarbeit zw messen. Am wenigsten eignen
sich dazu aus fiüher erörterten Ortinden ausgesprochen mütorische
Leifltnn£:cen.
Merkwürdigerweise sind illr unseren Zweck bisher am meisten
fiestimmnngen der Raumschwelle der Haut herangezogen worden,
wesentlich infolge der besteehenden Ergebnisse^ die Griesbach
mit ihrer Hilfe erhalten hat Wenn man den Angaben Gries-
1] Eaeigetik «nd Hygiene des Nerrensystems in der Schule. 1895.
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Emil Kraepelin,
bach0 und Wagners^) yertranen wollte, «o wSre die Frage der
ErmUdung;8me88ung^ bereite gelöst und der EmiUdungswcrt uicht
nnr Jedes Unterrichtsge^^eustandes, soudern auch der persönlichen
Eiirenart jedes I^ehrers leicht festzustellen. Zu meinem lebhaften
Bedaueru muß ich mich indessen nach den eingehenden Unter-
saohungen, die von Lenba^) und Bolton^) bei nns Uber den Wert
des Öriesbaeh sehen Ver£fthien8 nngestoUt wurden, dem ableh-
nenden Urteile Menmanns*) dnrcbanB aoBcUiefien. Abgeaeben
davon, daB die anTeilinige Beetunmnng der RamnaehweDe ebier
HaniBteDe wegen der gewaltigen Sebwanknngen der Ehnelwerte
efaae ungemein zeitranbende nnd ermüdende An%abe ist, hat sieb
vor allem hcruusi;estellt , daß innerhalb sehr weiter Grenzen eine
bestimmte zahlenmiiiiige Beziehung zwischen Ermüdungsgrad nnd
RaumschwellengröBe überhaupt gar nicht nachzuweisen ist. Alle
die zahlreichen und weitgehenden ächlUsse, die aus derartigen
Vennehoi bereits gezogen wurden, stehen demnach emfach in der
Laft nnd sind niehts, als der uiwiUkQrliche Ansdmck der Meimingep,
mit denen die Untersnoher an ihre Anfgabe herangetreten amd.
Nicht viel besser steht es mit dem yon Kerns i es*) unter-
nommenen Versnehe, die GrOBe der geistigen Emlldiuig dnreh die
Mnskelleistung am Ergographen sn messen. AllerdingB «bt die
geistige Arbeit ohne Zweilei wirklich einen ermüdendem Einduß
auf die Oewichtshebungen aus, aber diese Wirkung verbindet sich
in bisher noch 'imvi unberechenbarer Weise mit erretri ndeu, viel-
leicht auch hemmenden Nachwirkungen der geiätigeu Tätigkeit,
so daB die Höhe der Ergographenleistong durchaus kein klares
Bild von dem Stande der Ermtldung liefert In dieser Verbin-
dimg yersohiedenaitiger Wirkungen dttrfle aneh die ErUXrang für
die Ton Heomann^ berichteten nnbefriedigenden VersnehseigelH
nisee an snehen sein. Leider hat Kemsies bei seinen Versnehen
auch eine Reibe Ton weHeren, cnfitlligen nnd konstanten Fehler-
quellen nicht genügend berücköichtigt, äo daU seinti Zaiilen keiner-
lei Verwertung gestatten.
Mehr auf der Stufe eines voriäutigen Versuches ist das von
1) Unterricht und Ermlldung. 1895.
2j Psychological Review VT, 6. Nov. 1899.
3) Psychologiflche Arbeiten IV. 8. 176.
4) a. a, 0. S. 83 ff.
6j Arbeitshygiene der Schule auf Grand von EnnQdnugsmessungeB. 1898.
6) a.a.O. S.8S.
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über EmldmyiMiniigen.
17
Ebbinghaus ^) Yorgesehla^eue Verfahren stehen geblieben, bei
dem die SohiUer yeranlaßt werden, anflgelaMene Wöiter oder Sil-
Im in «iBftminenhtogenden Loaeatttoken zu eiglioieB. Se gßfiß-
ne( da» Veifidizeii xnr Kennzeioluuuig der Tenehiedenen State
geiirtiger Beife, wenigsteue in einer gewinen Biehtug, sä eein
•ekeint, so wenig dtbrfte es steh doeh ftr eigentUehe EkmUteige-
messongen bewähren. Das geht ancli niB der nenen, nach die-
sem Verfallreu darchgeflihrteu Uütürbiicliuii;^: von Wicrama^y her-
vor. Abgesehen davon, daü bisher eine planmäßige Prüfung der
Beziehungen zwischen der g:eforderteii, sehr verwickelten Leistun«?
und der geistigen Ermtldimg noch gänzlieb fehlt, ist es offenbar
aaeb kaum m(}gUoh, bier zn einigermaßen befriedigenden Maft-
beaümmnngen n gelangen. Das Gewicht der begangenen FeUer
and AnalaBHingen ist schon innerhalb deaaelben Versnehee ek so
fnaoliiadaiieii daft eine ein&ohe ^^»bi™g anf die aohweiitan Be*
denken siOftt, wtinend aaeh wieder eine Abitafiing dewelbea nw
ganz willkürlich geschehen kOimte. Diese Übelstiinde fallen nm
so schwerer in die Wagschale, aU bei einer Sticliprobe immer uur
wenige Einzelleistnngen gewonnen werden konneu, ao daß eine
statistische Behandlung der Zahlen ganz unsicher wird. Eher
wäre das Verfahren vielleicht als fortlaufende Arbeit innerhalb
längerer Zeiten an benutzen, falls eine gesetzmäßige fieziehong
aeiner iirgebiuM ni geialigiii Ennttdnag klargelegt wiie. Ob
ea dabei mehr leiatot, aU andere, elnfiubere fordanfende An%abany
amSte der Versaeh lehren.
Anffidlenderweifle ist daa biaher im Laboralorinm am beaten
durchgearbeitete Verfahren zur Messung von ErmUdungswirknngen,
das fortlaufende Addieren einstelliger Zahlen, noch niemals fUr
die Zwecke der Schule in Anwendung gezogen worden. Zwar hat
man schon vielfach Schiller kürzere oder längere Zeit hindurch
zn Vennchszwecken rechnen lassen, aber dabei wurden regel-
mäßig TerBchiedenartige, mehr oder weniger verwickelte Aufgaben
geatelltp ao dafi eine einfisehe nnd einbeitUefae Bereeimnng der £r^
gebniflie nnmOiglieh wnrde. Aoek eine planaallfiige Yeigieiolumg
der Wirkung yenebiedener UnteniebManden anf die Beefaen-
fcjrtang hat nieht stattgefunden. Die LOrang dieaer Au%abe, die
meinen eigenen Plänen fern liegt, wäre gewiß nicht aussichtslos*
1) ZeHschr. t Psychol u. Physiol. d. Sfaineiorgaae. XIIL S. 401.
2} Ebenda. XXX. S. 196. im.
Änhir fbr PsycIioloKie. L 2
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18
Emil Kiaepelin,
Das fortlaufeüde Addieren einstelliger Zahlen ist eine uDgemein
einfache, dem Schalbetriebe völlig geläufige Leistung, die zudem
leicht eine Prttfang der Zuverlässigkeit der Arbeit gestattet Die
EinzeUeistnngen. aind praktiaeh ab gteiobartig la betraofaten und
können nnflchwer In aolöher ZaU gefordert weiden, daB jedeaftUg
alle kleinen Sehwaokmigen ndi genügend aaflg^eifilien. EndHcb
▼erMndet sieh bei der Addition eine Anf&Msungsleistung mit einem
Gedächtnis- oder Assoziationsvorgange, während die motorischen
SprachvorstelluDgeü dabei üur ausnahmsweise eiue gewiöBe Be-
d( utimjr erlangen. Daß aber die Höhe der Reclu nie istung unter
dem Eintiusac der Ermtidunc' recht erhebliche und leicht meßbare
Schwankungen darbietet, kann nach den bereits vorliegenden, sehr
ausgedehnten Erfahmngen nicht dem geringsten Zweifei unterliegen.
Es seheiat mir nnter diesen UmsOaden dnrchana m<tgUeh| ans
dem Yergleiobe der Beohenleiatang Yor and nach einer üaAeiricliti-
Btmide ein Urteil Uber den dnrek sie enengten ErmlldangBgrad sa
gewinnen. WSklt man die FMftngaabBcknitle sehr kurz, etwa tob
6' Dauer, so werden die Ohungseinfltlsse voraussichtlich nicht
allzu bturend sein. Dennoch wäre es nutig, den Versuch in gleichen
Zeitabständen und natürlich zur gleichen Taireszeit mit demselben
UnterrichtögegeuBtaude iiiindestens fünfmal zu wiederholen und
dabei den Übungsfortschritt durch Vergleich der Anfangsleistungen
jedes Tages sa berücksichtigen. VieUeicht würde es sich auch
empfehlen, znnäelist die ersten Obangsstnfen daroh einige länger
an^sedeknto Vorvetsaefae aa ttberwinden.« Die PrttfitngBarbeit mttfite
rieh mOgliohst ebne Fe,ase an den Untenriebt ansohlieBen, weil
sehen ganz kurzes Anamhen den Aas&ll des Versnebes erheblich
beeinfiaasen kann, Zwischenzeiten yon wechselnder Länge aber
jede Vergleichbarkeit der Ergebuisse aufheben. Da bei kurzen
Arbeitsabschnitten die Antriebswirkungeu eine nicht unbedeutende
Rolle spielen, würde sich die Abgrenzung von einzelnen Miuuten-
leistungen empfehlen, deren Verlauf ein Urteil über da£ Verhalten
des Antriebs gestattet. Dabei ist es zugleich möglich, zu erkennen,
ob Bich die Leistung fortschreitend in absteigender RIchtang bewegt»
ein Zeiehen ftr steike Ennttdnng, nnter Umständen aneh ftr das
Bestehen einer rasoh sehwhidenden Erregnng. Der letztere Fall
wird dann wahrsohehdieh, wenn die PrnftmgBleisfeang, namentlich
bd vorgeschrittener Übung, deutlich über der Anfiingsleistung des
Tages liegt, also gar keine Ermüdongszeichen erkennen läßt. Aller-
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über EnnttdtfngBinefnageii«
19
dings kann anch eine im Beginne bestehende nnd durch die Arbeit
beseitigte ungünstige Tagesdisposition die Ursache sein; gie wird
sieh dann dnrofa den Tiefstand der AnfangBleistnng gegenüber den
Naehbaitagen bemerkbar madien. Vieli^eht werden wir endlieh,
beeonden naeh sehr anelraiigendem Vntenriobta» mit Kontiwt>
eraehfiinnngen sn rechnen haben, Uber die aUeidings aaf nnaeiem
Gebiete noeh eehr wenig bekannt ist Es ^^tre denkbar, daB der
Ubergang von schwerer Ermttdmigsarbeit zn der yerhältnismäßig
leichten Prüfungaaufgabe eine besonders rasche Lösung derselben
beding. Tatsächlich haben wir uüö wolil vorzustellen, daß die
schwierigere Arbeit eine stärkere Wiliensspannung erzeugt, die
gich in gesteigerten Antriebswirkiingen aneh auf die Prttfongs-
aibeit fortsetzt. Ist diese Annahme richtig, bo würden hier Kon-
traat- nnd AntriebierBoheinuilgen weeenflieh mammen&Uen and au
dem Yerlanfe der eimtelnftn ArbeitBabedmitte erkannt werden kOnnen.
Sehen die Uannigfaltigkeit der Bedingungen, Yon denen die
OrOfie der IjeiBtnng vor nnd naeh der Ennüdangserbeit abMUigt,
legt den Oedanken nahe, daß es oftmals schwierig sein wird, die
Werte der Prüfungsarbeit richtig zu deuten, iiisbebuudere darüber
ein Urteil zn gewinnen, wie weit sie noch durch andere Ursachen,
als Übung und Ermtldung, beeiniiußt sind. Es dürfte sich daher,
namentlich so lange noch nicht alle in Betracht kommenden Ver»
hittnisee genügend geklärt sind, dringend empfehlen, nach knr-
um, ▼QUigem Anmüien noeh einen dritten ArbeÜaabeohnitt folgen
zn lanen. In der anf 6 — 10' an bemeseenden Bnliepanie nimmt
einencÜB die enogende Nachwiiknng der ToAeigebenden Arbeit
ab^ wihrend rieh andererseüs die Ennüdnng edmeO anszugleiehen
beginnt. Die Lieistung wird sich demnach, wenn jene erstere zu-
vor sehr stark war, jetzt ungünstiger gestalten, günstiger dagegen,
falls die Ermüdnngswirkung das Bild beherrschte. Der Ausfall
eines solchen Pausenyersuches wird also vielfach zu einem klare*
reu Einblicke in das Zusammenwirken der verschiedenartigen £in-
flttsee bei der eigentliehen Prüfungaarbeit führen künnen.
Man wird aas diesen Darlegungen nneohwer erkennen, daß
aar Gewhannng bcanehbaier Ei^bnieae bei den TOigeeeldagenai
Memngen die größte Sorgfalt in der Anefthrung der Venmehe
nnd mllglldiet yoUkommene Gleiohheit aller ftnfieren Versaelifi-
bedingnngen unerläßlich ist. Ich halte es daher ftir gänzlich ver-
fehlt, sie mit ganzen SchnlkUäfien im Laufe des Unterrichts-
2*
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8Ü
betriehefl anstellen zu wollen. Es ist ja wUnscheuawert uud wohl
nicht uiiiüüg^lich , daß liiau usubh gründlieber Erforöchun» der
Frage aach aus zwtrkinUtji;,' angeordneten Maasen veröucheu brauch-
bare Sebltlsse abzuleiten lernt. Vor der üaud i»t aber, wie ich
glaabe, daran nicht im entferntesten zu denken. ViAhnehr wird
et teini j6irettB2sa einer beschränkten AnsaU goom bduum-
tar imd senrfiUtur MMWwiMtBr f'^?^^^^^i^r. dwoi LebüubedomiiMi
wilmd te Ymndmuü gleietetig gcviqftit werden kOiuiee,
gm aeeh deA 6g— diMtw 4m Lelienlonune tu «rbeiteB, am
betten in der Ferienseli Mei Irittte äek eiistw^len djunit zu
begnügen, in regelinäßigeni Wechsel täglich die KriLiUdiiE;::swirkung
eines einzigen Lehrgegenstandes zu prUfen. Zuuiiclist kfiimtr man
t;8 wohl bei der Untcrsnchnnj» der hauptsäcLlirhstcu Faciier be-
wenden lassen; dabei wäre aber auch ein Tag einzoschieben, an
welchem in der Zwitebeisett zwischen den beiden Prttfnngsarbei-
ten eiotehee Anarahen oder aUenfails eine pm^ leiokte Beeehäf-
iifug ebne UnfteniehtaliKm «n SieUe der ünnaAnagsaxbcit träte,
Fknieni, VoileieB wer ewfiwben OeeeUehte, Belnehlmi von
BlUem oder dei;gl. Eni danut wenn in einer soleben Venecbs-
rrihe jeder LefargegenstMid mindeetene 5— 6mal in stets genau
gleicher Folge aui seine Eni iluhiugs Wirkungen geprült worden
wäre, könnte der Versuch geniucht werden. wenis'steiiR fUr den
beBtiinintcu Unterrichtsbetriel» das diucbschnittüche Ermüdungs-
gewicbt der yersehiedenen Schulstunden vergleiehend zu berechnen.
Die weitere Angabe würde dann sein, nach einem ihnlichen
Veifiüuren die Wiitaigen m^iiMbidigen UnAeniebts von Tmeiue-
deoer ZnaamenielKnngi die besondeien VetbAttniflee dei Vor-
vitCagi- nnd Nnebnrittegiinntttriehte, endlieb den EinflnB der
fortUolsnien Sefanlweebe, des Sonntags nnd der Ferien sn be-
elbimen. Allerdings bildet bei der iMang der letztgenannten
Aufgaben die Frage des Übungs Verlustes' eine wichtige Fehler-
quelle, die sich nur auf tiehr uiUhseli^aii uud umständlichen Wegen
beseitigeu läßt. Grundnlitzlich aber bleibt das Verfahren überall
das gleiche. Am An£uige und am Schlnaae des Zeitabsehnittes,
in dem sich die Wirkungen abspielen, die man nntaianeben will,
wild die gleiche Arbeit nnegefllbrty deren Veilndening aieb ebne
wettwee measen ttfii Zorn Yeigleiehe aber wird derselbe Venneb
mk efaieni gleksben Zeitabeehaitte wiederbdt» in dem jene SbiflUaw
ni^t wirioHun waren.
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über Bnn1idaiig8ine08ungeii.
Waiiirseliemlioii wiid man sich bei der VerwertBiig der Btgtb'
vtaie Hdl der Menge der addierten ZtMm htgastigoa kOnnen. Bei
der ffinfachheit der Redmaogen pSßgt der Progeutotla der FeUer,
weilgstaiui bei ErwioliBttieii, nngemeiB gering ss leiii, ofai Ütn*
ite&d, den icib eher Ihr efnen Vonng, als Air einen Kaebteil des
VcrfahrcüB halten möchte. Immerhin wäre es möglich, daß bei
x bnlkindem die Schwank unsren der Fehler stärker hervortreten.
lns^)esondere wäre etwa die Treuiiuner von Denk- und Schreib-
tehlem für die Kennzeichnung der psychischen Zustände zn ver-
werten. Wälurend die Zahl der Fehler im allgemeilien mit Be^
MUemigmig der .Arbeit w&ehst, mit einer Vo-langiamiiiig denelbeii
abBimmt, werden vir erwarten dttrfen, daB die Ermttdnng eine
tMoaJbmb der DenkfeUer, die Brregflng eine eolehe der SehreHh-
fcider bewirken wird.
Werden Versnobe der geschilderten Art an einer Anzahl von
Sciiulkindeni durcbiretlÜHi;, so wird sich ohne Zweifel ergeben,
(laß die ErmUdungswirknng einer bestimmten Uiiterrichtöötunde
keine feststehende Größe ist. Zunächst dürfte die durch eine
Aibeit erzeugte Ermüdung um so stärker sein, je größer die
inneren Widerstände sind, die dabei Überwunden werden müssen.
Mft ihnen wSehet die WilieniBpomrang, die flieh der inneren Br-
ftbmig unmittelbar dqreh das Gefilbl der »Amitragimgc bemerkbar
maebi Es Hegt nabe, ansonehraen, daB die venebiedene »Begar
bmg« der SehlÜer sieb in der grOtteren eder geringeren Leiebtig»
keit ansdrücken wird, mit welcher diese oder jene von der Schale
geforderten Aufgaben gelöst werden küimcn. Wenn daher auch
gewisse Unterrichtsstunden wegen ihrer Eitrenart ganz allgemein
stärkere oder schwächere ErmUdnngswirkungen verursachen werden,
80 ißt doch zu erwarten, daß die besondere Veranlagung der Schüler
mannigfache Unterschiede bedingen wird, je nach der I^ichtigkeiti
mit der Ton den Einzelnen die gerade fllr das bestimmte Unter-
Mlsfteb besondm netwendigen peyebologiseben Hflftmittel g^
handhabt werden.
Da die Itelldbarkeit mit dem Fertsefareiten der Übung ab^
nimmt müßte von Klasse zu Klasse eine fortschreitende Abnahme
der durch den Unterricht erzeugten Ermüdung festzustellen sein,
w^n die Aufordemngcn überall dicRclben wären. Tatsächlich
wächst aber mit der Übung auch die Schwierigkeit der Aufgaben,
die dem Schttier gestellt werden. Geschähe das in ganz gleichem
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82
Emfl KnepeUn,
Verhältoisse , so mllÜten die ErmUdung^Bwirkaiif^en einer Schul-
stünde in allen Klassen dieselben sein: es hätte eine vollkommene
Anpassung des Unterrichtobetriebes an die wachsende Lelstungs-
fiUdgkdft der Sehltier BteUgefonden. Ob das der Fell ist, oder
naeh weleher Riefatuig Abweiehnngen an Teneiehnen «ind, lieBe
flieh dnreh vecgleieheiide EimUdangsmesBiingen nadi enliipreohenden
UnterriehtBetunden venehiedener Klassen wahrseheinliidi klarlegen.
Indessen damit ist die Reihe der hier des Versuches harrenden
Fragestclluiif^en nicht erschöpft. Vielleicht die wichtigste Tatsache,
die bisher durch die Emiüdmiprsmessnuo^en des Laboratohuuis immer
und immer wieder zu Tage getordert wordeu ist, haben wir in den
ttberans großen persönlichen Unterschieden der Ermüdbar-
keit zu erblicken. An diesem Punkte tritt uns diejenige Seite
der Ober bttrdnngsfirage entgegen, die wir im Eingänge als die per-
sSnIiehe beseiehnet habea Jn unseren Sehnlen findet sehen jelat
eine ziemfich weitgehende Sondening der Sehttler naeh ihrer Ver-
standesb^gabnng statt Je hSher die geistigen Anfordernngen
wachsen, desto mehr bleiben die Minderbegabten znrQck, für deren
schwächste Auslese neuerdiu^fi bekanntlich an zahlreichen Orten
»choTi besondere, ihrer Eigenart angepasste Uiiterrichtsbetriebe ein-
gerichtet worden sind. Aber auch nnter deujeuigen Schülern, die
den allgemeinen Anforderungen gewaobseu sind, hnden sich ohne
Zweifel so große Untersehiede der persönlichen Yeranlagnng. daß
sie ehie fierlteksiehtigimg im Unterrichtsveifahran ▼oUanf recht-
fertigen wurden. SelbstrerBtSndEch ist nicht an fordern und nicht
emmsl sa wttnsehen, daS die Schule sieh jeder Eigenait ihrer
Schtttslinge anpassen soD; Tiefanehr ist ron der gleichmiBigen
Ausbildung eine allseitigere Entwicklung der Kräfte zu erwarten,
als sie z,u weit getriebener Nachgiebigkeit für persönliche Nei-
gungen gelingen würde. Die mannigfache Sondcrunf: und Grlie-
derung unserer versclnedeneu Bchuiformeu dUrfte dem berechtigten
Bedürfnisse vollauf genügen. Nur in einem Punkte wtlrde sich
zum Nutzen der Lehrer wie der Schuler ohne besondere Schwierig
keit eine wdteigehende Berttcksichtigang der persönlichen Eigenart
ennSglichen husen, hinsichtlich der Ermüdbarkeit
Da sieh große Ermüdbarkeit, wie sich immer dentlieher her-
ansstellt, in der Kegel mit großer Übungsfähigkeit verbindet,
werden wir annehmen dürfen, daß die sehr ermttdbaren Schiller
in der einzelnen Stunde zunächst rascher auflassen und lernen,
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über EmfidiiBguiMifiingeB.
23
«Is ihre Kameraden, nach einer gewissen Zeit aber in ilirer Lei-
stongafähigkeit immer mehr hinter jenen zurtickbleibeu. Bei dem
geriogea Übnngsweite der in der Ermüdung geleisteten Arbeit wird
muMlir auch nar wenig von dem Aii^seiioiiimeDeii haften. Auf
Um indeieD Seite besteht hier immer eine sehr grofie Erholm^-
fifaigkeit; schon naeh Inmen Rnhepansen ttdgt die Leistnng ei^
IwbUeh «Dl um MUoh möh hald wieder Ton neuem m sinken.
El liegt anf der Hand» daß eine erfolgreiche AnanntEuig der
Unterrichtszeit bei solchen Schülern anf ganz anderem Wege er-
reicht werden muß, als bei weniger ttbnngöriibigenj aber auch
\'.rniger ermüdbaren Kindern. Bei diesen letzteren sind hänfie-ere
Pausen nach kurzen Unterrichtsabscbnitten , wie sie dort gefordert
weiden mtisaen» geradezu vom Übel, da die Unterbrechongswir-
knng der Pansen ihre Erholnngswirkong überwiegt, während bei
grofier £rmlldbaKkeU das Umgekehrte der Fall ist Namcntlicb
doct) wo ohnedies PaiaUdklassen emgerichtet weiden mttssen,
wlie som mindesten ein Veisnch am Flatse, die Gmppiemng der
Sekfllcr nach ihrer Ermüdbarkeit Torzunehmen nnd damit sngieiöh
eine ihrer Eigenart angepaßte Änderung des Unterrichtsbetriebeö
zu verbinden. Das dürfte sich unter anderem auch deswegen
empfehlen, weil die sehr ermüdbaren Kinder vielfach auch nach
anderen Kichtnngen krankhaft veranlagt sind und darum dnrcb an-
zweckmäßige Verteilnng von Arbeit nnd Bnhe nnter Umständen
aioht nor in ihrer geistigen Ansbüdang, sondern aneh in ihrem
toondheitaanstande geschidigt werden kutanen.
AUe diese Überlegongen legen den Wmisch nahe, ein Maftyer>
fthren ftr die Feststettnng der persönlichen Ermttdbarkeit an&n-
isden. Unsere bisherigen ErfsJimngen spreehen dafür, daB es
uch hier genügt, die Messung auf einem einzigeii Arbeitsgebiete
anszuftihren, da wir es höchstwahrscheinlich mit einer Grund-
eigeuschaft zu tun haben, die bei den verschiedensten Arbeiten in
gleicher Weise hervortritt. Nur darauf wäre etwa hinzuweisen,
dafi die Ermttdnngswirknug einer Arbeit mit dem Fortschreiten
der Übung allmählich abmmmt Auch die Größe des Übnngsfort-
sebxitlesi den wir nie gans ym der Ennttdnngswirknng sa trennen
▼smOgen, sinkt mit wachsender Obnng rasch. Man wird also aar
ftigleiehenden Hessung der Ermüdbarkeit nicht Ldstungen be-
aüWD, die bei einer Person gar nicht, bei einer anderen sehr
Tollkommen eingeübt äiud. Vielmelir empüeiüt m öicb, die Ver-
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24 £inü Kiaepelin,
so die Größe der konstanten Fehler auf ein Mindestmaß herab-
zndrtteken. Jeden&lk lehrt die Erfahrung, daß es möglich ist,
mit Hilfe des schon oben empfobleneii fortlanfenden Addierens
einflteUiger Zahlen sehr bedeutende Untenchiede in der persöu*
liehen ERBttdbarkeit naehziiweuien. Ab sich eignen «ch zu diesem
Zweeke natttrlicb aaeh alle möglichen anderen Formen fortlaufender
Albelt, doeh dttrfte gende das Addieren dnreh die fiinfitehheit
und Gkiehartigkeit der nuNli (rieli abipieteiiden Einsekn^aben,
denn liehtige LOaang nidem noeli naehgeprttft werden kann» allen
anderen VerfiriireB weit Torsiisiclien eoin.
Um die Emitkllnirkeit zweier Personen miteinander zn ver-
gleiehevi, liegt es am nH^jbsten, das Sinken ihrer Leistung uach
einer gewissen Zeit jiri eichartiger Arbeit zn messen. Bei der Ver-
schiedenheit der Aosgangspnnkte wird man etwa die jeweilige
Anfangsleistnng = 100 setzen und danach das Verbftitius der End-
leistnng des betreffenden Arbeitsabschnittes berechnen. Eine ein-
fache Oberleeang klirt indeesen, dsB die Hohe der Endldatnng
nieht nnr dnieh die Ermüdbarkeit» aendem ebenao dnreh die
Obmigaflttiigkeit der Versnchspersen beatimmt wird. Ein nngttn-
atiges Sehlnfiergebnfs kann niefat nnr dnreb groBe Emtldbaikeit»
sondern ebensu durch Geringfllgigkeit der Übnngswirknngen be-
dingt sein. Das Verhältnis zwischen UbungH- nnd Ermüdung^
Wirkungen nnterliegt aber l)ei der Wiederholnng einer p-eirebenen
Arbeit gewissen Veränderungen, vor allem deswegen, weil sich
die Ermtldung dnrch Erholung immer wieder ausgleicht, während
Sparen der Übung jeweils längere Zeh hindnreh zorttekUeiben.
Ans dieaem Gnmde liefert nna der Vergleieh der An&nge- nnd
Endieiatai^ dner Ermtdnngaarbeit ein immer weebaelndea Bild»
je naeh der Obnngsstnfe der VerBaehsperaon. Wlhrend aaniehat
die 8e1dnfileietvng wegen der Vberwiegenden Übimgswirknngen
die xVnfangsleistung stark übertieffen kann, sinkt ihr Verhältnis-
wert weiterhin wegen der Verkleinerung des Ubnngsfortschrittes
alimählieh immer mehr, xuu sich endlich bei den höchsten Übungs-
graden unter steter Abnahme der £rmttdbarkeit vielleicht wieder
günstiger zn gestalten.
Es erscheint daher sehr erwOnaeht» ein Yergleiehamaft zn finden,
welehea die Wirkang der Ermttdnng mUglichat rein erkemien liSi
ISne befiMigende experimentelle Utanng dieser Angabe ist nach
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über EmtichiogsnietBiuigeiL
memer Obeizeiigaiig nicht möglich^ da es kein Verfafaren gibt,
irelehes geetaUele, die Wirkniigeii der üimOdimg Ton denen der
Übnng dnrcb den Yenndi zn trennen, ganz abgeeehen von den
etaiiUle nicht ensBelieidtMuren EinflUasen det Anregung nnd der
WHIenflepeiinitng. Der einzige Weg, der einlg^ermaBen gangbar
erscheint, ist das VerfahrcD der günstigstcü Tause']. Da die
Enntldnng sich uüch dem Aussetzen der Arbeit weit rascher ver-
liert, als die Übung, mnß es einen Zeitpunkt geben, an dem die
Erholung vollkommen abgeschlossen ist, während noch ein mehr
oder weniger großer Rest der erworbenen Ubting fortbesteht. Vor
diesem Zatpnnkte ist die Leistungsfähigkeit noch durch die lelslen
Spfmen der ridi raadi aingleiehenden Ermttdnng beeintESebtigt;
nadi demselben sinlct de langsam» aber nnanfhaMsam wegen des
mmmehr aOein noeb die SacUage bestinunenden Obnngsreilnstes.
Es gelingt nun tatsKeblieb, dnreh den Versneii eine Aibeitspause
vm Ite^^tiuiniter Dauer autzuüuden, üach deren Ablauf die Wicder-
auliiahme der Arbeit ein gtlnstiircres Ergebnis liefert, als bei
längerer oder kürzerer Pau<?e Freilich muR e«* zweifellinft bleiben,
ob das Ende dieser sogenannten gÜuBtigsteii i'ausc mit dem völligen
Ansgieiche der JBimttdung genan zusammenfUlIt. Einmal ist es
ans Tersefaiedenen Grttnden wahrsobeinlich, daß wSbnnd des
Waebens eine ganz restlose Beseitigung der Arbeltsennllditng kanm
stattfindet; sodann aber bedentet die Tatsache der günstigsten
Fanse an dch niefat mehr, als daß jenseits demlben die Eiholnng
sieh langsamer Tollzieht, als der Verlust der Übmig.
Trotz dieser Einschränkung läßt sich doch wohl so viel sagen,
daß die gtlnstigste Pause uns das brauchbarste Maß fWr eine Er-
TiiUdungsmessang an die Hand fribt, welches der Versuch Uberhaupt
liefern kann. Auch dann, wenn man daran denken wollte, den
Verlauf der ErmUdungswirkongen ans den Versucbsergebnissen
doreh reelmerisehe Abtrennung der einzelnen, sieh liier mit einander
verbindenden IHnflüsse darzustellen, würde immer der AnsfUl der
Yenuehe mit günstigster Pause die wesentiichen Grundla|;en für
dne solehe ftußerst Terwiokelte Untersuchung abgeben müssen.
Der große Vorteil des PausenyeTSucbes überhaupt Hegt in dem
Umstände , daß sich in ihm nicht, wie wilhrerul der Arbeit, die
beiden entgegengesetzten Wirkungen der Übung und Ermüdung
1} Vgl hierzu Lindk y, P^ychoL Arbeiten III. 8. 486; Kraepelin,
FUloiophisehe Stadien Xix', & 469.
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26
Emil Kraepelin,
annähenid anfheben kOnmoiL Infolge des laselien AmiglAidieB d
Ennttdimg tritt deren GMe vielmelir olme weiteres zu tage, w«
wir die unter ihrer Herrschaft and die nach ihrer Beseiti^ng ^
wonnenen Werte miteiiiaudcr vergleichen. Dieaed Verfuhren \y'i
Yollkommen, wenn sich Übnng und Anre^unpr bis zum völlig
Schwinden der ErmUdun^r auf ihrer Hohe crhiL'lten. Das tr
leider nicht zu. Die Auregimg schwindet ganz, von der Uhu
wenigstens ein erheblicher, noch dazu nnberecheubarer Teil, bei
wAk der gUnatigsten Puue ist demnach der Veigleiehsweit ob
Zweifel na klein; die Eimttduigswirkmg am Ende der Arbeit n
betriohlilieh grOBer, als die Beuenuig der Leistong naeh <
Pause annehmen lißt Immerhin ist die Höhe der Aibeitswe
nach der günstigsten Pause das zuverlässigste Vergleiehsmaß, c
bisher durch den Versuch erreichbar ist. Überdies liegt die
nähme nahe, daß sich die Besserung der Leistung durch die Pai
wenigstens annähernd im gleichen Verhältnisse vollzieht wie <
wirkliche Ausgleich der Ermttdong. Insbesondere scheint sich •
Ubuugsfestigkeit im allgemeinen umgekehrt an verhalten wie
ÜbnngsfiUiigkeit. Sehr starke ÜbnngswirkiuigeiL dürften lasc'
sebwiiiden, als geringe, da Umstand, der einer AnnSberong *
gemessenen Pansenwürkang an die wirkliebe Ermfldnngsgitffie
gnte konmen wttide.
Die bisher dnrchgeftlhrten Versuche Uber die günstigste Pa
sind noch sehr lückenhaft. Sie haben ergeben, daü die Lai
derselben heim Rechnen ftir verschiedene Personen innerlialb re
weiter Grenzen schwankt, die sich von etwa einer Viertelstn-
bis Uber eine Stunde hin erstrecken. Sehr bemerkenswert ist
£r£Ahmng) daß die Länge der voranfgehenden Arbeit die Da
der günstigsten Pause gar nicht oder doch wenig an beeinfluß
Bcbdni Das wird einigeimafien begreiflich, wenn wir bedenk
daß diese letatere von dem gegenseitigen YerbSltnisse zwise'
Eriiolnng und Obnngsrerliist abhängt, dessen gOnstigsto Gestalt
recht wohl von der Länge der voranfgehenden Arbeitszeit im
halb f::e wisser Grenzen unabhängig »eiu kann. Ganz uudors s
es natürlich mit dem Ansteigen der Leistung nach der gUu8tig>
Pause, das selbstverständlich um so beträchtlichem ist. je läi
die KrmUdungsarbeit danerte, je stärker also der £nattdung8^
war. Die Länge der günstigsten Panse liefert uns somit, w
wir den Gang des Übongsyeiliistes zonicbst aofier acht las
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über EimtldiiiigiiiiMtiiagen.
27
annähernd ein Bild von der Schnelligkeit, mit der sich die Er-
mtldong ausgleicht} also der ErholuDgsrähigkeit, während die Aufl-
^ebigkeit der erzielten Bessemng in dem oben umschriebenen
Slmid als Anadniek der Torber bestehenden Ennttduig bettsefatet
werden ßstt
AlMings werden Lftnge der gQnstigBten Psnse wie GiOBe
Ihrer Wirkung sehr wesentlieh beeinflnßt dnnsh das Veibalten des
CbaiigBverlnstes. Je rascher sich derselbe vollzieht, desto früher
wird der Tunkt erreicht, an dem er das Ubergewicht Uber die
ErholnngswirkEüg der PanBe frewimit, und umgekehrt. Zugleich
wird die Leistung nach der günstigsten Pause niedriger liegen,
wenn die Obnng rasch, als wenn sie langsam schwindet Auf der
snderen Seite sebeinen sich, wie schon erwähnt, gerade sehr starke
Obongswirknngen schneller zu yerlieren, als schwXehere, so daß
dsdnreh ein gewisser Ansglelob jenes FeUers geboten wird. End-
U dürfen wir annehmen, da& deiselbe sieb verringert, je hoher der
bereitB erreichte Obnngsgrad war, je geringftlgiger also die Obnngs-
wirkung dcB voraui^^ehendeii Arbeitöabschnittes sich gestaltete.
Aus diesen Erwägungen geht hervor, daß die Besserung der L*ei-
stimg nach der güuatii^steii Pause liei solchen Personen ein ziemlich
gutes Vergleichsmaß der Ermüdbarkeit abgeben würde, bei denen
jese Panse die gleiche Daner aufweist Freilich würde es auch
dann nOftig sem, den Fehler des ÜbnngSTerlustes dnrch Erreichen
eines hoben Übnngsgrades mOgliobst nnsobftdlieb an maehen. Hat
aber die gBnstigste Fimse eine yenehiedene Lunge, so mnB selbst
bei ganz gleidiem Gange des Obnngsveiinstes die Leistung nach
der längeren Pause offenbar TerhSltnismäBig niedriger ausfallen.
Andererseits kann die Verlängerung der günstigsten Pause gerade
durch besonders langsames Schwinden der Übung bedingt werden.
0)) dieser Umstand oder starke, sich nur langsam ausgleichende
iurmüdang die Ursache der Verlängerung bildet, läßt sich ohne
weiteres gar nicht entscheiden. Immerhin könnte der Vergleich
der Leistong naeh der glinstigsten Pause mit der Anfangsleistang
des nüebsten Tages einen Anbait daftr geben« ob sieb der Obnngs-
Tsilnst laseh oder langsam yoUsogen bat
An diesem Ponkte liegt bis heate die grondsStsliehe Sebwierig-
keit der Messung der perstolichen Ermttdbarkdt. Bs Ist ni9giioli,
daü sie sich leidlich gut lösen läßt, sobald einmal zahlreichere
und genauere Erfahnmgen über die gegenseitigen Beziehungen der
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88
EbB SrM|i6llB|
hier in betracht kommenden Größen ^sammelt sein
Namentlich WHre es wichtig, die Wirkung von ZywiRchenz»
mitersnehen, die länger sind, als die gtlnstigste Pause. Wl
bis jetst noek keine gentlgende Vonrtellang Ton den Verä.nd(
der LeiBinng, welehe sie bedingen. Man kann vieUeioht
daB Biek| wem muk ent die GfOie der Sekwasikiiii^en
eine Fuue «nflbden ÜBt, Ar iretehe die Felderquella de
fleldeden nsebea ObiiBgsyerlwtes gegenüber den Eriic^im
knngen znrllcktritt; mOglicberweise ist das Beb<ni bei der ^
8ten Paui^e selbst der Fall. Im schlimmöten Falle mußt*
nngefiibre Verlauf des ÜlmDgaverluates durch besonderf^ Paust
suche ftlr die erste Zeit annähernd bestimmt und bei der
BteUimg des Vergleichsmaßes an der Hand allgemeiner £
rangen mit in Anschlag gebracht werden.
So nel glaabe iob auf Grand der biaherigen UnterBadmogeii
BiemKeher Bestfmmtbdt engen m kOmieD, daB efaae eiBlgmii
brandibare Mewoag der pefMnlicben BStmlldbarkeit nur mit l
des PtoNnyerBaobeB m(5glieb fei Zngleteh aber ist m betonen,
bis znr Erreichung dieses Zieles noch eine sehr eingehende Doreb:
schung der Wirkung kürzerer und längerer Arbeitspausen bei m
liehst vielen Personen imtwendig ist. Erst dadurch werden wir nnsi
diesem schwiei itrea Gebiete mit etwas größerer Sicherheit beweg
lernen. Jede solche Uutersucbong erfordert aber Wochen n
Monate, so daß naturgemäß von einem raseben Fortsohritte d
f^kenntnis gar keine Rede sein kann. Massenvemidiei aaoien
lieb an Sefailkindern, sind ebistweilen glmUob zwecklos, dt w;
ibre Febler Boeb gar uiebt m llberseben, ibre Etgebnisw M
zu dealeii Tersteben. Zudem ist das ganze Verftbien, welche
▼ielfaefae Wlederfaohing der Yersnchsreihen nnd genaueste BiB-
haltung aller Vorsieh tsmaßre^ in erfordert, zunächst noch sc
schwerfällig, daß es aussichtslos erscheint, in wenigen Versucltf-
tagen \erwertbare Erfahrungen gewinnen zu wollen.
Trotz aller dieser Schwierigkeiten, die zunächst zu überwinden
sind, halte ich es dennocb Air möglich, einmal zu einem VerfabreB
der £nnttdbarketlsmesBnng za gelaiigen, das aaoh Ar die prak-
tiseben Zweeke der Sobole geeignet ist, ja, iob gUnbe, dtfi wir
diesem Ziele bereiii eni wenig nUher gekommen sind. Von be-
sonderer Bedentuig ersebeint mir namenfUob die Erfthmqg^f iai
die LSage der gUasttgsten Pause durch die Daner der twImf-
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29
geiModen Arbeit nicht aelir beeinüiiüt wird. Bewährt sich dieser
3Atz aach bei weiterer, mnfaaieiidv Prttfaag, so wttidoB wir die
Wiitaig der gttnetigBten Pause aaeh nmk gtau kurzen Aibeits-
imImi fiNtatdleB kffniMD, die biahcf bbii weojgiteui flu die Untar-
mAmg TAB Ennlldiiiigaenolieiinuigeii ungoeigiiAt «ciolii«imi wam.
Selm ftsf mnnten Arboft wttiden Air dlem Zweek geuu^cu,
«ine wkr wesentHobe VerolB&elniiigr dei Yerfiihfetis gegenttber den
frttber immer b^uützteu lialbßtlindigeu Arbeitazeiteu. Ailerdiuirö
ist es auch so noch eine üiiUcrBt zeitraubende und umstandliuhe
Aufgabe, Dauer imd Wirkung der günstigsten Pause zu biHtimnien.
Es besteht aber eine gewisse AnsBicht, daß sich zwischen der
Wirktuig kttnerer und Ittiigerer Pansen allgemeinere Beziehiuigiii
anftndfln Umtm weidoB. SokoD jetH wueen wir, daB der gttih
iifgilen P«ue eine nngtbutigate mid «ine weitere gUnatige in ge-
wiiieni Abetonde TWin^eiii Yttfllgen wir eher eiiiMel Uber ub-
&agieielMM VewndwreihMi avf dieieit Gebiete, ee wird lieh
vielleicht heranssteUen, daß sieh die Wirknog einer oder mehrerer
kteerer l'aoben uns bereits ein pcwisses Urteil über die durch
die Versnchsarbeit bewirkte Ermüduna: gestattet Natttrlieh wird
der 80 gewonnene Maßstab «^ieh noch weiter von der absoluten
Giöße der Ermüdung entfernen, als der ans der günstigsten Pause
gewomMDie^ allein darum könnte seine Veiigßeiehbariuil doeh nioht
■iader sureililMig Bein, mud bei kniMm Pamn wenigtea
der Felder dee AnregnngiTerinstM geiiBger adn wBide.
Der ftr die Ummatg der peraOaUeiieB EimUdboikeit vorge-
■ckinete Weig ittrt deMincb Tor allem su einer mOgÜeiiet grttnd-
liehen Untersuchung der Whrkung, welche kttrz^ und längere
Arbeitspausen, namentlich oach kurzen Arbeitszeiten, bei verschie-
denen Menschen auf die Leistungifahigkeit ausüben. Insbesondere
»t dabei die ßeeiudussung dieser Wirkung durch den Ablauf des
Ubangsverlustes zu Yecfolgen. Weiterbin wttrde £ostsBBteUen sein,
m weklien Beaiehmgen die Wirkung künerer Fanien zu der^
jenigen der gttnatigsten oder irgend einer anderen stebt, die den
bdloi Aanibenuigewert für den yoUkoHniencn AiBgMeh der
Arbeitaermttdung liefert Ergeben a&oh eeklie Befliebnagen, 99 mt
itnm dit^enige Oertakung des Pansenrersnebes abmldien, welcbe
mit dem geringsten Aufwände an Zeit und Mühe ein möglichst zu-
Terlässiges BUd von der persönlichen Ermüdbarkeit, wenn auch in
rerkieiaCTtem Mafistabe, vermittelt Es ersolieint nicbt undonkhar, dafi
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90 ^BoSL Knepdin, Ober Enii1ldiiflgimfl0muig«i.
diesen Anforderimgen schließlich eine Versnchsanordnung
kann, die nicht mehr als 15 — 20 Minaten Zeit in Anspiuc
Allofdings wird dabei ein einielDer Veisaeh immer
wenig bedeuten. Wie bei der Meoamig der Ennttdongf
ebier SohnUrtonde wird aneh in dieser Fkage eine vielfiudie
holnng des YenmoheB nOtig s^, vor allem, um die VerSnc
der Werte nnter dem Einflnsse der fortschreitenden Übnn
aber, um die unvermeidlichen zutälligen Fehler anszQ|
Insbesondere wird anch hier wohl eine vorheripre pliiuuiäü
ttbung der Ver8nchs})ers(tm'u mif die YLTSiicbsarbcit zwe<
sein. Jedenfalls wird es niemals möglich sein, wie das bei <
stellnng der sogenannten »mental tests« bisweilen gefordert
ist, etwa in einer einzigen Sitzung aneh nur Uber die einfiu
saehe der peieOnlieben Ennttdbarkeit m einem bianohbaien
nisse zu gelangen. Anf der anderen Seite ist aber die Fraj
so wiebiig, dafi ibre Beantwortnng wobl den tS^eben Anfwt
einer Tiertelstonde einige Woeben blndnrdi lobnen würde.
Indessen, anch wenn flieh die Hoffhang erfhllen sollte, in
mäfiig angeordneten rnusenversuchen ein Hilfsmittel znr
muüg der perBöniichcu Ermlldbarkeit zn finden, wird die 2
Maßsenuntersnchnngen ganzer Schnlklassen keineswegs ge>;
sein. Vielmelui werden wir dann unbedingt erst dnrch sor,
Laboratoriunsyersnche feststellen mUssen , in welchem U
die am Erwaebsenen gefundenen QesetamäBigkeiten anf j
liebe Personen ftbertragen werden dürfen. Wenn wir ancb
nehmen bereebtigt ^d, daß in diesen Fhigsn tiefigifeifeiide
sStsfiebe Untersebiede bei den einzelnen Altersstofen nlobt be
wird doch die Größe der übungs- und ErmUduugswerte
wesentlichen Veränderungen unterlieo:eii. Dadurch wiir(l(
unter ümstiindeü die besondere Anurdimn^" der Versuche erl
beeinflußt werden. Neben der Gewinnung eines zuverlässige
einfachen Mafiverfahrens, dessen Erprobung nur durch planr
Erforschung am Erwaebsenen gesobeben kann, ist demnael
▼eigleiobende Unfteisnebnng der geistigen Arbeitsbedbigong«
yersdiiedenen Altersstufen nnerlftfilidi, wenn wir einmal
kommen wollen, den Uessnngen der persSnlieben Enntldb
im praktiseben Sebnlbetriehe diejenige Bedeutung zu versoi
die ihiicii bei der Tragweite der Ermüdungssfrii^re für die g(
AoBbildong nnd die Wohlfahrt der Jugend ohne Zweifel znk«
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über den Enflnfs von Nebenreizen anf die
Baumwakmehmong.
Von
Hay wood J. Fearce.
(Aus dem Psycbologifichen Institat der Universität Wttnborg.)^)
MH 4 Figuren im Test
Eiuleitimg.
Man ist wolil bereohtigt sv tagen, daB der grVfite Teil der
Ldrtnngm der modernen, experhnenteltoi Psychologie in HewimgeD
der Emptiiidüclikeit uüd der Unterschiedsempfiudlichkeit besteht.
Der Wert dieser Messungen liegt nicht allein oder hauptsächlich
in der Wichtigkeit der durch sie zur Erkenntnis kommenden Tat-
sachen, sondern yiekuehr in den Folgenmgen, welche sie uns bei
der Uotersnchnng der Nator nnd der Gesetzmäßigkeit des mensch-
lidieii Geistes ermöglichen. Die experimentelle Arbeit, von der ich
m diesen BUittem beriehten will, hat ebenfidls diese An^be und
toeaZweek. IKe Besoliato an sieh sind im hOdisteo Grade einfiMdi
nid evseheinen von Tom herein als ganz gewöhnliebe Tstsaeben,
mit d^ien man yen Kindheit auf yertrant gewesen sein sollte, und
deren Erklärung bclbstverständlich ist Der Wert eines Prinzips
besteht indessen nicht in seiner Seltenheit oder Fremd;irti«rkeit,
sondern vielmehr in seiner re^a'lmiißi^aMi (reltuiig, nnd die 'iatsache,
daß es uns zu vertraut geworden ist, um als Prinzip angesehen zn
werden, ist geeignet, Air seine höchste Wichtigkeit zu sprechen.
Das Sinnesoigan, mit dem sieh nnsera Experimente beeehttfligt
haben, ist die Bant, dieses wichtige Hilfsmittel der Orientierong.
Die EmpfindMebkeit nnd Untersebiedsemp&idliehkmt der Hant
iat in Tenddedenster Weise nntersneht worden. Die experimentelle
1) Obonetat aas den Eagliichen ▼on FrL 0. a. M. Kfllpo.
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32
U»jrwood J. Pearce,
Psychologie hat mit solchen Experimenten Überhaupt b
ßud das Grebiet ist uocb lange nicht datür erschöpft. Da
Interesse konzentriert sich dabei auf die Schwelle der Sin
Scheidung:, en^ verbunden mit der ganzen Fra^^^e der Wahr
und Übertragung der SinneBreize. Eine der Hauptmethc
iUr diem Zweck angewanit werden, iit die Lokalisationf
indem man annimmt, daaa die Summe der LokaliBati
dlTidieit dmeh ihre Zahl den MaBstab ftr die Feinheit
beatinmrang dwntelit. Man ist natOrlieh dabei beBoigt
alle Nebenreiie nnd seninnenden Eäailaae anssiBehUel
meinen Experimenten habe ieh aber rorsfttzlieh einen Ni
eini;crulirt, mit der Absicht, festzustellen, was für eiueu E
sidcher hat, ob er die Reaktion nur veränderlicher oder unb
macht, oder sie in ihrer ganzen BeHchaiyciihcit uiuiiestulte
mau darnach sacht, so findet man iu der täglichen Erfah
Menge Tatsachen, welche den Gegenstand, den ich ante
mentelle Beobachtung gestellt habe, in seinem weitem S
irtrieien.
Es ist Jedem bekannt, daB es in vnseiem Wesen e
gibt, welofaes ans TcranlaBt, Ten veraddedenen gegebene
den Da rehschnitt anzunehmen. Das Extrem widere
normalen Menschen. Wir mögen ein Pferd oder eine 1
ein Haus oder sonst etwa«, das weder zu f!joß noch zu
wir ziehen eine Farbe vor, die weder zu hell noch zu d
Musik, die weder zu laut noch za leise ist, ein Gefühl irgen
Art, das weder zu stark noch zu schwach ist; so könnt«
mOgHchst rencfaiedenen Gegensliadea fieihea toh Abatnfi
fthren, nnd es ist mehr als wahrseheinlieh, daß eine
Peison in keinem einiigen Bespiel daa Extrem wihtoi
Diese TalMushe bemht mizwdfelhafl in yieien Flllen ai
Gründen, als allein aaf Abwlif^ yon Zn^lligkeiten nnd
keiteii zwischen den lieiden I^xtremen, aber dieses is
häufig ein genügender Grund, und wo andere Gründe
sind, da i^t es noch ein Bele^ ftir die Tatsache, daß
selbst nach den Grundsätzen arbeitet, die den von ihr ge
Menschen in seinem Handehi beherrschen, nimlich nach d(
des > Mittels«.
1) Vgl. dua Eaat*8 »Normalidee« in seiner Kritik d. Urtei
Bediin, 8. 82 f.
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Üb«r den EinflnO toh Nebennben anf die BaamwalinMliiiniiis; 83
Es darf daher nicht überraschen, wenn wir dasselbe Prinzip
offenbart finden in der Aufnahme der firfahrong, die uns die ver-
lehiedenen Sinne bieten. Wir kttnnai also gewärtig sein, zn finden,
dafi iwei gleiohs6i% wahigenommene Farben sieh su «man Mittel
vcfiehmelien, dafl swei Georttchey'iwd CteselunaekBqiialiiiiten, iwd
Tttaie» die ffMoMg in das Bewußtsein eintreten, als ein dritter,
einfaclier Beia waluqgenoaimen werden, der etwas den Mden Ori*
ginalreizen Eigentttmliehes an sieh hat, aber dennoch deutlich als yon
jedem verschieden empfunden wird. Es mögen verschiedene Be-
gTündnneren fHr dieses Phänomen gefanden werden, in jedem Fall
und in liestimniten Beispielcu. nnmentlich bei Farben, mUssen be-
sondere experimentelle Bediugougeu beobachtet werden; in anderen
flUen, iMSondero bei Tönen, ist es möglich, daß eine gettbto Ver-
mehsperson imstande ist, den resnitierenden Beis als einen nsam-
mesgseetiten in erkennen nnd die Elemente heranssnanaijBieren,
ans denen die yersohiedenen Komplexe bestehen. Bei naivem Be-
wflfttBein jedoeh wfirden nnzweifelliaft PliXnomene Ton der Axt,
wie ieh sie beschrieben habe, demonstriert werden können. Gewiß
haben alle hier angetührten Tatsachen jede ihre besonderen Ur-
sachen, denen hier nicht näher nachgegangen werden kauu. Ahf-t
gemeinsam ist ihnen, daß sicli bei zwei und mehr Reizen oder
Toistellnngen ein »resultierender« Eindruck ausbildet, der in ge-
wissen gesetzmäßigen Beziehungen au den »Komponentenc steht
sid im aUgemnnen die Signatar eines »Mittels« tilgt
In dem Bereadie des Tutsinns sind solehe Iliftnomene vielleicht
weniger hfofig beobachtet worden, als in ander«i Sinnesgebieten,
fii ist daher interessant, die Exirtens des hier erwShnten aUg»'
meinen Grundsatzes auch in dieser Sphäre aufzuzeigen. Noch in-
teressanter, nach meiner Meinung, sind die möglichen Erklärungen,
die mau für das hier behandelte Phänomen bieten kann, üowie
der neue Standpunkt, welcher hierbei für das ganze Gebiet der
Täuschungen, besonders der optischen, gewonnen wird. Die neue
£Tidflns, die ans diesen Experimenten Dir die Abhängigkeit des
Mrtes vom Nervensystem hervoig^gangen ist, selbst bis an dem
finde, wenigstens eine Ahnung von dem Fsiallelismns zwischen der
8ehiffe od» Empfindfiehkeit anf der einen nnd dem Leistnngs-
vermögen anf der andern Seite sn vemdttefai} wird, wie ieh denke,
nicht als unwichtig betrachtet werden.
IkUt far Psjchologi«^ L g
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EäjwQod J. Petrae,
Erster Abscliiutt. Versache Iber 4eii Eiiülaß von Nel
I. Kapitel. Lokalisationsbewegungen.
Die emle Phase dee PreblenM, webbei hier behandelt i«
ist entwiekett worden an der UniTenitttt von Chieago, nntei
Yen Prot J. B. Angell, anf deeaen Anregung ich es i
nnd dem ieh fttr Tiele wertvolle Bataehläge im Verlaoi
arbeiten Dank aclnilde ond hier ansspreehe. Die Rerall
im I^borati^rium der Universität Chicago iiu8j2:efllhrten ß
iü der i's^cliological Review 1902 Ö. 329 — 35ü mittir (
»Normal Motor Sngf^cstibility» veröffentlicht worden. In
die ans hier zunächst bcschäitigeudeu Experimeute in
wissen Um&ng an die frtlheren anknüpfen, wird es Z9
sdn, an dieser Stelle eine knne Ühessieht der dort erre
snHate m geben.
Das sn lösende Problem war folgendes: Welehen
anf die normale rftnmliehe Anffassnng eines gc
Reizes hat ein zweiter Reiz gleichen Charakters.
Nebenreiz, wenn die beiden Reize gleichzeitig oci
einander gegeben werden?
in der ersten l^ itic der Experimente wurden zwe
einer 'gewisseu Entfernang voneinander auf der Yola
Yordeianns durch ein spitzes Instmment hervorgebracht,
yersnohspenon mit einem in ihrer freien Band befindlic
grifU einen bestimmton der beiden Beize genanlokaUsiei
Der normale Lokalisationsfehler wnrde zuerst festgestellt
Lokalifilerong eines einikefaen Beizes, nnd dieser Fehler ^
glichen mit demjenigen, welcher entstand, wenn der näm
nnter gleichzeitiger Einwirkung eines Kebenreizes lokalisi'
Die Zunahme der Fehler im zweiten Fall gegenüber c
malen« ersten i^'ali wurde dem isauilaß des zweiten Rei
schrieben.
In der zweiten Reihe der Experimente waren die Ii
stisehe. Die Vp wurde in den Mittelpunkt eines halbrund«
gesetzt; um den ftnfieren Band des TiBches wurde em
TnohTorhang gezogen, um die Bewegungen des Ezperi
Tor der Vp zu verbergen; der tofiere Rand des Tiscfa
durch Kreidestriche in Grade eines Kreises geteilt, ü
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über den Elnflaß von Nebenreixen anf die Bnnmwahnehnmng. 85
fiidieii in der Richtnng zur Vp geftihrt und so numeriert worden,
da« die Giadiablen leieitt von der Vp gelesen werden konnten.
Die Bdse wwen «oliarfe, deolUehe, mit einem MetaUinstnunento
lurvoigebrachte GerttiuMdie an Teiseliiedenen Punkten dieses ein-
geteilten Halbkreises; die Augen der Vp waren anf die l^ull ge- '
richtet, die unmittelbar ihr gegenüber lag. Wenn das Geräasch (dug
rechts von der Vp gegeben wurde) erfolgte, richtete sie ihre Angen
anf den Radius, der dem Ort des Geränsches am nächsten zu liegen
schien, und rief die Zahl, welche den Radios bezeichnete. Der
dabei begangene Fehler worde in Graden notiert| und der Normal-
fehler aof diese Weise bestimmt Dann wurden zwei Beize ge-
geben: die yp mufite nun den einen (Hauptreiz) an ifarer reehten
Sate lokalisieren y den Nebemreiz an ihrer linken. Der Febler
inirde wieder veraeiebnet und die Zunahme desselben dem £in-
fliuse des Nebenreizes zogeschrieben.
In der dritten Versuchsreihe worden optische Reize verwandt
und eine der \orlicrgehenden sehr ähnliche Versuchsanordnung
benutzt. Die Augen der Vp waren wieder fest auf die Noll in
der Mitte des Tisches gerichtet. Ein ätUck Papier — weiß mit
schwarzem Rande — wurde für einen Augenblick auf der reehten
Seite des Gesichtsfeldes gezeigt Die Vp wandte ihre Angen nach
der beseiehnelen Riehtong und nannte die Linie, Uber der das
Zdeben mshien. Der Fehler wurde wieder notiert. Unter glei-
chen Umstfnden wurden dann zwei solcher Zeiehen nacheinander
gezeigt und die Vp mnBte das eine derselben rechts, das andere
links lokaliöieren. Die Zunahme des Fehlers wurde wieder dem.
fcinÜuöse des Nebenreizes zugeschrieben.
Jede dieser drei hier beschriebenen Versuchsreihen umfaßte
mehrere tausend Beobachtungen. Die erhaltenen Reenltate sind
iBBammengefaßt folgende:
1. Bei Lokalisierung eines einfachen Beises, ob Tast-, Gesichts-
oder GehOrsreiz, wird ein Fehler in der Richtnng des Punktes
begangen, anf welchen die Aufmerksamkeit gelenkt war, als der
Beiz eintrat IMeser Fehler wftehst ndt der Entfernnng des Reizes
▼on dem Gegenstande der Anfinerksamkeit. Bei der Lokalisfennig
des Tastreizi :uü dem Vorderann ist der Gegenstand der Auf-
merksamkeit in der Regel die Hand*).
i: Vgl Henri, Baomwahmehmuiig d. Tutsüma, S. 101.
3»
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36
Hftywood J. Pttrce,
2. Wenn ein ^ebeureiz einwirkt, so steigt sich zuerst (
gong, der damit gesetzten »Snggofitioii« zu widerstehen, al
widentrebende Tendenz yeniqgert sieh, wenn des £r
wiederholt wird, nnd ecUiefilieb wird der poeitive Ein
Kebemeizee yoUkommen dahin anidittekhar» dafi der ]
sationsfehler in der Riehtang des Kehenreiies
Wenn der Nebenreiz in der Richtung des Gegenstandes i
iiierküamkeit liegt, so steigert sich die absolate Größe dei
sationsfehlers ; wenn der zu lokahbiereude Reiz zwisclj
Gegenstande der Aufmerksamkeit und dem Nebenreiz liegt,
die absolute Grüße des Lokalisationsfehlers sich verringe
die Richtung desselben kann ganz yerttndert werden.
3. Der Widerstand ist am stiirkaten, wenn der Nebe
der dem Gegenstände der Anfinerksamkeit entgegenge
Riehtnng gegeben ist, aber sehliefilieh ist der Ne]
in dieser Biehtung wirknngsToller als im nmgek
Falle.
4. Variationen der Intensität und Eutferuui
Ncbenreizes haben korrespondierende Variationen in (
vorgebrachten Wirkung, die nicht näher bezeichnet zu
brauchen, zur Folge. Die erste Wirknng indessen irgendei
lindemng der Methode zeigt widerspieehende Resnltate^).
Ii. Kapitel. Ortsyergleichnng.
§ 1. Die Wirkong eines Vebenrelaee.
In allen Ex])erimcntcii, deren Resultate hier kurz zuf
gefaßt wurden, spielte eine lokalisierende Bewegung eine Rc
die Anrefrnnp: von Prof. Klllpe unternahm ich daher ei
Reihe von Experimenten, die unter seiner Leitung ausgefül
nm diesen motorischen Faktor zn eliminieren und von
reine Vefgleiehsanssagen zu alangen. Die befolgte Meth*
folgende: Anf der Vohuseite des Vorderarmes, etwa 11 <
dem Handgelenk nnd in der LSngsiichtiuig des Annes
11 Pnnkte, mit einem Zwiscfaenranme von 0,6 em anf d
ntaikiert und mit einer schwaohen Lösung yon Silbemitrai
wobei Fuiikt 1 nächst dem Ellbogen, Punkt 11 nächst den
Ij Vgl. Psycholog. Sev. IX S. 354.
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über den Einflnß von Nebenioiseii snf die Banmwaliniehinimg. 37
gelenk lag und bezeichnet wurde Eine lieihe von Experimenten
wurde niin ausgeführt, wobei der Arm auf einer Filznnterlage ruhte,
un das normale Verhalten wie folgt sn bestiminen. Punkt 1 wird
mü einem spifieo, httisernen Instmmente gereist imd etwa 1' dar-
aof wild Punkt 3, 1 em daranter, in gleieher Weiae gereizt Die
Yp moB angeben, ob der sweite Beis Uber oder nnter dem ersten
oder an der gleieben Stelle wie dieser einsnwitken sebeint, wel-
ches Urteil sofort iu ciue llir dicken Zweck eingerichtete Tabelle
eingetragen wird. Die Punkte 5, 9, 7 und 8 werden in gleicher
Weise gereizt, gefolgt von dtii eiits})re('lienden Punkten 7, 11, 9
iiod 10. Dann werden gereizt Punkt 6, 10, 4 und 11, jeder ge-
folgt von einem 1 cm höher liegenden Reiz, nämlioh den ent-
sfireebenden Ponkten 4, 8, 3, 2 und 9. Naehdem das normale Ver-
halten auf diese Welse bestimmt war, worden dieselben Punkte
in derselben Ordnung wieder gerelzti jedoob mit HInziifllgiiQg eines
Nebenreizes, der 8,5 em tiefbr (d. b. dem Handgelenk idther) and
gleichzeitig mit dem zweiten der beiden zu vergleichenden Reize
einwirkte. Die Vp mußte jetzt urteilen, ob dieser zweite Kelz,
den von dem Nebenreiz zu unterscheiden sie natürlich imstande
sein muBte und konnte, höher, tiefer oder an der Steile dos
ersten Reizes einzuwirken schien. Die Entfernung zwischen den
beiden zu vergleichenden Punkten yerttndert sich, wie aus den
tibeliarisehen Resultaten zu erseben ist, von 0,6 bis su 3,0 em.
Die Entfernung zwisohen dem zweiten und Nebenreiz bleibt kon-
Stent 8,6 em, weldie Entfemung, wie sieb bei den Mberen Yei^
sndiett zeigte, fax den Erfolg des Experiments die günstigste ist
Die Ordnung, in der die Reize einander folgten, sowie die Rich-
tnng aufwärts und abwärts, wurden in Intervallen, ohne daß die
Vp esi bemerkte, vomudert, damit keine Beeinflusbung durch das
Wissen stattfinden konnte. Die Intervalle zwischen dem ersten
und zweiten Reiz (eine Sekunde) und zwischen zwei aufeinander-
folgenden Experimenten (6 Sek.) wurden in der Regel durch
ein Metronom bestimmt, das Sekunden schlug und bei jedem
seebsten Scblage eine Gloeke erklingen lieft. Die benutzten Yp
1] Bei dieiea iäq|»effimoaten wnide nicht berttcktiohtigt, ob die Punkte
»Dnekinuikte« waren oder ideh^ da ieh diesen ümBtand naoh den bi^Migen
b&hningen für meinen Zweck nicht für wesentlich hielt Ob bei Wahl von
tMiekpunkten die Experimente andere Besnltate ergoboi wUrden, wl&re Fnge
«iner speaiellen Untersuchung.
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38
HAywood J. FeATce,
waren Prof. KUlpe (Ke), Prof. KirBcliniaiin (Ki) and Dr
(M;, doueil icli für unermüdliche Geduld, LiebcuswUrdigl
Rat zu Dank verpflichtet bin. Der Zweck des Experime
den beiden let/ip-enaniititi Vp durchaus unbekannt, ansge
inaofem, als er ümeu durch die Methode offenbar ward
Apparat, welcher gebraacht wurde, am die Keize zu gel
Btaad ans swei Ziikelii, so YerbandeD« dafi der eine um den
gedreht weiden konnte. Anf diese Welse konnten die vier
der ZiMi in Teiaehiedenen Entfemnngen geradlinig oder :
eines Tiereekes ansgehreitet weiden. Für diesen Apparat
dem Herrn Prof. Ktllpe zn Dank yerpflichtet.
Um die befolgte Methode vollkommen klar zu mache
ich die Ton einer Yp (Ke) erlangten Resultate im Detail
indem ich mich begnüge, die mit den anderen beiden V]
tenen Resaltato nur in einer ZuaammenfaaBong der ii^rozei
sa bringen.
In den folgenden TabeUen I— V bedenten n, o und gl die Urtei!
(d.h. üAcb dem Handgelenk xu, distal}, oben (d.h. nach dem Ellb
proximar und «rleich d. h. an derselben Stelle wie der erste Reiz) in B
auf die Lage des ersten Reizes. Als wurde ein Urteil gezählt,
»fjleich oder unten*. >oben oder g:1pi< h< un(i iihnlich lautete. Dar
näiuücb snwfdd der einen wie der anderen Kategorie 1/2 zugeteilt,
zent« sinil uiit RilckBicht anf die Gesamtzahl der VerBuche berechne
sind die gl-Fälle zur Hälfte den u- und zur iiuiite den n-Faiicu
worden.
Eine Untersuchung und Veigleichung der folgenden 1
zeigt:
1. Die Vp kann nieht mit Sicherheit den Ort eines
Reizes Yon dem dnes vorhergehenden nnteiseheiden» w€
Entfernung swiaohen beiden nieht gri^fier ist als 0^ em, ai
Unterseheidnng ist mOglieh, wenn die Entfernung 1,0 c
größer ist
2. Der Ort des zweiten Reizes ist un aUgemeinen leic
erkennen, wenn er oben ist (d. h. in der Richtung deö Ell
als im umgekehrten Falle.
3. Wenn der zweite Reiz unten iat, so wird er leich
unten erkannt, wenn der Nebenreiz nnten einwirkt, als ;
normalen Falle. Derselbe £influß ist besonders merklieh
richtige UrteUe), wenn der zweite Beiz nnd der. Nebenreiz
zeitig oben sind.
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44
Haywood J. Pearae,
4. Wenn der zweite Reiz oben und der Nebenreiz unten ist.
ist die Vp angeofloheinlieh in ilirem Urteil darch den Kebeiu:ei£
beeinflnßt, bo lange die Entfernung zwiscben den beiden zu Yet-
gleiebenden Beiien nicht mehr betrilgt alg 2,0 cm.
In den Chioagoer Experimenten, wo die Vp den Punkt dnieh
Bertthmng zn lokalisieren enehtO) variierte der dnrehscbiittlielie Ein-
fluß nach uiiten bei vcrbcliitideiicu Vp zwischen 0,38 und 1,93 cm.
Damach müßte man erwarten, daß ein Einfloß nach unten auf-
hören mtißte, ciiH 11 koiitruilierenden Einfluß auf das Urteil zu
haben, wenn die zu beurteilenden Kelze mehr Abstand von ein-
ander haben als 1,93 cm. Eine solche Erwartung wird bestätigt
durch d«a zn Anfang dieacB Panktee (4) erwähnte Faktum. Der
Einflufi de» sweiten Beiies fthrt awdfellos fort zu wirken, nber
die Bedingungen dee Experiments Inaaen deflsen Kundgehnng im
Urteil nicht mehr m.
5. Wejiu der zweite Reiz unten und der Nebenreiz oben ist
BO beherrscht dieser das Urteil durchaus, indem sich i^eLu Einfluß
zwar in dem Maße verringert, als die Entfernung zwischen den
zn vergleichenden Beizen zunimmt, jedoch noch bis zu der Ent-
femnng von 3,0 cm vorhenachend bleibt
Dies stimmt insofern mit den Resultaten von Chicago llberein,
als diese ein Uberwiegen des Einflusses zu Gunsten der »Sugges-
tion oben« zeigen, verglichen mit der »Suggestion unten«. Der
Einfluß des Nebenreizes oben in Chicago indessen war nur 0,8 bis
2,02 cm. Das Würzburger licsultat ist in diesem besondem Falle
(3,0 cm and mehr) einigermafien ttbemuchend. —
In der folgenden Tabelle VI bringe ich eine Obersieht (aller
naeh der beschriebenen Methode erreiehten Besnltate von den drei
genannten Vp. Die Zeichen entsprechen denen in den Tabellen
I — V. In Tubellc VI sind nur die Prozente mitgeteilt, welche für
den Vergleich der Ergebnisse allein in Betracht kommen.
Mit einigen geringen Ausnahmen stimmen die Resultate fUr die
drei Vp ttberein mit denen der Tabellen I— V. Das Faktum, daB
Vp M imstande ist, mehrfach besser ohne ak mit Nebenrmz zn
urteilen, selbst wenn dessen Ort mit der wahren Bichtung ttber-
einstunmt, deutet an, daB der Nebenreiz ftr ihn ein störendes
Element war, das subjektive Eindrücke und Mutmußuugeu etc.
hervorrief, was er auch ausdrücklich angab. Andere leichte Wider-
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über den Einfluß von Nebenieixen taf die Baiimwihniehmiuig. 45
oben
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46
Htywood J. P6«ne,
Sprüche und Unregelmäßigkeiten iii deu Kesultutcu dieser Vp
können zweifellos derselben Ursache zugeschrieben werden.
Die Variation in der Wirkung des Nebenreizen von Zeit zu
Zeit und hauptsächlich von Reihe zu ßeihe ist eine Sache von
bedeutendem Intereese und tob Wichtigkeit Dies kann sehr
leicht an einer Reihe von Kurven (Flg. 1) gezdgt werden.
Die Abfieiflfle ist geteilt in sehn gleiche Teile, die die zehn
Expeiimentaireihen (Yp Ke.) danteilen, ans denen nnseie Besnltate
hervorgegangen sind. Die Ordmaten andereneitB repräsentieren die
Prozente der FeUer in den gegebenen Urteilen. Die nebenstehenden
Kurven geben also eine graphische Verf^leichung der Fehler im
Urteil unter normalen Umständen (punktierte Kurve; und der Fehler
bei EinfHbrunjr des Nebenreizes in das Experiment (ausgezo^^eiie
Kurve). Die Kurve zeigt somit den Fortschritt and die Entwick-
lung von Reihe zu Reihe.
o/o
.1 t 1 1 - 1. 1 . i.. < I .1 .1 '«
Fig. 1.
In allen diesen durch vorstehende Kurven reprüsentierteii
Fällen war der Vergleiebsreiz in Wirklichkeit oben. Daher sind
die in Prozenten berechneten Fehler B&mtlich u-Fälle. Dabei ent>
sprechen die Kurven I— V den Tabellen I— V. Eine Analyse der
vorstehenden Kurven ergibt Folgendes:
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über cton Einflaß von Nebentaiieii wai die Barnnwihrnehmiiiig. 47
1. Die normale (punktierte; Kurve verringert sich im Wert,
sowie die Entfemang zwischen den zwei Reizen wäohfit — ein
natttrliches fiesnltati inBofem als die Unterscheidang zweier Heize
im ao lifilifirer ist, je weiter sie ToneiaaiideT eDtfemt sind.
2. Die nermale Klirre Terringert Mk im allgemeineii im Wert toh
Beihe 1 — 10, indem sie die vorteiHiafte Wirkung der Übung zeigt.
Dies ist besonders klar, wenn die Entfernung; zwischen zwei Heizen
Behr nahe der Unterflchiedj>srhwelle ist, wie bei 0,5 und 1,0 om.
Die leichteu Fehler, augedeutet durch die punktierten Kur\'eu
ül, IV und V in den letzten Reihen der Experimente, zeigen viel-
leicht jene mibewiifite UnaelitBamkeit an, welche wohl die beste
Vp befaDeo kann, wenn sie geEWimgen ist, eine laoge Zeit hin-
dueh dieselben Beobaebtongen anaostellen.
3. Der Wert der Nebenreizknrren wSebfit in dem Durchschnitt
der Reihen von 1 zu 10. Eine mögliche Ausnahme ist oö'eubar
in dem Fall der Kurve I (0,5 cm) und eine entschiedene Ausnahme
m dem Fall der Knrre V (3,0 cm) vorhauden.
4. Die Ziek-Zack-Eigenschaft aller dieser Kurven ist besonders
beacfatenswert, sowie aneb die Ttttsacbe, dafi diese Eigensobaft
mehr berrbitritty wenn die Entfernung zwischen den beiden flanpt-
reisen zommmti mit anderen Worten, im Verhältnis zn der rtlnm-
lieben Entferaung, welche dnrdi die EiaA des Kebenreises zu
öbcrwiuden ist.
5. In alleu Kurven war der zweite Heiz tlber dem ersten uud
der Nebenreiz unten. Ich zeige keine Kurven, welche den um-
gekehrten Fall illustrieren. Der Einfluß des Nebenreizes oben
ist so angenbiicldieh nnd best&ndigi daß die entsprechende Fehler-
karre znm größten Teil eine gerade Linie ist, mit dem Durch-
schnittswert Ton &st 100 %.
§ 2. Wirkung Ton swel nxid drei ITebenreisen.
Es ist vorher gezeigt worden, dafi, wenn eine Vp die Orts-
besiefavng sweier snkzedierender Reize beurteilen soll, das Urteil
stirk beebiflaBt wird dnreb die Gegenwart eines Nebenreiies. Es
irt natttriieh anzimelimen, daß der Einflnß zweier Beize großer sein
wird, als der eines einzigen, nnd daß der Einfinß znnebmen unrd im
Verhältnis zu der Zahl der Reize. Als Beweis \\\r die Richtigkeit
dieser Hypothese wurde folgende Gruppe von Experimenten mit
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48
Ki. ain Vp gemacht. Die einzige Veränderung in der vorher be-
gchriebenen Methode ist die eben erwähnte Vanation in der Zahl
. der f?tr die BQggestion gebraachten Reize. Die Resultate sind in
den TabeUeu VU und Ym dugMteUt In den Tabelle VII mitge-
teitten Yeraidieii nnd die Nebemeixe immer unten , wihrend eb
korrektei Urteil Aber die BeUttioB swieehen den beiden Heapl-
relxen oben sein würde. In den auf Tnbelle YDI daigeetellien
Experimenten sind die Nebenreize immer oben, w&hrend ein kor-
rcktcH Urteil Uber die beiden Hauptreize in jedem Fall uuteu
Bein würde. Jede Tabelle zeigt die Resultate von 1, 2 und 3 Neben-
reizen. Die Entfernung zwischen diesen war sehr klein ^ungefähr
1,0 cm). DesBeniingeachtet worden sie, wenn gie auf dem Uaud-
gclenk gegeben wnrden, manchmal als getrennte Punkte erkannt
Solch eine Unteiaeb^iing indeam war im allgemeinen nidit tof-
kanden, indem das Waekatom der Zahl der Nebenreiae dem Be-
woBtaein Wehnehr als ein Zunehmen an Stüike dea nrqnllngliohea
einaigen BeizeB ersekien.
Im allgemeinen finden wir bei DnrchBicht der Torstekenden
Tabellen, daß die Hypothese, von der wir ausgingen, gerecht-
fertigt ist, wenn wir die Abnahme der Zalil korrekter Urteile als
den Maßstab ftlr den Einfluß der Nebenreize ansehen. Dies ist
indessen eine Bestätigong in negativem Sinne und von zweifei*
haftem Werte. Eine positive Bestätigung wäre vorhanden, wenn
die Zahl der Urteile in der Richtnng der Nebenreiae annehmen
wttrde, im YerkUtnia mit der Zahl deraelhen. Die Besnltate geben
indessen keine einfaeke BcmUtigiing in diesem Sinne. Wenn die
ersten yier Beiken der Experimente übergangen werden, so könnte
eine solche Bestfttigimg gefunden werden. Ick kabe es indessen
vorgezogen, in meiner ganzen Darstellung Uber diese Experimente
alle Reihen beizubehalten, indem ich sie in der Ordnung, in der
sie angestellt wurdeD, vorle^a', da ich frlaube, daß die entschiedene
Veränderung in dem Charakter der Urteile, welche innerhalb der
ersten fUnf Reihen gewöhnlich stattfindet» von spesiellem Intereaae
nnd von Wiehtigk^ ist
Das Zunahmen in der Zahl der gl-Urtelle mit der Zahl der
Nebenreize ist beieiehnend ftr die wachsende Schwierigkeit, ein
Urteil an bilden, die TOn den ablenkenden Ehiflttsaen abhängt.
Kann eine Vp oben nnd nnten nicht unterscheiden, wenn sie
eine Entscheidung treffen soll, so sagt sie eben meistcuä gleich,
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über dan Eiafliifi toh Nebeudieii auf die Baomwalmiehiiiiiiig. 49
Tabelle VIL (Yp Kl)
Nebenieize raten» richtiges Urteil oben.
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|33u/o^ 420/0 l2ö"/o.
55 I 4V2IBI 19' g
Tabelle VIII. (Vp Ki.)
Nebenreize oben, richtiges Urteil unten.
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Zahl
Urteil
Zahl
Urteil
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(1 Nebenreiz)
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(2 Nebenreizö)
der
(3 Nebenreize}
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and ^> \yiX ^hL". Waibätom der Gleichbeitsfäile eia Amdmck für
LLL Kapitel EntternangiächäUaDg.
Nadiiiwi gexeigt wofden iit, daB der •djcmbtre Ort anes
B6ini Tolklliid^ mkoit ward» kam iiiMg» der Eiafiduing
eiaei Nebeaniict, li^ ei Bokfl^ dflD EiniaS dn« Nebemeto
leMriMH» BMiDTeriiitlms Ton iwd irimiltMwn Haoptreiseii m lie-
wenn die abeolnte EDtfenmng und der relatiTe Ort ftbr beide
küostaat blieb. Die beiden, die zu L>cürt<;ikiiiie Entferamig bc-
irrenzcnden Paukte waren bei diesen neuen Versuchen konstant
8 cm FOD einander enttemt und aul der oberen Hälfte der Volar-
oberfi&che dea Vorderarmen augebracht Es wurde ron der Vp
Terlftogt, die beiden ehuiiidar folgeoden Dopi»elreize, die statt der
ffOnaok eiB&ehea gegeben wurden, zu veigleiehen und m be-
ftbnmen, ob die Entfenmog xwisehen den iwei Punkten die gleiche
bleibt, grOBer oder kleiner iit im zweiten IUI, als im enteit
Naebdem das normale Urteil anf dieie Weiee diroh eine Aniabl
Ton Prttfangen festfrestellt worden war, wurde dasselbe Verfehren
wiederholt mit dem Unterschied, daß ein dritter Reiz bei der
zweiten Entfernung eingeführt wurde. Die Entfemnng dieses Neben-
reizes von den beiden Ilauptreizen variierte von 9,0 zu 1,0 cm
(9. 7. 5. 8. 2. 1) bezw. von 1,0 zu 9,0 cm und \sur immer unter
(d. h. in der Bichtong anm Handgelenk) den beiden Haupt-
reisen. Die Vp wnrde nnr im allgemeinen mit dem Zweek and
Pinn dea Expaimentee bekannt gemadit £b wurde ihr kebie
Infocmatian gegeben, betreffend die Methode, die Zahl nnd Ans-
dehnnng der Variationen. Besondere blieb sie nnwieeend darllberi
daß die Entfernung der beiden zu beurteilenden Punkte konstant
blieb. Als nuui bic Iragtc, ob die Entfernung in dem zweiten Fall
dieselbe bliebe, größer oder jrcringer würde, als in dem ersten,
nahm sie an, daß solcrlie Vuriationcn In Wirkliclikeit vorgeoommen
wurden. Daß die Vp solch eine Voraussctzong hatte, zeig;t auch
daa Faktum, daft alle drtM Urteile ^cbon in den Normalvennohen
abgegeben wurden* £b folgt eine Tabelle, welche eine Zneammen-
faisnng aller Beenltate einer Vp (Ke.) gibt Die Tabelle nm&Bt
eeohs getrennte Gmppen von Experimenten, in deren jeder die
Entfemnng des Nebenreiies yersohiedenl iet Die Urteile besieben
sieh stets auf die zweite Entfemang.
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Ober das Einfloß ▼ob Nebearaisoii auf die BananwahinehiBiuig. 51
Tabelle IX. (Vp Ke.)
Entfer-
nniiK des
Neben-
reizes
Reihe
der
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Normales Verhalten
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I
52
Hftywood J. P»aK«^
In der ganzen Anzahl von Nürmalverenchen wurden nur 2 Urteile
als zweifelliaft bezeichnet, bei den Nebeurcizversachen 5. Die
Zunahme der Urteile gr und die gleichzeitige Abnahme der Ur-
teile gl und kl, wenn die Entfernung des Nebenreizes Ton den
konstaaten Beisen ueb vergrößert, wird gat tUostriert durch eine
Gruppe von Kunren (Fig. 2].
Auf der Abfleiflie bezelohneii die Zahlen 1, 2, 3 usw. die cm der
Entfemnug dee Nebenreixes. Die Zahlen auf der Ordinate 10, 20, 30
usw. aeigen die Frosente und die Kiure Ä das Waehstam der Zahl der
Urteile > größer« unter dem Einfluß der zunehmenden Eutfernmi^j:
des Nebenreizes. In gleicher Weise zeigt die Kurve B da» Verhalten
der Urteile gleich und die Kurve C das der Urteile kleiner.
normaler Weise »kleiner« war. gibt dem Urteil »größer« in
den Nchenreizversucben natttrlich ein besonderes Gewicht.
£ine Reihe von Experimenten mit Yp M., in der Methode der
eben beschriebenen tthnlieh» gibt die folgenden Besnltate:
Beattglieh der Tabelle X ist sn bemerken» daß, auch wenn
der Nebenrehs tob den Hanptreisen nur 1,0 cm entfernt war, die
Urteile gr immer noch 83 Vo betrugen. Jedenfalls ist der ünter-
sciiied der Urteile der Vp M. und Ke. begründet durch die ver-
sehtedene btärke des Drucken bei der Applikatum der Reize. Im
Falk' M. war es durchwej^ nötip:, einen sehr starken Druck an-
zuwenden, um ein Urteil zu erlangen, welches die Vp befriedigte.
Bei Ke. war dagegen der Dmck verhältnismäßig gering. Da
nun der Einfloß des Nebenreizes direkt von der Stärke des ans-
gettbten Dmekes abhängt» wie meme froheren Experimente geseigt
haben, so mußte dn Beis Ton 1,0 cm Entfernung ehien größeren
Einfluß auf das Urteil der Vp M. haben, als auf das der Vp Ee.
In Verbindung damit muB nach
der Tabelle IX bemerkt werden,
daß in den sogenannten Normal-
Tersuehen die Entfernung zwischen
den Hauptreizen im zweiten Falle
durchaehnittlieh m OO*/« »klei-
ner«, in 10% »größer« und in
30®/y »gleich« beurteilt wurde
(gleich bedeutet natürlich das
korrekte Urteil). Das Faktum,
daß solch eine große Prozentzahl
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über den EmflnO von Nebeareizon auf die Eaamwabmehmang. 53
Tabelle X. (Vp M.)
fiitfer-
iren? des
Neben-
Reihe
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der
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Normales Verhalten
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der
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1
83^/0 1 130/0 1
40/0
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54
Baywood J. Petree,
Infolge der nogewölniUchflii QrOBe Eiii<liiniw> aber war eine
merkliche Steigerang deeeelbeo wohl nkhl mehr mOglieh, and so
«eigen die Prozentzahlen keine eigentliche Znnahme mit der waeh-
ijeuden Entfernung, wie bei Ke.
Eine andere Keibenfolge von Experimruteu den vorheigehenden
einigermaßen ähnlich, wurde wie folgt au^s^e führt: Zwei Punkte,
8,5 cm Ton einander entfernt, worden auf dem Vorderarm gereizt.
Wie in den eben beechriebenon EjcperlmeDten, folgte auf diesen
Doppelreil ein sweiter mit der Hinsnfllgang eines dritten Sfi cm
naeh aaten. Sodann wnide bei Veningening der Diataaa naeh
einer Aaaabl Ten VemielMn (gewOhnfieh 5 bis 6) die Ueineie Enl-
fenmng xa beatimmeü gesacht, welche unter dem Einflnfi des Keben-
wie die der beiden ersten Hanptreiie.
Die letztere blieb konstaut, nämlich 8,5 cm. Bei dem zweiten
Doppelreiz wurde die Entfernung variiert von 8,5 zu 4,5 cm, die
Variationen (jede Variation zu 1,0 cra) wurden in beiden RichtlUgeni
nämlich von 8,5 zu 4,5 und von 4,5 zu 8,5 aasgefhhrt.
Die Versaehe der Vp Ke. sind in Tabelle XI snsammengeiafit
Tabelle XL (Vp Ke.)
y«ig]eieliniig iweler DistMisea: die erste konstut uid die sweite varlsbeL
Eiste
Distass
Zwsite
Distanz
Zahl
der
Versaehe
Urteil:
der zweite Kf
'iz ist
Urtoil in
Prozeuten ausgedrückt)
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4Vt
17
68
16
Entspieeheaile Experimente mit Vp M. wann nicht dnxefaans
befriedigend and worden wegen der aoBerordenlilichen Schwierig-
keit, die die Vp bei der Vergleichnng der beiden Entfemnngen
fand, unterbrochen. Die Resultate von Tab. XI bestätigen im all-
gemeinen die iriiheren. Wenn man Uber die Unregelmäßigkeit bei
7,5 cm hinwegsieht, so erhält man etwa 5,5 cm als Äcjuivaleut für dio
Distanz von 8,5 unter dem Einiiuß des Nebenreizes, d. h. die zweite
Distanz erfahrt einen vergriißemden Einfluü von ongefahr bö^'^.
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1W den BiaAiß Ton HdlMiiieiM& anf die Btoniwalmelimiiiig. 55
IV. Kapitel Streekenyergleiohang.
§ 1. VonmmohB.
Die bisher mitgeteilten liesultate veranlaßten Prof. Külpe anzü-
Qebmen, daß man eine Tänschnng bei Bearteilimg von Haatotceeken
demonBtdflreii kdmie, ähnlich der von Mttller-Ljer angegebenem
Minnteii optisehen Tttniehimg. leh mitenuüun infolgedeeieii die
Hentdluig einee Hbddk» des den toa der NeAmr des Problems ge-
forderten Bedingungen enispredien konnte. Die Haaptaehwierig*
keilen, welehe ttberwnnden werden muBten, waren 1. das Fsktnm,
(laß die Untersohiedsschwelle der takti]en Streckenwahrnelmfiiing
sehr groß ist, nnd 2. die Unebenheit der Oberfläche des Armes,
die gereizt vvcrdeu sollte. [)ict^e beiden Schwierigkeiten machten
die Benutzung einer genau nach Müller-Lyer's Muster konstruierten
Figur unmöglich. Daher beschloß ich, statt den »Schenkel« aus Linien
n konstmieien, an deren Stelle eine Anzahl von punktuellen Reizen
n wtaeiL Der Apparat beeteht nmJ&chBt ans einem Hessingbleeh
{A Figar 3), 12,0 em lang, 2,0 em breit nnd 0,1 em di<^ welches die
Fig. 8.
Handhabe bildet, mittels deren der Apparat gehalten wird. An der-
selben .sind zwei genau passende Hülsen (/?, B) angebracht, welche
hin und her geschoben werden können. An jeder Hülse sind zwei
drehbare Schenkel befestigt, mittels deren man jeden gewünschten
Winkel einstellen kann. Jeder Schenkel hat Offnungen ftlr 6 Messing-
upfen, wdehe in einer koniseh abgedrehten Spitee anslaafen nnd
80 an dem Sehenkel angebraeht sind, daß sie sich leieht anf nnd
sb bewegen lassen. Dieselben rohen anf der Haut mit dnem
Dnieke, der ihrem Gewidite (5,5 g) entsprieht Von jeder der beiden
Httsen laufen zwei Federn (C, C) aus, welche ein zweites Meesin^
Wech von 2,0 cm Breite und 0,1 cm Dicke festhalten. Dieses
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50
lia^-wood J. Pearce,
letetere bildet den linearaD Reis, dessen LSage geändert werden
kann, je nachdem die Bedingungen des Experimentes ee yeriangen
Der richtige Gelmmeli des soeben beschriebenen Ihttromentes^
bei dem der Druck fi^leiehmäßig auf der zu reizenden Oberfliichü
zu verteilen iwt nnd die zwei zu vergleichenden Reize in ihrer In-
tensität i?o gleichartig wie miiglich hergestellt werden mü88eü, er-
fordert von Seiten des Experimentators viel Übung und Geschick-
lichkeit. Irgend welche Unregelmäfiigkeiten in den Resultaten sind
zweifellos dem Mangel an der erforderlichen Geschicklichkeit und
Obnng Ton setten des Experimentators znsnschreibea. Von selteii
der Yp war ein sehr ermüdender Grad von Konxentration erforder-
Ucfa| um die nötigen Vergleiohe nnd Uitoüe an bilden. Dafi trotz
aller Hindernisse In dem Gange der Experimente die Ergebnisse
Bo verliältnismilßig glcichfömii^ «ind, bestärkt uns in dem Glauben,
daß mau berechtigt ist, die Hypothese, von welcher die Experi-
mente geleitet wurden, fils vollauf begründet zu betrachten.
Wir vergleichen zuerst die beiden Typen der Figur, nämlich
nnd den, in welchem der Schenkel nach innen gedreht ist (T).
Die letztgenannte FSgnr blieb konstant m der Länge von 14,0 cm
nnd war somit der Nonnakeiz [N), Anfier Ee. diente mir bei diesen
Experimenten als Vp Herr Watt, dem ich an dieser Stelle meinen
Dank aoszosprechen wttnsche.
Bei N und der variableu Figur ( V} haben die Sehenkel in Tab.
Xn und XIV nur je einen Reiz, dessen Entfernung von 3—7 cm
variierte, in Tab. XIII je 2 Reize mit den Entfernungen 5 nnd 7 cm
von den Endpunkten der Linie. Die Länge der Linie von T vari-
ierte von 4—12 cm. Die Zeitfolge von N und V wurde zur Aua-
gleichung des Zeitfehlers gewechselt. Das Urteil erfolgte stets Uber
den zweiten Beiz, mochte dieser ^oder V sein. In den Tabellen
fimd jedoch die Urteile slmtlich anf die konstante Linie bezogen,
so daB gr, kl so Tiel heüSt als: die konstante Linie erschien griSfier,
kleiner als die Yariable. Das Verfahren war ein der Methode der
Blinimaländerungen ähnliches, aber möglichst unwissentlich. Die
Vp wußte nicht, ob N oder V den zweiten Keiz bildete, ebenso-
1) Bar Appant wurde in doppeltar Anafttliniiig (ein Ezemplir für ein-
wUrts gokehrle Sehmkel) und mit einem Satz von 16 verschieden langen
BeisflMohea von Henn Mechaniker Schott in Wlinbaig mgeüBrÜgt
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über den Einfluß von Nebenretzen auf die Raumwahmebmnng. 57
Tabelle XII. fVp Ke.)
iV= 14 cm. Ein Reiz in jedem Schenkel, 7 cm vom Endpunkt der Linien
entfernt.
Länge von
V = 4,0 cm
•
6,0 cm
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Tabelle XIII. (Vp Ke.j
A* = 14,0 cm. 2 Reize in jedem Schenkel, 5 bez. 7 cm vom Endpunkt der
Linien entfernt
Lange von 1
r=4,0cm
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22 1
V2I2O
IV2
Tabelle XIV. (Vp Ke.)
A'=14cm. Ein Punkt in jedem Schenkel, 3 cm vom Endpunkt der Linien
entfernt.
Liage von
r. 4,0 cm
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7
I
i i^co Ly Google
68
wenig, ob ein größerer oder kleinerer Heiz die Reihe eröffiien
wttrde.
In Tab. XII finden wir, d&ü keine Tänschnng in den Urteilen
hervortritt, bis die Länge von V 8,0 cm ist. Hier scheint X länger
als V lOmal unter 24 ürtoaen, kllner 8Vsmal and g^eioh 5Vimai
Brttohe in don Zahlen der ürtefle bedeuten Zweifel TOn selton der
Vp von der Form »gleioh oder kleiner« nnd ilmliche. Wenn die
Lange Ten V auf 10,0 cm yergrOBert iBi, ersebeint N länger nur
noch 4 mal in 24 Versnchen, nnd wenn die Länge von F 12,0 cm
ist, erscheint N nur Imal länger in 24 Versnchen.
Tabelle XIII zeiert das Resultat einer ähnlichen Reihe von Ver-
suchen mit 2 Reizen in jedem Schenkel, von denen einer 5, der andere
7 em vom Endpunkt der verglichenen Linien entfernt war. In die-
sem Falle ist jedoch keine Verstärkung der Täuschung zu bemerken.
Bei 8 em wird N als »langer« bearteUt 16mal in 22 Vei^
Sueben, und wenn n2,0 cm ling ist, wird N ab langer in.
24 Yersneben beurteilt
Tabelle XIV ist bestimmt, die Variation des nuscbungsbetriges
zu «eigen, die bei Verkleinerung der SchenkeUänge auftritt. Bei
einer Größe derselben von 3,0 cni erscheint bei F = 8 cm X länger
8mal in 8 Versuchen. Erst wenn 1' 10,0 cm lang wird, tritt eine
merkliche TriuBchuu^^ im Urteil hervor, und zwar ersebeint iV^liu^r
als V immer noch 3>/2mal in 8 Versuchen.
Tabelle XV stellt eine Gruppe von Experimenten dar mit der
Vp Ei.) deren Resultate sieh ahnlieh erweisen wie die der Vp
Ke., aber wegen ibrer relatiT geringen ZaU erst reebt nur als
Vorrersucbe su gelten haben.
Auf die Resultate selbst gebe leb hier niebt nlUter ein, weil ebie
Modifikation der Versuchsanordnnng zn einer genaueren Bestimmung
der obwaltenden Verhältnisse geführt hat- Eine solche Modifika-
tion war notwendig, weil das Urteil der Vp bei der bisher be-
folg:ten Methude nehr schwierig war und wiederholt die Unsicher-
heit der Aussagen betont wurde. Auch war nicht ausgeschlossen,
daß die Scbenkelreize nicht genügend von dem Hauptreiz unter-
schieden wurden. Darauf weist wenigstens die Tatsaobe bin, daß
in Tab. XTTT, wo der erste Sobenkelreiz 5 em vom Ende der iinie
entfernt war, trota der Verdoppelung des Nebenreiaes eher eine
Verringerung der Tänsehung eintrst Der Keignngswinkel swiseben
Sdie&kel und Linie betrug in allen Füllen 26**.
Digitized by Google
über den Einfloß von Nebenreizen auf die Eanmwahmehuiuag. 59
Tabelle Xy. (Vp Ki.) i^=14oiii.
1 ^ LI
Länge von F=
4.0 cm
6,0 cm
8.0 cu]
10,0 cm
12,0 cm
!
Uiteil
Urteil
Urteil
Urteil
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3 : 1
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, kol 7,0 em. Bin
' Tu'i/ in jedem
Schenkel.
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kel 6.0 cm. Ein
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kel7,0cm. Drei
1 Ri'ize in jedem
' ScliL'ukel.
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Länge deri:>chen-
kel 7.0 cm. Zwei
: Kei/.e in jedem
1 SclienkeL
J 2. Oenauere Bestimmungen.
Eine amgedehnteie und befriedigendere Bcihc von Versachen
winde unter Anwendung folgender Metihode dorehgeittbri Das
Feikngte Urteil war eine Yeigleiehnng der Linge einer einfachen
[schenkellasen) Linie ndt einer zweiten, welche von Nebenreizen
mit ffiUb des oben besobriebenen Apparates begleitet wurde.
Die lünge der letzteren wurde während einer Versuchsreihe kou-
fetant erhalten, und der betreffende Heiz hieß daher der konstante
oder N. Die einfache Linie wurde als viiriabler Reiz (F) zuerst
merlLlich kürzer als die konstante genommeu und dann so lange
▼eip'öBert, bis die Vp das Urteil »gleiche aassprach, welches sofort
protokolliert wurde. In derselben Weise wurde in nmgekehrter
JÜehtong nach der bekannten Methode der Hinimalündernngeni)
im lUle der Beizreigleidiiing (Uethode der Äqoiyalente) ver-
ftbren. Durch die Kombination der zwei auf diesem Wege er-
haltenen Werte zu einem arithmetischen Mittel wurde Air die kon-
stante, unter dem Einfluß von Nebeureizen stehende Strecke die
äquivalente einfache Strecke gewonnen. Daneben war durch Ände-
rung in der Kichtuug des Verfahrens und in der Zeitordnong des
1) VgL Kttlpe, Gnmdrifi d. Psychologie. S.69f.
Digitized by Google
I
60 Haywood J. Pewoe,
konstanten und des variabel n Reizes dafllr Sor^ getragen worden,
die bekannten konstanten Fehler nach Möglichkeit anszngleicben.
In den Tabellen sind nur die Mittelwerte aas allen diesen £inzel-
reihen aufgenommen.
Von den drei bei diesen Experimenten beteiligten Vp waren
zwei (Ke. nnd II.) in diesen Beobaehtnngen gettbti wfthrend die
dritte (W.) neu hinxngetreten war und keine Kenntnis Ton dem
Apparat nnd der ganzen Versnebsanordnang hatte. Docb zeigte
sie sich dnrcbans befähigt, eine genane Heschreibnng der räam-
liehen Xatur ihrer Hautem)itin(liiu^eii zu liefern. Als ieh sie am
Ende meiner Versuche fra^t, welche Wirknng sie den Nebenreizeu
auf ihr Urteil Uber die Strecken) an f^e zuschreibe, meinte sie, daß
der einzige Eintluß in einem Wachstum der mittleren Variation
bestehe, während sie eine VergröBerong der scheinbaren Länge
der beurteilten Linie nioht «^"*^bin
Alle Vp waren imstande, die Linie von den punktuellen
Nebenreizen der Sefaenkel zu unterseheiden, aber infolge der
damit Terbundenen Sehwierigkeiten war der Fehler in einigen
Fällen 80 groß, daß man an der Korrektheit der Unterscheidung
zweilclu konnte. Vp W. drückte ihre Unterscheidung folgender-
maßen aus: Ich kann einige Punkte au den Enden ftihlen und
»noch etwas« in der Mitte. Sie verglich demnach die einfache
Linie mit diesem »noch etwas . Eine andere Vp (Ke.) konnte
die Punkte, die dem Ellbogen näher lagen, leichter unterscheiden,
als die dem Handgelenk näher li^nden. Aueh eisohien dieser
Vp die Linie mehr in der Gestalt einer Fläcbe, welche in der
IGtto einen stärkeren Druek hervorbrachte, als an den Bändern.
Diese Beobachtung deutet darauf bin, daB ich anfangs einen zu star-
ken Dmok auf die die Linie auf der Haut erzeugende Kante des
Apparates auöubti-. Ich habe später, ohne eine merkliche Ände-
rung in den Resultaten zu erhalten, den Druck des Ajjparates ver-
ringert nnd dadurch das Urteil für diese Vp erleichtert. Bei W.
war der Druck ?on Anfang au ein mäßiger gewesen, etwa Ton
der Intensität, wie sie die natürliche Schwere des Apparates her-
vorbrachte. M. dagegen konnte kein ihn befriedigendes Urteil
fällen, ohne daß der Druck recht stark gewählt wurde.
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Ober d«i Einfloß tob NoboniidMii auf die Banmwahniehmiiiig. 61
Figor >- -< Tabelle XVI. Taattäußchung.
Länge
«kr
der
Zatii der
Reise im
der
Ka-
thete
Winkel
Vp Ke.
Vp
\V,
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schnitt
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Llbige
der
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Winkel
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Vp W.
Vp M.
Durch-
schnitt
Uue
Sebenkel
Schenkel
thete
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MF
mVjMF|mV
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2
8
2,3
1,9
4.5
3,6
4,5
a,5
25
45
26
45
25
45
1,9
1,8
2,2
1,6
2,1
1,1
0,7
0,3
0,3
0,3
0,3
0,2
1,4
0,9
1,6
1,1
1.6
1,2
0.2
0,3
0,3
0,5
0,3
0,2
1.0
0,5
1.6
0,6
1,7
0,6
0,0
0,3
0,3
0,2
0,3
0,4
1,4
1.1
1,8
l.l
1.8
1,0
0,5
0,3
0,3
0,3
0,3
0,3
r
1
A.M.»
.1,8
0,3 1 1,3 1 0,3
1,0 : 0,3
1,4
0,3
12,0
12.0
120
121)
12,0
12,0
2,9
2 9
5^0
5,0
6,0
6,0
1
1
1
1
2
2
2,3
1,9
4,5
3,5
4.5
3,5
25
45
25
45
25
45
1,8
1,6
2,5
2,0
2,3
1,8
0,4
0,5
0.2
0,3
0,4
0,1
1,9
1,2
1,5
1.3
0,9
0,8
0,7
0.2
0,0
0,2
0,1
0,2
1,3
0,6
1,6
0,5
1,4
0,7
0,4
0,3
0,4
0,2
0,8
0,2
1,7
1,1
1,9
1,3
1.5
1,1
0,5
0.3
0,2
0,2
0.4
0.2
1
A.M. =
2,0 i
0,3 1
1,3 1
0,2 1
1,0 i 0,4 1
1,4 1
0,3
Digitized by Google
62
Haywood J. i'earce,
Wie di6 TabeUen zeigen» waren die konstanten Rdze 6^0; 7,0;
8,0; 10,0; 12,0 om lang. Die Notwendigkeit, auf so lange Streeken
die Anfmerksamkeit einzustellen, kam m den sonstigen Sehwierig-
keiten der Vergleicliun^ hinzu und wurde besonders von Ke. al^
solche bezeichnet. In Tabelle XVI beziehen 8ich die Ergebnisse
auf einen konstanten Reiz mit auswärts gekehrten Scbeiikeln.
Der Betrag, am welchen die Linie infolge der Einwirkung der
Nebenreize gegentiber der konstanten einfachen Linie vergrößert
erseliien, ist in Oentimetem nnter der Colonine MF angeführt,
nnd swaf sowohl fttr jede der 3 Vp einzeln als aneh im Doieb-
sehnitt Air alle. Daneben ist die mitflere Variation (mV) anr
geftkri In Tabelle XVII begehen sieh die Beenltate anf einen
konstanten Reiz mit einwärts gekehrten Sehenkeln. Die liier
erhaltene Verringerung dur scheinbaren Länfre ist wie oben
nnter MF in Centimetem ausgedrückt. Unter * Länge der Linie«
ist die Länge der einwirkenden Kante des Apparates, unter > Länge
der Schenkel« die Entfernung des einzigen bezw. äußersten Schenkel-
leiies vom Endpunkt der Linie, unter »Länge der Kathete« die Ver-
Iftngerong der Linie, die bei Konstroktion eines reehtwinkligen Drei-
ecks mit dem Sehenkel als Hypotennse erhalten wird. Die beiden
Katheten sind nimlieh die halbe Entfernung awisehen den Schenkel-
reiien nnd die Verbindnngslinie swisehen der Mitte dieser Entfemnng
nnd dem Endpunkt der den linearen Reiz re^yrSseBÜerenden Kante
des Apparates. Diese letztere halbiert den ^N'iukcl zwischen den
beiden Sehenkeln und geht in die Cosinusfunktion dieses halben
Winkels ein. Ich nenne sie daher ( O^inuskatbete« oder auch
»Kathete« schlechthin. Der »Winkel« endlich bedeutet den halben
Winkel z\vi8chen den beiden Schenkeln (vgl. Fig. 4, S. 66).
Eine Vergleichong dieser beiden TabeUen mit einander ist kaum
▼on Wert, weil die beiden Konst^inten nnr in einem Fall die gleiche
Lünge hatten. Dieser Mangel an Übereinstimmong war notwendig
bedii^ durch die Rücksicht anf die dem Arm anzupassende Loge
des Apparates. Wenn die Schenkel auswärts gekehrt waren, konnten
die Linien nicht länger als 8 cm gewählt werden. Wenn dagegen
die Schenkel einwärts gek< hi-t waren, konnte die Linie nicht kürzer
als 8 cm genommen werden, weil die Schenkel sonst mit ihren
Enden zusammengetroffen wären. Anf diese Weise ist die Länge
von 8 cm in beiden Tabellen der emzig vergleichbare Fall. Wenn
wir diesen einen Fall betrachten, so finden wir, daß das Waehstnm
Digitizeo Ly vjüOgle
über d«ii länfliiß von Nebenreiaen Mf die Bwunwahnehmiuig. 63
der scheinbaren Länge bei deu auswärts gekehrten Schenkeln größer
ist alg die Verringenmg bei den einwärts ^^c kehrten. Eb ist jedoch
keiaeswe^ sicher, daß der ganze ]ietrai^^ der MF in bcidea
Tabellen aut die Differenz in der Kiobtong der Schenkel zurtick-
fiifilhren ist Zwei andere Faktoren ßpu^len dabei vielmebr eme
beiditBiiswqrte BoU«. £i8Üic]i ist der Winkel» den die Sobenkel
mi der linie bilden, bei den eiswirte gekehlten grOBer. Aneh
dUeer Mangel an ObeieinBürnninng ist doreli die rein phytieehen
Zvlinde dee Apparatee und dea Yersnohafeldes bedingt. Zweitons
dad die Nebenreise b^ einwärts gekehrten Schenkeln in dem Fall
Ton 8 em Länge einander so nahe gerückt, daß sie wahrscheinlich
etwas von ihrem Einfluß verlieren. Wenigstens zeigt sich für
diese Figur eine Yergröüermig dea Fehlers bei wachsender Lauge
der linie.
Tabelle XYIIL
Figur > < Figur
VersuchB-
7,0 «B
8,0 om
8,0 em
10,0 em
18,0 em
2,8
2,6
4,0
2.2
2.2
3,6
1,4
1.1
1,8
1,3
1,0
2,0
1,3
1,0
8,1
%1
1,8
M
1.4
Die EinideigebmBse der Tabellen XVI nnd XYII können am
bvten daigesteDt weiden nof Grond dner Umofdnnng der Zahlen
Bü Bflcksieht anf die die mnflion bedingenden Hanptfiiktoren. In
Tabelle XViil, die dieatjui Zweck dient, ^eigt sich besonders deut-
lich der EinlSnß der Länge der zu beurteilenden Linie auf
die Größe des Fehlers. Insbesondere nimmt MF ab bei unswärtn
gikehrten Schenkcia mit wachsender Strecke bei jeder der drei Vp.
Bei einwärts gekehrton Sehenkeln tritt dagegen das umgekehrte
Verhalten henror, wenn aneh nnr in gans geringem Maße Um die-
Ka Chgensata an eiklSien, mUssen wir nnf den sehen erwlhnten
T^Übeatand hinweisen, daB nftmfioh die Kehenrdse bd den Fignren
1) Hier, wie später, habe ich die Ergebnisse der drei Vp zusauimen-
S^rechnet, was ich fUr unbedeoklich hielt, äoferu die gleiche Tendenz bei
64
Hiywood J. Pearee,
mit eiüwartH gekehrten Scbenkelu im Falle von 8 cm Länge ein-
ander 80 nahe standen, daß die zwei anf derselben Seite befind-
lii heu als ein einziger Reiz erschienen. Noch bei 10 cm Lange
wurden sie vielfach nicht tmterschiedeu. Da nun der Einfloß von
zwei acheinbaren Beizen offenbar grrißcr ist, als der von einem
einzigen ausgebende, so yersteben wir, daß bei diesen Figuren der
wachsende Abstand der Nebenreiae eine VeigittBemng des Fehlen
berbeigefthrt hat
DaB aber bei answirts gekehrten Sohenkebi eine Abnahme des
Fehlers mit waehsender Lfoge der Unie beobaehtet worden ist,
hat seinen Grund tllr die ])enutzten Streeken von 6—8 cm in der
nattirlichen Beinträchtigung des Aufiiierksamkeitsgrades, mit
weichem die ganze Figur erlaßt werden kimnte. Diese Tatsache
prägt sich auch darin aus, daß der Fehler bei der Strecke von
12 om wesentlich geringer ist, als bei deqenigen von 6 cm.
Tabelle XIX.
Figur > < Figur <->
Vp.
Länge
der
Linie
Fehler bei
Länge
der
Linie
Fehler bei
Winkel
von 20°
Winkel
von 30»
Winkel
von 20"
Winkel
von 46^
Ee.
6,0
3,0
2,6
10,0
2,1
1,6
W.
6,0
3,2
2,0
10,0
1,5
1,1
M>
6,0
4,3
8,6
10,0
1,4
0,6
Ke.
8,0
2^
24
12,0
2.2
1|8
W.
8.0
S,8
1.7
12,0
1,4
M
M.
8,0
3.9
3,3
12.0
1.4
0,6
A. H. -B 1
3.3
2,6
1
1,7
1,1
Die Wirkung der Winkelgröße oder des sogenannten Nei-
gungswinkels zwischen Schenkel und Linie ist in der Tab. XDC
dargestellt. Anch liier wieder erlaubte es die Rücksicht auf Apparat
und Arm nicht) gleiche Winkel fttr beide Arten von Figuren an-
zuwenden. Durchweg zeigt sich, dnW ein Wachstum des Neigungs-
winkels die Tänschnng verringert. Vergleichen wir die Besollato
bei beiden Figuren mit Bttoksiobt anf die Grefte der nur Anwen-
dnug gekommenen Winkel, so seheuit sieb an ergeben, dafi die
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über ta Einfloß toh Kebenioiieii auf die lUiimwilirmihmiiBg. 65
YergrGßenmg des Winkels zanachst eine relativ stärkere und dann
eine relativ Bcliwächere Abnahme des Fehlers bewirkt hat.
Wir haben weiterhin die Beziehung der Schenkellftiige
ind der Zahl der Kebenreise zn dem Täoschnngsbetrag Ina
Alge zu fumL Darauf lieiielit zieh Tab. XX.
Tabelle XX.
F|gitt> < Figur
Fehler bei
Ii
Fehler bei
©'S
a
3
c
Schen-
kel von
2.9 cm
IBeiz
Schen-
kel von
ö,0 cm
IBeiz
SeheD-
kel von
5.0 cm
2 Beize
a>
o'a
:eS
9
M
a
•mm
Schen-
kel von
2,9 cm
1 Reiz
Schen-
kel von
5.0 cm
1 Heiz
Schen-
kel von
5,0 cra
2 Reize
6,0
20
30
2,9
2,3
3,4
2.3
4,2
3,4
10,0
10,0
25
45
1,4
1,1
1,8
1,1
1,8
1,0
8.0
8.0
20
30
8^
2,1
3,0
2,4
2,5
12^
12,0
25
45
1,7
1,1
1,9
13
1,1
A.M. »
2,4
2,8
3,4
13
1.6
1.4
Bei auswärts gekehrten Schenkeln wächst ebenso wie bei ein-
wärts gekehrten MF mit der Länge des Schenkels, im Dnrch-
•ehnitt ««igafthr um 16 %. Bei waehaender Zahl der Nebenreize
aber aind die Eigebniaae ftr die bdden veiaehiedenen Flgnren
dnander entgegengesetzt Zwei Kebenreize. haben fllr anawUrts ge-
kfibfte Sehenhel eine devUiehe Zunahme, ftlr ehiwürto gekehrte eine
geringe Abnahme ^eprenüber einem Nebenreiz znr Folge. Während
jener Fall wohl das normale Verhalten repräbentiert, indem es ge-
wi^ermaßen den Einfluß einer wachsenden Intensität des Neben-
rdxes zor Anschauung bringt, lässt sich ilUr das abweichende Ver-
halten bei einwärts gekehrten Schenkeln znr Erklärung Folgendes
gütend maehen. Es ist nämlich auf die Schwierigkeiten der mit
diiaer Figur angeatellten Yeianehe wieder einmal hinznwelBen. Da
die Sehenkel hier der Linie mehr oder weniger nahe anliegen, ao
Ibt de ihreiaeita eben Einflnß anf die Kebenreize in yeiaehiedenem
Qnde ana. Dieaer EinihiB raaeht sich bei zwei Reizen beaondeia
stark geltend, weil sie dem mittleren Teil der Linie näher gerückt
nnd sich kaum von dieser unterscheiden lassen.
ArckiT tfu Pijehologie. L 5
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66
Hajwood J. Peme»
Wir haben gesehen, dali dio Tftiischun^ mit wachsendem Nei-
gungswinkel abnimmt and mit wacbHender Sehenkeliänge zuuimiut.
Um daher ein konstantes Maß fQr die Grrößc der TiUuehiing zu
erlangen, müssen wir beide Ergebnisse zn kombinieren suchen. Das
gesdiiehty indem wir den Corimui dea NeignngswinkelB oder in der
BD
Figur 4: bilden. Auf onsereu Apparat Ubertragen, bedeutet
AB die zu benrtolende linie, die SehenkeUJfciige bis za dem
Kebenreiz, BD und CD die idealen Katheten des bei B gebildeten
rcehtwinkeligen Dreiecks. In den Tabellen XVI und XVH ist die
Länge BD neben der Schenkellänge BC eingetragen. Diese em-
pirischen Werte mUssen wir der Herochnnna: de;? Cosinus zugrunde
legen, weil infolge eines kleinen Koustruktionsl'ehlers an unserem
Apparat das Ende der Linie A B nicht immer mit dem Anfang des
Sehenkele BC nuammenfiel and somit BD snweilen ktkrser nad
Fig. 4.
znweflen länger ausfiel, als in einem vollkommenen Dreieck. Es
seiden riehtiger, dieser Tatsache Rechnung zn tragen, als ideale
Gosinnswerte an bestimmen.
Wenn es somit gestattet ist, die von mir bereehneten VerbSlt-
gibt sich als einfache Oesetzmäßigkeit, daß die Größe der
Täuschung dem Quadrat des Cosinus des Neigungs-
winkels proportional ist. So ist z. B. nach Tab. XVI die
mittlere Täuschung von allen drei Vp illr den Winkel von 20"
(bei den Längen von 6,0 und 8,0 cm, abgesehen von den Versuchen
mit 2 Beiaen im Schenkel) 2,9 cm groß, Air den Winkel von 30''
2^ em, wihiend die entspreefaenden Oosinnsse 0,864 mid 0,779
betragen. Wir erhaltea somit die Proportion 0,864> : 0,779^ =
2,9 : 2,2. Die bdden Seiten dieser Gleiciinng stimmen, wenn man
die Reebnung aasftlbrt, bis anf eine Differenz TOn etwa 1 mm mit-
einander Uberein. Noch günstiger stellt sich die Bestätigung diesed
Gesetzes dar, wenn wir ein Beispiel aus Tab. XVU wählen. Die
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Ober den Sliiilnß toh NebemdMn m£ die Biomwalmefamaiiff. 67
mittlere Täaachang beträgt hier für den Winkel von 25° (bei den
I^geu von 10,0 und 12,0 cm) 1,7 cm und tlir den Winkel von
45° 1,15 cm , während die entsprechenden CosinnsBe 0,846 und
0,677 sind. Wir haben demnaeh 0,8462 ; o,6772 » 1,7 : 1,15 und
daie Differens tob nur 0,4 mm.
Iii aadefen FSllen als den hier ang^Hhrten ist dm Grad der
fibereioftimmiuig mit der angeseilten Proportion teils grOfier, teils
Uehier. KiemalB jedoeh ttbersteigt die Ungenaoigkeft die HSlfte
der bei unseren Experimenten erhaltenen mittleren Variation.
$ 3. Sla Abliftagiclcait dos flinlltissoB dor Hobonrelae
von der Bntfamung dereolben.
Im allgemeinen wächst die Tiiaschung mit zunehmender Ent-
fernung des Nebeureizes oder mit zunehmender Grüße des Schen-
kels an unserem Apparat Aber dieses Waehstom ist der Zu-
nahme der Entfemmig niebt proportional. War s. B. in Tab.
XVI die Entfemong der Nebenreise von der Unie [Hfl em) bei
einem Winkel von 20<> 2,9 em» so betrug die Täuschung 2,9 cm.
Bei 5 cm Entfemnog aber betrug sie blofi 3,4 em. Während
•Im die Entfernung um 72% wuchs, nahm die Täuschung nur
um 17 zu. Betrachten wir nun jeden der Nebenreize als
eine Anziehungskraft, so ist die relative Wirknug zweier Kräfte
bei ungleichen £^tfernuugen nur dann zu vergleichen, wenn
Tabelle XXI.
<
>
Bat-
feraong
Winkel
Länge
der
Linie
Ein-
flOM
Ent-
fernung
Winkel
der
Linie
Ein-
flttee
1
2
3
4
5
6
7
8
2,9 en
2,9 .
5,0 »
5,0 >
2,9 »
2,9 .
5,0 .
5,0 >
90
30
20
30
20
30
20
30
6,0 cm
6,0 .
6,0 .
6,0 »
8,0 .
8,0 .
8,0 .
8,0 .
25o/o
20o/o
17«/o
IIV20/0
2IV3O/0
18«/o
150/0
120/0
9
10
11
12
13
14
16
16
2,9 cm
2,9 >
5,0 »
5,0 >
2,9 .
2,9 .
5,0 »
0,0 »
25
46
86
46
25
45
26
4ö
10,0 cm
10,0 .
10,0 »
10,0 .
12,0 >
12,0 .
12,0 .
12.0 .
5*
12o/„
9V,o/o
90/0
5V2'^/o
mHo
9V2Ö/0
6V2«/o
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68
Hajwood J. Pevoe,
ihre absolute Wirkuug durch die Entfernuiig einer jeden dividiert
wird. Die Prozente des EiDflus.seB der Nebenreize sind dcnmacli
gleich zu Betzen der Größe der Tänschung dividiert durch die Miai-
femong der Nebenreize.
In der Tab. XXI sind die entsprechenden Bereehnnngen ane-
geführt, deron Data den Tabellen XVI und XVn entnommen Bind.
Um den relflüven EinflnB eines Nebenreiiee bestimmen an kSmieii,
ist dabei MF, welehes in den Tabellen den EininB yoa vier
Belsen danteUt, dnreh 4 dividiert worden. Die Fttle, in denen
jeder Schenkel 2 Nebenreize enthielt, sind dabei nicht benutzt
worden, weil die Entferuuu/iceu hier nicht die gleichen waren and
daher die Reduktion auf einen Nebenreiz nicht ohne weiteres ge-
statteten. Außerdem sind auch die Ergebnisse, welche nicht von
allen drei Vp herrtihrten, in der Tab. XXI ans naheliegenden
Gründen nicht benutzt
Eine Analyse der Zahlen ergibt sebr interessante Besoltate.
Der relative Einftnß eines Nebenreises verringert sieb obne Aiu-
nabme, wenn seine Entfernung wftebst Vergleicben wir z. B. den
ersten und dritten Fall miteinander, so ergibt sieb eine Abnahme
dcö relativen Einflusses von 25 auf 17% bei einem Wachstum der
Entfernung vou 2,9 auf 5,0 cui. Da sich diese Tatsache durchweg
in der Tabelle aus^epräe-t findet, so darf num wohl allgemein sagen,
daß der relative Eiutiuß eines Nebenreizes mit wachsender Ent-
fernung abnimmt Daraus ergibt sich, daß es eine günstigste Ent-
fernung geben maß, bei der der absolute Einfluß am grttfiten
ist In der Tat haben die früheren Versnebe gelebrtf daß die Ent-
fernung eines Nebenreises von 8,5 em auf dem gewiblten Yer-
suehsfelde die ausgiebigste WirlLung eintreten ließ. Dies Besultst
Ist aber auf unseren Fall nicht ohne weiteres anwendbar, weil die
in der Tabelle XXI cbeulUlls deutlich hervortretende Abhängigkeit
des Fehlers von dem Neigungswinkel des bchenkels eine direkte
Vergleichung aussehließt.
Eine genauere Formulierung der hier Torliegenden Gesetzmäßig-
keit ist auf Grund unserer wenigen Bestimmungen (nur 2 Entfer-
nungen sind in der Tabelle vertreten) nieht mtfglicb. Eine grdfiere
Anzabl von Bestimmungen vorzunehmen erlaubten Apparat und Yer-
snehsfeld nicht Außerdem würde eine exakte Daistellnng der hier
obwaltenden Funktionsbeziebung aueh noeb eine Erweiterung der
bisherigen Betrachtungsweise fordern. Wir haben ja im Anschluß
Ü]Mr den Eiaflofi von Nelteimisen snf die Banniwaliniehmiuig. 69
an die Wirkung eines Nebenreizea pnnktaeller Art anf einen Haupt-
nk pnnktiieller Art ment Entfemingoii zwiBehen 2 Hanptraizen
md dann ganse Strecken, lineare Beize dem Einflnm reo Neben-
leiien aongeBetsi Selbst?entfndlioh ist nnn entiieh die Wirkung
oidit eine einaeitige, eondem eine weebselfleitige. Die Hanptreize
Vben eine entsprechende Wirknng ans, wie sie eine empfangen.
büa zeigt sich z. B. däriu, duli eiüe Punktdistanz (ebenso wie dem
Augre 9o) auch der Haut kleiner erscheint, als eine linear* von
gleicher Größe. Unsere Versuchsanordnung' war nur nicht darauf
eingerichtet, die wechselseitige Beinflnssong erkennbar zu machen.
Sodann aber wirkt bei der Anwendung von Linien als Hauptreizen
der Nebenreis wabiBcheinlieh nicht nnr anf den £ndpnnkt der
Linie, mdem nach HaBgabe der Entfernung aneh anf ihren Yerlanf
ein. Diesen Beziehungen yon Nebenreizen zn Unearen GrOfien als
Hanptreizen naehsngehen, mag einer späteren Untersnehnog vor-
behalten bleiben.
Worauf es uns hier zunächöt ankam, war, die bisher gänzlich
übersehene Verwandtschaft von Tastsinnesphänomenen mit den \ iel-
behandeltcn optischen Täuschungen nachzuweisen. Es scheint uns,
daß dadurch der Theorie der letzteren ein äußerst fruchtbarer neuer
Geeiehtzpankt aa%eht Oartlber habe ich an einer anderen Stelle
meiDer Abhandlnng (Kap. Vm) einige nfthere AnzfUhrnngen zn
geben veranefat.
Anf den EinflnS der Inteneiütt der Nebenreize fiült ein gewizsez
Lieht durch die firgebnisse mit einem und zwd Reizen im Sehen-
kel. Tab. XX zeigt wenigstens bei Fig. > < eine mittlere
Zunahme des Fehlers von 2,8 auf 3,4, wenn bei der Schenkel-
läng;e == 6 cm '/wei stutt eines Nebenieizes eingewirkt haben. Aber
da bei 2 Reizen die Entfernung von der Linie fUr i)eide nicht die
gleiche war, so lifcßt sich diese Gesetzmäßigkeit nicht anf einen
mit den entsprechenden einfachen Beizen ▼ergleichbaren Ausdruck
Illingen. Man kann voriiinfig nnr sagen, dafi der doppelte Neben*
reiz stSrker wirkt, als der einer mittleren Entfernung zwischen
seinen heid«! Punkten entsprechende einfMshe Beiz wirken würde.
Mit unserem Apparat lieBen sieh übrigens umehwer weitere Ver-
{5uche iü dieser Richtung auöflihren. Man brauchte nur die Zapfen
in verschiedener Schwere herstellen zu lassen, um bei gleicher Ent-
iemuig verschieden starke Isebenreize einwirken lassen zu können.
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70
Zw«ite Absekmtt. TkeoretiiehM.
V. Kapitel. Die Theorie der Diffasionskreise.
Indem wir mw berntthen, die Resultate va interpretieren, wollen
wir das Problem zuerst in möglichst einfacher Fonn darstellen.
Warum erscheinen zwei auf der Haut gleichzeitig gereizte Punkte
A nnd B näher zu einander, als sie in Wirklichkeit sind? Die
erste Antwort auf diese Frage kann loIgCDde sein : Es besteht eine
Tendenz bei den beiden anf der Haut gereizten Punkten, in dem
l^ervensystem zn yerBohmelzen. Von Frey iand, dafi zwei Punkte
In einer viel kleineren fintfemnng Toneinander ontereohieden
werden koimten, wenn die Beize naebeinander, alz wenn tie
gleiehzeitig gegeben worden, nnd zebloB darang, daB bei gieicb-
zotigen Rdzen tNfitaeiontkreife im Zentnun «itzlehoi» die die
UnterHcheiduug dtir Em drücke erdchweren. Von Frey*) bat daS
Verdienst, gezeigt zu halen, daß succedierende Reize nnterschie-
den werden können, nelbst wenn die Eutfeniune: zwischen den
beiden Punkten nicht größer ist als die zwischen zwei Druck-
punkten bestehende^ vorausgesetzt, daß diese eelbst gereizt werden.
Es kann daher in Beantwortung der Frage, welebe ich zn Anfang
des Kapitelz an%ewoifen habe, gesagt werden, daB der Grond,
weshalb zwei anf der Hant gleiebzeitig gereizte Pnnkte nSher er*
aehdnen als sie tatsBddioh sind, eben das Faktnm der Difib-
sion ist.
Warum wird nun in solchem Falle die Entfernung nicht von
Zentrum zu Zentrum der beiden Kreise beurteilt? Die einzige
Antwort, die augenscheinlich ge{;ebeu werden kann, ist, daß diese
Diffusionskreise nicht wirklich unterscheidbare Kreise sind, mit
scharf begrenztem Umfange nnd Zentrum, sondern daB jeder ein
Gebiet lepiftsentiert, innerhalb dessen nichts nnteischieden werden
kann. Wenn sieb dies indessen genau so Terbüty wie k0nnen wir
anf irgendeine Bestimmtheit der Loluüisation rechnen ? Wenn
der Torerwttbnte Difhisionskreis z. B. 2,0 cm bn Dnrehmesser bat
nnd aDes innerhalb dieses Diffhsionskreises nnnntersebeldbar ist,
1) M. T. Frey, Über den Ortssfain der Haut Sitsongsber. der pbysioi -
mediz. Oeaeüschaft zn WUrzbnrp:. 9. Nov. 1899. Vpl. siudi M. Y. Frey nnd
Metzner in der Zeitachr. f. Psycbol. Bd. 29, S. 161 ff.
Digitized by Googl
über den Einfluß von Nebenreiien ftvf die Baiimwaliniebmmig. 71
dann wUrde die Lokalisierung eines Punktes iunerhalb des er-
wähnten Kreises jede beliebige Stelle desselben angeben lassen.
£iD konstanter Fehler in der LokaliBation da^;egen, wie er unter
dem Einflasse eines Nebenreizes von ans konstatiert worden ist^
tifil aldi iat$M niebt erUttien. Aneh ist der Betrag der hier
TorkommendeD OrtsreiMhiebuigen wa grofi, ab daB tie ideh an!
die dnoh ffimulteiMwIiwellen besteubaroi Diihaioimdieii BoUten
snrtlekltdiren laawii. Wae alio die munittelhaie Antwort auf noBere
Frille anbetrifft, ßo scheint die Diffusionskreistheorie zu genügen.
Jeder Punkt auf der Haut ist das Zentrum eines zentralen Dif-
fusion skreises. Die Entfernung zwischen zwei P\iMktcM wird
durch den Inhalt des Raomes zwischen den beiden Diflosiona-
kreisen nnd nicht deren Zentren bestimmt. Darum en^ob einen die
beiden Paukte näher nuammen. Aber sobald wir die Lokaliflar
tion in nnaere nrBprOngliehe Frage eiaflibren, sehefait die DUhaiona-
tiuofie nicht amnireieben. Wenn wir finden, daB ein iweHer Reis
oine bestimmte Ortmreraehiebmig beibeiflihrt, so mtwen wir die
Ursache in etwas anderem suchen, als in der Tendenz der Er-
regungen, im Zentralnervensystüui zu verschmelzen.
In Verfolgung der TlntersiK hungen von Prof. v. Frey fand
Brückner^), daß der Eindruck von zwei Reizen, welche nicht als
zwei erkannt waren, in der Mitte zwischen den zwei einzelnen
Reizen lokalisiert wnrde. Hier haben wir einen FaU, welcher eine
deatiiebe Beuefanng an anBeren TerBneben anfweisi Leider isft
Brttekner, der die Beeinflnwang sweier Rdae darehdnander nur
biaridiflieb ihrer Intenntitt genaaer antersnöht hat» dieser Tat-
tadie nieht nachgegangen. Sie ist nnr gelegentlicb ron ihm kon-
statiert worden. Auch sie läßt sich offenbar durch die Theorie
der Diffusioiiskreise nicht erklären, weil diese zwar die Nicht-
nnters^-heidbarkeit der beiden Heize, nicht a])er die Lokaiisation
in der Mitte zwischen ihnen Terstfindlioh macht
VI. Kapitel. Die Theorie der motorischen Impulse.
Die Annahme von YorsteOongeat welche ebie gewisse Kraft
besitaeB, ist daiebaos nicht onbeksimt in der pt^ohologisoben Lltte-
rater. In seiner ersten Entwickelang ist dieser Standpankt Tiel-
leicfat am besten dargestellt bei Herbart Die Erfahmng, welche
1) Die BaamscbweUe bei Simnltanieiziiag. Zeitachr. L Payohol. Bd. 26,
ä. 55.
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72
HiQrwaod J. Peaicep
Hcrbart 8 Aafmerki^aiiikeit auf sich crezogen cnd seine Annahme
von » VorHteiiun^»^n als Kräften« veraiiiüÖt hat. ist im Charakter
analog der Erführaug, welche die Basis unserer gegenwärtigen Er-
arterong bildet Herbart betraditete die Vorstellisgffi an sich nicht
alsKiftfte. Aber VomteUiiiigeD weite n Kräften, Mweit SM
ander in GegeoMts treten^ and dies gesebieht, mnn Ihrer iwci oder
mehr Ton venehiedenen Bidituige& rieb im BewaBtoein begegno.
»irasntnd ist Kiaftlnfierang; dem Widentebenden aber ist sem
Wirken ganz mftUig, es riebtet sieb naeb der Änfeebtang, die
unter VorstoüunL'L'ii ^j:e-enBeiti^' ist uiid durch den Grad ihres Gegen-
satzes hcstimixit wird. Dieser ihr Ge^^ensatz also kann aniresehen
werden als da«, wovon sie sämtlich leiden An sich selbst aber
sind die Vorstcllangen nicht Kräfte.« Her hart dachte, daß, wenn
swei solche Yorstellnngen sieb im Bewußtsein begegnen, die eine
der anderen Flati maeben maB, and daß die wirklielie Vorstellnag
in ein Streben, eine Verstellang in werdoi, ttbergebt >Das wirk-
liebe VorsteUea Terwandelt sieh in ein Streben Torsostelien.«
Die Methoden and Voraassetanngen ron Herbart sind sa meta*
physischer Art, am die Fordenmgen exakterer Schlüsse, welebe
von der modernen experimentellen rsychologic erhoben werden,
zu befriedigen, und ich bringe seine Beobachtung:en als eine Ein-
leitung zu dieser Untersuchung nur, nm zn zeigen, daß die Er-
fahrungen, mit denen wir beschäftigt sind, Übereinstimmend mit
berforragenden Autoritäten der Vergangenheit, einen Konflikt zwi-
schen den Krftften im Bewafitsein daisteUen. Es ist jetat unsere
Anigabe, weiter za nntersaehen, welebe die Natu dieser Kräfte
ist, oder sogar, wie weit wir bereebtigt sind, den Aasdraek Eiaft
ttberbanpt an gebraneben.
Soweit als es dem Verfasser bekannt ist, ist die einzige andere
experimentelle Arbeit, die dem hier behandelten Gegenstande kon-
forui ist, eine Untersuchung, Uber die Mtlnsterberg in der Psycbo-
logical Review (vol. I) unter dem Titel »Motor power of Ideas«
berichtot hat Die Experimente waren folgende: Die Vp saß, die
Aogen anf einen vor ihr befindlichen Gegenstand gerichtet. Mit
gesoblonenen Aagen wandte sie dann ihren Kopf naeb rechts,
worauf die Aagen wieder geOffiiet and die Linie, die den Orad
des Kreisel angibt, aaf den sie jetzt geriebtet waxen, beseiebaet,
sowie die Ansahl der Grade, am welebe der Kopf sieb bewegt hattOi
ebenfalls dorch einen Stift notirt worde, der an der Stirn befestigt
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über den SSnfiaß von Nebenrebeii inf die finimwiliiiiolimQiig. 73
and auf die am Anfanjr stehende Nnll gerichtet war. Auf diese
WeiBe wurde gezeigt, daß die Augen nie so weit bewegt wurden
wie der Kopf, und daß der Unterschied zwiaehen den zwei Be-
mfOBgea mit der absoluten GiOBe deraelben sowie mit der Länge
der Zeit wüerte, in der das nraprUnglidie Objekt fixiert wurde. Die
Keigvog der Angen, in der nrsprttnglieben Stellung dee Fixierens
n yerlwRen, sdireibl HQneterberg einer gewissen motorisehen
Kraft zu, die in der Vorstellimg des zn fixierenden Objektes liegt.
Die Resültante der beiden Krüfte, cineraeitä des Bestrebens, die
Ängen auf den ursprünglichen Gei^euötand gerichtet zu Ii Gilten, und
andererseits des btrebeiis, sie mit der Bewegung des Kopfes mit-
gehen zu lassen, ist ein Ergebnis des Gleiobgewichtes zwisohen
den beiden anziehenden Kräflen^).
Die Analogie zwischen diesem Falle mtd den Experimenten, welehe
ich früher') besehrieben habe, wird jedermann einlenehten, imd es
ist aneb klar, daB, wenn die dargebotene Krfclflmng in einem Falle
b^rledigt, sie ebenso auf alle anderen angewandt werden kann.
Es wäre vielleicht befriedigender oder wenigstens im allgemeinen
a Ii !u- hm barer, wenn wir nicht von der motorischen Kraft der Vor-
stelinngen sprechen, sondern nur sagen würden, daß motorische
Impulse durch die in Frage stehenden Sinnesreize erregt werden,
and daß das Phänomen, welches wir bemerkt haben, von dem
Gleichgewicht motoriseher Impulse abhängt, sowie daß die Beaktion
eine Besnltante sweier motorisehen Impnlse darstellt Im ge-
naieien würde die Erkl&rang des Experiments, welehes loh be-
sefariehen habe, folgendermaßen laaten. Das Bewußtsein ist dnrch
foihcigehende »Suggestion« für eine motorische Reaktion ron einem
gewissen allgemeinen Charakter vorbereitet. Daher laßt ein iieiz
vou der erwarteten Art einen bestimmten motorischen Impuls ent-
stehen; ein anderer Keiz indessen gibt gleichzeitig einen davon
Terschiedenen Impuls. Die Kesultantc liegt auf einer Linie zwischen
dea durch die beiden Impulse dargestellten fiichtungen. Hure Lage
ist dnrch die relative Stärke der beiden nrsprttnglichen Impulse
bestimmt, und der Whdcel, der mit der Dürektionslinie jedes der
inprOngliehen Impnlse geMldet wird, steht im umgekehrten Ver-
hlttais sa der Kraft des Lnpnlses. Ich denke, man wird sofort
1) Vgl. die scharfe und berechtigte Kritik dieser Venuelie von H. Niehois
in PhiloB. Rev IV S. 174 ff.
2} Pqrcholog. Kev. IX, vgl. oben L Kap.
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Htywood J. Peuea,
sehen, daß dicBC Erklärung vollkommen befricdigcDcl erscheint für
diejenigen Fälle, in denen ein motorißt her ImpnlR dnrrh STisrprestioB
vorbereitet und von der Natur des Experiments gefordert wnrde.
Wir bähen iudessen diejenigen Fälle aofigeiastien, in denen kein
motorischer Impnls aiudrttoklich gegeben, m denen keine direkte
Lokaiualioii «utgefthit winde, in denen da» Experiment nsr ein
LokaUsatioiuinrteil forderte. Bier «riieben deh versdiiedene Fhigen
und verlangen Antwort
1. In wdeher Form wird die Kenntme der Lokaliiition der
in Fra^e stehenden Pnnkte dem > Urteils -Zentrom« zngeftlhrt?
2. Ist der Einfluß, der sich in dem Wechsel der scheinbaren Lai^e
des lokalisierten Reizes kundpht, ein sulcher, der auf das Urteil
auHirclibt wird, indem es seine Entscheidung bildet, oder ist er ein
solcher, der auf die Perceptionsfähigkeit wirkt? Mit anderen
Worten: Steekt der resultierende Fehler im Urteil oder in dem
Qigan, wdohee das Ifateriai filr das Urteil hergiM?
Die auf die erste Frage am häufigsten gegebene Antwort irt»
dafi die, die Lokalisierang eines asf der Hanl gegebenen Beisss
betreffende Kenntnis dem Zentrmn in der Form dnes »Lokal-
sdebens« zngeftlhrt wird. Mit diesem Ausdrack meint man ge-
wöhnlich, daß der von 1-imkt A abgeleitete Sinneseindrnck eine
besondere Eigenschat t hat, welche befähigt, ihn von B zu miter-
scheiden, welches auch seine besondere Eigenschaft hat. Wenn
nun Ä sein Lokalzeiehen hat und B ebenfalls, so sieht man leicht^
daß, wenn beide gereizt sind, es schwer sein kann, zn entsebeiden,
ob Ä oder B gereiil wnrde, oder welehes Lokalaeiehen an Ä nnd
welohea an B gehört, aber dafi man schHeBlieh einen nenen
Pmikt C ftstrtellt, welcher ttbereinstbnmend nut der Theene ein
gana anderes Lokabeiehen haben mttßte, nnd sagte, daß CB bi,
ist für die Theorie des Lokalzeichens ein Mysterium.
Um zu zeigen, wie ein Lokidisationsurteil ohne ein Lokalzeiehen
möglich ist, und eine nmfHS«ende Antwort auf die oben aufge-
worteuen Fragen zu finden, wird eine weitere Lntersuchung nötig,
durch die ich imstande zu sein hoffe, die angeworfenen Fiag^Q
entweder direlct oder dnroh Folgernng beantworten nt kOnnen*).
1) YgL dam meine firOhere Arbeit in Psyeholog. Bev. IX, 8. 8S9 ff.
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über den Eiiillii0 von Nebeuoiseii auf die Banmwahmehminig. 75
Yll. Kapitel. Zur The ne des Einflaaäea
Yon ^ebeureizeiL
üiuMre irodnende SenntniB von den Beuebnngen iwiidicn dem
Seelenlebeii «ad den physiologisolieii Froseaeen hat zn der Auf-
Btellim^ der BOgenannten Hypothese des psychophysisehen Fmlle-
lisinus gelehrt. Dieses Pontulat iöt, so zu sagen, ein Vcreinigungs-
«rebiet zwischen Metaphy^^ikern rerschiedener Richtung geworden.
Die p:ir<'illeliytis('be Hypothese ist so weise prefaßt und begrttndet,
dafi sie dem Bpiritaalisten sowohl wie dem Materiulisten erlaubt,
einander anf gemeinsamem Boden zn begegnen. Zum großen Teil
M das nsehe Fortwshxeiten der moderaen Fsyeholegie der Freiheit
ud Begvemliebkeit, welcbe dieie Hypothese bietet, su Terdanken.
Einig» der besten Ermngensehaften rtdnen yom Experimentieren
nit Frosessen her, welohe nur auf indirektem Wege dnrah diese
physiologische Parallde erreicht werden kOnnen.
In den schon berichteten Experimenten, welche iu Chiuigo
ausL'i führt wurden, habe ich den Plan eines solchen Vcifahrcns
verkdgt. Ks wurde vorausgesetzt, daß die psychische Uuterschei-
dang gleichwertig sei der physiologischen Geschicklichkeit zu lokali-
sieren. Die aprioristischen Betrachtongen in Bechifertigang einer
solehen Yennusetnmg waren, wie angegeben wird, nicy dmek-
ana llbemeagend. Indessen die in Wflnbiug angenommene Mefliode
der hloBen Yerc^eiehnng (ohne motorisefae Hilibmittel) gab Besaltafee,
die qnantltaliF ansgedrttekt nnr wenig von den doieh die nreprüng»
liehe Methode erreichten Resnltaten abweichen, nnd so weit ist die
obige Voraussetzung gerechtfertigt. Ich will nur zur Illustration an
einen vertrleiehbaren Fall erinnern, der schon früher in anderer
Beziehung i)ehandelt worden ist. In Chicago war der mittlere
Einfluß eines Nebenreizes von 6,5 cm unterhalb annähernd 1,4 cm.
In Wflizborg ersehien ein tatsächlich ttber dem ersten gegebener
Beix nnter diesem, wenn ein llebenreiz 8,6 em tiefer einwirkte,
Toransgesetrt daß dje Entfemnng der beiden an benrteflenden Belae
nieht 2,0 em tlberstieg. Der hier demonstrierte ParaUelismos ist
•ehr markant, nnd die paraBelistische Hypothese wird in diesem
^iune bestätigt.
Die Voraussetzungen, die wir von diesem allgenieiuen Oesichts-
pankte au.s in physioloErischcr Beziehung unseren weiteren Dar-
legungen zugrunde legen, sind folgende.
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Haywood J. PMne,
1. Das Nervensvateiii ist wesentlich ans drei Teileu zusammen-
gesetzt, nämlioh aus einem senBorischcD, einem zentralen oder
coordinierenden und einem motorischen. Diese diet Elemente sind
gutammenbiingend und iuiterdn«nder in der genannten Oidnimg
Terlnmdffli. Dams folgt, daß das natttrliche Beanltat eines
sensorisehen Reizes eine motorisobe Innerv^ation ist').
2. Das erwartete motorische Resultat kann durch das als Hemmung
bekannte Phänomen im Charakter modifiziert oder in seinem
iiuBcreii Ausdruck auf Null reduziert werden. Diese Veränderungen
rUliren her entweder von der Innervation anderpr Tiiotorigclier
Kerveu oder von der Innervation speziÜBcher Hemmungsneneu.
Diese letzteren indessen sind selbst in ihrem neurologischen Cha-
rakter und in ihrer anatomischen Disposition den motorischen
Nerven gleich. 9. Es bestellt eine Wiederholnngstendeni Alf
die einmal im Nerrensystem abgelanfenen FrozeaaCy In der Bich-
tong, in wdchef sie sioli betttigt haben, bei entsprecbenden Reisen
abermals sieh absospielen.
Sehen wir uns jetzt die psychischen Vorgäuge, die Vorstellungen
und Urteile etwas näher au! Die Vorstellung »rot* ist offenbar
keine einfache Reproduktion von einer Roteinpfindung. Sie hat
vielmehr in sich ein Element, welches der Vokalisierung des
Wortes rot entspricht; ein anderes, welches der Erregung der Netz-
bautnerven durch die roten Strahlen entspricht, wahrscheinlich
nach ein anderes, das hinaokommt dnrcb die Obertiagmig nerFSser
Enegnng Tom zentripetalen zun zentialen nnd wiederom Tielleiciht
zn zentrifugalen Neuronen. Ferner kann die Vorstellung rot noch
mehr kompliziert werden durch assoziatiT bedingte Heproduktioneii.
Es kann blutig und ekelene^reiid sein oder den Duft der Rose
mit sich bringen; es kann Eleuieutf* aus dem Reiche der Gehörs-
empfindungcn an sich ziehen und (iie tieleu Töne der Orgel oder
das dUstere Seufzen der See bei Sonnenuntergang symbolisieren-
Endlich gehört auch die Umgehung der Vorstellung zu ihr').
Das Bewußtsein findet freilich nicht alle diese Elemente in der
einfachen Vorstellung »rote. Im Bewafitsehi stimmt die Vorstellnng
1) Das uxsprilogliehe sUgemehie Bssnltat jedes aagenehmeii Beisee Ist
da8 (los »DamachgreifeiiB« bei Kindern and Jangen Tieran.
2; Es ist wohl bekannt, daß die Wirkung eines Kunstwerks nicht allein
von seinem eigenen Wert abbUngtf sondern in einem gewissen Grade Ton
seiner Umgebung in der Gallerie.
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fjhet den Einfloß von Nebenreiseii anf die Btamwalmehmiiiig. 77
>iot« mit der Empfindung »rot« überein, und die Empfindung
»rot« seheiiLt mit einem äußeren Objekt »iot< übereinzustünmen.
Die WiflienBeliaft der Physik hal im gelefarty daB die letztere An-
nahme nniwimiwig ist; es bleibt der WlasoiBehait der F^ehologle
Ibrig SU zeigen, daB das blofie Bewnfitsein aneh ftr den ersten
Fall mobt znreleht Es gibt zwd Klassen Ton Yorstellnngen,
welche zum Zwecke der folgendeu Besprechungen scharl' unter-
schieden werden müssen, nämlich die Wortrorstellnngen und die
sensorisch-mutor is ( ' h e n V n rst e 1 hi ui^e n .
Jede Vorstellung enthält ursprünglich wahrscheinlich drei Ele-
mente: 1. Empfindung, 2. Assoziation mit anderen Empfindungen
und 3. Wahrnehmung eder Bild einer mototisehen Besnltante. In
der Entwiekefamg indessen haben einige Ton ihnen die Tendenz
ansznseheiden, nnd seUieBlich bleibt die metorisehe Besnltante bei-
nahe der einiiSge Bepiflsentanl der Yorstellnngen im Bewußtsein.
Vielleicht treten zu jeder der vorerwähnten Vorstellungen assoziierte
hinzu, die ihre eigenen motorischen Kesultauten haben, welche als
-ckundäre Faktoren in die zusammengesetzte Erfahrung eingehen^
die wir als Vorstelluiigeu charakterisieren.
Je hfiher wir auf der Stufenleiter der ZivillBation steigen, nm
•0 großer wird die Anzahl der Wörter, die eine Art motorischer
Besnltante der VorsteUnngen sind, nnd die Fttdgfceit dee Indivi-
dnoms, ftlr einen sensoriseh-metorischen Prozeß ein Wort zu snl^
stitaieren. Diese Wortprozesse behalten ihre assoziatiTen Ver-
tnndnttgen mit den senBorisch-motorisehen Prozessen, welche sie
darstellen, aber bei dem Prozeß des Denkens ersehciucu diese
letzteren selten im Bewußtsein, nnd wenn sie erscheinen, ist es
gleichsam nur an dem Rande des Bewußtbeins. So sieht man,
daß alle Vorstellungen sensorisch-motorisch in ihrem Ursprung sind,
aber daß eine weite Gmppe von VorsteUnngen spezialisiert worden
ist als WortTorsteUnngen. loh zweifle, daß Jemand, der das
Wort »grttn« in einem Satz liest, eine reine VorsteUnng yon der
Empfindnng «gittn« hat Der zentrale Sammelpunkt in der Vor*
steltang griln ist ftr ihn vi^ehr die merklidie ArtiknHemng des
Wortes »grün«.
Andererseits vereinigt die typische sensorisch-motorische Vor-
rtellunip: in der kbeiidi^sten Form Reproduktionen vergangener
sensorischer und damit verbündcncr motorischer Erfahrung. Die
VorsteUnngen des Kindes sind gewöhnUcb von dieser Art Die
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Htywood J. Peucd»
Vorstelliinf^ einer Orange ist eine Mischung- von Farbe, Geruch,
Geschmack und Tastempfindungen , vereinigt mit den begleitenden
motorischen Impulsen des Angreifen^, Berieehens, SchmfickeBS etc.
Di606r Komplex ist dem Kinde die Vorstellung Orange, and die
AnweBenheit eiaeB Elementg fllhrt uuä die anderen mit ach. ladem
das Kind neli entwiokAit, wjjd ee füug in aiwtruhidiep» and die
Abstvaktion begkmt mit den mototiflehen Elementen; es rieofatand
sehmM^ niebt Unger, wenn ee die Orange sieht i). Jetzt nimmt
vielleicht das Wort »Orange* die Stelle des ursprünglichen, nur
vielleicht gehemmten, mutorii^cheu Elements ein. Es ist möglieh,
daß alle sensorischen Eigenachafteu, Geschmack etc., aus dem Be-
wußtsein ver8( liv\iudeu und daß daa einzig Zurückbleibende das
Wort ist Fllr alle Zwecke des Denkens, Schließens etc. ist das
Wort wertvoller als der ursprüngliche komplexe Zaetand des Be-
wnßtaeinfl) gans eo wie man bei der Mathematik daroh Aawendaag
Ton Symbolen Tiel&oh befriedigendere Reniitate eneloht bat» als
dnrdi die Ton konkreten Figuren.
loh babe mieb bemflbt, an konstatieren, daß im Bewufttseia
schließlich nur das Wort zurückbleibt. Das will sagen, 1. daß
das * Wurt-BewuBtbcin« (Orange z. B.) eine Synthese aller ursprüng-
lichen Elemente ist. welche wir nicht rückgängig machen können:
2. daß das »Wort-BewuUtsciu« iu eugcr Association mit alien
anderen Elementen, die es hat vorstellen sollen, bleibt, während
diese Elemente unter die Bewußtseinaaehwelle treten und nar Uber
ihr erscheinen, wenn die Aufinerksamkeit mit besonderem Nach-
druck anf die Bedeutung des Wortes geriehtet wird.
Im Liebte der Torhergehenden Ausflihmngen fidiren wir jetd
fort mit einer Erklftrung der Resultate der Experimente. Wenn
ich mit einem scLarl zugespitzten lustnimeutc den \ urderarm eines
Individuums berühre, ohne es mit meiner Absicht vorher bekannt
gemacht zu haben, so küuueu einige oder nlle Reaktionen einer
sehr verwickelten Beihe daraas hervorgehen. Bei einem außer-
ordentlich »nerrOsen« Individuum würde jeder motorische Nerv im
Körper sich entladen. Das normale Individnum indessen würde
diese motorischen Impulse sofort m der Hauptsache hemmen und
1} Es ist zweifelhaft, ob auf der Stufe, von der wir sprechen, es über-
haupt dio Vorstellung »orange* liat. oline daß oino wirkliche Orange da ist.
Wenn es so ist, so sind die motorischen Elemente des Greifens etc. in einem
modifizierten Umfang vorhanden.
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0ber dfla EmfluO toh Kebenrabaa saf die Bsnmwthniehiiiiiitg. 79
vielleicht nur den Arm mit einem Ausdruck der Überraschung
wegziehen oder die Maud zu dem gereizten Punkt hinbewegen;
Tietteielit würden aooh die Angen mit der dazu nötigen Kopf-
bew^gong auf den gereisten Funkt gerichtet werden. Unter g^
winen Bedingon^ kihmea alle diese Bewegmigen gehemmt
werden, and es kann ein mdir oder weniger onbestinuntee Be-
waEhiein des Impnlses, diese Bewegungen anszoiHhren, xnrllek*
bleiben; oder auch es kann ein GMohtsbild des gereizten Punktes
daraus hervorgehen; oder endlich, unter anderen Bediugungeu,
kaun die Vp die sclu inbare Lokalibienm^ des gereizten Punktes
mit "Worten bezeichnen. Genetisch betrachtet, ist es mehr als
möglich, daß diese Lokalisationsurteiie, die auf Gesichtsbiider und
Spieehimpulse basiert sind, als sekondJbrer Faktor in Yerbin"
dang mit Lokaiisationsbewegangen entstanden.
Die Fkozesse, bei welehen Wortimpnlse mit Empfindungen asso-
iliert werden, mttgen folgendermafiem sich entwii^eln. Warn idi eine
Penon an ^ner bestimmten SteDe des EOrpers bertthre and sie rer-
aalasse, mit Worten zu bezeichnen, wo sie bertlhrt wurde, so ent-
steht dadurch för sie zuerst einige Schwierigkeit. Durchschnittlich
ist der Auagangspunkt bei den Individuen unzweifelhaft das »Ge-
ftlhl« des Impulses, denselben Punkt zu berühren, diesem Geilihl
ist ein Gesichtsbild der berührten Stelle assoziiert, und mit diesem
ist ein Sprech ünpuls verbunden. Wenn indessen das Experiment
Mehrmals wiederholt wird, ktint sich der Kreislaof gleichsam ab,
ud der SpiecUmpiib bleibt die einsige motorische Beaktien ftr
die Empfindnng.
Ob die LokaUsetiomrarteüe ihren sekmidttren Charakter bei-
lehulteij und durch eine Information zustiiudu kommen*, die von
dem Impulse zu Lokalisationsbewegungen herrührt, ist eine Frage,
die im Augcnblirk vielleicht nicht definitiv entschieden werden
kann. Der Bachverhalt ist wahrscheinlich der, daß ein Lokali-
sstioBBurteil gewöhnliofa durch alle drei Elemente zustande kommt,
die anabhängig voneinander, aber glelehseitig Auktionierai, daß
jedoch jedes der drei Elemente dnrch eine entsprechende Bichtimg
der Amimeiksamkeit herrortreten and Torherrschen kann. Solch
ein Yerfidnen habe ich in meinen Eiperimenten angenommen.
leb stelle das Faktum nicht in Frage, daß Visnalisation
auch in den Ivcaktionen enthalten war. Einige Vp bekannten sich
an der Neigung, sich von dem gereizten ^uukt om GesichtsbUd zu
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80 Haywood J. Peiree,
machen; Andere waren sieb einer isolchen Neiimng entschieden
nicbt bewußt. In allen Fällen war der »blinde' Impnl«, die
Hand in einer gewissen Kicbtong za bewegen, der vorberrsctiende
Faktor bei der LokaliBationsbestimmnng. Bei Bolcber Richtung
der Anfinerkiainkeit ist es dem Meneehen mOgUeli a priori m
beBCnumen, wdebes Segment Beines (hguiismiiB anf einen gewisaea
enrartelen Bell reagieren wird. Die Verbindnngen mit anderen
Segmenten werden mit mehr oder weniger Erfolg verworfen, and
die Verbindnngen mit dem erwählten Segment werden frei gehalten
von anderen Irujiulsen, die nicht in dem erwählten Reiz ihren Ur-
gpmng haben. Dies Letztere iiule^^scn ist nnr annähernd wahr,
denn der Einfluß subjektiver Eindrücke oder vielleicht genauer
aoBgedrückt: das Erraten, basiert anf sekundären Informationen,
logischen Deduktionen nnd dergL, spielt keine nnbedentende Rolle
bei Eeaktionoi, wo Lokalisation«! gefordert werden. Diese sab-
jektiven Eindrieke, die die Weülen im Strome des BewnBtseinB
sind, Tariieren stets naeh oben, nach nnten, nach reehts, nacb
links. Daker kommt es, daB man in einer Reike Ton YersaeheB
Widersprtlcbe nnd Übertreibungen findet.
In meinen Experimeuten war indessen noch ein anderer Faktor
eingef^lhrt. nämlich ein zweiter Sinueseiudruck, im allgemeinen
denjenigen gleich, der lokalisiert werden soll, aber in genügend
(}rtlieher Entfemnng, nm die Vp zu befähigen, ihn als einen
anderen zu unterscheiden. Das Problem ist dieses: gibt es
eine Ftthigkeit, welohe awisehen zwei Sinnesreixen gleichen Cha-
rakters unterscheidet, bis an dem Grade, daft die Oite Ton beiden
nnabhängig voneinander bestimmt werden? Die Antwort anf dieie
Frage, die dnreh die Resultate der berichteten Experimente ge-
geben wird, ist sehr klar verneinend. Soweit diese Resultate
gehen, sind wir in den Stand gesetzt zu sagen, daß, wenn immer
zwei Keize von gleichem Charakter gegeben werden und die Vp
anf einen dieser Reize durch eine Lokalisationsbewegung reagieren
soll, diese Reaktion eine Besultante von wenigstens drei Fak-
toren ist, nttmUeh 1. dem sn lokalisierenden Beix, 2. dem Neben-
reiz von gldehem Charakter nnd 3. den sieh anf die Aufgabe be-
siehenden Vorstellungen, Vermutungen u. deigL Der Einflufi der
drei Faktoren ist natttrlieh nieht n^eich, sondern wird im allge-
meinen geringer in der Folge, in der sie genannt sind. Der
Einfluß deä dritten Faktors ist nicht leicht zn bestimmexi, indem
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über den Einfloß tob Nebenreizen auf die liaumwaiiruuiimung. gl
er zmöMm toh Zelt zu Zeit Tariiert und mit wadiBender ZaU
der Experimente almimmt. Weim die zwei Beize fremd flind, ist
die AufrnerkBamkeit am regsten, viele Amoziationen werden dnreli
die neuen Keize erweckt, besonders wird der Zweck des Neben-
reizes Yorjrestellt und, vorauscreBetzt daß die Erwartung des Ex-
perimentators bekannt oder richtig erraten ist (wub nicht immer
der Fall)| der Einfluß des Nebenreizcs verstärkt oder vermindert,
je nachdem die Yp in widerstreitender oder nachgebender DigpcK
^on. ist Der Einfluß des Nebenreizea Terringert sich auch, wenn
die Vp den C^egenataad der Experimente kennt and sehr gewiaran
baft und kritiaoh in ihren Beaktionen iat Indem aie ftoehtet, an
cioer Tloaehnng mÜzvwhrlEen nnd in einer Weise za reagieren,
wie der Experimentator es gerade ^wartet, wird ihr der zweite
Reiz ein Gegenstand der Warnung, anstatt der Anziehung.
Die en^'ähnten sind nur wenige der verschiedenen möglichen
Elemente, welche diesen dritten Faktor Jiuämaehen. Wenn die
Experimente längere Zeit mit wechselnden Vp fortgesetzt worden
sind, wird der Wert des dritten Faktors annähernd konstant, nnd
er kann dann aneh wohl betraolitet werden als das Maß der Fähige
keit der Yp, zwiseken den zwei Beizen sn nntersefaeiden. Wenn
die Yp nickt flhig wXie, zwischen den beiden Beizen zu nnter-
•dieiden, so wlbde die Beenltante, Yoranageaetst die beiden Beize
seien von gleicher Intensität, auf der Grenze zwischen den Direk-
tinnsHnien ihrer beiden K rillte stehen und mit diesen gleiche Winkel
bilüc^u oder in dem Falle, den ich beschrieben habe, würde die
LükaÜsierüug auf einem Punkte genau zwischen den beiden ge-
reisten Punkten stattfinden^). Dann kann die Entfernung zwischen
diesem Mittelpunkte und dem in Wirklichkeit lokalisierten Punkte^
wie konstatiert, aJs das Maß der Genauigkeit der Unterscheidnng
betnditet weiden.
Yon einem anderen Stan^nnkte ans lumn diese Entfernung
betrachtet werden als das Maß der motorischen Kraft mündlicher
Soggestion, die der Vp beim Beginne des Experiments gegeben
wird, z. B. : »lokalisieren Sie den distal j::elegenen Punkt< oder:
»lokalisieren Sie den jtroximai gelegenen«. Eine solche Inter-
pretation stimmt mit dem Faktum überein, daß die Entfernung sich
Terringert, je nachdem das Experiment fortschreitet; die mttndliche
1} Brflekner a.a.O. S.56.
Aackiv Ar P«yckolo^c L S
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82
Htywood J. Peane»
Suggestion Tcraltet im BewoBtsein, während die Sinnesreize durch
kooslante Wiederkolang emeaert werden. Wir wollen indessen
die Frage noch yon einem anderen Standpunkte betraohten. Wir
kQnnen TonMusetaeni daB der dritte Factor der Assosiationeii»
wenn er konstant wird, gleiek Nnll ist. Dann ist die Lokslisa-
tion eine Resultante ans dem zn lokalisierenden Reize and dem
sekundären Reize gleichen Charaktere ' . Eutspreehend einem viel
gebrauchten Prinzip in der Mechanik ist die Kesuitaute zwcici
yerschiedeii gerichteter Krälte durch die bia^onale eines Parallelo-
granmia dnr^^tellbar. Setzen wir in unserem Fall voraus, daß die
beiden Kräfte iu parallelen Linien wirken, so ist es bekanntUcb
sehr leicht, durch eine einfache mechanische Konstmktion za be-
weisen, daß die Besnltante der heiden Kräfte die Verbindtingslinie
ihrer Angriflfopnnkte in dem Pnnkte schneidet, welcher diese Linie
hl zwei solche Teile teilt, daB der grOBere sich zum klemeren
verhält umgekehrt wie die einwirkenden Kräfte. So läßt sich die
Eutferniiug des lokalisierten Punktes von dera primären und (Se-
kundären Keiz als ein Maß iUr die moturiäcbe Kraft derselben
ansehen.
Wir haben bisher die Lokalisationsbewe^rnng als Ausdruck f\Xi
die Wirkung der beiden in Erörterung stehenden hypothetischen
Erftfte betrachtet In meinen früheren Experimenten wnrdejadie
Lokaltsierang eines der gereizten Punkte durch Handbewegung ge-
fordert Spttter jedoch trat em Yergleichsurteü an die Stelle der
Bewegung. Die Resultate der beiden Arten von Experimenten
stimmten, wie schon vorher ausgeftihrt, in fast jeder Einzelheit
tiberein. Es eutöteht daher die Frajj^e, ob vielleicht das Urteil
ebenfalls unter den Einlluii soiclier Kräfte gesteiit werden darf,
d. b. ob es möglich ist, einen anderen Angriffspunkt fUr sie zu
finden, als die zentral-motorische Innervation zur Armbewegung-
Ich glaube, daß man diese Frage wird blähen dürfen. Die das
Urteil bildenden Faktoren hesw. ihre Resultanten »oben«, »unten«,
»gleich« kSnnen ebenso wie eine Innervation zur Aktion der Arm-
muakulatnr von der Beaehaflfenheit eines Kebenreiies abhängig ge-
dacht werden. GewiB ist der ganze Prozeß hier viel komplizierter,
1) Li diesen Formulierungen laaw ieh snDer Betracht gewisse sentnle
Fsktoien, und iwar die Ansiebnng des Gegenstandes der Aafmerkssmkeit
(gewühnliob die Hsiid}^ welehe eine konstante Verlegnng nach »unten« ver*
anseht.
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über den Einflaß von Nebenreizen aaf die Ewimwahniehmiuig. 83
es spielen noch mehr EiuüUBse eine lioUe, aber im Prinzip handelt
es sich, wie es scheint, um ähnliche psychophysische Prozesse.
In beiden Fällen werden wir uns eine Mannigfaltigkeit von Er-
regungen koordinierter Art verändert zu denken haben, je nachdem
ein Reiz ohne oder mit Nebenreiz in seiner Lage besitimmt werden solL
Das amgoBprochene Urteil aelbat kaan daher eben£img im Sinn einer
Resultante ans den beiden fleofloriBcben Erregungen anfgefaBt
werden, die tob den beiden applizierten Sdzen berrttbien, Bofem
die übrigen das Urteil bedingenden nnd bildenden Faktoren als
konstant anzusehen sind.
Indem wir dieses Prinzip des Gleichge^vichts der Kräfte auf die
Resultate der Experimente, die wir vor uns haben, anwenden,
können ^vir }i:ewisse SchlUsöe betreöend den relativen Wert der
Kräfte ziehen, die nicht ohne Interefise sein werden. Wir wollen
em einfiu^hes Beispiel nehmen : zwei durch 6,5 cm getrennte Punkte
werden gereizt Wenn die Vp den oberen lokalisiert , wird er in
der lUebtang des unteren um 1,8 cm Teisetzt Der Dnrehsehnitt
normaler Y eisetznng naeh nnten aber ist 1,0 em. Wir haben daher
die Kraft von 0,8 em, die wir dem Nebenreiz nnten zuschreiben.
Verglichen mit dem Hanptreiz ist die Kraft des Nebenreizes sehr
g:erinj2r, nämlich 0,8:5,7, d. h. jener ist vninl s » wirksam als
dieser. In einem zweiten Falle haben wir wicdci zvvci Punkte,
getrennt durch 6,5 cm. Die Vp lokalisiert jetzt den unteren mit dem
Resultat einer Versetzung Ton 1,8 cm nach oben. Da der normale
Durchschnitt der Versetzung in diesem Falle 0,8 cm unten ist, so
haben wir einen dureh den Nebenreiz ausgettbten Einfluß von 2,6 em,
d. h. seine Kraft TerhSlt sich zu der des Hauptreizes wie 2,6 : 3,9.
Dadurch wird gezeigt, da6 der proximale Nebenreiz eine relatiT
größere Kraft hat als der distale, und daB der Reiz, mit dem die
Äufinerksamkeit beschäftigt ist, oder der Hauptreiz, ob oben oder
unten, immer die ^ößere Kraft hat. Ob das Letztere bloß davon
herrührt, daß die Aufmerksamkeit 80 p:crichtet ist, oder von den
Assoziationen, welche den ausgezeichneten Heiz verstärken, oder
ob es scliließlich ein Ausdruck der motorischen Kraft mündlicher
Suggestion »unten« oder »oben« ist, sind Fragen, deren Beant-
wortung noch mehr oder weniger dunkel ist Nach meiner An*
sidit ist der letztgenannte Faktor der einzige, mit dem wir zu
tun haben, denn Äufinerksamkeit ist^ wie ieh glaube, ein remes
Phänomen, das die Vorstellung begleitet, welche die grüßte Kraft
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84
lutt, selbst aber der Vorstelliing keine Kraft gibt Aflaoziatioaeii
spielen zweifellos am Anfimg ^e wlohtige Bolle, aber sie vei-
ringem sieh an Zahl und Kraft, sowie die ZaU der ^edediolnn-
gen des Experimenls zunimmt Der entMsfaeidende Faktor ftr den
größeren EinfloB des Hanptreizes ist also wohl die Tatsaeke, dafi
er dnreh die vom Experimentator gestellte Anfgabe em besonderes
Gewicht erhalten hat und eine entsprechende senflorisch-motorische
Eiüstelluü^ voriiiidetj auf welche der Nebenreiz nach Maßgabe
seiner Intensität, Eutfenmng: und Lage, vielleicht anch seiner Qua-
lität und Dauer raudilizierend einwirkt. So treten nsiiltierende,
»mittlere« Lokalisationen in Bewegung oder Urteil ein, die mit
bekannten £r8cheiniu)gen auf anderen Gebieten in o£fenbarem Zu«
sammenhange stehen.
Ym. Kapitel. Die Beziehung zu den optiscken
Täasehnngen.
Die Bezi^nng der T&nsehimgen' bei der taktilen Ranmwahr-
nehmnng an der allgemeinen hier betrachteten Frage ist nnrerkenn-
bar. Eine Erklärung des allgemeinen Einflusses von Nebenreizen
muß auf die Erklärung solclier Tiiuseliim^'eu anweudbar sein.
Ferner ist die Ähnlichkeit der behandelten Tasttäuschnng und der
unter dem Namen der MUller-Lyer' sehen bekanuiin optii^chen
Täuschung so offenbar, daß ich es nicht fllr notwendig gehalten
habe, bei der Beschreibung meiner Versuchsresultate im einzelnen
daranf einzugehen. Nur in einem Punkte scheint ein ansgespro-
ekener Unterschied zwischen beiden obzuwalten. Heymans bat
bekanntlieb gefunden. daB die Mttller-Lyer*sehe T&nsohnng mit
Eonehmender Länge der yeiglichenen Linie wSehsti). Meine Yer-
snehe stimmen fta die Ugar mit einwärts gekehrten Sebenkeln
damit llberein, aber bei der anderen habe leb das entgegengesetzte
Veriudten beobaebtet nnd zngleiob dieses als das normale wahr-
schemlich gemacht. Heymans hat, was vielleicht ein wesentlicher
Unterschied in der Versnchsanordnung war, beide > iguren gleich-
zeitig einwirken lassen. Wir kuunen daher nicht entscheiden,
ob dieser Umstand oder andere Verhältnisse die Abweichimg in
unseren Eigebuisseu bedingt liaben.
1) Zeitsdir. f. Payekol. IX, S. m Vgl Thi^ry in PhUos. Stnd. Zn,
S.80f
Übw den Einfluß von Nebenreizen mif die BMunwahmehmiing. 85
Der Täii9chxingsbetrag war h& unseren Tttstrersnchen weit
irrößer, als der uul optiscLciii Gebiet bisher fe8t{,'estellte. Der Ein-
duß eiiiea Nebenreizes ist eben höchst wahrscheinlich vou der
ünter8chied88chweUe des betreffenden Sinnesgrebietes abhängig.
Im allgemeinen können wir wohl Batten, daß alle Täuschungen
dieser Art das Ergebnis der Kelativität unserer Sinneswahmehmnng
sind. Jeder GlegeoBtand derselben wird mit irgend welcher Be-
Behnng anf seine Umgebnng wahrgenommen. So wird anch die
Penaptton einer Linie doroh alle GogenBtXnde» die Boiuti noeh in dem
Wahmehmimgafelde gegeben aind, beeinfluBt, und von jedem soleher
Nebenreize dürfte die allgemeine Geaetzmftfiigkeit gelten» die wir
mit allem Vorbebalt aufgestellt baben. Wir werden dämm nur
eine solobe Tbeorie der HttUer-Lyer'scben T&nscbiiiig ftlr ans-
reichend halten kOnnen, welehe sieh zngleieh anf die analogen
Erscheinungen des Tastsinns anwenden läßt. Eine Theorie wie
diejenifre von Thiery^j kauu deshalb keine allgemein befriedi-
gende KrkläruDg für diese Täusch ung-en heißen, mag sie auch ge-
wisse mehr zufällige optische £rächeiuimgen zutreffend berück-
sichtigen.
Vielleicht ist es möglich, Wnndt's Theorie der Angenbewegnngen
(ladurcb fUr die taktile Täuschung fraehtbar za machen, daß etwa
Hand- oder ArmbewQgnngen hier herangezogen werden^). Aber
das allgemeine Gesetz des EiniliiBseB von Nebenreizen wtirde' aneb
m diesem Falle die Grundlage zn bilden baben, so daB die Be-
wegungen nnd BewQgmigstendenzen nebst den Bildern von ihnen
nnr als ein sekondires Pbftnomen in Betracht kttmen. Die Theorie
Ton Hey man 8 3) ftigt zu der Wirkung der Angenbewegungen das
Küutrastphänomen als Ursache der Täuschung hinzu. Aber sehr
Tiele meiner Elxperimente wurden in der Weise ausgeführt, daß in
einer bestimmten Versuchsreihe nur ein einziger Figurentypus zur
.\nwtiiiluiii: kam Eine Kontnist\\ irknng konnte sieb hier kaum
geltend macheu, und trotzdem war die Täuschung unverändert.
Heymans hat seine Theorie namentlich mit Rücksicht auf das
Ton ihm entdeckte Maximumgesetz angestellt. Aber dieses haben
aneb wir im Gebiet der Tasttftoschungen unter Bedingungen ver-
wirklieht gefimden, wo an einen Beweguigskontrast nieht zn denken
1; Philos. Stud. XII, S. 121 ä.
^ Oeometriseh-optifehe TSntehiuigen. 3. 100 IL 8) a. s. 0. S. 248 ff.
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86
Haywood J. Pearce,
ist. Der Saehverlult des MazminmgeBeizee läßt sieh Tielmebr, wie
uns flebemt» mit der AbbAogigkeit des Tanscbnogsbetrags Ton der
Entfernnng der Nebenreise in ZnsanunenhaDg bringen und wird
seine Erklilnuig nnr in einer psychophysiseben Tbeorie des Ein-
flusses Ton Nebenreizen finden, zu der die vorliegende Untersuchung
nur einen Austoß geben möchte.
Am meisten nahe gekommen ist den von uns entwickelten Ge-
sicbt^puiiktcii vieUeieht eine Ausführung von Jastrow über diesen
Gegenstand, die sieb jedoeli in rein psychologischen Begnflfeu be-
we^. £r beruft sich auf das allgemeine Prinzip, daß alle Täu-
schungen aus der Tendenz relativ zu urteilen hervorgehen. Seine
Ansiebt jedoeh| daß alle Täuschungen Urteils- und nicht Wahr-
nebmongstänsebmigen sind, ist gewiß niebt riebtig. Die Tatsachen
zeigen im Gegenteil Überall, dafi das Urteil nur ein Ansdraek itlr
das in der Wabmebmnng Oegebene ist*). Naeb ICttUer-Lyer*}
ist die Täuschung anf die Tataaobe znrttckznfttbren, daß wir niobt
nnr die Linie, sondern aneb den Raum swiseboi den 4 Sebenkebi
mit berQeksicbtigen. Bei meinen Versuchen bestanden jedoch die
Schenkel oft nur aus je einem Keiz, und es ist 8( In ua wahrschein-
lich, daß die olTenen Räume für die Aufmerksamkeit der Vp bei
unseren Tastexperimenten eine Rolle gespielt haben. Fllr den Ge-
sichtssinn kommen die weißen Fläebeu zwischen den Schenkeln
freilich als Reize in Betracht, aber auf der Hant bedeuten der-
artige Bäume nichts, weil sie durch keinen Reiz znm Bewußtsein
gebracbt werden. Nach der Aussage der Vp verfolgte die Auf-
merksamkeit stets nnr die gereizten Hantstellen. Ans einem äbn-
Heben Grande ist ancb die Tbeorie von Anerbaob«) zu ver-
werfen.
Diese flttcbtige und bei weitem mcbt erscbOpfende Obersiebt
Uber die der Mttller-Lyer'sebra Tänsebung zu Teil gewordenen
Erklärungen^) mag die Bedentnng nnd Tragweite der bter mitge-
teilten Versuchsresultate und des von uns aufgestellten allgemeinen
rnuzip« erläutern. Eine eingehende Diskussion der optischen
1) Americ. Jonni. nf Psycbol. IV, S. 381 ff.
2\ V-1. Wirasek in der Zeitßchr. f. Psychol. XIX, 8. 61 ff.
3} Zcitschr. i. Paychol. IX, S. 1 ff., uad X, S. 421 ff.
4) 8.a.0. Vn, S. 152 ff.
6) Vgl. die knne nnd klare Darlegung denelbea bd Titchener, Experin.
PsyehoL I, Put II, S. 8S1 S.
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über deu Einflaß von Nebeureixeu auf die Kaamw&hrneüiuuag. g7
TloBehiiiigmi Hegt anßerluüb des Babmens dieser Abhaadlnng i).
Jedenfalls glaube iob, daß das allgemeine Prinzip, welcbes bier anl
Grand der Ergebnisse einer taktilen Untersnchnng formnliert worden
i«t, uns anr li zu einer umfasaenduii und befriedigenden Erklärung der
optischen Wahmehmiingstäuschimgen führen wird. VerRuehe, welche
ich mit der Mtlller-Ly er 'sehen Fignr zum Zweck einer notwen-
digen Vergleiehung mit den taktilen Erscheinungen im einzelnen
durchznfhhren begann, mußten leider ans äußeren Umständen vor-
llofig abgebrochen werden.
Dritter Absehaitt Die Empauglichkeit lür den Binflifi
von NebenreiieiL
IX. Kapitel Der Nebenreiz als 'Öuggestiou«.
Ich babe den Nebenreiz froher einen snggestiTen Beit oder eine
Saggestion genamii Der Oebraneb dieses Ausdruckes erfordert
TieDeiebt einige Beebtfertignng, und indem ich diese biete, boffe
ieh imstande zn sein, einige weitere Fortschritte in meuier Inter-
pretation der Resultate dieser Experimente zu machen. Im weiten
Sinne gesprochen ist die psychologische Welt über die Frage der
Suffircstion in zwei große Parteien geteilt. Die eine Partei, deren
vnikäamster Vertreter Lipps isf, Im steht darauf, den Ausdruck
Suggestion auf die Ursache t uit s in seiner Natur abnormen Phä-
nomens zu beschränken, wofür die Hypnose typisch ist. Die andere
Partei, bei der Sobmidkunz in Deutschland und Boris Sidis
in Amerika zu erwähnen sind, tritt dafttr ein, daß die der Sug-
gestion entspringenden Phänomene zn den normalen Erfnbrongen ge-
hören. Sidis bat ges^en und gelesen, daß Mengen Ton der Hacbt
der Snggestion beherrscht wurden, nnd Sobmidkunz bat gefbnden,
1 IHe mit bf^wnndcrnnp^würdtfrom Schnrff^ma durch ^reftihrte ästhetisch-
mechaiiiacbe Thron' von Lipps trügt, wie mir scheint, der ursprünp^Hcheii.
?oii V'ergleichaug uud lieproduktionstätigkeit unabhüngigcn Natur der be-
fprochenen TKoschiuigmi kehie binroicheade Beehnimg. Schon Ton Beiehel
Cher dea QtOfienkontrast Breelaner IMiaerk 1899] iit darauf hingewiesen
worden, daß die ästhetisch-mechaniBchc Intorpretation nicht die Tänsehung
eneogt. sondern vielmehr auf ihr beruht. Don nüinlichen Gi'HiVhtspunkt hat
Wnndt Physiol. Psychol. 11,«^ S. 575i neuerdintrw t^eltcMul j^euiueiit. Außer-
dem gaben, wie uietue Vp erkikrteu, die taktileu TäuBchuugeu m jener
fathetUdt-mechaniachen Interpretation keinen nnmittetbaren Anlaß.
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88
iiaywood J. Pearce,
dafi SlOoke, Steine und andere gewOlmliohe Dinge die liaelit der
Snggeition anf normale IndiTidnen anettbten. Wenn man die
SohlllBfle der Btteher ttber »Suggestion« Ton den beiden letztge-
nannten Autoren «taammenfaflsen würde, so, glanbe ieh, wttrde
kanra irgend etwas »im Himmel, ttber nnd unter der Erde
und iu deu Wassern* übrig bleil)en, was nicht vou einem oder
dem anderen derselben als mögliches Agens der Suggestion be-
trachtet werden würde, noch würde man eine Kreatur einer dieser
genannten Kegitnien finden, bei der jegliche Handlung nicht
schlieBlioh auf eine Suggestion als Ursache zorUckgetUhrt werden
könnte.
Es ist zogleich klar, daß, wenn man den Standpunkt der zuerst
erwähnten Partei der Peychologen einninunt, der Gebianoh des
Anadmekes Suggestion ftr nnseren Nebenrwa nicht gereehtfertigt
sein kann. Ich mnB daher meine Beehtfertignng an der Hand der
zweiten Partei suchen. Im allgemeinen wird von diesem Stand-
punkt die Suggestion betrachtet als Beiz ftlr eine Reaktion, die
nicht von dem bewußten Handeln des Reagierenden beherrscht
wird , mit anderen Worten : man redet v*)n einer Suggestion, wenn
immer die Reaktion vou der Empfindung zur motorischen Aus-
lf?Min- fortschreitet, ohne eine wesentliche Modifikatio n durch die
Vp zu erfahren. Einige Autoren würden vielleicht behaupten, daß
Unbewußtsein sowohl von Ueizcu, als von motorischen Reaktionen
ein notwendiges Kennzeichen der Suggestion sei; Andere, daß so-
fortige Reaktion solch ein Merkmal sei. Es wttrde nnseren Zweck
nicht fördern, die Tersehiedenen sekundären Kennzeichen, welche
genannt worden sind, zu erOrtem. Es mOge genügen zu sagen, dafi,
sowttt die Kenntnis des Verfassers geht, jedes derartige Merkmal
Gruppen von Phänomenen ausschlieBen wttrde, welcbe alle anderen
charakteristischen Zttge der Suggestion hsben.
Diese Verwirrung in dem Gebranch des Ansdmckes Suggestion
rührt von der Tatsache her, <h\[\ ci" zuerst von liruid gebraucht
wurde, um die Ursache der liy]moti8chen Phänomene zu bezeichnen.
Zu Braid'ö Zeit wurden hypnotische Phänomene als geheimnis-
volle . unheimliche Manifestationen des persönlichen Magnetismus
oder EiuÜusses angesehen. Er erkannte sie als den Ausdruck eines
Gesetzes des innersten Wesens einer Person, durch welches moto-
rische Reaktionen gewissen Vorstellnngen mit derselben Regelmäßig-
keit folgen, wie das Wasser vom Beige fliefit Das Mittel, nm
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Ober dea £iiifiaß von Nebenralaen auf die RamnwahniehiBang. 89
diese Voretellangen zu erwecken, nannte er Sngrgestion. Braid's
Folgerungen und Ausdrücke wurdeu mit Eüthubiaäuius von seineu
Nachfolg"em angenommen, aber in der Meinunj? vieler behielt Hyp-
nose deiinoeii üiuen Autiug von Unheimlii ht m , und Suggestion
wurde entsprechend als große und einigermaßen mysteriöse Macht
b^rachtet Darum ist der Vorschlag, sie ihre» Mysteriums zu
bennben und sie mit den gewöhnlichen tttglichen Funktionen
n beUeideOi ndfigttnstig aufgenommen worden. Dieser Yonehlag
ttnfl mir auf eine Umkebrnng Ton Braid'B Verfahren lunana. Er
eiljuuito die VerwandtMdiaft der hypnotiflchen Phänomene mit ge-
wissen normalen an, entlehnte das Wort, womit pofndirer Spraeh-
gebraneh die Ursaehe der letderea beoeiehnetei nnd legte es den
ersleren bei. Wir erkennen jetzt diese Verwandtschaft abermals
an und unterliegen damit der Tendenz, den Gebrauch des Aus-
druckes weit Uber die hypnotischen Erscheinungen auszudehnen
Wenn ich meine Vp G. hypnotisiere, erwecke ieh in ihrem
Geiste Vorstellungen von schweren Augcnlideni, die alle Sinnes-
eindrtlcke ausschließen, von Schlaf etc. Er scliiaft und man sagt,
ich habe ihn hypnotisiert In einem gewissen Sinne ist das wahr,
sber es ist Tatsache, daß mein Anteil an diesem Voigange ein sehr
geringer war. Ich spraob nnr die Worte — ein Phonogiapb hätte
10» ebensogut sprecAien kOnnen — nnd diese Worte erweckten
dsreb Assoziation die korrespondierenden sensorisch-motorischen
Vorsteilaiigen, nnd das Haben einer sensoriscb -motorischen
Vorstellung — wenn nicht das motorische fiaement gehemmt ist
— ist gleicbbedentend mit einer Reproduktion der Em-
pfindung und des motorischen Ausdruckes*). In diesem
Satz liegt, so viel ich sehe, der Schllissel zu dem ganzen Geheim-
nis der hypnotischen und vieler anderer aijuormer, wie auch nor-
maler Phänonu ue.
Wenn ich durch eine iierühruug der Haut eine von dem Re-
agierenden ungewollte und ihm nnbewuüte Reaktion heryorrufe, so
spreche ich Ton Snggestion, weil es analog ist dem Prozess, durch
welchen Hypnose herbeigeführt wird. In diesem Falle suggeriere
ich niefat Schlaf nnd schwere Angenlider, sondern Handhewegong
in einer bestimmten Biebtnng; ich gebrancbe nicht Worte, am die
1] Von diesem Standpunkt ist es viel schwieriger zu erklären, warum
sIm Perton der Soggestioa nicht nachgibt, als warum sie es tut.
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90
fiaywood J. Pearce,
flemoriicii-iiiotoiiBelie YonteUiuig zu erwecken , aondeni BeSznng
einer bestimmten Hantstette. Bw Resnltot ist dasselbe — die Vor-
Btellung wird erweckt, und ihr motorisches Element muB notwendiger-
weise Ausdrnck finden in der entsprechenden Kcaktion. Diese steht
im Widerspruche mit der Handlung, welche das Individunni, wenn
un^'estiirt, vollftihreu würde. Damit haben wir ein zweites Kri-
teriam der Suggestion. Ein drittes ist die Tatsache, daß die
Vp absolnt kein Bewnütsein davon hat, der Beeinflussiing durch
den suggestiven Reiz nachgegeben zn haben. Es ist charakte-
ristiseh für die meisten Individnen» daß sie einer Suggestion zu
widenteben snehen. Der Wideistand manifestiert sieh durch ein
extremes Verharren in der alten Bichtong. Erst nachdem wir
dnreb Wiedeiliolnng mit der Yersncbnng vertrant -geworden sind
nnd zugleich die bildliche VonrteUnng im Bewnfitsein lebhafter ge-
worden ist, fangen wir nadi nnd nach an nachzugeben. Eine Ver-
suchung ist die Erweckung von sensorisch -motorischen Vorstel-
lungen, deren mutorische Elemente gewohnheitsgemäß gehemmt
werden. Aber die Kratt t incr Vorstellung wächst jedesmal, wenn
sie im Bewußtsein erscheint, und wenn sie oft genug erscheint,
wird sie schließlich stark genug, um sich von den Fesseln der
Hemmung zu befreien and einen angemessenen motoiischeu Aus-
dnick zn finden ^j.
Ein bekannter Vers von Pope drückt poetisch sowie Wissenschaft»
lieh diesen chaiakteristiBclten Zng des Menschengeschleohtes ans:
Vice ift a moniter of saeh hidaons nden,
That to be hated, aeeds bat to be seen,
Bttt, aeen to oft — CuaUlar will her Ikoe,
We finrt endnie^ tbea pily, fhoi embnce.
Dieser Widerstand, schwankend im Nachgeben und schließlich
sich ganz dem EinJiusst di s suggestiven Keiz-^s liiugebeuti, wajr
in der Praxis bei allen meinen Vp charakteristisch und kann
leicht durch die Tabellen der schon mitgeteilten Besnltate dargetan
werden. Wenn man geneigt wäre zu moralisieren^ so konnte man
dazu in den so betrachteten Experimenten einen geeigneten Gegen-
stand finden nnd Merans sehlieften, daB die Ge&hr fllr lasterhafte
1) Die angeführten Merkmale des äuggeBtionübegritTö bcstimuieu ihn tat-
sächlich in ganz ähnlicher Weise, wie Lipps ihn definiert hat (Sitzber. der
phfloi.-phaoL nnd d. Ust KL der bayr. AktA (U Wias. 1807, Bd. n, a 384).
über den £iuiiuß von Nebenreizen aof die Kaiuuwahmehmang. 91
AMoiifttionen und das daraas folgende Übel in der neb aUmlUiiieb
dnicbsetzenden Veiindemng liegt, die doieb Bolebe wiederbolte
Saggestionen in der Disposition zum Handeln zustande gebracht
wird. Wir rühmen uns der ünabhänj^igkeit uusereö Denkens und
haben in einem gewissen wichtigen Sinne auch ein Recht dazn,
das ich weder lengnen noch herubsetzen will A]»er wir unter-
l;!«»gen oft anzuerkennen, dass unsere {regen\^ artige Luabiiängig-
keit erworben und nicht ererbt ist. Unser psychisches und phy-
^bes Sein ist angebaut onter Zuwachs von Elementen, die
nnflerer Umgehnng entstammen. Jeder ist in einem gegebenen
Moment von der Umgebung nnabbSngig geworden und bat gewiß
eine TerbältniamiBig lange Zeitperiode hindnroh die rerscfaiedenr
Bten von semer Umgebnng äbbängigen Fnnktionen amgefttbrt
Aber ein Jeder maß Immerfort in dieser selben Umgebung nenes
Material für sein Dasein sndien» Und so emenert sieb gleiobsam
das psycbisebe Wesen yon Zeit zn Zeit dnrob nene Vorstellungen,
welche die Stelle derjenigen einnehmen, die »verbraucht und nutz-
los« geworden sind. Nachdem das Individuum ein gewisses Alter
der Keife erreieht hat. behalten die neuen \'or9tellungen die Qua-
lität der alten. Vorstellungen einer spezifisehen Qualität haben
allmählich einen so großen Umfang erlangt, dass sie die Macht
besitzen^ das Kindringen anderer, qualitativ verschiedener Vor-
ateUongen zn bemmen. Den Charakter eines solchen Individuums
seont man ansgereüt Aber in einem nnansgebildeten Cbarakter
sind aUe Yorstelltingen gleieb wiUkommen. Die Anfflibrang ist bente
gnt, weil die sensoriseb-motoriseben Vorstellnngen von beute znfidlig
das Element des Gnten In sieb baben; sie ist morgen scblecbt
ans gleicber Ursaebe. Sebdnbar entfaltet ein solebes Individnnm
die größte Freibeit des Willens, wäbrend es in Wirkliebkeit ein
Schwanken des Charakters zeigt. Solehe Individuen sind beson-
ders zugänglich fllr einen Einfluß indirekter unljewußter Art, aber
vor allem für solehe, die neue Kombinationen von Tätigkeiten ent-
halten. Die Reaktion bei solchen Suggestionoii ist ganz analog
derjenigen meiner Vp gegenüber dem sekundären lieiz. Wenn es
ältere Vorstellungen im Bewußtsein gibt, welche der suggerierten
Handlung widerstehen, wie das gewöhnlich der Fall ist, so ent-
stebt zuerst eine Reaktion , die von der extremen Tätigkeit der
widerstreitenden älteren YorsteUnng beberrsebt wird. Dnrcb Wieder-
bolnng indessen wäebst die Kraft der Suggestion, bis endlicb die
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Hftywood J. Pearc«^
alteu, durch den laiigeu und jetzt ungleichen Kampf mit den
frischen Kniften abgenutzten VorstcUiuiEren gleich besiegten Sol-
daten vom riclilachtfelde weichen. Bo/eiehnend und eigentümlich
iöt ea, daß nipistenteils die Vorbereitungen zu dem Kampfe in
dem Unterbewußtsein des Individuums platzgreifeu. Mau wird
Bich selten dessen eher bewußt, daß man seine Meinung geändert
hat| als bis man eine neue hat. Man weiB iiiemals, daß man eine
VonteUnng hat, als bis sie »groß genug ist, am herrorsntrateac.
X. Kapitel. Abnorme Snggestibilität
loh denke, es ist durch die bisherigen Ansfthnmgen klar ge-
worden, daß die Kraft der Suggestion in der senaorisclHnotori-
sehen Natur des Menschen liegt, indem die beiden Seiten seiner
physischen Konstitution so miteinander zusammenhängen, daß der
Reiz auf der einen Seite nur vollständig wird durch die Kontrak-
tion auf der anderen. Die Schwierigkeit fHr den Psychologen be-
steht daher nicht darin, zii erklären, warum ein Reiz auf eine
Muskelkontraktion hinausläuft - dies ist letzten Endes eines der
Probleme der ]i]iy8iologischen Chemie — , sondern warum ein
spezifischer Reiz keinen Ausdruck in einer Muskelkontraktion
findet, nicht warum eine spezifische Suggestion eine gewisse Kraft
hat, sondern warum eine andere Su^estion Yon gleichem Clia-
xakter scheinbar keine Kraft hat Die Antwort auf diese Frage
liegt einerseits darin, daB die physiologische Natur des Organismus
QelegenhMt ftr Hemmung bietet, und andererseits darin, daß Vor-
stellungen, deren motorische Reaktionen entgegengesebt sind, ohne
Ausdruck bleiben.
Hypnf)8e ist nun der Zustand, lu welchem das Indi\ uliium für
die Suggestion besonders zuiränglich ist Der Ausdnuk »hypno-
tisiert« wird nicht eher richtig auf ein Individuum augcw ;uidt, als
bis es aulgehürt hat, willkürlich zu handeln, obgleich man sich in
Widersprüche verwiekeln würde, wenn man sagte, daß eine Per-
son vor diesem Zeitpunkte nicht hypnotisch beeinflußt sei.
Der Unterschied zwischen einem normalen Individuum und einem
hypnotisierten liegt aussehliefilich in dem Charakter des Bewußt-
seins beider.
Nun besteht das Bewußtsein des normalen Individuums aus
einer Mannigfaltigkeit von Zustünden, die von zuftUligen Um-
stinden herrtthren, unter Hinzuftigung mehr oder weniger bestimmter
. j . : y Google
über den Eiiiliiß von Hebenreiieii axif die Baiimwahr&eliiDtiiig. 93
Vorstellangen unabhängrigeH Handelns einerseits und eines gewissen
Mißtrauens andererseits. Die Stärke dieser beiden letzten Yor-
stellnngen, vereint mit der natürlichen Eindrueksfähigkeit
des IndividaaniB, bestimmen seine Snggestibilität In dem Falle
des hypnotisierten ÜDdividmuDS ist die Eiaft jener VofsteUnngen
auf ein Minironm lediiziert. Dieses kann anf dreierlei Weise za-
stande kommen: 1] Die Vp kann eine fllieririebene Vorstellung
TOD der Hadit des Operierenden baben, durch welehe die Yor-
steDmig des Widerstandes Tfi die Flucht getrieben wird. 2) Die
Vp kann freiwillig (von innen herans) die Vorstellimg des Wider-
siaüdes aufgeben, das Eindrin{;en anderer als der suggerierten Vor-
stelluDfren ine Bewußtsein hemmen. (Es versteht sich von selbst,
daß diese Ireiwilligc Haiidlunpr auch durch V^nstcllun^'cii angeregt
wird.) 3) Die Vp kann gänzlich passiv bleiben, d. h. widerstehende
Voisteilnngen verschwinden aus dem Bewußtsein, und dasselbe
Kesnltat kann dnrch Vorstellnngen hervorgebracht werden, die
durch mOndliche Suggestion des Operierenden erweckt werden.
Nach dieser Ansicht kann sich ein IndiTidanm in dem von der
VoisteUniig beherrschten Zustande befinden. Das »Haben der
Yoistellnng des Schlafes« und das »Schlafengehen« gehören an-
ttmmen. Ich kann das Wort Schlaf denken, sicherlieh, nnd nidit
lehlafen. Aber wenn ich das Wort Schlaf denke, so ist die sen-
sorisch-motorische Vorstellnng Schlaf gleichsam erregt, da sie durch
Assoziation mit der betreffeuden Wortvorstelluüg eng verbanden
isi. Daher kommt es, daß durch die Verbalsnggestion des Wortes
»Scblaf» der aktuelle Zustand hervorgebracht werden kann. Ge-
wöhnlich aber erfordert diese Prozedur sehr viele Wiederholungen
der Saggestion and den Beistand anderer daza gehörender Methoden,
wie das Ermtlden der Aogenmnskeln, ai)i die nittige Reproduktion
herrorznbringen.
Es sind viele sogenannte Grade der Hypnose yon verschiedenen
Atttoren uiterschieden worden, die von Tcrscfaiedenen Standpunkten
aus geschrieben haben. Von diesen erseheinen mir drei der Be-
tiaehtong als getrennte Gkade wert, nSmlidi Lethargie, Katalepsie
and Somnambnlie. Diese sind auch yerschieden durch den jeweili-
gen Zastand des Bewußtseins. Lethargie ist vorherrschend ein
negativer Zustand, dem Schlafe gleichend, mit iniiiimalem Bevt ußt-
sein. Hier gibt es keine willkürlichen Impulse, ebensowenig tritt
eine £mpfUnglichkeit für weitere Suggestion hervor, die notwendig
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94
Haywood J. Pearee,
Öfter wiederholt werden mnß, um die Reaktion zu Biebern. Es ist
darin eine mehr oder weniger voUständige Dissoziation swischen
den Vorstellangen nnd eine ungenügende Koordination gelben.
In der Katalepeie ist ebenfaUs das BewaBlaein sehr eng. Ein so-
genannter Bapport zwischen der Vp nnd dem Experimentator ist
indessen hergestellt, nnd die HanptTorstellung in dem Geiste der
Vp ist der Gehorsam gegenüber dem Befehle des Experimentators.
Die von dem Experimentator suggerierten Vorstellnngen bleiben
fest und wirksam in dem Geiste des Vp nnd werden ans ihrem
Bewußtsein nur entfernt durch die Suggestion anderer Vorstellun-
gen. Der vüllkouaiieustc Grad der Hypnose ist die Somnambulie.
Hier ist das Bewußtsein fast so täti^- nnd beweglich, wie im nor-
malen Zustande, nur daß die V^rstellun^^ von dem Exj)eriiiieutator
immer konstaut bleibt. Assoziationen sind zahlreich, aber stets
von der £igentttmliehkeit| die suggerierte Vorstellung zu verstärken.
Die Vp kann vollkommen normal erscheinen und eine Unterhaltung
mit einer dritten Partei ftlhren. Es ist dabei no<^ manchmal ein
Mangel an Spontaneität angenscheinlieh, aber eine Suggestion setzt
alles in Ordnung, und die Assoziationen verstKrlLen die erforder-
liche Tätigkeit.
Zum Zweeke der Untersnohung einiger Hericmale des hypno-
tischen Zustandes habe ich das Lokalisationsesperiment an ein
und derselben Vp fG.) sowohl im hypnütiscbcu aU auch im nor-
malen Zuüuuidc ausgetllhrt, wobei die VerHuche wHhreud der Hyp-
nose bald vor, bald nach den bei normalem Bewiibtsein erfolgten
geschahen. In jeder Sitzunjr wurdi n /.wei solche Reihen von Ex-
perimenten durchget\ihrt, indem jede Reihe aus 90 Reaktionen be-
stand. Die Methode war folgende. Die Vp wurde am rechten
Vorderarm mit einem hölzernen Griffel gereizt Es wurde dann
von ihr yerlangt, nüt geschlossenen Augen den gereizten Punkt
mit einem Shnliehen Instrumente, das sie in der linken Hand
hielt, zu bertthren. Der normale dabei begangene Fehler wurde
durch eine Beihe von 10 Yersuehen bestimmt , die in Abständen
▼on etwa 3 — 4 Sekunden aufeinander folgten. Dieselben Punkte
wurden dann wieder gereizt und gleichzeitig ein Kebenreiz 8,5 cm
nnter dem ersten appliziert. Eine Reihe von 10 solchen Versuchen
zeigt den Einfluß der * Suggestion unten«. Darnach wurden die-
selben Punkte gereizt und gleichzeitig ein Nebenreiz H.5 cm über
dem zu lokalisierenden Punkte angebracht 10 Versuche zeigen
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über den Einfloß Ton Nebenreinen saf die Bnamwabniehmnng. 95
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96
Haywood J. Pearea,
den EinflnB der »Sngfresti» n oitcu«. In jedem Falle wird die Kraft
der Sue:ß:eBtinii durch das Wachsen der LokaUäatioiisfeliler im Ver-
gleich mit dem Normalfebler l)e8timmt
In der diese Versuche zusanmieufassenden Tabelle XXII') sind
rerschiedene Tatsachen der Betrachtung wert. 1. Der mittlere
Fehler bei Lokalidenuig eines einzelnen Reizes (ohne Nebenreiz)
ist geringer im normalen, als im hypnotiBehen ZnBtande. Dieses
ReBoltnt war meiner Erwartimg direkt enigegengesetii Wir sind
gewohnt, die Hypnose als einen hypefempfindlichen Znstand an
betrachten. £in solcher war entschieden nicht vorhanden bei
meiner Vp, deren Znsland zwisdben Katalq[Mie nnd Lethaigie lag.
Daß Hyperempfindlichkeit, in gewissem Sinne wenigstens, beim
somnambnleu Zustande erzeugt werden kann, ist fraglos; aber daö
gilt sicherlich nicht ftir alle Phasen im hypnotischen Zustande.
2. Die mittlere Variation ist geringer im hypnotischen, als im
normalen Zustande. Dieses stimmt mit dem schon ausgesproche-
nen Glauben überein, daß die freie Reproduktion, subjektiver
Eindrucke z. B., geringer and allgemein der Einfluß ablenkender,
variabler Faktoren schwächer ist im hypnotischen, als im normalen
Znstande. 3. Der EmfluB der »Suggestion oben« ist grQfier im
hypnotischen, als im normalen Zustande, nnd vice versa der Ein-
flnfi der »Suggestion nnlen« geringer im hypnotiseheo, als im
normalen Zustande. Der Gmnd dafür liegt vieileidht in einem
besonderen Yontag der proximalen Reise 1^ die Anfinerksamkeit,
der im hypnotischen Zustande noch ansschlicBlieher nnd intensiver
als im normalen zur Geltung kommen konnte. Wenn wir beide
Einflüsse zusaiumenrechnen, so finden wir, daß der mittlere Ein-
fluß der Suggestion der gleiche ist in beiden Zuständen, indem der
Durchschnitt im normalen cm und im hypnotischen 3,05 cm
beträgt.
Das antomatenhafte Verhalten der Yp bei den Versuchen im
hypnotischen Znstande war besonders geeignet, den Elinfluß der
Kebenreize als einen primSren, nicht dnroh vermittefaide Vorstel-
lungen, Urteile nnd deigL eist erzeogten erkennen zn lassen. So
1) Ygl. Fiycholoflr. Bev. JX^ S. 331 ff.
2] In dieser bedeuten die den Zahlen beigesetzten U bCKw. 0 die Rieh*
tung dtT Lokalisation im VprliHltTiiv ^iirn Nonnalreiz. (V h nuter bezw. über
ihm. Die Minuszeichen weisen auf eine der äoggestion entgegengesetzte Lage
des iokaiiöierten Punktes hin.
. j . : y Google
Übw den EinftiO von NebenioiMii anf cB« Banmwalinielimiiiig. 97
dienten diese Experimente, die im weseutliciieu nur bereits be-
kannte £i8ciiemnngen wiederholten, anch dazu, \mn in der Uber-
lengiiDg Ton der aUgemdaen psyehophysischen Gesetzmäßigkeit
dieeee EiiifliiBBeB xn beetftrken und die aUgemeinen Betiaebtangen
dee FOTigen Abeolmittes 211 reehtfertigeii.
XI. Kapitel Snggeetibilitüt und Intelligens.
£0 ist angenommen worden, daß es eine direkte ProportionalifiU
xwisefaen SnggeetiMlititt nnd Intelligens gibt Soweit meine Kenntnis
geht, hat man noch keinen Versuch gemacht, sie zu crklareu, inui
auf die Gegenwart bleibt sie eine reine Hypothese. Kut-
gprechend dem Gesichtsptmktc, der anf den vorherp:ehenden Seiten
entwickelt ist, häiijürt der Grad der Suggestibilitat eiuea Indivi-
duoms Ton zwei Faktoren ab, vorausgesetzt daß man nnter Sng-
gestibilitäft die Neignng des Individnums versteht, eine suggerierte
Handlung aiuniiUhren. Der erste dieser Faktoren besteht aas den
Repfodnktioiieii, welehe dweh die suggerierte Vorstellong erweokt
weiden können; der sweite ans der natürliehen EändmoksiUiigkeit
der Vp. |Eb ist elnlenehtend, daB, wenn die dnreh die snggeriefto
YonteUnng erweckten Bepiodnktionen anf motorisehe Elemente
Ahnen, die den dnreh die suggerierte Yorstellnng augeregten
«ntgegengesetit sind, das Besnltat nieht Reaktion, sondern Hem-
DHing sein wird. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist der Grad der
aktuellen SnggestibiiitUt des liidividiiuiiis in diesem Falle gleich
Nnll, währeiui ^^ ir bei Ubereinstimmang der Reproduktionen leicht
eine Öuggestibilität von 100% demonstrieren kTmueii. Es wäre
offenbar unmöglich, in Bezug auf die Intelligenz eines Individuums
Sehittsse za ziehen, welche anf eine Snggestibilitilt der eben be-
schriebenen Art gegründet wären.
Aber ein anderer wiehtiger Faktor der Soggestibilitftt, welcher
den tollten Qmnd derselben ansmaefat^ ist anBerdem berrorgehoben
weiden, nimHeb die »natürliebe Efaidmckstthigkeit«. Dieser Anch
dmck ist nicht synonym mit Empfindliehkeit, obgleieh sie b^e
in einem VerliAltais zndnander stellen. Ilift ihm mOebte leb vielmebr
die Beriebnngen swiseben einer VorstoUmig vnd iliren motoriseben
Fol;::eii bezeichnen. Wenn die Verbindung zwischen motorischen
und sensorischeu Elementen sehr stark ist, so liegt darin ein relativ
hoher Grad natürlicher Eindmcksfähigkeit. Wenn andererseits
die«^e Verbindung nicht so stark ist, wenn der von der sensorischeu
AxelüT f&r pBjdiologie. L 7
98
Haywood J. Pearoe,
Seite aasgehende Reiz geseliwKebt oder eentOrt wird, wenn die
Leitfähigkeit der Kerveu von der seusüriachen oder motorischen
Seite nicht gut ist, so würden wir von einer relativ nicdrieren Stufe
natürlicher Eindrucksfähigkeit sprechen. Ea ist diese Leitfähig-
keit« der Nervenkraft vom Sensorium zum motorischen Organ, die
za messen ich unternommen hahe, und die, wie ich zeigen werde,
nur IntcUigeiis im YeritttUnis steht. Von einem anderen Stand-
punkte ans nnd anders ansgedrtickt, bezeichaet »nattirliche Ein-
dittckilUiigkeit« die Teadens dee IndiTidnnnifl, ienMrie^-motori-
lehe VoiiteQiiiige& sa haben.
Um die »Damriiehft £mdra<^ft]iigkeit« in mesBen, ist es aot-
wandig, die Bedingangen der Beaktioii so dn&eli ab möglich zn
madien. An enter Steile mtlSBen wir einen suggesttren Reiz
haben, der keine entgegengesetzten Assoziationen hervorraft, nnd
an zweiter Stdle muß die geforderte iveaktion von einfacher und
meßbarer Art sein und eine direkte Beziehung zum Reize ent-
halten. Die Bedingungen wurden nahezu erfüllt durch die Methode,
die ich gewählt habe. Man kann nicht sagen, daß keine Asso-
ziationen erweckt wurden, vielmehr rUhrten augenscheinlich viele
Unregelmäßigkeiten nnd Widerspruche in den Resultaten von
Bolchen her. Diese wurden indessen auf ein Minimum reduziert,
und es ist sehr wahrmslieinlieh, daß dnrchschnittlich die Tendenz,
die Saggeation za verstHrken, ebenso groß war wie die ihr za
wideiBtehen.
Krtifie können sieh nur offenbaren, wenn ein Widerstand da
ist Herbart war so dnrehdmngen Ton dieser Tataaehei daß er
meinte, Vorstellungen erlangten ihren Charakter als Kräfte als ein
Resultat des Widerstandes, den andere Vorstellungen leisteten.
Indem ich diese Kelativität der Kräfte auerkannte, versah ich mich
als mit einer der Hedingungen der Experimente mit einer Haupt-
kraft, die in einer bekannten Richtung nnd in einem mutmaßlich
mehr oder weniger konstanten Grade der Kraft wirkte. Indem
ich nun diese Kraft einer zweiten entgegensetze, kann ich deren
Größe im Sinne meiner früheren BetrachtODgen^) meesen and damit
die Teadenz einer Beizwirknng, direkt vom Sensoriam zam meto-
risoben Organ ttberzagehea, daiBteUen. Wir kOnnen fteüich nieht
sagen, daß jeder Beiz dieselbe Tendenz hat, aber wir haben
1} Siehe S. 68.
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über den Einflnfi von Nebenreiseii mI die Banmwalinieliiiiiiiig. 99
einigen Gnmd zu s^IhuI/cii, daß die Tendenzen verschiedener Heize
eine mehr oder weniger feste, pi-o]Kirti(jnierte Beziehung zueinander
haben. Der Grand zu dieser Annahme ist folgender: In meinen
QefattCB-, Gesichts- and Tastexperimenten babea zwei miteinander
rerglicheae Individuen jedes denselben relativen Grad von Sng-
gnäbilititt geseigt, wie er doioh die diei yenehiedenen Arten der
ffinneaieise lieetimmt wird. Wenn idi z. B. finde, daB die Yp Ä
in Tastezpaiment dne SoggeetibUitltt von 7&%, im Gehdreexpeii-
nant 70 % und im Geeielitsexpenment 65 % aeigt, nnd idi femer
weifi, dnS die Yp B im Taetexperimeni eine 8nggestibUilitt von
86 Vo hat, 80 kann ich wahrBcheinliob annebmen, daß B im Ote-
hörsexperinieiit eine Suggestibilität von 80% »i^d im Gesichts-
experiment eine von 75% hat').
Ich schließe daher, daß jedes Indi\iduam eine mehr oder
weniger bestimmte Tendenz bat, einen slusoi ischeu lieiz in moto-
rischen Aosdrack zu Ubertragen, und daß es möglich ist, diese
Tendenz nach der eben angegebenen Methode zu messen.
Um die Beziehimg zwischen Intelligenz nnd Snggestibili^t,
aosgedillekfc dnrch »natttrlielie Impressibilitftt«, an besfeimment habe
ioh aaagedelmte Beihen Yon Eiperimeuien an SehUtem Temehie-
denen Alten OfGantUoher Sohnlen und des Adam 'Beben Institnta
in Wolzburg aasgeftlurt. leb möchte hierbei Herrn Sehnliat
Ullrich nnd Henn Direktor Adam Air frenndliohes Entgegen-
kommen mdnen henlicbsten Dank ausspreeben.
Nachdem der Grad der Suggestibilität der Schüler bestimmt
wurden war, legte ich den mit den Schülern vertrauten Lehrern
eine Reihe von Fragen lietreffend die yerschicdenen Fähigkeiten
der Schüler, vor. In den folgenden Tabeilt ii er>^t'heiiien die Ant-
worten auf diese Fragen in parallelen Reihen mit den Angaben
Uber die Snggestibilität, welche ioh durch meine £^enmente £uid.
Um eine bestimmte Vontellang yon der Methode an geben, nach
der ieh die Experimente ansgeilUirt and die Zahlen gewonnen habe,
iehfldere ieh das Yerfidiren, das ieh in allen befolgte. Drei Punkte
(1, 2, 3), 1,0 cm yoneinander getrennt, wurden mit Tinte auf der
Hüte des Yordorarmea, und zwar in der Lingsriohtnng der Benge-
1) Selbstverständlich sind die hier g'egcbenen Prozente rein typisch und
repräscQtieren einen idealen Fall. Experimentelle Resultate werden solche
exakten Verhältnisse natürlich nicht aeigen.
7*
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100
H«ywood J. Pearce,
Seite, markiert. Diesen drei Punkteu wurde mit Tinte eine Centi-
meterskalu auf der Haut hinzugeftlgt , indem die drei Tiiükte in
der Mitte äw Skala lafren. Die Punkte 1, 2 und > wurden dann
in der «renamiten ('idnuii^' jeder lOmal {gereizt, und die Vp mußte
mit einem in ihrer trcien Hund befindlichen spitzen Instrument den
gereisten Pankt durch Rerllhrung anzugeben suchen Der Fehler
wurde sofort in llülimetem bestimmt und unter U oder 0 verzeich-
net, Je Bftohdem er »Untenc oder »Oben« war. Nach einer knnea
Fftofle wurden dieselben Punkte In derselben Ordnnng noch einnud
gereizt, aber gleiehieitig mit jedem Reise wnrde eui sweiter Punkt,
6,5 om unter dem zn lokalirierenden, gereizt Der LokaUsattonsfeUer
wnrde wieder bestimmt imd nach jedem Experiment veiseieluiei
Derselbe Prozeß wurde noeh einmal wiedeiliolt, jedoch mit einem
Nebenreiz 6,5 cm Uber dem zu lokalisierenden. Wir haben so
jeden der drei Punkte H(3mal gereizt, nämlich lOmal ohne einen
zweiten Keiz. lOmal mit dem Nebenreiz unten und lOmal mit dem
Nebenreiz olitii. Wenn wir die Keihe der ohne Neltciireiz er-
haltenen Zahlen unter U fttr Punkt 1 addieren, erliaitcu wir die
Summe der Verschiebungen unten; Addition der Reihe unter 0
^bt das Ganze der Verschiebungen Oben tHr Punkt 1. Indem wir
die kleinere von der größeren absieben und durch die Zahl der
Ezperimente (10) teilen, haben wir den DnrchschnittsfeUer, der
von der Vp bd dem Versncb, den Ponkt 1 sn lokalirieren, nor-
maler Weise begangen wurde. Wir &hren dann fort, diesen dnreh-
sdudtdiehen Nonnalfebler mit jedem Fehler zn Teigleiolien, den
die Vp macht, wenn de unter dem Einfluß der »Suggestion
unten« Punkt 1 zu lokalisieren versucht. Wenn der Fehler
»unten« größer ist im zweiten Falle, als im normalen, öo wird die
Diflferenz unt«r Pos. (positiver Einfluß) verzeichnet. Wenn der
Fehler »unten« bei der zweiten Lokalisation kleiner ist, als im
normalen, oder wenn der Fehler im zweiten Falle »oben« ist statt
unten, so wird die Differenz verzeichnet unter Neg. (negatiTcr Ein-
fluß.) Die Summe der positiven Fälle — der der negativen und
das Heealtat geteilt durch 10 (die Zahl der Ezperimente) gibt
den DureksobnittseinfluB des Kebenreizes in Cenümetem. (Die in
1) In den betreffenden Experimenten war die rechtp Hand die freie
bei den ächiilem dea Adam'schen Institata und die linke iiauü die freie bei
den ScbtUem der Zentralschule.
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über den EiiifloO von Nebenienen «nf die Banmw&hnielimiuig. 101
diesen Experimenten gebrauchte Einheit war 0,5 cm. Die Ke-
snltete mtissen daher durch 2 geteilt werden, um die Centimeter
zo erhalten.; Die Prozente sind wie folgt berechnet: Der totale
»podtive Ciinfliiß« wurde durch die Summe des totalen posHlTea
-f- dem totalen n^fatiren Einfloß dividiert nnd mit 100 multipliziert
Die Beenltato der Tabellen XXm— XXIX sind alle nach dieser
Methode eihalten. Die Experimente mit Jeder Vp umfassen drei
Reihen, die an drei aufeinander folgenden Tagen ausgeftlhrt worden.
Die zweite Hälfte jeder Tabelle ist gebildet durch die In-
formutiuueu, die der l'iiterricht der Kinder lieferte, wobei 0 das
Minimum, 100 das Maximum einer willkürlichen Skala "ausdrücken.
Der «mittlere Wert« ist der Dmclisi Imitt auH den Schätzungen der
-aogebor. Tntellig.« und des > Erfolges*^. Als Ges.-M. ist der Durcb-
schmtt aus allen Schätzungen des Lehrers bezeichnet. Im ganzen
ist ans diesen Einzeltabellen ftlr unsere Frage nicht viel zu ent-
nehmen, weil die Zufälligkeiten der Experimente ond die Mängel der
angewandten Wertskala offenbar nicht genügend aiugegliohen sind.
£8 schien mir darom geraten, allgemeinere Tabellen anfanstellen,
die nnr in großen Zllgen die Vergleichong swisohen »Begahong«
ond »SoggestibilHllt« in meinem Sinne ond zwischen letitorer ond
dem Alter der Vp darehfbhren. Diesem Zwecke dienen die beiden
Tab. XXX ond XXXI. Dabei ist unter Begabung in Tab. XXX
nur der »mittlere Wert« zu verstehen, während in Tab. XXXI
lieben diesem, der links aufgel\ihrt ist, rechts das > Gesamtmittel«
ans allen vom Lehrer gefällten Urteilen steht*). Wie man sieht,
wird dabei freilich die Einteilung nach Klassen autgehoben. Dieser
Ubelstand ließ sich jedoch nicht wohl vermeiden und wiegt wohl
auch nicht so schwer, wie der andere, daß die Begabungsunter-
sdiiede nicht allzu groß Bind ond sich nicht gleichmäßig auf die
▼erschiedenen Klassen ond Alter verteilen. Nicht minder gehört zo
den MitDgeln dies» Versnche, daB die Vp so nngettbt waren ond
bei dem eingeschlagenen motorischen Verfahren die Lokalisation
mit grOtteren zniUligen Fehlern behaftet sein moftte. Wir können
daher nor mit Vorbehalt die folgenden allgemeinen Ergebnisse den
beiden Tabellen entnehmen, die, weil sie sich in beiden zeigen,
eme gewisse Wahrscheinlichkeit für sieb in Anspruch nehmen
dürfen.
1) Dm e bei den OidnongWEifiem bedeutet »Zentnlscbole«.
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t02
BftTwood J. Peuoe»
Tabelle XXIII.
Zweite Klaaie^ liistitnt Adin.
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Tabelle XXIV.
Dritte Klasse. Institut Adam.
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über den Einfloß von KebeoieiMii tof die BaiunwiiiraehiiiaiiK. 103
Tabelle XXV.
Vierto Kiaätie. iiuätut Adam.
SipeiimenteDe Erf^bnlBse
Urteil des Lebren
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Tabelle XXVI.
Sechste Klasse. Institut Adam.
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104
Haywood J. Pearce,
Tabelle XXVH.
Dritte KlMM. Zentnlichiile.
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Ex))eriuit.fiieUe
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Tabelle XXVin.
Vierte Klasse. Zentralschule.
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1) Diete Bfeihe wurde nieht Toüeiidet «cgen einer StOnuig.
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Ober d«B Einfloß tob Nebennisea «nf die Baumwahtiiehiiniiig. 105
Tabelle XXIX.
Fünfte KUwe. Zentnlschnle.
ExperiiucDteiile £rgebuiüäü
Ver-
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95
Tabelle XXX.
Allgeiueiae V^ergleichnng vou Suggestibilität uud Alter.
Alter von 6,5—9,9 Jahren
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60
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80
80
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Alter von 10—13,4 Jahren
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11,5 I 67,8 I
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106 Hajwood J. Petroo,
Tabelle XXXI.
AUgemeine Vergleichung von SaggeBtibilität und Begabang.
Geringere Begabong |
(trößere Uegabunp
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Begabung
Vp
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Alter
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1. Die InteUigenz einM IndividnnmB in dem Alter zwiBoben
6 und 14 Jahiea stellt in direktem VerhBltniB m seiner Sn^
gestitrilittt Diese Benehang ist besonders eisiefaliieii, wenn
Onippen von sehr intelligenten Exndeni mit sehr dummen ?er-
gliclien werden.
2. Die Snggestibilität der Schüler steht im nmg^ekehrten Ver-
lialtuis zu ihrciii Alter. Oder um diese Erschciiumg positiv aus-
zudrücken: Der Widerstand gegen den EiuÜuß von Nebenreizen
wäch«t mit dem Alter.
So iüteresBant beide Ergebnisse sind und so mancherlei Anlaß
sie zu weiteren Betrachtungen geben mögen, so wäre es doch bei
der Mangelhaftigkeit dieser Versuche verfrüht, ihnen nachzugehen.
Insbesondere dürfte es nicht angängig sein, den Satz 1 Uber seine
unmittelbare Bedentimg hinaus zn erweitem. Kiebt Begabung
scbieehthini sondern eben die vem Lehrer in den anfgefUuten
Prüdikaten benrteihe nnd beseiefanete hat das gefundene Verhältnis
zn der BeeinflnBbarkeit dnreh Nebenreize. Man konnte die letztere
zu einer gewissen Labilität des psyehophysisehen Oigans in Be-
ziehung bringen, welche Eigenschaft doch nur eine gewisse Seite
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über den EinlfaiG ▼ob Nebemeiien «nf die Ranmwahnieluiiiiiig. 107
der »Begabung' darstellt, zn der andererseits auch Beharrlichkeit,
geringe Ablenkbarkeit, unbeirrbare Kouseqiienz im Denken und
Handein gehören. Weitere Verguclie müssen darüber anfklären,
inwieweit derartige Eigenschaften sieh in dem Einfloß von Neben-
lebEen anidrttcken laseen. Dabei winn dann zugleich die oben
berührten Mängel nneerer Hlxperimente, die ja not einen «nten
VontoB nach diceer Bichtimg bedentcn, tnnlielurt m Tenneiden.
SehlnßbemerkiiBgeiu
Der allgemeinste Schluß, den wir uu» der vorangegangenen
Untersuchung ziehen können, ist der auf die Relativität der
Sinnes Wahrnehmung. Dies ist ein Grundsatz, der schon mehr
^>der weniger allgemein in der Psychoingic anerkannt ist, dem aber,
wie ich glaube, noch nicht die Bedeutung gegeben worden ist, die
er verdient Diesem Grandsatz gemäß gibt es in der Erfahnmg
keine absolute Pcrzeption irgend eines Objekts. Jede Wahnehmang
eathlüt in sieh einen Komplex von Qoalitiiten, dessen Elemente
besthnmt sind nicht allein dnioh das munittelhare Oljekt der
Wahmelimnng, sondern auch durch andere Objekte in dem so*
genannten Felde der Wahmehmnngi abgesehen von reprodnktiyen
Fdctoren. Der EmflnB umgehender Oljekte steht in direktem
Verhältnis zn der GrOße der Unterschiedssohwelle. Im Falle des
Sehens, wo die Schwelle sehr klein ist, wird daher der Eiuliuß
der mngebenden Objekte auf die Gesichtswahr nehmung eines be-
- Tnieren Gegenstandes sehr gering, während iilr die rastempfin-
üungen, wo die Schwelle relativ groß ist, der Einfluß umgebender
Gegenstände anf die Wahmehmuig eines besonderen Objekts ver-
hähnismäfiig groß ist.
Wie man sieht, handelt es sich hier nur um eine die Ranm-
anifassnng heeinflossende Wirkung Yon Nehenreizen. Daß solche
auch andere Wirkungen haben, weiß man s. B. durch die Unter-
suchungen Ton Heymans Uber psyehisdie Hemmung oder die Ton
Bruckner tther die Simultanschwelle und die dabei zu beobach-
tende Snmmationserseheinnng. Alle diese Vorgänge, die nur teil-
weise bisher erkannt sind, deuten wieder einmal darauf hin, daß
der Or^^auiijmus eine Einheit ist, dessen einzelne Teile in Wechsel-
wirkung miteinander stehen. Ctrad, Grenzen und Gesetze dieser
wecb&elseitigen Beeiufluflsong festzustellen ist die Angabe, die sich
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108
Haywood J Pe&roe,
aus der Tatsache ftir den Forecher von selbst ergibt. Die physiolo-
gische oder gar physiko-chemisebe Deutane: wird erst nfirh Erle-
diguug dieser Aufgabe, die auf dn^ Hilfsmittel des Ex|)pri]üeiit.s äu-
ge wiesen ist, einen festen Anhalt gewinnen , der vor vagen und
nutzlosen Spekulationen schützt.
Sein deutliches Analogen hat der Einfluß von Kebenreizen auf
dem Qebiet des GedttohtoiBsea. Gleichzeitige BeprodnktioiiBmotive,
die aicb iintentnfaen oder bemmen oder, wie beim Venpieehen
nnd YertoBen, su Interferenzwirknngen Albren, yerbaltea sieb Sbn-
licb wie gleicbseitige Beize, die an Tenebiedenen Orton einer reis-
bacen lUebe angreifen. Man darf daber wobl vermnten, dafi der
wirksame Meobanimnns in beiden Fftllen einander ähnlich ist, und
wird darin eine wertvolle Be8tlitig:img der Annahme erblicken, daß
die Gedächtniserscheinnngeu mit den Siunesempündungen tuuda-
mentale GcsetzmUBis-keiten gemein haben.
Eine besondere Bedeutung beaiispnicbt das Vcrli alten der Auf-
merksamkeit in unseren Versuchen. Der Begriff des Nebenreizes
sollließt bereits eine gewisse Rücksicht darauf ein. £b wird damit
angedentet, daß der Hauptreiz die Hauptsache war. An ihn war
die Aufgabe der Lokalisation, der Vergleicbung, der Beurteilung
gebunden. Der Nebenreiz wurde als aoleber niebt immer denilißb.
Darin lag ancb die Bcbwier^^keit der Beobaebtangen begrOndet,
weil die Yp eineiseits sieb niebt anf den Nebenreiz konzentrieren
soUten, andererseits ihn doeb Tom Hauptreiz nntnrsebeiden mußten.
Inwiefern dies YerbaUen der Anfbieiksamkeit ftbr die Yenradie von
Wichtigkeit ist, müssen spätere Experimente lehren. Ich möchte
nur noch bemerken, tiali am l Brückner auf die Aufmerksamkeit
als wesentlich einwirkenden Faktor wiederholt in seiner Arbeit
über die Simultanschwelle hingewiesen hat, und daß sie bei ihm
sowie ])ei Hejrmans wahrsobeinlioh eine andere Koiie gespielt bat,
als bei uns.
Endlich will ich nicht unterlassen hervorsnbeben, dafi bei allen
meinen Versneben immer nnr eine Biobtnng des Einflusses von
Nebenieizen bertteksiohtigt worden ist Wo lokalisieTende Bewe-
gungen angewandt wurden, ist der Fehler nur in proximaler oder
distaler Biebtnng gemessen worden, und die Aussagen der Yp be-
zogen sieh bd den Yergleiebungai von Örtem, Entfernungen,
Strecken auf Yeriangen nur auf diese beiden Richtungen (»oben«
bezw. »unten«]. Tatsächlich sind jedoch auch Fehler in der ulnaren
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über den Sinfloß von Nebenraizen auf die Baitinwaliniehniimff. 100
nnd radialen Kichtnii^' begaugeü bezw. Abweichungen von d* in
Normalreiz in ilmcQ beobachtet worden. Auch in diesem öiime
maß ich meine Unteranohong als ergftnzongsbedttrftig beseichiieiu
Naehirort
Mit Rücksicht auf die Yerüü'eutlichaog einer ähuliebe Fragen
behandekiden Arbeit ans dem Laboratorium von Prof. Stratton in
der Paycholog. Review IX S. 549 ff. und auf die neneste Unter-
sacbnng der Mttller-Ly er 'sehen Tttnaohong von Schamann in der
Zeitiehr. f. Psych. Bd. 30 S. 286 ff. bemerke ich, daß die TOiUegende
Arbeit bereits im Jnli 1902 abgeseUcasen war nnd auf diese Pnbli-
kalienen nicht mehr eingegangen werden konnte. Ben Plan zn
den hier mi%eteflten Eiperimenten Uber die Besiehung zwischen
taktilen nnd optischen Tftnschvngen habe ich dem Verf. bereits
im Oktober 1901 cutwickelt, und die entsprechenden Versuche sind
in der hier dargestellten systematischen Folge der Hauptsache nach
schon im Wintersemester 1901/2 ausgeführt worden. Als Ausgangs-
ponkt fUr diesen Plan diente mir dabei die mir im Manuskript
bekannt gewordene Untersuchung des Verf. über Normal Motor
Snggestibility, die erst im Jnliheft der Psycholog. Bot. Id02 er-
schienen ist
J£ttlpe.
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über diö Möglichkeit einer Quantität
der Tonempfiüdimg.
Von
B. Gaetschenberger.
Hit 2 Figmen im Text
Es liegt schon Im-e der Gedanke in der Luft, dali lu der
einfachen Toueiiipliiuiung vier Teilinhalte unterscheidbar und
gesondert varüerhar seien nämlich außer der Qualität, Iiitensitfit
und Dauer der Eiiiplindnnp: ncch deren Quantität oder Fülle,
ein Teilinhalt, der geeignet wäre, als Keproduktionsmotiv Air die
TorsteUmig der Ausdehnung einer Tonqaelle zu dienen. Man darf
aber diesen Gedanken nicht aussprechen, weil ibm die Ohmsche
These in Verbindung mit der Gleichnng der SinnaweUe
s = a sin n t 1)
widerspricht 3). Die OhniBehe, von Helmholtz^) auerlLannte These
be8a^, daß die einfache Tonempfinduni:: durch pen de I artige
SchwingDng«m der Lnft bedingt ist, und die Gleichung 1) b^uptet,
dafi diese Sehwingungen um die unprünglicbe Gleiebgewiohts- oder
Ruhelage der Luftteileben als Mitte stattfinden«). Ist das tiehtig,
80 fehlt die physikalische, daher auch die phynologische Be-
1 Sieiie Stumpf, Tonpeyehologie. Bd.L S. SlOf., Bd. IL S^fiOiK, 48601,
624 ff.
2 s die Elougation oder der Abstand vom Schwingangsmittel-
puukt,
a die halbe Amplitude,
n die Ansahl der la 8 t Zeiteinbeiten ToUftthrten Sehwiagongen,
t die vom Beginn der Bewegung an gerechnete Zeit
3) V. Heimholt ', T>if T <'hre von den Tonempfindungen. 1896. S. 97
4i Drni! f r Iii Kuht laiie z.ur 7»'it / = 0 ist auch « = 0, d. Bohelago
und Schwiugu.ugamtttel|)uukt fallen zuäummou.
über die Möglichkeit einer Quuititit der Toaempfiadimg.
III
dingimg für die Entsteh uii^r eines vierten Teilinhaltes. Demi die
Bestinvnmng:88tttcke einer an bestimmtem Ort in bestimmter Rich-
tuner verlaufenden Sinuswelle sind mit der Schwin^^uiig-s/uhl rcHp.
WeUealange, der Amplitude nn l der Daner des Bestehens der
Welle erschöpft. Da diese drei schon alä Bediu^ongen fUr drei
varüerbare Teilinhalte der Tonempfindung in Anspruch genommen
und, so läßt sich aus keiner Art von Kombination derselben ein
vierter Tariierbarer Teilinhalt ableiten. Der Ort und die Biohtnng
der Welle kann als Beding^iutg hierfür nieht in Betraebt kommen,
denn der letete Ort der WeQe Ist das innere Ohr nnd ihre Bich-
tnng daselbst immer die gleiche. leb spreche hier nnr von der
einlkehen, elementsien, aller assoraierten Yorstellnngen enftleideten
Tonempfindung, wie sie das wenige Wochen alte Kind von einer
ruhenden, in allen Stücken unvcrauderlichen Tonquelle her durch
Vermittlung eines ruhenden Ohres erlebt.
Die Ohm sehe These allein widerspricht, wie sich zeigen wird,
noch nicht der Möglichkeit eines vierten Teilinbaltes. Sowohl
ihrem Wortlaut als ihrem Sinne nach läßt sie es dahingestellt, ob
die Kohelage oder irgend ein anderer Punkt der Mittelpunkt der
Pendelscbwingong ist und ob ein Laftteilchen vom Beginn der
WeUenbewegong an oder erst spitter pendelt
Die herraohende Auffassung verbindet jedoeh ndt der
Ohm sehen These noeh die Ansehaunng, dafi die Bnhelage des
Ldtteilchens der Sehwingungsmittelpnnkt sd^}. Das bat aber fol-
gende Konsequenzen. Entweder mttite erstens das Teildien seine
Bewegung mit der maximalen Geschwindigkeit beginnen, die in
der Mitte der Schwingungabahn herrscht, oder es mtlßte zweitens
mit der Geschwindigkeit Null oder einer etwas größeren beginnen
und von ihr aus allmählich in die Geschwindi-keiton (tborc:ehcn,
deren es bedarf', nra zu pendeln, oder es müßte drittens von Ewig-
keit hei in Schwingung sein.
Das erste wird zwar in den Lehrbttchem^J bei der graphischen
1] Eine Aoaiuihme macht Kirchhoff i Vorlesungen Uber mathematische
Physik, 4. Avil Bd. L S. 819, Gleiehnng 19), indem er bei Anftoobimg der
Gleiehng fltr das Ges^whidlgkeltspotential bt der TonwsUe den Koafains
tialtthrt.
2 M ii 1 1 e r - P o u i 1 1 e 1 8 Lehrbuch der Physik. 9. Aufl. Bd. 1. S. 621 u. 624.
van ächaik, Wellenlehre nnd Schall, ä. 63. War barg, Lehrbuch der Ex*
psfiaientalphysik, 1899. S. 114.
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112
B. GaetaeheDbeigWt
Darstellung von Wellen angenommen und ancb die Gleiehnng 1)
hat uiitcr dieser Annahme Geltung, wenn die Zeit / vom Bepnn
der Bewe{z:ung an ^^ercchnet werden ßoU, in der Natur aber kauu
dieser Fall nicht \ »rkomnien, weil ein Luftteilchen als Bestandteil
eines claptischen Mediums nud \ on chistiHchen K(5rpem in Schwin-
gung Yeriietzt keinen von Anfang au maximalen Stoß erfahren
kann. Außerdem ist eine im ersten Zeitelement maximale Ge-
schwindigkeit eine Absurdität. Stellen wir den Gang der Ge-
schwindigkeit dnrch eine Kurve in einem lechtwinkeligen Koordi-
natwyBtem dar, anf deaaen AbaciMenaehae die Zeiten abgoiragen
Bind, BO kann swar die Knrre yom InikigBpnnkt ans eine Strecke
weit in der Ordinatenachse yerlanfen, TerlftBt sie aber diese, ao
kann daa nur mit snnKcfaat wachsenden Ordinaten geschehen. Eine
Knickung in der Ordinatenachse aber, von welcher ans die Ordi-
naten abnähmen, ist undenkbar. Sollte die um 90° geknickte
Kurve die richtige Darstellung des nattlrlichen Vorgangs sein, m
jiiiifitp derHt*ll)e folgendermaßen beHciiiicheu werden: Die Gesi in-
digkeit nimmt während der unendlich kleinen Zeit dt unendlich
schnell Ton Nnll bis zu einem Maximum zu, hört plötzlich zu
wachsen auf und nimmt dann in den folgenden Zeitelementen all-
mählich ab, wie wenn sie von Anfang an einer Kosinusschwingung
angehört hätte. Solche Vorgänge gibt es in der Katar nicht Wo
wir Ton ^er mazhnalen Anfimgsgeschwindigkeit, 2. B. eines Ge-
schosses, einer Billardkugel, sprechen, ist immer der tatsächliche
Anfang ▼emaehlSssigt Das Geschoß bewegt sich im Lanfe mit
Geschwindigkeiten, die ¥on Kall an allmählich das Maximwm er-
reiciien« Ebenso bewegt sich der Hittelpankt einer BiOardkngel,
vriUirend sie sich unter dem Stoß einer andern abplattet und ihre
frühere Form wiedergewinnt. Mau Italte die Beachtung solch klei-
ner endlicher Großen, wie sie auf dem Gebiete der Elastizitilt vor-
kommen, nicht ftlr tlberfltlssige Pedanterie Wenn wir uns mit
einem so subtilen Gegenstand überhaupt wissenschaftlich befassen
wollen, dann mttsscn wir ihm in allen Einzelheiten die gleiche
Sorgfalt anwenden, wie wenn wir mit gewaltigen astronomischen
Größen zn rechnen hätten.
Sollte daa zweite möglich sein, so wäre die Tonwelle zum
mindesten während einer kurzen Ansbildnngsseit keine SinnsweUe
vnd die Gleiehnng 1) konnte nicht gelten. Dabei ist folgende
jUtematiTe zn beachten. Je länger man nch einerseits die An»*
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über die Möglichkeit einer Quantität der Tonempüudung. 113
büdungBEeit denkt, desto befiriedigender ttSt sich der rilmihlidie
Übergang zur SiniiBeehwingnng Tenuueliaiilieheny ein mathemati»
sehee Gemitt aber wiid nur dann yoUkommen befriedigt sein, wenn
die Siniuifbnn sieb als Grenze ergibt, welcher die während der
Auftbilduugözeit herrschende Form zustrebt. Als Grenzbeiliiigung
findet sich nun, wenn das Teilchen um seine Rnhclage schwingen
?oll, keine bessere als unendliche Dauer der Ausbildungszeit. Da-
mit stehen wir wieder im schärfsten Widerspruch mit der Natur
und mit der Ohmschen These. Je kurzer man sich anderseits
die Ausbildungszeit denkt, desto schärfer and annatttrlicher iet
die Geschwindigkeitsknrye geknickt, and wenn wir znr Grenze
Natt der Anabüdongnteit ttbeigebeii, bo flind wir wieder bei dem
zaeiBt beeproehenen Fall aagelaogt Die Amiabme einer betriebt-
liehen GfOBe der Anabüdangaieit fttbrt in WideiaprUebe ndt nn-
leren aknatiflobea Eriabrangen, and ein jJiber, sprongförmiger
Obergang von einer Sebwingangaferm znr andern, wie er bei
kleiner Ansbildnngszeit nötig wäre, widerstreitet sowohl dem mathe-
iuatiöchen Empfinden als auch unseren Erfahrungen aul tieiü Ge-
biete der Elastizität. Wir müssen daher den zweiten Fall als on-
natttrlich verwirfen.
Der dritte Fall endlieh kommt in der Natur nicht vor. Es
gilt aber fUr ilin unbedingt die Gleichung 1). Denn ftlr eine von
£wigkeit her bestehende Welle kann jede beliebige Lage mit
g^cbem Beebt oder Unrecht als die »aiaprUngliebe« Bobelage
bewiebnet werden. Es iat niebt gestattet, naeb Vorgingen yor
Beginn der Ewigkeit za fragen.
Die bennebende Anffaeanng frlbrt also in Widersprtlcbe mit
der Katar. Im zweiten Fall bebt sie aafi^em die Geltung der
Glelebang 1) aaf In Widersprttebe mit der Natur frlbren aaeb,
wenn in Fällen angewandt, in denen die Beziehunjr zwischen
Rohela^^e und Schwiugungsmittelpuukt in Betracht koiuiiit, die
zahlreichen Gesetze und Gleichungen, deren Gnindhige oder Prä-
misse die Gleichung 1) ist. Sie alle haben die (Ttltnne:, welche
hypothetischen Urteilen zukommt Das ganze hypothetische
Urteil kann die gleiche Evidenz I)e8itzen wie jedes andere Urteil,
die Thesis allein aber gilt nur, wenn die Hypothesis gilt. Ob
nun die Hypotbeeis gUt, ist fUr die reine Mathematik niebt yon
InleraeBe. Wer r^ne Matbematik aaf die Natur anwenden will,
hat die HypotbesiB zu prüfen und, wenn sie niebt gilt, die nötigen
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114
B. GMiBGlidiibttger,
Korrekturen oder Anpaasimgen Tonviielimeii, wie es die Abcdcht
der Toiliegeiideii Untoisiiehiiiig ist.
Soll die Ohmiehe These aufrecht erhalten und raf^eich die
pbyflikaliBofae MOgliehkeit des Vorgangs berttclDnohtigt werden, so
mnB ein anderer Punkt als die Bnhdage der Sohwingung^smittel'
pnnkt sein.
Na ]j einer selteneren Auffassung liegt der Schwingungs-
mittelpuiikt eine halbe AmpUtade (=a) voa der Ruhelage cutfernt,
wenn wir unter der ganzen Amplitade f— 2a) den größten Orts-
unterschied in der Sehwin^niugsbalm ?enttehea. Die Tonwelle
würde hiemach der Gleichung
8^aeoBnt 2)
oder, wenn y der Abstand ron der Ruhelage ist, der Gleiehiing
y a(l — cos ut)
gehorchen. Das schemt insoweit natttrlicber, als das Lnftteilchen
seine Bewegung mit der Qeeehwindigkdt Kall beghmen mid Yon
ihr ans sofort in dne Pendelschwingung ttbeigchen würde. Eine
Ausbildnngszeit der TonweUe wlie nnntttig. Wenn uns aber eine
Annahme natttrlich scheint, so ist noch nicht gesagt, dafi sie in
der Natur gilt. Kommt aber ttberhanpt eine der Gleichungen 1)
und 2i in Betracht, so liegt cj* nahe, die zweite zu bevorzugen.
D u h auch die Glcichuni.' 2 liefert uns kein viertes Bestim-
mungrtistück der Tonwi lle. Es wäre /.wnr die Entfernung zwischen
Ruhelage und SchwiDguug8mittelp^ukt fUr Touwellen verschiedener
Amplitude verschieden, diese Entfernung wäre aber stets durch die
lialbe Amplitade bestimmt und in der Gleiehnng durch den Para*
meter a gegeben.
Trotzdem wttie mit der Geltung der Gleichung 2) eine Kleinig-
keit sn Onnsten des Gedankens an einen vierten Teilinlialt der
Tonempfindung gewonnen. Es ist nicht undenkbar, daß die an-
nelmiende Entfernung swischen Ruhelage und Schwingungsmittel-
punkt die Entstehungsbedingung einer zunehmenden Quantit&t der
Tünempfiuduug ist. Die Gleichung 2 würde dann aber nur eine
Abhängigkeit der Quantität der Empfindung von der Amplitude
der Welle und ein Parallelgehen von Quantität und Intriisität
der Knipfindung, wie es z. B. hei Schwebuugeu zu l*et>tehen
scheint, erklären, sonst nichts. Yariierbarkeit der Quantität bei
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über die Möglichkeit einer QuantitSt der Tonempfindang. 115
gliriehbleibeiider Intensität, gtoiohbleibeiider und Terttaderter Qoa-
littt wftre MflgesohlosBen.
Da nim die Gleielivng 1) in der Nalnr nicht gelten kann, nad .
vorliaig kein Chmnd Torliegt, die Gleicinmg 2) anmeikennen, so
ist noeh an die Möglichkeit in denken, daB weder die Rnhelage
noch der durch a bestimmte Punkt der Schwingungsmittelpnnkt ist.
Ist die EDtfcrnnng zwischen Ruhelage und Schwiugnngsmittel-
ponkt weder 0 noch a, so ist sie entweder 0 und <i (i oder
Kehmen wir da» erste an, bo geraten wir in nhiilicbe Wider-
spruche mit der Natur und Erfahrung wie im Falle der Entternung
s 0. Wir stunden zwar nicht mehr vor der Absurdität einer maxi-
malen Anfangsgesehwindigkeit, mußten aber doch entweder die nn-
mlftsBige Annahme einer Anfangsgeschwindigkeit >0 oder die
eines mehr oder weniger jiüien Sprunges von einer Sehwingnngs*
form in die andere gelten lassen, oder endUeh annehmen, cUiß
jede TonweUe Yon Ewigkeit her besteht. Je kleiner wir die An-
fangsgeschwindigkeit annehmen, desto mehr nUhem wir nns dem
sebon besprochenen Fall der Gleichung 2).
Nehmen wir aber an, die Entfernung sei >o, so bedarf die
Tonwelle einer Aubbildungszeit, während welcher die Scbwin-
gang eines Luftteilchens nicht pendelartig ist. Diese Annahme
seheint nicht minder natürlich als die üleicliung 21 Vor allem
wäre hiermit die Möglichkeit eines Grenzüberganges von einer
ßchwingungsform in die andere gegeben.
Wir kommen also vorläufig zu folgendem Kesnltat:
Bedarf die Tonwelle keiner Ausbildnngsaeit, so ist die einzige
natttrheke Annahme die, daß der Schwingnngsmittelpnnkt eine halbe
An^Utnde yon der Rnhehige entfernt liegt Es gflt dann die Glei-
ehnng 2). Bedarf aber die Tonwelle ehier Ansbildnngsieit, so ist
es am naltirliohsten anznnehmen, daB der Schwingungsmittelpnnkt
nach dieser Zeit in einer Entfemnng >>a yon der Rnhelage ge-
legen ist Es gilt dann weder die Gleichung 1} noch 2). Im ersten
EaU wäre die für diu ganze Dauer der Bewegung eines Luft-
teilchens entworfene Schwingungskurve eine Kosinuskurve, im zwei-
ten Fall aber weder eine Sinus- noeh eine Koöinuskurve, nur daö
gleichförmige MittclstUck derselhcu könnte unter horizontaler und
vertikaler Verlegung des Koordinateusystems Sinuskurve genannt
werden, vorausgesetzt, daß die Amplitude nicht yariiert. Die 0hm-
sche These aber bliebe nicht nnr im ersten, sondern anoh im zwei»
8»
Üigiiizeü by <jüOgIe
116
B. G«etMli6iib<rg«r,
ten Fall unangetastet, wenn wjOirend der AnsbildungBzeit der Ton-
welle auch die Tr»ncmptiuduug uoch nicht ausp liildet ist.
lülleines Wissens iBt die Frage nach der Beziehung zwischen
ftuhelage and Schwingungsmittelpiinkt noch nicht entschieden
oder, wie die herrschende Auffassung seigt, nur für Fälle ent-
sehiedesi die in der Katar nieht TorkoBuneii. lob miiB datier eine
Ltteke in der Aknetik annehmen. Mit dieser eittffiiet «ieh trotz
äkier UnBefaeinbaikeit die AnsBidit anf die Entdeeknng einei vier-
ten BeBtinunungaatUekea der Tcmwelle nnd anf den NaehweiB eines
▼iertea TeflinhaHes der einfachen TonempÜndnng. Wenn nSmlieh
eine AusbildungBzeit bestehen sollte, so läge die Möglichkeit vor,
daß während derselben Veränderungen in der räumlichen Anord-
nung der Schwingungsmittelpunkte stattfinden, Veränderungen, die
nach der Ausbildungszeit konstant bleiben. Daran sciiließt sich
(iie Möglichkeit, dass diose Verändoriingen ftir das Gehörorgan
nicht gleichgtütig sind und eiuc Bedingung fUr die EntBtehiing einer
Quantität der TonempfiDdung abgeben.
Ich gedenke nun im Nachfolgenden ftlr den £inen cn beweisen,
fto den Anderen wenigstena wabraoheinlich zn maeben — objektiy
eiehere Beweise gibt ea ja nieht — , dafi die Ton einem sekwin-
genden KISrper in die Lnfk anagebende Tonwelle ebier Anabü«-
dnngnseit bedarf, während welcher sie weder eine Sinns- noch
eine Kosinnswelle ist, nnd dafi die Lage des Sobwingungsmittel-
pnnktes ftlr ein Teiloben in der ausgebildeten Welle weder die
Ruhelage noch eine durch die halbe Amplitude bestimmte ist. sou-
dem hauptsächlich von der Größe der wirksamen Körper-
oberfläche abhängt. Da ich jedoch nicht über absolute Zahlen
veiftlge. so muß ich es dahingestellt sein lassen, ob die Aus-
bildungszeit und die Verschiebung der Schwingungsmittelpunkte
zu den mefi baren Grüften gehört. Ist das nicht der Fall, so
müssen wir wohl aneh anf die Existenz einer Quantitit der ele-
mentaren Tonempfindnng Tcnicbten. Im Ansebloß an den Beweis
mochte ieb meinen Yeirnntongea ttber die wMbrend der Ansbil-
dnngsadt herrscbende Sdiwingongsform Banm geben nnd die
wichtigsten Eonseqnenzen fltr Physiologie nnd Psychologie ziehen.
Ich Tcnnag den ansftlhrliohen Beweis nnr in anschanliober Form
zn geben, seine abstrakte nnd exakte Fassung muß Mathematikeni
Torbehalten bleiben. !Nur eine Andeutung zur abstrakten Fassung
kann ich beigeben.
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über die lUtgUohkett emer Qtuntitit der Tonerapfindaaiff. 117
Ich vserdi' deu Beweis möglichst allg:emem halten, ao daß er
zahlreiche spezielle Möglichkeiten einschließt Um ilin außerdem
tonliehst kurz und durchsii htig halten zu können, möchte ich vor-
her seine Prämissen besprechen und feötsteüen, welche Fragen
offen bleiben and welche provisorischen Annahmen eingeführt wer-
den dürfen, ohne daß die Beweiskraft leidet.
Unter einem Körper yefstehe ich hier ein festes Aggregat klein-
ttor Teüehen, gegen deBwn Mmm die MaMe eines LuflteilidienB
▼eraeliwindet Da das akastüMsh Wirkaame am flohwingenden KOrper
im aU^meinen di^enigen Begienzangaflliehen Bind, weleke nieht
panllel rar Sekinngiuigsriektnng liegen, and die Wirksamkeit ge-
krümmter Fliehen anf diejenige einer Ebene snrttekfttbrbar ist,
so genügt es, wenn wir die Wirkuig einer starren Ebene auf ein
Luftteilchen untersuchen, und hier wieder genügt es. wenn wir
uns uul die Wirkung einer senkrecht zu ihrer eigenen Lage schwin-
genden kreisförmigen Ebene auf ein senkrecht vor ihrem Mittel-
punkte gelegenes Teilchen beschränken i\
Man wird Iraireii : Sind derartige Untersuchungen niclit schon
längst, wenigstens tUr Lichtwellen, ausgeführt worden? Aller-
dings. Fresnel untersuchte unter Anwendung des Huyghena-
sehen Prinzips die Wirkung einer kugelförmigen Wellenfiftehe» deren
Erreger ein eehwingender Punkt ist, anf einen Tor derselben ge-
legenen Punkt Eine WeOenfliche kann nun zwar nicht immer
gldehgeeetat werden einer starren Fttche, denn die Ponkte einer
kngellbrmigen lAftweflenflUehe schwingen radial» die euier kugel-
ft^nnigen, t5nenden, starren BUehe dagegen parallel; außerdem
ist es vielleicht nicht ganz einerlei, ob die tönende Fläche ans
Hulz, Metall oder aber au« Lulttcilehen l)esteht. Aber wenn wir
den Kugelradius unendlich werden lasseu, wird sich eine Wellen-
flärbe wenigstens ungefilhr wie eine stnrre Fläche verhalten.
Fresncls Untersuchungen sind später vun Kirchhoff'' präzisirrt
worden und wurden auf Weileuflächen von verschiedener Form
ansgedehnt Bei Verdet') findet sich |ein Kapitel Uber die Wir-
kung einer ebenen Wdle auf einen Pnnkt mit dem Ergebnis: >£)ie
11 Ich laeie die Schwingnngen der Laftmassen an den Öflhnngen der
Pf«:ifen nnd Sirenen unberücksichtif^t, weil dir für die starre Ebene gefiin-
denea Resultate «irh leicht auf dieac Luftmassen übertragen lassen.
2) G. Kirchhotl, Vorlesongen über mathematische Optik.
S) Ve r de t, Yoriesongea ttber die WeUentheorie des Uchtes. Bd. L S. lS7f .
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118
B. GMtMiieiiberger,
von einer unendlich aasgedehnten ebenen Welle auf einen äußeieii
Punkt r übertragene Geschwindigkeit reduziert sich merklich auf
die Hälfte der von einem kleinen Teil der Welle herrtthrenden
Geflohwiudigkeit, welcher durch eine Kreifiliiiie begrenzt ist, deren
Punkte Ton P am ^ weiter abBteheo als der Pol« Ist die Ebene
endlich, so kommt noch die von einem Teil der äußersten Zone
herrührende Gesehwindigkeit in Rechnung.
Untersoehungen, deren G^nstand dem unseren sehr iUmiieh
ist, liegen also taisllehlicb vor nnd haben an unangreifbaren Besnl-
taten gefthrt Es wird sieh aber nnten klar herausstellen, daß
diese Resultate, wenn in die Akustik ttbertnigeni im besten Fall
nur auf efaie Yon Ewigkeit her bestehende Wellenbewegung
beii^bar sind. Die Untenmehmig einer In der Zeit begnmenden
longitndinalen Wellenbewegung fuhrt zu eiuem durchaus anderen
Resultat. Außerdem bedurfte die Übertragung des Ihi}^hen8-
Frcsn eischen Prinzips in die Akustik einiger Vorsicht, namentlich
insofern, als bei der Rechnung mit Schallwelleurdngcn manche
Ausdrucke, die bei der Reehnung mit LiphtwcUenlängen vernach-
lässigt zu werden pflegen, sehr erhebliche Werte annehmen, z. B.
Es ist eine unerhörte Nachlässigkeit^ wenn dasHuyghens-Fres*
ne Ische Prinzip in der Akustik zu dem Zwecke verwendet wird»
sn salgen, »daft wir auf den Biehtnngsunteisohied der nsammeii;-
tieffonden Sch?ringungen meht Rttekneht an nehmen bianehen«,
weil die Sehwingungen ans den benachbarten Zonen »hniner naheaa
einander |Munülel< suid, und daB ftr den äuBeren Punkt nur die
HitUle der Wirkung abrigbldbt, welche »aus der unmittelbaren
Nähe« des Poles hervorgeht*). Das mag ftlr Licbtwellenlängen
gelten, aber beUen wir einen praktisihcu Fall iu der Akustik!
Der Radius der Wellenfläche betrage 1 m, die Wellenlänge sei die
des der eingestrichenen Oktave, also ungefähr 1 ni, und der zu
unterHuchende Punkt sei 1 m vom Pol entfernt. Dan ist eine Größen-
zusammenstellung , die wir alle Tage beobachten können. Hier
schließen die aus der 1. nnd 2. Zone stammenden Schwingungs-
richtungen, die »nahezu einander parallele sein sollen, Winkel bis
au 29" ein, und der FltteheninhaH der halben eisten Zone betrugt
nicht ganz 1 m*, die »unmittelbare Kähe« des Poles umlaBt dem-
1) U. Klein, Theorie der tilastizität, Akustik und Optik. Leipzig 1Ö77.
am
. j . > y Google
über die Mügiiehkeit einer Quantität der Tonempfindong. 119
Dieb fast 2 m^. Man dttrfte daber die seiliUelieii ElemenfafweUen
in der Aknstik auf keinen Fall yeniaehlSsgigen, ja, sie können
vielleiebt dazu (lieneu, uns über das hypothetische Zustandekummun
der Schwingnng eines Luftteilcheiis xu. belehreu, dessen Erreger
dn einziges Luftteilchen ist, von dem eine Kugelwelle ansieht.
Es ist keine ausgemachte und selbstverständliche Sache, daß
die Ebene, von welcher, sei es sofort oder nach einer Anäbildungs-
ieii| eine Tonwelle ausgeben Boll, selbst pendeln muß. Wir wiaaen
iwar, daß die Schvvingangen einer Stimmgabel nabexu pendel-*
artig und und daß man in einiger Entfernung Ton ibr siebend
eme einiacbe Tonempfindnng erlebt Wir wi«wn aneb, daß die
Laltsebwingnngen, websbe von einem in komplizierter Form wbwin-
genden Körper aiui§;dien, rieb dnreb Besonatoren in lablreiebe
PeitialBebwingangeD zerlegen lassen nnd naeb Fonrier ane Fendel-
Bchwingnngen zusammengesetzt gedacht werden können. Ein Fall
jedoch, in welchem ein Körper durch eigene Aufzeichnung sich
als genau pendelnd legitimiert hatte und zugleich unabhängig von
der Empfindung der Nachweis erbracht worden wsire. daß die
Lnftschwingnngen genau pendelnd sind, ist mir nicht bekannt. Es
läßt sich aber ans dem vorhandenen Material mit genügender Wahr-
sebeinliehkeit schiießeni daß, wenn auch nicht jede Tonwelle ron
einer pendelnden Ebene, so doeb von dem Mittelpunkte einer jeden
genügend aebnell senkrecht zn ihrer Lage pendelnden Ebene in
der Sebwingongeriebtung eine Tonwelle, jedocb mit noob unbe-
kannten Bebwbigiingamiltdpankten und nadi unbekannter Zeit, aus-
geht FOr den Beweis soll das angenommen werden. Es wird
sieb jedoeb zeigen, daß es für uns weniger daianf ankommt, daß
die Ebene pendelt, als vielmehr daranf, daß es eine Ebene,
allgemeiner eine Fläche, ist. Es kann .statt der »peudcluden Ebene«
ohne Schaden ftir den Beweis eingeführt werden: >Eine Ebene,
welche derartig schwingt, daß ein in einiger Entfernung vor
ihrer Mitte gelegenes Teilchen frtihcr oder später pendelt.« Dabei
mache ich nur die eine beschränkende Annahme, daß die Dauer
einer Hin* nnd die einer Herschwingeng die gleiche, also ^ T, ist
Ich nehme femer an, daß, wenn eüi einziges pendelndes
LaftteQehen Erreger flir ebie Kugelwelle wäre, ancb ein entferntes
in der Sebwingungsricbtong geisgenes Teileben pendebi mflDte.
Diese Auoabme ist möglieherweise falseb, Insofern vlelleiebt eine
aus LuiUeilcben bestehende Minimalflftebe nötig wSre, damit
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120
£. Gaetachenberger,
das entfernte Tettehen pendelt Anfierdem Ist ea wieder melit
flieheTf ob der Erreger aelbet pendeln miiB. Die Kirehhoffflche
Gleichung ftr das GeeebwindigkeitBpoteDtial in der Tonwelle
scheint Uber beide Fragen keinen zuverlässigen Anfschluß geben
zu können, weil sie zufolge der Art, wie sie gefunden wird, nur
fhr sehr große Werte von fUr unendlich Icloine Geschwindig-
keiten und unendlich kleine Druckänderungen gilt, demnach nicht
als der exakte Ausdruck eines nattlrlichen Vorganges aufgefaßt
werden kann. Sollte meine Annahme Filsch sein, so fiele damit
der Beweis noch nicht um, sondern bedurfte nnr einer nnbeden-
tenden Korrektur, die ich später andeuten werde.
Es sei bei dieaer Gelegenheit daran erinnert, daß die Ampli-
tnde eines in der Sehwingnngsiiohtnng gelegenen Tellehens bedeu-
tend kleiner ist als die des einilgen erregenden Teilchens, weil
die Ton dem letxteren in der Zeiteinheit abgegebene Energie In
der Zeitdnheit efaie ganze Kugelflftehe passiert.
Eine fllr den Beweis gleiohgtlltige Annahme ist es femer, wenn
ich die Ebene mit der Gebchwiudigkeit Null iiud von ihrer >Kuhe-
läge« aus zu pendeln beginnen lasse, so daß sie koaiuusförmijj:
schwingt. Ich tue das nur, weil ich in der Natur keine andere
M f^dichkeit finde. Es darf aber uiclit Ubersehen werden, daß der
Ausdruck > Gleichgewichts- oder Ruhelage« zweideutig ist Man
muß ein Pendel, z. B. in der Mach sehen Wellenmaschine, zu einer
Gleiobgewiohts- oder Bnhelage in erster Bedentang erheben und
▼on dieser ans kMlassen, wenn es von An&ag pendeln soll; es
pendelt dann um seine Gleichgewichts- oder Ruhelage in zweiter
Bedeutung. In Anbetracht dieser Zweideutigkett soll angenommen
werden, die Ebene befinde sieh, heyor sie an pendeln beginnt, in
einer Bnhelage in erster Bedeutung oder in »Aussehlagstellung«.
Unter der Bnhelage der Lnfttellchen ist dann diejenige Lage zu
verstehen, welche sie angenommen haben, nachdem die Ebene
längere Zeit in Ausschlagstellung gestanden hat. Die unregelmäßige
Luftströmung, welche stattfand, wahrend und nachdem die Kbene
in Ausschlagstellong gebracht wurde, kann nicht zu den Be-
1) Kirchhoff. VorleflnnL'on Uber mathematische Physik. 4. Anfl. Rd I
S. 319. Gleichung 21 . loli kann übrigens die Möglichkeit nicht ausschlielieu,
daß diese Gleichung iiuplicite die Lösung unseres Problems schon enthält.
DaoB wXre es nnr in bedanora, da0 Pl^ik, Physiologie and Pjqpisholosie
noch nieht die KouMqoanaea gMogea haben.
uiLjiiizuü Dy Google
über cUe Möglichkeit einer Quantität der Tonempfindung. 121
wegongen in der Tonwelle gerechnet werden. Diese Festaetmog
ist insofern nebensächlich, als der Beweis sich mit einigen zeit-
Uchen Verschiebungen ebensogut mit einer Ebene fuhren ließe,
welche mit maximaler uder anderer Geschwindigkeit zu pendeln
beginnt.
Wenn eine Ebene von links nach rechts zu pendeln beginnt,
80 übt sie auf die rechts anliegende Luft eine Gesamtwirkung aas,
die man sieh in eine Reihe sehr kurzer Stöße oder Drucke zerl^
denken kann, welche eine Viertelperiode lang zunehmende, dann
eine Viertelperiode lang abnehmende Kraft besitien. leb nehme
an, daß die Fortpflanzmigigesebwindigkeit aller dieser Stfffie die
gleiche ist SelbstveisMndlieh ist das nicht. Demi die Fort-
pflansnsigsgesebwindigkeit hSqgt Ton dem Onotienton ans Elastudtit
mid Dichte ab. Der zweite Ste0 trifft Luft von anderer ElafltizitSt
and Dichte als der erste. Da aber der Wert des Qnotienten ftlr
die Fortpflanzung des Schalles trotz wechselnder Barometerstände
unverändert l)leibt. so darf das Gleiche auch ftir die einzelnen
ätöße trotz wechselnden Gegendruckes angeuommeu werden.
I
Um das Material der starren Ebene unberücksichtigt lassen zu
können, setze ich den hjrpothetischen Fall, daß sie aus Luftteilchen •
bestehe, also gleichwertig sei einer ebenen Wellenflächc, deren
Erreger eine Ebene von irgend welchem Material ist. Sollte das
Msfterial gldebgttltig sein, so kann die WeilenflKche als Zwisehen-
tiiger weggelassen werden.
loh komme nun sn einer eigentliehen Primisse, von welcher
der Beweis wesentlieh abhSngt. Sie lautet: Lnft abt an Lnft
keinen Zng ans. KalOrlieh ist dabei nor an den gasförmigen
Znttand gedacht Dafi bei genügender gegenseitiger Annäherung
der Luftteilchen unter hohem Druck und bei großer Kälte der Satz
zu gelten aufhört, ist hier belanglos. Die gasförmige Luft äußert
nur jene eine Kraft, welche der Kompression Widerstand leistet,
mag man sie nun die Kraft der Elastizität oder der molekularen
Abstoßung oder den Gasdruck oder die Expansionskraft oder die
Spannkraft nennen. Scheinbarer Zug ist immer Druck von der
Gegenseite und der Ausgleich von Druckunterschieden erfolgt anr
miter der Herrschaft eines Dmckes. Der Sats ist swar nienuds
aogefoehten worden, aber man findet nicht selten Darstelhings-
weisen, namentüoh in Lehrbttehem, welche dem Leser die Existenz
eines Znges im Suine einer positiTcn, dem Dmck antagonisttsehen
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R. GieteehenbeiKer,
Kraft Yorfilnschen. Man kann da etwa lesen: Schwingt der Schall-
erreger nach rechts, m komprimiert er die rechts anliegende Luft,
die Kuiiipresöiün sehreitet fort; schwingt er nach links, so wird
die rechts anliegende Luft nach links »gerissen«'!. Ks kauu sich
da nur um eine nicht ganz glückliche Veranschjuili hmig oder Um-
schreibung des Tatbestandes handeln. Die Kräfte^ welche in
Wahrheit auf ein Teilchen in der Luftwelle wirken, sind einerseits
StOfie oder Drucke, anderseits RUcksti^fie oder Gegendrücke. Im
Beweis soll nur aUgemein Ton Wirkmigeii mid GegeDwirkuqgeD
gegproehen werden.
Es ist bekannt, dafi der Stoft oder Draek, den ein in be-
stimmter Bichtang sehwingendes Teilehen ansttbti rieb nicbt nnr
in dieser Riebtung fortpftanxt, sondern anob in sdirSgen Biebtnngen
sieh verteilt, daß jedoch die Wirkung in der Dmekriebtung am
größten ist und mit der Abweichung von dieser abnimmt Auf
dieser Druck Verteilung beruht sowohl die Kreuzung der Wellen,
als uucit die Superpositiou in der Interferenzlinie. Wenn wir also
eine starre Ebene senkrecht zu ihrer Laire schwingen lassen, so
darf nicht angenommen werden, daß die Teilchen einer parallel
vor ihr gelegenen Ebene nur senkrechte Drucke erhalten; sie er-
halten vielmehr auch seitliche Drucke, die aber um so schwächer
sind, je schräger sie eintreffen. Naeh welchem Qesets sieh der
Druck mit der Abweichung von der Sehwingangsriehtnng indert,
ist mir nicbt bekannt imd ist ftr den Beweis nebensftehHcb. Ver-
mntlich ninunk er proportional dem Qnadrsi des Kosinns des Ab-
weicbangswinkels ^ ab, wie das nach Eirebhoff*) ftr die In-
tensitSt gilt, wenn dne kirine Kugel schwingt
Ee ist auch bekannt, daß die seitlichen Wirkungen abnehmen
mit zunehmender Entfernung der Zone, aus welcher sie kommen.
Es genügt aber wahrscheinlich nicht die Verdet'sche Annahme*),
daß «io einfach proportional zu dieser Entfernnni; abnehmen.
Berücksichtigt man im Gegensatz zu Verde t bei der Berechnung
der Flächeninhalte der Zonen die Quadrate der Wellenlibigen und
setzt man die seitlichen Wirkungen gerade proportional dem
Flächeninhalt der Zone and dem cos' ^ and umgekclirt proportional
der Entfemong der Zone, so erblÜt man eine kaam meiUicbe Ab-
1 Müller-Pouilk'ts Lehrbucli (Ut Phvf^ik. 9. Anfl. Bd. 1. S. 6U.
2, Kircbbül't', VorlcbUDgeu über maui. i'hymk. 8.320.
3) a. a. 0. 8. 127.
Digiii^cu by Ct.
über die XOgliohkeit einer Quaiititit d«r Tonenpfiiidiiiig. 123
naiime. Erst wenn man das Quadrat der Entfernung einführt, wird
die Abnahme einigermaßen glaubhaft. Indessen ist ftlr nnsem
Beweies nifht8 daran g-eletren, wie die seitlichen Wirkungen Ab-
nehmen, wir brauchen nur zu wissen, daß sie abnehmen.
Überhaupt sind i\ir den angektlndigten Beweis, mit welchem ich
jetzt beginnen kann, keine Berecluinnf;en, londem nur ein&ohe
MitBebe Betraobtnngen nStig.
En sei ^ (Fig. 1) der Dorehidinitt der bereits ehniakteriiierten
Ebene. Diese beginnt mit der Gesebwindigkeit Knll eenkieobt sn
Ihrer Lege von linke naeb leebte') zn pendein. Die WeUenlänge
sei CD^h Die Strecken ED^FD betragen l'/s K ^^BD 2 A.
Wir betrachten die Wip-
^ung der Ebene auf ein iu
D [Telegenes Luftteilchen.
Die Auiplitade sowohl der
Ebene als des Teilcbeiis
sei gegen die Wellenlänge
rereebwindend klein, wie
es ja bei Schallwellen
meiifeene der Fall ist Wir
kOanen alao mit einem ver-
lebwnidend kleinen Febler
die b« relativen VerecUebiingen des Pnnktes D entstebenden
Winkel- und DistansTeriadeningen yemadütaigen. Die Sebwin^
imngen des Teilebens finden dann soznsagen Inneibalb dee mate-
riellen Punktes D statt und könnten dort nur mikroskopisch wahr-
genommen werden. Wir rechnen die Zeit t \om Beginn der
Bewehrung an nnd messen sie mit der Schwingungsdauer oder
Periode 'I\ so zwar daß:
*,i=*lVf r, nsw.
Wäre C allein Schwingnngserreger, so würde das Teilchen in
I) — unserer Annahme gemäß — zur Zeit ty zu pendeln Ijeginnen.
Von jetzt an kämen von C her abwechselnd 1/2 T Wirkungen
an und Va^ fehlten solche, namentlich kämen keine Züge
an. Soll das Teilchen trotzdem pendeln, so kann das nur unter
dem iänflnß der Qegenwirknngen, der Eigenart ihrer Anfeinaader-
1) In der Figur voa uuteu uach olieu.
Flg.1.
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U. Gaetooheiibeiger,
folge und Ums leWioben EinsetMüs gesckelieiL Anelt Gegen-
wirkungen der Gegenwirkungen kommen wohl in Betracht. Unter
den beiderseitiiTi u Kiullüssen würde das Teilchen zur Zeit /j^ seine
größte Entfeniuu^ von der Ruhelage, die Amplitude 2fi, erreicht
haben und zur Zeit ^2 wieder in der Ruhelage angelangt aein. Die
Amplitude 2a wäre viel kleiner als jene des Teilchens in C.
Nun schwingt aber die ganze Ebene. Es treffen daher von
#1 biß ans der 1 Zone kontinuierlich Wirkungen, und zwar
TOD erheblioher Resultante in der Biohtang DO^ bei D ein. Diese
swingem das Teilcheii weiter zu sehwingen und die Luft
Tor flieh mehr zuBammenKupresBen oder größere Gegenwir-
kungen aoztthftDfen, als das geschähe, wenn Callein Schwingunga-
enreger wiie. Seine Amplitude nähert sieh an GrOBe jener dea
Teflehens in C oder der Ebene. Aber aueh ron bis ^ treffen
noeh Wirkungen aus der 1. Zone, zugleich auch solche aus der
2. Zone ein, und wenn die Ebene unendlich wäre, würde das erst
nach unendlicher Zeit aufhören. Daraus folgt aber nicht, daß das
Teilchen immer noch weiter in der Fortpflanzungsrichtung des
Schalles getrieben wird. Es muß vielmehr ein Zeitpunkt kommen,
wo die seitlichen Wirkungen nicht mehr genügen, um den vor dem
Teilchen sich anhäufenden Gegenwirkungen Widerstand zu leisten.
Dieser Zeit])unkt hängt außer von der Größe der Ebene von der
Amplitude dersdben ab. Je großer diese Amplitude, deeto giOBer
shid aueh die aeitiiehen Wirkungen und deato spftter tritt der
Wendepunkt ein. Nehmen wir an, wir hStten die Amplitude der
Ebene so k)dn gewShlt, daB aehon bei dem Emtreffim der eiBteü
Wirkungen aus dem Kegeloiantel EDF^ also zur Zeit /i^, die
Gegenwurknngen ttberwiegen. Das Teilchen kehrt dann mit dem
Zeitpunkt um, nachdem es die Entfernung 2a -^b von der
Ruhelage erreicht hat. Wenn von jetzt an die seitlichen Wirkungen
gleich Null wären, küiiute das Teilchen bis t-j die Ruhelage viel-
leicht eben noch erreichen und es wäre die Frage diskutierbar, ob
seine Schwingung pendelartig war. Die aus der 1. und 2. Zone
von bis ti eintreffienden Wirkungen sind aber noch nicht gleich
Null, sie sind nur zn schwach, um die Gegenwirkungen aufzuheben.
Da sie nicht gleich Null sind, mflssen sie die Rttckkehr des
Teilehenf hemmen. Notwendige Folge daron ist^ daB das Teüohen
zur Zeit seinen Ausgangspunkt noeh nioht erideht hat Diesen
erreidit es aber auch ferner nicht mehr, weil mit diesem Zeitpunkt
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über die Jß^ehkeit efner Qnaatitit der Tonempfindmig. . 125
nicht nur das Spiel von nenem beginnt, sondern auch noch bis
der Rest der W irkuiigen aos der 2. Zone eintrifft. Ich knüpfe
iiier später wieder an.
Erreicht das Teilchen nach einer Periode seinen Aasgangspmikt
nicht mehr, so kann seine Schwingung nicht pendelartig gewesen
Mini), nnd wenn ein Teiloheii beim EnMehen der Welle anders
teliwiiigt» Bo müBBen auch die ttbrigen anders schwingen. Wenn
wir Jetzt noch Ton einem Sefawingnngsmittelpiuikt sprechen wollen,
BO können wir nur sagen, daB sich derselbe in der Fortpflanznngs-
riditang des Sehalles Tersehoben hat Wenn wir noeh geseigt
haben, daB dieses Resnltat aiieh fbr andere Kreise als den oben
?erwendeten vom Kadiu« / ) i> gilt, öu dürfte bewiescu sein, daß
die Ton^s elle einer Ausbildnngszeit bedarf, während der sie keine
Sinns- oder KuBmuswelle ist. Doch damit nicht gefia^ daU
mit der Zeit /2 die Ausbildungszeit schon zu Ende ist.
Im Sinne des Huyghens-Fresnelsehen Prinzips k(}nnte man
nnn einwenden, es würden die Wirkungen der 1. Zone zum Teil
angehoben durch die Wirkungen der 2. Zone, weil die Wirkungen
infolge der Differenzen von halben WeUenllogen in entgegen-
geseilten Phasen in D eintreffen. (Die GrSfie der Anfhehnng
hinge y<m dem Gesets der Abnahme der seitiiehen Whrkangen
ab.) Eine einfadie Erwägung belehrt uns aber, daB das, wenn
llberfaaapt, dann nur Air ehie ron EiHgkeit her bestehende Wellen-
bewegung unter Anerkennung der Gleichung
00 ±: M s= 00
gelten kann.
Stellen wir zonMchst die Bedingungen fesl^ welche erfüllt sein
mttBten, damit in einem Pukkte D von Anfang an entgegenge-
setsle Phasen nnd von Anfang an maximale Anfhebnng herrseh-
1] Hätten wir die Amplitude der Ebene grüßer gewählt, so daß erst bei
dem Eintreffen der ersten Wirkungen ans einem Kegelmantel von e-rößerem
< »ffniin^swinkel die Gegouwirkungeu liberwogea hätten, so hätte schon die
luikehr de8 Teilchens verspätet, d. h. einige Zeit nach /ij^ stattgefunden.
Wir hätten dann schließen künnen: Ist das Teilchen nach Ablanf emer
halbeii Peziode noch sieht amgekehrt, so kaiiii sefaie Sehwfaignng nicbt
fämAtAmiHtg gtfweseix Sein. Denn wenn es später umkehrt, hat sich nicht
etwa nur seine Amplitude vergrößert — die größere und kleinere Amplitude
bedarf ja bei Pendelschwingungen unter sonst gleichen Umstünden der glei-
chen Zeit — , sondern ca muß noeh eine zweite Änderung stattgefunden
haben, welche eben nur die Schwingungsfonn betreffen kann.
126
B. Gafitseheiibfliger,
teu. La luulitcü erstens bei licgiuu der liewegung von allen un-
geraden (resp. geraden) Zonen positive und von allen geraden
(resp. ungeraden) Zonen negative Wirkungen ausi^e^rangen sein.
Zweitens müßte die äoßerBte Zone zuerst und jede nach innen
folgende ^ ^ später in Tätigkeit getreten aein. Für eine von
Ewigkeit her bestehende Bewegung fällt die zweite Bedingnng
fort Denn da
80 int jede Bedini^un^-. die fllr die Art des Bep^inns gestellt wer-
den kt^nnte, damit ertllllt, daß alle Zonen von Ewigkeit her, also
gleich lange, schwingen. Die Erfllllbarkeit der ersten Bedingnng
hängt davon ab, ob wir einen Enatz fttr den fehlenden Zng TOn
Luft an Lnft finden kOnnen.
Von diesem idealen Fall, in welehem das HnjghenB-Fresnel-
sehe Prinzip anbedingt anwendbar wäre, weicht der Fall, der uns
besebälligt, in doppelter Hinsicht ab. Erstens gehen Ton allen Zonen
Yon Anfang an nnr einerlei Wirkungen nnd swar positive 'aus,
zweitens treten alle Zonen zugleich in TUtigkeii Angenommen
nun, die erste Bedingung sei in der Akustik dadurch erftlUbar,
daß die Gegenwirkungen der Wirkunj^eu aus der 2., 4. usw. Zone
im Stande wären, die negativen Wirkungen zu ersetzen, so könnte
eine von AnfnuL'- ;ni maxiiiiMlc Aiifiiebung nicht stattliuden, wenn
die zweite Bedingung nicht eriullt ist. Denn die Gegenwirkungren
können in D erst einsetzen, nachdem die Wirkungen dort an-
gekommen sind. Treten aber alle Zonen sogleich in Tätigkeit, so
sind die Wirkungen, deren Gegenwirkungen die Züge an Tertreten
hätten, an der Zeit, wo die Anfhebang stattfinden sollte, noch
gar nicht eingetroffen. Außerdem ist es aber aneh nicht ein-
znsehen, wieso später eine Anfhebnng stattfinden sollte, da sich
doch die Ton Anfang eingehaltene Reibenfolge des Eintreflfens
nicht mehr ändert Für einen von Ewigkeit her bestehenden Vor-
gang fallen alle diese Bedenken fort Da
00+2 7=00,
so sind die Wirkungen yon Anfang an rechtzeitig eingetroffen nnd
treffen anch später immer rechtsettig ein.
über die HOgliehkeit einer Qntntitit der Tonempfiiuliiiig. 127
Es ist aber fraf^lich, ob die Gegenwiikuiiiren der Wirkungen
aas den geraden (resp. ung-eraden) Zonen die negativen Wir-
knnp'en ersetzen könueiL Sollte das möglich sein, so hindert
ilichta, aoeh die Gegenwirkungen der Wirkungen «u den unge-
raden (leep. geraden) Zonen als negatiTe sn betraehten. Dann
kann ttberlumpt Yon enigegengeaetitfln Pham niehi.mefar die
Bede Bein, sondern nur noeh von Wirkungen nnd Gegenwirkungen
■eUeektweg.
Angenonunen aber, die negatiTen Wirknogen seien eraebliar
dnitdi (Hgenwirknngen, weloke svr Mt eines relativen Mangels
an positiven Wirkungen einsetzen. Dann mußten der ersten Be-
dinismug zufolge alle geraden Zonen nach links seliwingen, während
die ungeraden nach rechts schwingen, und wenn die Aufhebun*r
vun Anfang au iiuixinial sein sollte, müßte die^ie SchwingungswiMsc
noch mit der zweiten Bedingung kombiniert werden. Hiermit
Jiätten wir den Gegenstand unserer Untersuchung, die Wirkung
einer Starren Ebene, verlassen und uns einem höchst merkwürdigen
Erreger zugewendet, der nioht als Ausgangsponkt einer aknstisehen
UnterBnehnng dienen kamt
Soll durchaus von einem »Zusammentreffen entgegengesetster
Phasen« gesproofaen werden — was eigenflieh naoh den vorliegen-
den Betrachtungen keinen rechten Sinn mehr hat — , so konnte
der Effekt einer so benennten Heehanfk nur die schon beBproehene
liemmung der Rückkehr des Teücheus sein. Zur Zeit ti\
treffen die ersten Wirkungen aub der 2. Zone ein. Zu derselben
Zeit hat das Teilchen seine größte Amplitude 2a -\~ h erreicht.
Wenn es n ih nun an etwas aufzuheben gibt, dann können es nur
die Gegenwirkungen sein, unter denen das Teilchen umzukehren
im Begriff ist Ahnüohes wiederholt sich jede Periode später, der
Schwingnngsmittelpunkt wird demnaeh in der Fortpflanzungsrieh-
tnng verschoben. Seine Verschiebung während der Aosbildungs-
leit ist naeh donelben irreparabel (natttrlich abgesehen vom
Aufhören der Wellenbewegung], weil einerseits die K^tfte, welche
wihrend der Ansbildnngsseit die Verschiebung herstellen, naeh
der Ausbfldungsxeit unverändert weiter bestehen, anderseits keine
Kraft auffindbar ist, welche die Verschiebung rückgängig machen
könnte. Für einen von Ewigkeit her bestehenden Vorgang fällt
dieses Bedenken wieder fort. Denn da sich vor der Ewigkeit
nichts ereignet bat, gibt es nichts zu reparieren.
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128
B. 0«6techeikb6rger,
Es muß also zam mindesteu zugestanden werden, daß eine
Anfhebnng dnrch Zusammentreffen entgegengesetzter Phasen im
Sinne des Huyghens-Fresnelschen Prinzips bei Beginn der
Bewegung nicht stattiindcu kanu^). leb will aber, obgleich damit
daa Wort Aufhebung seinen ursprünglichen Sinn verliert, uiobts
dagegen einwenden, wenn man behauptet, daß nach einiger
Zeit eine partiette Anfhebnng atattfinde. £ine totale darf niefat
stattfinden, wenn ea Überhaupt eine Tonwelle gehen soUi die pta^
tielle aber kann nur so weit gehen, daS daa Teikhen nach einiger
Zeit pendelt Nun, daa stimmt ja Tortreflnieh mit nnaenn finheren
Reenltat Daa Teilchen pendelt naeh einiger Zeit, nftmlieh
naeh der Ansbildungszeit, es ist nur noch hinzuzufügen: an
einem entfernten Ort. Für einen von Ewij[rkeit her bestehenden
Vorgang gibt es iiatUrlich keine Ansljildimgszeit uud keinen neuen
Ort Denn vor Beginn der Ewigkeit hat sich nichts ereignet und
ein von Ewigkeit her neuer Ort ist eben der alte Ort.
Ich fahre in der Betrachtung der Vorgänge vor der Ebene forL
Wir haben gesehen, daß die seitlichen Wirkungen bis ^ die Vor-
wärtsbewegung des Teilcheus fördern und seine Rllekkehr
hemmen. Beides kommt einer Fltederang des SohwingnngBmittel-
Punktes gleieh. Eine aasgleiehende Hemmung der Vor-
wltrtsbewegnng nnd Förderung der Bttekkehr IftBt sieli
nioht findjen. Dam fehlt vor allem die antagonistische Kraft,
der Zug Ton Laft an Lnft. Dnroh die Gegenwirknngen ist diese
Kraft nieht ersetzbar, denn wir haben die Gegenwirkungen
schon berti|ek sichtigt, als wir fanden, dali die Vorwärtsbe-
wegung gefördert und die Rllekkehr gehemmt wird. Wir werden
sie auch femer berücksiclitigen.
Das Teilchen befindet sich zur Zeit ^ in der Entfernung
e <; (2a -4- 6) von seiner Huhelage. Wenn sich jetzt genau die
Voigänge der Zeit bis t% wiederholten, so wtlrde das Teilchen
zur Zeit in die Entfemnng 2a4-6 + <^ befördert und zur Zeit
^ bis an einer Entfemnng 7on 2e znitlekgekehrt sein, nnd hei
ferner annehmendem t müßten diese Entfernungen in aritfametiseher
Reihe wachsen. Die Vorginge wiederholen sieh aber in zwdfiudier
Hinsicht nieht genau. Erstens spielt von t%\iaB t^^, nnd desglei--
ehen jede Periode später, der Best der Wiiknngen ans der 2. Zone
1; Das gilt, nebenbei gesi^c, auch für LichtweUen.
über die HOgliehkeit einer QnuititKt der Tonenipfindmig. 129
in einem den SGhwingang8mitteIpimkt förderadeu Sinne hinein.
Zweitens aber ^vird der Fehler, den irir anfangs ala yersehwin-
dend klein betracton konnten, mit annehmender Yenehiebnng des
Sehwingongmdttelpnnktea immer merklieher, ja addiefilich auBer-
ordenflieh grofi. Bm seiner Beaeitigmig würden wir die Vorwirts-
beweguDg hemmende Einflttsse aufdeoken, anf deren Nachweis
es hier nicht ankommt Da eine Versehiebnng des Schwin^ngs-
mittelpuuktes und mit ihm des Teilchens ins L'neiidliclie nueh un-
seren Erfahrungen ausgcschlopscn ist, so mlisseu die hemmenden
Einflösse schließlich überwiegen und es muB sich eine endliche
(rrenze der Verscliii limig nach einer gewissen Zeit finden. Die
Grenze hängt aber nicht nur von den bisher besprochenen Vor-
gängen ab, sondern auch noeh Ton Vorgängen im entfernteren Be*
reich vor der Ebene. Ich komme darauf noch zurück.
Vergrttfieni wir die Ebene nm eine Zone, so daß die Seite des
infiersten Kegelmanleto beträgt, so werden erstens die seit»
Uehen Wirkungen Ton ^ bis ^ verstärkt, zweitens treffen ancli
Ton ^ bis ^ Wirkungen ein, welche die sn dieser Zeit stattfin-
dende Bflokkehr des Teilobens hemmen. Da sich bmdes in jeder
späteren Periode wiederholt, so mnB die Grenze der Versehiebnng
des Schwingungsmittelpunktes weiter von I) entfernt liegen als im
Falle der kleineren Ebene. Fttgen wir der Ebene eine weitere
Zone hinzu, so treffen auch von l)is noeh Wirkungen ein,
welche den Sehwingungsniittelpunkt fördern, indem sie teils die
Vorwärtsbewegung des Teilchens turdem, teils seine Rückkehr
hemmen. Die Verschiebung der Grenze nimmt also mit
der Größe der Ebene zu. Selbstverständlich findet aber die
Veischiebnng der Grenze wieder eine Gremte, da die seitlichen
Wiikm^;en um so geringer werden, aus Je entfernteren Zonen sie
kommen. Praktiisoh wild sich wohl eine GrOBe der Ebene finden
lassen, ttber welche hinaus Jede weitere VeigrOBerung ohne Wir-
kung anf ein Teüelien bleibt, welehes eme Wdlenttnge von ihrem
Mittelpunkt entfernt liegt.
Daß mit der Verkleinerung der Ebene, von der wir ausge-
gangen äiud, die Verschiebuiii: des SchwingungHuiittelpiuiktes ge-
ringer wird, bedarf hiernach keiner Erörterung mehr. Ob a))er
die Vers( hicbung tatsächlich erst dann Null wird, wenn das Teil-
chen in C allein Schwingnngserreger ist, oder ob nicht vielmehr
in der Natur eine MinimalHäche nötig ist, damit das Teil-
Afckit Ar Pcjcliologi«. L 9
uiyiii^ed by Google
130
R. Gsetscheiibeig^r,
eben in D tlherbanpt pendelt, will ich nicht cntsclieiden. Mit der
Bttrücksichtig-unfj: einer solchen MinimalHiiche Iiätte die Korrektur
des Beweises cinzuHctzeu, wenn unsere zum An^gaugäpuukt die-
nende Annahme falsch sein sollte. Die Korrektnr wäre damit er-
ledigt, daß wir die Minimalfläche nicht die Förderung des
SehwingnngfliDittelpiuiktofl in Anspnioli nähmen. Der Beweis er-
ftbre dadoreh nur geringe Änderungen in Zelt- and Ortsangaben.
Kimmt mit abnehmender GrQBe der Ebene die Versohiebnng
dea SehwingungsmittelpaniLtea ab, ao gflt die Gleiehung 2) unbe-
dingt, wenn eine koflinnsfitmug aobwingende Ebene Ton deijeuigen
Gi0ße, ftr welche die Verschiebung Null wird, Erreger ist.
Ich halte nun den Beweis fllr erbracht, daß der Ort des
Schwingunp^smittelpunktes flir ein Teilchen der ausgebildeten Welle
von der Grijße der Ebene nnd hiermit von der wirksamen Körper-
obertiäche in dem Sinne abhängt, daß mit zunehmender Größe
der Ebene die Verschiebung in der Fortpilanzungsrichtnng wächst.
Damit ist nicht gesagt, daß die Verschiebung nur von der Größe
der Ebene abhängt. Sie hängt auch, wahrscheinlich aber in viel
geringerem Mafie, Ton deren Amplitnde nnd Sehwingnngsiabl nnd
aelbstreratändlich anoh von der Entfernung des TeÜehens von der
Ebene ab. Die Abbängigkeit von der Amplitode wurde schon, bei
Bespreehnng der Gleiehung 2) (S. 114) angedeutet Den Beweis fltr
diese AbbUngigkeiten werde ich spSter erbringen.
Betrachten wir noch ein Teitehen im entfernteren Bereich ror
der Ebene. Die Wirkung des Kreises AB auf einen zwei Wellen-
längen von C entfernten Punkt G ist nach Fig. 1 gleich der Wir-
kung des Kreises HJ, doch beginnt die Bewegung in IT später
als in D. Der Kreis HJ hat nicht ganz den Inhalt der 1. Zone
des Kreises AB und die Strecke AO =B0 beträgt etwas mehr
als 2| X. Es treffen also von ^ bis ungefähr ^ seitliche Wir-
kungen in O ein, welche den Schwingnngsmittelpunkt des TeÜ-
ehens in der sebon dnroli direkte Wirkung Ton D her ver-
schoben wiid| noeh mehr yersebielMn. Dadurch tritt In etwas
späterer Zeit eine Entlastung des TeOohens in D eiBi so dafi
dieses geringeren Gegenwirkungen ausgesetzt ist, als das der Fall
wäre, wenn auf 6^ keine seifüehen Wirkungen träfen. Hiermit
haben wir wieder ein die Verschiebung des Schwingungsmittel-
punktes des früher betrachteten Teilchens förderndes Moment
gefunden. Es entlasten aber auch die seitlichen Wirkungen auf
Google
über die HOgliehkeit einer Qnantltitt der Tonempfindmig. 131
noch entferntere Teilchen alle in der Richtoug nach C gelegenen
Teilohen, niir wird die Entlastung von seilen entfernterer Teilchen
immer geiinger, weil die wirkaam« £bene immer kleiner wird und
immer «diwttdier wirkt Daraus geht aber wieder herFor, daß mit
dem WachBtnm dw Ebene, von der wir ausgingen, aneh die Ent-
lastung grOBer wird. Da femer die Entlastung eines Teilchens
nm so grOBer ist, je sahlreiohere entferntere Teilohen ron seit-
lieben Wirkungen getroffen werden, so hindern wir die volle
Entlatstung, wenu wir die Welle aüftaiigeu, uud hindern
sie um so mehr, je näher an der Ebene wir öie uiiffanfjen.
Kurz, die definitive Grenze der Verscbiehunc: def Schwiugungs-
mittelpunktes und hiermit die Ansbildungszeit der Tonwelle ist
eine komplizierte Funktion vieler Variabein und Parameter.
Welche physikalische Bedeutung kommt nun der Yersclnebung
der Sehwingnngsmittolpnnkte zu? Es muß nach der AasbUdangs^
seit eine dauernde und ruhende Luftyerdflnnung sn-
nftehst der Ebene und eine dauernde und ruhende Luft-
yerdiohtung im entfernteren Bereich vor ihr liegen. Auf
diese beiden superp onieren sieh die sich fortpflanzenden Lnftrer-
diehtungen und -yerdttauningen. Solehe Wellen sind geeignet,
einen Gegenstand, abgesehen davon, daß sie ihn in Sehwingung
versetzen, dauernd \<i. h. so luu^^e die Welleubewegung dauert) zu
drücken und, wenn er nachgiebig ist, einzupressen. Die Tonwelle
i^T ;dsi> — immer vorausgesetzt daß die Verschiebunii: zu den
meßbaren Größen gehört — im Gegensatz zu der hypothetischeu
Welle, die von Ewigkeit her besteht, eine »Preß welle«. Dabei
ist zu beachten, daß die Welle, wenn sie nicht reflektiert wird,
nur in je einer Richtung, nämlich Ton der Ebene her, preßt
Es muß speziellen Untersnehungen Torbehalten bldbeUi die
Form der dauernden Luftrerdttnnung und -verdiehtung festzu-
stellen. Soweit ich sehe, ist fOat dne uuf^hindert ins Unendliche
sich foftpilanzende Welle die liUfkdichte normal da, wo sieh das
am meisten yeischobene Teilohen befindet, und die Yerdttnnung
nimmt von hier aus sehr stark zu in der Richtung nach der Ebene
(unmittelbar an der Ebene nimrat sie wieder ab, wenn der Ebene
Lnftteilchen adhärieren), während die Verdichtung in der Fort-
pflanzungsrichtung aulun^:s st dir ?^tark zunimmt, dann sehr allmäh-
lich abnimmt und sich asymptütiüch der normalen Dichte nähert.
Wird die Verteilnngsform der Dichte durch eine Kurve daigesteUt,
9»
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132
B. Gaatodlieiibergert
deren positive Ordinaten die Verdichtung und deren negative die
VerdUnnang anzeigeDi so mtisaen beide Knrventeile gleichen Flächen-
inhalt haben und der positive Teil muß einen Wendepunkt besitzen,
deflflen AbBoisse mir von der Grttfie der Ebene abhSngig aeheini
Eüie derartige Verteilangafoini entsteht, wenn, von adhärenten
Teüchen abgeaehem, alle Lnftteilelien in der Fortpfianmngarioh-
tang yerschoben werden und zwar, wenn die der Ebene zonAdiat
gelegenen um große Beträge, die entfernteren um anfiings sdifiell,
dann (Wendepunkt!) weniger schnell abnehmende Beträge ver-
schobeu werden. Wenn nun aus der dauernden Verdichtung eine
vierte Wirkung auf das Gehör abgeleitet werden soll, so könnte
mau einwenden, daß diese Wirkung iub Gegenteil umsi hhtgen
mtisse, wenn das Ohr nahe genug an die Ebene gebraclit wird.
Darauf iit za erwidern, daß die angegebene Verteilung nur denk>
bar ist, wenn die Welle nicht aufgefangen wird. Wie dUa
Yerteilnng wird, wenn Gegenstände in die Welle gebraoht nnd
darin Teraohoben werden, bedarf einer eigenen Üntersnohnng.
Wahrachräüich rttckt die Grenze zwiaehen VerdAnnong und Yer-
dichtong am so nSher an die Ebene, je mehr der Gegenstand der
Ebene genähert wird. Das Ohr ktfnate dann niemals in die Ver-
dttnnnng gelangen.
Nach dem Gesetz der Erhaltung der Energie muß mit zuneh-
mender Verschiebung des Sehwingungsmittelpunktes die Amplitude
des Teilchens alinebmeu. Das Teilchen preßt auf Kosten der Am-
plitude, d. h. derjenigen Amplitude, die es in dem von uns be-
trachteten Fall mit der Zeit f^i erreicht hat. Die Bestimmung der
Amplitude wird jetzt recht verwickelt. Die Amplitude 2a-\~ b
eines Teilchens ist um so größer, je größer die Amplitude der
Ebene. Sie nimmt aber von f^}. bis zum Ende der Ausbildungs-
zeit ab, weil das Teilchen aof ihre Kosten pieBt Ihre GiOBe
nach der Ansbüdnngszeit hJtngt Ton der GrOBe der Ebene ab.
Sie ist ans bekannten Grttnden nm so kleiner, je entfernter Ton
der Ebene das Teilehen von Anfang an liegt Sie nimmt ab mit
wachsender Zeit, wenn das Gleiche fllr die Ebene gilt Sie Sndert
sich mit dem Eintritt eines Gegenstandes in die Welle nnd mit
dessen Verschiebung, und sie ändert sich wahrscheinlich nicht nur
mit der Verschiebung senkrecht zur Ebene, sondern auch bei seit-
licher Verschiebung. Vielleicht erklären sich aus diesen Verwick-
luDgea die unerwarteten mid wenig tibereinstimmenden Kesaltate,
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Ober die Hflglfehkeit eiaer Quuititl&t der Toaenpfindmig. 133
welche bei den Versnclieu zur Bestirnrannp: der Enprg:ieal)iiahme
mit wachsender Eutferuung vom tönendeu Körper erzielt wurden.
Pas Gesetz der Abnahme der Energie mit dem Quadrat der £nt-
feranng kann nach onaeTen Betrachtungen anmtfglich gelten, wenn
eine Ebene Sehwingongserreger ist
Bekanntüeh Tenuisehaalieht man sieh die Bewegung eines pen-
delnden Punktes durch Projektlen eines mit gleiclifbnniger Ge-
schwindigkeit in einem Kreis sich bewegenden Pnnktes auf den
Darehmesser. Wenn ieh nnn die Kmre angeben sollte, in welcher
sieh ein Punkt mit gleiehförmigw Oesehwindigkeit bewegen mttfite,
damit seine Projektion anf einer Geraden die Bewegung eines Teil-
chens in einer nicht aufgefangenen Tonwelle darstellte, so würde
irh sie aus der Gattung der Zykloiden entnehmen. Man denke
sieb einen Kreis mit einem Uber die Peripherie hinaus verlängerten
Radius rnit gleichförmiger Umdrehungsgeschwindigkeit anf einer
Geraden nach rechts rollend. Das Rollen geht mehr und mehr
nach einem noch zu ermittelnden Gesetz in Uberschlägiges Gleiten
Qber, 80 daß die Translation des Kreises schließlich aufhört und
er sich nnr noch nm einen festen Mittelpunkt dreht Während
der Translation nimmt der rerUbigerte Radius, der bei Beginn der
Bewegimg nach links ragte und der Geraden parallel h^, nach
einem noch bu ermittelnden Gesets ab und wird gleich dem Radius
des Kreises in dem Augenblick, wo dessen Mittelpunkt stUlsleht.
Bei richtigem Verhältnis zwischen Abnahme der translatorisehen
Geschwindigkeit und Ahoalime des verlängerten Radius beschreibt
der Endpunkt des letzteren eine verschlungene Z} k loide, die
in einen Kreis als Greu/c übergeht. Die Projektion eines
in dieser Kurve mit gleichfüriuigcr Geschwindigkeit sich bewe-
genden Punktes auf die Bahn des JLreismittelpanktes oder auf die
Gerade stellt nach rrtoiner Anschauung die Bewegung eines Teil-
chens in der Ton welle dar, welche entsteht, wenn eine Ebene,
mit Ausschlagstellnng links und mit der Geschwindigkeit Null
beginnend, pendelt Lassen wir den Frojektionspunkt seihst seine
Schwingungen auf eine aenkreoht cur Schwingungsrichtnng Mn-
weggeiogene Fläche aufseichnen, so erhalten wir nngefiihr die
XuiYe der Fig. 2. Die Schwingung eines Teflehens um seinen
Tcrschobenen Schwingungflmitteli)unkt wäre demnach
nach der Ausbildungszeit pcndelnrtig. wie es dieObmsche
These Terlangt Die Gleichung Ij aber könnte kaum mehr als
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Ausbildungszeit
Fig. 2.
134 R- GMtaohenberger,
wissenschaftlich anerkannt werden. Da sie die Ansbildungszeit
nicht berücksichtigt und die Aiiuahme, daß Ruhelage und Schwin-
guDgämittelponkt zusammenfallen, in der Natur nicht zutiiüt,
belehrt sie uns Uber die Entfernung .<? eines Teileliens vou
einem nnbekannten Ort zu nubekannter Zeit, d. h. sie be-
lehrt aus nicht l^nr den-
jenigen, der annimmt, daß
Tonwellen nicht entste-
he vielmehr ron Ewigkeit
her besteheni helehit sie
ttber die Entfemimg
von der Bnhelage sor Zeit
oo + Solohe Erkemitnig
kann nicht jedermann be-
friedigen. Die Gleichung 2)
dagegen könnte fernerhin
zur I)Mrstellinig des Greuz-
faHcd dienen, in welchem
ein Luftteilchen, evcutaell eiue miaimale Loftebeue, Wellen-
erreger ist.
Der Beweis fUr die Verschiebong der Bcbwiogmigsmittelpnnkte
läfit sich noch in abstrakter Form geben, wenn wir ausgiebige
Anwendung vom Unendlidigroßen nnd Unendliehkleinen machen.
Da er den früheren Beweis in vielen Punkten ergänzt, mOge er
heigt^ftlgt werden.
a) Lassen wir in abstracto einen Massenpnnkt in Luft, d. h.
in einem aus diskreten Punkten anderer Masse bestehenden Me-
dium, unendlich schnell kosinuslrtrniig sehwiugeü, so befindet
•sich in seinem Schwinguiigsbereieh keine Luft. Er wirkt wie
eine ruhende, mit abstoßenden Kräften nnsgestattete Strecke, deren
Masse gleich der Masse des Punktes und deren Liuige gleich der
Amplitude ist. Denn die Luft, die sich ursprünglich in seinem
Schwingungsbereich befand, muß, abgesehen davon, daß ihre Teil-
eben obenfalls schwingen» verschoben sein und zwar am meisten
in der Schwingungsriehtung, weniger in den abweichenden Bich-
tungen und gar nicht m der Ebene senkrecht zur Schwingungs*
richtung. Das eigibt sich aus dem anerkannten Satt, daß die
StoBwirkungen in der Sehwingungsricbtnng am größten sind und
mit der Abweichung hiervon bis Kuli abnehmen. Außerdem mttesen
Digiii^cu by Gl
über die MtfgUehkeit einer Quantität der Tanempfindnng. 135
die Luttteilchcü um &o mehr verschoben sein, je uaher sie ursprüng-
lich am Erreger lagen. Das er^jibt sich aus dem anerkunnteu Satz,
daß die Stoßwirk imgeu mit zunehmender Entfernung abnehmen.
b) lleiben wir mehrere Massenpunkte diskontinuierlich zu einer
anendlicb schnell kosinusförmig and senkrecht zu ihrer Lage
schwingenden Strecke aneinander, so befindet sich in deren
Sehwingnngsbereioh keine Luft. Sie wirkt wie eine ruhende, mit
abstofienden Eiäften «uigestattete Ebene, doren Maase gleieb der
Snmme der Manen der Streckenpnnkte und deren Breite gleich
der Amplitnde ist Penn die Lnft, die aieh uraprllngEcb in ihrem
Sehwingungsbereieb befand, ma8, abgesehen daron, daß ihre Teil-
ehen eben&Us schwingen, Yerschohen sein, nnd zwar am meisten
in der Schwingongsebene — nnd hier yermiitlieb am meisten im
ik'reich zweier gleichschenkeligen Dreiecke, deren Basis die Strecke
ist — , weniger in den abweichenden K])enen. Jedoch sind die
Beträge sämtlicher Verschiebungen bei gleicher Amplitude wie im
Fall a) größer als dort, weil die von jedem einzelnen Massen punkt
aasgehenden Yerschiebangen sich auf die von jedem anderen aus-
gehenden Veisehiebiingen nach dem Prinzip der Superposition
kleinster Bewegongen snperponieren. Die Zahl der Super-
positionen ist nm so grSBer, je größer die Zahl der Massen-
ponkte, folglieh je grOfier die Strecke ist Die Versdiiebnngen
sind am größten da, wo die meisten Snperpositionen stattfinden,
d. i. in der Mittellinie, die Ton der Mitte der Strecke in der
Schwingangsriehtang ansgeht Anßerdem sind die Yersefaieliangen
am so größer, je näher an der Strecke sie stattfinden, weil ent-
sprechendes fchon im Fall a; gilt.
c) Reihen wir mehrere verschieden lange Strecken der vorge-
nannten Art diskontinuierlich zu einer kreisrt3rniigen Ebene an-
einander, welche unendlich schnell senkrecht zu ihrer Lage
kosinnsförmig schwingt, so befindet sich in ihrem Schwingnngs-
bereich keine Loü Sie wirkt wie ein ruhendes, mit abstoßenden
Kräften ausgestattetes, kreisrundes Brett, dessen Masse gleich der
Sonmie der Massen der Strecken nnd dessen Dicke gleich der
Amplitude ist Denn die Lnft, die sieh arsprOnglich in ihr^
Schwingnngsbereich befand, muß, abgesehen dayon, daß ihre Teil-
eben ehen&Us schwingen, yerschoben sein, nnd zwar Tcrrnntlich
am meisten im Bereiche zweier geraden Kegel, deren Basis die
Ereisebene ist, weniger im übrigen Bereich. Jedoch sind die Be-
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136
B. Gaetachenberger,
tni^rc sämtlicher Verschiebungen hei gleicher Amplitude grüßer als
im 1 alle b), weil die von jeder einzelnen Strecke ausgehenden,
KciitHi su|ierponierten Verschiebungen sich auf die \un jeder anderen
Strecke ausgehenden, schüu superponierten VerKcbidiungen aber-
mals superponieren. Die Zahl der Snperpuäitiünen ist um
80 großer, je grttBer die Zahl der Masseupnnkte der Streeken,
folglich je gröBer die Ereisebene ist. Die Venchiebungen
sind am grl^fiten da, wo die meisten Snpeipoflitioiieii stattfinden,
d. i. in der BGttellinie. AnBerdem sind die Yeiseliiebnngen um so
grOBer^ je näher an der Ebene sie stattfinden, weil entsprechendes
schon im Falle b) gilt
Die GrOBe der VerBohiebimg der Lnftteflehen ist somit ab-
hängig Ton der Größe, anBerdem anch von der Entfernung einer
unendlich schnell schwingenden Ebene.
d) Laöaen wir die zuletzt betrachtete Ebene unendlich lang-
sam kosinnsfönnig schwingen, d. h. ruhen, so betiudet sich am
Ort ihrer Schwingnngsmittellagc Liift von normaler Dichte.
Zwischen diesem Extrem und dem vorher angegebenen sind nach
Analogien ans unserer Erfahrung stetige Übergänge logisch
gefordert, d. h. es muß sich am Ort der Schwingnngsmittellage
bei zunehmender Sebwinguigssahl, aber gleichbleibender Grttfie
nnd Amplitade der Ebene, anfangs Luft von sttnehmender Ver-
dünnung, später eine luftleere Schicht befinden, welche bei weiterem
Zunehmen der Schwingnngszahl an Dicke annimmt, bis der Fall c)
erreicht ist Da außerdem nach unserer Erfahrung awisehen ver-
dttnnter Luft und Luft normaler Diehte sich stetige Ubergänge
finden, so niUssen wir fordern, daß bei jeder Schwingungszuhl
sich an die Schicht größter Verdttnnung am Ort der Schwiuguugs-
niittellage Schichten stetig abnehmender Verdünnung anschließen.
Ist die Luft in der Umgebung der schwingenden Ebene
verdünnt, so muss sie irgendwo im entfernteren Bereich
verdichtet sein. Wie schon früher erwähnt, ergibt sich eine
solche VcrteiluTigsform der Dichte, wenn alle Teilchen um Beträge
y^rsohoben werden, die mit zunehmender £ntfemuig von der Ebene
stetig abnehmen.
Die Gr()Be der Verschiebung der Lufttoüohen ist somit ab-
hängig von der Schwingnngssahl einer pendelnden Ebene.
Meine speziellen Yennutangett darttber sind folgende. Lassen wir
die Ebene anfangs sehr langsam kosinnsföimig schwingen, so daB
^ kj i^uo uy Google
über die M<)gUclikeit einer Quuititftt der Tonempfindnng. 137
nicht Luftschwingungeu, souderii Luftströmungen entstehen, so wird
die Luft am Ort der Schvviuguugsmittella^c bald verdichtet, bald
verdünnt siin, wahrscheinlich aber läntrere Zeit und mehr ver-
dünnt als verdichtet. LasBeu wir die SchvvinguugBzahl znnehmen,
bis eine erste Lnftschwingnng entsteht, so wird eine erste kon-
stante Schicht verdünnter Luft» bei weiterer Zunahme der
Schwin^ungBuhl eine eiflte konstante luftleere Schiebt ent-
stehen» welehe dann an Dicke snninimt
e) Lassen wir die unter e) betraohtete Ebene mit nnendlich
kleiner Amplitude kosinosförmig scbwingen, so mht sie und es
befindet sieh am Ort ihrer Schwingnngsmittellage Luft von nor-
maler Dichte. Lassen wir die Ampütnde bei gleichbleibender
(Tfüße und unendlicher Schwinguugszahl der Kbene zunelimeu, so
iät der Etfekt ähnlich wie unter d), d. h. die luftleere Schicht
nimmt zu und zugleich wachsen die Verschiebungen in den an-
grenzenden Schichten.
Die Größe der Verschiebung der Luftteilcheu ist somit abhäugig
von der Amplitude einer onendlicb schnell schwingenden
Ebene.
{) Ist die Grrdfie der Yerschiebnng abhängig TOn der GrOfie
nnd Amplitude einer unendlich schnell schwingenden Ebene,
so kann nach Analogien aus unserer ErMrung eine Abhängig-
keit Ton der GrOSe und Amplitude einer weniger schnell
schwingenden Ebene nicht fehlen, es müssen sieh viehnehr
stetig abnehmende Grade der Abhängigkeit mit Abnahme
der Schwingungszahl finden. Wenn die Vermutung richtig ist,
daß bei einer ersten Luftschwinguug niedrigster Schwiiii;im-siiiiljl
eine erste kuiibtaiite Verdünnung vorhanden ist, so mnW um^^ekehrt
von hier aus der Grad der Abhängigkeit mit Zunahme der Öcbwin-
guugszahl stetig zunehmen.
Wenn uns die nötigen Größen von Masse, Flächeninhalt,
Amplitude und Schwingungszahl zur Verfügung stehen, können
wir demnach eine physikalisch nachweisbare I^reß welle enengen.
Die Fnge, ob die in der Natur vorkommenden Größw gentigen, um
eine merkliche und mefibaie Freasnng bervorsubringen, kann nur
durch Rechnung mit absoluten Gr5Ben oder durch Versuche entschie-
den werden. Bedenkt man übrigens, welche aufierordentliche Steige-
rung der Wirkungen in der Reihe der FäOe a), b), c) stattfindet,
so kann man an der Meßbarkeit kaum zweifeln. Schon im Fall
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138
R. Gaetscbeuberger,
a) sind die Wirknngeii rttnmliche, im Fall b) findet im nahezn
gleichen Räume eine erste Tielfaehe Dnrclidrin^ng und Super-
positidu der Wirkiiii^on des Falles aj statt und im Fall c, wieder
im nahezu gleichen iüiuiii eine zweite, ebenfallö vielluelie Dnrch-
dringung und Snperpositiuu der Wirkungen des Falles hj. Icli
sa^e sDürchdrinj^uiif^ und Superposition«. Denn wenn der Stoß
von Seiten eines jedeu Teilchens sich auf mehrere benachbarte
verteilt, so sind in den Interferenzliuien weder Krenzungen allein
noch Superpositionen ;illein möglich. Damit ist sngegeben, daß
nicht die gesamte Energie einer stoßenden Ebene zn Snpeiposi--
tionen verwendet wird.
Die Abhängigkeit der Verschiebnng nnd mithin des Dmckes
yon der Grdfie nnd Amplitude der Ebene Überwiegt wahr-
scheinlich die Abhängigkeit yon der Schwingungszahl, wenig-
stens im Bereich der musikalisch verwerteten Töne. Denn nach
dem vorlie^renden Beweis müßten die >Tüne bei gleichbleiben-
der Grüße und Amplitude und zunehmender Schwingöiigszahl
der erregenden Ebene »voller« werdeu, wenn wir den Druek der
Welle als Bedingan^r flir die Fülle der Tonemptinduug heranziehen
wollen. Wenn sie nach unseru Erfahrungen mit zunehmender
Schwingungszahl »spitziger« werden, so kann das wohl nur daran
liegen, daß zugleich die Größe der Errecrer, über welche
wir znr Zeit verfügen, sowie deren Amplitude abnimmt
Von einem Widersprach zwischen Theorie nnd Erfahrung kann
nicht die Rede sein, so lange es nicht gelungen ist, GiOße nnd
Amplitude des Erregers bei snnebmender Schwingangsaahl kon-
stant zu erhalten.
Ich brauche kaum zu erwähnen, daB nnser fUr die Tonwelle
gefundenes Resultat sich unbedenklich verallgemciucru lalii, d. h.
daß jede Klangwelle eine Preßwelle ist, wenn die Tonwelle
eine solche if^t. Auch bei aperiodischen Luftöchwiuguugeu wird
die Verr^ehiebunic der Schwingungsmittelpnnkte, soweit von solchen
die L'ede sein kuuu, nicht fehlen, nur ist es wahrscheinlich, daß
hier die Verschiebung auch nach der Ausbildungszeit Schwan-
kungen unterliegt. Vielleicht sind solche Bchwanknngen charak--
teristisch i\lr manche Geräosche.
Was könnte nun im Falle der Merkliehkeit die dauernde
Verschiebung der Schwingnngsmittelpunkte oder der dauernde
Drnck der Welle als viertes Bestimmungsstäck der Tonwelle für
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über die MOgUehkeit einer QnantiiXt der Tonempfiadimg. 130
die Entstehang eines vierteu Teiliahaltes der Tonempfindung
leisten ?
Es liegt nahe, eine Kntstchnng:sl»edinguag dieses Tcilinhaltes
in der Einpresäung des Trommelfells zu suchen. Mau kann femer
vermnten, daß dadurch der mittlere Drack im Labyrinth wasser
erhöht wird, und swar nicht nur durch den Druck des SteigbUgeU
auf das ovale Fenster, sondern anoli darcfa den Drack der Pauken-
bohlenlnft anf das rnnde Fenster. Ist die Tobe und Mnnd oder
Nase offen, so kann die PrefiweUe aneh auf diesem Wege ein-
dringen. Das Cortische Organ endlieh mit seinen hohen, pfefler-
förmigen Zellen scheint sehr wohl geeignet, den mittleren Dnick
aufzunehmen und in Nervenerreg:iiDg: umzusetzen. Neben dem er-
höhten mittleren Druck könuttii aber uueli die kleinen Driick-
schwankungen, von deren Weite die Intensität und von deren Zahl
die Qualität der Empfindung abhängt, ungehindert auf das Organ
wirken.
Ich erinnere mich, daß es mir beim Arbeiten mit einem Phon«
antographen nicht recht gelingen woUte, die Schreibspitze, welche
die Verlängerong des starren Radios einer Fickschen Membran
bildete, um ihre Ruhelage schwingen zn lassen. Ihr Sohwingongs-
mittelpnnkt war meistens in der Fortpflanzongsrichtang des Schalles
Tcrschoben. Das äußerte sich dadurch, daß die Kurven anf der
rotierenden Trommel mit einigen QnyerhSltnismilfiig großen, ein-
seitigen Ausschlägen begannen. Ich schob damals die Schuld auf
schlechte Ansftihrung der Membran. Jetzt bin ich zu der Annahme
geneigt, da Ii die Membran tadellos war und mir den Druek der
Welle anzeigte.
Man könnte gegen die Mi-rkliehkeit eines DruckeB einwenden,
daß das Lal)\ riothwasser zu wenig konipressibel sei. Dagegen
kann aber die Erfahrung geltend gemacht werden, daß das Ohr
schon anf minimalste Energiemengen prompt reagiert. Aaßerdem
ist die Kompressibilität des Labyrinthwassers nicht die Hauptsache,
wichtiger ist es, daß irgend welche Zellen des Labyrinths kom*
poreBsibd shid. Daß mit wachsendem Druck eine wachsende Anzahl
solcher ZeUen gepreßt würde, ist unwahrseheiDlieh. Die Quantität der
Tonempfindnng hinge demnach von emem Reiz ab, TOn welchem im
Gebiete des Hautsinns die Intensitilt der Druokempfindnng abhängt.
Wenn diese Vermutungen richtig sind, so ergibt sich sofort
eine Analogie mit dem Gesichtssinn.
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140
B. 6iet8ch«nberger,
Jede schwingende Fläche von beliehiger Größe, Form, Neig^ung;
und Entfernung: vom Ohr kauu uuiii si(?h ersetzt denken durch
eine tllr dif Ijnptindiing gleichwertige Kreisfläche, deren Mittel-
punkt in bestimmter Entfernung vom Ohr in der Verlängerung des
Gehörp:ang;s liegt. Mit der Größe dieser KreisHäclie wächst einer-
seits* der Druck der Welle, anderseits die Fülle der Empfindung, Mit
ihrer Grt^ße wächst aber auch der Offnongswinkel des Kegels, den
gie mit dem Ofaieingang bUdet Es konnte also jede Fläche leptH-
sentieit werden dnreh einen Winkel, nnd hiermit hätten wir einen
»HOrwinkel« als Analogen zum »Sehwinkel«.
Erzeugt man in einem kleinen Bereich eines allseitig geschlos-
senen Raumes dnreh eine schwingende Ebene eine konstante Luft-
Verdünnung, so mnß die Verdichtimg im übrigen Bereich größer
sein als bei allseitig freier Ausbreilun^ derselben, und aus der ein-
seitigen PresRung muß eine allseitige werden. Daraiu» ließe sicli
die 'ToufüUe* im ^reschlossenL-n Räume gegenüber der »Spitzigkeit
der Töne" im freien Felde erklären.
Wenn der Druck der Tonwelle zu den meßbareu Größen gehört,
80 ist es aber noch lange nicht bewiesen, daß ein vierter Teil-
inhalt der Tonempfindung mit ihm parallel gebt. Man kannte sich
ja denkeui dafi entweder der Druck im Labyrinth ganz belanglos
für die Empfindung ist oder daß er nur einen Zuwachs an Inten-
sität der Empfindung bedingt Zur Entscheidung dieser Frage ist
es n(Hag, die Amplitude sowohl als den Druck in der Preß welle
gesondert zu yariieren, nnd hierzu bedürfen wir der analytischen
Gleichung iHr die Freßwelle oder, was praktischer wäre, einer
Gleichuni;, welche die P»e/,iehuui; zwischen Größe, Amplitude und
Schwiugungszahl einer pendelnden Kbenc einerMcits und dem in
bestimmter Entfernung auf einen Gcp^enstand ausiretihton Druck
anderseits darstellt. Wir können dann bereeimeu, eiucraeits wie
während des Wachstums der Ebene deren Amplitude geändert
werden muß, damit die Amplitude des Trommelfells die gleiche
bleibt ikkI nur dessen Einpressung variiert, anderseits wie wäh-
rend des Wachstums der Amplitude der Ebene deren Flächeninhalt
gdlndert werden muß, damit die Einpreasung des Trommelfells
die gleiche bleibt nnd nur dessen Amplitude variiert. Exakter
wäre es freilich, wenn wir die Amplitude und Pressung des letz-
ten Gliedes im mechanischen Gehörapparat gesondert variieren
konnten, und völlig exakt wäre nur die gesonderte Variation der
über die Httglielikeit einer QnantitXt der Tonempfindong 141
eutsprechenden physikalischen oder chemischen Bestimaiun^sBtUcke
am letzten Glied des Zentralnervensystems. Wir werden aber
wohl bei dem Trommelfell Halt machen müssen. Können bei der
geBonderten Variation die hierbei entstehenden Empfindangsreiben
ala Teraehieden beurteilt werden, so besitzt die Tonempfindmig
einen TierlMi TeUinhalt »Einen TeiHnhalt einer Empfindung
konstatieren« beißt ja niobts anderes als: »die Vaiiierbaikeit
der Empfindimg in einer dnzigen Biebtnng konstatieren« Der
negative Ans&U des Experiments aber beweist noeh niebt das
Gegenteil, weil eben die pbysikallseben Bestimmnngssttteke am
Trommelfell noch nicht die des letzten Gliedes sind, welches wir
naeli dem Prinzip des psychoplivsischeii ParalleUsmuä fordern
müssen. Vomnssichtlieh wird es jedoch zur Entscheidung der
Frage gentl^en, wenn das Tron mielfeil als letzten Glied betrachtet
wird. Dabei bildet nur die Funktion des Tensor tympani eine
unangenehme Komplikation, die sieh aber wabrscheinliob aus-
schalten läßt
Unter gewübnliehen Umständen scbwingen iüeine Ktfrper mit
(absolnt) kleinen AmpHtnden, während große gleiek gut mit kleinen
wie mit großen Amplituden sebwingen. Femer Ist die Sebwin-
gnngssabl kleiner KOrper groß und die großer Körper klein. Znr
gesonderten Variation der Amplitade nnd des Dnekes der Welle
wird es nötig sein, aneb kldnen KOrpem große Amplituden nnd
kleine Schwingnngszahlen und großen Körperu große Schwingungs-
zalilen zu verleihen. Ich zweifle uieht, daü die Technik die Mittel
bieten wird, solche Schwingungen, etwa :nif elektromagnetischem
Wepe, zu erzwinfren. Nur dtlrftc es schwierig sein, zugleich
pendelartige Schwingungen zu erzwingen, worauf es jedoch nicht
80 sehr ankommt. Übrigens müßte es auch möglich sein, auf rein
mechaniscbem Wege Pendelschwingungen einer Platte in beliebiger
Kombination yon Große nnd Amplitude, jedoeb mit beschränkter
Sebwingnogssabl m erzwingen. Man denke nnr daran, daß der
Plojektionspnnkt eines Badpnnktes pendelt. Es kann niebt sebwierig
sein, dnreb Baddrebong eine Stange derartig in einem Lsger an
bewegen, daß rie sieb nur in ibrer eigenen Bicbtnng yerscfaiebt
nnd daß jeder ibrer Teile pendelt. Anf diese Stange, die cur
Vermeidung von Nebengeräuschen durch eine Mauer gefUhrt wer-
V Vgl. Stumpf, Über den psychologischen Ursprung der lUnmvontd-
long. 187Ö. § &
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142
B. GaeteeheniMfger»
dcii müßte, küuüten Platten von verschiedener Größe Renkrecht
angesetzt werden. Dnrch Variierang der Entfenumg des arbeiten-
di'n Radpunktes von der Radachse wird dann die Amplitude der
Platte variiert und ihre Öchwingungszahl ist gleich der Touren-
zahl des Rades. Mit einer Dampfturbine als Motor werden sich
wohl die Schwiiigaiig;8saMeii der eingestrichenen Oktave eneiehefl
laaflen.
£b dttifen non zwei Einwände gegen die PrefiweUe und ihre
etwaigen Konsequenzen Air die Empfindung nieht nnteidrOekt
weiden, Einwände, welche beim eisten Anbliclt TCiniehtend scheinen
können.
Wir haben die Schwingung der Ebene von links nach rechts
begiuueu lassen uud die Vorpinge auf der rechten Seite unter-
sucht Wie nun, wenn die Ebene umgekehrt zu schwingen be-
ginnt? Unzweifelhaft entsteht da auf der rechten Seite zuerst
iiiie \ orilliiHiung, breitet si( h ans und trifft das Ohr. Der Über-
druck der Paukenholdeulult preßt das Trommelfell nach außen.
Beginnt nun eine halbe Periode später eine Pressung, so kann,
gelbst nach einer Ausbildungszeit, das Trommelfell nicht so weit
eingedrückt werden wie im früher besprochenen Fall. Wenn ein
Tieiter Teilinhalt existieit, so mttfite die Empfindung Tersofaieden
Sern je naek der Seite, nach weidier die Ebene zn schwingen
beginnt Kach unseren ErfiUmmgen ist das aber filr die Empfin-
doDg gleichgültig. Aho dn Wideispniehl Dieser eiste Einwand
tritt offenbar rnnr dann in Kraft, wenn anfier der Existenz der
Preßwelle auch die Existenz eines vierten Teilinhaltes beiiauptet
wird. Verzichtet man auf diesen, so ist es ja gleichgültig, ob das
Tnmimelfell irepreßt \\\rd tnlnr nicht. Mau kann aber, abgesehen
von K(iuKr([ii( H7.cn fUr die Eniptiudnng, zweitens einwenden, wenn
zuerst eine Verdünnung entätehe, so könnten die eine halbe Periode
später auf der recliten Seite beginnenden Vorgänge nicht mehr
die gieicben werden wie im früheren Fall, es finde keine oder
eine andere Yeischiebnng der SchwmgnngsmittelpBnkte statt, kniz
es liege da ehi nenes Problem Tor.
Der erste Einwand ist leiokt zn entkräften, nicht so der zweite.
Zunächst wollen wir nnteracheiden zwischen der schiohtförmigen
YerdOnnung, welche, eingeschlossen von zwei schichtfönnigen, sich
fortpflanzenden Verdichtungen, von diesen beiden durchaus ab-
häuf^i^ ist, uud der veremzelten VerdUüuuiig, welcher keine Ver-
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Ober die MOglidikeit einer QnaatitXt der Tonempfindang. 143
dichtane: vorang:eht u id nachfolgt, welclie vielmehr in Lnft von
bisher normaler Diciite sich ausbreitet. Im füigenden ist um von
der Verdtlnnong zweiter Art die Rede.
Die For^flanznng einer Verdichtung nnd die einer yereinzelteiL
Verdtümnng sind nicht etwa zwei einfach entgegengesetzte Pro-
sesse, swiaoheii denen irgend welche Analogien sn linden wftren.
ffie erweisen dch vielinelir euch nach Abstraktion von der Gegen-
tftsHclikeit awisdien Verdichtang und Verdttnnnng als gnindver-
seliieden. »Eine Verdiebtnng pflanst sioli fort« heißt: »es werden
immer entferntere Teilchen gezwungen, ihr Bestreben , sich yon
ihresgleichen zu entfernen, zu vergrößern«. »Eine Verdünnung
pflanzt sich fort« heißt: » es \\ ird immer entfernteren Teilchen
Gelegenheit gegeben, ihrem Bestreben, sich von ihresgleichen zu
entfernen, nachzukommen«. Die Kraft zur Fortptiau/nnir der Ver-
dichtung stammt vom Erre^'er und hat den Luftdruck zu Uber-
winden, die Kraft zur FortpHanznng der Verdünnung aber stammt,
weil Luft an Luft nicht zieht, einzig und allein vom Lnft-
drnck, der Erreger bietet nur die Gelegenheit zur Äußerung
der Kraft Die Verdichtang pflanzt sich fort trotz des Lnfldraeks,
die Verdünnung aber kraft des Lnfldiiicks. Die Arbeit, wdehe
ein T^ilehen leistetj während es das nichste am eine Wegstrecke
gegen den normalen Lnftdinck Tersehiebt, ist grOBer als die
Arbeit^ welche ein Teilchen anter normalem Lofldrack leistet, wäh-
rend es das nächste um die gleiche Wegstrecke in die Verdün-
nung verschiebt Daraus ergibt sich, daß die Fortpfl;i ir/ungs-
geschwindigkeit der vereinzelten Verdünnung größer ist als
die der Verdichtung. Nach meiner Rechnung, die ich nicht als
maßgebend betrachte, ist die Arbeit im erraten Fall die doppelte.
Daraus ergäbe sich, daß die FurtpÜauzuugägeschwindigkeit der
vereinzelten Verdünnung V2 = l,414mal so grofi ist als die der
Verdichtung, d. h. als die Schallgeschwindigkeit
£ine weitere große Versehiedenheit beider Prozesse tritt zu
Tage, wenn wir die Art, wie eme Yerdttanang sich ausbreitet,
gensner betrachten. Lassen whr eke kleine kreisrnnde Ebene
einmal rasch von rechts nach links schwingen, so breitet
sich links die Verdichtang in einer Schioht annähernd Ton der
Form einer Ha]bkagekeh«Ie ans, hinter welcher sich die nor-
male Luftdichte nach Möglichkeit wieder herstellt Die Ver-
duuuimg uut der rechten Seite breitet sich zwar auch annähernd
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144
S. GaetBehenberger,
radial ans, aber nicht in Form einer Schicht, sondern e»
bleibt die jeweilig größte VerdUnnnng immer an demselben
Ort, weil T.nft an T.nft nicht zieht. Nach diesem Ort hin werden
die nmgebenden, in konzentrischen üalbkngelschuleu gelegenen
Teilchen in der Weise getrieben, daß in jedem Zeitelement jede
innere Schale nm einen größeren radialen Betrag zusammen-
sohnimpft ato jede äußere. Die »Fortpflaosnog« der VerdUnnnng
geschiebt in der Weise, dafi anßen immer nene Schalen in die
Bewegung eintreten. Wenn nnn die ganze Verdichtung in einer
schalenfitrmigen Schicht konzentriert ist, die VerdUnnnng aber eine
ganze Halbkngel erfiUlt, nnd zwar so erAlOt, daß die größte Ver>
dtlnnnng immer im Mittelpunkt liegt, so ist es klar, daß die Ver-
dünuuug am Fol der rechten Halbkugel weit geringer ist als
die entsprechende Verdichtung am Pol der linken Halbkugel.
Wenn femer der Pol der Verdünnung einen festen Gegenstand
trifft, Bo kann hier die Yerdiiununi!: nicht weiter zuneiinien, weil
Luft an Luft nicht zieht, vielmehr mUssen sich dann die Malb-
kngelschalen derartig deformieren, daß die Laftbewegung sich zum
Teil aaeh gegen den festen Gegenstand richtet* Denn der Aus-
gleich von Dmeknnteischieden erfolgt nnr nnter d^ Herrschaft
eines Dnekes.
Wir können jetzt den ersten Einwand znriickweisen. Das
Trommelfell ist bis zum etwaigen Eintreffen einer Fressong llngst
wieder in seine Bohelage znrttcfcgekehrt, wenn es dieselbe Über-
haupt verlassen hat, erstens weil die Fortpflanznngsgesohwindigkeit
der vorangehenden Verdünnung grüßer ist als die der Verdichtung,
zweitens weil die VerdUnnnng und mit ihr die I^everäudemng
des Trommelfells nur eine minimale sein kuim. Zwar i8t das
Trommelfell selbst noch nicht der feste Go^'eiintand, welcher dem
Zunehmen der Verdünnung eine Grenze setzt, aber der feste Gegen-
stand liegt in nächster Nähe, in den festen Wänden des inneren Ohres.
Es fragt sich aber jetzt, ob eine Pressung ron gleicher Form
nnd QtMe nachkommt, wie wir es frtther fimden.
Ans der Art, wie eine yeieinzelte VerdUnnnng sich anshieitet,
mflssen wir entnehmen, dafi die Wiederherstellnng der normalen
Lnftdichie ein yerhiUtniBmABig langsamer Prozeß ist Ja, wenn
wir eine Scheidewand zwischen beiden Halbkngehi errichten kann-
ten, so dafi Jcein Ausgleich stattfUnde, nnd wenn die Verdiinnung
niemals einen festen Gegenstand träfe, mtlßte der Prozei^ noch
über die MOgliohkflit einet Qmuitittt der Tonempfindimg, 145
länger dauern, als bis die Schrnmpfnn^ einer nuBersteii HalV
kagelschale gleich Nnll gesetzt werden köuntc. Mau kaim uun
2war Tennnten, daB diese Grenze bald erreicht ist und daß die
Vorgänge auf beiden Seiten der Ebene trotz der Schnelligkeit der
Scbwingimg Bclioii während derselben merkliehen Einfluß auf ein-
ander haben, bo daß wir aehon bei der finheren UnleiBnehnng
die Voiglsge auf der Kehraeüe hätten berttekBiehtigen rnttsaen.
Trotedem bleibt es wahrschehilich, daß die Verachiebnngen, die
wir im früheren Fall geAmden haben, sich im zweiten Fall anf
negative Verflehiebmigen snperponieren, die noch von der ersten
halben reriode her übrig geblieben sind. Damit ist aber noch
nicht ausgosrhlossen, daß die Presfinnp: früher oder später auf
beiden Seiten die gleiche wird. E.-* fmsteht vielmehr die Wahr-
scheinlichkeit, daß die Uni^ieicbbeit sich bald, soorar noch wahrend
der Ausbildungszeit, verliert. Wir haben bisher von einer Aus-
bildnngazeit nur in Beziehung auf die Schwingnngsform gespro-
chen. Der zweite Einwand kann uns nur darauf hinweisen, daß
wir eine AnsbildnngBzeit aaeh dafür fordern, daß auf
beiden Seiten einer sehwingenden Ebene die gleichen
Effekte sieh herstellen. Sie mnß gefordert werden, weil vep-
Bchiedene Effekte niemals gefonden worden sind.
Wir haben alao den aweiten Einwand nieht widerlegt, erkennen
vielmehr seine Bereehtignng bis zn einem gewissen Grade an mid
geben zu, daß die Frage nach der Ausbildungszeit (kr r<»]iwelle
noch einer Ergänzung bedarf. Jedenfalls ist dir Schwere des
Einwaudes so weit gemildert, daß er nicht mehr hindern darf, in
die mathematische Behandluuir der l^rcRwclh' einzutreten.
Endlich möchte ich die Vernuitung auHspreehen, daß eine Aus-
bildungszeit noch in einer dritten Beziehaug von nöten ist. Ich
glaube, daß man eine starre Ebene nicht zwingen kann, TOn Anfang
an genau kosinnsförmig zu schwingen. Denn sie muß mehr Arbeit
leisten, um eine Yerdttnnnng am Ort ihrer Mittellage herzu*-
stellen, als um dieselbe zu erhalten. Ist diese Arbeit zu zwei
Zeiten verschieden, so ist es wohl auch die Sehwingungsform, und
ist die Sehwingungsform des Erregers zu zwei Zeiten yerschieden,
so wird das auch ftr die erregte Welle gelten. Mit anderen
Wurtcii lautet diese Vermutung: Es verstreicht einige Zeit, bis
Erreger und l.uft öich in gegenseitige Kci^ouauzbeziehung
gesetzt haben.
ArchiT fftr Fsjcbolagie. I. IQ
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146 K- QMtflohenbeijgw,
Zum Schluß sei noch Frage aufgeworfen, wie es mOglieh
ist, daß beim heutigen Stande der mathematischen Physik noch
immer eine empiiiidliche Lücke in der Akustik bestehen kauii.
Dali die fehlerhafte Anwendung des Iluyghens-Fresnelßchen
Prinzips daran schuld ist, glauhe icli niolit. Solche grobe Fehler
von Seiten Einzelner werden von der Mehrheit nicht acceptiert.
Ick sehe vielmehr die Schuld in einer Mißachtung des Prinzips der
Sapeiposition kleinster Bewego^^^- Problem der Wirkung
einer schwingendeu £bene auf Luft läßt sich reduzieren auf die
Frage nach der Wirkung zweier benachbarter, parallel pendelnder
Masse np unkte. Die Frage lautet dann: Was geschieht in der
Mittellinie, d. h. in der Senkrechten, die man in der Mitte der
VerbindangsUnie beider Massenpnnkte in der Schwingungsrichtang
errichtet? Die Mittellinie ist offenbar nicht nur ein Ort der Inter-
lereuzj sondern auch der Superposition, und die letztere wird zum
Gegenstand der Untersuchung. Mau kauu nun etwa folgeuderujaßeu
argumentiere n. Der Abstand beider Massenpuuktc ist als ver-
Hchwindiiul klein zu betrachten im Verhältnis zur Wellenlänge.
Angeuouimeu, es gehe von einem einzigen Massenpuukt eine kreis-
förmige Sinuswelle ans, so geschieht auf der Mittellinie mit höchster
Annäherung 1] das Gleiche wie auf dem zur Mittellinie parallelen
Badias, d. h. es verläuft auch dort eine Sinuswelle. Und wenn
nnn von beiden Massenpnnkten kreisförmige Sinnswellen aus-
gehen, so fallen auf der Mittellinie deren swei zusammen und
snperponleren sich. Und nun kommt die LOsnng mit dem Satz:
Wenn zwei Sinuswellen von gleicher Wellenlänge, beliebiger Am-
plitude und beliebigem Oangnnterschied sich snperponleren, so
entsteht immer wieder eine Sinnswelle. Dieser Satz ist un-
zweifelhutt ri(hliü. Er ist ein evidentes Ii vp()thetisehet4
Urteil. Aher die Hypothesis gilt nicht, daher \at die
Thesis wertlos. Es superponieren si« Ii nirgends in aller Welt
zwei SinusweUeu und speziell in unserem Falle superponieren sich
Ii Da ich mich hier bemühe, die bcstmügliche Argumentation gei^eu
die Preßwelle va finden, so wird man es xn wUrdigen wiseen« wenn ich dem
fingierten Gegner große Worte in den Mund lege. In Wirklichkeit ist die
Aiitilihornni: keine sehr luilt-utende. Sie ist nur groO in großer Entfernung,
wird ;il'ri immer geringer in der Richtung nach dem Mittelpunkt zwijiphen
beiden Masücnpunkten. Der Mittelpunkt selbst verhult Bich gegensätzlich
Bum Maesenpnnkt, denn dort herrscht voUstindige Buhe.
Diqitized bv Goo<^Ic
r
über die H0{^lidikeit einer Quintitit der Tonempfindnng. 147
in der Mittellinie iseine Sinaswellen, (nicht nur ans dem nnter^)
S. 138 genannten Grnnde, sondern auch) weil von zwei benaehbarteDi
parallel pendelnden Massenpnnkten keine Bolchen «abgehen, auch
wenn von jedem einaelnen während der Rahe des anderen eine
Sinnswelle aasginge. Es enperponieien sich yielmehr die von
beiden Massenpnnkten ansgekenden kleinsten Bewegongen schon
von Anfang an derartig, dafi eine annähernd kreisförmige Preß-
welle entsteht Wenn jeder Massenponkt nnabhHngig vom anderen
nacL Ablauf einer Periode in der Mittellinie eine Sinnswelle
erzeugt hätte und dann erst die Superpositif»n stattfamli . dann
allerdings hatte die resultierende Welle wieder ÖiuuHform, wie die
Machschc Konstmktinn es hewcist. Hiermit ist aber das
Prinzip der Snpcrposition kleinster Bewegaugen sn
gansteu großer Bewegungen verlassen.
Zar Verteidigung der £xisten2 einer Quantität der Ton-
empfindnng fUge ich nichts hei, erstens weil ich glanhe, einem
stQlen Wnnseh vieler Psychologen entgegengekommen zn seiny
Kweiteiis weil ein strenger Beweis doch anf kdne andere Weise
gefthrt werden kann als dnieh gesonderte Yaiiatlon der Ent-
BtehnngshedinguDgen.
Ich hoffe mit dieser ersten flüchtigen Orientierung anf uube-
tretenen Pfaden die Amegun^' zur mathematischen Untersuchung der
eutätcbenden Welle gegeben zu haben. Uber die von Ewigkeit
her bestehende Welle sind wir hinreichend unterrichtet
1) Angegeben in Maller-PouiUets Lehibaeh der Physik. Bd. L S.66&
10*
Digiii^cu by Google
Zur f syckoiogie der Aussage.
Von
Dr. phiL et iiie4. Arthur Wreachner.
Hit einer Abbildung.
Die unter diesem Titel in der ZeltBclirift lllr die £re!*auite
Staats Wissenschaft, Bd. 22, Heft 2/3 und aiucli im Öoudcrabdruck
(.1. Gattentag, Berlin 1902) von L. William Stern veröffentlichte
Arbeit hat wie nur wenige experimentell-psychologische Arbeiten
dai IntereBse weiter Kreise auf aieh gelenkt Selbst Tageszeitongen
nahmen Ton ihr wiederholt Notiz. In der Tat hat ja das Problem
der Erinnemngstrene nicht nnr einen hohen theoretiBehen Wert,
Bondeni ist anch von einsehneidender Bedeutnng füLi das praktische
nnd dffentliehe Leben. Mit Recht weist Stern daraufhin, daß nun-
mehr der Pädagoge die kindliche Lttge einer Überprüfung unter-
ziehen muß, da offenbar ein beträchtlicher Teil der als unmoralisch
gebnuidmai kteii rnwabihciten auf DornialenErinnerungstUuacbungen
beruht; in gleicher Weise wird der Psychiater die Grenze
zwischen normaler nnd pathologischer Lückenhaftigkeit des Ge-
dächtnisses herausrllckeu müssen; die wisseuschuftliche > Quellen-
kritik und -wUrdigung« wird bei historischen ÜberlieferungeQi
Chroniken, Memoiren, Reiseberichten an;^ der Erinnerang» ftuch
bei nachti^lichen Protokollen Uber spiritistische S^cen noch
schärfer zu handhaben sein; ror allem aber wird der Jurist bei
Verwertung von Zeugenaussagen Torsichtiger zu Werke gehen,
unter Umständen den charakteristisohen Erinnerungagiad eines
wichtigen Zeugen vermittels experimenteller Stichproben durch
einen Sachverständigen festlegen, öfter als bisher einen Hehieid
als Folge einer normalen Erinnerungstäusehung in Erwl^ng
zielieu, zwischen besehwörbarcn und nicht beschwörbaren Aus-
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Zur Psychologie der AiUMige.
149
sagen unterscheiden und schließlich den Einfluß des Zeitiatervalls
zwischen Erlebnis und Aussage darttber in Betracht ziehen müssen.
Unter diesen Umständen mußte natürlich das Hauptergebnis der
St e raschen Untersnchnng: die fehlerlose Erinnerung ist so wenig
die Begel, daß unter 10913 Angaben von 33 gebildeten Personen
919, also Sy^ß^ falsch sind, Tielfkehes Aufsehen erregen. Aller-
dings filr den psychologisohen Faehniann war dieses Resultat kaum
ein NoYum, denn nach der Yortrefflichen Arbeit Ebbinghaus'
ttber das Oedftehtnis (1885) untersuebten versehiedeue Forscher
wie J.Cohn, Finzi, Lobsien, Münsterberg, Netschajeff,
Ranschburg, Steffens, und vor allen G. E. Müller in Gemein-
schaft teils mit Schumann, teils mit Pil/.ecker die Probleme
des Gediichtiiiciöeö und zwar zum Teil mit einer peinlichst sorg-
fältigen Methode und scharfen Analyse. Aber gerade deshalb
wurden die Versuchsbedingnngen den Vorgängen im wirklichen
Leben möglichst weit entrückt; im Interesse einer Wissenschaft-
lieh einwandfreien Versnehsteohnik und eindeutigen VerwertbariLeit
der Besnltate operierte man mit einfachsten Gebilden, wie Tönen
(s. B. Wolfe), Zahlen, Bncbstaben, sinnlosen Silben oder höchstens
mit sinnvollen Worten und Texten. Stern dagegen suchte seüi
Venmchsrer&hren den alltäglichen VorJLommnissen möglichst nahe
SU bringen und lieB drei gedruckte Schwarz-WeiBbilder, die
relativ komplizierte Szenen (Anszng eines Malers, die Vorlesung
eines Hasen in der Umgebung von fünf andern Hasen, die Spei-
«nnp: eines? Knaben dnrch seinen Großvater) darstellen und außer-
dem noch ziemlich undeutlich gehalten sind. Minuten lang
von seinen Versuchspersonen betrachten, um uuiiiittelbar naehiier
von itmen einen gedäohtnismäßigen schriftlichen Berieht Uix r das
Gesehene einzufordern. Neben diesem primären Bericht piben
die Vp. auch noch sekundäre, und zwar Ton allen drei Bildern
am 21., Ton den beiden komplizierteren auch am 14. und Yon dem
kompliziertesten auch am 5. Tage nach der Betrachtnng. ScUieB-
lich ließ er 23 Personen einige Wochen nachher nochmals einen
Bericht ttber die diel Bilder anfertigen, wobei sie das unterstrichen,
was sie bei einer gerichtlichen Aussage beeidigen wttrden. — Aller-
din^'s aueh Stern muß zugeben, daß selbst seine Versuche immer-
hin noch unter günstigeren Umständen sich abspielten, als die
natürlichen Ereignisse. Stammten dneh seine Aussagen von ge-
bildeten Personen (Studierende, Lehrer etcj iu den besten Jahren
Digiii^cu by Google
150
Arthur Wreadmer,
(17 — 46;, nach einer relativ- laDgeu Betrachtung^ von Gcprenständen in
ruhiger UnverUnderliehkeit und bei maximaler Aufmerksamkeit (die
Vp. wußten sehüu vorher, daß nie s]);lter Über das (Tesehene be-
richten mtlssen); es fehlten ferner alle Affekte mit ihren Verfäl-
schungen, die Vp. hatten nur das höchstens forderliche Interesse,
möglichst viel richtige Angaben zu machen; ebenso waren keinerlei
Suggestionen durch gegenseitige Bespreehiingen oder Fragen vor^
banden; sebliefilieh mußten anch die primSren Aussagen der Er-
innenmg zn gute kommen nnd erfolgten die seknndllren (sdibst-
redend ohne daft die Vp. inswisohen miteinander ttber das Bild
sich nnterbielten) in relativ kurzer Zeit, höchstens drei Wochen
nach der Vorlegung. Diesen Vorteilen standen nur die wenigen
Nachteile ge^jcnUber, daß 1] das Experiment immer eine Fiktion
ist imd darunter die EiuprUgungsgewalt wie das Verantwortlich-
keitsg:ef^bl bei Aussage und Beeidigunj; leidet; nach raeinen eigcTien
Beobachtungen wird hierdurch auch das Interesse au der Zahl und
Richtigkeit der Angaben etwas herabgesümmt, 2] die unterstützen-
den Kebenunstände in Form von Bewegungen nnd Geräuschen
neben den optischen Eindrücken fehleOi 3) zwischen den Einzel-
heiten des Bildes kein logischer Znsammenhaog besteht, wobei
allerdings Stern ttbersieht, daß die dargestellte HandbiDg and
Szenerie eine gewisse Einheit in das »unorganische Neboneinander«
bringt; er selbst führt Beispiele davon an, in denen diese Einheit
wenn anch yerfUschend wirksam war, z. B. die Fehler infolge der
»Erwartung« (S. 29); auch meine Versuche ergaben eine solche
Quelle von Fehlern; ohne Zweifel aber fUhrt der ^^leiche Umst4iud
noch häufiger zu richtigen Angaben. Immerhin aber wird mau
Stern recht geben müssen, daß die Ergebnisse solcher Versuche
höchstens die untere Fehlergrenze flir das reale Leben anzeigen.
Bchou diese aber ist bedenklich hoch, denn die 282 Aussagen mit
10913 Einzelaugaben waren von 5,8^ Fehlem in den primären
und von 10 ^ Fehlem in den sekundären Berichten durchsetzt.
Bereits diese Zahlen zeigen einen schädigenden Einfluß der Zeit-
Iftnge zwischen Erlebnis nnd Bericht Noch dentlicher geht dies
bd Berücksichtigung des Umstandes herror, daß das Zeitinteryall
zwischen primärem nnd sekundärem Bericht bei den drei Bildern
Tcrschieden war. Es betrog nämlich der Fehlerznwaohs vom
ersten zum zweiten Bericht bei einer Zwischenzeit tod 5 Tagen
zwischen beiden 1,5 von 14 Tagen 4,3^, vuu 21 Tagen 6^ ;
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Zur Pvyoholopo der AoiMge.
151
jeder Tag Teriuehrt also die Fehlerzahl um circa ^ 2 % wenig'steim
innerhalb der ersten 3 Wochen. — Je häufiger in der Zwischenzeit
Berichte eingefordert wurden, desto geringer war der Fehlerzu-
waohs: er betrug im Verhältnis zur primären Aussage nach drei
Woehen bei dem Bilde mit 2wei Berichten in der Zwiflchenseit
bei dem mit einem Bericht in der Zwiechenzelt b% mid
bei dem mit gar keinem Bericht in der Zwischenzeit — Der
Einflnfi der Komplisiertheit machte sich geltend, insofern heim
ersten Bild 7,1 51^) l>eim zweiten 5,8^, beim dritten ^% Fehler in
der primären Aussage sich fanden; in den sekundären Aussagen
verschwand dieser Einfluli, indem hier Überall die Durchschnitts-
werte zwischen 9 und \\% lagen. — Die individuellen Diffe-
renzen waren sehr gr^ß: fehlerlos waren unter den 282 Ans-
?a«^en 17, %^on denen 15 der i)rimären Niederschrift an^^chürten;
unter den 188 sekuudäreu Berichten waren uiir2 = l^ fehlerlos,
20 dagegen mit mehr als 16 % falschen Angaben; die sohlechtesten
Aussagen der ersten sekundären Berichte enthielten an Fehlem
2A% beim Maler-, 26% beim Hasen- nnd heim Großvater-
bild; bei letsterem kam anch einmal yOlliges Versagen vor. Sehr
dentlich zeigte sich der Oese hlechtsnnt er schied (25 Herren,
8 Damen). WAhrend Ißbiner und Franen in den primftren Be-
riehten gleich viel Angaben machten, gingen hiervon in den sekun-
dären Tcrloren bei jenen 20^, bei diesen nur 13 ^ ; diigegen
machen jene insgesamt 7,8, diese 10,5^ Fehler; stellt man eine
Rangordnung der 31 Personen aut, so nehmen die Damen in hezuj?
auf die Menge der Angaben die Plätze 1, 3, 4, 6, 7, 18, 21) und 2t),
in bezug auf die Fehler die Plätze: lü, 11, 13, 22, 27, 29 und m
ein. fWarnm Vf ^^erade 31 Personen heranzieht, ist unklar, dn irn
ganzen an 33 experimentiert und an 30 alle Yersache ausgetUhrt
worden; auch will er nur die Rangordnnnp von 7 Damen an-
geben, weist aber einmal 8 den Platz an.) i«ar 16 Fehler, 1V$)I»
wurden mit Vorbehalt (es seheint, vielleicht, wahrscheinlich etc.)
gemacht — Der an 17 Herren nnd 6 Damen angestellte Ver-
eidlgnngsversnch mit 63 Aussagen ergab auf die durchschnittlich
3%9 Elemente einer jeden Aussage 4,4 Fehler; hiervon wurden
beeidigt 25 Elemente mit 2,8 Fehlern, w&hrend 8 Elemente mit
1,6 Fehler nnbeeidigt blieben. Der Eid bessert also die Aussage,
al)er iu .sehr verschiedenem Grade je nach dem Gesclileehte; die
Männer beeideten nur 71^, die Frauen 85^ der Aussagen»
152
Arthur Wroschnfir,
and der beeidigte Teil einer Mttnneranssage enthielt 2,1, der
einer Frauenuussa^je 4,8 Fehler. Ganz fehlerlos waren unter
den 63 l)eeideten Aussagen nur 13, die ääuitlich von Herren her-
rührten.
Soweit die Ergebnisse Sterns. Man wird iiiclit U ii-nen können,
daß äic geradezu beunruhigend wirken. Um su mehr aber ist es
unsere Pflicht genau zuzusehen, wie sie gewonnen wurden. Und
da seigeii sich doch recht schwere Bedenken. Stern zerle<,^e jede
Anaaage »möglichst« in ihre Elemente, fertigte fVit jedes Bild
Listen mit allen in Ihm enthaltenen Einzelheiten an, in diese trag
er für jede Aussage jeder Vp. alles Riebtige mit einem -h, alles
VerftlBehte mit einem — Zeichen ein nnd erhielt so dnrofa Addition
aller genannten Elemente den Umfang des Gedttehtnisses und gleieh>
zeitig die Summe der Fehler und dnreh den Quotienten beider
Zahlen den Prozentsatz der Fehlerhaftigkeit. Er muß aber selbst
zugeben, daß »eine psychologische Fehlerstatistik« nicht, etwa wio
eine Krankheits- und SteuerBtatistik, als eine rein meclianisi he der
VViilkUr völlig entzogene Kegistricrung betrachtet werden darf;
dazu ist das Material viel zu sehr qualitativ differenziert (S. 10).
Was tut er infolgedessen? »Ich wählte ein flir alle mal die eigent-
lich integrierenden und besonders stark in die Andren fallenden
Beatandteile jedes Bildes heraus, ließ sie in den Listen dnreh den
Draek hervorheben und berechnete sie als doppelt riohtig, wenn
sie korrekt, als doppelte Fehler wenn sie falsoh genannt worden
waren. Es gab anch FttUe, in denen ich etwas als halb riehtig,
halb falsch berechnen mnfite« (S. 10). So wird nach seiner Meinung
die Nivellierang der Untersdiiede, der Gnmdmangel aller Statistili^
«war nicht beseitigt, aber doch gemildert. Aber bei aller Würdi-
gung der von Stern geltend gemachten Bedenken wird man doch
zunächst zugeben ratisscn, daß es allzu grob und willkürlich ist,
die einen Fehler als doppelt, die andern als einfach, die dritten
als halb zu rechnen.
Sodann welches sind die »ei^'entlieh integrierenden und beson-
ders stark in die Augen fallenden Bestandteile« ? Stern nennt
sie uns nicht, und auf Grund eigener Versuche hängt die Ent-
scheidung darüber allzu sehr von der individneUen Anffassnng nnd
Betrachtungsweise ab. Ferner wie zerlegte Stern jede Aassage
»möglichst in ihre Elemente«? Die erwähnte Liste teilt er nna
ehenfaUs nicht mit, und schon ein Blick auf die komplisierteu
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Zur Psychologie der Aiuaage.
153
Bilder belehrt, daß stricto sensa sich solche Listen gar nicht an-
fertigeü lu^sen. Vor allem aber, wie steht cb mit eleu Auslassungen?
Stern macht sich die Sache sehr leicht, indem er sie bei der
Fehlerberechnung einfach uicbt in Betracht zieht, weil sie st;iti-
8ti8ch nicht faßbar seien : und dieses Verfahren befolgt er, obgleich
er se]b«it bemerkt, daü zuweilen Auslassungen von ganz integrie-
renden Hestiindtc'ilen des Bildes vorkamen; er begnU<:t sich damit,
daß bei einer Bertlckaichtigung der Auslassungen keine Grenze ab-
«uehen wäre. Auch die ZeitdAuer eines Berichtes sieht er nicht
in Betracht, obj^leich sie indiTidnell sehr Teiscbieden ist Schließlich,
«SS fängt man mit jenen Angaben an, die nnr Vermntongen und
Dentongen des C^heaen sind! Das alles sind doch schwer-
wiegende Kttogel, die bei aller Anerkennung der iondamentalen
Wichtigkeit des Problems, das sieb Stern stellte, nnd der fhicbt-
baren Anregung, die er fttr weitere Arbeiten auf diesem Gebiete
gibt, doch den Wert der gewonnenen Ergebnisse stark in Frage
stellen. Um dies* zu illustrieren, gebe icb einige primäre Ueriebte,
odi ich von dem umstehenden GroBvaterbilde unter den von
Stern angegebenen Versucbsbediuguugen erhalten habe.
ȣiu alter Mann gibt einem Knaben, welcher vor ihm steht,
etwas Heißes mit einem Löffel m essen, eine Katze siebt das an,
im Hinteigmnde brennt ein Feuer.« Ein anderer Bericht dagegen
bintet: »Ein alter Mann filttert ein Kind. Aussehen des alten
Mannes: stsrk hervorspringende Nase, eingefallener Mund, stark
gerunzelte Wangen, tiefliegende Augen — freundlich blickend. Auf
dem Kopfe hat er eine spitze Seblafintttze, einige Haare kommen
unter ihr hervor und bilden mit der Stirn ein Dreieck. Der Kragen
ist vorne im Viereek geütfnet, die Jaeke biingt, er trügt eine
Sebtlrze und große Scbube. xVusselien des Kindes: die Augen dem
Alten zugekebrt, vi-rlangcnder lllick, die ganze Stellung des Kör-
pers ist vornUberg» beugt, stutzt sieb auf die Hände, auf dem
Kopfe eine runde Mütze. Links vom Alten sitzt eine Katze, reebts
vom Kinde Efeu oder Weinlaub. Der Alte bUlt in der linken
Hand eine runde SebUssel, in der rechten einen Löffel, den die
Lippen des Kindes last berühren.«
Hier erkennt man znniichst den gewaltigen Unterschied in der
Menge der Angaben und die Unmöglichkeit, die Auslassungen ein-
fach EU ignorieren. Ferner, welches sind die Einzelelemente selbst
bei dem ersten so tiberans knappen Bericht? Enthält z. B. der
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154
Arthur Wreechner,
Satz: »welcher vor ihm stehtc ein oder zwei Elemente? Würde
er heißen »welcher vor ihm sitzt« ^ au enthielte er ofifenbar
2 Fehler. Ebenso unge\viR ist die Elementenzahl in dem Satze:
»Im Hintergründe brennt ein Feuer im Ofen«. Oder enthillt die
Angabe in dem zweiten der erwähnten Berichte »auf dem Kopfe
, Google
1
Zur Fttychologie der Anisage.
165
eine rande Mutze« 2 oder 3 Einzclbebtandteile? Man könnte
sageu, daß die Mütze auf dem Kopfe sitzt, ist keiue Einzeiangabe,
so daß nur »runde Mütze« übrig bliebe; aber aach dann ließe
sich behaupten, daß »mnde Mtttze« ein Anssageelement sei; nnn
saprten aber einige meiner Vp. ans, daß der Knabe ttberbanpt keine
M tttae trogi andere bing^n gaben nnr ibie Fom fidseb an. Diese
Bedenken yermebren Bieb aber noob, wenn wir es nicht mit so
priteisen Beliebten wie den beiden angegebenen sn ton haben, son-
dern mit etwa folgender stilistisoh fein ausgearbeiteten Niederacbrifti
die idi ebenfalls als primftren Beriebt erhielt: »Im Kttehenranm
sitzt aof einer Bank der Großvater, auf einer Holzbank; die Zipfel-
iniit/.e auf dem Kopf; zur rechten Seite seine Begleiterin, die kurze
Tabakspfeife, die der zahnlose Mund nicht mehr halten kann. So-
eben reicht er dem an seiner Linken steheudeu Knkel einen Löffel
yeiues Leibgerichts, das die Schüf?sel auf seinen Knien thUt bis
zum Bande. Frau Alietee schaut gespannten Auges zu der Szene
empor, erwartend, dass anch sie noch ihren Anteil erhalten wird.
Im Hintergründe links vom ßeschaner schant man den altertttm-
liflhen Herd, an emer langgliedrigen Xette hängt da die Undlieb-
einfaebe Eoebyonicbtnng herab. Reehts sohant man ins Freie —
etwa den Hof, an dem Türpfosten rankt sieh Laubwerk in die
Hobe.« Und was maeht man gar mit folgendem primilren Berieht,
der von phantastiseben Angaben, Uber deren Biditigkeit za ent-
scheiden außerhalb jeder Möglichkeit liegt, strotzt 1 »Großvater
sitzt behaglich uul der Bank. Auf den Knien halt er eine irdene
Schtlssel mit Speise, sein Enkel lehnt an seiner Schulter und läßt
»ich in den leiclit (reöft'neten Mund vom vergnüglich schmunzelnden
Groüpapa einen guten Bissen, der auf eine Gabel gespießt ist,
schieben. Neben dem alten Manne sitzt am Boden eine Katze,
die mit aa%eriehtetem Kopfe begehrlich den beiden zuschaut, den
Jnngen nm seinen in großer Olttckseligkeit zu genießenden Bissen
beneidet Der alte Mann hat den Kopf, der mit einer Zipfelmütze
gesobmllekt ist, leiobt znr Seite geneigt, nm gewissermaßen die
Empfindungen seines Lieblings anf dessen Gesiebt besser wahr-
nehmen zu können. Er selbst schaut dem Jnngen in Dtebelnder
Erwartung zu, denkt wohl selbst an seme Jugendzeit dabei, wo
er sich selbst noch in solchen Situationen befand, wo ihm als
höchster Leckerbissen erschien, was ihn jetzt als ^'anz jrew ühnlich
anmutet. Auf dem Gesicht des Enkels spricht sich nicht die Liebe
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166
Arthur Wreflchner,
znm Großvater so aus, wie umgekehrt dessen Frende am Enkel,
!?ip ]\[>^at sich eher lieranslesen aus der eng an den Großvater an-
ge.^rliiiiit *;teu Gestalt. In unbewußt* m Kgoismus spricht sein Ge-
sicht nur eine freudige, sUße Erwartung des kommenden Genusses
ans.« Mir liegen Tom Großratorbilde 21 primäre nnd 16 acht Ttige
nach der Vorlegung abgeigebene sekundäre Berichte vor; so inter*
esaant sie in Bezug aaf 4ie individnellen Differenzen und in Be-
zug auf die Erinnemngstarene im aUgemeinen auch sind, zum
Zwecke einer exakten Untersnchnng bieten sie nnr wenig Anlaß.
Infolge dessen griff ich zn einer Bfetfaode, die man die Prttfnngs-
methode nennen konnte und die darin bestand, daß der Yp.
genan sperialisierte Themata zur Anssage gestellt wurden. Diese
Methode hat den Vorzug, daß sie iWr alle Vp. gleiche Bedingungen
schafft, von allen gleichviel Angaben erzielt oder erzielen mUßte,
ijodaß die Anzahl der Angaben, Auslassungen und Fehler frenau
berechenbar ist. Und die Auslassungen sind jetzt bei alK n deich-
wertig. Man kann nicht mehr einwenden, daß ihre UrBache das
eine Mal Versehen oder Vergeßlichkeit, das andere Mal Nicht-
wissen ist, Tieimehr ist jetzt, namentlich bei passender Instruktion
der Vp., stets nur das letztere der Fall. Femer hat diese Methode
den Yoizng, daß sie bei genauer Spezialisiemng der Themata alle
Yersnchspersonett zwingt, sieh zn allen Einzelheiten des gezeigten
Gegenstandes in richtiger oder falscher oder negativer Form zu
ftoßem. Hiermit sind all die geäußerten Bedenken beseitigt, nnd
wir haben selbst liei Benutzung so komplizierter Eindrucke, ^e
es die von Stern verwandten Bilder waren, eine Methode, die
allen Aufurderunircu der Exaktheit genügt. Auch ist sie ein ge-
treues Abbild des bei dem Zengenverhör übliehen Verfahrens, und
wie Stern selb^^t betont iuhI die Erfahrung zeigt, sind ja die prak-
tischen Ergebnisse solcher Versuche namentlich für den Juristen
von Bedentong. Man erkennt ohne weiteres, daß diese Methode
engstens yerwandt ist mit der des Fragens, wie sie Bin et bei
Kindern anwandte^), nnd yon der Stern selbst, wie aus einer
Anmerkung am Schlüsse seiner Arbeit hervoigeht, Gebrauch machte.
Nun liat die Frage nach Stern den Nachteil der Snggestion.
Aber es kommt doch nur auf die Art der Anordnung der Fragen
1 Stern berichtet über diese Versuche im Anhang II seiner Arbeit aus-
führlich.
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Znr Ppyohologio der AwMge.
167
öüer besser Themata an, um fast jede Spnr von Snprjrestion aus-
zoschließen. Schon Bin et nnterschicd ja verschiedene Suggestions-
grade der Frage. Wie eine derartige PrUfunfrsmethode einzu-
richten ist, erhellt am besten aus folgender Tabelle, die sich auf
das GroßTaterbild bezieht und die Versnehe an 12 Personen,
sImtUcb Studierenden, nmfiißt, von denen itlnf 17 Tage, vier
7 eine 19 Standen und eine nnndttelbar vorher das Bild
Vi Min. angesehen hatten; 11 nnter den 12 Personen hatten nn-
mittelbar naeh dem Vorlegen des Bildes einen primären und 10
von diesen 11 si^n Tage naebher einen sekundären Bericht ab-
gefaßt. Diese Verschiedenheiten waren durch zufUlli^^e Umstände
gegeben und sollen keineswegs mustergültig sein. Viehnehr würde
es sich in Zukunft empfehlen, die Prüfungsmethode sowohl ohne
wie mit Torane-ehendem Bericht, unmittelbar wie eini^'e Zeit nach
der Yorlegüug, eimiial wie auch wiederholt bei demselben Objekte
anzuwenden. Hier handelt es sich nur um den Nachweis der
Branohbarkeit der Methode, nicht um die Gewinnung gesicherter
Eigebnisse.
(Vgl die Tabellen anf S. 168ff.)
Zum Verständnis dieser Tabellen ist snnächst zu bemerken, daß
nicht nur die Innebaltnng obiger Anordnung der Themata innerhalb
gewisser Grenzen nötig war, sondern znr Vermeidung jeder n^ch-
herigen Korrektur auf Grund der folgenden Themata die Yp. nach
dem 2., 3. uud 2H. Thema neue Zettel ftlr ihre Angaben erhielt.
Von den Zahlenk »Inmneu gibt die 1. an, wieviel Angaben von
allen 12 Versnclj^personen gemacht wurden, die II. wieviel von
diesen taisch waren, die III. wieviel Angaben biitfeii gemaeht
werden müssen, und endlich die IV. wie viel verschiedene An-
gaben unter den gemachten sich befinden. Bei dieser letzten Be-
reehnnng wurden die lediglich formalHiprachliehen Verschiedenheiten
hl der Ausdruekswesse nicht mit in Betracht gezogen, sondern allehi
die inhaltliehen Divergenzen; aber gerade deshalb war hier nicht
alle Willkttr zu yermeiden, so daß diese Kolumne mehr ihren Wert
in einer allgemeinen Orientierung als in der genauen Zahlenangabe
hat Auch sonst dürfte obige Tabelle noch manche Verbesserung
benötigen, um allen berechtigten Anforderungen zu «^enUgen. Auf
Grund meiner Beobachtungen wäre hierzu vor allem dreierlei
nötig: Ij eine noch genauere Analyse des gezeigten Objektes, sowie
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Arthur WreMhner,
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Zar Psycholon^e der Aussage.
159
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167
die Stellung möcrlichst cindeüti2;er und enir umgrenzter Themata.
2j Genaae Instruierimg der Vp., daß sie Jedesmal nnr auf das
Thema bezügliche Angaben and zwar in knappster Form zu machen
liaben; denn unnötiger WortschwaU und nicht erforderliche Zusätze
geben den individnellen DiiTerenzen einen zu großen Spielraum, so
daB eineneits die Veiglddibarkeit der einzelnen Angaben leidet,
anderseits die Yeneoihnimg sieh erschwert nnd ohne eine gewisse
Willkür nicht mOglich wird* 3) IfögUobste DentUchkeit nnd
FrSzision der Vorlage. Leider «rftllen die Sternschen Bilder, an
die ich micbf mn den yon ihm bcguonenen Faden weiter zn
spinnen nnd meine Resultate mit den seinigen vergleichen zu
köuüen, hielt'/, diese Anfordeiimg hiebt. Stern wühlte mit Absiclit
Bilder, »auf denen nicht alles klar zu erkennen war, um auch darin
der Lebenswahrheit einic-ermaßen nahe zu kommen« (S. 28). In
der Tat sind Konturen und Zeichnungen auf dem von uns be-
nutzten Großvaterbild vielfach sehr undeutlich, so daß die Fehler-
haftigkeit, Ungenauigkeit und mdividrelle Verschiedenheit bei
manchen Angaben z. B. Uber die Form des Ijaabwerks oder den
Ort der Szenerie nur aUzn erklärlich ist, und znweileii selbst bei
genanestem Zusehen die Entscheidnng Uber die Bichtigkeit oder
Falschheit einer Aassage sehr schwierig wenn nicht nnmOglioh ist;
schon die Benutzung von nur schwarz-weißen Beprodnktionen
macht die Angaben namenflieh Uber Farben sehr «nsieher. Nun
ist allerdings die möglichste Annähe i im g an die Wirklichkeit ein
anerkennenswertes Bestreben, aber nm lange die Exaktheit der
Ver;-U( bsl)cdingung nicht darunter Iridot. Sonst ht der Vorteil des
Experimentes im wesentlichen preisgegeben. Aurh der Chemiker
achtet auf die unbedingte Keinheit der von ihm benutzten Stoffe.
Die ganze Kompliziertheit der wirklichen Verhältnisse l&Bt sich im
Laboratorinm nicht nachahmen, am allerwenigsten wenn es sich
1} Es ist du verliliigiiisvolier, Ton der PhÜoflophie hinttber gvnoniM&er
und auch schon von Kennedy (The Psych. Rev. 5 S. 477) gerügter MiO-
ptnnd der Experimentalpsytholoirie, daß sif^ mr hr darauf aasgeht, die ResnU
täte früherer Arbeiten, wenn uicht gar zu ignorieren, so doch umzustoßen,
&u8tAtt unter Auerkeauuug ihrer Verdieuste sie zu ergänzen und weiterza-
ftthna. Anf diMe ;Wsite wird aber die Koatlnidtit Im Fortsehiltt efaies
Problems nur geOludet, die HUlie TOiaagehender Untomteliiiiig t.T. iUn-
Borisch and der Ertrag der eignmi Arbeit beeinträchtigt, ffieran liegt es zum
T*'il (laß die Ex])prinif>ntalpsyeho!ng-t<> nicht SO schnell vorankommt wie die
übrigen natorwissenschaftUchen Disziplinen.
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168 Arthur WiMohner,
um die erste experimentelle luaugrifTnahme eines verwickelten
Probieins handelt. Die tunlichst vollkummene Analyse und Er-
kenntnis der wirklichen Ereignisse in ihrer eanzen KunipUziertheit
kann erst das Ergebnis einer Kombination von verschiedenen auf
die einzelnen Elemente abzielenden experimentellen Arbeiten sein.
Und Stern aelbBt mufite zugeben, daB selbst abgeaehen Ton dem
oben angegebenen Yoiteil eine Reihe von Feblennomentai, die in
der normalen Wirkliehkeit eine bedeutende BoUe spielen, bei eeinen
Vemieben niebt in Beiraeht kommt. Denn wenn aneh die WirkUeb-
keit Bleti plastüdi ist, so ist doeb dae Auge in einem gegebenen
Moment auf eine bestimmte Entfenmng eingeatellti so dafi was tot
oder hinter dieser Fiftcbe liegt nur in ZerstreirangskreiBen gefleben
wird; ja häufig ist ja die Entfernung so groß, daß ttberhau})t
ein deutlichcH Sehen unmöglich ist; auch werden ja stets alle
seitlieh vom Fixation spuukt gelegeneu Partien — und das ist
der i?Ti)L!te Ttil des ( iesichtsbildes — nur verschwommen wahr-
genommen. Bei den Bilderversuchen dagegen konnte die Versuchs-
person sich in eine ihr am meisten zusagende Entfernung bringen
nnd den Fixationspunkt bei der relativ langen Beobachtnngszeit
saeeessiye Uber die Terscbiedensten Partien streifen lassen!') Aber
gerade nnter diesen UmstSnden ist es geraten, ja erforderUefa, die
objektiv bedingten Feblerqaellen dnieli m()gliebste Deniliebkeit der
Bilder tonliehst einsoschrinken, and anf die AnnAberang an die
liObenswalirbeit sn Gunsten der Vergleiehbarkeit nnd einwandfreien
Yerreefanniig der Resoltate eo Terziehten. Nor so ist ^e von Stern
nachdrücklichst betonte Notwendigkeit einer Konfrontation der
Aussage mit der Wahrnehmung und die hieraus resultierende
Xontrolle jener möglich.
Was nun die Verrechnung der Angaben in obiger Tabelle
anlangt, so sind die Bezeichnungen > richtig« und » falsch < ohne
weiteres Terständlich. Zuweilen kam aber eine Aussage der Wahr-
heit nur nahe, z. B. daB die Mtttze des Knaben mnd ist und
einen sehmalen Rand hat, oder daß der Alte etwas gekrümmt
dasitst; aneh fanden sieh manohmal in einer Aussage &]sohe nnd
richtige Teile, s. B. die Haare des Alten kamen hinten und an
der Seite hervor. Solehe FSUe galten als halbrichtig. Eine
Aussage zerfiel sogar in drei Teile, da alle drei Angaben» von
1] Siehe Stern a. a. 0. S. 28, 29.
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Znr Psyoliologie der Autug«.
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denen zwei falsch waren, wesontlich waren (dio Jaekr des Alten
ist eine alhiKMlisclie Wamsfonn, mit großen Knüpfen und vorn ge-
öflFhct). Sehr häuhg fanden sich auch richtige oder falsche An-
gaben, die entweder nur einen Teil enthielten, z. B., daß das
Hemd des Knaben nnr an Sehnlter und Arm hervorkam, oder ge-
rade das Wesentlidie, Sinnfällige analießen, z. B. die Bank ist
lünglieh, ohne die Bemerkung, dafi sie vier Beine hat. Diese
raie zihlten als halbe Angaben und je nach ihrer Beschaffenheit
als Vi + richtig oder Vi + falsch. Ganz unbeachtet blieben An-
gaben, die anf das Thema keinerlei Bezug hatten, z. B. der Alte
hatte kdne AngenglXsert oder ganz inhaltslos waren, z. B.: die
Jacke des Alten ist abgenutzt. Ich gestehe, daß ich zu dieser
Einteilung und msbesondere zu der Bruchrechnung nur griflf, da
ich durch die Aussagen dazu gezwungen war; ich halte sie aber
für nicht unbedenklich und g;l:iul>p dnß si( durch Eiuilihnmg der
erwälniten drei Verbesserungen in der Versuchstechnik völlig sich
umgehen läßt. Schließlich noch ein Wort in Bezug anf die »er-
forderlichen« Angaben. Man kann den Einwand erhebeni daß es
unberechtigt ist, bei der Aufzählung der Kleidongsstttcke oder
Q^nstSnde die fehlenden Angaben in Betracht zn ziehen, und
dann hei Forderung tob näheren Angaben ttber die einzelnen
G^nstände viedemm für die Berechnnng der erforderlichen An-
gaben die Tdlnahme similicher zwölf Tp. zu verlangen. Ein
Blick aber auf unsere Tabelle zeigt, daB es etwas ganz anderes
isty wenn eine Vp. bei der bloßen Aufzählung von Gegenständen
einige vergilit, und dann bei der Nennung eines vergessenen
Gegenstandes durch den Versuchsleiter keine Angaben tlber ihn
zu macheu im stände ist. So wurde das Laubwerk beim zweiten
Thema nur von acht Vp. genannt, bei dem 55. und 56. Thema
aber von elf Personen beschrieben ; der Topf wurde beim zweiten
Thema nur von drei Vp. erwähnt, beim 49. Thema aber von aeht
Vp. lokalisiert
Betraehten wir mm die Ergebnisse onserer Tabelle, so worden
von 10S2 erforderlichen Aiigaben nur 713 gemacht, so dafi 319
oder 31>|( i) Angaben fehlten. Unter den 713 Angaben wiederam
1) Der Prozentsatz ist hier wie bei allen folgenden Zahlen nicht in der
Weise von Stern 's. oben S. 152 bereehnet, sondüra nach der üblichen
Oleichung x : 100 »» a : 6; a wäre hier = 319 und b = 1032.
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Arthur Wrewhner,
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174
Aifhar WrMcbner,
Bind 188' « oder 26^ falBcli- Es sind sonach von den 1032
erforderlicheD Angaben nur riciitig 713 — 188'/« »524%
oder 51^»).
Viel günstiger zeigte sich das Verhältnis bei der Berichts»
methode» wie foljj^de ZnnammeuBtelliing aeigt, in der nnter I die
Angaben des primären, imtor II die dee seknndMron Berichiea nnd
nnter HI die der FtttfimgBmeihode an%efthrt nnd mit Ä Im M
die BwOlf VenmehsperBonen beseichnet sind.
(Vgl. die TabeUen auf S. 170 flf.)
Lassen wir die drei YerBnchspersonen A, By C, Yon denen die
eine gar keinen, nnd die beiden andern nnr einen primKren Be-
richt gaben, außer acht, so machten die nenn ttbrigen Veranchs-
personen in dem 1. Bericht 152 Angaben mit 1772 Fehlem, in
dem 2. Bericht 176 Angaben mit 22 Fehlem und bei der Prtt-
firngsniethudc 521 Angaben mit 143 Fehlern uud 12 bloß ziffern-
mäßigen Angaben. Die Anzahl der Angaben ist also heim Prll-
fungsverlalireu etwa 3 mal >o ltmI; wie bei der Beriehtsmetliode
nnd bei dem sekiiudareii liericlit ^4:rüüer als beim primären. Das
gleiche Verlialten zeigen die Fehler^ , sie betragen beim 1. Be-
rieht 11,5^', beim 2. Bericht 12,5^ und bei der Prttfimgsmethode
28,1 <^ (bei Hinzonahme der 12 bloß ziffermnäBigen Angaben
24,4^) der gemachten Angaben. Zugleich aber erkennt man,
daB schon der seknndttre Bericht im Yerbältnis anm primlbren,
namentlich aber das PkUliingSYerfahren im YerhSttnis anm Berichts-
yerfahren einen relathr größeren Znwachs der Fehler als der An-
gaben aufweist. Noch deutlicher erkennt man den Verwandlnngs-
prozeß, den der I. Bericht durch den n. und dieser durch die
rrUfiiugsmethode erfuhr, wenn man bei den 9 Versuchspersonen,
die an ulieu dreien beteiligt waren, zusieht, wie oft in den The-
mata, Uber die sieh m einem der beiden Berichte An^^aben finden,
KulimUe zu r- oder /^Jb äUen, r-Fälle zu 0- oder /-Fällen uud
1 Wie Stern in oiner Anmerkunj? am Schhiß seiner Ari»eit kurz mit-
teilt, hat tir bei Kindern durch Verbindung »eiueä Verfahreus mit der Binet-
Süheu Fragemethode 25— 30o/o Fehler erhalten; so lange aber die nähern An-
gaben ftber ^eee Yenuehe nicht voriiegeB, kann aof sie nicht eingegaagea
werden.
Zu einem grleichen Ergebni» in Bezag auf den Einfluß der Zeit kommt
Fiuzi Zur Untert^uehung der AuffafiBongafiUiigkeit and Merkflihigkeit. Fay«
cholog. Arb. lU. Ö. 374}.
Digitized by Google
Zur Psychologie der Auä^agt . 175
endlich /'-Fälle za 0- oder r-Fällen wurden. Es ergibt sieb dann
folgende TabeUe:
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Am littii%8ten gingen also (VFftlle in f^Fftlle ttber nnd zwar
beim Fortgange des I. Berichts zum II. fast genau 80 viele wie
beim Fortgänge des 11. Bericht.s zur l'rlifimgsmethode; das näm-
liche gilt Voll der Uniwnndluiif: der 0- in /"-Fälle, nur war dies
viel seltener als jenes der Fall. Dagegen verwandelten sich weit-
aus mehr r-Fälle des I. Ikrichts zu 0-lalleu im IT. Bericht als
dies beim Fortgang des II. ßerichts zur Prüfung der Fall war;
daftlr \vnrden aber hierbei auch 4 mal r-Fälle geradezu in /-Fülle
Ubergeitihrt, was dort niemals vorkam. Die Verwandlung der
/-Angaben zn 0- oder gar r-FäUen erfolgte bei der Prttfimg im
Veigleioli snm II. Berieht yiel häufiger als beim sekundären Be-
richt im Vergleich snm primären.
Betrachten wir noch näher das Verhältnis der Frttfungs- nnd
Beriehtsmethode aneinander, so enthielt diese fast keine Angaben
über Themata, die bei jener nicht gestellt worden wären. Da-
gegen wurden Uber 28 Themata der rrüfimgsmethode in beiden
Berichten, ttber 36 im primären und Uber 28 im sekundären Be-
richt keine Aniraben gemacht Betrachtet man nun diese The-
luixUi etwas genauer, so betreften von den 28 Themata, Uber die
beide Berichte keine Augaben enthielten, lU 5, 6, 9, 11, 13, 24,
27, 31, 35, 44) die Farbe. Bedenkt man, daß im ganzen sich
nur 13 Themata außer den genannten noch 29, 41, 59] auf die
Farbe bexogen, nnd daß anch im Thema 29 nnd 41 im ersten Be-
richt keine nnd im zwdten Bericht nnr eine Angabe gemacht
wnrde, so whrd man fttr Farben ein besonders schlechtes Ermne-
mngsTermVgen vermaten dürfen. Hiermit sthnmt die Tatsache
ttherein, dafi die Prttfnngsmethode ansnehmend yiele Fehler bei
der Farbenangabe aufweist: Über die 13 Farbenthemata wurden
103 Angaben, von deueu 42 falsch waren, gemacht; es fehlen
1) Anch dieser Berechnung liegen nnr die Angaben der 9 Vennehe-
penonen mit beiden Berichten m Qmnde.
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176
Artimr Wreiolmer,
also 106(12x13) — 103 «^53 oder 34^ Angaben, und unter
den gomaditeii Angaben sind 4Xßi fiüsch* Während die Anzahl
der fehlenden Angaben ateo mat 2ßK Uber dem ans allen The-
mata gewonnenen Werte li^ ttberaohrdtet die Zahl der Intttmer
nm 15)1^ den entapreehenden Wert Inwieweit nnn diese onver-
hiOtmgmftBig hohe l^htoRahl mit dem Sebwan-Weift-Dniek des
Bildes oder mit dem Gedächtnis für Farben zusammenhängt) müssen
Versuche mit l'arbigcn Bildeiu eutscheiden.
Relativ häufig wurden auch über die U Themata der Form
(4, 23, 28, 34, 42, 47, 50, 53, 56, 62 und 63) keine Augabeu ge-
macht, und zwar bei 4 (23, 34, 47 und 50; in beiden Berichten
keine und bei 5 (28, 34, 42, 62 und 63) im L keine und im
n. Bericht nur eine Angabe. Hiermit stimmt wieder die Tat-
sache, daß bei der Prtifungsmethode unter 93 Angaben ttber die
Form 28, d. h. BO^, also ttbemormBl viele fiUsehe Angaben rof-
kommen, wahrend nur 132(11x12)— 93=: SO oder 30)1^ An-
gaben, also sogar etwas weniger als der Dnrohschnitt (31)|^) feUen.
Auch Ider werden die Entseheidung ttber den Grund dieses Ver-
haltens der Form gegentlber erst wdtere Versuche mit seh&rferen
Eonturen, als das voi^elegte Bild hat, bringen.
Auch die 3 rbemata Uljcr die Stelle, wo das Hemd oder die
Haare sichtbar sind (14, 25, 32), ergaben in beiden Berichten
keinerlei Angaben und dementsprechend bei der PriiJuDirsmethode
19 Angaben, von denen 12^2 falsch waren, so daß die Zahl der
Irrtümer hier die Höhe von 66^ ersteigt; aber auch die Anzahl
der fehlenden Angaben ist hier ttbemormal grofi: 36 (3 X 12) — 19
«= 17 = 47>^.
Im Gegensats hierzu ergaben die 5 Themata Über den Ort der
selbstiindlgen Gegenstande (40, 49, 66, 57, 61) S8Vs Angaben mit
nur 4 fidschen. Es hielt sich also die Zahl der fehlenden An-
gaben nur weni^' über derDurehschnittshOhe, insofern sie 00(5x12)
~ 381/2 = 21 V2 = 36^ betrog; die Zahl der Irrttlmer belief sidi
aber nur auf 10^ der gemachten Angaben. Ein anderes Bild
gewiilireu in dieser Beziehung die Ergebnisse der Berichtsmethode.
Wie oben erwähnt, wurden ira 1. Bericht 152 Angaben mit 17Vj
falschen inid im 2. Bericht 176 Angaben mit 22 falschen gemacht^).
£s betragen also die falschen Angaben dort ll,ö^ und hier 12,5^
1) Der Seolmimg liegen m Gfondo au die Aagabea der 9 VemwhB-
penonen mit beiden Bmchten.
Digitized by Google
Zur Psychologie der Aussage.
177
der gemaohten Angaben» und von diesen kommen dorehgefanitflieh
dort 2^, Uer 2,7 anf je eins der 66 Themata. Von diesen ent-
faflen mm anf die erwShnten 5 Ortthemata im primären Berieht
21 Angaben mit 3V2 falsehen, im sekundären Berieht 23 Vs An-
gaben mit 3 Ys falschen, so daß durchschnittlich anf 1 Thema
dort 4,2 Angaben mit 16,1 ^ Fehlem und hier 4,7 Aiigabeti mit
14,9^ Fehleru kommen. Die Anzahl der Angaben wie der Fehler
ist also Ubernormal ur->I) und das bei der PrUfnngsmethode er-
mittelte Verhältnis drelit sich in sein Gegenteil nm '). — Sehr
gttnstig gestalten sich nach der Prttfnngsmethode anch die Ver-
iiiltnisse bei den 4 Themata Uber dio Rtellang (16, 36, 54, 58).
Es wurden hier 46 Angaben mit 6 fakaeben gemacht, so daß nur
IBfi^ &l8eh sind und von den erforderliehen 48 (4 x 12) nur 2,
d. h. 4^ fehlen. Naeb der Beriehtsmetbode kommen im 1. Be-
lidit 18 Angaben, mit einer falschen und im 2. Beriebt 22 An-
gaben mit 2 Ys falieben auf diese 4 Themata, so daB sich dort
6fiß^, hier tl'iß^ Irrtümer finden, and durchschnittlich dort 4,5
und hier 5,4 Anj^abeii auf je 1 Thema fallen. Wie bei der PrU-
fnngsmethode wurden also aueh in beiden Berichten abnorm viele
Angaben gemacht, and ist die Fehlerzahl uamentlich im 1. Be*
rieht abnorm klein.
Betrachten wir endlich unsere Themata ihrer Qualität nach
noeb insofern, als wir die anf die Eigenschaften der beidoii Per-
nonen bezüglichen (16 — 25 und 36—47) you den ihre Kleidongs-
stücke behandehiden (4—15 und 27 — 35) trennen, so wurden bei
der Mfiingsmethode dort 204Vs Angaben mit 75Vt falschen, hier
144V« Angaben mit 64V« f^ls^shen gemacht Bei den körper-
lieben Eigensebaften betragen also die Fehler 37;i^ der gemachten
Angaben und yon den erforderlichen Aussagen 22 x 12 = 264
fehlen 59^/2, d. h. 23^ ; während somit die falschen Angaben Uber-
normal zalilreieb sind, liegt die Anzahl der Auslassungen uutur
dem Durehsehnittswcrte. Bei den KleidiinffsstHcken hingegen
betragen die falschen Angaben 44^«^ der gemachten und von den
erforderlichen 21 x 12 = 252 Aussagen fehlen 107 V2 = 43^.
Hier übersteigen also beide Werte beträchtlich sowohl den Dnrch-
schnitt wie auch die entsprechenden Werte bei den körperlichen
Eigensebaften. Es scheint sonach, dafi Umfang wie Treue der
1) Dem entspricht die Angabe Sterns 25], daß die Konstellationa-
ftMer Mhr sahhddi aind.
uiLjiiizcü üy Google
178
Erinnerung für aaebliche Ki^enschaften geringer ist
als fllr persönliehc. lifitrachtet man daraufhin die ErgebaiBtie
der Berichtsmethode, .so tiiidfu sicli in Be/.iijL^ anf die beiden Per-
sonen im L Bericht 23 Angaben mit 6 falscbun und im IL Bericht
31 An^^ribt^n mit 7Vj falschen, in Bezug auf die Kleidungsstücke
dieser beiden Personen im I. Ikricht 8 Angaben mit 1 fatochea
and im n. Bericht lO'/s Angaben mit SVs falsclien. Die Penonen-
ansflagen enthalten somit an Fehlem im L Berieht ^»l^i im
IL Bericht 24,2 ji^, die SachenaoBsagen dagegen dort 12,5)1^, hier
33,3^. Wie hei der Prttfangnnethode ist somit stets die Anzahl
der Irrtümer ttbemormal groB, aber nur im II. Bericht hei den
Sachen größer als bei den Personen, während beim I. Bericht das
Gegenteil der Fall ist. Was die Anzahl der genutchtcu Angaben
betriti't, 8o koinmeu bi-i den Personen auf jedes der 22 Themata
dnrchschniftlteb im I. Betriebt 1, im II. 1,4 Angaben und bei den
Sachen auf jedes der 21 Themata im I. Bericht 0,4, im II. Be-
richt 0,5 Angaben. Kntsprechend den Ergebnissen der Prüfungs-
methode finden sich mehr Aassagen ttl»er Personen als Sachen,
nnd ist die Anzahl der letzteren geringer als der Durchschnitts-
wert, im Gegensatz zur Frttfimgsmethode ist aber dieses aneh bei
den Pcrsonenanssagen der Fall. — Sondert man die Betrachtang
des Oroßvaters' von der des Knaben, so ergibt die Prttfungs-
methode für die persönlichen Eigenschaften bei jenem 103 Yi An*
gaben mit 31 1/2 fitlsohen (16. — 2b. Thema), bei diesem 101 Angaben
mit 44 talscbeu (36. — 47. Thema): es betra^^en also beim Groß-
vater die falschen Aussagen 30,4«^ und von den erforderlichen
10 X 12 =r 120 Aupibcn felilrn 16 V2, d. h. 13,8^^ , während beim
Knaben 43,6", falsche Angaben vorhanden sind und 144 — 12x12)
— 101 = 43 oder 29,9^ fehlen. Die Aussagen über die persön-
lichen Eigenschaften sind also beim Großvater zahlreicher und mit
weniger Irrtümern durchsetzt als beim Knaben; bei beiden liegt
die Anzahl der falschen Anssagen ttber and die der fehlenden Ans-
sagen unter dem I>areh8chnitl8wert Ober die Kleidangsstllcfce
ergibt die Prttfiuigsmefhode beim GroBvater (4. — 15. Thema)
90Vi Angaben mit 382/» falschen, beim Knaben (27.^35. Thema)
54 Angaben mit 25 Vs falschen, so daß bei jenem 42,7)|^, bei die-
sem 47,2^ Angaben falsch sind und bei jenem 144 (12 x 12)
~ 9OV2 = 531/2 = 37,1^ , bei diesem 108 (9 x 12y 54 = 54
= 50^ Angaben fehlen. Wiederum sind beide v\ erte beim Knaben
Zur Payehalogie der AnMage.
179
größer als beim Großvater, diesmal aber bei beiden Uberuormal
grofi. Wie za erwarten war, ist also Umfang wie Treue der Kr-
iimenmg beim Großvater, der Haaptperson der ganzen Szenerie,
giOfier als beim Knaben — sowohl in Hinsicht auf die Bachliohen
wie ktirpeitiohen Eigenschaften; das Verhältnis dieser beiden Eigen-
sehaftoi sneinander wie za dem normalen Darehscfanittswerte ist
aber bei beiden Peisonen das itilmliche und gleicht dem bei der
obigen Betraehtnng beider Personen zusammen ermittelten, wie
folgende tabellarische Zusammenstellung der obigen Prozentsätze
zeigt;
Tabelle IV.
Großvater
1 Knabe
Fehler
Aualassungeu
Fehler
Auslassungen
PerBOnliehe Eigenschaften i
SachHche •
37.1%
43.e»/o
47,20^
99,90/0
ÖO 0/0
Betrachtet man unter demsielben Gesichtswinkel die Ergebnisse
der Berichtsmethode, so worden in Bezug auf die pers<(n-
liehen Eigenschaften an Aussagen gemacht beim Großvater im
I. Berieht IOV2 mit 2 falschen, im II. Bericht 12 mit 1 falschen,
uüd beim Knaben im I. Bericht 12^2 mit 4 falschen, im Ii. Be-
richt 19 mit 61 2 falschen; die Irrtümer betra^^en also beim Groß-
vater im I. Bericht 19^ und im IT. Bericht 8,3<|^, beim Knaben
im I. Bericht 32^ , im II. Bericht M^l % \ auf je ein Thema kom-
men beim Großvater (im gangen 10 Themata) im 1. Bericht 1,05
imd im n. Bericht 1,2 Ang-ahen, heim Knaben (12 Themata) im
L Bericht 1,04 mid im II. Bericht 1,6 Angaben. Anch hier finden
sich also» nnd zwar in beiden Beriehten, mehr Fehler beim Knaben
als beim Groftyater; die Anzahl der Angaben ist dagegen nnr
im 1. Bericht, mid swar nnr um ein sehr Geringes (0,01) heim
Großvater grOfier als beun Knaben, während im II. Bericht das
Gegenteil der Fall ist Die Anzahl der Angaben liegt stets nnter
dem Durchschnittswerte (2,3 im I. nnd 2,7 im II. Bericht), die
Anzahl der Fehler daget^en, mit Aufnahme des II. Berichts beim
Großvater, über dem Durciischnittswerte H 5^ im L, 12.5^ im
TT. Bericht). — Über die KleidungBst m k e wmden Aussagen
gemacht beim Großvater im I. Bericlit 8 mit 1 falschen und im
n. 7 Vi mit iVz iaUcheu, beim Knaben im L Bericht 0, im II. Be-
12»
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180
Arthur WrMohnWf
rieht 3 mit 2 ialöchen. Es betr;i^^cu also die Irrtümer beim (IroB-
vater im I. Bericht 12,5 <^ und im II. Bericht 20^, beim Kiiabea
im II. Bericht 66,7 jfe ; auf je 1 Tlienia kommen beim Großvater
(12 Themata) im I. Bericht 0,75 uud im II. Bericht 0,7, beim
Knaben (9 Themata) im 1. Beriebt 0 and im n. Beriebt 0,33 An-
gaben. Wiederum sind die Irrtümer beim Knaben saUreicher als
beim Grofivater, diesmal sind aber aneh bei jenem weniger An>
gaben gemacht woiden als bei diesem, nnd awar in beiden Be-
liehten. Me Fehlenmsablen liegen Uber, aUe AnsugeaataMen
nnter den eniapiecfaenden Dnrefascbniitswerten — in TofflLommener
Obeieinstlmmnng mit der Prttfnngsmeihode. Aneh finden wir wie-
derum beim GroßTater wie beim Knaben in beiden Berichten daa
obige Er^^ebuiB bestätiget, d;i!i mehr Angaben und weniger Fehler
gemacht werden bei den persönlichen als bei den sachlichen Eigen-
schaften; eine Ausnahme macht nur der I Bericht beim Großvater
in Bezug um die Fc liK r. Zur Veranschaulichuug aller dicker Sätze
setze ich noch obige Zahlen in folgender tabeUaxischer Zusammen-
Btellong her.
TabeUe V.
L Bericht
I
1
Gro
Fehler
ßvater
Angaben auf
1 Tbema
E
!
J.. _. ....
nahe
Angaben Mf
1 Thema
FenOaQohe Eigeiisdwfleii
CMlidw
n. ]
0,76
leriobt
32 o/o
1,0«
0
Gro
1 Feiler
ßvater
Anp-abon auf
1 Thema
Knabe
PanValiehe Eigeudiaflen
BwUidM
1»
0.7
34,7 o/o
66,70/0
1,6
0^88
Znm SehlnB noeh einige Bemerkungen ttber die individnellen
Differenzen. Sie smd, wie ans Tabelle II hervoigehi, nieht
alba hetfttehtlioh bei der Prttfangsmethode. Hier betrag ftr die
gemachten Angaben das Ifaximam 70 (Vp. C) oder bei Nicht-
beachtung der bloß ^Ü'erumaüigeu Angaben 68 kj, dad Mi-
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Zur Fiycholofit der Anntge.
181
nionim 45 (Vp. G); fUr die falsehen Angaben war das Maximim
82Vs (Vp. J>)t das Ifinimnm IOV3 (Vp. AJ, oder im FroxentaalB
der gemaebten Angaben jemea 40,4)|^ (Vp.B), dieaea (Vp.A).
QrOfier sind die IndiyidneUen Unteiaobiede bei der Beriditsmediode:
im L Berieht (von 11 Vp.) war ftlr die gemachten Angaben das
Maximnm 31 (Vp. C), das IGnimnm 71/2 (Vp J) und für die
Felller das Maximum SV^ (Vp. E), das Minimum 0 (Vp. D und F),
oder dem Prozentsatz der frem achten Angaben nach daa Maximum
19,3^ (Vp. L), das Minimuiu Ü (Vp. D und F); im U. Bericht
(von 9 Vp.) betrug für die gemachten Angaben das Maximum SS'/j
(Vp. K) nnd das Minimum 13 (Vp. G), fUr die Fehler das Maxi-
mum 5 (Vp. L) bzw. 20^ (Vp. M) und das Minimum V2 b»w.
3^ (Vp. D). — Die durchschnittliche Anzahl für je eine Person
betrag bei der Prttihngsmethode fttr die gemachten Angaben 59,4
(bei Weglaaanng der blofi siffemnülBigen Angaben 57,3) nnd Uta
die fiüsohen 15,7, bei dem I. Beriebt filr die gemachten Angaben
18,3 und flir die fUseben 2, beim IL Beriebt ftr die gemaebten
Angaben 19,6 nnd ftr die iUseben 2,4.
Von größerem Interesse ist aber im ffinbK<^ auf die oben^)
ervrälmteii Ergebnisse Sterns die Betrachtung der individuellen
VerBthiedenbeiten je nach dem Geschlechte. An der PrUfungs-
methode waren 7 Damen und 5 Herren beteiligt. Jene machten
zusammen 426 Angaben mit 100 falschen, diese 287 Angaben mit
88 Vi falschen; von jeder Dame rühren also durchschnittlich 60,9
Aussagen mit 14,3 falschen, von jedem Herrn 57,4 Angaben mit
17,6 üiischen her. Nnr insofern bestittigt sich somit das Ergebnis
Sterns, als die Damen mehr Aussagen machen als die Henen,
dagegen machen diese im Gegensatz sn den Sternseben Beenltaten
mehr FeUer als Jene. Hieibd ist aber noch m berttebidebtigen,
daS unter den 426 Angaben der Damen sieh 26 nur xiffernnülfiige
(beim 3. nnd 26. Thema) fimden; bringt man diese in Abzug, dann
kommen auf jede Dame durchschnittlich nnr 67,1 Angaben, ateo
ebenfalls etwas weniger als auf einen iierrii. Die größere Fehler-
haftigkeit der mäüuiichen Aussagen im Vergleich zu den weibliehen
gebt natürlich auch bei Berechnung des Prozentsatzes der Feliler
deutlich hervor: er beträgt fUr die Angaben eines Herrn 30,7^,
fUr die einer Dame 2djbß^j oder bei Wcglassung der 26 nur Ziffern-«
1) 8. 148.
182
Arthur Wreadmer,
mäßigen Augabeu 2i)%. Eb« iid«> u eiug Bestätigung aber findet
(las Stern sehe Ergebiuä durch die Bericbtomethode, wie folgende
Tabelle zeigt:
Tabelle VI.
Primärer Bericht').
Fratten
1 MXniier
Angaben
Angaben
gemachte
falaehe
1 gemachte
liüMhe
Total
109
1 92
Bnidiseluüttlieli auf 1 PenoB
2,3
1 IM
1.7
SeknndXrar BertohtS).
Frauen j
Männer
Angaben
gemadite | liüaeh«
Angaben
gemachte | fttoehe
Total '! 68
DurchBchuittlich auf 1 i'erbtiu 17
ii
8
2
98
19,6
14
2^
Wie bei der Ftttftmgsmeihode maebten anob bier die Herren in
beiden Beliebten mebr Angaben und im TL Berfebt ancb mebr
Fehler als die Damen, während im I. Bericht die Fehler bei den
Dameu zulil reicher als bei den Herren sind. An diepem Verhalten
der Fehler ändert auch deren Prozentsatz ui( hts, der im I. Bericht
bei deu Herren 9,2^ und bei den Djiinen 12,65^, im II. Beriebt
bei jCQcu 14,3 )fe und bei diesen 11,8^ beträgt.
Bei diesen Ergebnissen ist jedoch zw berttoksichtigen, dafi von
den 7 Damen eine unmittelbar, eine andere nur 19 Stunden, zwei
7 Tage und nnr drei 17 Tage Tor der Frttfong daa Bild betracbtet
batten, ^rilhrend von den 5 Herren swei es 7 Tage, zwei 17 Tage
nnd euier 87] Monate vor der Prtlfnng geaeben batten, so dafi
aleo die Damen offenbar nnter günstigeren VerblUtnisBen ibre An^
gaben machten, wenn die Feblerzabl um so grIJBer wird, je längere
Zeit zwischen V(jr]ef;uü^ und Prllfun^ verstreicht*). Untersuchen
wir daraufhin die Ergebuiase unserer Prttfungsmetbadc, öü wurden
durcübchnittlicb Air eine Vp. abgegeben:
Ij Von 6 Damen nnd 6 Herren.
2) Von 4 Damen und 6 Herren.
3 Siehe oben ö. 174.
. j . : y Google
Zur Fiydiologi« der Anmge. Ig3
TabeUe VU.
Intamdl swiselien Von
Oemaohte
FaUwhe Angaben
legcmg und Piüfimg
Angaben
ftbeohit
Wenige Mointaii
ee (6^t)
10,5
16,8 W)
19 Stunden
68
81,6
40,6
7 Tage
68,6 {60,6)
16,3
84,4(85,8)
17 Tage
68^9 (66,5)
W,7
86,7 187Ä
8Vt Monate
46
16^
86^9
Sieht man von dem abnormen Verhalten der einen VerBncha^
person mit 19 Stunden Intervall ab, so zeigt sich, daß in der Tat
die Fehlensahl mit Kunehmender Zwiflchenxdt zwisehen Vorlegung
und Prüfung wächst Im GegensaUe zu unserem obigen Ergebnis,
das wir uüb der Betrachtung der beiden Berichte zueinander ge-
wannen (s. S. 174), zeigt sich hier auch eine Abnahme der An-
gaben mit zunehmender Zeit zwischen Vorlesruno: und Prüfung*).
Jedenfalls aber arbeiteten die Damen offenbar unter günstig^ereu
Verhältnissen alB die Herren.
1} Die dsgeUimnerlen Werte aiiKl unter Abnig der }M dfl^iaaiilßigen
Angaben gewoanen.
2) IHese laad aneb Stern im n* Beiieht gegenüber dem I Beliebt (a a 0.
S.81).
^ kj .1^ uy Google
EinfttUimgr innere Nachahmung, und Organ«
empfindungen.
Von
Theodor Lipps.
leh siele im folgenden anf die Einftlhlnng ttbetfaanpi Aber
ich rede ledigUeh von der EinfllMnng in beatimmte Gattungen von
Objekten, Bpeziell von der EinfttUnng in Bewegungen, Stelinngen,
Haltongen des Hensehen, des wirUicben oder des, etwa plastisob,
dargestellten; weiterhin ancb in Formen der Architektur.
Der Ssthetiflche Gennß ist das im einzelnen Falle so oder so,
hei jedem oencn ästhetischen Objekt imniei anders und anders,
gefärbte Gefühl der Freude oder der Lust, das ich angesichts
des RMthetinchen Objektes habe. Dabei ist das »ästbi'ti^i< !u' Objekt«
allemal ein Sinnliches, d. h. ein sinnlich Wahrgenommenes oder
Vorgestelltes; und es ist nur dies. Ich habe ein Lustgeftihl an-
gesichts eines schönen 0})jektes, dies heißt: Ich habe dasselbe
angesichts des sinnlich Wahlgenommenen oder VoigesteUten, als
welches mir das schöne Objekt nnmittelbar entgegentritt. Ich habe
es, indem ich dies betraohte, d. h. daianf achte, es apperzipiere.
Kar die sinnliche Erseheinnng des Ssthetischen Objektes, z. B.
des Knnstwerkes, wird aber in der Ssfhetischen Betrachtang »be-
trachtet t. Sie allein ist der »Gegenstand« des ästhetischen
Genusses; sie ist das Einzige, das mir dabei als etwas von mir
Untorscliiedenes »gegenUberstelits und anf das ich mich und mein
Lustgefühl »bezogen«: tinde. Indem ich mich darauf bezogen finde,
fühle ich mich zugleich Instgcstinimt oder erfreut, kurz genießend.
Kine ganz andere Frage, als die nach dem »Gegenstand«
des ästhetischen Genusses, ist die Frage nach dem Grunde des-
selben. So gewiß die sinnliche Erscheinung des schönen Ob-
jektes der Gegenstand des ästhetischen Genusses ist, so gewiß
ist sie nicht der Grnnd desselben. Sondern Gmnd des ttstheti'-
j y Google
186
Theodor Lippt,
sehen Genasses bin ich, oder ist das Ich, nämlich genau dasselbe
Ich, dns ich »angeBichts« des üe^eastaDdes, oder ihm »gegenüber«
lostgestimmt oder erfreut flihle.
Damit ist zunächst gesagt, daß ich mich nicht nur Instgestimmt
oder erireat, eondem gleichzeitig^ auch anders bestimmt fttblen
kann. Daran aber iBt kein Zweifel leb ftthle mich anter an-
derem strebend oder wollend, mieb anstrengend oder bemtlbend,
leb ftlble mieb ra solcber Anstrengnng oder Bemttbnng Henunmaaen
ttandbaltend oder Bio ttberwindend, vieUeiebt aneb ibnen naeh-
gebend, leb fbble mieb ein Ziel erreiobend oder itable mein Streben
oder Wollen sieb befriedigend, Mle die Bemttbnng gelingend.
Ich fühle mit einem Worte ein mannigfaches »inneres Ton«.
Und ich fühle mich in üllom dem kraft\üll, leicht, sicher, ela-
stisch, vielleicht Btolz u. dergl.
Und eine solche Weise nun, mich zn fUhlen, ist jederzeit der
Grand des ästhetischen Ocnusscs.
Dieser Grund steht, wie man sieht, eigentümlich in der Mitte
swischen dem »Gegenstand« des ästhetischen Genusses und diesem
selbst. Betonen wir erst dies: Die soeben bezeichneten Geflihle
haben niobt ebenso, wie der Genuß, das scbttne Objekt anm Gegen-
stand, lob ftlble mieb in der fiatbetiBcben Betrachtung des scbttnen
Objektes etwa kraftvoll tiitig, oder frei, oder stok. Dann ftlUe
icb mieb nicbt kraftrott tfttig eto. angesiebts des Ol^ektes oder
ibm gegenüber. Sondern ieb fttble mieb so in ibm.
Ebenso wenig aber ist dies GefUbl der Tätigkeit Gegenstand
des Genusses d. h. der Lust am schönen Objekt. So gewiß ich
Lust ftihle angesichts des sinnlichen Gegenstandes, den ich als
schön bezeichne, so gewiß fühle ich nicht Lust an dem erlebten
Tun, der Kraft usw. oder angesichts des Tuns, der Kraft usw.
Dies Tun ist nicbt gegenständlich. P>s ist nicht etwas, das mir
gegenübersteht So wie ich mich niclit tätig fühle gegenüber dem
Objekt, sondern in dem Objekt, so ftlhle ich nicht Lust gegen-
ttber dem Tun, sondern in ibm. leb flllile mieb in ihm gltteklicb
oder beglückt
Qewifi kann mir mein eigenes Tun gegenstftndlieb werden,
nSmlicb wenn es nicbt mehr mein gegenwärtiges Ton ist, sondern
icb es rttckBcbanend betrachte. Dann ist es eben nicbt mehr
erlebt, sondern nur vorgestellt. Und damit ist es gegenstind-
lieh. Und nun kuun tiies vorgestellte Tuu oder allgemeiner dies
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Einfllblong» innere Nachahmong, und Organempfindangen. 187
Torgestellte Ich avcb Gegenstand meiner Lust sein. Indessen da-
von ist hier keine Rede. Es handelt sich in diesem Zusammen-
hang; einzig um das erlebte Tun. Es handelt sich ebenso einzig
um das erlebte fTeliugen, die erlel»te Kraft, Freiheit usw.
Das Wort >Gei;rnstand« der Lust ist hier völlig scharf ge-
nommen. Vielleicht nimmt man es weniger scharf. Vielleicht
nennt man «Gegenstand« der Lust das, > woran« ich Freude
habe, und versteht nuter diesem das, worauf die Lost h exogen,
nnd was zngieicb Grund der Lust ist.
Dann kann auf die Frage nach dem Gegenstand der istheti*
sehen Lnst in doppelter Weise gesntwortet werden. Einmal kann
man sagen: Die ftsthetisehe Lnst hat gar keinen Gegenstand. Der
Isdietisehe Gennfi ist nicht gcgenstftndlicher Gennfi, sondern Selbst-
gennB. Er ist unmittelbares Selbstwertgeftthl. Dies aber ist kein
auf einen Oegienstand bezogenes Gefühl. Vielmehr besteht seine
Kigetiiirt cbeu darin, daß in ihm keine Scheidung stattfindet zwi-
sehen dem erfreuten Ich, nnd dem, woran ich Frende habe; dali
iu ihm dies beides ein und dasselbe uumittelliar erlebte U-h ist.
Andererseits aber kann man darauf hinweisen, daß doch im
ästhetischen Genoß dies SelbstwertgefUhl objektiviert sei. Ich
fHiüe mich, wenn ich die kraftvoll, stolz, frei vor mir stehende
mensehüche Gestalt betraehtei mcht iuraftroU, stolz, frei, Über-
haupt, oder an meiner Stelle, in meinem KOrper, auf meine
Kotten, sondern loh fWe mieh so in der betrachteten Ge-
stalt, nnd nnr in ihr.
Und demgemftß kann ich nnn doch auch sagen: Der MsthetiBehe
OenvB hat einen Gegenstand ui dem hier roraosgesetzten Sinne,
d. h. CT hat einen Gegenstand, der zugleich Grund desselben ist.
Ich kann diesen Gegenstaud s^o^^ir doppelt bezeichnen. Einmal:
Der fragliche Gegenstand ist das kraftvolle, stolze, freie Ich; aber
nicht als solches, s(mdem, sofern es objektiviert, d. h. an das sinn-
lich Wahrgenommeue, die gesehene Gestalt, gebunden ist. Und
zum anderen: Der Gegenstand des ästhetischen Genusses ist dies
sinnlich Wahrgenommene, diese gesehene Gestalt; aber nicht als
solche, sondern sofern ich darin mich, dies kraftvolle, stolze, freie
leh finde, fthle, erlebe.
Damit ist die spezifische Eigenart des ästhetischen Gennsses
bezeichnet Sie besteht darin, dafi dieser Genuß Gennfi ist eines
GegaiBtandes, der doch, eben sofern er Gegenstand des Gennsses
13*
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Theodor Lipps,
ist, nicht Gegenstand vbH, sondern icli; oder, daß er Gennß ist des
Ich, das doch, sofern ea ästhetisch genossen wird, nicht »leh«
ist, sondern gegenständlich.
Dies alles nun liegt im Begriffe der »Einftlhlun^^. Vielmehr
es macht den Silin dieses Begriffes aus. Die Kiüiuhiung int die hier
bezeichnete Tatsache, daß der Gegenstand Ich ist, und ebendamit
das Ich (xcgenstaTid. Sie it^t die Tatsache, daß der Oeg-ensat?.
zwischen mir und dem (Te^eastaud verschwindet, oder, richtiger
gesagt, noch nicht besteht
Wie ist diese EinfUhlnng möglich? Die Beantwortang dieser
Frage setzt die ToUe Klarheit Uber den absoloten Gegensatz swi-
flciien Empfindongsinhalten emerseits, und nnmittelbor erlebten leh-
qnalitäten oder Gefllhlen andererseits, vorans. Dieser Gegensatz
Boll aber hier nnr nach einer Seite betrachtet werden.
leh empfinde eine Farbe. Diese Farbe gehdrt einem sinnlich
wahrgenommenen Gegenstand an. Oder ich empfinde Hanger und
Durst. Diene Empfindungsinhalte gehören meinem Körper au. Sie
werden enipliuidcu nU IJestinimtlieiteu dieses siuulieh wahrgenom-
menen Dinges, als ein Bestandteil desselben.
Anders das Tun oder die Tätigkeit, das Streben, sich Bemlilu is,
Gelingen, das ich fühle. Diese gehören dem Ich an, \ielmehr sie
sind dasselbe, oder konstltaieren es: Ich t^hle mich tätig. Sie
gehören schlechterdmgs zu keinem sinnlich wahrgenommenen oder
Torgestellten, korz zn keinem gegenständlichen Objekt.
Ebendeswegen aber können diese Ichqnalitäten zu jedem
sinnlichen Objekte gehören. Sie gehören, nnd es gehört mit ihnen
das Ich, oder es. gehört das loh, und es gehören mit ihm diese
Bestimmtlieiten desselben, jedesmal denjenigen Objekte an, in
dessen Betrachtung ich mich nnd diese Bestimmtheiten des Ich
fllhle, und zugleich unmittelbar an dies Objekt gebunden finde.
Diesen Sachverhalt, und damit den Sinn der Eiuftlhlnng, bestim*
men wir Jibcr etwas jrenauer.
leb strecke meinen Arm aus oder halte meinen Arm ausire-
streckt. Dabei flilile ieh mich tiltiir, d. h. ieli tlilile micli strei)eud,
mich ])einiiliend und fühle mein Streben gelingend oder sieb be-
friedigend.
Hier kann ich sagen: Ich fühle mieh tiitig, strebend, mich be-
mühend, das Ziel erreichend, in mehiem Arm. Aber diese Tätig-
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EilifflUaiig, innere Nacbalimung/nnd Orgtnempfindiuigen. 189
keit geschieht nicht in vollem Sinuc im Arme, d. h. sie ist uiebt
au die Betrachtung des Arino^ oder au deu betrachteten Arm
gebunden. Sondern sie ist ^itianden an meine Laone, wenn
ich ans Laune, an meine Zweeksetzang, wenn ieh um irgend eines
Zweckes willen den Arm strecke. Und die Lume oder die Zweck-
seteong ist etwis Ton meiner Betrsohtnng des Armes, oder tou mir,
der, oder sofern ich in dem Arm betrachtend bin, Verscfaiedenes.
Sie gehört meiner außerhalb des betraehtenden loh stehenden, oder
gehört meiner »realen« Persönlichkeit an.
Damit nnn ist zugleich gesagt, daß in diesem Falle mein Tun
nicht im vollen Sinne dem ausgestreckten Arm »zuj^ehürt«, Eö ist
in gewisser Weise, aber nicht Usthetisch, in ihn eingefühlt.
Jetzt ünderu wir die Situation. Mein Arm sei eine Zeitlang
frei aiisfj-estreekt. Daun fühle ieli ein Streben, einen Antrieb, eine
»Nötigung«^ ihn sinken zu lassen. Dies Streben stammt au:^ dem
Ann. Ich fllhle es als aus ihm oder seiner gestreckten Lage her-
kommend. £s liegt also darin, oder liegt darin begründet Auch
hier ist das Streben mein Streben. Aber eben dies mein Streben
f^hle ich ün Arm. Ich sage dämm auch: Der Arm strebt herab.
Und sinkt der Arm, dann verwirkUoht sich dies Streben des
Armes. Das Sinken ist also seine TKtigkett.
Komplizieren wir hier die Bedingungen: Auf der ausgestreckten
Hand liegt ein Stein. Jetzt fühle ich das Streben — das auch
hier »mein« Streben bleibt — als herkommend von dem Druck
des Steines oder dem Stein, der diesen Druck ausübt. Demgemäß
sage ieh jetzt: Der Stein strebt. Und fällt er, so ist dies Fallen
eine eigene Täti^^keit des Steinrs. Er lallt aus eijrner Kraft«.
Mit diesen beiden Fällen nun sind wir der ästhetischen Kin-
fiihlun<r näher gerückt Aber wir sind noch uieht bei ihr ange-
langt. Bleiben wir speziell beim ersten Falle. Auch hier ist mein
Streben nicht durchweg Sache des Armes. Ich kann nicht sagen:
Indem idi den Arm and seine gestreckte Lage betrachte, ergibt
sich für mein Bewufttsein, einsig daraus, das Streben. Sondern
dasselbe stammt auch wiedenim aus etwas Tellig Anderem, näm-
lich aus der Art, wie mich die dauernde Streckung des Armes al&-
ziert, aus meinem Oeflihi der Unbequemlichkeit. Und dies ist
wiederum ein vom betrachteten Olyekt und dem betraehtenden
leb verschiedenes Moment. Das Strelien ist, soweit es daraus
stammt, nicht sowohl im Arm begründet als in mir motiviert
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190
Theodor Lipps»
Es ist nicht mein Streben im Ann, sonden mein Streben ange-
sichts des Armes, oder mein auf den Arm von außen her gerich-
teteb Strt'ben.
Und gl« i< tiaitiges gilt von dem Streben des Steines.
Nnnmebr aber enetie loh den eigenen Arm durch den Arm
eines Anderen. leb sehe einen fremden Arm geetreokt Die Art
der Streckung habe etwas (Uhlbar Freies, Leichtes, Sieheres,
Stolxes. Oder reden idr allgemeiner. Ich sehe einen Menschen
kraftrolle, leiehte, freie, vielleicht ktthne Bewegungen iigend-
wetcher Art ansftihren. Dieselben seien Gegenstand meiner vollen
A u 1 "m e r k SU m k e it.
Jetzt fühle ich wiederum ein btre(>tMi, \ m\ icti verwirklirlx'
vielleicht dies Streben. Ich ahme die I^ewegimgen nach. Dann
fühle ich mich tätig. Ich fUhlc die ßemUhnng, das Standhalten
den Hindernissen gegenüber, die Uberwindong, das Gelingen. Ich
(Uhle dies alles wirklich. Ich stelle mir nicht etwa bloB der-
gleichen vor.
Dabei sind aber wiederum zwei MSgliehkeiten. Die Nach-
uhmnng kann einmal eine willkürliche sein: Ich mOehte viel-
leicht auch das Gefühl der Freiheit, der Sicherheit, des Stolzes
haben, das der Andere hat.
in diesem Falle habe ich mich von der Hsthetisclien Einfühlung
wiederum weit entfernt, l'nmittelbarer Gmnd meines Strebens und
Tuns hier nicht die gesehene Bewegung, sondern dieser Wunsch.
Und auch dieser Wansch ist wiederam etwas außerhalb des ge-
sehenen Armes und des bloß betrachtenden Ich Stehendes.
Knn nehmen wir aber endlich an, die Nachahmung sei eine
unwillkürliche. Dies wird sie um so mehr sein, je mehr ich
betrachtend der gesehenen He\Yeirunir hinireirebeu bin. Und um-
gekehrt, je mehr die Naehalinnni;r unwillkiirliili presehielit. desto
mehr bin ich betrachtend ^raiiz in der sre-^eliencii Bewe^uu^. Bin
ich nun aber der Betraehtunj^ der lieweguug vüUi^^ hincregeben, so
bin ich eben dnntit v illi^ dem entrückt, was ich tue, d. h. den
Bewegungen, die ich tatsächlich ausführe, den Vorgängen in und
an meinem EOrper; ich weiß nichts mehr von dieser meiner
äußeren Nachahmung.
Dabei bleibt doch das Streben und Tun ftr mein Bewußtsein
bestehen; es bleibt das Geftihl des Strebens, der Bcmtthung, der
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Einfdlilaiig, niiion Nacbalimviig, und Oi!gtiieiiii>fiiidiiiig«ii. 191
inneren Arbeit, des rielingens. Es bleibt das Bewußtsein der
»iauereu ^achahmang«.
Diese innere Nachahmnsg geBcliieht nun aber für mein Be-
wuBtBein einzig in dem gesehenen Objekt Das Gefühl des Stre*
benfl» der Bemttbung, des GellngenB, ist filr mein Bewofitsein nieht
mehr an meine Bewegvng, sondern lediglich an die objektive,
d. b. die Ton mir gesehene Bewegong, oder an den KOrper, an
dem ich sie wahrnehme, gebmiden.
Dies genUgt aber nicht Mein inneres Tun ist bei dieser Nach-
ahmung in einem doppelten Sinne ausschließlich an das gesehene
Objekt ^ehuiiden. Einmal; — Das Tun. das ich fühle, erlebe ich
als ganz uud gar stuniuicnd aus der Betrachtnnp: der gesehenen
Bewegung. Es knüpft sich daran unmittelbar und mit Notwendig-
keit : und eö knüpft sich einzig daran.
Uud zum Anderen: — Es hat zum Gegenstand nicht meine
▼on der gesehenen verschiedene, sondern einzig diese gesehene
Bewegung. Ich fühle mich tätig in dieser Bewegung oder der
Gestalt» welche die Bewegung roUbringt, nnd lUhle mich in ihr
eben diese Bewegnng erstrebend und ToUbringend. Das Letztere
kann nieht anders seiui da es ja nnter der gemachten Voraus-
setzung fUr mein Bewußtsein eine andere als die gesehene Be-
wegung gar nicht giht.
Mit einem Worte, ieh bin jetzt mit meinem Gefühl der Tätig-
keit ganz und gar in der sich bewegenden Gestalt. Ich bin auch
räumlich, soweit xm einer Räumlichkeit des Ich die Rede sein
kann, an ihrer Stelle. Ich bin in sie hinein virttetzi leb bin, •
tür mein Bewußtsein nämlich, ganz uud gar mit ihr identisch.
Indem ich so in der geseheneu Gestalt mich tätig fühle, fühle
ich mich zugleich in ihr frei, leicht, stolz. Dies ist HsthetiBche
Nachahmnng. Und diese ist sogleich ästhetische Eiufhhliing.
Hierbei liegt aUer Nachdnick anf der fVir mein Bewußtsein be-
stehenden »Identität«. Diese maß abaolnt streng genommen werden.
In der wülkllrliehen Nachahmung sehe ich einerseits die Be-
wegung, und weiß Ton der Art» wie derjenige, der sie ausfllhrt,
sich darin flihlt Ich habe ron dem Tun, das der Andere fühlt,
uud der Freiheit, dem Stolz, eine Vorstcilun^'. Andererseits
erlebe ieh meine Bewegung und fühle mein iuu uud meine
Freiheit, meinen Stolz usw.
192 1 btiodor Lippe,
Dagegen ist in der ftBthe tischen Naehahnrang dieser Gegen-
satB absolut an^elioben. Beides ist scUeohterdings Eines. Jene
blofie Yorstellnng besteht nieht mehr; mein tatriLchliches Fuhlen
ist an die Stelle desselben getreten. Eben dadurch geachieht
es, daB ich mich in der fremden Bewegung diese Bewegung
vollbringend fUhle.
^lit dieser » ästhetische u iS achahnrnn^r« scheint ein Sachverhalt ge-
gebcu, iiualog demjenig'en, der hei der nicht nachalmienden eigenen
Bewegung vorlie^'t. Der Unters( Ini »i scheint nur der, daß ich jetzt
das Bewußtsein habe, ich erlebe und vollbringe eine Bewcgnng,
die tatsächlich, und fUr die nachfolgende Keflezion, Bewegung eines
Anderen ist.
Aber hierbei wäre der wesentlichste Unterschied übersehen. In
beiden Füllen ist mein inneres Tun — mein Streben und Voll- '
biingen, d. h. die erlebte Befriedigung des Strebeos — mein Tnn.
Aber es ist nieht in beiden Hillen das Tun desselben Ich. Es
ist dort, bei der nicht nachahmenden Bewegung, das Tnn meines
realen Ich, d. h. meiner GesamtperaOnliohkeit, so wie sie jetzt
tatsächlich geartet ist, mit ihren Empfindungen, Vorstellungen, Ge-
danken, Golliblen, vor allem mit dem Motiv oder inneren Anlaß,
aus welchem die Bewegung hervorgeht
Dagegen ist in der ästlietiscben Nachahmung dax Ich ein ideelles.
Dieser Ausdruck ist mißverstilndlicli. Auch dies >ideelle« Ich ist
real. Aber es ist nicht das reale praktische ich. Es ist das
betrachtende, und in der Betrachtung des Objektes weilende und
ansehende Ich. Es ist also ein ideelles Ich, nicht an sich oder
seiner Beschaffenheit nach, sondern hinsichtlich seiner Betätigung.
Es ist ein Ich, das nieht su irgend etwas in realen Besiehnngen
steht, sondern das in dieser ideellen Besiehnng, der Betrachtung
des nachgeahmten Direktes, aufgeht
Und diesem ideellen, d. h. diesem betrachtenden Ich eignet in
der ästhetischen Nachahmung das Tun: Indem Ich mich in dem
Objekte betrachtend finde, fühle ich mich, dies betrachtende Ich,
tätig, strebend, sieli bemühend, das Erstrebte vollbringend.
Und wie das betraclitcmle Ich, so sind auch diese seine Be-
stimnmn^'eu real. Mau kann das Tun, wenn mau \vill, ein »ge-
dankliches« nennen. Dann hüte man Bich doch, dies gedankliche
Tnn mit einem nur gedachten oder nur vorgestellten zu ver-
wechseki.
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Einfühlung, innere Nachahmong, and Organempfindnngen. 193
Ich stelle mir die« Tun BO wenig bloß tot, als ich mir mein
Betrachten nur TOistelle. Es ist ein gedanklicheB Ton nicht im
Gegensatx mm realen, sondern zum praktischen Ton.
Die ästhetische Nachahmung war im Vorstehenden noch ge-
dacht als eine nicht nur innere, sonderu zugleich äußere: Ich
vollziehe die gesehene Bewegung tatsächlich. Es kann aber auch
dieser äußere VuÜzug der Bewegungen unterbleiben.
Daftlr gibt es allerlei Gründe, z. B. die Rtleksicht auf den
Anstand. Vor allem aber wirkt der Ausillhnmg der Bewegungen
die praktische Sinn- und Zwecklos^keit, eTcnt. aneh die tatsäch-
liche Unaosfllhrbarkeit derselhen entgegen.
Ich betrachte etwa einen Tanz» der auf der Btthne getanzt
wird, von meinem im Zuschauerraum befindlichen Sitze aus. Dann
ist es einesteils unmüglieh, duß ich mittanze, zum anderen will
ich jetzt f;ar nicht tanzen; ich bin innerlich nicht darauf eingestellt.
Meine ge^laTnte tntsächliche, Slußere und innere Verfassung läßt
meine kürperiichen Bewegungen nicht zu stände kommen. Damit
ist doch das innere Tun, das Streben and das sich Befriedigen
desselben in der Betrachtung der gesehenen Bewegnngen nicht
an%ehoben.
Jedes Streben ist freilich seiner Natur nach em Streben nach
Verwirklidrang des Erstrebten. Aber diese Yerwirklichnng fehlt
ja hier nicht Ich erlebe die tatsächliche Bewegung. Ich sehe
sie vor mir. Freilich nicht als meine eigene. Aber dies ist eben
das Besondere der ästhetischen Nachahmung, daß dabei die fremde
Bewegung an die Stelle der eigenen tritt.
Hierzu nun kann mau sagen. Die Verwirklichung deg auf
eine körperliche Bewegung gerichteten Stiebens bestehe doch nicht
im Haben eines Gesiohtsbildes der Bewegung, sondern sie bestehe
zunächst im Erleben von kinästhetischen Empfindungen, nämlich
der Empfindungen Ton Muskelspannungen, Gelenkr^bungwi nsw.,
wie sie er&hmngsgemSfi bei der Bewegung anitreten.
Diese Bemerkung beantworte ich durch eine Ergänzung oder
genauere Bestimmung des bisher Gresagten.
Worin ein Streben sich befriedige, dies hiingt allemal davon
ab, was eigentlich bei dem Streben das Erstrebte ist.
Bewegungen meines EOipers nun pfl^ ich nicht um ihrer
194
Theodor Lipps,
selbst willen zu wollen oder zn erstreben. Sie sind Mittel zum
Zweck. Dieser Zweck aber kann ein verschiedeuer sein.
Er kann einmal ein äußerer Zweck sein. Ich will etwa diircU
die Bewegungen mir ein körperliches Wdhl^'cflihl verschaffen,
oder ich wül mich zur Schaa Btellen. Der Zweck einer Bewegung
kann aber auoh ein rein iimeier sein: Was ich erstrebe, ist die
innere Bewegung, die Selbstbetiltignng, eine gesamte psychische
ZnstibidUehkeit oder Weise des psychischen Lebensablanfes,
nämfich diejenige innere Bewegung , die Selbstbetätignng usw.
die ich in der freien, eigentStigen AosAdining der Bewegung er-
lebe oder erleben würde. Hierbei liegt wiederum das Gewicht
auf der Unterßcheidung der Selbstbetätigung einerseits, und der
körperlichen oder peripherischeu Vurj^^änge, in welchen die Be-
we^ruuf; äußerlich betrachtet besteht, andererseits. Jener Sujibst-
betätiguug werde icli inne in dem Tätigkeitsgefllhl, dieser
peripherischen Erlebnisse iu Empfindunj^en . insbesondere in
den kinästhetischeu Empfindungen. Und diese beiden Arten von
Ergebnissen sind nicht nur Terscbieden, sondern unvergleichbar, ja
das Unvergleichbarste von der Welt.
In meiner eigenen freien Ansfbbnmg einer Bewegung nnn sind
diese beiden Momente, die im GefUhl sieb kundgebende innere
T&tigkelt, die Selbstbetiltigung, einerseits, und das peripherische
Erlebnis andererseits, mitemander verbunden. Vielmehr, das Statt-
finden der peripherischen Erlebnisse, genauer die Empfindung, die
ich daron gewinne, ist die Bedingung dafllr, daß mir das ganz andera
geartete innere ErlebuiS} die Selbstbetätigung^, zu teil wird.
Aber diese j)eripherischeu Erlebnisse sind nidit eine unerläß-
liche Bedinfciin«? der Selbstbetätigung und den Getlihles derselben.
Es gilt hier der allgemcino Satz: Jede Weise der Selbstbetätigung:,
jede Weise des inneren Verhaltens Uberhaupt, kann, nachdem sie
einmal sich vollzogen hat, unabhängig von den äußeren Be-
dingungen, unter denen sie nrsprUnglieb sich vollzog, wiederum
sieb ToUsdeben. Zunächst in der bloBen Vorstellnng, also als repro-
duktiver Vorgang, dann aber auch ui Gestalt des rollen tatsSeh-
lichen Erlebens.
Und daOlr bestehen drei Möglichkeiten, Einmal: Ich Icann die
Weise der Selbstbefötiguug nicht blos vorstellen, sondern erleben
in meinen Gedanken oder in der blofien Phantasie. Ich tue
etwa eine kühne Tat iu meiner Phantasie. D. h. nicht: Ich stelle mir
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Einfliblmig, innere Nacbahmiing, nnd Organempfindnngen. 195
die Tat TOr oder phantasiere, daß ich sie tue; Bondern lob
tue sie, aber so, duL dasjenige, was ich tue, d. h. das äußere Ge-
sehehen, auf welches mein inneres Tnn, mein Wollen, meine innere
Bemühung, mein Ueberlegen, Wählen, EutBclieidcu usw. sieh bezieht
oder grerichtet ist, ein bloßer Phantasie^egenstniid bleibt. Ich wüte
ein andermal innerlich, arbeite mich ab gegen eine vorgestellte Be-
leidigung, nnd bin befriedigt, wenn ich in meiner Phantasie der
Beleidigung so begegnet bin, wie sie es nach meinem Gefllhl verdient
Die zweite Möglichkeit ist die: An die Stelle des ttnfieien
Geschehens, worauf mein inneres Tun gerichtet ist, tritt ein Surrogat
oder ein Symbol Eine äußere Handlung wird in der Phantasie
umgestaltet. Und in dieser phantastisoh umgestalteten äußeren
Handlung befriedigt sieh der innere Tätigkeitsdrang. Dergleiohen
^'eschieht, wie man weiß z. B. beim kindliehen Spiel Das Khid
plant verwegene Taten, und fuhrt sie in Symbolen aus, und hat das
volle Gefühl seines Tuns und des Gelingens, das Gefühl der Kraft
und des Stolzen, obgleich, was es äußerlich geleistet hat dazu
wenig Anlaß ^'ibt. Es hat eben innerlich mehr geleistet, nämlich
alles das, was seine Phantasie zu den Symbolen hinzugefügt hat.
Und endlich die dritte Möglichkeit: Diese liegt vor in jeuer
ästhetischen Nachahmung.
In der Natur dieser Naehahmnng ror allem liegt es, daß sie
hinzielt auf die Selbstbetätigung. Sie hat im instinktiTen
Drang der Selbstbetätigung ihren letzten Grund.
Zugleich aber liegt es in der Natur des Triebes zu solcher
Nachahmung, dafi in ihr das Streben nach Selbstbetätigung sich
befriedigen kann in der Wahrnehmung ^n der Bewegung, die
das Xachahnuingsstreben auslöst.
Und da es so ist, so bedari diesJ Streben keiner weiteren
Refriedignnp:. Es bedarf insbesondere nicht mehr der Befriedigung
durch die im eigenen Kür})er geschehenden peripherir^chen Erlebnisse.
Die Betrachtung der gesehenen Bewes-ung weckt die Tendenz der
entsprechenden Selbstbetätigung, der entsprechenden d. h. der-
jenigen, die an die Ausführung einer solchen Bewegung bei mir
gebunden wäre. Und diese Tendenz yerwirkücht sich zu-
gleich in dieser Betrachtung.
Dies tut sie umso sicherer, je mehr ich in der Betrachtung ganz
aufgehe. Dies »Aufgehen« macht jene Tendenz frei oder beseitigt
in mir die Hindemisse ihrer Verwirklichung. Jede »Tendenz«
196 Theodor LIppi,
aber verwirklicht sich, wenn die HiudeniisHo ihrer Verwirklicbang
beseitigt sind, wenn, positiv grcsafrt, die Tendenz frei, d.h. mch
selbst ttberlasseu bleibt Dies ist eben der Siau der »Tendenz«.
DazQ iitdooh noch folgendet hinznznftl^cTi. In derWahmehmiuig
der fremden Bewegung, sage ieh, wird die Tendenz der »entspre-
chenden« SelbBtbet&tigiing geweckt mid befnedigi Und dämm
bedarf es der Befriedigiuig durch die peripherischen Erlebnisse
nicht mehr.
Damit sind, wie man sieht, zwei mögliche Wege der Be-
friedigung jener Tendenz einander gegentlbergestellt, der Weg
der rein innerlichen, kurz gesagt der »immanent« psychischen
Befriedig: iiu^' einerseits, und der durch die küri>erlichen Erlebnisse
hiudurcligehende Weg andrerseitsi. Die letztere Weise der Be-
friedi^'un;,' kJhinen wir als die niotorit^che bezeichnen.
Diese motorische Befriedigung nun geschieht nicht, soweit die
imnutnente nicht nur geschieht, sondern zugleich eine vollkom-
mene nnd vollkommen ungehemmte ist. Umgekehrt, sie geschieht
oder wild erstrebt, in dem Maße als die immanente gehemmt ist!
Die Bewegung geht den motorischen Weg« wenn sie nicht ohne
Hemmting rein psychisch sich yolkiehen kann. Die Spannung ent-
lädt sich nach dem KOrper sa, wenn sie nicht psychisch sich völ-
lig frei entladen kann.
Hiermit ist eine allerallgemeinste psychische .Tatsache be-
zeichnet: Motorische Vorgänge sind ein Ausweg, den die psychische
Be^^c^ulig umiint, wenn sie nicht frei in sich selbst sich vollenden,
d. h. öü ablaufen und den Krfolfr haben kann, auf den sie ihrer
Natur nach abzielt. So entstellt das Handeln.
Ks bestehen aber in nn<^creni Falle, d. h. bei der Jisthetisrlion
Nachahmung [gesehener Bewegungen drei Möglichkeiten, wie, in
der Konkurrenz jener beiden £ntladnn<rHwege, die Entladung
znp:leich auf dem motorischen Wep:c sich vollziehen kann. Einmal:
£s ist in einem Individnam seiner Natur snfolge ein Überschuß
des TfttigkeitstriebeB. Oder sweitens: Das Individuum ist spezifisch
motorisch angelegt Es ist in ihm der mototiache Weg ein be-
sonders gangbarer. Diese beiden Möglichkeiten nun interessieren uns
hier nicht weiter. Dagegen interessiert uns die dritte Möglichkeit:
Indem Ich in der Wahrnehmung und Betrachtung der fremden
Bewegung die innere Tätigkeit oder die Selbstbetätigung, die darin
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Einfllhlong, innare Nftehahmiingf mid OiKmempfindmigeiL 197
lieg:t, erlebe, erlebe icb zii'^leich dir »Arbeit«, die damit ^^eleistet,
d. h. die Hemmuugen, die dabei Uber wanden werden. Ich erlebe
sie als Hemmungen meiner Selbstbetätigung oder der inneren Be-
friedigiing des Strebens nach der Selbstbetätigung. Und damit
ist nim ein Grund gegeben fUr den motoiifiehen Ausweg.
Hier d^e ioh znnJiehst an folgende Tatsache: Sehe ich
eine Bewegung einea Andern auf Hemmungen atofien, sehe ich
ihn sieh ahmUhen, dann vor aüem bin ich in Vennehung, meinerseitu
eigene Bewegungen aumfllhren. Ich verspttre den Trieb, durch
eigene körperliche Anstrengungen sozusagen nachzuhelfen.
Nun leistet aber jede Tätigkeit Arbeit. Bei jeder Tätigkeit
gibt CB zu überwiudeiide Hemmungen. IJud undererseitö liegt in
jeder gesehenen Bewegung llirmieh mehr oder weniger Tätig keit.
Es ist also durch jede Bewegung, die ich sehe, ein Aiilaü gegeben
zum >Nachbelfen«. Da ich immerhin die Bewegung sich vollziehen
sehe, also mein Tätigkeitstrieb innerlich sich befriedigt, so ist
dieser Anlaß kein Grund zur eigenen Ausführung der Bewegung.
Aber er ist ein Grund zu einem Bewegnngsansatz, zu einer Spannung
der Muskeln, nümlich au der Spannung, wie sie zur eigenen Über-
windung des HemmniBBes erforderlich wftie.
Hier nun sind wir angelangt bei den Muskelspannnngtti, auf
die man bei der lein inneren Nachahmung so yiel Gewicht gelegt
hat In der Tat werden bei Betrachtung von Bewegungen Anderer,
und zwar in dem Maße, als ioh ihnen betrachtend hingegeben bin,
uud zugleich in dem Maße als darin «Arbeit« liegt, solche
Spannunsren in meinen Muskeln nie fehlen. Sie werden eintreten
aus dem bezeichneten Grunde. Dabei sind unter den »Bewegungen«
nicht nur die jetzt vor meinen Augen sich vollziehenden Be-
wegungen, sondern auch die Stellungen und Haltungen verstanden.
Und hinzugeHigt kann werden, daß sohshe Spannungen nicht nur
bei Betrachtung von Bewegungen eines menschlichen Körpers,
sondern ebensowohl bei Betrachtung sonstiger Bewegungen, und
weiterhin hei Betrachtung aller möglichen Formen, insbesondere
etwa architektonischer Formen, sich einstellen oder einstellen kOnnen.
Was nun bedeute^ diese Spannungen oder, allgemeiner gesagt,
diese Organempfindungen, flir die Einfühlung? Welche Bedeutung
haben sie illr den ästlietiseheu Genuß, der uichts ist ab Genuß
des eingefUhlten Selbst, d. h. der eingefUhlten Selbstbetätigung?
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198
Theodor Lippe,
Meine Antwort anf diese Frage lautet: Sie haben daiHr ganz
and gar keine Bedentang. Um im folgenden für die Mar in Bede
stehenden Spannnngen einen kurzen Namen m haben, bezeiehne
Ich sie als induzierte Spannuigen. »Induzierte Spannungen« sind
also solehe, die in der ästhetisehen Betiachtung eines Objektes and
anf Grund dieser Betrachtung sieh ergeben.
Die Theorie, die Bolchen Spannuu^^äempfiüduugeu eine ästhetische
Bedeutung beimiÜt, kann dreierlei meinen.
Die erst« Möglichkeit ist diese: Man befreht die unglückseligste
Verwechislnnir, die einem Psvcholoiren lieiregueu kann, nämlich die
Verwecb8lun«i: dieser Spannungsomptiudungen mit dem Gefühl der
Tätigkeit^ dem GefUhl des Strebens, des sich Bemühens, der An-
strengung oder »Anspannung« des Willens, des Widerstandes oder
Standhaltens, des Kraftaufwandes, endlieh des Gelingens oder der
Beiriedigung des Strebens. Man verweehselt das Empfindunga-
erlebnJs der Spannung in den Muskeln, d. h. den eigentttmliehen,
nieht nüher besohrdbbaien, in denMuskeln lokalisierten £mpfindunga*
Inhalt, — den wir als »Spannung« zu bezeiehnen pflegen, weil
derselbe einem Wollen oder einer Willensanspannung sein Dasein
zu verdanken und demgemlB yon einem Geftthl der Spannung:
nämlich der Anspannung des Wullens begleitet zu aein pflegt, —
mit diesem GefUhl. Man unterliegt der Begriffsverwirrung, welcher
derjenige unterliegen würde, der den Durst nach Rache mit einem
frischen Trunk löHchen, oder der die Wärme der Anteil nubme nach
Celsius bestimmen wollte. Man redet in allem Ernst von einem
kdrperliohen >E[raftsinn« u. dgl.
Die zweite Möglichkeit ist die : Man begeht jene Yerwechslnng
nieht, sondern scheidet das GeAlhl der Tätigkeit yon den körper-
lieben Empfindungsinhalten, bült aber jene »induzierten« Spannungs-
empfindungen ihr eine besonders erfreuliehe Saehe, und meint,
die Lust, die mir daraus entstehe, sei entweder nut der Lust an
dem sehOnen Otjekte identisob, oder sie trage doch dazu Er-
kleckliches bei.
Die dritte Anschanong endlich begeht eine womöglich noch
üblere Verwechslung als die erste. Sie läßt die Lust an dem
schönen Objekte nicht auf den fraglichen Organemjjliiidnngen be-
ruhen, sondern dadurch ganz oder teilweise konstituiert sein.
Der ästhetische Genuß, so ist die Meinung, besteht ganz oder
teilweise im Haben von Organempfindongen \ die Lust am ästhetischen
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EinfflhtBug, innere Nadiabniniif^, und Qigananpfindangen. 199
Objekte ist ganz oder teilweise ein Komplex Ton solchen Kmptin-
dangen.
Hier darf ich wohl hinzufügen: Diese dritte Meinung hftt im
Grunde niemand. Aber sie liegt in mancherlei Wendungen, wenn
man diese im vollen Ernste nimmt. Man scheidet eben nicht ge-
nügend scharf die beiden Möglichkeiten, daß die Freude am
ästhetischen Objekt ganz oder teilweise Freude sei — nicht am
Ssthetischen Obj^t» sondern an meinen Organempfindnngen, nnd
die andere, daB die Organempfinduu^eu, uder genauer ihre Ihhalte,
einen Bestandteil dieser Freude ausmachen, oder als Bestandteil
in dieselbe »eingehen«.
Was nun die erste dieser drei Anschauungen betrifft, bo habe
ich dagegen mehrfach mich gewendet. leh verweise insbesondere
auf meine Schrift über »Selbstbewußtseiu, Emptindun^- und GetUhi«
lUOl, und auf den ersten der Aufsätze, die ich in der Zeitschrift
für Psychologie usw. unter dem Titel »Elinige psychologische
Streitpunkte« veröffentlicht habe.
Hier bemerke ich dazu zunächst, daß mein Bewußtsein jener
Identifikation von Organempfindungen und Gefühlen der Tätigkeit,
des Ströhens, der Kraft usw. aah Bestimmteste widerspricht Ich
linde, wenn ich eine Bewegung will und ToUbringe, mich strebend
nach den Empfinduugeu, in welchen für mich die Bewegung be-
steht, also nach den Spannungsempfindungen, finde mich bemttht
um dieselben, befriedigt durch dieselben, karz finde mich und
mein TätigkeitsgefUlil ihutju gegenüber, finde die peripherischen
Erlebnisse als Objekt, worauf das Oeftlhl bezogen ist. Ich finde
mit einem Worte diese beiden Gattungen von Erlebnissen un-
mittelbar p"esondert und (jualitativ geschieden. Ich verstehe darum
jene ideutitikation nur bei einer Psychologie, die bei Aussagen Uber
Bewußtseinserlebnisse — yielleicht allerlei zu Kate zieht, nur die
BewuBtseinserlebnisse, um die es sich handelt, gnmdslUslioh yer-
naehlässigt.
Was die sweite Meinung angeht, so bemerke ich, daß Spannungs-
empfindungen, wie kinftsthelische Empfindungen Überhaupt, wenn
ieh absehe yon dem begleitenden Gefbhl des Strebens, der Be-
mtthnng, des Oelingens, die gleichgültigste Sache von der Welt
sind. Sie sind für mich Gegenstand eines Interesses nur, wenn
sie allzu stark sind. Und dann sind sie unangenehm.
Die dritte Meinung bedarf keiner emsthaflen Widerlegung.
^ kj .1^ uy Google
200
Theodor Lipps,
Bestände meine Liut in Oiganempfindnngen, so mttßte aach die
UnloBt in aolehen bestehen. leb ftoble aber in dem bezeichneten
Falle Unhist »an« Orgauempfindiiii^eD. Und dabei ist wiedemm
ftir mich die Unlust von den Organeinpfiudungen jiufs deutlicbstc
unterHchieden. Es kann aber nieniiind meinen, es gäbe hinsichtlich
der Unlü<t die zwei Möirlirbkeiten, die eine, daß sie iii Organ-
emptindun^en beste iiej (üe andere, daß aie diesen »gegenttbci«
gefühlt werde.
Im Übrigen habe loh den sämtlichen drei oben unterschiedenen
Meinungen gegenüber zu bemerken, daß ich, wie schon aus oben
gesagtem idch ergibt, in der ästhetischen Nachahmung von Span-
nungen, und ?on Organempfindnngen Überhaupt, um so weniger
weifi, je mehr ich dem ästhetisehen Objekt betrachtend hingegeben
bin. All dergleichen yersehwindet fttr mein Bewußtsein Y<)Uig.
Ich bin dieser Sphäre meines Erlebens ganz und gar entrttckt
Und so ist es nicht nur, sondern so muß es sein. Organ-
empfindnngen sind gegenständliche Erlebnisse, und diese konkur-
rieren notwendig mit änderten gegenBtaudliehen Erlebnissen. Und
dies heißt beispielsweise, daB die Empiiudungcn von Zuständlich-
keiten meines Körpers Tiieinem Bewnßtsein entschwinden müssen,
in dem Maße als ich dem ästhetischen Objekt — dem ja doch
unn einmal die Zuständlichkcitcn meines Körpers nicht angehören
— betrachtend hingegeben bin.
Diese Abwendung des Bewußtseins von den Zuständlichkciten
meines Ettipers schließt aber sowohl ans, daß die Empfindung
derselben mit dem Gefühl der Tätigkeit, das ich in der ästhe-
tischen Betrachtung gewinne, identisch, als daß die Freude, die
ich aogesiehts des ästhetischen Objektes fühle, in Wahrheit, sei es
ganz, sei es teilweise, Freude an diesen körperlichen Zns^dlich-
keiten sei, als auch endlich, daß meine Freude am ästhetisehen
Objekte in der Enipimdimg dieser Zustüudlichkeiteu ganz oder
teilweise bestehe.
Weiter bemerke ich — gegen die erste und die zweite jener
drei sonderbaren Meinungen — daß Sebönbrit eines Oljjektes alle-
mal Schönheit dieses Objektes ist, nnd niemals Annehmlichkeit
von irgend etwas, dns nicht dies schöne Objekt ist oder ihm zu-
gehört Dies heißt insbesondere: Es ist unmöglich, daß Lust an
Zuständlichkciten meines Körpers, dieses von dem betrachteten
Objekte verschiedenen, vlelleieht räumlich von ihm weit entfernten
. j . > y Google
£iiifilhlii]ig, ümeie N«eluüimmig, und Organempfiiidimgion. 201
Dinpres, von mir f^efülilt werde als l^ii-^t ;ui diesem Objekte. Lust
»an« KJirpcrziiBtäTHlliclikoitrii iat Luat, die ich fUhle, indem ich
anf die Kürperzuatüudlichkeiteu achte. Etwa«» ist mir lustvoll,
dies heißt gar nichts anderes als: ich habe ein Lust^cflUil, indem
ich innerlich ihm zugewendet bin. Last aber, die ich fuhle, indem
ich auf meine kOfperlichen Znständlichkeiten, oder die Vorgänge
in meinen Organen, aehte, kann niclit — weder ganz noch teil-
weiae — identisch sein mit Lnsty die ich ftlhlCi indem ich anf die
Vorginge in meinen Oiganen nicht achte, sondern mit meiner
ganxen AnfinerkBamkelt dem ästhetischen Oljekte zugewendet bin.
Kurz, Ä kann nicht = non A sein. So yerhält es sich, mag man
nim die Empfindungen der kdr|>eTlichen Vorgänge mit dem GeAlhl
der Tätigkeit identifizieren, oder diese Identifikation unterlassen.
Zu allerletzt aber verweise ich — >Aicderum gegen alle drei
Meinungen — auf jedermann bekannte oder von jedermauu leicht
venlizierbjire Tatf^aehen.
Ich betrachte ein Gemälde erst in einer unbequemen, dann in
einer bequemen Stellung. Die Verschiedenheit der Stellungen ist
für mein Bewußtsein eine Verschiedenheit von Organempfindungen.
Dabei bestehen die beiden Möglichkeiten. Ich bin in die Be-
tnushtong des Gemäldes so reisenkt, daß mir die Bequemlichkeit
oder Unbequemlichkeit meiner Stellung niclit zum BewuBtsein
kommt Dann haben jene Organempfindungen flir meinen llsthe-
tisehen Ctonufi keinerlei Bedeutung.
Oder aber es gelingt mir nicht, die Annehmliehkeit oder Un-
annehmlichkeit meiner Stellung völlig auszuschalten. Dann er-
leichtert mir die bequeme Stellung meinen Genuß, während die
unbequ lue ihn mir erschwert. Aber auch hier bin ich keinen
Monieot in Versuchung, die Lmt bezw. die Unlust an meinen
Organemptiudnngen der Schönheit des Objektes zuzurechnen bezw.
sie davon in Abzug zu bringen. Sondern nichts ist mir klarer,
als daß diese beiden Tatsachen, Schönheit des Oemäldes und
Annehmlichkeit oder Unannehmlichkeit von EOiperempfindungen,
gar nichts miteinander zu tun haben. Ich setze die unangenehmen
Organempfindungen so wenig auf Bechnung des ästhetischen Wertes
des Objektes, als ich die Wärme oder Kälte in dem Baum, in
welchem das Qemälde hängt, oder mdnen Hunger oder meinen
Durst, oder meinen Zahnschmerz, auf Bechnung desselben setze.
Diesen Tatsachen gegenüber gibt es nur noch eine mögliche
AmUt Ar Pijchologt«. I. 14
^ kj .1^ uy Google
202
Theodor Lipps,
Ocgenbemerknng. Man erinnert daran, daß die hier eigentlich in
Bede stehenden Organempfindungen »indnzierte« seien.
Aber was heißt nun die«? Was heißt es für mein Bewußt-
sein? Denn um einen Bewiißtseinstatbestaml hiindelt es sich hier.
Für mein Bewußtsein sollen die »induzierten« Spannungen, oder
soll die angebliche Lust au diesen Spannunurn zum ästhetischen
Objekt f^ehören, oder einen Bestandteil am (ienuß desselben ans-
macheUi während ?oa sonstigen Bpanmmgen, z. B. den aus meiner
bequemen oder unbequemen Stellung bei Betrachtung eines ilsthe-
tischen Objektes, nichts dergleichen gilt Es muß also für mein
Bewnfttsein jenen Spannungen etwas Eligenarfciges anhaften, das
bei diesen fehlt Worin nnn bestellt dies? Was, genauer gesagt,
Aigt sieh fllr mein Bewnfitsein swischen das betrachtete Objekt
nnd die »indnzierten« Spannungen ein, das diese Spannungen als
ans dem Objekt nnd seiner Betrachtung hmtammend erscheinen
lassen kann.
Auf diese Fraire imu kiMiuen wir die Antwort. Die Spannungen,
die sich aus der beiiuemen oder unbequemen Stelluufr ergeben,
sind, wie beschaffen sie auch sein mögen, nnr einfach da. Die
»indozierten« Spannungen da^e^en gehen hervor aus (irm luhl-
baren Streben, sich Bemühen, Gelingen des Btrebens, kurz aus der
Ton mir gefühlten inneren Tätigkeit Und diese Tätigkeit wiederum
fühle ich in der Betrachtung des ästhetischen Objektes, und
finde sie an das Ssthetische Objekt nnmittelbar gebunden. Ab-
gesehen Ton dieser meiner inneren Tätigkeit wiren aneh diese
induzierten Spannungen eben — Spannungen, durchaus gleichaitig
den aus meiner zuDlUigen Steiiung sieh ergebenden, und dem-
gemttB, wie diese, etwas absolut jenseits des Sstfaetiscben Genusses
Stehendes.
Also ist dasjenige, was von den Spannungen ästhetisch iu
Betracht kommt, eben jenes Tätigkeitsgefllhl. Mit anderen Worten:
Die ganze Berufung auf die Spannungen ist ein Mißverständnis.
Man meint, indem man von ihnen redet, etwas völlig Anderes.
Man meint die — Einfühlung. »Einftlhlen« aber heißt — nicht
etwas in seinem Körper empfinden, sondern etwas, nämlich
sich selbst, in dem Xsthetischen Objekte fühlen.
Ich setzte bisher voraus, der Gegenstand der Msthetisehen Be-
trachtung sei eine menschliche Bewegung, Stellung, Haltung. Glei-
cher Art, wie hier, ist aber die Einftlhlnng aueh in anderen Fullen,
. j . : y Google
Einftthlong, innere NadifthmiiDg, und Oi^nempfindiuigen. 203
z. B. bei der Betrachtang architektonischer Formen. Ich f^hle
in der Betraohtnng einer weiten Halle eine innere »AvBweitiuigr«,
es wird mir »weit« nmB Heiz; ich habe dies eigentümliche Selbal-
gefklhL Damit verbinden sieh Mnskelflpannmigen, vielleieht soUshe,
dnroh weldhe der Brnstomfang weiter wird. Diese existieren
freilich ftlr mein Bewnfitsein nicht, solange meine Aafinerksamkdt
auf die weite Halle gerichtet ist. Aber dies hindert vielleicht
einen Ästhetiker uicht, das Gefühl der iunereu Auj^weitiingmit dieser
Emptindung der den Körper ausweitenden Muskelspaunungen za
verwechseln. Anch hier, wie bei dem Dnrst nach Wasser und
dem Dnrst nach Rache, nnd in noch sehr vielen anderen Fällen,
verwendet ja der Spracbgebraaoh — aas guten Grttndeu — gleiche
Ausdrucke.
Aber dies Alles sind eben Verwechsluigen. In Wahrheit sind
die Empfindimgen meines ogenen körperlichen Znstandes in der
Sathetisehen Betrachtang nnr da, nm fttr mich ganx nnd gar nicht
da za sein.
Aber vielleieht haben Air den isthetiBchen GennB Organ-
empfindtingen, die ich als vom Objekt der Betrachtung erlebt vor-
stelle, Jiedeiitiing. Dies muß ich nicht minder leugnen. Sehe
ich [in einer plastischen Darstellung einen Menschen sich auf-
richten, so existieren fllr meine ästhetische Betrachtimg die Orgiin-
empfindungen , die ein wirklicher Mensch haben Wörde, wenn er
so sich aufrichtete, ebenso wenig wie meine eigenen Organ-
empfindungen. Was ich der plastischen f! estalt unmittelbar ansehe,
das ist ihr Wollen, die Kraft, der Stolz. Nur dies liegt ftlr die
Betrachtnng nnmitlelb«r in dem Betrachteten. Und nun ästhetischen
Olyektgehttrt mm emmal nnr, was in dem Betrachteten nnmiitelbar
liegt Daß bei einon solchen Menschen, wenn er ein wirklicher
Mensch wSre, avch die Organemptindungen nnweigerlich sich ein^
steUen würden, ist eine Zntat meiner Reflexion.
Im nbrigen sind, wie schon gesagt, solche Organempflndnngen
schlechterdings uninteresöant, wenn sie nicht etwa peinigend sind.
Und in diesem letzteren Falle kann auch es geschehen, daß ich
von ihnen ein Bewußtsein habe. Nur ist es dann mit der reinen
ästhetischen Betrachtung zu Ende.
Sehe ich etwa eine Tänzerin auf den Zeheusi)itzcn tanzen, dann
diftngt sich mir die Vorstellung der nnangenehmen Empfindong,
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204 Theodor Lipp«, Eiuftlmiiig, Innere Nechiüimimg etc.
die a'w. habeu muß, uuf. Damit bin ich aber aus der ästhetischen
Betrachtung heraoflgeBchleadert. J^ieht W€gen der Unannehmlich-
keit der Empfindimg^, Bondern wegen der Empfindung. Aach
KniDiiier ist unangenehm^ aber der Kummer, den ich einer Geatah
ansehe, hebt die äadieiiBehe Betrachtung nieht tat Dieser ist
eben eingedlhlt
Anoh der ala hnngrig Daigeatellte ist nieht als hungrig dar-
geetellt; iondem daigeatellt iat nur die Weiae, wie ihm zu Mute ist
Nnr diesea alfektiTe Moment erlebe ieh in der ästbetlBohen Be-
trachtimg mit. Daß bei einer solchen Weise, wie einem Menschen
zu Mute ist, iiuiip:cr der Anlaß zu sein pflegt, ist eine verstaudes-
mäßif!:e Interpretati m.
Kurz, Organemphiidnng:en, welcher Art sie anch sein mögen,
^'(■ln Ii in die ästhetische Betrachtung und den ästhetischen Genuß
in keiner Weise ein. Es gehört zum Wesen der äathetiAchen Be-
tcachtnng, sie schlechterdinga anaznscheiden.
Und es gehört zur wisscnschaftliehen Ästhetil^ nnd ist Be-
dingung ihrer geennden £ntwioklang, dafi sie Ton der Oigan-
empfindnngskrankheit nnn alhn&Uidi sich wiedemm erhole.
üigiiizeü by Google
Differenztö&e und Konsonanz.
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Felix Knieger.
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Digiti^cü by G
DifferenztOne und Konsonanz.
207
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Kiel 1901/2).
51. W. Wmidt, Onuidslige (a. Nr. 8). Bd. IL 6. Avfl. 190B.
^ SS. y. Bensen, Die Fortschritte in einigen Teilen der Physiologie des
Gehtfrs. Ergebnisse d. PbyaioL L Jahrg. Nr. XX. Wiesbaden 1908.
Einleitimg.
Vorlänfif^e Fragestellang.
Konsoiiauz und D'moamx. sind in erster länie psychologi-
sche Begri£fe.
Unabhängig von aller physikalischen nnd physiologischen Theorie
bezeichnen wir mit diesen Ausdrücken bestimmte Tatsachen des
Bewußtseins, deatlicli charakterisierte nnd nnterseheidbare Wahr-
nehmniigserlehmsse, specieUer: Eigensehaften nnd Unterschiede von
CtehOiseindrllcken, die wir Jedem Kormalhörenden nnmittelbar anf-
zeigen kbnnra. Die psychologische Angabe isti diese Tatsachen
erschöpfend nnd möglichst einfoch m besebreiben; worin die For-
derung eingeschlossen ist, sie in den Zusammenhang der Hbrigen
Bevvußtseinserscheiüuii^'eu möglichst vollBtändig cinzuordiitiii.
Jahrhunderte hindurch begnügte sieh die Wissenschaft mit dem
Hinweis auf dif inimer genauer erkannten Maß- und Zahlenver-
hältniBBe der tonenden Körper. Heute L'hnihr lüeniuiid mehr, das
Konsonanzproblem mit den Mitteln der Physik lösen zu können.
Die physikalische Akustik kennt nur materielle Bewegungen yer^
schiedener Grüße und Geschwindigkeit; selbst wenn die mathe-
matisoh-meohanisehe Theorie der Klangwellen vollendet wäre: die
Physik als solche hat nichts sn ton mit den BewnStseinsersohei-
nnngen der Eonsonans nnd Dissonanz nnd deren nnterscheidenden
Merkmalen*
Dagegen ist das Eonsonanzproblem wie alle psydhologischen
Probleme zngldeh ein physiologisches. Die Lehre von den
Gehirn- und Nervenfuuktionen hat gewiss die Aufgabe, die Pliil-
nomene der Konsonanz iu den Zusamm 'iiliang ihrer Tatsachen
und iTcaetze zu begreifen. An die Lösung dieser Aufpibe ist
jedoch nicht zu denkeu, solange nicht wenigstens die Elementar-
▼oigänge, die der Wahrnehmung eines einzelnen Tones eutsprecheni
^ kj .1^ uy Google
206
Felix Eneger,
völlig klargestellt siud. Wirken zwei oder mehr eiofacfae Ton-
bewegimgen gleichzeitig auf das Gehörorgan, so treten Kombi-
DBtiouserscheionngen aof, ftür deren phyeiologiflehe Deatnog z. T.
nnerläBliehe Vorarbeiten der mathemAtiaehen l^yeik nnd der Histo-
logie noeh fehlen (TgL Nr. 98 des LiteratuyerzeichniflseB, 8. 303,
305).
Die physiologische Theorie des HOrens llberhaapt ist gerade
dnreh die Bekanntschaft mit den EomhinationstOnen und einigen
verwandten Tatsachen neuerdings in hochgradige Verwirrung f?e-
rateu. Und erst die voraussetzungslose, psych olo^^ische Fest-
stellung dessen, was beim Zusaumienklangc mehrerer Tr»ne wirk-
lich geliürt wird, läßt gegenwärtig eiiu- Ausgleicliuntr der zahl-
reichen physiologischen MeinungsverschiedenLeiteu erhotfen. Mit
den Methuden der experimentellen Psychologie hat sich eine
wesentliche Vereinfachung des Tatsuehenmaterials erreichen lassen,
das der Erklärung harrt; folgenreiche und einander widerstreitende
Hypothesen neuerer Physiologen erweisen sich auf diesem Wege
jetzt als ttherflllsi^ oder geradezti als tatsaohenwidrig; die phy-
siologische Akustik wird sich in Zukunft manchen Umweg ersparen,
wenn sie die gesicherten fiigehnisse der psychologischen Beob-
achtnng mehr als bisher beachtet. Ein physiologisches Begreifen
der Konsonanz und Dissonanz setzt nicht nur die Erklärun^,^ der
physiologischen Elcmentanorgäugc voraus, sondern gleichzeitig die
psychitldsi^isehe Kenntnis alles dessen, was bei der Wahrnehmung
von Konfsouanzen oder Dissonanzen jeweils »subjektiv« erlebt
wird. Diese (regelmäßigen) Erlebnisse aber sind so mannigfaltig
und kompliziert, daß sie zur Zeit noch keineswegs zareichend zer-
gliedert und beschrieben sind.
Die bisher vorliegend! v spnrlicheu Versuche ciuoi physiologischen
Erklärung der Konsonanz miissen als verfrfiht gelten. Ewald (33,
160 f.) gründet diesen Versuch unmittelbar uut' eine neue Theorie des
HOrens, der von Meyer, von mir und anderen in mehr als einer
Hinsiebt widersprochen wurdet). Auch wenn indessen diese Theorie
der »Sehallbilder« haltbar wire, ergibe sieh ans ihr allein keineswegs)
was Ewald »lehr dnfseh« als Nebenerfolg zn gewinnen glaubt, ein
physiologisches Verständnis der Konsonanz und DisBonnnz. Ewald
setet ohne physiologisehe BegrOndnng oder Interpretation eine »pqrchi-
1) Meyer (29;. Vgl. S8, 2^S. Wandt 61, 126, 13öf. Hensen öS,891f.
uiLjiiizuü Dy Google
DifferenstOne und Konsonani.
209
sehe BearteiluDg« gewisser rftmnlicher Verhältnisse der schwingenden
Basüarmembran voraus 'V Den kombinierten Wellensystemen, die hier
nach FwrUde^ Thfori» durch alle Mehrklänge entstehen, soll der Hörende
>entuehmen« k<nmeii, »ob nnd in welchem Abstände sich Wellen des
einen Systems mit Wellen des anderen vollständig decken oder sich
decken wtirdeu, wenn beide Systeme Uber eine längere Meubranstrecke
fortgesetit wtten«. UmBiaikkliadie beiifien die FäUgkeit jener Be-
urtoamig nicht. Sehen dieeer Znsati der Theerie weist darauf hin,
was laUreiehe Tatsaelien des Bewußtseins inr Gewißheit machen, daß
die Pliynologie der KonsooMiz bei den Funktionell des periphearisdien
Gehörorgans nicht stehen Ideiben kann, daß sie vielmehr die nervösen
Zentren wird heranziehen mtlssen.
So verlest denn auch Stnmpf seine hypothetischen »Synergen«,
die den Konsonanzbeziehungen physiologisch m gründe lägen, ins (Je-
him (s. 13 II, 152; 17, 50). Aber er verzichtet naturgemäß auf jede
nähere Bestimmiuig dieses Begriffs und stellt damit nur eine Frage an
eine znkOnftige Physiologie. Zu den Voraussetzungen dieser physio-
logischen Aufgabe gehört in erster Liiiie eine genane Kenntnis dw in
erkürenden Bewnßtselnserseheinnngen.
Mit "Nntweiidii^^kcit int der wi^^snisi'liaftlichc streit um die Kou-
sonauz neuerdings mehr und mehr auf da» psychologische Gebiet
tlbergegaDgen und wird zur Zeit fast ansschließlieh von Psycho-
logen gefühlt Die Psychologie ist in dieser Frage dem Ziele eines
TOiMtssetantngBlosen und ziuMunmenhllngeiiden Begreifens näher als
die Physiologie. Zahlreiche BewaBtsdnsTorgftnge, deren physio-
logische Korrelate höchst komplex und noch ganz oder großenteils
nnhekannt sind, steUen, psychologisch betrachtet, einfache, letzte
Tatsachen dar, von denen die psychologische Theorie ausgehen
darf, ohne dogmatischen YoniTteilen Banm zu gehen. Wichtige
gesetzmäßige Zusammenhänge der Wahmehmungserlebnisse mit
höheren seelischen Funktionen, wie Erinnerung, Gefllbl, Urteil,
sind bereits einigermaßen sichergestellt. Die allgemeine Theorie
der psychischen Relationen wurde haltbar augebaut. Trotzdem
noch iu neuester Zeit von hervorragend sachverständiger Seite eine
gewisse Resignation lant wnrde^), ist der Versach einer psycho-
iogisohen Theorie der Konsonanz nnd IHssonanz gegenwärtig nieht
mehr anssichtslos.
Eine besondere Gefahr liegt für dieses, wie ftlr jedes psycho-
1) Ähnhch Frey er (6, Ö9), dessen Hypothese zur Physiologie der Kon-
sonaaBwahmebmniig im Prindpe der Ewaldschen verwandt ist; vgl. hn
folgenden Absc linltt C Kap. I b.
2) Von selten Stumpf«; vgl. ün folgenden A IQ.
210
Felix Kmeger,
logüche Uuteruebmeu iu der aufertigen, schwankeudeu und popolär
aufgeweichten liomenklatar der allgemeinen Psychologie. Umao
kritischer mttflflen alle vieldeutigen Ausdrttoke geprüft werden.
Empiriflch nnsiureioliend bc^irlliidet« oder gmr niobt veiifisierte Be^
griffe flind zmHokznwelBen. Es gilt echleeliterdiiigs nnr: TMaeehen
genau lud ein&eh sn beeohieiben. Zu diesem Behafe haben wir
die in Fiage stehenden psyehisehen Erscheimingen soigflUtig bei
nns and anderen an beobaefaten, mit Hilfe der experimentelle
Variation and Messung sie so weit wie m9gIiob an zergliedern,
endlich: Tatsacheu mit Tatsachen ver^^lcichend zu verknüpfen, wo-
bei die Eintiilirung hypothetischer AiittelgUedcr uuch Möglichkeit
zu beschränken ist
A. Oegemwirtiger Staad des KoaseDanzproble».
I. Die Erklärungen durch Obertüue.
Was Helmholts in der soeben beieicbnetan Bichtang positiT
geleistet hat, bildet noch immer den Ansgangspnnkt der ErOrte-
rangen Uber anser Problem. Seine Anschaanngen Tom Wesen
der Konsonanz and Dissonanz sind so bekannt, dass sie nicht von
nenem dargestellt za werden braachen. Karz gesagt, sind Air
Helmholtz die dissonanten Zusammenklänge dadurch charakteri-
siert, dasö sie Obertöne enthalten, die miteinander uuau^^cuciime
Schwebungen bilden. Die Konsiuianzen sind an sirezei ebnet durch
das Fehlen dieser Schwebungen und dureh das Zusammenfallen
identischer Obertöne. Ob^^leieb diese Lehre vielt'arb noch j2:egen-
wärtig ohne Einschränkung vorgetragen wird, tiuden sich doch
ernste Bedenken gegen sie schon in der älteren, ja in der voi^
Heimholtzischen Literatur. Schon dem IB. Jahrhundert waren
die soeben erwähnten Erkiftrangsprinzipien bekannt {vgl Mach
84, 48); und lange beyor Helmholtz sie systematisch ansfilhrte,
Warden sie von Terschiedenen Seiten bekibnpft (Literatnr bei
Stampf 17, If. Anm.). Seither wnrde die Theorie oft and gründ-
lich kritisiert, am eingehendsten von Lipps (7 u. 8), Wandt (8)
and Stumpf (13 passim; 17, 2il).
Was das Zusammenfallen gewisser Obertiine (miteinander oder
mit eiueni Primärtone) angeht, so bat man vielfach mit Keeht
hervorgehoben, dass es einem konsonanten Zusammenklange
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DifferenstOno imd Konsonanz.
211
mcbt anznbQren ist, ob den Klängen, die ihn bilden, irgend welche
PartialtOiie gemeiBBam Bind. Beim OktavensweiklAiig z. B. nuMhi^
es psyehologiseh keineii Unterschied, ob da jeder Oberton des
tieferen EUuiges mit einem geradasahligen Paitialtone des höheren
zQSammenAUt nnd dadnreh Terstllrkt wird, oder ob der höhere
Omndton vielleicht gar keine ObertOne mit sich fbhrt, nnd Jene
YerBtärknngen anf andere Weise objektiY enengt werden. Nur
bei aufeinander folgten den Klängen kann das Moment der
identischen Obertöne unuiittelbai zur Geltung: kommen.
Im Falle der Oktave einschließlich ihrer Oktavenerweiteruiif^n,
der Duodezime und vieUeicht noch einiji^pr nnderer hervorraiicud
einfacher Schwingun^sverhältnisse wird dadurch unabhängig von
jeder Analyse eine gewisse Verwandtschaft der einzeluen Gesamt-
klänge entstehen» wie sie Helmboltz als Ähnlichkeit der Total-
eindrtteke psychologisch einwandfrei beschrieben hat [1, 595). Das
so bedingte ÄhnUchkeitsbewnßtsein wird freilich in der Begel früh-
xeHig dnreh andere Er&hmngen kompliiiert — dnrch Enehei-
nnngen an Znaammenklüngen — , die mit identisohen OberiOnen
nichts zn tmi haben. Aber das hindert nicht, mid noch weniger
darf die anf&Ilendere, mannigfaltiger nnd bestimmter abgestafte
Ähnlichkeit der in der Tonreihe benaebbarten Töne nns hindern,
auch jene Verwandtschaft als Ahnlieiikeit, in einer bestimmten
Hinsicht, anzuerkennen. Gehört doch z. B. auf dem optifichen
Gebiete jede einfache Farbe, nach Sättip^ung und Farbeuton, zwei
verscliiedtiu [1 (juMÜtativen Ahnlichkeitsrcihen an.
Man hat ucacrdiugs versucht, die Helmboltz ische Konsonanz-
tbeoiie dadnreh zu festigen und gleichzeitig zu vereinfachen, daß
man das Prinzip der identischen ObertOne in den Mittelpunkt stellte,
die Scbwebnngen dagegen nnr als accessorischen, Tcntärkenden
Faktor der Dissonanz gelten Üefi. Allein, wie wir sahen, ist
jenes Fdnzip uumreichend, soweit Eigenschaften von Znsammen-
Uftogen in Frage stehen; es kann unmittelbar nnr auf Klangfolgen
Anwendung finden: hier aber darf, wie ich des Nftheren zn zeigen
gedenke, Ton Eonsonans hOehstens in einem ttbertragenen Sinne
des Wortes geredet werden (vgl. im folgenden B III u. D). Wer
beim Nacheinander wie bei der Gleichzeitigkeit von Klängen die
Qualitäten der Kongonanz und Dissonanz wahrzunehmen behauptet,
der püegt doch soviel zuzugelj« n , daR diene Qualitäten und ihre
Unterschiede im ersten Falle erheblich uudeatiicher, weniger aos-
Digiii^cu by Google
212
Felix Krnefsr,
geprä^ seieu. Die Erscbeinuugen der KiMisniian/, und Dissonanz
sind ebenso ursprtln^^lieli , sind manTii^^faltij;cr uud a-iehen weiter
als die durch genieinsame Obertöne bediu^i^te Verwandtschaft ge-
wisser Klänge. Diese Klangverwandtschaft und die Konsonanz
sind qualitativ verschiedene Tatsachen des Bewußtseins, die in
llirer unprUngUohen Fonn, als Binnliohe Eirlebiliflfle niohta mit-
dnander zn tos haben, — so gewiß sie mittelbar, anf gnmd der
Erfahrung mannigiaehe aMosiative Yerbindnngeii eingehen.
Wir branehen an dieeem, sp&ier noch mehrfach an erörternden
Funkte^) uns deshalb jetat nicht l&nger anfimhalten, weil durch
neuere tonpsyehologiscbe Untenmehnngen allen den Eonscmaas-
theoricn der Boden entzoj2:en ist, die wesentlich und primär oder
gar ausschließlich auf irgend welche VerhäUuisse der Obertöne
zarttckgehen. Ilclmholtz hatte folgerichtig augeuomnien, dab bei
obertonfreien Zusammenklänpren die Unterschiede der Konsonanz
und Dissonanz fortfielen; z. B. ^^äben »zwei gedackte Pfeifen, deren
Intervall zwischen großer und kleiner Terz liegt, eine ganz ebenso
gnte Konsonanz, als wenn das Tntervall genan einer kleinen Terz
entsprSehe« (1,329,332,337). Diese Angabe, die auf tttehtige
Aknstiker großen Eindmck gemacht hat, konnte ich experimentell
niemals bestätigt finden, weder an gedachten Pfeifen noch aa
Stimmgabeln. Stumpf hat sie neuerdings genaner geprOft und
widerlegt (17, 12 fr.; 19, 131, 163). Dnich umfassende Yersnehs-
reihen Stumpfs und Meyers stellte sich heraus, daß im Zu-
sammenklange wie im Nacheinander die Intervalle ans einfachen
Tönen sogar feiner liiuäiciitücii ihrer Reinheit beurteilt werden als
die obertonreichen.
Nun ist freilich das Intervall urteil von dem unmittelbaren
Sinueseindruck der Konsonanz und Dissonanz wohl zu unterschei-
den (vgl. im folgenden B II u. D). Helmholtz vernachlässigt
im allgemeinen diesen psychologischen Unterschied ; hier jedoch
zieht er ihn heran, indem er zugibt, daß »ein geübtes musikali-
sches Ohr« ein stark Ycrstimmtes Intervall ans einffichen TOnen
mOgUcherwmse »als fremd und ungewohnt erkennen, und es des-
halb Tielieicht für falsch erklMren würde, aber«, fiüirt er fort, »der
usmittelbaie Eindruek anf das Ohr, der einfache shmliche Wohl-
klang, abgesehen von aller musikalischen Qewohnheit, iat kein
1) Im folgenden B Ul; C m, 8 und 4.
INfferenxtSiie und Konioiuiue.
213
Bclilechtcrer als der der reinen Intervalle« (1, 332). Dem gegen-
über stellt Stumpf fest (17, 13), daß ein rein gentimmter Drei-
kbmg ans einfachen Tdnen, fUr sich allein za Gehör gebracht,
»ganz entzückend sohtfn« klingt und »auch in Hinsicht de^ Geftlhls-
wertas lehr beatimmt tob. diBBonanteii oder yentimmteii Akkorden
nntenehieden« wird; beides kann ieh — das letztere aach für
Zweiklinge — nur bestätigen (vgl. 86 und im folgenden G m,
2a). Die Erinnerung an obertonreicbe Klftnge, die Helmholtz
ttberall za Hüfe mfen mnß, erklärt diese Unterschiede der Geftlkls-
wirkong niclit. Ein Erlebnis wird niebt dadnreh angenehm oder
unangenehm, daß es früher angenehme oder anangenehme Bestand-
teile mit »ich führte, während die das Geillhi bestimuieuden Teil-
inhaltc jetzt irilnzlieb fehlen.
Übriiceiis ist es bekannt, dnB mich die in der Musik gebräuch-
licheu Klänge vielfach die von der Obertoutheorio geforderten
Teiltöne nicht enthalten. Wären doch die tiefsten maßgebenden
Partialtöne z. B. bei der kleinen Terz der ö. nnd 6., bei der
kleinen Sexte der 5. nnd 8.*).
Helmholtz selbst legte das HanptgewiGlit anf das andere Er*
klSnngqiTinzip der Konsonanz: anf die Sohwebnngen; derart,
daB er seine Theorie gern als Theorie der Schwebnngen bezdeh-
neta. Allerdings lenebtet so viel ohne weiteres ein, daß der Fort-
&U der Sebwebungen an sieb keine befriedigende Erklürong der
Konsonanz gewährt. Femer gilt von den Schwebnngen der Ober-
töne genau dubiiülbe, was soeben über die Unabhüngi^kcit der
Konsonanz und Dissonanz von Oijertönen überhaupt gesagt w urde.
Dennof>h f^eheint mir die gegen Helmholtz gerichtete Kritik hin-
sichtlich der Schwebungen ncncrdings fast durchweg über das
Ziel hinauszuschießen. Die Mehrzahl der Kritiker Ubersieht, daß
Helmholtz, gestützt anf die Beobachtungen Scheiblers, aneh
die Differenztone heranzieht, um die Erscheinungen der Eon-
r Dm Prinzip der identischen Obertöne ist in umfassendster Wflise Toa
Wmndt ans^ebaut und durch den Regriff der indirekten Klnnfrverwnndf-
»cbaft psypholopscli vertieft worden 2 . — Icli M-rzichte an dieser ÖtcUe
auf eine zuttaiumeuhüugeude Erürteruug iler ^^ u u ü t sehen Kousonanztheorie,
weQ soeben, nach Absdilsfi der ▼erliegenden Arbeit, eine neae, gSnslieh
mngearbdtete Dantelliuig dieser Theorie erschienen ist (ffl), worin meine
fildier ▼erOff'entlichten Eigebniaee f36 -38^ — fast durchweg im 9iiuie der
gegenwUrtiß'en Abh.indlnn? — verwertet siud. Punkte der ÜbereioBtimmanf
werden im folgenden mehrfach benrorzobebea seiiL
^ j 1 y Google
214
sonanz und Diääouauz begreiflich zn mRchen; daß namentlich die
8chwebun?CTi der Differenztöne denselben lüctrelu gehorchen, ^vie
die der Ubertihie. Nur die Unzulänirlichkeit des Beobaehtun'rä-
materials und besonders gewisse Vorurteile Uber die Abhängigkeit
der Differenztöne von übertönen (vgl. 36, 623; 38, 219 fl.) tcp-
flcUosflen bisher die Einsieht in den weitreichenden Zusammen-
hang Bwiflchen Differenztonen nnd KonBonaas — einen Zosunmen-
hftng, mit dem der dritte, systematische Teil dieser Unteraoehung
(C) sieb vorztigswelse beschSftigen wird.
Im Yordeigrnnde der Disknasion Uber Konsonaas nad Dirao-
naaz stehen gegenwärtig zwei neuere Theorieni die weder Ober-
töne noeh DiileienstOae noeh irgend welehe anderen Nebenempfin>
düngen zur Erklärung heranziehen: Stumpfs Verscbmelzimgslehre
und die ältere) Theorie der SchwingungsrhytlinH it von Lipps. Die
neneste m unographische Bearbeitung unseres i'roblems geht davon
ati^^, (luli ein Psychologe zur Zeit Tiur noeh mit die^^eTi beiden sich
ubzuliuden babe^). Ich halte schon im iiiubiick auf Helmholtz
eine solche Beschränkung fhi yerfitiht. Auch sind die theoreti«
sehen Ergebnisse von Frey er, Wnndt, KUipe keineswegs ganz
identisch mit den Helmholtzischen; Meyer weicht in beachtens-
werter Weise von Stampf wie yon Lipps ab. Indessen Lipps
and Stumpf haben am eingehendsten ihre gegenaMtzlicben An-
sichten begrOndet and anfii bestimmteste die ErklärongSTersache
ihrer Vorgänger znrttekgewiesen. Lipps entwickelie aas einem
einzigen Prinzipe eine streng In sich geschlossene psycholo-
gische Theorie der Konsonanz; indem ich zunächst diese Lehre
kiitiBch erörtere, habe ich gleichzeitig zn einigen prinzipiellen
Vorfragen Stellung zn nehmen.
H. Lipps' Rhytkmentheorie').
In scharfsinniger Polemik gegen Helmholtz und Wnndt kommt
Lipps zu dem Ergebnis, die Konsonanz oder Dissonanz zweier
Töne küuue nur erklärt werden ans den psychologischen Eigen-
schaften dieser Töne selbst. Was neben ihnen etwa im Bewußt-
sein vor/uliiideu «ei, insonderheit: Obertttne, Scliwebungen, Rauhi^^-
kßiif Erinnerung an früheres Znsammengegebensein in einem
1 TToheneiusor 40 Ol f.
\ gl. besouilera Nr. 8, 7, 10.
. j . > y Google
DiffereaztiJiie imd KonaoiiAits.
215
Klange, alles dies sei lur die Sache irrelevant, llir die Erkliiruug
unzureichend. Kuii haben aber die bewußten Eni[itiudungen der
l>eideu einfachen Töne, so genau wir auch analysierend jede ftir
sich betrachten mögen, fllr das Bewußtsein keinerlei Merkmale,
wodarch der in Frage stehende Eindruck ihres konaonanten bezw.
dissonanten VerhältniflseB konnte begriffen werden.
Daher geht Lipps, wie er es in allen Fragen der Psychologie
flu nOttg häl^ Ton den Bewußtseinsinhalten znrttck anf nnbewnßte
YoigXnge ihrer EntBtefanng; von den Tonempfindnngen m. den
»psyebiBChen Erregungen«, die, an rieh nnbewofit, den Empfin-
dungen Jederzeit »zu gründe Ilgen«. Diese unbewußten Erregungen
sind zwar als solche in keiner Erfiüimng gegeben, yon ihren
Etgensohaften und VerhSltnissen können wir unmittelbar nichts
wissen. Aber wir haben den Effekt, auf den sie ihrer Natur
nach »abzielen«: den bewußten Einpfindungsiuhalt; auf grand der
wirklicli gegebenen Emplindinmon und ihrer lieziehungen können
wir jene unbewulUeu Erreguiii^cu so konstruieren, daß diese, bis-
her anbegriffenen Beziehungen — der Konsonanz, Dissonanz und
aller ihrer Folgeerscheinungen — im Zusammenhange begreiflich
werden. Eine solche Konstruktion hat Lipps bis ins einzelne
entworfen und folgeriehtig durehgeflihrt Er meint den Boden
der Erfidurnngy der rein empirischen Tatsaehenverknttpfhng da-
bei nioht zu verlnssen, weil er einmali selbstverstilndlich, Erfah-
rungen des Eonsonanzbewußisrins als das zu Erkl&rende immer
im behalt, weiter aber deshalb, weil die Theorie auf empi-
rischen Analogien beruhi
Sie geht aus von der physikalischen Tatsache, daß Töne ob-
jektiv aus periodischen Luttbewegnugen bestehen. Sie btUtzt sich
femer auf die mathematisch-physiologische Hypothese von Ohm
und Helmholtz, daß jede zusammengesetzte Klangwellenbcweguug
Tom Ohre in ihre sinustormigen Komponenten zerlegt werde. Sie
iat endlich auf eine Anzahl psychologischer Analogien gegründet.
Um diese zu Terstehen, müssen wir zusehen, wie Lipps mit ihrer
Hilfe die unbewußten Tonerregnngen positir bestimmt.
Jeder einzelnen Tonschwingung, so nimmt er an, entspricht
psychisch ein gesonderter, wellenartig an- und abschwellender
Vorgang. Wenn wir von der Hehrheit und Periodizi^ dieser Vor-
gänge nichts empfinden, wenn Tielmehr die physikalische Sckwin-
gungsbeweguDg eine Ytfllig rinfbrmige, kontinuierlich ablaufende
216
f elix Knieper,
Tonempfindnng auslöst, so beweise das nnr, dafi jene nnbewiifiteii
Erregungen auf dem Wege zur Bewußtwerdiinf? mit einander ver-
schmolzen seien. Hier beruft sieh Lipps auf eine erste psyeho-
logisclie Analogie: in der Ilauhij,^keit, ja Diskontinuität der tiefsten
Töne sei die diskrete Mehrheit der psychischen Elcmentarvor^änge
noch unmittelbar und bewuUt zu spüren. Des weiteren, und hierin
besteht der Kern seiner Konsouanztheorie, setzt Lipj)s die lleiheu
der imbewnßten Tonerregangeii in Analogie zu dem bewußt wahr-
genommenen Khythmu 8 periodischer SchallcindrUcke oder Körper-
bewegungen. F. W. Opelt und G. Engel sind ihm darin Toraa-
gegangen (eitiert bei Stumpf 17, 23).
Neben eine Beifae qnalitatiT nnd intensiv gleieher, seitlich gleich
rasoh anfeinander folgender Taktschläge trete eine zweite Beihe,
die sich von der ersten nar dadurch anterscheide, daß die, nnter
sich wiederum gleichen, Zeitabstände hier größer sind als dort.
Dann ist die Größe dieses Unterschiedes, das Verhältnis der beiden
Sehlaggeschwindigkeiten für den Eindniek des Hörers nicht gleich-
giltiir. Wird z. B. die eine des« hwindigkeit von der anderen am
genau än^ Doppeitc übcrtroilen, und nehmen wir noch an, daß
der erste Schlag der neu hinzuicckonimenen Keihe mit einem
Schlage der anderen zusammentreffe, so muß auch weiterhin jeder
Schlag der langsamen Reihe mit einem solchen, und zwar mit
jedem zweiten Schlage der schnelleren Reihe aasammenfallen: es
ergibt sich das einfiichste rhythmische Qebitde: eine Reihe gleich-
artiger £indrttcke, 7on denen jeder zweite YcrstSrkt ist Diesem
rhythmischen Verlanfe analog verhalten sich nach der Rhyfhmen-
theorie die nnbewnfiten periodischen Erregungen zweier im Oktaren-
Terhftltnfs stehender Töne. Ist das seitliche Verhältnis zweier
Scblagfolgen komplizierter, etwa so, daß jedes dritte Glit^d der
einen mit jedem zweiten der anderen znsammeniallt (Quinte), so
wird aueh der Eindnii k weniger einfach. Sehr bald s])ätesten6
da, wo beide Verhält nis/ahlcn p:röner sind als 4 ist die (Irenze
erreicht, wo der Rhythmus verworren, unverstilndlich , das Ganze
zugleich ausgesprochen unangenehm wird. Ahnlich TerhMIt es
sich, bewnßtermafien, mit rhythmischen Bewegangen. Man sieht,
wie Ton diesen Voranssetznngen ans die Unterschiede der Kon-
sonanz nnd Dissonanz zn erklären sind, — Unterschiede, die ja
tatsftchlich als solche der Annehmlichkeit nnd einer spezifischen
£inftchheit erlebt werden. Konsonanz ist danach begründet dnreh
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Differeiutüue imd Koosoiuds.
217
die rbyflnniflolie Übeteinstimmiiiig der imbewofiten Tonerregtmgeii.
Sie ist tun 80 ¥Ollk<»mmener, je TOlhrtSiidiger dieie ÜberefneHm-
maiig ist, je einfacher der Gesamtrhythmus der unbewußten Er-
regungen sich gliedert. Dissonanz btiiuht auf der Gegensätzlich-
keit oder Verworrenheit der za gninde liegenden Rhythmen. Ebenso
erklären sich die Verwandtschaftsverhältnisse einander folgender
Töne: der Übergang von einem bewußt gegebenen Rhythmus zn
einem anderen geschieht ja um so leichter, selbstverständlicher,
bemmnngslofler» je einfacher oder tlbereinetimmender die beiden
flieh xneiniuider verhatten. In diesem Zosammenbange Tersnebt
Lippe anefa die Hanptgeaetae der Tonalittt begieiflieb zn machen;
er beruft sieh dabei auf die natttrliebe Obeilegenheit des zwei-
teiligen nnd aller doiob 2 teilbaren Rhythmen ttber alle anderen;
er betont ferner die allgemeine ttathetiBche Bedeutung des Gegen-
satzes oder der Hemmung <).
Gegen diese vielumfassende und dabei Überaus einheitliche
Konsonanztheorie reffen sich naturgciüaß zahlreiche Bedenken. Be-
ginnen wir mit den Hpezielleren, die sich gegen die Existenz der
unbewußten Tonerreguugeu und gegen die Analogie d^ bewußten
Rhythmus richten.
In den beiden grundlegenden Darstellungen seiner Theorie (7 u. 8)
ging Lipps, wie erwähnt, von der Rauhigkeit tiefer Töne
ans. Hier sei der ParaUelismus der einzelnen physikalisohen
Schwingungen nnd der gesonderten psychischen »TonanstOßec noch
für das Bewußtsein yorhaaden. — Dem gegenüber haben Hey er
und Stumpf auf regelmäßig vorhandene sinnliehe Nebenerschei-
nungen hingewiesen — : Sohwebungen der ObertBne und Diffbienz-
tOne, begleitende Gerftusehe und (intermittierettde) Bertthrungs-
eniptindungen — , woraus die fragliche Qualität der tiefen Klän^^e
und Zusammenklänge ohne jene Hypothese zu begreifen ist 2). t ur
das eigentümlich Voluminöse, Breite der meisten tiefen Töne werde
ich in einem späteren Zusainnienhan!?e noch eine weitere Mög-
lichkeit empirischer Erklärung aufzeigen (C, III, 4). — Wir
brauchen diese Frage hier nicht weiter zu verfolgen, weil Lipps
das Argument der tiefen TOne neuerdings als unerheblich fallen
gelassen hat (18, 228).
1 8, 124 ff. Für alles Nähere mnß auf Uie oben zitierten, anschanlichea
OriginaldarstelluageD verwiCBtio werden.
2) M,76f.; 1T,84I1 BolaTatBiehHehas in IS 1, 903£ und 86, 337, 604, 619L
^ kj .1^ uy Google
218
Felix Knieg«r,
Gegen die Annahme einer psychischen oder zentnl-physio-
logiBoben Sondenuig der einxelnen Tontehwingongen scbeinen mir
pofliiiy unter anderen die Erftbnmgen an spreohen, die man bei
der ünterbrechong einer pl^BikaliBeben Tonbewegang macht i).
Hau kann yon den LOcbem ehier Shpenenecbübe eine groBe An-
zahl kl beliebiger Gmppiening Terstopfen, ebenso bei Zabnittdem
oder Wellenscheiben innerhalb weiter Grenzen die Anordnung der
Berge und Täler variicrcu, oliüe daß der Ilauptton des Apparates
sich qualitiitiv änderte; (anch der gleiclizeitig entstehende objektive
Unterbrechnngston ist in iiolieni Maße unabhängig von der Anord-
nung der Unterbrechungen V Es läßt sich auf solche Weise ein bunter
Wechsel von verstärkten und abgeschwächten Tonschwingongeii
nnd von vollständigen Unterbrechungen des physikalischen Schwin-
gnngB7organgeB erzengen. Entspräche jeder einzelnen Tonschwin-
gang eine besondere psyehiscbe Erregung, eo müßte von Fall an
Fall dn wenigstens annftbemd paralleler Wechsel des Geaamt-
euidmoks an beobacbten sein. Beim Znsammenwirken zweier so
bebandelter TOne oder eines nnterbroebenen mit einem nicbt nnter-
broebenen Tone mttfiten femer nach den Vomnasetsnngen der Rbytb-
menfheorie alle VerbftltniBse der Konsonanz schwanken. Haben
doch fUr alles rhythmische Wahrnehmen unregelmäßige Unterbre-
chungen und Intensitätssc'hwankuugen die störcndste Wirkung.
Damit kuanucu wir zu der AnaU>gie, um derentwillen die Hypo-
these der unbewußten Tonerregungen liberhaupt aufsrestellt wurde,
und worin ihre überzeugende Kraft liegt; zu der Analo '^ie / wischen
Rhythmus und Konsonanz. Geben wir einmal die Realität der un-
bewußten Tonerregongen and ihren Parallelismns mit den physi-
kalischen Schwingungen zu, wie weit werden dann die Tatsachen
der Konsonanz dadurch begreiflich, daß wir von den Yerhiltnissen
des bewußten Bbythmns aaf diejenigen der anbewnßten Erregungen
znrtlcksehließen? Es ergeben sich nene Scbwierigkeiten.
Wenn beispielsweise noch der harmonisebe Eindnick der kleinen
Terz oder der natürlichen Septime anf einer rbytbmiseben Über-
einstimmnng der nnbewnßten psychischen Vorgänge bembt, so
haben wir dafUr im Gebiete des bewnßten Rhythmns keine strenge
Analogie, denn fUnf neben sechs oder Yier neben sieben Takt-
1) VjL'l. Sch.iefer n. Abraham 48. Sow»'it ich doreu Ergebnigge hier
Terwerte, habo ich sie an einer angeblasenen Weilensirene nachgeprüft.
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Differenztüne oad Kousonans.
219
Boiiligen in der Zeitoinbeit klingen bereits Tölligr nniegelmäßigi).
Solche Einwürfe voranssehend, liatte Lippe in seiner ausfUhrlicli-
j»ten tonpsychologischeD Mitteilung (8, 96 f.) betont, die Grenze
zwischen Konsonanz und Dissonanz könne nur durch die onmittel-
bare Erfahrung an Tunempliudungen selbHt bestimmt werden. »Auch
was sich in der Hinsicht aus der Erfahrung an Taktschlttgen und
Bewegungen oder Bewegangsvorstellangen ergeben mag, beweist
dafür nichts. Trotz aller Analogie darf ja doch der Unterschied
nicht übersehen werden, der zwischen diesen mit Tollem Bewußt-
sein im Einzelnen rollziehbaran und deatlioh voneinander ge-
schiedenen Bewnfilaemsinhalten dnenaeits und den nnbewnfiten,
nnd, jeder ftr Bich, wenig bedeatenden, sngleioh ungleich Bohneller
▼orlibemehenden TonansiOßen besteht« Stumpf erblickte hierin
eine theoretlBeh nnznlässige »Taktik« (17, 27 f.). Darauf erwiderte
Lipps mit einer genaueren Darstellung seiner »mikro-psycholo-
gischeii Betrachtungsweise« (10, 31 Ö'.]. Die einzelnen unbewußten
Tonerregungen und daher auch ihre rhythmischen Einheiten seien,
im Vergleiche mit bewußten Erlebnis«eTi , Vorgänge von selir ge-
ringer psychischer Kraft und Wirkungsfähigkeit. 8ie begründeten
in geringerem Maße die Erwartung des Ähnlichen oder Gleich-
artigen, das Bedttr&ie rhythmischer Znaammenstimmung; und demr
gemäß sei anoh das Gelfthl des Gegensatzes, der Uemmnng, der
JSnttftnaehnng im gegebenen Falle hier weniger scharf.
Man kann es danach begreiflich finden, daB z, B. die kleine
Teis oder die nudtiple Oktave 1 : 16 nicht als Dissonanzen wir-
ken; aber dafi sie ausgesprochene, seharf begrenzte Konsonanzen
dnd? Ich yermag aus den erwShnten nnd ähnlichen ZnaStzen zn
dem Grundgedanken der Theorie nur zu schließen, das harmo-
nische Gefühl müßte unsicherer, weniger diilerenziert, ;uich weniger
bildungsfähig sein als das empirisch bekannte rhythmische Geftlhl,
— während es sich tatsächlich ohne Zweifei umgekehrt verhält
1; Hoheneinser scliieibt gelegentlirli seiner erweiternden Verteidigung
der Lippsächen Theorie {40, 103) der uatlirliehen Septime 4: 7 >entschiede-
nen Diuonaiudiankter« so. Auf graad nUr^cher Beobachtnogoi an mir
and anderen beitardte ich diese dieoietiscbe Behaaptimg. Die natürliche
Septime klingt entschieden konsonant, konsonanter sogar als die kleine
Ter? Preyer bemerkt einmal, sie sei »^5 fitere wohlklingender als die kleine
Si'\ie« ;6, 64), was ich bestätigen kann. Die im Texte hervorgehobene
Schwierigkeit wird natürlich noch größer bei diesem Intervall (5 : 8), dessen
KoBSOBtiiachankter allgemein sngeetuden ist
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220
Ffliiz Knieger,
Ich erinnere noch an die jeder rhythmischen Analogie spottende
Ansahl gleichseitig möglicher lud wohlgefällig wirkender Har-
momen. Veigegenwärtigen wir uns den einfaehsten der harmo-
nischen Akkorde, den Donkkord 4:5:6. Er mag in mehrfacher
OktavenyerdoppelnDg anitreten; die PrimMrtOne mttgen anfierdem,
wie das in der praktiBohen Hnaik darohans die Regel ist, jeder
Tier oder mehr ObertOne bei eieh ftthien; dasn treten regelmftfiigi
aneh ohne Mitwiikang von ObertOnen, die Diffeienztttne 1, 2
und 3: so wird durch alles dies der Eindruck der Harmonie nicht
uii(l.'ut!icher und für da» Gelühl eher verstärkt, eine ^reringe Ver-
ötimuiuii:: eines einzigen dieser Töne kann deutlipb als unange-
nehme iJiöHoiiauz empfunden werden. Und nun verj^leirlie man
in bewußten Rhythmen auch nur die Zusammenstimmuni^' der Ver-
hältniflse 4:5:6; hier ergibt sich ein Durcheinander, das ich
von dem Verhältnis 7:8:9 oder jeder beliebigen Unre^lmäBig-
keit nicht onterscheiden kann.
In einem wichtigen Punkte, auf den znerat Stumpf aufmerkuun
machte (17, 28 f.), mttfite nach den Vorauasetningen dieeer Theorie
unser GehOr wiederum feiner arbeiten, empfindUoher reagieren,
al8 es das in Wirklichkeit tut; es mufite Unterschiede der physi-
kalischen SchaUbewegungen wahmelimen, die tats&ehUch für die
Wahrnehmung nicht existieren. Als ich oben das Schwingungs-
verhältuis der Oktave in die Analogie bewußter Rhythmen Uber-
setzte, nahm ich ausdrücklich an, jedes Glied der langsameren
Schla^H'jlire falle mit jedem zweiten Schlage der schnelleren ^euau
zusammen. Nun ist aber bei Zusammeuklänf^en der analoge Fall,
daß nämlich Sc Ii wi i>gqngmnftx ma. zweier Töne periodisch koinzi-
dieren, nur auanahmsweise yerwirklicht, welches auch das zeit-
liche SchwingongSTcrhttltnis sei. Und auf der anderen Seite ist
es nachgerade als eine experimentell geeieherte Tatsache zu be-
trachten, daB beliebige Phasendifferensen der Schwingungen
keinen Unterschied des Wahrnehmungsinhaltes bedingen, weder
in der Qualitttt der einzelnen TOne noch in der Konsonans oder
Diflsonana noch in irgend einer anderen Beziehung i). Auf die
Schwierigkeit, die hieraus der Rhythmentheorie erwächst, ist Lipps
leider noch nicht eingegangen, liuheuemser (40, 85 f.] begegnet
1) Lind ig (44) hat neuerdings, mit besseren Methoden als seine Vor-
gänger, wohl endgültig naefagewieien, daee die Phaaen auf die Klang&riie
keinen Einfloß haben.
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DUhranxtOne und Konaonins.
221
ihr mit pmz unzureichenden Grttnden; seine Arg:nnientation liinft
duraal' hmatis, daß es ja auch synkopische Rhythmen gebe. Aber
einmal ist die musikalische Möglichkeit solcher dynamischen Ver-
schiebung auf bestimmte nnd wiedemm regebn&ßig gegliederte
ZeitverbUltnisse besehfinkt, wfthrend es unbegrenzt viele M9glieh-
kdten der PhaMiiTerfloliiebnng gibt Und vor allem: jeder syn-
kopische Rhythmus ist filr das Bewußtsein denüich von dem ent-
spieehenden einfachen renchieden, nibnlich komplizierter; dag^en
lind Phasennnteisehiede der Tonschwingnngen, alao aneh jener
unbewußten Erregungswellen fUr das Bewußtseha der Konsonanz
Oilcr Dissonanz gleich^Ultij?. Hohenemaer gibt zu, daß eiu echter
RliVlhmiis durch synkopi^ciiu Verschiebungen erheblich veriindert
wird; aber er beruhigt sich bei der Möglichkeit, daß >e8 sich auf
dem Gebiete des unbewußten Rhythmus anders Yerhalten könnte
als auf dem des bewußten«.
Oh Schwingungsmaxima der unbewußten Erregungswellen perio-
diseh koinsidieren oder nichti davon dnrf wie wir sehen, die Seele
niehti merken; sie hat indessen nach Hohenemser (a.a.O. 91 ff.)
die Ffthigkeitf jeden Erregangsroigang eines Tones mit HUfe der
rascheren Errangen dnes höheren in vier gleiche Tdle zu zer-
legen, genau za halbieren und dergleichen.
Lipps selbst liißt in seinen neueren Arbeiten die Analogie des
bewußten Bbythmos mehr zarBoktreten (9, 10]. Wie »der Rhythmus
in der Region des unbewußt Psychischen sich ausnehme«, könne
niemand wissen. Das Wort »Rhythmus« bedeute ihm in dieser
Frage nicht mehr als >die Art des Ablaufs eines \ Orirunges, die
Art der Fol^re oder des Wfi hsels seiner Momente«. Die Khythnieu-
tbeorie setze im Grunde nur eines unbedingt voraus: die Möglich-
keit, daß dem unleugbar vorhandenen Moment der Übereinstim-
mung zwischen den objektiren Reizen harmonischer Töne irgend-
ein irgendwie zu denkendes Moment der Obereinstimmung in
den zngehürigea nnbewoßt psyohisehen oder letzten physiologiBehen
Prozessen enispredie«. — Diese MOgliehkeit ist in der Tat nur
bestiaitbar und, was die ^ysiologisehe Seite der Sache angeht,
anob als das WahrseheinlichBte Toranssnsetzen. Anf die f^rage
des unbewußt Psychisehen komme ich am Ende dieses Kapitels
zurück.
Die letzte gegen Stumpf ^^cricUtcte Darstellung legt in ihrem
positiven Teile das Hauptgewicht auf die Dauer der Perioden,
Digiii^cu by Google
222
Felix Knieger,
innerhalb deren ein jrlcicharti^r Ablauf unbewnßter Vorgänge sieb
Tollzieht. Da« Cbarakteristiacho der Konsonanz besteht dann in
der relativ kurzen Zeitdauer dieser unter sich ^leichartigeu Perioden,
in der Schnelligkeit und Unmittelbarkeit ihrer Aufeinanderfolge.
Ähnlich betont Hohe Tiem 8 er EiiMiiiiiien&saend (40,84), »daß der
Theorie znfolge in einem ZasammeDkUmg KoDflonanz besteht, so-
fern AnBtQfie der einen Reihe mit eolehen der andern In regel-
m&Bigen ZeitabatSnden anBammentreffen, Diflflonanz dagegen, aofem
die innerhalb dieser ZeitahstHnde erfolgenden AnatOfie beider Beihen
meht zBBaiDmentreffen, nnd dafi die Seele ^e Tendenz hat, die
einmal begonnene Tfttigkeit fortsoBetaen . . .« — In irgend welchen
Zeitabständen treffen nattlrlich bei jedem, auch dem komplizier-
testen S( hwiii^^uiigsverhältnisse Tonanstbßi der beideu Keihen
regelmäßig zusammen und wiederholt sich genau der gleiche Ab-
lauf. Eb ist nls ) die relative Gruße dieser Zeitabstände gemeint
Wollte man sich aber hierauf beschränken — einschließlich jener
psychischen Trügheitstendenz — so wäre a. B. 1:7, 1 : 13 oder
1 : 12 konsonanter als 1 : 16, n. dergl.
Der Mnsiktheoretiker Polak hat kurzlieh mit grafiem FleiSe
die Haaptgeaetze der Akkordlehre nnd der Tonalitftt aas der Lipps-
sehen llieorie abznleiten Terancht, indem er das Zeitmoment, d^ h.
die relatiTe Daner der periodisch wiederkehrenden gleichartigen
GeaamtTOigänge in den Hittelpnnkt rUckte (85). Ein Akkord iat
danach nm so konsonanter, je kleiner die relative Freqnenzzahl
seines höchgten Tones ist, je häufiger in der gleichen Zeit alle
Schwill LH iiiTäreihen periodisch zusammentreffen. Aber uaturgcuuiÜ
wird Polak immer wieder zu dem Zugeständnis gedrängt, daß
offenbare Tatsachen des musikalischen Bewußtseins dem wider-
sprechen, daß noch andere psychische Momente herangezogen
werden mtlssen (S. 11, 46, öl, 120), und er selbst arbeitet tlberall
mit völlig heterogenen Faktoren, wie logische Faßlichkeit, Sym-
metrie, Ldigerang and niaprItngUcher Charakter der Intervalle.
Sieherlich ist Lipps k^eawegs geneigt, adne Theorie anf die
relaÜTen Zeitabstlinde der Koinzidenzen einznsebrSnken. Es mnBte
aber bei dem gegenwärtigen Stande der Diskaasion aasditteklich
gesagt werden, daß nicht etwa anf diesem Wege die oben aaa-
einandergesetzten Schwierigkeiten zn Tcrmeiden sind.
Die systematische Einheitlichkeit der Lippsschen üieorie nnd
ihre vorwärtstreibende Kraft liegt — abgesehen von der reinlichen
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DUfeNostÖne und Konscnuns.
223
Abgrenzung des psychologischen gegen das physiologische Problem
— gerade in ihrer konkreten Ausgestaltung, in der Hypothese,
daß die den Tonempündungen »za gninde liegenden« psychigchen
Vorgänge rh^ihmisch verliefen, rhythmisch im eigentlichen Sinne,
und daß sie wie bewußte Rhythmen wirkten. InBonderheit
sdbien dueh die Analogie des fihytiunns ^nm ersten Male die
MUgfiehkeit gegeben, die Geftthlstaisaelien der Konsonanz und
Dissonana psyehologisoh an begreifen. Irre ieb nieht» so ist diese
Seite der Bhyfhmentfaeorie ihren Yertreteni selbst die wesent-
liebste; und sie .wird theoretiseben Wert behalten, Mßk wenn,
wie ich glanbe, die ganze Lehre von den unbewußten Tonerre-
gnngen fallen muB. lu den pefllblsmiißigen Wirkungen vor allem
besteht eine empirische Analugiti zwischen Rhythmus und Konso-
nanz. Der psychologische Zusammenhang der beiden E^8cheimlDL^--
gruppen ist wahrscheinlich verwickelter, als die Rhythnientbeorie
ihn beschreibt; schwerlich erleben wir einfach parallel den einzelnen
Tonschwingungen mikropsychische Rhythmen. Aber schon der Hin-
weis anf den tatsächlich hier bestehenden Zusammenhang nnd der
vielseitig dnrohdaohte Lippssehe Versuch einer ErkUbnuig wird
Teihttten, daB man die Frage naeh dem Gefühl der Eonsonans
ignoriere oder mit physlologisehen Sehlagworten abfertige; er wird
die Biychologie antreiben, den Znaammenhang empirisch weiter
an verfolgen.
Znr Frage des »Unbewußten« im Tongebiete.
Gelegentlich einer seiner letzten Veröffentlichungen fordert
Lipps mit Recht, daß die Kritik seiner Konsonanztheorie zwischen
dem allgemeinen Prinzip und meiner spezielleren Ausdeutung unter-
scheide (9, 28). Jenes Prinzip wird am allgemeiusteu dahin for-
mniiert, daß der Übereinstimmung in den physikalischen Schwin-
gnngsverhältnissen irgend eine Übereinstimmang in den zugehörigen
psyohischen Vorgängen enh^reehe. Was nnn die bewußten
psjehisohen Erlebnisse betriffi, — Uber die fireiUeh die Rhythmen-
theorie hinausgeht — so ist es nidbt nur eine »natBrliehe Ver-
mutung«, sondern eine Tatsache» daß alle Konsonanzen unter
sieh und alle Dissonanzen unter sieh fttr das Bewnfitseln
etwas Übereinstimmendes habend). Ebenso liegt auf der physi-
1) Es muß hier auf einen Dopiielsinn des Wortes >Cbcrein8timmung<
hingewiesen werdeo. Wenn Lipps z. B. (10, 20 und vielfach ähnlich; sagt:
224 f'ela Kru«ger,
kftliiehen Seite ein paiaUelee Moment der Ol>ereiiiitlmmiiiig in der
relativen Einfachheit der Schwingangsverhältnisse. Die Frage ist,
wie jüiic bewulite Übereinstimmung und ihre Abstufan^^eu psycbo-
logisch zu erklären siüd. Stellen wir nur fest, daß die grüüere
oder gering-ere Einfachheit der rniitln matisch-phyBikalischen Ver-
hältnisse durch irgend weUiic. iles Naiveren unbekannte Mittel-
glieder hindurch den bewußten Eindruck der Konsonanz bezw.
Dissonanz bedinge, so entfernen wir nns allerdings nicht von all-
gemein anerkannten fiinaiohten der Physik und Psychologie; aber
damit aDein kommen wir auch nm keinen Schritt tlber Deseartee,
Leibnis und En 1er binans, die im Gründe eben dies gelehrt ind
allee Weitere onbeatimmt gebuMien hatten.
Aber Lipps nimmt noch eine Bestimmung in sein allgemeines
Prinzip auf, die sich keineswegs von selbst Teisteht: jene Bfit-
tolglieder, die Triger der zn eridärenden Übereinstinmmng, seien
psychischer Natur, und weiter, sie seien unbewußt Das Erste
wird von Stumpf und vielen anderen bestritten, die im Gegen-
teil behaupten, das ursprüngliche Konsonanzbewußtsein lasse sich
psychologisch nicht weiter zurückilihren, und seine Erklärung
mUsse der Physiologie ausschließlich Uberlassen bleiben. Ich deu-
tete bereits an, daß ich in dieser Vorfrage Lipps und der älteren
Theorie zustimme, nnd werde dies im systematischen Teile der
Torliegenden Untersuchnng durch Tatsachen nnd den Yersndi ihrer
theoretischen Yerbmdnng begründen. Denn nnr so kann, hier wie
ttbeiall, das Recht der psychologischen FhigesteUnng und Hefhode
bewieaen werden. Worin ieh aber, mit der Hehizabl der Psyeho-
logen, Ton der Lippsseben Theorie prinzipiell abweiehe, das ist
der znletit erwfihnte, von Lipps mit besonderer E<nt8chiedenheit
vertretene Gmndsatz, wonach die Bewußtseinstatsacben der Kon-
sonanz auf etwas seiner >«atur nach Unbewußtes zurückgeführt,
>Für mich ist die Konsonanz eine Art der Übercinstiiniüttng, und diese Über-
einstimmong ist die Bedingung der Lust«, — ao bezeichnet er diunit etwas
ganz Anderes, Eonkreteree, nimlieh die von Ihm imh. der Analogie des
Shythmus gedeuteten Besidrangen der BegelmlOIgkeit Bwisdien den von
ihm hypoetaaierten Elementen eines jeden einzelnen konsonanten Er-
lebnisses. Dfijre^en bcJeutet das Wort > Übereinstimmung« im iretrenwilrtifrcn
ZusamTuenliauge uiclitö weiter als die gar nicht näher bestimmte Ähnlich-
keit aller Gesamtcricbnisse der Konsonanz ontoreinander und ebenso
der IKiaonens. Nur diese Ähnlichkeit iit eine onmittelbar gewisse Tetesehe;
jene »rhjthmisehe Obereinstinmniigc igt Lipps* Hypothese.
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DifferenztOne oad Koinonamt.
225
durch dessen Eigrenschafteu und Verhältnisse erklärt werden müß-
ten. Es wäre mm scbliinm, wenn die Theorie der Konsonanz
nicht weiter k<>nnte, ehe das viclverschlnngene Prolileiu des ün-
bewnßten allfcemciu befriedigend gelöst wäre. Vicimeiir ist zu
hoffen, daß gerade die sorgtUltige und vororteilsfireie Beaohreibiing
der akustischen Tatsachen einige Ordnung in diese G^egeiuAtBlich.*
keit der Meinungen (über das Unbewußte) bringen kann, — deren
Vertreter ja £Mt samtlieh auf ErlebniflBe des GehOrs sieh se
benifen pflegen.
Lipps lietont oft, das Unbewnfite In dem ▼on ilun vertietenen
Sinne Äm Wortes spiele sebon in den einfachsten seeliaelieii Vor-
gängen seine maßgebende Bolle; als der eigentliehe Träger aller
psychischen Bewegung könne es hi keiner genauen und vollstän-
digeu Bcsciircibaüg irgend cmes psychischen Tatbestandes friilcn;
es werde vielmehr allenthalben implicite mitgedacht, und wo einer
nur das Wort nicht liebCi unter anderen, verschleiernden Bezeich-
nungen eingeftlhrt.
Als Beispiel dient ihm das Yerschmolzenseiu mehrerer Töne zu
einem Klange (9, 6Ö0]. Ist die »Verschmelzung« beim Hören des
Klanges TOllständig, so finde ich im Bewußtsein keine Hehrheit
vor, sondern nnr einen angeteilten Empfindangeinhalt Kon kami
ich, ohne daß der phystkaliscbe SeliallTorgang sich ändert, nnter
gewissen sabjektiven Bedin^ongen {der Anfinerksamkdt] die ein-
seinen TOne gesondert aas dem Klsnge »beraasbSren«. leb sage
daher, die Teiltltee mnn aneb vor der Analyse sehen in dem
Klange enthalten, nieht nnr physikaliseh in der objektiven Schall-
bewegung, sonderu auch psychologisch: in dem psychischen Er-
lebnis des Klanges. Und doch war dieses der Voraussetzung
gemäß streng einheitlich, enthielt ftir das Bewußtsein keinerlei
unter.scbicdLiie Teilempüudungen. Also, schließt Lipps, wnreu
die Empliudungen der Teiltöne in dem nicht analysierten Klaug-
eindruck unbewußt vorhanden, als unbewußte Empfindungen.
Klanganalyse ist »Bewußtwerdung unbewußter Voigängec Ahn-
lieh beschreibt Lipps den einfaeben Fall des nnanalysierten Zwei-
klanges, der doch subjektiv analyi^ert werden kann (a. a. 0. 660):
»Zwei T5ne mttfite iob in h(}ren erwarten, weil [?] die ihnen ent-
spreohenden objektiTen Bedingmigen gegeben sbid; leb würde sie
auch woU bOren, wenn zugleich gewisse subjektive Bedingungen,
beispielsweise die Bedingungen der Anfmerksamkeit erfiUlt wären.
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226
Felix Kruegei,
Da aber diese letzteren niclit erfttllt sind, so tritt an die Stelle
der MeMeit ftr mein BewnBtsein etwas Anderes und rdatiT
Isüues, nämlich die Einheit des Klanges«.
Hier ist treffend darauf hiij;:( wiesen, wie ich zu dem Urteil
komme, daß die beiden Teilenii tinilungen schon in dem unanalj-
sierten Gesaniterlebnis des Klnup^cs psychisch irgendwie enthalten
seien: ich erwarte, unter bestimmten rein subjektiven Bedingungen
sie ftlr sieh za erleben, gesondert vorzufinden. Wie komme ich
aber zu dieser Erwartung? Offenbar nur durch gewisse bewußte
Merkmale des gegenwärtig Wahrgenommenen nnd durch d^ darin
gelegenen Hinwos anf frühere £rfahrongen einer bewußten snb-
jektiven Analyse. leh erlebte zu wiederbolten Halen bei ent-
spreehender Änderung der Anfmerksamkeitsriobtimg den Ober-
gang einer ähnlichen nngeteilten Klangwabmehmung in die (mehr
oder weniger denfUebe} Uebrbeit der Teilempfindnngen und om-
f?ekehrt Das Kontinuierliche dieses Überganges und ebenso die
Aliuiicbkeit, die tlle seine Phasen für mein Bewußtsein verbindet,
kommt bei Lipps zu kurz.
Es ist ferner irreführend, wenn er au der citierten Stelle, und
sonst mehrfach, mein Wissen um die objektiven Verhültuisse in
deu Vordergrund stellt. Dieses physikalische Wissen kann völlig
fehlen, und doch jene ansschlaggebende Erwartung auf Gmnd der
subjektiven Erfahrung da sein. Aach ntttzt mir das Wissen nm
die physikaUsehen Verhältnisse nichts ohne diese snbjektiyen
Erfisbrnngen. Wenn ieb z. B. ein bestimmtes spektrales Bot nnd
ein bestimmtes Grün gleiehzeitig auf meine Netzhaut wirken lasse,
sodaB ieb ein rdneSi Tellig einbeitlicbes Gelb sebe, so darf ieb
keineswegs erwarten, dnreh Andemng snbjektiTer Bedingungen
die physikalischen Komponenten dieses Gelb als Rot- nnd Grtin-
cmpfiudang gesondert zu erleben. Ich finde es auch als Psycho-
loge nicht notwendig, ja nicht einmal sinnvoll, anzuuehmen, daß
der so eüLstiiiulcneu Gelbempfindung zwei unbewußte Empfindun-
gen, de? Krtea und des Grünen, >zu gnmdc lägen«. Dagegen
scheint mir die objektivistische Art, wie Lipps teilweise die akn-
stisohen Tatsachen beschreibt, notwendig zu dieser Konseqnens za
führen; weshalb auch, nebenbei bemerkt, seine Konsonanztheorie
den Einwand nieht tlberzengend abznwebren Termag, daß im Ge-
biete der Farben die Einfaebb^t der SebwingnngSTerbältnisse
keinerlei Harmonie bedingt
. j . > y Google
DifferenztOne und Konaonaio.
227
Der Lippssche Be^riflf des Unbewußten geht über das Gebiet
der psychologischen Erfahrung hinaus; er enthält mehr als eine
Znsammenfassnng psychischer Tatsachen, nämlich zugleich eine
rein hypothetische d. h. nn verifizierbare Deutung dieser Tatsachen
nach physikalischen Analogien. Das beweist die konkretere Faa-
BQDgi die Lipps den nnliewiißten Tonempfindongen zun Zweeke
seiner Eonsonanstheorie gibt Danaeh sollen sie» wie wir sahen,
ans nnbewoBten Einzelerregnngen sieh gBHaminmisetgen, welche
anbewnBten Erregnngen an Zahl nnd Ablan&weise den einzelnen
physikalischen Tonsehwingungen entsprächen. Fttr diese Kon-
struktion finde ich in der Erfahmng keinen Anhalt, noeh weniger
eine Notwendigkeit. Sie ist auch, wie ich noch genan<9)' positiv
zu zeigen hoffe, nicht notwendig zum Begreifen der Klanganalyäe
und -Verschmelzung. Hierbei handelt es sich um tatsächliche Zu-
sammenhänge, über die, so^vcit wir sie bisher zn erörtern hatten,
im wesentlichen nur ein Streit der Nameng;ebuDg herrscht. Aber
Lipps redet hier wie im Falle der »mikropsychischen« Erregungen
von unbewußten psychischen Vorgängen und gibt damit demselben
Terminus zwei sehr verschiedene Bedentangen.
Der Usteisehiedy anf den es mir gegenwärtig ankommt, besteht
nieht in einem GrttBer nnd Kleiner, niebt darin, dafi die unbewuß-
ten Erregungen als letzte Elemente angesehen werden, ans denen
die unbewußten Empfindungen z. B. zweier Töne im unanalysier-
ten Zusammenklang sich erst zusanmiensetzen. Sondern: im einen
Falle (Beispiel der Klangverschmelzong) haben wir es mit einer
verilizierbareu Theorie, d. h. mit einer Beschreibung: von Tatsachen
zu tun, — im anderen nicht. Allerdius:s spielt, wie wir sahen,
die traiiäjeinpirische Bedeutung des Wortes »unbewußt« bei Lipps
auch in die Beschreibnng jener Tatsachen hinein. Ferner versteht
Lipps zuweilen, auch in akustischen Zusammenhängen, unter
nnbewnßt dasjenige, wovon ich mir »keine Rechenschaft gebe«,
was ich nicht beurteile, namentlich nicht als Psychologe beur-
teOe. Danach wäre z. B. ein bewußt gesehenes, deutlich von
seiner Umgebung untersehiedenes Blau doch insofern »unbewußte
ab ieh nicht sngleleh »mir bewußt bin« oder das »Bewußtsein«
habe, d. h. urteile: ieh sehe Jetzt blau.
Niehl ans Abneigung gegen das Wort, sondern um der Ein*
dentigkeit der Begriffe willen werde ich daher im folgenden, wo
es sich um psychische Tatsachen handelt, den mißverständlichen
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228
Felix Kroeger,
Antdrack »nnbewiißt« ganz vermeiden. Dabei bin icb dnrehaas
überzeugt, daß keine psychologische Theurie bei dem im Bewußt-
sein fttr sich Gegebenen und Uuterschiedenen stehen bleiben
kiiim. Wo ich darüber auf Grund der Tatsachen hinanszugehen
iiabe, werde ich von »verschmolzenen^ oder »ungeßchiedenen«
Teilen des Bewußtseinsinhaltes reden. Ich versuche, den
empirischen Sinn dieses Begriffes an dem schon henuigesogenen
Beispiel der Klangverschmelzung zu erläutern.
Einem musikalisch wenig Geübten, der nichts von Tonsehwin-
gnngeiii ObertOnen, überhaupt von Akustik weiß» gebe ieh, ohne
daß er hinseben darf, die beiden einfaekoi objekttven TOne e
und e< tfhgleieh an. Der höhere dieser OktaventOne mag objekti?
sehwieher sein als der tieÜBre. Hein Beobaehter uteilt: »ein
Ton«. Idi fordere ihn auf, genau hinzuhören, eh nicht der »Ton«
aus mehreren zusammengesetzt sei, vielleicht aus zweien ; nötitren-
falls gebe ich zwi^ichendurch c und c* einzeln an; vielleicht aus
diesen beiden? Der rrefra^e stellt seine Aufmerksamkeit so ein,
wie er zu tun pflegt, wenn er in einem Tongemisch verschiedene
Töne unterscheiden, wenn er lerner zwei Töne der Höhe nach
vergleichen will. (Wie solche »Einstellung der Aa&nerksamkeit«
zustande kommt, braucht hier nicht erörtert za werden, ebenso-
wenig, warum die gesonderte Wahrnehmung des c und des die
Analyse erleichtert) Es entgeht meiner Versuchsperson nicht, daß
der in Frage stehende Emdmck e-hc^ qaalitatiT etwas verschieden
ist Yon dem allehi yoigelegten o wie anch von c^. Schließlich er-
kennt er, daß 2 TSne in dem Klange »enthalten« seien. Hiermit
begnttgo ich mich. Ich lasse nunmehr den Zweiklang ununter»
brochen fortklingen. Der HOrende findet, daß die beiden unter-
schiedenen Tiine zeitweise wieder zusamnieiilliclk'n, nnuuterschcid-
har werden; dann gelingt es ihm wieder, sie auBeinandcrzuhalten.
in diesem Falle erlebt er keineswegs im Vergleich mit jenem, der
vollständigen Verschmelzung, etwas »völlig Neues« — wie Lipps
9, 550] betont. Er erlebt einen bald rascheren, bald langsameren
Wechsel kontinuierlich ineinander übergehender Bewußtseins-
zustände; er merkt die Abhängigkeit dieses Wechsels von der
wechselnden Sichtung und Anspannung seiner Aufmerksamkeit;
er hat endUch gleichzeitig das Bewußtsein einer nahen und eigen-
artigen Ähnlichkeit aller dieser ZustSnde untmnaader. Es ftUt
ihm daher nicht ein zu sagen, daß »der Klang« sieh lodere;
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DiffBremtOne und KonBonans.
229
Bondem er urteilt: ich höre immer imd hOrte Ton vomhereiD zwei
gleichzeitige Töne, die nur nicht ganz leicht auseinander zu halten
flind. PBychologifloh betrachtet, weehselt hier, onter anderem,
der EmpfindongSEiiataiid des Hörenden. Kamenflieh sind die
extremen Fülle: der Tollstttndig gelnngenen nnd der ▼aUstSodig
unterbleibenden Analyse erheblioh voneinander versehieden.
Ich sage nnn: im zweiten Falle — der ToUstliadigen Ver-
sclimelzuDg — sind (neben vielen anderen) zwei Teilinhalte, = c
uiid = c\ im Gesamtbcwußtüeiu des Beobacliters entbiikcu,
über »verschmolzen« oder > ungeschieden In dem Gesagten ist
schon eingeschlossen, daß es Grade der Veröchmelzung oder der
Untersoliiodenbeit gibt. Der Ausdruck »Gmde des Bewußtseins«
oder der »BcwuUtheit« wird immer dem Spraciigefühl zuwider-
laufen, mehr noch dem GefUhi des kritischen Kenners gewisser
historisch vorliegender Theorien. Lipps hat sich wiederholentlich
entsohieden gegen diesen Ansdnick verwahrt Aber er mafi dooh
im Falle der Analyse von einer »BewnSt werdung« sprechen, —
ein neuer Grund, den Gegensals »bewufit— unbewußt« hier ttber-
banpt nicht einsufthren. Vorgänge, die »ihrer Natur naeh un-
bewuBt« wUren, konnten auch niemals bewnfit' worden. Wir
brauchen aber einen wissensehalllidien Ausdruck fUkt den be-
wußten, in der Zeit verlaufenden Übergang des unaualysierteu
Ganzen in seine Teile, und umgekehrt, — wie er soeben beschrieben
wurde. Gelegentlich bezeichnet Lipps das alhnäblielie Heraus-
hören von Teiltönen au8 einem Klange kurz durch den 8ntz- »Die
Aufmerksamkeit bewirkt, daÜ Touieize sich mit gewisser Energie
zu selbständigem Bewußtsein durcharbeiten« (7, 134). Diese
Ausdrucksweise nithert sieh der hier vertretenen; nur daß ich
statt »Tonreise« vorsiehe su sagen: »versdimolzene (akustische)
Teile des BewufitMinflInhalis«.
Es ist ja richtig, daß ein solcher »Teil« vor aller Analyse, also
bei vollstindiger Yersohmelzung mir nicht in der Weise ge-
geben ist, die man — auf grund mannigfacher Abstraktionen — als
»bewuftfe Elnzelempflndung« bezeiehnet. Sicherlich ist mein Em-
pfindungsinlialt vor der Analyse ein teilweise anderer als danach.
Aber es besteht ein gesetzmäßiger pflychischer Zusammenhang
zwischen den Stadien der Yerschmekung und der Analyse. Nor
1) T, Kap. UL Vgl. Zeitiehr. f. PiyohoL Bd. 8 (1805], mt
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230
F«Iiz Knieger,
dieser von jedennauu erfahrbare ZoBammeiibaii^^ psychischer Tat-
sachen rechtfertigt den Begriff der nn geschiedenen Teile des
Bewußtseinsinhaltes oder — um dieselbe Sache noch anders ans-
svdrttcken — des nnanalysierten Komplexes. Der Ausdruck
»imanalysieTfeer Komplex« beieielmet begriffUeh genau denselben
ErfidinrngSEOsammenliangy wie der der »ongesehiedenen Teile«,
nur ron einer anderen Mte gesehen, Tom Standponkie des kon-
kreten Gänsen, dem die Teile angefahren. Gewiß ist mir Tor jeg-
Hoher Analyse der Komplex nicht im Sinne einer Hehrheit nnter^
Bchiedener Teile gegeben. Aber ich bezeichne das Erlebnis des
unauaU feierten Klanges als »Komplex«, weil ich ans Erfahmng
weiß, daß eg unter gewissen subjektiven Bedingungen regelmäßig,
bewußtermaüeu und kontinuierlich in das andere Erlebnis der ge-
sondert wahrgenommenen Tciltöne Ubergeht So oft das wirklich
gesohieht, habe ich das unmittelbare Bewußtsein dieses Über-
ganges nnd dieses Znsanmienhanges. Wenn ich ans einem anfangs
ganz einbeitlieben Klange einen Teilton heianshOre, so besteht der
unmittelbar erlebte Zusammenhang der beiden BewoBtseinBiustiiide
nieht nur in der Erinnerung an den soeben stattgefondenen Ober-
gang; der neue Empfindnngsinhalt selbst ist qfualltatiy ein
anderer, als wenn leh den herausgehörten Ton allein empfände.
Der innerhalb des Komplexes wabi^nommene Tefl »ist nunmehr
nicht der einzige Inhalt unserer Gehörsempfindnng, sondern erscheint
deutlich untersclAeden von einem gleichzeitigen Klau^liiuter-
grund, über welchem er mwissermaßeu zu schweben scheint, und
der seinerseits eine gewisse Ähnlichkeit mit dem vorher gehörten
einhe'.tlicheu Khinge aufweist«^). Dieselbe Ähnlichkeit, die sich
naturgemäß zunächst zwischen den Gesamterlebnissen im Ver-
lauf einer Analyse offenbart, verrät sich für den GeUbten, d. h.
deigenigen, der die £rfalurung mehrerer Klanganalysen besitzt,
schon beim Hören eines noeh völlig einheitlichen Klanges: in der
Klangfarbe >). Es ist deshalb eine halbe Wahrheit, wenn Lipps
1) Cornelius 26, 144.
2) Diese Ähnlichkeit ,die Ähnlichkeit in dieser bi :'timuiten >IIin8icht«'i
fehlt, wenn nur ein einzelner, einfacher Ton gegeben ist und dieser etwa
objektiv Mine H^fhe ändert» meh wein die iUderung konti&uierHeh gesehiebt,
und als soldie toh mir wabigenommen wird. Es fehlt hier femer die Be*
Ziehung zu analogen Erfahrungen einer subjektiven Analyse. Ich erwarte
daher in tliescni Falle nicht, durch Änderung der AnfmerksaiDkeitsbedin-
gungen eine gleichzeitige Tonmehrheit wahrzunehmen, und urteile nicht, daß
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DifferenztüDe uud Koasonauz.
231
betonti Im Stadium der yoUatttadigen Venclmielzmig sei »fti WMet
Bewnßtniii Jede Mehrheit yon Tönen absolnt verloren«, der Inhalt
der yerechmolBenen Tonempfindnngen sei >fttn Bewnfitaein in
keiner Weise yorhanden« (9, 550, 551), oder: »statt daß ieh mir
zweier . . . yersehiedener TOne bewn&t bin, findet sieh in meinem
Bewußtsein nur die eine, jede solche Verschiedenheit ans-
schließeude Tonqualität, die ich als Klang bezeichne« (S. 560;.
Für den einigermaßen Geübten schließt vielmrl r die eigentumliche
niid bekannte Qualität des Klanges das Vorhaudensein verschie-
dener (uDgeschiedcner) Teile ohne weiteres ein. Nnr läßt sich
dieser bewußte Tatbestand mit dem Lippsschen liegriöe unbe-
wußter Empfindungen erschöpfend schlecht beschreiben. Dem
ydllig Ungeübten ist mit einem einheitlichen Klange noch nicht
der Hinweis anf die mdgliohe Analyse gegeben; aber aneh er em-
pfindet (bei normaler Konsfitaticm) den ohaiakteristiscfaen Unter-
schied der Elangfiirbimg zwischen einem ein&cheni einseln gehörte
Ton nnd einem Klange; nnd dareh weitere Erfahmngen in der
Elanganalyse — erwirbt er eben nach nnd nach die Vorbereitang
und damit die Erwartungsnrteile eines »Geübten«.
Innerhalb gewisser Grenzen kt5nnen hier wie Uberall eigene
Erfahrungen durch Erfahrungen mulerer ersetzt werden. So wird
im folgenden oft von Teilemptindnugen die Rede sein, die in
Zweikläugeu enthalten sind, — obwohl sie von vielen noch niemals
als solche wahi^enommen oder erwartet worden. Aus meinen
eigenen und einiger anderer Beobachter experimentell geregelten
Analysen darf ich schlieBen, daß jeder Normalhörende unter den
angegebenen Bedingtmgen diese Teile bewußtermaßen miterlebt,
aneh wenn er sie nicht gesondert wahrnimmt
Sehließlieh wiederhole ieh, daß mein saehlicher Widersprach
gegen das »Unbewnfite« inLipps* Konsonaaztheorie sieh im wesent-
lichen gegen die spezielle Ausgestaltung dieser Theorie richtet:
gegen den Begriff der an sich unbewußten (mikropsychischen)
ErregnntrcM, die jeder Tonenipfiudung, den gesondert vvalir-
genoüiiiicuen wie den verschmolzenen zu gründe lägen i). —
die Buccesfsive wahr^cnoinineae Mannigfaltigkeit von Tönen in dem anfäng-
Ucben Erlebnis irgendwie enthalten sei.
1) Aach einer, von Lipps smrdlen angedenteten Obenetmiig diMer
»anbewoßten Etngangen« ins PhyeiologUehe, als aervf^ae Elementar-
▼oigilagB, kann ich nicht snathnmen; ebiinal ans phyrioloKieefaen Grttnden,
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232
Fdix Siii«g«r,
Dap:c£:en ist es, wie gesagt, mehr eine FrafTf dir Niimengebung,
ob mau von »unbewußten« Voretclliiurren oder lieber von tct-
Bcbmolzenen, angeschiedenen, nicht gesondert wahr!rpnommenen
Teilinhalten dM Bewofitaeiiis sprecheu will, wo es sieb um Elemente
liandelt, die sngestindenermaBen bei bloBer Ändenmg der Aufhierk-
flamkeÜBbedingaDgen bewußt {in jedem Sinne) walugenommen
weiden, nnd deren Dasein aneh ohne dies, s. B. im Falle der 7o1U
sttndigen Tonrecscbmelzaiig den Inhalt dea Bewafttseins tataidilieh
bestimmt Ana den angegebenen Grttnden eraeheint jedoeh der
Anadniek »anbewnBt« aneh in dieser eingesciirinhten, psydioio-
gischen Bedeutung als nnzweckmäüig und vervnrread.
m. Stnnipfs Verschmelxnng'stheorie^}.
Die Lchreu Stuujpls über Konsonanz nnd Dissonanz bilden kein
prinzipiell ab^^eschlossenes System. Sie j:rün(ien sieh auf eine selir
genaue und umfassende Kenntnis der einschlägigen Tatsachen, der
historischen, der musikalischen, der experimentell aknstiseben Be-
funde, und beschränken sich fast durchweg auf die zusammen-
fassende Besehreibnng Ton Tatsachen. Wir haben darauf in
späteren Znsammenhängen yielfaeh surttekzugreifen'); zunächst soll
nur das Wesentlichste henrofgehoben werden.
Die Helmholtzische Znrttckftthmng der Erscheinungen anf die
Oberttfne und Schwebungen bekämpft Stumpf beinahe mit den-
selben Gründen wie Lipps. Auch darin stimmt er mit Lipps
tiberein, daß der l Jiteri^ehied der Konsonanz und Dissonanz »iu
den beiden Tönen selbst liegen« müsse, die wir kouBonant oder
dissonant uennen. Da^cfren lehnt er die Theorie der Schwinfrunirfi-
rhythmen mit ilireni Kekurs auf das Unbewußte ab und fordert em
in der bewußten Empfindung gegebenes Merkmal der Unterschei-
dung zwisehcn Konsonanzen und Dissonanzen. Dieses unter-
scheidende Moment findet er in der Verschmelzung gleich-
zeitiger Töne.
Verschmelzung ist fttr Stumpf »dasjenige Verhältnis zweier . . .
Empiindungsinhalte, wonach sie nicht eine bloOe Summe, soudem
deren Erörterung nicht hierher gehOrt; snm snderan deihslb, veil Konsonsus
und Dissonanz mir eine beliiedl^nde Zorilekfldminp auf einfachere pej-
ehische Tatsachen zn jrpstaffen ."«cheinen.
1) S. besonders 13 H und 17.
2) S. nameatUch Abschu. C, Kap. III, 3.
DUretenstOne imd Komonaia.
238
ein Ganzes bilden. Die Folge dieses Verhältnisses ist, daß mit
höheren Stufen deaaelben der Gesamteindrack sich unter sonst
gleichen Umständen immer mehr dem einer Empfindung nftbert
und immer sehwerer analjsiert wird« (18 II, 128). Im besonderen
Ulbert sich der Zusammenklang zweier TOne »bald mehr, bald
weniger dem Eindruck eines Tones, und es zeigt sich, daß dies
um so mehr der Fall ist, je konsonanter das Interrall ist Andi
dann, wenn wir die Töne als zwei erkennen nnd auseinander-
halten, bilden sie doch ein Ganzes in der Empfindung, und dicscö
Ganze erscheint uns bald mehr, bald weniger einlieitlieh« (17, 35).
Hier bezeichnet also »Verschmelzung« keineswegs, wtw wir im
vorigen Kapitel darunter verstanden, das Gegenteil oder den
Mangel der Analyse. Stumpf gibt dem Worte eine speziellere
nnd zum teil engere Bedeutung; er hat wiederholt und ans-
drttcklich die Gleiohsetznng der Begriffe Verschmelzung und
»Nicbtonterscheidmigc znrtti&gewiesen (neuerdings 17, 43). Diese
Verschmelzimg fUlt aiieh mcht einfach ztsammem mit der
Schwierigkeit der Analyse. Es gibt zaUreiche ganz ?er-
aohiedene Faktoren, die die Analyse eines Empfindtingskomplexes
erschweren (13 II, 8 23; 17, S. 43, 79; 18, 11). Aber die Ver>
echmelznng Im Bbam Stumpfe Ist einer dieser Faktoren. Es be-
steht eine konstante Beziehung zwischen ihr und der Mehrheits-
erkenntnis. Unt«r sonst gleichen Bedingungen wächst nämlich,
nach Stumpf, die Scliwirrigkeit der Analyse eines Zosamnicn-
klauges mit dem Grade seiner »Verschmelzung«; es wädist damit
z. H. bei Zweikiäugeu die Neigung, sie als numerische Einheit
anizofassen, sie unmittelbar als »einen Ton« zu beurteilen.
Stumpf gab zahlreichen unmnsikalisehen Personen Zweikllinge
za hOren, die in der Mnsik yorzngsweiBe gebraneht werden, roa
mittlerer Tonlage, simtlieh innerhalb einer Oktave gelegen, nnd
forderte sie anf, naeh dem nnmittelbaren Eindniek zn urteilen, ob
sie einen oder zwei TOne wabntthmen. Das Ergebnis war, daft
das erste Urteil (Einheitsnrteil) durebsebnittlieh am häufigsten bei
der Oktave, nftehstdem bei der Quinte geflUt wurde u.s. f., kurz:
um so häufiger ^ je einfacher das Schwingungsverhältnis , je kon-
sonantcr der Klang war. Mit musikalisch Geübten lassen sich die
Versuche in solcher Form nicht durchführen, weil die selbst bei
der Oktave fast iinincr die Zwoiheit der Tone erkennen. Diese
Beobachtungen sind seither mehriach naehgeprttit und im wesent-
ArokiT fir PvckolofU. L 10
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234
Felix Knieg«r,
liehen bestätigt worden. Bei gleicher Fragestellung, unter sich
gleichen Klangfarben und ähnliehen Stärkeverhältnissen der Töne
ergab sich ftlr die den Umkreis einer Oktave nicht ttberschrei-
tenden Intervalle der Musik stet«, gleiciiviel ob es sieb durch-
weg nm obertonreiche oder um naheza einfache Töne bandelte,
die gleiche Stufenfolge, wenn man sie nach den Prozentzahlen der
Eiiiheitsiirteile ordnet*]. Insonderheit darf die (abeteigende) Reihe:
Oktare — Quinte — Quarte, Tenen and Sexten — Septimen, in
diesem Sinne als gesichert gelten.
Stumpf &Bt seine Veisnohseigehnisse dahin lUBammen, daß
»jedes der untersuchten Interralle als solches einem mSehtigen
konstanten Einflüsse in Hindoht der Leichtigkeit seiner Analyse
unterworfen ist« (18 II, 168}, und genauer (3. 149), daß sich
»der Analyse eiü ^Taduell abgestuftes Hindernis entgegenstellt,
welches um so stärker ist, je kleiner die Vriliältiiiöse der Scbwin-
gungent*). Einflüsse der Übung, der GetUiile, der Obertöne nu l
Schwebungen weist Stumpf als Erklärungsgrtinde Uberzeugend
zurUck. I>ie absolute Toudistanz kann jedenfalls für die Keihc:
Oktave — Quinte — Quarte und gr. Terz nicht in Betracht kommen.
Und so fuhrt er fort: »Dieses Hindernis kann kein anderes sein
als die Verschmdzung«.
Aber der Begriff der Yerschmelsung ist hiermit für Stumpf
keineswegs eisohöpft; er stellt nicht nur einen zusammenfassenden
Ausdruck dar für die soeben mitgeteilten Yersudiseigebnlsse, wo-
nach die untersuchten Intervalle an sich,'d. h. unter sonst gleichen
Bedingungen um so eher als »ein Ton« beurteilt werden, je klei>
nere Zahlen ihr Scliwingungsverliiiltnis ausdrücken. Die Verschmel-
zung zweier Töne soll vielmehr, wie die Konsonanz, be3tehen
bleiben, wenn die beiden Töne dentlieh nntersehicden werden, ja
sie soll erst dann, also bei vollkommener Analy^-r, \\\t die Wahr-
nehmung Uberhaupt vorhanden sein. Des weiteren sind nach
Stumpf alle musikalischen Intcrsalle »in erster Linie durch den
Verschmelzungsgrad festgelegt« (17, 69). Und ?or allem: die Ver^
1] Vgl. RUlpo [4ft, 894f.); Faist [81); Meinoag und Witaaek (SSi;
ZuflunineiifasBong Stampf (IS). D«»i Buchs 'M) Venndie »ohne Ana*
lyae«.
2) Die letzte Bestimmung jrilt nnttirlich nur iintor doni Vorboluilte der
Schwelle; sehr kleine Verstimmungen der Intervalle iindera nichts an der
lieihonfolge der »Verschmelzungsgrade«. Vgl. a.a.O. 137; dazu Faist 31,
129f. — Heiiiong und Witasek 89,166.
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IKfltBraatttne und Komonans.
235
Bchmelzong iat ihm daa wesentliche ttnterscheidende Merkmal der
Konsonanz.
Fragen wir, waa, abgesehen von jenen Beobaehtnngen an Un-
mnaikaliaehen, TätsSehlicliea Uber die TonTereohmelziuig «usoaagen
iflt, flo yerweisl Stumpf anf andere ilUle einer mangelnden oder
ersebwerton Unteraeheidimg konaonanier TOne. Di der Hnaik wer-
den Oktayenyerdoppelnngen, anefa mefarfiudiei nodi als nniaono
empfunden, ja Quinten- und Qnartenpandlelen kommen yor, ohne
als Zweistimmigkeit bemerkt zu werden. Auf der Orgel haben
sich die Mixturenregiater mit ihreu theoretisch Uberliü8bi^t!U oder
falschen Harmonien eingebürgert und behauptet (13 II, 140, 179 f.).
Solche Beispiele ftlhreu üu6 Uber das Ergebnis der Verschmel-
zwigSFersnoho nicht hinaus; sie illustrieren nur die zunehmende
»Schwierigkeit der Analyse« bei den höheren Graden der Kon-
sonanz, ohne sie weiter zurttckzuf Uhren.
Stumpf definiert, wie die anfangs zitierten Sätze zeigen, die
Tonyenohmelznng in erster Linie dnroh ein Merkmal des C^eaamt-
eindmeks: die relatiye »Einheilliehkeit« der konaonanten Klänge.
Je einfacher das SohwingnngsyerWtnis» nm so einkeitlicber erseht
der Zusammenklang, nm so entschiedener trSgt er den Charakter
eines xnsammengebOrlgen »Ganzen«. Diese Tatsache ist schon den
Alten aufgefallen; sie wird durch die Selbstbeobachtung Stumpfs
und anderer, uamcutlich musikalisch geschulter E.\perten bestätigt.
Man kann diese mit dem Konsonanz^rade zunehmende Einheit-
lichkeit der konsonanten Zusammenklänge jederzeit an jedem be-
liebigen Instrumente wiederfinden >). Sie wird von Stumpf eben-
falls auf die > Verschmelzung« zurückgeführt.
Viele Kritiker haben dieses Merkmal des Stumpfsohen Ver-
BchmelzungsbegriflfiBS nicht genügend berücksichtigt, wozu der in
der Psychologie sonst ttbliche Spracbgebraach mag bdgetragen
haben; ihm folgend nnd die Versnche mit den Unmnsikalischen
▼oitogswrase beachtend, identifizieren sie immer wieder Stumpfs
»VesBchmelzung« mit »Nichianterscheidnng« oder »Schwierigkeit
der Analyse« nnd haben es dann leicht, die Venchmelxnngstheorie
ad absurdum zu ftlhren. Auch Lipps und Buch sindyon diesem
Fehler nicht freizusprechen (10, 6 f. ; 34 passim^ Andere wiederum,
wie Natorp (23, 7b7, 789) und Kliipu ^4^, oüüj, legen mehr Ge-
1) NihttieB darttber ün folgenden: C, III, 2 b und 3.
16»
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FeUz Krwgw,
wicht auf das der Selbstbeobachtung entstammende Moment der
»Einheitiiclikeit« und finden dann, Stumpfs Konsonanztheorie
leiste nicht viel mehr, als daß sie bekannte Tatsaebeu mit neuen
Namen benenne; die Stafen der Harmonie als »Stufen der Ver-
schmelzung < .
Der wirklich schwache Punkt der Theorie scheint mir darin
xa liegen, dafi Stampf aelbst die beiden sehr yerschiedenen Merk-
msle seines VenehmelziingsbegriilbB ~ die Einbeililiolikeit der Kon-
sonanzen im Gesamteindniek und die »UnvoUkommenheit« ihrer
Analyse — nieht hinreiebend aoseinanderhlttt; daß er andeieiseiti
zwischen diesen beiden (Ton ihm psychologisch mcht weiter analy-
sierten) Tatsftebenkomplexen keinen ab notwendig einlmlitenden
Zusam m en h anp h e rstc 11 1,
Die Verschiedenheit der beiden Erscheinuup^s reihen iat offenbar.
Sie wird am besten dadnrch beleuchtet daß, ^\'\v Stumpf wieder-
holentlich betont. Hie VerHchiiielzuug als >Eiiili('itli( hki-it« für das
Bewußtsein unvermindert fortbesteht, nachdem die Analyse voll-
ständig gelangen ist. Aber eben jenes >Empfindang8verhältnis<, das
aach dann noch übrig bleibt, wenn ich die konsonierenden TOne
ganz deathcb antersoheide and jeden fUr sich wahrnehme, be-
zeichnet er als »UnToUkommenbeit« der Sonderang oder Analyse;
und er ist einverstanden mit der von Lipps wiederom foimolierten
allgemeinen Definition, »Yerscbmelzang sei ünTOllkommenheit der
Analyse« (13 n, 127 f., 193; 17, 45). Des öfleien erlftotert Stupf
die Yersehmelzong als AnnSbemug an den Ehidmek eines Tones
oder an den Einklang. Diese Wendungen sind aber doppeldeutig;
sie bezeichnen einmal die qualitative Einheitlichkeit des Gesamt-
eindmoks und zugleich die »wirkliche Toneinheit«, wie sie nur
fUr den bp««teht, dfr dio Mehrheit der Töne gar nii'ht niitt rs( heidet
Die Verschmelzung wird zunächst als qualitative Eiuheitliciikeit des
Gesamteindrucks beschrieben. Aber dieses Ergebnis der Selbst-
beobachtnng soll »bestätigt« werden durch die Statistik Uber die
Einheitsurteile der UnmosikaUscben, ans der doch nach alleni, was
Stampf darüber sagt, nnr die Schwierigkeit oder das UnterbleibeD
der Analyse bei den Konsonanzen berroigehl
Die nomenscbe Einheit (= Eänsbeit) konsonanter Znsammes*
kUinge besteht nicht ftü* di^emgen, die der TOllstlindigen Analyse
fUhig sind. Die qnafitatiTe Einheitlichkeit wird nach Stampf ertt
bemerkt oder wahrgenommen, nachdem die Analyse vollzogen ist;
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DiffbieflstSne und KonsoBgm.
237
sie sei auch keineswegs venirsacht durch die Schwierigkeit der
Analyse. Diese schwindet Datttrlich mit zunehmender Ühnng; da-
gegen BoU die Yersehmelzang als EinheitliGfakeit von der indivi-
duellen Übung nnabhSngig sein (18 n, 211). leb finde bei Stumpf
keinen psyehologischen Zusammenhang zwischen dieser Einheit-
liebkeit und jener Einbdt Er bezeichnet beide Phänomene als
»Folgen« der Yerschmelznng. Was ist denn nun die Yenclanel-
zung selbst?
Diese Frage wird immer wieder mit dem einfachen Hinweise
anf die beiden erwähnten Folpreerscheinungeu der > Verschmelzung«
beantwortet. Wie sich diese ausnehmen, »muß man eben hören«.
Sie sind so wenig weiter zurUckfÜhrbar, eine einlaciie Farben-
empfindong. »Was es in Wirklichkeit damit auf sich hat, daß
Empfindungen ein Ganzes bilden und sich mehr oder weniger dem
Eindmek einer Empfindung nMhem, das kann man zuletzt doch
nnr ans nnd an Beispielen lernen«. Die Yerschmelznng seihst ist
fttr Stumpf ein psychologisch »nicht weiter ahleithaces Gnmd-
▼erhaltnls« wie die Ähnlichk^t einfischer Empfindungen {13 II, 128;
71, 44, 49). Eine wirfcliehe Erklärung sei nnr anf der physiolo-
gischen Seite möglich; »die Ursache der Yersehmelzung ist eine
physiologische«.
iiier macht Stumpf, ohne selbst soDderlichcs Gewicht darauf
zu legen, den bekannten Vorschlji^^ »spezifischer Synerfrieu«, d.h.
bestimmter, in der Hirnstruivtur Gründender Arten des Zusammen-
wirkens je zweier nervöser Gebilde (13 II, 214). Kr will damit
nicht mehr aussprechen als ein physiologisches Postulat. Wäre
es auch erfüllt, gelänge es einmal, »die chemischen oder moleknlar-
ehemischen Voi^änge in der Hirnrinde, worauf die TonTerf^chmel-
zung bemht, aufe genaueste anzugehen: so muA man auch nicht
meinen, daB wir mit dieser sogenannten ,ZurttclEftlhrang* des Psy-
ehisdien au& Physisehe Uber die Natur der TouTersehmelzung
irgendwie kitiger geworden wären«. Wir könnten dadurch keines-
wegs »das Wesen der Yerschmelzungserseheinungen selbst, den
Eindmek der Oktave, der Quinte dir das BewnBtsein, in wdehem
die Empfindungen doch allein als solche existieren, naucr und
verständlicher beschreiben. In diesem Sinne kann man Bcwußt-
feeinserscheinnnjren nur aus sich selbst verstehen«. Aber eben mit
BezuL' auf dieses psychologische Verständnis spricht Stumpf sein
bekannt gewordenes non liqnet aus: »Es scheint überhaupt nicht,
^ kj .1^ uy Google
238
Felix KriMger,
daß wir im stände sein werden, den Verechmelzungsbegriff tiefer
oder verständlicher zu fassen, als indem wir die Verscbmelznn^
als das VerkattpftMin zweier EmpfindaDgeinhalte 2tt einem Ganzen,
oder als EinheitUehkeit, als Annihernng des Zweiklanges an den
Einklang besdhreiben« (17, 44, fiOiF.; 18 II, 211ff.).
Der rein fatsieUiche Zasammenbang swiseben der Einbeitlieb-
keit der Konsonanzen und der »Scbwierigkeit« ibrer Analyse (ge-
messen an der relativen Häufigkeit der Einheitsnrteile von Un-
musikalischeu) lie^^t mitUrlicb darin, daß beide innerhalb gewisser
Grenzen mit dem Grade der Konsonanz zu- und Mhnebmen. Dieser
ParallelismuH bedeutet uicht die Lösnnir des Konsouauzproblems;
aber in ihm steckt das Problem. DaB es sich hier nicht um ein
zufUlliges Zusammentreffen handelt, wird jedermann als wahr-
scheinlich einräumen. Die Frage ist nur, ob eine weitere psycho-
logische ZurUckftlhrung müglich ist. Diese Frage glaube ich be-
jahen za dürfen, obgleich aach fllr mich die Tonversebmelning im
Sinne der qualitattven Einbeifliehkeit des Mehrklanges ein Empfin-
dnngsTerbSltnis bedentet
Die ErUärnngen der Konsonanz ans ObertOnen nnd deren
Schwebnngen stehen, wie wir sahen, mit entooheidenden Tal-
sacben in Widerspruch. Lipps' Hypothese der unbewnBten
iSt'liwingungsrhythmeü gestattet keine konkrete DurchfUhruug oder
VerifikMiion, und ihre Zulässigkeit ist aus prinzipiellen Gründen
bedcuklich. Dac-Cfrcn scheint mW Stumpfs Verschmelzungstheorie
nicht sowohl sachlich nnztitretiend, als vielmehr unvollständijr zu
sein; und sie kann, wie irh m zeigen hoffe, in einfacher, boihe-
digender Weise weiter gciUhrt werden.
Gelingt es, die Tatsachen psychologisch begreiflicher za maeben,
die Stampf nnter dem Begriff der Tonverschmelzong zasanunen-
faSt, so wird damit ohne Zweifel zoglelch das Problem der Kon-
sonanz semer Lttonng niher gebracht Indem wir dies yersnchen,
werden wir zn prüfen haben, wie weit tatsSchfich nicht nnr die
Einheitliehkeit des Gesamteindmcks, sondern auch die Schwierige
keit der Analyse mit dem Qrade der Konsonanz parallel geht
(s. C, m, 3). Soweit dieser Parallelismus wirklich besteht muß
unsere Auffassung vom Wesen der Konsonanz sich daran be-
währen. Daß er in gewissen Fällen nicht besteht, muß aus den-
selben psychologischen Voraussetzungen als notwendig erwiesen
werden.
. j . > y Google
DifferenztOne und KonBonanz.
239
B. fragesteüang.
Die T«laachen der KonBonanz und DiBsonanz sind so mannig-
faltig, dafi es Ton vonikeiein aoasiehtsloa eneheint, sie einer all-
mnfiMaenden Formel nntenmordnen. Das pgycliologiBehe Problem
txitt bei' genauerem ZvBefaen sofort in mehrere besondere Fragen
aoseinander, die zwar sicberlieh niclit ohne inneren Zoaammen-
liang, aber ebenso gewiß anch nicht identisch shid. Wir müssen
das Intervall urteil vuu dem unmittelbaren Bewußtsein der
Koüsouauz oder Dissonanz unterscheiden und in diesem wiederum
die Empfinduugsmerkmale und die zugeliörigen Gefühle aus-
eiaandprhfiltpn. Erst nach ihrer Scheidung und gesonderten Be-
arbeitung haben wir Aussicht, zu begreifen, wie die angedeuteten
Erscbeiniingsgrappen psychologiseh zusammenhängen.
I. Wahrnehmung nnd Geftthi der Konsonanz.
Dem naiven Beobachter drängt sieb wie Überall) so anch bei
akustischen Erlebnissen am stilrksten nnd nmnittelbarsten der Un-
terschied der GeftthlsfHrbung auf : gewisse Zusammenklänge wirken
angenehm, midcrc uuau^'cuohm. Seit Jahihunderteu bits in die
neueste Zeit stellten auch die Theoretiker der Konsonanz dieses
Merkmal in den Vordergrund. Noch heute pflegt die Musiktheorie
und mit ihr die Natnrwissengchaft den Untersciiicd zwischen Kon-
sonanz und Dissonanz geradezu durch den Gegensatz der Auuehm-
Uchkeit und Unannehmlichkeit zu definieren. Selbst Helmholtz
unterschied nicht die Konsonanzwahrnehmnng von dem Konsonanz-
gefllhl; seine psychologische Analyse dieser Dinge zielt fast ans-
BchlieAlich darauf hin, das Unangenehme der Dissonanz begreifUeh
an machen. Und noeh die feinidnnige Bhythmentheorie Ton Lipps
leidet an der äathetisohen Einseitigkett, zuerst nnd zuletzt die Oe-
fiüdsunterschiede erklären zu wollen — mit Überspriugung der
etwa vorhandenen Unterschiede des bewußten Empfindungsmate-
rialb. Uic uubtstinimten Wcuduugen des > Augemutetwerd« us =
oder »Zumuteseinö*, die bei Lipps und den Anhängern seiner
Theorie eine große Rolle spielen, sind g:eeignet, die Grenzen inner-
halb der Fragestellung zu verwischen. Aber Lipj)« bestreitet frei-
lich uberliaapty daß in den bewußten Empfinduugsinhalten
der Konsonanz nnd Dissonanz ein charakteristisoher Unterschied
zu finden sei. Jene Verschiedenheiten der Anmutnng, worin allein
Üigiiizeü by <jüOgIe
240
Felix KriMger,
die EigenBehaften der vnbewiißten Vorgänge Bieh dem BewnfitKm
verraten Böllen, redozieien Bieh daher anf die VerBehiedenheitea
des Geftiblseindrucks; sie wären aber unter der genannten Vor-
aussetzung: erapiriscbi-psychologisch nicht weiter zurtickfUhrbar.
Ea iät das Verdienst vStnmpfs, die Frage nach denEmpfin-
dangsmerkmalen der Konsonanz von allen Gf fllhlsfragen scharf
gesondert zu hal)en. Er betont, daß Konsonanzen abstoßend und
Dissonanzen von großer Schönheit in künnen, je nach dem musi-
kalischen Zusammenhang (17, 31). ^un liandclt es sich in solchen
Fällen zweifellos am komplizierte, durch Erfahrung bedingte ästhe-
tiBche Gefühle, ebenBO wie bei dem flogenannten AnflöBimgBbedttrf-
niB, daB mit den ursprünglichen Geflihlen der KonBonanz und
DiBBonanz wenig an tnn hat Man kann die Interralle in ihrer
psychiBchen Wirknng iBolieren, nnd dann erBoheinen in der Tat
— bei Zusammenklängen — alle EonBonanzen angenehmer als
alle Dissonanzen. Ich glaube auch nicht, was Stnmpf andeutet,
daß bei derartigen Versuchen die Kacliwirkun^^ mu>*ikalischer
Erlebnisse immer noch mit im Spiele sei; denn ich habe regel-
mäßige Gefllhlsunterschiede in jener UirbtTin? auch bei musi-
kalisch extrem Un*reHbten und bei jungen Kindern gefunden, die
noch sehr wenig Musik gehürt hatten^). Indessen darum ist der
nnniittelbare Eindruck der Konsonanz doch nicht identisch mit
dem KonsonanzgeffthL Er erschöpft sich nicht darin; selbst Un-
moBikaliBche können bei einiger Fähigkeit der Belbstbeobaehtniig
noch andere, nSmIich chacakferiBtiBehe Empfindungsmerkmale in
dem GesamterlebniB entdecken.
Und das Gefühl der Annehmlichkeit ändert sidh nicht einmal
parallel dem unmittelbaren Bewußtsein der Konsonanz. Im Alter-
tum wurde die Oktave, im Mittelalter zeitweilig die Quinte als der
schüuste Zusammeiikhui^^ betraelitet, und uns gegenwärtigen Euro-
päern pflegt — bei isoliereudeni Vergleichen — die große Terz am
erfreulichsten zu sein, während m;ni darin seit jeher einig war,
daß der Konsonanzgrad in der liichtung: Oktave-Quinte-grußc
Terz abnehme (s. Stampf a. a. 0.). Bekanntlich wurde die große
Terz erst in der neueren Zeit nnter die Konsonanzen Uberhaupt
aufgenommen. Man hat hiergegen eingewendet, der Widerstand
gegen die grofie Terz habe sich nicht gegen das reine, aondem
1) Vgl. hn folgenden D.
DiffereastOne und EonsonaBs.
241
gegen das tatsäeblich verstimmte Interrall, die sogenannte pjthar
gorftiBche Terz 64 : 81 geriehtet Mir scheint die TOn Stampf
hervorgehobene Verschiebang des AnnehmlichkeitQgeftlhls trotzdem
den hiBtoriBehen TatBftohen zn entspreolien; denn aneb dem Alter-
tum imd Mittelalter war ansere gioBe l^erz 4 : 5 bekannt Aber
wiehtiger istt daß jedenfalls in der Gegenwart den meisten Menr
sehen die große Terz besser geflOlt, auch wenn sie ftlr ihre Wabi^
nefamong den Dissonanzen nKher steht als die YoUkommeneren
Konsonanzen. Wahrscheinlich tri£ft Lipps etwas Richtiges mit
der Annahme, dat» hier ein reicheres, zuBaniinengesetzterea Erleben
einem allzu einfachen, zn wenig gegliederten vorgezof^eu wird.
Aber was das genau genommen heißt, ob und warum es sich
tatsächlich so verhält, kann nur durch genaue Analyse des bewußt
gegebenen Empfindnngsmaterials festgestellt werden.
Nor auf diesem Wege ist es tiberbaopt möglich, den doreV
gebenden nnd markanten Gefltblsgegensatz zwischen Konsonanzen
and Dissonanzen zu begreifen. Daß die psyohologisehe Theorie
der Konsonanz aneh diese wunderbare Gtegensätzliehkeit der 6^
fühle zn erklären hat, ist gewiß. Lipps, der diese Fordemng
besonders nnterstreieht, seheint mir auch darin reeht zn haben,
daß StnmpfsVersehmelznngsiheoiie ihr nieht Genüge Idstei Man
versteht nicht, warum die Annühernng des Ganzen an einen Ton
oder die Schwierigkeit der Analyse Vergnügen bereiten sollte. In
anderen Zusammenhängen betont Stumpf gerade die Freude am
Bemerken der Teile eines Komplexes. Süllen wir auch die Ge-
filhlsunterschiede der Konsonanz und Dissonanz psychologisch als
letzte, nicht weiter zurück ftlhrbare Tatsachen hinnehmen?
So notwendig es ist, in der Fragestellnng diese GefUhlsnuter-
sohiede nnd ihre Grtlnde von den Empfindnngsmerkmalen der Kon-
sonanz zn trennen, wir dürfen doch nicht vergessen, daß das
anmittelbare Erlebnis eines konsonierenden oder dissonierenden
Znsammenklanges eine in dieser Hinsieht zunächst nnanalysierte
psychische Einheit bildet, und daß die hier geforderte Scheidung
zweier Seiten des Erlebnisses bereits das Produkt einer abstrahie-
renden Analyse ist. Der konkrete Unterschied des GefWhlsroomen-
tes von den Empüudungsmomeuten des Eindruckes wird neuer-
dings zuweilen übers«pannt, auch von solchen Psychologen, die die
Geillhlsfrage in den Mittelpunkt der Unter.suchung stellen. Gerade"
die akustischen Tatsachen scheinen mir zu der Auffassung hin-
^ kj .1^ uy Google
242
Felix Kraeger,
zudräugeu, wonach die (jeluhle ^;ir keine besonderen Inhalte neben
den BOgenannten »objektiven« Inhalten des Bewußtseins, noch
weniger besondere psychische »Akte« oder Verbaltungsweisen sind,
sondern: Eigeuaciiafteu oder Qualitäten des GesamtbewuBtseioA-
Inhaltes <).
Daraus erklärt sich die Möglichkeit einer Variabilität des Ge-
ftthlflcharakters bestimmter Interralle : kein Teilinhalt des Bewnfit-
9ieSxa und kein Komplex Toa Teilinhalten kann yOllig konstant
mit dem gletcken GefttUe Terbnnden sein, weil du GefttM jeder-
lelt anch Ton den flbrigeni gesonderten wie yersehmolzenen, Inhalten
dee Bewußtseins nnd deren Eigensohaflen bestimmt ist Damit
liängt es femer zusammen, daS schon die populäre Fsyehologie
der Unterordnung aller Gefühle unter die Begriffe «Lust — Unlnst«
zu widerstreben pflegt, daß tiic »u^^ar von einem >Gef^hl« der
Wahrheit, der Zusammengehörigkeit, der Ähnlichkeit, der Bekaunt-
heit auch da redet, wo es auf Unterschiede der Annehmlichkeit
gar nicht ankommt; immer handelt ca sich dabei um Ei<:enscliaften
komplexer und im einzelnen nicht analysierter Inhalte. Es kann
hier dahingestellt bleiben, wie weit diese interessante Erweiterung
des GeftÜilsbegriffes wissenschaftlich zweckmäßig ist, ob Überhaupt
anfier der Lost — Unlust noch andere Qualitäten der Gefühle theo-
retisch snznlassen sind. Anoh Ton Geftthlen der Konsonanz nnd *
Dissonanz wird viel&ch in solchem erweiterten Sinne des Wortes
gesprochen; nnd wir mttssen daranf achten, ob der Terminus »Ge-
fklhl«, anf akustische Erlebnisse angewendet, nur die Annehmlich-
keit oder Unannehmlichkeit des Eindruckes und deren Grade
bezeichnen soll, oder ob noch andere Merkmale des Bewußtseins-
inluiltcri damit gemeint sind*). Tonempliiiduufxen werden wie alle
psychiscben Einzelheiten tatsächlich immer in Komplexen erlebt:
nnd Komplexe haben ihre beBOuderen Eig^ensclKifteu über die Eigen-
öchatten ibrer Teile hinaus. So kommt auch jedem wahrgenom-
menen Zweiklauge, abgesehen tou seiner größeren oder geringeren
Annehmlichkeit, eine charakteristische Färbung zu, die ihn Yoa
1) Vgl. Cornelias 9S, Uff,, SfiSff. und ST, 117 f.; im folgenden C, III, 2«.
2) So spricht Lipps von einem »GtHÜiI der Einheitlichkeit, der Über-
einstimmung« oder »des Geprenfcilg« bolm Ilr>ren von Melirkllinfren. wie beim
Anblick von Bauwerken; dieser Ausdruck »oll aber uiclit bloß ein nefühl.
fioudcrn zugleich einen »TatbeBtand« bezeichnen, der dem Gefühl »zu gründe
Hegt« (9, 564ff.).
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DUTerenstOne uid KonBoiumx.
243
anderen Zosommenklängen unterscheidet; sie steht, als Eigenechaft
eines Komplexes, den Gefühlen im engeren Sinne des Wortes
niher als etwa die Qualitäten der herausgehörten EinzeltOne, haftet
aher mit grOfierer Konstanz an den aknstisohen Eindrtteken als
die Lnstbetonnng, wdl sie nicht wie diese Tom Gesamtsostande
des BewnBlseinB mithestimmt wird.
Im Interesse einer eindeatigen RezeiehnnngBweise werde ich im
folgendeil deu Begrifl' »GelUhU auf die EigeESchaftea des Gesamt-
bewußtäeinsinhaltes besehraukcn, die die vergleichende Betrach-
taug als Amiebmliclikeit oder Unannehmlichkeit zu beschreiben
hat. Ein psychologisches VerstUndnis dieser Geftthle im eng^eren
Sinne, wie jener charakteristischen Färbuii^^eu der Teilkomplexe
setzt eine möglichst ToUständige Analyse der bedingenden Empfin-
dnngsinhaltc Torans. Deshalb muß diese AnafysOi muß die I^age
nach den Empfindnngsmerlcmalen der Konsonanz nnd Dissonanz
allen Erklftrongen der musikalischen Qefbhle rorangehen.
II. Unmittelbares Bewußtsein der Konsonanz
nnd KonsonanznrteiL
Das, so oder so gefühlsbetonte, unmittelbare Birleben der Kon-
sonanz und ihres Unterschiedes von der Dissonanz darf nicht ver-
wechselt werden mit unserem intellektuellen Verhältnis zu diesen
Tatbeständen; mit den Ergebniöäeu ihrer verfrlcichenden Beurtei-
lung und ihrer weiteren beprrifflich-abstrahirK mlcn Verarheitun«;.
Wer das nötige akustische Wissen besitzt, kann z. B. ohne über-
haupt genauer hinzuhören, auf Grund der ihm bekannten Schwin-
gnngszahlen und sonstigen ol^ektiTen Bedingungen urteilen, er
»hOre« jetzt eine Konsonanz, jetzt eine DisBonanz. Er bezeichnet
▼ielleioht ein ohjektir wenig verstimmtes Intervall als Dissonanz»
obgleich das Dissonante daran, d. h. die Abwelebung Ton dem
Eindrucke der Konsonanz, oder die Verstimmung ttherhanpt, d. h.
jeder Unterschied von dem einfachen Schwingungsveihliltnis noch
nnterhalb der Merklichkeitssehwelle liegt.
Bekanntlich ist es auch möglich, eine wirkliche Konsonanz oder
Dissonanz sich in der Phantasie oder Erinnerung vorzustellen.
Diese Möglichkeit lieruht, wie überall, auf ei^^enen früheren Wahr-
nehm uniren derselben Art; sie setzt Emphndungserlebnisse der
Konsonanz und Dissonanz notwendig voraus. Man darf aber keines-
wegs erwarten, alle die Teile auch in der Yorstellang aufzufinden,
^ kj .1^ uy Google
244
Felix Kraeger
die aus dem enteprecbenden Wabniehmimgäerlebüis sich ber&os-
«naljBicrcn lassen. Selbst was man in dem Wahmehmanprskom-
pleze wiederbolt gesondert bemerkt hat, pflegt wegen der Unge-
naaigkeit alles Erumenis in die blofie Vorstellnng nicht yoUständig
mit einziigehen. Was man aber in der Wabnebmang bisher nie*
mals nnteraebieden bat» das kann unter keiner Bedingmg in dem
Vofstellnngskomplexe gesondert Torgefimden oder ans Üim hersaa-
analysiert werden. Das gilt anch von solchen Teilen des Wahr-
nebmimgserlebnisses, deren Vorhandensein etwa primiir den psy-
chischen Unterschied zwischen Konsonaii/, und Dij?sonaiiz bedingt
Der 3fnsiker oder der ukustisch Unterrichtete kann, auch ohne
ein musikuiij^ehes Gefühl gej^^euwärtig zu erleben, urteilen: dieses
Intervall »ist« angenehm, jenes nnangenehm. Solche Urteile
beziehen sich aaf aktuelle Gefühle, die unter ähnlichen Ikdinguogen
früher vorgefnnden worden und deshalb fUr die Znknnft er-
wartet werden.
Die Frage» woran man die Konsonanz, einschließlich ihrer Ge-
ftthlsbetonnng, erkennt, fiUlt nicht zusammen mit der Frage nach
den nnmittdbar währsünehm enden Merkmalen der Konsonanz.
Und da Jene Erkenntnis früher gemachte unmittelbare Er&hmngen
yoranssetet, mnfi die zweite Frage dnroh die psychologische Zer-
gliedening der Wabmehmnngen zuerst beantwortet werden. — Wir
haben am Schhisse dieser Untersuchung auf den objektiven Kon-
Konan/.begritT und das begrifflich- erfahr uugsnmßige Kousouanzurteil
zurücl\/.ukninmcn 'D).
Aucii al ::« rieben von den mittelbaren Kriterien der Physik, der
Instrumenten künde u. dergl., rein uul Grund der akustischen Wabr-
nehmong und der Erinnerung an ähnliche Wahmehmongen kann
man ein Intervall als »Konsonanz« oder »Dissonanz« beurteilen,
ohne den charakteristiscbeii Eindrack der Konsonanz oder Disso-
nanz gegenwärtig zn empfangen, ohne speziell die primären Em-
pfindungsmerkmale dieses Eindruckes in der Wahmehmnng zn
erleben. Solcher Art sind alle Konsonanzurteile ttber anfeinander-
folgende Töne.
IlL IntervaUurteil und Konsonanz; Tonfolge
und Zusammenklangt).
Es ist bekannt) daB musikalisch gettbte Personen das InterraH-
1; Da« Ziel der folgenden Erörterungen iat nicht eine erschöpfende Be-
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DlfferenxtOne and Koiuioiiaia.
245
Verhältnis zweier einanckr tdlL^riider Tüue Bebr genau beurteilen
künnen, wenn es sich um ein in der Musik häufig gebrauchtes
Intervall bandelt. Stampf nud Meyer haben f)lr die Oktave, die
Qointe und die beiden Terzen diese Eracheinnngen näher nnter-
encht (19). Sie gelangten zu dem liemerkenswerten, Bohon von
Delezenne einigermafien gemoberten Ergebnis, daß die Reinheit
der Oktaye nnd der großen Terz bei (anisteigender} Tonfolge sogar
erheblich besser beorteüt whrd als bei Znsammenklingen. So er-
kannte z. B. Stumpf an StimmgabeltOnen der Mittellage eine Yer-
mindening der großen Terz nm nnr 0,78 Schwingungen in 88 Ton
100 Fällen der Aufeinanderfolge richtig als Verminderung, während
bei Gleichzeitigkeit annähernd dieselbe Zahl richtif^cr Urteile erat
durch eine Verkleinerung um 4 Schwinf2:uTi{7en erreicht wurde. Ähn-
lich verhielt es sich mit der < »ktiive " 46 l^cltu 3,1 Schwinijun^eTi
Verengerung des Intervalls) und analog für die Ubrigeu Beob-
achter (a. a. 0. 121 f., 129 f.).
Hierbei ist zn beachten, daß alle Teilnehmer an den Versuchen
eine anfierordentliehe akustische nnd musikalische Übnng besaßen.
Die meisten waren fttr Musik kttnstlenseh ansgebfldet, es waren
Musiker ersten Banges darunter, z. B. die Milglieder des Joachim-
Quartettes. Die psyehologisehen Bedingungen solcher Urteile, so
unmittelbar sie geftDt zu werden sebeinen, sind höchst kompli-
ziert, und Stumpf selbst lllBt die Deutung der Ergebnisse an mehr
als einem Punkte offen. Er statuiert ein spezifisches >Reiuheits-
gelühl«, zur Klasse der Lust^z-L fühle gehörig, als Ursache des Rein-
heitsnrteils, betont die Entwicklungsfähigkeit dieses Gefühls durch
individuelle Übung, legt aber das Hauptgewicht auf die angeborene
und ererbte Anlage (S. 155 ö'.). Jedenfalls haben wir es hier
mit einem »GefUhl« in dem oben charakterisierten weiteren Sinne
des Wortes zn tun Eine vollständige psychologische ErklBrong
hätte nicht nur auf die aUgemeinen Tatsachen der £rinnemng und
des Wiedererkennens, sondern auf die Gesetze der Yerfeiuerung
unserer Oediebtnislnlder nnd der Obong einzugehen. Soviel ist
gewiss, dass alle jene Beobachter eine unermeBIicke Zahl von
■dmibang der UnteneUede swiaohen raeoenlrer und gleieladtig«r Ton-
mchriMit, tondem immer aoeh: die Frsgestellttng in Sscheii der Konao'
nanz und DiBsonanz, insbesondere die methodisch notwendige oder zweck-
mäßige Rf'ifx nfolge, in der die venohiedenen hieiher gehörigen Fragen
anxngreifen Bind.
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246
Felix Kraeger,
eigenen l^rluhruugen über Tonfol^en wie Uber Zusammeiiklaoge
mitbrachten; nnd ferner, daß sie die zu Tage getretene Genauig-
keit und Sicherheit ihres Keinheitiiurteili» nicht erlanfrt hätten, ohne
ihre vielfälti^^en frUhcren WahrnehmaQgen aller Grade der Kon-
sonanz im Zasammenklange.
Ich werde so^eioh einige TatBachen der vergleichenden Mmik-
gcflohichte anführen zum Beweise, daß ohne Erfahmnpren an Zu-
BammenkläDgtti ein feines nnd sicheres nnmittelbaies Urteil flher
die Reinheit Ton IhtemUen sich nicht entwickebi kann. Nachdem
ee aber enunal dort entwickelt ist» kann ea mit einer gewiasen
SelbatSndigkeit anf Tonfolgen sich Übertragen; and seiner wei-
teren Yerfeinemng süid bei ZnsammenkUlngen psychologische nnd
physiologische Sehranken gesetzt, die im Nacheinander der TOne
fortfallen. »Es ist nun«, safrt Stumpf mit Recht, »die Gleich-
zeitigkeit ein Hindernis des Urteils, weil dadurch der einzelne
Ton weniger leicht in seiner Eigeutümlii hkeit erkannt wird. T^nd
je ^^tiirker die Verschmelzung, um so größer das Hindernis, weil
Stärker verschmelzende Töne eben weniger vollkommeu aasein-
andertreten« (a. a. 0. 163). Überhanpt werden awei Eindrücke »in
jeder Hinsieht besser miteinander yeiglichen, wenn sie aafeinander
folgen (oder nar dnreh eine ganz korae Panse getrennt sind), ala
wenn sie gleiohzeitig shid« (17, 58 f.).
Bachen wir ein genaaerea VerstlUidnis des Versachsergebnisses,
wonach die Beinhdt von Konsonanzen bei der Ghldehsettigkeit
schlechter beurteilt wnrde als die entsprechenden Tonschritte, so
mttssen wir ror allem fragen, ob denn dem Urteil dort ebenso
gUnsti^ro Bedingungen geboten waren wie hier. Das war nun,
auch abgesehen von der allgemeinen Beeinträchtigung gleichzeiti-
ger Inhalte durch einander, nicht der Fall. Bei tri eichzeitigem
Erklingen zweier Töne entstt heu in der llberwipL^ciulen Mehr7ahl
der Fälle neben dem primären Zweiklaugo mehr oder wemgrer
deutlich noch andere Erscheinungen, — Kombinationserscheinungeu,
wie ich sie in meinen früheren Mitteilungen (36; 38) ausMirlieh
beschrieben habe* Man wird a priori Fermaten, daß diese regel-
mäßigen Teilphänomene Ükt die nraprttngliche Charakteristik nnd
das Wiedereikennen der Znsammenkl&nge nicht ohne Bedentnng
sein können [vgl die Abschnitte C nnd D dieser Arbeit). Nnn
berichtet Meyer ausdrücklich (19, 120], bei den in Flage stehen-
den »Versnehen mit gleichseitigen TOnen maßten die TOne so
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DifferenstOne und Kohbohuis.
247
scliwach genummen werden, daß die Dift'erenztüne nicht die Auf-
merksamkeit aaf sich lenkten oder, wenn sie bemerkt wurden,
^venigstens so undeutiich waren, daß eine genaue Bearteilnng ihrer
Tonhöhe nicht leicht mOglieh war«. Hier also, wo ohnehin jeder
der beiden Frimärtöne dem anderen, gleichzeitigen etwas von Bei-
ner Intenflitftt nnd DentUchkeit raubte, wurden die TOne noeh ob-
jektiT achwSober erzeugt als bei der Aufeinanderfolge. Anderer-
seits lassen sich DifFerenztOne wie Schwebnngen auch dureh starke
Herabsetsnng der Elangstürke nieht ganz beseitigen; ob sie ge-
sondert wahrgenommen werden, ist eine andere IVage; aber
Stumpf gibt sogar an, einzelne Beobachter hätten bei den Ver-
snchen darauf geachtet (S. 152). Die Folge war sicherlich eine
Erschwerung des Urteils; man kann nicht zwei Empfindungen
mit größtmöglicher Genauigkeit vergleichen, wenn deichzeitig noch
andere Empfindungen desselben Sinnesgebietes undeutlich gegeben
sind.
Diese Erschwerung wird keineswegs aufgehoben, sondern eher
gesteigert durch die Tatsache — die schon Tartini kannte und
nut seinen Sehülem praktisch zum Stinmien der Geige verwertete — ,
daß DifferenzUSne und Schwebnngen Ton gentigender Deut-
lichkeit und Dauer das Urteil ttber die Remheit Ton Zwd-
klängen wesentlich untersttttzen kennen.
Die Daner der primftren Klänge betrug bei den Yenudien
Stumpfs und Meyers fS. 119) durchweg etwa 3 Sekunden. Bei
den öuccessiveu lutervallcn erklang jede der beiden Gabeln 3 Se-
kunden lang, und dazwischen lag eine Pause von etwa 1 Se-
kunde, so daß die ganze Beobachtung einen Zeitraum von etwa
7 Sekunden einnahm. Diese zeitlichen Bedingungen sind f\!r
mich annähernd die günstigsten, wenn es sich um die Beurteilung
des Tonschrittes handelt; insbesondere bedeutet eine Verlängernnp
der Klangzeiten keine Zunahme der Urteilssicherheit. Aber auch
bei den Versuchen mit Gleichzeitigkeit erklangen die Gabeln nur
3 Sekunden lang. Und hier wird ohne Frage bei li&ngerer Klangt
dauer das Urteil erheblich sicherer. In der Beschreibung meiner
Versuche an Zweiklftngen erwähnte ich, dafi die Eombinationstitaie
und ihre Folgeersdieinungen fast niemals genau gleichzeitig mit
den primären Tönen hervortreten (36, 374, 599), was auch Stumpf
gelegentlich andeutet (19, 153). Stumpts ueueste Versuche mit
stark verkürzter Klangdauer (22), wo auch die geübtesten Beob-
^ kj .1^ uy Google
248
Felix KtfMgw,
achter in der Rt urtoilang von Zweiklöngen vollkoniTneTi nnsieher
worden, bebtäti^tn mir die hohe liedentnng der K in 1 »111:111008-
erscheiiHinjren t\lr die Charakteristik uud Fixiernnp: der lutervalle.
Hierauf haben die folgenden Abschnitte im einzelnen eiuzogehea;
dort werden avoh (D) einige besondere, bisher unerklärte Ver-
snehsergebnißse, s. B. hinsiehtlieh des OktaTemweikUmges, -lie-
greiflieh werden.
Das Wiedererkennen eines geometrisek gldehen IntemlleBf
aneh in yecscbiedener absoluter Tonhifhe, ist an sidi wunderbar
genug. leb sehe nieht, wie man es yersteben will, okne eine be-
sondere, bewnfite Qnalitftt der — simultanen oder sueeessiven —
Tonkomplexe zuzulassen, die zu den Qualitäten der einzelnen
Töne hinzukommt, wenn sie zusammen iui in wuUtM iii geben
sind; ob man mit Lipps (11, 385) vorzieht, diese »Oe.stultqualität«
V. Ehrciifrls^clior Terminologie ein »GeftUü« zu nennen, ändert
nichte an der Suche.
Kon ist jenes Wiedererkennen keineswegs auf Konsonanzen be-
schränkt. Jede größere Melodie pflegt > dissonante« Tonschritte wo.
enthalten, und auch sie erkennen wir, in beliebigen TnuispositieBe&,
als identiseh. In neoerer Zeit sind bei einigen auBereniopXiseben
Vdlkem Tonsysteme festgestellt worden, die yon dem unsengen
stark abweichen und s^ yeischiedene, uns fremde Interyalle ent-
halten. Die Husik der Siamesen bewegt sich, mit alleiniger Aus-
nahme der Oktave, durchweg in Tonsehritten, die in der unserigen
niemals Torkommen fs. Stumpf 81). Ähnliches hat Ellis fttr Java
festgestellt (15, 518 f.). Selbst da, wo es gelingt, die uns vorliegen-
den musikalischen Produkte eines fremden Volkes in unsere Tou-
leitem einigermaßen einzuordnen, wie bei den meisten bisher unter-
suchten Indianerstämnien, finden sich neben den unheabsichtigien
Fehlern der Intonation doch auch regelmäßige > Abweichungen«,
die an der gleichen Stelle und bei verschiedenen, von einander
unabhilngifren Musikanten immer wiederkehren (14, 407). Alle
diese fremdartigen Tonschritte und die daraus gebildeten Melo-
dien lernt der enropSische Hdrer bald unterscheiden nnd wieder-
erkennen. Die ezotisehen Musiker selbst können es natttrlieb; sie
musizieren fast sftmflieh ohne Noten, lediglieh nach dem (}ehOr
und Gedliohtnis. Dem von Stumpf genauer untersnehten BeUa-
kukindianer fiel es nieht schwer, seine Lieder mit einem anderen
als dem gewohuteu Ausgangstone zu beginnen uud dann siugeud
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DifferenztOne and Eonsonanss.
249
selbständig za. transponieren. In der siamesiBehen MnsikpnziB
fand Stumpf Transpoflitlonen als etwas sehr gewOhnliehee (14, 408;
91, 91).
Ifan kdnnto Memaeh m der Heiniing kommoiy InterraHniteil
nnd Konsonanz bitten Überhaupt niehts mhemander an ton. Dem
wttrde firdlieh jeder earopiliselie Sttnger oder Spieler eines ÜDsChi*
mentcB ohne festliegende Töne widersprechen. Sic wissen, daß
sie uuter sonst gleichen Umstünden eine Oktave, Qaintc oder Terz
leichter treffen nnd siiiierer beurteilen können als eine Septime,
tlberraußigie Quinte oder kleine Selniude. Hätten Stumpf und
Meyer ihre Versuche auf dissonante musikalische Intervalle
ausgedehnt, so hätten sich hierfür ohne Zweifel größere unbemerkte
Abweichnogen von den physikalischen Normalverhältnissen ergeben.
Unser gegenwärtiges Tonsystem ist das Produkt einer langen,
anf weite Strecken noch nnanfgdclärten EntwieUnng. Darttber
jedoeh sind die Historiker nahean einig, daß es wesenflieh anf
Gmnd harmonlseher Erfahrungen und zu gunsten der Harmonie
sieh gebildet hat In den Musiksystemen, deren Interralle Ton
den nnserigen starlc abweiehen, spielt auch die Harmonie, ja der
Zusammenklang überhaupt keine oder eine sehr geringe Rolle.
Und was für die Theorie des Intervallurteils besonders wichtig ist:
vkü harmonische Erfahrungen fehlen, ist auch die selbständige In-
tonation der Intervalle höchst unsicher nnd schwankend. Diese
Unreinheit der Intonation wird beim Hören exotischer Musik leicht
unterschätzt , weil wir die (nach dem bekannten und allgeiueiu
wiedererkannten Zusammenhang) erwarteten und namentlich die
bei nns gebräuchlichen Interrallc hiaeinzuhören pflegen.
Trotzdem ist sie aUen sorg<igeren Beobachtern aufgefallen
nnd wird ttberemstimmend darauf znrttckgeftlhrt, daß hier »die
Harmonie nicht zur Kontrolle dient« (Ift, 521; of. 514, 518; 14, 407,
422). Eine stetige Detonation oder Steigung der Tonhöhen innere
halb eines StQekes bis zu einem Ganzton ist bei NatarvOlkem
nichts Seltenes (14, 408 ; 16, 130, 142). Einzelne Intervalle werden
Ton indianischen Säugern, namentlich mit zunehmender Leiden-
schaft, stark verändert: Die große Terz tritt fUr die kleine, diese
flir die Sekunde ein n. dergl. Die Intonation der Ter/cn ist bei
vielen Nnturvüikern i^o unrein, driR die Frage schwer zu entscheiden
ist, ob reine Terzen oder »neutrale«, d. h. zwischen der großen
nnd kleinen Terz gelegene dabei beabsichtigt und in dem be-
AreUr At Pajdiologi«. L 17
Üigiiizeü by <jüOgIe
250
Felix Knwger,
treffenden Musiksystcm bcfrriindet sind (14, 426; dagcgcu 16, 143.
Vgl. jedoch die Terz [423; öl6] der biameöeii 21, 83).
An sKiiiirsit^chcn Glocken- nnd Holzharraonikas fand Stumpf
die gleiciiscliwchcnd teuipericrte 7 stufige Tonleiter des Landes mit
einer Genauigkeit gestimmt, die fUr solche Instramente and Leitern
ganz ungewöhnlich ist Wie diese Tonleiter selbst entstanden ist|
darttber sind rorlSnfig nnr Vermatnngeo möglich. Die Abstimmung
jener — wenig yeilndeiliohen — Inifcniaiente scheint mit grofiem
Fleifie dueh den siamesisefaeii QnirtensirkeL mstsnde gekomnion
sn sein, bei stfengem Festhalten an dem Friniip der Oletoh-
stnligkeit und cogleieh an der geheiligten SiebenaaR IBb handelte
sieh in Berlin um gesehntte Berafimnsiker» die an den besten
ihres Volkes gehörten: dennoch waren sie alle anf)lhig, ihre eigenen
Intervalle am Tonmesser einigermaßen genau wiederzufinden; statt
ihrer 7 stufigen Tonleiter bestimmten sie, (»hne es zu bemerken,
acht verschiedene, also viel zu kleine Stufen innerhalb der Oktave,
mit erheblichen Abweichuupen bei (Lt uiiTnittelltaren Wiederholung
des Versuchs. Dergleichen könnte einem mäßig begabten euro-
päischen Musikschuler kaum begegnen. Au der siamesischen Hof-
kapelle bestätigte sich wörtlich, was schon ans den omfassenden
Untersnchnngen yon EUis hervorging, daß »bei Mnsikem, deren
Olir nicht duroh Harmonie geschürft ist, die Stimmung deraettMn
Leiter in yerschiedenen FHUen sehr yeisohiedene Besnltale gibt,
also aneh yon der intendierten betrttehtlieh abweichen kann«
(21, 104 f.; 10,514].
Die Oktaye ist das einzige Interyall, das ipeines Wissens allen
bisher bekannt gewordenen Tonsystemen gemeinsam ist; sie wird
zugleich in der großen Mehrzahl der Fälle am reinsten ge-
troffen und gestimmt (lö, 517 Anm. u. passim). Nun ist die reine
Oktave entschieden auch der verbrcitetste Zusammenklang. Ab-
gesehen davon, (lass alle obertoureieheren Klänge tiberwiegend
gleichzeitige Oktaven enthalten; selbst solche Völker, deren Musik
im tlbrigen kein einziges rein harmonisches Intervall besitzt, machen
fortwährend die Erfahrung des Oktayen-mehrklanges: beim inten-
dierten Unisono — w^n der yerschiedenen Stimmlage der
Sänger. Es gibt wohl keinen musizierenden Volksstamm, wo
nicht rogeUn&fiig oder gelegentlich die Männer mit Franen oder
Kindern ansammen sängen; solche Qesänge bewegen sieh notwendig
in fortgesetzten Oktayenpaiallelen. Da es ttbendl mehr nnd
Googl
DUEoffenxtlfne «Dd Konflonaits. 261
weniger geübte Stimmen wie Ohren fpbt, ereignen sich hierbei
nattlrlich alle Unterschiede zwischen reiner und verstimmter
Oktavenkonsonanz und können nicht unbemerkt bleiben. Auch
von einem vollkommen gleichzeitigen Einsatz alier Sänger ist
keine Bede^j. Daher wird das OktaTeninterraU von vom heiein
in allen m(^liehen Übergängen Tom Zneammenk lange xnm
Nacheinander erlebt
Daaaelbe gOt ftr die Übrigen ToDkonuneneren Konsonanzen,
wenn diese aaeh nisprllnglicli seltener Torkonunen. Beinahe von
allen bisher nnteisaehleii piindtiren YOlkem werden Beispiele
einer bald beabeiebtigten bald snfiUligen Mehrstimmigkeit berichtet)
auch abgesehen von den ganz allgemein verbreiteten Oktaven-
ZQSummenklängen'). Die OktaveuparaUelen werden häufig da-
durch Miriiert, daß die höheren Stimmen oder Instrumente die
Melodie in rascheren und kleineren Schritten umspielen ^Siam, Java).
So erzählt J. P. Land von den In stni mental Vorträgen eines jave-
sischen Orchesters: »Mehrere Instrumente gingen da ihre eigenen
Wege, indem sie die gleiche Weise verschieden figurierten; sor
weilen aber trafen sie in liebten Intervallen zusammen, wo dann
der sehOne Klangefaarakter der Instrameiite eine wonderFolle
Wi^ong tat« (15, 618). Von noidameiikanisehen Indianern teQte
Baker einen Gesang mit, hei dem »dne Stimme die Melodie fllhrt,
wühlend dne andere sn Anfimg jedes Ttkie» die tiefer liegende
Tonika dazn angibt« (14, 422 iknm.). Almlieh singen in einem
nenerdings von Fillmore veröffentlichten alten Liede der Yaqni-
Indianer (Mexiko) die Frauen ununterbrochen die Oberquinte der
Tonika (41, 1 ff.). Dieses Lied besteht lediglich ans Tönen des
G-moU-Dreiklane:es. Stumpf notiert zwei, Baker vierzehn
Gesänge, die ausschließlich in Dreikiaugstoneü, und zwar größten-
teils in Dur, sich bewegen. Dasselbe trifft nach Fillmore fUr
▼iele von ihm gesammelte Indianerlieder zu (14, 42ö; 41, 1). In
allen solchen Fällen werden notwendig sämtliche wiohtigeren Kon*
sonamen gelegentlich anch als Znsammenklänge nnd im Über-
gänge von der Gleiebaeitigkeit anm Kaeheinander gehOri
1) Bei den BeUakula-Indianem sitzen die regelmäßig mitsingenden Frauen
»nicbt mit d«n Mlonem ... an der Front des Haiuee, sondern an einem
b('Iiebi;:!:cn Platz im Innern, und haben auch nicht den Stock in der Hand,
den die Männer gebrauchen, um sich im Takt zu >i?.lfOTi.€ »Öfters halten sie
Btondenlange Übungen, wobei einer vorsingt and dirigiert« (14, 410).
2) Vgl Wandt «1, 426.
11*
Digitizcü üy Google
252
Fetts Kni«c«r,
Die VolkBiuQsik gab aucli in £iuopa aUenthaiben Gelegenheit
sa harmonischen Erfahrungen, lange bevor die Polyphonie und
Harmonie sich offiziell befestigCen. Eine gesetzmäßige Fort-
icbreitniig in Akkorden konnte natOrlieb wegen der zaUieiehen
dadnieh bedingten Komplikationen aieh erst spSt nnd langnam
entwiokebi. Aber es ist histoiiaeb imbetecbtigt» aUe Mosik als
bannonieloe an beaeiehnea, die noob keine regelmäßigen Akkord-
folgen entiiält, also andi kein System dea HaimonieweebBela er-
kennen läßt. »Streng genommen«, das ist Stnmpfs Standpunkt
iu dieser Frage, »hat e;) wahrscheinlich niemak bloß homophone
Hasik ffccroben « fl7, 62. Ebenso Wundt a. a. 0.).
T^ippn und einige andere Akn<t!k*^r fordern, daß die Theorie
der Kouäouauz nnabhäugig von dcu Erscheiuuugcu des Zusammen-
Idanges die »Konsonanzc nach einander erklingender Töne be-
greiflich mache; Lipps spricht sogar ron Harmonie nnd Dis-
bannonie in der Tonfolge (7, 258; 8, III, 155; 10, 10; Zeitscbr.
f. Fsjcb. Bd. 8, 343). Die Veracbmelznngstbeorie Stnmpfa, wie sie
ans Beobachtnngen an Znaammenklingen erwachsen ist, kann
offenbar direkt nnr anf Zusammenklänge Anwendung finden. Eben
darin erbllekt Lipps ihren entaeheidenden Fehler (10 a. a. O,}.
Ähnlich argumentiert Hohenemser gegen StnmpfB Theorie
unter ausdrticklichem Hinweis auf die historische Priorität der
homophonen Munik. Er ^iht mit Lipps nur so viel zu, daß im
Nacheinander >(ler Konsonanz- uud Dissonanzcbarakter nicht so
schärft hervortrete als bei der Gleichzeitigkeit zweier Töne 40, 65,
75). Am entschiedensten behauptet neuerdings Meyer eine ur-
sprüngliche »Verwandtschaft« aufeinander folgender Töne, die es
in erster Linie und ohne Rücksicht auf Znsammenklänge wie anf
begleitende TeUtOne zn erklären gelte (30, 2, 39 f., 58). Kr selbst
veiBQeht eine solehe ErkUfarnng nicht, nnd abgesehen von der
Lippa*schen Bhythmentheorie mit ihrem Rekurs anf das Unbewußte
ist mir keine psychologische Deutung des behaupteten Tatbestandes
bekannt
Es ist in der Tat psychologisch nicht einausehen, was die Anf-
einanderfolge der einfachen Töne z. B. c—g an sich, d. h. als
unmittelbares Kiii|)limimi;r9erlebnis vor der Tonfolge c — ßs oder
c — gis voraushaben sollte. Obgleieh anch Stumpf und viele
andere von einer »Konsonanz aufeinander folgender Töne« reden,
habe ich nie recht begreii'cn können, was das psychologisch heißen
Google
Differenztone und Kosflonuiz.
253
soll. Wir mUssen am £ode muerer Untonmchiing auf dicao Frage
und die nahe damit yerbnndeBe des InteiralloiteOs anrllekkommeii;
anf gnmd besonderer Yenniclie werde idi mushweiMn, daß auch
das GefHUamoment bei BveeesBiTen Thusa fax die Anwendung dee
KonBonanzbegriffes keinen Anhalt bietet (D).
Was Lipps vnd Meyer zur Theorie der melodiseben Tonfolge
oder >der« Tonleiter beibringen, stutzt sieb ausschließlicii aul" die
Betrachtnng unserer europäischen MuBik, einer Musik, die aner-
kanntermaßen in hohem Grade von der Uarnionio im Zusammen-
klänge bestimmt ist. Wenn, wie sie meinen, auch bei strenger
Succession die Töne von einfachem Schwingongsverhältnis Ter-
wandtschaftlich einander zugeordnet wären, wenn sie als nr-
sprüng^ch konsonant oder iiarmonisch notwendig aufeinander
binwiesen» 90 wSren Tensysteme wie das der Siamesen oder daB
der Javaner peyehologiBoh kanm zu begrdfen.
Solebe TonBjBteme mit ttberwieg«id irrationalen Schwingongs-
verbftltniBBen, Tonleitern mit fast aiUBobliefifieh »diBBonanten« In^
tervallen Bind nur möglich, wo entweder die Homophonie die Begel
ist, oder wo ans teehnischen Chünden die unterscheidenden Merk-
male der Konsonanz und der Dissonanz nicht zur Erscheinung
kommen (wie bei den Siamesen; vgl. darüber 39, 213; im folgen-
den Abschn. D). Wo Erfahrungen tiln r Kou^^nnanz und Dissonanz
im Zusammenklang feliieu, da ist stets die Intonation unrein, das
Intervallurteil in hohem Maße unsicher. Andererseits bringeu, wie
wir noch genauer sehen werden, Erscheinungen des Zusammen-
klanges und nur sie die Entstehung und Befestigung unserer musi-
kaliBoben Intervalle dem Verständnis näher. Wo und soweit die
Intervalle von relativ ehiliudiem SchwingnngBverbttltniB wirklieh
anch in der Tonfolge irgendwie anageaeiebnet Brnd, s. B. binBichfr-
lieh doB IntervaUnrteilB, da läßt sich das ebenfalla nnr ana den
Erfahrungen an ZoBammenklängen (einBchliefilieh der znBammen-
gesetzten Einzelklänge] begreifen.
Darüber sind wohl alle neueren Akustiker einig, daß das un-
mittelbare Bewußtsein der Konsonanz uder Disstmanz bei gleich-
zeitigen Tönen bestimmter und schärfer ausgeprägt ist als bei
suceessiven. Ich gehe freilich einen Srliritt weiter und behaupte,
beim ^Nacheinander der Töne bestehe ein unmittelbares Bewußt-
sein der Konaonanz gar nicht, und hier könne von KouBonanz
oder Dissonanz BelbBt mit Bezog auf daa europäische Ohr nnr in
^ j 1 y Google
254
Felix Krneger,
einem anderen, ttbertnigenmi und abetiakten Sinne die Rede sein.
Alwr dieie AnBchannng mag so lange auf sioli bernken, bis ieh
die iatoSeliliohen ZnaammenliSnge beselirieben habe, die mir den
UnleneMed der Konsonanz vnd Diesonana an eikttien aehdnen.
Dann erat wlid aieb benrteilen UuMen, wie wdt die gewonnenen
EiidlrmigBprinzipien tfaeoretiaeh leiehen. ht Jedem Falle hat die
wieeenscliaiWehe Analyse da einzneelzen, wo die in Frage etehen-
den Erscheinungen ganz ausgeprägt und regelmäßig der Beobach-
tung sich darbieten. Die historischen Argnmentc, auf gruml deren
mau in unserer Frage daa entgegengesetzte Verfahren emptiehlt
oder iordert, haben sidi hinfälliy' erwiesen.
Von den unbezweiicl baren Erscheinungen der Konsonanz und
Dissonanz rnttssen wir die einfachsten und allgemeinsten zuerst
in Angriff nehmen. Daher ist die Frage so zu stellen: wodurch
unterscheidet sich fttr die bewnfite Wahrnehmung ein
konsonanter Zweiklang von einem dissonanten? LKfit
sieh diese Frage znidehend nnd allgemeingültig beantworten, so
kann das Ergebnis nicht ohne Folge bleiben fUr die damit m-
sammenhlngenden weiteren Fragen: des Harmoniegeftdils, der Eon-
Bonanzgiade, der TonTerschmelznng, des IntervaUvrteils n. dergl.
C. IMe gnmdlegeide Bedeutung der Biffsreutihie fBr
Kensonau ind Dissomuu.
Konsonanz oder Dissonanz treten an sehr yersebiedenen Ton-
paaren gleichartig hervor und sind aus den Eigenschaften der
beiden TOne, die den Zweiklang bilden, psychologisch nicht zu
begreifen. Ehe man noch von den Kombhiationaeiachdnungen
eine genanere Kenntnis hat, liegt die Frage nahe, ob nicht in
wahrgenommenen Mehrklfingen irgend welche akustisdie Neben-
empfindungen regelmäßig enthalten seien, die, zu den objektiT
bedingten Hauptempfindungen hinzutretend, dem Gesamterlelmis
die charakteiiötische Färbung der Konsonanz oder Dissonanz gäben.
Die Beobachtung bestätigte tlber Erwarten vollständig diese Ver-
mutung. Sie ergab nach und nach die uuNcrkLimbaren gesetz-
mäliigen Zusammenhänge, die in den nätiist< ii Kapiteln dieser
Studie (s. besonders II und III} aufgezeigt werden sollen.
Difterenztüne and Eonaontns.
255
I. Historiach-KritiBobeB.
ICt Verwnndernng fand ich dann in der Litcratnr, daß viele
Theoretiker der Koiisoininz die aus dem Znsauimenklauge zweier
Töne resuiticrcndeu öinniichen Erscheinungen nur ganz oberflUch-
lich kannten, die meisten sie nicht beachteten. Der Yersuch, die
Tataacheu der Konsonans. und Dissonanz in letzter Linie anf dieBe
KomblnatioiiserBeheiniuigen znrttckzufUhren, wurde bisher mir ein-
mal unternommen (b. Im folgenden: b) and niemals konsequent
dnrcbgelbbrt Es ist tfaeoretisoh nieht ohne Interesse, die Gründe
dieser bistorisehen Unterlassung kon sn erOrtem.
Die herkömnilicho Yernftchläasigang der Kombi-
Dationserscheinungeni).
Noch sind nicht zwei Jahrhunderte Tergangen, seitdem Sorge
und Tartini die ersten Kombinationstttne entdeckten. Lange Zeit
▼orhielten sieh die Faeblente sehr passir gegen derartige Angaben.
Einige spraehen von »Elnbildong« ; andere, wie Chladni, Wil-
helm Weber, Ohm, besebrinkten sieh anf matbemattsebe Theo-
rien ohne experimentelle Kontrolle» Die wertrollen Beobaebtongen
des fraaixDsiseben Offiziers y. Blein (1827) worden wenig beachtet
Im Anfimg der dreißiger Jahre stellte der Instrnmentenldbidler
Scheibler in Krefeld eine sorgfältige Versuchsreihe an, nament-
lich ttber die Schwebnngen von Kombinationstunen. Diese von
Roeber veröftentlichten Versachsergebnisse wurden eine Zeitlaug
mannigfach diskutiert, aber niemals s\ :4tt niatisdi nachgeprüft und
waren in vielen Paukten bis zur Gegenwart weder bestätigt noch
widerlegt
Ohms mathematische Theorie der Klangzerlegung und die
darauf gegründete Helmholtz-Hensenscbe Theorie des Hörens
▼erbreiteten Lieht ttber die analysierende Ffthigkeit des Ohres nnd
wiesen äet physiologischen Akustik neae Bahnen. Die Einsieht
in die Natur der Kombhiationserscbemnngen wurde dadurch nicht
gefördert. Vielmehr schienen diese Tatsachen mehr als alles an-
dere der sonst bo vielfsltig bewährten Resonatorenlehre sn wide1^
streiten.
Helmholtz berechnete zwar fUr gewisse Ausnahmefälle die
Möglichkeit objektirer (außerhalb des Obres rorhandener) Kombi-
1) Vgl memen Abriß ehier Geiehiehte der 6lnich]Sgig«ii Beohachtimgen
und TlMoriaii SS^ 180f.
2Ö6
Felix Kroeger,
nattoDttOne im Sinne der Oh machen Definition des einfiushen
Tones; für alle Qbrigen Fälle entwiekelte er eine besondere phy-
siologiscLc llypitheHc Aber diese Trommel fellbypothese stand
von vornherein auf öchwa(^^lien FUßeu und knimte nicht aufrecht
erhalten werden {38, 216; 252 ff.)»). Bei der ^^ rlmlichen .\rt
des Zusammenklingens zweier Töne war eine den Kombinati i ns-
tOnen entsprechende pendelfürmige Öchwingungsbewegang objektiv
bisher niemals nachzuweisen. Preyer und andere bestritten —
mit Unrecht — die Existenz objektiver KombinationstOne Übei^
banpt AndeierBeits wurde der Unterschied zwisehen »objektiTon«
und »tnl^ekfiren« TOnen rlelfaeh miBTecBtanden, so, ab ob jeder
»wirklieh Torbandene« Kombinationiton auch im Besonator bAtte
erflohetnen mttssea.
Die physischen Bedingungen der auf diese Weiae niebt iiacfa-
weisbaren EombinationstOae sind noch nicht klargestellt Es wird
dabei bleiben, daß, mit Ansnabme jener Spezialfälle, die Kombi-
nationspbäuomene nur dti subjektiven Beobachtung zugäuglich
sind. Natürlich hören sie darum nicht auf, Tatsaclien zu sein, die
im psychischen Eindruck möglicherweise eine große Kolle spielen
(vgl. Wandt 2 I, 464 flf.). Aber die psychologische Betrachtungs-
weise dieser Dinge ist noch jung. Und es gibt noch immer
Theoretiker, denen eine Bewnßtseinserscheinung minder real oder
minder wichtig vorkommt, wenn sie einen adäquaten Reizvorgang
in der olijektiTen Anfienwelt niebt finden. Für die Psyebologie
ist der Untersebied der objektiren von den sabjektiren Eombi-
nationatQnen an sieb gleiehgflltig.
Nicht so ftor die Physiologie des Qebörs. Der Resonana-
tüeoiie erwachst daiaaa eine in den leisten Jahren Tieler()rterte
Schwierigkeit Die Kombinatioasenebeiniuigen wurden in den
Streit der physiologischen Lehren hineingezogen, was der unbe-
fangenen Feststeiluu^^ des flir die Wahrnehmung wirklich Gegebe-
nen nicht durchaus fiirderlicb war. Fast Jeder, der neuerdings
eiiuirliiji liier mit diesen Fragen sich bescliäftigte, ging alsbald zu
einer neuen Theorie der Kombinationstöue oder gar des Hörens
Über; und alle diese physiologischen Hypothesen itihrten zu mehr
oder weniger abweichenden Konsequenzen hinsichtlieb der £mpfin-
1) DemuäcliBt werde ich Uber Versuche au trüuimelfeUlosen Personeo
beriehtcn, deien Etgebnls mit HelmboUa' pbyBiologisober Asffswnmg der
flubjektiveii KombinadonetSne unvereinbar ist
DüferenstOne und EoBBonanz.
267
(lungstataachen. Andererseits kommt es der Physiologie im wesent-
lichen nur darauf an, die Möglichkeit eines Eoiubinationstones
Uberhaapt zn begreifen^ wählend feinere EigenschAften des Empfin-
dongflinaterials, auch der am unmittelbarBten gegebene Gesamt-
eindrnek sie zmdtohst weniger interesaieren kttnnen.
Inswiseben mehrte rieh doeh allmtthlich die Kenntnis des rein
Ttottchliehen. Helmholts entdeekte im Jahre 1856 die Snm-
maüonstOne und nntersebied yon ihnen die anderen, älteren Kombi-
nationstöne als DifferenztOne. Die schöne Versnchsreihe R. Koenigs
scliloli Bich au, mit ihrcii weitreichendeu Folgerungen (1876; vgl,
meinen kritischen Bericht in Nr. 88). Die jtinjjste (Jeschicbtc der
Kombinationserscheinnngen ist verhältnismäßig reich an sürgfälti-
gen Beobachtungen; aber noch reicher ue voreiligen YeraUgemeine>
rungen und unzureichend begründeten Theorien.
Eoenig glaubte, von den Differenztönen eine neae Art Kom-
bmationstöne unterscheiden zu müssen: die Stoßtöne; er statuierte
angleieh neben den bis dahin bekannt gewesenen, namentlieh durch
Seheibl er festgestellten Sehwebnngen der DifferenztVne »Stöfie«
einer ganz anderen FroTeniens, wie rie jeder Ton unmittelbar mit
jedem verstimmten Hnltiplnm bilden sollte. Später bestritt er die
BeaJttit aller der KombinationstOne oder Sehwebnngen, die mit
seinen Stoßtönen oder Stößen nieht identiseh wären. Er erkannte
nun auch die Summationstöne als besondere Gattung von Tönen
nicht mehr an. Einige Akustiker ötimmten dem zu. Die meisten
aber unterschieden jetzt sowofd Stoßtöne als Difterenz- und Sum-
mationstöne, sowohl Schwebungeu als multiple Stöße; und etliche
versuchten, alle diese Erscheinungen physikalisch-physiologisch zu
erklären. Dazu kamen die Unterbrechmigs- oder Intermitteuztöue,
nach Koenig und anderen mit den Stoßtönen teilweise identisch;
und die »subjektiTen Obertöne«, von denen Koenig die Helm-
ke Itasehen Summationstöne als Stoßtöne ableitete. Es folgten
swei rein theoretisehe Gebilde, deren Bealität jedoch doreh einige
Beobaehtnitgen erwiesen sehien: Riemanns Untertöne nnd später
H er manns MitteltOne mit ihren Phasenweehseltönen. H elm h o Ita
hatte bei der Tonunterbreehung noch die objektiyen, von Rad an
sogenannten Variationstöne nachgewiesen, deren naher Znsammen-
hang mit den »Luterbrechung.>töuen* erst neuestcns von Schaefe r
und Abraham erkannt worden ist (43: vgl. 38, 2dC)Ü\]. Schließ-
lich entdeckten Bosanquet und Stumpf den Zwischeuton beim
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26B
Zusammeuklaug nahe benachbarter Fhaülrtöne (s. im folgenden
n und III Ib
£b gehörte für den SpUtgeborenen ein zeitraubendes Stodimn
dam in der FttUe der yielfaeh einander widersprechenden Angaben
und ZvsanimenftasiiQgen sieli xoieetenfinden. Man bogreifty daß
Toraiehtige FSyehologen dieses ganze Tatsacfaengebiet nngem be-
traten. Aneh mandie Theoretiker der Konsonanz mOgen es «t wenig
sicher gefanden haben, nm sieh darauf mit Freiheit zn bewegen.
Verwirrend wirkte namentlich die weit Terbreitete nnd doeh nicht
hiiireicliend gesicherte Unterscheidung der StoBtöne nnd Stöße von
den DitTerenztünen und ihren Schwebnngen, — was ich iiaeh
perHünlicben Mitteilungen auch von iiamhat'tfn Psychologen und
PLyBioiogeii bericiiten darf. Es gelang nuu der experimentelle
Nachweis, daß jene Unterseheidung durch die Tatsachen nicht ge-
fordert ist, nnd zugleich wurde ihre bi^itorische Genesis aus den
Tatsachen verständlich (38, 201 u. 240 ff. Vgl. Wundt öl, 110;
131 £). Nach meinen ansgedehnten, mit den meisten früheren An-
gaben kritisch yeigliehenen Beobaehtnngen gibt es nnr zwei
Arten TOn Kombinationstdnen, ja von snbJektiTai T9nen llberhanpt
Diflferens- nnd SnmmationstOne.
Einen Zusammenhang der DifferenztOne mit den Erseheiunngen
der Konsonanz nnd Dissonanz hat meines Wissens als erster
Helmboltz behauptet Die darauf bezüglichen Abschnitte seines
akustischen Hauptwerks (1) darf ich als bekannt vorausäetzeu.
Sie scheinen auf die Theoretiker der Konsonanz im allgemeinen
wenig Eindruck gemacht zu haben. Ausgezeichnete Kenner der
Hehn liult/, sehen Lehren, wie Mach, lassen diese ^cite -einer
Konsonanztheorie ganz zurücktreten; ebenso deren Kritiker fast
ohne Ausnahme. Die Diskussion beschränkte sich beinahe aus-
schließlich auf die Ableitung der Konsonanz ans den Eigenschaften
nnd Terhmtnissen der ObertOne. Lipps nnd andere') erwähnten
gelegentlich den Gebranoh, den Helmholtz Ton den DtiforenztOnen
maeht, nm den Eindruck des Molldreiklangs von dem des Dnr-
dreiklangs zn nnterseheiden (l, 854 f.). Bei den Mollakkorden, sagt
Helmholtz, »bringen schon die leicht hOrbaien DifferenztOne enter
Ordnung Störungen hervor. Sie liegen zwar noch nieht so nahe
aueinander, daU die Schwebungeu geben, aber sie liegen außer der
1) 8, 108. H e u s e u 6, 131 f. W uudt 2 U, 68f., 236.
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Differenztone and Konsonanz.
259
Hamionle«; ne ftgen zu dem Akkord »fremde Töne« hinsa. Mit
Beeht bebt Lipps herr«r, d«B d» Prinzip, alle üiweiehnngen
TOtt der Eonsomua auf Sekwebimgtti BnraekxnflthreD, hier dnieh-
bioelien sei. Ja die Helmboltzsobe Aigsmentslioii streift nabe
an eine petitio prindpii, isBofem das an ErUXiende, nindiob die
Harmonie, dabei teilweise yoransgesetzt wird.
Größeres Gewicht leprte Helmboltz auf die Schwebungen der
Differenztöne. Gestützt auf die Beobachtungen Scheiblers nnd
auf einfache theoretische Überlegungen erkannte er richtig, daß
die Differenztöne »die allgemeinste Ursache zur Erzeufrnrirr von
Scbwebnngen geben« (1, 335; vgl. 300J. Trotzdem rekurriert seine
»Scbwebnngstheorie« viel bäufiger and eingehender anf die
Sebwehongen der ObertOne, sodaß z. B. Stampf seine ganze Kritik
nw hiergegen nebtet (17, 4 ff. Vgl. daan im Folgenden III, laj.
Der Grand li^ wobl tot allem darin, daß Helmboltz die Zabl
vnd Sttrke der ans dem Znsammenklange zweier TOne resul-
tierenden DifferenztOne eriiebliob nnteiaobätste.
Ihre Stiirke ist aneb nach Helmboltz' physiologiseber Theorie
Qberans gering nnd mllBfe mit steigender Ordnangszabl rasch bis
zur Unmerklichkeit abnehmen. Die Beobachtung, die hier allein
entscheiden kann, ergibt eine viel größere Intensität der Differenz
tone, alts Helmboltz und die meisten Späteren glaubten.
Was die Zahl der Ditlerenztöne bei Zweikl äugen augeiit, so
scheint Helmboltz — obgleich er sich hierüber nicht völlig klar
ansBpricht — angenommen zu haben, daß es, streng genommen,
nur Differenztöne erster Ordnung gebe, der einfachen Schwingongs-
differenz zwei ol^ektiver Töne entsprechend. Alle Differenztöne
höherer Ordnung, worüber ihm ohnedies nnr spKrlicbe Beobachtongs-
daten Toriagen, führte er als primftre DifferenztSne anf Ober-
tOne zniQck. (Ebenso Lipps, 7, 258, nnd die meisten anderen
Theoretiker der Konsonanz.) Damit war alles, was Uber die Be-
dentmig der DifferenztOne fOr die Konsonanz ermittelt werden
mochte, auf obertonhaltige ZusammenklUnge oder solche von mehr
als zwei Tönen beschränkt. Für Helmlioltz selbst ergab sich
mit NotwendiL^jeit die Anschanung, >duli die Kombinutionstöne nur
sehr nnvollstiiiidig die Wirkungen der Obertöne in dem Zusammen-
klänge zu ersetzen vermögen« (1, 467). Und der neuerdings er-
brachte Nachweis, daß Konsonanz und Dissonanz das Vorhandensein
Ton Obertönen nicht voranssetzen, daß diegM Eigensebaften viel-
260
Felix Knwgw,
mehr auch dem Znsaniiiiriikliüige zweier einfacher Töne zukommen
(vgl. üben 8. 212 f.), schieu die Üeranziehang der DiÖereoztüne ganz
illuBoriflch zu machen.
Wie weit wirklich die Kombinationstöne von Obertönen ab-
hängen, wurde erst in nenester Zeit znm Gregenstande besonderer
Untenachmig gemacht: Der Znaammenklang zweier Stinungabehi
iat hinieieliende Bedingang ftr die Walumehmiiiig von fttnf Differenz-
Vknesa Tenobiedener Oidntixig (sowie eines SnnunaftUmstones); tnid
das Dasein aller dieser TOne ist unabhängig von ObertOnen (86;
38, 219; im folgenden II o. IV).
FaBt man die angegebenen historischen Momente zusammen, so
begreift sich einigermaßen die allgemeine Znrttckhaltnng der Kon-
sonanztheoretiker gegenüber den Kombinatiouserscbeinuiigen. Die-
jenigen, die überhaupt darauf eiriirehen, sind gegenwärtig darin
einer Meiin!n<r, daß den Differenztünen keine findere tiiu listens
eine sekundäre, aeeessorisebe Bedeutaug für die konsonauz und
Dissonanz zukommen könne Den meisten steht von vorn herein
noch das oben zurückgewiesene Yorarteil im Wege, als ob die
Qualitäten der Konsonanz oder Dissonanz in gleicher Weise der
Tonfolge wie dem Zusammenklänge zokftmen und deshalb nn-
mOglieh anf Eiseheinnngen znrttckgefthit werden konnten, die nur
dem Zasammenklange eigentttmlich sind.
Die Hanptsaehe bleibt die Verworrenheit und Lttekenhaftigkeit
des Beobaehtnngsmaterials; meine frubere bistorisohe Sehildenmg
g^bt darttber näheren Aufschluß (38). Eine genaue Bekanntschaft
mit den Kombinationserscbeinungen wurde vielfach durch ungenaue
Methoden der Beobachtung und der Bestiuiiiiung des Beobachteten
verhindert: vor allem aber durch die bescbränkte Auswahl der
untersuchten i alle: man analysierte vorzni^^Bweise oder ausscblicßlich
die in der europäischen Musik übiicbcu Intervalle und namentlich
die Konsonanzen. Dadurch verbargen sich charakteristische £m-
pfindongsmerlunale der Dissonanzen; solche der Konsonanzen
wurden nicht als ebarakteristiBob erkannt.
Ans Sebwebitngen der DiffeienztOne oder dem Fortfall dieser
1} Hit Ausnahme Wandts. — Wnndt kam noch in der 4. AatUgfi dw
p^cbologischen Hauptwerks zu dem Ergebnis, die Differenztüne seien für
die Theorie der Konsonanz »nicht von entBcheidciKkT BfMlcntnng« 2 II. 7Rf.^
Aber jyerade in dieBera Punkte ist die letzte Darhtt llung auf gnind der neao*
reu Btluude völlig uiu gearbeitet (51, 423 f., 432; lUOf., 110.'.
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Differenstdiie und EonwnutiiK.
261
Schwebuugeu glaube aucl» ich uiclit die Konsonanz unsreichend
erklären zu können. Andere, bisher unbekannt gewesene Eigen-
schaften der Dififerenastöne mttssen mit herangezogen werden.
b. Preyers Beitrüge snr Theorie der Konsonanz.
Der vorhin erwÄbntc vereinzelte Versuch, die Erklärung der
K<»ii8onaiiz auf VerhUltuisBe der DiflFerenztöne zu gründen, stammt
Ton Frey er und findet sich in dessen Akustischen Untersuchungen
yom Jahre 1879 (5). Dieser Versnoh ist bis zur G^nwart sehr
wenig beachtet worden^). Ich kenne in der gesamten literatnr
nnr ein Bncb, wo Freyers Lehre von der Konsonanz erwähnt
wird: Hensens Physiologie des OehOis (6» 190 f. Anm.; 16Anm.).
Um keinen der m(Igliehen IVne tu tthergehen, empfiehlt
Frey er» alle zwischen den jeweib gegebenen Sehwingongszahlen
mOgliehai Differenzen als DifferenztOne 1., 2. his 9»*ter Ordnung
aaszoreehnen [5, 33).
Seine Benennung der Dift'ereuztöne ist etwas schwaukeud. Im
allgemeinen bezeichnet er als »Differenztöne erster Ordnung« alle
diejenigen, die ohne Mit^virkung eines Differenztonos, also durch
das Zusairiiiii'jiwirkcn objektiv vorliaiKleu* r Tone können ent-
standen gedacht werden; als »Diilereuztöne zweiter Ordnung« alle,
die aas dem Zusammenwirken eines solchen Differenztones 1.
Ordnung und eines objektiv gegebenen (Primär- oder Ober-) Tones
lesoltieren. In seinen eisten Beieehntingen besohrllnkt er sieb auf
diese heiden Arten von BifferenztOnen, aaeh ttnBert er sich wieder-
holt dahin» daß es DiiferenztOne »höherer Ordnung«, also durch
zwei DifferenztSne bedingte, thatsttehlich nicht gebe, oder daß sie
doch nicht Yon entsoheidender '^rksamkeit sein kt^nnten (5, 41;
53). Wo er jedoch theoretisch Tom Zusammenklänge zweier ein-
facher Töne handelt, zieht er regelmäßig diese ron zwei Differenz-
tönen abzuleitenden Differenztöne als notwendige Faktoren zu
seiner Erklärung der Konsonanz heran.
1 Die Herten Professor Stampf und Dr. Schaefer hatten (im Oktober
1901 (lio Freundlichkeit, mich dfirruif mrinerkaam zu machon. Vorher wir
die im Budihnndel vergrifiVue uud auf keiner üffentlicheu Bibliothek Kiels
vorhandene ArUnt mir nur aus Zitaten bekannt, die sich auf rein tatsächliche
Einsftlftagea bezogen. Danuu» eikttrt es eich, daß in meiner Abbaadlnag
»Znr Theorie der KombinationetOne« (SS) Preyere Ergebnisse niebt geaU-
gead beachtet sind, und daß ich auch seine Theorie der KoasoBUia nicht
knnrtfp. als ich meiue liier darznstelk'udcn Anschauungen gewann und zum
erstenmal im August 1900 dem Pariser Psjchologenkongresse vortrug (VI).
262
Felix Kxueger,
ZnnAcbst berechnet er — unter Beeehrftnknng auf die Differenz-
töne 1. und 2. Ordnung seiner Terminologie — die Schwingmigs-
zahlen sämtlicher Tüne, die beim Zusammenwirken zweier einfacher
Töne und ibreü ersten Obertönepaares möglicherweise entbtehen
konnten: es erfceben sich 47 theoretische Einzeltöne, deren Zahl
jedoch durch mehrlaches Zusammenfallen sich jederzeit erheblieh
vermindern muÜ; in keinem Falle können mehr als 16 ver-
schiedene Töne heransgerechnet werden (5, 38 ff.}. Preyer S&gi
hinzu, er habe »die meisten der berechneten Töne wirklich am
Obertöneappant mit seinen vielen und fitarkea Obertönen« (das
letete ist an beaehten) »dentliefa wahrgenommene.
Theontifleb wichtiger sei folgendes: »Wenn man ftr ein be-
liebiges Tonpaar mit oder ohne ObertOne so lange die simtUohen
EombinationstOne 1., 2., 3., . . . »»ter Ordnung beieehnet, als noch
neue TSne resultieren (also jetzt ohne Beschrünkang auf ffie yon
Preyer sogenannten Differenztöne 1. und 2. Ordnung), so ergibt
sieb uudiiahmslos eine vollständige aritlime tische Reihe von
Tönen, und falls die das Verhältnis a : ß (der Primärtöne] aus-
drückenden kleinsten ganzen Zahlen n : m statt der {Schwinguugs-
zahlen der Ivei liuuug zu gründe gelegt werden, erhiilt man aus-
nahmslos fUr jedes Tonpaar eine arithmetische Heihe mit dem
Anfangsglied X, der Differenz 1, dem letzten Gliede der Anzahl
der Glieder m, also die Zahlenreihe 1, 2, 3, 4, 5, 6 m.«
Für jedes Tonpaar mit n ObertOnen Terlängere sieh diese
arithmetiseke Bdhe bis zn dem Gliede n ß.
Das folgende Kapitel der Preyersehen Abhandlnqg sieht
hieraus Folgerungen für die Ünterseheidnng der Konsonanz und
der DisBonans. Je konsonanter ein InterrsU ist, je Ueineie Yer-
bftltniflzaUen es also ausdrOcken, desto kürzer ist natnrgemüB die
arithmetische Reihe der möglichen Töne, desto zahlreicher sind
außerdem die Koinzidenzen der theoretischen Werte (wodurch die
ersten Glieder der Reihe am stärksten betroffen werden). Um-
gekehrt: je komplizierter das primMre Sehwingungsverhiütnis ist,
desto mehr Kombinationstöue sind möglich, desto weniger Koin-
zidenzen kommen vor; zugleich sind Komhinationstöne immer
höherer Ordnung nötig, damit die arithmetische Reibe ?ollständig
bleibe; diese Beihe wird faktisoh immer gliedenreioher nnd zngleieh
Ittekenhafter.
Nun erinnert Preyer an eine Tatsaehei die der »allgemeinen
. j . > y Google
DiffweiutOiie und Kohbohaiiz.
263
Physiologie der Sinne« angehöre: »Je mehr einfache Sinneseindrücke
gleichzeitig ein Or^an afüaieren, um so weniger dentlich wird jeder
einzelne wahrgenommen < (S. 56). So auch bei Truu n.
Damit ist natürlich das Konsouanzproblem für ihn noch nicht
gelost. Frey er weiß sehr wohl, daß ein konsonanter Akkord
duroh das Hinzutreten hannonischer Klänge nnd zahlreicher Ober*
tOne niebt dissonant wird. Psyoboiogisch ist ilun Konsonant
gtoidibedeatend mit Annehmliobkeit eines Intervalls, Dissonanz mit
dem Gegenteil So tünt er fort: »Doioh eine Vielheit gleich-
zeitiger, einzeln nicht dentlicber TOne wird ein UnlnsIgeAlhl nicht
jedesmal erzeugt« Dies ist allerdings immer der Fall, wenn die
Zahl der gleichzeitigen Töne ttber eine gewisse Grenze hinaus
wächst. Aber vielstimmige Musik kann sehr schüu sein. Nämlich
dann: »wenn die Mannigfaltigkeit der Töne eine bestimmte
Ordnung zeig-t. Diese Orduuug ist charakterisiert durch eine große
Anzahl von Koinzidenzen der Kombinationstöne und Obertöne mit-
einander and nntercioander, sodaß die Gesamtzahl der vorhandenen
wirklichen Töne viel kleiner als die der möglichen wird und da-
durch jeder einzebie Ton leichter erkennbar — nicht erkannt
wild. Aas vielen immerUiehen, nndentUchen, nnbewiißten Ober-
einstimmongen entspringt, wie Leibniz nngemein treffend sagte,
daa Yeignllgen. Ebenso entspringt aber aas Tielen Versohieden-
heiten, onmerUiehen, unerkannten Abweichuigen das IfiBTeignftgen.
Daher wird eine Vielheit Ton ?rirklichen Tönen, wenn sie anch
z. T. nicht merklieh sind^ mit weniger Koinzidenzen Tcrwirrend
sein, in ihm [ihr] jene Ordnung vermißt werden. Sie sind disso-
nant; ob weil die Psyche die aus sehr ungleich starken Tönen be-
stehende Reihe als arithmetische nicht erkennen kann oder weil
dus peri|)liere Ohr dieselben nicht gesondert ihr zur Verfügung
stellt, ist eine offene Frage, die sich vielleicht physiologisch er-
ledigt«
Die Schwehnngen können den Eindruck der Dissonanz TCr-
stärken; sie genttgen aber nicht, aUe Dissonanzen zn erklAren.
Wesentlich ist nach Preyer noch die Vererbuig nnd Übung
im Lanfe vieler Generationen, wodurch der »Sinn für die Remhelt
der gegenwärtig geltenden Konsonanzen viel feiner entwickelt wor-
den zn sein scheint, ... als der fltr die Reinheit der meisten ge-
bränehUdien Dissommzenc. —
Der kritische Betrachter dieser Konsonanzthcorie wird notwendig
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264
Felix Knieper,
zuerst fragen, ob die Empfindungsdaten, auf denen sie sich anf-
bant, wirklich eresichcrt sind. Leider äoßert sich Preyer nicht
mit Bestimmtheit darüber, wieweit seine Angaben über die Ditiferenz-
töne das Ergebnis exakter Beobachtungeu Bind, wieweit sie auf
bloßer ReelmuniJ: beruhen. Darin liegt vielleicht der Hauptgrund,
weshalb seine Theorie der Konsonanz noch so wenig diskutiert
worden ist
Das von Preyer Torgeschlagene und gettbte Verfaliren, ftr
jedes SchwingangSTerlütttnis alle matfaematiBcli mdgliohen Differenz-
zahlen zu berechnen, kann ja nur fllr die erste Orientienmg dien-
lieh sein; es kann der experimentellen Beobaohtimg den Weg
weisen, niemals sie ersetzen. Es ergibt tatsHcblich in der großen
Mcliizalil der F'iUle zu viele Diflcrenztüne. Wenn wir die Trimär-
töne mit u und nA, den Diflfereuztou {n^ — n) als , den Dif-
ferenzton (/i — Bi) als i>2 bezeichnen, so entspricht beispiels-
weise nach meinen Versnehserp^ebnissen dem theoretißelien Werte
(»* — D^} kein besonderer DiflFerenzton (vgl. S8, 193 f.; 2Ü5). Andere,
Itlr unser Problem wichtigere Abweichungen des wirklich Wahr-
zunehmenden von der Prey ersehen Berechnung treten aus meinen
früheren Darstellungen (86 — 88) yon selbst berror und mttssen
z. T. im folgenden erw&hnt werden. Was yon seinen Angaben
gültig bleibt) wird auch ftr die Theorie der Konsonanz fruchtbar
bleiben.
Wenn Freyer manches nicht gefhnden, manches nur ungenau
bestimmt hat, was sieh aus Zweiklüngen herausanalysieren lässt,
so ist das wohl größtenteils auf ungünstige VersuehBbediugungen
zurückzuführen (s. 5, 42; IH), — Bedingungen, die auch von Spä-
teren nicht verbessert wurden. Er untersuchte die — von üun
selbst erzengten — Klänge unmittelbar an den Instrnmeiit* ti « tline
Uberleitung, wobei feinere Erscheinungen durch uuvermcidliche
Störungen leicht der Wahrnehmung entzogen werden. £r beob-
achtete ferner allein , ohne die Kontrolle anderer und durchaus
wissentlich: »nach vorherigem Angeben« des jeweils erwarteten
Tones. Mit welcher Genauigkeit die herausgehörten Töne der Hohe
nach bestimmt wurden, bleibt Überall fraglich. Geringere Abwei-
chungen von dem, was die Theorie als notwendig vorschreibt,
kommen erfhhrungsgemäfi auf jene Weise nicht zur Gleltnng. Bei
einigermafien gespannter Aufmerksamkeit und in stiller Umgebung
»hört man«) wie er sagt, »fast alle die vorher ausgerechneten ein-
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Differenstttne vad Konaonans.
265
seinen Töne oder kann sie mit Httlisgabeln naehweiBen«. Die Un*
xiiTeriässigkeit der zuletzt erwähnten Methode, wegen der Sehwe-
hnngen der Oberittne nnd anderer Fehlerquellen , ist nenerdinga
melurfaoh herrorgehohen worden.
Wir sahen vorhitt, daß ftr Helmholta die mnsikalisciie Be-
dentnng der DifforenstOne sieh dadnreh stark Terringwte, daB er
diese TSne zum größeren Teile abh&ngig glanhte Ton den (seinem
Interesse auch sonst näherliegenden) Obertönen. Hier vor allem
hätte eine nene empirische Untersuchung des Gegenstandes weiter-
führen müssen. Aber ^^erade dieser theoretisch h()chwichtifi:e Punkt
wird von Preyer nicht aufgeklärt. Kr sac^t zwar iu den Akusti-
schen Untersueiiungen, die vollständige arithmetische lieihe der
Differenztöne stelle sich regelmäßig auch bei völlig obertonfreien
Zweiklängen her, man müsse nnr Differenzen höherer Ordnimg
beraimehen. Aber knrz zuvor erklärt er ganz im Gegenteil» ebne
alle Obertöne konnten nur der erste = ni — n and der zweite
Differenzton = =k(29f — n*) zu stände kommen; wo noeb andere
gebort würden, da stammten sie von ObertOnen ab (S. 41). Damit
würde zusammenstimmen, was Preyer mn Jabr vorher der Jenai*
sehen GeseUscbaft für Medizin nnd Katnrwissoisebaft mitteilte (3).
Da glaubte er auf grund von Stirn in gabelversuchen »mit aller Be-
stimmtheit« den Satz aufstellen zu können : >Nach Beseitigung aller
OI>crt(jue aus einem dissonanten Klangpaar verliert dasselbe das
Unangenehme der Dissunaii?;* (3. 4'^ i).
Den rechnerischen Überlegungen, auf die seine Ditierenzton-
theorie der Koufionauz sich sttitzte, legte er, wie berichtet, den
Fall eines nnr von seinem ersten Obertönepsar begleiteten Zwei-
klaoges zn gründe, also den Zusammenklang der vier objektiven
Tüne: n, 2«», 2«»^. Aber diesen tbeoretiseh entwickelten Fall
bat er experimentell niobt geprüft, vielmehr seine Difforenzton-
beobacbtongw an einem der obertonreiobsten Ibstnimente, dem Ap-
pnnnaeben Znngenapparat angestellt Wieweit die wirklieh wahr-
nehmbaren DiiforenztOne von ObertOnen abhängig sind, darüber gibt
1 Diese» Erf2;ebniö schien ihm naturt'emHn Pi'nr wichtige Stütze der
UeimholtKscbeu Obertontheorie der Kousoaauz zu bilden. Die »Beseiti-
gnng« der Obertöne geschab nicht auf dem allein Scheren Wege der later-
ferm» londera wurde dnich Henbielni]^ der KlangBtitafca ni enelehea ver-
anebt — Seine eigcae, oben oiOiterte Theorie der KoDBoatoz und Diuoiuuiz
trug Preyer 14 Tage später deiBdben Gesellacliaft, zum erstenmal, vor (4}.
Digiii^cu by Google
266
Felix Kraegvr,
Preyer seinen Lesern keinen Aufschluß. Für manohen, und
namentlich für die zahlreichen Anhänger der Obertontheorie, wird
schon diese tTnklarheit ^'ciiilt^ haben, um die ganze lleraoziehiiiig
der Differenztöne als UberüUsai^ eischeineo za lassen.
Wenden wir uns zn Preyers Konsonanztheorie selbst, abge-
sehen Ton der Sicherheit oder Bestimmtheit ihrer tatsttchliohen
GnmdlageiL — > Preyer eriimert an die Obereinslimmiuig seines
sehlieBBohen Ergebnisses nut den Lehren too Deseartes, Leibnis
nnd Ettler, die er naeh den Original«)aellen mit dankenswerter
Anaildirliehkeit darstellt Uns Jlingeren kann anidi eine prinzipielle
Verwandtsehaft setner Theorie mit der, oben besproeheneni Ton
Lipps nicht entgehen. Hier wie dort handelt es sich nm das un-
bewußte Erleben einer gewissen Ordnung, ÜbereiTTstimuiun^r oder
des Gegenteils. Preyer geht genauer alt» Lipps aul da« in Zu-
samiuciiklnngen tatsächlich Wahrnehmbare, auf das bewußte Em-
pfindongamaterial ein. Aber trotzdem sagt er weniger bestimmt,
worin die von ihm gemeinte charakteristische nnd woblgefilU^
Ordnung besteht, von der seihst »nnmerkliche« Abweiobangen das
IfiByergnOgen der Dissonanz yemisaohen sollen.
Die Ansahl der »Koinaidenaen nnter den mOgliehen nnd wnk-
liehen TBnenc kann das Entseheidende nieht sdn. Denn, wie wir
sehen bei den ObertOnen sahen: selbst onem wirUidien Tone
können wir es nieht anhSren, ob mehrere oder wieviele gleiehkohe
Töne etwa in ihn aasammengefallen sind. Vollends die Zahl der
mathematisch m(^liohen Töne und ihr Verhältnis zu den wirklich
vorhandenen oder zu deren Koinzidenzen beskilit nur für das Be-
wußtsein des rechnenden Theoretikers, nicht für die unmittelbare
Wahrnehmung.
Dasselbe gilt von der Vollständigkeit oder Lückenhaitigkeit der
arithmetischen £eihe der Schwingungszablen. Daß die Ordnung
der Sehwingongszahlen in eine solche Reihe an sich wohlgeftllig
und konsonant wirkoi die Abweichung davon mißfällig, kann nieht
Pre^rs Meinung sein, weil er Tielmehr lehrt, dafi in jedem
Falle, anoh bei den Dissonansen, nur solefae TeittSne auftraten,
deren Sehwingnngaiahlen einer arithmetisehen Reihe angehOreii
(waa indessen, wie wir in den folgenden Kapiteln finden werdea,
den Tatsachen nieht entsprieht).
Die Länge oder Kürze der Schwingungszahlen reihe ist etwas,
das fttr das wahrnehmende Bewußtsein zur Ueitung kommt: in
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DimBrenstSne irad Kontonain.
^67
der Klangfarbe und der Zahl der wahrnehmbaren Töne. Aber das
läfit sieh als Prinzip der Unterscheidung zwischen EoosoaaDz und
Diflsonanz, wie Frey er selbst betont, niclit dorehfUhren. In der
Tat en Aalten die Dissonanzen ans obertonannen Kl&agen, ein-
sehUeBUeh der EombinaAionBtÖne, eine geringere Anzahl ^vahmehm-
barer TeiltQiie als konsonante Akkorde mit vielen ObertOnen.
Es bleibt nur noeh die Dentliehkeit nnd StSrke der TefltOne
als mögliches Unlerseheidiuigsmerkmal ttbiig, worauf Frey er aller-
dings nicht näher eingeht Er weist darauf hin, daß bei den kon-
sonanten Intervallen namentlich die ersten Glieder der Teiltonreihe
— durch zahlreiche Koinzidenzen — verstärkt wUrden. In seiner
Darstellung stehen auch hier die reiu rechnerischen flberlegungen
durchaus im Vordergründe. Einmal bemerkt er kurz und allge-
mein, die nach der Rechnung am meisten verstärkten Teiltöne
seien es aneh fUr die Beobachtung [6, 40). Die unmittelbar vorher-
gOgangene Bereefannng ergab, daß von den Differenztttnen der eiste
nnd swdte der gewOhnliehen BeieiehniiBgBweise [= (n^ — n) und
± (2n — n^)] jedesmal am meisten Terstirkt wUxden. Dem wider-
sprieht, was Preyer im Anfan^p desselben Kapitds Uber das Vef-
hittnifl der sogenannten StofitOne an den DüferaiztBnea sagt (S. 11)
Weder diese noeh jene Angaben lassen sieh allgemein mit den
Tatsachen in Einklang bringen (vgl. namentlich 38, 237 ff.). Der
Gedanke der Koinzidenzenberechnung enthält, wie wir im nächsten
Kapitel sehen werden, einen berechtigten Kern. Wo die Schwin-
gung-szahlen der wirklich vdrhandenen Dififerenztöne zusammen-
ialleii, da ist in der Tat ein verstärkter Ton zn hören. Und das
iat nnr bei konsonanten Zusammenklängen der Fall.
Stellenweise gewinnt es den Anschein, als seien die Konso»
nanzen ftir Frey er dadurch ausgezeichnet, daß hier von den tot-
handenen TeiltOnen eine größere Anzahl als bei den XXissonanzen
rdatir laut nnd dentlieh sei nnd daher leiehter gesondert mm Be-
wnBtsein komme (1^)58). Ohne weiteren Znsats Ulfit sieh anch
dieser Gedanke nieht allgemem dniehltiiren: em konsonanter Ak-
kord geht nieht durch Absehwttchnng einsefaier oder aller semer
TeiltOne in eine Dissonans Uber. Eine Konsonanz aus Klängen
1) Er vertritt hier im Gegeniata so Helnbolts die Koenigiehe Auf*
hmmag von den KonbinttloiistOiieiL Danach wären jedoch die meisten
theoretiBchen DifferenztUne Preyers gar nicht vorhanden, aad die StXllM>
verbältniMe Uelsen »oh auf a«me Weise nicht bweduieii.
18^
268
mit vielen leisen und schwer erkeunbareii Obertönen bleibt kon-
sonanter als jede Dissonanz. Ferner wurde durch die Verschmel-
znnp:» versuche Stampfe und Beiner Nachfolger erwiesen, daB ge-
rade die ToUkommenBten Konsonanzen am innigsten derart mit-
einander »renchmelzen«, daß die einseinen TeiltOne nieht für sieh
znm BewoStsein kommen nnd das ganze, wenngleieh sehr anaam-
mengeaetzte T<HigemtBeb am bänfigsten ala ein Ton beartoilt wiid.
Die psychologischen Analogien, dnroh die Freyer seine An-
sehanung erläutert, helfen ans nieht weiter. Er veigleicht die Dis-
sonanz mit der Wirkung mehrerer gleichseitiger Geruchs- oder
Geschniacksreize, wo die einzelnen Bestandteile »nicht leicht scharf
und vollständig erkannt werden« (S. 57]. Jeder Purlümeur, jeder
Ku( likiirij^tler oder Wetnkenner würde einwenden, daß die Mischung
zahlreicher GeHciimUcke oder Gcrtlehe au sieh keiucrlei Unlust
oder DiBharinonie bedingrt ; «olebe vollen Misrhunj^en ^virken viel-
mehr häufig höchst erfreulich und gerade dann abgerundet oder
»harmonisch«, wenn es vollständige Verschmelzungen sind, wenn
keiner der Eäementarbestandteile fllr sich bemerkbar ist oder deut-
lioh her?orstichi Was Frey er an derselben Steile Aber die Farben-
misebung sagt, gebOrt gar nicht hierher. Die »einzelnen Bestand-
teile«, ans denen z. B. ein Gran oder Braun objektiT gemischt ist,
sind psychologisch gar keine Bestandtefle der resultierenden ein-
fiMsben Empfindung und können aus dieser nicht nur »nicht tdII-
stSndig«, sondern Uberhaupt nicht »wiedererkannt« werden.
Auch die Farbcnmiöchung wirkt als solche keineswegs unan-
genehm oder verwirrend. Wenn femer zwei gleichzeitig wah^e-
nommene Farben miteinander kontra-stieren, so sind in jedem Falle
schon die Elemente der Kuiplindung qualitativ vernehieden von
den einzelnen objektiv gleichen Farben »für sich auf schwarzem
Grunde«; aber durchaus nicht undeutlicher oder regelmäßig unan-
genehmer.
SeblieAlich lenkt Frey er immer wieder in die alten, schon
Ton Helmboltz eadgOltig nberwundenen Vorstellungeu dea unbe-
wnfiten ZKblens oder Beebnens ein. »Eine Vielheit Yon gleioh-
zeitigen TOnen, die eine längere ToUständlge ojer lUckenbafte
aiithmetisehe Beihe bilden, verwirrt und bewirkt dadurch Unlust,
wie ein Bechenexempel, das man im Kopf iQsen wfll und nicht
lösen kann, weil es zu hübe Zifi'eru enthält.* Bei den Konsonanzen
»braucht mau wirklich nur bis tUuf zu zählen«.
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DÜBraenstSne und Kohbohsiuc.
269
Wahrscheinlich hätte Frey er noch genaner die wirklichen
aknstiBchea ErlebniRse beschrieben nnd von den Kestütaton der
Kechnimg mttorsehieden, vielleicht auch die mannigfachen psycho-
kgiiohen MötiTe miner Lehre mehr in. eine gearbeitet» wäre ei
ihm nJeht im Onmde mn eine phyBlologieche ErUMrqng der
Konsonans na tan gewesen. Seine bisher erörterten Angaben nnd
ZnsammenfaBsimgen lielen darauf ab, den psychischen £indnick
der KonflonanE uid IHssonanz begreiflicher sn machen; sie eind
unabhängig von der physiologischen Interpretation der Erschei-
nungen. Indessen l'reyer selbst glaubt mit alledem eine befrie-
digende Erklärung der Konsonanz und Dissonanz nicht geliefert
zn haben. Eine Hauptschwierigkeit, die allein schon ein schweres
Bedenken gegen die Helmholtzisehe Theorie der Konsonanz in
sich schließe, erblickt er darin: »daß die Erkennung der disso-
nierenden nnd konsonierenden Intervalle beim Nach einanderklingen
der zwei Töne . . . ehie erstannlicbe Sicherheit erreichen kann«.
Helmholt B müsse hier »eine sehr konqyliaiefte Hilfidiypotbese
Aber die BeteiHgnng des GeflÜtofatnisses an der Bildung der Ton-
wafamehmimgsiuteile« einftthren. An deren Stelle nnd zur Hebimg
jener Sehwierijgl&eit entwickelt Preyer eine p^ycho-physiologisehe
Andefat, die gewiB nicht weniger komplisiert oder hypodmtisch'
ist als die notwendige Annahme einer Beteiiigang des GedSefat-
nisses und der unanalysierten Nachvvükun^eu liuherer Erlebnisse
am Intervallarteil.
Diese Preyersche Theorie (S. 59 ff.) geht von der Hypothese
ans, daß für gleichvHele Tonschwingungen gleichviele abgestimmte
Fasern oder eine gleichgroße Strecke der Basilannembran zur
Verfügung stünden. Das Intervallarteil wird nan zorttckgeftl|irt
aaf eine »SchStanng« der Fasemansahl oder der Membranstrecken —
in Analogie zur ittnmlichen Diatanzsehitanng. »Die sehr oharakte-
listisehe OktaTenempfindnng tritt also immer dann eüi, wenn der
AngrifGqnmkt des aweiten (höheren) Tones um ebenso viel Faaer-
enden, d. h. um denselben Abstand Ton dem des ersten (tieferen)
entfernt ist, wie dieaer yom lifnllpnnkt, nnd jede Oktave [abgesehen
von den ftnBersten Grenzen der Tonakala] enthSlt halb so viel Fa-
berii als die ihr tollende.« Jeder Quinte entspricht die Hälfte
des »Weges« vom Nullpuukt bis zu der Fai.er des Grundtons, der
Qnarte * 's u. s. f. Die Tonleitern sind »gleichsam Leitern, deren
btofen man beim Aof- und Absteigen onbewaßt zählt«.
^ kj .1^ uy Google
270 Felix Kfa«ser,
Mau fragt vielleicht, wozu unter diesen Voransseteungeu der
ganze Umweg Uber die Diflerenztöne nötig war. Preyer ant-
wortet; £uuge DiffereDztdne, niederer Ordnung — nicht zn viele,
denn diese wirken Terwirrend — »erleichtern die Peneptkin des
AbfltandeB sweier errogten FMetendeni weil iie immer eine uith*
medsebe Beihe bflden» in der die beiden TOne, deren Abfland ge-
lehitet werden ioll, zwei Glieder bflden« ; eie «nui^eren die Tdl-
pnnkte der dnreUanfenen Stceekec.
Ich nnteriaaee es, die psyebologisohen und eikenntnisilieo-
retiseben Bedenken auszufahren, die dieser Anschanung im Wege
stehen, namentlich auch dem \'ergleich mit der wirklichen, optischen
oder taktüen Distanzschätznng, wo man nach Preyer »nichts an-
deres tnt als die Zahl der Nervenfasern z\vi8chen den zwei er-
regten Punkten unbewnßt zählen, selbst wenn man von ihrer
Existenz nichts weiß«. — Indem wir nunmehr die Tatsachen der
Empfindung selbst zu Worte kommen Isy^sen, werden wir das Weit-
TuÜe an Preyers DanteUnng am besten würdigen.
iL Die Differenztöne und ihre Foigeersolieinnngen.
Der einfachste Fall, an dem wir die KombinationBersebeinungen
sedieren können, ist der Znsammenklang zweier emlkfilier Töne.
Und wir mttssen anf diesen ein&cbsten Fall snrQckgeben. Denn
wollten wir anf die Beobachtung der gebrttacbtioberen) boehz»-
sammengesetzten Klänge uns beschränken, so kuuuten wir nicht
entscheiden, welche von den wahrgenommenen Erscheinungen nur
den Obertönen ihr Dasein verdanken, — wie das von den meisten
bisher fc«t2:eHt eilten Kombinatiüuserscheinungen behauptet worden
ist. Wir können uns aber andererseits leicht davon überzeugen,
daß, wie bereits erwähnt, die unterscheidenden Merkmale der Kon-
sonanz und Dissonanz auch dem Znsammenklange zweier einiaeber
Töne zukommen: dieser stellt zugleich den einfiMsbsteu und, da
alle MebrklSnge (wenngleiob nicht ohne einen psycbologiscben
Rest] in Tonpaare zerlegbar sind, den allgemdnsten FaU der
Konsonanz und Dissonanz dar.
Ein solcher Zweiklang fllbrt nun im allgemeinen — die Aus-
nahmen werden sogleich zur Sprache kommen — fHnf Diiferens-
töne mit sich. Die Tonhöhen dieser gleichzeitigen Töne sind nach
der Regel zu berechnen, dafs mau nacheinander immer die klein-
sten bereits vorhandenen ächwingungszahien voneinander abzieht
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DURsrenstttiie und KouonaocE.
271
Wenn beispielsweise das Sohwngangsverhältms der primär ge-
gebenen Töne 20 : 29 ist, so entsprechen den Differenztönen die
VeiiiältmBBaiilen 9 (= 29 — 20), 11 (= 20 — 9), 2 (= 11 — 9),
7{«»9— 2)» 6(=7 — 2); — ünFnUe 17:41 die Vtf IdÜtmauUen
24,7,10,8,4.
BeiediMit m&n jeweib, wie Preyer vonoUng, alle täwrlianpt mög
liehen Diflwenien, so ergeben sioli ellgemehi nt viele DUbnnslOiie,
d. h. meiir ds tattfeUieh in irgend einer Wdee nr Wilmeluinnig
kioBiBwn. Naeh Frey er mflssen vir jedexseit aftmtlielie.TQne erwarten,
deren Schwingangsverhältnigse durch die ganzen Zahlen von 1 bia mr
Yeriiiltniszahl des höhwm Primirtonea repräsentiert sind, also in OBflerm
ersten Beispiel alle von 1 big 29, im zweiten von 1 bis 41. Keine
Rechnungsmethode kann liaitlbev Aufschluß ^eben, wclclicn theoretischen
Werten wirkliche Emptindungen entsprechen. Das kann nur doroh die
BeobaohtoDg entschieden werden.
Die oben aufgestellte Regel ist der knne Anadrock meiner
▼ieLfadi konlroDierten expeiimenteUen Bestimmnngen an mehr nla
400 ZweiUlIngeii^). Sie eneheint als die einfiaefafte und sih
gldch ToUatindigate Znaammenfaaarog meioier e^penen mil alka
anderweitig bekannt gegebenen exakten Beobtofatangen (vgl 88,
Kap. I u. n).
Die SehwingQngsyerbSltniaae der DHforenztOne m Teranaehan-
lichen, mögen die beiden umseitig folgenden graphischen Dar-
stellongeu dienen.
Darin bedeutet die horizontale Richtung eine stetie^e Erweite-
rung des primären Zweiklanges, durch Erhöhung eines der beiden
Töne, von der Prime bis zur Oktave (I), und von der Oktave bis
aar Doppeloktave (II). — Die aenkieohte Richtung beatimmt die
l; Bedingnnpren und Methode d< r \ <' rauche sind in meinen früheren Mit-
teilungen ausnihrlich beschrieben 36, 38). Auf diese Experimentalberirhto
muß ich hier allgemein verweisen tür die Frage, wie weit und in welcher
Weise die folgenden tatlriiddiclieii Angaben gesichert sind. — Übrigens werde
ieh ha folgendea mehrfiMb geswimgeik sein, nnter dem Geslditspiiokte dea
KonaonaiaproblemB zn wiedcrliolcn. was in den genannten beiden Abhand-
lungen bereit« niit2:rtni1t \9t. Die >Beobachtun<:ren an Zweiklängen« enthalten
die Ergebnisse dfr • \]ierimeüteUeü Analyse und der Selbstbeobachtung bei
der Analyse von Zweikläogen Uberhaupt und lassen geflissentlich alle theo-
ledsehai Sddnßfolgerangen beseite.] In^ den Anftatie »Zor Theoiis der
Kombinatfonstltee« habe ieh das WeamHiehe jener Eigebnlsse den mdsten
historisch vorlisgendMi Angaben gegenübergestellt und versucht, das kiitiKdl
gf«irhtete Bpobnchtungsmaterial für die physiologische Lehre Ton der
Tonempfiudung nutzbar zu machen.
^ kj .1^ uy Google
272
Felix Kniqger,
ToDhöhen der Differenztöne; diese Tonhöhen bewegen sich inner-
halb der drei Interrallperioden zwischen 0 und 3/<, wo u die
Schwiogun^s- oder die Verhältnißzabl des — festlie^nd g^edachten
— Gnindtoiics ausdruckt. 1>ie Differenztöne selböt »iud durch die
schrägen Linien rcprüaentiert.
Fttr jedes beliebige ScbwingniigtverhältQis der Primärtöne
innerhalb der Grenzen einer Doppelokta?e (1:1 bis 1:4} findet
naa die sngelififigaii DifferemtOoe dvroh Erneliteo einer Senk-
veehten in dem entopreohenden Punkte der oberen — aoBgesogenen
Daratellung der DifferenztOne von Zweiklangen*).
ff 5:ff Ji:5 J> 5:7 2:3 S:8 3:5 4:7 5:9 /.J
L Erste IntefTtllperlode: Prüne bis Oktave (1 : 1 bia 1 : S).
^ Horizentalen. Die Punkte, In denen diese (in den Zeichnungen
punktierten) Lote von sehrSgen Linien gesohnitten werden, be-
stimmen die geniehten DifferenztonhOhen. Die in der Unsik ge-
Mnebllohiten nnd einige aknitiseh fihnlich gebaute IntervaUe sind
anf der oberen Horiaontiien dureh ihre Yeriiiltniimahlen hervor-
gehoben. Ftlr diese BitenraHe sind die erwähnten Senkreehten
zur Bestimmuüi,' der Differeaztoue aua^^efilhrt. Die VerliUltniözablen
der Differenztöne sind jeweils, auf den Gruiidiou als Einheit bezogen,
an den seitlichen iiändem der Figuren angegeben.
1) Die «nie Fignr Ist bereits in den Beriehte Uber melneii Pariser Koa-
greßyortrag enthalten (Nr. ff de» Literat urvorzeichniBses). Sie hat inzwischeii
«ach in die neue Atifla^ von Wundts GmndsOgeB der physiol. P^eho-
logie Aafji&hme gefanden (Sl, 425).
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BUEaroBBtttae und Komioiums.
273
Innerhail) einer jedeu lutervallpcriode heben sich zwei Diüe-
renztöne dadurch heraus, daß sie fUr den Gebörseindrnck durch-
Rchnittlieh größere Bedeutung haben als die anderen: «ie «^ind bei
der Mehrzahl der Intervalle stärker und deutlicher; »ie erfahren
'S8(|pl6ieli bttafiger ak die anderen gewisae qnaUftati?e Ändeningen,
IL Zweite und dritte Periode: Oktave bie Doppeloktave (1 : 2 bis 1 : 4).
▼on denen aogleieh die Bede lein wird. Es sind: awiaolieD Fkine
vnd Oktave Df und nnserer Bezeichnungsweise; zwischen
Oktave und Duodezinic und D^; von d;i bis zur Doppeloktave
/>3 und D^. Diese Tüne ~ vielleicht enijiHehlt es sich, sie alfl
»HauptdifTerenztöne« ihrer Intervullperiode zu benennen — sind
in den Figuren dnrob stärkere (schrägej Linien hervorgehoben.
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274
Felix Kniifer,
Der eine von ihnen stei^ jeweils von 0 bia /*, waiireud der
andere von n bis 0 Hinkt.
Der Übereicbtlielikeit wegen verfolgt meine graphiscbe Dar-
gtellung die Differenztöne Uberall bia zu dem theoretischen Werte
0. Natürlich gibt es fUr diese TOne wie für alle anderen eine
untere Grenze der Wahmehiniuig. Bei meinen YerBuchen mit
KUngen von mittlerer Sttrke waren die Diffeienztöne erst jenseits
etwa 40 Sohwingnngen mit Sicherheit als qnalitatlT bestimmbar
bh erkennen. Eoenig fond bei extrem starker Tongebnng eine
Tiefengrense TOn 26 Sehwingongen. Dieae Grenze lieBe sieh nnter
geeigneten Vennehabedingungen woU noch etwas lünabdrUeken.
Unsere Diagramme dnd noeh in einer sweiten Hinsieht
schematiscb; nnd dieser Punkt ist fUr den Gehörseindmck von
hoher Bedeutung.
Ein großer Teil der tatsächlichen Beobachtungen läßt sich dahin
zusammenfassen, daß Differenztöne zueinander nnd zu anderen
gleichzeitigen Tünen sich genau so verhalten, wie primäre Töne
nnter sich. Sie bilden neue Di£ferenztöne, nnd wo ein qualitativ
benachbarter Ton mit ihnen sngloich erklingt, da entstehen
Sehwebnngen nnd ZwischentOne, wie iMim verstimmten Ein-
klang zweier ol^jektiT gegebener TOne. Ein Zwisohenton tritt
ganz allgemein da anf, wo zwei gleichzdtig gegebene TOne ein-
ander zu nahe sind, um überhaupt oder denflich in gesonderter
ZweSheit wahrgenommen zn werden; er liegt immer zwisehen
diesen beiden T5nen. (Nftheres im folgenden Kapitel) Um die
Zwi.-iL'lieiitüaver8chmeIzttDg der DiJlerenztöne zu byrnbolisicren,
müßten die schrägen Linien in den Figuren streckenweise steiler,
z. T. auch flacher, und danach ein Stück weit horizonfcsil ver-
laufen iJas erste jedesmal da, wo auf einen Diff'erenzton ein
anderer von der entgegengesetzten Kicbtung her zuschreitet, also
ein mit zunehmender Verstimmung des primären Intervalls höher
werdender auf einen eben damit sich vertiefenden. Flacher ver-
lanfen die Kurven der Differenzt5ne vomehmUoh am Anfang nnd
am Ende jeder Intervallperiode, wo immer mindestens zwei nach der
Tiefe hin allmShlieh vom Qmndtone sich entfernen; jenseits der Ok-
tave, der Dnodeiime nnd der Doppeloktave lOst sich glsiebzeitig je
ein Differenzton nach oben allmählich vom Gmndtone ab. An den-
selben Stellen, den Grenzen der Intervallperioden mUßte auch die
Kurve des Gruudtones, die im übrigen mit der horizontalen üaupt-
uiLjiiizuü Dy Google
DifhremtOM und Kontoiiaitt.
875
linie der Zeichnungen znBammeafälit, Embachtangen erfahren; denn
«neh der Grnndton wird für die W&hmehmiuig za nahe be-
nachbarten Pifferenztönen hingeiogen, wie diese in ihm. Endlich
fidlen je swd auf einander soitrebende TeiltOne sohon ein Stilek
dieweitB nnd Jemeits der In den Fienien erkennbaren Sehnitt-
ponkto Tollitändig soBammen, was durch eine annähernd honzoniale
Bieiitang der Ton jenen Ponkten abgehenden Linien an symboli-
aleren wSre.
Der Umfang dieser Abweichnngen von onserm Schema hängi;
von der liülic, der Stärke uud dem StärkeverhjÜtiiiH der beteiligtca
Töne ab. Wollte man aber auch fllr eine bestimmte Versuchsreihe
die Kurven genau nach Maßgabe der beobachteten Znn ischoütöne
konstniiereu, so wären die Thatsachen damit nocli nicht erschöpfend
dargestellt. Denn tlber eine gewiflse, geringe Entfernung zweier
benachbarter TeiltOne hinana erleben wir, ganz wie bei zwei
FHnttrtönen, eine nnToUkommene ZfiaehentonTenclimelanng,
derart, daß neben dem Zwisebentone anerat eine, dann beide
Komponenten anoh ftr neb wahmelimbar werden. Anob dieae
VeiliXlfaiiBae sind in Ihrer Begrenanng nieht nnabbinglg yon der
HSbenlage, sowie von der absolnten nnd der lelatiTen Tonatiike.
Die üiaiflaebe, dafi zwei g^eiebseitige T9ne einander nicfat nn-
b^renzt nahe liegen dürfen, damit sie noch als zwei verschiedene
uulgetaUt werden kounen, ist im Grande ebenso selbstverständlich,
wie die Tatsache der snccessiven Unterscheidungsschwelle. Aber
genauer ^vurde sie erst von Stumpf ftlr objektiv srosrebene ver-
stimmte Primen untersucht (13 II, 480 ff.). Wegen der historigcben
YemachlUsBignng der Dissonanzen und ihrer Kombinationaer-
scheinnngen maßte die Zwischentonverschmelznng der Differens-
tOne noch Unger nnbeaobtet bleiben. Bei den Konsonanzen lat
aie nlebt an beobaehten, ao wenig wie beim reinen Einklang.
Die hier beieiohneten geaetemafiigen Empfindnngatalaaeben und
-Terhattniaae erlebt jeder Koimalbllrende im nnanalyaierten Ge-
aamtoindmek der Teraehiedenen ZnaammenUHnge. Zergliedert man
aber die Znaammenklänge von nnteraebiedlioher — »konsonanter« -
oder »dissonanter« — Gcsamtfärbuug uud > crgleicht die gesondert
wabrgenomnieiieu Teilempfindungen, so begreift mau das un-
mittelbare Bewnßtsein der Konsonanz als notwendig.
(Fortaemng folgt)
über Einsel- und Gfesamtleistang des SohnlkindeB.
Von
Angnat Majer.
LTeiL
Metliodologisciies.
Da wir in den folgenden AnsfUlirangen Bediuguugcn psycho-
loger Arbeit nnterBnchen, so ist es nötig, zuerst den Begriff geiBtigar
Arbeit fdstsostellen. Für die rein psyebologische Betrachtongsweise
gibt €0, ttKSBig genommen, keine peydiologiicbe »Arbeit«, der
FHyebologe kennt Ton seinem Stnndpankte ans nnr geistige, beiw.
payohopby Bisehe Vorgänge, ihre Znsammensetsnng, ihre Snk*
Session and ihren Znsanunenhang. P^yohisebe Vorgänge werden
erst dadmreh an geistiger Arbeit, daß wir sie in Beaiehnng selaen
zu einer objektiv normierten Leistung. Diejenigen psychischen
bezw. psychophysischen Vorgänge macheu daau eine psychophy-
sische Arbeit aus, welche aiö die Summe der nnmittelbaren Be-
dingungen der Verwirklichung dieser objektiv normierten Leistung
angesehen werden können, oder welche die Leistung unmittelbar
herbeifilliren, oder welche während der Leistung von dem Indi-
▼idnnm betätigt werden. Das pädagogische Experiment wird in
der Begd von emer äafieren Leistang aasgehen, als denjenigen,
was oljjektiy festgestellt nnd qnantilatiT bestininit werden kann;
von hier aas bestimmt es die Afagrananng and die Eigenaohafien
der pajehophysisehen Vorgänge, welche sieh bei der Leistang
belStigen als die Arbeit des IndiTidnnms.
Da jede Arbeit unter der Mitwirknng änBerer Umstände an
Stande kommt, so kann man die äußeren Umstände, unter deneu
gearbeitet wird, als Mi tursacheu der resultierenden Leistung be-
trachten. Jede psychophysische Arbeit kann daher daraufhin
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über lansel- mid Getamtleiataiig des Schalkindes. 277
unteraadit werden, wie Yiel von der resuHiereiideii LeiBtang den
psf ohopliyBiselieii Yoigaogeii eines IndiridnnniB nnd wie viel der
Umgebung verdankt wird. Znr Umgebung rechnen wir dabei den
Olli die die Temdiflpertonen umgebenden GegensOnde, Personen
n. a. Fttrlins ist nnr yon Interesse, m erfithren, ob flberiianpt nnd
inwieweit unter besonderen Bedingangen öxereh die 'Mitarbeit an-
derer die Leistung des Individuums beeinilußt wird. Dabei be-
zeichnen wir die Arbeit, welche der Einzelne abgetrennt vuii an-
deren vollendet, als Einzelleistung; für Jene, welche das Individinim
zu Stande brinfft, bei gleichzeitiger Mitarbeit einer ganzen Gruppe
anderer ludividaen, soll der Kürze halber der — wenn auch nicht
eindeutige — Terminas Gesamtleistang in Anwendung kommen.
Beide Begriffe werden in der Folge dnreb die Bnehsfcaben £. beaw.
a. abgekürzt
Demnaeh wire daa Hanptproblem TOili^gender Arbeit folgender-
maßen m fassen:
Wie rerbftlt sieh nnter gewissen Bedingungen die E.
eines Indiyidnnms sn seiner G.?
Die Wichtigkeit eines solchen Problems wird wolil kanm ver-
kannt werden. Scheint man doch durch seine Lösung zugleich
auch auf exaktem Wege der Beantwnrtung der Frage näher zu
treten, ob liberh aupt und nach welch er Kichtung und unter
welchen Bedingungen der Klassen- Uber den Einzelunterricht
an stellen ist. Die tägliche Erfahrung sowohl im Schul- als auch
im praktischen Leben weist darauf hin, daß sich das Individuum
in einer arbeitenden GemeinscbafI oft wesentlioh anders Terhült
als in der Abgeschlosaenheii So spricht man von eüier An-
eifernng Lethargiseher dnreh Lebliaftere» von einer Hebung der
Schleohteren durch Bessere, von einer Art Suggestion, welche
Schlüfrige anf ihre Umgebung ansttben; man weist hin anf stö-
rende Einflüsse, welche nnter Umständen durch die Ifitarbeit an-
derer auf den uder jeueu einwirken; mun verkennt in der Erzie-
hung nicht die Bedeutung der Umgebung illr die sittliche Gestaltung
des Zöglings; dem Beispiele des Erziehers, der Eltern und Ge-
schwister usw. mißt man solche Wirksamkeit bei. Blicken wir
schließlich auf uns selbst! Wir müssen zugeben, daB auch wir
bald mehr, bald weniger unter dem Einflüsse der Masse steigen.
Heitere Menschen wissen den Ton der Unterhaltung in der ganzen
Gesellschaft sn dnem lebendigen nnd fiEOhlichen tu gestalten; tmb-
278
Angoit Mtsyv,
selige Gesichter wirken anf den Lebensfri hesten niederdröckend.
Überall können und müssen wir einen Eiuüuß der Gksamtbeit aif
den Einzelnen und umgekehrt konstatieren.
So weit die rohe Beobachtung. Worin ein solcher EinfluB be-
steht, wo und wodoroh er seine Grenien findet, in wie weit die
IndividnalitSt Betftimmiuig und Biehtanip gebend dngieift» all das
•fnd Fragen, Uber welehe wir bisher keine ErfUmmg beaitno:
Foraoheit wir noeh lo eingehend in den dueh die Beohaobiong
gegebenen Tatoaefaen, wir werden lehwerlieb AnfUirung finden.
Waa bis jetit aaeb dieser Biebtang bin sv leisten Tersaebt wnrde,
bewegt sich alles auf dem Boden roher Erfahrungen und ergeht
sich in nicht genügend begründeten Theorien und Vermutungen.
Schon vor 20 Jahren ist Scherfif^*) der Frage nach dem Werte
des KiasseuunterrichteH gegenüber dem Einzelunterrichte näher
getreten. Er begrttndet eingehend die Vorzüge des ersteren, aber
nur durch theoretische Überlegungen, ohne experimenteUen Nach-
weis. Dieser soll in den folgenden Untersaefaangen wenigstens
ffta einige Hanptfragen erbracht werden.
§ 2. Der Stoff.
Der Stoff wurde, so weit es eben möglich war, dem Bereiche
der Volkssohnlprazis entnommen. Dabei war im allgemeinen man-
cherlei an erwigen:
Das gegenwürtig im ünterricbt im Vordeigntnde stehende Stoff-
gebiet allein ni berttoksiehtigen, wäre nioht sweckmiBig gewesen
wegen des oifenbar großen and nicht ohne weiteres qaantitatiT
an bestimmendem Übungseinflnsses. Ebenso mnsste abgesehen
werden von der ausschlieBlicben Heranriebung aeitlidi an weit
rückwärts liegender Materien wegeu eines sicherlich vorhandenen,
aber nicht bei jedem Individuum gleich proßen Übungsverlustes.
Su eröchicn es geboten, solche Stoffe zu wählen, Olr welche man
nach den Erfahrungen im Unterrichte einen relativ ziemlich gleich-
mäßigen Grad von Übung resp. Übangsverlust voraussetaen ]u>nnte.
Bei der großen zeitlichen Ausdehnung der Versuche war es nsr
tttrlieh nOtig, stets den Fortsehritt des Unterrichtes im Ange sa
1) Friedrich Emil Scherfig, Der psychisohe Wert dea Einzel- und
(Ip^ Klassenonterrichte«. Eine paychdogiMh-pIdagogiaehe Mottograiilue.
Dispert Leipzig 1882.
Üb«r Einzel- und detamtleifftiiikg dm SekiilkiiideB. 279
behalten. Nach den Erfahnmgen durfte man erwarten, daß die 6.
TOD der E. abweicht Damit nim die Untorsehiede zum Anadmok
gelangen- kennten, worden die Arbeiten ee gewtthit, daB feUep-
iieie Leiatnngen seltener an erwarten waren. Im Ihterease der
Yeiif^eiohbaikeh eradhien es geboten, (Oi die £. nnd die dazu-
gehörige O. mQgliehet gleiehi^ig aebwferige Anfbrdenmgen zu
stellen. Ausdrücklich muß bei der Beurteilung; der Stoffe nach
dieser Seite hin festgehalten werden, daB niciit allüremein gültige
Urteile ttber das Schwierigkeitsverhültnis der cinzeliierj Materien
zueinander in diesen Zuordnungen ihren Ausdruck finden sollen.
Es ist stets zu erwägen, daß infolge des fortschreitenden Unter-
richts sowohl, als anob infolge der Eigenarten des Lehrenden u. a.
m dieser Beziehung natomotwendig ganz bedeutende Versobie-
bongen stattfinden mttssen, die alsdann in den Angen Uneinge-
wefliter leioht den Eindmek eines Hi&yeilUlltnissea berrormfen
kflnnen. SoblieBliob werde aneh eine Gleiebheit der Anforderongen
in qnantitatiTer Hinsiolit angestrebt
Die kenrorragendtte BoUe im Sehnlleben spielen oifenbar yer>
Staad, Gedächtnis and Phantasie. Wir Tersnehten dieser Tatsache
Rechnung zu tragen durch die Wahl folgender Stoffe; Diktiit,
mttndliches Rechnen, Kombination, Gedächtnis und schriftliches
Rechnen. Vorzugsweise als Yerstandt^slcistnug durften jedenfallB
mUudliches und schriftliches Kechnen, so weit sie nicht lediglich
mechanische Ausflihrung von Operationen Tedangen, aqgeaehen
werden; Diktat und Gedächtnisleistung nehmen Torzngsweise das
Gedächtnis in Anspruch, nnd in der Kombinationsanfgabe dttrfte
der Pbantarie Qelegenbeit gegeben sein, den Grad ihrer Bdcb-
baltigkeit nnd Beweglidikeit daizotnn. Von dem nrsprOngliehen
Ftaae^ anek eine Aofialzarbeit anfertigen zn lassen, kam iek bald
ab. Brsdiek fehlt Kindern im 5. SebnQahre zum größten Teile
noeh die Fähigkeit, ihre Gedanken selbstiindig nnd in einer sti-
listisch einigermaßen vollkommenen Form darzustellen. Ihre Auf-
biitze sind meist niclitB anderes uls die \Viedergabe der durch den
Lehrer entwickelten Formen. Stoffe utih dem Unterrichte zu ver-
wenden, erscbien um deswillen bedeiiklieli, weil der Aufsatz als-
dann nichts weiter hedeutet als eine Reproduktion, eine einfache
Gedächtnisleistung. Die Benutzong von Naoherzählnngen wttrde
denselben Bedenken unterliegen. Zweitens aber dttrfte es mit
anfierordentlieben Sebwierigkeiten verknüpft sein , ftlr solebe Lei-
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280
Aogut Mayer,
Stangen Oberhaupt ein der nngelieiireii Mannigfaltigkeit im Satzbao
und Aasdrnck auch nur annähernd gerecht werdendes Mafi auf-
zufinden. Es wire hier dem individneUen Meinen ein viel m Mer
Spielranm gelanen.
Ich diflkütiere in folgendem die StofliHiBwahl im Spedelleii:
1. Diktat
Die Diktate — 10 an der Zahl — wurden so gewfthlt, daft
tie, als Ganiee betrachtet, den Sehttlem nnbekanni waren, ohne
jedoeh nene Wortfermen in bieten. Folgende Stoffe fanden Ver-
wendung:
1. Einzelleistung: Wiederkehr des Frühlings. |
Neu verjüngt wird die Natnr | nnrh dem Abzüge des Wiuters. (
In firisohem Schmucke prangen die Wiesen, | und ▼iele Blumen
erfreuen vdb | durch ihren reisenden Anblick. | Yeignllgt treibt der
Hirte Bcbie Herde | hinaus auf den grttnen Teppich der Weide, |
und munter springt sie umher, | sich freuend des lange entbehiten
Genusses. | Auf freien PlStsen sammelt sieb | die beende Scbar
der Kinder; | auch sie Alhlt neues Leben | und mischt ihren Jubel
ein j in die LobgesJingc der >»atur.
1. Gtosamtleistong: Die Linde. |
Die libide ist kein Waldbaum. | Yertnmlich tritt sie aus der
Wildnis | an den MenBcben und an sein Haus. | Im Dorfe, auf
dem SchloBhofe, | an der rauscbenden Quelle, { wo die Sohnitter
rasten, | da ist ihr Platz. | In ihrem erquickenden Schatten sam-
melt sich [ die fröhliche Jugend zum Spiele, | das Alter zur ernsten
Itede. I In der Krone singen lustige Vögel, | in den BlUttcru bum-
men emsige Bienen. | An Grüße und Stärke gleicht sie der Eiche; |
beizförmige Blätter schmtlcken den herrlichen Baum.
2. Einseileistung: Die Tiere im Hanse. |
Der findige Mensch bat mancherlei Tiere | an sein Hans ge-
wöhnt. I Man nennt diese auch Hanstiere. | Pferd und Rind rechnet
man | vorzugsweise hierher. | Sie werden wegen ilires hedeutenden
Nutzens | Uberall sehr hoch geschätzt, | sorgfältig gefüttert und e-e-
pflegt. i Auch gefiederte Geschöpfe finden Platz im Hanse. | Enten
und Gänse tummeln sich schnattomd und schreiend im Hofe. |
Daß fast jedes Haus einen wachsamen Hund | oder eine ntttsliche
Katse beherbergt, | weiB jeder.
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über Ebiiel- und GeMuntleietiuif des Sehnlknidw. 281
2. GeaamtieiBtnng: Nach dem Regen. |
Ein Gewitter batte in der Naeht | die ermattete Eärde getriinkt |
Ftoh wanderte ieli dnreh den GUurteo. | FlOtallcb zenifi die itrak«
lendfi Sonne | das dunkle GewSlke. [ Die Sinc^Qgel liefien non |
ihre heiteren Lieder ertOnen. | Die Sehwalben aohoeaen wie der
Blitz I dnroh die Uare Horgenlnft. Die Sobmetterlinge flatterten |
den duftigen Blumen zn. | Die Bienen krochen wieder aus ihren
Körben. | In wenigen Augenblicken wimmelte die Luft [ vüu un-
zähligen GeschCpfeu.
Genau in der gleichen Art waren die übrigen Diktate aos-
geftlhrt.
Alle diese Stoflfe umfassen, inkl. der Überschrift, 127 Silben.
Die Darbietung erfolgte in 15 Abschnitten, beieicbnet durch «^enk-
reehte Striebe. Bei der Abacbiltznng in qnantitatiYer Hinaicht
wurde die Sübenaahl in Betnieht gezogen, im Gegenaats zu andern,
welche bei der experimenteDen Yerwendnng der Diktieimethode
die absolnt oder wenigatena ann&hemd gleiehe Zahl Ton Bnoh-
ataben zu Terwenden beatrebt waren. Ein erheblieher ünteraehied
zwischen den beiden Yerfiihrangsweisen ist nicht zn konstatiereiL
Die einzelnen Buchstaben differieren hinsichtlich der zu ihrer An-
fertiirung erforderlichen Zahl von Zügen, ebenso repräsentieren
auch die einzelnen BuchstabcnfZTuppen (Silben) verschiedene Quan-
titäten. Erwartet man im ersten Falle bei der ^oßen Zahl von
Einheiten einen Ausgleich, so dürfte man auch im zweiten Falle
berechtigt sein zu einer solchen Annahme. Aufierdem aber yer-
dient das SilbenzUhlen insofern den Vorzug, als es eben — nament-
lieh bei größeren Diktaten, mit weit weniger Umatiindliohkeit yer-
knttpft iat, als die FeatsteUnng des Baehatabenqnantoma.
Die Diktatatoffe tragen alle beaehreibenden Charakter. Ihrem
aaohliehen Inhalte nach durften aie dem Gedankenkreise der
Kinder gleich nahe stehen; formell wurde nichts Fremdes gegeben.
Dieses Moment ist um deswillen wiohtig, wett das Verständnis des
Geboteneu auch l)eim Diktat mit der Vollkommenheit der Dar-
stellung ofifenbar bis zu einem gewissen (rrade in ursächlichem
Zusammenhang steht. Gerade dieser Umstand schien die Auswahl
Ton Beschreibungen zu empfehlen, deren sachliche Seite keine
Sobwierigkeiten bietet.
Die Feststellung der Diktatabschnitte erfolgte nach dem aneh
im Unterrichte geltenden Gesichtajmnkte: Jede Gni|ipe aoÜ -wo-
IrAIv fit PirAolofli. L 19
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282
August Ibyar,
möp^lich ein Zusammenhängeudes, ein biungemäßes, bilden. Es ist
hiemach einleachtend , weshalb anf eine öilbenglcichheit der ein-
sdnea AbBohnitte keine Bttokfiieht genommen weiden konnte.
2. MflndHelieB Reoknen.
Jeder Leiitnog auf diesem Gebiete sind drei Aufgaben zn Grande
gelegt:
1. Emsellditmig:
a) Was kosten kg Kaffee k l.^JJl?
h) Unter 7 Personen sollen gleichheitUch 238 Jf TOiteilt werden.
Wieviel erhili jede?
e) 7x80
+ 40
V.
die Hüfte
Vio
X 10()
die HäUte
1. GenmtleiBtQng:
a) Was kosten 61/4 kg Kaffee a l,6ü .//?
b) Unter 9 Personen sollen gleiohkeitlick 378 «4! yerteilt werden.
Wieviel erhüt jede?
e) 6x90
+ 60
Vi
die Hilfte
Vi*
X6
Vio
X 100
die Hälfte.
2. EinzelMBtiing:
a) Ein Arbeiter verdient tä«:lich 2,40 wtviel in 2V3 Tagen?
bj 9 einer Ware kosten 4,ö8 J( ; wie teuer ist 1 ?
oiyui^uo uy Google
Uber Hniel- vauL GemnfleiBtang dea Sdndkiiidfls.
283
e) 9x50
-J-60
— 30
Vs
Vif
X mit flioli Belbst
die Hälfte
die HUile
4-5x7«
2. Oesamtleistung:
a) E8 gibt jemand in 1 Tage 2,20 . // aus; wieviel in 4'/^ Tagen?
bj 7 ^ Fleisch kosten 3,85 ./T ; wie teaer ist 1 // ?
e] 7 X 50
-f 60
— 10
Vit
Vs
X mit bIcIi Belbst
die HlUfte
die HUfte
+ 3x8
I>ie übrigen Aufgaben teilen wir nicht mit, da sie ganz nach
.\nalogie der vorigen entworfen waren. Die beiden ersten Auf-
gaben cliarakteridieren sich als einfache Schlußrechnungen, von
denen jeweils Nr. 1 durch Multiplikation, Nr. 2 durch Division zu
lösen ist; Nr. 3 berücksichtigt nur das mechaniBi lie Kcehnen. Die
einander entsprechenden Angaben jeder Gruppe erfordern zu ihrer
Auftlhning die Vornahme einer »tet? gleichen Ansahl von Operar
tionen; hierbei nehme ioh den Begriff Operation im engsten Sinne
des Wortes; b. R Ansreehnniig der Angabe 1 der ersten Gruppe iß.}:
1. OpeiatiOD: 4 X 1 Ur» 4 jr
2. > 4x80:pr»d,20ur
3. » 4ur 4-3,20«ir»7,20ur
4. » Va V. 1,80 Jf = 0,90 Jf
5. » 7,20 uT + 0,90 J/ = 8,10 Jf,
Aufgabe 2 derselben Gmppe (E ):
1, Operation: v. 210 Jf = m Jf
2, » »/t V. 28 . # ^ 4 .#
3, » dOjf + ^Jf^Ujf.
19*
284
Angiut Mayer,
Voraus j^eht hier dii- Zerlejron von 238 Jt in 210 M u. 28
Anfgabe 3 jeder Gruppe? iimfulit nenn Operationen. Aoch be-
züglich der stilistischen Fassung wurde eine annähernde Gleich-
heit der mmuninftiigehürigen Aufgaben aogeetrebt
3. Kombination.
Auf diesem Gebiete gelangte die Ebbinghans^eolie Kombi-
nationsmetliode zur Verwendiing>). »Ihr Wesen liegt dann, daB
eine gidfiere Viellieit von nnabUingig nebeneinander bestehenden
Eindrneken, dfe an and ftlr deh gaas heterogene nnd nnn Teil
direkt gegeneinanderlaufende Assoziationen zu wecken jrecigrnet
sind, mit V'urstelhingen beantwortet werden, die doeii zu ihnen
allen gleichzeitig paääcu, die sie alle zu einem einheitlichen sinn-
vollen oder in irgend welcher Hinsieht zweekvollen Ganzen zu-
sammenschließen.« Allerdings war der Zweck dort ein anderer
wie hier. Ebbinghaus versuchte mit Hilfe dieser Methode die
Wirkong einer dnrch den Unterricht herbeigeftlhrten Eimtldang an
konstatieren; hier hsndelt es sieh dämm, Leistnngen, die nnter
Tariieiten objekÜTen Bedingungen entatsndeni mit einander an yer-
gleioheni um bierdnrob den einer Arbeit günstigsten Umaiand anf-
anfinden. Trots dieser verlnderten Anfgabe glaubte man sieh der
Kombinationsmetbode bedienen an sollen, weil sie im Prinzip geeig-
net erschien, den Grad der geistigen Leistungsfthigkeit des Indivi-
daums nach der Seite der FhaiiLasie hin erkennen zu lassen, und weil
sie l>ei ihrer erstmaligen Anwendung deutlich ausgeprägte indivi-
doeüe VerHchiedeiiheiteü zu Tage treten ließ Ein anderer (innid
sprach ebentalls fUr die Verwendung von Kombiuationsanfgabeu: In
der modifizierten Form nähert sich diese Methode dem ttbliohen Scbnl-
modus von Frage und Antwort Die Torgenommenen Abänderungen
haben keine Abweiohnng von dem eben angegebenen Prinzip der
Methode znr Folge» umgehen aber vieUeiobt einige Mängel, welche
ihr in der von Ebbingbans erhaltenen Ansprtgnng woU an-
haften durften.
Ebbinghans legte den Sehttlem Prosatexte ror, welobe dnreb
Hinweglassnng toh Silben nnd Worten Torstammelt waren. Die Stelle
der auf solche Weise eliminierten Buchstabenkomplexe wurde durch
Striche bezeichnet. Die Aufgabe der Schüler bestand nun in einer
1 Ebbinghaus, Über eine neue RIethnde zur PrUfhug ?:ei8tig;er Fähig-
keiten. Zeitachr. f. Payoh. u. Phy». d. Sinnesoigane. 1887. Bd. XXU. d. 414.
^ kj i^uo uy Google
über Einzel- und GeeuntleistiiDg dee SebolkindeB. 285
mißlichst raschen Ansfullung der Lücken. Besondere K Ucksicht
war zn nehmen anf die Silbenzahl, die ans der Anzahl Striche
erkannt werden konnte; nieht selten bezeichnen einige Bachztahen
den Anfang oder SchlaB des einznseteenden Wortes. Für jede
leere Stelle war also dne ganz beetimmte Eigttnzong YOigesehen;
jede andere mnfite alz Fehler geahndet werden. Nnn ist doeh» wie
Ebbinghans selbst sagt, das Prinzip der Hetiiode, die SehfUerzn
veranlassen, aus den Fragmenten ein sinnvolles Ganzes zn bilden,
wobei otieubar der Nachdruck auf » sinnvoll < liegt. Sinnvoll
kann aber auch irgend eine andere sich darbietende Er-
gänzung: mit filier größeren oder geringeren Silbenzahl sein.
Weshalb dieser weniger Bereehtigung zugestanden wird als einer
andern, ist nicht ohne weiteres einzusehen. Fttr die Beurteilung
der Intelligenz kommt doch in erster Linie in Betracht, ob die er-
gttadEte VocsteUnng sieh als ein passendes Glied dem Ganzen ein-
ikigt oder nicht Als ToUstiladig belanglos dürfte es wohl erscheinen,
ob diese Eiginznng 2, 3 oder mehr Silben aafwdBt Normaler
Weise erwartet man fibrigens, daB yon yerschiedenen Individuen
die Eindrücke mit yerschiedenen Vorstellnngen beantwortet werden.
Dadurch nun, daß Ebbinghans der individuellen Freiheit so enge
Gr* u/.f 11 zieht, läßt sich eine Verwandtschaft der Kombination sme-
thod«; in dieser Ausgestaltung mit dem Ergänzunjrsrätsel nicht ab-
leugnen. Vergegenwärtigen wir uns nur den i'.rgänzuugövorgang bei
einem Sehtller, dem sich sofort beim Durchlesen eine ohne Zweifel
sinnvolle Ergänzung geboten hat, die aber mit der verlaogteu nicht
identisch ist Das nächste wird eine gewisse Verwirrung sein;
dann tritt an Stelle des Denkens ein Sachen in dem Wort?orrat,
ein Probieren, ob sieh irgend eine Wortrorstellnng mit den yer-
langten Kennzeichen yorfindet, also ^ Baten, ähnlich dem Vor-
gange beim LOsen eines Btttsels. Daß hierbei das Angenmerk sich
weniger anf den Sinn als yiehnehr anf die Form richtet, ist wohl
nicht zn bestreiten. Der Ausfall der KomMnationsmelhode in dieser
Gestalt dürfte daher uieht selten als eine Sache des Zufalls zu
betrachten uuü ueben anderen uukontrollierbarcn Einflüssen nicht
zum geringsten Teile auch davon abhängig sein, oh »ich in dem
jeweils disponiblen Vorrat an Wortformen jene verlangte
Wortvorstellung als besonders geläufige auszeichnet oder
nicht. Großer Wortreichtnm bedingt übrigens noch nicht einen
höheren Grad yon Intelligenz. Auch £lsenhans, der fUr Korn-
üigiiizeü by GoOglc
286
AttgoBt Mayer,
binatiouimethode die Bezeicbnung >Ergäiiziiog8methode« empfiehlt^
meint, daß die Lötning der von Ebbinghaas gestellten KombinatioBs-
«nfgaben nicht zum geringsten Teile vom Zufall beeinflafit wird: »£b
ist der Fall denkbar, dafi der die LAeken mDgebeiide Silbenkomplex
für das Schidklnd so oharakterifltiscli oder selten ist, daB ein Üiek
auf den daichlOcberteii Text genOgt, um mit Hilfe der Bertthnuiga-
aasosiation eine Reproduktion der £^enden Silben berronorafen,
ottne daB die Wortbedentiing hierbei notwendig eine Bolle spielte«
Damit dieser Mißstand beseitigt werde, mllsse sich die Er^^iinzungs-
aufgabe >dem Vorgang bei der den Unterricht beherrschenden Form
von Fraire und Antwort nähern«.
Um dieser Forderung gerecht zu werden, wurden die
Texte so eingerichtet, daß aus einzelnen Sätzen die Hauptgedanken-
träger, die Zeitwörter, wegblieben. Dadurch erhielt das übrig
gebliebene Satzfragmcnt den wenn aneh nicbt mit voller Bestimmt-
heit henrortretenden Fragecharakter. Die Texte sind teils ans
Christoph Sohmidt's ErzShlnngen, teils ans anderen Werken
herllbergenommen nnd sweckentsprechend bearbeitet worden. In-
haltlich waren sie den Eindeis nen.
Jede Aufgabe umfaßt annähernd 160 ^ben und verlangt 18 Er-
ginzungen, deren Stelle onbezeichnet blieb, nm der Versuchsperson
die größtmögliche Freiheit zu sichern; denn iu gcwib.scu 1 ülleu
läßt Bi(^h, ohne daß der 8inn dadurcli eine Störung erfahren wUrde,
der GedankeutrUger auch an einer aiulereu als der vorgeseheneu
Stelle unterbringen. Inlialtlich litLn n die Texte dem Verständnis
der Kinder wobi gleich nahe. Zur Verweudong gelaugten folgende
Stoffe:
1. Einselleistong: Hamster and Hammel.
Der Löwe snmi K9mg der Tiere. Da man drei lang ein
groBes Fept Hamster und Hammel wtiirend dieser Zeit dem
König treue Dienste, woitlr dieser sie nach Gebtthr wollte. Er
beide Tor sich nnd zn ihnen: »Da ihr mir so tren, sieb einer von
euch eine Gnade; der andere aber das Doppelte hievon«. Beide
aber schon seit ^^eraumer Zeit in bitterster Feindschaft; keiner der
erste sein. Kun inan das Los. Es auf den Hammel. Lauere
dieser hin nnd her. Kiullich al)er er den KUni*,', er ihm ein Auge
ausreißen. Es; der Hamster aber beide Augen.
1 Eisenbaus, Kachtrag zur E K i')ii]bination6met]iode. Z^tschr. f. Piydi.
u. Phya. d. SinneBorgane. 1897. Bd. XUL Ü. 4ti0.
uiLjiiizuü Dy Google
über Eissel* und Gesiiiitileistiiiig des SehnUdadee.
287
1. Gesamtleistung: Der Herr ist König.
Bor Landgnif Pliilipp toü Hflflsen dnst wohlgonint Uber Feld;
hmler flun seme Begleiter. Da ein Boliweree Gewitter. Eb Ikeffig.
Ab die Beiter an einen Wald, da der BlitE Tor dem Landgrafen
faraeliend in eine mBohtige Büclie und sie. Das Bofi dee I^oid-
grafen ersehrooken in die Knie; der Landgraf m Boden. Da die
Diener erschrocken herbei nnd: »Ihr habt doch kein erhebliches
Un^^lürk, i,nädiger Herr?« Aber der fromme Landgrai auf und:
AVaruui ihr mich Herr? Dem über uns .dieser Ehrenname. Er
der Herr, und er im Unwetter gnädig an uns Mtrllber.«
Ganz entsprechend waren die Übrigen Kombinationen ana-
geführt.
Der Vollständigkeit halber seien noch zwei Proben der Kom-
binationaanfgaben mitgeteilt
5. Binxelleistuig: Die ApfeL
In einem Garten oiu Apfelbaum, der herrliche Früchte. Unter
demselben viele Äpfel. Dies Georg. Er großes Verlangen dar-
nach. Eiligst er doroh eine Lticke des Zaunes und alle Taschen
voll. Der Eigentümer, welcher den Dieb ron seinem Fenster ans,
mit einem Stecken herbei. Bäsch wollte Georg; aber er blieb in
der Laeke. Er weder vor- noeh rttekwSris. Der Hsnn üm am
Kragen, ihn ans der Lttoke herans nnd ihm derbe Stieiehe. Die
gestohlenen Äpfel er wieder. BeseUmt der Bestrafte nach hanse.
Seine Kameraden aber von nnn an nieht mehr mit ihm.
6. Qesamtieistting: Die Bttbe.
In dem Garten des armen Eonrad eine ungewöhnlich große
Bttbe. Er de an seinem Herrn in das Schlott, nm ihm damit ein
Geschenk. Der Herr sidi Uber den gaten WiUen nnd dem Hanne
drei Dukaten. Davon ein reicher Baner. Dieser: »Wenn der fttr
eine Bttbe schon drd Dukaten, so werde ich von ihm ftr ein Kalb
Tie! mehr«. Er das Kalb in das Sehlofi nnd bat den Herrn, es
als Geschenk. Der Herr hatte die Absicht des Bauern. Er das
Geschenk an und dem Bauern jene Rübe. Dabei er: »Weil ihr
so freigiebig, so ich auch nicht geizig. Diese Kttbe mehr Wert
als euer KaXh.*
üigitized by Google
288
Angwt Mayer,
4. Gedächtnis.
Zur Gedächtmalektimg worden folgende Beiben sinnloser Sil-
ben yerwendet;
1. EinMlleiBiiuig:
fif, sttp, schöt, meueh) wanr, fap, kim, bieh, lllfi, kSr.
1. GesamtleistuDg:
wot, mUf, rak, tesch, baif, bQg, dol, röf, päun, laf.
Die Übrigen SilbenreUten waren naeb den gleicben Prinsipien
gebildet Zweekdienüeh wtoe es aUenBngs geweien, wenn man
auf geeignete Weiee ancb die IieiBtnngen dee dnieb den Sinn
nntentllteten GedäebtaifNBee geprüft hlltte. Es lat jedoeh sehr
flcbwer» ebien StoiF an finden, der aUen ScbtUem inbaltiieh die
gleiche oder annähernd dieselbe Scbwierigkeit bietet Hier spielen
eben die Individualität , die üeschiilti^'uu^ der Vp. außerhalb der
Schulzeit, uameutlicL ihre Lektüre u. a. eine uukoutrollierbare
Rolle. Ein Gedicht hätte wohl einen Prüfstein geben können,
wenn der Verwendung eine« solchen eben nicht die oben hervor-
gehobenen Bedenken entgegen gestanden hätten.
5. Schriftliches Rechnen.
Die den Aufgaben m Gmnde liegenden SaehTerbftltniafle lind,
wie es eben der geistige Stand der Vp. erforderte, dnickweg sehr
einfacher Natur nnd den Sehnlem bekannt Nur die stOistiBehe
Fassung der Angaben wechselt Dies gesdiah, am den Einfluß
der Übung etwas zurQokzusehranben. Die Aufgaben bewegen sieh
durchweg im Rahmen der Gewinn- und Verlustrechnungen. Eis
hängt dies eben mit dem Unterrichtsstoff zusammen. Eine Steige-
rung der Anforderung tritt nur einigermaßen in den Zahlenver-
hältnissen ein. Erhöhte Scliwieri^^keit für die Schiller dürfte aber
hierin um deswillen kaum zu Bachen sein, weil ja inzwischen die
Yp. dnrcb den fortschreitenden Unterriebt in derartige Operationen
eingeführt worden waren. HinsiehtUch des textlichen nnd auch
des reehnonselMn Um&nges nehmen nicht nnr die Aufgaben fUr
die E. und die dazu gehörige G. annlhemd dieselbe Stelle ein,
Bondem es dürfte woU ftlr alle 10 Angaben relative CHeiebheit
in besagter Hinsieht au beanspruehoi sein.
Nooh muß bemerkt werden, daß es im Ünterriehte vermieden
wurde, Aufgaben bearbeiten zu lassen, welche mit den bei den
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über EliuMi- und OemaJ^teaataag dM Schulkindes. 289
VersQchen verwendeten textlich oder reohneriBch identisch gewesen
wären
Eine besondere Schwierigkeit la^ für die Vp. in dtin l mstaiide,
daß man nicht mit ihnen vor der Auarechnang gemciDBchattlich,
wie dies bei jüngeren Schtllem in der ersten Zeit erforderlich ist
und wie ee «ach im Unterriohte gehandhabt wnide, den Gang der
AnQ^abe entwiekelle.
Folgende Angaben wniden den Sebllleni snr Bearbettnng yor-
gelegt:
1. Einzelleistung:
Ein Handwerksmann hat von einem Kaufmunne 27 »4 8 zu
fordern. Er bezieht von letzterem 14,50 m Tuch ä 3,7b JK und
3,60 m k S Jf b Wieviel Geld muß der Handwerker noeb
dnranf zahlen?
1. Gesamtleistung:
Ein Handwerker bezieht 25,60 m Tnch ä 2,65 J( und 5,70 m
k ^ b ^. Der Kaufmann schuldet ihm &a gelieferte Arbeit
IbSJl 9^, Wieviel Geld bat der Handwerker noeb in forden?
— ÄbnUeb waran die ftbngen An%aben.
§ 3. Die Versuchspersonen*).
Ale Vp. worden verwendet 14 Knaben ans dem 6. Jahrgänge
der Wttrsbnrger YolksBebule. Zu Kontrollvennebeii dienten weitere
14 Scbttler Im darauffolgenden Jabie auB derselben, nun aber in
den 6. Jabrgang fortgeeebrlttenen Ebune. Hierzu die nttmlieben
Vp. zu verwenden wie im Yogahre war nicht möglich, da einige
hiervon in andere Klassen versetzt worden waren. Die Abteilung
erhielt der Versuehaleitcr Mitte September 1900 Ubertragen.
Die Auswahl der- Vp. erfolgte mit Kttcksicht auf nachstehende
Gesichtspunkte:
Gut — mittelmäßig — schlecht; fleißig — faul; sorgfaltig
— leichtfertig; ehrgeizig — gleichgültig; ruhig — lebhaft
— verzagt; — geordnete Familienverhältnisse — arm.
Dies sind selbstverständlich nur besonders hervorstechende
ZQge. Eingebende Cbarakteristlken der ersten 14 Vp. sollen
naebstebend gegeben werden. Jetzt sehen soll betont werden,
1) In Zukunft abgekürzt durch Yp.
^ kj .1^ uy Google
290
Angut M«yer,
daß sich diei^iclben nnr :iui die Beobachtuug schlechthm, aicht aber
auf experimentelle Grundlage stutzen.
Zur Charakteristik der Vp.
Bei den Versnohen treten z. T. ganz erhebliche indiTiduelle
Untecschiede bcrvor. Solche können yenmaeht Bein durch die
Eigenart des Stoffes, dureh beeondere Bediogmigeii in enbjektiTer
und objekÜTer Hinsieht, flowie sefalieBlieh aneb daroh die konstan-
ten Eigentamliohkeitett der Vp. Nach der Bichtang der beiden
ersten Punkte durften ErklttningSTersadie kanm erheblichen Schwie-
rigkeiten begegnen, Tielleieht abgesehen von den snbjektiven Be-
dingungen. Aber auch der Einfluß der letzteren läßt sieh insofern
eiuigermaBen feststellen und abschätzen, als die Kinder dahin in-
struiert waren, besondere Indispositionen, frleichviel welcher Art
uud Veranlassuug, anz«g:eben, wie z. B. Veriiiide rangen im körper-
lichen Befinden, in der Gemütsstinimung u. a. Im tlbrigen darf
bemerkt werden, daß gerade bei Kindern besonders abnorme Dis-
positionen oder Indispositionen seltener zu verzeichnen sind. Nam-
hafte Schwankungen im seelischen Gleichgewicht hSngen in der
Bogel nur mit einer Verindening der physischen Zustünde zn-
sammen und kttnnen alsdann dem Ijehier kanm rerboigen hieihen.
Sonst Iftßt sich im allgemeinen eine gewisse Stabilität der psy-
chisehen Konstellation nidit ableugnen. StOrnngen, die durch
andere als dnreh physische Einflüsse herrorgemfen werden, sind
meistens bei der fluchtigen Eindesnatnr nicht TOn nachhaltiger
Wirkung, wenn sie auch momentan mit ziemlicher Intensität aut-
treten. Ausnahmen hiervon, die in der Individualität des Einzel-
nen ihre Begründung ünden mögen, sollen hiermit uicht in Abrede
gestellt werden, jedoch sind sie selten. Kleinere ?>( hwankungen
in Bezug auf die Disposition zeigen sich selbstveratäadlich, gleichen
sich aber watirscheiniich gegenseitig aus.
Anders verhSlt es sich mit der ZurttckfHhrung von Abweichui-
gen anf die konstanten Eigentümlichkeiten der Vp. Hieran war
es nötig, sich einen Querschnitt dnroh das psychische Leben einer
jeden Vp. zn verschaffen. Daß solch allgemeine Angaben, wie sie
gewöhnlich ohne jegliches Beoht als Charakteristiken beseiehnet
werden — beispielsweise in Zeugnissen — nicht genügten, durfte
ohne weiteres klar sein. Das psychische Leben äußert sich in
so mannigfaltiger Weise und nach so verschiedenen Kichtungen,
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über ransel- nncl OenmtIvbtaBg des Selmlkiiidet. 291
daß dieser Tatsache gegenüber solch dürftige Notizen in nnsag-
iMier Armseligkeit and Unznlttngliohkelt erBoheinen rnttasen. Die
SehÜdening ist sohon in den Hanptsllgen imTolMndig; Seiten-
Knien fehlen in der Bßgel ganz oder encbeinen infi»]ge einseitiger
Betonung als Hanptsaehe. Natomotwendig mofi daher das Bild
ein vefSQliwoinmenes nnd noch daza ein reebt kurzes und unge-
rechtes werden. Auf Grand solch spärlicher Hinweise eine Deu-
tung von Erlebnissen versuchen zu wollen, wäre aiä aussichtslos
und gevv;i;:t znrttckzuweisen.
In erhöhtem Maße trifift der Vorwurf der Unvrillstäiidi^'koit,
Ungerechtigkeit und Unzweckmäßigkeit den Gebrauch, die l'iihig-
keiten eines Individuums durch Ziffern charakterisieren zu wollen.
Man bemißt wohl selten den großen Mangel eines soleh sunma-
risehen Verfahrens. Über Bausch und Bogen fafit man ronein-
ander Terschiedene psyehlsdie Funktionen zusammen, wie Verstand,
Geditehtnis, Phantasie n. a. Die Grade der LelstungslUugkeit
sind aber nicht naeh jeder Biohtnng hin als gldehmftßig zu be-
aeiehnen, wie ja auch die Terschiedenen psychischen Akte nieht
Ton Tomherein als gleichwertig betrachtet werden kOnnen.
Ein weiterer Mangel der Fähigkeitsziffern ist der, daß in ihnen
individuelle Verschiedenheiten nicht voll zum Ausdruck kommen.
Naturgemäß entsteht bei 2 Individuen mit erleicher Fähigkeits-
ziffer der Eindruck einer Übereiustiinniung nach jeder Richtung
hui; offenbar ein Unding! Bedenkt man noch, nach wpirh kurzer
Zeit meist schon eine solche Zensur in Koten oder V\ orten vor-
genommen wird, so mflssen ttber die objektive Richtigkeit nnd
damit ttber den Wert dieser Angaben berechtigte Zweifel ent-
steheiL
Die Stelle einer Charakteristik kann also weder duroh einige
allgemeine Bemerkungen, noch durch Ziffiom ersetzt werden. Der
Entwurf einer psychologischen Skizze Tcrlangt vielm^ ein tieferes
Eindringen in das individuelle Leben, eine scharfe Beobachtung
durch eine größere Spanne Zeit hindurch <).
Die Vp. befanden sich, als vorliegende Charakteristiken for-
muliert wurden, schon seit Jahren in der Kla««ie des Ver-
suchsleiters. Seit Beginn der Versuche — Februar l'JUl — waren
sie in ihrer Entwicklung mit besonderer Aufmerksamkeit ver-
1) Eine weitere offBubv noeh wlehtigefe Forderung ergibt sieh aus uneem
Veitneheu.
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August Ilayer,
folfirt worden. Die Beobachtungen fanden zuiiiichst Aiilnahme in
einem eigens zu diesem Zwecke angtlt L^ti n Tagebach. Soweit
es möglich war, wurde die Verbindnng mit dem Elterubanse in
ananffälliger Weise ansgenntzt zur Gewimuiiig neuer Zttge oder
znr event. Korrektor. Eiine Reibe von Fragen, an deren schrift-
licher Beantvortang sich ror Weihnaohten 1901 die ganze E^lasM^
damit 80 der Zweck verdeekt bleibe, zn beteiligen batte, schaffte
weitere AufkUroiig, oYeni Beatitigiuig des Bcbon Fixierten. Au
diesem Material heran« entwickelten dob die bei der VerwOTtung
der Vemebe benutzten Skizzen. Dieselben wurden, soweit es
eben mOglich war, auch den frtlheren Lehrern znr Meinungs-
äußerung vorgelegt. Da es leiclit vorkommen kann, daß infolge
übertriebener Betonung dieses oder jenes i unktes ein unklares
oder gar falsches Bild erzeugt wird, war es angezeigt, auch un-
beteiligte Sachkundige heranzuziehen, die dann nach Durchlesen
einer Charakteristik das Bild der betreffenden Yp., so wie sich
dasselbe in ihrem Bewußtsein widerspiegelte, wiederzugeben hatten.
Trotz aller angewandten Vorsicht und möglichster Gründlich-
keit» mit welcher bei der Festlegung vorgegangen wurde, bin ich
mir bewußt, mit diesen Skizzen nodi weit ron dem Ideal, von
der VoUständigkeit entfernt zu sein. Auch kann iob mir nicht
Teibeblen, daß denn doch Tielleicht da oder dort eine Yolle Ober-
einstimmung des Bildes mit der Wirklichkeit f^btt^); ferner muß
ich wohl noch betonen, daß diese Charakteristiken durchaus nicht
bcstiüimt sein köuneu, eine Uber die Zeit erhubeuc Gültigkeit zu
beanspruchen. Verschiedene Gründe veranlaßten all diese Be-
denken.
Erstlich ist in Betracht zn ziehen die Art der Entstehung so
mancher Züge. Es liegt auf der Hand, daß man von den Schü-
lern nur selten und in unauffiUiiger Weise eine Beschreibung ihres
psychischen Znstandes Terlangen darf. Wir haben eben keuie
geübten Beobachter vor uns. Zu gar mancher Annahme künnen
wir daher nur gelangen auf Grund der Deutung von Ausdrudube-
wegungen; ich erinnere an die Tatsachen der Aufinerksamkeit, bei-
spielsweise an die Fhige, ob wur es mit einer wiUknrHoben oder
1} Ich erachte es als notwandigi auadrttcUioh ni betonen, daß diese £r-
wXgnngen stattfanden, noch bevor man ein klares Bild von den Versuche-
ergebnisRcn nii'] ihr'^u Beziehangen zur Individoalitit hatte. Daaselbe güt
auch von der Fixierung der Charakteristiken.
Google
über Einael- imd G«aamtleistaiig des Schulkindes. 293
nnwillktlrlichen Teilnahme zu ton baben. Daß in einem solcben
Falle MeinangsverBchiedenheiten möglich, sogar wahrscheinlich
sind, bleibt wobl imbefitritten. Zweitens biefie 68 die Tatsaebe
der geistigen Weiterentwicklnng negieren, wollte man für diese
SkinieTiingen eine dniob die Zdt nnbeeinflofite Gttltigkeit bean-
sproehen. Gerade im ScbnUeben bietet sieh so blutig Gelegen-
beit so beobaobten^ wie sieb allmüblicb ein Zng besonders aus-
bildet auf Kosten des andern; hierdurch wird natürlich das Bild
Ott wesentlich verändert, nicht selten bis zur Unkenntlichkeit um-
gestaltet. Als unbedingt feststehende Charakteristiken können
diese Aufzeichnungen auch schon nm deswillen nicht gelten, weil
ja die Person des Erziehers, die in unseren Klassen leider sehr
häufig wechselt, auf die Gestaltung des psychischen Lebens von
nicht geringem Euiflusse sein dürfte. Schließlich spielt anob die
Sabjektifitftt des Beurteilenden eine oft niebt sn nntecsobiteende
Bolle.
Was aber fli diese Darlegungen in Anspraoh genommen wer-
den mnB nnd jedenfiüls anefa zugegeben wird, ist relatiTe Glli%-
keit wenigstens in den Hauptzttgen. Jeden&Os dfliften aneb niebt
alle Nebenstriche ins Reich des Problematischen zu verweisen sein.
Zu Gunsten eiuer solcheu Auualiuie darf wohl nochmals auf die
sicherlich nicht voreilige Art ihrer Fixierunj; sowohl als auch auf
die in zeitlicher Beziehung: ziemlich ansgit luiro Verbindung zwi-
schen den Vp. und dem Experimentator verwiesen werden. So
soll denn für die Benrteüimg der folgenden Darleguigen im all-
gemeinen diese Norm gelten:
»Sie bieten ein im wesentlicben entspreehendes Bild der
psyobiseben Konsfeellation der einseinen Vp. ftlr jene Zeit,
in weleber die dieser Arbeit zn Grande gelegten Leistangen
geliefnk wnrden.€
Idi lasse für jede der ersten 14 Vp. eine solehe Skisse folgen.
Fa.
Der Schüler ist von dem besten Willen beseelt Bei seiner
schwachen Begabunor jjelinfrt es ihm jedoch nicht, seine Leistungen
über die Stufe der Mittelmäßigkeit hinaufzuschrauben. Dem TTnter-
riobt wendet er fast ausnahmslos einen hohen Grad von wiilkUr-
Beber Aufmerksamkeit zu. Seine zahlreichen Versuche, sieb aktiT
wa beteiligen, beweisen jedocb niebt selten, dafi es ibm versagt
üigiiizeü by Google
294
bUn'M, diii Lhu^U/Urzte gauu jm €T(a&i«s und zu xetMtiftwen. Z»-
doB tntt bei emi^ermafieB aMütageadcr Mitarbeit eehr tamk dm
mcht wb^eat^Dder Grad roo ^t>ti^r EnnQdim^ auf.
Dm Gcaktek seicH «eh naefc der ■nhHkihiB Scüe kn
beMer cHwi^dt ab wmk kgiMkea, ohM jAck wmk im
jever Beadra^ adhrik IGttdHillgei n IcMtaB. Erkf^Mor
Aifriie aaeb aa fiebftea wMicb; flrrfiaWm^ ciaar Er-
ilUaag «cflt er nr T«WtnMtf« aehirar. Die Tünche, dal
Aa bete Aaewcadl|^enea od beni Bepfodaeierea dee eo An-
^eei^eten iiteti die 84*hriftzeiehen des zn memorierenden Stoffes
▼onich weben, wei^t aal das Vorwiegen eines optiseben Gedicht-
llistyimrt hin.
£twa.H jrtJnBtijrer pcHtalt^ n -i' }i die Vt rhitlmiöS'e für die Phan-
taiie, die nicht immer einer regeren Tätigkeit entbehrt. Jedoch
macht sich bei ihreo Lebtiuigen eine gewisse BcigeUosigkeit an*
aDgeoebm bemerkbar; es fehlt eben meiat die ordnende Leitung
daieh dea Venlaad. Der Schtüer lieat zwar sehr gerne; da er
aber dabei aar langeam m Werke gebt and geben moB, wenn er
daa Gelesene aaeh ToUetftndJg erfiueen will, so ist der Umfimg
■einer Lektüre nnr ein beadieidener. Im Yeideigninde aenies
Intereeeee eteben baapMhshHeb kleine Märchen, wie sie seiner noeb
sehr naiven Nator eben angepafit sind.
Obwolil er (lern Unterricht groBe Aufmerksamkeit entixe^en-
bringt, läüt sich eine gUuhtiir» Disposition für ablt ukeude Heize
konstitieren, welche nirh im Zustande der Emiüdinis- natur^remäß
hedi'utcnd Hteig-ert. Zerntreuunj^en sind al8dann auch bei den er-
sichtlich redlichsten Hemttbiinpren die notwendige Erscheinung. Als
Folge erneuter Versuche läßt sich des öfteren ein geringes An-
wachsen der Ldstnngen ftr knrze Zeit konstatieren. Seine besen-
dere Vorliebe wendet er dem natnrknndlichen Unteniebt so, »weil
er die Experimente besser Terrtebt«*
Sein Auftreten selgt Mangel an Sdbstvertranen and grofie
Angstliobkeii Er besitEl eui anfieiordentlieb weiehea and empfäng-
liobes Qemtti UnteneUeife abid ihm bei seiner strengen Beebt-
licbkeit fremd.
Der Khrf^eiz iHt anlit rordentlich entwickelt. >dchts schmerzt
ihn uichr ulö ein straiendes Wort; eine Anerkennung wirkt sehr
crliobcnd auf ihn. Auch der Wetteifer ist bei ihm keine seltene
Kricheinong.
Google
über EinseK und GeMmtldstiiiiff de« Schnlkindet. 295
Körperlich ist der Scbttler Bcbvvuch entwickelt und sieht meistens
blaß nnd kränklich ans. Vielleicht tragen hier mit Schuld die
sehr beBchiinkten häuslichen Verhältnisse, die im grellen Gegen-
satE za den hesseien Zeiten stehen, welehe die Familie firOher
gesehen. Dieser Umstand mag sehr niederdrHokend snf den
empftngKehen Knaben wiiken. Der Vater hat kehie feste Stel-
Iniig imd keinen regelmäßigen Verdienst Die händiehe Eniehnng
seheint eine sorgsame ni sein.
FO.
Ein gnt veranlagter Schttler. Ani entwickelnden Unterricht
heteiligrt er s^iob in reger Weise und zeichnet sieh dahei aus durch
klare nnd sachgemäße Antworten. In seinen Urteilen, namentlich
tlber geschichtliche Personen nnd deren Handlungen, ist eüie im
Verhältnis zu seiner Jngend ganz enorme Gtereiftheit zn erkennen.
Bei lül Sehlem Ton nnd Lassen leiten ihn nnr TemUnftige firwä-
gongen, und allenthalben kehrt er semen praktiaehen Standpunkt
hervor. Aneh den Anordnungen des Lehrers gegenüber betont er
hier nnd da seine gegent^lige Ansicht nnd kann dann nnr dnreh
Vorfthmug von VemnnftgrUnden ttberaengt werden. Blindes Kach-
beton einer Meinung oder die Unterordnung unter Befehle, für
welche nach seiner Ansicht die nötige Begründung fehlt, läßt sich
nur selten bemerken.
Die logische Seite des Gedächtnisses ist bei weitem besser ent-
wickelt als die mechanische. Tniuiltlielie Wiedergabe eiuer mäiiig
großen Erzählung gelingt ihm in den UauptzUgeu meist schon
nach einmaligem Durchlesen. Die Schwierigkeit, welche bei ihm
das wörtliche Einprilgen mit sich bringt, steigert sich noeh| wenn
dem MemorieiBtotif d^ logische Zusammenhang mangelt
Die Phantasie änfiert sich in liemliefa lebhafter Weise. Die
Lektüre betreibt er awar gerne, aber wegen Zeitmangels nnr in
mäßigem Umfange. Legenden nnd Eiaählmigen ans der vaterländi-
sehen Geschichte stehen dabei im Vordergnmde seines Interesses.
Wenngleich er bestrebt ist, allen Fächern einen gleielimäßig
hohen Grad von Aufmerksamkeit zuzuwenden, so läßt sich in
dieser Beziehung doch eine Bevorzugung der vaterländischen Ge-
schichte konstatieren. Ablenkungen siiul selten und da nnr auf
kurze Zeit zu verzeichnen. Gesaug in der liähe wirkt bei der
Arbeit am meisten störend auf ilm ein.
^ kj .1^ uy Google
296
August MayoTi
Sein Auftrcteu ist ruhig, sieher nnd voll Selbstvertrauen. Bei
Anfertigung seiner Arbeiten zeigt er sich selbständig. Ein Unt^r-
Bchied hinsichtlich der Größe des Eifers bei Schul- und üausaaf-
gabeu be'iteht nicht.
Der £hrgeiz ist nicht besonders ftn^c-cprägt. Ein Wetteifern
mit andern Sohttlem gUt als seltene ErBehemnng. Er ist beim
Arbeiten lediglieh «if flieh Mlbit konzentiieri Nur wenn er weift,
daS es Bloh um einen gans besonderen Zweek handelt, wie z. B.
bei Prttfnngen oder besonders wiehtigen Schulaufgaben, läBt er
sieh in eine Konlcorrenz mit den übrigen ein. Kamliafte Empfind-
liebkeit gegenflber irgend einem Strafmittel ist nicht vorhanden.
Sonst zeigt der Schiller sowohl seinem Lehrer als aiicli iseincu
Kameraden gegenüber ein verschlossenes Wesen. Er sucht mit
niemand nähere Freundschaft anzuknüpfen. Am liebsten weilt er
im Walde [beim Holzholen). weil er da, wie er sagt, ganz allein
ist. .Strenge Rechtlichkeit hat ebenfalls als ein üaaptzug seines
Charakters sn gelten.
Fö. ist von nicht gerade kräftigem Köiperban, aber trotzdem
ans<^einend gesnnd.
Die lahlrdche FamiUe lebt in großer Armnt Doch sncht
sie durch eisernen Fleifi — aneh die Kinder werden allem
möglichen, aber ehrbarem Erwerb angehalten — ihr Los ertHlg-
licher zu gestalten. Der Vater ist TaglOhner mit sehr geringem
Verdienst. Uber die hftusliche Erziehung kann etwas bemerkens-
werte» uiüiit auHgesagt werden.
He.
Wenn der Schüler auch in bezug auf Begabung nicht mit zu
den bevorzugtesten der Klasse zu rechnen ist, so bewirken doch
sein eiserner Fleiß und seine peinUohe Gewissenhaftigkeit, daß
seine Leistongen im allgemeinen nur wenig hinter den Arbeiten
der Besten znrttckstehen. Dem entwiokehiden Unterricht folgt er
&8t stets mit grOfiter Anfinwksamkeit, was seine rege Ifitarbeit
beweist Ans seinen in der Begd klaren nnd zutreffenden Ant-
worten geht hervor, daß er den Daibietangen im ganzen an folgen
im Stande ist Knr im Rechnen bleiben seine Leistongen manch-
mal in qualitativer Hinsicht hinter denen der Besseren zurück.
Hier steigert sich seine Verwirrung nicht selten zu völliger Kopf-
losigkeit und Unfähigkeit, selbst den harmlosesten Anforderungen
^ kj i^uo uy Google
über £iiuMl> and OeBtmtleiitoiig des SciralkindeB. 297
AU ijenligen. In diesem Fache stellt sich auch bedeutend rascher
und intensiver die ErmUduug ein als im sonBtic:en Unterriclite.
Das Gedäclitni>< steht sowohl mit Kucknicht auf die h>gi8che,
als anch im Hinliiick auf die mechaoiscbe Seite sm£ hoher Stufe
und ist dabei toü großer Treac.
Die Phantasie betätigt sich in lebhafter Weise, ohne jedooh
Henrorragendes oder Außergewi^hnliehes za leisten. Eine beson-
den ausgiebige Beschäftigiuig mit der Lektttie Ußt sieh mskt
konstatieren; heronngt weiden von ihm namentlieh gesehiohtliehe
Stoife uid Sagen.
Wenngleich er jedem Unteiriehte mit gespanntester Anlmeik-
BamkeH folgt, so ist der Schiller doeh außerordentlich empfUng-
lieh für ablenkende Reize, selbst ftir solche von ganz geringer
Stärke. Das leiseste Geräuöch veranlaßt ihn nicht selten zu cmvr
wenn anch nur kurzen Blickwendung nach der lleizquelle. Dass
trotzdem nur in ganz wenigen Fällen eine länirerc und intensivere
Zerstreuung sicli konstatieren läßt, scheint auf das Vorherrschen
einer willkürlichen Aufmerksamkeit hinzudeuten.
Außerordentliche Lebliaftigkeit in seinem Auftreten wechselt
ab mit auffallender Zaghaftigkeit. Letztere steigert sich oft zn
TOlfiger Beklommenheit Diese £rseheinnng dürfte vielleieht in
dem Hinweis auf den schwUehHchen K9rperban tmd die zeitweise
ziendieh stark auftretende Kervosititt des Schttlers einigermaBen
eine Erkl&mng finden. Dieser nervOse Zustand tritt ganz spora-
disdi auf und inBert sieh — naeh Aussage der Eltern — in
Schlaflosigkeit, abwechselnd mit unruhigem, von wirren Traum-
phantasien gestörtem Schlafe. Tu solchen Perioden zeigen sich
während des Unterrichtes häufig eigenartige, unwillkürliche Zuk-
kuDgen der einen Gesichtshälfte und hastige, zwecklose Finger-
beweguügen.
Bei AusfUhrung der ihm übertragenen Arbeiten geht er in der
Regel selbständig vor, läßt sich jedoch bei gemeinsamen Arbeiten
hie und da auch durch Hitsehfller zur Anknüpfung von Wechsel*
besiehungen Yeridten. Seine HauBau%aben lassen musterhaften
{lel8 und ausnahmslos Selbständii^keit erkennen.
Der Ehrgeiz ist- sehaif ansgeprigt Tadelnde Worte ror sei-
nen Kameraden sind ihm scluurfe Strafe, eine Anerkennung gilt
ihm als höchstes Lob. Bei gemeinsamen Arbeitfm ist ein reger
Wetteifer zu konstatieren.
ArUt f5r Ptychologi«. L 20
oiyui^-o uy Google
298
August Mayer,
Ate HavptBttg« fleineB Gharakters dttfften Bcine Gvtmtttigkeif,
■owie seine leiclite Seisbsrkdt gelten, weloli letttere eieli hKafig
steigert sn einer apodiktiBelien Betonmig feines Wittens.
He. ist Sohn eines in ^iten Verhältnissen lebenden Tanzlehrers.
Die häusliche I'rzicLuui; will das Beste, scheint aber nicht ganz
frei zu sein v on onzulässiger Nacb^ebigkeit und einer gewissen
Yerweicblicbong.
Htt.
Ein sehr gering begabter Schüler, bei dem jedoch nicht immer
der j;ute Wille fehlt. Die außerordentliche Schwerfälligkeit seines
FasBiingsvermögens oÖ'enbart sich namentlich darin, daß es ihm
nicht selten anch bei den ersichtlich redUcbsten Berntthongen yer-
sagt bleibt, dem elementarsten Entwicklungsgang mit entspreohen-
dem (Gewinn folgen an können. Sein Wissen nnd Können steht
daher qnalitatiT nnd qnantitatiT nieht wenig hinter den Leistnngen
eines DorclisefanittSBehttlers znrttek. Dieser Übelstand wird noeb
um ebt BetrIlehtUelies yersehlimmert dnrch die sieh hftnfig zeigende
OleiobgUltigkelt nnd Tdlnahmslosigkeit, weldi letztere sieh bei
ihm — wie wohl bei keinem seiner Mitschüler in so ausgeprägter
Weise — äulicrt in einem zwar auf den Lehrer gerichteten, aber
stieren, auffallend gläsernen nnd leeren Blick bei atatuenhafter
BewegmigBiüsigkeit des gauzen Körpers. Gelegentliche Zwischen-
fragen nnd sein eigenes Geständnis bew^eisen, daß ihm oft nicht
einmal der Gegenstand der Behandlung bekannt ist. Beine Cire-
danken wellen in solchen Momenten, wie er selbst angibt, meist
zu Hanse oder anf dem Spielplatze. Ist es ihm jedoch mit einiger
Anstrengung gelnqgen» anf knize Zeit erfolgreich mitznarbeiten,
dann dnrehxieht sein ganzes Wesen eine freudige Erregitng, sieher-
lich verbunden mit dem guten Willen, sieh auch weiterhin zn
beteiligen. Aber einige nachfolgende Sdiwieiigkeiten tilgen in
der Regel aneh die letzten Spuren eines solchen Anlaufes aus und
werfen den Schüler wieder in das Stadium der Geistesabwesenheit
zurück
1) Solche Erecheinungen gehUren in imseni Volksohiiloberkliaaen lücht
ni den Seltenheiten. Zwei Gründe lassen sich dafür a. a. anführen:
a. Solche Schüler werden in den Unterklassen, wo der Stoff ihrem Ver-
atändniB noch näher liegt, nioht genügend lange zurückgehalten. Je
htthor binanf, desto grOßer wüd das MiflrcibXitniB iwisehea Sohiri«-
rigkeit des Stoffes und Faanmgiknft des ScbUsn. Das Beialtat
Google
über Elnsel- und GeBuntleislaiig des SehnlldndeB. 299
Sein Gedächtnis ist rein mechanisch ilitlg. Es gelingt ihm
wohl oft, in entannlich kurzer Zeit MemorierBtoffe bewältigen.
Allein eine nnr oberflftehliche FrtUftang ergibt flchon, daß der
logiaebe Znaammenhanj^ bei ihm das GredSehtnis sehr wenig oder
gar niofat nntenrtfltzi Er reproduziert nicht selten die unsinnigsten
ZnsamraensteUnngen. Die Gleiclmiäßigkeit) mit weleher dieselben
auf Verlangen wiederholt werden, beweist zur Genüge, dafi beim
Lernen einige Wortbflder falsch aufgefaßt und eingeprägt wurden.
Kr korri^aert sich zwar auf Verlangen, aber ohne von der Wider-
sinnigkeit Uberzeugt zu sein. Das logische Gedäelituid ist fast ver-
kümmert. Eiu Versuch, den Inhalt einer Erzählung darzustellen,
den Gang kurz zu skizzieren, scheitert meist kläglich an seiner
Unfähigkeit. Und doch ist ihm das Ganze bekannt; auf ent-
sprechende, den Gang kurz andentende Fragen weiß er meist
Auskunft; nnr fehlt ihm das Vermdgen, den logisehen Zusammen-
hang üi sieh aufzunehmen. Er selbst ssgt, er lerne am liebsten
wOrtlieh auswendig, wefl er es anders (inhaltiiefa) nieht merken
könne.
Die Phantasie seheint in ihrer Tätigkeit noeh nieht weit ttber
die ersten Schritte hinausgekommen zu sein. Es fehlt ihm auch
die Anregung hierzu beinahe ganz. Die Stotfe der Schule wirken
wegen der schon hervorgehobenen Mißstände zu wenig auf ihn.
Eine ausgiebige Pflege der Lektüre findet ebenfalls nieht statt,
teils wegen des Mangels an Ausdauer, teils denhalb, weil er zu
Hause meist zu körperlicher Arbeit angehalten wird. Trotzdem
scheint er sich nicht ungern mit dem Lesen zu befassen. In der
Pause vertieft er sich manehmal in £rzlüilniigen, die den Kindern
aus der Sehulbibliothek zur Verfttgang stehen.
Der Grad der Aufmerksamkeit ist — wie aus dem Vorher-
gehenden schon erdehtlieh — meist ein geringer. Hier und da
sAaeht sieh infolge dnes günstigeren YerhSltnisses zwischen Stoff
und Fassungskraft oder infolge einiger WOlensbetätignng seitens
kiiui mter solchen UmatiBdeii kaum anden sn erwirten sefai» als es
in dem vorliegenden Falle gegeben ist.
b. Solche geistig tietHt^-lx-ndc Elemente bedürfen überhaupt einer be-
sondeni Pflege in eiuer eignen KliUi&o mit entsprechend niedrigerem
Lebxziel und elementarereui Lehrgang. Eine solche AuBScbeidang
ttge sowohl fan Intnesse der Besseiea, ab anch ho Lkteiesse der
Schwächeren. Hieimlt steht im Znsammeiihtiig die gegenwlrtlg eiftigsk
diskutierte M&sehuleiifrage.
90*
oiy ii^uo uy Google
300
Avgott Mayer,
des SchHlers eiue etwas intensivere Teilnahme ftlr kurze Zeit
bemerk])ar. liinäichtlich der Ablenkbarkeit besteht uaturgemätt
eine sehr günstige Disposition.
In i^einem Auftreten zeigt sich AngirtUohkeit und Unsicherbdi
£b fehlt dem Schüler jedes Selbttrer^aneii; d»h«r ist bei allen
seinen Arbeiten in der Sohnle Biets die Neigong Torhnndeii, am
den Arbeiten der Nachbarn an sohttpfen. Der aaf die Hanaasf^
gaben verwendete FleiB IftBt in den meiiten Füllen aefar an
wttneeben übrig.
Der Ehrgeiz ist bei Ihm nidit beBonden ausgeprägt. Er
Lan^ nicht sehr nach Lob und fühlt sich anch dnrch einen schar-
fen Tadel kaam merklich beruln t Die Strafen fürchtet er nicht
weiren ihres eruiedriprcnden Charukters, sundern wegen der nnao-
geuehmen physischen \\ irkung.
Noch mnß hervorgehoben werden, daß sich bei dem Schüler
in sexoeller Hinaioht schon Verimmgen zeigen; er ist Onanist
If. ist Sohn eines Taglöhnem. Die zahlreiche Familie lebt in
kttmmerlichen YerhältniBsen. Trotz der offenbar kaigen Em&hraag
zeigt er sieh körperlich ganz gnt entwickelt nnd macht anch in
gesnndheitlieher Beziehnng einen normalen Eindruck.
Ot
Ein der beeseren IffittefanäBigkeit znznxedmender Schiller mit
mäßiger Begabung. Der entwickelnde Unterricht bietet ihm manche
Schwierigkeit.
Das Gcdäclitnis ttberödireitet in Hezaj^ auf neine Leistnngs-
fähigkeit nur wenig die Stufe der MittelmäÜigkeit ; namentlich
mangelt ihm die Treue. Das mechanische Cledäcbtnia »obeiut
besser entwickelt za sein als das logische.
Die Tätigkeit der Phantane hält sich ebenfalls in mftfiigen
Grenzen. Die Lekttlre wird Ton ihm nicht besonderz gepflegt
Obwohl sonst sehr lebhaft in seinem Auftreteni zeigt er sieh
doeh w&hrend des Unterrichts in der Begel gesammelt nnd Ton
dem besten WUlen erfiOlt, den Ansftihmngen des Lehrers mit Anf-
merksamkeit m folgen. Eine besondere Empfiüiglichkett für ab-
lenkende Heize läßt sich nicht nachweisen. Sobald er jedoch ein-
mal einem Uuterrichtsgegenstande seine Teilnahme entzogen hat,
gelingt es ihm nur sehr schwer, sich wieder zn sammeln.
Sein Ehrgeiz ist ziemlich stark entwickelt und betätigt sich
Uber Einzel- und OesamfleiBtmig dee Sehnddndes. 801
bei g^mekuuimeT Arbeit hauptsächlich in dem Streben, in kürzester
Zeit fettig za sein. Gelingt ihm dies nicht, so bemächtigt Bich seiner
eise aogfltiUudiehe Unnihe, die sieh in lebhaften Körper- und
Mwidbewegiingen, sowie In httnfigen und hastigen Ansblieken naeh
seinen arbeitenden Kameraden an UnBem soheinl Schon für ge-
linde Strsfinittel seigt er sidi empfänglich.
Das Vertrauen aaf seine Leistangsföhigkeit ist bei dem Schiller
nicht sehr ausgeprägt, nnd selbst dann, wenn er seiner Sache voll-
kommen sicher iät, läßt er es uiclit au Versuchen fehlen, die
Arbeiten seiner Na* liliara, weim auch nnr znm Vergleiche heran-
zuziehen. Auch ist'ine Hansnutl^aben zeigen in der Regel dieseu
Mangel au Selbständigkeit und lassen oft auch das nötige Maß
¥on Pflichtgefühl vermissen,
Ot ist in ktfiperüdier BeziehriDg vollkommen normal nnd macht
einen kräftigen mid gemdffii fiindnek. £r ist Selm eines Baeb-
dmekeieilieBitaeri. Die Fsmifie lebt in gUnatigen Yeibättnissen.
Die hiuliehe Bnielnuig sdieiDt sieh in Extremen m bewegen.
Ist ziemlich gut begabt und charakterisiert sich vuriugBweise
alö Verstandesnatur. Dem Unterricht folgt er im allgemeinen mit
Veratändnis und Interesse, ohne daß sich jedoch besonders her-
vorrageude Leistungen konstatieren lassen. Eine Auauahmc hier-
von bildet das Kechnen, das er zu seinen Lieblingärächern zählt.
Bier ist er mit gaaser Seele bei der Sache nnd offenbart sein
ungeteiltes IntsvcMe in eifrigster Mitarbeit. Unter den flbrigen
Fftekem IwvoiBDgt er noeli sehr das Zeichnen; trotadem erreiohen
hier die Besnltala nioht die Stofe der Besseren. Am wenigsten hat
Katnrkonde anf sdne velle TeOnahme zn redinen. üngeaeliiet der
offenbaren Beroizngung einiger Untsrnchtssweige ist er jedoch meist
bestrebt, aneh auf den andern Gebieten Entsprechendes an leisten.
Seine Antworten gehen im allgemeinen auf den Fragepunkt ein und
verraten die Fähigkeit des Schülers, folgerichtig zu deuken.
Sein Gedächtnis zeigt sieb sehr gut entwickelt, in mechanischer
Hinsicht vielleicht etwas besser als in logischer. Wörtliciiets Ein-
prägen verursacht ihm nie Schwierigkeit, selbst dann nicht, wenn
der Sinn unklar ist oder weoik dem an Memorierenden der innere
Zasammenhai^ fehlt.
Üigiiizeü by i^üOgle
Av^t Ibyer,
Die Phantasie zeichnet sich weder durch besondere Rührigkeit,
noch durch irgend eine Eigenart aus; sie bewegt sich durchweg
in den Grenzen des Alltäglichen. Zur Lektüre fthlt er sii li nur
dann hingezogen, wenn ihn die Langeweile pla^rt. Sonst beschäf-
tigt er sich mebt gerne damit, »weil man nichts davon hat«, wie
er selbst bemerkt. Sein Blick iBt mehr auf das Praktiicbe» auf
di8 Kützliche gerichtet. (Er will einst Musiker weideB, wis nach
seiner Mehnmg viel Geld embriogt)
Im Unterridit legt er im aOgemeiiieii einmi ziemlieh koken
noA gleioknAfitgen Gnd yon geistiger Simmlung an den Tsg;
eine besonders günstige Disposition flir die Ablenknng der Anf-
merkssmkeit ist niebt vorbanden.
Bei der Anfertigung seiner schriftlichen Arbeiten geht er in
der licgel selbständig zu Werke. Auf seine Schularbeiten ver-
wendet er weit mehr Eifer nh auf seine Hausaufgaben.
In Hoineni Auftreten Tcii^i sich TTnbefangenheit und Ruhe.
Der Ehrgeiz ist iu hohem Grade entwickelt. Das Bewußtsein,
durch irgend ein Vergehen die Acbtong seines Lehrers verscherzt
en liaben, wirkt ungeheuer peinigend und niederdrückend anf üin.
So z. B. sieht er es als die sebwerste Strafe während seiner gan-
Ben Sobnizeit an', dafi ihm von seinem Lebrer einst gelegenflicb
einer ivissentUob nnwabren Angabe eme seharfe MiBbilHgqng ans-
gesproeben vnd bedeutet wnide, daB em Lflgner die Yeraehtnng
seiner Hitmenseben verdiene.
Körperlich ist Rn. nicht sonderilck gut entwickelt. Stets zeigt
er ein blasses und kränkliches Aussehen und besitzt nach Aus-
sage des Aratcä eine äußerst günstige Disposition zu Lungenleiden.
Die Familie lebt in mittleren Verhältnissen. Der Vater ist Maga-
zinier. Die häusliche Erziehong scheint sich in vernünftigen Bahnen
zn bewegen.
BL
Eme jener wenig beneidenswerten Katoien obne konstante
Keignng. Bei allem gnten Willen nnd trota atter gnien YoisitM
haftet seinen Leistangen meist Halbheit nnd Oberilftcbliobkeit an.
Damit verbindet sieb dn strobfemerartiges Entflammen ftr das
Neue, dem aber ein ebenso rasches Erlahmen jedes Interesses fttt
den Gci^oü.-^tund früherer Begeisterung folgt. Die Begabung ist
als eine mäßige zu bezeicimen. Doch gelingt es ihm bei einiger
über Einsel- und OesttmÜditaiig des Schulkindes. 303
Anstrengimg gaiut leidUcli, beim entwickelnden Untemohte mitzn-
«rbeiten. Seine AnfißuBmig ist nieht eelten eine frappierend n»ehe»
zuweilen jedoeh eine nnTerbfiltnismftBIg sohwerflllige. Du ein*
mal Angenommene nnd Venrbeitete haftet aber dann nm so
fester nnd sieberer. Hindernd tritt bei ihm einer geordneten
Geistestätigkeit entgegen eine allzngroße Lebhaftigkeit und Vor-
eiligkeit. Er laßt öicli uicht Zeit zu ruhiger Überlegung. Was
sieb zuerst einstellt, wird meist ohne weitere PrUfimg akzeptiert.
Dieser uukritische Zug zeigt sich bowdIiI bei gemeinsamer Schul-
arbeit als auch dann, wenn selbständige Leistungen in der Schule
oder zn Hanse Ton ihm gefordert werden. Nicht selten tritt jedoch
während des Aiissprechens einer Antwort oder während des Nieder-
sehreibens die Erkenntnis der Fehlerhaftigkeit oder Unzalftnglicfa-
keit auf, daher woU die sehr bänfigen Selbstkonektoren sowohl
im mlittdliehen als aneh im flebrifUieben Gedankenansdnok.
Das Gedächtnis seigt naeb keiner Seite bin eine berrorragende
BntwicUnng. Wenn er aaeb die Ifomorieisloffe im aflgemeinen
in nicht langer Zeit zu bewältigen im stände ist, so fehlt dem
Gedächtnis doch die Treue. Die logische Seite seheint der mecha-
nischen gegenüber im V ortt 11 /u sein; inhaltliches Einprägen ge-
lingt ihm leichter als wörtlichen.
Die Tätigkeit der Phantasie bewegt sich in ziemlich engen
Schranken. Bi. liest wenig und auch nicht mit Vorliebe, wie er
angibt.
Der Grad der Aufmerksamkeit wechselt Kur selten yermag
ihn ein UnterriehtsÜMsb anf die Daner einer Stunde an fesseln,
sein liebUngsgegenstand (Gesebiebte) Tielleicbt amigenommfin. Lmer-
halb knner Zeit sinkt oft seme w&rmste Teihiahme miTorlUUtms*
mftBIg rasolr. Gans sebwaobe Beise sind alsdann im stände, ihn
To11sl8ndig absnlenken. Er kennt diesen Fehler anch nnd sneht
nicht selten d^egen anzukämpfen. In vielen Fällen jedoch sind
seine Versuche, sich wieder ganz dem Gegenstande zuzuwenden,
von lüäBi'i^tMn uinl nur vorübergehendem Erfolge begleitet.
Die (rrößc seines Ehrgeizes steht zu «einer Leistungflffihij^keit
in einem .Miliverhältnis. Dieser Umstand sowohl als auch seine
aUzngroße Lebhaftigkeit sind wohl n. a. mit die Ursachen des bei
ihm oft stark hervortretenden Mangels an Selbständigkeit bei An-
fertigung sehier Arbeiten, Die Venmcbe, Besiehnngen su andern
Xameiaden beianstellen, wachsen an Zahl mit der Dauer der
Angoit Hayer,
Leistnngen. Schon fUr gelinde StrutmiLiel ist er äußerst empfäng-
lidi. Das sog. »Nachtrabten« ist ihm fremd.
Der Kit er bei Aufertjguug von Hnusaufj?aben wechselt zwiüehen
den äußersten Extremen oft in ganz kurzen Zeiträumen.
Ein Hanptzng seines Charakters ist seine außerordentliche
DieoBtfertigkeit und Anhänglichkeit Eine richtige Renatznng dieser
Eigenschaften ?ennag seine lietstiingsfiüugkeit für einige 2eil bis
sn den tafieraten Ckeosen an steigern.
In seinem Anftrefeen seigt ef sich frei von Angsflidikeit, oft
sogar etwns selbstbewnfit
In körperlicher Besiehmig sind nemiale VerhUinisse Torhanden.
Ki. ist Solm eines Masclünisten. Die hänsliohen Verhältnisse durf-
ten als geordnete /u bezeicliueu sein. Die Erziehung ist von dem
besten Willen geleitet
Schä.
Die nioht geringen Fähigkeiten des Schülers kommen in seinen
Ldstnngen nnr selten in ihrem vollen Umfange znr Geltang. Eine
in seinem ganien Wesen sich bemerkbar madiende Unruhe läßt
in der Begel seine rolle Teilnahme nicht anf lingere Zeit hei einem
Gegenstände yenreilen. Halbhdt und OheiflIloUidikeit ehaiak-
teiisieren sehie Arbeiten namentiieh gegen das Ende. Wo sich
der Schmer eher ingeleilt nnd mit einiger Ansdaaer dem Dar-
gebotenen zuwendet — dies ist hanptsächlicb in Geschichte nnd
Naturkuiuk' der Fall — iöt er nicht nur im stände, oline viel
Mühe dem Unterrichte zu folgen, s mderu sein Interesse betätigt
sich alsdann in lebliafter Mitarbeit, welch letztere sieh durch meist
klare nnd zutreüeude Antworten auszeichnet. Zeitweii^e wird s< ine
nervöse Lebhaftigkeit abgelöst durch ein auffallendes Phlegma.
Während im ersten Falle eine Steigerung der Qualititt semer
Leistoagsn dnrch anregende Worte sich erreichen läßt, wenn meist
aneh nur für eine kante Zeit| gleiten m seiner lethargisohea Feriode
fast alle Yersnehei ihn annu^omen, behiahe sparlos an Ihm ab.
Das GedMehtnis hrt gni entwieicelt, in higisdier Hinsicht hesser
als in mechanischer.
Die Fbsniasifi betätigt sidi in anßerordettlüdi lebhafter Weise.
hk dieser Beziehung hebt er sich mit nur wenigen andern vorteü-
haft von dem weitaus grüßten Teile seiner MitschtÜer ab. Scha., hest
sehr viel und gerne. Besonders Venningen ihn Märchen und Sagen
Üigiiiztiü by <-3ÜOgIe
über Eimsd- nnd GeMmHeistiiiig dM Sehnlkhidefl. S05
KU fesseln. Mit großem Geschick nud ersichtlicher Freude berich-
tet er oft in der Freizeit seinen Kameraden von dem Gelesenen,
jedoeh nie, ohne seine Darstellnngen mit Eigenmächtigkeiten aus-
snsehrnttcken. Alt Erzähler steht denn Sohä. auch bei seinen Mit-
eehlUem In hohem Ansehen.
Sein AnftretNi ist niöht frei Ton dner gewissen Selbstttber-
sditttsnng, Terhnnden mit einer geringen Bewertnng amer Kame-
raden. Doch kann von Hartherzigkeit oder Hodmmt letrteren gegen-
tlber nicht die Rede sein.
Der Grad der Aufmerksamkeit bewe^ sich, wie schon hervor-
prehi ben, iu den äußersten Extremen, von der größten Zerstreuung
bis znr p-e'^pannteBten Teilnahme. Mit Rttcksicht auf Alileukung
und Ermüdung sind günstige Dispositionen vorhanden. Spuren einer
willkttzliehen Aifinericsamkeit lassen sich nicht sehr iiäafig nachr
weisen.
Selbstttndigkeit bei der Anfertigmig von Ao^fabem zeigt sich
meht gerade in herronagender Weise. Er TCrsehmlht es niobt,
Yennehe zur HerateUnng von Beziehungen zn semen arbeitenden
Kaohbam zu unternehmen. Seine Hansan^ben lassen meist den
BOHgen Fleift yermissen nnd stehen qualitativ oft weit hinter den
Schnlleistangen znrllck.
Der Ehrgeiz hinsichtlich des Kivaliaicrens ist ziemlich ent-
wickelt. Bei gemeinsamen Arbeiten läßt er es nicht fehlen an
häufigen Umblicken, um sieh zn vergewissern, oh er auch mit am
rusoliesteu seine i^Vrbeit volleuden werde. Die Empfänglichkeit
für Ötrafmittel ist jedoch nicht sonderlich ausgeprägt. Mitschuld
hieran trägt vielleicht die häusliche Erziehung, welche zwischen
groAer Strenge und äußerster Milde und Kachsicht wechselt
Kfirperlich ist der Knahe mMAig entwickelt nnd zeigt trotz
gnter Pflege mmst ein blasses, krttnklicheB Aussehen. Klagen
Uber Kop&ehmerzen sind sehr h&nfig. Die Familie lebt In änderst
günstigen VerhUinissen. Der vor wenigen Jahren TeiBtofbene
Vflier war Eanfinann.
Sehn.
Zeigt eine außerordentlif-h lebhafte Phantasietätigkeit, was wohl
als Frucht einer nnsiredehuteu Lektüre bezeichnet werden darf.
Sehn, liest nach seiner eigenen Aussage und nach Angabe seines
YateiB nngehener gern nnd viel Sein Haaptinteresse wendet
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Angwt Hijer,
sich hierbei den geschichtlichen Bef^ebenheiten, den Sagen, uod
den .Schilderungen von Vorgängen in der Natur zn. Hieraus er-
klärt »ich wohl zum Teil seine außerordentliche Vorliebe
Oeschichte und Katurlrhre, während andere Unterrichtsfächer nur
sporadisch seine Autinerksamkeit in Anspmch nehmen können.
Natnentlieh iit die Besehftftigiiiig mit I>i]igen, die eine einseitige
Wirksamkeit der Denkkmft oder des Gediehtaisses rerlangen,
nidit geeignet, Ilm davemd zu fesseln; bierber sind anok die ao-
genannten »Fertigkeitenc sq zlUien. Daher werden besonden
Reobnen, Reelitsebrdben imd Sebtfnsebreiben yon Ihm nioht bevor-
zugt, ja sogar teilweise yemachlftssigt Er tiberläßt sich während
des Unterrichts in solchen Dingen nicht selten dem freien Spiele
seiner V ust« llimgeu. Beine ganze geistige Tätigkeit steht, wie
er B< Htst angibt, unter dem Einflüsse seiner jeweiligen Lektüre.
Trotzdem kann nicht behauptet werden, daß ihm die Scbärie des
Denkens mangle. Diese zeigt sich da, wo sein ToUes Interease
mits[)ielt, in ganz henrorragender Weise. Seine kurzen ond klaren
Urleile nnd Schlttsse beseitigen dies^
Die OrOBe der jeweiligen Aufineiksamkeit hSogt bei ihm ledig-
lieh davon ab, inwieweit der betreifeode UnterriehtssloiF die eben
Im Vordergründe des BewnBtselns stehenden YorsteUnngen berOhit
Besondere Anstreugungen zu einer willkttiliohen Animeifcsamkelt
lassen sieh nioht konstatieren.
Selm, belastet sein Gedächtnis nicht gern durch wörtliches
Memorieren. Wird er dazu gezwungen, so gelingt es ihm iiietit
sehr leicht, sich etwas wortgetreu einzuprägen. Dagegen ist das
logische Gedächtnis in ganz hervorrageii(]( m Maße entwickelt.
Bezüglich des Ehrgeizes — des BiTalisiereus — läßt sich weder
nach der positiTen noch nach der negatiren Seite hin etwas be-
sonders Bemerkenswertes behaupten. Er ist sehen ftr gelinde
Strafinittel sehr empfiinglieh.
Er arbeitet selbstiiidig, anfitogUeh mit Buhe, spüterfain mit
nervOser Hast, wie er sich ttberhanpt als eine leidit err^^baxe
Natur charakterisiert Diese Unnihe steigert sich, sobald er sieh
beobachtet weifi nnd ihn seine Kenntnisse im Stiche lassen, ins
Fieberhafte. Oft genügt alsdann eine Anrede, um ihn vollständig
außer Fassung zu bringen.
Unter normalen Umständen tritt er unbefangen nnd mit iSelbst-
bewußtttein aut
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über EinMl- und flu—mtirfirtiiiig des Sofanlkindei. 907
Der Anfertigung seiner Hausaufgaben widmet er keinen beson-
deren Fleiß, ohne sich jedoch seinen Verpflichtungen zu entziehen
oder fremde Beihilfe in Anspruch zu nehmen. UntoncUeife irgend
welehw Art Bind ihm bei Heiner Belir stark ansgepiSgten Wahr-
heitsllebe zuwider.
Sehn. 18t kOiperlibk gut entwickelt Sein Vater, frUher Girtner,
▼eiBlelit jetit den Poaten eines Bedakteois an einer landwiitBehaft-
lielieo Zeitung. Die Eltern leben in geordneten YerhUltnissen;
die häusliche Erriehnng scheint eine gate so sein.
Schw.
Vorwiee^eüd VerstandeöDatur mit einem auf das Praktische g^e-
richteteü Blick. (Will einst Bautecbnikcr werden, >um viel Geld
MJk Teidienen«.) Die Klarheit des Denkens zeigt sich bei ihm vor-
wiegend im entwickelnden Unterrichte, dem er mit grOßtem Inter-
esse folgt Trotzdem seine Vorliebe sich dem geographischen
Steife anneigty seigt er dock fttr alle Untenichtsfilelier das gleiche
Beatiebeni mOglidut Tttektigea sn leisten.
Das wOrtüche Behalten eines Stoffes TeniiBacht ihm weit melir
Arbeit als das inhaltliche Hemoriem. Beim Answendiglemen ist
ihm der logische Zusammenhang eine erfaebHdie Stlltsei wXhrend
Stoffe, «worunter er sich nichts denken kann«, nur sehr schwer
dem Gedächtnis einverleibt werden. AuUerordentlich gut entwickelt
ist die logische Seite. Her vorfreh oben zu werden verdient uocii die
selten so scharf ausgeprägte Treue des (ledf^rhtTiisrrics
Die Phanttsie ist nicht in hervorragendem Maße tätig. Die
Lektüre betreibt er nnr in geringem Umfange. Sein Hauptinter-
esse wendet sieh dabei den Reisebeschreibnngen zn. Für Sagen
nnd Ersählnngen ans der Geschichte ist er nicht begeistert
Seine Anfineifcsamkeit während des Unterrichts ist die gespann-
teste; nnr ganz starke Heise sind im stände, ihn avf knne Zeit
ahxnlenken.
Sehie Arbeiten, gleiehTiel ob Han»- oder Schnlan^mben, lassen
Selbständigkeit imd Genauigkeit erkennmi. Er arhdtet nach sehier
Angabe am liebsten alleiu. Dies /.eii^t sich auch bei j^emeinsamer
schriftlicher Beschäftigung. Der ariieitendc Nachbar ist ihm da-
bei vollständig gleichgültig. Auf Versuche, gce-enseitige Bezie-
hungen herzustelleu, reagiert er in keiner Weise.
In seinem Auftreten in und aui^r dem Unterrichte zeigt er die
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Hube eines Ziel- and Selbstbewußten; er kennt seine geistige
Kraft und L> istnugdfäliigkeit und iaUt dies auch gelegentlich seine
Mitschüler l iiMi n.
Er bertit/t ein ziemlich hohes MnB vnn Ehr^^eiz. Sein Wi^J^en
und Können machte er aucii vor andern gewürdigt sehen; ein
titelndes Wort ?or seinen Mitschülern ist ihm empfindlichste Strafe.
Vor Aufwartung seines Ehrgeizes schützt ihn seine strenge Becht-
tteUuity die ihn «siwUiclie Mittel venchmittieii läfit Xrt er einmal
gestraft, 00 Idirt Um die Übeneogmig von der Gerechtigkeit dieeer
Strafe dieee selbst veigeMen und weder in der Miene noeh im
Benehmen yerrtt sich eine Nacbwirkuig; hiersn ist ihm seine
Selhttbebemebuig behilflich.
Er zeigt bei ziemlicher EOrpcrgrOfie ein in der Eegel blMses
und kränkliches Aussehen. Die häuslichen Verhältnisse durften
wohl als mittelniHßige zu bezeichnen sein.
Schw. i>\ imßereheliches Kind, Sohn eines Arztes, wcl( Ii letz-
teres er mit großer Vorliebe betont. Er lebt mit seiner (j-roB-
mutter und seiner Matter zusammen, and nunttiÜiGh die ersteie
verehrt ihn geradem sbg^tttisoh.
Se.
Bin anBerordentiieh strelNuuner imd williger Schiller mit ginter
Begnbnog. Der entwickelnde Untenlebt ist stets seiner regsten
Mitarbeit sieber. Sdne in der Begel klaren and fdgeriektigen
Antworten gibt er erst nach reifUeber Erwiigang. Sie lassen dnv
nnf schließen, daß der Schüler dem Dargebotenen ausnahmslos
uiit dem nötigen Verständnis entgegenkommt. Dennoch erscheint
bei stets gleichbleibender Teilnahme die Leistungsfähigkeit des
Sf'blllors itiiu rlialb einer Unterrichtsperiode erst nach einem nicht
geringe Zeit in Ansprach nehmenden > Anarbeiten« zu jenem Grade
sich in erbeben, welcher der Begabang des Schttleis entsprioh^
om dann karz vor Schiaß etwas herabzusinken. So war z. B.
nach den eiica 8 Wochen daneraden Herbstferien sa konstatieren,
daB es dem SohOler trota ledficbster Milbe erst nach YieUeidit
6 Woeben gelang, mit seinen Leistongea im aUgemeinen in qnaü-
tatirer Hinsieht ebie entsprecbend bobe Stnfe an erreiehea. An
and fbr sieb ist bei ihm sobon ehie gewisse UnbeboUhnbeit in
mechanischen Verrichtungen zu bemerken, die auch darch einen
hohen Grad von Übung nur ziemlieh verdedLt, nie voUstäudig aas-
Ober Enuel- und GesamÜdistiuig d6S SehnlkfaidM. S09
geliehen werden kann. Während einer solchen Zeit uiiii steigert
sich in den technischen Fächern dieser Zustand oft zur Schwer-
filUigkeit; auch der Gedanken verlauf scheint sich in dieser Zeit
bagaamer absawiekebi, wenn ihm auch in qnalitalayer Hinsieht
ebi geringerer Gtad nicht beünimesflen ist Seine Leistongen sind
eben Ton der thmng in einer Weise beeinflußt, wie sieli eine
lolclie Ersoheiminer selten zeigt. Ennttdnng steUt sieli eist nach
iDtBDBiyer, lange andauernder Arbeit ein.
Das logische Gedächtnis zeigt sich besser entwickelt als das
mechanische. In den Lei8tung:eii des letzteren ist bei einer auf-
fallenden Trene eine gewisse ächwerfälligkeit nicht zu verkennen}
namentlich in der Zeit der >Anarl)eit«.
Die Phantasie erreicht in Bezug auf ihre Tätigkeit keinen be-
sonders hohen Grad, ohne jedoch ärmlich oder von mittelmäßiger
Qualität zu sein ^e. liest gerne nnd Tiel und dehnt seine Lektttre
mit Vorliebe aui' Indianergeschichten ans.
Er bringt allen Unterrichtsfitehem die gleiche gespannte Anf-
meiksanikeit entgegen; nnr im Beehnen zeigt er sidi ganz heson-
deis dfirig, weil er es, wie er sagt, spSter notwendig braucht
ESne besonders günstige Disposition fUr die Ablenkung besteht nicht.
Selbstvertrauen nnd Lebhaftigkeit des Aufbretens bewegen sich
in gleicher Weise in an- und absteigender Linie wie die Qualität
der Leistungen. In der Periode der Anarbeit macht sich nicht
selten große Mutlosigkeit und Zaghaftigkeit bemerkbar.
Trotzdem zeigt er auch in dieser Zeit, wie überhaupt stets,
die größte Selbständigkeit bei der Anfertigung Bcincr Arbeiten,
sowohl der Haus- als auch der Schalaa%aben. Sein Eifer er-
aoheint in beiden Fällen gleich groß.
Der Ehrgeiz ist sehr entwiekell Eifiige Umblicke bei jeder
gemeinsamen Arbeit lassen auf regen Wetteifer sohlieOen. Ein
Lob ans dem Hunde des Lehrers ist ihm höchster Lohn, Bestrsr
fangen wirken beschUmend und niederdillokend. An sehiem Oha-
lakter yerdient noch herrorgehoben zn werden seine Wahrheitsliebe
nnd die Anhänglichkeit jenen gegenüber, denen er sich zu Dank
verpflichtet ftlhlt.
Körperlich ist 8e. normal entwickelt, ebenso in getsimdheitlicher
Ht zichung. Die zahlreiche Familie lebt in geringen, wenn auch
nicht sehr dürftigen Verbältnissen. Der Vater ist Zinunermaon.
Die häasliche Erziehung will ansoheinend das Beste.
310
Angnat lUjer,
Zeigt ein äaßerst temperaiiiciitv oHcb Wcbch. Die Beweglich-
keit und Lebhaftigkeit des Schlüerä steigert sich oft;, namentlich im
geschichtlichen Unterrichte zu glühender Erregung und begeister-
ter Teilnahme, wie er Überhaupt hiatonBchen Dantellungen stets
mit dem gittfiten latereflse folgt Diefles entreokt Bich liierbei uf
atte Vttlker und Zeiten. Im Yoideignmde steht bei ihm gegen-
würtig beiepiehiwdBe der Krieg in Sttdafrika; alle Phasen dieses
Kampfes sind ihm aufii genaneste bekannt, und jede Mitteifamg
hiervon wird mit wahrer Gier aufgenommen. Aneh andre poli-
tische Ereignisse fesseln sein Interesse, soweit es sieh dabei nm
kriegerische Venvicklun^'en handelt. Darstellungcu aus der Ge-
öchiehte liildoii wtitauH den Hauptteil seiner sehr intensiv betrie-
benen JA'ktiirt . Dabei wendet er auch naturkundlichen Stofliu
seine Teilnahme im hohen Grade zn. Seine außerordentlich rege
Phantasie begehrt stets neue 2sahruug. Auch kombinierend ist
dieselbe hervorragend tätig. In Schilderungen von Kampfszenen
bis ins kleinste Detail oder in der Beschreibung gesehiehtlicher
Gestalten rersneht er sich mit glttckliohstem Erfolge.
Dabei nnteisttttzt ihn wirksamst sein sehr nmiangreiehes nnd
trenes GedAohtnis, das in logischer Hinsidit sich einer yonttglichen
Entwicklung erfreni Aneh gelingt es ihm leicht} vmftngliche
Stolfe dem WorÜant naeh in kurzer Zeit sieh ^nzuprigen. Hieiw
mit ist nur dann einige Schwierigkeit verbunden, wenn dem zu
Memorierenden der innere Zusammenhang fehlt oder wenn der-
selbe seinem Verständnis zu fem liegt.
Auch in Bezup: auf seine Fassungskraft steht der Schüler auf
einer hoben Stufe der ^'■eisti^^eu Entwicklung. Wenn er sich auch
durch die Eigenart des einen oder andern Stoffes mehr angezogen
fUlilti so kommt er doch jedem Unterricht mit vollem Yerstiindnis
entgegen. Seine klaren Antworten gehen in der Begel anf den
Kernpunkt der Frage ein.
Bei aUer Btthrig^it Y^Unend des Unterrichts zeigt sieh in
seinem ganzen Verhalten doch jener hohe Grad Yon Sammlung,
der zum grofien Tefle ein intenslTes Ei^ und Yeraibeiten des Dar-
gebotenen bedingt. Ablenkungen seiner gespannten Anfinerksam-
keit sind nur üifolge der Einwirkung starker Reize und da bloft
auf ganz kurze Zeit zu verzeichnen.
üb« Einxd- und GeMmÜeittniig des Sehnlki&deB. 311
Sein Aaftreten ist beherrscht von großer Sicherheit aud imbe-
dingtem Selbstvertrauen. Daher zeigt sich auch bei allen seinen
Arbeiten in Schule und Hans strenge Selbständigkeit. Ein gewisser
St(dx auf seine Leistangumiiigkeit trltl sn und läßt ihn Untei^
Bcbleife iigend welcher Art yeisefamähen, obwohl er sich nicht ab-
geneigt zeigt, den Kameraden seine Besoltate xnr Yerfllgitng zn
stellen. Jede gemeinsam zn behandelnde Aufgabe wird Ton ihm
als Konknirenzarbeit anfgefafit Dies zeigt sich sowohl in dem
Streben, möglichst rasch und gut zn arbeiten, als aneh in der
öchafteu Kritik, <He er bei gemeinsamer Besprechung an den
Arbeiten seiner Kauieraden, besonders der beshereii, ausübt. Die
HaiiBaiifsraben lassen nicht immer den gleichen Eiter wie die
Schularbeiten erkennen.
Trotzdem nur ganz selten Strafmittel zur Anwendung gelangen,
IttBt er sich keine besondere Empfäuglichkeit dafür anmerken.
Daa Benehmen gegenüber seinen Kameraden ist nicht ganz frei
TOD einer gewissen Herrsehsncht; seinen Wülen möchte er stets
' — aneh zn Hanse — znr Geltang bringen.
Obwohl von kleiner Oestalt, läBt doch sein TerhlUtDiBmllBig
krftftiger Körperbau und sein gesundes Aussehen auf das Vorhan-
densdn normaler physischer VerhlUlnisse schließen.
Wa. ist ein außereheliches Kind und befindet sieh bei einem in
günstigen Verhältuissen lebenden Schuhmachermeister in Pflege,
der ihm anscheinend eine sorgsame und vernünftige Erziehung
aogedeihen läßt
Wi.
Hinsichtlich seiner Begabung dttrfte der Schüler als mittelmäfiig
sn bezeichnen sein. Bei seinem guten Willen und dem gewOhn-
Ucfa ziemlich hohen Grad von willkürlicher Anfinerksamkeit gelingt
es ihm meistens, dem Unterricht mit Nutzen zu folgen, so daft er
hinsichtlicfa seiner Besuhate noch der besseren Mittelmäßigkeit zu-
geatihlt werden darf. Besondere Lebhaftigkeit und Ausdauer läßt
sich beim Rechnen konstatieren, das er auch als sein Lieblings-
fach bezeichnet. Ilie und da jedoch macht eich auf allen Ge-
bieten fUr kurze Zeit ein Nachlassen des Eifers und ein Nieder-
£^ang der Leistungen bemerkbar.
Das Gedächtnis ist nach der logischen Seite hin leistungsfähiger
als in mechanisoher Beziehung. In letzter Hinsicht hänfen sich
<
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318
die Schwierigkeiten hedentend, sobald dem Memorien^toff der
logische ZaKammenhang fehlt oder dem Verstitüdms des StliUlere
zu fern lie0 Sonst geschieht die Einprägnng im allgemeinen in
nicht langer Zeit, doch läHt die Treue zu wUnschen ttbripr.
Die EinbilduDgskmft übersih reitet in Bezog anf Lebhaftigkeit
in der Regel nicht die Grenzen der Mittelmäßigkeit, wenn auch
mmchmal ein Anischwnn^ za verzeichnen ist Zeitweise läfit
äeh sogar eine gewiase Eriahmnng konstatieren. Es hingt diese
Enclieinang TieUeiebt in etwas siisainmen ndt dem uuegelnABigeD
Betrieb der LektOre. ObwoU sieh der Sohttler nach seiner Angabe
gern mit dem Lesen bescbifiigt and dabei Mirchen and Sagen
beronagfcf kann er sieh an Hanse dieser Keignng am deswiUen
nur zeitweise hingeben, wefl er meistens gehalten wird, seinem
Vater behilflich zu sein.
Aas seiner Aufmerksamkeit während de» Unterrichts ist er nicht
leielit abzulenken. Einmal jedoch von dem Gedankengang weg-
gezogen, geling CS ihm nnr sehen, sich wieder einzuarbeiten.
Sein Aaftreten ifit im groUen und ganzen ruhige manchmal aber
nicht völlig frei von einiger Zaghaftigkeit.
Die Selbständigkeit bei der Anfertigung seiner Arbeiten lifit
oft an wünschen ttbrig, bei SehaUeistangen jedoch weniger als bei
Haa8aii%aben.
Der Ehrgels seheint wenig entwickelt aa sein. Einwiikangoir
welche nach dieser Bichtong Tetsndit werden, steht er in der
Itegol apaihtech gegenüber. Wetteifer zeigt sich sehen.
Körperlich ist W. sehr gut entwickelt. Die Eltern betreiben
ein Milchgeschäft und leben in geordneten Verhältnissen. Die
häusliche Erziehung entbehrt nicht der Ötrenge.
Wo.
Verbindet mit äußerst geringem Talent eine oft geradezu bei-
spiellose Trügheit. Ernste Geistesarbeit hi ihm ein Greuel. Fast
nie sucht er sich daher aas eigner InitiatiTe geistig za besehftf-
tlgen; sogar die Lektllie betreibt er aar sehr gelegentiioh and
lieht alsdann gans lelohte StoftOi wie a. B. kleine Mlidien, allem
anderen Tor. Seine HaBestanden saeht er, wenn sich — was
wohl selten geschieht — der TlUigkeitstrieb regt, mit rein meehsr
niaehen Beschftftigungen aaszndlllen, z. B. mit Holzhacken, das
nach seiner Angabe zu seineu l assionen gehört Die auiiaJlende
üiyiiizea by Google
über Efautel- und Gesamtldttiiiig des Seholklndes. 313
Teilnahmslosigkeit am Unterricht dUrtte za einem großen Ötttck
ihre Elrklärnng finden in dem Hinweis anf den enoim g:T(>ßen Ab>
stand zwischen dem Lehrziel der höheren Klassen und der Lei-
Btnngsfähigkeit des Sebttlers. Aoeh er leidet eben unter den schon
früher berroigehobenen Mißständen (siehe MaJ). Li seiner Unbe-
holfenheit vnd SehwerfSUigkeit selbst ganz elementare Anforde-
rangen gegenttber macht er oft einen erbannmigswttrdigcn Eindniek.
I^nr selten gelingt es ihm, dem Unterrieht anf konse Zeit einiger-
maßen zu folgen. Sobald aber der Stoff in etwas über seinen
geistigen Horizont hiuauöwiicb.st , Uberlälk er isich olinc Bedenken
seinen Träumereien. Ansätze zu einer willkürlichen Aufmerksam-
keit sind höchst selten zu verzeieliuen. Zerstreuung ist bei ihm
Regel, die rolle Aufmerksamkeit eine rare Erscheinung. Einigen
Gewinn zieht er aus dem Unterricht nur insoweit, als derselbe
weniger Verstandesarbeit als hauptsächlich mechanische Verrich-
tongen yerlangt. Auch im letzteren Falle zeigt sich oft große Un-
beholfenheity nnd die Erfolge greifen nieht Uber eine geringe Mittel-
mttfiigkeit hinaus.
Das Gedächtnis befindet sieh in demselben dürftigen Znstande
wie sein Denkvermögen. Nnr meehanisehes Auffassen eines Stoifes
ist ihm möglich; die logisehe Seite bleibt beinahe völlig außer
aebt. Er lernt auch viel lieber wörtlich als inhaltlich. Letzteres
gelinirt ihm nur in den seltensten Fällen einif^ermaßen. Sein
üic( haiiisf lies Gedächtnis faßt zwar manchmal ziemlich rasch auf,
zei^'t aber einen nur sehr beschränkten Umfang und einen äußerst
geringen Grad von Treue.
Die Phantasie bewegt sich in großer Ärmlichkeit Sich eine
VorsteUong anf Grund einer noch so anschaulichen Seliildenmg zn
entwerfen ) gehört bei ihm in den meisten Fällen ins Belob der
UnmOgliehkeit
Lob nnd Tadel gegenüber Terbarrt er in dumpfer Gleiehgttltig-
keit Ehigeii zeigt sieh nnr hier und da in beschränktem MaBe.
Sein Anftreten ist nnsieher nnd befangen. Das SelbstFortranen
fehlt in der Regel völlig, ebenso mangelt ihm jede Selbständigkeit.
Sind schon seine öcliulai beiten von geringer (Qualität, so stehen
seine Hausaufgaben in dieser Beziehung noch tiefer und lassen
jeden Eifer und jedes Interesse vermissen.
Trotz eines anscheinend schwächlichen Kürperbaues dürften
die gesundheitlichen Verhältnisse normale sein. Wo. ist Sohn eines
ItcUt ftr Piirehologi«. L 21
oiy ii^uo uy Google
314
Allgatt Kiyer,
kleineu Bäckermeisters mit zahlreicher Familie. Eine besoudcre
erziehliche Einwirkung scheint zu Hause nicht ausgeübt zu werden.
% 4. VmseliiaMrdirag ud *T«ftotf.
Die Vcrsnehe zerfallen in zwei Abteilungen. Die der ersten
Abteilung angehürigen tUnf Reihen wurden geliefert im fünften
Schuljahre von den ersten 14 Knaben in der Zeit vom 4. März
bis 24. Juli 1901. Hierzu glaubte ich später Ergänzungsversuche
amtellen zn rnttaaen: Reihe 1, 2 und 3 standen unter der allge-
meinen Bedingung: Die Arbeit iBt raseh und sehOn anznfertigen.
Bei Beihe 4 wnrde gefordert, besonders schön und langsam sn
arbeiten, während man der & Beihe die An%abe voranstellte, den
vorgelegten Stoff leoht rasch zu erledigen. Nor je eine Ver-
snchsreihe wickelte sieh daher nnter den Bedingungen »recht sehOn
und langsam* und »recht rasch« ab. Ihre Zahl zu mehren und
dadurch die Gültigkeit der Resultate zu bekräftigen, war der Zweck
der Ergänzungsversnohc oder Kontrollreihen. Diese verliefen unter
den Bedingungen der Reihe 4 und 5. Als Vp. dienten die zweiten
14 Knaben. Die Stoffe hierfür entsprachen jenen yon Reihe 4
und 5. Zum Unterschiede von den entsprechenden fianptrersuchen,
welche wir als Reihen I\ a bez. Va bezeichnen, nennen wir die
ElrgftnznngBTersnche Beihe IV b bes. Vb. Letztere wurden aaagefhhrt
in der Zeit vom 17.— 25. Dezember 1901, bis zu welcher Zdt der
dnroh die großen, 8 Wochen dauernden Herhstferien Temrsaehte
Obimgsverlnst infolge einer vierte^ährigen Schnlarheit wohl siemlich
wieder ausgeglichen war. Der Untmiehtsstoff im Rechnen bestand
bis zu dieser Zeit hauptsächlich im Wiederholen, so daB die Schttler
hinsiclulu h der Tätiiuckeit im Operieren sich wohl aiuiülu rnd den-
selben Grad von I bung wieder erworben hatten, den sie am Ende
des verÜü3Benen Sohnljalires besaßen.
Jede der sieben Reihen bestand ^vieder aus zwei Abteilungen:
aus 14 E. und 14 G. In folgender Tabelle finden wir die Zeit
der AnsfUhning nnd die Bedingungen jeder Leistung angegeben:
315
Zeit Bedingungcu
I. Beihe
E.
G.
4.m. — inki 27. in, Ol.
29. III. Ol.
1 Such und schön
IL »
£.
G.
10. IV. — inkl. 12. IV. Ol.
9. IV. Ol.
> 9 »
m. »
E.
G.
1 2a VI ^ iukl. 16. VU. Ol.
27. VI. Ol.
> > »
£.
a
ao.vn.— iiiki.22.vn.oi
19. vn. Ol.
1
B«cht schön and langsam
IVb.>
E.
G.
1
lam - inkl. 2ö.moi.
17. XII. Ol.
» > » >
Vt. >
£.
G.
22. vn. — inkJ. 24. Vn. Ol.
20. vn. Ol.
Eecht rasch
vb. » 1
E.
»•
21. m— iukl. 25.m01.
19. XU. Ol.
» >
Bezüglich der EigSnKnngSTersnehe mii6 noeh hervorgehoben
werden, daß man die hierzu verwendeten Vp. durch melirfache
Vorvereuche im Au.swendiprlernen .sinnloser Silben und im Kombi-
nieren bis zu einem gewesen Grad eiuUbt€. Benutzt wurden hierbei
du ^toffe der Reihen I, II und III. Einer besonderen Vorttbung
iüi die Ubngcu Gegenstände bedurfte es nicht; denn diese Arbeiten
Wieben von dem Schulmodus der Hauptsache nach nicht ab.
Bd Beihe I erfolgte die G. eist nach den E. Diese Reihen-
folge Sndeite ich spSter und zwtat tm folgende Grande: Eine
PMfnng naeh ScUnfi der ersten Beihe ergab für die G. ein Tlel
glliifltigeies Besnitat ala für die E. Die nllofaste Vermntong war
dioi daB diese Eneheiniing etwa mit der Übung znflammenlülngen
konnte, die bei der G. doch sleherlicb vorbanden war, bei der E.
aber fehlte. Bis zu einem gewissen Grade scheint ein solcher Ein-
fluß auch wirki^ani treweseu zu j^ein. Man betrachte nur die An-
gaben für die Gedacht nisleistuiigeu in den der Reihe I zugehörigen
Tabellen. Um eventuellen Einwänden nach diener Richtung; hin
von voniherein zu bejjregucD, änderte ich in der Folj;e die Anord-
nung dermaßen, daß die E. erst nach den G. vollendet wurden.
£e ist nicht nnwiehtig, diesen Umstand festzuhalten; denn ea dttrfte
916
wafancliciiilicfa sda, dafi dort, wo iwiBcliea E, «nd G. rnr
klemere oder aacb ketneiiei Differensen — tm gnnsten der E.
enrebeo, dies mf Konto eines dveb die Torfaergegangene 6. be>
wirkten Llionifserwerbe^ zu setzen Ut. Die Annahme, daß in
S'^lcbeo P älku die G. den Vorzog kibcii würde vor d^r E.. weun
man df-n F'inflöß der IJbnng hei letzterer au52UÄ<.liälujii im Stande
wär<-, « jitfj^-tirt dun-haa^ ni^-ht < iner ^:e^vis^^cn Bereehtisrung".
Bei deo Keihen IV b und Vb greifen die E. und G. ganz un-
regeliii&6% ineinander. Diese Maßnahmen waren notwendig ge-
worden, weil am 24. Dezember die Weihnaebtsferien begannen und
die wlhiend dieser Zeit abwesenden Vp. ihre Beiben erat yoUeodea
nmBten. Die Vergldcbbaikeit mit Ihren Paralldidhen dllifte kaam
daninter leiden; denn letztere wurden ans dem nibnlieben Gnade
auf einen sebr engen Zeitraom zosammengediSngt vnd greifen
Infolgedessen ebenfidls zeitüeb ineinander.
Die Reibe II wurde vollständig während der Osterferien 1901
angefertigt.
Für jede Aufgalj«^ wurden bef»ondere Bedingungen gestellt Ich
glaubte mich eng an daj* praktiscliö Leben anzuschlieHon wenn
ich als Nonnalhedin^run^ eine rasche und schöne Anfertipmg
auffaßte. Nur in den seltensten Fällen und nur, wenn ganz außer-
ordentliche Zwecke damit verbunden sind, tritt an das arbeitende
Individuum die Au%abe heran, irgend eine Leistung entweder recht
rasch ohne Rfloksicht auf ihre Qualitilt oder recht schQn ohne
Rttekslefat auf die Dauer sn yoUziehen. Es wäre auch gegen jedes
Ökonomische Friniip, wollte man diese letstgenannten Bedingungoi
als die nonnalen beieichnen; denn naturgemäß steht jener im ge-
werbliehea und industriellen Wettbewerb in den yordersten Beihen^
der es versteht, seine Kräfte in der kürzesten Zeit am zweckent-
sprechendsten auszunutzen. Dies trilt auch auf geistigem Gebiete.
I)«r wird der Wissenschaft am dienlichsten sich zeigen, dessen
Arbeit bei weiser Ausnilt/nn^^ der Zeit in kürzester Frist die wert-
vullHten Kosultate liefert. Von zwei iSchttlern mit qualitativ gleichen
Leistungen wird derjenige hoher zu stellen sein, der ein gewiaaes
Arbeitsquantum in der kürzeren Zeit bewältigt und beheirseht
Die Form, in welcher die Bedingimg den Schttlem gestellt
wurde, war folgende:
L, n, und m. Beihe: »Ihr arbeitet (du arbeitest) laseh und
schon«.
^ kj i^u^ Ly GüOgl
Uber Einsel« und OeBsiiitlefartinig de« SohnlkfaideB. 317
IVik- imd b.-fieihe: »Ihr arbeitet (du arbeitecrt} recht sdiOn imd
Umgaam«.
Eriftatemng: »Eb kommt nieht dannf an, wie lange ihr zur
Arbeit braneht; die Haapteaehe ist, daft dieeelbe aaaber
imd BchOn aiugefllhrt wird.«
Ya.- and b.-R«ihe: »Ihr arbeitet (du arbeitest) reefat rasch.«
Erlünternng: >£8 kommt nicht daranf an, ob die Arbeit schOn
ausfüllt oder nicht; ihr sollt nur bo rasch als mö^'lich
arbeiten. Es p^euUg^t, weun daa Geschriebene lesbar ist«
Ftir die Gedächtnisleistuug mußten diese Bedingungen anders
fonnuüert werden:
I., n. und m. Beihe: »Ihr lernt es rasch und gut Dann seid
ihr fertig, wenn es euch gelangen ist, die Silben herzusagen, ohne
dabei die eine oder andere zu wiederholen.«
IVa.- nnd b.-fieihe: »Ihr lernt es recht gnt Dann erat seid ihr
tetig, wenn ihr die Silben reeht rasch and flüssig, ohne Stockong,
wie das Yateninser, habt hersagen kOnnen«.
Va.- nnd b.-Bdhe: »Ihr lernt es reeht rasch. Dann seid ihr
fertig, wenn ench alle 10 Sflben, die anf dem Blatte stehen, ein-
gefallen sind. Es hat nichts zu sagen, wenn ihr auch öfters dabei
absetzen oder Silben wiederholen rotlBt. Die Hauptsache ist nur,
daß euch alle zehn äilbeu einfallen, ohne dazwischen aut das Blatt
sehen zn üili««en.«
Die Bediujruugen wurden vor jeder einzelnen Leistung noch-
mals ausdrückUch wiederholt, in der E. sowohl als auch in der G.
Besttglich der äußeren Yeranstaltuu^ der Versuche bemerke ich,
daB rar Zeit der Gesamtleistung außer dem Versnchsleitor nnd den
weiter nnten aqgeAlhrten ttbrigen Beobachtern nar die 14 arbeiten-
den Sehüler anwesend waren; die Einzelleistang Terlief anter y^I-
Uger Isolienmg der Vp. Zugegen waren nnr der Experimentator
und der Arbeitende.
Die YersBche I, m, IVa nnd b and Ya and b fimden statt in
dem Schullokale des Versuchsleiters. FUr die n. Reihe yrurde ein
Saal des psychologischen Instituts benutzt. Es sei jedoch aus-
drtlcklich bemerkt, daß die Schttler nach vollendeter Arbeit aut
Befragen ausnahmslos erklärten, sie hätten sich durch die ihnen
fremde Ortiiehkeit in keiner Weise beeinflußt gefühlt, was sich
auch durch den aUgemcinen Eindruck, den sowohl die Masse als
aaoh der Einzelne machte, ra bcstitigen sehien.
oiy ii^uo uy Google
318 MgMt lUj«,
VenacliAleiter war der YeHaaser. Im Interesse einer genaaen
Fest-^telluij^ der Ar}>eit*idauer und tiucr ciügchcudcreii licobachtnng
der arf/titendeo Vp. erschien es geboten, iich ftir die G. Saeh-
kun(li;_'e ZUT Mithilfe zu erbitten. In liebenswürdiirer Bereitwillig-
keit unterzogen sich diei>ier Anffrahe Herr I*rof. Dr. Külpe, femer
die Herren KoUegen Dr. Friedrich, Orth, Sehmidt und Zeller,
weldMO Hema ieh an dieser Stelle Ar ihre erfolgreiche Unter-
ftBtnuig meinen wärmsten Dank ansspreche.
Alf Arbeittdaner kam für alle Leiitiiiigea die Zeit in Be-
tneht, welche Tentrich tod dem Beginn des AiiBBpteehene der
AaiJsabe dnich den Experimentator, bes. vom Beginn des Lesens
derselben dnrefa die Yp. bis znm Angenbü^ der YoOendnag der
Niederschrift. Bei der Gedlchtnisleistnng kam als Eadponkt der
Arbeitsdaner der Moment in Betracht, in welchem der Schüler den
ihm öberp^ebenen Zählapparat vur sich niederlegrte. Die Zeit-
nieHHiiDfr i rMs^e bei allen E. mit der Fttnftelsekuudeuiihr; bei
den G. wurde diese]))e nur von eiuem der Beobachtenden ))e!mtzt,
während die übrigen mit Sekundenzeigern versehene Taschcuuiiren
za Uilfe nahmen. Daß infolgedessen die Dauern der E. viel ge-
nauer bestimmt wurden als die der G., ist natürlich. Der Fehler,
der jedoch nnr wenig — vieUeicfat einige Sekunden — betragen
wird, durfte in der Regel sn Ungunsten der G. auftreten. Dieser
Umstsnd Terdient dort einige Berücksichtigung, wo sich eine nur
kleine Differenz su Gunsten der E. ergibt Es wSre in solchen
FftUen sehr gut möglich, daß die Ursache des geringen Unter-
schiedes in dem kleinen Zeitfehler Hegt Die Gesamtheit der Re-
sultate dürfte hierdurch kaum eine Beeinflussung nach der nega-
tiven Seite hin erfahren; die Zeitdififerenzeu sind meist so groß,
daß Hie ihre Entstehung wohl kaum einem derartigen Umstände
verdanken.
Ich schildere den Verlauf der Versuche:
Diktat, mündliches Rechnen, Kombination, Gedächtnis und
schriftliches Rechnen, das war die Aufeinanderfolge der Leistungen
in jeder Reihe. Dureh diese Anordnung suchte ich eine an-
dauernd emseitige BesehSftignng zn Tennadeii und abwechselnd
Gedttohtnis-^Yerstand — Phantasie — Gedächtnis— Yerstand sn den
Leistungen heranzuziehen.
Das Kommando: »Jetzt« gab das Zddien zum Anfimg der
Versuche, nachdem vorher die allgemeiue Bedingung gestellt wor-
über Eiiud- imd GMamfloistiuig dw Sclralkiiidw. 319
den war. Nach obiger AukUndiguiig begann das Auäsprechea des
ersten Diktatabscbnittes durch den Experimentator und gleichzeitig
wurde die FttnfielBeknndenahr in Gang gesetzt, bes. man notierte
sieb den genauen Stand der Tasehennbr naeh Standen, Minnten
imd Sekunden. Bei der G. wartete man mit dem Weiterdiktieren
80 lange, bis jeder SchtQer das Yoigesproehene niedergesobrieben
batte. Jeder Abscbnitt wurde nnr einmal Torgelesen; die Sats-
zeichen gab man an. Ein Durchlesen der ganzen Arbeit nach der
Beendigung war nicht gestattet; die Blätter wurden sofort einge-
sammelt Ohne Pause reihte sich hieran mtlndliches Rechnen, eben-
falls oiufreleitet durch Wied« rh ihmg der allgemeinen Bedmguug
und das Ankllndiguugskommaudo: > Jetzt«. Die Anf^'abe wurde
Tom Yersuchsleiter vorgesprochen und sofort von den Yp. still
nn^gerechnet. Die Niederschrift des Resoltates erfolgte ohne wei-
teren Befehl sofort nach der Gewinnung desselben. In gleicher
Weise ToOzog sieb die Anfertigung der zweiten Angabe. Die
dritte wurde operationenweise Yorgesproeben nnd so in nenn klei-
nere Angaben zedegt, von denen jede sofort ihre LOsnng fand;
mit dem Besnltst ledmete man weiter. Ifit dem Weitersebreiten
bielt man so lange inne, biB sieb dem Tersnehsleiter der Eindmek
bot, daß alle Vp. die verlangte Leistung vollzogen haben könnten.
Diesen Augenblick mit einiger Sicherheit zu erfasaeu, dürfte einem
etwas geschulten I'ädagogen keine Schwierigkeit sein. Fast alle
Schüler verraten di» st Ti Mimn iit n n. dadurch, daß die Unruhe im
Blick einer gewissen Sicherheit uud Zuversichtlichkeit weicht und
das Ange sieb wieder dem Lehrer zuwendet, um hier zu haften in
mhiger Erwartung des Kommenden. Die Stoffe fttr die Eombi>
nationsan%abe, fttr die Gedäehtnisleistang und das sohriftliobe
Beefanen waren je anf ein Blatt bektograpbiert; jede Yp. erbielt
eui solches. Die Angaben wurden, die nnbesebriebene Eebrseite
naeh oben, den Sehttlecn Torgelegt und Ton diesen auf das Kom-
mando »Jetzt« umgedreht. Yen hier an begann die Zdtreebnnng.
Die Eombinationsanfgabe wurde in der Weise gelöst, daß die Vp.
die auf dem Blatte stehenden unvoUstäudigen Sätze durch Ein-
korrigieren der fehlenden Ausdrücke ergänzte. Wer vollendet
hatte, zeigte äk^ an durch Umdrehen dc^ Blattes. Das Aus-
wendiglernen der vSilben erfolgte nicht gruppenweise. Die Schüler
waren angewiesen, die 10 Silben so oftmals snsammenbängend
dnichsnlesen, bis sie glaabten, eüi auswendiges Hersagen mit Er-
oiy ii^uo uy Google
Allglitt Majetf
folg versachen m können. €^elang diM oiolit TOllfltliidic^, so warde
luit dem L« <''Ti dort weitergefahren, wo das Gedächtnis versagt
hatte. Zur Beirtiiuiunntr der Anzahl von Wiederholungen erhielt
jede Vp. einen einfachen Markierapparat: öO kleine, viereckige
Pappsttlckchcn, an einer Sclinur aufgezofren. Bei der letzten Silbe
angeliuigt, streifte der Sebttler jedesmal ein solches Soheibohen an
das andere Ende der Schnur. Reichten die 50 nicht ans, so wur-
den sie anf dieselbe Weise wieder lorllckbefQcdert Diese Mani-
pnlation, wie ttberhanpt den ginsen LemTOfgang übte man vorlier
etwaa mit den Vp. ein. Diese Art zn sälilen ist ein&eh nnd
aweekmSBig. Die Seblller sind im stände, diese Verrichtang leiebt
and olme Zeitverz(Sgerung zn bandhaben. Störungen infolge des
Ziehens dürften weniger wirksam gewesen sein, weil jede Vp. die
Zähldchnnr unter die Bank lialten und so den Blicken der Mit-
lemenden entziehen mußte.
Die Aufgabe für das schriftliche Rechnen wurde bearbeitet
nach Maßgabe der im Unterricht herrschenden GepÜogenheit.
Jeder Schüler las zunäclist seine Aufgabe durch, überdachte den
Gang nnd vollzog die Ausarbeitung. Wer fertig war, drelite das
Blatt nm. Zwischen den einaeinen Arbeiten fanden keine Pansen
statt.
S 6. Zur Kerrektar der Leistmgei.
Bei Benrteünag der Leistangen gehranehte ieh Torher feefge-
setate Fe hier Skalen, wobei im allgemeinen nieht Ton dem im
Unterrichte herrschenden Oebranoh abgewichen wurde. Diese Anf»
Stellungen beanspruchen durcliaus keine AllgeuiciiigUltigkeit. Kä
ist nacii meiner Ansicht überlianpt ein Unding, die Festlegung einer
fitr alle Verhältnisse gültigen Norm zu versuchen; mau müßte dcun
den Einfluß deö Lehrers, der Umgebung n. a. vollständig verkennen.
Jeder Lehrer hat seine Eigentümlichkeiten, seine pädagogischen
und methodischen Schrullen nnd wird dieselben natorgemäß im
Unterricht hervorkehren. Die Bchliler kennen diesen Umstand und
richten auf die gewünschten Punkte infolge der immer wieder-
kehrenden eindringlichen Betonung ein gans besonderes Avgen-
merk. Hanptsaehe ist, daß den Yp. diese besonderen Bedingnngea
bekannt nnd geläufig sind. Daß tlbrigens die Schüler solche ansehei-
nende Peinlichkeiten nicht aneh als solche benrteilen, dafür spridit
die Erfahrung. Sie richten sich in dieser Beziehung naturgemllB
Üigiiiztiü by <-3ÜOgIe
über Elnsd^ und GeBamtleistang des Schulkindes.
321
nach dem Lehrer und measen die Schwere emes Fehlers genau
naoh dem Qewieht, dag der Unterriehtende auf einen soleben Ver-
stoß sa legen gewohnt ist.
SehlieSBch spricht noch ein anderer Umstand gegen die Beiech-
tigang einer objektiv gültigen Fehlerskala. Nicht nnr einselne
Personen, ganze Gemeinschaften, ganze Gegenden kennzeichnen
sich durch gewisse Eigenheiten in stilistischer und graumiatischer
Hinsicht. Ich brauche hier nur au die Verfehlungen gegen den
Kaans zu erinnern, Verstöße, die nielit liborall f^lcicli häufig sind
und jedenfalls dort die gelindeste Beurteilung verdienen, wo sie
das Charakteristikum einer ganzen Genend bilden.
Femer: wer gibt den Maßstab für eine solche allgemein gUltig
sein sollende Bewertung ab? Doch nur ein Indiridnnm. Damit
entbehrt er wohl der nnirersellen Bedentang. Objektire Kriterien
hierfür lassen sich kanm in genttgender Zahl aailfinden. Im ttbri-
gen verlangt es die Gerechtigkeit, daB ein arbeitendes IndiTidnnm
ans sich selbst herans yerstanden nnd gewürdigt würd.
Anf diese Darlegungen mOge immer wieder verwiesen sein,
wenn die Art meiner Keurteiluug der Leibtungeu dem Empfinden
des einzelnen widerstrebt.
Im allgemeinen ist zu bemerken, daß für eine fehlerlose ilrbeit
die HUlfte des geriu<rsteu Fehlers in Anreehnun^^ kam. Der Grand
hierfür liegt in der Art, wie die sog. Qnalitätsziller gewonnen
wnrde^ wovon weiter unten die Rede sein wird. Im besonderen
galten folgende Anfstellnngen als Norm:
Diktat:
1 Fehler = a. der fiilsche, der ansgelassene nnd der ttberflttssige
Bnchstabc; abgesehen von den Endungen;
b. jede fehlende Silbe;
c. jede falsche Silbe;
d. wo offen ersichtlich ist, daß z. B. ein Dehnungs-
zeichen aus Versehen an eine falsche Stelle geriet,
wurde ebenfalls nur 1 Fehler angerechnet, z. B.
Wiederkher statt Wiederkehr.
^2 Fehler = a. das Ansiassen von Satzzeichen und das eigenmäch-
tige Uinznfhgen derselben;
b. die Versetzung eines richtigen Wortes an eine falsche
Stelle;
uiyiii^ed by Google
322 Angiiit Xajer,
c. Großschreibung nach einem Stricbpunkt, Klein-
schreibung nach einem Pnnkt;
d. das Verfehlen gegen die Endung;
e. wo ein Strich niTiel gwttaX wurde, z. B. Wimters
statt Winten.
V4 FeUer » a. da8Aii0laueiLTOnBaoli8tabeiiaai1iftiigse1]i,s.B.'"'iiBw.
b. die Selbafkoirektoren;
e. fidiiebes Trennen.
Vb Fehler = eine fehlerlose Arbeit.
Mtiudliches Rechnen.
2 Fehler = eine vollstiUidig falsche Aufgabe.
1 Fehler » ein annftbemd liefatigea ReSDltat, das anf korrekten
Gang schließen ließ. Dies zu beurteilen ist bei der
Einfaobheit der verwendeten Aufgaben leieht Beispiel:
1. Aufgabe der 1. G-. Das richtige Resultat wftre
8,40 Findet sich statt dessen bei einer Vp. das
Ergebnis 8,30 uS", so ist wohl die Annahme berech-
tig, daß die Operation 5 X richtig vollzogen
wurde, der Fehler aber in der ]^crechnung Y4 von
1,60 Jl =^30^ zu suchen ist Ähnliche Verstöße
sind in den verschiedensten Variationen möglich und
auch zn finden. Man wird die Berechtigung ihrer Be-
nrteilnng anerkennen; denn es ist in soiehen FäUen
doeh ganz sieher anznnehmen, daß sogar Uber die
HlUfte der Arbeit korrekt gelOst wurde. Bei der
3. Angabe konnte man in der Bogel selbstrerBtind-
Beb nnr anf die S — 4 letzten Operationen znrflck-
gehen beim Versuche, den Fehler zu ermitteln. Bei-
spiel: 3. Auf^^abe der 1. G.: Richtiges Resultat 25.
statt dessen >u ht 250. Offenbar lie^rt hier ein Ver-
rechnen in den letzten Operationen vor. Operation 6:
1/3 von 15 = 5. 7. Vio von 5 = 0,5. 8. 100x0,5
= 50. Hier wurde jedenfalls gerechnet 100 X O^d
» 500. 9. Vs Ton 500 = 250.
Vi Fehler = Fehlen von Beieiehnnngen.
V4 Fehler = Selbstkorrekturen.
Vs Fehler = eine fehleriuse Arbeit.
Digitized by Google
über Ehoel- mid GeflanMtiiiig des Sehnlklndei. 323
Eombination.
Von gnmdlegender Bedeutung ftlr die Beurteilung der Leistungen
war hier die Fra^e: Irit mit den dargebotenen Fragmenten ein sinn-
volles Ganges, sinnvoll als Satz, sinuvoll aber auch als Teil des
Ganzen, gebildet worden? Wohl waren vom Verfasser 18 Stelleu
in jeder Aufgabe vorgesehen zur Aufnahme der Ergänzungen; als
solche genügten einzelne Verba. Doch zeigt sich bei den Vp. eine
erfreuliehe Selbetttndigkeit insofern, als sie nicht selten einen
größeren Wortkomplex zur VervoUstiladigiing des Sinnes auf-
boten. Ob derselbe gerade an der Torgesehenen Stelle eingesetst
wurde, war gleichgttltig, wenn nur die ganxe Wendung als sinn-
Toll und stilistiseh annebnibar besdehnet werden konnte. Selbst
wenn hierbei von manoben das eine oder andere nebensächliche
Wort aub dem gegebeueu Texte gestricheu wortien war, z. B.
Artikel, Konjunktionen, so blieb das außer acht, weil eben obige
Frage als au88chhij?£rebend bei der Bewertung der Leistungen stets
vorschwebte. Ans ebeu demselben Grunde blieben ancli manche
Verstöße gegen die gegebene Interpunktion unbertlcksichtigt. Solche
Außerachtlassungen der gesetzten Zeichen kamen besonders häufig
Yor bei den Striehpunkten. Beispiel: 2. G., 3. Satz. Vollständig
korrekt ergSnzt mttfite er lauten: »Der Fuehs konnte ihn aber nicht
erwischen; daher besann er sieh auf eine List«. Eine Yp. verroU-
stlndigte: »Der Fuchs konnte ihn aber nicht bekommen; und daher >)
besann er^) sich daher auf eine list«. Derartiges kann sicher-
lieh bei solchen in der Form so wenig gewandten Vp. ttbergangen
werden. Ebenso blieben anoh die EasnsfbUer unangereehnet
Beispiel: 2. G., 2. Satz. Manche ergänzten: »Da sah ........
w( b lu r auf < iuem Baume flog«. Diese Verwecbslnng zwischen
Dativ imd Akkusativ ist eines jener typischen Beispiele, für welche
die Ursache ihrer Unrichtigkeit in der Würzburger Dialekteigen-
tttmlichkeit zu suchen ist. Bei gercifteren Vp. wt!rdr man hier
zweifellos einen Veretol^ erblicken müssen, der nicht UDgeahndet
bleiben k((nnte. Beim Diktat fanden solche Formen um deswillen
als genüge Fehler Inrechnung, weil ja das Bichtige durch den
Yersuchsleiter gegeben war und die £Usche Reproduktion auf das
Konto eines geringeren Aufmerksamkeitsgiades gesetzt su werden
Tcrdiente. Anders bei der Kombinatton, bei welcher der Schmer
1) Von dar Vp. im Text gestrichen.
^ kj .1^ uy Google
324
Aogoit Mayer,
ans sich selbst herausarbeiten nuißte nnd ihm das Geftthl ftir das
Fehlerhafte diestr Fornirii teilweise nian^^cU
Die Abschätzung der einzeineu Fehler erfolgte gemäß nach-
stehender Skala:
2 Fehler kamen fUr jene KombinationeQ in Anrechanogy welche
weder die richtige Stelle gefondeDy noch eine einiger-
maSen sinnyolle Ergttnznng auch am rechten Orte ge>
hoten hStten, also ftlr nicht sinngenUlfie AnsfUlnngen
an falscher Stelle. Beohtfertigen l&Bt sich diese Be-
wertung durch den Hinweis auf die doppelte Ttttigkeit
der kombinierenden Vp.: Suchen der LHoke und rich-
tiges Austllllen. Da in vorlieg:eiidein Falle keine der-
selben richtig vollzogen ^vllrde, so ist der Verstoß als
ein doppelter m betrachten.
1 Fehler: Nicht sinngemäße Ausllillungeü an richtiger oder sinn-
gemäße an falscher Stelle. Man erkennt, daß im
1. Falle die LUcke angefunden, im 2. aber eine
passende Ergänzung geboten wurde. Eine der bei-
den erforderlichen Tätigkeiten war also jeweils richtig
YollzQgen.
Zwischen Doppel- und einfachem Fehler wurde ein
anderer Verstofi mit
17a Fehler in Anrechnung gebracht: das vollständige Fehlen einer
Ergänzung. Es mag diese Beurteilung im ersten Augen-
blick als nicht gerecht erscheinen. Wenn üian aber
bedenkt, daß im ersten Falle — sinnlose Ausfüllung
an uuricbtiL'-er Stelle — ein doppelter Fehler ofien zu
Tage liegt, während es hier doch nicht als ausgescidossen
zu betrachten ist, daß nach der einen oder andern
Richtung hin das Korrekte wohl getroffen, aber trotz-
dem wegen des Gefllhls der Unsicherheit eine Er-
C^ung unterlassoL wurde, wird man dieser Beurtd-
lung der unausgeftlllten Stellen die Berechtigung nicht
absprechen dürfen. In der Tat hat die Beobachtung
der arbeitenden Vp. des Öfteren gezeigt, wie hei einem
Satziragmente länger Tcrweilty Bewegungen sum Aus-
ftlllen gemacht, aber wieder abgesetzt wurde. Nach
der Ursache des Zügerns befragt, gaben die Schüler
nicht selten zur Antwort: »Ich habe es nicht sicher
Digitized by Google
Ober Eimel* nnd 6«MunileiBtiiiig des SehnlkiiideB.
325
gewußt«. Des weiteren findet fragliche Beurteilung
eine Stutze in der Tatsache, daß manche Arbeiten aus-
gestriehene Ansätze zu Ansfllllungen an richtiger Stelle
zeigen. Immerhin dttifte sieh lielleiehi empfelileni bei
feraeier Verwendmig dieaer Metbode den Yp. noch die
Angabe zu stellen, dann, wenn eine £iginzang niebt
gefonden oder sn einer solchen die richtige Stelle nicbt
erkannt wird, die Lttcke zu beseicbneni wo die Ans-
ftUlnng ihren Platz zu finden hStte, bez. die Ergänzung,
ftlr welche die reckte Stelle fehlt, auf den liand zu
schreiben.
72 Fehler: Falsche Zeitformen oder unbegründeter Wechsel der-
selben, sowie schwerfSllige, kaum gangbare, aber doch
sinngemäße Wendungen. Im 2. Falle läßt sieb selbst-
yerständlicb eine gewisee Willkür nicht vermeiden;
was dem einen als scbwerfäUig erscheint, beurteilt
ein anderer oft als dorcbans angängig. Doch ist hier
zu bedenken, daß sich die Schiller in diesem Punkte
sowohl Infolge des deutschen Unterrichts, als auch
durch TielflUtige mttndliche Obungen im Gedanken*
ansdmek in andern Unterrichtsstonden (besonders
Realien) der Eigenart des Experimentators ziemlich
anbequemt haben werden, so daß also naeh dieser
Richtung hin wohl wenige ungerechte Beurteilungen
stattfanden.
Schließlich muß noch ervviihut werden, daß dort,
wo klar erkannt werden konnte, daß aus Versehen
ein richtiger Ausdruck an eine falsche Stelle geriet,
ebenfalls nur Vs Fehler in Anrechnung kam.
V4 Fehler: Selbstkorrektnren.
Vt Fehler: eine fehlerlose Arbeit
Gedftohtnisleistung.
Hier wurde ein IfaBstab gefunden in der Anzahl der zum Er-
lernen der Silben erforderlichen Anzahl von Wiederholungen.
Sobriftliches Rechnen.
2 Fehler: jeder Verstoß gegen den Gang der Aufgabe. Ein voll-
ständig faLacher Gang wurde, weil die Ausrechnung
326
Angost Mayer,
stets 4 Operationen umfaßte, mit Anrechnung tob
B Fehlern geahndet.
1 FeUer: a. eine lulBcbe Ziffer, entstanden durch unrichtiges
Operieren. Ihre richtige Fortfllhrangbedentelekdnea
weiteren Veistofi;
b. fiüsefae Umwandlung eines gemeinen Braches in
eine Deidnuüsahl.
Yj Fehler: a. das unberechtigte Umstellen von Faktoren;
b. das JbVliku einer Bezeichnung oder eine falsche
Bezeichnung;
c ein an eine nnricbtige Stelle gesetztes Dezimalkomma
oder das Fehlen eines solchen;
d. das Unterlassen des gegebenen Falles nötigen Zu-
rückkttizens;
e. die Verwendung eines Besultates als Teil einer an-
dern Operation ohne neues Anscfaieiben, s. B.
75,30 jT statt: 75,30 uT
+ 20,60 » +20,60 >
95,90 uir : 5 « 95,90 M
95,90 M : 5 =
^4 Fehler: a. d;is l'^ehlen des Sehluösatzes zum Ergrebuis der Auf-
gabe oder eines Zusatzes zu jedem Kesoltat der
einzelnen Operationen :
b. ein falscher oder unklarer Schluß- oder Zusatz;
e. eine Umkehr der natürlichen fieihenfolge der Ope-
rationen;
d. Selbstkorrekturen;
e. das Mitfuhren ttberfltlsstger Nullen;
f. Fehlen eines + oder — ;
g. eine yon der Textanfgabe abweidiende Zltt&t.
\i Fehler: eine fehlerlosse Arbeit.
§ 6. Die analitatsaiffer.
Für die Leistungen ergaben sich durch die Versuche zwei völlig
verschiedene Werte: ein Zeit- und ein Fehlerwert. Keine der bei-
den Grüßen repräsentiert für sieh den ei^rentliclien Wert einer
Arbeit. Soll aber ir^rend einer Leistung eine Wertziffer beigelegt .
werden, so mttssen beide berücksichtigt werden. Um nun ein ein-
Digitizec Ly v^oogi
Ober EiiiMl- und Genmtleteliiiig des ScInükiDdee. 327
ziges Maß ftlr die Qualität einer Arbeit zu erhalten, glaubten wir
folgende Uberlegnngen anstellen zu Böllen:
Jede Arbeit ist das Produkt einer in der Zeit wirkenden Kraft
Das Material sekalten wir aus; es ist In unBem Etilen dnrekana
gleiekwertig. Die Messung des einen Faktors, der Zeit, kann ohne
weitere Sehwierigkeit gesehehen. Für die Beurteilung des Eraft-
wertes fehlt ein soleher oljektiTer MaBstab. Wur sehätaen Um
daher ab an den Leistungen nach dem Grundsatz: der grOfiere
Kraltwert repräsentiert sich da, wo (las geringere Fehler(ju;intii!ii
auftritt. Angenommen, Vp. A Tollziebt irgend eine Leintung in
10 Minuten und macht dabei 8 Fehler; eine andere (B) braucht
zur gleichen Arbeit 20 Minuten, es finden sieh darin aber nur
4 Fehler- Bei gleicher Fehleraahl wttrden sich die Leistungen ver-
halten naeh Maßgabe der Proportion a : 6 = 10 : 20, mit Kttcksicht
auf die Zeiten: a : 6 » 8 : 4. Auf der linken Seite beider Pro-
portionen Ahr die Zeiten fttr die Fehler f eingesetzt, gibt:
iii : s 10 : 20
f^r.fß^B: 4.
Durch Multiplikation eine Proportion gebildet: I/a ' tfu — 80 : 80.
tfx und tfa-, die Produkte aus Zeit und Fehlern, würden
nach unsern vorher^ee:angcuen Erwägungen ein Ausdruck, für
den Wert der Arbeiten A und B sein. Demnach stünden beide
Leistongeu gleich hoch. Eine kleine Erörterung möge dies stützen:
Ziehen wir nur die Fehlerzabi in Betracht, so ist der Leistung A
nur die Hälfte des Wertes der Leistung B zuzuerkennen. Nun
stehen aber der Vp. A, die in 10 Minuten schon fertig ist, noch
weitere 10 Minuten zur Verlegung bis zu dem Zeitpunkte, an
welchem B ToHendet hat Angenommen, auch diese würden ans-
genutztj das Resultat wttrde unter sonst gleichen Umst&iden das-
selbe sein wie vorher; die Leistung A^ mflfite wiederum den halben
Wert der Leistung B repräsentieren. Dann würden naturgemäß
B B
Ai-\'Ai = -^'^'^=B sein. Insofern dürften wir daher berech-
tigt sein, die Leistungen A und B einander gleichzustellen. Ein
anderes etwas kompliziertes Beispiel möge zeigen, daß sich in
dcTselhon Weise die Bildung eines Produktes aus Fehierzahl und
Zeit rechtfertigen läßt:
^ Vp. A liefert eine Arbeit in 8 Minuten mit 2 Fehlem,
Vp. B braucht hierzu 5 Minuten und Terfehlt sich 7 mal
oiyui^oo uy Google
328 AitgoBt Mayer,
Wenn nur die Felilerwerte in Betracht gezogen werden, liefert
Vp. B eine "'/iva&.l so ^toHc Fchlerzahl aU A. Ihre Arbeit reprS-
sentiert daher mit Rttckäicht auf die Verstoße nur Wertes
von der Leistung H. Während A seine Arbeit vollendet, wird nnn
B iu den restlere&deu 3 Miuoten im stände sein, unter sonst glei-
2-3 6
eben Bedingungen eine Arbeit sn liefern, welebe 7—5 = 35
Leistongswertee Ä darstellt Ihrer ganzen Arbeit ?rttiden also
= ^ von dem Leibtuugöwert A zuzuerkeuuen sein, und
das QnalitätBTerhilltnis wlire Ä:B^3b:16, Da aber nach nn-
Beim Prinzip (Fehlerberechnnng and ancb Zeitmessang) die größere
Ziffer die minderwertigeie Leistung darstellt^ maß die Proportion
lauten: il : B = 16 : 35. Dasselbe Verbttltnis ergibt sieb ancb
dnrcb Hnltlplikation Ton tA X fi nnd tsX fa-
Die uuf solche Weise gewonnenen Ziflfem repräsentieren den
eigentlichen Wert der Arbeit; wir nennen sie Qualitätsziffem.
Ich bin mir wohi bewußt, daß gegen eine Proportion zwischen
Fehlerzahl und Kraftwert, wie solche iu vorausgehenden Darlegungen
aufgestellt wurde, Eirnviuido erhoben werden können. Mir ist
nicht unbekannt, daß der Wert einer Leistung gemeinbin in der
Weise berechnet zu werden pflegt, daß man TOn einer im Toraus
fKtr eine fehlerfreie Arbeit festgesetzten Größe, welebe die Anzahl
aller möglioben Fehler darstellt, die Zabl der wirklieb gemachten
Fehler subtrabieri Mehrere Gründe yeranlaßten mich, trotzdem
au obigem Modus festzuhalten! Fttr das Diktat und die Eombina-
tiunsarbeit könnte man eine solelie Normiilziii'er ja leiehter jre-
winnen, anders aber beiispiehN eise beim Rechnen. Hiei mülite uiuu
die Anzahl aller kleineren Operationen als die Gruudbiire nehmen,
dazu wäre es aber erforderlich, daü dieselben nicht mehr als eia
Zahlenpaar nnit'usseu würden. Sobald 3 Zahlen addiert werden,
haben wir 2 Operationen, können aber am Resultat niemals das
Vorhandensein zweier Fehler konstatieren, da ja nur eine Größe
vorbanden ist Damit würde sidi der Wert einer solchen Normal-
ziffer ins Problematische verlieren. Kocb größeren Schwierigkeiten
wttrde em solcher Versuch bei der GedSebtaisleistung begegnen.
Büne fehlerfreie Arbeit witre hier gleicbbedentend mit einer Go*
dächtnisleistung ohne Wiederholungen. Eui Unding! Wievi|||
Wiederholungen sollte man bei Aufstellung einer solchen NomÜF
über Eiuzel- uud Geaamtleistuiig des Schulkindes.
329
grSße annehmen? Hier wäre der WiUkUr Tttr und Tor geSffiiet
Weiter wttre za bedenken, daß mit Rttcksiobt anf die lelatir
enorme Übnngsfittiigkeit des Gedaebtniflaea diese Ziffer 7analiel «ein
müßte, in den Ferien eine andere als wübrend der Scbnkeit, gegen
Semestersoblnß vielleicht eine beträchtlich kleinere als in der Mitte
oder am Aufange eiuer Uaterrichtsperiode. In welcher Weise
sollten aber alle diese Umstände eine Bertlcksic^btiguug erfahren?
Man sieht, die Schwierigkeiten wUrden sich ganz unverhältnismäßig
steigern. Als viel einfacher imd vielleicht auch weniger willkürlich
betrachte icb daher den hier festgehaltenen Modus. Für ihn spricht
auch noch der Umstand, daß er der im gewöhnlichen Lehen
ttblicben Bewertmig der Arbeiten nahe kommt SoliUeßlieb durfte
es meiner Anaicbt naeh bier weniger daranf ankommen^ welcbe
TOD beiden Arten verwendet wird, als vielmebr daranf, daß aUen
Bewertungen der gleiebe Modus zn Grande liegt.
n. Teü.
yenuohBergebnlBfle.
Wir diskatieren in den folgenden 8 Paragraphen die bei der
Siobtnng des Materials gewonnenen Tal)ellen. Zonäohst richten
wir unser Augenmerk anf das zeitiiebe Moment, dann ziehen wir
die Febleizabl in Betracht, um sebließliob einen Blick zn weifen
auf die fbr die einzelnen Leistungen gewonnenen Qualitütaziffern.
§ 7. Die ZeitUbeUen.
Z.-t.^) I zeigt in senkrechter Anordnung 7 Hauptkolumnen, von
• denen die 1. die Namen der Vp. etc. enthält. Aus Kolumne 2 bis
einscblieblich t> siud zu ersehen die Danern der einzelnen Leistungen
in Minuten and Sekunden. Jede dieser Kolumnen führt in 2
Unterabteilungen, dnrch einfache senkrechte Striche geschieden,
die Zeit für die Emzelleistung und die ibr zugehörige Gesamt-
leistung auf. Kolumne 7 enthält die Summe der Zeiten für die
yeisehiedenen E. und G., exkl des Diktates. Dasselbe mußte
bei der Addition auagesebaltet weiden. Ein Blick anf umstehende
Tabelle gibt AufUttrung. Wir finden für die Diktat-G. nur eine
1} Abküfsnag ftr Zelttabelle.
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300
Zeittabelle zur I. lieihe.
Beibgang: Baaeh ud aebOtt.
Dil
(tat
mdl. Eechn.
Kumbia.
Gedächtn.
sehr. Hechn.
Gesamtzät
Vp.
Einzel .
Gesamtl.
EinzeU.
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11»
41«
27«
mV. 1
1
" "1
j 0- 1
000 321
2»
4ifc,
Zeitangabe fUr alle Vp. Diese Uberragt nur mit 3 Ausnahmen an i
Größe die Dauern der E. Diese EireeheinnTig: hat darin ihren Grund,
daß bei der Einzelarbeit sofort nach Kiodemdirift einea Diktat-
abflolimttea not dem VoiBpiecben weltefgeialiFen weiden komitef » '
während man bei dw G. geswnngen war, anf alle Sehtier sa
warten. I^at&rHch mußten die Langsamsten die Zdtangabe gani I
erheblieh beeinflnssen. Man hätte eben die znr Anfertigung jedes
einselnen Abschnittes erforderliche Dauer fttr jedes arbeitende
ludividuuiu gesondert feststellen und die vcrseliiedeiicu Angaben
addieren mUssen. Wir werden daher in allen folgenden Zeit-
und Qualitätstabellen die Diktate anssehalten nil^^'^on. Man kuiiute j
allerdings, nm dieses Plu8 an Zeit au.s der (}. zu eliminieren, so Ter- |
fahren, daß man den letzteren das arithmetische Mittel ans den
E. za Grande legen wtirde. Doch käme in dieser GiOfie gerade das
Digitized by Google
über EmzAl- mid GwtmtUiittmig dw SohnlUndes. 381
nicht zam Ausdruck, worauf es hier ankommt, dar fUufiaß dar
Masse anf den Einzelnen.
Ein Bliek auf die Ziffom Torstehender Tabelle baMgt» daft
89,3 bez. 91,1% aller gelieferten 6. raaeber Tollsogen
Warden als die E. ISne Anauhme (Se.) iii dnrob das Protokoll
hinreicbeiid eikllvt: Yp. batfte aiob Teireefanet vnd merkte
ent am Seblnue der AibeH, dafi ein Yeratoß yorgekoamen Min
niiifite. Die Bevialon der ganzen Angabe nabm etwas mebr ab
3 Min. in Anspruch. Der g^esamte Zeitaufwand ist für die
G. ebenfalls ein viel geringerer als für die E. Dies ergibt
sich aus Kol. 7. Beziehen wir die Anzahl der kürzur vtrlanl\ ndcn
Gr. auf die jeweils anter 1 Gruppe fallenden 14 G., «o ergibt sich
in Prozentzahleu folgende Übersicht:
Z.-t. la.
Diktat
müudl. Kecliueu
Kombin.
Gedächtn.
Bchriftl.Recbntiu
Gesamtzeiten
«8,9
100|jO
86^7
78^6
Die Kombi natioDö-G. genießt den größten YorZQg.
Die folgende Z.-t I b gibt die Differenzen der Durchschnitts-
zeiten, in Vo viQgtwertet Als Grundlage diente bei dieser Um-
reohnnitg die Dauer dw E. Das Ulnna- oder Plnsaeieben besagt bier
und flir alle Zukunft, daft die O. gegenüber der E. ün Vorteil (— ),
bes. im KaobteU (+) iü
Z.-t Ib.
Diktat
mUndl. Bechnen
Kombin-
Gedächtn.
8cbrit'ti.Keohnen ,
Gesamtzeiten
—29,9
—89,0
—HO
—20,4
— 38,7
ffieraoB ergibt sieh ganz offenbar, daß die einzelnoi Qt. z* T.
ganz bedeutend rascher yerliefen als die und dafi der Zeit-
aufwand fflT alle 4 in Betraebt kommenden Gesamtarbeiten um etwa
'/s kürzer ist als die Dauern der entsprechenden E. zusammen-
genommen. Am meisten unterliegt die Gedächtnisarbeit
diesem Einfluß. Diese Erscheinung wird uns aiicb in eini<ren der
folgenden Z.-t. begegnen. Gerade hierftir könnte \ielleicht iu der
Art des Versuchöverlaufes eine Erklärung geaurht werden. Es
ging in der G. nicht an, die Gedttobtnisarbeit stets zu kontrollieren
22*
oiyui^-o uy Google
Angwt Mftyer,
wegen der Störung- So wäre der Fall denkbar, daß vielleicht
einifjre Sohtiler srhon vor vollständiger Lösnnjr der trostellteu Auf-
gabe beendigt hätten. Ich muß einem Bolchen Einwand von ¥om-
herein aus verschiedenen Grttnden cnt^jegentreten :
1. Es fehlte durchaus nicht jede Kontrolle. Sowohl hei der £.
als «aoh bei der 0. wude der eioe oder andere angefordert, das
Gelernte hemuageiL Da ergab 8 Ich denn stete, dafi Beftarchtiin§;en
obiger Art grandios waren. Überdies hätte aneh jeden Sehttler
schon das BewnBtsem der HQglichkeiti kontrolliert werden sn
können, Ton einem Versnehe, nnehrlieh zn sein, abgehalten.
2. Bei der Auswahl der Vp. wurde auch ihre Wahrheitsliebe
berücksichtigt. Ich halte ehien Hctrug durum für ausgeschlossen,
weil die verwendeten Schüler durchweg als ehrlich sich bewährt
haben.
Anders steht es mit einem weiteren Einwand, den EintiuB der
Übung betreffend, worauf ich weiter unten zu sprechen kommen
werde.
Betrachten wir schließlich die mV.^) fttr die Durchschnittsleistiui'
gen, so finden wir dorchweg, dafi fttr die G. das Gebiet der
Sehwanknng nm einen Hittelwert ein viel enger begrenztes ist, als
bei den Danem der £. Die Differenzen sind t. T. ganz betrSehtliehe.
Dieselben unter Zngmndelegung der mV. flir die E. in <*/o um-
gewertet, erhalten wir folgende Größen:
Z.-t lo. (mV. der Dorehsohnittsleistnngen.)
Diktet
mflndl. Beehnen
Komhni.
GedSchto.
■chrifti. Rechnen
I GeeamtMiten
- 1
—76,8 1 —60,7
— 38,3
-3ö,7 jj -47,6
Am dieser Tabelle läßt sich zweifello8 entuehmeu, daß in der
Gesamtarbeit bei den einzelnen Individuen das Streben herrschte,
zeitlich sich einander zu nähern. Daß diese üniformierungstendenz
Yon Vorteil ist, geht daraus hervor, daß sie naeh der Biehtung der
kürzeren Z^ten vorhanden ist, wie ja die geringeren Dnrohsehnitt»-
zeiten der G. besagen. Somit ergab die Diskussion der Z.-t L
1. Die giOfite Zahl aller G. TerEef raseher als die E.
2. Den dnrchschnittliehen G. kommt eine kttneie Daner zu ab
den mittleren E.
Ij Mittlere Variation.
uiyiii^ed by Google
Ober Efazel- und OeMintleistaiig des SehnUdndee. 383
3. Die einzelnen Individuen zeigen bei der Massenarbeit eine
beträchtliche Umfonnieniiigstendenz hiosicfatlich der Zeit.
Es liegt nim der Einwand nahe, daS ein gnt Teil dieser Er-
gebniflfle dem EinflnBse der Obnng znznachreihen wire, da die G.
naeh den E. Btatt&nden. Es könnte dies vielleicht ftr die Kom-
hinaäons- nnd die Gedaehtnisarbeit zagegeben werden. Mflndliohes
nnd eehrifOiches Rechnen scUoBsen sich an den Unterricht an, so
daß also hierftlr Bedenken in We^all kommen. Um nun den even-
tuell vorhandenen Ubnngseiuliuij einif::ermaßtii zu eliminieren, wurde
in den spHtcren Reihen die Versuchsfolge umgekehrt: erst die G.
und dann die E.
Zeittahelle znr IL Reihe.
Bedingung: Rasch and Bchün.
1 Diktat
mdl. Rechn.
Kombin.
Gedächtn.
1
sehr. Rechn.
Gesamtzeit
Vp.
^
'S
a
S
O
N
a
3
a
S
Einzell.
Gesamtl.
Einzell.
Gesamtl.
Einzell.
Gesamtl.
Einzell.
*
§
s
Pa.
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1
_
1
F9.
16»
8*1
2«
760
106«
10
960
10»
29«t
31»
Bei
11»
1«
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6»
343
622
857
1107
1900
26*1
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12»
8»
4«
11»
10»
4"
930
1100
1200
88»
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OL
11»
1»
206
441
6»
6«
9«
935
22«
1
2400
U.
U«
8»
6»
480
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600
1140
10»
86»
82»
Bn.
12»
8»
1«
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4%
10«
1215
23«
24»
Sehl.
19«
8»
8»
fit»
7ä7
6»
702
858
il:
23*4
26»
Sehn.
11»
219
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637
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23»
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Selnr.
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1»
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10«^
10«
14*5
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11«
932
9»
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Wv
1200
237
448
912
738
9«5
185«
271 '
Wi
18»
8»
8»
617
710
810
8^
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2432
2^
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16»
852
2'*»
6... ,
1012
10*5
1102
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2»
6«i
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948
105«
26»
2828
id7.
0»
l»
V"
218
200 j
052
8»
im
Die Zahl der Vp. betrug hier nur 13. HiuBiclitlieh der An-
ordnung der Tabelle beziehe ich mich ftr diese und fUr alle folgen-
den Zeittabellen anf die unter Z.-t. I pre^ebenen Erläuterungen.
Diese Reihe wurde in den Osterferien 1901 angefertigt In nnr
oiy ii^uo uy Google
384
34,6% aller Fälle beansprucht die (j. eine ^erii^?ere Dauer al» die
E. Di« folgenden Ziffern laaien ersehen, wie sich diese üksoheinong
prozentual anf die einzelnen Gebiete — Diktat ansgenoBuncn ~
verteilt Die FrozentMhlen sind aieh hier wieder bezogen mi die
in den einzelnen CtoUelen gelki^Bften 18 Qt,
Z.-t Ua.
Diktat
mtindl. Rechnen
Kombin.
Gedächtn.
Bchriftl. Rechnen
GeBumtzeiten
80^
88^
IM
Am relativ günstigsten gestattet flieh das Resnltat fllr das mttnd-
liehe Rechnen. Hier ist jedoch zn erwägen, daß der Stoff im Ver-
hältnii« zu den übrigen iVrbeiten von äußerst geringem Umfange war.
Infoige des geringen Zeitaufwandes ist ea dalier möglich, daß dnrch
Zufälligkeiten ganz minimale Differenzen entslrln n, dii ernstlich
wohl kaum als solche zu betrachten sein durften. Es kann wohl
erwartet werden, daß bei einer erentnellen Stoffmehmng das Re-
sultat ftlr das mttttdliche Rechnen sieh älinücli dem ibr das schrift>
üche gestalten wttrde. Sehen wir daher von der mUndliefaeo
Beehen-G. ab, ao ergibt aiehi dafi die grOOte Ansah! von relsAr
kürzeren Dauern der O. bei der GedAehioisaifoett ro finden ist
Die Dorchschnittszeiten ergeben durchweg ein fllr die 0. un-
günstiges Besnitat Drtteken wir die Differenzen zwischen den
durchschnittlichen £. tmd G. in o/o a^B) so halten wir folgende
Überäicht:
Z.-t. IIb.
DikUt
miindl. Rechnen
Kombin. | Gedächtn. , schriftL Rechnen |
Gesamtzeiten
-
+8,0
+ 18,8
+ 10,4 j +11,2 Ii +11,7
Wir nntersnchen die Ergebnisse der II. Beihe in Besag auf die
in den ni7. zum Ansdmok gelangende Unifoimiemngstendens. Die
Differenzen der mV., in % umgewertet, eigeben folgende Größen:
Z.-t He.
1
Diktat ' niUndl, Rechnen
Kombin.
Gedächtn.
Bchriftl. Rechnen '
Gosamtzeiten
- j +100,0
-13,9
-9,8
+ 1083
; +20,1
1
Digitized by Google
Uber Einzel- und ^hfm*^F*vte des Sehulkindefl. 386
Hier lUßt sich beim mUn^iclieu und schriftlieben Rechnen i\\r die
Massenarbeit hiusictitlieh der Zeit ein doppelt so g^roßer Spielraum
konstatier«!! als fUr di« E. £iae aokibe ErweUeraog des Gebieteia der
mV. hängt nicht notwendig zusammen mit einer Zunahme derDwem
der G. Dies lehrt die Tataaeli«, daA bei der KombinatiooB- and
der Gedftohtiiuaarbeit trotz gr58erer Bwet der G. eine AbaaliiBe der
mV., also das YorlaadeMdin ^iaer Unil^mieniigitadeitt m be-
nerken iai, wenn auch nidit In so seliaiff r Aiu|Kriigiuig wie bei
Keihe L iUiebe SnelMlnuBgen wordeft uns ttlKigoBB ia den
folgenden Tabeflen noch Öfter begegnen.
Fassen wir die Ergebnisse dieser Tabelle snsammen:
1. Die Gesamtarbeit verlief in den meisten i: äUuu iaugäumer
•dh die £.
2. die dnrohschmttUehe G. ist von gröUerer Jjaueor als die mitt-
lere E.
3. Eine geiiagere Uniformiernngstendenz hinsiehtUcb der Zeit
ist nur bei der Kombinatiomh und der Ged^obtnie-G. Tor-
lumden.
. Woher diese den Eigebnieien der Z.-i I direkt mwidedavleiidieii
Beanhate?
Die Steife waren Yon relatiT i^ieber BobwierigMti die Be-
dingungen — rasch and schDn — fhr beide Beibea dieieiben. ISne
besondere BeeinflnsBung der Vp. durch den Lokalweehtel, der
bei dieser lU'i he vorfz^euommeu werden mulUe, durfte kaum
stattgefunden haben. Die Beobachtungen dea: Msistierendcn Herrn
und des VersiK ItsleiterB sowohl, als auch die Aiig:aben der Kinder
ecbiielien eine solche Annahme aus. Außerdem findet ein solcher
Einwand auch in der Größe der Zeitzifi'ern seine Widerlegung.
£b läßt sich vielfach sogar eine Abnahme der Dauern, für die
Einzelleistungen in große re m MaQe als für die G., konstatieren.
Da die VenHiohe in der Ferienieit stettteden, könnte ein in-
awisehen eiagefreftener Übnngsmaaeel als Unaehe dieser Ei^
aoheiaangan angesehen werden. Es ist mO^ch, dafi bei der einen
oder anteen Vp., die eine besondere Disposition ftr Dbnngsab-
nähme besitzt, dieser Umstand mitgewirkt haben mag. Dies gesehah
aber sicherlich nur in sehr geringem Maße. Dafür sprechen ver-
schiedene GrUnde:
1. Am meisten müßte dureh t meii solchen Übungsmanirel die
Dauer des Diktates beeinflußt worden sein; denn dies ist doch
üigitized by Google
336 Angiut Mayer,
in jeder Beziehun^^ iu titr markantesten Weise Sache der Übung.
Jedoch ergeben hier die einzelnen Zeitziffem fttr G.-, E - und
Dnrchbflinittgleiptuiii:* II i:( Lreiiiiljcr der 1. Keihe in den meisten
Fällen ein minus zu Gunsten der 2. Reihe.
2. Aach die übrigen Zeitangaben zeigen in der 2. £eihe eher
eine Ab- als eine Zonabme.
3* Die Dauern der £. mllftten aladami viel gi^Ber sein als
jene der G., da die EinzeLarbeiten ent naeb den Mauenarbeiten
angefertigt wurden und dann in der Zwiaehenzeit ein noeh
giOBeier OlmngBrerlDat hlttte wirksam weiden mUssoL Gerade
die Dnrehsebnlttodaner der E. aber ist bier ^e z. T. erbeblicb
geringere als jene der G.
4. zeigt ein Vergleich der später folgenden FeLkrtubellen I
und II, daß eine Veranlassung zur Auiuthme eines Ubungs-
verlustes nicht besteht. Im Geg:enteil, die Fehlerziffem der
II. Tabelle siud meist geringer als die der ersten.
5. Schließlich fand ja die Untersuchung schon in der ersten
Hälfte der 19 Tage dauernden Ferien statt, so daß also ein
merklicher Ubungsverlust noeh kaum vorhanden sein dürfte.
Wenn bei raaneber Vp. jedocb in der Tat ein solcher wirksam
war, so kann dies für die Gesamtheit enistlicb wobl nicbt in
Betraebt kommen.
Es bliebe somit zur ErklSmng der Ton Tabelle I abwmcbenden
Besnitate nnr noch eines ttbrig: der Hinweis daianf, daß zur Zeit
der Erholung infolge der zerstreuenden Einflttsse und
des Mangels an gemeinschaftlicher Schularbeit die Kinder
mehr ihre eigenen Wege gehen. Der Ehrgeiz seheint unter solchen
Umständen nicht die ausreioheudc Kraft zu besitzen, die Vp. an-
zuspornen, ihre Aulinerksamkeit in intensiver Weise auf die Auf-
gabe zu konzentrieren. Dagegen dürfte der Einzehne in der Zeit
der Erholung eine günstigere Disjiosition fllr Ablenkungen besitzen,
wie sie in der arbeitenden Gemeinschaft wirksam sind. Daher
wobl die Ersebeinung, daß die Gesamtbeit unter teilweiser Au%abe
der UnlfonmenuigBtendenz BcbweriWger arbeitet als der Emzebie.
Ober Eiiuel' nnd GeBamdebtong des ScluiIkindeB. 337
Zeittabelle zur III. Reihe.
Bedingnng: Bateh nnd scbOii.
Diktat
mdl. Rechn.
Eombin.
Gedüchtn. '
sehr. Rechn.
Gesamtzeit
Vp.
J
@
S
EinzeU.
Gesamt!.
Einzell.
Gesamtl.
EinzoU.
Gesamtl.
Einzell.
t
Einzell.
S
J
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1
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121
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1
200
1
"1
1 8«
2»
Die Ergebnisse dieser Tabelle stimmen im .wesent-
lichen mit jenen der Tabelle 1 Uberein. In 58,9% aller
Fälle zeigt die G. eine ktürzere Dauer als £. Die folgende ÜberBicbt
gibt hierfür die einzelnen Frozentzahlen analog den Toriiergegaii-
genen Duknsdonen:
Z.-t. IHa.
Diktat
mflodi Beehnen
Kombin.
QedSehtn.
aehriftt. Beehnen
Geaamtieiten
57,1
92,9
78,6
1 71,4
Auffallpiul ist hier das nnjrllnRti^jro Ycrhtlltuis t\ir die KoiuluTintioii.
Hiertiber einiges: Zwischen der 2. und 3. Keihe lag ein Zeitraum
Ton 3 Min. In dieser Zeit mag vielleicht die fonnale Seite der
338
Auguist Mtt^er,
EombinatiotuNUifgabe — das Einkorrigieien der Wörter anf hekto-
grapUerte Blitttor — etwas fremd geworden sein. Mit Bttckaicht
anf die kombinatorisebe IHttigkeit «elbet jedoeb Iftfit sieh ein
UbungBverlast uicht iiaclnveiseii, wenigstens stehen die ent-
sprechendeu Fehlerziffern in Fclilertabelle III einer Bolchen AiiaaLiüe
ent^rcpren. Ferner ist noch zu ervvä;;en, daß die G. vor der E.
etatttand, für letztere also der hervorg:ehobeiie Ubnngrsmang-el im
Hinblick auf die formelle Seite wohl wieder etwas ausgeghchen
war. Desgleichen dürfte hier die etwas nngeaaue Zeitmessung bei
der G. in Betracht kommen. Ich verweise nur auf die minimale
iDifferenz 7m^7» Könnten wir alle dieee EinflOsBe eliminieren,
wir müßten sweifelloa ein gttnstigerea Bild erhalten. Seben wir
Ton der Kombination ab, so sind die Dauern der O. in 76,2%
aller F&Ue geringer als jene der £. Eine Betrachtung der Dnrch-
sehnittHaetten ergibt folgende Prozentzahlen:
Z.-i mb.
Diktat
mUndl. Kechnen
Kombin.
Gedächtn.
Bchriftl. Bechnen
1 Gesamtzeiten
-6,6
+ 14,0
—83,6
-12,7
1 -11^
Abgesehen von der Kombination, verliefen die Dnrch-
scbnittsmassenleistnngen rascher als die mittleren
Einseiarbeiten. Die Gedächtnisleistang ist anch in Tabelle Illa
nnd b gegenüber den anderen Gebieten beTorzogt Ebenso ist anch
die Zeitensnmme ihr die Hassenarbeit eine geringere als jene flir
die E.
VolUtäudig libereiuRtimmend mit Tabelle I zeigt 8ich durchweg
das Vorhandensein einer Uniformiernngstendenz hinsichtlich der
Zeit, wie nachstehende prozentuale Differenzen der mV. beweisen.
z.-t. me.
Diktat
mlladl. Bechnen
Kombin.
G«dXchttt.
•chriftL Beelmsn
Oesamtseiten
— 24,2
— 38,3
— 23,8
— 23,9
Anch beim mündlichen Bechnen ist ein, wenn anch nur geringes
Anpassnngsbestreben in der €r. vorhanden, das aber dnroh die
Anfrandnng der Zeitsiflfem etwas verdeckt wird. 0ie einge-
klammerte Zahl gibt das genanere Ergebnis.
Digitized by G
über Einael- und OeumÜMaag des SehnlldiideB. 939
Fassen wir niin die £rgebiu00e der Z.-t I und m zusanmieii:
Im ganzen wurden, abg^esehen vom Diktat, iu beiden Reihen
112 £. und 112 Qt, geliefert In 74,1% alier Fälle verlief
die G. raseher aU die EL Die enispreehenden Prozenteahlen Air
die Tendnedenen Gebiete imd fUr die Gesamtieiien aind:
Z.-t nid.
Diktat
mtlndl. Rechnen
Eombin.
GedSchtn.
Bchriftl. Rechnen
Gesamtzeiten
76,0
63,6
89,3
78,6 II 86^7
Eine Zusammenfassuu^; der Differenzeu der Durchschnittszeiten
(Tabelle Ule) und der mV. (Tabelle Illfj in beiden Tabellen ergibt
in Frozentzahlen folgende Übersichten:
Z.-t. Ule.
Diktat
mflndL Rechnen
KombiiL 1 CktdXcbtn.
■ehrifU. Rechnen || floiamlMitm
-1
-17^
z
-38^
.-t Ulf.
— 16,6
1 —92^
Dikut
mUndl. Rechnen
Kombin.
Gedächtn.
schriftL Rechnen 1
Gesamtzeiten
—88,9
(-3»,7)
— 48,5
— 38,3
-29,8
-86,7
Aus beiden Tabellen ergibt sich somit:
1. Unter der Noruialbedinguug rasch und schön verlaufen die
meisten G. rascher als die E.
2. Die Durchsehnitts-G. sind von ktlrzerer Dauer als die -E.
B. Bei der Massenarbeit ist auf allen Gebieten eiuo zeitliche
Uniformierunp:stendenz vorhanden, dieselbe kommt anch in
den Gesamiaeiten anm Dorchbfueli.
4* ReiatiT aa gUnatigatoa ist die Massenkistaig der Ge-
d&chtnisarbeit
340
Aigwt Xayer.
Zeittabelle zur Keike:
Diktat sdLBediB., Kombin. GediehbL 'Mhr.Beeha.. GeMutieit
1
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113
1
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123
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1»
1
140 j
8»
Hut tritt miH ein wesentlich anderes Verhalten der Vp. ent-
gegeu. in nur 41,1% aller Fälle j^estaltet sich das Verhältnis
zu Gunsten der Massenarbeit Die folgende Tabelle stellt in
o/o dar, in welchem MaBe die einzelnen Gebiete an dieser Ziffer
betoUigt Bind.
Z.-t
Diktat
mtindl. Rechnen
Kombin.
Gedächtn.
schriftl. Rechnen
1 Gesamtseiten
42,9
21.4
67,1
42,9
Am günstigsten war demnach auch unter dieser Bedingung
(recht schön und laugsaui) die Massenarbeit der Gedachtnisleistung^
1) T«b. IV b folgt spftter. Sie ist tm der 1. KontroUreihe gewonneii.
Digitized by Google
über Einxel- nnd Cteatteistitiig de« SchnlkiiideB. 341
am aagUnstigßten hinpregen der Kombination. Tm allp:euieiueii
lassen Yorstehende Ziffern einen sicheren Sctilaß nur mit Kücksicht
anf die kombinatorische Leistung zu. Auch eine Betrachtung der
Durchschnittszeiten (Tabelle IV d) legt dies nahe. Die Differenzen
sind s. T. recht geringe. Eine Aosoabme bilden Kombination nnd
Gediebtnis. Bei ersterer entstellt eine größere Zmtdiffeienz zn Un-
gunsten, bei letsterem dagegen zu Gunsten der 6. Die folgende
Tabelle eatlüUt die Differenzen der Zeiten fttr die Durchschnitts-G.
und -E. in Vo-
Z.-t IVd,
Diktat
rnttndl. Seehneii | KomUii.
Oediehtn.
sehriftl.Bechnen
GesuntsEeiten
-6,6 1 +14,8
-9,6
-2,2
1 — 0,8
Hingegen besagen die mV., dafi anch nnter dieser Bedingung
bei der G. eine Uniformieningstendenz hinsichtlich der Zeit sich
geltend machte; ausgenoiimien ist nur das schriftliche Rechnen.
Ein Grund hicrftlr lieert vielleicht m der Annahme, daß, auch
die Arbeiten zeif^ten, der Sauberkeit der l)arrtt<'llun«; ein l)esondere8
Augenmerk geschenkt wurde. Die Differenzen der mV. in % zu-
sammengestelt ergibt folgende Übersiebt:
Z.-i IV e.
XKkttt
mfindl. Beehnen
Kombin.
GedXehtn. | schrifU. Reehnen
|G«Btm1seiten
0,0
(-2,0)
—39,0
+ 20,6
j -40,1
Die eingeklammerte Ziffer beim mttndliohen Rechnen ist eine
genanere Angabe onter Berttcksicbtignng der in Tabelle IVa ein-
geUammerten GrOfie. An&Uend ist aneh hier wieder die bevorzogte
SteUnng des Gedlebtnisses nnd die Tatsache, daß in den Gesamt-
selten die Annftbeningshestrebnng in der G. am schärfsten sieh
ausprägt
Bevor ich die Ergebnisse zusammenstelle, achreite ich, nanieut-
licb wegen der etwa« sehwaukenden Resultate iu Tabelle IVa, zur
Betrachtang der Zeiten für die Koutrolireihe IV b.
342
Angast Jfajer,
Zeittabelle zur IV(b) Beihe.
Bedingung: Recht sohOn und iaugeuun.
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Kombin.
Gedi
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mV.
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Vor allem sind hier anffallend die in einigen Fällen vertiältni»-
mäßig großen Zcitziileru uameutlich fUr scbriftliches Rechiieu tmd
Kombinatiou. Darnus ist offenbar anf das Vorhandensein eines
Übuiie:smangels zu schließen. Daß Bieli letzterer nur -.mf die
teehuisehe Seite bezieht, beweisen die reh\tiv geringen FehlerzitVem
und die ziemlieh niederen FehlerdureliBciinitte. Die Unachen dieser
Ersoheinangen durften TielKcht folgende sein:
1. Die Beihe IVa fand gegen Sehloß des Sehuljahres ihre
Erledigmig, su einer Zeit also, in weleher in fonneller Hinsidit
die Sehttler natugemüB einen yiel höheren Grad Ton Übung be-
sitzen als im ersten Trimester des nenen Schu^ahreB naeh swei-
monatlicher ünterbreehnng des Unterriebtes. Diese Vflnnntnng
legen auch die lioiien Diktatzeiten nahe.
2. Eine andere Ursache liegt, namentlich für das schriftUehe
L.iyui^L.o uy Google
über Eiaxel* und Oemmtleistinig de« SelmlkuideB.
343
Beoimen, im Unterriohtobetrieb währcMid den ersten Vierte^ahres*
Hier trat im OtgeaMti zum Sehlnfi des SommersetDeflterB die
schriftliche Arbeit bedeutend snrttek. Im Vordergrande stand
die Lehre von den gemeinen Brüchen, welche ans methodischen
Gründen der Hauptsache nach nnr mttndHche Behandlung fand,
läne Belraehtnng der Zeiten ergibt, daB die Bedingung »recht
Fichön und langsam« im allgemeinen der G. ungtlnstif; war. Nur
32,1 o aller Massenarbcitcü sind vou küizerer Dauer als die ent-
sprechenden £. Im einzelnen ergeben sich folgende Größen:
Z.-t IV f.
mtat
mfindL Beohnen
Kombin.
Gedichtn.
se]iiiftl.Beeh]i6ii|
GeMiDtieiten
60,0
28,6
67,1
0,0 !
28,6
Obenan eteht anrh hier wieder das Gedächtnis.
Die DurcbHcliiiitts/.citen für die M;^•^'^e!11♦*i^itullgeu Uberrageu,
GedfiohtniB ausgenommen, an Größe die E. Folgende Tabelle gibt
die Differenzen in %:
Z.-t. IVg.
Piktat
milndl. Bechnen
Kombis.
Gedächtn.
8cluriftl.Bechneu|
GeBamtzeiten
+ 2,7
+ 18,4
—
+S7,8 1
+ 12,0
Die Differenzen der mV. werden durch nachfolgende Prozent-
großen angegeben:
Z.-t. IVh.
Diktat
mtindL fiechnea
Kombin. | Gedächtn.
schriftl. Rechnen | Oeiamoeiten
-88,0
+ 0,8 1 —60,3
+ 26,0
■
1 -16.1
Die geringe Differenz + 0,8 kann wegen der nngenanen Zeitp
bestimmnnrr für die G. kaum enratlieh in Erwägung kommen. Im
allgemeinen Gesamtzeit, weisen die:?e Zilicru das Vorhandensein
einer Uniformierungsteudenz nach. Die günstigste Stellung kommt
wiederum der Gedäclitnisleistnn;!: zu.
Ziehen wir Tabelle IVa und IVb zusammen, 80 sind nur
36,ö<'/o aller G. ?on geringerer Dauer als die E.
Für die einzelnen Qebiete gestaltet sich das prozentnaie Ver>
hiltnis folgendermaßen:
üiguizeü by Google
344
Z.-t. IV i.
Diktat
mUudl. Hechnen
Kombia. i Gedächtn.
8cbrifU. Rechnen
1 Gesamtzeiten
46^
25,0 j 67,1
21^
Wir Itogen noch 2 weitere Übersichten an^ welche die xnitÜeieD
Differenzen der DnrchBohnittBleifltongen (IV k) vnd der mV. (IV 1)
filr beide Reihen enthalten:
Z.-t IV iL.
Diktat
mUudl. Kechnen
Kombin.
Gedächtn. j acbrifti.KecUuen ^
Gesamtzeiten
-M
+1M
— 14,4
+ 17,8
+ 6,6
Z.-t, IVL
Diktat
mttiidl. Bechnen
Kombin.
OtdSchta.
scliriftLBeehiieii
flOMIHtlBHäli
— 14,0
(-16.0)
— 9,9
— 49,7
+ 28^8
Hiemns ergibt sieh:
1. Die größte Zahl aller G. mlief langsamer als die ent-
sprechenden £.
2. Die Dnrchschnittoleistnngen in der Gesam^it stehen hin-
sichtlich ihrer Dauern Uber den mittlereu E. Ansgenommen
hiervon ist dan Gedächtiiia. Die geringe Differenz lür mlmdliches
llechncu kommt kaum in Betracht.
3. Trotzdem ist eino Uniformierung6tend«'n/. hinsichtlich der
Zeit vorhanden, aus^^enorinnen schriftlicheö Kechuen, für das
tlberbaopt in beiden Tabellen die zeitlichen YerbältnisBe in der G.
nngQnstiger gelagert sind. Ein Grund dafttr mag vielleich in
folgendem liegen: Bei den Übrigen Leistungen, sovohl den £.
als anch den 6., sogen die meisten Schiller ihre Hüfblinien ans
freier Hand. Bei der 6. anter dieser Bedingung ?mrde auf-
fallender Weise yon allen mit einer einsigen Ausnahme ein
Lineal hieran benutzt, wodnrch natorgemüß VerxGgerungcn ein-
traten.
4. Die Massenarbeit übt auch unter dieser Bedingung in
lUk'kriicbt auf Dauer und üniformierung'stendenz auf die Ge-
dächtuiBleiötuug den günstigsten Einfluß aus.
üiyiiizea by Google
über Einzel- und GeeamtleiBtimg dos Scholkindefl. 345
Zeittabelle snr Y(a). Reihe.
Bedingung: Eecht imcIl
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Diktat
mdl. Beohn.
Eombin.
G«d]lehtii.
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7»
218
10»
i960
24«!
Dvrcii-
Mknittl.
i ^
UM
14T
400
8**
407
784
711
16»
18«
1-
Ott
104
0»
105
1*0
202
2«
Katurgemäß treten hier und auch in Tabelle Vb verhältuismäßig
kleine ZeitzifTem anf.
Für Heihe Va 8tanden nur 13 Vp. znr Verfügung.
Nur in 46,2% aller Fälle beanapmcheu die G. eine kürzere
Dauer als die £.
Hiervon cntfaUe& auf die einzelnen Gebiete in % ^ za-
gehörigen 13
Z..t Vc.
Diktat
mündl. Rechnen
Kombin.
Gedächtn.
schriftL Rechnen i< Gesamtzeiten
48^8
7.3
88,6
81,6 II 80,8
Aaeh die DareliflchnittaBelten xeigen nur in 2 FäUen eine geringe
Differenz zn Gunsten der Uassenleistiing, die aber in den Gesamt-
sdten wieder Tersebwindet» wie folgende Tabelle angibt:
lidlr Ar PafflhAlo^ l 28
Digitized by Google
846 Angort lUy«r,
Z.-t. Vd.
Diktot
miindi Rechnen
KombÜL
(iedäcbtn.
scbriftL Beebnen
Gesamtaeiten
-8^
+ 103
-a,9
+ 7,1
Die folgende Übersicht enthält die prosentnalen Differensen
der mV.
Z.-t Ve.
DikUt
miiudl. Kecbueu
koiubin.
Gedächtn.
Hcbriftl.liechneu , Geaamtzeitea
1
^48,9
+ 18»,S
-17^
+ 7.7 > +19,7
Die UnitbrmicruQgätcndcQz fehlt TollBtändig iu der Kombination
und im schriftlichen Rechnen.
Zur Stutze dieser ErgebniBse diene die nun folgende Tabelle
snr 2. KonlroUieilie.
Zeittabelle zur V'b . lieihe.
Uediuguüg: Kecht rasch.
II Diktat
mdl. Beehn.
Komhin.
QedichtD.
■ehr. Reehn.
Gesamtseit
Vp.
1 ^
' Gesamtl.
Einzell.
Einzell.
1
'S
S
ea
1
a
1
1
Einzell.
a
««
OB
£
1
1
0
BU.
[ 7**
10*5
219
222
622
8»
lOao
11S2
' 26<"
28«t
Do.
1 9^
150
4.%
5»
731
635
1 74B
929
21*^'
23»
Die.
j 10^'
140
4^
608
4(8
647
' 8«
9*0
1 18<«
24^
Eb.
! 10*2
539
1»
335
622
700
1 171«
Iff"
En.
102»
200
; 60«
744
900
9»
1 1038
lÖ"
1 26«
29»
Grä.
1008
2«2
2»
: 6w
G«
70a
1113 ^
12»
11*
282^
321»
He.
&T9
1»
230
340
4»
3»
6»o
640
10»
15»
233
Ka.
1»
15-
4(0
710
6»
738
610
10»
18»
27«
Kc.
815
l-n
240
4tö
41:.
706
10*0
13«
22»^
27«
831
1«
1«
41»
833
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8*7
24»
21«
So.
9«9
142
1.V»
607
608
629
II"''
942
240^
24«s
Su.
1152
200
4»
6«*
6»
13»
12«
26»
2414
Tr.
801
2t2
616
4&5
1010
lOrr
23«
22**
Wi.
749
»
207
142
503
60^ j
760
912
19»
225t
Darch-
■chnittl.,
Zeit
9üo
10«
165
208 ,
453
6« ,
702 1
923
10"
22«
-
mV.
1
0»
0»
0«T
^ j
1»
Ott ^- 1»
^kj-.i^uo uy Google
über Eiasel- und Gemntleiitmig des Sclmlkmdee. 347
'Sür 32,1 aller Gesamtarbeiten Bteben hinsichtlich ihrer Daaern
unter den entsprechenden E.
Für die eiuzelnen Gebiete ergeben sich folgende Frozentzahleu:
Z.-t Vf.
Diktat
mttadl. Bechnen
Kombin.
scbrifU. Bechnen '| Gesamtzeiten
42.9
14^
36^7
96,1 1 SM
Hier 7,ei^ Bich, genau wie in Tabelle Va, daÜ fUr die K.ombi-
nation sich die ungünstigsten Resultate ergreben.
Sämtliche Durchachnitts-G. weisen gegenüber den -E. ein Plus
auf. Dies in % atugedrttckt ergibt naehatehende Obersioht:
Z.-t Vg.
Diktat
mtlndl. Rechneu
Kombin.
Gedächt n.
schriftl. Rechnen
Gesamtzeiten
+ 9,6
+ 17,1
+ 13,1
+ 9,6 ,
1 +18.1
Anch hier liegen, wie in Tabelle Va, die YerfalUtniMe ff^t die
Kombinatioii am vngiliisfeigtteii.
Ferner zeigt flidi hier in viel anflgeprilgterem Mafie alg in
Tabefle Va daa Vorhandensein einer zeiflleb aniformierenden
Tendenz, wie folgende Übemieht» eallialtend die {ircneiftBelen
Diflferenzen der mV., beweist:
Z.-t Vh.
Diktat
mttndl. Bechnen
Kombin.
Gedächtn.
schriftl. Bechnen
Gesamtzeiten
0.0
+43,8
— 48,0
— 89,7
(-3,1)
Knr die kombinatoiiflolie Tätigkeit TerhXh zieh gegenüber dem
uniformierenden Einflaß in beiden TabeUen darchaaz abiebnend.
Eine YerBelmiehEang der Tabellen Ya and Yb ergibt, daß nnr
85,2% «Uer 6. eine kttneie Dauer znkommt als den ent-
sprechenden E.
Für die cinzelueu Gebiete ergeben sich lolgendc Frozentzahlcu:
23*
348 Angnst Mayer,
Z.-t Vi.
Diktat
mttndl, Reohnen
Kombtn.
OedltobtiL 1 0oluifll.Beclinen j Gesamtseitei
44,6
11,1
37,1 [ 48,5 1
26,9
Ich lasse dc8 weiteren folgen eine Angabe der mittleren
Differenzen ftlr die DaiehschnittBleiBtungen (Tabelle Yk) and fkir
die mV. (Tabelie VI), gewennen m den T«belleii Ya und b.
Z.-t Yk.
• —
Diktat
milndl. Bechnen
Kombin.
Gedüchtn.
schriftL Rechnen jj Gesamtzeiten
+ 1,8
+ 22,7
+ 113
+s,ß
+«,^
Z.-t. YL
Diktat
mUudl. Eocbuea
Konibiu.
Gedächtn.
Bcbriftl.Eeclmen|
Gesamtwiten
■
— 20,7
(-22,3)
-hm
— ao,6
-16,9 1
1
Hieraus folgt:
1. Die racisten G. sind von größerer Dauer als die E.
2. Die Darohflohnitto-G. Terlanfen langsamer als die -E.
3. Auch unter dieser Bedingmig ist eine s. T. nioht imbe-
dentende Uniformierongstendenz himiiefatilieh der Zeit tw-
banden, anigenommen Kombination.
4) Die nngUnstigste Stellong nimmt in jeder Benehimg die
komliinatoriiciie -Tlttigkdt ein.
Zusamm enfassung.
In folgendem fa^seu wir die Erge))ui8se nnserer Zeittabellen
kurz suBammen. Zunächst gebe ich der Übersicht halber 3 Ztt>
Bammenstellnngen. Dabei sind die unter den gleichen Bedingimgen
stehenden Tabellen I nnd m, lYa nnd b mid Ya nnd b mitein-
ander vereinigt
Die Obereiehten enthalten:
a. die Angabe, me viel Froient der G. Ton geringeren
Dauern sind als die enfspreehenden E., sowie die pro-
zentuale Verteiluug dieser Fälle auf die eiuzolneu Gebiete
(Tab. YI}i
uiyiii^ed by Google
über Einzel- und Geaamtleidtang des Scbolkindes. 349
b. die DarsteUniig der Zeitdifferenzen swisdieii den Dueb-
sebnittfl-G. imd -E., ebenftUs in Fvozenten aoBgedrllekt
(Tab. VH);
c. eine Angabe der Differenzen der mV. in Prozenten
(Tab. Vm).
Zeiten-TabeUe VI.
1
a = -
CJ -2
0/ 0) a
11=:^
Dikt:jt
B
a
c
a
a
o
»5
a
c
L u. III. Kt'ihe.
Bedingung:
Biach o. AehOn.
1
76,0
63,6
89,3
78,6
85,7
IL Reihe.
Bedingimg:
lUech n. aebOn. {
34,6
1
1
1
3().8
38,.ö
23.1
1
15.4
1
NB. Angefer-
tigt ivHliteikd
der Ferien.
m tt. m Beihe.
Bedingung:
Be«b£ schüu a. I&ngs&m.|
37,6
46,6
26,0
67,1
21,6
1
35.8
1
Va u. Vb Reihe.
Bedingung:
Keclit ra«cli. |
3.5.2
[ l
ri
44.6
1
11.1
37.1
1
4ö,ö
86,9
Zeiten-TUieDe VIL
Diktat
mdl.
: Rechnen
1 1
Kombination
1
1
'S
5
O
*~ a
1
t 0. III. Reihe.
BediurtTn?'
SASch und feiciiün.
1
— 17,ö
— 12,5
■
-38,0
t
— 16,6
— 22,6
TT Reihe.
Raseb ond ■«h9n.
+ 8,0
4-13,2
+ 10,4
i
+ 11^
1
1 + 11,7
NB. Aurr-fpr-
tigt währe üd
der Ferien.
IVa u. IVh Reihe.
BMIlißimg: Recht 1
■ifeO»«. UuigMm.|
1
-1,4
+ 16,6
— 14,4
+ 17.8
1
+ 5,6
fli S. ?b IMhe. 1
+ 1,8
+ 22,7
+ 113
+ 8,6 !
+ 9,7
oiy ii^uo uy Google
35U Angntt Msyer,
Zeiteß-Tabelle MH.
1
MM
Q
2 •
1 1 1 i ii
1
Jl 1
lo 1
Biieh nnd «x-hon.
(
1
l~
- 39.7
-883
1
.-86,7
a B011W.
BediDininff:
Baaeb mul sehOn.
1 1
-i+ 100,0; -la,»
1 i 1
1
NB. Angtftr-
tigt während
der Feries.
IVa n. IVbBeihe.
B^dintrnnfr Rocht
•cbdn n. laofi^am.
-14,0
-»^
— 4»,7
+ 28*8
— 87,6
V» n \'L Reihe. '
Recht raach. j
i
-20.7
- 22,3J
+ 80,6
1
— 30,6
— 16,»
■
1
i-1.7
Aus diesen Talielleu läßt sich entuehmcu:
1) Stellt man uuter normaleu Verbältmösen , d. h. in unserem
Falle während de» Sdiuljahres, deu Vp. die Aufgabe, verschiedene
Arbeiten rasch und srhun zu voUeiifien, so verläuft der grüüte Teil
der G. rascher als die E. Die Bedingungen »recht schön und
langmm« und »recht rasch« verzögern dagegen die Dauern weit-
aus der meisten 6. gegeDllber jenen der E. and zwar im 2. Falle
mehr als im 1. Ungniutig ftr die im Veigleich aur £. ist
die Zeit der Erholung. Veigldiehe hieran Tab. VI, aeokieohte
EoL 21 DaBBelhe Reanltat ergibt dch hinsiohtlieh der Gesant-
seitea bei einer Betmohtnng der Kol 8 in gleicher Tabelle.
2) Die relativ grOBte Zeitdifferenz sn Onnsten der Darob-
8('hnitts-G. ergibt sif;h unter sonst normalen Verhältnissen bei der
Bedii»^uiig »rasch und schön«. Sehr unregelmäßige Resultate in
dieser Beziehung werden erzielt unter der Bedingung »recht schön
und langsam«. Dap:r-i u verzögert sieh unter der Bedingung
»recht rasch« und zur Zeit der Erholung die Dauer der durch-
schnittlichen G. g^nttber jener der mittleren £. Vergleiche hierzu
Tab. VIl!
3) Im allgemeinen darf aaf das Vorhandensdn einer seitlichen
Uniformiemngstendena in der UasBe nnter allen Bedingungen ge-
sehloasen werden. Die Zeit der Erhehmg lOst hd der Beehen-0.
uiyiii^ed by Google
über Eiinel« und OMamfleigtmig des SclnilkiBdm. 3&1
diese Tendenz auf. Ebenso verhält sich dem nniformierenden Ein-
fluflfle der Ma^se geirenUber ablehnend die schrifUiolie Bechen-
leistDog nnter der Bedingung »reeht sehOn ond langsam« nnd die
Kombinationsarbeit unter der Ati%abe »reeht raseh«. Yeigleiehe
bienEQ Tab. YIII!
4. Die gegenüber den anderen Arbeiten weitans gflnstigeten
Besnltate ergeben sieh in zeitlicher Hinsicht fttr die Gedlohtnis-
massenleistun^en. ZiemHeh nni^KiDsti^ dagegen wirkt die Arbeit
in der GcBauitheit auf die Dauer der kombinatorischen Leistuii<2;
Beztlerlich der Erklärung dieser Erscheinungen verweiBe ich auf
den Deutung^fäiverRuch in § 10.
Hiermit allerdings wäre ein Vorzug: der G. g:efj:enUber der E.
eigentlich noch nicht festgestellt. Im Gegenteil wären diese Re-
sultate TOn sehr fraglichem Werte, wenn der Verkürzung der
Arbeitsdauem in der Gesamtheit eine Erhöhung des Felderquan-
tnms parallel ginge. Deshalb legte ieh mir die Frage Yer: Wie
▼erhSli sich nnter den yerschiedenen Bedingungen die G. gegen-
über der E. im Hinbliek auf die Fehlerzahl? Diese Frage soll
in dem folgenden Paragraphen ihre Beantwortnng fmd^.
§ 8. Die FehlerUbeUeni).
Wir werden bei der Diskussion der folgenden TabeEen in der-
flelben Weise yerfahren wie bidier. Bezüglich der Einteflnng der
Tabellen gestatte ich mir auf meine Erörterungen zn den Z.-i zn
verweisen. Eine geringe Änderung tritt bei der Besprechung in-
sofem ein, als wir nunmehr auch das Diktat mit hereinbeziehen.
(Vgl. die FeUertabeUe I auf aiehiter Seite.)
74,3^ aller G. weisen niedrigere Fehlerziffern auf als
die entsprechenden E. Beziehen wir dies uuf die einzelnen Ge-
biete, so erhalten wir, in Prozenten der jeweils zugehörigen 14 G.,
folgende Übersicht:
F.-t. la.
miindl. Kechnen
Koinbin.
, Üeda^jhtn.
Bchrifil. Rechnen j
Gesauitfehler
nA
64,3
'»,6
1 85.7
j 8ö,7
1 (100,0;
(100,0)
1) Ia Zukimft «bgekttnt: F.-t
Digrtized by Google
I
d52 Aiigi»k Mayer,
Fehlertabelle zur L Reihe.
Bedingung: Kasch and schüii.
Diktat
mdl. liechn.
Kouibia.
Gedüchtü.
fchr. Recliu.
Ge&amtfelüef
Vp.
.
'S
a 1
i ;
'S
-s ;
N
M
S
et
'S
5
1 1
a
J
S
o 1
1
OB
c
ä
1 s
Fa.
16
9,75 1
6
23
12,6
64
"21""'
4,76
2.6
101,70
51.75
Fö.
11,6
5.25 ]
3
4 i
14,5
13,5
63
95
8
3.25
90
121
He.
11,6
7,6
>^ 1
2,6
2
22,6
12
60
40
6,76
0,75
93,25
MH.
26.6
21,75'
6
5
23
36
26
20,25
17,25
111,76
84.5
Ot
12,5
13,5
6
6
26
15,6
25
17
8,76
8,25
76.25
60.25
Rt.
2.^.25
13,26
4
2
17
11
41
22
5,26
6
92.5
54.25
Rn
14,20
15.5
5
3
16,6
11
23
15
11,6
6,75
69,25
51.25
Scbä.
lö,7ö
11,5
4
6
8
10,5
45
19
9,6
3,25
82.25
50,25
Sehn.
7,26
1,75
4
3
2
3,5
26
26
10,26
2
49,5
36,25
Schw. :
4,26
4^
5
5
7
9
101
30
3,5
4
120,75
52,ö
Se.
3,5
3,6
2
6
19
13,5
43
41
6,26
3,75
72.75
67.75
Wa.
1,5
5,5
6
3
11
4
26
20
22,76
3.75
66.25
36,25
Wi.
16,26
9,75
6
2
22,5
13
36
81
3,75
11,75
83,5
117i5
Wo.
16
12,6
6
«
IS
18
80
60
1
7.
9
127,5
95^
Feb)er-
durcb
Khnitl
12,9
9,7
4,4
4,2
16,4
11,5
i
1 45,6
3.,.U
9,1
5,9
88.4
67i
mV.
' 4,3
1 ^'^
11 ^'^
, 15.7
18,2
1
1 i 17,0 j
34
Die eingeklaiuiüerten Ziffern werden erhalten bei Abznp: zweier
Gedäcbtuisleistimgen, die ganz enorm p-oße Ziffern aut weisen
(Fö. und Wi.). Die Ursachen dieser Abweichiingren sind nn-
bekannt. Am yorteiiiialltestea sind die Gedächtuisresuitate (?er-
gleiche die Z.-t.!).
Die dnrchsohnittlicben 6. zeigen gegenüber den mittleren E,
XQin Teil ganz bedeutende Beaseningeni wie folgende Tabelle be-
weiit, In weleher die Differenzen der Fehlerwerte In Prozenten
der E. dargestdlt sind:
F.-t Ib.
Diktot
mttndL Beohnen
Kombin.
GedlobtiL
sciirifil.BeeliaeB
1 Gemntfthler
— 24,8
-4,6
— 29,9
— 21,3
—86^
— 24,0
(-24,7)
[-33,9}
Digitized by Go -v^i'-
über Einzel- und GeeamtleistniiK des SdrolkindeB. 363
Die eingeklammerten Ziffern berücksichtigen die zwei abnormen
F3Ü1e.
Ein Blick anf die mV. zeigt, daß sich aneh in ßezng auf die
Fehlerwerte das VorhaudenBein einer AnnäherangsbeBtrebung
konstatieren läßt Sehen wir von den schon erwähnten Abweir
ehnngen ab, so eigibt sieh, daß nur beim mtlndUchen Bechnen
trotz der besseren dnrehBohnitÜiehen G. die Uniformiernngstendenz
fehlt leb rerweiBe hier wiederholt auf das geringe Material, das
den Ziffern zn Grande liegt, wodnreh natttrlich die gewonnenen
Resnltate an Bedentnng yerlieren. Halten wbr dem mttndlieben
das schriftliche Rechnen gegenüber, so finden wir bei dem letzteren
eine deutlich ans^reprägte Unifürmierungstendenz. leh ftlhre in
nachstehender Übersicht die prozentualen Differenzen der mV. an:
P.-t. Ic.
Diktat
mtlndL Beohnen
KoniMn*
Gedlehta.
■ehiifU. Reehaen || GeaamtfeUer
—20,4
1 +60,0
-49,1
+ 10,9
— 17,1
1 +25,9
(- ö0,6j
1 (-33,2)
Es unteriiegt wohl k( iin m Einwand, wenn wir bei der For-
mulierung der Resultate nur die eingeklammerten Grüßen in Be-
tracht ziehen; denn daß ftir beide Ansnabmen abnorme Bedingungen,
gleichviel welcher Art, wirksam waren, das beweist ein Veigleieh
mit FeblertabeUen II and m.
Somit folgt anB F.^ I:
1) Weitaus den meiBten G. kommt eine niedrigere FeUerziffer
im Vergleieh zn den E. sn;
2} Die durchschnittlichen G. weisen gegentlber den mitfleren £.
ein ziemlich bedeutenden Minus an Fehlem auf ;
3. In den G. macht sieh mit Ausnahme vom mllndlieheu Rechnen
eine Unifonnierungstendenz liiusiehtlich der Fehierwerte geltend.
(Vgl. die Fehlertabelle II auf nächster Seite.)
Diese seigt ein wesentlich anderes Bild als die ihr zugehörige
Zeittabelle H, ans weleber sich ergab, dafi die Zeitwerte in
den Ferien nicht zu Gunsten der G-Leistung ausfielen.
64,6^ aller G. stehen hinsichtlich der Fehlerwerte unter den
d. h. sie weisen niedrigere Fehlerziffern auf.
oiy ii^uo uy Google
354
Angut Mayer,
Fehlertabelle zur II. Reihe.
Bedingimg: Bäsch und tehSn.
1 Diktat
mdl. Beehn.
Komhin.
1 OedXehtiL
•ehr. Beehn.
Genn
itnucr
Vp.
, Einzell.
'S
a
i
9)
w
, Gesamtl.
u
, s
a
es
O
Einzell.
•
■3
a
CD
r
Einzell.
Gesamtl.
Einzell.
1
w
F$.
Fö.
9
8,20
99h
5
8
an
CnJ
76
He.
16,86
4
0^185
2^
8
as
83
30
0,5
"075
47,876
45,25
Htt.
88.5
16
4
?
10
16
14
24
8,75
9,75
764S5
69,75
Ot
80
o
3
\A
Vk
89
11,85
9,85
79,85
Ri
86
14,5
4
0,185
Bfi
10,5
26
22
3
2
65,5
Ra.
81
9,75
1
3
13
9
16
11
1,25
1
62,26
33.75
ScUl
ia,7ö
4,25
5
3
5,5
6
25
23
5,25
4,6
53,6
40.75
Sehn.
10,76
^
8
8
0,85
3
30
83
8
8
46
36,5
oehw.
6,75
4,85
8
3^
1
Tj6
55
1.6
2,25
66,25
"70
Se.
6,85
8,5
1^
11,5
6,5
94
61
2
1,76
116,26
74,75
W«.
8,5
3
6
i"
7
6
81
.50 ■
4,25
1,75
47,75
wi.
14,85
14
5
3
17,5
14.5
43
48
5,75
9,25
86,5
"ÜS
Wo.
86,6
8,85
5
9,5
12
31
29
11
12
83
64,25
Fehler-
durch-
Mhattt
16,6
7^
3,4
«1
8,4
8,0 1
37,5
37,1
M
4,4
70,1
60^1
mV,
7,6
8^1
0.8 1
8,9
18^
17^
a.1
Ml
17,2
IM
Ant die oinzclaen Gebiete treffen, aoagedrttckt in Prozenten der
jeweils zugetiöri^n Qt.i
F.-i Ha.
Diktat
mttncU. Bechnen
Kombin.
GedSchtn.
»chriftt. Bechaen
1 OfliamtfeUAr
92,3
46,2
69,2
53,8
1 öi.«
Neben Diktat steht wiederum die OedXchtniflleifltim^ obenaa
Auch die dnrchsehnittlichcn G. repräsentieren gegenüber den
mittleren E. gerin<;ere Felilcrzitfem. Nur beim schriftlic heu Rech-
nen ergebcu bicli fUr beide die gleichen Fehlergrößen. Scbuld
hieran sind offenbar die tiefstehenden Cr. der beiden geringsten
Googl
über jEausel- und Gresatutleistang des Scholkindes. 365
Sehttter Htt. und Wo. Die hieiiier gehsrigen Differenzen, bezogen
auf 100, sind:
F.-t üb.
IHktet
mttadl. Bedmeii | Kombin.
GedXclitii.
■chriftL Bedmen | Ctamlfoliler
— 6a,4
-23,6 1 -4,8
-1.1
0,0 1 -14.3
Desgleichen ergibt sich für die mV. zu Gunsten der G. eine
niebt onbedeatende Differenz:
F.-t. Hc.
—63,9
mttndL Beohnen
Kombin.
GedXohtn.
■ebriftl. Beehsen | GeMuntfohler
-68,9
-7,8
-8,0
+ 12,9 1 -8,1
Nur Behriffliches Beefanen macht eine Ausnahme; es l&ßt die
uniformierende Tendenz Tenmssen.
Somit erhalten wir hier im wesentlichen dieselben Besoltate wie
ans F.-t 1. Zu den Ergebnissen der Z.-i II konstatieren wir dem-
nach :
Eine kurze Ferienerholuug übt wohl iiut die Dauer der G.
gegenüber jener der E. einen verzögernden Einfloß aus, dagegen
ref>r;iHeiitieren die G., mit Ausnahme vom sohriftlicheii Kechnen^
durclischnittlich einen geringeren Feblerwcrt als die Einzel-
arbeiten. Hier drängt sich wohl eine Frage auf, die einer experi-
mentellen Untersuchung wert sein dürfte: Bei welcher zeitlichen
Ausdehnung der Unterrichtsunterbrecbung ändern sich diese Ver-
liitttnisse derart, daß der Einfluß der arbeitenden Hasse eui ge-
ringerer wird und schließlich ins Gegenteil umschlSgt? Auf Grund
Torliegenden Materials lIlBt sich eine Beantwortung natOrücb auch
nicht andeutungsweise geben. Diese Frage hSngt jedenfalls u. a.
aufs innigste zusammen mK der Übnngsfestigkeit der einiehiim Tp.
und bildet ein rrublem iiir sich.
(Vgl die Fflbltttabdl« m tnf nXohstar Seite.)
Sie zeigt im wesentlichen dieselben Resultate wie die F.-t.
I und TL
Auf 80,05^ der G. treffen niedrigere Fehlendffem als auf die
dazu gehörigen E.
Digitized by Google
356
Angnit Mayer,
Fehlertabdlle zur UL &eihe.
Bedingung: Baeeb und MdiOii.
Vp.
Diktat
s
mdL Beclm.
a
s
Kombin.
a
ao
Ged&cbtii
d
Bclir. Bechn. GesamtMIer
a
p
Fa.
Fö.
He.
Mtl.
Ot
Bi.
Bo.
Schi.
Sohn«
Schw.
Se«
Wa.
m
Wo.
so
10
12,25
33^
10,6
19.5
10,6
16,6
14,76
8
9,6
9,26
80,86
80
Fehlfjr-
■lanh-
tchnitt
14^
mV. 6^7
4,25
10,75
81,6
11
23.5
15,5
11,86
11
7
6,86
6,26
16,6
16
12,7
«»7
6
3
1
6
6
6
4
6
6
4
1
1^
6
6
4,3
6
2
2
6
4
3
5_
6
4
4
1
£
6
6
8
7.5
6
IS
16^
18
11^
6
1
6
10^6
6,6
14
9
T
4,0
9,8
1,6
4^
8
1,5
7j6
13,6
13
13
7
6,6
0,86
6
6^
4
9
12,5
36
54
48
88
87
23
15
89
48
81
88
88
49
25
7.6
32,8
9,8
18
46
16
18
17
18
13
16
36
25
87
16
86
20
4,6
0,125
3,25
6,6
3,26
1,76
3
0,76
7,6
2
1,85
8,6
1,6
4,6
88,4
8,1
3.4
1
0,125
0.26
3,26
1±
3.25
2,5
0,76
1.6
2
0,85
4,76
3
4,75
a
*
m
S
c
8,6
73,5
74,^
65,5
84,75
62,26
68,26
44
67,8&
72,75
60,85
63,25
89,75
64,5
64,6
39^
71,25
se^
56,76
4S
m
52.75
43
34
68.5
59.25
1,9 1.7
Die folgenden Tabellen dienen nur zur Stfltie der Ergebrnsse
in F.-t I, weshalb ich sie ohne wettere Disknasion anführe und
auf die ErOrtenmgen zu den F.-t. la, b, c rerweise:
Anzahl der G. mit niedrigeren Fehlerzüfem (in Prozenten):
Jb\-t. lUa.
Diktat
mündl. liechuen
Kooibin.
Gedaclitu.
schriftl. Rechnen
Gesamtfehler
71,4
78,6
86^7
98,9
71,4
98,9
DiHerenzen der DarohBchDittsleiätimgen (in Prozenten):
F.-t mb.
Diktat
mündl. Reclinen
Kombin.
Gedächtn.
schriftl. Rechnen Gesamtfehler
>-14,2
-7.0
-22,4
— 30,7
— 26,5 I
-23,8 1
D I g 1 1 1 z ed by JdoOgK
Ober Emmi- und GeeaintteiBteng des SchnlkiiideB. 357
Differeuzen der mV. (in Prozenten):
F.-t nie.
Diktat
mUndl. Rechnen
Eombin.
Gedächtn.
Bchriftl. Rechnen
1 Geaamtfehler
<^0
— 81^
— 19,0
-17,3
-.10^
1
Eine Venolimelzaiig der Tab. I und III ergibt, daß 77^2^
aller G. geringere Fehlerwerte zukommen als den E. Für die
eiuzeluen Gebiete gestaltet sich das Verhältnis nach Maßgabe der
folgenden Frozentzablen:
F.-t IHd.
Dikttt
mttndl Raehnen
Eombin.
Oedlohtn. tohrilU. Beebnen || Geeuntfiehler
°7m"
71^
89.3
7M
(96,0]
Kachstehend erfolpi: Angabe der mittleren Diüereuzen der Durch-
eohnittBleistaDg (Ule) and der mV. (Ulf.) in Prozenten:
F.-t nie.
Diktat
mttndl. Rechnen
Kombin.
Gedächtn.
schiifU. Rechnen
1 Geaamtfehler
— 19^
— a»,s
—96,0
—90,9
—28,9
F.-t. mf.
Diktat
mUndl. Rechnen
Kombin.
Gedächtn.
Bchriftl. Rechnen
Gesamtl'ebler
— 10,2
—34,1
- 0,7
-13^
+ 8,4
(-34,0)
1-21,2J
HIemacli folgt am TM>. I und IH:
1) Unter der Beduigmig »rascli und flchön« yerringert Bich gegen-
ttber den E. in der größten Zakl der Gr. der FeUemrert
2) Der durehBehnittlichen G. kommt eine geringere Fefalensiffer
zu als der mittleren £.
3) Durch die Massenarbeit wird die Entstehiai^^ einer umfor-
mierenden Tendenz hinsichtlich der Fehlerwerte begünstigt
oiy ii^uo uy Google
358 AuguBt lUyer,
FeLlertabelle zur IV(a}. Reihe.
Bedingung: Becht schtfn und langMun.
Diktat
mdl. Recbn.
Kol
ubin.
Gedächtn.
sehr. Kechn.
! GesamtiVuler
Yd
Einzell.
1
OD
O 1
Einzell.
Gesamtl.
Einzell.
Gesamtl.
Einzell.
B
Einzell.
i
es
u
'S
s
u
E
F»
Fa.
19 n
7
D
m
o
10
Qi
V*
41
0,76
130,7o
62,2o
Fö.
4.5
o
&
Q
Q
0
CQ
Dö
73
A A
4,Ö
1,76
1 81,5
He.
7
1 ,
2
ä25 i
2
3*
49
41
1,76
0,25
61,
MU.
20.5
20
3
1
12,5
11
33
— '
2
6,6
71
Ot
12,5
6,75
6
3 1
16
15,6
40
40
7,26
6,6
<9,75
70. <o
Ri.
i 20,75
10,25
3
2 !
14
10
12
18
6,76
0,75
55,5
41
Ru.
, 9,25
11,26 1
5
3 1
1
2
6
32
34
0,26
2.26
48,5
Schä.
jl2,5
10,25 ;
6
3
1,6
4>
37
24
6,26
2,76
8,76
63,25
50.5
Sehn.
1 2.75
1
2
2
0,26
0,26
20
1
, 27,75
32.25
Schw.
4,75
2
2
4 1
2
1
34
1,5
1 9n
44 2n
40.25
Se.
5
4 75
1
T 1
B,6
4
76
64
1,25
3
88,75
69.75
Wa.
0,120
2.25
0,125
3
2
4
34
38
3,5
3,26
39,75
Ö0.5
Wi.
17
15,5
i3
5
17
7 ;
54
44 !
2
1,25 i
93
?2.75
Wo.
|l9,5
6.25
1
1
i ^
7
10
7,5 i
36
27 1
7,6
^ 1
79
56.75
Fehler-
dnrch-
10,6
1
3,3
3jö_
7,1
6.2
44.1
38,1
3,8
3^
68,9
58,3
mV.
|w 1
4,4 ,
[1.6 )
1
6,4
3.2 j
17,0
9.4|
2.2 j
2£|
30,2
1S3
Nicht wesentlich verschieden von diesen Ergcbni.'^scn, wenn uiieh
in mancher Beziehung etwas unregelmäßiger und ongUiiatiger, ge-
stalten sich die Resultate der Versuchsreihe IVa.
61,4 der G. hahcn eine hevorziij::te Stellung gegenüber den
£. Hiervon entfaUen aaf die einzelneB Gebiete, aiugedrttokt in
Prozenten der sngehOrigen 14 G.:
P.-t IV c.
Diktat
mUndl BeclmeiL
Kombiu.
Ged&chtn.
Bchriftl. Beohnen
Geaamtfehler
78^6
J!0,0
67,1
67,1
9ifi
64,8
1
Ebenso konunt aneh den durchsohnitdiohen G. eine geringere
mittlere Fehlenahl sa als den mitlleien E., wie folgende Diff^
renzeU) in Proaenten ausgedruckt, beweisen:
. Kj _ I y GoOgl
Ober Einsei- und GeBtmfleifituD^ des SelmlkindeB. 359
F.-t IV d.
Diktat
miindl. Kecbnen
Kombin.
Gedächtn.
schriftl. Hcchnen
. GeMintfehler
^81,1
+ «.1
— 12,3
— 13,6
-16,8
-15,4
Auf das Yorhandensein einer Uniformierungstendenz läßt die
folgende Tabelle aeUießen, welche die Differenzen der mV. in
Prozenten niigil>t:
F.-t IVe.
i>iktat
miiacU. Kechuen
Kombin.
Gedächtn.
acbriftl. Kechuen Gesamtl'ehier
'S6,4
— 26,0
— 40,7
-44,7
+ 4,5 II -34,2
Eine Ansnahme macht nur schriftliches Rechnen.
Nahezu dieselben itesoltate erhalten wir durch die Eigänznngs-
reOie IVb.
Fehlertabellc zur IV{b). Reihe.
Bedmgiiiig: Beoht schOn tmd laaguin.
Diktat
mdl. ]
iechn.
Kon
abin.
Gedii
chtn.
1
. sehr. !
iechn.
Geeamtfehier
Vp
'S
1 Gesamtl
' EinzeU.
Gesamtl
'S
a
Gesamtl
Einzell.
Gesamtl
Einzell.
a
«8
CD
O
Einzell.
Gesamtl
RU.
13
5,5
5,25
6
6,5
3
45
42 1
3
1,5
72,75
58
üo.
2,5
0,25
2
6
0,25
1£
94
25 ;
1,25
0,5
100
33,25
Dre.
18,5
6
2
2
18
8
68
57
5,75
1,5
112,25
74,6
Hb.
•^,ö
1,6 '
0,125
1_
3,5
1
45
35 :
1,75
1.5
52,87.)
40
En.
4,75
2,5
0,125
4
1,5
3
49
36 '
0,25
0,125
55,625
45,625
Urä
9,75
8.25
5
6
9
9,5
56
33
4,5
2,25
84,25
59
He.
3
1,25
0,125
0.125
6,5
7.5
40
50
3
1,5
52,625
60,375
Ku.
1,25
4
1
0,125
14
4,5
78
45
, 9,5
0,125
103,75
53,75
He.
1,25
1
5
4
0,125
1.25
30
33
3
1
39,375
40,25
Scho
\.5
3,5
3
2
6,5
3
95
46
0,75
3
109,75
57,5
So.
11,5
6
2
6
6
1,5
45
32
0,125
0,125
; r>4,675
45,675
Su.
2,5
3.25
B
3
ü
36
24
0,75
1
1 46,25
35.75
Tro.
1.25
0.25
; 1
6
1,5
1
34
37
! 0,5
0,25
38,25
44.5
WL
7,^ 1
0,126
7,26
7,76
66
40
1
77,675
64,75
' —s
F«Uer.
6^
3,6
6^0
4,1 j
66,0
88,2
2,6
1,3
[^__
50,9
mV.
1 W
1 w
j 3,7
1
16,6
1 7^
k2,ü
jü,8
10,2
Üigiiizeü by i^üOgle
360
Augiut llayw.
68,6^ aller G. kosunt eine geringere Fehlerzahl zu aU den £.
leb lasse ohne weitere Diskosmon nach dem Vorgänge in
Tab. IVa die entspreohenden prozentaalen Angaben folgen:
F.-t. JVt".
Anzahl der G. mit niedrigeren Fehleraiffern:
Diktat
mOndl. Reclmen
Komblii.
G«dSehtn. | tdiriftl. Becbnen |
GeBMDtfeUer
86,7
42,9 1 60,0 1 78,6 | 86,7 |
P.-t TVg.
Diflferenzen der Durcbschnittsleistongen :
Diktat
mlliidl. Beehnen
Kombin.
Gedichtn.
ichriftl. Beclmen
— 44,6j +68,2
-31,7
-30,6
-«^ 1
1 -89,6
F t. IV h.
Differenzen der mV.:
Diktat
— 66,0
mttndl. Rechnen
Kombbi.
G6dlichtii.|Mbiifi}.BechDeni GesamtfeU«
+ 81,3
— 32,4 j —66,0
— 60,0 II —64,1
Wir fassen die F.-t. IVa uud ]> ziisaiiimeu:
Ori,();f^ aller 0. stehen hinter den Fehlerziffem der E. zurück.
Vou dieseu Fällen treffen auf die einzelnen Gebiete, in Prozenten
angedrückt:
F.-T. IV L
Diktat
mflndl. Rechnen
Kombin.
Qedichta.
Bchrlftl. Rechnen j
Geeamtfelder
82,2 1
1
63,6
67,9
71,6
F.-t. IVk.
Mittlere Differenzen der DorcbBchnittsleistungen :
Diktat mfindl. Bechnsii
Kombin.
Gedttohtn.
Beliriftt. Beehnen
1 Geesmtfeliler
— 37,9
— 37,8
— 22,0
— 22,1
-81.9
1 -22,6
F.-t rvi.
Durchschiüttliche Differenzen der mV.:
Diktat
mfind). Rechnen
Kombin.
Gedichtn.
BehiiftLRedinen
GeearatftUer
-40^7
+ 3,2
1 -36,6
1 -ö0,4
-87,8
Digitized by Google;
über Einiel- nnd GmamllQltftiiiig dfls SehidkiBdei.
361
Aus beiden Tubelleu folgt:
1) Unter der Bedingung »recht sehten und langBam« wird ülr
den größten Teii aller G. eine geringere Fehlerziffer erzielt
als bei den E. Zweifeihftft ist dM Besoltat wir im Hinblick auf
daa mttndlicbe Becbnen.
8) Den dnrobMshnittUoheii G. kommt ein geringeres Fehler-
qnantam so als den mittileien £.
3) Im allgemeinen darf anf das Verhandensein einer nnifor-
mietenden Tendenz gesehlossen werden; eine Ansnalune lüerron
bildet das mttndliche Rechnen.
i^'ehlertabeiie zur Y(a). Beihe.
BedingDOg: Becht itKdi.
1 Diktat
mdl. '.
[lecbn.
Kombin.
Ged'ächtn.
sehr. Bechn.
Gesamtfehler
Vi».
II
1 1
i
«9
at
9
sa
9
a
a
<«
9
m
w i
Gesamtl.
sa
1
S
«8
to
9
o
«>
Gesamtl.
9
US
Gesamtl.
10,6
6
1«
14
37
24
4
2,75
69,25
57,86
n.
6.76
8
1
0.S6
44
96
1
4,75
56,5
44
B«.
10^
18
1
4j2B
0^6
16
10
3,25
2
25
MI.
OL
86,76
81,86
4
4
6
6
7
18.6
17j6
17
83
19
iö
7
3,25
8
9,25
80,5
47,25
77^
76.6
BL
96.76
18,6
1
8
6.6
5.6
16
2,25
3
61,6
60
Bn.
Schi.
10.6
7
l
4
1
4
88
18
7,75
6,5
49,25
43
SduL '
i"
0,86
0[86
18
88
2
4_
29
514»
SdiWt
8^
r
6
8
0,86
8
89
85
4,5
5
59
47
8«.
18^76
18
0^
1
6
18
87
94
3
3,5
55
53,6
Wi.
8^
4,6
4
i"
6,6
88
22
5,75
4,25
36,5
40,26
m
88^
84^
4
6
11.6
41
29
3
2.5
92
83,86
Wo.
18
81
4
6
6
9
14
23
9
5,75
51
64,76
<nrrh- ]| 16,7
14,6
3.1
4.3
1 ^'^
■
23,6
ü
54,0
66,9
■V.
1"
7,9
1,4
(1.43J
' 1,4
1 il,38)
1 3,7
1
9,2
5,3
1
1,9
1,7
^13,6
11,3
Hier ändert sich das Bild wesentlich zu Ungunsten der G.,
da nur 41,5^ derselben einen geringeren Fehlerwert erzielen ab
die E.
AnbiT für Pqfcholögi«. L 24
oiy ii^uo uy Google
362
AnffOBt Mayer,
Fttr die cinzelneu Gebiete erhalten wir in dieser Uinsieht fol-
gende piozentaale Größen:
F.-t. Vc.
Diktat
mllnd]. Bechnen
Kombin.
Gedltehtn.
Bohriftl. Bedmen | QeumtftU«
23,1
IM
69,2
1 1
61,8
Diktat und Gedächtnis erscheinen in dieser B^e hesondeis be-
▼orsngt; ein anderes Ergebnis erhatten wir durch KonlroUreihe Vb.
Anoh die Dnrehsohnitts-G. zeigen gegenttber den in 3 FSUen
eine zum Teil bedeutende Yersohleehternng. Die entsprechenden
IMerenzen in Prozenten sbd:
P.-t Vd.
Diktat
mündl. Eechnen
Kombin.
Gedäcbtn.
»chrifti. Beebnen ji
Gesamtfehler
— 18,6
+ 36,*
+ 187,9
-7*8
+ 9^ 1
ir( tz dieser uugUustigeu Resultate bleibt ftir die Reihe Va die
Uniforuderungstendenz im allgemeinen erhalten, wie folgende Ta-
belle beweist:
F.-t. Ve.
Diktat
mttndi. Rechnen
Kombin.
CMdMebtn. | sebrifU. Beohnen
-»,2
0,0
+ 37,0
-42,4 1 -10,6
Nor Kombination nnd mündliches Rechnen steUen Ansnab-
men dar.
(Vgl die FeUertabelle Yb auf nSehater Seite.)
Knr 34,3^ aller G. ttbertreifen mit Rttcksioht anf die Fehler-
werte an Gtite die X
Die Verteilnng dieser BlUle anf die einzelnen Leistungen ergibt,
in Prozenten ausgedrückt, nachstehende Übersicht:
F.-t Vf.
Diktat
nttndL Bflfthiiftn
Kombin.
Gedlebtii.
sehriftL Beohnen
Geeaatfelder
42,9
42,9
81,4
14,3
ÖO.O
1
oiyui^L-o uy Google
über Einsel- and GewunUeiBtaiig des Sehnlkindes.
303
Fehlertabelle zur Y{b). Reihe.
BediuguQg: Recht rasch.
Vp.
Diktat I mdL Beehn
4>
a
S
e«
00
9
9
3 p
Bit
Do.
Dr.
Eb.
En.
Gfl
Hei
Ku.
Bä.
Seho.
So.
8«.
Tio.
WL
16,26
6,26
16,26
6,26
5,76
20
3
6,25
3,26
6,26
6,26
6,6
4
21,5
9
0,75
17
6^
2,76
15,5
4.75
2,25
£
12.76
8j6
4,6
9j5
21,75
IL
3
2
3
0,125
3
2
2
2
1
3
0,126
0,125
3
3
Ckkttehtn. sdur. Beehn.
s
46
53
43
32
32
32
39
54
47
40
26
45
32
64
i
2,25
0,25
1,25
2,25
0,125
1,6
1,25
0,125
2,6
3,75
0,25
0,25
0,25
3,76
'S
S
es
OB
0)
O
3,75
0,25
1,25
2,25
1
r
i_
3,75
0,125
0,125
2,75
1,25
GemmtfeUer
a
&3
68,675 1 64,25
56 69j6
47,5 72,26
36,875 43,876
32
41,6
67,6
51,76
67,76
68,125
56,5
44,25
52,5
33,876
63 !^
25,75 ( 36,76
29,375
38,375
63
63,625
47,625
92,25
T
8,9
8,7 ; 2,0
32,5 40,9! I 1,4
1.9
3£ II ^6 I 7,8 II 1,1
1,3
46,3
68,9
11,9
11,4
Die DnrehAehnHt»^. sind in Tab. Vb ebeofalh — Diktat ans-
^'enommen — geringwertiger als die Durchsclmitts-E., wie folgende
Angaben answeifien:
F.-t V«.
Diktat mfindL Beohnen
Konibin.
Gedäehtn.
M]irifll.Beehnen
QeaanitliBUer
-2,2| +40,0
-f- 206,7
+ 26,8
+ 35,7 1
1 +27,2
Eine uuiturmiereude Tendenz zeigt sich nur bei Diktat und Ge-
dächtnis. Hierzu folgende
F.-t Vh.
Diktat
mttndl. Beohnen
Kombin.
Gedächtn.
scbriftl- liecUaen
GcsADiti'ehler
+ 44^
+88,2
-8,8
+ 184»
-4,8
24«
üiguizeü by Google
August Mayer,
Fussen wir beide F.-t (Va und b) siuammen.
Nor dSfi^ aller G. aeigen einen niedrigeren Fehlerwett ab
die E.
Auf die einseinen Gebiete Terteilt, ergibt deh folgende über-
siebt:
F.-t. Vi.
Diktet
mfindL Beehmeo
KonlriiL
Gfldlditft. sohriftL Beohnen
1 GetamtftUer
33.4 1
18,6
40,7 1 48,2 II 33,3
F.-t Vk.
Mittlere J>UEiBreiuseii der DnrchaoluüttsleiBtiingeii:
Diktat
mttndi. Rechnen
Kombin.
Gedächtn. schriftl. Rechnen
Gesamtfehler
-7,8
+ 40,4 1+168^^1 +9,6 j +83,0
F.-t VI.
DnrchBdhnitliiolie Differeniflii der mV.:
Diktat
mündl. Rechnen
Kombin.
Gediichtn.
schriftl. Rechnen P Gesamtfehier
1.
-9,8
+ 83/»
+ 63,9
-86^
+ 4^ 1
HieratiR ergibt wich:
1) T^nt«'r der Bedingung »recht rasch« erreicht die Mehrzahl der
G. größere Fehlerziffem als die E.
2} Die Durchschnitts-G. zeigt einen höheren Fehlerwert als die
•E. Diktat bildet eine AnBnahme.
3) Die oniformierende Tendenz tritt nur beim Diktat nnd bei
der GedäcbtnisleiBtimg bervor, sonst ist eine solche nickt vorhanden.
4) Besonders mnft hingewiesen weiden anf die sehr nngllnstige
Stellung der kombinatorischen Massenleistnng.
ZnsammenfaBsnng.
>V ir geben au der Haud der folgenden 3 Übersichten kurz die
Ergebnisse der Fehlertabellen zusammenhängend wieder. Die folr
genden Tabellen sind angeordnet analog jenen am Sohlosse der
Z.-i angeftagtoi:
a. Tab. VI stellt dar, wie viel IVosent aller G. eine geringere
FeUerzifTer anfweisen als die £., nnd wie sich diese FlUe
Digitized by Google
über Einsel- nad Qttiiniftetotoiig des Selmlkiiidee. 365
auf die eiuzeiueu Gebiete verteilen iu Prozenten der zage-
hörigen 6.;
b. Tab. Vn enthält eine Übersicht Uber die Differenzen der
Fehlerdurchschnitte ;
c Tab. Vm endlich gibt die DifferenseB der mV. an.
Fehler-Tabelle VI
: « E S
<y i> C
9 o
. Diktat
0
Oi
B
^
Kombination
*5
'6
O
o
P
Hl
OB
1
—
. 3
Ii
1 a_
L Q. DL Reihe.
Baaeb and schöit. |
77,2
i:78,3;
71,4
71,6
82,2
S&ß
(96,5)
71,4
!89,3
11. Reihe. '
Bedingung:
Baeoh und schün.
64,6
61,6
46,2
69,2
ö8,8
84,6
NB. Angefer-
tigt Miilirnnd
der Ferien*
IV» u. IVb Reihe
Bediiifj^iing : .
Üe^^lit Bcbönu. l:ing»ani.
1
46,6
Ö3,6
67,9
1ö,0j
71^
Va u. Vb Reihe. |
Bedingung: ;
Beofat rasch. |
(
1
38,5 1
1
49,2
:i3,4
1
18,ö
4Ü,7
48,2
1
1
Fehler-Tabelle Vn.
Diktat
a
. o
2
&
Kombination
1
1
Gedächtnis
5 a
-H
1
Gesamtfehler
I
1 a. III. Kcilie.
Bedingung : .
BMk md BehOn«!
— 19,5
— 5,8
— 26,2
-26,0
-30,9
-23,9
TL Beihe.
Bedfagong:
liiinh «ad MhSa.
— 62,4
-28,6
-4,8
-1,1
-14,3
NB. Angefer-
^gt wihxelid
der Feriea.
IFaa. IVb Beihe. 1
Bedingung: Recbt
aehOa o. Ungeam.
-87.9
— 87,2
— 22,0
-22.1
—81,9
-22,6
Ta «* Vb Beihe.
Bedingung ; |
iSaehtiaeeh. |
-7.2
+ 40,4
+ 188,8
+ 9,6
+ 28,0
+ 18»7
üigitized by Google
36ö
Fehler-Tabelle VIU.
T>iktat
(3
• 2
&
o
IS
1
1
•c ^
1-
I. u III. Keihf '
- 10,2
— ii4,l
— Ü,7
+ 8,*
(-81,2)
[1. Hciiic
Bediugim^ ;
-j- 12j9
-8,1
NB. Aug:efer-
tigt wüliientl
IVa u. IN b Reihe.
Betiinguug: Hecht
Bctoii tt. Ungeam.
—40,7
!
— 50,4
-27,8
-44,2
V* n. Vb Eeihe.
Bedingnngr:
Becht nach.
-9,3
+ 23,0
+ 63,9
— 26,2
+ 4,3
-10,3
Hiernach ergibt sieh:
1) Stellt mau verschiedenen Vp. ^'Icielizpifis: die Aufgrabe, einisre
Arbeiten rasch nnd sehiin oder reelit schüu iinti lan^'sam zu voll-
enden, 80 erreicht die Mehrzahl der G. eine geringere Fchlerziffer,
aU wenn die nämlichen Individuen dieselben Arbeiten abgesondert
voneinander anfertigen würden (Tab. Vi Kol. 2) . Dasselbe trifii
im aUgemeinen aneh zn mit Rtleksieht auf die einzelnen Gebiete
(Kol. 3 mit 7). Ebenso ergibt sich, dafi im eisten Falle die Snm-
men der in allen Arbeiten einer Vp. vorgekommenen Fehler nun
großen Teil weit geringer sind als die FeUersummen der ent^
sprechenden E. (Kol. 8).
Verbuig^ num dagegen von verschiedeueu Yp. die gleichzeitige
Anfertigung von Arbeiten obiger Art unter der Bedingung »recht
rasch«, so erreicht die Mehrzahl der 6. eine höhere Feh 1er-
ziffer, al8 wenn unter der?5elhen Bedingung die gleidie Arbeit
als E. vollzogen worden wäre. Dies gilt sowohl im Hinblick aut
alleG., als auch mit Rücksicht auf die einzelnen (Tr})iete und die
Gesamtfehler. Die kombinatorische Tätigkeit scheint hierbei dem
nngOnstigsten Emflnsse zn nnterliegen.
2) Unter der Bedingung »rasch nnd schOn« eigibt sich bei emem
Vergleioh zwischen den Fehleiziffem ftr die Dnrchschnitts-E. imd
Digitized by G(
Ühet Biiuel- und GfwiMntleMtmig de§ SchwlkmdeB. 367
-G. und auch bei den entsprechenden Fehlereummen eine Differenz
zu Gunsten der G. Unentschieden bleibt dies nur für die schrift-
liehe Bechenarbeit zur Zeit der Ferien. Ebenso erscheint die Be-
diognDg »reeht wMn and Uuigsam« fllr alle Dorehschnitto-G.
gUiustig. Von nachteiliger Wirkung dagegen ist fdt die mittlere
Gt. dne reeht rasche Anfertigung der Arbeit In diesem Falle
wird sie ttbertroffen von der dnrohschnittliohen E. Das Diktat
nimmt auch hier eine AnsnahmesteUiing ein (TM>. VII).
3) Unter den Bedinguiig;eu >ni8ch und schön« und »recht schön
und lan^am« macht sich bei der G. eine Uuiformieruugstendenz
hin^'iditiich der Fehlerwerte geltend. Ausnahmen treten uns ent-
gegen beim mündlicheu und schriitlichen Rechnen.
Die Bedingung »recht rasch« löst im mündlichen Rechnen und
in der Kombination, sowie im schriftlichen R< r-lnun die unifor-
mieveiide Tendenz anf. Dieselbe kommt jedoch bei den ttbrigen
Leistongen und auch bei den Fehlmammen znm Dnrchbmch.
4) Besonders beTorzngte Stelinngen nehmen Diktat nnd Ge-
dttchtms ein.
In diesen Resultaten kommt zweifellos die gltiokliche Wirknng
des durch die Arbeit in der Masse geweckten Ehrgeizes zum Aas-
druck.
§ 9. Die dnaUttteBtabeUenM.
Die nun folgenden Tabellen sprechen unter Berücksichtigung
von Zeit nnd Fehlerzahl nach Maßgabe der obigen Erörterungen
(§ 6) den einzelnen Arbeiten einen Qnslitätsgrad zn. Sie sind
für unsere Darlegungen die wlohtigsten. Ans schon erv^Umten
Gfttnden blieb heim Diktat die Zeit anßer Betraehl Es werden
für dasselbe daher in den folgenden Obersiebten an SteUe der
Qnalitilfsziffeni die Fehlerwerte mitgefthrt, die aber bei Berech-
nung' der Qualitätensummen außer acht bleiben. Die Qnalitäts-
ziffern sind auf ganze Zahlen abgerundet. Die Einteilung der
einzelnen Ühersicliten entspricht genau jener der Z.-t. nnd F.-t.
Ebenso halten sich auch die Diskuäsioneu an die bisherige Ordnung.
1) In Znkonfk abgekUnt:
Digitized by Google
Augnat Mayer,
QualitStentabelle svr L Reibe.
Bedio^mig: BaMh mid tM»hOn.
1 Diktat
•
•
j mdl. Bechn.
Kombin.
GedichtB.
1 sehr. Bechn.
Gesamt-
Qualität der
Vp.
Einzell.
1
Gesamtl.
Einzell.
Gesamtl.
EinzeU.
1
o
O
•
Gesamtl.
•
'S
a
««»•
H
a
ä
O
Einzell. '
a
■
s
o
Ffe.
Il6
9,76
u
11
840
94
860
106
68
86
U76 1 836
779 1277
6,86
10
8
191
91
464
1148
114
30
He.
7,6
7
4
166
66
686
866
77
• •
9
884
336
MO.
81,76
19
11
894
86
438
19B
806
178
968
468
Ot
Hajo
io,o
Ii
1 Q
loo
80
181
Do
119
84
474
240
BL'
26,86
'i3i85
14
1
169
98
474
111
71
60
788
863
Bn.
14,86
16^
10
6
109
66
811
71
866
79
666
8U
Sehä.
16,75
11,6
14
12
246
91
400
76
194
42
854
221
Sdin.
7;k
1,76
10
6
17
21
360
199
160
24
647
250
OvUW»
4,85
4,6
17
10
78
60
2727
180
46
43 1
2868
283
8e>
3,6
8^
4
11
170
108
546
333
47
48
766
496
Wa.
1*5
5,5
8
7
93
29
166
67
224
33
481
136
Wl.
16,86
ii76
17
4
884
76
390
1294
63
118
684
1492
Wo.
16
18^
81
13
809
176
8680
788
118
164
2923
1134
Dunh
tohnittl.
— —
18,9
9.7
18,6
8,6
168,4
79,8
740,4
349,1 {
18M
66,6
1016,7
fiOM
mV.
ö,4
8.0j
66.6
86,9j
663,7
810,9
69,6
41,6]
647,0
84,3^ aller G. stehen qualitativ höher als die zagehörigen
E. Auf die einzelnen Gebiete Terteilt, erhalten wir folgende Üi>er-
sioht:
Diktat
mtindl. Rechnen
' Kombin.
Ged£chtn.
schriftl. Bechnen
GesamtqoaL
71^
86,7
99,9
85,7
(100,0)
86,7
86.7
(100,0)
Die eingeklammerten Ziffern berttokflichtigeii zwei abnome 6e-
dächtnisleistungeii-
Sehr günstig gestalten sich hier die Hesoltate für die Dorch-
üigitized by Googl
Ober Einxd- und GMimtlfliBtiuig dM SefaiilkhideB. 909
schnitts-G. , die sämtlich nm einen bedcatenden Prozentsatz die
Qualität der mittiefen £. ttbertreffen, wie folgende Tabelle besagt:
Q.-t Ib.
Diktot
mttndL fiechneu
Kombin.
Gedächtn.
schrü'tl. Kechneu j
—81,7
—47,8
—53,0
Auch eine Betrachtung der mV. ergibt ein ftir die Qualität
der G. vorteilhaftes Bild; die prozentualen Differenzen sind von
ziemlicher Bedeutung:
Q.-t. Ic.
DikUt
mUndl. Rechnen
Kombiu.
Gedftchtn.
schriftl. Kecbnen
GesamtquAl.
-ao,4
— 86^0
— 6S,4
— 443
— 87,4
ADe diese Ziffeni weisen entsebieden hin auf das Vorhanden-
sein einer qualitativen Uniformierun^tendenz.
Die I. Q.-t liefert demnach folgende Ergebuiböe:
1) Die meisten G. Ubertreffen in qualitativer Hiiibiclit die E.;
2) Die durchschnittlichen G. sind ohne Ausnahme besser als
die mittleren E. ;
3) Unter dem Einfluß der arbeitenden Masse entsteht eine be-
dentende qualitative ümformieningstendenE.
(VgL die Qoalitätentabelle n auf nächster Seite.)
Hier kommt der zerstreuende Einfluß der Ferienerholung wie-
der zum Durchbruch. Die Zahl der qualitativ höher stehenden G.
sinkt herab auf 5fx9^. Die relativ nachteiligste Beeinflussung
erfährt die hLombiuation, wie folgende Übersicht beweist:
Q.-t Da.
Diktat!
mUndl. Beehnen
Kombin.
GedXehtn.
MliTiftI.Beohnen
jGesamtqiud.
92,3
6Sfi
80,8
68,8
63^ 1 48,2
Ftlr die Übrigen füoher ist immer noch ein — mit Ausnahme
▼cm Diktat — geringer Aasschlag zn Gmsten der G. vorhanden,
der sidi aber im allgemeinen wieder yerliert, wie KoL 6 bewdst
Digitized by Google
370 Auguet Mi^er,
Qva]itfttenta1>6lle znr II Reilie.
Bedingung: R4LSch and schün.
Diktat
mdl. Rechn.
Kombin.
Gedächtn. !
sehr. Xicchü.
Getarnt*
qiiatität der
« 1
S i
Vp.
Einzell.
Gesamtl.
Einzell.
Gesamtl.
Einzell.
Gesamtl.
Einzell.
Gesamtl.
Einzell.
'S
e
CS
'BS*
1 -
1 —
JTq.
6,75
9
6
6
32
16
875
786
1
' 914
880
HO«
02
4
40
52
85
191
4
Q
O
129 9
WM
Mm,
38,6
15
10
25
112
158
60
228
96
Ii f
278
62B
ut>
90
7^
9
6
66
64
196
136
107
ov
377
296
AI.
86
14^
11
0,3
OO
47
151
132
35
20
233
199^
Um
91
9,75
9
6
TO
64
80
60
14
18
166
121
8cliS.
12,75
4,26
12
7
35
45
162
162
47
246
869
Selm.
10,75
6,6
7
8
1
17 '
199
109
19
19
1 226
168
Sebw.
6,75
4,26
4
6
8
Ü
533
731
I 15
33
; 560
Se.
6,25
3,5
3
_4
94
51
1068
682
' 19
15
1184
668
Wa.
9,5
3
16
5
27
37
101
460
32
16
176
518
m
14,26
14
10
6
92
104
861
367
68
91
606
££
Wo.
26,5
8,25
14
9
69
1^
316
312
121
191
^ 510
Si
Durch-
schnitt L
16,6
7,9
1 8,0
7,0
61,7
66.3
880,4
326,8
43,2
60,7
483^4
441^8
mY.
7,«
3»5
! 4^
t
8,2
28,1
30,0
837,7
197»9
1 31,8
42,3
1 239,4| 810^
Die prozentualen Differenzen der DorohBclinittsleiBtiingen er
geben ein nnrecfelm&ßiges Bild:
Q.-t. üb.
DÜLtat
mttndl. Rechnen
Kombin.
Gedächtn. | schriftl. Rechnen
1 GesamtqoiL
-62,4
— 12,6 1 +12,8
+ 1,7
+ 17,4
+ 43
Auf Gnuid Torstehendw Angaben ist wohl der Schiaß zuliuig,
dafi) ezklnaiTe Diktat, die Zeit der Erholnng auf die darehachoitt-
Hohe G. eine nngünatigere Wirkung anattbt als anf die mltäere E.
Anders rerhält es sich mit der qualitativen Uniformienings-
tendenz, die nur bei der Kombination und beim schriftliehen Reeb-
nen sicli aullüst, im Ubrifz:en aber, wenn anch im Vergleich zur
Q.-i I in gerinjTcrer Ausjjrä^ng, vorhanden ist Dies bestätigea
die prozentualen Differenzen der mV.:
Digitized by Google
Ober Einxel» und GeMuntleittaiig das Sehulkmdfls. 371
Q.-t IIc.
Diktat
ttflndl. Beehnen
KombiiL
Gedichte. 1 schiiftl. Beehnen || QeetmtqnaL
-68»»
-20,0
+ 6,8
-16,7 j +33,0 1
-12,1
Aus Q.-t. n folgt demnach:
1) Die Zeit der Erholung ist im aUgemeinen der G. weniger
{Tünstig als der E.;
2) Die darohflchnittlieheii G. stehen qiuüitatir hinter der mitt-
leren znrllok) aosgenonunen Diktat und mttndliches
Beehnen;
3) Im aOgemeineii ist eine geringe qualitative Unifonnierongs-
tendenz vorhanden; abldmend verhalten sieh nur Kombina-
tion und schriftliches Rechnen.
Qaalitfttentabelle zur TO., Reihe.
Bedingung; Rasch und scbün.
1
Biktat
1 mdl. Beohn.
Kombis.
GedXditn.
scbr.Bechn.
Gesamt-
1 onalitSt 6et
Vp.
i
1
Gesamtl.
Einzell.
Gesamtl.
Einzell.
Gesamtl.
g
1 g
Gesamtl.
Einzell.
s
9i
00
V
o
Einzell.
•
a
«0
s
Fa. !
' 20
7,6
14
12
60
58
297
86
76
11 1
437
167
Fö. 1
10
4^
7
5
42
10 1
367
238
1
1
417
264
He. ,
12.25
10,75
3
28
41
:i30
45
:jo
' 1
390
91
Hfl.
33,25
31,5
16
101
96 j
117
77
63
24 '
293
212
Ot. 1
1 10,6
11
10
9
70
—
158
61
26
42
264
186
Ki.
' 19,6
^.6
16
8
86
65
138
46
16
18
254
137
Ru.
10,5
16,5
8
11
46
36
73
55
30
2()
1.^)7
121
Schä.
16,5
11,25
14
10
43
39 1
157
49
9
8
: 223
106
Sehn.
I 14,75
11
19
8
4
1 i
401
240
53
15
477
264
Schw.
2
7
9
9
31
35
71
94
20
19
1 131
157
8p.
9.5
6,25
2
2
68
44
210
104
10
2
280
162
Wa.
9.25
5,25
4
8
44
33
136
37
48
37
j 232
116
Wi.
20,25
Ki.5
14
iT
77
59
412
187
17
32
1 620
289
Wo.
iäO
10
14
j 89
95
1 143
89
62
59
1 304
267
DuTch-
Mkaittl.
i
1
12,7
1 10,0
8,9 1
64,9
48,9
216,0
100,6
20,7
312^
179,1
mV.
6.7,
4,0
2,8
1 ''''
1 ^^'^1
1
1 19.7
1 12.9
1 96,7
66,8
Digitized by Google
372
August lUy«r,
Ihre Ergebnisse uäheru sich denen der Q.-t I:
76,7 aller G. nehmen eine bessere Qualität« stufe ein als die
E. Hierbei entfallen prozentual auf die yerschiedeneD Gebiete^ be-
zogen auf die jeweUs znaammengehgrigen 14 G.:
Q.-t ma.
Diktst
mUiidl. Beehnon
Kombin.
QedlchtiL
ftcfaziftl. BMhoen
|GoMuntqoal.
71,4
71,4
64,3
92,9
'«.6 1
, »2,9
Ebenso stehen die dorobsehnittliolieii G. (inaUtatir hoher ab die
mittleren E., wie aus folgender Angabe, enthaltend deren prozen-
tuale Differenzen, ersichtlich ist:
Q.-t mb.
Diktat
mündl. Rechnen
Kombin.
Gedächtn.
schriftl. Rechnen
Gesamtqaal.
^14,2
—10^9
— 87,1
-48.7
Desgleieheii ist aueh hier eine nniformierende Tendenz yor^
banden, wie die Unteracliiede der mV., in Prozenten anogedillekt,
heweiflen:
Q.-t nie.
Diktat
mtlndl. Rechnen
Kombin.
Gedächtn.
schriftl. Rechnen
Oesamtqnal.
0,0
-30,0
+ M
— 4Ö,9
-84^
In den Besidtaten ftr Komhinalien und GedllditniB finden wir
wolil weniger dne GeeetznAßiglLeii als yielleioht eher das Walten
eines Zufalles, einer besondem Indisposition oder sehr günstigen
Disposition einzelner Vp. ausgedrückt.
Somit stutzt diese Tabelle die aus der I. Reihe gewonnenen
Ergebnisse, wie auch eine Zusanunenziehung beider Tabellen be-
weist:
80,0^ der G. stehen qualitativ Uber der E.
Verteilt auf die einzelnen Gebiete ergibt:
Q.-t. md.
I>iklat
mtlndL Beohnen
Kombin. Gediditn.
Bchriftt. B«ehneii
■
GeramtqvL
_
71,4
78^6
78^6
89,3
{9tJ,ÖJ
89,3
(96,6)
Digitized by Google
Ober EiiuHl- und GeaamtleistiiDg des Selmlkindes. 373
Q.-i me.
Mittlere Differenzen der Durchschnittsleifitangen :
Diktat
mUndi Rechnen
Kombiu.
Gedächtn.
sohiiftl. Beohnen || GeaamtqoaL
— 19,6
—21,4
DurcJ
— ds,o
Q
HAchnittiici
—68^0
!.-t. mf.
M Differena
-42,2 j -47.4
len der mY.:
Diktecj nilindL Reehnen
Kombiu»
Qe^telktiL 1 eebriftl. Beehnen
Geiamtqul.
^10^1 —27,5
-20,6
1 -«,4
-32^ 1
1 -40,1
Da die ErgebniBse mit denen ans Tab. I ttbereinstimmeay Ter^
siditen wir anf eine Wiederholung derselben. Er^send mnB nnr
uücii hiuzu{;efllg:t werden, daß der Gedächtnis-G. in jeder Beziehung
die relativ gtlnstigste Stelle zukommt
Qnalitätentabelle zur IV(a). Reihe.
Bediqgaiie: Becht schlta loid huigeaiii.
1
1 Dikttt 1
, mdL Becha.
Kombiu. 1
OedMchtn.
Bohr.Beehn.
GesHmt-
qualitüt der
Vp.
S
«8
(D
® i
O 1
Einzell.
Gesamtl.
Einzell.
Gesamtl.
Einzell.
•
OD ^
<Ü
Einzell.
a
«8
s
Einzell.
§
■>
«>
O
Fa.
12,6
7
17
14
104
56
1388
280
79
9
1588
369
Fo.
4
6
8
16
3Ö
602
672
46
20
668
639
He.
7
1
6
0,4
16
27
406
386
20
2
448
415,4
Hfl.
20,6
20
13
13
113
99
243
406
24
67
393
684
Ot
12,6
6,76
12
8
78
83
245
283
77
61
412
426
Ri.
20,76
10,26
7
6
66
66
34
99
36
6
133
174
Ru.
9,26
11.26
13
9
13
40
329
^
2
23
357
407
SchS.
12,6
10,26
16
6
10
37
427
138
74
79
627
260
Sehn.
2,76
1
6
7
1
2
123
m
23
10
153
222
Sehn.
4,76
2
4
10
10
7
166
187
14
9
193
213
Se.
6
4,76
3
13
60
39
786
441
13
26
862
619
Wa.
0,126
2j26
0,3
8
11
24
190
200
30
28
231.3
260
Wi.
17
16,6
6
11
68
37
468
369
21
14
»Ö3
421
Wo.
19,6
6,26
21
19
»
68
293
163
88
126
601
366
D«rch-
lOß
Iß
0,8
M
48,0
44,6
407,1
288,6
" "
39,0
33,4
601,4
^
376,0
mV.
Ö.9
M
1 6,2
36,1
21,2
1 233,7
109,4
23,9
26,7
i
241,6
(176,6J
111,2
Digitized by Google
374
August Ibyer,
Mit einiger Eingcbränknng gilt fUr die beiden folgendea Q.-t
IVa und b dasselbe, was wir den Q.-t. I und III entnahmen:
ö8y6;K aller G. ist in qualitadrer Hinsicht der Yorxng vor den
E. gesichert Daran beteiligen sieh die einzelnen Gebiete mit fol-
genden PrOEOnten:
Q.-t IVc.
Diktat
miindl. Rechnen
Kombin.
OedXohtn.
sehrütl. Rechnen
Gesamtqaal.
78,6
1 «,i
42,9
60,0
64,3
1 «^0
Die kombinatorische Leistung ist hier etwas benachteiligt.
Von den dnrchschnittliehen G. steht nur eine (mflndliohes Bech*
nen) mit einem ganz geringen Proientsatz unter der mittleren E.
Angabe der Differenzen in Proienten:
Q.-t IVd.
DÜLtWt
nttndl. Beebnen
Kombis.
Oedichtn.
—31,1
+ 1.1
-3,3 j
-14.4 1
Ebenso zeigen die folgenden Differenzen der mV., daß die G.
▼Ott einer bedeotenden Uniformierongstendenz beherrscht sind, ex-
klnsiTO sehrifiliehes Beehnen, das aber in Tab. IVb seine nn-
gOnstige Stellung wieder angibt:
(l.-t lYe.
Diktatj mtfndl. Beehnen
Kombin.
Gediohts.
Be]|xiftLBoch]i«i|
Oewuntqaal.
— 2ö,4
-34,6
—39,6
-63,2
+ U,7 -1
-Ö3.6
(Vgl. die Qaalit&tentabelle iV b anf nächster äeite )
Hier Uberragen 68,6 X aller G. qnalitatiy die E. Für die ein-
zehieu Gebiete ergeben siub iu dieser Hinsicht folgende Prozent-
Ziffern:
Q.-t IVf.
Diktat
mttndL Beehnen
Kombiii.
Gedlehtn.
BchriftL Beehnen | OwtmtqimL
86^7
4a,9
67,1
78,6
78,6 1 86^7
Digitized by Google
über Einzel- and Gesamtleistung des Schulkindes.
375
QaaHtätentabelle zur iy.(b] Reihe.
Bedingung: Beoht MhOn und langstm.
1
1
1
i
!
1
Du
tiMt
mdL Beolin.
Kon
ibin.
Gedi
[chtn.
aclir.]
Keehn.
Gesamt-
qualität der
'S
g
H
1 Gesamtl,
•S
1*4
a
2
w
EinzeU.
Gesamtl,
1
Einzell.
Gesamtl.
Einzell.
Gesamtl.
Einzell.
i
a
CS
III
6,5
12
18
78
33
338
367
33
28
466
436
Tin
0,26
6
14
19
1199
227
14
10
1221
270
Um
6
5
4
101
62
734
625
69
18
699
Uli
9 A
15
0,3
3
39
12
410
330
18
18
467,3
363
En.
4,76
9,6
0,4
12
16
m
866
362
4
2
884,4
416
Gii.
9,75
8,25
13
Ii
114
1020
369
61
45
1208
646
H«L
8
1.»
v,iif
44
106
257
679
31
22
332,3
K«.
1,25
4
2
0,3
115
44
740
414
70
2
927
460,3
Bat
1,25
r
12
10
1
10
284
224
48
20
840
264
Sclio.
4.5
3,5
6
4
46
26
1287
391
6
39
1346
460
8o.
11,5
6
4
15
76
15
466
832
2
2
580
864
8«.
8,25
12
«
20
67
270
204
11
19
818
288
Tro.
1^
0,25
2
21
12
7
207
269
6
3
227
290
Wi.
1 14,95
7,6
0y4
16
76
76
647
273
11
jo
734,4
1
414
MkniUI
QuUtU
1
6,6
3,6
6,4
62,3
44,6
622,6
846,4
26,4
19,9
708,7
419,8
mV.
1 ^
1 2,2
1 ^
1
1 27.9
1 304,9
81,3
1 m
1 "^1
[.324,6
98.4
Die Resnltate hiDäiclitlich der Darcliöchnittöleistangen Btiminen
ttberein mit jenen der Tab. IVa.
Q.-t IVg.
DikUt
mttndL Bechnen
Kombin. | OedXclitii. jschzIfU. Bediiittn !| G«s«iiitqiial.
-44,6
+ 88,3
— 14,7 j —44,6 j —24,6 j
— 40,6
In den mV. tritt im Gegensals zu Tab. IVa em Wechaet xa
Gniwteii des sehriMeheD und zu Ungunsten des mUndUcheii Beeh-
nens ein:
Digitized by Google
376 Angm Mayer,
Q.-t IVh.
Diktat
mttndl. Rechnen
Kombin.
Gedächtn.
schxiftl. Rechnen
GesamtqoaL
-66,0
+ 80,0
-78^
— 3^9
—69,7
Wir yeieinigen Q.-i IVa und b. Dadureli ergibt sich, da8
63,6^ aller G. eine bessere Qualitätsstufe eimiehmeii aLs die il.
Diese Fälle v erteilen sich folgendermaßen:
Q.-t IVi
Diktat
mttndl. Rechnen
Kombin.
Gedächtn.
Bchriftl. Rechnen i
Gesaiutqual.
88,2
£0,0
fi0,0
64,3
67,9
Snehen wir die mittleTeii DUferenzen der Dnrohsobniilflleittiingen,
so erhalten wir folgende Tabelle:
Q.-t. IV k.
Diktat
mtindl. Beehnea
Kombhi.
CMKchtn.
■olirilliBecIluicn 1 Gösamtqual.
— 37,9
+ 42,2
-9,0
— 36,8
—19^ 1 —38^
Die folgende Tabelle bietet etne ZimmmeiifMiinng der Diffb-
renzen der mV.:
Q.-t IVI
Diktat
miindl. Boeliaai
Kombia.
OeAtebta.
sehtiflLBediBen
1 GeflantiiuL
— 40,7
+ 2,2
— 29,2
-68,8
-13,6
1 — 61,7
Ans vorstehenden Angaben lesen wir:
1) Die G. Übertreffen der Mehrzahl naeh in qnalitatlTer Hin-
fliebt die E.
2) Die dnrchaelinitttiehen G. nehmen — nit Aniwiabme vom
mllndBchen Rechnen — gegeuttber der mitderen E. eine bevor-
zngte Stellang ein.
3) Nur das mlintllicbe Reebnen laßt in der G. die uuil'ormie-
rende Tendenz vermissen, die sich bei allen übrigen Massen-
arbeiten zeigt
Üigiiized by Google
über Einxel- und Qettmtleistang des Schnlkiiidet.
877
Qaalitäteutabelle zur V(a). Beihe.
Bedlngiuig: Beeht naeh.
1 Diktat
mdl. Rechn.
Kombin.
OedSehtn.
aobr. Beehn.
Gesamt-
aoalität der
Vp
Einzell.
Gesamtl.
Einzell.
OD
v
O
Einzell.
Gesamtl.
Einzell.
B
es
«
C
Einzell.
' _.
a
es
i ^
Einzell. *
Gesamtl. i
Mm»
81.25
10.5
8
11
! 8
67
-11
1 260
112
1 32
29
308
219
9,35
5,75
4
7
1
21
209
6
■).')
220
2U
10,26
18
1
7
4
2
68
19
DO
1 20
42
120
Mll
89,6
25,75
9
ü
27
82
96
87
72
59
204
242
Uv-
7,6
21,25
6
10
37
55
52
86
1 25
60
120
211
BL
28,76
18,5
8
^
20
62
53
34
12
16
87
107
Bn.
Schi.
l^A
10,6
6
6
4
^
90
66
67
49
157
138
Schiu
6,75
7^
6
3
1
2
60
193
13
33
70
231
Scbw.
9,26
1
8
6
1
14
III
117
30
36
150
172
Sao.
18^76
12
0,5
2
30
11
97
83
24
27
161,6
187
Wa.
8,85
4j6
5
6
6
24
78
88
39
23
128
141
Wl
32,6
34,26
6
7
34
52 I
239
144
24
18
303
221
Wo.
18
21
9
9
36
66
31
125
86
68
162
257
Durch- '
KkBlttl.,
16,7
14,6
5,4
2il
15,9
...
46,1
^ 106,5
101,2
33,8
34,2
161,7
188,6
mV. J 8,7
7,9
2,3
13,6
22.7 j} 60,4
37,2
18^2
M.0j
69,7
Der HehraaU nach stehen die Qt. qualitativ hinter ihren
E. zurUck; nur 36,9^ machea hiervon eine Ausnabuie. Aiii die
einzelnen Gebiete verteilt, erhalten wir folgende Übersicht:
Q.-t. Vc.
Diktat { mliiidl. Bacbnea
Kombin.
Oedifihtn.
Bohriftl.BechneD
lOesMot,^
63,8
30,8
0,0
46,2
68,8
1 30,8
Weitaus am meiBten benachteiligt ist die Kombination.
Aach eine Zusammenstellung der Differenzen der Durchschnitts-
leifltangen eigibt, mit Aoflnahme vom Diktat, eine wesentüehe Ver^
seblechtemng der G. gegentther der £.:
AicUt fAr PtfAioIofi«. L 26
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d78 Angiitt Ibyer,
Q.-t Vd.
Diktat 1 mttndL Beehm
KonblB.
GedSehtB. | ■chrlft]. BeclmeB
jGesaaitqiiU.
—12,6^ +31,6
+ 188,9
-6.0 1 +1,2
1 +16^6
Ancb hier gestatten üch ftlr die Kombination die VerhältmBse
weitaus am nogUoitigsIeD, wührend Biktat und GedäehtniB eine
Av^abtne nach der Bichtnng snm Bemeien yeneichnen.
Die Differenzen der mY. lassen nnr mit Rttekrioht anf mllnd-
liohes Reehnen nnd Komldnation eine uniformierende Tendenz yer-
misBen» wie nachstehende Angaben zeigen:
Q.-t Ve.
1
Diktat! miindl. Reebnen
Kombin.
Gedächtn.
Bchriftl. Bechnen
1
1 Gesamtqtuü.
— 9,2|
+ 4,3
+ 66,9
— 38,4
— 23,1
—30,0
vVgL die QualitätentabeUe Vb auf nächster Seite.)
Die Reanltate dieser Tabelle stimmen der Hanptsaebe nach mit
den Torstehenden EIrgebnissen ttbereln.
Nnr 91,4$^ aller G. «bertreffen die E. an Qnalitilt. Die fol-
guude Ubersicht verteilt diese Fälle prozentual auf die einzelnen
Gebiete:
il-t Vf.
Diktat
mllndl. Bechnen | Kombis.
GedSebta. eehiillL Beebnen || OesarntqnaL
42,9
3Ö.7 j 14,3
28,6 ] 36,7 j 14,3
All eil hier nimmt die Kombination die relativ ongUnstigste
Stellung ein.
Die folge u de Tabelle gibt die Differenzen der Darcbsobnitta-
Idstongen in Prozenten an:
Q -t Vg.
Diktat
mQndl. Bectmen
Kombin. ! OedXchtn.
■chriftL Bechnen || GeaamtqvaL
— 2,2
+ 60,6
+ 208,9 j + 31,5
+ 60,2 1 + 41,1
'i
Bis auf das Gedächtnis. des!>«>n G. hier qualitativ anter der E,
tseht, stimmen diese Ergebnisse mit Tab. Ya ttberein.
Üigitizeü by Google
Ober Einsel- mid Gesamfleistiiiig dw SchnUdiidw. 379
Qnalitätentabelle zur y(b). Beihe.
Badiognsg: Beeht nveh.
Diktat
mdl. Rechn.
Kombin.
Gedächtn.
sehr. Eechn.
G6MUIlt> *
qtUÜifSt dtt
•
a
1 o
i .2
l ^
•
5
m
EinzeU.
GesamtL
EinzeU.
S
aa
EinzeU.
'S
a
o
W
EinzeU.
a
99
00
EinzeU.
a
S
o
Rfl
1
1«,86
9
7
f
iß
1
89
419
879
Oft
466
6,26
2,6
4
U
2
3
363
349
2
2
861
866
TW
16416
17
6
6
10
49
107
m
10
12
132
866
Th
6Jt6
6,6
0,2
03
1
14
100
193
14
16
116,2
2283
r.
6,7ö
2,75
6
6
1
19
210
299
1
10
218
334
»
16,6
6
16
49
67
176
224
19
47
249
3fö
HeL
8
4,76
3
8
11
16
123
m
8
16
146
880
Kn.
2,26
8
4
1
Dl
804
412
1
10
309
487
B«l
8,26
2
8
1
1
168
m
27
66
188
807
6,26
12,76
6
4
34
488
250
36
88
473
886
So.
6,26
8j5
0,2
4
1
1
96
1^
3
1
102,2
Iffi
So.
6,5
4,5
0,3
4
2
9
139
248
3
2
144,3
268
Tro.
4
9fi
7
0,2
1
18
194
167
8
29
906
204,8
Wl
21,ö
21.75
*
24
72
133
329
29
12
191
418
*rkluUI.
QuUttt
8.9
8,7
3,8
7,8
28,0
210,1
276,3
12,8
20,6
234,6
330,9
■T.
«3
2,0
9,0
20,6
i 94,8
66,6!
10,2
14,8!
88,5
74,4
Femer TerhSit sicli außer mllxidÜdiem Reclmen und Kombi-
Bstion ancb noeb das scbriftlicbe Beebnen gegenüber dem tmifor-
miercnden Einflasse der Gesamtheit ablehnend, wie folgende Diffe*
reozen der mV. in Prozenten besagen:
Q.-t. Vh.
Diktat! mttndl. Beebnen
KomUn.
GedXohtn. Mhriftl. Beefanen | Qeamntqmd.
-9,4j +66,0
+ 128,9
-30,8
+ 46,1
1 +lö»Ö
Wir yereinigeD in folgendem Tab. Va nnd b:
Nor Uylfi^ aller G. sieben Uber den £. Dies gestaltet sieb
in den einzebien Gebieten folgendermafien:
26*
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380 Angose lUyer,
a-t Vi.
Diktat
rniindl. Rechnen
Kombin.
Gedächtn.
Bchriftl. Rechnen j GeBamtqnal.
48,1
88,8 j 7,4 1 87,0 | 44,4 j, 28,2
Q.-t Vk.
Mittiere Differenzen der Durchschnittsleistungen:
DÜEtet
mttndl. Beehnen
Kombin.
Gedlebtn.
■cIiriftI.Beclueii
-7,2
+ 226,7
+ 13.9
+ 31,8
+8»i8
Q.-t. VI.
Durchschnittliche Differenzen der mV.:
Diktat
mttndl. Kecbnen
Kombin.
Gedächtn.
schriftl. Rechnen Geaamtqual.
+ 80,6
+80,0
-84,6
+ 18,8 1 -88,7
Hierans folgt:
1) Die Mehraalil aller G. steht qualitativ unter den £.
2) Mit Anflnahme Tom Diktat lat die dueliBcliiiittlicbe 6.
Bcbleehter als die initüere E.
3) Nur bei Diktat und (lediichtnis iHßt sich eine Uniformierungs-
tendenz konstatieren. Die QmiHtätenHuinnie sciieint trotzdem eine
solche Aimähernnfrtä1)rstrpbuu£r im allgemeinen erkennen zu lassen.
Daß dieselbe hier Bich nach der "Richtung; zum Schlechteren wendet,
beweist die durelischnittiiche QuulitäteuBumme, welche fUi die G.
größer, alflo geringwertiger ist als fUr die E.
4) Am nnvorteühaftesteu in jeder Beziehung liegen die Ver-
hJlltniflfle fllr die Kombination: Geringste Zald Ton qualitativ hoher
stehenden G., grOfite Differenz zn Ungunsten der dnrohschnitdiehen
G. nnd ICangel jeglieher Unifonniernngstendenz.
Znsammenfassnng.
Wir werden auch hier wieder an der Hatitl dreier Ll)ersichten,
in welchen die Keiheu mit frleichen liedmguu^en — ausgenommeu
Beihe II — vereinigt sind, die ErgebniBse der Qualitätentabellen
ZQSammenfassen:
a. Tab. VI gibt den Prozentsatz der gegenüber den £. besser
zn bewertenden G. an nnd zwar sowohl bezogen auf alle
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über Einzel- and Gesamtleiatang des Schulkindes.
381
Qt. ttberhanpt, als auch auf die in Jedom Gebiete gelieferten
Maaaenarbeiten und auf die OnalifStunnunen;
b. Tab. Vn veraebafft einen Oberblick ttbor die proientnalen
Differenzen der DnrchBchnittsIeistnngen ;
c. Tab. Vni gibt, ebeniailö htLo^üu. aui 100, die Differenzen
der mV. an.
Q.-t VI.
1
'*3^
s S
i « 5^
P i
? ^ s
B
s ^ .2
— Ü
a
1
a
ja
Kombination
i
«1
C
a
o
1— (
*
1
00
t ü. m. Reihe. |
iiaech und schün. j
80,0
(81,3)
71,4
78,6
78,6
89,3
{96,6)
82,^1
89,3
(96,6)
II. Roiho. '
Bedingung; ,
Bweh und sebOn. |
1
1
1
30,8
53,8
o3,8
4G,2
NB. Auf^t'fer-
ü^t während
der Ferien.
IVa u- IVb Keiiie. '
Bedingung: ,
Beeilt idiöii IL Iaiiggtiii.|
63.6
1 ■ 1
H2,2
öO,0
50,0
64.3
II
71,5. 67,9
,1
Ya n. Vb Btibe. 1
Bedlagasg:
Beoht TMcii. 1
84,1
1
1
48,1
33.3
7,4
37,0
1
44,4
22,2
Q.-t vn.
Diktat
l.f
1
3
3j
'S
M
o
I. «. HL Reibe.
Bedingung:
BmA nad icbOn.
-21,4
-32,0
— 68,0
— 42,2
-47,4
II. Reihe.
Bedingung :
Raach und scbün.
1
+ 12,8
+ 1.7
H-17,4|
i
1
+ 4,8
NB. Angefer-
tif^t wilhrcnd
der Fehen.
IVa u. IVb Reihe.
Bedinp^ntr Recht,
HchöQ u. lauguani.
— 37,9
4-42,2
— i),0
-36,8
■
— 1{*,Ö
— aa,8
Va u. Vb Reihe.
Üedifi^ng:
-7,2
1 f
-j- 4G,öj-r 22ö,7|-f- 13,9
1
+ 31,8|
f
+ 29,3
Digitized by Google
382 Angast Mayer,
Q.-t vm.
Diktat
0
c
'1
a
o
1
ä
1
c
i|
1 ;
Ä —
cc ei
C =
■
L tt. IIL Reihe.
Baach and schOn.
— 10,2
-27,ö
— 26,6
-47,4
-32,6
— 40,1
II Kt^e.
Hediiif^unj?:
BuBcli utid t^chün.
— 63,9
— ao,o
+ 6,8
— 16»7
1
1
NB. An^^efer-
t\^t während
der Ferieii.
TVa u. IVl. Rrihc
Bediiif^uu^: Hecht | — 4Ü,i
sclir»ii u l:iii;jn;itij.
-i-2,2
—
1
— 13,6
— 61,7
u. \1) \io'\\u'. '
Recht nach. |
1
— ü.a -1-30,6
1
-r uy,ü
1
1
+ 12,3
— 22,7
1) Unter den Bedingungen >ra8ch und schön« und »recht schön
und luu^^sam« steheu die meißteu aller Geöamtiirbeiten in
qualitativer Hinsicht tlber den E. Dies läßt sicli aueii k »u-
statieren mit UUcksicht unf (Vm jedem einzelnen Gebiete zugehöri-
gen Massenarbeiten. Nur auf die kornUinatorisebe G. scheint die
Erholung einen wenig gttnBtigen Einfluß auszutlben. Eine recht
rasche Anfertigung der Arbeiten drückt die Qualität der größten
Zahl der G. unter jene der £. herab. Dem relatiT ii]igttn8tig8fte&
Einflnfi nnterliec^ unter solchen UmBtttndoi die Kombinationwheit
(Tab. VI).
2) Unter der Einwirkung der enrtgenannten Bedingungen stehen
die durchsehnittliehen 0esaintarbeiten mit einer Ausnahme
(mündliches Rechnen, Reihe IVa und b), auf die wir noch zu
sprechen kommen, qualitativ hölier als die E. Dagegen ftlhrt
die Aufj?abe »recht rasch« oinf zum Teil bedeutende Verschlechte-
rung der durchschnittlichen G. j;egeüubt'i der mittleren E. herbei,
ausgenommen Diktat. Namentlich scheint die Kombüiationsarbeit
unter diesen Verhältnissen besonders an Wert zu verlieren. Auch
die Zeit der Erholung scheint, abgesehen vom Diktat und mflnd-
liehen Beohnen, der Qnalitftt der durohschnittliehen O. ungUnstigw
XU sein als jener der mittleren E. (Tab. VH).
3) Unter allen m Betradit kommenden Verhältnissen liSt äek
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Ober Einiel« und OeMintlelstaiiir ^ SehnlkiadM. 383
im allgemeinen das Vorhandensein einer Uniformiemngstendenz in
der G^eBamtheit konstatieren, die sieh am schärfsten anter den bei-
den erstgenannten Bedingongen ausprägt; amgenommen hierron
Bind nnr BehriflUehes Rechnen nnd Kombination znr Zeit der Er- '
Jiohingi sohriftUehes Bechnen nnter der Av^sabe »recht sohttn nnd
langsam«! sowie mllndliehes Beehnen, Kombination und sehrif^
lidies Rechnen bei recht rascher Anfertigung.
4) Auffallend ist die in Bezng anf Dnrohsehnitts-G. und mV.
durchaus gUoätige Stellung des Diktaten, Büwie der Gedächtuis-
leistong.
§ 10. Bie Versachsresnltaie in ihrer Beziehnng sn den
Bedingungen nnd znr Eigenart der gebotenen Stoffe.
Anf den Znsammenliang zwischen den £rgebni$>^pTi imd den
Bedingungen wurde gelegentlich schon Terwiesen. Wir rnttssen
hier des näheren darauf anrttckkommen, weil durch die jeweilige
allgemeine Aufgabe die Stoffe je nach ihrer Eigenart besonderen
BeeinflussQQgen unterliegen und darin ihr abweichendes Verhalten
cum Ten stine Ursaehe hat
Zwei Momente waren es, das zeitliche nnd das Fehlermoment,
welche durch die Bedingungen variiert wurden. Die erste Anf-
^rabe setzt beide einander gleich, die zweite empfiehlt einer be-
sonderen BerU( ksi( liti^'-un^ die (lualitative Seite, welcb letztere
alsdann in der dritten Bedingung unter ausschließlicher Betonung
des zeitlichen Momentes vollständig außer acht gelassen wird.
Ich schicke meinen Erörterungen 5 Tabellen voraus, in wel-
eben die Besultate im allgemeinen nach Fächern ausge-
schieden sind. Hierbei finden 3 Zeichen Verwendung: — , +
nnd 0. Entsprechend der bisherigen Übung gibt — die günstige
und + die nngUnstige Stellung der 0. gegenüber der E. an. 0
bes^, daß ffSr beide Leistungen die Verhältnisse gleich Torteil-
liaft gelagert waren. Jede Tabelle enthält 3 Kolumnen, geschieden
durch senkrechte Doppelstriche, mit je 3 Abtcilnnpren. Die An-
gaben der 1. Kol. beziehen sich auf die Dauern, die der 2. anf
die Fehler und die der 8. auf die QualitMt der Gesamtleistungen.
Die Zeichen der 1. Abteilung einer jeden Kolumne beziehen sich
auf die Zahl (Z) der den einzelnen Gebieten zugehörigen Gl. und
bessgen demnaeh, ob fUr die Mehrheit der G. die Ergebnisse gün-
stiger (-—) oder ungünstiger (+] Bind wie flir die £. Die Angabe
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884
der 2. AbteiluDg einer jedeu KoIuiudü uimmt Rücksicht aut die
dorchschnittlichen G. (D.-L.) and die der 3. auf die mittleren
Yariationeu (mV.).
Tabelle IX. (Diktat)
Zelt
PcUer.
Qiudttft
Z.
D.-L.
mV.
Z.
D-L.
mV.
Z.
D.-L.
■V.
I. u. III. Kt'ihe.
II. Reihe.
1
IVa. u. b. Keiho.
Va. tt. b. Keibe.
1
Tabelle Z. (mOndl. Becbiieii.)
II
i
z.
Zeit
D.-L.
mV.
Z.
Felder.
D.-L.| mV.
1
Z.
QuUtit
lD.-L.| mV.
1. u. UI. Keüie.
_ 1
II. Reihe.
4-
IVa. u. l). Keilie.
r
4-
4-
0
+
-f
Va. 0. h. Keibe.
1
II
+
+
Tabelle XL (Kombination.)
Zeit
Febler.
QmOltit
Z.
D.L.
mV.
z.
D.-L.
mV.
1
Z.
ID.-L.
I. u. III. Reihe.
!
1
- i
II. Reihe.
! +
+
^ 1
4-
+
IVa. u. b. Reihe.
+
— 1
0
Vfti n. b. Keihe.
1 +
+
1 +
Tabdle XU (QedMebtaiia.)
!
i z.
Zeit
D.-L.
mV.
Feblei
D.-L.
mV.
Z.
^oalttl
D.-L.
L u. m. Reihe.
II. Reihe.
IVm. u. b. Reihe.
Va. n. b. Beihe. |
: 4-
1 +
4-
1
- j
4-
1
+
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über Eiuzel- uuü Gesamtleistung des ächulkiudes. 385
TabeUe XIIL (sehriftl. ReohnenO
F«Uer. '1
QulitXt
i
Z.
D.-L.
mV.
z.
mV. •
z.
mV.
i
II. Reihe. ; +
+
+ 1
■ '
0
IVa. n. b. Reihe.
+'
_ .1
Va. u. b. Keihe.
1
+ 1
- 1
1
+ II
+
Im allj^eineiiien zeigt sich, daß, abgesebeu von der nster dem
Eiiillus.^e der Ferieaerholunp; atehendeu Reihe II, deu Bedingrnnfrcn
entsprochen wurde. Für Keüie I und III konstatieren vorstehcude
Übersichten durchweg gleichmäßig günstige ErgebniBße in Kttck-
sieht auf Zeit, Fehler und Qualität In Reihe IVa nud b le^en
die Vp. dai Hwptgewiobt auf korrekte Arbeii, okae jedoch die
Rfiekaiohtiialinie auf die Ikßtarbeitendeii km^chtUefa der Dauer ane-
tniehHeBen, wie die ftr die G. ^genllber den K geringeren mV.
in Kol. 1, AMeOnng 3 ?en Beihe IVa nnd b in flftmflioben obigen
Tabellen beweiaen; nnr mttndliches Reebnen Terbittt sieb bier ent-
gegengesetzt (Kol. 2 und 3 der Reihe IVa und b). Eine Erklärung
hieriiir durfte kaum erheblichen ächwierigkeiten begegnen: Beim
mündlichen Rechnen handelt es sich in erster Linie um das Be-
halten von Zahlen. Ist nun die Vp. bestrebt, die einzelnen Ope-
rationen müglichst gewissenhaft und korrekt, wie verlaugt war, zu
vollziehen, so wird hiermit in den meisten Fällen eine Verlänge-
rung der Dauern parallel gehen. Die Folge davon dürfte alsdann
nieht selten ein Vergessen der Zahlen nnd damit die UnmOglieh-
keit oder Ünriehtigkeit der LSsnng sein. Derartiges filBt sieb im
ScfaiUleben des öfteren konstatieren. Dafi diese Erseheinong be-
sonders in der G. hervortritt» hat wohl seine Ursache in der Eigen-
art der mttndlichen Reehenversnebe: Jede Vp. sobrieb das Resultat
sofort nach der Gewinnimg nieder, ohne erst einen au die Gesamt-
heit eigens hierzu gerichteten Befehl abwarten zu müssen. Natur-
gemäß entstanden zwischen den Leistungen der einzelnen Vp. Zeit-
differeuzen. Ein Streben, dieselben auszugleichen, war otfrniur
vorhanden, wie die flir die G. geringere mV. besagt. Hatten nun
die besten Schüler mit dem liiederschreibeu begonnen, so war dies
1) Erklärt durch den Gebrauch des Lineals bei der G. Siehe Diskussion
* der Z.-t IV« md b.
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386
Angnat Magert
fUr die meisten das Signal, das Gleiche zu tun. >^icht wenige Ter-
suchten dabei duroh das Niederbeugen zum Schreiben wenigstens
den Sehein zn wahren, als ob auch Urnen die Lösung bereits ge-
lungen sei Dum begann bei diesen in der Kegel wohl ein noch-
maliger heftiger Vennioli, die An%abe zu bewiltigen. Sehlieftlieh
erfolgte die Niedeitehiift dee Ergebnisses oder die Angabe der
LOsnngsyenncliei wobei viele offenbar nur dem dnreh die raseher
Arbeitenden auf sie ansgettbten Zwange gehorehten. Der letztere
Umstand war zweifellos auch bei den meisten übrigen Rechencre-
samtleistuügcn wirksam gewesen. Einigermalieu zur Erklüiaug
der Ausnahmestellung iu dieser Reihe trägt er eben nur bei im
Zusammenhalt mit der obig^en Erwägung, betreffend die Verlänge-
rung der Dauern und dem jedenffiHs damit zusammenhängenden
Verlieren der Zahlen. Es muß allerdings dahingestellt bleiben, ob
bei einer entspreehenden Mehmng des an sieh geringen Stofifes
dieselbe Erseheinnng an Tage treten würde. Gerade bei soleb
kleinen An^ben, in giOfierer Zahl gestellt, dürfte bei den späteren
Anfgaben gegenüber den TOiheigQgangenen der Einflnfi der Übimg
wohl wirksam sehi.
Womit die Yerlüngening der Dauern der kombinatorisohen G.
iu Reihe IVa und b zusanunenliiingt, läßt aicli schwer mit einiger
Sicherheit angeben. Venuuriit'h spieleu, wie der hohe Prozentsatz
der die E. an Dauer Uberragenden 6. (88,9) zu sageu scheint,
hier in der Gesamtheit Ablenkungen Uberhanpt eine relativ
größere Rolle als iu der E.
Die bedeutend reduzierten Zeitziffern in den Tab. Va und b
beweisen, dafi hier, entsprechend der Bedingung »recht rasoh«
das Hauptaugenmerk anf das aeitiiehe Moment g^ohtet war.
Trotzdem non in der 6. infolge der besonderen Anregung des
Ehrgeizes durch die ßrl&ntemngen zur allgemeinen Aufgabe natui^
notwendig ganz besonders des Streben herrschen mnfite, mtfgiichst
rasch zu arbeiten, repräsentieren die Dauern der O. — mit Ans-
uiiliine vom Diktat — durchgängig einen höheren Wert als die der
E. Die Ursachen dieser Erscheinung haben wir jedenfalls in der
Eigenart der Bedingung zu suchen: die Ubermäßig strirke Be-
tonung des Zeitmomentes hatte schon in der E. im allgemeinen
das Streben zur Folge, sich durch besouders rasches Arbeiten aus-
zuzeichnen. Dasselbe gipfelte bei der G. in dem Verlangen, mit
zu den Ersten zu gehören; daher die nervOse Hast und Unruhe in
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über Einzel- und Oesamtleistang des Schulkindes. 387
der arbeitenden Marne. Bei einem solehen Verfiüiren moBte natar-
notwendig die Fehlefziffer einen hOfaeien Wert enelohen. Damit
ging wohl parallel eine gewiBse Unaieherheit, die jl a. anob in
den vielen Selbetkonrektoren sam Ansdraek gelangt Hieiaiu er-
klärt sieb jedenfalls die Verzf^genrng gegentlber den E., bei wel-
chen ja dieses Drängen durch Mitarbeitende fehlte. Der Einzelne
konnte mit mehr Ruhe und darum mit mehr Sicherheit seine
LeiätoBgen vollziehen. Darauf dürften wohl zurlii kzulilliren sein
die relativ {ireringeren Fehlerwerte und die weniger häutigen Öelböt-
koirektareu, sowie die kttraeren Dauern gegenüber den G.
Eine Verscblechtening der Qualität resp. eine Vermehrung der
Fehlerziffem im Vei^leich zu den E. tritt unter der Bedingung
»reebt raaehc nur bei der Diktat-6. niebt ein. Dieaer Umatand
etklürt fliob ans der Nator derVerancbe: Bei derE. wnrde sofort
naob vollendetem Niedersebxeiben dnes Absehnittes mit dem Dik-
tieren weitergefabren, ein noebmaliges Dareblesen des (Geleisteten
und eventuell Yerbesseni war also hier ausgeschlossen. Dagegen
mußte in der G. stets auch auf die Langsamsten Rücksicht ge-
nommen werden. \s odurch der rascher Arbeitende Gelejrenheit hatte,
das Ni» (it im'scliriebene nochmals m übt rsebeu und auch Korrek-
turen auzubringeu. Dazu kommt noch, daß, laut den Beobach-
tungen, diejenigen, welche anfänglich am raschesten mit ihren
Leistungen fertig waren, allmählicb sieh mehr den Übrigen ein-
gliederten, wohl nnter der Voranssetanng, dafi es ibnen aneb mit
etwas weniger Eile gelingen werde, den andern gegenüber im Vor-
teil an bldben. Damit war ihnen die Möglichkeit einer etwas er-
hShteren Eonientration auf die Korrektheit der DarsteUang ge-
geben. Im «brigen muß bemerkt werden, daß ein Vergleicb des
Diktates mit andern Leistungen aus schon erwähnten Gründen nur
im Hinblick auf die Fehlerwerte zulüsöig ist.
Die ungttnstif!:e Steliun«; der Kombination in Reihe Va und b
erklärt sieh vielleicht auö der Annahme, daß infolge der abnormen
Bedingung in der G. besonders stark ablenkende EinfltlSfie sich
geltend machten.
Die Gedächtnisleistung in Beihe IV und V weicht insofern von
den nnter die gleiehe Bedingung fallenden Versuchen ab, als hier
auch mit Rllcksieht auf die Fehlerwerte eine uniformierende Ten-
denz wi^am ist Dies erklärt sich eben daraus, daß es den Vp.
möglich war, in der G. die Mitarbeitenden infolge des wenn auch
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388
Atugiut Mayer,
geringen Geräusches der ZLililu])parate einigenDaßen zu beobachten
und eich ansBpasaeB. IHeser Umstand venirsachte yieUeiobt mit
die beronugte Stellung der Gedttehtnisleiitiing ttberbanpi
Die im allgemeinen etwas nniegehnSBigen Beanhate der II. Reihe
durften in dem Hinweis auf die serstreaenden Einfltlsse der Ferien-
erholnng, wodnreh wobl in den einaebien Vp. eine günstigere Dis-
position ftlr die Ablenloiitjsr durch Mitarbeitende geschaffen wird,
ihre befriedigende Kikliinm^^ findcD. llberblicken wir die vor-
stehenden Tabellen, so fallen uns dnrch ihre günstige Stellung be-
sonders auf Diktat und Gedachtui^*. Die Erklärnnc hierfür liegt,
wie teilweise schon betont wurde, eben in der i^atur der Versuche
selbst.
Selbstverstäiidlieh iLonnte mit Vorstehendem nicht beabsichtigt
sein, eine Erklärong aller kleineren Abweichungen m venuehen;
das durfte kaum gelingen. Es sollten DentongSTersuehe eben nur
in größeren Zttgen unternommen werden.
Unsere Untersuchungen haben zweifelsohne ergeben, dafi die
bei weitem vorteilhaftesten geistigen Leistungen zu stände kommen
in einer Gesamtheit, die nnter der Bedinj^iug »rasch nnd schön«
arbeitet. Wir haben letztere daher mit Üecht als die Normal-
b e d i n ff u n g bezeichnet. Ungünstiger gestillten sich im allgemeinen
die Kesultate unter dem Einflüsse der Ferienerholnng oder nnter
der Bedingung »recht schön nnd langsam«. Die relativ gering-
wertigsten Leistungen dagegen liefert die in der Gesamtheit arbei-
tende Yp., wenn ihr die besondere BeTOrzogung des zeitiicben
Momentes zur Aufgabe gestellt wird.
Veisnohen wir eüie psychologische Erkl&rung dieaea all-
gemeinen Tatbestandes. Wir kUnnen yon der Yoranssetzong aus-
gehen, dafi das Quantum geistiger Energie, mit welehem die Yp.
den von ihr geforderten Leistungen gegenUbertritt, nnter normalen
Verhältnissen in gewissen Grenzen eine Konstante repräsentiert.
Es liegt nnn einesteils au den besonderen Umständen, bis zu
welchem Grade dieser disponible Vorrat au Energie wirksam
wird, audernh iln aber bän£!;t es von der allgemeinen Aufgabe ab,
nach welcher Kichtung hin diese Energie ihre Tätigkeit vor-
zugsweise entfaltet. Nun scheinen in der arbeitenden Gesamtheit
unter normalen Bedingungen und Verbältnissen weit günstigere
Umstände wirksam zu sein als in der z. B. die Anetfenmg
durch andere y der Ehrgeiz, wodurch alsdann ein giOfierer Tdl
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Ober Elnsel' und GeMuntieiBtang dM SohalkindeB.
389
dieser Inteiiteu Energie umgesetzt wird in ;tktuclle). Es liegt nun in
der Kompetenz der jeweiligen aligemeiuen liedin^ruug, diese p:eistige
Energie sich besonders nach zeitlicher oder uach qualitativer Seite
hin ent<en zn lassen. Die Normalbediogung weist auf eine an-
nXhemd gleiohheitUehe VerteiliiDg der rerf^baien geistigen Kraft
anf die erwähnten beiden Momente bin and enielt daher die Tor-
teilhaftesten Hesnliate. Nnr snr Zeit der Ferieneiholnng seheinen
in der Qesamtheit besondeis ungünstige Einittsse, s. B. die Zer-
Btrenong, einer ansgiebigen Entfaltnng der gdstigen Eneigie mehr
entgegenzuwirken als in der E. Dagegen durfte sich unter der
Bedingung > recht sebüu uiul langsam« der größte Teil der geisti-
gen Kraft der K au ktheit der Arbeit zuwenden. Daher wohl die
bevorzii^rtc bteiluug der Feliler- und Qualitiitswerte gegenüber den
Zeitzifferu. Daß unter solchen Umständen die G. die besseren
Resultate erzielt, weist jedenfalls hin auf die besondere Aneiferuug
durch die Mitarbeitenden, infolge deren auf das Feblermoment ein
bedeutenderes Angenmerk g^chtet wurde. Absorbiert dagegen
unter der Bedingung »recht rasch« das idtliehe Moment den größten
Teil der geistigen Energie, so wkd auch dessen ToUe Entfaltung
verhindert Infolge der Vemachlllssigung der qualitatiTen Seite
entsteht eine unverhüItDismäßig starke Feblermehrang, die alsdann
in der G. eiueu ablenkenden und so einem besonderen Wirksam-
werden entgegentretenden Umstand bildet. Es entsteht dadurch
jedenfalls ein der Arbeit kaum förderlicher, ständiger Wechsel in
der Riebtung der Autmerksanikeitskon/cntration von dem Zeit-
moment zum Fehierwert und umgekcbii;. Naturgemäß muß diese
Erscheinung in der Gesamtheit viel prägnanter als in der £. zum
Ausdruck kommen wegen des dort sicherlich hemchenden Wett-
eifers, der unter diesen Umständen einen besondere Terwirrenden
und ablenkenden Einfluß austthl
Als gans selbstrerstladlich durfte bu betrachten sein, daß durch
diesen ErkUbrungsT^uoh die Individnalitttt der Yp. absolut nicht
au^ge$!cbaltet sein soll und darf. Es ist ganz wohl mit dieser
Theorie vereiiibui, dali lüfulgc unkontrollierbarer Um&täude nud
individueller Kigentttmliohkeiten unter sonst gleichen Verbältuissen
die geistige Energie bei zwei Vp. in einander entgegengesetzter oder
doch wesentlich von einander verschiedener Weise wirksam wird.
Hierauf Rücksicht zu nelmien ist der Zweck des folgenden Parar
graphen.
Üigiiizeü by i^üOgle
390
Aagut ICayer,
§ 11. Die Individualität der Yp. in ihrem Terhältuis
zu den Versnchsresnltaten.
Hier kann es sich eelbstredend nicht am eine BerUcksichtiginBg
aller znfSUig wirksamen besonderen Umstilnde und der hieraoB
entsprungenen Abweiehongen handeln. Das würde sn weit fnhrsB
and hiefie Unmögliches Teisaohen. Wir haben eben anentwiekelte
Yp. Tor uns, denen es nie soreichend gelingen dttrfte, alle avBer-
ordentlicben Dlspoeitionen oder Indispositionen anzugeben. Wir
werden daLer, trützdem jeweils vor den VcrBiichen die Schiller
anf<rcfordcrt wnrden, besondere Abweiclinnjreii von dem psychi-
sciifii (rleichj^ewicht anzujrclK'ii , mit muiicheii imkontruIHrrlinren
EiuÜUssen za reebnen haben. Gerade deswegen würde man sieb
bei zn eingehenden Erklärnngsversachen sehr ins Keich des Pro-
blematischen verlieren. Es soll in folgendem nnr yersiicht weideni
danrostellen, wie sich besonders prKgnante Erscheinungen sn der
Atr die Yp. g^benen Charakteristik verhalten. Eine ToUstSudig
erschöpfende Behandlnng der Bexiehnngen swisehen Yersnchsergeb-
nissen and Charakteristik liegt natürlich auch nicht im Rahmen
dieser Arbeit, konnte auch schon wegen der von Tomherein be-
tonten Relativität und UuvollHtUndigkeit der Skizzen nicht von
dem frewUnseliten Erfolg niein. Hier kann ich mir einen Mangel
dieser Ciiarakti ristiken , der mch bei den nun folgenden Be-
sprechungen er^'ei>en hat und auf den im i^ut'e derselben hinge-
wiesen werden wird, nicht verhehlen. Sie entbehren, obwohl
einer eingehenden Beobachtung entsprangen, einer exakten und
sicheren Grundlage. Ans experimentellem Material müssen in Zn-
knnft nnanfechtbare Charakteristiken in synthetischer Weise, Zog
nm Zag, gewonnen werden. Trotzdem erfüllen unsere Charakte*
listikeB einen guten Zweck, wenn sie durch ihre Unvollstindigkeit
die Nachteile einer auf der Beobachtung schlechtltin und nicht auf
dem psychologischen Experiment flifiendai Angabe indlvddneller
Eigentümlichkeiten diirtuu.
Es kann sich bei unsern Erörterungen nur um jene 14 Vp.
handeln, die lici den IIaui)tver8nchen tätig waren; von den iiln i::eü
mtlssen wir schon deshalb abschen, weil uns von diesen nur zwei
YersnehBreihen, darunter keine mit der Normalbedingnng, zur Ver-
fügung stehen.
Unsere Yersuchsresultate erstreckten sieh im wesentlichen
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über Einiel- tmd GMamdeiitonff du Sehidldiides. 391
1) auf das Verhältnis zwischen E. und G.,
2) ftuf die Beziehongen zwischen den in der Masse arbeitenden
Vp., die rieh ansdrUcken in dem Yorhaadeiiseiii oder dem
Fehlen einer uniformierenden Tendens.
Auf diese beiden Punkte gehen wir denn aneh hanpiaftehlieh in
folgendem ein. Auf das, was aafierhalb dieses Kähmens liegt,
werden wir nnr gelegentlich hinweisen.
Wir schicken den Besprechungen stets 2 Obersiehten Yorans
(Charakteristiktabellen, abgektlrzt durch Ch.-t.), welche das Ver-
bältcu der in Rede stehenden Vp. nach den oben bezeichneten
2 Richtungen hin darstellen.
Ch.-t. a und b enthalten stets 5 Kol. zu je B Abteilungen.
Abteilung 1 bezieht sich auf die Zeiten (Z.), Al)teiluüg 2 auf die
Fehler (F.) und Abteilung 3 auf die Qualität (Q.) der Leistungen.
Die yerschiedenen Kolumnen gehören den einzelnen nf hieten an.
Beihe I nnd III sind zusammengefaßt und zwar in beiden Tabellen.
Die Hinns- nnd Haszeichen in den Oh.-t a konstatieren, dafi
lieh die O. gegenüber der £. im Vorteil (— ) oder im Kaehteil (+)
befindet; die Ziffern 0 weisen auf ein gleichmUBiges Verhalten
beider Leistungen hin. In der Gh.-t. b, die rieh auf die mV. be-
rieht, kommen drei verschiedene Zeichen in Anwendung: Q, —
und -f-- O besagt, daß die G. der betreflfenden Vp. den lüiliiiien
der mV. nicht übersteigt. Wird kein weiteres Zeichen hinzu-
geftlgt, so steht die Arbeit des Individuums crenau in der Mitte
zwischen dem oberen und unteren Variationsgebiet, kommt also
der Durchschnittsleistung gleich. und Q« geben an, daß die
6. in das obere bez. in das untere Variationsgebiet hineingreifen.
SohlieBlich deutet — an, dafi die G. nicht einmal die untere Re-
gion erreicht; dies kommt nnr den besten Arbeiten an. Schon
hier sei darauf hingewiesen, dafi diese Vp. die eigentlichen Ftthrer
der arbeitenden Gemeinschaft repräsentieren, denen die Übrigen
oaehstreben. Das Zeichen + scfalieBlich besagt, daß die G. das
Gebiet der Schwankungen ttbersteigt Wir besprechen die Vp.
der alphabetischen Keihenfolge nach.
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392
I. Fa.
Augiut Mayer,
Ch.-t la.
Diktat
1 luuuul.
1 Kombin.
Gedicht.
Bcliriftl.
Bechnen
1
Z- 1 F. 1 Q.
Z. 1 F. 1 Q.
ZiF.
;z.lF.iQ.
Z.
F. Q.
z.
,F.|Q.
I. u. III. Reihe.
1 1-1
|- oj~
_
-r
II Reihe.
IV. Reihe *
1
1 •
i :
1
~ 1 —
1
V. Reihe.
1 1
+ 1+1
+1
Clh.-t. Ib.
1
i
Dikttt
mflndl. 1
' Rechnen !
Kombin.
Gedickt.
! schriftl. ' gl
Rechnen
MMill
ICH
Z. i F.
Q.
Z.
|F.
Z.
|F.
Q.
Z.
F. Q.
Z.
F.
Q. Z.
F.
Ln-in. Reibe. 1
C u
:
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Ou
^ U - II
0,
n. BeOie. i
1
1
IV. Beihe. 1» 0^
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o„'o°io„
4-
-
0.
T. Bdbe.
■■" \
u
r
j
1 +
o„ +
0*
0'
Die Besnltate der Nomalreiheii I and III Btiimiieii hier ?oU-
kommen mit dem aUgemeiBen Ergebnis ttbereuou Der Schiller
unterliegt eben, wie wenige andre, in gans beBonderer Weise dem
Einflösse der Gesamtheit Die Charakteristik sagt: »Sein Auftreten
zeigt Mangel an Selbst?ertranen nnd gro8e ÄngsÜiehkeit«. Diese
Zttge scheinen darch die Masse Tollständig aufgehoben hczw. in
dcu Hintergrund j^edrän^^ zu werden. Mit Ivlicksicht aut Ztit,
Fehler und Qualität Uberrai^eu die G. die E. Nur selten konnte
im Unterrichte ein derartige» geistiges Anfraflen des SchMlers und
ein 80 prägnantes Hervortreten seiner Leistungsfähigkeit beobaehtet
werden. Es muß dahingestellt bleiben, ob nnd inwieweit dies mit
der Grüße der arbeitenden Masse snsammenhängt. Aber anf jeden
Fall wäre es interessant, wenn aneh mit vielen Umstftndliohkeiten
nnd Schwierigkeiten Terknllpft, experimentell zu erfoisohen, hei
welehem Um£uige die Gesamtheit auf solche verzagte Naturen,
wie die in Rede stehende und aueh auf alle andern den besten
EinfluB ausübt und wo und unter welchen Umständen diese gün-
stige Einwirkung ihre Grenzen findet Dieselbe wird wohl je nach
der Individualitiit etwa«? variabel, jedoch vielleicht innerhall) ge-
wisser Grenztu lutmi rliin konstsmt sein. Daß aber ein solcher
EinfluU des Umfang es der arbeitenden Gesamtheit besteht, scheint
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Üb«r Einsel- imd QeMmflflifteBg dw SehnlkiiideB.
mir neben der Beobachtung in der Schale uuoh durch die Rede-
wendung, »eine trige, MsiiwerflÜlige MtMe«, einigennnBen geahnt
n «ein. Eine Unteisnehnng diaBea Problems wttrde mgleieh ein-
gieifen in die Finge der KlnsaenbeeetsEiingi indem hierdueh der
expetimentelle Naebweit gefiefert werden kOnnto^ welche Sohfller-
sab! nngeftbr dem Erfolg des Unteniebto am günatigeten besw.
am ungünstigsten wäre.
Auffallend vorteilhaft wird durch die Gesamtheit das sonst
weniger leistungsfähige Gedächtnis dieser Vp. sogar auch unter der
ungünstigsten Bedingung (Reihe V) beeinfluüt, ähnlich iu Reihe IV.
Bei ihm re<ri eben der durch die Arbeit in der Masse genährte
Ehrgeiz, der, wie die Skiaze verzeichnet, außerordentlich stark ent-
wickelt ist, seine Leistungsfähigkeit ganz besonders an. Dies zeigt
ancb Tab. b, in welcher sich beinahe in jeder Reibe eine zum Teil
stemUeb anqg^rigte allaeitige UniformierangBtendenK geltend macbt.
DaB diese bei ibm, dem Sebwacbbegabten» in der V. Beibe teilweise
sn einer Veiscbleehtermig der Q, Waea. mnfite, ist selbBtrerstttndltcb.
Bei dieser Yp. baben wir es Tonngswdse mit einem optiscben
Typus fXL tun nnd zwar nicbt nnr mit Rtteksiebt anf das GedSebt-
nis. Dies beweist vielleicht auch seine Vorliebe fUr das Experi-
ment. Diesem Schüler fällt ein Denken ohne begleitendes Ge-
richt» bild, also eine abstrahierende Operation oder eine solche, zu
welcher er sich eine Verstellung, gleichviel welcher Art, erst selbst
bilden müßte, sehr schwer. Vielleicht ist hier Mitursache seine
günstige Disposition für ablenkende Reize, die sieb unter solchen
Umständen in emer unter abnomien Bediogungen arbeitenden Ge-
samtbeit wobl nocb steigern wird; daber vielieieht die im Yei^
baltnis xn andern Vp. siendieb beben nnd also geringeren Qvali-
tttewerte der mllndlicben Reeben^S-.
^ Cb.-t Ha.
■y iiu 1 1
Diktat
rnttndl.
Beehnen
KomblA.
Gedicht
Bcbriftl.
Beclmeii
Sonmea
Z.
z.|
Q.
Z.
F.|
Z.
Z.
z.\
F.
h JL in. Reibe.
0
+'
+ '
+'
n. Reibe.
+
0
0
+
+1
+
^ IV. Emilie.
+ 1 +
+
+1
1+
+
i+
-11-
+
1) An geelgiieter Stelle benits m deuten vemuebt weiden.
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m
Angnte Hiyert
Ch.-t. IIb
1 Diktat
1
mUndl. 1
Rechnen
Kombin.
Gedächt
Schrift].
R«ehnen
im«!
Z.
F.
Z.
F.
Z.
F.
Z.
F.
Q.
Z.
F.
Q
Z.
F.
L 0. TTT. Reihe.
:o
Ou
o„
-H
+
+
Ou
Ou
-h
4-
II. Reihe.
O"
Ou
1
+
+
Ou
Ou
Qu
o
+
Reihe.
o.
ojo"
o°
Ou
O*"
+
+
+
Ou
o„
4-
V. ßeihe.
1
1
-
1 +
^1
+
1
Hier tritt ans eine darchaus selbständige Natur entgegen,
die «ich weniger geneigt zeigt, dem Einflasse der Masse nacbzu-
geben. Die Konzentration auf sieh selbst ist ttberlianpt ein Grond-
mg des ganzen Wesena dieses Schülers. Und doeh erseheint
nnter normalen Bedingungen in der Gesamtheit seine Lei-
stung günstiger als die Elnzelarhelt, obwohl er sonst sel-
tener vom Ehrgeiz sieh beeinflnBt zeigt. Mitnrsache mag hier
wohl der Uiastaud gewesen sein, daß er hinter diesen Arbeiten
gauz besondere Zwecke vermuttte, wie er gelegentlich seinen
Kameraden gegenüber einmal äußerte. Die Resultate der Reihen
I und III und der Reihe II stimmen, ab^i^esehen vom Gedacht iih
in Reihe II und einigen geringen bchwauknngen, im großen und
ganzen mit dem Gesamtergebnis ttbcrein. Diese Abweichnngen,
sowie jene der Kombination in Reihe lY dürften teils auf beson-
ders wirksame Ablenknngmi, die sich aber der Kontrolle entaieheni
teils anf seine Selbsttadigkeit znrttckznfthren sein. In Beihe Y
füllt, wie ttberhanpt dnrchweg in CL-t üa» die herorzngte Stel-
Inng der GedSchtais-G. auf. Das mechanische Gedächtnis dieses
Sohfllers ist von ziemlicher SchwerfÜligkeit, wie die jeweils yer-
hältnismäßig hohe Anzahl von Wiederholung:en bestätigt. Dieser
Umstand beweist, ä:d). wie Boltun tiurch seine Untersuchnngeu 'j
fand, eine Parallelität zwischen Intelligenz und f-edUchtnisleistung
nicht besteht. Wir konstatieren, wie sebon hervorgehoben, aus
Tab. a eine besonders günstige Einwirkung der arbeitenden Masse
anf die Gedächtnisleistnng. Dies geschieht anf Kosten der Uni-
fonniemngstendenz, welche sich in der Gesamtheit wohl unter dem
Streben nach einer guten Arbeit auflöst (Tab. b). Auch diese Tat-
sache scheint fbr eine im Yerhültnis zur sonstigen Begabung wenig
1) Bolton, The gtonth of memoiy in sehool children. Amer. Joua. ni
psyehoL IV. 1892.
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über EiQzel- uud Gesamtleistung des Seimikindes.
395
Torteflhafte EntwioUnng de» mechaiiiseheii GedftchtDisfles za Bpiecben.
Sonst bemerken wir fast durebwegi daß sich die meisten Arbeiten
der Vp. im Kähmen der mittleren Scbwanknngen bewegen; viele
Lelstongen greifen nur in das untere Yariationsgebiet binein, einige,
namentlich aber die kombinatorischen, erreichen nicht einmal die
untere Grenze. Diese Tatsuchen scheinen einigemiiiBcii durch den
in der Gesamtheit wirksamen Ehr^reiz. mehr aber noch durch die
vorzügliche Reo-abung der \ ]i libi rli;iu])t bedingt zu sein. 8ie ge-
hört zu den ludividnen, die durch ihre Leistungsfähigkeit die Mit-
arbeitenden aneifem, zu jenen also, die man als KlassenfUhrer zn
bezeichnen gewohnt ist. Die besonders bevorzugte Stellung der
Kombinations-0. dtirfte in dem Hinweis auf die in der Gbarakte-
riatik berrorgdiobene lebhafte Phantasiefittigkeit, die sieb wobl
unter dem Einflösse der Hasse noeh lebhafter gestaltet, ihre be-
friedigende ErkUtrang finden. Was sieb als allgemdnes Eigebms
ans dieser Disknssion beranskristallisiert, ist die Tatsache , daß
anch eine Vp. von auBgesprocbener Selbstilndigkeit und sogar von
Ter&chlossenem , die Einsamkeit der Gesellschaft vorziehendem
Wesen ebenfalls, weuu auch weniger intensiv, dem günstigen Ein-
flösse der arbeitenden Gesamtheit unterliegt
m. He.
Ob.-t nia.
■ -\ ■
Diktat
mUndl.
Kombin.
GedMcht.
Schrift I.
" ■( •
Rechnen
Kechnen
z.
Z.
F.
Q.
Z.
F.
Q.
Z.
Z.
Q.
Z.
F.
1
+
_
_
-1-
4-
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
l^Bsihs.
+
+
+
+
+
+
+
Gh.-t nib.
1 Diktat
müudl.
Rechnen
Kombin.
OedSeht.
schriftl.
Rechnen
Snminni
Z.
F.
Q.
Z.
F.
IQ
Z.
F.
Q.
Z
Q.
Q.
Z.
F.
Q.
iKlkSLBelbe.
-1
oj
-f-
o.
Ou
Ou
o.
o„
oi
o„
Ou
^ D
Ou
Ou
o.
+
o„
o*»
Ou
o*
Ou
+
Ou
o«
26*
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396
Angart Itoyer,
Von angeiKhr g^eker LaatBngsfähigkeit wie Fd. imterli^
He., jedooh in viel aiiBgepillgterer Weise, den EinfliiMe der Ge-
Bamdieit VeEBcMedenes mag hierren die ümohe sein:
ZudkM steht He. sn F9. in Besag snf SeUwUlndlg^eik is
einem riwnlieh staiken Gegentais und besitet ein namlieftes HaS
Yon Ehrgeiz. Sodann aber charakterisiert sich He. als eine mp-
Töse^ leicht erregbare Natur, die be^^rcil licherwciHc für ablenkende
Reize äußerst empfUngUcb ist. Des weiteren muß noch hervoi^
hoben werden, daß ihm sein eiserner Fleiß in VerlMüduii^^ mit
ziemlicher Übimgsfähigkeit ein hohes Maß von Gewaudtiieit in
jeder fiesiehnng sichert, das sich in der G. unter normalen Be-
dingungen infolge der Anregung des Ehrgeiies besser ausprtlgt
als in der fif l>ei wdeber ein derartiger Ansporn niolit Torhandon
Ist Daß aneh He. mit an den anrsgenden Elementen geliflct»
lehrt sin Bliek aof Tab. b. Die mdsten Arbeiten bewegen sieh
In der enteren Vaiiationsiegion, resp. sie erreidien, namentiidi
im Beohnen, sehr bfinfig nicht einmal die nntere Orenxlioie. Die*
ner Umstand ist hervorzühebeD , weil sich gerade im Rechnmi in
dea öuutitijjeü Schulleistungen eine ziemliche Schwaukung konsta-
tieren läßt. Kine Erklärung dafür dürfte gegeben sein in der
enormen Ubuii^^t^fuhi^^kcit dieser Vp., vermöge welcher sie sich
in kurzer Zeit dem Gang der Aufgabe anpaßte, der ja in den
einzelnen Fällen nur ganz unerheblich voneinander abweicht
Vielleicht kommt auch ftlr diesen Schttler der Umfang der arbei-
tenden Gesamtheit in Betracht Femer mnfi znr ErkUlrnng ?sr-
wiesen werden anf den enorm entwickelten Ehrgeiz, der die Vp.
reianlaBte, unter der Wirksamkeit der Masse möglicherweise ia
Verbiadnng mit dem Bewußtsein Ton dem anßerordentlielien Oha-
lakter der Arbeit, ihre LeistongsfUhigkeit in ausgiebigster Weise
auszunutzen. Dafi sich das mündliche Rechneu in Reihe V dem
schriftUchen entgegcn^xbcUt verhält, liegt vielleicht neben dem
geringen StoÖumiang an der unter dieser abnormen Bedingnng
fhr eine Vp. von so leichter Erregbarkeit noch gesteis^erten Ab-
Icnkbiirkeit, fllr welche ohnehin schon infolge der Eigenart de.s
Stoffes im allgemeinen eine etwas günstige Disposition bestehen
dürfte. Die Ergebnisse der Tab. a, Beihe II zeigen durchweg
eine Verschlechterung der Ct* gegenüber der £. Die Ursiiudie hie^
Ton wird wohl zu suchen sein in der zur Zeit der Ferienetlielaflg
gesteigerten EmpfitaigBi^eit dar Vp. ftr die Ablenkung dnreh die
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Ober Eliisel- und GeMuutleiftang des ScbuIkindeB.
397
Masee. Dorch die fortwährenden &ei8treaenden Einflttofle wlUireiid
einer floleh«B Periode wird natnrgem&B die Konientitttion der
Aofinerksamkeit bedeutend ersdiwert, munenilich aber in der Gt.
Die willkttrliehe Aufinerksamkeit durfte atadann kanm im stände
sein, eine Tellatindige nnd danemde geistige Sammlnng herbei-
snllÜiieD.
IV. Mtl.
Ch-t IVa.
Diktat
mändl.
Beebnen
Kombin.
Gedieht
schriftl.
Bechnen
Smineii
Z.
Q.
z.
Z.
F.
Z.
F.
Q.
Z.
F.
Q.
Z.
JU u. Iii. Reihe.
H. Reihe.
!
+
+
+
+
+
+
+
IV. Reihe.
+
+
+
+
+
+
+
AJ.IWbe.
+
+
+
+
-
Ch.-t. IVb.
Diktet
milndl.
Rechnen
Eombin.
*
1 Gedicht.
Bcbriftl.
Beebnen
SimiiieB
|z. IfJq.
Z.
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I. n. III. Reihe.
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4-
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II. Reihe.
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4-
4-
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O**
IV. Reihe.
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+
4-
4-
4-
4-
4-
4-
4-
4-
4-
V.Bfihe.
4-
+
4-
o.
4-
4-
o.
4-
4-
4-
Hier IftBt aieh, was Ton nielit m nnterschlltiender praktiseber
Bedeotnng ist» konstslieren, daß dnreii die Uassenarbeit, ansgefUirt
«nler nonnaler Bedingong, aneh Vp. Yon senst geringer LeistiuigB-
flkigkdt TCttteflbaft beeinflnfit werden. Wenn aneh die Qoalitftt
der O. — (JedKehtnis anogenommen — zun Teil noeb tief unter
dem Durchschnitte steht und Uber die obere Variationsgrenze weit
hinanägreiit iTab. b, Reihe I und III), so läßt Bich doch eine
Bessenuig den E. gegenüber nachweisen. Die Ursache dieser Er-
ßcbeiiiunp- dürfte eine ähnliche sein wie bei der Vp. Fa.: Die
regelmäüig eich zeigende Angätlichkeit nnd leicht begreifliche
Unsicherheit schwindet in der Gesamtheit; in demselben Maße
sebeint sieb aueb das beinahe vollständig maagefaide Selbstver-
trauen einzustellen. Sebließüob darf angenommen werden, daß
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998
Angl» t Hftyer,
der gute WilloM hier sicherlich nicht fehlte und sich jedeniidls
nnter dem Einflüsse der arbeitenden Masse nooh yerstärkte, dies
beweist daa VorhandenBein einer nnifoimierenden Tendenz hin-
fliolililieli der Zeit nnd teilweifle anoh der Feuer. DaB trotzdem
die Beanltato die Stnfe der Mittelmäßigkeit bei weitem nieht er-
reiohen, liegt eben an der Unfähigkeit des Sehttlen. Nnr das
Gedttehtnia macht hierron eme Ausnahme (Tab. b). Hier fallen
die Leistungen, abgesehen von Reihe IV, in das Gebiet der mV.,
zum Teil sogar iu die untere Region. Sein Gedächtnis ist ebeu,
wie die Charakteristik besagt, rein mechanisch tJitig, und oft ge-
ling-t es ihm, iu erstaunlich kurzer Zeit Memonerstofle zu bewäl-
tigen. Hier ii^t offenbar die Möglichkeit einer Anpassaug au die
ttbrigen gegeben.
Bei dieser Vp. besteht ohnehin schon eüie gttDStigc Disposition
für ablenkende Beize. £a itt wM anannehmenj daß sich dieselbe
zur Zeit der Erholung noeh mehr steigert So erkUit Bich jeden-
&1b die unglbutige Stellung der G. in der II. Beihe ans der ab-
lenkenden Emwirknng der Maaae. Dieae maeht sieh namentlich auch
geltend in der Auflösung der Uniformierangstendenz ftac diese Reihe.
la der IV. Reibe zeigt die kombinatoriscbe G. einen Vonug
gegenüber der E. Derselbe erscheint jedoch als ein nur zufälliger,
Bobald wir die geringen Zeit- nnd Fehlerdifferenzen ins Auge
fassen. Beim miliKllichen Rechueu schließlich wird die bessere
Qualität dadurch erzielt, daß sich die Dauer verhältnismäßig be-
deutend verringert, ])egleitet von einer Erhöhung des Fehler£ftktoi8.
Im ganzen wirkt für diese Vp. auch unter der Bedingung »reoht
schon und langsam« die Gesamtheit naohteilig auf die Leistungen
ein. Die Ursachen liegen yielleieht in ^ner im Laufe der Ver-
suche sich allmlfhlich einstellenden Interesselosigkeit — einer hier
nicht gerade seltenen Erscheinung — , möglicherweise finden wir
hier die Konatatiemng einer durch das ganze Schuljahr augesanir
meHen Ermüdung. Beides bat sieherlich eine erhöhte Empfind-
lichkeit für Ablenkungen, wie sie in einer arbeitenden Masse ge-
boten werden, zur Folge. Wir mllßteu all dies auch zu einer
Erklärung der Autlusuug der uniformierenden Tendenz in Reihe
rv und V mit hereinbeziehen.
1) Man erwMge, daß die Schiller sieb fteiwillig &a den VenNidieB betei-
ligtfln. fflentis ist wohl sn scbließen, daß wenigsteiu der gute Wille, den
Anfordenmgen sn genfigen, Torhaaden war.
Digrtized by Google
Ober EiliMl- und GetamtleistiiQK des Sdmlkindes. 399
V. Ot
Cb.-t. Va.
Diktat
mfbdl.
Rechnen i
Kombin.
Gedächt
aohrilltl.
Bedmen
Summen
Z.
Z.
Z.
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|z.
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0
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TT T^<«:i>n
U. KeillC.
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IV Reihe
4-
-f
+ 1
V. Reihe.
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+ 1
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+
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Ch.-t.
Vb.
Diktat
mttndl.
Rechnen
Korn bin.
Gedächt.
sehrlfll.
Rechnen
Summen
Z.
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F.
Q
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Z.
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Z.
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U. Reihe.
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IV. Reihe
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V. Reihe, jj
0"!
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+1
+
Ou
Ou
OttjOtt
-t
o*
Wir begegnen hier keiner wesentlich neuen Erscheinung. Im
gfanzcn untersteht auch Ot. dem günstigen Einfluß der Masse, wie
namentlich das Verhältnis der G. zu den E. in den Reihen I und
III und Reihe U (Tab. a) beweist. Die Wirkung des bei ihm
stark entwickelten Ehrgeizes findet ihren besonderen Ausdruck in
Tab. b. Nor wenige G. ttbenchreiten das Variationflgebiet; die
meiBten bewegen rieh in der obeien nnd unteren Region, einige
sinken sogar nnter die tlefiite Grenze berab. Namentlieb die (Je-
diehtaisieistang erfreut sieb in dieser Hinsiebt einer besonders
günstigen Stellung, die wobl anf die größere LeiBtangsDUiigkeit
des meebanisoben GedScbtnisses Vberbaupt sartteksnfUbren sein
dürfte. Infolge derselben wird wahrscheinlich unter dem Ein-
flüsse des Wetteifers für die G. ein bedeutend günstigeres liesuitat
erzielt als fUr die E.
Hingegen scheint sieh die Schwerfälligkeit seiner Phantasie
im Verhältnis za jeuer Lebhaftigkeit, wodurch sich die Besscrcu
auszeichnen, namentlich auszudrücken sowohl in den lelatiT hohen
FeUerzablen der kombinatorischen Leistungen, als aneb in der
siemlieb geringen Neigung zur Uniformientngstendenz (Tab. b).
Diese letstere Ersebeinnng ist weniger aaf Ifsngel an Eifer (TgL
Digitized by Google
400
Angn^ Hayer,
die Zeitangabon der Tab. b!), als vielmehr auf partielle Unfähig-
keit zurttckzafUhren.
Ähnliohea läftt sieh aaoh fttr die 8chrifitli<^ Beebenarbeit im
Hinbfiok anf die FehlenÜfem and ihr YeifaJUtius zu den Dnreh-
Bcbniitaleistaikgeii (Tab. b) koratatieten. Fehler und Qiulitili zeigen
nur geringe AnnXhemng an die DnrohsehnittileiBttuig nnd greifen
aogar Uber das Variationsgebiet hinans. In den anf die Zeit aieh
beziehenden An^ben in Tab. b kommt fast durchweg das oben
scjhon betoute Charakteristikum dieser Vp. — der außerordentlich
starke Ehrgeiz — zum Ausdnick.
Daß bei der V. Reihe eint ViTscblerbternnfi^ der G. eintritt,
dürfte bei der leichten Ablenkbarkeit uud der ausgesprochenen
Konzentration dieser Vp. auf das zeitliche Moment (Tab. b) bei-
nahe als Notwendigkeit erscbeiuen. Diese avssefaliefiliche Rich-
tung des Angemnerks aof die Daner der Leistangen seheint aach
der Umstand zn zeigen, daft selbst bei Znrttekdriingnng dee zel^
Heben Faktors, wie solehes dnieh die Bedingung der IV. Beihe
gesehah, die G. eine TeriilltnismlSig selir knize Daner anfinweiBeB
haben. Daher kann die Vp. — aber aneh nnr — in dieser Hinsieht
den die Gesamtheit fhhrenden Elementen bdgezählt werden. Daß
unter bulchen Umständen die kombmatorisclie Leistung in der Ge-
samtheit (Reihe IV und V) einen geringeren Wert repräsentiert als
die E., bei welcher iid'olge der Abgeschlossenheit von andern jenes
treibende Motiv nicht so stark wirksam gewesen sein dürtte, ist
wohl bei der mäßigen Leistungsfähigkeit der Phantasie ein sehr
natarliehes Ergebnis.
VL Ri.
Ch.-t Via.
Diktat
mflndl.
Rechnen
Kombin.
Gedacht
f
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Beohnaa
Summ«
Z.
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Q-
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F.
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1
II. Reihe.
4-
IV. Keiho.
+
+
+
+
J
V. Reihe, j
i
1-
+
Digitized by Google
über Eiioel- und Qftiwint1«iitmig des Soluilkiiidet. 401
Ch.-t. VIb.
Diktal
uUndl.
Kechnen
Kombin.
Gedacht 1
ßchril't!. 1
Rechnen ;
Z.
F.
Q.
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II. Reihe.
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Ou
IV. Reihe.
b.
+
1
V.Beihe.
lo.
o.
-1
-
o.
o.
Hier sei zunächst eine allgemeine Bemerkung gestattet. Ein
flttehtiger Blick auf vorstehende Tabelle und ein Vergleich mit
den duebBelmittliebeii Ei^bnisaen lehrt, daß diese Vp. mit Rttck-
äelit anf ihre Leietnngafittiigkeit in den in Frage kommenden Di»-
riplinen mit gans geringer Ausnahme an die besten Sehttler nahe
herantritt. Veigleiehen wir damit die Skizse, so finden wir dort
ein weniger Torteilhaltes Bild. Woher dieser Wideispmeh? Zwei
Gründe lassen sich meiner Ansicht nach dafür angeben:
1) Mit den hier gelieferten Artjciten ist die Gesamtheit der
Schnlleistun{;eD, anf welche sich die Charakteristik stützt, nicht
erscliiipft Es läßt sich anf Grnnd dieses Matcrinls beispielsweii^e
noch kein vollberechtigter Schiaß ziehen auf das Verhalten des
Sohttlers beim Anfsatznnterricht oder beim Unterrieht in den mehr
mechanischen Fertigkeiten, wie Zeichnen, Schonschreiben n. a.
2) Aber trotzdem soheint mir diese Skizae nicht ganz den tat-
liebHehen VerbSltninen zn entsprechen; zun mindesten jedoch
legt dieses experimentell gewonnene Material eine Einscbrlnkang
mancher Behauptung nahe. So dttrite namentiich das, wie die
Besnhate dentlicb eikennen lassen, wShrend der Ansitthrmig der
Reihen gesammelte Verhalten der Vp., sowie ihr durch alle Ver-
suche gleichbleibendes Interesse für die Arbeiten die in der Skizze
sehr allgemein gefaßten Angaben bezüglich der Halbheit und Ober-
flächlichkeit ihrer Leistuncren, des ra.^chen Erlahmens des Inter-
esses für den Gegenstand früherer Begeisterung, des Mißverhält-
nisses zwischen Ehrgeiz and Leistungsfähigkeit nach mancher
Richtung hin korrigieren, ohne sie jedoch völlig widerlegen za
können. Hier prigt stob deutlich der Mangel einer Charakteristik
ans, die mcht anf experimentellem Material fnfit Meine Anfiseick'
nangen entstanden Tor der Oewinnnng dentlicher Ergebnisse. Sie
konnten also nnd sollten aneb niobt dnicb die Yersnche beeinflnßt
üigitized by Google
402
Anglist Mayer,
Hein. Man wollte tlicii i rfahrcn, inwieweit die iii densdljen, weuu
aach mit groBer Vorgicht niedergelegten, so doch nicht exakten
Beobachtangen mit dem ErgebnU der Experimente Übereinstimmen
wurden. Was sich hierbei eigab, ist die Notwendigkeit , daß
Cbankteristikeii, die Yolle Geltung beanspnielieii, also individoali-
deiend im strengsten Sinne des Wortes sein wollen, ans dem
p^yohologisehen Experiment iieranswaehsen mQssen nnd nicht anf
der Beobachtung sehleehfhin fnßen dttrfen. Wir sind daher ge-
zwungen, weil gerade hier sich ein besonderer Hangel der Skissen
zeigt, von Erklämngsversnchen fUr manche E^cheinnngen abznsehen.
Dem günstigsten Einfluli uutcriieirt die Massenarbeit bei der
Bedingnng >rasch und Bclii n«. Ain h die Ferienzeit bewirkt hier
nur eine geringe Ausnahme Ks dlJrfte diese Erscheinung eine
Folge des stark ausgeprägten Ehrgeizes sein. Dessen Wirksam-
keit äofiert sich deutlich auch darin, dafi die meisten Leistungen
in das untere Variationsgebiet eingreifen resp. über dessen Grenie
hinabsinken. Es entspiieht ToUstftndig der leicht anregbaren Natar
dieser Vp., dafi sich aaoh in Tab. XV nnd Y, teilweise nooh Tiel
ansgepiSgter, dieselbe Tateaohe konstatieren IftBt Nnr fOi das
Diktat Toneichnet Tab. b etwas nagttnstigere Ergebnisse. IMea
hat seine natOrliehe Ursache in der geringen LeistnngsfUhigkeit
der Vp. im Rechtschreiben Überhaupt, wie ein Blick auf die
Fehlertabellen bestätigt. Vielleicht ist hici uu schuld sein nu
ganzen fluchtiges Wesen, das dem intensiven Erfassen eines Wort-
bildes nii-iiustig sein dttrfte. Wahrscheinlich wirkt hier auch des
weitereu der Umstand mit, daß dieser Unternchtszweig seinem
Interessenkreis, der mehr lebendige Stoffe in sich faßt, zu fem
liegt Die Bedingung der Reihe IV scheint der G. im Vergleich
znm dorchschnittlichen Ergebnis etwas nngiinstiger zn sein. Wir
müssen uns hier mit der Annahme b^ttgen, dafi für die Ge-
dltehtntsarbeit unter dieser Bedingung die Masse mehr ablenkend
wirkt als die Abgeschlossenheit. Im Verhalten der kombinatori-
sehen Tätigkeit in Reihe IV und V findet die wenig herrorragende
Tätigkeit d^r Phantasie, die hier den störenden Einfltlssen der
Masse zugänglicher /u sein scheint als sonst, ihren Ausdruck.
Die Aufgabe der Reihe V recht rasch) entspricht mehr seiner
fluchtigen Natur, daher vielleicht die besfcre Konzentration der
Aufmerksamkeit aut den Geduchtnisstoti' unter Aossühalfcuug d^
ablenkenden Eiuflosses der Masse.
üiguizea by Google
über EiBMl- und GesamfleiBtiuig des Schulldiidefl. 403
OL-t vn«.
DikUt
inUndl.
Rechnen
Kombin.
Gedäcbt i
Bchriftl.
Bechnen
Sanuaen
Z.
F.
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Z.
F.
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p.
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I. a. III. Reihe.
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IV. Reihe. i
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V. Reihe, j
1
1
1
1
1
i
Ch.-t VUb.
Diktat
mOndL
Beehnen
Kombin.
Gedacht.
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Rechnen
Summen
' Z. ! F.
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1 ^•
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+
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V. Eeihe.
1
1
1
r.
1
i
Diese Vp. zeigt in ihrem Verhalten wenig Bemerkenswertes,
l'nttir der Normalbedingung wird ancb hier offenhar unter dem
Einfluß des Wetteifers (Tab. b) der G. vor der E. der Vorzug
gesichert mit wenigen, sohwerlioh za deateuden Ausnahmen. Auch
R. ist den anfeoeniden Elementen zuzurechnen, wie Tab. b dent«
iieh erkennen tilBt Dagegen tritt die G. in Reihe IV in den
mdsten Füllen znrilok gegenüber der £. Es iBt wahraelidnlieh,
daß wir es hier mit dem Anadiuok einer »pennnnentenc Enntl-
dnng zu tnn haben, woza der BcbwieUiebe Schiller sehr leicht
ndgt. Damit stellt sich natorgemftB dne günstigere Disposition
fUr die Ablenkung durch die Masse ein.
Hervorzuheben ist noch besonder» die relativ ^^Uustige Stellung
der Gediichtnisarbeit, welche in dem Hinweis auf die bedeutende
r.eistiiiiL'-sfalii^'keit (k-s niechauischen GedUchtnisses, die sieh unter
dem anregenden Eintiuü der arbeitenden Masse jeden taiis in voll-
kommenerer Weise betätigt als wie in der Abgeschlossenheit, ihre
befriedigende Erklärung gefunden haben dürfte. Dagegen wirkt
vnter der Kormalbedingong die Gesamtheit auf die Diktatleistnngen,
die «berhanpt die schwächste Seite der Vp. bilden (siehe F.-tl),
stOrend ein.
Dlgitizea by i^üOgle
404 Aagan lUyer,
vm. schä,
Cii.-t Villa.
i
l
1
1
DikUt
milnd].
Rechnen
1 Kombin.
Gedächt
BdurlftL
Rechnen
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1 +
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Ch.^ VHIb.
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Diktet
mUndl.
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Kombin.
Gedieht
1
schriftl.
Rechnen
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1
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V.Reihe.
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1
4-
+ 1
1
o.
Die Ldstnngen dieser Vp. ergeben im Vergleidh sn den allge-
meinen Reflnltaten ein etwas abweichendefl Bild. Wir Itonstatieren
hier mit geriu^ar Ausnahme einen gUiiütigen Einfluß der arbeiten-
den Geaamtheit. Daa vorteilhafteste Ergebnis liefern die Normal-
reiheu I und III. In allen übrigen Keihen scheiut dich die Dis-
position llir die Ablenkung etwas zu zeigen. Namentlich tritt die
konibinatoriBche Massenarbeit in ein fast durchweg ungttustigeA
Verhältnis zu ihrer £., teilweise Mgar in den Normalreihen. Einen
Anadniek ftlr Unfähigkeit können wir hierin nicht erblieken. Dar
gegen spreelien die niedrigen Fehleniffeni und die Angaben der
Tabw b. Eb bleibt daher nur die Annahme ttbiig, daß die Bonflt
anfierordentlieh lebhafte Phantasie im aUgemeinen in der Gesamt-
heit mehr stOienden Einwirkungen unterliegt als in der E., wis
wohl anf die leicht bewegliohe nnd ablenkbare Natur der Vp.
Uberhanpt zurtlckzufllhren sein dürfte. Diu UnrcgiliniUiigkeiten
der Reihe II Laben offenbar ihre Ursache in dem Eiutiuß der
Ferienerholnnp: Hier scheint namentlich im Hinblick auf das
(redächtnis ein kleiner Übnngsverlnst mitzuwirken, wie uns ein
Vergleich der Zeitziffem in den Tab. I, II und III zeigt üierbei
ist zn bedenken, daß in Reihe II die G., welcher die grOfiere
üiyiiizea by Google
Ober EiiiMl* vnd QtnmÜMaag das SehnUdnde«. 405
ZeÜnffer zukommt, der E. vorausging, also den Übangsverlast
beeonders stark ansprftgt Sonst zeichnet sich die Gedäohtnia'
aibeit dnfdi günstige BeBoltale ans. Znr ErUMruig ist hinzn-
wdBMi anf die herronagende AnBbildnng des GedüditniBBeSi denen
Leistongafidiigkeit unter dem anregenden EinflnB der Maaee In
weügehenditer Weite ausgcntltst an werden aeheint Hit Rttek-
tiebt auf diese Arbeiten gebOrt denn Scb. aneb mit an den
Führern, wie Tab. b deutlich zeigt. In der schriftlichen Rechen-G.
der beideu letzten Reihen N crmissen wir die L nifonnierungstendenz.
Die FeblerziflFem sind verhältnismäßipr hohe. Es ist nicht ausge-
schlossen, daß sich hier n. a. eine iiitol^a- > jicrmanenterc Ermü-
dung besonders wirksame Ablenkung durch die Masse geltend
macht; IreiUeb kommt noch in Betracht, daß das Rechnen ttber-
banpt nni wenig auf sein volles Interesse siblen dar!
IX. Öchn.
Ch.-t. IX a.
U
Z.
»ikta
F.
Q.
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Bechnen
z.|f.|q.|
1 Kombin. i
Z.|F,|Q.
Gedächt.
z.|f.|q.
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Z. 1 F.
0. 1
en
1 ^'
z.
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F.
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L u. Iii. Keihe.
II. Reihe.
iV. Reüie.
Y. Reibe. |
1
-1-
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-1-
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+
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IX
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b.
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+
4-
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4-
4-
DikUt
z.|f.|q.
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B*
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Mshaen
F.|Q.
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Z.
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f.'q.
1 Gedächt
[z.|f.|q.
schrütL
Rechnen
z.|f.|q.
Sammea
I. n. ül. Keihe.
II. Reihe.
IV. Reihe.
Y. Reihe.
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ojb.
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Hier tritt uns wieder ein Typus von Selbständigkeit entgegen,
der, wie Tab. b beweist, in der Geaamtbeit als belebendes £le-
nwB* titig ist Diea dürfte weniger aaf Konto des bei ibm niebt
beaonden wbtonnen Wetteifers kommen; loh betrachte es viel-
mehr als eine natürliehe Folge seiner guten Begabung. Anek
üigitized by Google
406
Anglist lUyer,
hier scheint die Charakteristik uicht ganz daa Kichtige zu trefifeo.
Sie spricht dem mechanischen Gedächtnis die Leichtigkeit der
Aneignung ab, während auch nach dieser Seite hin Tab b die
Yp. aU einen FtUurer der Gesamtheit, mit AaBnahme von fieihe V,
beaeidmet Die relativ niedrigen Fefalerziffem bestStigen daa.
Am YoizQglichBten ist die Phantasie entwickelt Die Beanltate
der kombinatorischen JLeistiingen sind die besten. Und gende
hier scheint die Ablenkung dnreh die Hasse eine nemlicbe Rolle
zn spielen. Trotzdem bleibt anch hier die Vp. an der Spitze der
Gesamtheit (Tab. b). Ein verhUltuiBmäßig geringes Interesse biiu^'t
Sehn, dem Rechnen entgegen. Hier tritt er denn auch — nament-
lich im schrittlichen — gegenüber den andern Arbeiten von seiner
Ftthrerrolle etwas zurück, obwohl sich auch da noch seine Lei-
stungen der Hauptsache nach im unteren Yariationagebiet be-
wegen. Die günstigsten Resultate werden im allgemeinen in der
G. der Nomuüreihen erzielt» wie Tab. a dartat.
X. Schwa.
Ch.-t. Xa.
Diktat
mttiidl.
Bechnen
Kombin.
G«däoht
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BmIumb
1 SUBUM»
Z.
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iQ-
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I. 0. in. Reihe.
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II. Reihe.
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4-
4-
4-
4
1\. Reihe.
4-
4-
+
4-
+
V. Reihe.
i
+
1 +
4-
+1
4-
4-
4-
4-
Ch.-t. Xb
Diktat
mOndl.
Redmen
Kombia.
Gedächt
Beekim
1 Siuniiitii
Z. 1 F. 1 Q.
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IQ-
Z.
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Z.
F.
Z.
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Z.
Q.
1. u. III. lieihe.
I
o„
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o„
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n. lieihe. <
o„
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o
^1
+
4-
+
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o.
4-
IV. Reihe.
o.
V. Reihe.
1
1
o«
o.
0»
o-
Qi
Anch diese Vp.» deren Ehrgeiz ziemlich stark entwickelt,
unterliegt unter normalen YerhSltnissen dem anregenden £infl«fi
der Hasse, wie T^b. a nnd b nachweisen. Dagegen begünstigt
Digitized by Google
über Einsel- und Oesamfleitttm^ des SehidküideB. 407
schon eine knrze Ferienerholimg bei dem schwächlichen und
kiinklichen Schiller die Bntstehiuig einer günstigen Bisposition
fOr die Ablenkung, die sonst in nur ganz minimaler Weise taoh
geprügt ist Sein mechanisches Ge^htnis, ohnehin nicht beson-
ders leisinngBfähig, wird hierdnich in seiner G. hesonders beein-
trächtigt, wie ein Blick aof F.-i II lehrt Die sonst rorhandene
Uniformienm^tendenz lÖBt sich hier anf. Die Beurteilung der
riiantasietati^^keit durch die Charakteristik dtlrfte nach den Ver-
sachsergebnissen eine Ungerechtigkeit in sieh Bchließen. Zeigt
sieh doch, auch trotz des ablenkenden Einflnsses der Masse, in
den Reihen II und V, daB die kombinatorischen Leistungen mit
zu den besten gehören. Dies ist sowohl aus den entsprechenden
F.-t, als auch aus den yorstehenden Übersichten (b) zn entnehmen.
Dafi aber hier beaondera leicht cerstrenende Ciinwirknngen durch
die Blasse yorkommen, heweist Ch.*t a.
Die Bedingimg »recht rasche ist im allgemeinen der-0. nn-
I^Unstig (Ch.-t a), doch shid sie immer noch den hesten anzurech-
nen (Oh.-t b). Hitnrsaohen sind hier sicher seine Selbständigkeit
und seine Gewissenhaftigkeit bei Anfertigung seuier Aufgaben.
XI> Se.
Gh.-t XIa.
.1 !
Diktat
1 UltlBd].
Rechnen
Kombln.
Gedäcbt.
aehriftl.
Rechnen
Summen
z.
Q.
Z.
F.
|Z.
F.
Q.
Z.
i
F.
!q-
Z.
|F._
|z.
Q.
L V. in. Beihe.
-h
+
4-
-1
+
C Beihe.
>
4-
tt. Beihe.
1
z
4-
4-
Bflflie>
1
1-
-^1
~i
+
+
+
-
Ch.-t Xlb.
1
1
1
■
> ]>iktet
' mündl.
1 Eecbnen
Eombin.
Oedieht
''^f^^- Sammen
RecbneD
z.
F.
Q.
' 7
F.
Q
Z. 1 F.
Q-
z.
|Q.
Z.
F.
Q. Z.
|Q.
I. n. lU. Reihe.
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Ou
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oj|o"
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Ou
II. Reihe.
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Ou
+ 1
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IV. Reihe.
+
+
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Ou
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Y. Beihe. |
1
o.
o.
0°|0"
+
o„
0"
O^
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OuOuO'
Ou
üigitized by Google
408
Angwl liayer,
In diesen fast durchweg von dem Durcbschnitt abvveielienden
Ergebnissen kommt die eigenartige Individualität der Yp. s«m
Audniek. Die Erholuogsreüie (IX) sichert der G. in viel pri^
luuitefer Weiae den Vofsng vor to alt dias unter der Nor-
Bulbedingmig geaehieht (Tab. «1). ZweifeHoe drückt Ml in den
Keenltaton aller Ruhen die Wirkung einer Aneifemng dnieh die
Miflse ans. Hier etoßen wir aber aaf beaonden gtbiatige Eigeb»
niMe. Darans geht herror, dafi bei dieser Yp. sentienende Ein-
flüsse der Gesamtheit anch zur Zeit der kurzen Erholung nicht
wirksam werden kOunun, wie sich dies bisher gezeigt hat. Dafür
dürfte sieh leicht eine Erklärung finden: dieser SchUler verhiiKiet
mit firrinper Ubnnc'Sirjlhijrkpit eine jinßerst zähe Ubung'sfeFtiu'koit,
die gerade zur Zeit der l-^holung, in welcher eine etwaif;e Ein-
wirkung der EnnUdnng wohl ausgeschlossen ist, infolge des in
hohem Maße entwickelten Ehrgeizes in der G. yoll zum Durch-
brach gelangt (Tab. a und b). Das meehanisohe Gedächtnis läfit
jedeeh dne gewisse Sdnrarllilligkeit nieht Teimiaien (Tab. h).
Sonst aber zeigt ein Yeigleiok der seidioh liemlieli weit ansein-
ander liegenden F.«t. I, n und VI den infolge des forüanlenden
Unterriehts stetig wachsenden Grad 7on Obnng; die Fehleiziffem
geben znrlick.
Noch eine andere Erscheiuuüg entspricht durchaus dem eigen-
artigen Naturell der Yp. :
Die G. aus dem iiiHndlichen Kechuen muü, trotzdem sich das
Hechnen eines besonderen Interessee erfreut, in Rücksicht auf
Fehlerzahl und Qualität hinter der E. zurückstehen. Ich erinnere
an eine in der Charakteristik festgelegte Beobachtung: der Schü-
ler gehört sn jenen Individuen, die sieh erst durch eine Periode
des Anarbeitens bindnrob zn ibier eigentüehen Leistnngsfthigkeit
erheben mflssen. Wie dort diese Tatsache konstatiert ist im Hin-
bliek anf eine größere Zeitspanne » so liSt sich hier dasselbe
eikennen mit Rttcksiebt aaf eine eng begrenite Arbeitsdaaer.
Demnach erscheint das ungünstige Hesel tat als eine Begleit-
eracheinunp: der Adaptation. Das Diktat ist nicht im stände,
diese Annahme zu wi(ierlegen, schon deshalb niclit, weil liier der
zeitliche Faktor nicht in Rechnmii: kam. Wurden wir aher dies
tun, so mtiBte uns hier mit Rücksicht anf Zeit und Qualität die-
selbe Erscheinung begegnen; denn die Protokolle erklären durch-
weg» dafi Se. in der G. des Diktats mit am Isngsamsten arbeüetc
üigiiizea by Google
über Einzel- nnd Gesamtlebtuug üen ächulklQdeg.
409
DieB 0agt aiieh aehon dn Hinweis auf die ZeitEiffem ftr die E.
Ferner aber war mUndliehefl Beehnen der BeUienfolge nach die
erste Arbeit, die bei ihrer VoU^mig rein geistige Funktionen
▼erlangt Daß bier in einer Periode der Adaptation ablenkende
Beize in der Masse einer günstigeren Disposition begegnen als in
der K., ist wohl außer allem Zweifel.
Dali die G. aus dem schriftlichen Rechnen gegenüber der E.
in den Beihen TV nnd V abfällt, durfte auf das Vorhandensein
einer »permanenten« Ermüdung hinweisen, natürlich verbanden
mit einer besonderen Neigung, zerstreuenden Einwirkungen der
Gesamtheit naebxogeben. Daß diese gerade in der 6. des schrift-
lieben fieebnens sam Ansdraek gdangt, ist jedenfalbi anf die
Eigenart der Bedingungen, infolge weloher gegen Ende der Vei^
snehe jene EiscblaiAuig erbObt nnd in der Hasse besondeis wirk-
eam wird, znrttekznfilbren.
m Wa.
Cb.-t XUa.
Diktat
inUndl !
Rechnen
Kombin.
Gedücht.
Bchriftl.
Rechnen
Smuineu
iZ.
F.
Z.
Q.
Z.
Q.
z.
F.
Q.
Z.
F.
z.
F.
Q.
L n. III Reihe.
0
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+
4-
-h
4-
n. Reihe.
-f-
+
4-
+
+
4-
+
4-
4-
rV. Reihe.
4-
4-
+
4-
4-
;4-
4-
4-
T.Beihe.
-H
-1
h
+
+1
1+
1-
+
Cb.-t. XUb.
Diktat
milndl.
Rechnen
1 1
Kombin.
GedScht.
1 schriftl. !
Kechuea |
unn
Ii
Z.
F.
Q.
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F.
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F.
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Q.
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JL D. III. Reihe.
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II. Reihe.
1
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IV. Reihe.
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y,B«ihe.
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1-
o«
o.
1-
i-
Die Vp. gebdrt mit xn jenen, welobe dnreb ibr Beispiel die
weniger Begabten und Trägen zom Angebot eines grOBeren llaBes
geistiger Energie anspornen. Das Verhilltnis der G. zn den mV.
(Tab. bj beweist das. Daß trotzdem die G. den E. gegenüber
Arekfr ftr P-iycliologi«. X. ^
Digitized by Google
410
Anglist Hayer,
vidlfach zurücktreten, Bcheiut mir dadurch bewirkt zu seiu, daß
die enorme Lebhaftigkeit des Schülers in der Gesamtheit, häufige
Umblicke nach den Arbeitenden und nach den Beobachtern, einw
YoUen Konzentntion der Anfinerksamkeit «nf die Leistnngeii ent*
gegenwirken. Nieht ohne Einfluß auf den ohnehin Mbon regen
Wetteifer war jedenialia der Umstand, daB aneh diese Yp. mit
den Arbeiten ganz besondere Zweoke Terbonden glaubte, wodueh
die Lebhal^keit In der Masse mid damit die Disposition ftr die
Ahleiikuiig wesentlich erhöht wurde. Die günstigsten Resultate
lieferten die Normalreihen. Dagegen scheinen die Zeit der Er-
holung und auch die llbrigen Bcdinguogeu eiu© größere Empfäng-
lichkeit fUr zerstreuende EiaÜüsse zu schaffen, was wohl im Zu-
sammenhaog steht mit der sehen betonten QnecksUbeniatar der Yp.
Xm. WL
CL-t xm«.
Diktat 1
Rechnen
1 KomUn.
Gedieht
Bcbriftl. 1
Rechnen '
DM!
MI
z.
F.
Z.
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Z.
F.
Q
Z.
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ILBeihe.
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4-
+
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IV. Reihe.
+
+
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i
!+
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V.Boihe.
+
1-
GL-i XUIb.
Diktat 1
mUndl.
Kombiii.
GedlAht
Bchriftl.
Rechnen
Rechnen
jz.
Z.
F.
Q.
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n. Reihe.
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IV. Reihe.
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o.
o.
y. Seihe.
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Ou
o
+
+
+
qf
Im ganaen leigt Tab. a eine aemlidi Yorteilbafte Einwirkuig
der Gesamtheit. Beibe H and IV nftbem sieh mit geringer Ab*
ändemng dem Dnrelisehnittsbild. IMe sehleobte Stelhmg der Oe-
dSobtnisleistung in Reihe I und m resp. Reihe I war schon früher
zu erklären veiäucht wordeu durch den Hinweis auf die Waluv
1) An geeigneter Stelle boeiti sa deuten veraacht worden.
Digrtized by Google
über Ehud- und Cteatinfleiftaiig des Sehnlkindes. 411
8chemli( hkeit, daß hier unbekaimtr", abnorme Umstände wirksam
gewebeu sein mögen. Dagegen konstMtieren wir, daß auch nnter
der sonst der Massenarbeit sehr ungünstigen Bedingung »recht
rasch« die G. sich eines weit vorteilha^ren EinflaBses erfreut,
ala dies bei den bis jetzt besprochenen Yp. der Fall war. Dieser
ümstand, in YerUsdimg mit Tab. welche mit geringer Aus-
nahme ehie ElngHedening der G. in das Variationsgebiet, nioht
selten sogar in das untere, erkamen läfit, deutet offrabar auf
einen dnreh die Hasse angeregten Wetteifer hin. Trotadem be-
hauptet aber die Charakteristik, daB der Ehrgeiz wenig entwiekelt
und Wetteifer eine seltene Erscheinung sei. Wir sehen, daß die-
ses Urteil offenbar zu weit geht. Gerade vorliegende Versuche
lehren, daß die sonst rnhige Vp. lebhaft mit den übrigen kon-
kurriert. Wieder ein Heweis für die relative Gültitrk<Mt der auf
der Beobachtung schlechthin fußenden psychologischen Skizzen.
Diese ungerechtfertigte Verallgemeinerung eines zu gewissen Zei-
ten wohl Yorhandenen Mangels an Wettbewerb ist eben Teranlaßt
dnreh die äußerst ruhige Natur der Vp.» die oft des geringsten
MaBes Ton Lebhaftigkeit entbehrt. Die Mitarbeit im Unterrieht
drUekt der Sehllitt nur selten durch Süßere Zeidien, wie bei-
spielswdse Handerheben u. a, aus.
BezQglfoh des Abweiebens der mUndliehen Reehen-0. in Beihe
IV und V verweise ich auf die in den §§ 9 und 10 gegebeneu
allgemeinen Erklärungsversuche. Worauf das unfrUn8ti£r(^ Ver-
hältnis der schriftlichen Rechen-Ci. zur E. zurUckzutühreu ist, ent-
zieht sich unsem Vermutungeu. FUr Reihe IT dürfte die Ursache
jedenfalls in der durch die Ferieuerholuug bewirkten /er>^treuung
und in der infolgedessen Terstfirkten Empfindlichkeit fUr die Ab-
lenkung durch die Hasse zn suchen sein. In den Beihen I und ITT
konnte allenfalls die £nnttdung wirksam gewesen sein; doeh läßt
sich dies kaum sicher feststeUen.
Tab. b seigt mit Rtteksieht auf die QedSchtnis-O.» daS sich
dieselbe nur in dem oberen Yariationsgebiet bewegt und einige-
male sogar Uber dasselbe hinausgreift. Dies ist zweifellos der ge-
ringen LeistungäfUhigkeit dcb uieciiauischen Gedächtnisses überhaupt
zuzuöehreiben (siehe F.-t). Hieraus läßt sich auch einigermaßen
begreifen, daß schitn eine au sich geringe Störung im stände sein
kann, die Qualität der Leistung so herabzudrttcken, wie dies in
Üeihe I der Fall war.
27*
Digitizea by i^üOgle
412
Angiut Mayer,
XIV. Wo.
Ch.-t XlVa.
1
Diktet
. niüudl.
Beehneii
Kombin.
Gedicht.
üehriftL 1
RecliiMM
&
Z.|P.
Z.
F.
Q
F.
Q-j
7.
Z.
1. . .
F.
Z.
I. u. in. Reihe.
j-f
+
II Reihe.
I
\+
+
4-
-f
+
+
IV. Koihe.
-f
-h
Y. Keihe. J
+
4-
1 +
+
1 +
+
Ch.-t XIV b.
Diktftt
Z.
I. Q. m. Reihe,
n. Reihe.
IV. Reihe.
V. Reihe.
luiindl.
Kechnen
F. 1 Q. Z. I F. Q.
Kombin. | Gedieht
F. I Q.
Z.
+
+ +
O'
+
+
OJO'
Z. I F.^
4-'
+
-f
+
OuOoi
o,
scbriftl.
Rechnen
Z. F.
Ol
+
SnmiDeD
F . Q.
+ +1-
H-i + iO„0»
Hier tritt hob ein Muster vom stnmpfer Gleichgültigkeit eiit>
gegen. Die LeistongsfUiigkeit des Schttlen ist swftr Im allge-
meinen eine geringe» jedoch verdeckt in der Regel eine fnrofatbare
LeAaigie sein spXrlicfaeB Wissen und EOnnen &st ganz. Ick hielt
Ihn auf Grand seiner Sehnlleistnngen Air nahezu hildnngsnnfkhig.
Daß trotzdem seine Leistungsfähigkeit ein weiteres Gebiet be-
jxreift als inun aunalim, das beweisen die Versuche. In allen
licihen, teilweise sopr.ar auch in der letzten, zeigrcn mh infolge
der Einwirkung der Masöe weit günstigere Kesultate als in der
Abgeschlossenheit. Auf ihn scheint demnach die Größe der Ge-
samtheit ganz entschieden von Einfluß zu sein, was bei dieser
phlegmatischen Natur leicht begreiflich ist Der ohnehin sehen
bestehende, doreh mangelhaftes Wissen ond EOnnen genXhits
Hang snr Untätigkeit kann sich in euier grttfieien Masse, wie in
ansem Elassen, wohl siemlich entfidten, zumal noch in einem
Sohaloiganismas, der die alleränßersten Extienie Ton Tsleaten In
sich schließt Der Einzelne hat hier eben mehr Gelegenheit) sich
der AuiiiiL-rksamkeit des Lehrers zu eutziebeu. Dazu kommt noch
ein anderes Moment, die Entmutigung.
Die geringe LeistnncsfäUigkeit dieser Vp. findet ihren prSg-
nanteatcn Ausdruck in der G. des schriftlichen Rechnens (Tab. a
Digitized by Google
über Eiasel- onU GesamtleMtiu^ des SchulkindM. 413
irad b). Hier scheint die Masse mehr bindertioh als förderlich zu
wirken. Nicht an wahrscheinlich ist auch, daß eben am Schluß
der Leintungeu infolge von Eniiudiinp^ und wachsender Interesse-
losigkeit einer zerstreuenden Einwirkung der Gesamtheit die Bahn
geebnet worden war Darauf ^ erweisen die verhältnismäüig gün-
stigen Resultate im mündlichen Rechnen. Hier erreichen jedoch
die Ergebnisse ebenfalls vielfach nicht die Mittelmäßigkeit, wie
T»b. b dartat Auf jeden Fall kommen hier alle die Tersohiede^
neu soebeii hervorgehobenen Momente in Betracht
Von der sehr Hrmliehen Phantasietätigkett zengt Täb. b. Die
kombinatorlBehen Geaamtarbeiten stehen trotz des teilweise, nament-
Ueh unter normalen Bedingungen filrderliehen Einflusses der Masse
meist ziemlich weit hinter dem Dnrehschnitt zurück.
Leistungsfähiger, daher wohl auch der Ablenkung relativ weni-
ger günstig und flir die Aneifernng durch die Gesamtheit zugäng-
licher ist das meehaiiische (redächtnis. Dies ersehen wir sowohl
aas Tab. a, als namentlich auch aus Ubersicht b.
\\ ir sind am Ende uiisrer Deutungsversuche. Wenn auch nicht
alle Erscheinungen einer Erklärung zugänglich waren, so haben
sich doch unsere Versuchsergebnisse im allgemeinen bestätigt:
»Die Massenarbeit ist der Leistnng unter normalen
Bedingungen fOrderlieher als die Abgeschlossenheit«.
Daneben sind wir, was wohl auch von einer nicht sa nnter-
schätzenden Bedentang ist, anf die Notwendigkeit einer experi-
mentellen Untersuchung so mancher Fragen verwiesen worden,
über welche unsre »leider noch moderne« Pädasros-ik im Gefühl
des \ ollbesitze8 der anwandelbaren Wahrheit bereits die Akten
geschlossen hat. Es soll damit — ich wiederhole es — durchaas
nicht geleugnet werden, daß sich auch in ihr Kerne von entschie»
dener Brauchbarkeit und Richtigkeit finden. Aber allen ihren Er-
wSgnngen fehlt die wirksame Stütze dareh das Experiment
§ 12. Praktisehe VolgemgeB.
Es ist selbstverstiadUch, daB sieh ans einer experimentellen
Untersuchang unseres Problems auch Fingerzeige fbr die Schulpraxis
entnehmen lassen. Freilich dürfen wir in Bezug auf die Masse der
praktischen Folgerungen unsere Erwartnuircn nicht zu hoch spannen.
Allein wer mitarbeitet an der Grandieguug eines Baues, weiß, daß
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August Mayer,
hierbei rnttheToHe Arbeit Ton TerhSltnismftfiig gcriDgem Erfolg be-
gleitet ist Zndon wurde mit dieser üntersiieliaDg ein bis jelit
nnbearbeitet gebliebenes Gebiet in Angrift genommen. Daher kommt
ihr in erster Linie nur ein allgemein orieuticrender Charakter zu;
die Detaillierung muß splitern Arbeiten vorbehalten bleiben.
Zuniirhst könnte mir eingewendet werden, es sei unzulässig,
anf Grund dieser Versuche irgend welche Schlüsse im Hinblick
auf den Schulunterricht zu ziehen, da der sogenannte direkte
Unterricht sich wesentlich von der stillen Beschftftigimg unter'
scheide. Der üntersehied ist jedoeh der Hanptsaohe nach nor ein
quantitativer: der direkte Unterricht stellt kleinere Angaben in
Form yon Fragen. Ihre Beantwortnng erfordert Ton seiten der
Schüler selbstSndige geistige Arbeit Die stiUe Besehttftigung hin-
gegen legt größere Arbeiten vor und verlangt deren Erledigung.
Aueii hier ömd die einzelnen Individuen auf sich selbst angewiesen.
Beide Unterricht sarten unterscheiden sich nur intiutern, als die
direkte Methode eine ^Tößere Aufgabe in eine Menge kleiner zer-
legt und in logischer Folge deren Lösung verlangt, der indirekte
Unterricht hingegen — soweit er ihr unsre Untersncfanngen eben
in Betracht Itommt — vereinigt eine Mehrheit von kleinem Auf-
gaben zn einem Ganzen , welches dann dnreh das Individanm
wieder in seine Teile zerlegt wird. Schliefilich ist die stiUe Be-
sehiftignng nichts anderes als eine h(there Stofe des Untetrichts
ttherhanpt and in gewissem Sume dessen Ziel. Sie setzt eist
dann ehi, wenn der Stoff dnreh düekte Unterweisung bereits ge-
nügend verarbeitet ist, und bildet eine Zusammenfassung des Ge-
wonnenen, bezw. eine nahelit ircnde Anwendung desselben.
Nach alledem dürltc es wohl zu rechtfertigen sein, wenn wir
nnsere Ergebnisse, bezw. unsere Folgerungen auf den Unterricht
überhaupt ausdehnen. Doch sei bemerkt, daß sich alle nach-
stehenden Forderungen nur beziehen können auf die von nns be-
rücksichtigten Gebiete und Bedingungen.
IJ Unsere Resoltate sichern nnter normalen Bedingirag^ der
Qt. vor der £. den Vorzug and erhiliten dadurch die Foidemng:
»nicht Einzel-, sondern Masaenanteiricht«; denn letzlerer regt den
Wetteifer und damit die Leiitiuigsfllhlgkelt der emzelnen Indivi-
duen intensiver an als der Einzelunterricht Hierdurch wird zugleich
der Wert der Hofoieistererziehnng und des -Unterrichts als ein nur
relativer erkannt Es kann hiermit selbstverständlich nicht in Abrede
Digitized by Google
über Eiuzel- und Gesamtleistung des Schulkindes. 415
gesteUt Behl, daß unter ganz besonderen Verhiltaissen der Einzel-
vnlemcbt oft zni onbedxngten Fordemng werden mnfi. Ebensowenig
soll geleugnet werden, daß dem Einzelnntemcbti namenffieb im
Hinbliok anf die HOgUobkeit einer weitgehendsten IndiTidnaliBierong,
auch wieder nnrerkennbare VorzHge zuzusprechen sind.
2) Eine allzu starke Anre^^uu^^ des Ehrgeizes durch Ubermäliige
Betonang des zeitlichen Moments ist zu vermeiden. Dagegen liegt es
im Interesse eines guten Erfo)«?^, die Leistimiren der rTesauitheit unter
der Normaibedingung > rasch und schöne sich abwickein zu lassen.
3) Es wäre vollständig yerfelilt, wollte man eine eingehende
Teilung der Schüler nach Begabung vomehmen. Die besser Ter-
anlagten sind für die Sehwäoberen ein mäobtiger Sporn, die gfdßt-
mOgUebste Ent<nng ibrer LeSstungafltbigkeit annstreben. Sie
bilden gleiebsam mit einen Ersiebungsfaktor, ebne jedoeb selbst
TOB dem günstigen EinflnB der Qesamtiieit nnberQbrt zu bleiben.
Im Gegenteil, es scheinen sieb diese Ftlbrer wieder nntereinander
in einen Wettbewerb einzulassen.
La iöt jedoch durchaus nicht meine Absieht, die Vorteile einer
in angemessenen (rrenzen sich haltenden KlasBitizieruug der Schiller
in Abrede lh stellen. Ich erkenne vollständig die Notwendigkeit
an, daß jene, welche sich nahe an der Grenze der Bildungs-
unfUhigkeit bewegen, in ihrem eigenen Interesse in besonderen
Klassen — Hil&schulen — vereinigt werden.
Hierron natersebeide idh sebarf jene Sebnlorganismen, die
solebe Individnen nmlassen, welebe infolge Unfleifies oder litpgerer
Ejmnkbeit nnd deigleiehen in ibrer Entwicklung znrttckgeblieben
sind. Hier baben wir es weniger mit ^nem geistigen Defekt wa
tut Lebtziel nnd Methode werden sieb daher mehr jenen der
Normalklassen anbequemen. Es ibt hitsr nicht der Ort, auf eine
nähere Vergleichung zwischen beiden Einrichtungen, sowie auf
ihre Zwer-kinaBigkcit bezw, Notwendigkeit weiter einzugehen.
Wollte man eine noch weiter gehende Teilung der Schiller
Tomehmen, so könnte man allenfalls fUr eine solche noch die Go-
sicbtsponkte »hervorragende nnd sehr gute«, »gute nnd mittelmäßige
Begabung«, also eine Scheidung in 2 Gruppen, gelten lassen. Aber
dner Klassifimening in dem Sinne^ daß alle ScbtUer mit gleicbw
Begabnngsnote einer nnd derselben Klasse angewiesen werden,
stehen außer der BelatiTitftt der bierdnreb zum Ansdrnek kommenr
den Beortdfaing der Letstongsfähigkeit des Individnuns noeh andere
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416 ÄuguBt Mayer, Ober EiiiMl* nnd GesamtleiBtuiig des SebnlkiBdM.
gewichtige Bedenken gegenttber. SelbstrerstUndlich können sieb
meine Darlegungen nieht in enehüpfender Weise Uber die Gründe
Terbreiten, die gegen eine derartige pttdagogiBoke Hafinahme
sprechen. Ich yerwdse hierauf nnr insoweit, als diese Materie
mit meinem Problem sich bertthrt Im Übrigen halte ich den ex-
perimentellen Nachweis Uber den Wert oder Unwert dner solchen
Klassifiziernni:: schon deshalb nicht fllr nnwichti)?, weil gerade in
nenerer Zeit in pädafroj^^ischen Krcii^en die Forderuuf; einer ein-
gehenden Sondierung' der Individuen nach Begabung auftaucht.
4) Da die stille Heschäftijrnnf]: in der Gesamtheit vor jeuer iu
der Abgeschlossenheit den Vorzog verdient^ so ist damit zugleich
auf den geringeren Wert der Hausaufgaben gegenüber den Schul-
arbeiten Tcrwiesen. Freilich fallen bei jener noch eine Menge
anderer Umstände in die Wagsohale. Behlttsse auf die Bedeutung
der hänsliehen Beschäftignng Überhaupt zu stehen, müssen wir
daher einer eigenen Untersuchung Überlassen.
5) Bas in den Schalen bestehende Zensnrwesen ist nicht daan
angetan, der Individnalitöt des Einzelnen auch nnr annähernd
gerecht zu werden. Die Anlage von Charakteristiken, welche
objektive Gültigkeit beanspruchen, muß erfolgen auf Grund ex-
perimentellen Materials. Namentlich dUrfcn wir den Wert der so-
genannten Fähigkeitsziffern stark anzweifeln. Sie sind nicht dazu
beschaffen, die vielseitige Individualität zn kennzeichnen. An
Stelle solcher Benotungen tritt mit viel mehr Recht eine ein-
gehende C9iarakteristik bezw. wichtige Auszüge hieraus.
Schluls.
Viele der soeben gestellten Forderungen sind freilich auch
schon yorher betont worden auf Gmnd Yon Beobachtnngen sehleeht-
hin. Das aber spritzt nicht gegen meine Arbeit Und wenn ich
hierdurch nur eine festere Begründung früher schon rertretener
Ansichten und Forderungen erreicht und zu einer weiteren Be-
arbeitung des vorliegenden Gebietes angeregt hätte, dürfte das nicht
genügen? Wäre doch weuignitenB den von Vorurteilen Eingenom-
menen wiederholt bewiesen, daß die experimentelle Fädagojrik
weder Unmögliches versucht, nocli die Errungenschaften fnihereu
Beobaciitcns und Denkens zu widerlegen beabsichtigt oder daran
mit Geringschätzung und Neuemngssacht Torbeieilen möchte.
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Untersuchungen zur Ökonomie und Technik
des Lerneiis.
Ton
Christo Fentschew.
(AuB dem Peyctiologischen Lnboratoriom der Universität Ztkrich,
herauflgegebeu von E. Meamann.)
Mit U Figuren im Text.
Einleitang.
§ 1-
Unsere Untersuchungen über die Ökonomie und Technik
des Lernens schließen sich eng an die Abhandlang von Steffens
an: Experimentelle Beiträge znr Lehre yom ttlLonomischen Lernen.
Zeitsehr. f. Psyeb. d. 8. Bd. XXH. Fast alle Menaehen pflegen
flieh einen MemorientoiF in der Wdfle anzaeignen, daß sie ihn In
kldneie Abflolinitte lerlegen, die snnftchat isoliert nnd dann als
»Ganze« erlernt werden. Dagegen fittlt fast niemandem ein, das
m erlernende Stück fein Oedicht oder eine SUbenreihe) in der
Weise sich auzueigncii, du Ii er dasselbe unuDtcrbrocheu im irauzciK
80 lange durchliest, bis ihm da^ freie Hersagen vollkommen ge-
ling: — Steffens fragte sieh nun nach dem Grunde und der Be-
rechtigung dieses Verhaltens. In erster Linie gibt sie uns eine
»ehr eingehende Beschieibimg der verschiedenen Modifikationen der
gewdhnUohen Lemweise und steUt zugleich iesti ans welchen Mo-
tiyen man im gewöhnlichen Leben so verfährt. — Aus den sieben
angestellten Yersnehsteihen ergab sich, daß jede Vp. stllckweise
lernte nnd hierbei die ernten Zeilen hänflger wiederholte als die
letxten; ftr die sehwierigeren Zeilen wurden mehrere l¥iedei^
holnngen Terwendet Nnn hat Steffens nntersneht, »ob die ge-
wöhnliche Lemweise wirküch, wie man zu vermuten pflegt, all-
gemeiu ökonomibcher ^d. h. mit dem kürzeren ZciUiufwaudc zum
Ziele ftlhrend) ist als die Erlernung »im ganzen«. Das stückweise
vor sieb gehende Verfahren, das mit dem Lernen »im ganzen«
vergiichcQ werden solltCi war von zweifacher Art: 1) Einmal wurde
ArUt Ar t$Mtikolo^ h ^
üigiiizeü by Google
418
CliriAto Pentiehew,
der Vp Ulit rlasscn, ad libitum dasjenige Verfahren anzuwenden,
mit welchem sie schuellcr zom Ziele zu kommen glaubte. 2 Ein
andermal aber mußte die Vp. bestimmte Vorschriften Uber die Größe
der Teile befolgen. — Es ergab sich, »daß das Lernen im ganzen
in kttnerer Zeit zum Ziele (füut als ein stilekweifle vor sich gehen-
dm Lernen, mag diei nun in seiner nAheren Gestaltnog dem Gnt-
dUnken der Vp. ttberlasBen sein oder bestimmten Vorachriften ge-
horchen«. — Femer snoht Steffens im dritten Kapitel ihrer
Abhandlung die Vorsflge des Lernens >im ganzen« vor dem sttlek-
weisen nlh^ zn bestimmen.
§ ^*
Ganz besonders anflfollend ist dabei die Art nnd Weise , wie
L. Steffens den Begriff des Ökonomischen Lernens beschrftnki Sie
bemerkt anf S. 335 ansdrUcklich, dass sie nnter dem Ökonomisehen
Lernverlahren dasjenif^e verstehe, welches in der kürzeren Zeit
(mit dem geringereu Zeitaufwande) zum Ziele ftlhre*). Bei ihrer
Untersnchnnp: kam also der Arbeits- oder Kraltaufwand weniger
oder gar nicht in Betracht. Femer hat sie sich auch nicht damit
beschäftigt, zn erfahren) nach welchem Verfahren das zn erlernende
Stück [Strophe oder Silbenreihe) fester nnd dauernder im Ge-
dächtnis eingeprägt wird. Aber wie man sieht » kann man die
Frage Uber die Ökonomie des Lernens von drei toto genere
verscliiedenen Gesichtspunkten prüfen, nMmlieh m Bezog anf:
1) den Zeitaufwand des Erlernens nnd Wiedererlernens,
2} den Arbeitsanfwand, nnd
3) die D.auer und Treue des Behaltens.
>Inr bei BerUcksichtiiriiii^ aller drei Faktoren ersehüpit mau den
Begriff der Ökonomie eines Lern Verfahrens. Der Umstand femer,
daß Steffens ihre Versuche fast nur an Erwachsenen ang:e9teUt
hatte, veranlaüte uns, die Versuche uu Kindern mit gröBereni Nach-
dnick zn betreiben. Wohl hatte Steffens zwei Versuchsreihen
mit einem 10jährigen Mädchen nnd einem 9jährigen Knaben aus-
geftthrt Dabei aber fielen die Differenzen ftür beide Leniweiflen
an klein ans, als daB eine Veigleichnng zwischen den ResnltatoD
Yon Erwachsenen nnd deiyenigen yon Ejndem nenes gebiacht hätte.
Unsere Absicht war daher, festznstellen:
1) Die Möglichkeit eiwr Arb)Mt8iikonomie und die Berückaichtigung des
dauernden Behaltene werden aar nebenbei erwähnt a. a. 0. 8. 335 a.
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Uatennehiuigeii zur Ökonomie und Teebvk des Lernena. 419
1) ob das Lernen >im ganzen« thatsflchlioh dasjenige Verfiihren
Bd, welehea mit geringerem Aufwände an Arbeit nnd Zeit
cum Ziele ftbre;
2) ob OB aneh binsiehflieli des Bebaltens günstiger sei als
das fraktionierende Lemverfabren; nnd
3) welches die psycholo^schcn Ursachen der größten möglichen
Ökonomie eiues Leruverfahrcuß ücicn.
Unsere Untersnchnngen ergaben anch manche unbeabniobtij^,
aber wertvolle Erscheinungen, die wir im Lanle der DaräteUoiig
nicht unerwähnt lassen wollen.
I. Kapitel. Metbede der Untersnebiuig.
§ 3. Die Versnebstechnik.
1) Um festzQStellen, ob das Lernen im ganzen anch in Bezug
anf das Behalten ökonomischer ist, wnrde neben der von Steffens
berttcksiehtigten Erlernbarkeit noch die Wiedererlernbarkeit in
Betracht gezogen. — In dieser Untersnobnng wnrde also 1) die
absolnte Anzahl der Wiederholnngen^) bei der Erlemnng
des g^benen Stoffes, 2) die Zeitdauer derselben berlleksichtigt
— Da wir nun noch manohe andre Eigentttmlichkeiten des Gedieht-
nisses aller Vp. zu beobachten wünschten, haben wir das Verfahren
eingeschlagen, daü jede Versuchsreihe mit siiiulosem M;iteii;il
heirinuen und mit siuu vollem endigen HoUtc. - ■ Selbötver8t<uidlich
wurde bei nnsem Versnchcu die Erlernungsmethode angewendet.
Die sinnlosen vSilbenreihen waren nach der Art und Weise, wie
sie zuerst von Ebbinghaus^) konstruiert und nachher von G. E.
Mttller etwas modifiziert wurden, aufgebaut. — Während der
ganzen Dauer der Untersuchung mit sinnlosem Material kamen in
Anwendung: 8-» 10-, 12-, 15-, 16-, 18- nnd 24BUbige Beihen, die,
soweit sie aus 8, 10 und 12 Silben bestanden, yersehärft*]
normal waren. Eine 8- oder lOsilbtge Beihe bestand daher ans den
ersten 8 oder 10 Silben einer normalsilbigen Beihe Ton 12 Silben.
11 Unter der abBolnten AnoliI der Wiederfaolimgeii wird in dieser Ab-
handlung stets diejenige Anzahl veri^tanden, welche für die Länge einer
Silbenreihe oder Strophe nnf^ pnclifr i?f, um fH? «» Ihf^ fehlerfrei lepiodtlsiereB
KU können, wobei aber das ilersagen nicht niir^cziililt wird.
2) Ebbinghaus, über das Gedächtnis. Leipzig 188Ö, S. ^f.
8) Q. E. Mttller und F. Sohnmann, Experinenteile Beitiige mr Unter-
sadimig des Oedllehtnisies. Leipsig 1896, 8. 96.
28»
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420
Chritto Pentteliew,
Beim Anfban der 16-, 16-, 18- und 248ilhigeD Reihen wnrden noch
die Vokallante: ee, oo, ie, oi und 4 findkonsonanten: b, d, w
eingefthrt Anf dieae Weise waren Btaiftiche Anfaagskonsonanteo,
VokaUante vnd Endkonsonanten ^er 16- leep. lönibigen Seihe
gans Toncbieden ; die letalen 8 Silben einer 24 silbigen Reihe waren in
sich normal ; dagegen kam ein Anfangs- vnd ein Endkonsonant,
sowie ein \'okallaut bei einer 18 silbigen Reihe dreimal vor.
1) Als Anfangskon soiuinten dienten also: d, f, g, h, j, k, 1,
m, n, p, r, 8, t, w «nd z;
2) alä VokaUante: a, o, e, i, u, ä, U, an, en, ei, aa, ee, oo,
ie nnd oi;
3) nnd als, Endkonsonanten: b, d, f, g, ch, ach, k, 1, n, p,
r, S| t, W nnd 7.
Die in dieser Weise konstruierten Silben waren ea. 2&60 an
der Zahl. Anf Gmnd der zn Protokoll gegebenen Bemerkoqgeii
ist herroranheben, daß die Einftlunng der neuen VokaUante kdoe
Erldchternng berettete, wie anfangs erwartet wurde, eher wurde
das Yoikommen UaogShnficher Vokale oder Konsonanten in einer
Reihe erschwerend empfiinden. Jedoch haben selbst so klangähn-
liebe Vokalliiute wie eu und oi nur sehr selten Anlaß zu Yer-
wechslnnfTcn gegeben,
2) Es wurde datllr Sorge getragen, daß jede Succession von
Silben, die ihren optischen liildem oder ihren Klangfarben nach
älmlich waren, vermieden war. Außerdem wnrden die Silben auf
einer Tafel Ubersichtlich anfgeschrieben nnd daranfliiu kontrolliert,
daß eine nnd dieselbe Silbe nur einmal während 20 Tagen er-
schien. Dabei schloß sieh der Anfban einer 15-, 16-, 18- oder 24-
silbigen Reihe eng an die von HttUer nnd Sehnmann ange-
stellten Vorschriften ftlr dne normal silbige ZwOlfrdhe an <). Kadii
jedem Versnobe wurden sowohl die schw^ merkbaren Silben als
auch die etwaigen assoziativen Hilfen zn Protokoll genommen, nm
sie beim Anfban nener Reihen tunlichst berücksichtigen zu können.
Gleich schwierige und gleich leichte Silbenreihen zu bilden war
trotz aller Mühe fast umuöglich; ja sogar eine und dieselbe
Silbenreihe war ftlr verschiedene Vp. ganz verschieden
schwierig. Hinsichtlich der Bildung versehiedenartiger Hilfsassozia-
tionen, deren Entstehung M. K. Smith sekr ansfhhrüch beschrieben
1) MttUer und Sehnmann a. a. 0., 8. 18— M.
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ünterBachiuigeD aar Ökonomie imd Todmik dee LMnens. 421
bat'), muß »üßdrUeklicli bemerkt worden, dass sie bei Erwach-
senen nicht vermieden werden konnten; dagegen bildeten
die Kinder in der Regel keine Assoziationen. Näheres über
die Art der gebildeten Assoziationen wird später nach jeder Yer-
snebsreihe angegeben.
Da wSliiend der ganzen Daner der Untersnchnng mit sinnlosem
Material yersduedene BeihenlSngen In Anwendnng kamen, so mnfito
aneh die Anfertigung der rapierstreifen nicht planlos geschehen,
die Elemente einer ISsilhigen Reihe, die als Grundlage aller Reihen-
längeu diente, wurden auf liniicrte Papierstreifen gesehrieben, die
51 cm lang und 20 cm breit waren. Zwischen der Aiitangs- und End-
silbe befand sieb ein leerer Raum, der zwei Silben entsprach. Der
Abstand zwischen zwei Silben betrnir H cm; der Silbcnranm 0,5 cm.
Entsprechend einer 12sUbigeu Kcihe wurden die Papierstreifen der
übrigen Reihenlttngen angefertigt. Die SUbenreihen wurden nach
dem Verfahren von G. E. Müller mittels einer mit konstinter Ge-
■ehwindie^eit rotierenden Trommel den Vp. TOigefUhrt'). Eine
reiinderto EmriGhtuig yerwandten wir bei den T-Beihen, vgl nnten.
Die Gesehwindigkeit wnide fttr ehie 12sillnge Reihe seUieBlich auf
10 Seknnden per Umdrehung festgesetzt Dementsprechend war
die ümlanfsgeschwindigkeit der andern Beihenlängen dne solehe,
daB die Expositionsdauer immer die nämliche blieb; je mehr Silben
also eine Reihe enthielt, desto kleiner mußte die Kutatiou8ge8(*hwiüdig-
keit sein; eine Ausnahme bildeten nnr die 8> and lOsübigen Reihen,
die nnr von Kindern erlernt wurden.
3) Die Art und Weise, wie die SilbenreLhcn nnsern Vp. vor-
geführt wnrden, war eine andre, als bei L. Stoff ens*). Bei ihr
geaehah dies in folgender Weise : »Die beiden Hälften jeder Silben-
reihe (sowohl jeder &-R6ihe als auch jeder G-Reihe) waren anf
dner Trommel vom geeigneten Durchmesser nebeneinander ange-
bracht, so daft wShrend der einen Rotation der lYommel die eine
S^Uile gelesen werden konnte nnd wShrend der niehsten oder
irgend einer anderen Rotation die andere.« . . . »Bei den G-Reihen
wurde der Schirm natürlich nach jeder einmaligen Lesnng
vor die andere geschoben, bis die Reihe hergesagt war.
1) Margaret Keiver Smith, Rbythmas und Arbeit Züricher Diatort
Leipsig 1900, 8. 880 o. 860-968.
2} Vgl. Müller and Sohnmann a. a. 0., 8.9—10.
a) Vgl L. Steffens a. a. 0., 8.361 f.
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422
Christo Penta«bew,
Bei deu S-Kcilieu hingegen wurde der Schirm nach Beendiguug
der isolierten Wiederholangen der ersten Reihenhälftc nach rechts
und daim nnrh Beendigang der isolierten Wiederholungen der
zweiten Hälfte naeh links gerückt und hierauf in entsprechender
Weise hin nnd her gesehobenp) wie bei den G-Reihen, Ins die
Reihe als ganze heigesagt werden konnte.«
Um den EinflnB der absolnten Stelle , welche eine Silbe der
S-Rdhe anf der Trommel einnahm, aneh ftr eine GK-Reihe yon
gleicher Bedeutung zn machen, hat Steffens ebenso eine Gr-Reihe
in zwei Hälften zerlegt und in der Weij^o erlernen lassen, daß sie
den Beliiriu beständig nach jeder eininnliiren Lesnng einer
Reilienliälfte vor die andere schob, bis die •riinze (i-iJeilie hergeaai^
war. Sie glaubte dadurch die Differenzen der beiden Lernverfahreu
gleichmäBiger erhalten zn haben. Schon im Anfang unserer Ver-
suche hatten wir die Vermutung, daß mit der Schiebnng des
Schirmes nach jedem einmaligen Durchlesen einer Reihen-
hilfte der 6-Reihe eine neue Quelle von Fehlern verbunden
sei. Bevor die eigentlichen Versuche begonnen wurden, stellte
ich mir daher die An%abe, zu erfahren, ob die betri&chdiehen
Differenzen zwischen einer in zwei H&lften erlernten nnd einer
ungeteilten 6-Reihe einzig and allein dem Einfluß d» ab-
Boluteu Stelle zu verduukeu seien.
Die Vp. Per. (stud. phil.) hatte tüglieh zweimal zwidföilbige G-
Reihen answendig zu lernen. Auf der Trommel wurden znnUchst
drei Keilien nebeneinander angebraelit. Die ersten zwei lieilien
bildeten die erste und zweite Hälfte einer G-Beihe, von denen jede
zweimal hintereinander geschrieben war — und die nebenstehende
Reihe war die nttmliche, aber ganze Reibe, welche nach der iso-
lierten Erlernung jeder Reihenhälfte bis zur ersten fehlerlosen
Reproduktion gelernt wurde. Die beiden Hfllften der zweiten Reihe
dagegen wurden derart auf der Trommel nebeneinander angebracht^
daB der Schirm nach jedem einmaligen Durchlesen einer
Reihenhftlfte vor die andere und so hin- und hergesehoben
wurde, bis die ganze Reihe fehlerfrei liergcsugt werden konnte
(Verfahren von SteffensV
Die Ergeiniisse dieser \ersuclic waren folgende:
1) zum Erlernen einer in zwei Hälften zerlegten G-Keihe mit
Schiebung des Schirmes = 20,5 Wiederholungen,
2) zum Erlemen einer ungeteilten G-Keihe = 15 Wiederholnagen.
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UnteTrachmigeB vor Ökonomie imd Technik deB Lernens. 423
£8 ist uiibei^trcitbar, daß die große Differeitt zwischen beiden
iD sveifacher Weise erlernten 6*Reiheii keineswegs nur dem Ein-
fluß der absoluten Stelle zngesobrieben werden muß, sondern es
haben vielmehr andere Faktoren hier stttrker mitgewirkt. WShrend
der Versnehe stellte sieb bald herans:
1) Mit der Sehiebimg des Sehirmes von einer BeihenhSlfte vor
die andere ist eine Panse nnvermeidlich, und es ist nnzweifel-
haft, (iuii ciue Pausieruuf^, wie klein sie auch sein mag, nach
jeder Wiederholung eher nucliteilig als günstig wirken
wUrdc, weuij es zugleich der Vp. nicht erlaubt wäre, dazwischen
an die eben abgeleseneu bilbeu zu denken. Trotz aller Vorsieht
kamen auch Fälle vor, in denen der Schirm bei der schnellen
Sehiebang nicht gerade vor die betreifende lieihenhälfte gestellt
war, was immer zor Bildung falscher Assoziationen Anlaß gab.
2) Die Konzentration der Aufmerksamkeit der Vp. wurde dwtch
das Schieben behindert, was stets eine Anhäufung der Wieder-
holungen herbeiführte. Außerdem war auch das Hin- und Her-
schieben des Sclurmes ftlr den Yersuchsleiter stffrend.
3) Der Einfluß der absoluten Stelle war also gerade hier
viel größer als bei einer S-Keihe; deiiu die Verwechshmg der
Silben, die verschiedenen Reiheiiliälften angehörten, war so häufig,
daß die Vp. immer noch einige Wiederholungen dazu brauchte,
um die Silben an ihren richtigen Stellen nennen zu können. In-
folgedessen haben wir zu Begüm unserer eigentlichen Yt r^m he von
einer Zerlegung der G-Reihe in zwei Hälften Abstand genommen.
Die beiden ersten Fehlerquellen eliminierte ich in einfacher
Weise dadurch, dass ich an Stelle des beständig sich bewegenden
Schirmes eine ganz andere Vorrichtung anbringen ließ, die
im wesentliohen darin besteht, daß am Torderen Bande eines flach
auf dem 'ßsche liegenden Brettes ein andereSi ganz dllnnes, reoht-
winküg zum ersten angeschraubt worden war. In diesem waren
4 Spalten gemacht, deren jede 2 cm hoch und 3 cm breit ist. Das
Kymographion wurde dann aul dvin liegenden Brett eu aulgeriteilt,
daß jede von den vier auf der Trommel nebeneinander angebrachten
Silbenreihen einer Spalt»' ire^^enllberntand. Ein ScbiebiT. mit bloß
einer, aber ganz gleichen Spaltöffnung versehen, gestattet, sowohl
alle vier Öfiiiungen als auch alle bis anf eine zu schließen. Un-
▼erdecict läßt man stets jene Spalte, vor welcher eine Silbenreihe
rotieren soll. Durch diese Art der Vorflüining der SUbenreihen
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424 Ghiiito Pentochew,
wurden die obea genannten i^'eliierquellen eliminiert. Vgl. die
Abbild. 1.
AI0 eine Ergänzung nngerer Versuche ist auch diese za er-
wSlmeOi daß wir eine 12^ nnd löflübige fieihe noefa in drei Gnq^n
haben erlernen lassen, un damit einen experimentellen Naohweis
an liefern, daB das fraktionierende Lernen doh am so angOnstiger
stellt, in je mehr Absehnitten eine Silbenrdhe erlernt wird.
Fig. 1. Der Sfhifber S kann hinter dem Holzschirm m verschobea werdeBi
daß je eines der Diaphragmen bei d geüffiiet wird.
4) Die Venraehe fimden jeden aar selben Stunde statt, oad
die Versnehgnmstfade blieben wShrend der ganzen ZeÜdaner die-
selben, mit wenigen Ansnahmef^UIen, welche ich später an passen-
der Stelle erwähnen werde. Die Gesebwmdi^keit der rotierenden
Trommel wurde an jedem Versuchstage kontrolliert. Es wurden
bei verschiedeneu Ta^reszeiteu Versuche angestellt, und zwar vor-
mittags von 7—12 Uhr und nachmittags von 1—2, 4—5, 6 — 7 Uhr.
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üntersachuugcu zur Ökonomie uud Technik de» Lernens. 425
Jede Yp. hatte ttglich zwei nene Sflbenieihen zn lernen, die
24 Stunden später anft nene wiedererlemt wurden, so daB tSgUcli
yier Silbenreihen Yorkamen, mit Ausnahme der Versuche an einem
MIfcdehen, das sechs SOhenrdhen an jedem YersnchBta^ auswendig
lernte. Zuerst wurde die Wiedererlermmg auegeflihrt und dann
folgte die Erlemuuj; der neuen Reihen, die stets durch Hersagen
geprüft \MirJen. In den Versuchsreihen 1 und 2 wnrde noch das
Trefferverlahreu eingeführt, welchcö aber nur uacli der Wieder-
erlemung der alten Silbenreiheii angewendet worden war. Die
Art und Weise, wie die neuen Reihen erlernt wurden, wird bei
jeder Versnchsreihe später erOrtert. Was das sinnToUe Material
anbelangt, so hatte jede Vp., sowohl die Erwachsenen als auch
die Kinder, ttglieh Strophen auswendig zu lernen, die 24 Stunden
apVier wieder erlernt wurden. Die Zeitdauer des Erlemens, Wiedei^
erlemens und des jedesmaligen Hersagens einer Strophenxeüe wurde
immer müglichst genau bis auf Viertelsekunden protokolliert. Es
wurde ferner mit kleinerem, wie auch mit größerem Umfang:e des
Stoffes operiert. Da uu» belir daran lag, den Grnndeharaktcr des
Gedächtnisses jeder Vp. festzustellen, so haben wir bei jeder Ver-
Ruchsreihe eine beHtininite Anzahl von Vorversnchen ansgeftlhrt, bei
denen der akustische Eindruck ausgeschaltet wurde. Er-
waehsene und Schulkinder hatten also Silbenreihen nnd Strophen
><owohl akustisch-motorisch, wie auch rein visuell (d. h. bei unter-
drücktem Sprechen) auswendig su lernen und nachher wieder-
nerlemen.
5) Die Dauer der Pausen swischen den Wiedererlemungen und
Erlernungen in ein und derselben SitEung entsprach nicht den U filier-
sehen Voischriften'). Nach Terschiedenen Proben wurde gefunden,
daß bei einer 12silbigen Reihe dne Pause von zwei Minuten nach
Wiedererlemung der ersten Silbenreiheu und eine von fünf Minuten
uaeh der Erienumg der ersten beiden neuen Reihen vollständig? ge-
nügend war. Dasselbe jrilt auch von dem sinnvollen Material, wo es
sich um vier Strophen handelte, von denen zwei in Teilen und zwei
im ganzen erlernt wurden. Wurde mit einem größeren Umfange des
Stoffes operiert, so mußten auch die beiden Pausen dementsprechend
Tergrößert werden. Übrigens werden die Zwischenpausen bei ein-
lehien Versuchsieiben spater genau angegeben.
1) Mitllor imd Selininnn a. a. 0., S. 85f. u. 116.
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426
Christo PentBcbew,
§ 4. Einteilung' der Veröuclie.
1) £a wurde im ganzen mit 11 Versuchspereonen experimentiert,
von denen 5 Scbnlkinder anfl Tenefaiedenen Elassen der Züricher
Primar> nnd Seknndarsohnle und YerBchiedenen Alters wuen.
Die VerBnehe worden am 21. Jannar 1901 begonnen nnd am
2b, September 1901 znm Abscblnss gebraebt
2) Als Vorrertmcbe betraebte iob die Venncbsreiben 1 nnd 2, die
in deu erötcn Z»Mtabsclniitt tiuleu und nur mit Biouloscm Material
ausgeführt wurcim. Di»- liauptfraircn der vorliegenden Abhandlung
behaudt'ln dairriron dio Versnchercilion 15. weshalb idi sie
Hanphcrsuchsrcihcu ueune, zn deren Kontrolle die \ ersuchsrcihcn
16— 'M) dienen, die sämtlich an Kindern angestellt worden. — So
zerfüllt da8 nüchste Kapitel in drei Abschnitte:
der L Abschnitt behandelt die Vorvergnche (1 — 2), in denen die
Herren »ttod. pbil. Per. nnd Zel.< ab Yp. dienten;
der IL AbBebnitt bebandelt die Haoptversncbsreihen (3 — ^b\
bei denen »Frl. M. Kl.« (stnd. pbil.) ond die Herren »Ad. EeL
(stod. med.)«, >0. He. (stod. phil.)< ond der Leiter als Vp. fangierten;
derin. Absebnitt omfaBt die KontroHyerfloebBreiben (16 — 30},
die an folgenden Schnlkindern angestellt wurden:
1) Edwin Ut., l-lj:iliri,::er Kjiabe in der II. Sekuudar^cliuiklasse.
2) Hedwig Br., 12jä]ir. M.uleheu > * VI. Primarschulklasse.
3) Max Herl., 11 i.ihriict r Knabe » » VI. »
4) Meta H.. lOjühriges Mädchen * » IV. »
5; Hemi. Met.. HjUhriger Knabe » » II. »
ErwHhut muß noch der Umstand w erden, dafi die Bericlite der
Vp. täglich protokolliert nnd doreb die Beantwortimg der ihnen
Tom Verancbflleiter yoigelegten Fragen ergänzt wnrden. —
II. Kapitel. Eigene Versnebe.
▲bsohnitt I: Die Vorveranobe (Venmchsrettie 1 ond S).
§ ö. Die Stellang der Frage nnd die Yersachsanordnang.
Diese beiden Reiben werden znr Orientiemng Toraoflgescbickt
and machten uns auf manche Fehler des bisherigen Verfahrens
Uber das ökonomische Lernen aufmerkj^nm. Wir beschrankten
uns auf den Beweis folgender zwei Hauptpunkte:
1) daß das fraktionierende Lenien uro so ungünstiger ist, m je
mehr Gruppen eine Silbeoreihe erlerut wird;
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üntennchmigeii snr Ökonomie und Technik des Lernen». 427
2) daß das Lernen im ganzen ftach in Bezog anf das Be-
halten ökonomischer ist.
In diesen Yersnchsreihen wnrde nur mit nonnalsilbigen Zwölf-
reifaen openert, die naeh dem 6. E. Httll ersehen Ver&hren Bokzesaiv
den Vp. Torgellüirt wurden. Es wnide Vorsorge getroffen, daB
sämtliche VersnehsinnstSnde während dieser Zeit konstant blieben.
Wie schon erwühnt, wurde eine 12silbige Reihe in doppelter
Weise erlernt: in Gruppen zu je 4 und in Grappen zn je 6 Silben.
Um der klareu Darstdluug willen bezeichne icb i iiK iu 2 Hüllten er-
lernte Keihe symbolisch mit Gr^-Keihc d. h. Reihe in 2 Gruppen;
eine in 3 Gruppen erlernte Reihe mit Gr-*- Keihe und endlieh eine
ungeteilte mit G-Rcihc. Täglich kamen 4 Silbenreihen vor, von
denen 2 neu waren, die stets bis zur ersten fehlerfreien Beproduktion
wiederholt wurden. Die Prttfongen der beiden vor 24 Stunden
erlernten Reihen hingegen waren Ton zwei&cher Art: die eine
wurde bis zum ersten fehlerlosen Hersagen gelernt, die andere
aber nach bestimmter Wiederholnngsanzahl dnreh Trefferrerfahren
geprttft. Die Art nnd Weise, wie das Trefferrerfahren von uns
angewendet wnrde, war ganz dieselbe, wie bei Httller nnd A.
Pilzecker'). Nach der Wiedcrerlemnng der alten Reiben und
der Erleriiun;^ der ersten beiden ueueu Reihen fand eine l'ause
von 2 reöp. 5 Min. statt.
I. Reim fraktionierenden Lernen haben wir 2 Verfahren ein-
geschlagen :
A. Das erste Verfahren wnrde in der folgenden Weise ansge-
fthrt. Anf der Th>mmel waren 2 G-Reihen befestigt, die am Ver-
snehstage erlernt werden sollten. Die Vp. wnrde nnn instmiert, in
der Weise die Silben der ersten Reihe zn lernen, daß sie zunächst
ihre Aufmerksamkeit nur anf die ersten 4 Silben richten nnd so lange
die ganze Reihe durchlesen sollte, bis sie die ersten 4 Silben
auswendi;^- konnte. Gab sie ein Zeichen, daß sie die ersten 4 Silben
schon wußte, so rielitete sie ihre Aufmerksamkeit auf dit- nächsten
4 Silben mit der AIjsirbt, nnr diese zu lernen, indem sie >vieder
die ganze Keihe so lange durchlas, bis die ersten 8 Silben fehler'
los reproduziert werden konnten. Gelang ihr das, so ging sie zn
den letzten 4 Silben Uber, die anf dieselbe Weise erlernt wurden.
1) 0. £. MttUer nnd A. Pllaeeker, Experimentelle Beitrüge mr Lehre
vom Gedächtnis. Leipsig 1900, S. 8—18 n. 26.
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428
Chrifto Pmtschew,
Gleich darauthin wurde die L'anzf' lleibe herzusagen versucht*).
Bei der 2. VerBuchsreihe niuLitL- die Vp. ihre AufmerkBamkeit
auf die ersten 6 Silben richten, indem sie die ganze Reihe bo lange
durchlas, bis sie die ersten 6 Silben auswendig: ^vllßte, woraof ne
ihre Aufmerksamkeit auf die letzten 6 Silben richtete und die ganze
Beihe 00 lange durchließ bis äe fehlerfrei heigoBagt weiden konnte.
Die Vp. nmBte also die Sflben einer G-Beihe in 2 oder 3 Gmppen
willktlrlieh trennen. Es war sehr eehwer, die Anfinerkaamkeit
der Yp. auf eine bestimmte Gmppe von Sflboi so richten, wenn
die Übrigen Gruppen einer and derselben Reihe mitge-
lesen werden sollten. Dadurch wurde aber nun der Zweck
erreicht, den Eiulluli der abBoluteu Stelle zu eliminieren. Bei
diesem Verfahren wurden die folgenden Hauptpunkte beobachtet:
)) ob das Lernen einer anf diese \\ lisi zerlejj^eu Reihe im
Vergleich mit einer 6 -Reihe auch unvorteilhafter ist;
2) wie stark der Einfluß der Konzentration der Anfinerkaamkeit
anf die Wiederholnngszahi ist?
Da die Gruppen einer solchen Beihe ihre Stellungen in der
gansen Beihe behielten nnd nidit gans Toneinander getrennt
wurden, so beieichne idi eine soldie als eine gebrochene ganse Reihe
nnd das Verfiüizen selbst kors: licrnen im gebrochenen gansen^).
B. Das zweite Verfahren bestand darin, daB die Gruppen
einer Reihe ganz andere Stelinngen anf der Trommel ein-
nahmen. Auch hier wurde eine Reihe iu 3 Gruppen, eine andere
in 2 Gruppen zerleget. Die Gnippen der ersten Reihe wurden auf
einen l'apicrstrcifeu geschrieben, der durch drei Linien in 4 gleiche
Feldt'r geteilt worden war. Das erste Feld enthielt die ersten
4 Silben, die je nach der Schnelligkeit, mit der eine Vp. lernte,
2- oder 3 mal hintereinander geschrieben waren; das zweite Feld
desselben Papierstreifens enthielt die nächsten 4 Silben; das dritte
die letalen 4 Silben nnd das vierte Feld enthielt die Silben der
ganzen Reihe. —
Ii T)i(' VofinlasBung za diesem Vereuch lag in df^r von M. K. Smith
gemachtea Beobachtnnp. daß tatsächlich bei dem pewübnlichen Lcruea sinn-
loser Silben »im ganzen« viele Personen so verfahren, daß sie die Silben
aOmShHdi ans gMondert erlemtenOnippen «ifrdhen. Wir wollten ▼«miditn,
ob elek cUmw aatOrUelie Lemmodiui vlellelolit so otsem yorteUhaftea Kansfr-
griff entwickeln ließ, wenn er Bysteotttiieh und methodisch angewendet wurde.
2: Ich bezeichne eine gebrochene ganze Reihe in d Omppffil mit: Qbr.^.-
Eeihe, und eine in 2 Gnippen mit; Gbr.^Reihe.
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Uutersachangeii zur Ökonomie und Technik des Lerueu8. 429
Die Orappen der andern Reihe waren auf einem Papierstreifen
geaehrieben, der aber durch 2 Linien der Länge naeh in diei
Felder geteilt wurde. Anf dem eisten Feld waren die ersten
6 Silben der Reihe 2mal hintereinander geschrieben; auf dem
zweiten wareu die letzten 6 Silben dereelben atieh 2mal hinter-
einander geschrieben; das dritte Feld enthielt eudlich die ganze
Reihe.
Dio auf diese Weise 4 resp. 3 anf der Troinuiel nebeneinander
angebrachten Silbenreihen entsprachen den 4 resp. 3 Spalten des
Schirmes. Diese» Verfahren bezeichne ich als Lernen in Gruppen
m je 4 (Gr^-Keihe) oder in Grappen zn je 6 Silben (Gr^-Reihe).
n. Beim Lernen einer Reihe im ganzen wude die Vp. anf-
gefordert» die Silben nach jeden 10 Wiederholongen av&nsagenf
bis die ganze Reihe fehlerlos heigesagt werden konnte. Nach
jedem Hersagen worden sowohl die fiüBchen, wie aneh die richtig
genannten Silben ins PiotokoU aufgenommen.
Nachdem wir nun die VeTSachstechnik im allgemeinen be-
schrieben habeu; bleibt uns noch tibrig die einzelnen Resultate der
Yersachsreihen 1 und 2 anznfUhreu.
§ 6. Versuchsreihe 1: Vp.: Per.
24 VeisQchstage: Beginn am 21. Jannar, Ende 24. Fehmar 1901.
Die er^en 9 Tage wurden der Übnng gewidmet, so daß die eigent-
iiehen Yenndhe erst am 31. Jannar begannen. Zeit des Ezperi-
mentteiens: Tonnittags von liy« bis etwa */4^ ISsilbige
Beiken. Geschwindigkeit der rotierenden IVommel: 10 Sek. per
Umdiehang. Nor die Zeit des letzten Heisagens wnide gemessen.
Im gebroebenen Ganzen (erstes Yerfahien) worden in 12 Tg. die
Versuche in der Weise ausgefhhrt, daß eine Gbr.^G-Reihe in den
ersten 6 Tg. stets au die erste Stelle kam, während in den letzten
6 Versuchsta^ren es sieh umgekehrt verhielt: an erster Stelle \vTirde
stets eine Gbr-'-'G- Reihe und an zweiter Stelle eine Gbr.^G-iieiho
erlernt
Die letzten 12 Versnchstage wurden hingegen nach dem
zweiten [in Gruppen zo je 4 nnd zo je 6 Silben] und dem
dritten Verfahren (im ganzen) ansgeflllirt Am 1., 3., 5., 7. osw.
Veiioehstage worden 2 G.-Reiken erlenit ond am 2., 4., 6. oiw.
Versoehstage 2 Reihen in Grappen, Yon denen eine Gr^-Reike, die
andere Gr*-Reihe war.
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430
Christo Pentsdiew,
§ 7. VeravehBreihe 2: Vp.: T. Zel.
Hanptrennche: 22 VerBuebstage. Die Einttboiig dauerte 12 Tage,
bis die Yp. eine Geläufigkeit beim Lesen nnd Beprodnzieien der
sinnlosen Silbenreiben gewonnen batte. 12 normalsilbige Reiben.
Zeit des Experimentierens: ▼omltta^ ron 10 V4, Ende ge^n
11 Uhr. Dieselbe L iiilaul'si^^escbwiDdi^^kcit. Die Versiichsumstände
blieben wiihrend dt r ^Muzen Zeit des Experimentierens dieselben,
nnr am 21. Februar wurde der Versncb nicht zu Ende gebracht,
da die Yp. sich sehr mttdc lUhltc.
§ 8. Grnppiernng der Resultate der Versncbsreiben 1 n. 2.
1) Die sohr nrofangnrciche RobtabeUe des Veisocbs 1 nnd 2
teilen wir nicht mit, nnd verweisen anf die znsammen&Bsende
Tabelle S. 431. Veigleiebt man die Eigebniase ftlr Vp. Per., so aeigt
sieb, daS das LemTerfidiren »im Obr.-Ganzen« viel gflnstiger
ist als, im »Ganaen« nnd in »Grnppen«; die DorebsehnittsweTte
des letztgenannten Verfahrens sind am wenigsten günstig aasgc-
fallen. Beim Wiedererlemen ergab eine Gbr.'C^Reihe wiederom
die größte Anzahl von Treffern, wenn sie nach bestimmten Wieder-
boluiiireii i^,3j durch Trefferverfahren geprüft wurde; die Anzahl der
Treffer einer G-Reihe bctm^' 4,4. Wenn irjrend eine Silbenreihe
aber 24 Sliiiideu spater lu^ /um Auswendi^^k im u wiederholt wurde,
80 war das Behalten ilir eine ö-lieilic am günstigsten. Die
Zeitdauer des letzten Hersagens einer Gebr. ^G- Reibe bingegen ist
die längste gewesen.
2) Gans anders verhielt es sieb mit den Resultaten der £r-
leronng nnd Wiedererlemnng bei ZeL Bas liomen im ganien ist
bei ihm nach der Erlemnng einer G-Reibe am günstigsten
(27,9 M ). Zur Erlemnng einer Gbr.*G-Reibe waren am meisten
Wiederbolnngen notwendig. Die Ansabl der Treffnr einer G-Reibe
ist nicht sehr groß, wenn sie hingegen nach der Wiedererlemnnsr
durch Hersagen gepriilt wurde, so hat sie die geriügste Anzahl
von Wiederholnnj^en ergeben. Die Zeitdauer des letzten Hersagenf,
MowoUl nach der Erlernung, wie auch nach der Wiedererleruung,
war ganz verschieden.
3) Stellt mau die Resultate jeder emzelnen Yenmebsreibe zu-
sammen, so erblUt man folgende Blittelwerte:
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Unteisnchiiageii bot Ökonomie und Technik des Lernens.' 431
'soijn}
eqi9H-0 Jiooto dsflixuvdsjg
Zum Wiedererlernen
einer Reihe
bis zum
Auswendiglernen
■qaapoijVV aljou
nasniS m\ aip
1 i i 1 o
•qjepaiAi 'mon
'opjn« juidiJd
nyqji}^ t> of nz aip
tsf 1 a> O 1
■qjopoj^V "^lon
'apjnM )njoiJo
1 ^ J
«D 1 ^ 04 i
einer Reihe,
die durch Treffer\'erfahren
geprüft wurde
die als
ganze
Reihe er-
lernt wurde |
11^' 1 1 5
•qjopaiAl
1
1 i i 1 00
1
1
zu je
6 Silben
•qjopaiAV
' CO , 1
i CQ ^ l 00 CO 1
1
zu je
4 Silben
^ ^ 1 0» et» (
a|mtup8d(£
1
j CO i « QO 1
iQfi^dü uopunjs fz
1 « A j A A A
Zorn
Erlernen
einer
Reihe
•qjapai u av^ou
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1. Im gebr. ganzen
2. In Gruppen
3. Im ganzen
1. Im gebr. ganzen
2. In Gruppen
3. Im ganzen
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I. Per.
II. Zel.
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432
CbritirO Pentacheir,
Ein Verpleicli zwischen beiden Vp. ergibt, daü das Lernen
im ^^ebr. j^anzeii im Ver^rleioh mit den übrigen Lemvvcigen für
Per. moriiwUrdi^^erweise viel (»kniKuiiischer ist als boi Zfl. — ja
bei dem letzteren ist es sogar ganz umgekehrt. Zel. lernte' also am
besten >im ganzen« dann weniger gut »in Gruppen« and am
sehiechteaten »im gebr. ganzen«. Beide Vp. lernen demnach
besser »im gamen« als »in Gnippen«. Beim Wiedeierlenien ver-
tialten sie Mi binsichtliQh der Anzahl der Treffer ganz TerscfaiedeiL
Welches Vedahren nach der Treffermethode ftr das Behalten das
günstigere ist, Ittfit steh nach der geringen Anzahl von Versnehstagen
nicht entscheiden. Bei beiden Vp. wnrde aber eine Gt-Reihe fSsster
eingeprägt, wenn sie nach Wiedeierienmng dareh Hersagi^ ge-
prüft wordou war.
4) Aas den Ergebnissen beider Versachsreihen gebt demnach
bervor:
I. daß das I.ernen >im ganzen« doch ökonomischer i«t als
»in Gruppen«; ja bei Zel. ist es sogar am günstigsten. Warom
das Verfahren« im gebr. ganzen c bei Per. sich so vorteilhaft er-
wiesen bat, wollen wir vorläufig dahingestellt sein lassen. In den
nichsten Veranoharoihen aber weiden wir noch einmal darauf zu
sprechen kommen;
IL daB das firmktionierende LentTerfahren emer Reihe um so
nnvor teilhafter ist» in je mehr Gruppen sie zerlegt wird.
Bei Per. gab eine G-Reihe 12,3 W., wBhrend ftr eine GrS-Beihe
14,65 und eine Gr ' Reihe 15,3 W. notwendig waren, was sagen
will, daß die in 3 Gruppen erlernte Reihe am schwierigsten einge-
prä^ warde. Es ist sehr auffallend, daß die Mittelwerte einer Reihe
in Gmppen zu Je 6 SillM^n bei Zel. et^^as höher ausgefallen sind
als diejenigen einer Reihe in Gruppen zu je 4 äilben. Auch die
einzelnen Effekte einer Gr ^- Reihe waren größer. Es läßt sich dies
durch den Umstand erklären, daß Zel. im Rhytlimus sehr leicht
▼erwhrt wnrde. Er war beim ersten VerfiüirmL (im gebr. ganzen)
sehen daran gewohnt, die Silben einer Beihe jambis«^ zu lernen.
Dieser Bhyihmns seinen ihm änfierst günstig zu sein; als aber
spllter die Silben ihm >m Gruppen« daigeboten wurden, lernte er,
trotz aUer Mtthe, eine Gr*-Beihe meistens trochMiseh; ja es
kamen sogar Fälle vor, wo er die einzelnen Gruppen einer
Gr^-Reihe jambisch, bei ihrer Verbindung iiin^egen trochäisch ge-
lernt hatte.
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Untenvcliitiigeii zar Ökonomie und Teohnik de« Leroei». 438
III. Eine im j^ranzen« erlernte Reihe haftet fester im Gedächt-
nis, als eine Q^Beifae oder iigend eine andere, wenn sie 24 Stunden
spiter bis znm Auswendiglernen wieder gelesen wird. Will man
weiter wissen, ob das Bebalten Air eine G-Beibe aneb naeb demTreffer-
Ter&bien günstiger ist, so mufi man sieb keineswegs mit einigen
(ca. 10) Versuehsta^en begnügen. Eben deshalb babe ich in den
nächsten Versuchsreihen die TreflFermefliode nicht weiter angewendet.
TV. Der Einfluß der Konzentration der Aufmerksamkeit auf die
W iederh()lun.ü:3anzahl kam bei Zel. stärker zur (^ieltuug als bei Per.
Ging die ^inzahl der Wiodorliolnngen Uber 35 hinaus, so nalmi
seine Auftnerksamkeit aulierordentlieh schnell ab. Man erhält
diesen Eindmck, sobald man die einzelnen Werte der Versuchs-
reihe 2 beim Lernen »im gebr. Ganzen« ansieht Hatte er die
Silbenreibe naeb 35 Wiederholungen noch mcbt answendig getomt,
so branebte er in der Regel Im Durebsehnitt noeb 19,5 Wieder-
bolnngen, bis die Beibe febleriiei bergesagt werden konnte. Daher
kam es, daß die erste Silbenreibe am 20/n. erst naeb 65 Wieder-
bohingen fehlerlos aufgesagt wurde. Eine Steigerung der Wieder-
holuugszahlen war am häufigsten beim ersten Lemverfabren zu
sehen. Zel. konnte also seiir schwer seine Aufmerksamkeit auf
eine bestimmte Grii])])e von Silben einer Reihe konzentrieren, wenn
die übrigen dersiUieu zngleieh mitgelesen werden nollten.
Beispielsweise, wenn eine Reihe nach dem Lernen »im gebr.
ganzen« in drei Gruppen erlernt wurde, so brauchte er ftlr die
erste Gruppe 8,9 W.; fUr die zweite 9 W.; ftlr die dritte hin-
gegen 12,85 W. nnd zur assoiiatiTen Verbindung der euuefaien
GTuppen noeb 6,8 W. Dasselbe Verfiüiren bei Per. dagegen
liefert die enlgegmigesetiten Ergebnisse: Er nebtet sebr leicht
seine Anfineiksamkeit auf eine bestnnmte Gruppe von Silben,
ebne sieb durob das Ifitlesen der llbrigen Gruppen derselben
Reihe stören zu lassen. Für die erste Gruppe einer Gbr.*-Reihe
z. B. waren 5,45 W. nötig und für die letzte Gnip]M' dt rj^elben
Reihe: 3,8 W. Zur assozi:iti\ cn Verl)iudung der ciiizrliu ti Gruppen
wonlf abrr nie eine Wiederliolung gebranclit, sondern mit der
£rternuug der letzten Groppe wurde die ganze Reihe stets fehlerlos
reproduziert. Das Verfahren >im gebr. ganzen« schien ihm also
außerordentlich günstig sn sein. Ob aber der Vorzug dieses Ver-
falurens tot den anderen Lemwdsen einzig und allein dem Ein-
flnft der absoluten Stolle snzuscbreiben sei, ist sebr sweifelbaft.
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434
Cbiuito Peataohew,
5) Hinsichtlich der Leichtigkeit oder Schwierigkeit dieser drei
Verfahrcu geben die Vp. Folgendes zu Protokoll an:
»Beim Lesen der Gruppen ftlr «ich alltin spüre ich keine lie-
sondere Müdi/^keit, nobald ich aber die übriß-on Rillirn niit!p«p (im
gebr. ganzen), so werde ich in der Konzentration leicht gestört,
dann tritt schneller eine Ermüdung ein, was eine AnhMnfang der
Wiederholongeii herbeiführte. Es scheint mir, ich komme BefaneUer
nm Ziele, wemi ich die Reihe in weniger Unteignippen in lernen
bekomme.« (Zel.)
»Das Verfiduren »im gebr. gansen« untetstttict mich beim Kon-
zentrieren auf die einzelnen Gruppen, hingegen habe ich in der
Begel beim Lernen »In Gruppen« die erste oder die zweite Gmppe
schon vergessen, wenn ich die nSehste ganz getrennt zu lernen
bekomme mal hti dir Rotation der ganzen Reihe koninien mir
dadurch die frtlher schon gelernten Silben einzelner Gruppen oii
Yöllig fremd vor.« (Per.)
§ 9. Über die individuellen Eigenttimliciikeiten des Ge-
dächtnisses beider Vp. beim Lernen und Reproduzieren
sinnlosen Materials.
1) In erster Linie mttaaen emtge Worte ttber die fietonnoga-
weise der Silben geeagt werden. Der Tp. wurde Torgeaohlagen,
80 weit es ging, die Silben einer Reibe troebSiacb oder jambiaeb
zu lernen. Herr Zel. lernte anfangs von selbst beim ersten Ver-
fahren die Silben stets jambisch und seiner Meinung nach gab
dieser Rhythmus am wenigsten Anlaß zur Ablenkung seiner Anf-
merksaiiikt it. Er las so zu sairen die einzelnen Takte mit «rloieh-
mäJiiger Betonung und bevorzugte keineswegs einen vor dem andern.
Als aber später die Sübenreitien ihm in getrennten Gnippen vor-
geführt wurden, war er in der Hetonungsweise ganz verwirrt Die
einzelnen Gnippen einer Gr'-Reihe lernte er im Trochttos, bei der
Rotation der ganzen Rdhe aber bemtlbte er dch, wieder jambiaeh
zn erlernen, was ihn sidetzt soweit brachte, daß er die Steünng
der emaebien Sflben immer yerwecbaelte. Daber kam es, daB die
DorebBebnittBwerte einer Gr '-Reihe (32,95) htfber aasfielen, als die
einer Gr»-Reihe (28,3). Herr Per. konnte leichter mit dem Rhyth-
mus auskommen. Hinsichtlich des rhyth mischen Lernens gab er
zu Protokoll, daß ihm der Trochäus \iel srhwerfälliger klinge und
sich infolgedessen viel weniger leicht einpräge. Die Silben einer
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Untnrachitiigeii zur Ökonomie und Teehnik des Lerneu. 435
Gr '-Reihe hatte er in der tthlichen Weise gelernt, daß er die Reihe
durch 2 Inzisionen in 3 gleiche Teile znsammeiiikßte. Ein Um-
stand ist bei ihm besoiiders herroisoheben, daß er die Reihe un-
winkttrlieh sehr laut ablas, wenn er dabei serstrent war;
sobald er aber die Sflbea sieb animerksam aneignen wollte, las
er sie ganx leise ab. Dnreb diese VeiilndenuigsweiMr des Lernens
konnte der Versnchsleiter stets seine Zerstreuung konstatieren.
Der Einflnß des Rhythmns ma<*hte sich namentlich beim Wieder-
erlemen der Silbenreihen «geltend. Es war für die Vp. Btets not-
wendig zu wissen, ob öie gesteru die Reihe »in Gruppen« oder
»im Ganzen < erlernt haben. Konnten sie luifli zweiter oder dritter
Wiederholung: den Rhythmus nieht ausfindig machen, so frjigten
sie den Versnchsleiter inuner danaeh. Wurde ein andrer Khyth-
rnns angewendet, so war eine Anhänfiing der Wiederholnngaangahl
anvermeidlieh.
2) ünwiebtiig ist aneb niebt die Art und Weise, wie die SUben-
felben erlernt wurden. Herr ZeL bericblele einmal darUber Fol-
gendes:
»Beim Auswendiglernen konzentriere ich meine AufineitLsamkeit
zuerst anf die Anfangssilbe der Reihe, dann merke ich mir die
ersten paar Silben — hierauf die letzten 2 oder o und erst dann
die leichteren in der Mitte der Reihe. — Es scheint mir fhr die
Einprä^nf; d* i Ueilie sehr gUu«tig zu sein, wenn es mir gestattet
ist, die Silben nach weniger Wiederholungen (2 — 4) aufzusagen:
denn icb weiß dann, auf welche Silben ich meine Aufmerksamkeit
besonders zu konzentrieren habe.« »In der Regel kann ich eine
Reibe leiefafter auswendig lernen, wenn icb mir selbst die Anzahl
der Wiedeiliolungen bestimme, als wenn dies der Yersuehsleiter
tat Ich glaube, daß icb mich im ersteren Fall viel intenaiTer
konzentriere, als im zweiten.«
Diese subjektiven Beriehte bestiltigen sieh auch durch die
Steigerung und Abnahme der Wiederholnngsanzahl der einzelnen
BfTekte. —
Beim Lernen »im gebr. pranzen« wurden die Vp. instruiert,
sich glei< h tieim Versuchsleiter zu melden, wenn si« die Gewiß-
heit erlangt hätten, die Silben aufsagen zu können. Bei Herrn
Per. war die Tendenz vorhanden, die Silben schon naeh der
ersten Umdrehung hersagen zu wollen. Er meldete sich nach
jeder Wiederholung stets mit dem Bewufltsein, daß er die Silben
29*
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43a
Chrifito Pentsohew,
wirklich auswendig' wisse; Hohaid ahoi die Trommel fioh zu be-
wegen authiirtc, ver^aR er in der Ke^a'l die erste oder die zweite
Silbe mul mtol,:redesseu waren alle a erscliwundeii.. Erst uachdeui
er durch verschiedene Probeversuchc auf die schwer merkbaren
Silben aufmerksam geworden war, konnte er jede Silbe an der
richtigen Stelle nennen. Um das hftnfiire Hersagen m Termeiden,
wurde bei den sp&teren Veisuehen die Wiederholnngsaozabl vom
Yemicbaleiter bestimmt
3) Beim Beprodmüeren der Sflbenieihen verhielten sieh beide
\ p. sehr veisehieden. Gewöhnlich war Zel. beim Hersagen nihig,
geriet er in Stoeknng, so wiederholte er die leiste Silbe dmgemsl
in der Hoffnnn«:, die assoziative Klangfarbe der Silbe ins Bewußt-
sein hervur/urufen. Es kam maurlimal vor, daß eine Silbe erst
nai'h 40 — Sekuiidcu docii reproduziert wurde. Die Reproduk-
tion dauerte ^^cwühulich so lange, bis die Vp. »nichts mehre sa^e.
Das Verhalten von Per. beim Aufsagen ist typisch fUr den
»Schnelllemenden«. Wenn die Trommel aufhörte sieh za bewegen,
so beeilte er sich mOgliclist schnell die Silben herzusagen ; besami
er sich 2 — 4 Sek., so wnfite er nichts mehr von der Beihel Sein
Streben ging also stets dahin, die erste Silbe nicht an reigeasen;
fiel ihm diese beun Reprodnxleren nieht ein, so erklMrte er sehen
nach ÖSek., >er habe keine Ahnung von der Reihe«! Wenn
eme Silbe beim Stocken nach 10 Sek. nieht kam, so wartete er
nicht mehr. Nur ein einziges Mal ist es vorgekommen, daß eine
Silbe doch erst naeli 20 Sek. hergeaugt werden konnte. Er gab
selbst einmal zu Protokoll an:
»Ich glaube, daß ich nach Beciidisrung der Rotation die Keihe
schnell hersagen maß, da jedes innehalten meine Aufmerksamkeit
ablenkt.« (Per l
4J Zur Feststellung der Tatsache, ob die Vp. sich bei der Er-
lernung und Wiedererlemung der Silbenreihen hanptsttohlieh auf
das visuelle, akustisehe oder kinMstiietisehe Gedlehtnis stOtM,
wurden keine spezieDen Yersuehe angestellt; auf Grand der ss
Protokoll gelegten Bemerkungen aber litBt sich doch behaupten,
daß das akuBtisch-motorische Element des Gedächtnisses beider
Vp. das Übergewicht hat. Eine Sicherheit von der reproduzierten
Silbe kam nur dann zu stände, wenn der akustische Emdriuk
der Silbe in \ollster Klarheit reproduziert wurde, das optische
Bild spielte dagegen eine sekundäre Kolle.
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Untersuchongen zur Ökonomie und Technik des Lernens. 437
5} Von einer eingehenden Besprechung der Art der gehildeten
AflfloziaÜimai habe ich Abstand genommen, allehi efailge wenige
Worte sind nicht überflüssig. Solange die Vp. nngettht waren,
bildeten sich masseiihiUt verschiedenartige Assoziationen, die all-
mählich durch das mechanische Lernen ersetzt wurden.
Herr Zel. bildete üherhanpt sehr wenige .sekundäre Assoziationen.
Während der ganzen Zeitdauer der Versuche mit ihm sind kanm
20 sekundäre Assoziationen zu stände gekommen, die hauptsächlich
nach dem Inhalte entstanden. Herr Per. dagegen bildete anfangs
Tiel AsBomationen — erst in den letzten Versnehstagen wurde diese
Tendenx nnterdrttokt — Die Art ihrer Entstehung ist ganz yer-
sehieden; meistens snehte er ans den Silben bekannte Namen
heraosziibekommen — beispielsweise: von der Silbe »Bizc machte er
Diekens; von »Sep< — Josef nsw.
6} Es fragt sich nun, zu welchen Typen beide Vp. gehören?
Aus dem bisher Gesagten ist sehr leicht die Behauptung aufzustellen,
daß Per. ein rasch, Zel. aber ein langsam Lernender ist. Zum
Erlernen einer G"^-Reihe brauchte der erste 12.3 Wiederhol.;
während für den letzten 27,9 W. notwendig waren. Man sieht
also, daß sie ganz entgegengesetzte Typen sind. Zur Be-
stätigung dieser Behauptung dient noch folgende Oberlegnng:
1} Herr Zel. bebUt das £rlemte iSnger als Per.
Die Ersparnis einer G-Beihe ffir Per. etgab nach 24 Standen
63/1^ des ersten Aufwandes; bei Zel. hingegen betrog sie 68^.
2) Gldch nach der Erlernung emer Beihe spielte das Vergessen
bei Per. eine größere Bolle als bei Zel. Nach einer Panse von
5 Min. wußte der erstere öfters keine Silbe zu nennen; während
der letztere die Reihe nach dieser Pause noch fehlerfrei reprodu-
zieren konnte. Zur Probe habe ich Flcrm Per. nach Heendignng
des V^ersncbes manchmal nach einigen eben erlernten Silben einer
Reihe gefragt. > Ja, sind denn diese Silben überhaupt in den Reihen
yorgekommen?« lautete seine Antwort So weit war das Vergessen
bei ihm vorgeschritten!
dj Femer ist noch der Umstand zn erwKhnen, daß eine Pause
Ton 20 Sek. zwischen den einzehien Gruppen für Herrn Zel. sich
aufierordentfich günstig erwiesen hat, withrend sie ittr Herrn Per.
gerade nachteilig wirkte.
4) Das Wiedererkennen der Silben beim Wiedererlernen der-
selben kam mehr bei Zel. zur Geitimg als bei Per.
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438
Chiiato Penteohew,
d) Die raschen Typen kann man nicht nnr nach der Seite der
zanehmenden, aondem aach nach der Seite der abnehmenden
Wiederholnngszahlen erkennen. Diejenige Zahl Ton Silben, welche
unmittelbar nach einer Wiederholnng derselben gerade noch fehleiioe
hergesagt werden konnte, betrog für Per. nur ein einziges Mal 6;
fhr Zel. hingegen nur 3 nnd einmal 4. Freilieh hat Per. meistens
für eine Grappe von 4 Silben 2 Wiederholungen verlangt, aber seiner
Angabe nach tat er dies. >nm sicher zu sciu«.
Darans geht also hervor, daß Per. sehr soIiik 11 lernt, aber
ebenso sebnell verfriBt. wülni ud Zel. zwar ein l:iiigsamcrer Lemer
ist, er jedoch da» Erlerute länger als Per. behält.
Soviel tiber die vorangegangenen Yeisucfasreihen; bei der
siriiteren Diskussion der Resultate wird noefa manches erwähnt
werden, was hier unberührt geblieben ist
Absolmitt H; Pie Hauptversiioiie.
§ 10. Allgemeines.
A. Der Ilaupt^egenstand dieser Versuehe ist du8 Kr lernen
nnd seine Beziehung zum Behalten. Ks war sehon von vorn-
herein zu vermuten, daß der Vorzug des Lenieus >ini fi:anzent vor
dem fraktionierenden sieh nicht nur durch die Zeitmessunjr
nachweisen läßt, wie L. Steffens annimmt Um einen empiri-
schen NachweiB der Yorzttge des Immens >im ganzen« vor dem
gewöhnlichen Verfahren zu liefern, hat Steffens Yersaehe mit
sinnTollem Material an drei erwachsenen Personen und an zwei
Kindern angestellt; mit sinnlosem Material hingegen nur an einer
emzigen Yp.<) Zar größeren Klarheit erlaube ich nur hier die Er-
gebnisse ihrer Haupt-Yp. anznfllhren.
In der Yersuehsreihe 11, bei welcher Dr. Pilzecker als Yp.
fungierte, wird behauptet, daß eine 6- Strophe um 1 Min. 3,6 Sek.
schneller erlernt wurde als eine S-Sti(>j>he. Hei der Versuchs-
reihe 12, in welcher L. Steffens als Vp. diente, ist eine G- Strophe
mit 37,6 Sek. und 0,2 Wiederholnnjren sehneller erh'rnt worden
als eine S- Strophe. In den Versuchsreihen 14 und 15 waren zwei
KiTider Vp. Das Mädchen hat eine G- Strophe um 43,8 Sek. und
1 Wiederholnnjr schneller erlernt als eine S-Strophe. Noch
kleiner ist der Unterschied beim Ejiaben Ul. Pilzecker ausgefallen.
1} Ich spreche vom »sinnlosen BUterial bei voTgeschriebener kooflUnter
LeiegeBchwindigkait«. Ygl. Lottie Steffens» s. a. 0. S. 89^-42.
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üiitenacliiiiigeii zur Ökonomie und Teohnik des Lernens. 439
Um 7,7 Sek. und »0« Wiederholungen ist eine G-Strophe
sclineller erlernt worden als eine Strophe.
Wie man siehti hat St also das Haaptgewicht anf die Zeit-
dauer des Erlemens einer Strophe gelegt; die BerüekslchtigQng
des Arbeitsanfwandes wurde ganz in den Hintergrund ge-
Scholien. Anf Ghrnnd dieser kleinen Differenzen zwischen der
LenizL'it einer G- Strophe und S- Strophe aber die Ik'huuptuu^
aufzastellen, daß das Lernen »im ganzen« »ükouümibcUert aU
das stUekweiBe vor «ich gehende Lernen sei, wird gewiß
manches Bedenken erweeken. Allcrdinp^s hat sie beim Ex-
perimentieren mit sinnlosem Material nur die Wiederholuugsanzahl in
Betracht gezogen, allem bedenkt man, daß die Besnltate von einer
12-, 16- oder SOsUbigen Reihe nnr von einer Vp. erzielt worden
waren, und erinnert man sich der Art und Weise, wie die Silben-
reihen der Yp. Toigeftthrt wniden, so wird man anob gegen dies
Besnltat Bedenken haben mttssen. Anf S. 419 — 421 babe ieh klar ge-
maebt, daß diese Art der YorfObnuig der Sübenreihen niebt fehlerlos
war, insbesondere mttssen aber folgende 2 Punkte beachtet werden:
1) daß die Aiitmerksamkeit der Vp. durch das beKtändige
Röcken des Schirmes nach jeder Wiederholung einer Hälfte der
G-Keilie vor die andre derselben stark abgelenkt wurde;
2) daß der Einfluß der absoluten Stelle bei dieser Art der
Vorführung der Silben einer G-Reihe gerade verdoppelt war;
denn die häuflgere Verwecbalnng der Silben einer ReihenhäUle
mit den Silben der andern ist unzweifelhaft hierdurch zn erklSren.
Das Hauptrerdienst der Steffenssehen Arbeit bestebt unbe-
streitbar darin, daß sie eme sehr eingebende Besebreibung der
Tersebiedenen Modifikationen der gewGbnliehen LemweiBe ge-
liefert und zugleich die ersten Versuche in Bezug auf das Oko-
nomische Lernen angestellt hatte. Hervorzuheben ist noch, daß
sich bei den Versuchen von Steffens das Lernen im Ganzen als
d;i> vorteilhafteste Verfahren nur für den Fall hcransfj^estcllt hat,
daß das jeweilifj: zu erlernende Stück nicht mt hr umtaßie als zwei
neunzeilige Strophen oder eine 248ilbige Reihe. Wie sich die
Sache bei größerem Umfange der zu erlernenden Stttcke verhalten
würde, hat Steffens nicht untersncbi
B. Auf Grand dieser Erwägungen scfaien es notwendig, die
F^age Yom Olconomiscben Lernen noeb emmal der Untersncbnng
zn unterwerfen und zwar zunitebst so» daß beide Faktoren, sowoU
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440
Chrifto Pentechew,
die abBolatc WiedcrholniigHanzabl wie auch die Zeitdauer
des £rlerncns und Wiedererlerucns beachtet worden.
Es Rrhion femer notwendig festzustellen, ob auch das Be-
halten [nach ein» konstanten Zeit] fttr eine G-Silbenreihe
oder G-Strophe das günstigere sei. Denn ohschon in dieser
Hinsieht his Jetst keine spesielle Unteisochnng angestellt worden
ist, U&Bt sich a priori doch behaupten, daB ein erlerntes G-Stttck
in Folge der Art der gestifteten Assoziationen swlseben den nn-
mittelbar aufeinanderfolprcnden Gliedern desselben auch festtr
im Gedächtnis haften werde.
Aulicrdem kamen nebenbei noch andere Fragen in Betracht,
die sowohl lür eine Gedächtnisuntersuchung als auch für die
Pädagogik speziell von großer Tragweite und Bedeutung sind.
In erster Linie lag es uns sehr nahe, den sensorischen Grund-
eharakter des Gedächtnisses jeder unserer Vp. festzustellen,
und dann wollten wir die Vorsttge oder die Nachteile des sinn*
ToUen vor dem sinnlosen Material nfther bestimmen. Andere
Gesiohtspunkte werden bei jeder Versuchsreihe später erwllhnt
C. £^ simtlichen Hauptrersuchsreiben von 3 bis und mit 15
wurden an 4 erwachsenen Vp. angestellt Auf Grund der oben
erwähnten Motive hatte jede Vp. sowohl Silbenreihen als auch
später Strophen auswendig zu lernen. Eine Ausnahme beim sinn-
losen Material machte der Versuchüleiter. Während der Zeit, in
welcher mit sinnlosem Material ex|)erimcnticrt wurde, kamen 12-,
15-, 16-, 18- und 24 silbige Keihen in Anwendung. Hingegen ist
die Art und Weise, wie die Strophen von den Vp. erlernt wurden,
eine ganz andre als bei Steffens. Das stückweise Ver&hren«
welches mit denjenigen »im ganzenc veigMchen weiden sollte,
wurde »dem Gutdttnken« der Vp. nicht ttberlassen, sondern ihr
TOigesehrieben. Es wurden Terschiedene Variationen mit dem Um-
fange des Stoües yoigenommen, bis die GrOfie des jeweilig zu er-
lernenden Stückes 5 achtseili^e Strophen umfafite.
A. VerBuctiareihen 3, 4 und 5.
§ 11. Allgemeines Schema der Versuchsreihen 3, 4 u. 5.
Als Vp. in den vorstehenden Versuchsreihen fungierte Frl. M.
Kel. (stud. phil.). Die Untersuchun;; begann mit sinnlosem und
endigte mit sinnvollem Material. In der 3. und 4. Versuchsreihe
kamen 12-, 15- und 16 silbige Bethen in Anwendung, während in
der 5. nur mit Gedichten operiert wurde.
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Untenuehmigeii mr Ökonomie und Technik des Lernens. 441
L Unter8tichiing mit sinnloBem Material.
§ 12. Versnchsreilie d.
I. Als Stoff" dieser Versuclisreihe dienten dieRclbrn 12sill)ifren Nor-
malsilbcnreihcn, die schou in den Reihen 1 umi 11 verwendet worden
waren. Da Frl. K. als Vp. keine Erfalirun^^ hatte, wurden einige
Vortlbun;rcn vorgenommen, die etwa 8 Ta;^e in .Vuspruch nahmen. Die
eigentlichen Versnehe begannen am 1. Mai 1901 nnd dauerten 32 Ver-
snchstage. Zeit desExperimeutieren» : Anfang 11 )£nde gegen 12 Uhr ;
nur am Dienstag fand der YersHcli von 9 1/4— 10 Uhr statt Rotatiens-
gesehwindigkeit fUr eme 12sinn|ge Reihe: 10 Sek. Wie liei den
Verat^cbsreihen 1 nnd 2, so haben wir auch hier drei Verfahren:
1] die Gruppen einer Reihe behielten ihre Stellnngen in der-
selben, worden aber in der hier angegebenen Weise willktirlich
j;etrennt von einander erlernt (»im gebr. ganzen«, s. 0.4281'.);
2) die Gruppen einer fraktionierenden Reihe nahmen ganz
andre Stell un^^eu auf der rotierenden Trommel ein (»Lernen in
Gruppen, Gr-Heihe);
3j das Verfahren »im ganzen«, welches sich von dem von
Steffens angewandten G-Lemen dadurch untergeheidet, daß eine
G-Reihe nnonterbrochen Ton Anfang bis sn Ende gelesen wurde,
bis sie fehlerlos hergesagt werden konnte.
Naeh dem ersten Verfahren wurden 12 Versnchstage ansge-
ftthrt, nach dem sweiten nnd dritten je 10 Versnchstage. Beim
fraktionierenden Verfahren wnrde eine ISsilbige Reihe in zweifacher
Welse erlernt: einmal war sie in 2, ein andermal in 3 Teile zer-
legt. Täglich kamen wieder 4 Silbenreihen vor, von denen zwei
neu waren. Die Erlemnng, sowie die Wiedererlernun^z: der alten
Reihen g:esrhah jitets bis zur ersten fehlerfreien Reproduktion.
Das lYefferverfahreii habe ich nicht weiter angewendet. Während
der eisten 22 Versnchstage lernte die Vp. die eine der beiden neuen
Sflbenreihen rein visnell, d. h. mit T^ntrrdrttckung des Sprechens, die
andre akustisch-motorisch. Beim Ver&hren »in Gmppenc wurde
der akustische Eindruck nicht ausgeschaltei Femer wurde Vor-
sorge getroffen, daß die Silbenreihen, die neuen wie die alten,
stets Im regelmäßigen Wechsel der Zeitlage gelernt wurden.
§ 13. Besaltate der Versuchsreihe 3.
1) Die sehr umfimgreiche Rohtabelle t^en wir wiederum nicht
mlt| und Terweisen auf die zusammenfassende TabeUe S. 442. Das
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442
Christo Pentichew,
Hauptergebnis dieser VeTsachsreibe ist, daß das Lernen »im ganzen«
sowolil bei der Erlernung wie auch bei der Wiedererleninng weit
Torteilhafter ist als das stllekweise tot sich gehende Lernen »in
Gruppen« oder »im gebr. ganzen«. Das letzte Verfahren, bei
welehem wir den Einfloß der absoluten Stelle eliminiert zn haben
glaabtcn, hat sieb gänzlich nnQkonomiscb erwiesen. Man kann die
Resultate jedes Vcriaiireus in t'olgeudem Schema zasammcului>äeii :
Z-Tabelle 2,
xum £ri<Tiioi)
einer Beilic
1
1
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zum Wiedorcrlcmen
einer Beflie^
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3. In Qmppeu |
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7,46
6,7
^ mm
SWBS
Beim Lernen »im gebr. ganzen« sind die Differenzen des laolen
and lanilosen Lernens merkwUrdigerweise ganz yersohieden aas-
gefallen. Der Unteisehied zwischen lantem and lantlosem Lernen
ist aber am denffichsten beim Verfahren »im ganzen« zu finden.
Znm aknstiseh-motori sehen Exlemen einer GkBeihe branehte
die Vp. 16 Wiederholungen; beim visnellen Erlemen waren hin-
gegen 26,3 Wiederholungen notweudi^^. Auch beim Wiedcrcriemen
ist dassclho zu sehen.
2) Nacii diesem klnron Ergebnisse ist ^^^r nieht sebwer zu ent-
scheiden, ob beim Ericruen und Wiedercrlcruen der Silbenreihen
hier das visuelle oder akustisch-motorisehe Element des Gedächt-
nisses die dominierende Rolle spielt Die Angaben der Vp. da-
rüber lanten folgendermafien:
»Beim laatlosen Lesen laufe ich Gefahr, di^enigen Sflben, die
ich vorläufig nicht zn behalten brauche (»Lernen im gebr. ganzen«).
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Untersachuagen zur Ökonomie und Tecluük des Lemeus. 443
nur mit den Augen zu überfliegen, ofane sie wirklich aufzufassen.
Statt dessen habe ich die Neigung, während dieser Zeit die zu
lernende Gruppe zu. wiederholen.«
»Wenn ich eine Silbenrcilie hiutlos ^'eleseii habe, so selieiiit mir
die lieprodnktion ersehwert zu sein. Nameuthcli stört es mich| daß
ich plötzlieh den Klaug der Silben höre, wenn ich aufsage
Bewegungen des Kehlkopfes und der Zunge sind beim
lautlosen liCrncn ziemlich schwer zu unterdrücken. Achte
ich daianfy daß ich sie nnterlaase, so ist die Anfinerksamkeit tob
den Silben abgelenkt Übeihanpt ist es mir beim lanten Leaen
leichter mich zn konzentrieren; ebenao wird die SelbstkontroQe
erleichtert dnrch den Zwang, die Silben wirklich denflich aiis-
znzprechen, eo dafi der YenochBleitn* et hlM. Bei der TiBnellen
Art des Lernens mnß ich mich selbst strenger kontrollieren, ob
ich wirklieh lese.
Wenn ich trotzdem die gleiehe Anzahl von Wiederholungen
branehtc. so fUhre icli en darauf zurttck. daß das Wortklaughild
beim lautlosen Lesen doch vorhanden ist.« (Frln. Kel.) Aus den
eben angeftihrten Angaben geht nun hervor, daß bei dieser Vp.
das akoBtisch-motorizche GedächtniBelement das Übergewicht yor
dem Yisnellen besitzt, was nm so bemerkenswerter ist» als die Vp.
sehr herabgesetzte HOrschlrfe zeigt.
3) Es ist nnr noch zn erwShnen, daß das Ver&luren »im gebr.
ganzm«, wie man es auch ans den Besnltaten ersehen kann, das
schwerste war. Es fiel der Vp. namentlich anfierordentüch schwer,
ihre Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Gruppe einer gebr. ganzen
Reihe längere Zeit zu fixieren. Das Uuluatgetllhl, daa sie bei der
Anwendunjr dieses Verfahrens bekam, trug stets zur Vergrößerung
der Wiederhol nngszahl bei. Hingegen fühlte sie sicli immer an-
genehm berührt, Bobald ihr eine Keihc >im gauzeu« oder »in
Gmppen« zum Erlemen dargeboten wurde. Zar Erörterung der
Frage lohnt es sich der Htthe, einige Bemerknogen der Vp. hier
anzofllhren:
»Es seheint mir leichter, die Reihe »im ganzen< zn erlernen,
weil ich die Anfmerksamkeit allen Silben gleichmäßig zu-
wenden kann, das Ifiilesen der nicht zn lernenden Silben beim
Lernen »im gebr. ganzen« wbrkt sehr stttrend«. (M. Kel.)
Aus Vorstehendem sind besonders die folgeudcu Punkte her-
Torzuheben:
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444
dnisto Pentsehew,
1) das Lernen ^im ganzen < i»t gttnstiger und sicherer als
die beiden Übrigen LemTerfidiren;
2) die fraktionierende Lemweiae ist nm so noTorteittiafter, in
je mehr Abschnitten eine Silbenreihe auswendig gelernt wird ;
3) eine 6-Reihe haftet fester im Gedilchtnis als irgend eine
fraktionierende Beihe;
4) die motorische Seite des Lernens spielt bei dieser Vp. die
Uberwiegende Rollo; die Unterdrückuu^; der Bewegung; der
Kehlkopßnnervati(MK-n ist anfangs beim visuellen Lernen fast
nninöglich; mit fortschreitender Gewöhnung: al>er ttbt sie keine
größere Wirkung mehr auf das Lernen aus.
§ 14. Yersnehsreihe 4.
L Die Versnchsteohnik.
Um den Untersehied swisehen dem Ver&hren »in Gruppen« und
dem Lemmi »im ganzen« noch deutlieher zu machen, habe ich als
Stoff dieser Yersnehsreihe 15- and 16 silbige Reihen gewählt Beim
Aufhau dieser Kcilienliiugen kamen noch die Vokallaute; ee, oo,
ie und oi in Anwendung. Alle Anfanjrskousonanten wnrden un-
gleich ah Kn<lknti^nii:iuten verwendet. Die Versuche wurden am
7. Juni angefangen und nach 17 Versuchstagen schon unterbrochen,
da der Unterschied zwischen beiden Lemverfahren sehr deutlich
war. Zeit des Experimentierens war hier dieselbe, wie in der Ver-
suehsreihe 3. Die Geschwindigkeit der rotierenden Tronmiel wurde
ftlr eine 16- und eine IBsilbige Beihe im Verhältnis zu deqenigen
einer 12silbigen Reihe auf 12,5 und 13,5 Sekunden per Umdrehung
festgesetzt Tiglieh kamen zwei neue ^benreihen vor: von denen
eine 15- und die andre eine Ißsilbige Rdhe war, die stets 24 Stund,
später wiedererlemt wurden. Die Erlernung und die Wiedererlemung
der Silbenreihe u ^;c^c;haii imüier bis zur ersten lelileiloscn Kepro-
duktion, die wie immer zn der Anzahl der Wiederholungen nicht
mitirereehnet wurde. Die Vorüihruii^^ der Silbenreihen erlolgtc m
folgender Anordnung: am 1., 3., 5. u. s. w. Versuchstagc lernte K.
eine in drei Gruppen zerlegte lösUbige Keibe und eine lösilbige^
die in zwei Hälften geteilt war, auswendig; am 2.^ 4., 6. u. s. w.
Versuehstage kamen wiedemm eine 15- und eine 16 silbige Beihe
yer, welche aber »im ganzen« erlerat wnrden. Das Verfahren »im
gebr. ganzen« wurde nicht weiter angewendet Aufierdem habe
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Unteranchungen mt Ökonomie der Technik des Lernens.
445
ich noch dafiUr Sorge geirageUf dafi eine 15- oder lösilbigeBeihe
an einem VeFBuehstag an erster» am anderen an zweiter Stelle er-
lernt worden. Die Yp. las die Silben immer laut ab. Kaeh
jedem Hersagen wurden sowohl die richtig als aneh die fiilsch
reproduzierten Silben jedesmal im Protokoll notiert Die Anzahl
des Anfsagens wurde ebenfalls aufgezeichnet
n. Resultate der Versuchsreihe 4.
Die Differenzen zwischen beiden Lernvcrfakreii sind hier noch
betriichtlicher anB^efallen als in Versuchsreihe 3.
Stellt man die Resultate der ersten und zweiten Silbenreihe zu-
sammen, so erhält man die folgenden Durchschnittswerte.
Z-Tabelle 3.
Erlernung
»1
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Wiedererlemung
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der Reihe
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der Reihe
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26,75
20,26
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>
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. 8,6
7,46
1,26
68
68
Hieniach ist ohne weiteres anzuuehmeu, daß das Lernen >im
ganzen«, Bowuhl bei der Erlernung, wie auch bei der Wiedererlemung
der Silbenreihen, entächiedeu vorteilhafter ist, als das frak-
tionierende, und zwar je läng^erdie Silbenreihe war, desto bctriicht-
licher fiel auch die Differenz zu Gunsten des ersten Lemver-
fsbrens ans.
§ 16. Individuelle Eigentümlichkeiten des Gedttehtnisses
beim Lernen der Silbenreihen.
1) Anfangs lernte Frln. K. die Silbenreihen im Jambus und diese
Betonungsweise der Silben schien ihr sehr angenehm zu sein. Als
sie aber eine Geschicklichkeit beim Lesen und Keproduzieren des
sinnlosen Materials gewonnen hatte, so wechselte oft der Jambus
mit dem Trochäus ab. Hatte sie eine 12silbige Reihe in Gruppen
zn je vier Silben zu lernen, so wurden die 1.» 5. und 9. Silbe in
der Regel durch einen Hauptictns an^gezeichnet Reim Lernen
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446
Chriito Pflotiehew,
R-Tabelle 1
Zeit des Experinentieniui: von IIV4 9^ ^
15- und. ltisübi|;e Keihen:
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1) Es wurde am 23. Juni kein Yeiaach aoagefUhrt
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UntenDehnngen wu ökonomio der Taclmik des Lernen». 447
(VeräucbBreihe 4).
Yenncluipenoii: VrL H. Kel.
17 VefSuciutAge.
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1; Die zweite Keibe wurde niciit erlernt, da die Vp. sehr ermüdet wsr.
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448
Christo Pentecliew,
einer Gr^Keihe hingegen machte sie eine Incision zwischen beiden
Hälften — sie wnrden p:nwr)]inHch trochäisch gelesen. Eine 15-
Bilbige Beihe wurde in der Weise gelernt, daß sie dnreh swei Zn-
ciflioBen in drei gleiche Teile zerfiel. Schwieriger kam die Vp.
beim Lesen einer lOsilbigen Reihe mit dem BhytbmoB ans. Sie
sehnf, Bo zn Bagen, ans der Heihe vier Gruppen und betonte das
Anfangsglied jeder Gruppe stürker. Wenn sie Bah, da8 sie manche
Silben nicht leicht behalten konnte, worden diese lanter and
langsamer abgelesen. Beim Wiedcrcrlemcu ül)tc der Rhythmus
einen besonderen Einfluß auf die Wied( rholuugszahlcu aus. Die
Vp. verlangte stet«« zn wissen, ob sie gestern die Reihe »in Gruppen c
oder »im ganzen« gelernt und welchen Khythmns sie angewendet
habe. Vergaß sie manchmal sich danach zu erknudigen, so brauchte
sie immer eine größere Anzahl von Wiederholungen.
2) Nicht miwichtig ist auch die Art and Weise» wie sie über-
haupt die Silbenreihen gelernt hat Vor allem benutzte sie eunge
Wiederholungen nur dum» räieu geeigneten Rhythmus heransm-
finden, erst dann suchte sie sieh die Sflben anzudgnen. Über
diesen Punkt wußte die Vp. folgendes zu berichten:
»Am leichtesten behalte ich die ersten zwei und die letzten zwei
Silben. Zuerst stocke ich gewöhnlich bei der dritten Silbe. Habe
ich diese erst l)ehuiten, so behalte ich zugleich auch die vierte.
Die 7., 8., 9., 10. Silbe hehalte ich am schwersten, es sei denn,
daß gerade diese Silben etwa.s Besonderes im Aussehen oder im
Klange haben; beispielsweise: »jeip« erscheint mir sowohl im Aus-
sehen als im Klange auffallender zn sein als >bis<, »naf« etc. . . .<
»Ich suche immer amerst die 1., 6. und 9. Silbe einer 12silbigea
Reihe und das Anfangsglied jeder Gruppe einer 15- oder lÖsilMeen
zn behalten. Ich suche weiter nach ugend einem Merkmal, das
die oben bezeichneten Silben kennzeichnet So merkte ich mir
z. B. in dieser Reihe} daß sowohl die 5. als 9. Silbe einen Umlaut
hatte.« (Die Silben der Reihe waren: gttf und hOz.)
»Die letzte oder die beiden letzten Silben behalte ich leicht,
was ich auf die Pause zurückführe, die ihnen folgt, während
welcher sie noch im Bewußtsein nac! klingen. Weiß ich
erst die beiden letzten, so behalte ich die l»eiden vorangehenden
mit Leichtigkeit, daher kommt es» daß ich die letzte ^silbige Gruppe
meistens mit der vorangehenden zugleich behalte« ... (Es ist die
Rede vom Verf. »im gebr. ganzen«.}
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üntennchnngen snr dkonomie und Technik des Lernemi. 449
3( An» dem Vorstehenden ist also zu entnehmen, daß die mitt-
leren Silben einer Reihe am sehwersten gemerkt worden
waren. Wie schon erwShnt^ hat der Versnehsleiter naeli jedem
Versuche Ton Seiten der Vp., die Reihe anfmagea, die repro-
duzierten Sflben im FlrotokoU aufgenommen. Ans den notierten
fiemerknngen geht nnn hervor, daB die 1. Sflbe einer 12- nnd
einer 16gilbigen Reihe am schnellsten eingeprägt wurden. Die
Schiiolliiikcit der Einpräguiig der übrigeu Silben einer 12- oder
lösiibi^en Reihe zeigt folgende Anordnung:
12silbige Reihe: 1, 2, 12, 3, 4, 11, 5, H, H, 9, 7, 10 = 12 Silben.
IGsübige Reihe: 1, 2, 3, 4, 13, 5, 7, 16, 8, 6, 9, 15, 14, 10,
12, 11 == 16 Silben.
Die hier angeführten Zahlen zeigen deutlich, daß die Aufmerk-
aamkdt der Vp. sehr iingleiehmäßig anf die SUben einer Reihe
rerteat war. Auf Onmd der gewonneiifin ZaUen kOmvIe man viel-
leiekt folgende swei KnrFCn der Anfinefksamkeit anfteiohiien:
I ,. . KW
M daer ISsOhlgea BoOm«
i. Koazentration der Aafmerkäamkt^it bei einer Itisilbigen Reihe.
Wie leieht zu sehen ist, bildete den Knlminationspnnkt der Auf-
merksamkeit die erste Silbe jeder Reibe, dann nahm sie allmftblicb
ArtMT Ar rqrflhotofi«. L 80
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460
Chrürto Pentaehcnr,
ab; bei der 10. Silbe einer 128ilbigcn Reihe und der 11. ciucr
16sUbigeB Beihe war ne am tiefsten gefiankeu, gleich darauf stieg
sie rascher an.
4) Die Beprodaktion der Silben erfolgte immer bei geseUosBeneD
Augen, da die Yp. fttichteto, dnreh €leneblabilder dann gegtOrt eb
werden. Das Aafiagen war sieher, aber sehr iuiregelmäB%. Wenn
de beim Beginn des Anfeageas die erste Sflbe mckt Tetgeesen hatte,
so erfolgte die Beprodaktion der Sflben sehr mhlg. Fehlte die
erste Silbe, dann bedurfte sie groBer Anstrengnng, sieh daran zu
erinnern. Als normal wurde eine Kcproduktiou betrachtet, weun
sie innerhalb einer Minute erf()lp:te. Während der Zeitdauer der
Versnob e kamen aber auch Öübeu TOr, die erst nach 75 Sekunden
reproduziert wurden.
5) Die Vp. bildete verhältnismäßig wenig AK^oziationen, die
meistens Namen waren. Aueh die Tendenz, den Silben eine Dea>
imtg an geben, war bei ihr vorhandeh. BeispielsweiBe: ans »pit<
machte sie den Namen »Pitt«, aus »pekc — »Peking« a.s. w.
Wenn der Vp. manche Silben stets entseUttpften, so snchte sie
nach Mitteln, sie an behalten; die auf diese Wdse gebfldelen Asso-
ziationen aber yeisehwanden stets beim Bepcodmderen. Die An-
gaben der Vp. darüber sind folgende:
»Daß ich die Reihe I sehr schwer gelernt habe, lag, wie ich
glaube, an den zahlreichen Assoziationen, die ich bildete und die
iramer meine AnfmerkHamkeit ablenkten. liciin Aufsagen weiß
ich in der Regel keine Silbe zu nennen, bei der ich Assoziation
gebildet habe. Die Beihe II dagegen habe ich leichter erlernt, da
ich daher durch keine Assoziation gestört wurde. Z. B. beim
Lesen der Silbe »zesc habe ich sofort eine Association gebildet
dennoch behielt ich diese Silbe sehr lange nicht, da diese Asso*
siation schon beim Aufsagen aus dem Gedächtnis Terachwaad.«
Es wurden anch Assoziationen nach Klangthnlichkeit gebQdet,
die aber ebenftUs stOrend wirkten. Ganze Sütse entstanden
niemals.
6) Die Leichtigkeit der EinpiU^ung der Silben hängt sehr vom
Klangcbarakter ab. Auch das Aussehen der Silben spielt eine
große Rolle. Silben, die als Vor- oder Nachsilben in der Sprache
Torkommen, sind leicht zu merken, z. B. : keit, heit etc.
Die Vp. hatte immer den Eindruck, daß die lang anssehendea
Silben mit zwei Vokalen sich leicht einprägen^ z. B. «daas«. Ans
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UntOTBachungen snr OkoBomie nnd Technik de» Lernens. 461
dem Protokolle ist aber zn entnehmen, daß die Diphthonge and
tH)ppelyokale sebwer sn merken wuen. Aneh werden Süben mit
Diph&ongen leieht verweehselt lYolxdem ist nieht leiefat zn enfr-
sehdden, ab Vokale oder Konsonanten Bdmeller eng^iiigt werden.
Die Leiebtij^eit der EinprSgung yerBebiedener Konsonanten und
Vokale war TerMbieden nach den Lemarten. Je naeb dem braten
oder lautlosen Leraen haftete ein nnd derselbe Konsonant oder
Vokallaut ganz verschieden lau^'e im Gedächtnis. Die Diph-
thonge wurden beim visuelleu Lernen sehr hänfig verwechselt. Beim
akustisch-motonBciien Lernen aber wurden sie viel schneller be-
halten als die £ndkonsouanten. K. erinnerte sich ferner, keine
Silbe rein visnell im Gedächtnis eingeprigt zn haben. 8ie war
■ich der Bicbtigkeit einer kurz vorher erlernten Silbe nnr dann
bewußt, wenn das Klangbild derselben zn gleieber Zeit reprodnsiert
wurde. Demenisprecbend erklSrte sie, dafi beun stOIen liomen,
motoiiflebe Begleitersebeinnngen gar niebt an nnterdrOeken seien.
DanniB ist nun so sdüiefien, dafi das Tisnelle Element in ibrem
GkdXebtnis nnr eine sehr geringe Rolle spielt
7) Hinsichtlich des Vergessens ist zn bemerken, daß dasselbe
bei K. gleich nach der Erlciuuii^^ einer Reihe nicht so stark znr
Geltung kam, wie dies bei P. der Fall war. Zur Probe habe ich
du- Vp. öfters aufgefordert, eine bi« zum ersten AufBap-en erlernte
Silbenreihe zweimal hintereinander herzusagen, was ihr immer ohne
Stoeknng gelang. Die Reproduktionsdaner einer 12 silbigen 6-Reihe
dauerte bei P., den ich als raschen Lemer betraebte, 7,9 Sekunden
— wihrend sie bei K. 15,9 Sekunden betrug — ja manche Silben
wurden erst naeb 60, 60, sogar naeb 75 Sekundoi repioduzierL
Das Behalten ist aber bei dieser Vp. dauernder als bei P. Ab-
nefadieb babe ieb ganze Reihenhälften nach 8, 10, 12 Tagen wieder-
erlernen lassen, die sofort von der Vp. wiedererkannt wurden;
während P. nicht nnr einzelne Silben, sondern ganze Gmppen TOn
Silben nach noch kürzerer Zeit gar nicht wiedererkannt hatte. Es
ist daher nicht öberfltlssig zu sagen, daß das häufige Wieder-
erkennen der Silb( n vielleicht als Mafistab für das dauernde
Behalten dienen kann.
8) Es ist femer der Umstand nicht zu übersehen, daß E. gleich
am Beginn des Lernens ihre Aufmerksamkeit nicht rasch auf das
zu erlernende Stttck zu wenden yermoebte; war sie aber euimal kon-
zeutiiert, so konnte sie niebt leicbt xerstreut werden. Daher kam
30«
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452
Chxiflto Peatiehew,
es, daß die Silbenzahl, welche unmittelbar nach eiumali^'er Wieder-
holung derselben fehlerfrei herprepagt werden konnte, nur filuf betrug.
9j Auch der Einfluß der Zeitlage war bei jedem Lemverfahren
gansTersehiedeu. Beim G-Verfahren waren fttr eine 128übige Bedie^
die an errter Stelle erimt wurde, 14,6 Ifimiteii notwend^ — ftr
die zweite Belhe 18 IGnitteii. Bei T^Verfohien ist ee gerade mb-
gekdurt; die Reihe, die stets an zweiter Stelle kam, wurde mit
bfiherer AnzaU yon Wiederholmigen erlernt
10) Die Obnng trat bei K. sehr dentlieh zn Tage. Man kann
sich sicher davou überzeugen, wenn man die Versuche mit 12-, 15-
und Ifisilbij^en Reihen miteinander vergleicht Ich möchte hier
darauf hinweisen, daß die Vp., im Beirinn der Versuche, für eine
128ilbip:e Reihe ilhcr Wiederholungen braue lite, am Schluß der-
selben nur 11. Um die fortschreitende Übung zu koustatieren, habe
ich in der zweiten Hälfte der Versuchsreihe 4 neben 15- und 16>
silbigen G-Beihen noch eine 12 silbige eriemen lassen. Diese drei
Sikbenreilien worden also stets bei dem iQgelmifiigen Wechsel ihrer
Zeiflage erlernt and wiedererlemt
Am Ekde ergaben sieh folgende Mittelwerte:
Z-Tabelle 4.
Beihealänge
Er-
lernung
•n später
Wieder-
er-
lemang
Differenz
EcBpar-
nisse in
Proa.
1. Für ein« 18nlbige G-B«ihe
2. » > 15 > >
8. » » 16 » »
18 W.
17 »
19,6 »
w
1
6.5 W.
6.6 >
7,76 .
6,5 W.
10,4 .
11,75 .
60
60 i)
6S
Die durchschnittliehe Anzahl der Wiederhoiongen betrag in
der Vermehsreihe a fltar eine 12silb|ge G^Beihe 16, hier aber 13.
Sieher wllide die letzte Zahl Ton Wiederholungen noeh kleiner ans-
fiiUen, wenn nieht an einem imd demselben Tage drei Silbenielhen
znr Anwendung kftmen, wodurch die Vp. sich sehr ermttdet fttUte.
11) Ferner konnten die oben gewonnenen Mittelwerte zugleich
noch dazu dienen, die von Ebbinghaus festgestellte Tatsache über
den Einfluß der Keiheuläuge^j zu bestätigen. Wie mau sieht,
1) Die ErsptmiBBe einer 15- and 168ilb. 0-Bdhe gelten fttr die gaase
Zeitdauer der Venadureihe 7.
^ EbbinghaaB, Über daa OedlcbtniB a. a. 0. S. 114.
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ITnternichiiiigeii nur Ökonomie uid Technik des Lernens. 453
hat die Vpw 24 Stunden später zum Wiedererlomen einer 12Bilbigeii
G-Reihe gerade die Häl^ (ÖO ) des eisten Anfwandea der Wieder^
holnngen gebraneht, während die Enpamis einer 16sÜbigen G*
Reihe 63 fi( befemg, was eben sagen mSL, daB die lingeie Sflben*
reihe auch feeter im Gedichtnis gehaftet hat.
n. Untersnehnng mit 8inn7ollem MateriaL
§ 16. Vers nchs reihe 5.
iu diefcjer Ver.siU'hsrL'ihe. in welcher wieder K. i\U Vp. iiinj^ierte,
bediente ich mich sinnvollen Materials. Die zu erlernenden Strophen,
deren jede aus acht Zeilen bestand, waren aus SchillerB Übersetzung
des zwdten Baches derÄneide: der Zergtörnng vonTroja ge-
nommen. Es wniden keine Yorttbongen angestellt, sondern am
1. Juni 1901, sechs Tage nach Beendigong der Untersnehnng mit
sinnlosen 8ilbenrdhen, wurde sofort mit den eigentlichen Yersnehen
begonnen; schon am 11. wurden sie abgebrochen, da sich bald
beransstellte, daß das Verfahren »im ganzen« Yiel tfkonomiseber
ist als das stückweise. Wie in der Versuchsreihe 4 fanden die
beiden Lemweisen an dcmsellien Ver8uehstu«re ncbeni'inaiuk'r statt
Die Vp. hatte also täglich vier neue aelitzeiliire Strophen aufwendig
zu lernen, von denen zwei Strophen >ini ^^auzen«^ nnd zwei »in
Teilen« durchgenommen wurden. Die Strophen, die nach dem
letzten Verfahren erlernt werden mußten, wurden aber ni(;ht ganz
in derselben Ordnung entnommen, in welcher sie im Gedichte auf-
einander folgten, sondern so, daß jede Strophe sich in einiger-
maßen ungezwungener Weise in zwei gleich lange HiUften teQen
ließ. Die neuen Strophen wurden immer 24 Stunden später bis
znr ersten fehlerlosen Reproduktion wieder gelernt — sodaß also
tMglicb acht Strophen Torkamen. Die Zeitdauer des Erlemens,
Wiedererlemens und des jedesmaligen Hersagens wurde möglichst
genau protokolliert. Selbstverständlich kamen die absoluten
\V lederLülungszahlen jedes Lernverfalirens vor allem in
Betracht. Außerdem wurde die Vj). instruiert, so weit als mb^-
lieh, die Strophen in demselben Tempo zu lesen, das sie bei den
Silbenreihen angewandt hatte. Der Versuch fand morgens TonSVi
bis gegen 9 Uhr statt. Die Zeit des Experimentierens wurde also
bei dieser Versuchsreihe geändert, da die Vp. nur Uber diese Stunde
▼erfllgen konnte. Gleich nach der Wiedererlemnng der Strophen
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454
Christo Pwitsehev,
trat eine kleine Pause von zwei Minuten ein ; liingegeii wurde nach
der Erleiniuig der enten swei Strophen eine Pause Toa 5 IGnnleii
lieobaebtet Die Aii des firaktionieiendeii Veilahrens wnide In der
folgenden Weise ansgeflthrt: Naehdem die beiden Strophen einmal
gaau durchgelesen waren, worden sie in vier TeQe za je yier Zeilen
serieg:t. Gleieh darauf las die Vp. die enten vier ZeUen so lange
durch, bis sie fehlerfrei hergesagt werden konnten, nachher wurden
die letzten vior ZeiU'ii dorselheii Strophe ebenso gelernt. Und uuu
versuchte die Vp. dit' gau/A iStruplii- In rzusa^^en — gelanir ihr du,«*
nicht, HO mußte die Strophe hin /.ur ersten fehlerlosen Heproduktiou
wiederholt werden. Ohne Pausieruug wurde dann die zweite Strophe
in derselben Weise erlernt Hierauf wurde die Vp. aufgefordert,
die beiden Strophen herzosagen; in der Re^el wußte sie aber dann
nlebt, wie die erste Strophe anfing, so daß sie zur assoziatiyen
Verbinditag der einzehien Teile beider Strophen immer noeb einige
Wtedetholnogen bnnebte. Naeh einer Pause Ton 5 Ifinnten kamen
nim die anderen zwei Strophen an die Reihe « die ebenso bis zur
enten fehlerlosen Beprodnktion gelernt wurden,
§ 17. Resultate der Versuchsreihe 5.
1} Die Ergebnisse der yontehenden Versuehsroihe deuten darauf
hin, daß die beiden G-Strophen mit viel weniger Wieder-
holungszahlen erlernt resp. wiedererlernt wurden als die
T- Strophen^). Die beiden O^trophen wurden mit dnem Ifinus
von 14,5 Hinuten erlerni Die höchste Anzahl von Wiederholungoi
fWr das stückweise Verfahren stieg bis auf 33 — wfthrend dieselbe
tür die G-Strophen kaum 14 erreichte. Die DiflFerenz ftir die zwei
Arten des Lernens ist beim Wiedererlemen nieht so beträeht-
lich, ubi r es zei^^t sieh deutlich, daß die beiden G-Strophen
fester im Gedächtnis eingeprägt worden waren als die
T-Stro]dien.
2) Vergleicht man die beiden Lemweisen nach ihrer Zeitdauer
des £rlemens, so resultiert auch hier, daß die G-Strophen in kürzerer
Zeit erlernt wurden als die T-Strophen. Beün Wiedererlemen hin-
gegen ist die Zeitdauer ftr das G-Verfiihron ungünstiger, was sagen
will, daß die vor 24 Stunden erlernten T-Strophen schneller wiedei^
1) Unter »T<8trophen« sind diejenigen m Terstehen, die in Teilen g«-
lemt worden.
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Untersachangen zur Ökonomie und Teclinik dos Lerueu«. 455
erlernt wurden. Femer ist die Zeitdauer des Hersagens sowohl
naeh der Erlernung, wie auch nach derWiedererlemung der Strophen
für das T-Verfahren auch vorteilhafter.
3) Die Yorstehenden Ergebnisse beweisen, dafi der Vorzug des
Lernens »im ganzen« tof dem Btttckweiseu Verfahren in über-
raschender Weise viel deutlit-her durch die absohiteu Wicder-
holuugszalilen wird, als blos durch die Messung des Zeitauf-
wandes. Man sieht auf der Tabelle der Versuchsreihe 5, daß die
T-btropheu am 6., 8. und 10, Versnchstage sehnellcr erlernt
worden waren als die O-Strophen, was sich hauptsächlich dadurch
erklären läßt, daß die letztgenannten Strophen unwillkürlich mit
langsamerem Tempo gelesen wurden als diejenigen des frak-
tionierenden Verfahrens. Die psychologische Erklärung daflir wird
B|ritter noch folgen. Dasselbe ist auch in Bezug auf die Zeitdauer
der Wiedereriemung der €h-Strophen zu sagen. Man braucht hinr
gegen nur einen Blick auf die Beihenfolge der einzelnen Werte dea
(^Verfahrens zu werfen, um sich daTon zu Uberzengen^ daß von
einer Schwankung der Resultate desselben Verfahrens gar keine
Rede sein kann. Anch die Streuung der einzelnen Werte um den
Mittelwert ist beim T-Verfnhren keine eroBere.
4) Zur Entscheidung der Frage Uber die Ökonomie des Lernens
legte die Vp. folgende Bemerkungen zu Protokoll nieder:
»Durch das Lernen »in Gruppen« wird der Zusammenhang zer-
stört Es ist besonders wichtig, die erste Zeile jeder Gruppe zu
behalten, lerne ich »in Gruppen«, so muß ich Tiermal eine be-
sondere Anstrengung machen. Wenn ich eine Gruppe schon erlernt
habe und sie nach dem EilemeiL der nächsten Zellengruppe wieder-
holen muß, so Tenpllie ich dne gewisse Unlust, so viel wieder
TergeBsen zu haben. Dieses findet jedesmal statt, w^in ich schon
Gekonntes wiedererlerueu muß.«
Ober den Einfluß des Inhaltes und der Geftlhle auf das zu er-
lernende Stück berichtet die Vp. folgendes:
»Bei fortschreitender Übung habe ich größere Gleicbgiltigkeit
dem Inhalte gegenüber. Die Gefühle werden ausschließlich durch
die Tätigkeit des Lernens bestimmt und nicht durch den In-
halt Lerne ich »im ganzen«, so yerspttre ich bei jeder Wieder-
holung größere Sicherheit, komme in eine gewisse angenehme
Erregung und diese wirkt wahrseheinlieh wieder begUnstigend auf
den VontelinngBYerlauf. Lerne ich dagegen »in Gruppen«, so whrd
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4fi6
Chtiito Fmtttktw.
£- Tabelle 2
Zeit des Experimentiereng : Si «— 9 Uhr.
Schiller: Die ZeiatüiuMg vom Troji:
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das durch das gelungene Erlernen einer Gruppe bewirkte
aebme GeflUil durch UnlnstgefhUe nnterbroehen, die rieh emgtelleii,
wenn eine Bchon erlernte Gmppe wiedecholt werden muß mid man
bemerkt, daß man sie snm Teil wieder Terlemt hat Dieeer Vor-
gang wiederholt rieh| so oft als sehon OekonnAes wiedererlent
werden rnnfi.« (K.)
5) Entsprccbüud ihrer langsamen Adaptation fand Frlu. K. Jit
PausierunfT zwisrhen Inideu Lcmverfahren einer und derselben
Sitzung st'br nachtt)ilig. Darüber gab sie folgendes zu Protokoll an:
»leb tinde, daß die Pansen wHhreud des Lernens nicht irllnstiir
wirken. Man kommt durch das Lernen »iu Schußc. Macht man
eine Pause, so muß immer die erste Trägheit ttberwnnden werden, es
kostet einen £ntseh)aB, mit dem Lernen sn beginnen, and die eisten
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UntennebmigiMk zur Ökonomie und Teoluik des Lernens. 457
(Versiiehsreihe 5).
Yer»uchbperBon: Frl. M. Kel.
10 YenneliiUge.
Strophen
S 1 1 o p b e u i u -i r eil e D.
1-
t. ^
Dauer
des
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nens
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des
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Str.
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zum Wiedererlernen 24 Std. später
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4 Teil, erlernt wurden I ganzen erlernt wurd.
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Lefimgeii wirken nicht angenehm. Ebenao halte ich es ftlr günstig,
mit dem Anfsagen sofort nach beendigter Lesung sn beginnen.«
6) Aus den bisherij^en Erg^ebnissen der Versnehsreihe
3, 4 und 5 siud fol^L'ndc iiauptpuiikte hervorziihebeu:
1) Ftlr diese Vp. ist das Lernen >ini ^^anzen«, sowohl bei der
Erlernung eines Stückes, wie auch 24 Stunden später hei
der Wicdererlemunfr desselben viel vorteilhafter ist als das
fraktionierende Verfahren ;
2) H. ist hinsiehtlieh der Schnelligkeit des Ausweudigleruens
ein mitUerer Tjrpns, der aber das Erlernte länger behält;
3) Die Frage Uber die Ökonomie des Lernens läBt ^ch ?iel
leichter und dentlicher an sinnyollem als an sinnlosem
Material entscheiden.
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456
Clurlflto Pentseliew»
B* y«i«tudttr«fhMk 6« 7, 8 und 9.
Die sämtliehou Versutlitin ilu ii wurden an Herrn stud. med. Ad.
K. aufgestellt In den VerBUchsreihen 6 und 7 wurde mit simi-
loflem, in den Keiben 8 und 9 mit sinnvoll ciii Material operiert
Die Versuche erstreckten sich Uber etwa 62 Tage. Der Zweck
war derselbe wie in den bisherigen Reihen.
L Untersuchung mit sinnlosem Material.
§ 18. Versiiohareihe 6.
1) Die Versuehsteclmik.
Nach 6tä^^i;^c ii \ orübimgcu begann die Reihe am 12. Mai 1901
und umfaßte 30 Tage, jedesmal von V/^ — 2^j\. Durch die Ffingst-
feiertage wurden die Versache am 24. Mai unterbrochen und am
3. Juni wieder an^genommen. Die Torstehende Versnehsreihe wurde
mit awVlftObigeii Reihen anqgefthri Die Umlanfigeflehwindigkdt
war die Ohliche für eine 12flUbige Reihe. Jedem LemTerfabren
worden 10 VerBoehBtage gewidmet Wie man sieh erinnert, hat
sich das Lernen »im gebr. ganzen« bd P. anfierordentlieh günstig
erwiesen, während fllr Z. und Frl. K. das Umgekehrte der Fall war.
Wir sahen uocU, daß der Vorzuj»^ dieses Verfahrens vor den beiden
anderen keineswegs dem Einfluti der absoluten Stelle zu verdanken
sei, sondern viel mehr dem Umstand, daß P. beim Lernen »im
gebr. (ranzen« seine Aufmerksamkeit auf eine bestimmte
Gruppe der Bilbenreihe sehr leicht zu konzentrieren im
Stande war. Indem uIbo dieses Lernverfahren bei Z. und Frl. K.
ganz negative Besoltate hervorbrachte, legte dies die Vermutong
nahe, daß man darin vielleicht das charakteristische Merk-
mal des raschen Lernens erkennen kdnne. Ans diesem
Grande wurde das letztgenannte Verfieduen in dieser Versnchareihe
wieder eingefUhrt Die Versuchsanordnnng blieb im wesentlichen
dieselbe. Die Erlernung der beiden neuen Reihen, wie auch
24 Stimden später ihre Wiedererlemung erfolprte bis zum ersten
teiiler](*sen Hersagen. Wahrend der ersten 20 \ ersucli8tage wurde
eine zwoltsilbige lieibe in zweifacher Wei^e erlernt: 1) in Grnppeu
zu je vier und 2) in (mippen zu je seelis Silben — die stets bei
regulärem Wechsel der Zeitlage gelernt wurden. In den letzten
zehn Versuchstagen lernte die Vp. eine G-£eihe rein visnell, die
andere akustisch-motorisch auswendig.
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Uuterauchuagen zur Ökuuomiü und iechmk des Leraeos. 459
2) BMoltate der Verancliarettie 6.
1) Es kann gar nicht bezweifelt werden, daß auch für Herrn
K. diiö Lerucü »im gebr. ganzen«, sowohl nach der Erlemnng, wie
auch nach der Wiedererlemung der Silbenreilieu, das p:Unstifi:ste
Verfahren ist, obschon dii* Differenzen nicht so 8elir heträchtlicb
sind, wie bei P. Mit einem ganz kleinen Unterschied hat sich das
GkVerfahren beim Erlernen als das unökonomischste erwiesen; hin-
gegen hält dasselbe beim Wiedererlenien die Mitte zwischen den
Übrigen Lemweisen, von denen das eiste fttr das Behalten wiedernm
das günstigste ist Obiigens fielen die Duchsehnittswerte Jedes
LeniTerfiüirens sehr denfüch ans. In einer ttbendehHichen Foim
sosanunengefiißt waren die Bestdtale der 30 Versnebstage folgende:
Z-Tabelle 5.
Art
des
Larneas
Erlernuiix
einer Reihe
J
X
1:
i
Wiedererleraiiüg
einer Reibe
Ersparnisse in Proz. ;
die
Empaniüt
bloß
zu je 4 Silbeu,
uotwend. AViederli.
o a
— «
a
ä
im
ganzen
? 5>
.i c
-r a
die in Gr. zu je 4 S.
erlernt wurde,
i uotwend. Wiederh,
iu]
ganzen
lautlos i
CD
'S ^
J 3
-d 5
L in gabt, gauen
11^
12,6
»
8,3
3,4
78
einer ghiMSt-ReXhiB
1 äiappea
12.8
13
»
6,9
6,3
51
* Qi*-Belhe
13.5
17,6
4
4,8
70
» GkR-IUmt lernen)
2) Die Torstehenden Ergebnisse zeigen denfliehi daß das Be-
halten ftir das Verfahren »im gebr. ganzen« ganz besonders günstig
ist. Die Erbpariiis einer Gbr^G-Reihe war die größte (73
3) Das visnelle Lernen einer G-Keihc ergab also höhere Durch-
schnittswerte als dan akustisch-motorische.
4) Die Anzahl der Wiederholnn.i,^Mi heim HcMaj^en liinge^eu ist
beim 6-Verfahren kleiner als bei den übrigen Lemweisen. Über
die Zeitdauer des Hersagens bei jedem Verfahren kann nichta Be-
stimmtes gesagt werden.
Beallglich des ersten, zweiten und dritten Punktes wußte die Vp.
folgendes zu berichten:
»Das Hitlesen der Übrigen Gruppen (»im gebr. ganzen«) stört
mieh gar nieht beim Eomentrieren. Die Aufinerksamkeit ist am
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460
Chilato PenticfaflWi
Anfang und um Schloß der Keihe immer am grQBten. in der Mitte
nimmt sie ab. Es mag wohl daher kommen, daß die mittleren
Silben immer etwas sehwer zu merken sind. In Gruppen Ton je
Tier Silben lerne ich also lieber als zu je sechs.«
>Die Anfmerksamkeit wird heun TisneUen Lernen leicht abge-
lenkt Bei dieser Art des Lernens nehme ich als HüfSrndtiel Rifi^er*
bewej^angen, um den Rhythmus herauszukricigeu und die Silben
weniger zu verwechseln.«
5) Die Resultate des Verfahrens »iu» ^^ebr. ganzeu«, wie auch
die Auslage der Vp. d:irUl)or, deuten daranf hin, daß es ihr keine
Schwierigkeit bereitet, ilire Aufmerksamkeit auf eine bestimmte
Gruppe einer gebr. G-ßeihe längere Zeit zu richten, wenn auch
zugleich die übrigen Gruppen derselben mitgelesen werden f^ollen.
Es fragt sich nun aber, worin eigentlich der Grund dafbr liegt,
dafi das Verfahren »im gebr. ganzen« sich bei Herrn Per. und Herrn
K. als das Torteühafleste erwiesen hat?
a. Suchen wir uns nun den Vorzug des Lemverfohrens »im
gebr. Ganzen« vor denyenigen »im ganzen« psychologisch zu er-
klären, so kommen wir zu folgender Ansiebt. Beim Verfahren »im
gebr. ganzen- wird durch die beabsichtigten Cäsuren gleich eine
übersichtliche Gruppierung erzeugt, die der Vp. den Ein-
druck erweckt, daß die »Schwicri^^kcit der Aufgabe leicht zu tiber-
winden und das Ziel bc(|uem zu crrcichcu sei. Damit ist aber
ein Gct^hi der Lust verbunden, das die Aufmerksamkeit sehr
gttnstig beeinflußt, indem sich diese in aller Ruhe in der Ge-
wißheit der leichten Lösbarkeit der Aufgabe auf jede Gruppe für
sich nacheinander konzentrieren kann.
h. Wenn bei spezieller Anfinerksamkeit fUr eine einzelne Gruppe
die anderen Gruppen dennoch stets mitlesen werden, so bleiben
sie immer zngleieh mit der be?orzugten Gruppe, wenn auch nuf
lose yerbnnden, also mllssen sie, wenn die Aufmerksamkeit sich
ihnen zuwendet, nicht mehr als a])S()lut neue uud unbekannt
hinzugelernt werden, und namentlich beansprucht die assoziative
Zusammenftlgung derGmppen einer i^ebr. G -Reihe keinen Energie-
anfwand mehr, da ja die Kette der ganzen ISilbenreihe sowohl
optisch als im Erlernen stets geschlossen war.
c. Von untergeordneter Bedeutung ist der Umstand, daß auch
die absolute Stelle einer Silbe beim Lernen »in Gruppen« auf der
Trommel wechselt und insofern dieses Verfahren unpraktiseher macht
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Untsniiehnngen znr Ökonoinio und Technik dee Leraena. 461
d. Aus den bisherigen Ergebnissen stellt sich aber ganz deutUeh
hemiBi daß die oben aufgestellte psychologisehe Erklttmng der
Vorallge des Lernens »im gebr. ganzenc nnr fttr diejenigen
Personen eine Gtttti^kdt bat, die die Fähigkeit besitsen, ihre
AnfioieriDBanikeit leieht auf das zn erlernende Stttek sn adaptieren
— ein Merkmal, wdehes eben den rasehen Typus kenn-
zeichnet.
§ 19. Die YersnebBreihe 7.
1) Die Yersachsauordnuug.
Da in TOiangegangener Versnchsreibe 6 das G-lemen sich als
das nnTorteilkafteste erwies, wurde in dieser Beilie Verauefae mit
lingeren SSbenreiben, mit IBsQbigen Beihen operiert Nach dem
10. Versnebstage worden die Venmcbe sebon abgebioehen, da die
Besnitate zn Gnnsten des CMTerfabnens sebr dentiieh waren. Die
Zeit des Experimentierens war dieselbe. Die Rotationsgesebwindijs:-
keit wurde entsprechend einer zwölfsilbigen Keihe auf 13,5 Sekuu-
den fest^restent. Die V<tsii( hsumstände blieben während der ^ranzen
Zeitdauer dieser Versuche uuTerändert. Von einer Anwendung des
Verfahrens »im gebr. ganzen« wurde hier Abstand genommen. Die
beiden neuen SUbenieihen wurden in der Weise der Vp. Torgefithrt,
daft am 1., 3., 5. n. s. w. Versnchstage eine Beihe »in Gruppen«
sn je seht Silben an erster — die andere »im gansen« an iweiter
SteUe sn erlernen waren, wihread es sieh am 2., 4, 6. n. s. w.
Vetsnebstage umgekehrt yerbielt Naeh der Wiedererlemnng der
Silbenreihe fond eme Fteuse Ton 2,5 Minuten statt — zwhHshen der
Erlemung beider neuen Beihen eine «olehe Ton 6,5 Ibnuten.
2) Besnitate der Veisuehreihe 7.
a. Fassen wir die Ergebnisse der ersten und der zweiten SiBien-
reüie znaammen, so erhalten wir folgende Durchschnittswerte:
Z-Tabelle 6.
Art
des Lernens
Erlenmag
Um
A
Wiedererlernung
Ersparnisse
in Pro?..
1. In (Jruppen
2. Im gauzcu
1
19.1 Wiederh. ;
17,6 . !
tunden t
6,9 Wiederhol.
8
64
54
Differenz
+ 1^ »
-1,1
— 10
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462
Christo Pentscbev,
Hicruus ^'cht nnzweitt iljaft hervor, daß das Lernen »im ganzen«
Ökonomischer al» das BtttckweiBc Verfahren ist.
Vergleicht man die Tontehenden Resultate mit de^fenigen von
Versuchsreihe 6, so wird man sich vielleicht fragen,
lieh das fraküoniereiide Leinen sieh bei einer zw5l£ulbigen BeÜie
vorteühafler erwiesen bat? Der Omnd dalUr* ist wabnebeinlicb
darin za sneben» daB E. in den ersten 20 Versnobstagen viele Asso*
ziationen» ja sogar ganae Sütse gebildet bat, die die Besnltate der
Vermiebsreibe 6 ganz ungleiebmäBig machten ; in dieser YerBnehs-
reihe dagegen war dies infolge der größeren Übuu^ uicht mehr
der Fall.
h. Die WiedcrerlcrnuDf; der Silbenreilien lieferte ganz uej^ative
KeHultatc. Das Behalten war hier t\ir das G-Verfahren fj^anz be-
sonderg augUnstig, was sich leicht durch folgendes erklären läßt:
am 38. Versuchstage wurde die 6-Reihe viel achwieriger wieder-
erlernt, da die Vp. einen falschen Rhythmus angewandt hatte.
Am 27. nnd 39. Versaehstage Terlangte Herr K. beim Wieder-
erlernen mebrece Wiederholnngen, da die Silbenreiben vor 24 Stun-
den ohne HOftmittel erlernt werden waren, nnd infolgedessen die
Eändrllcke derselben sehr schwach im Gedächtnis hafteten.
§ 20. Die innere Verhaltungsweise der Versuchsperson
nnd die individnelle Beschaffenheit ihres Gedächtnisses
beim Lernen und Reproduzieren des sinnlosen Materials.
1) Am beginn der Versuche wurde die Vp auffrefordert , die
Silbenreihen mit möglichst gleichmäßiger Aufmerksamkeit zu lernen
nnd Uber den Zweck der Untersucbun": nicht weiter nachzudenken.
Da der Vp. in den Vorttbnngen der trochäische Rhythmus geeignet
erschien, wurde ihr Torgescblagen, ihn bis zum finde der Yersaebe
anzuwenden. Sie war femer angewiesen, die Silben einer Reihe
nicht eher von der rotierenden Trommel abzulesen, als bis sie
flichtbar wSren. Trotz aller Mühe der Vp., unseren Yorscbriflen
nachzukommen, kamen doch FSiXh vor, wo es ihr dnfaeh unmög-
lich war. Deshalb waren die Differenzen jedes Verfahrens in der
Versuchsreihe 6 ganz verschiedene.
2) Die Art nnd Weiee. wie die Silben gelernt und betont wurden,
war bei Herrn K. eine yelir ijemerkenswerte. Noch beim ersten
Durchlesen der öilbenreihe teilte er sie in Gruppen zu je vier Silben,
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Untersachungen znr Ökonomie und Technik des Leraent. 463
wobei das Anfangaglied jeder Qrappe einen Hanptiktius erhielt
Eine zwOlftOlnge Gr^BeOie las er ^ewOhnlicb trocbXiseh dureb.
Die zweite und dritte Leaang der Silbenreihe wurde in der Begel
dam yerwendet, einen Znaammenhang swisefaen den geläufigsten
Silben ausfindig zu maehen. Oleicb naeh der dritten Wiederholung
fing die Vp. an, sich in der Reproduktion der Silben zn prüfen,
indem sie beim Lesen auf die Seite blit kte. Bemerkenswert ist,
daß Herr K. immer schon von vornherein die Silben jeder Gruppe
zu erraten »uchte, was stets falselie Lesuuj^en znr Folgre hatte. Da
die Yp. stets das Angstgefühl hatte, daß die Silben der mittleren
Gruppe einer Reihe sehr schwer emgeprägt werden, wiederholte sie
die eben erwähnte Gruppe schnell zweimal hintereinander, ehe die
ktzte Gruppe eraehien. Die h&nfige Yerlesunp der Sflben aber
Itthzte zur Bildung fidscher Assoziationen, was eine Anhüniung der
Wjederholungszahl bewirkte. Beispielswdse wurden am aehten
VenmehBtage die Silben: »kttt«^ >hif«, >dez€, »rosch« und
»naur« seefumal hintereinander als »keiseh«, »bis«, »dee«,
>zo8ch< und »maur« abgelesen, was beim Aufsagen die rich-
tig« Wiedergabe bedeutend erschwerte. Aus dem Protokoll iet
noch zu entnehmen, daß die Eindrtlcke der falsch abgelesenen
Silben beim Wiedererlernen ppät('r stets auch zur Geltung
kamen. Über ihre eigentümliche Art der Betonung und Er-
lernung der Silbenreihe gab die Vp. folgende Bemerkungen zu
Protokoll:
»Wenn ieh die Gnqvpe Yon je seohs Silben zuerst sehe^
teile ieh dieselbe in zweimal drei; soll ieh aber dann die Reihe
»im ganzen« lernen, so seheint es mir viel angenehmer, »in
Gruppen« yon je Tier Silben zu lernen. Beim Wiedererlemen
hingegen habe ieh ftr die erste Reihe Yon gestern zwei bis
drei Wiederholungen mehr gebraucht, weil ich einen Fehler
beging, indem ich die Reihe zweimal »in Gruppen« von je
vier ablas. Ich hatte aber fr« stim ditse Reihe »in Gruppen«
von je drei gelernt and somit änderte ieh den Jähythmus erst beim
dritten Mal.«
»Wenn ich eine SUbenreihe als ganze zu lernen habe, so
raehe ieh mir zuerst die ganze Reihe in vier Gruppen abzu-
fteflen. Wenn diese nun leieht abgelesen werden können, so
snche ieh in jeder vierten Gruppe, gleich nachdem ieh die
erste Silbe gesehen, auch die andre zu erraten. Habe ieh
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464
Chfiito PeniaelMv,
nach dem ersten Wort schon eine falsche Silbe (was ja oft
vorkommt) vorausgesagt, so snehe ich dieselbe zu wieder-
holen, dabei kommen aber andre Silben, sie werden nnr flttch-
tig gesehen, da ich ja noch mit der Torhetigehenden ftlsch sis-
gesprochenen SObe beschftftigt bin, aneh versproohen, oder es
werden eine oder zwei Silben ausgelassen, und dann — lese
ieh weiter.« (K.)
3) Auch die Reproduktion der Silben erfolge bei llerru K.
sehr rasch, wie auch die einzelnen Gmiipcu der Silbenreihe
rase Ii abproleacn wurden. Wenn die Yp. bei einer Silbe
ptocktc, so wiederholte wie in der Re»el die Yorhergchendö
dreimal, um die gesuchte Silbe ins Gedächtnis bcrvorzumfen.
Gelang ihr dies nicht, bo kehrte sie zu der ersten Silbe zurlflk,
und die Reproduktion der Reihe mußte wieder begonnen wer*
den. Selbst?erstindlieh haben sieh die ialseh abgeksenen Sil-
ben beim Anfiuigen derselben anfierordentiieh stark geltend ge-
maekt.
4) Da die Betonnngsweise der Silbeoieihe eine sekr ungMi-
mäßige war, so wurden die einzelnen Silben ganz TersebiedeB
schnell dem Gedächtnis eingeprägt. Die Silben der mittleren
Orinjpt wurden huufip: falsch abgelesen. Wenn die Silben einer
zwiilf- oder einer lÖsilbiwu G-Reihe der Schnelligkeit ihrer Ein-
prä^uug uai h anordnet werden, so kommen sie in nachstehender
Reihenfolge vor:
1) die Silben einer swttlftUbigen Reihe, die aknstiscb-
motori^k gelesen wurde: 1, 2, 11, 12, 3, 4, 7, 8, 9, &,
6,
2) die Silben einer 16silbigen Reihe, die aknstisek-flio-
torisch gelesen wurde: 1, 2, 1&, 16, 3, 4, 14, 12, 13y
11, 5, 10, 6, 7, 9, 8;
Wie man sieht, wurden die ersten zwei und die letzten
zwei Silben jeder Reihe am «srliiiellsten eingeprägt. Will mau
jetzt entsprechend der ersten Silbe einer Reihe auch di(»
Schnelligkeit der Einprägung der übrigen derselben in Prozenten
ausdrücken, so erhält man einige Zahlen, auf Gnmd deren nun
die folgenden zwei Kurven der Anfinerksamkeit au^eicbnen
konnte:
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UntersuchuDgeu zur Ökonomie und Technik des Lernens. 465
Fig. 4. Die Konzentration der AttfineikBamkeit bei einer 128ilbigca Keihe.
/ Z 3 4- 5 e 7 8 9 90 n /9 13 f* tS f€
so
.BS
1
Fig. 6l I>ie KonMntistian der Aufinerksamlceit bei «ner ISiUblgeii Beihe.
Die Vp. war also gewöhxdieh avf die mittiefen Sflben sehr
sebwaeh konzentriert Am eehwenten worden die 10. Silbe einer
13-, die 8. einer IGsflbigen Reibe ^merkt. MerkwUrdigerweise
war die 10. Silbe eiuer 12öilb. lieüic auch bei Frl. K. diejenige
Silbe, bei welcher ihre Aufmerksamkeit am tiefBten gesunken war.
5) Äußerst interessant ist ancli die Art und Weise, wie Herr
K. sich die Silben auzueigueu t^ut lite. Sab er sebon nach der
ersten oder zweiten Wiederholung der SUbenreihe, daß dieselbe
sebr nngttnetig aufgebaut war, so suchte er naeb Mitteln, die ihm
das Einprägen erleichtem sollten. Vor allem wollte er im Gegen-
sats sn Frl. K. einen Znsammenbang zwiseben einzelnen Silben
ansHndig maoben, was ibm ebne grofie Sobwierigkeit stets
gelang. Es war der Vp. sebr leiebt, ans den benacbbarten Silben
einen ganzen Satz zu konstniieren. Die Tendenz, die Silben zn
modifizieren and ihnen eine Dentnng zn geben, war bei ibr kanm
zu uüterdrücken. Es kamen ja sogar iaiie vor, wo bei jeder
AkUt Ar Piychologie. L 31
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466
Chriito PentMhew,
äübe iTf^nd eine AasosiatioD gestiftet wurde. Es ist gans eigen'
tttmlich, wie die Vp. manchmal die beiden KeihenbSlften xa einem
ganzMi Sstie Terband, der apVIer bei der Wiedererteminig derselbeB
Reihe Immer wirksam war. Da rie sebr geling franaOeiaeh and
englisch sprach, bildete sie anefa solche Assoziationen, die in den
erwShnten Sprachen einen Sinn hatten. Beispiebwelse wurden die
Silben: >doflcb% >päm<, »fenkc, *]0t« in der Gestalt eingepräjsrt:
>da8«, »brot«, >feur<, »löscht«, wodurch der Satz eutstüiid; »das
Brot hisclit das Feuer.« Femer »urhte die Vp. meistens die An-
fangs- und Eudkousouanten zu moditi/.i( nn. während die Vokal-
laute ganz nuTcrändert blieben. Auf diese Weise wurde au8 den
ersten 4 Silben einer KcUie: weif (weib), kob (klob), tosch (dosche-
lir^e^ nnd hen (Henne) der folgende Satz gebildet: >Ein Weib klo-
bihre doschelige Henne.« Als Knriosum erwähne ich eine Aa80>
siation yom 21. Mai. Die 3 lotsten Silben einer Beihe: »laag«,
»iiikc, nnd >Bech« wurden in »lag«, »le fon«, nnd »see« (aöehe)
nmgewandelt, die sieh mit Terblttffender Leiefatigkeit nt dem Satee
yerbanden: »der Verrttekte lag anf dem Trockenen«. Daßdadareh
das Aufsagen erleichtert wurde, mag daians geecUossen werden,
daß K. öfters in den Sätzen ganze Worte einschaltete, die mit den
Silben keinen Znsammenhang hatten, und die seine Aufmerksam-
keit keineswegs ablenkten. Aus den Silben: »rück« (RUckenJ,
»zieh« (zucken), »taan« (dam) und 'pus» franz. putre, Eiter) schnf
er den Satz: »Nach dem Rüekenzueken kommt dann Eiter«, in
welohem, wie man sieht, ganz neue Wörter eingeschaltet aind.
Konnte die Vp. sich bei einer Silbe einen Tier- oder Pflanzen-
namen denken, so wurde sie mit den nächstfolgenden Silben gleieh
in einem Sate ansammengefaftt. So bat sie ehunal aas den Silben:
»rix« (emKame), »tenh« (engl, took^nahm), »mach« (firaaa. mondhea
Fliege], und >bes« den Satz aofgebant: »Ria nahm eine beaseie
Fliege«. In der Versnehsreihe 7 waide nnr ein einsigea Mal ein
Satz konstruiert, und zwar ans den letzten 4 Süben einer Reihe:
»leet«, >8ik€, »rew« und »tcus« zu: »Lassen Sie so den Gott
träumen!« (»lect« = engl, let = lassen; >8ik« = sie; »rew« = franz.
rever = träumen und »teus« = lat deus = Gott). Es ist geradezu
wunderbar, mit welcher schöpferiachen Kraft hier den sinnlosen
Silben T^ben eingehaucht wurde.
6) Die Vokallaute worden schneller dem Gedächtnis eingeprägt
als die Konsonanten. In meinem FrotekoU sind wenige Fälle
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UntenoGliiingeii xnr Ökonomie viid Tecbnik des Lernens. 467
an^eieiebnet, wo die Vokale mit emander yerwechselt worden.
Dagegen kam eine lüiniige Yerweehalnng der An&ngs- und End-
konsonanten einer Silbe infolge der nnyisnellen Art des Lernens
Tor. Man kann daher die Behauptung anfttellen, daß aneh hei
dieser Vp. das aknstiseh-motorisohe Element das Übergewiefat in
ihrem Gedftehtnis hat.
7) Hier sind auch einige Worte in Hezug auf das Behalteu am
Platze. Vor der Wiedercrlcnmng der Sill)( urcihen wurde die Vp.
immer aufgefordert, die Silben von gentcrn zn nennen, die sie
noch im Gedächtnis hatte. vSclbstverständlich war ihr anbefohlen,
zwiflohen der Erlemung und der Wiedererlemuug niemals die
Silben zn wiederholen. Im großen und ganzen wofite die Vp.
dann immer etwa noch 6 Silben einer 12 silbigen Reihe anzugeben,
was keine von den bisher behandelten Vp. Teimoehte. Die £r^
spamis einer 128abigen G-Beihe stieg bei Herrn K. auf 70^ des
ersten Aufwandes der Durcbaehnittsw«rtei anderseits aber war die
Anzahl der Silben, die nach einmaliger Wiederholung derselben
doch noch fehlerlos reproduziert werden konnte, gerade so groß
wie bei Frl. K., nämlich 5, bei größerer Anstrengung 6.
8) Es hat sich femer bei Herrn K. die Ei^^entümlichkeit ge-
zeigt, daß die Durchschnittswerte der /,\\('iten Silbenreihe höher
ansfielen als diejrui^i ii der ersten Keihe einer und derselben
Sitznng. Eine Ausnahme von dem hier Behaupteten machte das
Verfahren »in Gruppen«, bei welchem eine Gr'-Reihc, die an erster
Stelle erlernt worden war, höhere Werte ergab, als eine Gr^-Beihe
derselben Sitsnng. Auch in der sfritteren Versuchsreihe 7 wurde eine
G-Beihe an erster Stelle leichter erlernt als an der zweiten desselben
Yersnehstages. Auch die emzehi^ Gruppen einer Gbr. G-*BeUie
oder dner Gr-Beihe wurden ganz Torschiedeii schwielig erlernt
(Vgi. die Tabellen der Versuchsreihen 6 und 7).
9) Der Einfluß der Übung kam bei Herrn K. nicht so stark
zur Geltung wie bei Frl. K. Man braucht nur die einzelnen Werte
der Versuchsreihe 6 zu prüfen, um sich davdii zu überzeugen, daß
manche Silbenreihen in den letzten Versnchstagen mit größerer
Anzahl you Wiederholung erlernt wurden als an den ersten der-
selben Versuchsreihe. Erst beim Experimentieren mit 16 silbigen
Beihen merkt man den Einfluß der fortschreitenden Übung. Teilt
man die Ergebnisse der Veranchsreihe 7 (die Werte einer Gr'-Beihe
und einer G-Beihe zusammengefiiBt) in 2 Gruppen ein, so erfaiK
3i*
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466
Christo Peiittch«w,
man die folgeudeu Werte: 1. Grappe: 19,1 W.; 2. Gruppe: 17,6 W.,
— was eben sagen will, daß dir sUbcnreihen der letzteu Grappe
nnter dem £mflnß der Übong bedeutend schneller erlernt wurden
als di^enigen der eisten Gruppe. —
II. Untersnohnng mit sinnTOllem Material.
§ 21. Versacbsreihe 8.
1) Die Versuchsuiiortiuuug.
Da das Gedicht, welches Frl. K. gelernt hatte^ einigermaßen
der Yp. bekannt war, so wurden hier Strophen aus Schillers
Obersetsnng des vierten Baches der Aeneide: »Dido« genommen.
Die Zeit des Ezperimentierens war dieselbe wie bei sinnlosen
Silbenreihen. Herr K. hatte also 4 ganz nene acbtzeüige Strophen
auswendig zn lernen, die 24 Stunden später bis zur ersten fehler-
freien Reproduktion wiederholt wurden. Das Versuchsschema dieser
Versuchsreihe war im großen nnd ganzen dasselbe wie in der vor-
angehenden Versuchsreilic 5, und nur insofern verschieden, als in
ihr die beiden Stro})heii den fraktionierenden Verfahrens in 2 Tcileu
von ^ Zoik'ii orh rnt wurden Die beiden .Strophen des stückweiseu
Verfahrens, wurden immer einmal im ganzen durchgelesen, hovor
die isolierte Erlernung jeder Strophe begann. Die Veisuclisreihe
umfaßte leider nur 8 Versuchstage, da die Vp. uns nur noch kurze
Zeit zur Veritlgiing stand. £s ergab sich dennoch, daß das Ler-
nen >im ganzen« noch Ökonomischer ist als das fraktionieiende
Verfahren.
2} Resultate der Versuchsieibr S.
Es zeigte sich im allgemeinen, daß die G-Strophen viel vorteil-
hafter erlernt wurden als die T-Strophen. Die Differenz der Mittel-
werte beider Lerayerfahien betrug 10,8 W., d. h. ein wenig mehr
ab die HlUfte des Mittelwertes des T-Verfahrens. Auch in Bezug
auf die Zeitdauer ihrer Erlernung ergibt sich, daß die Gr-Strophen in
kürzerer Zeit erlernt wurden als beim stückweise« Verfahren. Der
Unterschied zwischen beidea Lernvcrfahreu in Bezu^ auf die Wieder-
erlernuug der Strophen ist kein bedeutsamer, aber er zeigt doch,
daß das Behalten flir das C-Lemen noch günstiger ist als Air
das fraktionierende, bei welchem auch die Zeitdauer des Wieder-
erlemens länger war.
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üntersncbungeD ^ur Ökonomie und Technik des Lernens. 4ö9
§ 22. VerBnchsreihe 9.
1; Dus Vers^u■ll^verfahrell der ersten Abteiliiu^^
l) Du Herr K. nach dem .Seliliiß der vorhergehendcD Versuchs-
reihe H sich uoch länger zur Verfügung stellte, wurde uoeh ver-
Fueht. mit größerem Umfange des Stoffep zn operieren als bisher.
Die Strophen waren demselben Gedicht entnommen. Das Ver-
auchaverfiihfen war folgendes: Es werden 4 achtxeüige Strophen
am 1., 3. und 5. Versnehstage nach dem GK-Verfiiliren, am 2., 4.
nnd 6. VersncliBtage nach dem T-Vei&faren erlernt 24 Standen
später folgte die Wjedererlemnng, so daß tfiglioh 8 Strophen in
Anwendung kamen. Die Strophen des T-Verfahrens wurden in
der Weise erlernt, daß die Vp. znnächst wie immer alle 4 ein-
mal iiii ;,auzeii durchlas, dann zu den beiden ersten zurliekkelirte,
die ganz, zuweilen isoliert bis zum ersten fehlerlosen lUrsa^^en
gelesen wurden. Nach einer Pause von 10 Min. wurden die letzten
2 kStrophcu ebenso isoliert erlernt und zu ihrer assoziativen Ver-
bindung noch einige Wiederholungen verwendet. Schließlich folgte
die Wiederholung aller 4 Strophen im ganzen bis zur ersten fehler-
freien Reproduktion. Die Vp. durfte eine Zeile niemals zweimal
hintereinander wiederholen.
Z-Tubelle 7.
Erlernung
Wiedererlemuxig
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1-, 'S p
Dauer
des
Hersagen s
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99
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1. 4 Strophen »in Teilen«
24
17
3 24
1M.44S.
3.5
6
32
2
18
90
4 » »im ganzen«
15,7
36
2i
2 46
8,8
öl
2
46
80
Differenz
17,8
12
hl — 39 —
1
0,2
3
19
0
98
10
1) Wenn nun die absolute Anzahl der Wiederiiolnngen in Be-
toacht gezogen wird, ergibt sich, daß das Lernen »im ganaen«
entschieden Torteilhafter ist als das fraktionierende Verfahren.
2) Daft die T-Strophen in viel kürzerer Zeit erlernt wurden,
erklirt sich durch den Umstand, daß die Vp. sieh beim G-Lemen
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410 Christo Fttntielieir,
Tiel ermttdeter fühlte und infolgedessen die G^tropben lang-
samer las als die T-Strophen. Dasselbe ist aaeh in Bezog anf
das Wiedererlenien der Strophen zu sagen.
2) Abteilang derselben Versnchsreilie.
Non schien es nns der Hlihe wert, an den 2 letzten Versnehs-
tagen, welche nns noch blieben, mit noch größerem T'mfang des
Materials zu experiinentieren. Am 1. Ver8«chsta;ji:e hatte Herr K.
5 arhtzeilijrc Strophen »im iraiizen* uuMwendi^ zix lernen; am 2. Ver-
8uch«ta^'e wiederum 0 btropiieii iiucli dem T-Verfahrcn. Die
Strophen jedes Verfahrens wurden später nicht wieder erlernt
Wir erhielten folgende Resultate:
1) Zorn Erlemen der T-Stiophen: 45 W. — Zeitdauer d. £r-
leraens: 32 Min.
2) Zun Eileroen der G-Stiophen: 12 W. — Zeitdaner d £r-
leraens: 32 Ifin. 40 Sek.
Man sieht also, daß die Differenz immer noch beträchtiicher
wird, je mehr Strophen bei einem der beiden Lemverfidiren er-
lernt werden.
§ 23. Grappiernng der Besaitate von sinnToUem Material.
Ans den Ergebnissen des sinnvollen Materials g^t bereits
deutlich Folgendes henror:
1) Der Ökonomisehe Wert des GK-Verfahrens wird um so deut-
licher, je größer der Umfaug des StolTes bei jeder Lemweise ist
Die naehftehendcn Difl'erenzen zeigen unzweifelhaft den Vorzug
des G-Leiin ns .or dem T- Verfahren:
1) Zum Lri. der 2 T-Strophen: 21,4 W. j -no™-
2) . » * 2 G- » 10,6 . j I>iflf.-10,8W,
1) > . . 4 T- . 33,5 ^ )
2) . . .4 0- * 15,7 . * = ^^'^ *
r=33
1) » > » 5 T- > 45 »
2) » > »5 0- > 12 >
Trotz der rngleichmäßijrkeit des Lenimaterials albo sieht man.
vne die Vorteilhaftigkeit des Lernens »im ganzen < mit der Ver-
^Tößeruni^ des zu erlernenden Sttlckc- --' lir rasch /iminimt Ferner
erwiilme ich noeh. daß die G-Stroptien, in weleheu häutig ganz
besonders schwierige Abschnitte vorkamen, im Vergleich mit
T-Strophen niemals mit einer größeren Anzahl von Wiederholungen
ertenit wurden.
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UntermchimgeB snr Ökonomie nnd Teehnik dei Lernens. 471
2) Die G-Strophen wurden fester im GedächtiuB eingeprägt als
die T-Strophen. Dehnt man die Veroache ttber noch längere Zeit
SOS, ate dies bei nns der Fall war, so wird der Vomig des Lernens
»im gansen« in dieser Hinsieht unbedingt besttttigt werden.
3) Kicht immer ftthrte dss G-Yerfiihreii sehneller zum Ziele.
Ich branche nur auf die Z- Tabelle 7 der Yenncbsreihe 9 hin-
zuweisen, wo die T-Strophen tatsXehlich in kürzerer Zeit erlernt
wurden als die G-Strophen. Auch Steffens weist uuf einip:c
Fälle hin^), wo ganz negative Resultate erzielt worden waren, al>
fresehen davon, daß die Unterschiede zwischen einzelnen Werten
beider Lemweisen bei ihr gar nieht immer beträchtlich waren.
Man bekommt den Eindruck der Unsicherheit, sobald man die
Resultate ihrer Versuchsreihen 9, 14, 15 oder 18 betrachtet. Unsere
Ergebnisse aber deuten darauf hin, daß der Vorzog des G^Ver-
fithrens vor dem fraktionierenden Lernen viel dentüeber doxob
Bemcksiebtigong des €les&nitaiifWandeB der Zeilenwlederholnngen
wird, als blos durch die Zeitmessnng des Erlemens.
4) Das Verhalten der Vp. beim sinnTOllen Lernen war ein sehr
eigentHBiHebeB. Herr K. eikttrte, dnreb das Sitzen und dnrcb die
Gegenwart des P^xpcrimentators gestört zn werden. Er bat sich
deshalb aus, immer stehend hinter der Tür lernen zu dürfen, wo
er den Augen des Versiu iisieiters entzoiren war. Die Eigentüm-
lichkeit, stehend zu lernen, erklHrte er durch Gewöhnung.
In Bezug auf das ökonomische Lernen gab die Yp. folgende
Angaben zu Protokoll:
»Wamm ich 2 oder 4 Strophen »im ganzen« leichter als »in
Teilen« lerne, dies führe ieh aaf folgende Gründe znittck:
a. Wenn man mir nnr eine Strophe hingibt, so fühle ieb mieb
damit, wenn sie nnr ein Braebsttlek ist, niebt befriedigt. leb
mOebte noeb erfahren, was darauf folgt. Das Diteresse wird also
beim Lernen von 2 oder 4 Strophen »im ganzen« eher befiriedigt
als beim isolierten Lernen jeder Strophe.
b. Femer kann ich mich eher in den Sinn hinein vertiefen,
wenn ieh 3 oder mehrere Struplien zusammen halie, Andrerseits
betone ich aber ausdrücklich, daß 'wh nach dem Erlernen der
Strophen »im ganzen« immer recht crmUdet bin, während ich
nach dem gmppenweisen Erlemen fast keine Ermüdung spüre.«
1) L. Steffens s. a. 0. S. 86.
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472
Chiiito Pemtschew»
»Im Vergleich m dcu Sillteu kann ich micfi :iiif die Gedichte
viel bes5»er konzentrieren. Ks ina^^ Fälle geben, wo ich mich
ii) (Irii Siiiii vcrticten kann, und das Lernen wird dann sehr rasch
gehen, aber dabei darf ich absolut nicht gestört werden. Sobald
ich z. B. nur bemerke, daß der Yersuchsleiter mich beobachtet, i^t
die Konzentntion nicht mehr so groß oder ganz dahin.«
»Beim Lernen »in Teilen« werden die Werfte fast mechaniaeh
abgelesen. Mit diesem mechanischen Ablesen komme ich also,
wie schon gesagt, nicht weit, deshalb Teraaehe ich sehen nach
möglichst wenigen ^KHiederholnngen dieselben Worte an ge-
brauchen, indem icb mich mehr an den Sinn halte and dabei ganx
frei anfgage, doch so, daB ich f^leteh beim geringsten Stocken
im Ii HC he nach Be he. Wenn dann un;::ew(jhnliclie Inhalte vor-
kommen, m mnß ich mehr meclKiniseh lernen Wenn ich aher
mehr im Buche na eh lese, so kommt eine gröüere Wiederholungs-
zahl zu fütande. Für mich sind die Keprod uktionsversuche
unerläßlich, habe ich diese nicht, so denke ich mich zu wenig in
den Sinn hinein.« (K.)
Aus den firgebnissen der Versaehsreihen 6, 7, 8 und 9 stellt
sich nnn heiaas:
1) Die Vorteile des G-Lemens sind yiel denflicher and klarer
bei sinnvollem Material als bei shmlosen Sflbenreihen, bei welchen
eine grOfiere Strennng der elnzehien Werte am den Hittelwert,
hSnfiger sn sehen ist.
2) Herr K. j^^ehört hinsichtlich der Schnelligkeit des Lenieus
und Bebalti iiH zu den raschen Typen: er lernt Bcbnell and
behält auch das Erlernte länger im Gedächtnis.
§ 24. C. Allgemeines Schema der Yersnchsreiben 10, 11
12, 13 nnd 14.
Obsehon in allen bisherigen Yersnchsreihen nnzweifelhaft die
CkBeihen besw. GMStrophen am Yorteilbaftesten erlernt worden,
riebtete ich doch noch eine Beihe von Vemiehen em, in weleben
Herr Mes. als Vp. fhngierte. Diese Yersiiehe erstreckten sieb etwa
ttber 46 Tage. Wftlurend der Zeit, in welcber mit den ersten
4 Versuchsreihen experimentiert wurde, kamen 12-, 16-, 18- und
24Hill)ige Reihen iu Auwendung. Die Art und Weise, wie die
lö-, 18- und 24 silbigen Reihen aufgebaat waren, iät beite 444 schon
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Untenachungcn zur Ökonomie imd Technik des Lernens. 473
Migfigehefik. Nor in der VeTsachsreUie 14 wurde mit suinToUem
Bfaterial operiert Die änBere VersnchBtechiuk der simtlieheii
VeisaebBreihen blieb ungefähr dieselbe, wie Torher.
I. UuterBuchuug mit Binnlosem Material.
§ 25. VerBnebsreibe 10.
1) Das Versaebflrerfaiireii.
Die Veisnebe wurden am 1. Juni 1901 mit 12Bilbigen Selben be-
gonnen und schon am 20. zum AbscbluB gebracbt, da die Beauliate
SU Ounsten des Lernens »im ganzen« deutlicb zu Tage traten. Die
ersten 5 Tage worden der übnng j^ewidmet, so dafi die ei^ntlicbcn
Vereuche 15 Ver8Uch8ta<;o bcauBpruchteu. ExperiuR'iitierzeit: von
7'/4 bis gegen 8 Uhr morgeuö. Die Verr^uchsaiHH In injr war gauz
dieselbe, wie in den andern Vert^nclisreilieii mit ^uniloyeii Silben-
reihen. Nach dem Veriahruu »iu Gruppen- wurde also eine Reihe
in zwei Hälften und eine in Teilen zu je vier Silben erlernt, die
in folgender Weise der Yp. dargeboten wurden: am 1., 3., 6. n. s. w.
Yersncbstage kam eine Beibe »in Gruppen« zu je vier — die andre
»in Gruppen« zu je seobs Silben vor.
Die Gruppen einer und derselben Reibe nahmen selbstrerstftnd-
Üeb auf der Trommel ganz yeracbiedene Stellen ein und wurden
der Vp. in der schon angegebenen Weise als ganze Reihen Tor-
geführt
Am 2., 4., 6. u. s. w. Versuchetagc lernte M. die eine G-Reihe
akustiseh-inotorit;ch, die andere rein visuell auswendig. Die Pausie-
rung war die üblielic wie vorher. Die Vp. sollte die Silbenreiheu
mit einer möglichst geringen Anzahl von Wiederholungen lernen
und jede Abweichung von den aufgestellten Bedingungen nachher
im Protokoll angeben. Nähere Auskauft Uber das VenmchsTerfahren
gibt folgende Tabelle.
2) Kcbultate der Verauchsreihe lü.
Nach den klaren Ergebnissen der Tabelle muß ohne weiteres
zugegeben werden, daß das Lernen im ganzen auch fUr diese Vp.
das günstige ist Ich stelle die Resultate hier in einem leicht
ttbersicbtlicben Schema auf:
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474
Chriato PeulMlieir,
R-Tabelle 3
Anfang des Vennoha 7V«-^/dB Ulir,
Begiuu der Versuche: Vom 6. Juni Ol bis zum 20. Jnli Ol:
ZwOUsilbige Reihen:
0
Die neues
mm £rlern«ii der Beihe I
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Erlernena
NotwMidige WiedMli<rtiiiig
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In Orapp.Bnje6Sttb.
Im glitten — laut
In Gntpp.Bnje4Sflb.
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InGnipp.niJe6Stll>.
Im gaaiMi — laut
In Gfapp.raje4 Sflb.
Im gaasan — laut
InaiappjH^eSilb.
Imgaiis. — lantlos
InGnipp.iaje4SUb.
Im gaaien — lant
In Gnipp.Bn jsOSilb.
In Onipp.nije 4 Silb.
InOmpp.mije6Silb.
Im ganzen laut
Imgana. H^aut los
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8,75
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11,6
12,75
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10
12
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9
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9^
6
13,5
9
10
10
Üigiiiztiü by <-3ÜOgIe
UatennelmBgeD zur Ukonumie und iechuik des Lerueos. 475
(VerBnohflreihe 10).
yp.: H€tr 0. Mm.
40 Yenraohtüige mit ainnlown Sflben.
15 Venaehsta^.
Bilbemreiheii
1
Die alten Reihen
zum Lrlemen der lieilie 11
Kter
zum
Wiedererlernen
Notwend. Wiederliulung
Dauer des letzten
Hersagens in Sek.
•
OB
der Reihe II
der Reihe I
Art
des
x^iicrucus
K
I. Gruppe
g
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m. Grupi
IV. Für die !
ganzeR.noch
erlorderl.W.
V.
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Wie wurde
die Reiue
erlernt
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7^
11^
Digitized by Googl
476
Christo PentMhew,
K-Tabelle 4
Vp. und VereuchsamBtände wie in K-Tabelle 2.
Die neuen
zum ErlerDen der Reihe I
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I Notwendige Wiederhol.
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Erlernens
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K-Tabelle 5
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Im gtttien
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2^
Digitized by
Untersucbungen zur Ökonomie und Technik des Lernens. 477
(VersaohBreihe 11).
IStüliige BflUm: 10 Veniielutage.
S i 1 b e n r
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Die alten Reihen
smn Erienen der Reihe II
nun Wiedererlemen
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(VerBaehsreihe 12).
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478 Chiiito Peaticliew»
Z-Tabelle a
einer Reibe
\Vie<iererlerttUüg
einer Beihe
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des
Lernens
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14,85
6,4
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56
48
2. Im ftnzen
12,76
20
6,75
7,16
Hiernach eigibt sich also:
1) Dm Ch-Lernen ist viel Okonomiseher ab daa fiaktioniereiide
Verfahren.
2} Das Verfahren »in Gruppen« ist lun so unvorteilhafter, in je
mehr Teilen eine Silbenreihe erlernt wird. Die in drei Grupptn
'^erlegten Silbenreihen eriraben br»!it r(' Diirohgrhnittswerte ^14,85]
als die in zwei Hälften (13,25) erlernten Bilbenreihen.
3) Die 6-Beibeii werden mit geringerer AniaU Ton Dnrch-
BchnittBwerlen wiedererlemt ala T-Reihen.
4) Anch die Anzahl der Reproduktionsversuche (Aufsahen) beim
G-Verfahren ist viel kleiner als beim Liemen »in Gruppen«.
ö) Ferner ist die Tatsache herronnlieben, daß daa Tiaaelle
Lernen steh als ungünstiger erwiese hat, a]s das aknstisch-
motorische Lemverfikhren. Fttr eine G-Beihe, die die Vp. Int
von der rotierenden Trommel sbgdesen liatte, bnmclite sie 12,75
Wiederh., wShrend itlr ehie visuell erlernte €kBeihe etwm 20
Wiederh. nötig waren. Man sieht auch noch, daß die G-Reihen
nach dem lautlosen Lernen höhere Durchschnittswerte (7,15) er-
graben als die in lautem Verfahren (ij,75} erlernten. Daraus geht
nun hervor, daß das aknstiBch-motorische Element die Grund! ae-e
des Gedächtnisses dieser Vp. bildet. Ob aber beim lauten Lernen
das akuBtisehe oder kinttathetische Element dominiert^ wird qtäter
noch erörtert werden.
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ÜBteniiclian^n mr Ökonomie und Technik des Leraens. 479
§ 26. In Yersnehsreihe 11 wurde mit ISsilbigen Beihen
operiert.
Die Versuche umlaßten lU VersiK hstiige. Die Zeit des Experi-
mentierens blieb dieselbe. Die Rf)tations<ref('hwiniii^'keit flir eine
IGailbige Reihe wurde im Verhäituiö8e zu einer zwolfsilbigen auf
13,5 Sekunde festgesetzt Die YersiiehsumHtände waren ähnlieh
deigeiiigen der Versuchsreihe 7. Am 1., 3., ö. a. 8. w. Vergucbs-
tage wurde saerst eine Reihe in Gmppen zu je tuchi Silben nnd
dann eine »im ganien« erlernt^ am 2.» 4, 6. u. b. w. VemiehBtage
war die Beihenfolge nrngekehrt Die Silbenreihen wurden stets
laut abgeiesen.
Die Ergebnisse dieser Venmehnreihe sind in der nachstehenden
TabeHe enthalten.
Resultate der Versuchaieibe 11.
1) Stellt man die Ergebolsse der ersten und sweiten Reihe zn^
sammen, so erhUt man folgende MHtelwerle:
Z-Tabelle 9.
Erlemiuig WledeieilenL Efepanriaie in Pros.
1. 1b Gmppen m Je 8 Silben: 18,66 W. 8,6 W. 66
2. Im giBsea: 16^40 » M » 66
Differenz: 3,lä » 1^ > —
Die oben angegebenen DnrebsehnittBsalileo sprechen sehr dent-
lieh daftr, dafi die Differenzen der Lernmethoden mit Ver-
größerung des Stoffumfanges auch größer ausfielen.
Gegenüber den Gr^-Reihen wurden die G-Reihen mit einem öko-
nomischen Gewinn von 8,15 W. erlernt
2] Beim Wiedererlemen waren t\ir die G-Reilieu duc geriogere
Anzahl ?on Mittelwerten nötig als fva die des gmppenweisen Veiv
fiüuens.
§ 27. Versnehsreihe 12.
1) Nach einer Pause von drei Tagen richtete ich eine andere
Versuchsreihe ein, in welcher als Stoff 18 silbige Ki^-iheii dienten.
Da die Zeit des Kxperimentierens für die Einprägung der Silben-
reihen eine sehr günstige war und Herr 0. Mes. eine ziemlich große
Sieherbeit beim Reproduzieren nnd Lernen der Silbenreihen ge-
wonnen hatte, brauchten wir gar nieht zn beftbrehten, daß die
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480
Kenaltate aocb uucii wenig:en Versnehstageu sich seh wankend
heraiiHHt^llon werden. Deshalb haben wir ons enteohlossen, die
vorstehende Vernuchsreihe schon am achten Versuchstage mbsn-
sehüefteiL Die Art und Weise, wie die lÖBilbigeB Beih^ anf*
gebaut worden, ist eine andere als bei MttUer tmd Pilzecker
(Vgl. S. 444.) Im VerbSltnis zu einer zwOlfeilbigen Beibe wurde
die Umlaofsgeflchwindigkeit fltr eine ISnlbige Reibe auf 15 Sekun-
den feHt^^esetsd Das fraktionierende Veriabren bestand darin, daft
iiier Bethen in Gmppen ron je neun Silben gelernt wurden. Am
1., 3., 5. u. B. w. Vcrsuclista^'c wurde zuerst eine Gr^Reihe uud
dann eiue G-Reihe g(;lcrut. Am 2., 4., 6. u. s. w. Versnrbstage
wurde die um^ekfhrto Reihenfolge beobachtet. Zwisi hon der
AV'iedererlernunf^ und Krh rnun^^ der ►Silhetireihen fand eine Pause
von drei Minuten statt, während nach Erlernung der ertöten der
bcid n mn\cn le ihen eine Pnn««e von acht Minuten folgte. Das
visuelle iiemverfahren fand keine Verwendung.
Die Besoltate nach der Wiedererlemnng und der Erlernung der
Silbenreiben sind auf der folgenden Tabelle zusammengestellt
2] Die Versnebe mit ISsiltngen Reihen ergaben folgende IGttel-
werte:
Trotz der weuij?en Versuchstapre sind auch hier die Differenzen
für die zwei Arten des Lernens sehr beträchtlich, wenn auch ge-
rade nicht SU '^ro\'t fllr das Lernen »im ganzen* wie in der Ver-
suchsreihe 11. Sicher wtlrden die Mittelwerte hier größer aus-
gefallen sein, wenn wir die Versuche nicht so früh abgebrochen
hätten. Mit einem kleinen Unterschied von W. wurden die G^Beiiien
schneller wiedererlemt als die Gr^-Beihen.
§ 28. Versnoksreihe 13.
1. Die el)eu besprochene Versuelisreihe 12 wurde noch aus einem
anderu Grunde so irlüi zum AbschluU gebracht Da nämlich 0. M.
1} HttUer-PlUecker a. a. 0. 8.a
1. lo Gruppen xu Je 9 Sübeo: 814 W. 7,4 W.
2. Im gaazen: 18,5 * 7 »
Differenz: 2,6 > 0,4 »
08
Üigiiiztiü by <-3ÜOgIe
Uutersuchangen zur Ökonomie und Technik des Lerneoa. 481
ak rascher Lemer Air vDseie GedXchtmsoiitenniobnng sehr geeignet
an sein schien, fand ich es zweckmäßig, an einigen Versnehstagen
mit noch größerem Umfange des Materials an arbeiten. Ich
habe daijer als Stoff der vorstehenden Versuchsreihe dreizehn 24-
ailbige Reihen ausgewählt. Was den Aufbau dieser Keihenlänge
anbelaii^, sn umi\ aii>(lriii klich Ixniierkt werden, daß die ersten
16 Vokallaute, Anfangs- und EndkonBOoanten einer Heihe sämtlich
verschieden waren.
Nach sechs Versuchstagen wurde die Untersaohong mit dieser
Reihenlüngc unterbrochen, da jede neue Erleraimg einer Reihe
eine zu grofie Willensanstrengimg erforderte, was die Vp. aofier-
ordentlich ermttdete. Es wurde immer an derselben Tagesaeit ex-
perimentiert wie bis jetzt Die Rotationsdaner des Kymographions
war anf 20 Sekunden bestimmt
Die YersQchsanordnnng war dieselbe; es wurde aber länger
pausiert. Gleich nach der Wiedererlemung der vor 24 Stunden er-
lernten Silbenreihen trat eine Pause von iXiui' Miuuteu eiu; zwischen
der Erlernung der beiden neuen Reihen hingegen wurde die Pause
verdoppelt Lautes Ableiten. '
2J Die Resultate waren folgende:
Z-Tabelle 11.
Erlemnnf^ Wiedererleia. £rtpanuBse 'n Pros.
1. In Omppen zn je 12 Öüben: 2H W. 9.2ö W. 68
2. Im ganzen: 19 > 6.2 . 67
Differenz: 10 > 3,05 > Ol
3) Vergleicht man die Ißttelwerte beider Lemweisen, so mnft man
zogeben, daB das O- Lernen anch bei 24 Silben entschieden
vorteilhafter ist als das fraktionierende Verfahren. Man
flieht in der Tut, daß die Differenzen hier noch beträchtlicher
sind als dies iu der vorhergehenden Versuchsreihe der Fall war.
An keinem Versnchstage wurden die G-Reihen mit größeren Wieder-
holungszahlen erlernt als die des Verfahrens »in Gruppen«.
4) Auch beim Wiedererlemeu ist ganz deutlich zu sehen, daß
die 6-Reihen bedeutend schneller wiedercrlemt wurden als die Gr^-
Beihe. Ich betone noch ausdrücklich, dafl in keiner der bisher
angestellten Versuchsreihen die Differenz beim Wiedererlemen der
Bilbenreihen zn Gunsten desG^Lemens so beträchtfieh aasgefallen
ist, wie in dieser Versnchsreihe.
äMtUf fir PiTflhotogt«. L 32
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482
Chriito Pont«che\v,
^ ti^. Gruppiemiig der Resultate Ton sinnlosem Material.
Die Erj^ebnisse dieeer vier Versuchsreibeu, die »amtlich mit
Merrn Meg. ausgef^lhrt wurden, stelle ich ttbersiclitUch in dem
folgenden Schema auf:
Z-Tabelle 12.
Erleranng
Wiederarlerniu^
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18,6
7,4
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86
4. 24 >
29
19
9,26
6^
68
Aua deu 39 tä^geu Versuchen mit sinnlosem Material geht ganz
deutlich hervor:
1) Das Lemeu »im ganzen« beweist sich um so ökonomischer,
je länger die Silbenreihe ist.
2) Das fraktionierende Verfahren ist um so nuTorteilhafter, in
je mehr Teilen (isoliert) eine Stlbenreihe erlernt wird.
3} Die G-Silbenreihen ergaben beim Wiedererlemen 24 Stnndea
spiter geringere Mittelwerte als die des gruppenweisea LemenB.
4) Die längeren Reihen haften fester im Ge^htnis als die
ktlrzeren. Um sich Uber das hier Behauptete ein Urteil zn bilden,
braucht man nur einen Blick iiut" die oben an|?ej!:ebenen Ersparnisse
einer nach 24 Stuudeu wiedererlernten G- oder Gr^Reihe zu werfen,
wo sich deutlich herausstellte, daß mit der längsten Silbenreihe zu-
gleich auch die größten Ersparnisse erzielt wurden. Es ist zu be-
merken, daß die Ersparnisse einer lösilbigen G-Reihe größer waren
als diejenigen einer 18silbip:en. Walirscheinlich ist der Omnd da^
rin zu snchen, dafi die Vp. heim Wiedererlemen einer 18silbigeii
Reihe die Betonungsweise öfter Änderte» als bei eiser Ißsilbigeiiy
was die fernere Streuung der emzelnen Werte um die Mittelwelle
herbeiftlhrte. Aber im Vergleich mit den Vefsnehsreiheii» die an
üigitized by Google
Untennchnngen zur Ökonomie und Technik des Lernens. 483
anderen Vp. aufgestellt worden waren, kann man «ajjen, daß bei
den in Kede stehenden Versuchsreihen verhültnismäßi^r j^crin^ere
Schwanknn^en vorkamen. Ilirc Ergrebnisse besitzen daher einen
entscheid enden Charakter tllr die Hauptpunkte unserer Ge-
dächtnisautersuchoug.
6) Über die Ökonomie der beiden Lemveriahren gab die Vp.
folgendes zn Protokoll an:
»Das Lernen »in Gruppen« scheint für mich keine besonderen
Vorteile zu bieten; suhukl ich die glänze Silbenreihe zusammenlese,
gehen die Gnippen so im g:anzeu auf, daß sich ihre Anfdnp:c, ob^^'lcich
ich sie vorher schon im Gedächtnis zu habeu glaubte, verwischen
nnd ich sie mW wieder neu merken muß.« Gleich nach dieser
Angabe der Vp. möchte ich die Bemerkung einschalten, dafi sie
iriUurend der Zeit, in welcher mit 12- nnd IGsilbigen Reihen ex-
perimentiert wurde, stets den Eindmek hatte, daB das Lernen
»im ganzen« das günstigere sei; allein als sie spftter 18- nnd 24-
Bilbige Beihen zu lernen hatte, Saderte sie ihre Ansieht nnd be-
richtete folgendes:
»Das T.crnen >in Gruppen» scheint mir bedeutend leichter,
das Lernen »im ganzen« hingegen bedeutend schwieriger, sodaß
ich nach der £inprägang der Reihe bestimmt glaube, viel mehr
Wiederholmigen gebraucht zn haben als im ersten Falle.«
Uan sieht also, daB die Vp. sich mit Veigidfienmg des StoiF-
nm&nges gegen das G-Verfahren ausgesprochen hatte, was sieh
hauptsächlich durch den Umstand erklären läBt, daß die Vp. sieh
bei dieser Art des Lernens viel ermüdeter fllhlte als bei der
fraktinniereiiden. Warum die Ermüdung aber beim Lernen »im
ganzeu« schDeller eintritt, wird noch später erörtert werden.
§ 30. IndlTidnelle Eigentttmlichkeit des Gedächtnisses
beim Lernen nnd Reproduzieren sinnlosen Materials.
1) Die Verhaltangsweise der Vp. bei der Betonnng der Silben
Tersehiedener Beikenlängen war sehr bemerkenswert; hauptsäch-
lich deshalb, weil sie während des Lesens leichter mit dem Rhyth-
mus auskommen konnte. Sie wurde also sehr selten in der Be-
tf)unn^^3weise der Silben verwirrt. Eine 12 silbige G -Reihe wurde
gewöhnlich durch eine Cäsur in zwei gleiche Hälften zerteilt,
32*
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484
ChiiBto PeBtiehew,
wihiend eine Gr-Beilie deiielbea BeihenlXiige im ^/^Täkt dveb-
geleten wurde, atngleieh mit dem GeHHd, all ob der ^/^Taki beeser
zuage als der ^/^TAt
Eine 16flübige Beibe wude Im Sbytfamos eines Taktes yon
8 Silben gelesen, sodafi also auf der 1. nnd 9. Silbe der Reibe
der Uaupttim (") rabte, ein geringerer Naclidruck (') aber auch
auf der 5. und 13. Silbe, z. B.
1, 2, 3, A, b, 6, 7, B j 9, 10, 11, 12, 13, U, 15, 16.
Hingegen wnrdc eine 18 silbige G -Reihe in der Reprel durch zwei
Inzisionen in drei gleiche Teile zerleg, indem die 1., 7. und 13.
Silbe durch einen Hauptiktus aosgezeichDet wurde. Merkwürdiger-
weise hat die Vp. eine Gr- Reihe ganz anders gelernt, nämlich so,
daß sie die Beibe durch eine Cäsnr in zwei Hüften teilte^ indem
sie den HanpCton anf die 1. nnd 10. Silbe legte; gleieb danraf
las sie die eisten 6 Sflben sehneil ab; die 7., 8. nnd 9. Silbe bln-
gegen ganz langsam; ebenso yerhieU es sich mit den Silben der
zweiten HUfte. IKe drei loteten Silben Jeder Beibenbllfte wurden
also in« einem langsameren Tempo abgelesen als die ersten seebs
Silben, und zwar so:
1, 2, 3, 4, 5, 6 - (7, 8, 9) j 10, 11, 12, 13, 14, 15 — (16^ 17, 18).
Hoim Lernen einer 24 silbigen Reihe hat die Vp. denselben
Rhythmus angewandt wie bei einer 12 silbigen G- Reihe. Diese
rbytlimiscbe Gliederung der Silben verschiedener Reihenlängen
machte sich 24 Stunden später außerordentlich geltend. An eh die
Vp. l»emerkte einmal, daft sie beim Wiedererlemen der SUbon-
r^hen stets wissen müsse, in welebem Rhytfunns sie die Reihen
ror 24 Stondea gelernt habe; dann ginge die Beprodnklion viel
leiebter nnd schneller Yor sieb.
2) Nicht unwichtig ist die Art und Weise, wie Mes. überhaupt
sich die Silben ^iner Reihe nnzueignon suchte. Am Anfans- äo^
Lernens war er aut die Silben nicht so sehr konzentriert, wie im
weiteren Verlauf desselben. Dabei muB ich aber bemerken, daS
die Vp. sehr leicht ihre AnfimerksamlLeit anf bestimmte Silben in
riohton rermoehte. J>ie orten iwei Lesungen widmete sie in der
Bogel der rhythmisebon Qliederang der Silbenreiho — wollte sie
aber gleich eine Gruppe behalten, so wurde die lotete bodontend
lauter abgelesen als die flbrigen Gruppen derselben Belhe.
üiyiiizea by Google
UnterBuchungen zur Ökonomie und Tcchuik des Lemeus. 485
Ihre Angaben darüber lanten fo]§;endennaBen:
>Aiiftiiglioh folgte meine Aufmerksamkeit nnd meine Angen-
bewegnng immer der Trommelbewegnng; ick sah die Silbe oben
Terechirittden, bemerkte dann die unten nachkommende sn spät,
um sie zn erfsssen, nnd so blieben die zwei ersten Wiederbolnngen
i^än/Akh. ohne Erfolg. Durch einen energischen Willeusakt
Termochte ich endlich die Aafhierksamkeit von der at^^renden
TrommclbewejTUDg fernzuhalten. Teh sagte dann die Silben
schon, sobald jch ihre obertn Teile erblickte, mit divinatorischer
Sicherheit her. Ich hielt znerst von jeder Grappe die erste
und letzte Silbe fest nnd ergänzte dann die anderen, worauf
ich die xaerat eingeprägten Silben mehr oder weniger wieder
veigaB.«
»Ich lernte die Sflbenreiken jetzt anders als früher. Statt
nach jeder SUbe eine glelehmafi^e Pause zu machen, sage ich
jedesmal die ganze Groppe (je nach der Reihenlänge) schnell
nacheinander nnd kann sie dann besser behalten. Bei späteren
Wiederholungen sage ich daher, sobald ich nnr die erste Silbe
auftauchen sehe, gleich die ganze Gruppe, ehe ich also die
letzten biiben sehen kann. Er-'^chcinen sie endlich auch, m
stellt sich etwa heraus, daß ich zuweilen eine falsche Silbe gesagt
habe; dann muß ich mich schnell korrigieren, was aber wieder
sehr störend einwirkt Gewisse günstige Gmppen prägen sich mir
sehr schnell ein, sie bianchen nicht einmal am Anfang sa stehen,
%, B. die zweite oder die dritte Groppe emer ReihenlSnge. Habe
ich solche Grnppen fest im Sinn, so widerstrebt es mir, sie trotz-
dem immer auch noch ta wiederholen, während ich sie unter ge*
wOhnHchen Umstanden ansseheiden nnd mich auf die anderen
Gruppen beschränken würde, nm dann zuletzt erbt alle Gruppen
zusammenzufügen.« (Mes.)
3) Beim Re})r<idn7ieren der Silben verhielt 8ifh Herr Me.^ << itr
mhig. Nach Beendi^ning der Kotation beeilte er sich nicht so
sehr die Silben herzusagen, wie dies meistens bei raschen Typen
der Fall ist, sondern, wenn die erste Silbe fehlte, machte er schein*
bar keine Anstrengung sich daran zn erinnern, und wartete, bis
die Silbe sozusagen yon selbst kam. Es kam vor, daB die Vp.,
als sie angefordert wurde, die Reihe herzusagen, nach 15 Sek.
sinnend ruhig antwortete: sie wisse keine Silbe; gleich darauf
aber folgte die fehlerfreie Reproduktion. Stockte sie während des
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486
Chibto PentBchew,
HereagenB, so wartete sie eine Weile, ohne die Yorhergebcude
Silbe zu wiederholen. £b kamen Fälle vor, wo einzelne Silben
erst nach 20, 3&, ja sogar naeh 50 Sek. im Bewnfitsein wieder
anftanohten. Die Beprodnktion der Silben erfolg ein klein
wenig rascber als die Zeitdauer der RotationogeBcbwindigkeit
Sie betrug ttSae eine 12-» 18- nnd 24Bilbige Reihe etwa 10» 17 und
22 Sek., bei einer ICsflbigen Beihe hingegen war sie Hager
(19,5 Sek.).
Die Vp. gab ferner zu Protokoll: >\V«nn ich die Reihe sicher
festzuhiilten ^^hiube und ich lauge an sie aulzu^a^en, so muß ich
ganz leise ßprechen, um durch die akustische Wahrnehmung
die späteren optischen I->itmernugsbilder nicht zn verdrängen.
Bei der Reproduktion glaube ich zwei Prozesse in mir zn beob-
achten: die Reproduktion des optisehen Bildes (zuerst Vokale) und
motorische und akustisohe Yoig^lnge; aber ihre Reihenfolge yennag
ich noch nicht anzugeben.« Erst naeh einigen VerBuehelagen fügte
die Vp. die Bemerkung hinzu: »Beim Reproduzieren der Silben
0uche ich immer das optische Bild an seinem entsprechenden Ort
inneilich wiederzusehen, das Klangbild nehme ieh erst se<-
kuiidär zu Hilfe.«
4) Interesbaut war das Verhalten der Vp. bei der Einpräguug
der Silben einer Reihe. Gceren alles Erwarten bildete Herr Mes.
am An laug der Versuche lant keine Assoziationen. Die Ein-
prägung der Reihe erfolgte ganz mechanisch, nach wenigen Ver-
stich stagen aber suchte er die ähnlich aussehenden Silben mitein-
ander zu assoziieren ) und damit war der Weg zur Bildung ver-
sohiedenartiger Assoziationen gebahnt Schon nach der eisten
Wiederholnng suchte die Yp. zueist die Vokale resp. Diphthonge
zu behalten. Die in alphabetischer Reihenfolge auftretenden Vokale
prägten sich am leichtesten ein. Besondeis leicht wurde einmal
die Gruppe »fik — dOt— lensc behalten» weil die Übergänge Ton
einer Silbe zur andern durch Konsonanten ^^änzlich verschiedener
Artikulatiousgebicto scharf markiert uud {geschieden waren. Die
ersten A«s*>ziationen entstanden also hauptsächlich nach der Form
nnd Klau^^farbe der Silben, später aber suchte die Vp. einen Zu-
sammenhang zwischen einzebien Silben ausüudig zu maoheu, und
dadurch entstand bei ihr die Tendenz, den Silben eine Bedeutung
zn geben. Der erste Versuch entstand durch Verbindung Ton
4 Silben zu einem einzigen Wort, das aber keinen Sinn eigab.
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üntemtohungen cur Ökonomie nnd Teehnik des Lerneni. 487
Aus der Gruppe: »wor, men, heig^riz« machte Herr Mes. ein
einziges Wort, das, wenn auch yOllig sinnlos und gar keine sekun-
diüre AMOziation bewiikend(l)} durch die Geläufigkeit der ein-
zelnen Silben acbon nach der ersten Wiederholnng fest eingeprSgt
wurde. Die Ursache dafUr &nd Herr Mes. darin, daft die an-
atofienden Konsonanten Infolge ihrer yersehiedenen Artikulation
leicht ansdnander sn halten waren, und daß die Vokalfolge eine
günstige war, insofern jede Silbe einen neuen differenzierten Vokal
enthielt Sodann machte Herr Mes. auti 2 oder 3 Silben emzclne
sinnvolle Worte. Beispielsweise: au3 *mül* — »hop< — MüUenhoff;
aus >Iaan< — >zek« — »raut« = Lanzenkraut; nm »taan« — »pus* —
»deir« = Tannhäuser Erst mit der vorschreiteuden Übung
ging die Vp. unwillkürlich zum Aufbau ganzer Sätze Uber, deren
£nt8tehnng sie in folgender Weise erklärte:
»Assoaationen fordern sehr die Einpiilgong der Bilbenreihen.
Kine solche Assozuition reicht nie Uber eine Gmppe hinaus; mit
der betonten Anfangssilbe der folgenden Gmppe wird sofort ab-
gebrochen. Sie tanoht merkwürdigerweise nicht sofort in genauer
Klarheit auf, sondern zuerst machen mir die aufeinander folgenden
Vokale den Eindruck einer Vokalfolge eines geläufigen sinn-
vollen Satzes; aus diesem unbestimmten Nebel taucht dann bald
der inhärierende Gedanke auf und verschwindet nicht wieder, ja
ich bin seiner noch am tolgeiiden Tage vollkommen sicher. Daher
kam es, daß die Silben einer Gruppe: »gusch« — »neel* — »kUni«
— »waad« sich sehr leicht zusammenfügten, und zwar schwebte
mir dabei der Gedanke vor: Gustav, hole Wasser am Brunnen,
wobei ich assozierte: gusch » Gustav, waad » water engl.
Wasser, hingegen wufite ich »ned« und »kttm« nicht mit Sinn zu
füllen, sie schwebten mir undeutlich vor als Ausdruck eines stren-
gen Befehls im Sinne: »Gustav 1 schneU hole Wasser 1< Trotzdem
bildete Herr Mes. verhältnismäßig weniger Assoziationen als
die anderen Vp. Bemerkenswert ist die assoziative Hilfe,
die hierbei von dunkel bewußten Vorstellungen geleistet
wird!
5^ Von großer Wichtigkeit ist es, den sensorischen Orund-
eharaktcr des Gedächtnisses dieser Vp. festzustellen, bchon in
der Versuchsreihe 10 stellte sich deutlich heraus, daß das visuell-
akustisch-motorische Lernen schneller zum Ziele führte als
das rein visuelle. Bloß akustische Versuche habe ich nicht
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488
Christo PontKhev,
angestelltj aus den Ergebuissen aber geht ohne weiteres hervor,
daß diese Yp. ein starkes Ortsgedächtnis (visuelles) besitzt. Eine
Silbe wurde nur dann als eine schon dagewesene wiedererkannt,
wenn die Vorstellung ihres Ortes im Bewnfitsem aafgetmcht war.
Die yp. erklärte demgem&fi, daß sie steh tot allem das opti-
Bohe Bild einer Silbe an seinem entspiecbendeo Ort yoirastellen
sacbe; das Klangbild aber nebme sie erst sekundär in Hilfe. —
Wie wird nun aber der Umstand erklärt, dafi, wenn dieYp. eine
Groppe von Silben schneller behalten wollte, sie dieselbe bedeu-
tend lauter ablas als die übrigen Gruppen derselben Reihe?
Nicht die akustischen Eindrücke (Klänge), sondern die motorischen
Begleiterscheinungen waren es, welche die Bchnelle Einprä£^nng
der Silben herbeiführten, hauptsächlich die Lippenbewegung, was
eben sagen will, daß die motorische Seite des Lernens bei
dieser Vp. stark entwickelt ist.
Ans dem bisher Gesagten ist es daher gar nieht schwer zu
bestimmen I welebes von den drei Gmndelementen des Gedächt-
nisses bei dieser Yp. die dominierende Rolle spielt Beim lauten
Lernen ist die Reihenfolge der Elemente diese: moloriseh —
Yisnell^aknstiBoh, d. h. das letzte Element spielt die geringste
RoUe.
6) Zur Feststellung der Schnelligkeit und Leichtigkeit bezüg-
lich der Einpräguug der Silben irgend einer ReihenUinge dient
folgende Tabelle: die Sili cn kamen bei ihrer Einprägung in der
nachstehenden Keihenlolge vor:
1. Eine 12sUb. Reihe: 1. 2. 12. 11. 3. 4. 6. 8. 9. 6. 10. 7.
2. > 16 » . : 1.16. 15. 13. 2.5. 8. 9. IL 14.3. 4.6.7. 12.10.
3. » 18 . » : 1. 18. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 17. 15. 16. 10. 12. 9.
13. U. IL
Man sieht also, daß die erste und letzte Silbe jeder Reihe am
schnellsten eingeprägt wurde. Nicht ohne Interesse sind daher
die folgenden Kurven der Konzentration der Aufmerksamkeit, die
aof Grund der bei der Einprägnng der Silben gewonnenen Zahlen
aufgestellt werden können:
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Untersnchiiiigen zur Ökonomie and Tadinik de« LernenB. 489
100,
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3 4-56
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8 0 m 11 12
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Fig. 6. Kon2entratio& der AafmerkBamkeit bei einer 128ilbigeii Beihe.
Fig. 7. Konsantrftüon der AvfineikMmkelt bei einer IBsQbfgen Reibe.
Fig. 8. Konsentntion der Anfinerkeainkeit bei einer ISeilblgen Beibe.
Wie man siehti war die Vp. am besten konzentriert auf die
exBte Silbe jeder Beih«illiiige. Am geringsten war die Anfinerk-
samkeit bei der 7. Silbe einer 12-, der 11. einer ISsilbigen Beihe
gesunken; hingegen zeigte sie bei den Silben einer lösilb. Reihe
keine bedentcnden Schwankungen. Yergleiclit mau die oben auf-
gezeichneten Kurven mit denjcnieren der anderen Vp., so sieht
man, dali die Autincrki^amkeit der in Rede Btebendeii Vj). «gleich-
mäßiger auf die elDzelnen Silben einer Heihenlänge verteilt war,
als bei anderen Yp.
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490
Christo Pentiehew,
7) Wie weit das Vergessen bei Herrn Me«. nach 24 Stunden
voigeschritteu war, ist auf Seite 482 schon angegeben. Iiier will
ich nnr noch hinzofllgen, daß mit der vorachreitenden Übung auch
das Behalten snnahm. £s ist aaeh ferner nicht zn ttbersehien,
daß das Vergessen hei Herrn Mes. g^eieh nach der Erleninng einer
Silhenreihe nicht so sehneli eintrat wie hei Herrn Per. Der eisteie
Termochte eme Silhenreihe etwa 20 Sek. nach dem Hersagen in
devselhen Beihenfolge wiederzugeben; nach mehr als einer Stunde
aber war das Vergessen so weit fortgeschritten, daß er nnr noch
mit ^lolier Anstrengung sith au einzelne Silben erinnern konnte,
und njich 24 Stunden war, wie er sirh änBcrte. »keine Spur
uielir von der Silbenreilie vorli.L nd c ii ^ Allein beim Wieder-
erlernen kam das Wiedcrcrkeuueu der Silben sehr rasch zu stände.
8) Daß Herr Mes. zu den raschen Typen gehört, wird nicht
nnr ans dem bisher Gesagten, sondern auch noch dnrch den Um-
stand bestätigt} daß er jedesmal ohne große Anstrengung 6 Silben
nach einmaliger Wiederholung fehlerfrei zn reproduzieren ver-
mochte. Bei einer größeren Anfinerksamkeitseneigie aber stl^
diese Zahl schon auf 7, ja zweimal auf 8. Für Ebbinghaus
betrug diese Zahl stets 7«).
9) Der Einfluß der Übung machte sich bei Herrn Mes. im Ver-
laufe der Zeit, in welcher mit sinnlosem Material experimentiert
wurde, sehr stark geltend. In den Versuchsreihen lU und 11
merkt man keine größeren Fortscliritte der Übuug — hingegen
nahm sie an den letzten 10 Versuchstagen außerordentlich
rasch zn. Um den Einfluti der vorselireitenden Übung näher zu
konstatieren, habe ich nebenbei an den 6 Versuchstagen noch eine
12 silbige Beihe erlernen lassen, die 9,5* als Mittelwerte ergab.
Vergleicht man die ErspamiBse einer 12 silbigen Reihe, die in den
ersten 15 Yeisuehstagen erzielt worden waren und die emer 12-
und 24silbigen Beihe, die zum Schluß der Versuehe in Anwendung
kamen, so erldUt man folgende Mittelwerte:
Z-Tabelle 13.
Zum Erloriion einer Notw. Wiederh. Ersptni.inPl0i.
1. G-12Bilb. Beihe in d. Versucher. 10: 12,75 W. ÖO
2. G-12 > » > > > 13: 9,5 > 37
3. G-24 » > > > > 13: 19 > 74
1, fibbinghauB, Über das GeditohtniA S. 64.
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Untereuchungen zur Ökonomie und Technik des Lernens.
491
Eine 24fdlbige Reihe ergab also nicht anch doppelte Dnroh-
whnitlawertey Bondem sie wnide an späteren Yeranehetagen mit
einem Hinns von 6,25 W. erlernt — Wenn man den Mittelwert
emer 12 silbigen Beihe 12^5 auf 60 setzt nnd dementsprechend
die anderen ebenso in Prozenten ansdrOckt, so sieht man, 1) daß
eine 128ilbige Reihe unter dem Einfliiü der Ühuiij^^ später eine
Ersparnis von 13^ W. ergab, 2) daß eine 24sill)ige Reihe ent-
sprechend einer 12 silbigen nicht mit doppelt so viel W, erlernt
wurde, sondern mit einer Ersparnis von 26^ W.
n. Untersnehang mit sinnyollem Material.
§ 31. Versnehsreihe 14.
1) In der vorstehenden Versnehsreihe fungierte Herr Mes. eben-
falls als Vp., welche diesmal Strophen aus Sehillers >Üido^ zu
lernen hatte. Zeit des Experimentierens wie vorher. Das Ver-
suchsschema war ganz ähnlieh wie in der Versuchsreihe 8. Man
sieht aus der nachstehenden Tabelle, daß das Lernen »im ganzen«,
wie immer, daigenige Verfaiuren ist, welches mit einer geringeren
Anzahl von Wiederholungen schneller znm Ziele führt
2) Aus den Resultaten geht nun hervor, daß die G -Strophen
um 6,4 W. schneller erlernt wurden als die des fraktionierenden
Verfahrens. Beim Wiedererlernen waren für beide Lernverfahren
gleich viel Durchschnittswerte notig. liingegen verhielt es sieh
ganz anders mit der Zeitmessung. Die T- Strophen wurden, wenn
auch mit einer kleinen Differenz, in kürzerer Zeit erlernt als die
G-Strophen — nach dem Wiedererlemen aber war es gerade
umgekehrt
3) Auf Befragen, welches Verfahren sie für gtlnstiger halte,
legte die Vp. folgende Augabe zu Protokoll nieder:
»Das Lerneu »in Gruppen« fordert mehr Zeit nnd Wieder-
holungen, weil nach dem Erlernen der 2. Strophe schon ein Ver-
gessen der ersti'ii eingetreten ist; ich kannte sie unmöglich ohne
nochmalige Wiederholung reproduzieren. Gelingt nun die Gesamt-
reproduktion beider Strophen nach einer Wiederholung schon, so
habe ich doch das Gefahl großer Unsicherheit, manche Stellen
sage ich nur antomatisch her, ohne von ihrer Bichtigkdt Über-
zeugt zn sein.«
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492
Chiiito Pentsekflw,
R-Tabelle 6
Anfiwg Yenaehs: von 7*/«— 8 Uhr Moigens.
Schälen »Dida«:
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61
»Beim Lernen >iin jjanzen^ stellt sich bei mir stets größere
Ermüdung ein al- licini gruppenvveiäen Einpriigeu. Da man nun
den Müdigkeitsgrad stets zum Maßstab der geleisteten Arbeit und
der Ycrflosseueu Zeit macht, habe ich stets den Eindruck, daß
das Lernen »im gaozenc mehr Zeit und mehr Wiederholongea
erfordert als das Lernen »in Grappen«, obachon die Eigebmaae
Btets das Gegenteil beweisen.«
4) Ans dem bisher Gesac;ten ist leicbt die Frage sn beant-
worten, wamm die T- Strophen mit einem Ifinns ron 34 Sek. in
kürzerer Zeit erlernt worden als die G-Stropben, wübrend die
Gesamtwiederboliingsxahlen der ersteren viel bOlier ausfielen als
die der letzteren.
Aus der subjektiven Erklärung der Vp., welche durch die ob-
jektive Bcdbaclitnng bestUtigt wurde, stellt sich nämlich herans.
daß die (i -Strophen infolge eben dieser Ermüdung im Vergleich
zu den T- Strophen in laugsamerem Tempo gelesen wurden.
Wodurch diese ftlr das G -Lernen geltende £rmtidnng bewirkt
wird, soll später erörtert werden.
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Uatersuchungeu zur Ökonomie und Technik des Lernens. 493
(YerBnohsreihe 14).
VefBoduipenoii: Hen 0. Het.
6 Veraachstage.
1 • r II • & zun Wiedererl eraen 24 Standen sptter
der Strophen im ganzen
der «Strophen^ die j
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erlernt wurden
der Strophen, die
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3.1
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5) Die Möglichkeit einer Unsicherheit der Ergehniase beider
LecnweiNii hinaiehtlich ihres (Skonomisohen Wertes ist somit ais-
gescUossen, sobald die alMoInteii Wiederboluigsidileii der aif-
gewendeten Lenisrbeit sUeiii in Betraeht geiogen werden.
6) Der Vorteil des O-Verfabrens tritt dnreb die Versnobe
mit sinnToUem Material nniweifelbail klarer nnd denfUeber
herroT als dnrch die mit sinnlosem Material. Vergleicht man die
Ergeboibüe der ersten vier Versuchsreihen mit denjenigen der
Versuchsreihe 14, so sieht man, daß die Resultate beider
Leruvorfahren beim sinnvollen Material im Vergleich
mit denjenigen von sinuiosem viel gleichmäßiger sind.
§ 32. Versachsreihe 16.
1) In den bialiengen Versnebsreiben ist die Tatsaebe konstatiert
worden, daB das fraktionierende Lemyerfabren trotz seiner btSbe*
ren Mittelwerte bei der Erlenrang nnd Wiedereileinnng oft in
kurserer Zeit znm Ziele fObrte als das Lernen »im
gansen«. (Gegen Steffens.) Wober dies? Znr LOsnng dieses
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494
Christo Pentschew,
ProblefflB dient die vorstehende Versacbsreihe 15, welche ich an
mir selbBt ausgeführt habe, indem ich zu gleicher Zeit Versuch a-
person und VersnehBleiter war. Vor allem habe ich die Zeit-
dauer des ErlerneDB, Wiedererlemena nnd des JedeamaUgen Her-
sag^B genan gemeaaen. Selbstrentündlieh vergaB ich aiiefa nidit,
mir die absolute Anzahl der Wiederholmigeii bei jedem Lern-
verfahren zn notieren.
Ich sirbeitete jcdesiual morgens früh uat-li 7 Uhr. Als Leru-
material benutzte ich das Gedicht: »die Zerstörung von Troja<,
wehlies auch als Stoflf iu der Versuchsreihe 5 gedient hatte. Ich
wiililte mir daher nnr solche Strophen ans, die ich früher während
der Yerauche mit Frl. K. nicht gelesen hatte. — Am 1., 3., ö.
n^w Versnchstage lernte ich 3 achtzeilige Strophen nach dem
Verfahren auswendig; am 2., 4., 6. nsw. Versnehstage ebenso
Tiele »im ganzen«. Tilglieh kamen also 6 Strophen vor, TOn denen
3 neae waren. Die Art des fraktionierenden Lernens war folgende:
Alle 3 Strophen las ieh einmal »im ganzen« dnreh; dann wnide
jede dieser 3 Strophen isoliert bis zur ersten fehlerlosen Repro-
dnktion gelernt. Qleidi daranf rersnchte ieh alle 3 als ganze
herzusagen. Gelang es mir nicht, so wnrden alle so lange wieder-
holt, bis sie einmal lehlerfrei hergesagt werden konnten. Nach
der Wiedererlcriiuitg der Strophen fand eine Panst- v(ni 2 Min.
statt; nach der iöülierten Erlernung der zweiten iStrophe hing^^
habe ich eine solche von 5 Min. beobachtet.
2) Von den 16tilgigen Versuchen erhielt ich folgende Be-
snltate:
Z-Tabelle 14.
Art
des
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1. InTeilenSStroph.
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Untcrsucimugt'ü £ur Okonuaiie uu<l ieciiuik de» Lernens. 495
Zusammenfassang der ErgebaiBse.
1) Ziebt man hier den GeaamtaufwaDd von Zeilenwiederholungen
aUdn in Beteacht» so BtelH äeh in dieser Versnehsieihe noch dent-
liefaer heraus, daß G-Lernen entschieden vorteilhafter ist
als das fraktionierende Verfahren. Mit einer DifiSerenz yon 19,2
wurden die G-Strophen schneller erlernt als die T-Strophen, fUr
die ich audi beim Wiedererlcriien mehr Wiederliuluugen brauchte.
2) Anders verhielt es sich ia Bezug auf die Zeitdauer der
Erler nniiG-. Hier sind ganz negative TleHultate zu neheu. JJie
T- Strophen wurden mit einer Differenz von 1 Min. 24 Sek.
schneller erlernt als die G- Strophen; hingegen ist die Zeitdauer
des Wiedererlemens für das stückweise Verfahren hedentend nn-
gflnstiger ansgefallen als Air das G-Lemen.
3) Ich sachte nnn in dieser Versnohsreihe an mir seihst zn
eiprobW) ob dieses eigentllmliche Verhalten des G- Verfahrens
einzig and allein anf die grOfiere Ermttdnng znrttckznfthren sei,
oder ob nicht etwa anch andere Faktoren mitspielen.
Während der Versuche habe ich folgendes an mir beobachtet:
An den ersten zwei Versuchstagen bemerkte ich nichts anderes
als eine Anhtlnfung der Wiederholung8auzahl beim T-Vcifahren.
Aber schon :»ni dritten Versuchötage berührte mich das fraktio-
nierende Verfahren ganz eigentümlich. Ich freute mich schon
siim voraus auf den bestimmten Versuchstsg, wo die Erlernung
der T-Strophen stattfinden sollte, obgleich ich nattirlich schon
wußte, daß ich dabei doppelt so viele Wiederholangen brauchen
würde als beim G -Verfahren. Hatte ich wirklich die Strophen
nach dem gmppenweisen Lernen dnrchznnehmen, so konnte ich
anfimgs schwer besümmen, ob sich in Erwartung dieser Aufgabe
Lost oder Unhist bei mir regte, da ich die Raschheit des Erfolge«
doch in Zweifel zog. Gleich nach der isolierten Erlernung der
ersten Strophe empfand ich aber eine innere F'reude , daß der
Umfang der Aufgabe abgenommen hatte nnd sie nun leichter /.u
erfüllen war. Infolgedessen fing ich unbewußt an, die zweite
Strophe in rascherem Tempo zu lesen. Die angenehme Aus-
sicht, nach Bewältigung des größeren Teils der zu lernenden
Strophen bald das Ende an erreichen, erweckte in mir ein starkes
Lnstgeftthl, dies bewirkte aber Ükt das Erlemen der dritten Strophe
ein noch rascheres Tempo. Erst nach der gesamten Reprodnktion
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496
ChriBto Penttchew,
aller Strophen kam die Ennadmig zur Geltung — dann war ich
aber schon fertig 1
Beim Lernen »im 'ganzen« hingegen spürte ich schon an-
fangs Uulnst Ich eah drei lange Strophen vor mir! Mit
einiger Überwindung machte ich «ich an die große Aufgabe. Die
enten zwei Wiederholungen verwendete ich hauptsächlich dazu,
zu sehen, ob es darin besoaders schwierige Abschnitte gebe. War
dies in der Tat der Fall, so sah ich mich immer gezwungea,
die schwierigen Zeilen langsamer durchzulesen. Beim Beginii
des jedesmaligen Dorchlesens fragte ich mich, ob ich die Strophen
nioht schon wisse; wenn ich aber noch keine Ahnung davon hatte,
Tersnchte ich mich noch intensiver auf das Lernen an konzentrie-
ren und las die Strophen in langsamerem Tempo. Ein starkes
UnlostgeilUil entstand gleich nach dem ersten Reprodnktionsversucb,
denn ich sah, wie mangelhaft die Einprägang der Strophen ge-
lungen war. Damit stellte sich die erste Spur von Ermüdung ein.
Nach weiteren Wiederholungen machte sich die letztere aber noch
stärker geltend, sodaß ich das Lemtempo nicht mehr gleich-
mftßig erhalten konnte. Das Aafeagen aller Strophen erforderte
noch eine ganz besondere Anstrengung, was mich noch mehr er-
müdete. Daraus geht nun hervor, daß das Lernen »im ganzenc
bei mir stets ein Unlustgeftlhl erregte, das eine Ermadong
_ und zngleich eine unwillkürliche Verlangsamung des Lern-
tempos — herbeiführte. Die unvermeidliche Folge davon war,
daß die Lemzeit hier länger ausfiel als beim fraktionierenden Ver-
fhhren, wo immer eincBr^chleunignn^ des Tempos stattfand.
Mit der Versnchsreibe 15 wurden die Hanptrersnche abge-
schlossen, da die bisherigen Ergebnisse in Bemg auf die Öko-
nomie des Lernens ganz dentlich waren.
Abschnitt III: Kontrollverauohe.
§ 33. Allgemeines.
Durch die Versuche mit Erwachsenen vnirden also die Haupt-
fragen in Beziehung auf die Ökonomie des Lernens in einer tlber-
aus befriedigenden Weise gelöst. Wir suchten nnn die bisherigen
Besultate durch die Versuche mit Kindern zu prüfen. Allerdings
hat L. Steffens in dieser TTinsicht schon Versuche an zwei Kin-
dern (einem 10jährigen Mädchen and einem 9jährigen Knaben)
angestellt; allein man darf nicht yergessen, daß diese zwei Ver-
suchsreihen nnr mit sinnvollem Material ausgeflihrt worden waren.
Wir haben auch hier einen Schritt weiter getan, eine größere
Anzahl von Schulkindern zn nnseren Yersnchen herangezogen
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Untereucbungeu zur Ökonomie und Technik des Leinene. 497
und zngleicli jedes Kind sowohl sinnlose Silben, wie auch
Strophen auswendig lernen lassen. Aber diese KontroU-
Teisnehe wardeu noch aas anderen Grttnden an Kindern
angestellt. Wir haben bei den HanptyerBachen einige Lern-
typen kennen gelernt. Wir sahen noeh, daß das Tisnell-akastisch«
motorische Lernen bei Erwadiisenen entschieden vorteilhafter ist,
als das rein visuelle oder rein akustische Verfahren. Da die eben
erwähnten Gesichtspunkte fUr die Schalpraxis Ton großer Beden*
tnag sind, so lag die Frage nahci ob diese Lemtypen bei Kindern
ebenso deutlich ausgeprügt seien, wie bei Krwachsenen. Offenbar
sind die Yersnohe mit sinnToUem Material bei Kindern mit einigen
Schwierigkeiten verbnndeUi namentlich, weil man für mehrere Ver-
suchstage keine so langen Gedichte hat, die in Bezog anf gleich«»
mäßigen Bau und Verständnis dem Kindesalter entsprechen.
Die vorstehende Reihe von Versnoben wnrde mit ftlnf Schnl-
kindem ans Terschiedenen Klassen dnrehgeftlhrt. Die Untere
saehnng begann mit sukzessiver Vorftthnmg sinnloser Siibenreihen,
deren Aufbau schon am Anfang des ersten Kapitels angegeben
wurde. Die Versaehsumstände blieben gana älmlicb >vie in den
Hauptrersnehsreihen. Die Beschreibung der einzelnen Versnehs-
reihen sei daher auf das Notwendigste besehrilnki
§ 34. Versuchsreihe 16.
1) Als Vp. diente hier Edwin Öt, ein 14jfthriger Knabe aus
der II. Seknndarsehnlklasse. Anfangs konnte er nur schwer eine
12 silbige Kcihe auswendig lernen, weshalb die Versache mit lOsil-
higen Reihen angeÜBngen worden. Erst spBter, als er die Silben
rubig und richtig von der rotierenden Trommel ablesen konnte,
kamen 12 silbige Reihen in Anwendung. Den Vorübungen wurden
daher 10 Tage gewidmet, die eigentlichen Versuche dagegen dauer-
ten 16 Tage. Zeit: liy,— 12 Uhr. Die Kotationsgeschwmdigkeit
wurde während der Einübung allmählich anf 10 Sek. fes^setsi
£. Öt lernte täglich vier 12 sUbige Reihen auswendig, von denen
zwei neu waren. Die Erlernung, wie auch 24 Stunden später
die Wiedererlernung der Silbenreihen erfolgte bis zur ersten fehler^
freien Reproduktion. Das VerBnchBscbema war folgendes: am 1.,
3., ö. usw. Versuohstage wurde eine Silbenreihe »in Gruppen« zu
je 4 Silben, die andere zu je 6 erlernt; am 2., 4., 6. usw. Vei^
suchstage kamen 2 G- Reihen vor, von denen eine laut, die an-
dere rein visuell gelesen und gelernt wurde. Näheres tiber die
Vemtcb Bauordnung ist aus der nachstehenden Tabelle der Ver-
snehsreihe 16 su sehen.
Aicyr lir Pirtholofto. L 33
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498
ß-Tabelle 7
Anfing d6t Venuehes: UVr^lS Vht.
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Iu(Jrti| ) .i,aje()Silb.
Inig^u/.. - lautlos
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44 ^
24
2i
22,5
^
4
InGr.zuje4S.
Im g.— laut
12.
IuGrupp.i:uje4.Silb.
i
2
17
> >
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5
^nGr.aajeeS
10.
13.
liu yanzeu — luu i
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luGnipp.zuJeOSilb.
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IiiLir.«.uj64S.
12.
16.
Im ^anz.- lautlo«
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17.
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20.
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Im ganz. — iautiüB
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In 6rapp.suje4 Silb.
1,76
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U
6
InGrapp.snje6Silb.
7,25
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16
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Im ganien — - Innt
89,86
17,6
4
Imgtnx.— Inntlos
28,85
\
.1
4
1) Hier täiid eine Pause vüu 2 Tagen atatt.
8) Dw AnfbM der onten Silbennilia MUen dem Kntben tehr Mhwieris
ni aeltt.
3} Am Sonntag wnide kein Venneb nnagefllhrt
üiguizea by Google
UntersuchuQgeu zur Ökonomie and Technik des Lernens-
499
(YerBaclisreilie 16).
Yp.: Edwin Ot Jaluo alt),
bis am 2a Jnli 190L
16 Vemdutage.
Silbe
n r e i h
0 u
_ xtr s^Ji^ — M^m.t^ — — ^ —
Krknm dar Bieihe II
läter
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Vitireiidjge Wiederhol
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35
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der Beibe II
der Keihe I
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II. Gruppe
j III. Grappo '
' IV. Für die
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Wie wurde
die Reihe
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I Notwendige
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Wie wurde
die Reihe
erlernt
' Notwendige
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Im g. — laut
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In Gr. zu je 4 8.
9
24
: In Gr.zuje6S.
8
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Im g. - laut
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1mg. lautlos
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10
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Im g. — laut
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In Gr.zuje4S.
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9.5
29.25
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4
In Gr.zujc 6S.
11,75
16
In Gr.zuje6S.
9,75
14,6
28.3
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4
Im g. — laut
17
Im g. — laut
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10^
16
98*
Digitized by Google
500
Chrbto Pmteoliew,
2) liesultate der Versnchbreiiie 16.
a. Stellt man die Eigebnisse der ersten und zweiten Beihe
zosammen, m eiiiiUt man folgende Mittelwerte:
Z-Tabelle 15.
A r t
Eriernong
MS
o.
fl
Wiedererlemung
Erspsni.
in FroB.
des
0)
o
einer
6-Reihe
tu o
o
©
einer
G- Reihe
9
Lernens
o
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'visuell
Stand«
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'S
1
einei
Reihe
1. In nruj)i)en
24,6
30,9
— —
•*
Ol
9,76
10,76
65
2. Im ganzen
28,8
27,9
10
9,6
0
In Bezng auf das ökouomische T.emen stellte sich ^anz deut-
lich heraus, daß das Lernen >in (irappeu« zu je 4 Silben
viel Torteilhafter ist aU dasjenige »im ganzen« oder >in
Gruppen« zn je 6 Silben. Sonderbarerweise erschien die Et-
lemnng einer 12BUbigen Beihe in swei isolierten HftUten dem
Knaben anfierordentlieb sebwer, was stob hanptsftohlicb dadnieh
erUiien IKßi, daB das Yeigessen naob der isolierten Erlenrang
der beiden Beihenbllflen so weit fortgesebritten war, daB er die
ReOie ab »game* wie eine neue Imen mnBte; hingegen halle
er immer Freude beim Lernen »in Gruppen« zu je 4 Silben.
b. Beim Wicdererlemen der Silbenreiben sieht man, daLi auch
das Behalten für eine fraktioniere ti d c Gr^-Reihe das
güimtip-ste ist; wälirt iid das Ltmcii »im ganzen« hier wiederum
die Mitte hält. Mit einer kleinen Diüerenz wurde also eine Gr^-
Reihe fester eingeprägt als eine Gr- oder eine Gr '-Reihe.
c. Gegen alles Erwarten lernte der Knabe die Silbenreihea
rein visnell sehneller nnd sicherer auswendig als lani
>Ioh kann mir die Silben leichter merken, wenn ich ta» nidit laat
lese«) erklirte er. Aneh 24 Stunden spftter wurden die SOben-
reihen nach der Tisuellen Art des Lernens mit geringerer Wieder-
holungsanzahl wiedererlemt als akustischrmotoriaeh.
§ 35. Versuchsreihen 17, 18, 19 und 20.
Das 12jähri£r«^ Mädchen, Hedwig Bri , an«» der VI. Primar-
schulklasse diente in allen diesen Versuchsreihen als Vp. Die
üiyiiizea by Google
Untereucbungeu zor Ökonomie und Technik des Lernens. öOl
Yennohe nüt den VoTttbmig«ii enbeokten neb Uber etwa 60 Tage.
In den Versnehsreiben 17 und 18 kamen 9-, 10* und 120ilbige
Beiben in Anwendung, wSbrend in den letaten zwei VefBnebsreiben
mit ^nuToUem Material operiert wurde. leb beginne mit der Be-
Bprechaug der einzelnen Versuchsreihen.
1. Unterenebnng mit einnleeem Material.
Yerenebsreibe 17.
1) Da Hedwig Bri. anfangs sich bei der Erlernung einer 12Bil-
bigen Heihe zn sehr ermüdet fühlte, wählte ich als Stoff der vor-
stehenden Versuchsreilie und lOwilbige leihen aus Der Zweck
dieser Versuchsreihe war, zn erfahren, welche von den beiden
Arten des Lernens für die Einprägnng der Silbenreihen die günsti-
gere sei, ob das rein Tisuelle, d. h. mit onterdrUcktem Sprechen,
oder das aknstiseb-motoriBebe Lernen. Die eigentUeben Ver-
saebe nmikBten 14 YerraebBtage. Zelt des Ezperimentietena: naeb
41/1—4*/« übr. Die Botatlonsdaner wurde ftr eine Seilbige Reibe
aof 8,5 mid lllr eine lOsQbige auf 9 Sekunden festgesetzt
Die Yp. lernte tSglieb 2 G-Reiben answendig, Ton denen eine
eine 9-, die andere eine lOsilbige Reihe war; beide wurden
24 »Stdn. später bis zum ersten fehlerlosen Hersagen wiedergelernt.
Am 1., 3., 5. usw. Versuchstage lernte Bri. die 9 silbige Reihe
rein visuell, die lOsilbige dagegen akustisch-motorisch aus-
wendig. Am 2., 4., 6. usw. Versuchstage hingegen wurde eine
98übtge Beibe aknstiBeb-motoriscb und eine lOeübige rein lisnell
erlernt.
2) Die Besnltate waren folgende:
Z-Tabelle 16.
Erlenmng
WiedererlemoBg
Bflihenlänge
lautes
Ablesen
' visuelles
1 Ablesen
Differenz
Standen späti
lautes
Ablesen
95 ^
Differenz
L Bine »sabige G-BoOie
& > 10 » * *
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15
18,6
1^
1,1
7,25
7,5
6,8
7,5
0,45
0
Die oben angegebenen Zahlen deuten darauf bin, daß aneb
fttr diese Yp. die Tisneile Art des Lernens gttnstiger ist
Digitized by Google
60S
Christo PentMdMw,
als die aknstisch-motorische. Aach beim Wiedererlernen
hit Bich die visnelle Art des Lernens einer Qsilbigen Beibe als
etwas günstiger erwiesen als die akostiseli-motoriselie.
Yersnehs reihe 18.
1) Diese Yersaelisreihe diente snr Vei|;lei«ihii]ig des G -Lernens
mit dem fraktionierenden Verfalnen bei 12BiIbigen Reihen. Die
Zeit des Ezperimentierens blieb dieselbe, wie in der Torangehenden
Versnehsrelhe. Rotationsdaner flir eine ISsIlbige Reihe 10 Sek.
An jedem VersucbBtage kam eine 6 -Reibe und eine iraktionierte
vor, die in zweifacher Weise erlernt wurde; einmal »in Gruppen«
zu je 4 und ein andermal >in Grupj)(:n< zu je Ö Silben. Die
Pausierung war die ubücbe. Dii iH ihtabeile teile ich wegen ihres
großen Umfange» wiederum nicht mit
2} Resnltate der Versnohsreihe 18, Zosammenstellang
der Eigebnisse der eisten und sweiten Reihe:
Z-Tabelle 17.
Erlflcnaug WIedflinL Enpiiato fai Pn».
1. InGmppenjj^ ^ f ^ ^ 21,6 » 8,25 > 61
2. Im gaaien 22^ > 8»9 ^ 60
R-Tabelle 8
Anfkng de§ VmaohM: Ton Uhr. Vp.: Hed-
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der Strophe in 2 T«il«ii
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Digitized by G('
üntinnittbiiiigen tiir ÖkoBomie und Teohnik des Leraens. 503
Wie in der YeiBaehBreilie 17, ao zeigte sich auch hier, daß
das Leraen »im ganzen« weniger vorteilhaft ist als das
fraktionierende. Man BieH daB, in je mehr Teile die Süben-
reihe zerkgt wnrde, desto günstiger das letstere Vei&Jirea war.
. n. Untersnohnng mit sinnTollem MateriaL
Vernuchsreihe 19.
1) Es war interessant zu wissoM, ob das G -Verfahren sich auch
beim sinnvollen M:iteri?il nls unökunoniischer erweisen würde. Als
Memorierstoff wurde die Dichtung von T. Uhland: »Teils Tod«
verwendet, welche, aus 12 achtzeiligen Strophen bestehend, gerade
ftr 6 Versuchstage reichte. An jedem Versnohstage lernte also
H. Bri. 2 aefatseilige Strophen auswendig: eine *im guiien«, die
andere naeh dem fraktionierenden Verfidoen; beide wurden 24 SIdn.
spUer wiedererlemt, sodaB tSglieh 4 Strophen in Anwendung Icamen.
Das T.-VerfakTen war folgendes; naeh einmaligem DueUesen
der ganzen Strophe ward diese in zwei gleiche HSlften zerlegt,
die <:aiiz isoliert von einander erlernt und nachher als >^[\nze*
bis zur ersten fehlerluseu Reproduktion wiederholt wurden.
Zeit des Ezperimentierens: — 5 Uhr. Die Pansierung wie bisher.
(VersucliB reihe 19).
wtg Bri. (12 Jahre alt). »Teils Tod« voa Uhland.
l'O r B e m
der Strophe im gaiuen
inn Wiedererlernea
der Strophe, die in
STeilen erlernt wurde 1
der Strophe, die im
enc
elcher Stelle
Die Strophe
o .
-G
a
Dauer des
Wieder-
erlernens
a
0) a
— o
24 Stunden 8
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Notwendige
Wiederhol.
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Wieder-
erleruons
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Digitized by Google
604
Christo P«iitMlieir,
2) Die Resultate der Versuchsreihe 19. Aus den Ver-
suchen mit siniiToilem Material stellt sich ganz dentlich heraus:
a. Das Lernen »im ganzen« tfta H. Bri. ist entsehieden Oko-
nomiscber als das stückweise vor sich gehende Lernen. Kit
bedeutend geringerom JÜttelwerte (7,2) wnrde die G- Strophe ror-
teUhafter erlernt sls die T- Strophe.
h. Sowohl die Erlemnng wie nach die Wiedererleniiing der
G-Slrophe erfolgte in kürzerer Zeit als die der T-Strophe.
c. Das Behalten ftlr das G-Verfahren ist, wenn aneh mit einer
kleinen Differenz, doch günstiger als für das fraktionierende Lernen.
Es blieb nnr noch zu untersuchen, ob die visuelle Art des
Lernens auch beim sinnvollen Material schneller zum Ziele führt
Zur Beantwortung dieser Frage dient die
Versuchsreihe 20.
1) Ais Stoff der vorstehenden Versacbsrelbe schien mir Bttigen
>Ued vom bmyen Mann« sn passen. Die Versnche umfaßten
8 Tage: an den ersten 5 Yersachstagen halte H. Bri. tBglieb
2 G.-8trophen auswendig va lernen: eine rein yisnell und dne
akustisch-motorisch; an den letrten 3 YmidiBtagen hingegen
wnrde mit doppeltem Umfimge des Stoffes experimentiert, d. h.
tilglieh kamen 4 neue Strophen vor, von denen 2 yisnell und 2
akustisch-motorißch erlernt wurden. Ganz in derselben Weise er-
folgte 24 Stunden später auch die Wiedererlemnng der Strophen.
Um ein gleichzeitiges Erfassen aller Zeilen einer Strophe zu ver-
meiden, mußte die Yp. die nicht zu lernenden Zeilen stets mit
einem Papierbogen verdecken.
2) Resultate dieser Versuchsreihe, a. Hier erhielten wir
Besaltate, die nieht mit denjenigen der Venmehsreihe 17 ttber-
einstimmen. Die Tisnelle Art des Lemens erwies steh als nn-
gttnstig nnd zwar: Je gii^Ber der StoiAimfang» desto schndler
wuden die Strophen dnrch lautes Lernen eingeprigi
b. Aneh heim Wiedererlemen der Strophen bewirkt die visuelle
Art des Lemens höhere Durchschnittswerte als die aknstiseb-
motorische.
c. Nicht (i;iririelbc kann in IJczug auf die Zeitdauer des Er-
lemens und Wiedererlcrnens gesagt werden. Die Erlernung wie
auch die Wiedererlernung einer Strophe nach der visuellen Art
des Lemens erfolgte in kürzerer Zeit als nach dem aknstisch-
motoiischen Verfahren. Diese £rseheinnng IftBt sich dnrch die
Digitized by Google
J
Untersuchungen zur Ökonomie und Technik des Lernens. 505
folgende Überlegung klar maehen: Bnreh das Sprechen war die
Vp* in den Stand gesetzt, sich leicht m kontrollieren, ob sie die
ZeOen zu langsam oder m schnell lese, wührend sie beim
Tlsnellen Lernen die Zeilen schneller durchlas, ja sogar manchmal
mit den Angen einfiich llherflog, ohne sie in Wirklichkeit gelesen
zn haben. Die sich leicht einprägenden Stellen wurden ganz
flüchtig durchgenommen I die Bciiwierigen wurden etwas länger
betrachtet.
Zusammenfassung:
Ans den Yersachsieihen 17, 18, 19 nnd 20 eigiht sich:
a. Das Lernen >im ganzen« sowohl heim Erlernen, wie anch
beim Wiedererlemen des sinnyoUen Materials ist vorteilhafter
als das gnippenwelBe Verfahren, während dieses beim sinnlosen
Maleiial schneller zom Ziele itthrte als jenes.
b. Die Einprägnng eines sinnvollen Sttlckes ist für das akn-
stisch-motorische Lernen günstiger als iWr das visuelle; bei sinn-
losen Silbenreihen aber verhielt es sich gerade umgekehrt Die
Ursache hiertUr wird später erörtert werden.
§ 36. Versuchsreihen 21, 22, 23 und 24.
Znr Kontrolle der Ergebnisse, die ich mit H. Bri. erzielte, rieh-
tete ich eine andere Reihe von Yersnchen ein, zn welchem Zwecke
diesmal ein Knabe gldchen Alters nnd derselben Schnlklasse (Hax
Herl) herangezogen wnide. Die 21. nnd 38. Versnehsrdhe wurde
mit 12- und lösilbigen Reihen, die 23. und 24. Versuchsreihe
mit Strophen ausgeführt. Um anfangs eine zu große Anstrengung
zu vermeiden, wurden die Vorübungen mit lOsübigen Keihcn be-
gonnen und erst zum Sehluss derselben kamen 12^ilbi^e Heihen
in Anwendung. Die Versuche mit dieser Vp. dauerten mehr als
60 Versuchstage in der Zeit von b^/^ — 5*/4 Uhr. Die Versachs-
nmstttnde blieben dieselben.
I. Untersnchnng mit sinnlosem Material.
Versuchsreihe 21.
1) Die eigeütli( }u u Versuche wurden am 12. August 1901 mit
12 gilbigen Keihen begonnen, nachdem die Vp. einige Geläufigkeit
beim Lesen nnd Reproduzieren der Silbenreihen gewonnen hatte.
Botatlonsdaaer fhr eine ISsilbige Reihe: 10 Sek. Am 1., 3., ö.
nsw. Vemtchstage kamen 2 nene Gr-Reihen vor: eine »hi Gmppen«
Digitized by Google
506 Chiitto PentMlmr,
«
zu je 4 Silbiii lind eine za je 6; am 2., 4., 6. usw. Versu^hstage
hingegen lernte der Kuabe 2 6 -Reihen: eine aknetisch-mo to-
risch, die andere rein yisuelL Die ablieben Pansen wnxden
beobachtet
2) ResiilUte der VerBnchsreibe 21. Wenn man die Er-
gebnisse der enten nnd zweiten Reihe znsammenrteUt, no etliStt
man die folgenden Mittelwerte:
Z-Tabelle 18.
Aft
dM
Klerniug
Q Später j
WledttMlenmag
äi PM
einer
Gr'^-Reihe
Wiederhol.
\ einer
; Grs-Reihe
1 Wiederhol.
einer
G-Reihe
einer
Ors-Rdhö
Wiederhol.
dner
G-Beihe
o
LenMOB
«- •
1^
visaell '
W.
Stande]
•V«
visuell
W.
In Gruppen
Im guuen
81,76
33,26
28,4
8
6,9
7,46
8^
78
1--^
Ans den gewonnenen Zahlen gebt nnzwdfelbaft herror:
a. daB das grnppenweise LernTerfabren siek bedentend
Okonomiseber erwies sls das G-Lemen; hingegen wuden die
Sflbenreihen naeh dem letzten Verfahren yiel seb neiler eingeprägt,
wenn sie vieuell abgelesen worden waren. Nach dem Wieder-
erlemen ergab eine Gr'-Beihe den höheren Mittelwert als eine
G-Reihe;
b. daß die visuelle Art des Lernens beim Krlcrnen der
Silbenreihen auch für den Knaben entschieden günstiger ist
als die aknstiseb-motorisobe; beim Wiedererlemen aber nnvorteü-
bafter.
Um sn sehen, ob dieselben Resnltate sieb aneb bei einer lin-
geren Silbenreibe ergeben würden, führte ieh mit derselben Yp.
folgende Versncbsreibe ans:
In der Versnobsreibe 22 wnide mit Idsilbigen Reiben ope-
riert Yersnebsanordnunj^ wie fiHher. Die Umlaufsgescbwindlgkdt
wurde auf 12,5 Sek. festgesetzt. An jedem Versuchstage lernte
Max Herl, zweimal lösilbigc Keihen auswendig: eine fraktionierte
(>in Gruppen* zu je 5 Silixen) und eine G-Keihe, die einmal
vi-suellj ein andermal aku8tij*eli-niotorisch jsrelemt wurde. Das
fraktionierende Verfahren ist auch liier wiederum ökono-
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Untonwebungen zur Ökonomie ud Tecbnik des Lemens. 507
misch er, wenn auch die Differenz sich nicht so betrüiehtüch er-
weist Beim Wiedererlernen stellt sieh die EänpiSgimg lür
disaelbe Yerfiüiren gani besonders günstig heraus.
Die Tifliielle Art des Lemens ist immer Torteilhafter als die
akostisch-motoriBcliei welche auch beim Wiedereriemen eine höhere
Wiedeilioliingsaasahl ergab.
IL Untersnchnng mit sinnvollem Material.
Versuchsreihe 23.
1) In den ersten 5 Vevsnehstagen wnrde als Stoff das Gedicht
von Joh. A. Eberhard: »Peter in der Fremde« verwendet. Täglich
lernte Max Herl. 2 aclitzeilige Strophen auswendig: die eine nach
dem G- Verfahren, die andere nach dem fraktionierenden Ver-
fahren. In den letzten 5 Versu( listag:en wnrde der Umfang des
Stoffes verdoppelt. Die zu lernenden Strophen wurden diesmal
aus Bürgers »Lied vom braven Mann« genonmien. Die Vp. hatte
jedesmal 2 Strophen >im ganzen« und 2 in zwei isolierten Teilen
sn erlernen, sodaß im ganzen tiigUch 8 Strophen in Anwendung
kamen, von denen 4 ganz neu waren. Die Flansen wvden selbst-
yertttndlich demgemftB yeigrOfierL Sonst blieb des Ver•1lehs▼e^
fahren dasselbe wie bisher.
2] Folgende BesBltste wurden eihalten:
Z-Tabelle 19.
Erlernung
Wiedererlemnng
aProz.
Strophen
43 .
Dauer des
Erlemens
r: n
S*
Dauer des
Wiedererl.
s s
ErspanÜBBeii
Ii
Min.
Sek.
[ Standen f
Nolw€
Wied(
Min.
Sek.
1 Daue]
1 letz
Hers«
1. T- Strophen
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— 0,23
-hll
+0,6
+ 23,6
— 4
Aus der vorstehenden Tabelle ergibt sich folgendes:
a. Das Lernen >im ganzen« ist hier ökonomischer. Mit
einer ziemlich großen Differenz von 7,4 W. wurden die G-Strophen
schneller erlernt als die des fraktionierenden Verfahrens, welches
auch beim Wiedereilenien höhere Durchschnittswerte ergab.
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506
Chrifto PoitwlMw,
b. Die Erlernung der T-Strophen erfolgte in kürzerer Zeit
als die der G-Strophen, welche aber 24 Stunden später schneller
wiedererlernt wurden als die enteren.
Versnehsreihe 24.
Max Herl, lernte täglich zweimal 10 Zeilen aus dem zweiten
Gesan^r de« >Ileineke Fuchs« auswendig: 10 Zeilen rein visuell
und 10 akustisch-motorisch. Zum voraus wurde dem Knaben klar
gemacht, wie er die Zeilen lernen mußte. Die Wiedereriernuiig
der Strophen fand nicht Btatt.
Die Ergebnisse waren folgende:
1) Zum Erlemen der 10 Zeilen akustisch-motorisch: 9,5 W.
2) > > > » > rein visnell: 13,75 >
Man sieht also, daß die visnelle Art des Lernens eines slnn-
ToUen Stackes nngOnstig ist
§ 37. Yersuchsreihen. 25, 26 and 27.
Diese drei Yennchsreihen worden an dem lOjShrigen MUdehen
Meta Herl (Schwester ron Max Herl) ans der IV. Primaraehnl-
Uasse angestellt Die 12rilhigen Beihen kamen nickt mehr m
Anwendung, da sie eine zu grofie Anstrengung beanspruditen;
infolgedessen wurde in der Venmehsreihe 25 mit 10 silbigen Reihen
experimentiert. In den letzten 2 Versuchsreihen waren Strophen
zu lernen. Diese Versuchsreihen erstreckten sich Uber 38 Versochs-
tage.
I. Untersnchnng mit sinnlosem Material.
Versuchsreihe 25.
1) Zeit des Experimentierens: 41/4 — 43/4 Uhr. Geschwindigkeit
der rotierenden Trommel: 9 Sek. Täglich kamen dreimal lOsü-
hige Bethen vor: eine firaktionieiende (in zwei isolierten ffiOAen}
and zwei G-Beiken, von denen eine visnell, die andere aknstisck-
motoiisek erlenit wurde. Verfiüiren im llhrigen wie frttker*
2) Ans der BoktabeUe ergab sieh: a. Das fraktionierende
Lernen einer Silbenreihe ist auch ftlr Meta Herl, vorteil-
hafter als das 6-Verfahren; 24 Stunden später aber wurde eine
G-Kcihe mit weniger Wiederholungen wiedererlemt als eine T-
Reihe.
h. Die akustisch-motorische Art des Lernens ist sowohl beim
Erlemen wie auch beim Wiedererlemen der Silhenreihen günstiger
als die visnelle.
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Untersachongen zur Ökonomie und Technik des Lernens. 509
n. Untersnebniig mit sinnyollem Material
VerBuchsreihe 26,
1} Als Stoff dieser Versuchsreihe wurde Bürgers Gedieht »Das
Lied vom braven Mann« benutzt An jedem Versuchstage hatte
Meta Herl. 2 sechszeilige Strophen auswendig zn lernen, Ton denen
die eine ▼iraeU, die andere akustisch-motorisch gelesen und gelernt
wmde. VeimicluiiunBtftnde dieselben wie bisher.
2) Bas einzige sichere Eigebnis der Versoche war, daB die
Strophen naeh dem lauten Lernen sohneller eingepiigt worden als
nach dem TisneUen LemTerfalireni welch letzteres sich auch heim
Wiedereriemen als ongunstiger erwies.
Vo rsuc b s reihe 27.
Dieselbe Yp. hatte täglich 2 achtzeilige Strophen aus dem Ge-
dichte: »Peter in der Fremde« aaswendig zn lernen. Die Art des
fraktionierenden Yer&hrens war ganz llhnlich wie in der Veisoeha-
reihe 19.
Z-Tahelle 20.
Art
Eiieniuiig
Wiedererleranng
iProz.j
des
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Erlemens
Dauer
des letzten
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1. Eine Strophe in 2 Teilen
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43,4
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3
1
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34,6
80
2. 9 • im ganzen
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5
11
25.4
2,6
1
6,4
37,8
80
Differenz
+ 3^
-W6
4-M
+■0.4
-3^2
I-
Hieothei Ist wiederum das Lernen »Im ganzen« das Dkonomi-
seheie Verfhhien; auch die Einprägnng derG-Strophe war fester
als die der T- Strophe.
Man sieht aber femer, daü die T-Strophe in bedeutend
kürzerer Zeit erlernt wurde als die des G-Lemens, während
es sich beim Wiedererlemen gerade umgekehrt verhielt
§ 38. Versuchsreihen 28, 29 und 30.
Bis jetzt haben wir bei Kindern die eigentümliche Ersohehinng
beohaofalet» daB sie sinnlose Silbeareihen Skonomisdier nach dem
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510
Ghihrto PentBobew,
fraktionierenden Verfabren lernen als »im gensM«. leb fragte
mieh nim, ob die bisherigen ErgebniMe tob sinnloseni me aneb
▼on einnTollem Material meb aneb tta ein noeb jttngeres Kiiidea-
alter bestlltigen. Die näcbaten Veranebereiben wurden daber an
dem Sjlbrigen Knaben Hennann Met. au der II. Primaraehnl-
klaflse angeateDt
Die Vorttbimgen wurden mH 6 silbigen Reiben begonnen, bis
der Knabe eine Geschickliclikeit beim Lesen uud licpruduzieren
sinnlosen Materials f^ewonnen hatte; später aber fol^'ten 8 billige
Reilien — in den Versuelisreihen 29 und 30 — , endlieb Strophen.
Die eig:entlicben Versucbe umfaßten 20 Versuchstage. Die Ver-
auchsanordnung blieb dieselbe.
1) In der Versuehsreibe 28 lernte Henn^Tin Met. zweimal
Sailbige Reiben: eine »im ganzen« und eine »in Teilen« auswendig.
Eine 0-Beibe wvrde in doppelter Weise gelernt: yianell nnd
aknatiaeb-motoriacb. Zeit: 11'/)— 12 Ubr. Die Rotattona-
daner betrog 8 Sek. Die Bob-Tabelle lassen wur wiedemm ibrea
Umfimgs wegen weg.
R-Tabelle 9
Anfang des Yeraachea: von lli/g— 12 Uhr.
Goethes »Erlkönig«.
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zum Erlemen einer Strophe in 2 Teilen sa je 8 ^((|ilfla
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Uateraucbaageo zur Ökonomie und Technik des Lemenä. 511
8) Ans def TiMle erhftlt maa folgende Mittelwerte:
Z-Tabelle 21.
Krlomiuig Wiedererlern. ErBparnisse in Pros.
L lA Gruppen &\x je 4 Silben 17,2 W. 6,75 W. 60
laut 17,8 . 6,86 * 61
viflueU 21,3 » 7,15 . —
2. im. guuen
1a. ku
b. vif
Mit dnem Gewinn von 0,6 wurden die l^benreihen nadi dem
fraktionierenden Verfahren schneller dem Gedächtnis eing:eprägt
alä nach dem G -Lernen. Auch beim Wiedererlemen ist (hisaelhe
für das erste Verfahren zu konstatieren. Man sieht alsi», daß das
lernen >im ganzen« bei siuuluHem Material auch hier wiederum
sich ab etwas ungünstiger zeigte; hingegen ist die yisu eile Art
dee Lernens weit an tot teilhafter als die aknstiBch-motorisclie.
Yereneh Breill e 29.
1) Bei diesem Yenneh lernte Uet täglich eine Strophe ans
Geeftee »ErlkOnigc »im ganzen« nnd eine in swei iwHertett Hälf-
ten auswendig. Das Versnchsschema blieb unverändert
(Versuchsreihe 29).
Vp.: üenuaiiii Met (6 Jahre alt}.
4 Yemidistage.
Strophen
SEiUmi Erlemeti der auderu
öltophen im ganzen
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26
18,6
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1) Der Knabe wnfit» die Strophen ohne jede Wiedoholna«.
Digitized by Google
1
I
512 Cliriito PeiitMliew,
2) H. Met. prägte nicb die zn erleruende Strophe viel iriiiistiger
nach dem G-Verffthreii ein, als nach dem T-Yerlabreu. Die
Differenz ist groß genug, um jeden Zweifel an dem Vorzug des
G- Lernens vor dem fraktionierenden zn beseitigen. Auch beim
y^Mdmrleinen wurden positive Besnltate erhalten. Hiniiehtlich
der Zeitdauer des ErleraenB ist noch dnmal die Tatiaehe an
konatatieren, daB die T-Stropke in kttrzerer Zeit eing^rigt
wurde ato die G-Strophe, während beim Wiedeierlemen das Um-
gekehrte eintmi
Zur Feststellung, ob Met. tinnyolles Material besser visuell
oder akustisch-motorisch lerne, dient eiue weitere Versuchsreihe,
die aber ab^rebrocben werden muUte, weil die Strophen dem Knaben
unverstäudlioh blieben.
§ 39. üruppiernnp der Resultate der Versuche
mit sinnlosem und sinnvollem Material bei Kiudern.
1) Wenn wir nun die Eigebnisae der bisherigen Veraoche mit
Kindern knn ansammenfiwMn, ao ergibt aieh:
a. Das Lernen in Gmppen igt bei sinnlosen Silbenreiken
vorteilhafter ab das »im gansen«, weleh letzteres sieb aber
bei sinnvollem Material aJs weit Okonomiseher sfweist als
jenes. Es sei noch ausdraeklieh bemerkt, daß die G- Strophen
bei allen Kindern immer mit geringeren Wiederholnngszahlen
erlernt wurden als die T- Strophen.
b. Das Hehalten ist hei den Versuchen mit Rinnvollem Mate-
rial ftlr das 0 -Lernen günstiger rils für d;is T- Verfahren. ^Bci
den Versueiien mit sinnlosen Silbenreihen aber verhielt es sich
ganz verschieden.)
c. An mehreren Versuchstagen fUhrte das Lernen »im ganzen«
in kttrzerer Zeit zum Ziele als das fraktionierende Veriahien;
ftr manche Vp. aber erfolgte die Zeitdauer des Erlemens nnd
Wiedererlemens der Strophen nach dem letzten Yerfiüiren bedeu-
tend schneller als nach dem ersteren.
d. Die visuelle Art des Lernens einer Silbenrelhe war ftr Öt,
Bri. nnd Max Herl. gOnstiger als die akustisch-motorisehe, während
dies Verhältnis bei MetJi Herl, und Herrn. Met. sich umkehrte;
bei arlleu Kindern aber wurden die Strophen akustisch-
motorisch schneller nnd fester dem Credächtois eingeprägt als
rein visuell.
Üigiiiztiü by <-3ÜOgle
Untersachttagen zur Ökonomie und Technik des Lernens. 513
Wamm das sionloBe Material hier In Bezog auf die Ökonomie dea
Lernens negaii?e Besnttate eigab, wiid spSter noeh erOrtert weiden.
2) Ober die individaelle Eigentttmllchkeit des Ge-
dftohtnisses bei Kindern ergäbt sieh ans den Yersnelien Folgendes:
1. Da unsere Absiebt war, die Kinder beim Lernen and Be*
produzieren der sinnlosen Silbcurcihen zu beobachten, so wurde
ihuen die Betonungsweise nicht angegeben. Sonderbarerweise
haben fast alle Kinder die Silbenreiheu im Jambus gelesen, mit
einziger Ausnahme des l4jährifiren Knaben, Edwin Ot , di r bei
einer Gr^- Reihe unwillkürlich den Trochäus angewandt hatte.
(Gegen G. £. Müller, der den Trochäus bei Deutaehen ftlr den
bevorzugten Rhythmus hält). Die Silben einer Beihe wurden vom
Beginn bis mm Answendtglemen stets in dnem gleiehmilßigen
Tempo gelernt. Bei keiner Vp. (Kinder) ist es Toigekommen, daB
in einer Silbenreihe eine Gmppe lelatiy sehneller gelesen wnide
als die anderen Gruppen, wie wir dies bei Erwachsenen bemerkt
halten. Beim Wledererlemen taneblen immer meist diejenigen Silben
im Bewußtsein auf, die eine stärkere Betonung erfahren hatten.
n. Die Reproduktion der Silbeu erfolgte bei allen Kindern ganz
mechanisch und ohne ein Bewußtsein der Sicherheit. Nachdem
2. B. Mjsx Her einmal die Silben einer lösilbigeu Reihe alle
richtig aufgesagt hatte, fragte ich ihn, ob nicht eine daron tehte:
ja, es fehlen noch 2 und die Silbe >soog< habe ich falsch her-
gesagt, antwortete er mit Bestimmtheit Sehr bemerkenswert war
das Verhalten des Knaben beim Anfingen. Herl, nnd Öt mnBten
immer die erste Silbe einer Bdhe wiasen, deshalb sagten sie die
Reihe gideh nach Beendigung der Boiation anf, nnd wenn die
eiste Sflbe naeh 10 oder 15 Sek. niefat kam, so wnssten sie in
der Regel kaum 2 oder 3 Yon der Beihe noeh an nennen. »leb
mufi die Silben schnell auflagen« , erklärte Öt. »sonst weiß ich
keine mehr!« Beim KepKtduzieren waren die Mädchen ruhiger;
gerieten sie in Stockung, so machten sie keine Anstrengung, sondern
warteten eine Weile, bis die Silben kiinien. Hemerkenswert war
die Verhaltungsweise der Hedwig Bri., welche die Silben immer
der Reihenfolge nach reproduzierte, während bei den anderen die
Silben manchmal rückwärts oder gar durcheinander hergesagt
wudenl Bei allen Kindern aber war die Tendenz Torhanden, die
Silben in derselben Gesebwindigkeit hennssgen, in weleher
sie Ton der rotierenden Trommel abgelesen worden waren.
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514
Christo PentBohew,
IQ. Aas den Ergebnissen stellte sich heraus, daß auch bei
Kindern das akustiBch-uoto rieche Element die Grundlage des
CkdllohtnisaeB bildet, während das visoelle eine sekundäre Rolle
spielt, obgleich bei den Versuchen mit sinnloflem Material negative
Hesnltate in dieser Hinsicht erhalten wurden, was hauptsächlich
durch die schwierige Artikulation der sinnlosen Silben erklärt
werden kann. Es zeigte sich femer, dass sowohl die Knaben wie
auch die Mädchen die Stellen der einzelnen Silben sehr wenig
einprSgen, wiederholt gaben sie an, es fehle die siebente oder elfte
Si\he. während das niclit der Fall war.
Bei der Einprägung der Silben spielte der akustische Eindmck
die dominierende Rolle. Wollten die Kinder eine Gruppe tob
Silben schneller behalten, oder sich auf dieselbe intensiver
konzentrieren, so wurde sie lauter abgelesen. EineAnsnahme davon
maehte das Mädchen M. Herl welches die Reibe ganz leise dmeh-
las, wenn es gut kouzeutriert war. Beim visuellen Lernen, das
wohl niemals rein visuell verlief, waren die motorischen Begleit>
ersoheinaiigen ganz deutlich spürbar. Es zeigt sich ein um so
größerer motorischer Drang bei dieser Art des Lernens, je
niedriger das Alter des Kindes ist.
IV. Uber das Behalten und Vergessen ist Folgendes zn sagen.
Wie schon erwähnt, konnten die beiden älteren Knaben eine
Silbenreihe zum zweiten Male nach einer Pause von Uber 20 Sek.
nicht mehr fehlerlos reproduzieren oder sie wußten nur noch wenige
Silben wiederzugeben — nach ujehr als Stunden aber war
keine Spur von der Reihe im Gedächtnis zurttckgeblieb^ Kach
24 Stunden war das Vergessen natürlich noch weiter vorge-
schritten. Bei den Mädchen und bei dem siebenjährigen Knaben
war das Gegenteil zu beobachten. Zur Probe habe ich jede der
letztgenannten Vp. nach verschiedenen Pansenlängen aufgefordert,
die schon einmal reproduzierten Silbenreihen zum zweiten Male
wiederzugeben. Dabei konnten die Silben bis nach 2^^ Min. noch
fehlerfrei reproduziert werden. Auch das Wiedererkennen der Silben
bei ihrer Wiedererlemung kam bei diesen Vp. mehr zur Geltnng
als bei Ot. und Herl. Ein Merkmal, um den raschen Typus zu
erkennen: die Zahl von Silben, welche unmittelbar nach ein-
maliger Wiederholung derselben doch noch fehlerfrei reproduziert
werden konnte, betrng für Max H. 5, fUr H* Met 3 und fär
E. Öt., H. Bri. und Met. Herl, je 4.
V. Nicht ohne Interesse wären auch die Kurven, durch welche
die Konzentration der Aufmerksamkeit auf einzelne Silben einer
Reihe bei Kindern dargestellt werden ktonte. Um eine Vei^
Digitized by
Untersuchangen zur Ökonomie lud Tecbaik des Leruen». 515
gleichiiiig mit ErwacbaeneB zu eimitteb, wiU ich die Enr^en der
Sdinellierkeit der Einprägang der einzelnea Silben nur bd den-
jenigen Kindern an&eiehnen» die 12i^bige Beiben sn lernen
hatten. Bei aUen dieeen wnrde die erste Sübe am eobnelliten
dem GedSefatnis eingeprigt Beieiebnet man nvn die ente Silbe mit
100 und gibt dementaprediend die Sebnelligkeit der Einprttgnag
der ttbfigen Sflben derselben Beibe in Proienten an, eo gewinnt
man einige ZaUen, die folgende grapbiaebe Darstellong ergeben:
Ffg. 9. Konientnliim der Aofiaerkeanikeit bei einer 12eilbigeii Beibe.
1) Edwin Öt
MO
I Z Z i- & 6 7 8 9 K) n IZ
«4« i»%*»Tit (•(•••Itl
wo
Fig. 10. Ebenso. 2] Mai Ueri.
■ tt*li*t«***li •■«••••Tl.
Fig. 11. Ebeotto. Hedwig Bri.
a4*
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516
Chiitlo PentMbew,
Wenn man nun die bisher angestellten Knnren (bei Er-
wichaenen und bei Kindern) miteinander vergleicht, so muß ohne
weiteres festgestellt werden^ daß das Maximum der Aufmerksamkeit
di« erste Silbe einer Sübenieihe bildet; dann nimmt die Auf-
meriuamkeit wibiend des Lesens allm&blieh ab; bei der 10. Silbe
smkt sie in der Regel am tieftten, gkfieb darauf steigt sie raseher
an; allem sie ernidit nie mehr die anflbig^lie Höbe. Sehr anf-
fUlend ist aber bier die Tatsaebe, da8 das Midien Hedwig BrI.
auf die ersten paar Silben sehr 'f;ut konzentriert war, während der
Lesung der Reihe aber nahm seine Aufiuerkgamkeit allmählich ab,
bis sie b^ den letzten 2 Silben ganz tief gesunken war.
§ 4U. bcblufiwort zu dem zweiten Kapitel
Kaebdem wir die Torangegaugenen Hanpi- nnd EontioQreisvebe
im Detail besebrieben baben, bleibt uns noeb übrig, einen all-
gemeineu Überblick Uber deren Ergebnisse zu geben. Ich stelle
zu diesem Zwecke die Resultate aller bisherigen Versuchsreihen auf
zwei übersichtlichen Gef^aiiittahellen zusammen, indem ich die
Versuche mit sinnlosem und sinnvollem Material von einander
trenne.
Es können namnehr folgende auf Orund der empiriscben Er-
gebnisse gewonnenen Fragen erOrtert werden:
1) Wie soll man den Begriff des Dkonomiseben Lernens auf'
fassen?
2) WeldwLeniweise ftbrt sebneUer anm Ziele, das fraktionierende
Verftbren oder das Lernen »im gansen« — nnd wenn das letitere
das 5kononusobereVerfabren ist, wie kann man dann die folgenden
Erscheinungen erklären:
a. daß die Resnltate sinnlosen Bfaterials bei Kiudern i\lr dieses
Lemverfahren ganz uni^rlinstig waren?
b. daß die T- Strophen an mehrercu \ ersuchstagen sowohl beim
Erlernen wie auch beim Wiedererlerneu in kürzerer Zeit erlernt
bezw. wiedererlemt werden als die G- Strophen?
3) Worin besteht Uberhaupt der Vorzog des Lernens »imgauen«,
Tor dem fraktionierenden Verfsluren?
üiyiiizea by Google
Uutersuciiimgeu i^ur ukouoiuie und Tecboik des LerneoB. 517
HL Kapitel BuknssiM der Betaltate.
§ 41. Begriff des ökonomiseheii Lernens.
Die Art und Weise, wie L. Steffens den BegrifiF des ökono-
mischen Lernens aaltaßt, ist unvollständig^ and nngenUgeud. Am
Schiaß des 2. Kapitels ihrer Abiiaadlung versteht sie unter dem
ükonoJiüscheuLemoTi dasjenige Verfahren, welches in der kürzeren
Zeit (mit dem gcriugercii Zeitauf wände) zum Ziele llihrt. Kb ist
aher unbedingt einseitig, unter der Ökonomie des Lernens nur
den Zeitaufwand des Eilerneas sn TerBtebeD. Selbst wenn
maii» wie wir wiederholt getan haben, den Kraftaufwand mit in
Betraeht zieht» ist der Begriff des Okonomiaehen Lemena noch zn
eng gefiifit Man strebt gewöhnfieh nicht blos danach^ einen
Hemorierstoff sich schnell oder leicht anzueignen, sondern
auch ihn ftlr längere Zeit zn behalten. Die grOBtmdgliehe
Ökonomie wird man also durch ein Lcrnverfahren er-
zielen, das mit dem geringsten Aufwuiide an Arbeit
(Kraftaufwandj und Zeit einen Memorieratoff so fest ein-
prägt, daß er für eine möglichf^t Ifinp-e Zeitdauer im Oe-
däehtnis behalten und produziert werden kann. Wir be-
streben uns daher, eine solche Lemmetbode zu finden, nach welcher
das zu erlenieiKl( Stnck nicht nur mit wenigen Wiederholungen
und geringem Kraliauf wände erlernt, sondern auch nach einer
bestimmten Zeit ebenso schnell wiedererlernt werden kann.
Fragen wir uns nun, wie wdt unsere Versuche in dieser
Bichtung gelangt sind. Wir haben ihre Ergebniese mit Worten
und tabellarischen Übersiehten bereits illustriert Smd nun jetzt
die Resultate der Versuche mit simdoeem und simiTOllem llaierial
sowohl bei Erwachseneu als auch bei Kindern klar und deutlich
genug, um feststellen zn können, daß das Lenicu »im ganzen«
tatsächlich das vorteilhafteste Verfahren ist?
1) In erster Linie ist zu entscheiden, welches Lemveriahren
mit geringstem Arbeitsaufwand zum Ziele führt Es ergab nun
bei sinnvollem Material die Betrachtung der absoluten Wieder-
holungazahl, daß die G-Methode bei Erwachsenen und Kindern ?iei
weniger Wiederholungen beansprucht als das gruppenw^ Lernen.
Man hStte erwarten können, daß die Ungleichm&Bigkeit desStrophen-
materialsdieGultigkeitdieBer Tatsache bedeutend einschrinkenwflrde.
Digitized by Google
518
Chiiito Pentechsv,
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Uatenadmnfen mt Ökonomie und Technik des Lernens. 519
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522
Das war aber nicht der Fall Vielmehr: Je größer derUmfau«:
des uach der G-Methodfc zu erlcruenden Stüekes ist.
deato evidenter stellt sich der Vorteil des G-Verfahrens
vor dem fraktionierenden hcraai — d. h. die absolate Anzahl
der Wiederholungen ist heim Q-Lemoi in allen Versachsreihen
immer geringer, nnd diese TatBaohe ist nnabblngig ron
der Beschaffenheit des Lernmaterials. Bd sinnlosem
Material scheiden sich die Ergebnisse, je nachdem die Vp.
Erwachsene oder Kinder waren. Pttr Erwachsene bat sich
der Vorzog des G -Lernens anoh hier entschieden bestätigt. Bei
Kindern aber wurde eine Reihe sinnloser Silben - iu Gruppen«
mit weniger Wiederholungen erlernt als >im ganzen«.
Ftlr dieses eigenttlmliche Verhalten können folgende Erkläraogs-
gründe ge^i^eben werden:
a. Sinnloses Matenal bietet Kindern viel größere Schwierig-
keiten als Erwachsenen, weil es ihnen noeh an artikulatorischer
Übung fehlt Sinnlose Silben besüsen fiir Kinder nicht denselben
Grad der Gdtnfigkcit beun Sprechen wie ftlr Erwachsene. Bifdge
dieser lantphysiologischen Schwicfigkett erfordert eine G-Beihe
▼on sinnlosen Silben bei Kindern gröfiere Anstrengung als
eine fraktionierende Reihe.
b. Diese ftnfteren Umstilnde bedingen ein entsprechendes Ter-
halten der Aufmerksamkeit: nie wird durch eine G-Reihe mehr iu
Anspruch genommen. Nun tritt leichter geistige Ermüdung ein,
worauf naturgemäß die AuftK rksamkeitsspannune: nachläßt nnd
die ftlr Kinder so ungewöhnlichen Silben bei Mangel an Kon-
zentration leicht in Verwirrung geraten. Es sind daher zur Über-
windung dieses Übelstandes hei einer 0-Keilie immer einige
Wiederholnngen mehr nötig bis znr ersten fehlerfreien Reproduktioii.
Wird dagegen dieselbe Silbenieihe in 2 oder 3 isolierten Teilen
erlernt, so werden die Silben jeder Gruppe bald gemerkt und
leiditer eingeprttgt, denn die Anfinerksamkeit erfittiit bei diesem
stttekweisen Voigehen kehie Einbuße. Aach kommen lattt den
protokollierten Tatbestilnden hier weniger Yerweehslingen vor, als
bei der Einpräguug »im ganzen
c. Nicht weniger wichtig ist auch der folgende Punkt. Die
häufigere Verwechslung der Silben einer G-Reihe scheint in den
Kindern dt n Kindruck croRer Schwierigkeit zu erwecken. Da»
bewirkt unmitteibai ein UnloBtgetWf wodurch die Anünerksamkeit
Digitized by Google
UntetBoohimgeB bot Ökonomie und Technik doe Leraeu. 523
lugttnstig beeinflußt wird. Die gegenteilige Erfahrnng: mneht man
beim fimktionierenden Verfahren; hier werden die Silben jeder
Gruppe leichter erlerat und weniger oft rerweehaelt Das EiDd
empfindet da])et den sicharen, ruhigen Fortschiitt in der Be-
wältigung der An^be nudi jeder hinzugelernten Gruppe sehr
aogenelun, und dieses Lustgefühl wirkt auf den ganzen Verlauf
des psychischen Prozesses günstig ein. Es bldbt freilieh die
Möglichkeit, daß nach längeren Vorübangen doch das Lernen
»im ganzen« auch für Kinder vorteilhafter wird.
2) Fuhrt dae Lerneu »im ganzen< auch in kürzerer Zeit
zum Ziele. Auch in iiezug auf die Zeitdauer der Erlemuiig und
Wiedererlernung laBt sich sagen, daß der Vorzug der G-Methode
bei einer idealen Gleichmäßigkeit des Lemmaterials absolut
glommen nm so größer wird, je länger das zu erlernende Stttck
ist Da aber diese ideale GleichmüBie^it niiqgends zu finden ist,
so zeigt sich oft|daB das finaktioniereadeyerlaluren mit geringerem
Zeitsufwünd zum Ziele führt. Ich konstatierte dies sowohl hei
nur als auch bei anderen Vp.>)
So haben wir dam die Doppelfrage zu beantworten: Wie Ittfit
sich erklären, daß das T- Verfahren häufig trotz größerer Wieder-
holnngszahl in kürzerer Zeit den Zweck erreichen hilft als die
G-Methode?
Ich suchte diese Erficheiniinp: s<^hon in Versuchsreihe 15 zu er-
klären und erwähne hier noch kurz Folgendes:
a. Die kürzere Zeitdauer beim iraktionirenden Lemverfahreu
wird nicht allein durch den Umstand begreiflich, daß die dabei
Ij Auch Steffens weist auf eine bedeutende Anzahl von Versuchstageu
Ua, wo T- Strophen hi kOnerer Zeit erlernt wurden ale die O- Strophen.
Die ExUXmngsgrUnde dafür sieht sie in dem Umstund, daß die G-Strophen
besonders schwierijice Absclinitte enthielten, die sich sehr schwer einpräp:en
ließen. »Ist das Lernmaterial von erheblicher rneh'inlmiüßinfkeit, so h:xf das
G- Verfahren den Nachteil, wogen besonderer ächwiengkeit eines oder weni-
ger Abschnitte allen übrigen Abschnitten mehr Wiederiiolongen zu TeU wer-
den SQ UuNMA, ale für ihfe genügende Einprügong erforderlich sindc (S. 46).
Sie TeigiOt aber, daß auch in den T -Strophen eolcbe schwierige Abschnitte
vorkommen. Ihre Erklärung ist also ungcnitgend. Dieselbe Erechcinnng
wird auch von Ebbinghaus best.'itiprt. Er bemerkt auf S. 68 — 69, daß die
Zeit für die Stanzen erheblich grül3er ausfiel, wenn er sie von Anfang bis zu
Ende (»im ganzen«) dorchgelesen hatte, als dann, wenn die tdiwierigeren
Stdien beeonders gelernt nnd dann eingeigt worden. Wamra eich dies ao
TMbilt, daftr gibt er k»faie ErUSning.
Digitized by Google
524
Christo Penteebew,
benatzten Strophen etwa leichtere Abschnitte enthieHeo als die
6-Stropheii, denn oft beanspraehten geiade diese leMeren kflnere
ZeHdaner, wenn ole besonden sebwietige Fteäen anftviesen.
b. Die Vp., die beim O-Lemen eine ttogere Zeit ntftig hatten,
bemerkten aDe überanstimmend, dafi eich dabei stets grOBere
Ermttdnog dnstellte als beim T-Yerfidnen. Die grOBeie &mftdnng
wird dadnreh erkliit, daß das Lernen »im ganzen c mehr Anf-
merksainkeitscnei^e beansprucht. Die Vennutunix, daß wohl die
Eiiipräguiig bald gelinjreu werde, bewirkt eben eine immer inten-
Birere Konzentration der AutmerkBamkeit.
c. Die eintretende Ermlidunjx aber hat zar nnmittelbaren Folge
eine Verlangsam ung des Lemtempos. Umgekehrt zeigt sich beim
fraktionierenden Verfahren eine Beschleuni^ng desselben, da die
Vp. im angenelmien Gefhhl des sieher sich nähernden Zieles mi-
wiDkttrlieh in größerer Eile angespornt wird.
Ans diesen Erwignngen geht nnn herror, daß der Vorzng des
Lernens »im ganzen« Tor dem fraktionierenden Tiel dentlieher
nnd beweiskräftiger durch die absolnte Ansah! der
Wiederholnngen dargetan wird, als blos durch die Be-
rttcksichtiguug des Zeitaufwandes.
3) Endlich fragt sich noch, nach welcher Lenunethode das zn
erlernende Stück (Strophe oder Silbenreihel am besten behalten
wird. Darauf ist kurz zu antworten, daß das Behalten sich ftir
die 6 -Methode beim Wiedererlemen dauerhafter erwiesen hat
als Atr das gruppenweise LemTcrfahren.
Die bisherige Betrachtung Uber die Ergebnisse beider Lera-
weisen deutet unzweifelhaft darauf hin, daß die Q-Methode (zur
Überraschung mancher Vp.) tatsllehlich die Ökonomischere ist,
denn sie führt mit viel größerer Arbeitsersparnis und ge-
ringerem Zeitaufwand (in den meisten FSllen) zum Ziele;
hauptsSchlieh ermöglicht sie ein leichteres Beproduzieren und
festeres Behalten.
% 42. Worin besteht die »Ökonomie« des Lernens
im ganzen?
Unsere bisherige Betrachtung bat genügend gezeigt, daß das
Lernen >im ganzen« prewisse Vorteile bietet Das verlangt nun
eine psychologische Erklärung. Vereinigen wir die Ton Steffens
üiyiiizea by Google
Untersuchungeu zur Ökonomie and Technik des Lernens. 525
enädlen UiiteniidiinigBrasiiltaAe^) mit den nnsiigen, ao kommen
wir in folgenden Annahmen:
1. Wenn man ein Stttek (Strophe oder eine Binnlose SÜbenreihe)
in relaliT kleinen Teilen lernt, so wird der Znaammenhaag des
Ganzen durch die wiUkttrlichen AhsehniUe zerstOit. Dazu kommt
dann als notwendige Folge etwas anderes. Innerhalb des ge-
wählten Abschnittes finden mannig^fache assoziative Verknüpfungen
statt. Eine derselben aber ist von durchaus schädlicher Wirkung
mit Bezug auf die Einprägung des Ganzen: diejeiii;:o Assoziation
nämlicb, welche der Anfang d^ Abschnittes mit dem Ende desselben
eingeht Durch öftere Wiederfaolnng des gleichen Teilsttlckes wird
dann diese Yerknttpfang noeh gesttrkt ond wirkt hei der Re-
produktion des »Garnen« als retardierender Faktor. Die
Oberwindnng dieser selbslgesdiaflfonen Sehwierigkeit erfordert dann
noeh ein gewisses Pins von Wiederholungen. Lernt man aber
gleleh «nfilaglieh sehen »im ganzen« , so bHden sieh nirgends
solehe zweckwidrige Assosiationen» sie nehmen alle ihre
Kichtuug auf das vorgesteckte Ziel hin.
2. Beim fraktionierenden Verfahren wird während der Erlernung
eines folgenden btlickes stets das vorhergehende vergessen.
Dieser I^helBtand macht sich um so rriiißer geltend, in je mehr
Teile ein »Ganzes« zerlegt wird, muB sich die Zahl der
nötigen Wiederholungen naturgemäß steigern. Für die Yp. wird
aber das unvermeidliche Vergessen stets eine Quelle von Unlust-
gefthlen, die den Verlauf des Beproduktionsprosesses ungttnstig
beeinfliissen und also aaek xnr Vermehrung der Wiederkolnngs-
aniaU beitngen.
S* Die aufoinanderfolgenden Wiederholungen bdm Stiloklernen
Terflaehen den ganzen LemprozeB insofern, als dadureh die
Gefahr entsteht, blos zu sprechen, ohne dabei zn denken. An
Stelle des aufm er ks amen DurchleseuB tritt dann ein rein
1) L. Steffens entwickelt die absolaten VorzUge des G -Verfahrens in
drei Venaohsreihen und sieht (Ue psychologischen Ursachen dafUr darin,
»daß das itSclcweise Torgvliende Laraea hei glfliehsr Leratrbsit srstea»
die beim TTerBagen attisUchen Asflonationen nicht gMdl stark entwiokelt
als das 6-Verfahren, zweitens schädliche Aapn^intionen stiftet, welche
beim 0- Verfahren nicht hergestellt werden, und drittens ein hinlänglich
gleichmäßiges EingepT%twerden der veraohiedenen Abschnitte nicht garan-
tiert« (S. 46). Dadurch sind aber, wie wir obea aeigen, die VonOge nteht
«fsehSpft.
Digitized by Google
526
Christo Pcntachew, Lutersuilmugea mr Ökonomie etc.
mechanisclieB (beim Heraageii des >Oaiise]i< venttt sich ge-
legentlicli diese Schwllche dnroh Stoekimg). Auch ans diesem
Gnmde wird die ZM der WiederholnngeD vermehrt
4. Die lelatiTe Kleinheit der za erlernenden Tellsttteke ge-
stattet ein rasches Eindringen in den Sinn derselben. Dadnreh
wird die AnfmcrltBamkoit ihrer Piiicht ledig und seh weift ab.
Das läßt 8ich vielleicht als Ureache zn der unter 3j an^reführten
Ersoheinüii<2; auffassen. Beim G-Lernen nun gestattet der größere
btüffnmfang der Anfmerk«iamkeit nicht so rasch, auf Reisen zu
gehen. Es wird ihr eben bei jedem Durchlesen etwas Nenes
geboten — sie bleibt »gefesselt«.
5. Es darf femer nieht yergessen werden, daß auch hier der Satz
gilt: Das Game ist Yor seinen Teilen. Der T^il wird ans dem sinn-
vollen Znsammenhang des Ganzen viel besser nnd leichter verstanden
als isoliert Diese Tatsaehe beschleanigt also den EinprignogsprozeB.
6. Das Wiehtigste aber ist bei der G-Methode offenbar, daß
sie ein festeres Einprägen nnd sieheresReprodnzferen ermöglicht
Das Lernen >im ganzen« bewirkt also ein dauerhaftes Behalten.
7. Der einzige Nachteil der G-Methode ist durch sie selb.st jre-
pejreben. Der größere Stoffhmfanfr absorbiert mehr Aufnierk-
Hamkeitsener'^ie nnd flihrt infoi^^edessen leichter zu geistiger
KrTTiUdung. Darans entspringt wiedenuu eine Yerlangsamong des
Leratempos nnd damit eine Verlängernng der Zeitdauer des
Lernens. Wir versnobten diese Ermüdung dnreh besondere Ex-
perimente sn kontrollieren, doeh soll darüber später in aaderm
Znsammenhang l»erichtet werden.
In Snmma spreehen also gegen das fraktionierende Lemver-
fahren folgende Faktoren:
a. Zerstttmng des Znsammenhanges; b. hemmende Assoziations-
bildungeu: e. mangelhaft eingeprägte Übergänge; d. ein Ver-
gessen bereits gelernter Abschnitte und dadurch entstehende Unlnst-
wirknngeu; f. Mechanisierung des Lernens ohne Veigegenwärtigung
des Sinnes; g. nngleichmaßige Konzentration der Aufmerksamkeit
and dadurch leichtere Ablenkung; h. ungleichmäßige YerteUong
der Wiederholungen nnd endlich i. nnsieheres Reproduzieren nnd
Schwäche des Behaltens^).
1) Die Abhandlung des Herrn Pentschew wurde im Winter 1901 ab-
geschlossen. Der Herausgeber.
Üigiiiztiü by <-3ÜOgIe
Uber die Frage des Abhängigkeitsverhältnisses
der Logik von der Psychologie.
BetrachtUDgea im Anschluß aii die »Logischen Unter-
sadmngenn von £dmimd HnsaerL
Vou
£. Dflrr.
In den 1900 und 1901 erschienenen losgehen üntersuchnngen
von E. Hnsserl wird eine Frage grüuillicher Erörterung,' uuter-
zopen, die den Psycholog'en ebenso sehr wie den Logiker inter-
esssitreii iiinß. Die Frap-e bnitet, ob die Logik eine von der
Fsyclioiogie unabhängige Wisäcnschuft sei (I p. 7], oder bestimmtery
ob die wesenttichen theoretischen Fundamente der hoplk in der
Pqrohologie hßgen, (I p. 51). In der Beantwortung dieser Frage
gelangt HnsBerl za einer yOlUgen Yerwerfong des logieeben
F^f chologinniiB und xvr AnürteUiing eineB Ideals der reinen Logik,
das er indessen nieht mit der traditionellen soholastiseh-aristote-
liseben Logik yerweehselt wissen will (I p. 213). Da wir den
kritischen Aasftobrangen Hnsserls gegenüber dem Psychologismns
nicht völlig zustimmen können, andererseits aber in seinen posi-
tiven Grenzbestimmungen logischer und psychologischer Unter-
suchungen viel Bemerkenswertes finden, so wollen wir an der
Hand eigener I^agestellungen unseres Autors Anschauungen zu
würdigen versuchen.
Zunächst müssen wir nns klar werden über Gegenstand und
Aufgabe einerseits der Psychologie, andererseits der Logik. In
beiden Fällen kttnnen wir nns den ungehörigen Ansfhhrongen
Hasserls ansohliefien. Er kommt in einem Anhangsparagraphen
sdnes Werkes gel^genäieh einer seharibmnigen Kritik der Bren-
Digitized by Google
528 E. Dflrr,
tanoschen Unterschcidnng physischer and psychischer Gegenstibide
zu dem BeBuHat, daß die ErlebDisae der äußeren Wahrnefamimg
ebenso wie di^enigen der iDnmn Wahmehmiiiig Gegenatftnde
einer peyebologiielien Betraohtuig werden können» wogegen bei
der äußeren Wabmebmung selbst niebt die Erlebnisse, welche
sie konstitoierettf sondern ihre intentionalen Gegenstände wahr-
grenommen werden. Demgemäß betrachtet er als Gegenstände der
rsyt hülogie solche, die als zum Ichbewußtsein gehörig erscheinen
(n p. 714). Jede Beziehung auf Gegenstände, die nicht in Ab-
hängigkeit vom Subjekt aufgefaßt werden, ist dann ein Akt nicht-
psychologischer Betrachtung.
Was die wesentliehe Anfgabe der Logik anlangt, bo glauben
wir gleichfalls mit Husserl übereinzustimmen, wenn wir als solche
die Feststellung der Formen richtigen Denkens nnd Erkennens
beieiehnen. Unser Autor meint ja in dem Begriffe »Wissensehafb-
lebre« das Wesen der Logik am besten erfassen su kOnnen (I p.l2ff.}»
nnd seine logischen Fragestellungen, was dn Erkenntnisakt, eine
Theorie, eine Wissensehaft sei oder wie solche Dinge mOglieh
wtlrden (vgl. I p. 25 ff.), sind nicht anders zu verstehen als die
Frage, in welchen Formen sich richtige Erkenntnisse, brauchbare
Theorien, echte Wissenschaften tatsächlich verwirklioheu (vgl. I
§§ 67—69).
Wenn nun ein Abhängigkeitsverhältnis der Logik von der
Psychologie bestände, so ließe sich dasselbe von vornherein als
ein dreiiaches denken. Es könnten zunächst die Ergebnisse ver-
sehiedener allgemein-psychologischer Untersuohungen sogleich die
Losung wichtiger Fragen der Logik als bestimmter ihnen unter-
geordneter Einielfidle endialtett, es konnten femer die Besultste
logischer Untersuohungen ein psychologisdies Spezialgebiet kon-
stituieren, und es konnten endHeh die Gmndbegriffe und Grund-
sätze der Logik Probleme für die Psychologie bedeuten. In allen
diesen Fällen handelt es sieh tatsächlich nm eiu Abhängigkeits-
verhältnis, einmal ^\m o'm nolches zwischen reiner und angewandter,
in jener schon euthalteuer nnd nur woiren ihrer praktischen Be-
deutung abgesonderter Wissenschaft, dann um ein solches zwischen
dem Ganzen nnd dem Teil einer eigenartigen Disziplin, endlich
um ein solches zwischen fhndamentalen Untersuchungen und einem
darauf gegrtlndeten» mit gewissen Yoranssetsungen behafteten, aber
sonst selbständigen theoretischen Wissrasgebiet.
Üigiiiztiü by <-3ÜOgIe
AbhingigkeitsverhiltidB der Logik von der Psychologie. 529
Firfifen wir nim die erste der in Bede stebenden M))gliohkeiteiiy
wonaeh die Logik sieb als Anwendnngaigeblet ftr gewine m der
Ptoyebolegie beidiB feetstebende Gesetee eoU danteUen laeteii. Da
äMi es nsmeadleb die Begela der VoistoHiingslnldiiiig und des
VorstdhuigSTerkMifB, die, ron der Psyebologie aufgestellt, die logi^
«eben Zusammenhäiige alt Spe^alfall unter sieb zn beftween
ßcbeincu kümiten. Bedenkt man lum, düli iu der Tat in so
manchem Kompendium der Logik den logischen Untersuchungen
ein Abriß allgemeiner Psyclioloprie vorausireschickt wird, so darf
man jene Auffassung jedentalls nicht als eine ganz fernliegende
betrachten. Andererseits freilich können wir aus der bloßen TAt-
sache, daß die Logik weit früher als die Psyebologie zu gesldier-
ten Ergebnissen gelangt ist, ancb dies Ton Tonberein entndunen,
dag die KennlDis psyobologisober Gesetee mm Betrieb der Logik
udebt nüBni^nglleh notwendig ist
Deeb fiMsen wir die Saebe selbst Ins Ange. Da ist tot aUem
klar, d«B ebesso, wie wir VorsteUnngen besitaen, bevor wur die
psycbologiseben Geeetro dw Yorstenangsbildniig kennen, wie wir
das Scbüno und Häßliche, da» Gute und Schlechte unterscheiden
kömien ohne Kenntnis der Geftthlslehre, daß ebenso Begriüe imd
Urteile gebildet, richtiges und unrichtiges Denken auseinander-
gehalten werden ohne psychologische Schulung unseres Verstandes
and erst recht ohne Anwendung von Kegeln der Psychologie.
Aber die Logik besteht ja nicht in der Bildung aller möglichen
Begriffe nnd Urteile, best^t niobt in Betätigung der Denk- nnd
Efkenntnisfiuiktioiieii an beliebigen OegenstKnden, sondern sie bat
das Denkern nnd JEikennen selbst snm Gegenstand. Haben wir also
in der Logik nieht doeb ein blofies Anwendungsgebiet allgemaii-
psychologiseber SiLtse Tor nna? Hasserl foimnliert die hier in
Frage kommende Anl&ssnng, wonaeb Gegenstand der Logik be-
stimmte ( Jrnppeu psychischer Phänomene und Gebilde sein sollen,
ausdrücklich üIh eines der Vor urteile des rsycbologismus (I § 44).
Die Entscheidung iu diesem Streit beruht zunächst darauf, ob mit
der Bezeichnung des Denkens und Erkenueus als Ge^anstand der
Logik die Behauptung gerechtfertigt ist, die Logik habe also
psychische Phänomene, habe Erlebnisse zu Gegenständen. Diese
leliteie Bebaaptnng bestreitet HnsserL Er betracbtet als Gegen-
stftnde der (reinen) Logik das, was er ideale Speeles, idealen
^I^DBtandy ideale Bedentong nennt Znr lUnatrienuig seiner
AmU* fir r^ctologii. L 85
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590
E. DBTTt
AifGusnng wollen wir snnächst eines seiner Beispiele Melier
setzen. £8 handelt sich om die Untersdieidiiiig dessen, was die
Zahl 5 in der reinen Logik besw. in der »Seliwesterdianpün« der
reinen Mathematik bedeutet und was de in Bedehung mr Fsyeho*
logie bringt. Hnsserl sehreibt (I p. 171): »Yeigegenwllrtigen wir
nna yoll und ganz, was die Zahl ö eigenfUch isti enengen wir
also eine adftqnate Yorstellmig Yon der 5, so werden wir nudiehst
einen gegliederten Akt kollektiver Vorstellung von irgend welchen
fünf Objekten bilden. In ihm i^^t, als seine Gliederungsform, ein
Einzelfall der ercnannten Zahlt iispccicB anschaulich gegeben. In
iiinbiiek aul dii scs aimchaulich Kiii/r lne, Yollllihren wir nun eme
, Abstraktion' d. h. wir beben nicht nur das Einzelne, das un-
selbständige Moment der KoUektionsform heraus, sondern wir er-
fsssen in ihm die Idee: Die Zahl 5 als Species tritt in das mei-
nende Bewnfilsein. Das jetrt Gemeinte ist nicht dieser Einsel-
1&JI, es ist nieht die kollektive Vorstelliing als Ganses, noch die
ihr innewohnende! obschon dir sieh nieht lostrennbare Foim; ge-
meint ist Tielmehr die ideale Speeles, die im Sinne der Aridunetik
soUeehfhin eine ist, in welchen Akten sie aneh gegenstindlieh
werden mag, und die somit ohne jeden Anteil ist an der indivi-
duellen Einzelheit des Realeu unt seiner Zeitlichkeit und Vergäng-
lichkeit.« Mit diesen Auslllhrungen steht es in bestem Einklang,
wenn unser Autor an anderer Stelle (z. B. II p. 92] als Gegen-
stand der reinen Logik die idealen Bedeutungen bezeichnet Und
trotz dieser Anscbanongen gibt Hnsserl zu, was wir oben als
Ausgangspunkt unserer Darlegongen konstatiert haben, daß näm-
Uch bei dem Übergang ?on einer naiven Anwendnng nnserer Denk-
nnd Eirkenntnisfonktionen aar logischen Betraehtoagsweise eine
Yerändernng der gegenständlichen Besiehnng stattfinde. Ja er
beieichnet diesen Übergang sogar als ein Befleküeren anf Akte.
So ftihrt er bezfiglich der logischen Erfossung der Idee der Wahr-
heit aus {I p. 230): > Urteilen wir mit Evidenz, »o ist das Gegen-
ständliche gegeben. Der Sachverhalt steht uns jctüt nicht M-iß
veniK intlii Ii sondern wirklich v<»r Augen Er ist nicht bloß
vermeiutlit Ii <<Hiikm wirkl'K Ii so beschatfeu, und als wirklich so
beschaffener ist er unserer Erkenntnis gegeben; das heißt aber
nichts anderes (wie): als solcher ist er nicht bloß Oberhaupt ge-
meint (geurteilt), sondern erkannt; oder; daß er so ist, ist aktnell
gewordene Wahrheit, ist Erlebnis im evidenten Urteil. Aeflektierei
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m
AbbäDgigkeitBverhältQÜi der Logik von der Psychologie. 531
wir ni diMMi Akt, so wiid statt jeneB GegenBtiliidlieheik die Wahr-
heit aelhit mm Qegenstande, und mm isft sie in gegensUbidlieher
Weifle gegeben. Wir erfassen hierbei — in ideierender Abstraktion —
die Wahrheit als das ideale Korrelat des fluchtigen subjektiven Er-
kenntnisaktes. « Und g^nz allg^emein vertritt unser Autor die An-
sicht (II § 34j, daB im Akte des Bedeutens die Bedeutung nicht
gegeuständlicli bewußt werde, daß wir aläo die Gegenstände der
Logik erst in »reflekfiveu Denkakten« ''TT p. 103) gewinnen. Be-
sonders klare Beispiele ftir die Sonderuuf^ von Bedeutung und
gegenständlicher Beziehung sollen die Namen bieten, indem zwei
Namen Verschiedenes bedeuten, aber dasselbe nennen können
(n p. 47}. So sei z. B. in der Gegenttberstellnng: »Das gleichseitige
Dreleek das glMehwinkÜge Dreieek«, die ansgedrttekte Bedentong
eine yeisohiedene, obwolil derselbe Gegenstand gemeint sei
0ies mag genügen, die Ansehannngen Hnsserls ans an ver-
dentliehen. Wir haben also naeh ihm m der logischen Unter-
suchung reflektiye Denkakte auszufahren, die sieh auf Erlebnisse
des naiven Denkeiiä beziehen und doch nicht psychische Phänomen
zu Gegenständen machen. Das letztere geben wir nun bereitwillig
zu. Die logische T'^ntersuchung, die sich damit beschäftigt, fest-
zustellen, welcherlei Lrteile richtig, welcherlei »Schltlssc zwingend
seien, orteüt nicht Uber Erlebnisse, wenn die Urteile und Schlüsse
des naiven Denkens, mit denen sie sich beschäftigt, auf nicht-
psyehisehe Gegenstiinde geriehtet sind. Sie findet ja die Begehi
der BegtilEribadnng, die Formen gültiger Urteile nnd Sehltlsse nicht
dnieh Analyse sondern dnreh Abstraktion, nicht indem sie die anf
Gegenstinde gerichtete Intention des naiven Denkens zom Gegen-
stand maoht, sondern indem sie eine gleichartige Intention nur im
Hinblick auf unbestimmte Gegenstftnde Tollzieht Wenn etwa ans
Schlüssen mit bestimmten Gegenstäiidcii die logische Form eines
Schlusses mit den Symbolen S, P und M gewonnen wird, so be-
deuten diese S3rmbole nichts weniger als psychologische Erkennt-
nisse der im konkreten Schluli gegebeneu Subjekts- und Prädikats-
begriffe, sondern im Gegenteil noch viel unbestimmter gelassene
Gegenstände. Diese Auffassung ist tibrigens Husserl dnichans
nicht fremd (vgl I p. 244). Er drttokt sie sehr prägnant ans, wenn
er etwa sagt (I p. 242), die logische Bechtfertigong einer Theorie
erfordere den Rückgang auf das Wesen ihrer Fonp. Sehr trelfend
stellt er besonders das Verhältnis der hn konkreten Denken Tor-
86*
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532
B. DOir,
kommenden, selbst von Einsicht dnichleaditeten SjUogismen imd
d« ÜHinaleii Sehlnfigesetzes diur, wenn er sagt (I p. 242^, dufi
wir im etanclitigeii tlieoretiMlieii Denken Einsicht haben in die
Grtnde der eiUirlen Saehyeriialte, dnB wir dagegen die tiefer-
dringende Elnaieht dee theoretisefaen Znsanunenhangen selbst erst
gewinnen daieb den Rückgang anf Form und Oesete. IMlieh
fUgt er auch hier wieder bei, daB die theorelisdien ZnsaHBflB-
hänge zu einer ganz audereu Erkenntnisschicht gehOren.
Doch konnten wir uns dies nicht vielleicht doch verstäudlich
ni;u lu ii^ Es l;iBt sich ja denken, dali zwar die logischen Formen
mit der erkt iiueiul« n Hpzichung auf bestimmte Gegenstände we^iens-
vr r wandt »ind, daii aber in der Keflexion anf das Moment der
Gültigkeit, die zu der BetEachtang der Formen in der logischen
Untersachong hinzngenommcn wird, während die Gültigkeit in
konkreten Urteils- nnd Sehlnftaklm als nieht gegenstibidUebes Er-
lebnis enihilien ist» daB in jener Reflexion tiMehlieh eine wesenl-
liehe Anderuig der GegenstSndlicfakeit stnttindei Diesen Ge-
danken drückt Hnsserl aneb an Tersddedenen Stellen aas (veigl.
I p. 230, n p. 104). Aber nicht nir, dafi wir das bestimnite
Prädikat der Gültigkeit, sondern daß wir Überhaupt etwas auB-
sagen von den Begriffen: Begriff, Urteil, Schluß, Theorie, Wissen-
schaft uHw., ja daß wir diese Dinge überhaupt benennen, diese Be-
griffe bilden, scheint unserm Autor den Gedanken an eigene
logische Beflexionsakte nahezulegen (yergl. I p. 244). Sofern es
sich nun bloß um die Benennung und Bildung der erwähnten Be-
griffe bandelt, möchten wir die jBeaeicbniiiig Reflexion ftr die darauf
beaügUcben Denluikte lieber yemeideD, naebdem wir festgesleKlt
habeni dafi wir es dabei nieht mit einer psydiologiseben Be-
traehtwg an tnn haben. Es ist ja nicht ebisasebeni worin sieh
die Begriff»: Begrifi; Urteü, SehlnS etwa Ton den Begriffen Fonn»
Stoff, Ranm, Zeit, Punkt, Linie nnd Shnliohen Abstraktionen unter-
scheiden sollen. Daß wir jedem Gegenstand einen Begriff desselben
gegeiittberstellen können, das bedeutet, wenn wir \drklieh nicht
den subjcktivi'ii Akt uuderes »den G^enst;ind Meinens« unter
dem Begriff verstehen, also wirklich von dem ptsychologistischen
Gedaukeukreia losgekommen sind, nichts mehr, als hdchstens die
Tatsache, daß wir an jedem Gegenstand gewisse Eigentttmlicb-
keiten besonders bemnsmheben vermögen. Doch daianf wenden
wir noch aurttekkonunen. Hier wollen wir ws mnichst mit den
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Abhängigkeitsvorhältiiis der Logik von der Psychologie. 533
raien beflelittftigeii, wo von den Foraen logischer Gedanken-
«mammenh&nge Gttltig^ett oder Ungttltigkeit ausgesagt wüd, wo
also der Gedanke noch nicht von der Hand sa weisen ist, daS
eine psychologische Reflexion zwar nicht anf den Sabjektbegriff,
aber auf die Erlebnisse, welche dem Prädikat Bedentnng verleihen,
wirklich Btatttiodet. Wenn dies der Fall wäre, h » wäre die oben
an zweiter Stelle erwähnte Möglichkeit eines Abhängigkeitsver-
hältnisses z\iä8cheü l'öychol()*rie and Logik realisiert. Die l o^j^ik
würde dann ftlr das spezitische Erlebnis der Evidenz die Be-
dingnngen finden, wie etwa die Ästhetik fUr das] Zustandekommen
isthetiflcher Gefühle Gesetze aufstellt^ welche die Psychologie von
ihr tthenehmen kann. Auch die hier rieh eigebende Annahme
focmnlieit Hnsserl als eines der psjrchologislisdien Yornrteile:
Die Logik werde Ton einigen psyehologistischen Logikern an^
ge&fit als Theorie der Evidenz (I § 49).
H%wn wir, was er dagegen geltend maehtt Er giht zu, »daB
die rein logischen Sätze eine gewisse Beziehung zum psychischen
Charakter der Evidenz haben und im gewissem Sinne psychißche
Bedingungen desselben hergehen* (I p. 183). Er bestreitet auch
nicht die »psychologische ]>iutzbarkeit« (I p. 186) logischer sowie
rein raathematischer Sätze. Wenn wir also ans dem Gesetze, daß
Yon zwei kontradiktorischen Sätzen einer wahr und einer falsch
ist, die Wahrheit ableiten, daß yon einem Paar möglicher kontra-
diktorischer Urteile je eines, aber nur eines den Charakter der
Evidenz haben kann, so sagt nach nnsenn Antor der nene Sati
eine Wahrheit ans Uber Vertii§^chkeiten besw. Unveitiiglielikeiten
gewisser psychischer Erlebnisse. Aber dämm sollen die logischen
nnd uaihematiselien Gesetze noch nicht selbst psychologische
8ittze sein. Ihre idealen VerhSltnisse und Gesetze bilden nach
Hnsserl ein Reich fllr sich. Hier vermügeu wir freilieh au der
Hand der Anschauungen unseres Autor« nicht zn voller Klarheit
zu gelangen. Wenn er es als die hier in Betracht kommende
Grundfra^a- bezeichnet (I p. 188), >ob wirklich ideale Denkobjekte
blofie Anzeichen sind ftlr denkökonomisch verkürzte Hedeweisen,
die auf ihren eigentlichen Gelialt reduziert, sich in lauter indivi-
daelle Einaelerlebnisse anflOsen, oder ob der Idealist leeht habe,
wenn er sagt» daß sich jene empiristische liChie nicht Imsdenken
lasse«, so mag diese Fhige an sich sehr wichtig sein« Aber waram
nicht anoh idealen Gegensttnden gegenttber erlebte Evidenz ein
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534
EL Dürr,
reales psychisches Phänomen seiu soll, ist nicht einzoBehen. Es
Mise das Yerstiladiiis der Scheidung zwischen realer und idealer
Theorie der Evidenz, so er&hren wir weiter, richtige Begriffe Ton
Evidenz und Wahrheit ▼oiau. Der AnffiMBWug gegenllber, wonaeh
jeder Normale imter gewtMen normalen Umsttnden die Eridenz
hei dem Satze 2 + 1 = 1 + 2 ftUe, m me er Schmers ftthlt,
wenn er sieh hrennt, mOehte man fragen, worauf deh die Antorilftt
dieses hesonderen GefttUs grOnde. ETidens sei kein aocessorisches
Geftlhl, das sich zufällig oder naturgesetzlich an gewisse Urteile
anschließt. Evidenz sei vielmehr nichts anderes als das »Er-
lebnis« der Wahrheit Walirln it f^ei eine Idee, deren Einzelfall
im evidenten Urteil aktuellrs Krklniis i^t. Das Erlebuin der Zu-
sammenstimmaug zwischen der Meinung und dem Gegenwärtigen,
das sie meint, zwischen dem erlehten Sinn der Aussage nnd
dem erlebten Sachverhalt sei die Evidenz nnd die Idee dieser
7ii«»infn^timtniin|i^ gci die Wahrheit — Damit glauben wir die
wesenflichsten Sitze wiedergegeben zu habeni in denen Hnaaerl
seine Anfifowong hegrttnden will Er führt das, was darin an-
gedeutet ist, im zweiten Band eeinee Werkes in eingeiienden Unter-
Buchungen ttber »Bedeutungeintentionc und »Bedeutungserftllhmg«
sorgföltig ans und widmet ein eigenes Kapitel (II, 6. Abschnitt I,
5. Kap. §§ 35 — 39) der Analyse der Begriffe Evidenz und Wahr-
heit. Aber wir bezweifeln ja aicht, dal) man den liegriff Wahrheit
definieren kann durch Angabe der idealen Bedingunfrcii der
Evidenz, wie man etwa den Begriff Schönheit gelegeuüicb zu um-
schreiben versuchte durch Bedingungen wie »Einheit in der Mannig-
faltigkeit« und ähnliche. Es fragt sieb nur, oh man bei der
logischen Konztatierang richtiger Urteile, gültiger ScUlhMe usw.
In dem Frtdikat der OttUigkeit UtsHcUieh die Analogie der be-
treffenden Qedankenznzammenhinge mit anderen evidenten Denk-
akten sich vergegenwärtigt Daa wird man kaum behaupten
dürfen. Andererseits wird man Huezerl recht geben mVeaen in
seiner Auffassung, daß es bei den in Bede stehenden Feststellungen
der Logik sich auch uicht um Angabe eines Zusammenhanges
zwischen dem psychischen Phänomen der Evidenz und seinen Be-
dingungen handelt, insofern eine solche Angabe nicht beab-
sichtigt ist. Wir müssen es eben hier als Tatsache hinncimien,
daß man ebensowenig das Erlebnis der Evidenz sich gegen-
ständlich zu machen braucht, wenn man richtige Denlukte toU-
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AbhängigkeitsverhiUCiiis der Logik yon der Psycbologie. 535
zieht) wie eine Veigegenattndiicbiuig desselben nötig ist, wenn man
richtigem nnd fiüflohes Denken nntergdieidet nnd enispieehend be-
nennt Ln Gnmde handelt ea sich dabei nm niohts andeiee ab
wenn man einem Gegenstand eme Eigenicbaft beilegt, wobei man
sneh nieht auf die in dem Meinen dieser Eigensehaft erlebte Em-
ptmdnng reflektiert. (Auf diese wichtige Unterscheidung zwischen
Toi^estellter Eigeuschaft des Gegenstandes und nicht vorgestellter,
aber erlebter Empfindung weist Unsserl an vielen Stellen hin
[z. B. II p. 76, p. 160, p. 1931.) Daß wir der Evidenz eines Urteils
oder irgend eines Denkaktes tatsäclilich uicht vollkommener gewiß
werden, wenn wir auf das wirkliche psychische Erlebnis reflek-
tieren, das müssen wir unserm Autor ebenfalls zugeben. Ja er
hat wohl mek redit, wenn er behauptet, evidente Wahrheit ver-
wandie sieh bei der »Umlegong« des betreffenden Denkaktes in
einen solehen, der Uber das Eintreten des Evidenaeriebnlsses etwas
aussage, in blofie Wahisebeinllebkeii Den Gnmd für diese Wert-
▼ersehiedenheit seheinbar so eng zusammenhSngender Gedanken
sehen wir darin, daB sich das Wesen evidenter Bedeutungsrer-
kntipfuageu, nachdem das wirkliche Erlebnid der Evidenz erst
einmal Veranlassung gegeben hat, sie besonders ins Auge zu fasBen,
all Merkmalen der betreffenden Verkiill{)t"uugeii selbst und nicht
erst im Kückgang auf das daran gebundene, oft recht unmerkliche
Evidenzerlebnis erkannt werden kann. Dieser Grund scheint uns
bei Husserl nieht in voller (Klarheit herauszutreten. Und doch
ist gerade er geeignet, sndi noeh das dritte p^ohotogistisehe
Vorurteil, das unser Autor bekümpft, m widerlegen. Dasselbe
lautet (I p. 154): Vorsehriften sui Begefamg Ton Fsyehlsehem sind
selbstrentlindlieh psychologisch fundiert. Dieses Vorurteil ent-
kriftet Husserl mit den Worten: Zeigt es sich als eine pure
Selbstverständlichkeit, daß jede allgemeine Wahrheit, ob sie nun *
psychologischer Art ist oder nicht, cme Regel des richtig tiü
Urteilens begründet, so ist hiermit nicht nur die sinuvoUe Möglich-
keit, sondern sofrar die Existenz von ürteilsregeln, die nicht in der
Psychologie gründen, gesichert (1 p. 158). Man kann dies zu-
geben, aber man kann aus dem oben angeführten ,Gnmd sogar
behaupten, daß es Urteilsregeln, die in der Psychologie grttnden,
ttberhanpt nicht gibt: Biehtige Urteile werden gebildet, indem
die Evidens erlebt wird, ihre Begehi findet man, indem man ihre
Meikmale, ihre allgemeine Form heraushebt Dieser Form gegenr
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686
£. DOrr,
Ober kann man wieder Evidenz erleben, aber wiederum braucht
man sich dieselbe niebt gegenständlich zn machen. Wenn man
ue Siek aber vergegenwärtigt und zu jener Form als ihrer Be-
dingung in Beuehnng bringt, dann bat man nicht mehr enie
eridenie Urteilnregeli sondern einen dnieh abnome £rfobni^;en
ml^Heherweise Ansnahmen erleidenden Sata der Psyefaolegie. Kun
es sefaeint naeb alMem die Logik kein Teil der Psychologie sn sein.
Wenn wir dies zngeben, so bleibt ans nnr die dritte oben ei^
wähnte Möglichkeit eines Abhängigkeitsverhältnisses der Logik
von der Psychologie noch zu untersuchen, wonach die Ergebnisse
der Lo^ik Trobleme lUr die Psycholopo hedeutcn künnten. Eine
solctic i:iezieiiung der beiden Wisseiwc hatten scheint Husserl zum
mindesten annehmen zu müssen, wenn man die au)^ge dehnten
phäaomenologiBehen Untersachongen in Betracht zieht, die sieb
in iwoiten Band seines Werkes finden. Seine Unterscheidnng
swiscben Psychologie nnd PbSaomenologie nnd die daranf
gründete Behaaptongt claB die pbJbipnienologiMiMn Gmndl^gnngen
sif Logik mit der Psyebokgie wenig oder niebts sn Inn bitten,
wild kann Tie! Anklang finden. Defnn daB die Psychologie nnr
mH den genetiscben Zusammenhängen der Erlebnisee sieb m be»
schäftigen habe, während die reine Beschreibung dieser Erlebnisse
eine bloUe \ orstnfe sei, die zur Vorbereitung hchr verschiedener
Wissenschaften dienen könne (II p. 18), da^ wird als eine will-
ktlriicheBeschränkuug des Gebietes der Psyehi h -ic kein Psycholojsre
zugeben. Wir sehen daher in jeder Abhäugigkeitsbeziehimg, in
welche unser Autor die Logik zur Phänomenologie bringt, eine
solebe swiscben Logik nnd Psychologie, nnd es wird gat sein
bier innltcbst nochmals an ftagen, ob nicbt gar die oben anige-
seUcssenenliOgliebkeilen eines AbbUngigkeitaTerbiataisaes swbcben
* Logik nnd Payehologie nnter dem nenen Namen teilweise
lagestandcn werden. Fwst scheint es so, wenn wnr (II p. 8)
bOren, die PbSnoraenologie der logischen Erlebnisse habe den
Zweck, UDB ein so weitreichendes deskriptives Verständnis der
psychischcu Erhjbiiisse zu verschaffen, alb uötig sei, um aUen
logischen FundamentalbeffriHen feste Bedeutungen zu geben; denn
die Festste! lunjGT der idealen Bedeutun2:pn, mit denrn es; die L^g-ik
zu tun hat, sei in vielen Fällen nur voUzichbar durch den Kückgaog
auf die erfüllende Anschauong (II p. 7 f , p. 56). Indes hier werden
wir Hasse rl g^n sem eigenes Zngeständnis in Sofants nebmen
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AbhängigkeitSTerlüUtniB der Logik von der Psychologie. 537
mttaNn. Wftn es ^Uieb n5tig, auf die bom Gelmnob dnes
B^^ffes, bdm Vollzug emes Urteils erlebten peyehiaehen Fhliiio-
mene zu reflektieren, um den Sinn der betreffenden logieehen
Gegenstände festznetellen, dann wäre in der Tat der ganze Kampf
gegen den Fh^ chuiogisnms völlig zwecklos. Aber eine solche
Reflexion ist offenbar nicht nötig. Die ^bedeutEngerftiUende« An-
Bchiiniinii: wird erlibt, wenn durch Bie die »Redentang« geklärt
wird, aber sie bniu< lit dazu nicht vergegenstäudlicht m werden.
Die Phänomenologie ist überflüssig für die Bildung aller Begriffe
Yon nichtpsychischen Gegenständen, ftlr die Yerknttpfong dieser
Begriffe, sowie ftlr die Regeln dieser Begriffshildang und Be-
grififoverknttpiiiog. NiebIpsyobiBobe Gegensttiide sind «ber anehy
wie Hneserl naehweist (nnd in diesem Kacbweis selten wir eines
seiner HauptTerdienste), die Bedeutungen. Also nieht mur Begriffe
wie Tier, Pflanze» Um nsw., sondern anefa B^ffe wie »die Zabl
Fllni^ ein gleiebseitiges Dreieek, die Bedeutung des Sataes
2x2 = 4, ein Begriff, ein Urteil« usw. können gebildet, logisch
Terkntipft, Bowie auf ihre allgemeiueu Bildung^- und Verknüpfungs-
r^eln geprüft werden ohne Bewnßtseinsphänomenologie.
Dagegen erheben sieh nun auf Gnind solcher lo^rir^cber Fest-
steUnngen Fragen wie die: Was sind denn nun diese Bedeutungen,
diese idealen Gegenstände, yon denen in der Logik soviel ge-
spfoeben wird, wenn sie keine psycbisehen Pbäaomeae sein sollen?
Wie beliebt sieh der Begriff auf seinen Gegenstand? Was tnn
wir, wenn wir eine Bedeutung sn einer Anscbauung klaren? Wie
koBunen wir zu der Untersobeidung riebtiger und ftlseher Ge-
danken? Solebe und abnüobe Fragen erbeben sieb^ wobl-
▼eiilanden, auBefbalb der elgendielmi Logik. Gerade Husserl,
der antipsychologistische Logiker, behandelt als »analytische
Vorarbeit« eine Reihe derartiger psychülugiBcherl'rubleme gründlicher
und fruchtbringender als mancher Psychologe. Eine Reihe dabei
gewonnener Ergebnisse haben wir schon irt leLreiitlich kcniu ii ge-
lernt So die UnterscheiduDg zwischen Gegenständlichsein und
Eriebtsein, zwischen Bedeotnng nnd Anschauung. Auch seine
Auflkssnng vom Znstandekommen der Evidenz in der Überein*
Stimmung eines Aktes intentionaler, meinender Bedeutung und er-
Üdlender Ansebauung baben wir sebon gestraft. Es würde zu
weit ftabreo, auf alle Besonderbeiten von Husserl s origineOer
p^yebologisober Lebre und auf die oft ttberrasebendea Liebtblioke,
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538
E. Dttn,
welche tod ihr ans anf manches Problem fallen, einzugehen. Nor
eine Frage wollen wir noeh etwas ausführlicher behandeln, weil sie
▼ielleioht am dentHohsten aeigt, wie daa» waa in der Logik feat-
Biehti in der Paydiologie lebhafteste DiakuMion herrorm^ kum,
und weil die LOanng, welche anicr Antor tos dieier Fiaee gilrt»
ana nochmala den Kein aeiner Anachanangen e&thttlli Es handelt
Bieh um die Frage naeh der Möglichkeit der Allgemehibegrüfe.
Den ganzen Streit, der mit Loekes Lehre von den allgemeinen
Ideen begonnen und von Berkeley und Hnme mit ihrer Be-
käuipiuüg jener allgemeinen Vorstellungen aufgenommen wnrde,
der auch heute noch luitdiüu rt, den Streit der Abstraktions-
theorien rollt Husserl vor um auf (ü p. 106—221). Er zii^^t,
wie die »psychologische Hypostasiemng« des Allgemeinen (II p. 121)
ein Mißverständnig sei, welohes die Entwicklung der Lehre Ten
den allgemeinen Gegenatlnden nnhettycll beeinflnftt habe. Unter
dem Yomrteil, daa waa im Denken allgemeiner Begriffe gemeint
aei, mttaae payehiaeh leal aein, führt er ans, habe man aieli nient
bemtthti etwaa derartiges, wie allgemeine YonteUvngen im Be-
wafiiaein anfimzeigen, und als dieaer Veram^ raifilang» habe man
geleugnet, daß es allgemeine Vorstellungen gebe. Demgegentlber
stellt er die Behauptung auf: Es gibt allgemeine Vorstellungen
(II p. 140). Aljir er versteht darunter »Vorstellungen von Spew-
fischem'^ Gemeintsein heißt naeh ihm nicht soviel wie psychisch
real sein (II p. 133). Die sinnvollen psychologischen Fragen, die
er an die einfache Eonstatierung der EiListenz allgemeiner Vor-
stellungen knüpft, findet er bei Hnme. Sie lauten: Wie kommt
die Einzelidee an ihrer reprlaentatiTen Funktion? Und: Wie
kommt ea, daB die EinieHdeei die aielt doeh vielen Äknliehkeita-
kreiaen dnoidnet, in jedem beattmmton Qedankenzuaammenhang
nur Ideen einea aolcken Ereiaea reprllaentiert? Bei dieaen
Fragen bat man nnr den von Hnme aeibet und yon aeinen An-
hängern mißverstandenen Begriff der Repräsentation nach Husserl
in dem Sinn einer allgemeinen Vorstellung als des Aktes der all-
gemeinen Bedeutung zu verstehen. Dann kann man Hnme den
Ruhm vindizieren, der psychologischen Theorie der Abstraktion
den Weg gewiesen zu haben, ohne ihm andererseits den Vorwurf
an ersparen, daß seine Abstraktionslebre in logischer Hinsicht eine
extreme Verirmng sei (H p. 188). Dabei findet unser Autor
die branehbaron Anatttee aar paychologiaohen Abatiaktionatlieorie
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AbhängigkeitsverblltiiiB der Logik von der Psychologie. 539
nicht nnr in Humes FragwteUiing, sondern aneh in seiner LOsnng
der betreffenden Probleme, wenigstens in der Bichtang, in der
diese LOsnng Yersncht wird. Eine voUstlndige kritische Heians-
srMtong der betreffenden Theorie nns den Hnmesehen Grnnd-
lagen zu geben, verschmäht Hnsserl freiHclL Wir müssen nns
mit der allgemeinen Anschanung begntlgen, daß ans der Wirksam-
keit der AHSociatiou ein Aktcharakter erwachse, der einer Einzel-
aiis( luiuung die intentionale Beziehung auf eine Speeles, auf die
allgeiiieinen Gegengtimdc verleiht (verg:!. II p. 101, p. 108 Dieser
Aktcharakter ist ein verBchiedcucr tllr verschiedene Gegenstände,
wie Hasse rl an dem Beispiel äquivoker Ausdrücke nachweist,
wo wir den Bedentnngswechsei (anoh ohne b^leitende Yeran-
sehanliohiing) Yollsiehen nnd erkennen kOnnen, ohne dafi das
sinnliche Zeichen wechselt (II p. 73), ebenso wie wir andererseits
einer identisehen Bedentong trots Wechsels der W5rter bewnBt
werden.
Damit wäre nvn in der Tat die Frage nach der psychischen
Realität and die daran sich knüpfende nach der Beschaffenheit
der idljaremeinen Gegenstände abgeschnitten. Aber es erhebt sich
dafür üütüriich die andere Frage nach dem Verhältnis dieser all-
gemeinen zu den einzelnen Oefirenstundeii der Außenwelt and die
fernere, uns hier mehr interessierende Fnige: öind diese all-
gemeinen Yorstellongen nur Bedeotnngen oder gehören sie ebenso
SU einer Gegenstiüidlichkeit, wie die individuellen ßedentangen.
Wenn wir uns erinnern, daß Hnsserl an dem Beispiel >gleich-
seitiges — gleichwinkliges Breiedc« die Verschiedenheit von
Gegenstand nnd Bedentong demonstriert hal^ so mttsien wir das
lelitere annehmen. Damit stoßen wir aber nochmals anf das ftlr
die allgemeinen Oegensttnde besonders schwer Terstindliche Vor-
hiltnis Yon Gegenstand and Bedentong. Hier haben wir nicht
einmal die Möglielikeit, den Gegenstand iiU ciucu unabhängig
vcMi Ulla existierenden unserer meinenden Beziehung auf ihn gegen-
U her zustellen. Und diese Möglichkeit beweist ja selbst bei indivi-
duellen Gegenständen nicht viel ftlr Hnsserls Behauptung. Denn
die Bedentong ak Gegenstand der Logik soll ja nicht mit dem
pBvchischen Akt des Bedeatens, des »meinenden Beziehens anf
den Gegenstand« identifisiert werden. Nicht solche Aktcharaktere
sollen in der Logik gegenstilndlich werden, sondern Bedentnngen,
welche ehmo wie Gegenstände durch derartige Aktohaiakteie
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640
bestimmt, in ihnen gemdnt sind. Woxin also solche Bedeotmigen
Ton den Gegeaständen, zu denen sie gehören sollen, noch unter*
lefaieden sind besw. wodaieh sie sich Ten einzebieii, im meiiiendea
BewvfitMm bemrgehobeneii Seiten nnd Besiehungen der
GegemtSnde nnteraeheiden, das IftBt sieh kaum einsehen. Aber
■elbit wenn man trotz aUedem konkrete Gegenstände der Anfien-
welt nnd die sngehiSrigen logisehen Bedeotmigen dvreh den in der
reinen Logik gar nicht heimatbereehtigtan Gegensatz realer nnd
idealer Existenz auseiuauderhaltcu wollte, würde t^ir die allgemeinen
Gegenstände eine ähnliche Unterscheidung unmoij'lich werden.
DicBe unsere Abweichnn^ y<m einer logischen Unterseheidimg,
zu der sieh Hasserl veranlaüt gesehen hat, führt uns übrigens
auf eine Frage, die ein Gmndproblem der Logik bedeatet and
deren Beantwortung die bisher dargelegte Verschiedenheit des
psychologistisehen nnd antipsyehologistischen Standpunkt« in eoMn
konkreten FaU soharf hervortreten läßt Die Frage lantet: Wie
laMMn sioh Bedentongrantenefaiede featrtdien? Der FaychologpuBt
wnd antworten: Doreh Beobaohtong der psyohiBehen Phänomene^
welolie xwei yenehiedetten Begriflfon entepiecihnD, werden wir bei
der Evidenz nnserer inneren Erfidnrnng ihrer tJntersehiedenheit
nnmittelbar bewußt. Ein Anti psychologist wie Husserl weist
zuiiächist darauf liiu, dali die Evidenz nicht anf die Fcststellnngen
der ijmeren Erfahrung beschränkt ist, sondern der Konstatierung
von Gleichheit und Verschiedenheit in der äußeren Erfahrung
ebenso zukommt (11 p. 7Ü3 Ö'.]. Eine wahrgenommene Verschieden-
heit von Gegensülnden der Außenwelt ist ebenso gewiß eine er-
lebte Verschiedenheit wie eine solche von psychischen Phänomenen.
Wir brauoken also, um etwa die Veiaehiedenheit von Rot nnd
Blan MmsteOen, nieht anf nneere Empfindnngen xn reflektieren^
eondem wir branohen nnr in der AnHehanwng eines roten nnd
einee blanen Gesenstandes die Empfindungen sn erleben, nm Jenen
üntersehiedeB bewnfit m werden. Zwar liei vielen Begriffen be-
darf es überhaupt keiner Anschannngen, nm uns ihrer Bedentnngs-
verschiedeiiheit gewiß zu machen. Aber feinerer Bedentnngs-
unterschiede werden wir uns nach Hasserl nnr doroh den Kück-
gang auf die erfüllende Anschauung bewnßt. Daß man unter
diesem »Rtickgangc nicht psychologische Keflexion verstehen darf,
haben wir oben bereits nachgewiesen. Hier ist noch zn erwähnen,
daß der Begriff »Ansehannng« von nnserm Antor weiter als g»-
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AbhäagigkeitsverbältuiB der Logik von der Psychologie. 541
wl^lmlioh g«laBt wird, indem er neben der Binnliolien anok die
flogensDnte luitegortjde Anacbanung nm^t (II 600 it). Aber
wenn wir aneb von der Sebwierigkot der Untonrabeidiuig solcher
kategorialer AnBchanangen ganz abeeben, so kennen wir uns doch
der Tatsache nicht yerschließen, daß oft aaeh Yerschiedenhetten
üiimlich ausühaulicher Gegenötaude nicht erkannt werden. Diese
Tatsache bedentet freilich keine Stutze für den Psych tlogisiuus;
denn daß auch bei Vergleiehnn^ psychischer Phänomene nicht alle
Unterschiede erfaßt werden, geht anB dem auch in der heutigen
Psychologie fortdauernden Streit Uber die Benennang gewisser
BewaBtseinserscheinnngen zur Qentlge hervor. Aber für den Fort»
sebritt logischer Untersnobnngen in der Ton Hnsserl eingeschla-
genen Biobtnng ist jene Tatsaebe von großer Bedeutnng. Es ist
daher an bedsnem, dafi Hasser! eine Ufsnng der darin entbattenen
Sehwieri^eit eigenliieh niobt gibt Er behauptet nnr (IIp. 107^
waa wir ihm gerne glaaben» daB die Evideni besllglicb der Unter-
seUede bitentionaler GegenstSade niebt dadnrefa aa^ebobea werde,
daß wir uns Uber nnsere Intentionen leicht täuschen, sobald wir
über die Sphäre der groben Unterschiede hinausgeben. Aber wo-
durch wir in den Stand gesetzt werden, alimähiich immer feinere
Unterschiede zu erkennen, das erfahren wir nicht. Immerhin
glauben wir Andeutungen unseres Autors hiertlber richtig zu er-
gänzen, wenn wir annehmen, daß der logische Fortschritt in der
Bedentongsanalyse sieh ToUiiebt, anf Grand deren einem viel-
deatigen Begriff venebiedene^ daranter anvereinbare Meikmale
lagesproehen weiden, die dann Veranlassnng an einer Diffsren-
lienmg jenes Begrüb geben. INes kann freüiob hier nnr als Yer-
■atnng ansgespiooben werten, ebne daB wir nSber auf die Saohe,
die lediglieb logisebes Interesse bedtit, eingehen wollen.
Zu den Ausführungen Hnsserls über das Verhältnis yod
Psychologie und Logik hat nun Schuppe in dem Archiv ftlr
systematische Philosophie (\U. Band, 1. Heft p. 1 ff.) unter dem
Titel: »Zum Psycho logismus und zum Normcharakter der Logik«
eine Ergänzung gegeben, auf die hier kurz eingegangen werden
soll. Schuppe begrttfit in Hnsserl einen bekehrten Qegner, bat
aber trotzdem manches gegen dessen Untersuchungen einanwenden.
HaaptslehKeh bekftmpft er die Aaffassnng Hnsserls, wonaeb die
Gfflndnng der Logik anf das BewnBtseln tlberbaiqft Fyebologtsmns
sei (a. a. 0. p. 6). 8dn Widenpniob benibt im wesentUeben
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542
E. Dflrr,
darauf, daß er das Sein der Objekte des Bewußtseins ebenfalls
alfl Bewußtsein bezeicbnet ]>eahalb unterscheidet er ümerluUb des
BewüBtseiiis das SalyektiTe, Tom indindneUen Ich Abhlngige, und
das ObjektiTe, ven Indivldnen Unabbiagige, und betraehtet das
entere als Gegenstand der Psjeholoipe» das letstere ato Gegen^
Staad nieht psychologiselier Wissensdiaft, nnd da leliteres aneli
die lofnsehen Bestimmtlieiten umfaßt, so fidlt aneli die Logik
■.i\iä dem lUkmen der Psychologe, obwohl sie auf Bewußtsein ge-
gründet ist.
Diese Auffassung: Schuppes scheint durch die Vieldeutigkeit
einiger für sie wesentlicher lie^^riffe ungünstig beeinflußt zu sein.
Wenn er zunächst das Objekti?e als das vom indiriduellen Ich
Unabhängige bestinunt, so versteht er darunter bald das Gattnngs^
mäßige (vergL a. a. V. p. 10), das in allen Indifidaen Vorhandene»
bald das, was naeh der gewOhniiehen Anf&ssang, die er bekimpft,
»aafierhalbc alles Bewoßtseins oder für das Bewafitsein ein Ge*
gebeaes ist Aber wenn er, um die Zugehörigkeit der logiseben
Bestimmtheitea zum Oligektiven des Bewußtseins danoton, sagt
(a. a. 0. p. 5), »daß wir bei jedem, wie b^baffen er anob sonst
sein mag, voraussetzen, wie daß er mit offenen gesunden Augen
den Baum oder Kirchturm vor ihm sieht, so auch, daß er die Begriffe
dasselbe und nicht daBselbc kennt und verwendet*, so ist nicht
einzusehen, warum nicht aun demselben Grund die Lust- und Un-
lostgefühle, die doch auch in jedem Menschen vorauszusetzen sind,
zun ObjekÜTen des Bewußtseins gerechnet werden. Daß das aber
Ton Schuppe beabsichtigt sei, scheint doch ansgeschloasen. Aaeh
der Begriff »Inhalt des Bewußtseins« leidet offenbar an Doppei-
simiigkeit, sofern damit einmal da^enige beadehnet wird, was
Otjekt» erenluell bloß mOgliobes ObjdLt eines Bewußtseinsaktes
ist, und ein andermal dasjenige^ was in einem Subjekt, in einem
Bewußtsein Torkommi Überhaupt läßt der Begriff »Bewußtsein,
Bewußtseiendes« die doppelte Deutung zu, ihn bald im Sinn von
>seiner selbst Bcwuütseiendcs«, »Bewußtsein Habendes«, bald im
Sinn von »einem Subjekt Rewußtseiendes«, »Bewußtes« oder »Ge-
wußtes* zu verstehen. Wir ziehen es deshalb vor, mit Husserl
gegen Sc'hnppe die Wissenschaft von den Objekten des Be-
wußtseins nicht eine Wissenschaft vom Bewußtsein, eine anf Be-
wußtsein gegründete Wissensohaft zu nennen, sofern es sieh sieht
um die Objekte psyehologiseher Beflezion bandelt
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Abhängigkeitsverbältuiä der Lo^k von der Psychologie.
543
Dagegen stimmen wir mit HvBserl Schuppe darin Iwi, daß
die logisehen Bestimmiheiten zw den Objekten und zwar nicht
nur im Sinn des »GattangBmJlBigen«, sondern im Sinn des >nn-
abhängig yom Subjekt Qedaohten«, des »Gegebenenc gehören.
Nicht deshalb, weil alle Menschen sich der Idcntittt, Gleichheit
und Verschiedenheit, der Vereinbarkeit und Unvereinbarkeit von
MerkmaJen und Gegenständen bewußt werden, sondern weil man
sich dieser und ähnlicher logischer Rcstininitheiten im ninblick
auf Objekte, auf die Dintre der Auüenwelt und ihre Eigen8< b:i)teii
bewußt werden kann, and weil dieses Bewnßtwerden selbst nicht
einen Akt psychologischer Reflexion darstellt, deshalb halten wir
die Logik für eine nichtpsychologische Wissenschaft.
Schuppe mnB man endlich gsgen Hosserl in einem Punkte
recht geben, der hier auch noch eui gfOtteres Interesse bean-
spruchen kann, in der Behanptnng nUmlieh, der von Hnsserl im
Kampfe gegen den Psychologismns betonte beigebrachte Gegen-
sats empiriseher nnd apriorischer Erkenntnis sei. recht unklar
(a. a. 0. p. 13). Diesen Punkt hatten wir im Aüge, wenn wir
in der Einleitung davon sprachen, dai! wir den kriti^f^hen Aus-
fHhrnngen Husserls gegen den Psyrhuldi^-ismus nicht vüilii.': zu-
stiiiiiueii konnten. In der Begründung seiner Behauptung weist
Schuppe sehr treffend darauf hin, daß man unter empirischer
Erkenntnis nicht bloß die durch Induktion ge^denen S&tze ?er-
Bteht, sondeni auch das ein&ohe Bewußtwerden von Gegebenem
und zwar sowohl der positiTen Bestimmtheit als auch der vor-
handenen Untmshiede. Es mnB also kehieswegs jede empiiische
Erkenntnis den Wert blofier Wahischeinlichkeit haben und eine
Widerlegung des Psychologismus, wie sie Hnsserl zunächst
(I p. 60fif.) Tcrsncht, daB eine psychologische Behandlung die Logik
zn einer empirischen, also bloß wahrscheinliche Ergebnisse statt
evidenter Gewißheiten enthaltenden Wissenschaft degradiere, ist
nnmüglich. Im Gegenteil: Obwohl nicht auf Psychologie ge-
gründet, beruhen die S it/.e der Logik vielfach auf reinem Vor-
iindeu, ohne dadurch von ihrer Evideuz etwas einzubüßen.
Die Übrigen Darlegungen Schuppes, die noch einige be-
gründete Einwände gegen einzelne Punkte von Husserls Unter-
fli^nngen bringen, kommen fttr unser Thema weniger in Betracht
Dagogen wollen wir neben dem un großen nnd ganzen mit
Hnsserl ttbereiBBtunmenden Denker anch einen Oegaet knn zn
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544 E. Dflrr, AbhMiigigkeiteraxliiltids d«r Logik tob der Fkydiologie.
Worte kommen lassen, der sich Uber das Verhältnis der Logik
Kur Psychologie im Siun des Psychologismas ausspricht. Elsen-
haDB hat im 109. Band der Zeitschrift fUr Philosophie und
pbikMophiBche Kritik (p. 196 ff.) diese Stellang zu unserer Frage
eiDgenommeiL Er behauptet, daß swuohea Peyehologie und Logik
kein üiitefBehied der Gegenitiiide und kein Untersofaied der
Methode ihrer Bearbeltang bestehe. Aber wenn er »unter Gegen-
stand einer Wiflseneebaft denjenigen Awehmtt der geiamlen
Wirkliehkeit yereteht, auf welohen die Arbeit des Denkens sieh
richtet« ,80 ist diese allgemeine Umschreibong des Tieldentigen
Begriffs »Gegenstand« von Hiisserl bereits durch seine ein-
gehenden AnalvHcn so weit tll)f rholt worden, daß wir nicht näher
darauf zurUckzukoinuitn l)r;iiH lien Was Elsen bans beztlglich der
Methode, die in Psychologie and Logik dieselbe sein soll, bei-
bringt, trifft im wesentlichen zasammen mit dem was Hnsaerl
onler dem Titel: »Die Logik als Theorie der Evidenz« behandelt
und kann daher mit dem, was oben Uber diesen Pnnkt erwfthiit
wilde, ebenfalls ftr erledigt gelten. Wenn endlioh Elsenhans
anf die psyohologisohe Behaadinng des Urteilsproblems namendieh
hti Wnndt hinweist, am seine Anffhssang zn stützen, so gUaben
wir doreh den Hinweis daraaf, dafi die logisehen Talsaehen in
mancher Hinsicht Probleme (Va die Psychologie bedeuten, ohne
daß bei der Feststellung jener Tatsachen die Psychologie bereits
zu Rate gezogen werden mtlßte, aach diese Argumentation bereits
entkräftet zu haben.
Die Anschauungen anderer psychologistischer Logiker sind von
HuBserl selbst so eingehend behandelt worden, daß uns zur Zeit
ftbeEfaanpt kein wesentlicher Einwand der Gegenpartei bekannt iil^
dar nieht von dem hier eingenommenen Stsndpnnkt aoa seine
Widerlegang finden kjJimte. Es seheint daher das ansem Be-
traohtongen za Oronde liegende Werk Yon Hnsserl eine a&a-
adilaggebeade Bedentnng in dem so lange anentsohiedenen Streit
am die prinzipielle Bereohtignng einer selbständigen logisehen
Wissensehaft zu besitzen und für den logischen Fortschritt ebenso-
wohl wie tür dte Klaruii^^ psychologischer Grunduuächauungen
wertvolle Beiträge zu enthalten.
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Besprechimgeii.
RMitteken^ Haberl» Poetik. Erster TeiL Vorbemfirkiuigeii. Att-
gememe Analyse der peyduMihen Voigiiige iMim GemiB einer
INchtang. (Xm, 315 S.j Hllnclien 1902. G. H. Beek'eclie Ver^
lagsbnehhaiKlhmg. jB, 7. — ; in Leinen geb. 8. — .
Vorbemerkungen (l — 38'. Das an Einzel- and Selbstbeobacbtiin^oD
reiche Buch untersucht »im ullgemoinen die Vorgänge, die sich beim Genuß
fliier Dichtung in out abqifelWf <*^t fwinutelleii, wie «10 dem «uiiittol-
buen Genoß einer ZHchtnng ein Wertartdl zn gewinnen ist, und behandelt
im Amehliiß daran aneh den außerästhetiscben Wert der Poesie«. Dem rein
w!s?fn«ichaft]if»heTi Intcresf'p an den Problemen dpr Pnrfik und dem praktischen
Bedurfiiis des Litterarhistorikers will es dienen. Aufgabe der Poetik ist
Enuittelong der die Eigenart der Dichtungen aownachenden Momente: Fest-
•teitong dee ihnen ChnnebunniMi vsA ^oAbning in Gruppen. Dtehtongen
ezletleren nnr in der Seele dee SehaHtaden oder In der dee Oeniefieiiden;
ein Leben außerhalb dieser Seelen haben aie niehi Von dem, was in der
eiprenen See)'' brnin HnnuP ninrr Diohtnnsf infolge Nacherleben«! vorereht, alg
etwa« unmittelbarer >J,rfalirung last jederaeit Zo^Hnj^liphcin, hat die Unter-
suchung auf Grund von Dichtungen unserer Zeit und Kulturstufe iu der Form
psyoholegtacher Analyse auszugeben. Gegen Marbee Änßerongi), daß die
peyehologiadie Zeiiegnng fksyehlaeher Eompleze in einfbehe Eleniente nnd
Tatsachen för den Litterarhistoriker unbrauchbar sei, der vielmehr dnen
bestimmten Teil geistigen Lebens in seiner Kompliziertheit nachleben und
verstehen wolle, wird gesagt: Bei einem durch nacherlebendes Verstehen
g:ewonnenen, instinktiven Begreifen psychischer Tatsachenkomplexe soll der
UttemidMoiiker idebt itehen bleiben, aondem er mO dieae Komitoe in
bekannte laemente aeriegen, die Beaiehangen dieaer an einander klar machen
und das Ganze als gesetzmüGigcn Zusammenhang begreifen. Die Zerlegung
braucht nicht auf so riMf:i( he Elemente 7\\ -rehen, wie pie da? Ziel der theo-
retischen Psychologie bilden. Als solche Kiemente werden an einem Beispiel
(Ilailcrs »Alpen«) die bestimmte Eigentümlichkeit der Phantasie des Dichters,
nein ethfadiea Ideal vsd die Eigenart adnerGefHhlaeRegnngai bei ethieehen
Betrachtnngen aageftthrt Ana einem gemeinaamen Kernpunkte alle SSgen-
tflmltchkeiten zu b^eifen, das Individnnm auf eine Formel znrUckzuftihren,
ist freilich nicht möglich. Gegen Lamprecht wird geltend gemacht, daß
auch das in nur einem Exemplar g^bene, ein Abstrahieren von Typen also
1) Vierteljahraa^rift fttr wiaaenachaftUehe PUkwophie, 1898, S. 839.
kaeHn Ar Pirehokfitb t. Uttretv. \
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2
BMpraehmifeiL
anppohließpntle Iiulividualppyrhisfhe, dem Sozi^ilpsychigchen ge^r^oübcr, durch-
aus vollwertiges Objekt wiaseuschaftlicher Forschung Ist, desseu Bestau iteila
zwar nieht mit Mtehen anderer Objekte, wohl aber mit allbekaanten
ElMMBtn SBMNt p^fobiMhm Lebest veigUelMB werden klHuMtt. Das
wichtigite lOttol für die Erkenntnis fremden Seelenlebens ist daa Nacherieben.
Da wir anxnnehmcn haben, daß daa Seelenleben aller Geschöpfe sich nach
denselben Grundgesetzen vollzieht, m muß das, was wir nachzuerleben im
Stande sind, in sich uiügUch sein. Ein uolohes Nacherleben vollzieht sich
unter von unierer Phantasie dargebotenen Umstibiden; da es sich unter wirk-
Hehen ebenao voUiieliett würde, int der Zwange nrft den ea erfolgt ala Reflex
objektiver Qesetze anzusehen. Ala Mittel, richtig nachanerieben (ebie Ve^
fiilachanff fremden Socinnlebcna au!'7n?rhHpOon\ werden genannt: Erweiterung
de» ne?iifhtskreiflf'8 und Kon-f ktur jener instinktiven Popnlarpflychologie, in
die wir leicht kritiklos hineinwachsen, dorch Beobachtung fremden Lebens,
durch AasohauuBg und Bericht, psychologische und psychiatrische Studien.
Hand in Hand mit dem Nadieileben gebt eine aUe Xomenfte aoweld einaeln
nia in Üuren veiadliedenen Zusammenhängen anf ihre Wirkungen prüfende
und sie gegeneinander abwägende Ausdeutung, die sich von vorgefaßten
Meinungen zu befreien hat. Die durch ein solchem Nnoherleben vennittehr'
Einsicht in die innere Notwendigkeit fremden psychischen Geschehens wini
Khnnerungstäuschnngen ond dem Veigeaaen gegenüber durch bloßes V^er-
ateiien enwtat, dn nur bewnOte Voiginge nnclieilebbar aiad.
l.SnpiteL Die Spraoiiettnddna innere Bild. (80—81). Diditongen
aind apiaehUobe Werke. Wae die Spmehe außer dem cBe Dieltn^en in
keiner Weise charaktwirierenden Wortlaut bietet, liegt in der Bedeutung der
Worte Aber alle von Worten in uns geweckten Vorstclhm^cn und Emjifin-
dnngen au» den Sinnesgebieten, Begriffe. Stimmungen treten bei versclii« di nen
Personen in verschiedener Weise aul, repräsentieren die Wirklichkeit
hüdiat nnvoUkomnuB vnd bielen besondere, die Diohtnng anneiehnende
Meikmale nklit; nnr dann tat dn apraehBehea Weilt eine Dieiitnng^ wenn
wir nna Ihm gegeaibar im balande laUielueher Anaehanimg befinden.
2. Kapitel. Die »sthetisohe Anschauung (82—151). l. All-
gemeine Befx'brcibnng. Für die ästhetische Anschaunng falleTi fort:
außerhalb liegende Zwecltmotive, Hinblick auf eine vom «pniehüi In n Werk
nnabliSagige Welt von Objekten, über die es aufklären soll, Uinauaschauea
in die Welt der WiibUebkelt; nnr in der Diobtans mUw* äBtSm die nimen
Anftnerkaamkeit ftaaelnden Hoüve Hegen. Unter Abkbnnng niberen Ein*
gehens auf die schwebende Kontroverse Uber die Geflihlsqualitätcn , wird
die Ansicht vertreten, daß Gefühle Zustände sind, die durch die Worte Lust
und Unlust in erschripfender Weise nicht charakterisiert werden; ebenso-
wenig durch die drei Wundtschen Grundrichtungen. Die Frage nach drai
VerhUtnia zwischen der Geftthlawirknng einer Voiitellnng und ihrem Beiz
für die Attfineikaamkeit wird in Aabetiaebt der benradieiiden Meinnngnrer-
echiedenheiten und des Mangele an Vorarbeiten nur kurz besprochen. Die
Ijif?twirknngen der Vorstelhinir^^n, die dn? 'v\'irhti£i:ptr> Element des ästhetischen
Verhaltens ausmachen, und ihr Keiz tur die AutiiierkHainkeit hängen eng
zusammen. Widersetzen wir uns der Fesselung dieser ^an lästige Vor-
atellnngen), so iat der Sathetiaehe Zustand dorohbrochen. Last- nnd nnlnat-
gebende Yotatellnagen acbeinen die Anfinerkaamkeit atfaicer an feaaein, ala
aolehe, die andere Ctofüblaqnalititan (abgeaeben Ton der dareb aie erat ert^gtM
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Beiprechaagen.
Lott odor Unlast) hervorbringen. Das mit dem CMHhi der SpMMBg Br-
w»rtetc muß selbst^ neue Beize für dio Aufmerksamkeit enthalten.
Die Erürtenmgen Uber 2. den Eindruck der Lebenswahrboit ttb^r-
g«iie ich, da er im 2. Bande eingehend behandelt werden boU.
8k Die IllnsioM. 6egenlU>er der Ansieht Taines über di« flloaton in
Theftter, dsß lie auf «Imb bertiiidigw Wteluwl nrfanbrn ^uUmwaAwkikA
glauben an die Wiiklichkeit des Dargestellten beruhe, nA der vonwdlii
Meinüng I. ani^pfl, der den Kern des künstlerischen GenuBses in einem fort-
wShreuderi 1 linimdherpendeln zwischen Realität und Schein erblickt, wird
da« Autkommen eines UedankenB an eine hinter dem Bühnenbilüo uttihende
Wirkfidikeit im Zostande der lUnnon abgelehnt; nur dem Bilde gehört unsere
AafyaaAaumkäi, Im dm m wieh dfte Beiweik (BtdneMainduiag, BeihM
der Zuschauer ete.) nicht dauernd zu stOren venaagi Huer iMUHives Ver-
halten im Theater ist durch Oewolinheit und die nie ganz ans dem Be-
wußtsein schwindenden BiWer des Beiwerks bestimmt; es ist Vorbedingung
des ästhetischen Znstandes, der öeinprwpJtf» wieder hemmend aut unser liandeln
wirkt Auch wirklichen Ereignisseu gegenüber gerät der absichtlieh sich
peariT Vertilteiide Ideiiter i« den MhetiMlNii ZnttaHid, wm Meh dnrah
eine plötzlich sich geltend mnehende mXchtige Ergriffenheit poetischen, nlier
auch wirklichen Ereipnissen ^feg^cnüber ohne absichtliche PaasrritSt eintreten
kann. Abweichungen von der um bekannten Wirklichkeit lösen die Einheit
vun Daratellung und Dargestelltem, stüren die iiinsion. Lebenswahrheit,
lustbetonte Gefühlswirkung, gut vorbereitete Stimmung, GreUlufigkeit objektiv
imrichtig«r VorsteDuKgen geben efai Gegengewleht EiallUirimg des Wnder-
Tinren erfordert Vorbereitung. Von der Art der parsteUnng hingt durch
Ketlexion zu beeinflussende Wirkung der IHuBionsstörnngen ab, die meh bei
Ankian^:: an andere Dichtungen un<1 Erlebtes eintreten können
3. Kapitel. Die Gefühls Wirkung (162—268.) 1. Assoziativer
Faktor. Der direkte Faktor umfaßt die akustischen WortvorsteUnx^n
nebeC Kkngftrbe nnd Betonnng nnd die nnndttelbeie GelQUswfrknng dieeer
Elemente; der assoziative die eineraeits durch Klang und Betonnng nnd
andorsf^its durch dio Wortbedeutungen erregten Emptindungs- und Vor-
«tellungsmassen nebst deren ( iot uhlswirkung. Feststehende assoziative Fak-
toren der zweiten Art deren Vorstellungselemente filr sich nicht bewußt werden,
können schon bei einzelsen, Stimmung verbftltendett Worten nid fonnel-
haften WortsnannuneneelanngeB wirlcen, ebenao bei nielit fonneUnAen, bei
denen Kombination bereit liegender Zusammenhiinge und AnswaU Im Sinne
des Dargebotenen stattfindet. Das nirht in nulio l'ileihen (ier hierbei durch
die neu erregte Masse ersetzten alten Dispositionen und das Weiterwirken
dieser (Ubergeordneten; Masse auf andere, zu ihr passende (untergeordnete)
Diapoeitionen treten ala weitere BeetandtaOe des aaeodattren Faktors an
den der Wortbedeutunge» hinan; iHevlel von ihnen im einnelnen Faüe anr
Geltnng kommt , iai voaehieden. Anf die neuerdings fepfogmMn Kontro-
versen über die zu unterscheidenden Arten von Assoziationen wird nicht
eingegangen, sondern es werden Erfahnings- und Ahniichkeitsassoziationen,
als bisher meist unterschiedene, beibehalten. Jene verbinden durch BerUhrungs-
aaaoaiatfon oder eine Kette von solchen verkaApfte Inhalte, von denen der
fepfodnalerende dnrdi einen ÜinlSeben oaetat werden kann, aofim deaaen
Beprodnktionstendenz betont wird ; diese verbinden ganze, einander ähnliche
Maasen nnd ferner aolehe, deren Teile nur einander ihnJioh aind (nn die aieh
1*
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Aui htnitü 6*:aeu oaihiiUche leile durch LHahmngs»««- anscoiifi^n,, »oten
die ReprudaktioBStaideBMn (to gauen Mimpii betont werdoi. Jla £r-
ftkraBS""^ MImb Si fi. Wotto Mit 0nM BodsslnigMMMMai Ahilicfc
Irtitwffff dfe ttberiptol^MaB Btttandtdle des aa«. F. mit des Dmea ontai^
l^ordneten und diese untereinander.^ Der Be^ff des a^. F. wird Kfilpe^
pe^nHb<>r dahin nnTPitrrt daO BeziehunpcTi zn ethiaehen TeadeBseiif die
außerhalb des iaiathetiBcbeD Komplexes liegen, die aathedacbe Anachaamig
uiebt darchbreofaeB, Bofav sie nicht anadrücklich voigeatellt werden; ebenao-
nrfkOig«! Wmmm «ia« dndi ta Woftint d» Piahti^ aid«
geforderten aaa. F. and UnvoUständigkeit und Unrichtigkeit etnee aolchm
Die Mitwiiknnf? solcher individuell zuni1Iig:er Faktoren ist durch Anatjne
ÜMtsnstellen und vom Eindruck <]p« Objekt«« überhaupt zu trennen.
2. Neu eingeführt wird der Tenuinus >Ein8chmelzang<. Sie b^tebt
im lüneintragen eine« aaa. F, Im flinen direkten ala dMiM Kigenachaft und
ntergeofdMter Bestandteile dta aaa. F. in Hboseordnete. Der Teil, in den
fltageaehmolxen wird, kann seinem Vorstellungsgehah nach vnbewaßt bleiben
(z. B. Charaktere einer Dichtung . Bei der Eioachmelzong beteilig^te Massen
Rtehcn faat auHschließlich m .\iuilichkeit8a^!«o7,iRtinn. Zar Einachiuelzung
gelangen: Vorstellangen von 1. leblosen ubjektea, 2. lebenden Weaeo
(»Da-PersonifikiUioa« : s. & naa ligemden Objekten werdn KfgftnachaftwB,
die nna Irgem kteaca, all penOnHeh» «igeaohrieben) «ad 3. ndn loh oder
Teile desselben (»Ich-Peraonifikation«). Unter »Reaktionsgeflflil« inM das-
jenige Cefilhl verstanden, das man einem Objekt oder riner Person pe^enüber
hat, UQt^H' •SabstitutiouageflihU dasjenige, das mau in der Rolle einer Person
oder eines in ein Objekt erst eingeschmolzenen Weaena hat Sind i&eaktions-
ond Sabatitiitionageflihl IdeiitiaGh, so kaaa lieh dio leh-Pemonilikatioii ana dar
Da-Penonifikatfoii leiefat ealwIokalB. (Sdnraakaa awiaeheii iMidai a. B. bei
»heiterm Oelb«, au^ dem uns etwas anlacht und wir Mlbat haianalac]M&)
Modifikation der Walirnebmunjj der Masse, in die eingeschmolzen wird, braucht
nicht zu erfolgen iz. Ii. Einzelner IJor^ vorm Gebirge. Vorposten desselben],
kann aber »ehr weit gehen (z. B. Nebelstreif: Erlkünig). Charakteristische
EleaMala daa WahrailniaBeakomplCBea wifdea daM heivoigahoban. Kil
fitauduaebnuig vaMraa lebt odar aiaaalaar Teile deeeelbeB lat biaweileB der
Undmck ktfrperlidier Selbstversetnag odar der Bewegung von KOrperteüea
verbunden. Dichterischen Charakteren grepfenübcr bcfrliTiftiiren füe Substitution
Aufmerksamkeit und Ähnlichkeit mit der anluehmenden Person in iiußerer
Situation oder ionerm Wesen (ein sich Gefallen in der betr. Bolle). Rascher
SnbititQtimunreeheel lat möglich; AnaUeibea Tom Diekter enrarteler Sab-
ftitetfoa modiflaiert den Eindmck sehr stark.
8. Die einzelnen Qeftthlsanlässe. Eingehende Prüfung der Gefühls-
und iiilinltüchon Wirkungen »lirpkter und af<sn7,iativer Faktoren, die bei
letzteren uniiiirtt 11 ire und riickläutiL: ' sein künnen. Rückläufige Wirkungen
konimeu dadurch zu stände, daß aut Urund der Beschaffenheit der Anlässe
diejeuigen GeflUile beaw. Stfanmoagea enreokt werden, welche jeaa Be-
iehataheit bediagteB. Aaa derFUDe dea Behaadeltea aeiea heraaagagiüfat:
Toa den eiaaUdien GefUhlen isabesondere die dnroh die niedem Sinne
erregten. Sie sind, als auf das Objekt selbst bezogene, vollberechtigte Ele-
meate des ästhetischen Genasses und würden dies aor dann nicht seuii
1) VterteljahraeehriA Ar wieeeaMdiaftUcbe FUkwopUe» ZZm, S. 146.
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BesprechuQgen.
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wenn die durch sie erregte Lust nicht mit ihnen gegeben wSre, sosdnu als
außerhalb Hep-ondor Zweck bftrnchtet würde Die da.s T.rbpnsrr^fHh^ f^ei-
genide Freud« an Eindrücken überhaupt spielt hier eine Hollo, wie die am
Erkennen und Erleben fiir die Gefühlswirkung im allgemeinen. BeaiigUch
des Untersehiedes xwiaehen Erleben imd Kadieilebm §A bMM^ dafl vor-
gevMUe Sttaationen der engea BMiehmig, die eilebte n nneeim leh haben,
entbelirea und schwächer wirken. (Ein Bewußtsein, daß nur nacherlebt wird»
ist nicht vorhanden.) Abschwächung erleidet flie Unlnptwirknntr 'lurch äußer-
liche AnTPfTting des DiBpoßitionskoraplexes. der unser vor (»etahren der nach-
erlebten Situation gesichertes Dasein repräsentiert, ohne daß Einmischung
der ans unserer wirUttcileii Sltoatloii dießeiideii GefllUe (sndi desjenigen der
SioheilieU) mid gleleiMCBike Abseliwlehiiag der das LebeaagefiÜil stelgenideB
LnsIgefliUe stattfände. Ein »Vorstellen« von spesiell auf nnsympatlnsdiea
Charakterei^nBchaften beruhenden fit fülilt n (Lipps)*) wird zu fransten eines
Nacherlebens abgelehnt, das neben du »syuipathiBchen Einfühlung« ästhetischen
Genuß gibt Charaktereigenschaften können beim Nacherleben selbständige
LostqueUen abgeben: d«r ^en Sed«uwliniefs Sriebende «npiirfel diesnn
an Omnde liegende gnte Hgensohaften, im Gegensatz nun Nadier]ebenden,L
nieht lastvoll.
4 Finifrr' nlljremeine liodinf^n ngen tiHdOosetse derOefllhls-
wirkung werden im Anschluß an Fcchner beiiHiulclt.
4. Kapitel. Der Wert der Poesie (269—316). Ich übergehe diese
Absehnitte, da aie psychologische Erörterungen, die hier Torwiegend in Be-
tracht iLonunen, niclit enthalten.
Einige Bemerkungen ganz allgemeiner Art seien angeft^ Die Kriterien
für die liichti^rkoit des Nnr hf^rlebens scheinen mir subjektiver Art zu sein
wie auf S. 33 auch angecieutet wird), was insbesondere gegen die normative
AUgemeingUltigkeit der im letzten Kapitel besprochenen, absoluten Werte zu
Bedenlien AnlaB gibt. Da der Sata, daß alles, was ieh nacherieben kann,
In sich ni0|^h sein moB, sieh nieht nmltehren 116t, so bleibt meinem Nach-
erleben ein großes Gebiet fremden Seelenlebens verschlossen, welches alles
m^^infm psychischen Oesanifzustand nicht Konforme umfaßt. Dieses Gebiet
zu erbellen, also eine überaus f rMtrebenswerte Erweiterung uth? Ht^roicheruug
meines Nacherlebens herbei^uluiircn, sind die in den Vorbcmerkuuguu uu-
gegebenen IDttel sicherlich wohl geeignet Was die anfhellende Wirkung
der dieoretischen F^ehol<^e in diesem Betraehte anlangt, so dürfte sie auf
die S. 28 erwihnten >Fingerzeige< zu beschränken sein, an Chiasten der
"Wirkung einer Psychologie im weitem Verpt'tnrlo. im Sinne einer Einsicht
in die Glaubhaftigkeit und Wahrscheinlichkeit k(»iiipli/i' rteren psychischen
Geschehens, einer Psychologie, die »nicht auf so einfache Elemente geht, wie
de das Ziel der theoretisehen Psychologie bilden« (S. 6). Dieae letstere
ist herbeisuziehen, sobald es sich nm die Analyse des die Existens der
Bichtungen als solcher bedingenden ästhetischen Zustandes handelt. Eine
genauere Unterscheidung beider wäre fclwn um der Einwände Marbes willen
erwünscht gewesen. Als Wirkung eines der gedachten Fingerzeige dürfte
z. B. die Forderung betrachtet werden können, eine Dichtung unter dem
JSaStnß Tersehiedener, abslditiich eingenommener Standpunkte und unter
Abstrakdon von sdcben in lingeren Pausen wiederholt an lesen (276. 288), um
1) Archiv für systematische PhUosoiihie, IV, S. 472. V, S. 106.
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dem WiederaafUuctieB siurück^edrängter ZuAammeiihiluge Kaaiu aa geben. Im
ter iidtat iMdahwdm vnd flbtneiigeiid«ii Awlyie d«r »Alpen« Hallec»
(i ft), M dfliw VomfaM g<iiataiii9 mT d«n Gebiete der tkeoielieelieB
Piychologie m. £. nicht »ind, wird abliittel, die Dichtung lidlig tm
▼erstehen, eine I'ntprj'urlHmf^ (irr Peref^nHchkelt dp» DichffrM atigew«>ndet,
Qod zwar io eiiu-r Art und Wetise. die ein mit zicinliciier Bustinimtljf ir zu
faUeades Urteil djuriiber ^olaiüt, wie der Dichter peraüulich zum GAuzeu und
n den Gfiadrilgn MiMS WülEei itud und wu «r Umea gegenüber eriebta
Ete Winei di;von aber gibt ftr ttaiar Naeberlebee eelir wiehüge Diiektfra
her, denn eine Ähiiiehkeit mit dem Erleben des Dichters dürfte ftir unser
Nücherloben eine riemlich sichere GewKhr seiner Richtigkeit bieteu Kine
Aapa^iHunp' de» ieutereo au das erstere ist nicht immer leicht, aber ^lohr
wohl mügüch. Diese Art der Berichtigung des Nacherlebeus , die nebenbei
IHr die Kiftik dmm bedentagsTdleii SlndiNUikt bergibt, hStte gerade In
Aaechlafi aa die HaUeraHtyie aebirfer hervoigehoben werden mfmieii.
Dr. A. ticheuueit (Wflrzboxg^
Üigitizeü by ioüOgle
Referate.
Fortsdiritte auf dem Oehiete der Erforschung der kindlichen
Sprache in den Jnhren 18d8— 1902.
Von Dr. Hermftaii Ontsmana (BerUa).
la den letoloa lOaf Jahna tot die Badbaehtaag der UadUdiea Spiadie,
ihnaWeidigangea, ihrer Bedeutung fUr die spätere EntwieUaas dM Kiadae
V071 den verschiedensten Oesichtspunkten aus in Angriff ^nommen worden
je navbdem der Autor mehr Pädagoge, mehr Arzt oder mehr Psychologe war.
Wenn anch die Gesauitresnltate der Beobachtungen der einzelnen Autoren
■am Teil recht Terschieden und, so lassen sie nah im wesaaffiehaa doeh
Baoh gMchea Gedebtepaalctoa betiaefatai, weaa wir die eiuelaeB Stafea der
Sptaelimitwicklnng des Kinde«, die tob den Autoren niokfc wesentlich v«r*
schieden charakterisiert weideat lam Aaegaagapaakt aaaeiar DaiateHaag
nehmen.
Nnr wenige Autoren fallen aus der allgemein angenonunenen i:i>iataiiung
der Spfaohaatwiddang desKinden lierans, so Oltnszewaki aad Sikoraki.
Die neistan habea sieh dea Stafea aagesdiloaieai die aaeh Befereat ia seiaer
kleinen Arbeit über »die Sprache des Kindes and der NatarvSIfcer« aat-
gesteUt liat: Sc hrrim. T,nllen, WortbiMnnfr
Die Sehreiperiode beginnt ja gleich nach der Geburt des Kinde»
and hat zunächst nur die Bedeutung eines Reflexes, der offenbar au» dem
gieidliea Gtaade efaitritt wie das Niesaa, adt dem Idtufig das Neageboraae
das Lieht der Welt hegrüfit Sehoa die aMen PUhwophea laehtaa die Ur-
Sache dee eiatea Schreies darin, daß sie glaubten, in ihm einen Protest dea
KiTidr»? fregen das 7iikiliifti<rp Elend, dnf ihm in der Welt l)evor8tehf» sohen
7u nilisBen, ja je naehdem die Knaben mehr Adam und die Miidrhcn nit hr
Eva als den Grund alles menschlichen Elends bezeichneten, glaubte mau m
den evetaa YakaleB b«i Hldohea aad Kaibea eiaea Uateiaeliied hUiea m
Sehoa aaeh dea ersten Tagen zeigen sich aber in dem Schreien des
Kindes merkbare Abstufungen. Es dient sehr deutlich 7ur Bezeichnung der
verschiedenarüKöteu UnluFtgefühle. die das Dasein des Kindes in dieser Pe-
riode beherrschen. Die erfahreue Mutter und Wärterin hört sogar aus dem
Klaag dee Sehr^ hcraaa» ah daa Sad Haagar hat, ob es Eilte, MiHe,
Sehmeia aad aaderea aiehr empfiadet
Der Vokal, der bei diesem ersten Schreien vorzugsweise heranskUagt^
ist entsprechend den vorwiegenden Fnlustgefiihleu der <»rpten Lebensmonate
das % — darin ttimmeu last alle Beobachter Uberein — , während das a einer
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8
Referate.
spMterea Zeit aimigeMren Boheint and wohl snent bei bewnndemdai and
lireodifen Anmfen des Kindes auftritt melleiebt darf hier aach darauf ver-
wiesen worden, daß, wie viele andere sprachliche Erscheinungen in der Enfc*
Wicklung des Kindes fiir das spätere Leben in Bezug auf ihre sprachliche
Verwertung zwar verloren gehen, als inteijektionelle Gefühlsäußerungen
jedoch bestehen bleibea, so die« auoh bei den beiden Vokalen a und i dmil-
Heh sMlmiweiMn iit: • bMbt sneb Ar das sfAtere Leben elete det YoIdiI
der Bewunderung, der Freude, des WohhrollenB, Iran er begleitet poiltive
GefUb}stöii(> als Interjektion , ii ist im epMeran Leben sieti ttad gans intern
national <ler Vokal der Unlust
Die Darstellungen der ersten Schreiperiode des Kindes unteracbeidea
sich bei Anent, Traoy, Gntsmnnn nnd den ttbrigen Anlofen, die Oue
AnfineriDunkelt auf dieaen Punkt felenkt haben, nfeht -weaenttieh. Jeden-
falls stimmen alle darin tiberein, dasa in der ScbreipeHode des Kindes die
Schreie variieren je nach ihrer Bcdonliinpr, und dass die Schreie als ünlust-
iußerungen in dieser Zeit der kindlichen Entwicklung vorwiegend sind.
Sorgfältigere und eingehendere Unteranchungen ttber die Scbreiperiode
dea Stnglings liegen ent au neneater Zdt von Ontimann Ter. Er ging
von der Anafthanwng ana, dnB die Sebidperiode dea Sindea für die apiteie
Sprechleiatiing in rein physiologischer Beziehung nleht olme Bedeutung sein
kOnne, besonders in der Uhifticht, als die Schreiatmung bereits pin Vorbild
für den Typus der späteren Sprechatmung abgibt. Wenn das Kind schläft
oder ruhig ist, so atmet es durch die Nase ein und aus, und seine Ein-
atmungen äbtd ttngefkhr an Zeitdaner gteieh den Aaaatauingen. Gnna andeia
wild aowohl in Betng anf den Atmungaweir ele enf die Zeifedaiier der Tot^
gang beim Sdireien. Die Inapirationen erfolgen durch den weitgeOff^eten
Mund und dif l'x?pirationen, die der Trii^'t r <!rr langen Schreie sind, sind
wesentlich gegenüber den Tn8y>irationen .nläugert. Mau kann deshalb
wohl nicht mit Unrecht annehmen, üal3 die Schreiatiuung des
Siugltnga die apAtere, Ton der Bnheatonng doeb ao weaentlieb ab-
weiehende Spreehatranng vorllbt nnd somit die aebwierige nnd
anfierordentlich komplizierte Koordination des gesamten
Sprecli Hpp f\rnt»'8 in späterer Zoit erleichtert. Diese Koordination
if<t in der Schreiperiode noch sehr einiuch, da eich zum Schreien nur die
Atuiungsbeweguug mit der mehr oder weniger r e flektoris ch angeschlagenen
Stimme yerbindet, wibrend daa Aitikniationaetgan aldi Im! dem zellek-
torisch erfolgenden Hnndlffiben nnd mifllgen Asateigen dea Znngen-
ritckens fast regelmäßig zur Vokalbildung des ä resp. eines zwischen a und
X legenden Vokals formt. Ganz besonder« riuffallend ist auch die außer-
ordentlich p Liinge der Ausatmung beim Schreien dea Säugliujp*
Schon wenige btuudeu nach der Geburt autgenommcne Kurven derBrust-
nnd Banobatmnng dea sebreienden Säuglings zeigen niebC nur, daß heim
Sehreiea die getarnte Atmnngamnakeltütigkeit ebw ugenefai eibObte nnd waH
ausgiebigere als in der Ruhe ia^ aondorn ea aeigt aieb auch, daß die Aus-
atmung die Inspirationsbewegung an T;";nfre iiTi?emf^i!i fibertrifft. Besonders
wenn das Kind mit dera Schreien iMijiimt. iöt der erün: Schrei, nachdem
Kleine hchuell wiederholeude Ein- uud Ausatmungen vorhergegangen sind,
meistens ein sehr langer, dem dann, wenn daa Kind aieb beruhigt, kttnere
Sebreianaatnnuigen folge». In den bei aebzeienden Kindern gevonnenen
Knrven aeigt aieb aber aneb gegenüber der Bobealmnng 4ea fllafl^inga eine
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BdfiBttto.
9
Mßerordentliche tJnffleichheit der Bewe^nor WährenH <\'w Riih<>atmnnfä: nur
ab und KU durch die Kürperbewesrunprn (l( H KiD'ics und rtiroc:hen wird, sonst
aber in gleichmäßiger Ein- aud Auäutmuug weiter geht, ent-
»ineeheiid ihnr mtomttiaelien Regelung von der Hedvlla obloiigata ans,
tritt bei der SehreUtmiiii^ dea Kimdet die i«6arate Unrogel-
niäßigkeit auf. Das zeitliche VerfaXltniB swiBchen Bmat- und Baueh-
atnninjrsbpwegung, die Form der Inspiration«- nnd Exspirationskurvo habm
in der Aul'angszeit noch nichts mit der späteren Siirerhat monp zu tun. Die
Bewegungen sind in jeder Beziehung ungeordnet, atakiiäch. Dazu kommt,
difi das Kisd idelii die Kraft baiÜBt, die lange Avaatmiug aUein dnroh aeiiie
Atenmnukelii henrortobiingen, lo&dem ee aneht sie dudi die gesamte Be-
wegung seines KUrpers zu schaffen, und Niemeyer hatte durchaus Recht,
wenn er f»a^, das neugeborene Kind atme »mit aHen \-icren«. Bezli^lich der
zentralen Leitunpr der Schreibewegungen des Säuf^linKs Hißt sich aber doch
aus einer größeren Zahl von Einzelbeobacbtuugen immerhin der Schluß
delMn, daß iie nichta mebr mit der antoiDatiieben Regelung der Baheatmiuig
zu tun hat. Es zeigte sieh nKmlich gana eWdent ein aaßeror deut-
liches Überwiesen der kostalen Bewegungsvorgänge. In den
ersten Zeiten der sprachlichen Entwicklung läßt eioh dieses Überwiegren
nicht so deutlich verfolgen wie später, wo es immer häufiger und immer
stärker auftritt und ganz aUmählich den Übergang zu den Yerhältnisseu
swf sehen Brost- und Baoebatnang beim Sprechen macht
Die swelte Stufe der apraehliehen Entwicklung, das Lallen,
tritt meistens anfangs des dritten Monats ein. so bei Aments Beobach-
tung vom ö\). Tage an. Sikorski ist der Meinung::, daß diese ersten
Laute nicht artikuliert seien oder wenigstens nicht deutlich artikuliert.
Fast alle andern Autoren sehen in diesen ersten reflektorischen Lallver-
snehen, die bSnfig In Form von endlosen LaUmooologen (Ament) auf-
treten, vohlartikulierte Laute. Der unartikulierte oder wenig artikulierte
Laut xffT <c«/ri' ist eben der Schrei, und diese Periode liat das Kind ja
bereit» hinter sich, wenu es anlangt zu lallen. So ist auch Meumann der
Meinung, daß das Kind in dieser Periode die unartikulierten Laute durch
artikulierte verdrängt, da stets einzelne immer mit Vokalen verbundene Kon-
aonanten, ffie sieh anSsroidentlieh sehneD Tefmehrsn und in maneben Httlen
mit nngebenrer Miuuiigftltigfceit von dem Kinde produziert werden, bervoi«
gestoßen werden. Menmann nennt dies die Stnfe des spontanen
Lallens. Die ßedeutuiij^' dieser Lailperiode des Kindes ist von
allen Autoren Ubereinstimmend als darin beruhend anerkannt worden, dass
daa Sttd Uemdt >daa Rohmaterial der Spraebe« (Taine) erwirl>t Es
gewinnt aof diese Weise eine reoht große Hemehaft ttber seine gesamte
Spraehmuskulatur. Es treten unter diesen Lalllauten aXmiliehe Laute der
späteren Sprache auf Aus den Beobachtungen aller Autoren rnnfimmon-
genommen liißt HiVh f^ioser Schluß zweifellos ziehen. Ich habe nicht einen
einzigen Laut auttinden können, der in dieser reflektorischen Lailperiode
nicht aufträte. Das Eine ist aber doeh wohl sieher, daß die grüßte
Zahl der Lalllaute sieh In dem ersten und aweiten Artiknlatlona-
gebiet, also in Verknüpfungen der Konsonanten b, p, m, d, t. n. w mit
versohip'leTirn Vokalen vorfiTi(lr>t. Oegentiber Ament muß betont wcrricn,
daß Out7m;inn nie bestritten hat. daß Uaumenlaute in der zweiten Penode
der kindhchon Sprachentwicklung sich vorfinden, er hat nur darauf hin-
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f ewiaten, dum dieflelben gewöhnlieh aeltmi riad und in den meUtea Fäl»
M traitvoiom g«hflB, daß dto HMhakmug, wenn dai Kiad anfiagt^ mIm
AHfmefkaaiiduit auf die Sprache der Umgebung zu lenken und seine dgen«
Sprache an dieser aufzubauen, in deu weitaus incistf n FäUen Schwierigkeiten
inafht Ein einziger dagegen von Anieut ang< tuhrter Fall oder selbst ein
UttUend derartiger FäUe beweist nichts gegen die aligeiueine Beobaehtoa^.
leh wode später noch niher anf diese Enoheinung einzugehen liaben.
Die Lftllporiad« dae KiBdaa ist, wia beieits harroigeliobaB, in «OMBt*
KfllMi all teAektoriaali und ihrer Bedantaag nach ala Lnatiaßeran;
des "Kinde? anzusehen- »'f frpHzt sich an dieser genau so, wie es sich an
der Bewegung der Arme uud ine ergOtzt. In diesem Öinue ist auch di«
Entstehung der Lallsprache sicherlich eine eigene Öcbüpfuag
daa Kindaa, vad es darf niokt übersehen werden, daß der Bawegnngstrieb,
dar ala harvwrnft, aioli bei allen, aalbat bal den taiibgal»oreaen Ktndera
▼cffindet, voransgesetzt, daß keine angelM»raie inteUalDtaelle Fkydioie
(Bahwachsinn, Idiotie) vorbanden ist.
Von diesen] reflektorischen Laürn zur Nachahmung vor-
gesprochener Lautfolgen ist ein gewaltiger Schritt. Die Beob-
aefatung von Vlerordt, daß Kinder Laatkombinationen, die aia aelbat laelit
gut hetvQiiicaehtan, aafimga niolit a«f Voie|>ieohaii naehanahaiea im stnde
ivaran, werde ron aimtUcban Beobachtern bestätigt, so anch in neuerer Zeit
von Meiiniann. Menmann hebt als eine Ursache diosfr Erscheinung ben'or
daü der akustische Reiz beim Vorf»prechen ein iiiidcrcr int als der Kelz «ior
Laute, die das Kind selbst hervorbringt, und daß das häud lufoigedesaen die
Lanto nidit wiedererkennt In ähnlicher Weiae hal Storeh aidi darüber
anageaiwociiea. Ala Baiajiiel nimmt er daa Wort Papa, daa daa Kind iaieiaflr
Kachahmnngsperiode hOrt, und meint, daß es unter allen den früher spielend
hervorg^braf'hffn Tviniten dr? Kindes wahrscheinlich nicht einen einzigen
gUbe, der diescDi Klanggebiide vüllig entspräche, daß es aber gewiß eiui^rc
sehr ahnüche und einen allerähnlichsten darunter gäbe und nun infolgedeä^a
der Mmlirrhate anklingen weide. Daa Kind mfiaae infolgedeaaen durch
Probieren keransnbekonsnen anehen, wie aeine Reproduktioa
dem Vorgesprochenen möglichst ähnlich werde.
In allererster I>inie ist nntürlirli das Nachsprechen iiiKnforn ein \*iel
schwierigerer V'organg, als dazu ein Wollen von Seiten des Kindes gehiSrt
nnd zwar ein Wollen, das sich auf ganz bestimmte Bewegungsvorgünge
eietreeken maß. Während dM LaUen noch auf der tiefon Stalb der Bs-
flexäa0erangen dea Kindea afeekt, iat die Naohahnuag beieita ein beirnlkw
Vorgang. Auch Meumann hebt dies klar hervor, indem er das spontane
Hervorbringen eines kindlirhen T.HiitHB als rein riifüli^' nnsieht. als Ergebnis
einer zufälligen güust iL'^t a Koordination der Sprechuiuskulatur, wahrend beim
Nachsprechen die Laute, welche gesprochen werden sollen, in gewiaaem
Sinne gewollt werden nfiaaen. Daa Naebabmen iat deaenaoh, wie Henmana
neb anadrOekt, nicht bloß ein Spielen mit den Spraebwerkaengea,
sondern ein willkürliches Arbeiten mit denselben im Dienst der
Lauterzeugung nach dem Muster der Erwachpenon PieReobachtuag.
daß bei dem Beginn der Nachahraungspe ri mI »■ dit Kiuder infolge
der anßerordentlicheu Autuiorksauikeit, die der Vorgang des Vorsprecheae
ibaen abniltigt, aie ao Tollatllndig gelingen ninunt, daß aie aom Antriebe tk
ftr daa Neehapreefaen gar aiehta ttbiig behalten, iat duebaaa liebtig. Da»
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Befente.
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Klsd achtet deihilb itann Mf ta Vonpieehente, ja M l»nt vor,
dȧdinIvTi8t am spontanen Lallen in dieser Zeit vollkommea
vorloren geht und dir Kinder stamm werden Kr&t ^anz aUmihlich
emacbt wieder die Luit an der laatlioheu Äußerung und daa Kind sacht nun
mmk MBgVflUdt nMkmiliBiBii. Oende bei der Nftehahmungsperiode zeigt
sieh aber, daB die ArtikalationsgeaehickHchkoit dee Kladet fttr
die einzelnen Laatklaeaen veraohledan groß ist Eb werden dem-
nach diejenigen Laute am ersten nftflitresprochen, die von denjenigen Muskeln
gebil'let werden, die das Kind durch das Saugen bereit« am besten eingeübt
bat, das heißt die Laute des ersten und zweiten Artikuiationssystems, die
benfts oben angetthrt wordea lind. Ament hebt bervw, daß diei beMmden
deahalb der Fell eei, weU die wachahrnwiden Kiader anf den Mnad dea Vor-
eprecheaden fehea und demaaeb aaeh diejenigen Laute am besten und erstea
narhahmen werden, die ara ersten und leichtesten sichtbar sind, und das
t^iini eben gerade die Laute des ersten und zweiten ArtikulutiDrtPsystenis.
Daß der optische Eindruck dabei wesentlich unterstützt, kann keinem Zweifel
«ateriiegea lllr deiyenigen, der jemala die grofie AafiaetkiaBkeit beobaehtet
bei, adt der das BJad aaf dea Hoad dea VoftptedieBdea elebt Beibelaate
und Gaumenlaute werdea häufig erst spat willkürlich nachgeahmt und bis
dahin durch leichter zu bildende Laute ersetzt. So tritt fast stets die Er-
setzung der Reibelaute durch die entsprechenden Verschlußlaute ein.
£b ergibt sich aus dem bisher Dargestellten, daß wir, bevor das iüud
aar selbetlndigen Sprache, aar Worä>ildiing gelaugt, drei Perlodea aater-
aebddea mUsaea, — ob wir sie ala Voratafea, wie Meamaaa wül, oder
als Perioden der Spraekeatwieklung bezeichnen, macht keinen wesentlichen
Priterfleliied ann: 1) das Schreien, 2) das reflekto risch e Lallen, 3) das
bewus-^tc Lallen oder die Nachahmung. Diese drei Stufen der Spraclj
entwickiuüg aiud gerade deswegen so wichtig, — obgleich sie in ihrer Bedeutung
eidier redit biallg nateiadUltifc wordea eiad, — weil iie die y o r b e r ei ta n g d e e
Kiadeaaaf daa eigeatliche Spreebea daretellen. Der Naebahaiaaga*-
versuch dea Klades ist der Übergang zur Spoatansprache. Daß in der
Nachahmungpzeit Lchon dss Sprachveratändnis des Kindes weit
voraus entwickelt ist seinem S jinntfinsprechen, kann durchaus
keinem Zweifel unterliegen. iü> ist deshalb von verschiedenen Auto-
rea die EaterleUaag dee SpraebTentladniaaea ala beeoadere VoiaCafii dea
Spreebeae selbst aageeehea wordea, ao -voa Sikoraki, Oltuszewski aad
auch von Meumann, der das bloße Verstehen vorgesprochener Worte, wäh«
rcnd da? Kind noch nicht spontan spricht, als eine Vorstufe oder wenigstens»
als vnrberolft nden Prozeß der Sprachentwicklnng betrachtet. Meumann
hat durciiaus Keciit, wenn er in der Literatur dieses Gegenstandes die genügende
BeaibeÜaag der EatwieUnag dee SpraebTefitXadaineB ▼enalflt lob eelbet
habe mebrfiMh bervoigeboben, da0 ee giOßerea latereeee baben rottßte. am
Schlüsse des ersten Lebensjahres durch Ansproben festzustellen, wieviel Worte
das Kind versteht, als in spüterer Zeit, beispielsweise am Schlüsse den zweiten
Lebensjahres festzustellen, wie daa recht oft gemacht worden ist, wieviel
Worte das Kind selbst anwendet. Natürlich sind wir für die Deutung dee
Iriadliehea Spraehveretitadaieeea daaa, weaa daa lUad aocb niebt apridit,
aar aaf die Dentnag seines laßeren Verhaltens angewiesen, wie Heumann
nachdrücklich betont. Er meint auch, daß dieses Verhalten vieldeutig sei
aad darob die vencbiedeaeten pqrobopbyeiaoben Vorgänge vx Stande konunen
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Befente.
kOnne. Er weist ferner darauf hin, daß die ecsten Sparen des kindlichem
Sprachversti&ndniasM sehr frfih aalMeB, daB mIiod in den entan MooftteB
FmoM der Umgitair dvr^ Zwedon und Aaradm aif die CMIftle daa
KladM einwirken kennen, daß eie das Kind beruhigen können, wihrend der
Vater und andere Personon d?i7i! nicht im Htnnde sind. Sifhprfieh ist dips
noch kfiiip Spur von Sprachverstäudnis. sondern, wie Meumann es nennt,
eine dilTerenzierte Suggestion, da sich mit der Stimme der Matter gewisse
»ttgmiebne tihmatm Naehfiriikiingen psycliophysiselMr Art Tertaifipfen:
Erfidiiag der gtflhuig der kfaidUehen Bedttifidese ete. Sprachveretindnii
beweist es aber, wenn Kinder bei Benouiung yon Gegenständen, Vor-
gängen. Personen diese mit K'ipniowejjfungen, mit dem Blicke oder mit Hand-
bewegnngen aufsuchen und durch Lachen oder BonsH^ GefÜhlsänßenmgrea
verraten, daß sich mit jenen aufsuchenden Bewegungen emotionelle uud
iateUektueUe Nachwirkungen verbindeii, die daa Objekt ala eia deas Eiade
b^nntea eiaeheinen laaaeik. Daa Lindneraeha Esperinent» daa er bei
seinem noch nicht V2 Jahre alten Knabea maohte und das darin beataad,
daß ihm die Worto l icktack itftcr vorgesprochen wiirdm während «»r an
die tickende Wanduhr gebracht wnrde, und daß das Kiinl nach ei[iiL':t ii 1 il-^- (i
durch das vorgesprochene VV'urt Ticktack vcraniabt wurde, die Waaüuiir an-
«UMliea, beweiit natttrlieb nodi ideht, da6 daa Kind dae VoiateUiing der
Ubr oder ihrea GeritoacbeB oder aoeh daa Ortea, wo ale bXngt» hat, aonden
würde nach Heumann zunächst nur beweisen, dass sich das gesprochene
Wort »Ticktack< mit dem Scltall rier Uhr assoziiert hat. Daß aber Sprach-
verständniä iui Alter von 8 bis 10 Monaten hei Kindeni fnr die pcv^ ülinlichen
G^onstände seiner Umgebung vorhaudeu ist, erscheiut mir nicht zweifelliaft
und wird aneh für andere ttbeneogead naebgewieaea, wean naa auf vor-
geaprocbene Worte wie Pappe, Ball, HÜdh, Hamm, Papa uad Derartlgea mdir
atets oder doch vorwiegend die dem Gegenstande entsprechende Bichtnags-
bewefnino- des Kfifife« inh-r der Augen wahmiinmt. Die räumliche Orien-
tierung des Kindes tritt auch nach Meumann s Beobachtunj^en sehr
früh ein. Gegen Ende des ersten LebensjahreB läßt sich jedenfalls schon vou
elaer gaaaaa Aaiahl tob Worten daa SpraehTeittiiidaia bei den Kinde aaeh>
weiara. Die Kritik, die MenaiaBn aa den früheren Damtettongen Erd*
roanns fDie psychologischen GrundUgen der Beziehungen zwischen Sprechen
und Denken Archiv fUr systematisclie Philonophie 18%; übt, der die Ver-
knüpfung zwischen Wort- und Öachvorstellung des Erwachsenen auf das
kindliche Seelenleben einfach übertrug, muß man jedeufalls als berechtigt
aneilcennen.
Die Bezeichnung und Beschreibung der einseinen EntwieUnagqteriodea
der kindliclien Sprache, die die einzelnen Autoren geben, machte ich nun-
mehr kurz anftihren. 8 uUy unterscheidet: 1) vorsprachliches Lallen^ 2) Über-
gang zur artikulierten Sprache, 3; Anfange zur Sprachnachahmung, 4) Um-
gestaltung unserer Worte, 6) logiaehe Seite der Kindersprache und 6) Satz-
bildnng, wobei er aber die letaten drei Punkte jedenfidla aieht ala Ent«
wicklangBStafen der Sprache angesehen wissen will, da er ndt diesen
Schlagworten nur charakteristische kindliche Sprech versuche znsammenfaßt.
Linduer f;illt aus der gewühnliehcn Einteilung der Sprachentwicklun^
des Kindes voiikommen heraus, indem er folgende drei Stufen aufstellt
1) die Stofe der bloßen Lanteneogung oder Schallnachahmung ohne den
Zweek der Hltteilaag iaaerer Zuatinde, 8) die Stofe begiaaeadeii Spraeh?«f-
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Referate.
13
Btändnieses, wo von dem Kinde der Zweck der Sprache zwar erkannt oder
(loch geahnt, abrr norh nirbt die Fülii^'keif der Mitteilung innerer Znstiinde
mit Hilfe der Sprachlaute erworben ist, und H f^i^" Stufe des eigentlichen
Sprechenlemens, das heißt die Benataung der äpracülaute zu Bianvollen Ver-
MndoBgon wm Zwecke der Mitteilung iuaavt laalBttäB. Kan aiugedrttokt
Tumai LlBdner die «mto Stoib die pliyetologieelie, die swelte die
logische und die dritte die pbilologlsehe. Lindner betont zwar, daß
die drei Stufen nicht so zu verstehen seien, daß die ersto abgeBchlossen sei,
wenn die zweite beginne, ebensowenig die zweite zu Anfang der dritten. Ob
aber mit seiner Einteilung der Zweck erfüllt wird, den er damit verknüpft
bat, UaBeh die Enekeinungen In der epfeehlleheii Entwi^hmg de» Eäsdee
in ein beetlmmtee System m infngeii, um sie dadurch der bunten Haanlg-
Ikltigkeit in en&leiden, erscheint doch BweifsDiaft.
Traoy arWießf ?(ich im wesentlichen Preyers Klassifikation der kind-
lichen Bewegungen in impulsive Bewegungen, Keflexbewegongen, Instinkt-
bewegungen und vorgestellte Bewegungen au und versucht nun, diese Stufen
inft der SpndwnliHeklung des Kindel in ÜbereinttfaBmong sn bringen, sodaO
er nnek für die Sprnehe die Stadien reflexiver, inetinktlTer und
vorgestellter Äußerungen unterseluidet Sa beetehen die ersten vom
Kinde f^eüußerten T.ante nur in spontaner willenloser, vorstellungsloser Kund-
gebung der angeborenen Bewegongskraft Der Bewegungsvorgang selbst ist
automatisch, und derselbe Muskelinstinkt, der das Kind zwingt, mit den Händen
sn grelftn, mit den FUfien sn eohlagen, zwingt anflk eelne Lippen, Zunge, KeU>
kopt Lnngent aie snillmi. Dies ietdee irapnlslTe Stadinv der Sprache.
Im Reflexstadlnm der Sprache findet Traey, daß das ICind bestimmte
Laute als Envidprang auf bestimmte Empfindungen äußert. Es sehe pfu
helles Licht, hüre einen eigerinimlirhen Laut, ftihle eine warme Beriiliruüg.
und alle diese Empfindungen rieten gewisse Laute bei ihm hervor. Diese
Lsnf» seien noch ein blofies LiUen, das nidit die Mitwiiknng des WiDene,
sondern nur Empfindnngs- und Bewegungevofg&ige in sich schließe. Hier
sei der Reflexbogen in seiner einftchslen Form ToUstfndig, nnd hierans
entstehe die Nachahmung.
Im instinktiven! Stadium, das nach I racy später eut^teht, kfinne
man gewisse Laute entdecken, welche die Bedürfnisse des Kindes ausdrücken,
obgleich dieselben wahrschelnlieh noch ohne bewnfite Abeieht gelnßeit
werden. Hier untencheide man in dem Seluei, der anfimgs einibnuig und
ausdruckslos gewesen sei, Tefsehledene Qeftihlszustände recht gut: Hunger,
Schmer^.. Müdigkeit ti. s. w. Traey **teht hier in einem deutlichen ^rco^en-
satz zu fast P'inifli hen Übrigen Autorcu, da diese Unterscheidungen ja bereits
in der Schreipuriode des Säuglings deutlich zu Tage treten.
In dem Torgestellten oder überlegten Stadium der Spraehentp
wieklnag behenseht nadi Traey der Wille voUstindig die Sprachwerit>.
seuge; das Kind äußert seine Worte mit bewußter Absicht; die passive und
unbewußte Nachahm nng der Laute wird aktiv und bewußt, füe Worte werden
miteinander verbunden, um die immer verwickelter W(1mI< nii ii Vorstellungen
auszudrücken. Als Beispiel fUr seine Anschauung gibt i raey die Um-
wandlung ehMs eimelnen Lantes dnreb Jene mfelnanderfolgendten Stadien
Uttdareb, iritaMeb die Silbe bis» ^aafimgs gans von lelbBt entetOnde. «Das
Kind liegt zufrieden in der Wiege, die Bewegungskraft strömt Uber, die Lippiin
bewegen sich, indem lie rieh lanft Oflken nnd ichliefien, wihrend der Atem
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14
Bafefito.
ansstWJmt, und dadorch wird der Laut wa-ma-iua-ma-tiia erzeufi^; er hat aber
noch keine Bedeutung; er iat rein aatomatiMhe Äußerung. Dann wird aber
4ltnan»e Luit dueh gvwiiM EapliadingeB hetfuigwuliMi, toa deam dte
«tae fahr wahrscheinlich in dem Anblick der Matter odtr €inflff aaden Psncn
besteht Das Wort hat jedoch noch keine bestimmte Bedentnnf^; es ist &n
nnht^fitimmter demonstrativer Aosrof, ein reiner Reflex. Spiter wird es der
Au^ iruck für j^ewisse körperliche BedlirtuisBe und Zustande, dann äußert
(Xaa Kind diesen Laut als einen Aasdmck des Bedttr&iäaes seiner aatürliches
EnOragr. Hierdarob wird dat Wort mit dar Miitt«r ÜMt ▼«rimdea; nant
«iteielieiiilich nur mit der Brntt, später aber mit iliter Pbim» flbarlisapa.
Dadurch wird der letzte Schritt beim Übergange gemacht, und nun tritt das
Wnrt mama aus dem halb bewußten instinktiven Stadium in daa vorgestellt«
Uber; es wird mit der Mutter fest verbuudeu und mit ihr allein; es wird mit
der bewußten Absicht gebraucht, ihr die Wünsche und YoisteUangeii de«
KladaatiiitnitaOeBi aad aa wird aadlleh M ihrer Abwaaaaheit ia ajaeraelehaa
Waiae gebraneht» daOaieh IhrBÜd dem Odat daa Kiadea fiiat aiafspiift ba*«.
Oltnszewski unterscheidet drei Entwicklnngsperioden: 1) die ursprttngr-
liehe Sprache, das heißt einzelne Laute nnd die stumme Sprache, die Ent-
wicklungsperiode der SprachgedKchtQiözentreu. Hier entwickelt sich zu-
nächst das GchOrsgedüchtnis und später das motorische (AufiEassen, Wieder-
bolea), vfld 8) die Periode der Vefbiadaa^ tod Begriiba mit WBrtera. die
aelbaCiBdige Sprache.
In ganz ähnlicher Weise stellt Sikurski die Sprachentwicklung-a-
perinden dar. Kr unterf^'hpidet 1 die Periode der Erlernung der Laute [Vor-
bereitungsperiode], 2/ das V erstehen der Wörter und 3) die Ausspracbe der
Wörter. Seine Darstellung beginnt sofort mit der LaUperiode, die er seltK
aamarweiae ala aiebtartilcalierte StfanmlaBle beaebreibt Aoeb aaeh dem
10. Ifonate finden lieb aach Sikorski bei dem Bülnde zwar veraehiedeae
artige, aber nicht ganz deutlich artikulierte Laute wie tl, tlja. dl, am, ma,
mani, al u. s. w. Nar!i r!?(».««or Zeit beginne das ELind dem Sprechen der Er-
wachsenen zu lauBctieu und eigne sich im Laufe eines oder einiger Mona.te
rasch die Bedentang vieler gehörter Wörter an, das beißt es assozü^ die
Wortiaale mit ibrer Bedeataag. So ?acatfiadea die Kiader aas Bade dea
errtea Jabrea meistenteils aebea die Bedeutong vieler Wörter aad vieles von
dem . was von Erwachsenen gesprochen werde, jedoch sei das Kind noch
Vicht im stände zu reden ; ihm sei die Sprache nur als aknsti«icher Eindrnck.
aber nicht als motorisclier Akt bekannt. Nun beginne das Kind zuerst nacii-
idmend (Echosprache}, dann selbständig Wörter auszusprechen, wobei oa
raaebe Fortaeluitle maebe. Wo VenOgeraag ia der SpreebeaftwieblBi^
vorkäme, beziehe sie sich am häafigaten auf die Aassprache, nicht aber ant
das Vrrsflindnf? fler Worte. Daraus schließt Sikorski die Schwierigkeit
der Erlernung der für das !^i»rechen erforderlichen Bewegungen Pin n-rußte
Bchwierigkeit zeigt sich nach ihm in der Prozedur der Verbindung i^weier
«ad beaoadera mebrecer Laote sa eiaer Silbe. Alle Kinder ohne Ausnahme
erieiebtera aieb aaeb Sikoraki die Aalgabe der SllbeabiUnaff dadandi,
daß aie einen oder zwei Laute auslassen und die Sfllie vereinfteben, iadeai
sie nur ein bi«« zwei statt drei bi« vier Laute in derselben lassen . Glaa = lae,
klein = len. Er wiederholt in seinem jetzigen Werk die Angaben 8etn€>r
früheren Untersnchongen (Archive e Nenrologie, Band 6, 1883) und unter-
aebeidet aaeb jetst aoeb awei verschiedene Typen der Lautent-
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Refente.
15
wieklvng det kindlichen Spreeli6ni. Mich Uun riobten naidw
Kinder fbr Angenmeik tot lüeni nf das Bekaantweiden mit dem Gerippw
des Wortes, das helft mit der Meng;e und der Intonatioii der Sflben; andere
Kinder dagegen achten mehr aof die Eigonsfhnftcn der einzelnen l.ante. So
komme es, daß die Kinder der ersteren Oruppe beim I^ernen der .Sprache
mehr von der Beobachtung der Atmangs- und Vokalisattons-
arbeit anagehen, wlhrend die Anfinerksamkelt der Kinder der urolten
Chuppe sieh mehr anf die nrtiknlatorisohe Arbelt richte. Soweit
Ich sehen kann, steht Sikorski mit dieser Anechanung ziemlich allein, ebenso
wie er wohl aneh mit der ;\]\nn steht. dnO er die Leichtigkeit, mit der daa
Kind die komplizierte Ar Ix it des Sprechens liborwindot, nur auf den Besitz
des Sprachzentnuns, daa gleich dem Zentrum des ijenkens Alleingat des
Menschen sri, siuttekflihrt So kommt es nach Sikoraki aneh, daS der
Besita des Sprache entrnms es dem Menschen ermSgliehe, eher
daa Sprechen als das Gehen an erlernen, obgleich ersteres nnver-
gleicblich schwerer sei «Is dns «weite. Natttrlioh kann eine ererbte Dispo-
sition des Menschen zum Sprcchenlemen nicht geleugnet werden; das »Sprach-
z.eutrum selbst aber ist sicherlich nicht angeboren, sondern muß von
federn dnsetnen Menschen erworben werden, ja es kann, wie aahUoee Beob-
nchtongen, besonders bd Kindern, lehren, nach ZerstOmng darch Tisnma,
an einer andern Stelle des Gebims von nonem wieder aufgebaut werden.
Vrm einem »Zentrum« des Benkens in dem gewrtlinlirhen Sinne der Lokali-
satioiish'hre kann man wohl beim Menschen nicht reden, und ich glaube
nicht, däU heute noch ein Psychologe existiert, der Denkvorgänge bei Tieren
▼ollalindig lengnen wollte.
O. Franke stellt die Spnchentwicklaag der Kinder in vier Hanpe*
stnfen dar. Die erste Hatiptstafe ist die Zeit der Willenlosigkeit
Hierhin fr^hören die Äußcrungea des Schreiens, des Lachens und Lallens und
vokalische Oeftfhleänßerungen. Lachen und Lallen tritt ungefähr zu gleicher
Zeit anf, was auch iusol'em natürlich int, als ja beides Lnstäußerungen sind.
PQr das Lallen stallt Franke sls Regel hin, da0 hn swellmi Monate das
Kind nnr rein -vokaüache Silben oder aolche bUde, die ans einem Vokal oder
einem einzigen Nasen- oder Verschlußlaut oder h oder einem undeutlichen r
bestehen. Im driften Monat reihen sich dem häufig ei, i und 1 an, und das
Kind bildet auch Silben, in denen ein Nasen- oder flüssiger Konsonant
unmittelbar neben einem Verschlußlaut derselben Artikulationsstelle steht,
also rabfln wie omb nnd angfca. Gesondert stellt Franke die TOkallachen
Gefthlsiaßerangen dar, die er als noch hedentnngsvolleten Schritt ansieht.
Den Vokal S sieht er selbst, ebenso wie Vierordt und Preyer, als Un-
InstTokal an. Der Vokal a wird von ihm win von Vierordt. Strüm-
pell. Preyer u. v. a. als Lustvokal angenommen, ebenso wie die Ver-
bindung ei. Die Lautäußeruugen nach den ersten drei Monaten betrachtet
Franke als gleichsam eine »Lantspraehe im Larven instande«. Mit
dem Brwachsenen habe das Kind gemein die ans Vokalen nnd Konaonanftsn
bestehenden Lantverbindungen, das Ansdmoksvermügen mehr oder minder
bestimmter GefUhlszustände durch Töne nnd T>autbildungen, .ninerdem das
Hüren der Lautäußcrang anderer unter Anzeichen des Interesses, doch man-
gele dem Kiude die Willkür hei der Hervorbringung, die Absicht, sich ver-
stlndfieh sn machen, nnd die FSUgkeit, andate an ▼erstehen. Im dieser Be-
aiehnng atehe es nnter den SKngetleren nnd VHgehi. Franke webt aber
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16
Boffinte.
mit Recht auch darauf hin, d;ib nich in die^or Zcir üie Keimr der ( Tcbiinlou-
eprache entwickein. Es gelaugeu die (jictiiliia^^utitäiide de» SiiugliugB durch
»iMidoM BeftiOKiMtfiulo« Ton KOiperteilm aum Anidnck, sowoU Lost- wie
UalwtgellUiIe dnieh Isbliallsre B«w«g«Bfni der Aim« und BoIm v. a m.
Die zweite HsnpMüi dHurakferiaiert Franke als die Zeit der Ähn-
lichkeit mit der Tierspraehe. Es zeigen n\ch ^r>wiMe Willensluße-
mngen wnd da» Verstehen dersolhon, i\m Aushtrci ken der Arme mit oder
ohne Lante als Zeichen des Veriaugeuä u. a. m. 1: ranke glaubt schon in
der 16. Woehe den Niehfthttongitrieb aofteBcheB m eehen and aielit
den Beweit diritt, dftß matt in dieser Zelt EindAr dm briogeii küiuie, dtfi
sie Bewegnagett, die iie bereite mwillkllilicli gemacbt lieben, den Erwaeheenen
willkürlich, wenn anch nnvollkommon nachahmen, so das Mondspitzen Die
meisten Autoren gehen derartige NacliaJimungon noch nicht als willkürliche,
sondern ai» ganz rc f lektorische au, so die auch dahing^Orige Encheinong,
daß der SSogUng, wenn nua Um eelKchell;, edu» sdemlioh fok mit Liebeie
eiitwortet Auf dieeer Stufe eieitt Frenke nielit nvr Lallen der Kinder,
sondern ^anbt, da0 gewisse SQbenfolgen absichtliche anwillkürliche Last-
üußeningen seien; absichtliche, weil das Kind jetzt »chnn I.nute bilden wolle.
anwillkUriirhe, weil es die Art der LAUte noch ganz deu .Sprachwerkzeugea
Uberhusse. Er rechnet dahin die Erscheinung, daß das Kind auf Aureden
antwortet nnd daß ee in gewieaer Welae onomalopoetiaQh Spredieii und
Leeen naehlllt Feiner trete die VerUndnng des Zeigena ndt LantSnßeningea
nnd verstllndnialGse Nachabiuuiii: von Wörtern auf.
Die dritte Haupfptuff^ i }i:ir;ikt riBiert Franke als >men8chlichen Ver-
stand ohn*' Hobrauch der Muttersprache«. Diese Stufe kennzeichnet
sich dnrch das Wortrerständnia, das im vierten Vierteyahre lebhaft erwache
nnd lieBlieh weit rieb entwickle. Der Zeitpnnkty in dem ebsb das Wortve^
stibidnis deutlich dnreb Zeigen aof vorgesprochene Worte nachweisen lißt,
iat dnrchschnittlich der zehnte bia elfte Monat; es kommt aber anob früher
vor dfi Franke ein amerikanisches Kind anführt, das im Alter von acht
Monaten Jeden im Uause mit Namen kannte, ebenso die WOrter fUr die
meisten Gegenstände im Zimmer und Körperteile. Bei Taine wird, wie wir
eben aebon sahen, der sehnte bia elfte Könnt, von Traoy der lebnte bia
xwtttfle, von Preyer der dreiaeiinte bia fttafitefante angegeben. Hier geht
er anch auf die Wortschöpfung ohne Nachahmung ein undwriatdar*
auf hin. daß »u<t Mundgebärden Wortkeime henor^prit Pen können, so die
hfinfig angetlihrtc Verbindung raem oder mum für Hunger oder pap-pap-pap
tür EssenwoUen. Auch Franke hält eine derartige äprachscböpfang
obne Nnebnbmung für aebr apirlleb, jedodi weiden wir nna weiter
ottten noeb mit Stnmpfe aaaffifadieber Mittsilnng Uber eine beaondera eigen-
artige Sprachentwickinng zu beschäftigen haben. In dieser Periode tritt nach
Franke auch die WortHfhiipfuug durch Nsichabinung Ton Naturlanton o'w..
wobei aUerdin<r<« bemerkt sein mag, daß meistens schon von der Umgebung
diese onomatopoetischen Worte dem Kinde vorg^prochen werden. Auf
dieeer Stufe tritt bei Kindern aneb Teratindnidoaea Naehapvedien yoa
Wörtern ein (Eebolalle).
Die vierte Haaptstufa «idlich ist nach Franke die Aneignung der
Muttersprache, wobei in der ersten Zeit nur einzelne noch nicht zu einem
Satz vereinigte Wörter gebraurlit werden ^vorauf dann spater die Zeit
der äatzbildung oder die prädikative 6tufe eintritt.
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Bafente.
17
Frauke macht deu iuterefisauteu Veräi^cli, deu ßchon uieurere Auioren
imtenioinBien haben, lo Sehleieher, SehtiltBe, QntsnMa, Anest, di*
Spneheittwickliiiig d«r Ibniolihflit in Paxallde « d«r Spitelieiitwicldiiiif
des Kindes zu bringen, ein Venmch, auf den wir jedoch bei dleaem Referat
nicht r elu<rohen wollen.
( ompayr/' endlicli iintersclieidct in ziemlich dmi! In Im m Anschlüsse an
Tracy vier istuieu der i:.ütvvickiuug der Sprache. Aul der ersten ätofe
der l^fachentwlcklnng finden idch nur StinmXnßemngen , die qwntui und
oline beabnchtlgie Bedeutung hervotfebiacht weiden, StiaBdaGemngen lein
mechanischer Natur, die er als instinlctmäßige Übung der Stimm-
bändor oder als besoitil pro Art dos Mu8k»*lH piele ansieht In der
zweiten Periode werden diese Stimmäußeningen meiir rfiflexinäßigc, dnrch
äußere äclialleinwirkungen veraniaßte Tätigkeiten. Gerüuüche und iSchalle,
welche daa Kind httrt, wirken gieicheam als eine Heranafofdemag aaf daa
Kind, darauf mit aeiner Stimme au antworten. »Ea plappert, ala ob ee denen
antworten wollte, die zu Ihm sprecheiK Auf der dritten Stufe werden
die Laute und Artikulationsversuche, die anfangs automatisch, iTiRtinktmlißig
oder reflexartip waron bald zu Zeichen, mit denen da» Kind seine
Gefühle, Emptiudungen oder seinen Willen ausdrückt, ohne daß
in dieaen lantUehen Äußerungen aelbat ein Shui oder Inhalt enthalten tat
ISnige WOrter, ebenao abaichtiiehe OebJMen weiden ala Auadruckamittet
gebraucht. Auf der vierten Stufe zeigt daa Kind adne Intelligenz dadurch,
daß CS die wahrj^nommenen Lantklünjje rielitip^ dputet \md daß es sie
selbst hervorbringt Compayre ist der Meinung, daß, bevor Worte zur Be-
zeichnung des Begehrens, der Gemütszustände und Gedanken des Kindes
dienen, OMiIrden in dfoeem Zwecke verwandt weite und daß die Ge-
bürdenapraehe die Lautapraehe vorbereite. Spiter Ott, wenn die
geistige Entwicklung welter Torgeschritten sei, rücke die Gebärde an die
zwcitp Mfplle und diene mw noch als Beihilfe in den Fällen, in denen daa
Wort Tii( ht gleich zu Dieimteu stehe.
Wie man aus dieser DarateUnng siebt, sind zwar die Schriften über
Sprachentwicklung dea Kindea und Beobachtong seiner laaCUchen Änße*
magen auch in den letaten Jahren nicht aelteo, jedoch iat eine einheitliche
Auffassung aller Erscheinungen immer noch nicht erzielt Frenz el, der wie
aufh lizesniczek fidi in> wef^t^ntlifhcn refcnVrend verhält, zieht aus einer
Zusamtnenstellunir il r vl'r^^( hirdi lulirlien modernen Ansichten über die Stufen
in der ^>pr:u lientwickluug des Kindes den Schluß, daß sich in der Sprach-
emtwicklung dee Kindea awei nuukante Haoptperioden onteracheiden laaaen:
1) die Periode der unbewußten paealven Lantinßervng und
2; die Periode der bewußten aktiven LantSußeiung. Zur ersten
Hauptperiode gehören ala Unterstufen die Zeit der impulsiven automatischen,
reflexiven und instinktiven LautäuBeningen, und zur zw« itr>n die Zeit der
Bildung einzelner Wörter durch Nachahmung und SpontAueität und die Zeit
der Satabildnng.
Wnndt unteracheidet in aeiner »Vtflkerp^ydiologie« wie die am Eingiag
diaaea Beferatee angeftthiten Autoren drei deutliche Stadien der kindlichen
Stimmlautentwieklung. das erste ist daH der Schreilaute, das gewöhnlich bis
in die sechste LebenBwoche reicht; da« zweite, das von der pjebenton Woche
bis zum Ende des ersten, oft aber auch noch bis gegen Eqde des zweiten
Lebensjahres sich eratreckt, das der artikulierten sinnlosen Laute; daa dritte
ImUt Ar P^fcholofi«. L Utanlv. 2
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Referate.
I
endlich boginstmit der Herrorbxfaigung artänlierter Lmte« denen die besfimnite
Abeieht der Benennung beiwohnt, and dns lat die Stidinm der tigientiicbcn
Sprachbildung; es nrnfaßt die tuf das zweite Jahr folgenden Lebensjahre.
Im let/tfMi Stadinm. dem «I^t »ML-^'ntlichcn Spraohbildiin^, treten nnch Wundt
zwei Momeute ziiHummeu, die Lautnachahoiung, wie sie in dfr Echosprache
ihren Ausdruck dndet, und das Verstehen gehörter artikulierter Laute, das
flieh m dm Ventehen nlndaeher und pantominiiaeher Bewegungen aasehUeSt.
Vit dieeem fidle jedoch der verständniaTolle Gebrauch der Worter seitfieb
noch nicht /iisammen, sondern erst nachdem Nachahmung und Verstilndnis.
boide iinabliiiiijri? von einander, eine Zeit lang geübt worden seipn. treten
die ersten mit dor Absicht der Mitteilung «rebrauchten sprachlichen Jjcuöu-
nnngen auf. Danu kümmon die weiteren Wortbildungen der Kindersprache
meiiteuB so nech, daß schon un der sweiten HXlfte dea aweiten Leben^ahns
die Beseiclinungen der Gegenatinde derCmgebong isahlreieh Torhanden liad.
So konnte Wandt bei einem Mädchen, dessen erste mit dem Zweck der
Bonenniinp gebrauchten Spraehlantc frcnau in den zwölften Monat fielen, im
neunzehnten Monat bereits tki Wörter zählen, die sich einen Monat Hj);itw
abermals um zwölf vermehrt hatten. Die hüofiger gebrauchten artikulierten
GefttUilaate raiidiren tkk nach Wandt erat nach dieaw Zeit der «nMet
WortbQdnngen.
Mit besonderer Energie wendet sich nun Wnndt gegen die Annahme,
daß däi* Kind Worte erfinde, und er meint tlabei. daP lif Anschauung. d:iG
das Kind »eine Sprache selber ertinde, nicht nur bei Müttern und Ammen
herrsche, sondern auch von pädagogischen Beobachtcru der
Kinderapraehe faatananahmeloa undebenao von ▼ielen Psycho-
logen geteilt werde. Die obigen kurven Referate der neaeren Sehrifir
ateller bestätigen jedenfiüls diese Wundt^ehe Auschauunf? nieljt.
Höchst interessant int aber in die'^ r Hinsicht eine Mitteilunur von
C. Stumpf Uber die spraelilidie Knt\\i(kluug eines Kindes, ii&s hin in
seinem dritten Lebensjahre eine ganz eigenartige Sprachbozeichnnng hatte.
Immerhin handelte es sich auch in diesem FaDe nleht um £e Erfindung
neuer AoBdiflcke, sondern um die Kombination gegebener. Oana aufiaUend
ist die plStsliehe Bekehrung dea Kindee zu richtiger Sprechweise, Stumpf
deutet dies so, daG der Knabe entweder »des Spieles satt« geworden sei.
oder aiTflt »dif Abweichung seiner Sprache von iI't gewöhnliclifn und ihre
LnvoUkommcubtiiten zuletzt doch als störend uud beschämend empfunden
haben mochte«. Dieser letzt angeführte Grund stimmt mit Beobachtungen
an hOrstummen Khidem, auf die wir In «nem spSteren Referate eingehen
werden, gut susammen.
Auch Meura an n l)efaßt sicli am Schluß seiner mehrfach bereit» beriiek-
eiehti-rten Arbeit mit der Frage nach der Wortertindung des iündes uud
meint mit Hecht, daß dd» unter normalen Verhältnissen aufwachsende Kind
seine Sprache in allen wesentlichen Teilen dem mitteilenden Einfluß der Er^
waohsenen Terdanke und daß es sich diesen gegenüber wesentlich pasiiT und
aufnehmend verhalte. Dem entsprechend müßten wir alle Eigentümlichkeiten
der Kindersprache aus den UnvoUkommenheiten des Kindes aus TTemmun^s-
Ursachen und nicht aus einem im Kinde wirksamen pprachscliöpferisehen
Element der kindlichen Entwicklung erklären. Die seltenen Fälle von um-
fangreicher Eigensprache des Kindes, wozu der oben erwähnte Fall von
Stampf auch gefaOrt, «eigen Uberall die direkte Nachahmung des Erwachaenen.
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Befeiftte.
19
Daa Eigenartige dieser Fälle liegt nur darin, daß eine Art WeiterfUlinmg der
Siiroebwfiiae, die der ümgebmig abgeUueht itt, die gehdcten Wortitiiamo
yentttnundt oder nmwt&ddt Jedenfiüle paßt der Begriff »Erfindung« durak-
MM nicht auf die beobachteten Fälle.
In den sämtlichen Perioden der sprachlichen Entwicklang zeigen sich
gewisse 8t^5ranjren und Hemmnngen, die znm Tiil auf die Entrvicklung selbst
zurückzutuhrcn sind. Sprechen doch wold alle Autoren von einem physio*
logischen Stnmnieln. Menmann wwXiintnnBdrttekliehwiePreyer n.m.a.
«ne phyaiologisehe Htfretnniniheit Wissen wir dwik, daß die Nach-
ahmuut.'Bkraff der Rinder sieh anidi auf pathologische Fr^i ]:ninungea in der
Uni-i tmnt: des KituloH H(>hr leicht er^freoken kann und daß, da im wpgent-
li< in u die ersten lautlichea Erscheiuuniion des Kindes als Roflexv(jri;iiugo
gedacht werden müssen, jede Hemmuug des Ketiexvorgangcä aucii eine
Hemmnng der normalen Entwiddnng der Sparaehe hedenien kann. Li der
Tat lassen sich fast alle SprachstOmngen, die wir beim Kinde vorfinden, anf
Hemmungen der Enti^icklung zorttckftlhren. Alle HemmunKen der Sprache
be7i*»hPTi Pich t«ils auf Ausfallserscheinungen der zur normalen Enhvifklung
derbprache nötig-en Reize, teils auf übermäßige Erhöhunf? derselben, und dies
läßt sich an den drei großen Gebieten des gesamten Sprachapparates, dem
peripher impressiven, dem xentralen und peripher expressiven ohne HHhe
nachweisen.
In einem zweiten Referate Aber die neueren Erfahrungen anf den
Gohietf» der Spraehstörungen bei Kindern gedenkt Referent aus-
fuhr I i c h auf diese pathologischen Erscheinungen der kindlichen Sprach-
entwicklung zurückzukommen.
Literatur.
Ament, Wilhelm, Die Entwicklung von Donken and Sprechen beim Kinde.
Leipzig 1899.
Compayr4, Die EntwieUmg der Klndesseele, dentseh von üfer. AUen-
bnrg 1900.
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S. 311. XYUI, S. Ö63.
Wie achon ein Bück anf die Znaammenatoilnng der Arbeiten leigt, auf
die ich mich zur Vermeidung einer noch längeren Verzögerung des eratea
Referates boschränkeu will, stehen Vcrsiu he Uber kurzdauernde und inter-
mittierende Kt i7.iiii;r mit ihren Ni beuwirkungen augenblicklich im Vorder-
grunde des Interesses, uacbdeui hier mehrere Arbeiteu der letzten Jahre
neben der Anaaicht anf einfache qnantitaür beatimmbare Oeaetiaiilfiigkdten
angleieh manche Streitftagen und aeknndXren Probleme geieltlgt hatten. Audi
gtikg man hier auf die Revision der aus älteren Untersuchungen Ubemommenen
Vftraupfetrnngen zurffck. So hatte vor allem über den Verlauf des .Anstei-
^vnri drr l-ichterrenrnujc bi.s zu derjenifreii Keizdauer. die jcweiln eine Maxiiu&l-
wirkuug Lerbeitubrt, bis iu die letzte Zeit iiu uUgemeiueu immer noch die
nXndiche Anffaasung gebenacht, die ana den allererBton Untefanehugen von
Einer vor 36 Jahren herrongegangen war. Im vorigen Jahre enddenea
nnn gleich zwei nene Arbeiten auf diesem Gebiete v<m 6. Martins ans
seinem Laboratorium in Kiel 10) und von K, Dürr au» »brn Institut von
Herrn ProfeBsor Wundt 2 , die vüllii,' unabiiiiniErijr von einander entstanden
und durchgeführt wurden, und die Frage nach Ausgangspunkt, Methode and
Umfang Teracbleden behandelten. Hart Ina erinnerte angMeh an eine
nna noch wenig berttckalchtigte Arbeit von Charpentler (10, S. 966 f.), der
achon früher die Exner'achen Veranche nach dner eigenen Metbode nnch-
prüfte. Allerdinj^s vollzo«: diefer aneh bereits die von Martins angenom-
mene Verpehiebun;: der Kraijestellun^:. ins(dern er durch direkte Verjrleichung
des iu »einer Dauer variablen Reizes mit dem lionünuicrlich dargebotenen
die »Ifaximalsdt« anchte, oder beaaer daa Minimnm degenigen Rmzdaitea-,
das anr Eraleliing der gewOhnUehen Helligkeit bei IHngerer Parbietang eben
hinreicht Sobald die maximale Reizwirkung grüßer ist als die gewöhnlich
gesehene Helligkeit, die iri.^besnndere bei Fixation auf dunklem Grunde
Mieder lorttresetTt lan^'.saui almiuimt, wird natürlich auch die vn>( Fvuer
gesuchte Zeitbestimmung tiir die Maximalwirkung etwas anderes sein mü^^en
ala die Mazimalseit im Sinne Charpentlera. Die Zahlen dea letateren aind
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Referate. 23
am bedentend geringer als die von Exner Itir seinen Wert gefimdenen
Großen, auch schien die Erregangsknive bis zum Maximnm geradlinig zu
verlanfpiL T)och fand auch Ch. eine umgekehrte Proportionalität der Zeit
zur Reiziutensitiit. M ar t i ub und D U r r suditen aber nun zunächst auch
das Prinzip der Exuer 'sehen Beobachtungäm ethode selbst nachzu-
prüfen, n. s. etaleter achon Im Jabie 1886 sugar onter Verwendong eines
bis ins Einseine nnehgeahmten Appantes (10, S. 884 ff.}. Beide bestKtigen
den Einwand, den sclion Kunkel 1875 erhoben hatte. Von awei benaeh-
harten Reizen von gleicher oltjektivcr latcnsität, von denen der eine etwas
gpäter beg^onnen hat, kann zwar der letztere auch bei ziemlich kleiner Zeit»
differenz seines späteren Beginnes dunkler erscheinen, wenn beide Beize
rot dn Kaiiuafanlt dar beiden Erregungen ibbreeben. Es gilt also anr
Not die untere Grenie der von Exner abgegrensten Region des gesaehten
Wertes. Doch verhindert eine kurze Zeitdifferenz zwischen dem beider-
pfitiirou Beginne einen flentlichen Vorteil des später beu^innenden Reiz.e« für
den Zeitpunkt, wo der früher he^rinnende sein Maximum bereits überschritten
hat, wodurch die obere Grenze fixiert werden sollte. Viel früher darf aber
der etile Beis radi nieht vor dem streiten be^unen, weQ sonst die wixk-
Ucbe Xa^malxeit ans den beiden Grensen nieht melir so einfaeh an bneehnen
ist. Martins leugnet nun die Verdunkelung des längeren Reizes bei der
Exner'schen Anordnung, also die Möglichkeit einer oberen Grenze, ganz
allgemein auch für viel größere Zeitdifferenzen zwischen dem Eintritt beider
Reize (10, S. 294.]. Dürr konnte mit seiner allerdings nur hinsichtlich der
ZeitrerbiUaisse analogen AMMrdniing wenigstens bei dies« Vergrößerung
der Zeitdifferenx eine Zonshme des Proaentsataes der üfte&e im Sinne
Exner's konstatieren (t, S. 11). Die £xner*aehe Anordnung bei Hartiaa
enthält allerdings wegen der unmittelbaren Nachburs^fliaft der beiden Reiz-
felder an und für sich ungünstigere Bedingungen zur scharfen Abgrenzung
einer lokalen Adaptation in der von einem früheren Zei^unkte an gereizten
Fliehe. Außerdem bedarf es hieran einer starren Fixation, die awar Martins
nicht besonders von seinen Versnehen erwShnt, die aber doeh e^^ntiieb mit
den Exner* sehen Voranaaetaangen selbstverständlich gefordert erscheint
In ih'T Anordnung von Dürr waren beide Reizfelder durch einen dunklen
Streifen getreuut und wurde genau fixiert. Mit diesem ll iui teiuwandc gegen
die Methode dürften aber nun aucii die Ausstellungen au i:; x n e r s Unter-
sachnng im weaentiUehen abgeaclilossen sebi. Was Martins sonst noeh
an den theoretisehen Yoianssetanngen angreift (10, 8. 284 ff.}, riehtet sich
annäclist gegen Anidracksweisen, die auf veralteteut sber liier an sich nieht
störenden Anschannngen beruhen. TTidfiu lOxner die miteinander zw ver-
gleichenden Felder in ihrer AusfUlluug b»'! Heginn des Versuche«, wo das
eine noch schwarz ist, sozusagen als Urbild des ganzen Gesichtsobjektes an-
sieht, nennt er den (hinsichtlich des HelligkeitsverUltnisses mit ilim 11b««in-
stinuaenden) Anblick beim Abbrechen vor dem Maximum des ersten Reises
sehr mißverständlieh ein Abklingen im »positiven Nachbilde«, das dnreh
Schwarz abgeschnitten werde. Den oben theoretisch abgeleiteten entgegen-
ge««etzten Anblick beim Abhnub nach dem Maximum aber, bei dem sich
die t'rUlier begonnene Eiuptindung bereits im »absteigenden Aate« befindet,
bezeichnet Exner als Abklingen im »negntiven Nachbilde«. Spesiell gegen
dies letstere wendet sieh nnn Martins wegen seiner Annähmet da0 die
Empfindung nach ilirem Ansteigen bis lur vollen maidmalen HelUii^eit aa>
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Bttfeimte.
aUiirnd konstant bleibe, was mit leiiiOT Theorie ttber das Wesen des nega-
tiven Narhbildop ühorhaiipt in f^iv^'f^m 7nsamTnf»Tiln?iirf> ßtfht. T'ni de&seut-
willon h:it iiir iiin nur die oben genannte (' h a rpe n t i e r sehe Definition der
»Maumakeit« einen »Sinn nnd ist für ihn das öuchen Exnera nach einem
«weites Diirdiiduiittq>iiakt iweier seitlich etwie gegendauder Teneho-
hener Enegugilranreii objdctiy gleieher Reise im PHnsipe tasBiditsloe.
Sobald dnzdi die besondere Bedingung der Fixation das ichlieOKche Auf-
treten eines verdunkt ln(1en nef^ativen NachbiM»^f nrx der länprer vorhande-nen
Empfindung herbeigelilhrt \vfirde. %v';fre dies nach Marti us eben nicht mfhr
eine Untenuchang des uorinaieu Krregungsverlaafes. Indessen üurite doch
woU die In der FixctioB liegende Bedingang mr Herabeetsan; der Helligkeit
naeh dem Haadimni Ton d» giaien AnordBong kenm m treraen Miiip wenn
man wirklich den Erregnngsverlanf nach einer bestimmten Reineit einer
Sehfeldstelle untersuchen will, die nicht dorch Blickschwankiinfrf n unter-
brochen wurde. Wenn Martins ferner sagt, daß die llcrfin-i iüjl' des
»absteigenden Altes« deshalb irrtümlich sei^ weil dieser in \Viri<liciikcir beim
gevdhalielieii Btkn ehe» ao knn eei, ab der mfhieigeiide (lo, S. 289 , m»
ist hier von tfartint wahneheialieli dae »AbkUngen« naeh Anfhtfren daa
Reizes gemeint, nicht daavonExner absteigender Aat« bezeichnete
Herabsinken der Errefrnn«;: während des liinffer dauernden Reiies selbst, zu
dem also auch das nt'gati\ e Xa« fibihi nicht noch lnn7>nkoinint. mit dem viel-
mehr die Bedingung zum »Abklingen im negativen Nachbilde« identisch ii»t.
Endlich ist von Martins noch auf die Notwendigkeit einer exakten Ab-
grensnng wlrklidi absolut dnnUer Zeitribune hingofriesen worden, die ianbe-
sondere iiir die von Ihm selbst untersuchten minimal<m Zeiträume von griSßter
Wichtigkeit sind. Die neuen Methoden verlassen nun beide ebenso wie
die Char pentie r Kclie die zeitliche Variation der einen als Vergleicheretz
dienenden Ueiligkeit und lassen den kurzdauernd dargebotenen Reiz mit
einem räumlich und bei Martins auch zeitlich von ihm scharf gesonderten,
in konstanter Welse dargebotenen Nonnalreia vergeiehen, enie diiekle Methode,
die Exner selbst wenigstens bei der Hessnng des allmählichen Anst^gena
der Erregung bei untermaximalen Reizen veniv'endet hatte, allerdings immer
noch mit dem rntersehiede, daß er die Zeit des V^^rirl^ichBreizep für die» ver-
schiedenen Keiz/eiteu so variierte, wie es den von ilim gefundenen, liir die
einzelnen Intensitäten verschiedenen Maximakciten dieser Vergleichszeiten ent-
sprach. Bei Martins ist die Beobaehtnag noeh fortgesetst eine subJektiTo
dnreh ein Unsen- nnd Femiehnystem, wie Qberiisnpt sein neuer wertvoUer
und vorzllglieh wiedergegebener Apparat ans dem Helm h ol tz - E x n er-
sehen unter Berüi-ksichti^nng der nbi^rfn FtTuviMid»« weiterentwickelt war
Er gestattete für 1'^ der »clmellen, unmittelbar abgrenzenden .Scheibe ein
Intervall bis zu ca. 1/20000 Sek. abwärts. Ahnlich wie bei dem Tachistoskap
▼on Erdmann nnd Dodge^) war dnreh geeignete Lage der abschneidenden
Scheibe in dem liehtstrahlen'Kegel eine gans exakte Abgrensnng der
absolut dunklen Intervalle möglich. Endlich versuchte Martina die
üngestörtheit der Wirksamkeit des variabeln Reizes dadurch zu einer nbso-
luten 7.11 machen, daß d er Verprleichsreiz überhaupt nicht simultan
geboten wurde. Dieser wurde vielmehr durch ein analoges, zum ersten
psrslleles optisdies System gesehen, das aber wegen der korrespondierenden
1) Über das Lesen, 1806 S. 10t
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Hefeimte.
25
Lage der Felder bei binokularer Retraehtim? doch nur mit abwechhehhiem
Veradüuß oinm Auges zu gebraucheu war, bezw. bei Hin- und Hergehen
dea iribnUelieik AqgM. Damit war a]»er natOiUch an^ die PvioiBioii etwaa
verauDderfe, welehe in der Vefgleiehimg IwnachlNurter HelUgkeiteii, aolbat
noch bei hinnidiender Entfemnng derselben, vorhuideB Ist Die Bedeutung
der T^olienin^ ranßto freiHr)i öfters diireli mehrfache weiren tlpr l^rhwif>ri>l<*'it
des puceessiveu Vergleiches erwünsehte \\ tederlioluu^r des kurzen Iteizes bis
ZOT Störung durch positive Nachbilder, »owie durch die gegenseitige tieeiu-
floaaniig der beidetaeita makntar geadieiieii Vei{^ieli8objekte aelbat wieder
einigennaßen modifiaiNt werden. Antotoi war aber nnn anf Grand der berelta
genannten Annahme, daß nach Erreichnng des Maximums die Empfindnng
annähernd konstant bleibe, eine kontinuierliche Aussicht auf den im parallelen
System dauernd sichtbaren Nonnalreia gestattet Über die oben in ihrer Be-
deutung für das Problem hervorgehobene Fixation wird bei dieser neuen
Anordnnag aiclita erwilmt. Die Dttrr'aebe Anofdinmf aeigte dem ftefen
BUeke bei stets monotadaier Betrachtung in bequemer Entfernung awei dnrch
Ttanaparai^»^« anagefUUte rechteckige Felder von 5,3 qcm im Abstand
von 1 cm auf durchaus schwarzem Gnmde Sie wurden durch je eine rlick-
w.irtige Lichtrjnelle erhellt, die aus den beiden streifeufönnig-en und in ihrer
Liinge variablen Ausschnitten einer durch einen Hoden lichtsicher geteilten
TionDmel Ton 1 m Dtudmeaaer aonKehst je eines adhmalen Si»ait belenebteten.
Doreh beaondere AbUendnngen geaehali die Abgrenaong der TOlIig liditioaen
Intervalle ebenfalls sehr exakt. Es erfolgte also hier aimnltane D arbietnng
mit den günstigsten Verglei fJi st)edingnTigen . und war anzu-
nehmen, daü eine Heeinflnssnng des N'crlaut'es höchstens in dem MaPf^ stntf-
hudeu künne, als dieser von der Ausdehnung der gesamten heilen i iiiche
und der Naehbaraehaft dea berelta Ungar daigebotenan Vergleiohsrefaea ab-
bingig iat, Momente, aeitena derer ein weaentKeber atOrender EinflnB nicht
an erwarten war.
Da die ganze Dilrr'sche Anordnung anf den nlimliclien Voraussetzungen
über eine Herabminderang der Helligkeit nach dem Maximum beruht, wie bei
Exner, bezw. wenigstens mit der MOghchkeit einer solchen rechnete» wurde die
konstante Darbietung des Vergleichsreizes sowie genaue Fixation ala beson-
ders wiehtig eraehtet Der yariabie Rda daneben eractaien wieder entapreehend
später und brac-li jederzdt zugleich mit dem andern ab. Das Endstadium
der Helligkeiten 8clieint dabei in der Tat fiir das Vergleitlisurteil allein noch
in IJetracht zu kommen. Ein Vorsignal, sowie der Khythmus der ganzen
Aostührung erleichterten alle Beobachtungsbedingungeu. Jederzeit erl'olgte
eine einzige Darbietung mit mindestens 6 Minuten Erholnngspanse.
Hartina hat nnn anf Grund aeiner Voranaaetaitng Uber die Konatans
nach dem Maximum Uberhaupt niemals eine grOfiere objektive Intensität /um
Vergleiche mit dem in seiner Zeitdauer variablen Reize beigezogen und auch
diese T>fn!<>r nicht weiter ausgedehnt, als bis jene »normale« Helligkeit des
koufinuierlich dargebotenen Reizes von gleicher Intensität erreicht war, weil
dies dem Zwecke der Untersuchung widersprochen habe (10, S. 327]. In
^eaer Weiae konnte alao eine etwaige »ttbemormale« HeU^ikeit bei etwaa
längerer Belsdaner, wie aie Exner anohte, gar nieht anfgeftinden werden,
weil das bereits Überschrittene Maximum des Normalreizes jedenfalls einem
nnffrmaximalen Stadium des variabeln ent.«prieht. So steht es also an und
iiif steh mit den Exner 'sehen Resultaten in gar keinem Widerspruche, wenn
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Befente.
Martins älinlidi wie f ' ha rp entier , der nach dtin n-imlichen Prinzip
arbeitet»', viel kJeiuere Maximabeitcn im Mittel auftindtt. Für 0 verscbieUeüt'
Intenaitäteu, welche photome^ch genau der rotenzrcihe von 2 proportional
abgestuft worden waren, wird in Obeieinetünmiing mit dem Bieherigen nadi
die nmgekekrte ProportionaUtiit der Mftiimnlaeit snr Intensitit beobaditet,
80 daß sich für einen nicht viel unter gewühnlicber Lampenbelenclktttni^
UegcndoTi Reiz 0.013 spc. nnd flir 1 '32 desselben 0.(X)H aee. eri^nbt.
Wollte uiau hingegen wirklich die von Kxner dctinierte Zeit-strecke
mit einer direkten VergleichBuiethode uaehprüfen, bo uiuUte man, wie nur
bei Dürr wirklich geschah, tther die Beisteit zur Erreicbong der Helligkät
nach kontinnierticher Darbietung l>eKebig hinanageiien und dem bei ihm
während einer Reibe in konatanter Dauer von 2.4 bis 2.9 sec. dargebotenen
Normalreiz eine viel irrflßere oli jektive llellifjkeit als dem variablen
geben kennen. Kin Kpi8k(jtister vor dem au und lur sich viel helleren
Nonnalfeld lie^ also deäöeu L berächuß au objektiver Intensität paai»eud eiu-
ateilen. Da seigte sich mm, daß die größte Helligkeit sogar in einer
viel lingeren Beisseit ala in den größten ^on Exner gefan-
denen Zeiten erreicht wird, nämlich Hir gemischtea weißes licht in
ca. 0 yon ser, nnd ttlr h<>in»>L''en farbitjcs Liclit beliebiger WellenfÜng^e. ^rie e?
«lurcli ötrahlentilter erzeu{^t wurde, »ogar erat in ungefähr der doi>pelteii
Zeit von 0^529 sec. Dabei war die Helligkeit sämtlicher Farben unter sieb und
dea gemiwkten Lichten mOgUehat genau gleich gemadit worden. Ferner
eigaben eich aber nun auch fftr aehr ▼eracbledene IntenaitStaatnfen
beziehangs wei80 ganz die nämlichen Werte, und ebenso war kein
r n t er p chied der M a r i in a 1 7. e i t e n z wischen vollstän di^je r D u nkel-
adaptation und üel ladaptat i o n festzustellen, wobei die Kon.stau?. d< r
letzteren durch photometrisch kun tr olii erte Begulierung der Tage»-
belenobtnng und Anblicken einer mittelgrauen Flüche in den Panaen erreicht
wurde. Bei Beiladaptation war nnr dte aar Gleichheit mitder Mayimalwiriamg
erforderliche objektive Verschiedenheit den Komialreizes ca. 2,7 mal geringer
als bei Dunkeladaptatinn 2, f^. 270 . wo da^ beiderseitige Kei/A erhältnis so-
gar ca. 4/27 betru«:, «o daß der ^■e^lauf der Erregungakurve der Lrwartaug
entsprechend als ein Üacberer erscheint
Aneb hii^ehUich der »naeheinenden Unabhängigkeit der Mmdmalaeit na^
Dürr von der btenaitiit brancht aber nnn kein Widerapmch an den früheren
Beobachtungen dieser Abliängigkeit angenommen zu werden, der bei der be^de^
»eitigen weitgeliendenl bereinstimmung mehrerer Teilnehmer auch kaum erklär-
lich wäre. Da nach dem oben Gesagten auch für K x n e r die u n t e re Zeitgreoze
allein schärfer abgegrenzt sein konnte und somit die Berechnung vor alieiu
iMeinfloßt haben wird, ao aind aowohl aeine wie Charpentiera nnd
Hartina* BesnUate achon hinreich^id ana einer Verachiedenbeit des
anfateigendcn Astes je nach der Intensität erklärt I.<eider k<mnte
DUrrs direkte Vergleichsmethode bei der Ausdehnung der bisher genannten
Versuche bisher nicht auch anf diese ganze Form der Erregungskurve aasge-
dehnt werden. Aber schon aus den oben [S. 24] ermähnten Exnerschen
Besultaten, vor allem aber aus den diesbezüglichen Versuchen von Martiai
(10, S. 381), der aeine veraebiedenen objektiven Inteneitütaatnfen für die
^meinen Stationen anf dem Wege zum Maximum als Vergleichsobjekte bei-
zog, geht die größere Steilheit der Kur\'en für die höheren Intensitäten her-
vor, wobei Martina auch die Charpentierache Annahme einen gerad*
Referate.
27
Unigen Äiutaigeiifi widerlegte. Wenngleich also dann anch die Kurven fttr
die höheren Intensitüton nooh pntsprochpnrl flach biß zum frempinsamen
Zeltpunkt des Maxiiuums aufsteigen, ^vird eine Minimum-Methode wie alle
außer der Dürrsebeo. noch dazu unter Berücksichtigung der Unterschieds-
BchweHe, scheinbare Differenzen der Maximalzeit in dem bekannten Sinne
snffinden lassen. Die Dtlr reellen Versnehe konnten wohl nur wegen der
besonders günstigen Vergleiclisbedinprunjiren bei dem flachen Verianf in der
Nähe vor dem Maximum noch eine Differonzieniiifr herausfinden.
Damit ließen sich alf<o die Ab\\ eichungen von Dürr» Resultat erklären,
diese weit gehen, dal3 die Martius sehen Werte im Verhältnis zur Zeit der
Maximalwirkung bei den hellsten Reisen ca. 20 mal, bei den allerdings nicht
als homogen beselchneten Farben s<^r ea. 40 mal kleiner ansfielen, und
stimmt hiemit aoch flberein, daß Martius bei Helladaptation noch etwas
kleinere Werte fand, insofern hier bei dem flachen Verlauf der gesamten
Kurve das eben nicht mehr uuteracheidbare Minimum noch früher erreicht
werden kann.
Dieser von Dürr gefundenen Verlängerung der Maximalzeit gegenüber
würde aOerdings noch in erhöhtem Maße der Einwand Martins* gelten, daß
nns eine so lange Dauer bis zum Stillstand der Helligkeitssteigernng doch
auch im gewühnlicbcn Leben schon auffallen müßte (10. S.296 n. S. 348). Nun
haben wir hier allerdingrs selten (telefrenheit. den Aufstieg vom Nullpunkte zu
becdjaciiten. Aulierdem würde aber gerade auf die größere Flachheit der
Kurve uach dem vor allem bei hellen Reizen sehr kurzdaucrndcu raschen
Ansteigen am Anfimg an verweisen sein. Die Eikennnng der großen relativen
Senkung bei fortdanemder Bebning nach dem Maiimnm setit strmige Fixation
voraus, die ebenfalls nicht das Naturgemäße ist
Während sich nnn Dürr auf die bisher genannten Fraprc Stellungen ho-
schränkt, bildet die Fest.stellnnp: der Maximalzeiten bei Martius nur cino
Vorarbeit für die Lüsuug der Frage uach der Dauer der Lichtempftu-
dnngen (10, S. 336 ff.), die er ebenso wie schon Plateau*) nnd Char-
pentier ans der kritischen Periode anr Yerschmehong intermittierender
Lichtreiae au erschließen sucht, wobei er jedoch die Zeitbegrenzung der Em-
pfindung ausdrücklich zu dem Verlauf der periphereren pln-^ioIoLnschen Sta-
dien in (ie^'euMatz stellen will. Zur Klärung des (ranzen ucrdeu daher von
Au lang au solche verschiedene Bcgionen uuU die Zeiibegreuzung der ihnen
zugehörigen Proaesse theoretisch scharf getrennt Wenn auch nur Reiaa^ten
gemessen werdeii könnten, so handle es sieh eben um solche Versnchsbe»
dingungen, welche einen Rückschluß auf diese zentralere Bedeutung der ge-
fundenen Zeit erlauben. Die bisherigen Bestimmnn<ren Uber das Talbot-
sclic Gesetz seien hiezn nnfsreeifTnet. Marbe /.. H. j*clb>*t hat dies freilich
schon ganz ullgenicin von solchen Messungen der kritischen Periode be-
hauptet^,.
Nach Martins beruht die kontindeiliehe Emp6ndung bei intermittieren->
den Beiaen keineswegs in idlenFiUlen darauf, daß die einseinen Reise w^n
1) J. Plateau. Über einige Eigenschaften der vom Lichte auf das
OesichtBorgan hervorgeteaehten J^drileke, 18S9. Pogg. Annalen 1880. XX
S. 301, b. 311 ff.
2) K. Uarbe, in Wnndt, Phil. Stnd. IX, S.399.
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28
Btfantte.
einer p e r i p h c r p h y s i o 1 o isc hen 8unmiati(»nRwirkuTig nur noch als Total-
eflfekt nur Geltung kommen, wie er auch bei konÜQuierlicher£eiziuig der Empfia-
dang so Grunde liege. JEs UJuen nach ihm «««h ialbttlbMlig in ildi abg»-
aeUoiMBe phjaiologisehe Wirkungen ebenao MlbstKndlgnEmpfindnngmi eiBea-
gen, die nur eben wegen der denEmpfindungenals aolchen eigentüm-
lichen Dauer zeitlich unmittelbar aueiuander grenzen, nnd g-erade diese Fülle
at-U n '/m richtitren Lösung des Problems der »Empündun.'Fdfiuer« heranzuziehen.
Wirklich iichtloee Intervalle seien dabei fUr diesen RückBciduß natürlich das
erste Erfordernia. Besitze dann die kontinuierliche Empfindung dennoch die
ninilelM IntnaiCit, wie die einmalige, ao kttnne diea, wie ala adbatreistindiieh
vorausgesetzt wild, nur der Empfindung im Qegenaatz zu periphereren
Tatbeständen zuzuschreiben sein. Gerade diese Intensitatsfrage lüse sich
aber nun am einfachsten durch jene HeHtiiinntm^ren über die »Maximalzeit«,
weil nach dieser Keizzeit die Empfindung dem kontinuierlich daxgebotenen
Heize gleich werde, so daß bei einer zu dieser gewöhnlichen Helligkeit
eben ▼erachmelaenden Beihe von Maximalieiten der Zeitwert der grOfiten
hiebei aoliadgen Uehtlosen Intervalle unmittelbar als die nnter dieaen Bedin-
gungen vorhandene Dauer der ungeschwächten Empfindung zu betrachten
Rpi, V\o überraschendste und den bisheri^ren AnHchanungen anscheinend ent-
jrt't^enstein rulo Mitteilun>r besteht hiebei. wie sogleich hervorpeboben werden
soll, dann, dai^ nun diese lleUigkeitsgleichheit des eben verschmelzenden
Eiadiockea mit dem kontinnierUehen Reiie von gleicher objektWer
IntenaitSt tataKohUch beobachtet worden iat Ja ea aeigte aich aogar
ferner ganz allg^emein nach Einstellung der <rr<ißtmögliohen lichtlosen Inter-
mittenzzeit tlir die versehiedensten gleichmäßig wiederholten Reiz-
zeiten, die weit nnter oder über der für die jeweils verwendete Intensität
gefundenen Maximalzeit lagen, dul3 überall die Intensität des V^er-
achmelanngsprodnktea dem einmaligen Beize gleich war» aodafi
Martini alao anch in dieaem Falle die Daoer der Empfindong ale dea lontral-
aten Vorganges unter diesen besonderen Entstehnngsbedingungen festgestellt
zu haben glaubt. Diese Beobachtungen bedeuten nattirlicli nichts geriu^'^prcs
als eine Abweichung' von dem Talbotschen Gesetz, nach Icheni zur Her-
stellung der Helligkeitsgleiehung bei einer vollen Verschmekuag alle Zeit-
atrecken, alio anch die Hohtloaen, im VerUUtniaae ihrer Zdtdaaer einsnrachnen
aindf wovon nach Marbee Angaben biaher kdne Abweichongen wenigateaa
mit Sicherheit nachgewiesen werden konnten, obgleich hier freiUeh daa
Material noch lan^e niclit abgeschloaaen ist Auch künnte bei der großen
Ausdehnung der benutzten Reizzeiten nicht einmal von bloßen lireuzf:itlen
die Hede sein. Gerade bei der Entscheidung dieser wichtigen Frage käme
aber nnn AelUch eine gana beaondera grofie PrMaiaion der HelUgkeitBver'
gleichnng in Betracht, von deren Bedingungen in der Martinaachen An*
Ordnung 5c]ion oben die K l war. Bei den untermaximalen Reizzeitec,
wo nacli dem Talbotsclieu Gesetze eine Verkürzung der Intermittenzzcit
natürlich ^nz besonders ins Gewicht fallen muß, wird auch von Martins
selbst zugestanden, daß eine Aufhellung bei dieser Verkürzung zu beobachten
war, nnd erklirt diea Hartina hier wirkfich in der nXmlhshen Weite, wie
anch er daa Talbot iche Oeeeti anliaSt Ea entatehen hier hereita peripher
physiologle^clie Totaleffekte, die einer längeren kontinuierlichen ^nwirknttg
des Reize? bis zur »Maximalzeit < äiiuivaleut bind. Denkt man nnn an die
viel größeren Zeiten, die nach DUrrs Untersuchungen noch solche Sununa-
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Referate.
29
tionen erkennen lassen und weit Uber die höchsten Martins sehen Reizzeiten
in diesen Versnchsrcihen Uber Vorschtnelzung und die »kritii^rhc Porü*<l<>€
hinaufreichen, so würde man selbst von den theoretiecben Vfiruus^^« tzuiif^i u
Jdttrtius' aus vermuten, daU die durchgängige Gültigkeit des i a 1 1> o t üdiea
Q«MlMB in Jenen aebeinbAnik Abweidiitag«ii nw eben ao geringe BUfo-
Ttmen mit sich bringe, ömQ lie unter der ftu der Anordsniig resnHierenden
Unterschiedsschwelle liegen. Eine Fort\^irkung des ErregnngsznstandeB,
zwar nicht auf die Pf}ieinb;ir«^n Helligkeitsverhültnip?e aber doch auf die
Zeitverliältnip^^ ( ftrs hiedureh bescbleanig^ten Ani^ti i^-< der späteren Era-
plindung, gibt ju. iMartius selbst auch uoch iusofcru ^u, ala er die bei
wieduholter Bdxnng gefandene viü kflneie Unterbfeobnngsmüglichkeit
ttbendl, eleo mnob ffir die Maxim alseit nnd dnrflber, «it nedi
ea. 5 bis Tmaligcr Wiederholung eintreten sieht, während sie z. B. bei nnr
zwei Reizen sehr viclmal länger sein kann. Auch diene Erscheinung
stimmt mit der Annahme einer längeren Periode des l'otal-
effektes gut zusammen, weil die ganze bis zur fünften Wiedeiholnng ver-
lloaiene Zeit meiit ent in der NlUie d«i Dttrieohen Mwimwe Hegt, nnd
legt dies die Venintnng einer aneh mit der Vetkttnnng der »kritiiehen
Periode« snsammenpassenden Aufhellung bei fortgesetzter Wiederholung
bis zum ca. fünften male nahe. Aber wenn nun auch wirklich solche Ab-
weichungen von dem Talbotschen Gesetze unter noch prHziseren Ver^'leiclis-
bedingungen nachgewiesen werden künnten, so fragt es sieb noch, worauf
Hnrtins den BUekecblnß anf die Lokaliiation der an gmnde liegenden
Proaeeae grUnden wül, wonaeb die ala bevieaen ToraoageNtsteUnverinderiieh-
keit einer Empfindung nach Abbrechen des Reizes nicht annSchst peripherer
physiologisch bedingt sein soll. Dabei hnt Martins nebenbei bemerkt
trotz des psychologischen Gei>ichtspunkteä nirgends in der ganzen Arbeit
der Unterschiedsempfindlichkeit gedacht, welche ebenfalls zur Ausscheidung
der etwa nabemeflLten Verbidenmgen aas der vollen Zeit einer anyer-
ihiderlieben Fortdauer der Empfindong ala eoleber wenigatena theoretieeh
binangehVrt Martins scheint all BelbstveiBtHndlieb TOianeinsetzen, daß die
strenge Gültigkeit des TalbotBohen Grspt7.es schon an und Ülr siih
eine peripherere Hegion abgrenze, während diese Gesetzmäßigkeit, falls sie
wirklich abweichende Grenzfälle in sich schließen sollte, auch mit diegeu
FSUen ranilcbet einmal fUr das ihr jedenfaila am sichersten zugehörige
Geltet der peripberen Vorgänge in Becbnnng geaogen werden müßte. Trota
dieser Abgrenzung der beiden Gebiete betrachtet sber Marti us doch wiederum
an späteren Stellen '10. S. 349 boine Fragestellung über die Dauer der Em-
I.Hndunj^en als die allgemeinere, aus der das 1'al bot sehe Gesetz und die
Verschmelznngsbedingungen etc. als Spezialfälle deduziert werden müßten.
Die Mischong mehrerer Reizqnalitäten müsse dabei wiederum erst aas einer
Einsehiebnng liebtloser Intervalle an allen Stellen abgeleitet werden. DaB
eine möglichst genaue Ableitung der vollen Erregungsknrve unter den ver«
schiedensten Bedingungen zur Erklärung der bisher abgeleiteten Regeln
Ul^er die kritische Periode mithilft, ist jedenfalls als sicher zuzuge^'*^rh(nl.
Die Mar besehe allgemeine Regel, bei welcher die mittlere Inteusität«-
Variation der einzelnen Zeitelemente eine wichtige Rolle spielt, wird ja hin«
siditUcb der zolissigen absoluten Ysiiationawerte unter den verseUedenen
Bedingungen (vg^. Referat au 19} noch empirische Konstanten branchen, mit
denen Jedenfalls diese Erregnngsknrven in engstem Zusammenhang stehen.
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ao
Referate.
Die Marti U88chcn Hesnltate über tVv Vorrini^enjnjr der fjrüOtmöirlichpn
Intorniirtt nzzeit bei Zuuahme der Keizzeiten und der lioizintensitüteo. die
zugleich mit dem Satze übereinstimmen »qnid cito fit, cito perit«, unterstützen
aber dne solche dedoktiTe Ableitung der Harb eschen v. a. Besnltete Uber
die Draer der kritischen Periode TOllig nnabhingig von einer Theorie Aber
die Lokalisation der Erregungen. Andererseits kommt aber doch auch die
MarbeRrhp ErklHmng fl!r din vfrathiedone Dauer der kritischen Porif fi »
für die Mart in« scheu UnterHUchuiif^en tlber m^Jgliche Intermittenzzeiten in
Betracht, weil »ie eben die allgemeiust«u formalen Beziehungen zwischen
wirldich kontinnieriiehen Reisen nnd intermittierenden ins Ange faßt*}. IHe
Hartins sehen Zahlen Uber die Jeweils mögliche Intermittensselt (tO, S- 840,
Tab. XXI; zeigen denn auch in der Tat kritisehe Perioden fltr die Mischung
Weiß und Schwur/., die mit den vonMrjrbf» f>n«^egebenen nllgemeinen Regeln
Uber die N'erBchnielzuii'rsbegünstigung in den jeweiligen Ver8uchpbedin<nin^en
bei Martins vollkommen Übereinstimmen, nnd gerade deshalb muß Martins
umgekehrt die deduktive Ableitnng der Harb eschen Zahlenwerte so gut
gelingen (10, S. 368). Die Besnltate der nXaüiohen Abhandlong Aber positive
Naehbilder werden weiter unten angeführt werden.
T>if^ Al)]ptrnng der vollständitren Kurve ftir das Anstei'^'t^n d^r -i^rechie-
dencu Farbeuerregungen dureli eine einwandfreie direkte Yergleicbsmethode,
wie sie von Kunkel jedenfalls noch nicht benützt wurde, kUnnte femer end-
lich anch einmal eine direkte Kritik des beluanten Helmholtssehen Er*
kUrangsversnches für die von Fechner anerst beobachteten Farben*
erseheinun^^cn ermöglichen, welche bei einer eben noeli nicht zur Ver-
f( hinclzuiii; führenden KotatioiiPgreechwindigkeit eines ausschließlich mit Weiß
und Scliwarz besetzten Kreisels zu beobachten sind. Nachdem sieh dun li
die Dürrschen Kesultate für die Maximalwirkung zwischen den einzelnen
Fari>en kein Unterschied nachweisen ließ, kOnntm die Ton Helmholtx ab
ErkUtning angeflihrten Differenaen des Ansteigens bei den vetschiedenen im
Weiß gemischten Farben, zu denen dann noch etwaige Differenzen des Ab-
klingens hinzukämen, wiederum höchstens noeh in der Verscbiedeuheit der
Kurven form vor dem Maximuni gesucht werden. Leider ist ab^r bisher auch
über die zu erklärende Jrarbenerscheinung selbst das Beobuchtuugsmaterial
noch lange nicht abgeschlossen, was sidi mit der Anstrengung derartiger
Flimmerbeobaohtnngen leicht entschuldigen 116t In neuester Zeit bat F. W.
Bagley im Laboratorium von Titoheiier ^ehr viel Material über eine be*
stimmte, b'^Hfmdfr« brillante Spiehirt der Erseheinun^ gesammelt, dessen
Bearbeitung am i niem noch mit einer ausführlichen Litteraturangabe versehen)
leider durch Erkrankung der Verfasserin beeinträchtigt wurde. Die Sektoren
der rotierenden Seheiben waren bd dieser Anordnung, wie schon Benham
als EiFektstrigernng vorsohlng, nicht alle in der ganaen Fliehe einheitlich,
was nur bei dem meist 180o betragenden schwarzen Sektor antraf. Derwdfie
Sektor hingegen war in seinen vier (manchmal drei; verschiedenen Rio?-
zonen mit je einer Bog^engruppe aus je vier gleich langen nnd meist
1 mm breiten und 3 mm von einander entfernten konzentrischen schwarzen
Bogenlinien besetat Je nach der Lage der Bogengmppe an den Giemen des
weißen Sektota mit dem schwanen seigte sich nun eine yeiachiedene FSrimng
der durch die Linien beseichneten Binge fai Bot, GrOn, Gelb (yellow], Blaa.
1) ?hU. Stud. Xil, S. 283 ff.
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Referate.
31
AI» lypus y\\rt\ eine Scheibe mit einem weißen Sektor von 180" angeführt,
auf wrlclioin auf den vier konxeiitrischen Regionen je eine solche Bopen-
liniengruppe zu Je 4öo Länge lag. welche sich bei der iuuersten umuitteibar
an die bei der Rotation vorauseilende Grenze des Sektors anschloß und bei
der nlelifttbeiiacbbarteii Begion immer um 45« »pitter einsetzte. Der innente
King erschien dann rot, die nlEeluiten grttn, gelb tmd blau in dieser Reihen-
folge. I5tM iiinjrckehrter Kot.ition kehrte dem entsprechend di<* nciluMifulj^e
von innen nach aulnn v.m. Allcrdinps zeigt sich auch noch das Purkinjesche
Phänomen Insofern, ab bestimmte günstige Verhältnisse der mittleren Hellig-
keit (durch EinstellaDg der Bugeiiliuienlänge, des schwarzen Sektors und der
Belenehtnng) die charakteriBtisohen Firben jeweilB am besten sat CMtang
kommen laHMcti. 1)esonders die Abgrenzung von Gelb und GrUn ist selur davon
abhänpngi. £)ip li^tution blieb mei.st knnstant auf 4,3 Umdrehungen, wo die
Erscheinung im Mittel am scliünsten ist. und werden <lio' Abweichungen hier-
von wenig berücksichtigt. Außerdem wird die Idare Gesetzmäßigkeit der
Encheinnng und ibre Unabhängigkeit von Anfmerkaamkdt, Übung und Er-
rnttdong betont) welche sieh nicht andere wie bei anderen optleohen Yer^
■neben geltend machten. Indessen aeigen sich die Farben doch nnr dann in
der vorhin anssrepprochenon Wei«e. wenn die einzelnen Rinfr;,rrnppen
gerade so nebeneinander Heften, daß wie dort die kontrastiereufb-n
Farbengruppeu aucluauderstoßen. Wird eine einzelne Region durch sonstif^e
Sehinnbedeckung herausgehoben, so blaßt sie oft bis zur Unbestimmtheit ab.
Zndem wird dnrch beeondere V«nnehe mit Eraetanng de« welOen Onmdea
durch Pigmentfarben der normale ElnflnB dea Kontrastes auf die antjektiven
Farlicn naclii^ew iesen. Man kann demgegenüber kaum da» Urteil unterdrilcken.
daß die j,'auze Untersuchung zunächfit besper iretan hätte, auf jene 'birdi i^anx
heterogene Bedingungen herbeigeführte Kontrastfärbung zu verzichten, welche
durch die komplizierte Anordnung der Linien auf den benachbarten weißen
^ngen entstdien. Ein dnrehgehends mit Bogenünien versehener Sektor mit
variabler Stellung an den Sektorengrenzen und eine variable Rotationsge-
schwindigkeit hätte vielleicht mehr Sicheres ergeben, als diese auOerdrdentlicli
mühsame Arbeit mit 97 verschiedenen Scheiben. Soblieülich weiß man ja
auch nicht, wieviel innerhalb der einzelnen Bogenlinien-Omppen selbst auf
dem Kontrast zwischen hell und dunkel beruht, und hätten eher einmal da-
awisehen anch weifie Linien anf schwsnem Omnde beigezogen werden mOs-
aen. Yer&sserin ist sich freilich dieser Begrenztheit der Versueh.'^bedingungen
selbst wohl bewnGt. Doch kommt es ihr vor allem auf eine Tbeoric nir die
Kr^cheinun-ren an. die sie zunächst an der Iland des oben genannten Typus
so zugammeofaßt (1, S. 4^ ff.], daß Rot nacti plötzlichem Beginn des Weiß
nach Schwarz, Blan nach Unterbrechung eines längeren Weiß eintritt, was
noch mit der Helmhol tischen Formnliemng gnt snsammen besteht. 6rUn
und Oelb trete dann anf, wenn Schwarz zwischen zwei Wciß-Erregnngen Hege,
und zwar mehr grün, wenn da.«« voranfreliende Weiß da.s kürzere ist, während
bt'ini timfTPkehrton Veriiiiltnif .'«icli mehr gelb ergebe. Die Theorie gründet
sich dann doch wiederum auf die Annahme einer verschiedenen Reaktionszeit
des Organes auf die verschiedenen Farben^ nnr eben im Sinne ^er Vier*
1) Anf die Bedentnog der Helligkeit im Sinne des Pur k inj eschen Phä-
nomens hat anch Wnndt besonders hingewiesen. Physiol. Psychol. U, & Anfl.
S. 192.
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S2
tarben-Thenrie, wobei Verf zwitichen Ilerin^r nod Ebbinghaus vermitteln
will. Hot, üriin, Gelb, Blau soll die Keihenfolge der Schnelligkeit jener
Keaktion darttdteiL I}tt64«rWMMT(»Wel6 md Sehvm eine beMmdeie
Bediagnng tei, wird ebenCdb ngeeteBden. Wflide aber dae elgentfimUelie
Blenduiig^gelltiü bei diesem FUnmem und das scfaließKche AufbelWi der
bekannton snbjfktiven Fif^nrcn mehr bortickskhtijrt, bo würde man von vorne
herein tla» «^'.inzo Gebiet mehr zu anderen abnormen Farbenerpclieiniin^'en
beim Fixieren blendend weißer Flüchen usw. in Beziehung briugen, und wäre
68 wohl hier ganz bfleondex» sn Pletse, ia der oben (8.27) etwlüiiilei M artine-
sebea Betraehtnngiweiee lieh darui sn eiinneni, daß in der gewIShnliehen
AnfiiMvag niemala eo etwts wie ein Farbenspiel beim Ansteigen einer weißen
Errpjning zu sehen sei. Kino genaue Analyse des Tathpr^T^indes wird also
vorlliufij? vielleieht nur unseren ohnebin no( h kaum recht uurcr>):ebrachten
bchatz an Abnonnitäten bereichern, ohne sogleich in die Faktoren des nor-
malen S^UHU einen ao einfaehen EfsbUdc sa gestatten.
Über die Venwhmelenngebedingnngen bei komplizierterer AneftUnng der
Periode durch Weiß und Schwarz von gleicher Daner zusammen mit mitt-
lerem Gran, die am Farbonkroisel gemischt werden, hat wieder F. Seheuck.
zusammen mit W. ,Iup* eine neue Untersnchung verüffentlicht (15. In einer
ersten Yersuchsgruppc hatte das (irau verschiedene Ausdehnung am Kreisel
und war der Rest jedeHMd von nnr einer Wei6-8obwa»-Gmppe gebildet,
in einer aweiten Vennehagnippe waren raebrere loleber Gnippen mit daem
Gran von der Dauer einer Oruiipe, in einer dritten mit einem Grau von der
Dauer Hünitllcher Gruppen Weiß -Seh würz kombiniert Es ergab sieh daß
eine niu kiir/.ere Dauer der einzelnen Weiß-Sehwarz-Gmppp notwendi«:
wurde, je länger das Grau im Verhältnis zu dem Weiß-Schwarz dauerte und
je grüßer die Zahl der eingeeebobenea Weift-Sebwaiz-Onippen war. FBr £e
Theorie wird auf zakfiaftige Anefthmngen verwiesen. Bei einer Angleiebnng
dieser Ergebntee an die bisherigen Anschauungen muß natürlich berUek-
siehtitrt werden, daß die absohife Verlängernnfr des mittleren Grau an und
fiir sicli die N ePHclimelzungsbedingungen eben so fortgesetzt verschlechtem
muß, wie die Verlängerung des Schwarz und Weiß, nur eben in viel gerin-
gerem Maße und so , daß da^ttr die absolute Zeit der Weiß-fiehwara-Gnippea
niemala über ein bestunratea Haß hernnter gedrttckt an werden braadit. INes
übersieht man am besten, wenn man das mittlere Qraa scbließHch Überhaupt
kontimiicrlich darbietet und in lünfrem Zwischenräumen, welche die mrifrüt lie
(ieaaiiit/.eit zur Lnt?itehnnir einest Totaleffektea nach dem Talbotschen
Gesetze weit überschreiten, von Weiß-Schwarz unterbrechen läßt. Da hier
die Empfindung dea Grau bei Eintritt des Weiß ▼ollMindig fertig ist, muß
die noeb so momentane Eiböhung an Weiß bei ToUer Aufmerksamkeit na
dem Moment der Unterbrechung^ zur Tfoltung kommen, so lange es nnr die
Unterschiedsschwelle xuläGt. und das soji^bM* Ii fnlijende .*>ehwarz wird einem
pr<5(?em Kontrabt ^'e;:euiiber8tehen. Eine mehrlaciie rnterbrechunc aber wird
die Aultalligkeit noch erhöhen. Ähnliches ergibt sich auch, wenn auf noch
80 momentanes Schwan-Weiß wieder fortdauernd Grau folgt. Damit sind denn
zngleieh die Snßersten Grenien fttr die hierdnreb notwendig werdende Besohlen*
nigung der Weiß-Schwarz-Gruppe bei noch größerer Verlängerung des Giat
und noch größerer Vermohninp: der eingeschobenen Weiß-Schwarz-Gruppen
als in den Sehe nckschen Versuchen angegeben. Keinestalln konnte mnn frei-
lich verlangen, daß sich die extremen Zeitverhältnisse hei einer Einschränkung
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Bcferate.
33
der gesamten Periodo Orau-Weiß-Schwara auf diejenige Strecke, aus der sich ein
kontinuierlich vorhandener Totaleffekt ergibt, weniir^'ftMis bei einseitiger Aus-
dehuuüg- de:-* mitrleren Grau wiederfinden lassen uiuütou. Allerdin^B ist der
Übergang ein kuutiuuierlicber und laßt sieb eben deshalb bei den Sebünck-
sehen Vennieheii inuner noeh eine Teraehleehtenuig der Bedingungen bei
weiteren Steigerangen der beiden nntezinchten Bedingungen erkennen. Soweit
sieh 9bet damit wirklich eine größere abaolnte Ausdebnungsmüglichkeit der
gesamten Periode aus Grau- Weiß-Schwarz erpbt, in der noch so etwas wie
ein Totaleffekt vorkommt, muß man eben wegen dieser Vergrößerung: zu-
gleich nach günstigen Bedingungen suchen, und diese bestehen eben uacii
den bektnnten Mnrbeaohen Kegeln (vergl. ol>en S. 80} in der Herabeetsung
der nttttleren Ytristionmi der »elwnkterifliedien Elfektengrappenc dnieh
Ve^ingenmg des Grau und in der besseren Verteilung dieser Variation bei
Vermehrung der Zahl der Weiß-Sohwarz-Gruppen. Daß eine Vermehrung der
Weiß-Schwar/.-Gruppen von j< L^lriVhor absoluter Dauer bei einer be.
Btimiiiten Zeitdauer des Grau zunächst Verschlechterungen der Be-
dingungen entiüUt, so dsO deshalb nv Yeiscbnielinng eine BeecUeunigung
eintraten mnß, ergibt sieh ebenfiOi» ans der Marbesehen Begei, insofern hier
eine Veigrößerung der mittleren Variationen der charakteristischen Effekten-
gnippen eintritt, umHo dcntlicher erkennbar, mit je feinerf'ni MaHe mnn mißt
d. h. je kleiner man die charakteristische Gruppe ansetit. Schüeßiicii niiscbteu
die Verfasser auch ein beliebiges anderes Grau mit Schwarz-Weiß von äqui-
valentem Sektorenverhntnis nnd Craden ebenfidls die Marbesehen Ergebnisse
über den größten Vortoü bei dem heileren Oran beslitlgt
Wie der Zusammenbang zwi^clien kritischer Periode und Intensitätsver»
hältnis der gemificbten Reize zur photometripf^hf^n Verwertunp in der Flimmer-
metbode geführt hat, so will Alfred Lehmann eine ganze Fsycbophysik
des Gesichtosinnes, ja schließlich eine ganze physiologische Psychologie
daiaaf gründen. Die Grundgedanken hieim hat er sehen 1901 in den >phy-
sischea Äquivalenten der Bewnfitseinsencfaeinnngen, dem sweiten Teile der
»körperlichen Äußerungen psychischer Zustände« dargelegt {1). Im vorigen
Jahre veröffentlichte er nnn in der \V u ndt-Festschrif"* nuter dem oben ge-
nannten Titel 8 die nähere AusfUiirung eines bekannten, in 7 8 90 ertit kurz
in einer Anmerkung berührten Gesichtspunktes, wonach iu der von ihm fUr
die Lichtempfiadnngen »inichst für weißes lieht gefundenen Haßfoimel aaeh
die Terschiedene HeIHgkeitssteigernng der einaelnen Farben
bei Zunahme Iri Reizintensität durch Auswahl passender Konstanten
ihren korrekten Ausdruck finde, so daß erst hierdurch die Allgemeingültigkeit
der Formel hinreichend bewiesen sei. Zum besseren VerständniB seinem «ran7ett
Vertahrens will ich hier auch den Gedankengang seines BucLes kura wieder-
geben, natttriich nicht in seinen allgemeinen psychophyslsehen Oberiegungcn,
sondern nur soweit er sieh anf lein optisehe Tatsachen besieht Da freilich
Lehmann die psychologische Analyse der apperzeptiven Vorgänge desVer-
pleirhens joreflissentlich ans <ler Tlieorie der I^ntersohiedscmpfindHclikeit zu-
rückweist, weil sie dem Suchen nach p.s\ « hischen Maüen allen Halt benehme,
und alle L'nterechiedssehwellen auf gleich große intensitätsdifferenzeu der
Empfindungen als solcher zurUckführen will, so bleibt von Psychophysik
1) V^I auch Dürr, Ober die stroboskopischen Erseheinnngen. PhU.
Stnd. XV, S. 590 f.
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34
Iteferate.
innerhalb der Gesichtsenipfindunfrcn .niOf'rdem nicht mehr viel übrig. Wäh-
rend man sich nun ^fwöhnlich bei dem .Man^'el einer von den Beobachtungen
selbst bereits mit einer gewissen Deutlichkeit aufgedmngeueu einfachen Ge-
setan&ßigkelt hiennit su entsduddigen pflcft, d«6 man die Zeit uf neoe
BeobMhtttngon unter VatUtion der Bediagoogen new. verwendet hat, anstatt
auf langwierige Äusgleichungsrecbnungen zum Nachweis einer bestimmten
(>esetzmäOigkeit, die zu einer exakten DurcharbeituriL' unbestritten eigentlich
jedesmal hinzu^eliiireu würden, enthalten l^eliinann» Überlegungen dnreh-
gehends Muster einer solchen matheuiati^chen Behandlung des Rohmat^riales
und arbeiten dnidiveg mit der geaeUolcten Anawahl von Foimeln für beob-
achtete Zahlenreihen naeh den Prinzipien der Ans^dchnugareehnong, wobei
fast in allen Fällen nur geringe Abweichnngen der berechneten und beobach-
teten Hrflßcn vorhanden sind. Meistens sind freilich niindeHten« zwei Kon-
stante im Amjatze, auch wäre zur vollsth'ndifjeren Kinscliatzun*: wenigstens
des empirischen Wertes der Formeln eine Angabe der mittleren Variationen
wttnsehenswert, die überall fehlt. Die aUgemdne Maßformd, welche einen
neuen Verench bot Ableitang einer »korrigierten« datatellt, wird non von zwei
Seiten her entwickelt >), in einer mehr empiriaehen, in welcher eben die kri-
tische Periode eine IJolle spielt, mid in einer » rationellen« Ableitung, die
beide vor allem in ihrer ;:e^^en^*eitl^'en Angleichnng dem Ganzen einen hohen
Grad von Sicherheit verleihen sollen. Zunächst leitet er einfach eine Formel
für die beobachtete kritlBehe Perlode in Abfaingi£^eit von awel an gleiehea
Teilen gemiachten Reizen verschiedener Inten^t B nnd r ab und berech-
net» daß der Ansdnick für den Fall eines eben merklichen Unterschiedes
zwischen R nnd r konstant wird. In dieser nb^irbupfzunsr m\t einer Konstanten
ist al.Ho nach der oben (genannten rliophysii^i heu i heorie die Hedin^-un^
dafür gegeben, daß zwischen den beiden Lichtemphnduugcn eine konstante
Differena beateht Daa letatere Reanitat iat dabei indirekt abgeltet, well eine
direkte Beobachtung der kritischen Periode bei eben meriüicben Unterachieden
Ton Ii und r allzu schwankende Resultate ergab. In dieser Ableitung, die auch
weit zurUckliejrende nnd bisher bei uns unbekannte Untersuehungen in Über-
einstimmung mit Marbes Resultaten neu uachpriitte. wird zunächst der Be-
griff der >Periodcukonstantcu< eingcAihrt, der allein lür sich schon eine
optiache Oeaetamifiigkeit anadrOeken mOehte» daß nlmlioh daa Prodokt der
Zeitabachnitte i, nnd für ein bestimmtea B nnd r in der kritischen Periode
bei beliebigem Mischungsverhältnisse konstant sei, wovon aber die empirischen
Werte so weit abweichen, daß die Lösung der Frage einstweilen hinaos-
geachoben ist Doch bleibt nnn wen^ena der Anadmck » I in
allen weiteren AnaftOinuigen, wo nnr noch mit efaier Hlachung von B nnd r
zu gleichen Teilen beobachtet wird. Für r =s 0 wird t mit t beaeiehnet Hat
R und r dabei beliebige Werte, so soll fUr die beobachteten t bezw. / — r
nicht die von Marbe vermutete Kurve der Hyperbel die Abhängigkeit
1) Eine krltlaehe Betrachtang des gesamten Verfiihrena nnd seiner Eb-
sciätzung seitens Lehmanns selbst ist hier ansdrficklich onterbUebcn. Ich
verweise hierfür jedoch auch auf 0. Kttlpe. Zur Fratre nach der Beziehung
der ebenmerklichen zu den Ubermerkliehen Unterschieden. Wandt, PJul.
Stud. XVm, S. 328, insbes. auch S. Mö f.
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Befente.
35
R
der i von — dantellen, sidit nur wegen der empiruehen Abweichangmi, eon-
dem weil < fttr die Gleichbeit der gemisehten Reiie sonst nicht der Wirhlieh-
keit entipreehend nnendlich grofi wird. Wenigstens die letztere Bedingung
der oben definierte Wert z aus den Beobachtuugsreihen mit verscbiedenen
R dnreh die Fonnel t « 4; — Ai log B bestinunt gefunden, worin k nnd ki
berechnet wnrde. [In der neuen Arbeit (8, S. 91 ff.) whrd freilich erwShnt,
da6 oberhaUl der Blendiin{?BHclnvellc ein anderer Wert gelte.] Da aber nun
ancb die bo Jinrof^rtzto Formel für - r lürht befriedigt, so müssen einfach
neae Konstante ciugcsctjjt werden. Mit dreien muü die Sache natürlich hiu-
reichend mit den Zahlen in Übereinstimmung zu bringen sein. Indessen han-
delt es ridi hi^ doch darum , denselben in dleeer Anordnung auch einige
Berechtigung su verleihent und dlMC ergibt sich unter Berflehrichtigung des
Siinultankontrastes zwischen den benachbarten Sektoren, die zwar nicht im
Bewußtsein uly getrennte Elemente nebeneinander gegeben sind, aber doch
wohl auf der Netzhaut, so daU ihr 1\ itn i-t nach der physiologischen Kou-
trasttheorie eingerechnet werden muU. Auch hier wäre beiläufig der direkte
Weg einer Nachprüfung oiit dem sebon oben (S. 24) erwibnten mOgUchst
momentanen Beleucbtungsweehsel der gesamtra FlKche mOglieh, der dann
jenen neuen Konstantenkomplex nicht notwendig haben dürfte. Für den
>po8itTven« TTelligkeitskontrjiJ^t der Aufhellung des 7? zu einem :^cht'inbaren ./
gilt nach Kbb i ng Ii a us ./ — R=(tiR — r). Für den n egativcu Kon-
trast der Verdunkelung des r zu einem scheinbaren», für den Ebbing-
hnn» noch keine eindeutige Formel fand, findet nun Lebmann nn
e einen nen abgeleiteten Kontrastmeaaungen dnreh Verwendung
des nSndiclien Ausdruckes einen Ausw^, der auch der gesuchten Perioden-
B T
fonnel aufhelfen soH, 80 daß » — r-^. • — (r — JS). Wird nnn aus
diesen beiden Formeln die gesamte dnreh den Kontonrt herbe%eflihrto Differens
B-^r berechnet nnd in den obigen Ansatz gebracht, so ergibt sich als For^
mcl für die kiitiscbe Penode in Abhängigkeit von R und r ein Wert mit
vier Konstanten, die in einem etwas vereint^f^itcii Verfahren mit der beob-
achteten Keihe hinreichend in Einklang gebracht werdeu. Die fertige Formel
wird nach t aufgelöst. Wie dann endlich die nun in die Formel einzusetzen-
den UntorsehiedsBchwelien abgideitet werdeui ist nicht weiter erwibnt War
nun in dieser eraten Deduktion nnr die Bedingung fttr die Konstana der Differena
sweier Empfindungeintensitäten implicite abgeleitet worden, so ftihrt die »ratio-
nelle« Ableitung unmittelbar 7a\ der Mantorinel fiir die einzelnen Enipfindungs-
inteusitüten sell)8t, die zunächst einmal anderweitig wahrscheinlich gemacht
wird. Dann rechtfertigt er dieselbe durch den Nachweis der Miiglichkeit einer
Ableitnng jeuer vorhin gefundenen speziellen Formel fttr die konstante (eben
merkliche) Differena. ZnnSchst wird das an Anfiug erwähnte allndihlicbe
Anateigen der Lichterregung (7, S. 84) in bekannter Weise mit den Formeln
der Photochemie fUr die in der Zeit T vom Keiz Ji zersetzte Tiefe D einer
R T
licbtempfindlidien Schiebt D » c > log in Besldinng geaetxt, wo e eine
Konstante nnd Üb die in der Z^ebihelt eben widrangsiose IntendtiLt bedeutet
trifft hingegen wohl fUr eine Formel — t) |- 1
Ct zu. Dabei war
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30 Baiermte.
Diese iit'ziebung ergibt aicb durch die Annahme, daß die Lichtempfindun^
bia zur »Maxiinalzeit« eben 8o einfach wie das Vordringen eines photoehe-
miMhen ProMBeei «nwachae, woiaiif der Stoffmehael dem wetteren Fort-
sohreiten der Erregong du Oleichgewicht halte. Nach der Maximalzeit bleibt
die Empfindung annähernd konstant. Die EinpfiTnliHii^sintensitüt krtnne also
zu D proportional gesetzt werden, wenn man nur für Tolu-n die Maximalzeit
7^, einsetze. Außerdem nimmt Leb mann in Übereinstimmung mit den
ebenfalls oben ,S. 25 f.) diakutierten Ergebninen von Ezner, Knrtiiis iL a.«n.
dtß die Haximalselt von der Intensilllt nbhlngig sei und daß Ar sie die
Fofnel gelte:
Die gesuchte Maßformel fUr die Empiindungsintensität wird daher:
Wird lileraiis die Formel fUr eine Iconstante DifTerens /k der Reise B and r
gebildet, so ist freilich zunächst der XnOere Unterschied von der früheren
ans der kritischen Periode abgeleiteten Formel nnverkennbar. aueli naehdrm
der Simultankontrast wietlernm in Hechnun^' p-ezoj^en worden it»t. Auf der
einen Seite der alten Formel kommt im Zähler und Nenner nur i^, nicht auch
r vor. So wird schließlich in einer weiteren Koitektnr, in wdeher diese
Operation mit Konstanten nsw. anf Gmnd physiologiseher Eypotiiesen am
nnvennittel taten aufzutreten seheint, wegen der ausschließlichen Belle^^
schung des schon otien bei erwiihnten StofTweclisel? durch I\ da? nnbe-
queroe r entfernt und die Angleichoog an jene erste Ableitimg bis auf die
Konstanten hergesteütt.
Bei der Berechnung der Konstanten seiner Haßformel fttr die einzelnen
homogenen Fkrben In seiner neoen Arbeit (t) hStte nnn Leb mann wied^nm
direkt verfillimi kVnnen. Anf diesem Wege wären die einzelnen üb zu er-
reichen gewesen, nnd da femer das a — b log i2in der Formel eben die Maximal-
zeit T,„ tür Ii ist, ir-it'cn nur älinliehe Untersuchungen, wie die zu Anfang
des Referates erwähutcu Messungen des von Dürr, für die einzelnen Far-
ben angestellt nt werden brauchen, woraus die verschiedenen a nnd b sieh
ergabt woranf dann endlich dnreh mehrere Helligkeitsgleiehnngett der Ter-
schiedenen Farben anch die Konstanten e an finden waren. Dieser Weg, der
zugleieli die ganze theoretiseiie \'oraussetzung geprüft liHtte, erseiiien jedoch
wessen der S('hwierip:keit der direkten Maximalzeitbestimmun^ ungeeiguer und
so wurde >neder indirekt verfahren. Nach den vorhin bei der zweiten »ratio-
nellen« Ableitung erwUhnten Voraussetzungen soll die nach der Maximalzeit
Tm ebenso wie bei Charpentter nnd Martins weiterhin als annShernd
konstant betrachtete Empfindungsintensltitt stets auf Gmnd des nln-
lichen Sumniationsprozesses kontinuierlicher photochemischer Moment^ir-
knn^eu entt^tanden gedacht werden, der nach dem Talbotschen Oesetze
auch bei diskontinuierlicher Darbietung zu der gleichen Empfindung führt.
faUs nur i^r^Kff ist Da nun eine zu gleichen Teilen ans homogenem far-
bigen Lichte B und liehtlosen Intenrallen gemischte Empfindnng bei der
kritischen Periode, die in diesem Falle der oben mit i = Ar — 1^ log bezeich-
neten Periodenkonstanten enti»priclit. einem dauernd dargebotenen und nach
der Zeit y„, vermeintlich unveränderten I*eize T' gleich sieht, so kann nach
dem Talbotschen Gesetze die Gleichung augeaetzt werden NT„, = 2 Rt. die
nach Einsetzung des o 6 log fUr J», diese Konstanten der Maßformel in
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Befoate.
37
denWerteu k ündkiM»6T\ir]i(^n läßt, welch letztere ausBeobftohtunf]:i*roiben Uber
die kritische Periode i empirisch abfireleiret werden können, so daß a = 2(/r —
log 2) und b^2kx wird. Der letztere Wert bestimmt offenbar iu der oben
gmianten M aßfoimel für B d«n Einfluß der Stdgenuig dei B tnf den ganzen
Wert, weshalb it ali »Steignugakoeffislent« bes^ehmt und weiteribdbn tot
allem betrachtet wird. Er besitzt in QiQn bei XB*610/t ein filininma und
steigt für Lehmann nach beiden Seiten, vor allem nach "Rot hin an. Für
beliebige Farbenreize Hi, Ii), usw. von ^'leicher Helligkeit er-
lobeint dabei die Zeit t konstant und laßt sich der Wert k gemäß
der Formel für t flr eine wenig ttber der Scbwelle gelegene und wegen der
leieliteii HelliglcflitOTerKleieininff ata »iaolaildec Einheit flr alle B «ewihlle
Litondtttsstnfe 1 als 47,1 dnrch nnnittelbare l'cobachtnng gewfameik Dft
ftmer nach dem Torlnn Geaagten t m i; log i^i^i—ikit log JBjl, ao wird
noch das Yeifaiatnia ^ konatant»,^^^, waa aehon von Lepinay und
«1 log
Nieati aas dem Weberaehen Oeaelae abgeleitet worden war, flbrigena aneh
Charpentier baiomnt war, inaoftm er frnd, daß die Untersdiiadaempiad*
lielikeit fttr versefaiedene Farben konstant werde» wenn man die Schwellen-
werte überall nla Einheiten rechne* . Dnrch konstante Verhältnis wird
nun fnr Lrtinninn auch die Berechnung der Stoigungskoeffiztenten aus
einem trcmdea System toq Uelligkeitagleichungea versehiedenfubiger H wög-
tteb, wenn er nur etnan Steigungskoeffidenten ata bekannt annimmt, «aa er
doreh Verallgemrinemng des seinigen fOr Oalb wegen deaaen Ähnliobkeit
mit demjenigen von Weiß erfüllt glaubt Die darmaOen nach KOnigs Ta-
bellen borfrhnrtc Kurve der steigt allerdiTifrs nach Kot viel höher und
sinkt nach Blau hin eher noch tiefer herab, woraus Lehmann aut liedt utende
persönliche Difterenzen überhaupt schließt. Nach Ableitung der a und b waren
nun Uo6 noeh meluefe Hdfigkcitagleiehaugen ▼eneUedlaMK Farben und Wei0
IniDefareren Intenamtastnfen ananflttirea, woraof dann die mit ibrra bcrialMM^
Beben Konstanten und den so gefnndenen gleichgesetzten Maßformeln die
Ubnjren vier Konstanten je rine für e nnfl eine solche für % finden lassen.
Vier Konstanten müssen nun bei hinreichend langer liemilliuii^' imt jeder
gefnndenen Zahlenreihe iu hinreichenden Einklang gebr&i ht werden können,
rienHcil gleichgültig, waa ftr eine Formel llberbaapt augeaetat iat Lob-
mamii wollle aber Ja gerade die alleinige CHÜllgknit seiner KafiÜMBMl dartnn.
Übar daa Verfahren, durck wdehea er eine eindeutige Notwendigkeit gerade
peiner Formel nnho zn locen Tersucht, will if^h hier ebenfalls kurz refe-
rieren. Durch Umformung der Gletohung gelingt es, die beiden o in eine
Konatante y ^ anaaamieamwieben, ebenso die üb wieder ansammen mit y
in eine neue x = logi%— y logi^i. Es seigt sich nun, daßy«»— stete
gerade«i ^ wird, eine Einftehh^, ana der avf einen besonderen Wert dea
Ansatzes Licht fallen soU. Nicht vüllig klar wird, warum fernerhin auch die
Tataaehe ata eine beaondofa nene Inalana für den Wert der Ftemtfeisdiefait»
da0 wenn an Steile dea ana nmnehen Gleiebnngen beieeluielen f in
1) Charpentfor, Comptee read. IBM. Cit. nach Wandt, Orandafige
der phjrgiol. Psychol.
▲icUt (Ar Pjidbiolo(i«. L Lit«r»tnr. 4
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SB
Befenke.
durch ganz analoge Beobachtungen abgeleiteten Gleichungen das auf anderem
Wege {d. h. dareh dfo gounniteB Meseangen der kfitiieheii Periode t) gefnn
dene gesetzt wird, nnn die Mabtuniu i lür x wirklich ungefähr eine Kon-
Btante für jedes / berechnen läßt. Wenn die zunächst f!lr die Auswertunfj de.« y
zusammen mit Z gewählten llelligkeits/^leichun^en einiger Spektralfarben, mit
denen die Berechnung durchgeführt wurde, einen hinreichenden Überblick
Uber die ganie beobachtel» Fuiktioii «rgiben, viid hier meh die swar «nder-
wcitig, aber doch ebenfalls in diesem hinreichenden Umfange beobachteten ^
an Stelle des y hineinpaßten, eo ist an dem weiteren iinß:ef!thren Zasammen-
passen der entsprechenden (Jnißen in einif^en weiteren Helligkeitsgleichunfjen
eigentlich nichts Verwunderliches, zumal Lehmann gar nichts Uber eine Lnt-
fsfaimg ihnr Inteiiritlttutiifo von den in die frfUiaeBefeeluiung einbezogeneoi
gengt hat (•> 8. 180). Daneben gesteht aber uon Lehmann selbst noch zu,
da0 Mine eigene Präzision der Helligkeitsvergleiohnng, auf welche hier doch
alles ankommt, eine bo geringe ist, daß ihm mir eine allerdingi^ konstante
Abgrenzung einer großen Kegion »cheinbarer tJleichheit gelingt-, deren obere
Grenze die untere um ca. das Doppelte übersteige. Es wird dann
daa Mittel als wihneheiallehste OMchheit bereofanet, wKhzend aber doch dann
eigeiifiieh sehon die Maßfonnel mit den geaiiehtoii, ▼mduedeiieii Konataatea
der beiden Farben in Anschlag gebracht werden müßte. Trotzdem ergeben
nnn die bisher abgeleiteten Konstanten bei ihrer Einsetzung in die Maßfonnel
?»o guten Einklang. Die »ehließliche Erklärung für die veret-hitHienen Stei-
gungskoef&bienten schließt sich wieder an die photochemischen Yermutungen
Aber eine verflchiedene Senfibilitit fttr die einzelneB. WellenlSngen an. Ab-
geachen von der niin achon mehrmala erwihntoi ZwelfeUnftigkeit der ye^
anflsetzang Uber die Maximalzeit T„ auf Grand der neueren Yenmebeb ^ ^
doch auch zweifelhaft, ob man flberlifuipt pine allgemeine Maßformel mit
einem einzigen Steigiuighkoeffizienten lür juiJe i arbe erwarten könne. Die
einzelnen Intensitätsstufeu bringen al» integrierendes Moment eine besondere
Adaptation mit eieh, die Ar die nSmUehen Farben Tenuitlieb inaer andere
nod andere SenribilitätsTerhSltniiie aa&nweiien hat In den Lebnan&aebea
Versuchen selbst ist die Frage der Adaptation abgesehen von der >BleB>
dnngsschwclle« (8, .S. 93 nicht enväbut. Die AusfUhmne' der Versuche im
Dnnkelraum wird nur um der physikalischen Exaktheit willen betont HQhmend
hervorzuheben ist aber vor allem noch die elegante Versuchsanord*
anng fttr anbjektive Spektralbeobaehtvns, die aock aligemeiner«
Verwertung mit Recht empfohlm wird. Dnrcb mnnreiehe Anordniing dreier
teils nnbelegter Spiegel vor drei ans einer Gas-GlUhlampe beleuchteten Spalten
und zugleich in der Oesiehtslinie eines Femrohres läßt sich die Mischung
zweier selbständig variabler Farben und ihre Vergleichung mit einer beliebigen
dritten von je beliebiger Helligkeit erreichen. Der Episkotister vor den
Spalten bewirkte momentanen Yeraehlnß der gauen Linie. Die kontinnier'
liehe Variation der Helligkeit, vetobe liekaiintiick den payebolo^ehen Ab-
straktions-Prozeß der Helligkeitsvergleichung verBefaiedräer Farben gani lie-
sonders erleichtert, wnrdc durch die Vorbeibewegnng einer fnrldos ent-
wickelten Diapositiv-Platte vor dem Spalte bewirkt, auf der die ver-
achiedenen Stollen durch verschieden lauge Ejiposition einen
kontinnierliob annehmenden Abeorptionakoeffiaienten be-
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Beferate.
39
9
■aßen» also ein tmuinrenteB Analogon sd den grauen PapteMn nach Harbe,
noch dazu in so sinnreicher Verwertung. FQr die Anfimchung der kritischen
Periode selbst flir verschiedono Helligkeiten w!ire ja allerdings ancli kein
zweiter KpiskotiHter als Intensitiiteabstufung vor deui ersten zu brauchen ge-
wesen. Das Vurbandensein anderer Apparat« zu einer kontlnnierlichen Ab-
dnnklnng wird aber an der beiraffenden Stelle (i, S. 88) gua annemein in
Abrede geetellt, nnd lo leheint es mir, all ob neböi andern kompliaierteren
Apparaten vor allem anch der einfache Marbesche verstellbare Rotationa-
apparnt noch immer niolit iiinreichend bekannt oder vielleicht anch aner-
kanut Hei^}.
Den schon vorhin erwähnten EinfloB der Adaptation aul das l iimiuem,
beiw. die kritische Perlode hat IL Sckaternikoff (18) im Anftnf von Herrn
Frofeeaor v. E ri e • Ar drei Terachledene Wellenlingen Bot (010 Oelb {SBB /i)
und Grttn (610 /u) nntersncbt V.r benutzte dabei den schon von Polimanti^
für Flimmerphotometrie gebrauchten geradsiphri;.'eTi Spektralapparat unter sorg-
nntiirer Bertlcksiclitij^ung vollkommen liehlloscr ^^charf begrenzter Intervalle
von gleicher Dauer wie der lieiz, zugleich mit ^ter Fixation. Die zunächst
geprüften lichter geringster HeOigkeit waren awar foreal bei Dunkeladap-
tation nieht tSUI; nneiehtbar (alio nicht reine StXbdhenempfindnngen nach
der V. Eriesschen Theorie], jedoch dieser Grenze aehr nahe. Die bei den
verschiedene!! Adaptationsgraden erhaltenen Frennenzzahlen boi der Ver-
schmelzung liegen also aiimtlich absolut sehr niedrig, zwisclien 10 und 17.
Die Variation innerhalb dieser Grenzen vollzieht sich nun in der Weise, daß
f&n Tor Eintreten des Dunkels ataik heiladaptiertea Auge die geringste
Fieqnenaiahi bedarf, die dann wUhrend forlgesetater Adqitation bis ea. 90 Iii-
nuten rasch, dann bis ca. 90 Hinuten immer langsamer der oberen Grenze
sich nähert, n r am hfu-liBten bei Grlin, wie es auch dem f»e}ih>ßlichen sub-
jektiven Helli^rkrit^jverliUltnis mit Übenvietren des Grlin entepricbt und im
ganzen zu der auch sonst gefundenen Abhiingigkeit der kritischen Periode
Ton der Helligkeit paßt, zugleich an dem steileren Errcgungsrerianf ttber-
lumpt, der sieh nach den Dttrrsehen Besnltaten fdr Dnnkebdaptation ^ibt
Umgekehrt zeigte eich aber nun eine mit der Dnnkeladaptation fort-
schreitende Abnahme der notwendigen Freqnenzzahl, wennman
dem adaptierten Auge intensive Lichtreize zuführt, z. B. fWr hell-
stes Gelb von der Frequenz 30 bis 20 ^im Mittel natürlich wegen der höheren
IntensiOt abaolnt größer). Besonden elegant leigte Verf. die Dillteena nach
monoknlarer Adaptation durch abwechselnde Betrachtung, anch noch nach
ungefährer Ausgleichung des subjektivem Ilelligkeitsvnteivchiedes zwischen
den beiderseits wirkenden Reizeffekten Äiuh Lehmann mußte ja von der
»Blendungsschwelle« au aufwürts eine neue Formel für die kritische Periode
T ansetzen, die günstigere Verschmelzuagsbedingongen ergibt Diese Schwelle
ift aber natOilicht wie schon das Bii]:(jektive Gefiihl nnmitlelbar anieigt,
Ton der Adaptation abhlngig, nnd mnfi in diesen Veranehen vor allem
bei guter Fixation zur Geltung kommen. Auch Helmhol tz hat ja bekannt-
lich die ermüdete SteUe für trSger erklXrt Unmittelbar leitet er dies freilich
1] Ein Apparat für den nämlichen Zweck von prinzipiell anderer, freilicli
mdikonpihierterer KonstroktlbniBt bekanntttch von Lnmmer nnd Brodhnn
angegeben worden. Zeitschrift für Instmmentenknnde Bd. XVI» 1896^ 8. 899 ff.
8) Zeitschrift Ar Fliychol. Bd. 19, S. 96S.
4*
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40
Beferate.
■ur MB der deutlichen Wiederkohr eines poittiTen Nachbildes nach Projektion
eines ne^tiven Nachbildeß auf hello Flächen ab. findet es aber auch mit den
Sätzen der MuHkelphysiolofrie in jrnter t^)oreinBtimmung ^t, was speziell au'^h
fUr die Herabstitzung der zum Icudilb tiihrenden Frequenz nach £nDUduDg
l^t Da aber nun dieee Begiom der Bte&daqgswirknng für j ed e Adaptations-
lageyoriundes ist, nnr eben bei Tersohiedener ot^ektt^er IntensHXt (und wie die
monokulare Adaptation lehrt wohl auch bei verseliledener subjektirer Heilige
keit:, so hätte Schatemikoff aus seinen Resaltaten auch nicht olme weiteres
auf die Notwendigkeit di^r ZntPÜunK des Sehaktes an verschiedene Organe bei
Hell- und Dunkoladaptation schließen dürfen. Selbst bei der Feststellung
eines allgemein anderen z. B. trägeren Verianfte konnte keineNotwendig-
keit war ZerteUvBff dee Oigaaee abgeleitet werden, weil es lieh Ja tteto
um die Vergleiohung yer8ch4edeaer Adaptationen handelt, die ja doch aellr
leicht ein und das nämliche Orpran so Terändem kftnnen, daß es zunächst
eine allzn intensive (siiHjt ktiv freinessen: Tätigkeit als Ermlldung empfindet
Damit wäre aiso zunächst einmal der binoknlare Vcrauch bei gleicher subjek-
tiver Helligkeit mit dem £rfolg einer goingeren Frequenz des Dunkelauges
ueh duie die SHiielieD- und ZepfentlMOfle eiUIibar. Weu man MKek
tun Tonilierda die Terschiedenen AdaptrtiuMlagea anf einen Wechsel des
gegenseitigen Verhältnissee in der Beteiligung: zweier verschiedener Elemente,
der Stäbehen und Zapfen. an> Sehakte ableitet, so muß sich eelbptvorständllch
auch die objektiv uud subjektiv verschiedene Lage der Blendungsschwelle in
diraer Weise snbsamieren lassen. Aber es besteht mm außerdem nicht einmal
•ieher ein solohee allgemein gOKigee VerhUtniB der Frequemnahlen. Es gäbe
vielmehr doch wiederum Yetlndeningen des Trägheitsverhältnisses zwischen
Stäbchen und Zapfen uud man bedtlrfto somit auch für die Stäbchen noch
einmal besonders der Einführung von Adaptationseintittssen, um Abweichungen
einer bestimmten Frequenzzahl für subjektiv gleiche Helligkeiten von dem all-
gemein vorausgesetzten Verhältnis swisehen beiden Organen zu erklären, n. z.
YerindMnngen, doreh welche geradezu das entgegengeeetste yerhXltais her-
beigeilllirt wird. IMeeee Verhiltnis soll allgemein In einer größeren Triigheit,
also geringeren Frequenzzahl der Stäbchen bestehen, und doch zeigt sich Ja
gerade, daB die treringe nrllirrkcit boi Dunkeladiiptation ihre Frequenzzahl
im Verhältnis zur Helladaptation zuletzt sogar verdoppelu läßt. Darüber hilft
•Ick Yerf. einfach dadurch hinw^, daß er eine Steigerung als leicht erklär»
Beb beaeichnet, wenn nnr der eine Ap|»arat in TItigkeit nnd der Zapfen-
apparat aoageielialtet sei (18, S. 254). Ist nmi eclM» das letztere nicht vQlBg
erreicht gewesen . so läßt sich doch auch leicht eine Helligkeit fUr Helladap-
tation denken, in der viel mehr Zfipfenhf'llifrkcit dsbei ist, und die wieder fni
ein Hellauge foveal so hell aussieht wie für das Dunkelauge die »uerst vom
Verf. benützte Helligkeit geringster Intensität. Nach unserer Kenntnis über
die Stelgemng der Frequeaa mit der Intensittt bei Heiladaptation ist kan
ansonehmen, daß die FMqnena bei enIapredieBder VergrOOervag der objek-
tiven Helligkeit fUr das Hellauge so sehr gesteigert worden wäre, daß sie
die nun durch die Adaptation bewirkte annMhemde Verdoppelung des Dnnkel-
anges erreicht oder so »ehr wie nach L beraihreituug der Blendung«9chwellö
bei Dunkeladaptation Ubcrtroffen hätte. Zudem hätte der Versuch dieser
aabJelctiTen Avsgieiehang dann aaeh im noch geiingenn HetUgkattwlBlIn am»
1) Helmholta, PhyBlologiiohe Optik 8. Anfl. S. 619.
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Bsftrato.
41
gefiilir^ wertien koüüen. Mit anderen Worten, es hiitte die monokulare Adapta-
tion lür diu längst überschrittene Blendongsschweile des Dunkelaoges auch
weh «Bteriian» denwlban waggMat werden ndnen; dmna UM» riek woU
eigeben, dafl »neh die BtiSbeluntheorie nur dueh Hinwuiahme vom ad hoe
eingefttlirCen Merkmalen der Stäbchen den Tatsachen gerecht werden kann,
die man atiih als allstem eine Adaptationseinflfis'pp ein und des näm-
lichen Or;r;uios aufiasBtn kann, daß also diese Versuche mindest^nH kein
Kriterium tür dieselben sind. Zu der bekannten Gelegenheit eines direkten
Yengiiiehei der Freqaeniialü Air StSbchen und Zapfen bei gleicher Adap-
tation im Veigleidi yon Zentnun nad Peripherie hat Verf. keine Beiieiiiiniir
hergestellt
Besondere Angriffe erfuhr aber die v. Kriessche Theorie, als v. Kries
selbst einen funktionellen ünterBchied zwisc^ien f\t^m Zapfen- und dem StUb-
chenbezirke hinsichtlich der Nachbilder nach kurzdauernden Keizen
b«haiiptete, den er in einebeatiBiidteBeaiehiing n letaerneorie m bringen
▼eianehte. 0ie ganae Diskaation dieaer anfierdem aaek von C Heaa,
Hamacher, Bidwellu. a. beobaiditeten Kachbilderscheinnngen hat aber
gerade in dem für die von Kriessche Theorie wiohti^i^en Punkte srhnn hin-
sichtlieh des bloßen üeobachtnngsmaterials zu keiner Einigung geführt, so daß
sich gerade hier am Schlosse der Polemik die g^erischen Aussagen schroff
gegenffbexatehen. Übereinatbaniiing kenoeht nur darttber, daß weaigatena Im
aügemeinen enion kondaaeniden Fart»enrente nicht aogieieh beiw. wie adion
wiederum länger bekannt war, durch ein dunkleres Intervall getrennt, das
fri!}ipr einffich als positiv bezeichnete gleichfarbige Nachbild nacbfolp^ Ks lio^
vielmehr noch eine bcBondero positive und komplementäre Errci^ungsphaBö,
das sog. Furkiujesche Nachbild dazwischen, weiche von der primären Ei-
regnng dnrdi ein kUnerea) dnaUea btatvaD von ea. V& Sek. nnd, tob dem
apKterangleieh&rbigen Nachbilde dnreh ein etwaa HIagerea, ebenMa dnnklea
Intervall getrennt iat Die Reihenfolge, die bei Fixation ruhender Lichtblitae
als Succession erscheint, kann dnroh rasche Fortbewegung eines r.m Bewe-
guiiir?ri<htiinfr senkrechten, farbig erhellten Transparentstreifens als Neben-
einander > nachlaufender« Streifen und Flächen betrachtet werden. C. Hess
konnte anfierdem nmimehr naek dieaer Methode featateDen, daß behm Naeh>
bflde einea dnreh einen dnnklen Zwischenranm geteUtm Stieifina analoge
Lichterregangen in der primir nieht erregten Nachbarschaft auftreten, wie rie
bekanntlich vor allem Hering al« »Tächthof« Inder Nif »ihnr^chaft einer vor-
her länger auf duuiüem Gmnde betrachteten Helligkeit beim Klick ins Dunkle
beschrieben hatte. Dabei erfolgen auch diese benachbarten Nacherregungen
in einer doppelten Phaae, deren ettte dem prkaiiea Relae gleiöhfiubige nn-
geflkr mit dem efaten InterraU an der primiren SteOe angleich erfolgt, nnd
deren awdte komplementäre Phase ungefähr dem zweiten primär lokali-
sierten Intervalle entsprirht 3, S 1 f!" »Eine bisher irihek:\nntc Na^hbild-
erscheinung«). Nach den Beobachtungen von v Krii k, dm u erste
Veröffentlichung schon weiter zuriickliegt, soll nun das i urkiujesche
komplement&re Naehbild an der Stelle dea dentlichaten Sehena
nieht anftreten. Hier aei nnr daa apStere gMekIvbige NackbHd vor-
kanden. Die Einfügung in seine Theorie geschieht dabei jetrt in der Weise,
dass das komplomentärfarbige Xafhiiilfl als eine Nacherregung der 8tJib-
cbcn anp-ppchfMi wird, die an sich nur zur Auslösung einer farblogpu Ilellig-
keitsempäuduug befähigt sind uud hier nur deshalb kouplemeatur geiärbt
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42
Befente.
erecheineD, weil alle Erregungen nach vorhergehender noch so kurz dau-
ernder Farbenerregnng im Sinne dee negativen komplementären Farbea-
iiMlibOdm->re«gierBn« (spesielltf, S.U7), welchw an doi aiug«piigt«fe& Um»
BtinimiuigBersolidinageii naeh llngeraii Farbenieizen am b^annteaten iat, und
von V. Krie» jetzt vor allem wegen dieser poBitiv kompleraentär gefärbten
StUbchenerregunf: als zentralero Beeinflussung gc'letitft wird vgl. nnten\
Diese Beziehung 2um uegativeu Muchbilde ohne Stellungnahme zur v. Krieg-
schen Theorie ist übrigens auch in der oben referierten Abhandlang von
Marti SS angenommen (10, S. 865). Das Felden des podtiT komplementir-'
farbigen NachbUdea in der stäbchenfreien Fovea ist somit flir v. Kriet wohl
begreiflich. Dem gegenüber hat aber nun C. Hess die Sichtbarkeit
dieser Phase auf der gesamten Netzhaut für alle Adaptations-
lagen auf das Entschiedenste behauptet. Inebesoudere »ei auch bei
jenem oben genannten »Lichthof« sowohl die erste gleichfarbige als auch die
sweite konkplementHrfikibige Naeherr^ong in der nicht erregten Nneh-
baraehaft dann ebensogut xu sehen, wenn die oben erwähnte Lücke dee
primären Streifens gerade nur über die Fovea hinweggehe. In seiner letzten
Erwiderung (5) belegt nun v. Krios seine TJpliauptung vor allem durch neue
Versuche, in denen er alle von C. Hess alß Erklärung für Uag v. Kries-
ache Übersehen angeführten Faktoren vermeidet, also ohne eine Ermüdung
der Fovea dnreh Fizaiionsmariken nnd ohne Kompl kation der Prosesse durch
au rasche Wiederiiolnng der Beize u. ä. Es sei liier umgekehrt das Sehen
der LUcke schuioriir. wie bei der Aufsucbuug von Skotomen. Besonders
überzeugend gelinge^ »ler Atisfallversnch . wenn r)v.\n hoi der Methode der
>ua(>hlautV;nden< bilder das Objekt nur bis zium Blickimakte gelangen und dort
verschwinden lasse, weil dabei der kritische Moment besonders klar für die
Analyse heiauagdioben sei. Hess hatte jedoch 1>ereitB besonders betont, dn0
er nicht etwa bloß innerlialb des ganzen Sehfeldes den nämlichen Vorgang ge-
sehen habe, wobei etwa von einem Übersehen charakteristischer Abweichungen
auf Grund einer allgemeinen Assimilation der Auffassung die Rede pein
könnte. Er habe vielmehr '8, S. 11; gerade in der Fovea au dem Nachbilde
wirklich eine charakteristische Abweichung beobachtet, aber eben keinen Aub-
üall , sondern eine klebte YenUgemng im YeriiMltnis su den peripbereien
Kachbaigebieten, eine Notia, die ins Gewieht sn fallen scbeint» wenn man
beiden Parteien an genau lokalisierten positiven Beobachtungen so viel als
möglich zugeben will. Andererseits gibt v. Kries zu. daß man in der Fovea
allerdings nicht etwa immer gar nichts sehe. Er will vielmehr die Angaben
Ha mackers, der ihm im Prinzip beistimmt, nicht bestreiten, wonach dieser
an der xentralem Stelle ^n sehr dunkles negatives Faibennaehbild esbe. Das
letztere war Ifbrigens gerade auch von C. Hess früher als die eigentliche
Konsequenz der v. Kri esschen Theorie bezeichnet worden, wenn man die
strittige Phase auch dem Zapfenapparat zugestehen wolle. 'Vgl. auch wieder
8, S. 15.) Endlich ist auch die Hess sehe Angabe von Bedeutung, daß auch
für die Fovea immer erst eine günstige Helligkeit ausgesucht werden müsse,
bei Dnnkeladaptailon insbesondere keine au große. Aneb dndureb wird der
die direkten Widenq[»rOehe ansgleicbende Umkreis der negntiven Instanzen
vermehrt und derjenige der positiven vermindert, welch letzterer freilich £Ür
die Theorie aneh hei kleinstem Umfange entscheidend bleiben wfirde \ Kries
hat gerade die.sriu Punkte in seiner letzten En^-tderuug uii-bt direkt wider-
aprocheu, sondern nur ohne unmittelbare Beziehung hierauf erwähnt, daÜ bei
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B«ferate.
43
einer Hellig:keit, I i h r das sekundäre Aufleuchten exzentrisch als deutlich
getrenntes gut waiirzunehmen ist, mit grüßter Schärfe ein Fehlen deaaelbea
Im Zentram konattdert werden kaniL (5, S. 86.) ünbeetritten beeleiit eiber
irold auch hier eine denUidie fiinktioiicUe Venchiedetthdt swiioheii dem
Zentrum und der Peripherie, die insbesondere auch einer etrigenden Mliider^
Wertigkeit der Fovea bei Dußkeladapfntion entspricht nnd gum allgemein auch
die Verfolgung des Purkinjeschen Nachbildes an dieser Stelle ersehwert.
Ober den zeitlichen Verlauf der positiven Nachbilder vuu
weißen Reisen Tersehiedener, insbeaondere nneh viel lingerer
Dnner hat Hnrtine mit seinem aneb hie^ beeonde» geeigneten Appa*
rate Messungen angestellt (10, S. 319 fil], wobei die Dauer und Intennittenn*
zeit der Nachbilder durch Eepistrierunfr von Rpakti»ni«bt>wepningen der Be-
obachter auf der Trommel eines B al tza rächen Kymographions bis auf
die Fehler der Reaktionszeit festgestellt wurde. In 20 verschiedeneu Gruppen
wurde die Beiuteit von 0,0012 bis 20 sek. Tsrliert Indessen konnten kon-
stantere Besoltate nor bei anssehiießlieher Berüeksiehtignng Uanv nnd gnt
erkennbarer Erscheinungen erlangt werden, was bei stärkeren und IXngeten
Reizen bis zu fiiüf verschiedenen hellen Phasen irelano:. Es zeigte sich vor allem
auch nach dem primären Reiz das bekannte ersto Dunkelintm all. Außerdem
nahm in weiten Grenzen sowohl die Dauer der positiven Nachbilder, wie
das soeben genannte ^te Intemll sn. Danem die Reise Uber mehrere Sekttn«
den an, so tritt wieder eine VerkllziB&g beider Moments ein. Bei mehrmaüger
Wiederkehr des Nachbüdes nmimt seine Danet ab, wtthrend sieh die Liter-
▼alle immer mehr veHiin/en!
Die andere seitens v. Kries und Hess diskutierte Frage über poRitive
Nachbilder, ob der total Farbenblinde das Purkinjesche Nachbild
sehen kUnne, wird nioiniehr aneh von Kries in b<yahendem Sinne beantr
wertet (vgL aneh S. 94 f. nnd 6, S. 167) nnd hat er gerade hiermit die
olien erwUinte Theorie für diese Nachbildphase in Einklang gebracht, wo-
nach er ihre Färbuufi^ als ein mehr accidentelles Moment auffaßt und die
Auslösung der Errep:uug Uberhaupt dem Stäbehenapparate ynweist, der
beim Farbenblinden nach seiner Annahiuo aliein vorhanden sein soll. Hess
hat in sefaien »weiteren Untersnehnngen Aber angeborene totale Fkrhen-
bündheit« (4) an ftnf IMen ansdrileklioh aneh diese KadibUdphase immer
wieder konstatieren lassen, die von der Fürbang abgesehen ganz wie beim
Normalen erfolf^t. Im übrigen ist Hess hier vor allem der zunächst von
König f^estiitzten Konsequenz jener Verteilung von Licht- und P'arbcn-
funktion an Stäbchen und Zapten kritisch weiter nachgegangen, wonach bei
diesen totsi Farbenblinden ganz allgemein im forealen Besiifce ein Skotom
vorhanden sei, welches der Degeneration der Zapfen entspreche. Inswisehen
hatte audt Uhthoff (16; bei drei Fällen angeborener totaler Farbenblindheit
auf Skotome untersucht nnd mittols ophthalmoskopif^rher Untersuchung nach
fovealen Abnorraitiitcn g:eforacht und beide Vennut iiiii^i n zum Teil bestätigt
gefunden, die zweite wenigstens bei Untersuchung im aufrechten Bilde
bei erweiterter Papille. Sine schnellere Pnnkeladiq^tation war jedoch nnr
bei swei FUlen vorhanden. Einer der Patienten war auch für Btf nlgenstrahlen
empfindlich. Die natürru h stets subjektive Feststellung der Skotome war bei
Uhthoffs Versuchen wieder durch Nystafrraus sehr beeinträchtigt Uti' mm
auch bei dieser liir total Farbeublinde vieltach charakteristischen Unfähigkeit
zur Fixation mit Sicherheit Skotome nachweisen, bezw. leugnen zu können,
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44
empfiehlt Hesi wie Bchon früher die tachutoskopisehe Methode. Ein Moment-
venehlaß Yor dem in pittfaitta Auge getlMMt mr Ar efaieB AofeBbÜBk die
AiMidit nr eiM pMtend ngtMOg «Midnato Onfipe tHaa/Om mMchalfe-
tenr keUer Objekte, über deren Lttckenlosifkeit jedenul «iebere A^gihw
zu machen «ind. In allen hier untj^rsuehten Fällen jsrlanht TT es 8 mtif der
Exaktheit dieser AulTaspunji: auf das Fehlen von Skorrini ü schließen zu
d&rfeiL i>as allmähliche iüntreten der UuakelaÜApuuua wie beim Nor-
fluden findet Bei» ebeaftlli htü aintlielieii Peiwneif m lüte abar nvn
■odi dfo «offlule seHnle Ifiidflnrertigkeit bei IhmkeUidcptalioii, wm allet
gtgen die v. Krieseche Theorie geltend gemarhf vsird. Das YoKkonmm
Ton fovealen Defekten bei kf>mji}i7i*'rteu FällrTi w ird jedoch keineswes^ all-
geiuein in Abred»' fffifellt, nur bringe es theoretisch nicht .\ < iter. Die
HeringBchea Helligkeitagleichongen verschiedener Farben für Farbenblinde
tiefte f&r die Fille bei Ubthoff ebeoBO wie bei Hets ToUatiadig so. Alf
die 0iekiiMioa der Krleeiehen Vemehe efaier Erkliniiig der LIebtaebea
und des Nystagmus dieser Farbenblinden wm boehgndlgfer lokaler Adft|»lalioB
und sehr langer Nachf^nir^- ler Hrrepunpen, sr^on welche Hees ebenfalto
direkte Vernuehe anführt, brauche ieh hier wohl nicht näher einaugehcn . da
wiedemm viele allgernuiue 1 ragen wie oben bei ächaternikoff in Betraciit
fcSmen. Baeonders gegen die anletst bezeichneten Anaftthnmgen von Heaa
bat dann Hagel die Krieasobe Theorie nocbnala in Sehnti genomnien (U).
Für den Vertreter des Dreifarbensystemea (ala spezifischer Fonktion des
ZapfenapparafCH im Sinne der v. K riessehen Theorie sind ferner die im
ganzeu zwar »ehr bekannten, ab»^r im geuaneren Verlaufe noch lanpe nicht
hinreichend beobachteten Erscheinungen der sog. Violettblindheit be-
aoadeia intereiaant, weiche dnrch Genuß einer indlvidneU anniMusaenden
Doaia von Hntrinm aantonienm «nftrftt und firUber von der Dreifiutben-
^eorie als eine fllr sie besonders günstig entscheidende Instanz der Lähanng
eines ihrer drei Farbensnbstrate auf<refaßt /u werden jiflertr'. Das Interesse
BU'ii^t'Tf pich noch für die Wirknnjr bei einem Kot- oder GrUnbiinden. dessen
Sehüu im äantoninransche nach dieser Theorie monochromatisch werden
^I0to» Fiebden aebon Blhlannn an einem Botblinden gei^eigt hatte, daO
letetere Erwartung niebt erflBllt wird, daß viehnebr gerade die warme Seile
dea Spelctmma fart>loa, die ganze kalte Seite hingegen, d. h. hier Blau, vütlir
nnveritndert gesehen werrlf tiat Nafjel an sich selbst ausführlich die Wir-
kung auf den GrUnbiinden untersucht 11'. Er leugnet nunmehr, wenij^stens
üLlr den Dichromaten, die Herabsetzung der hier blau aussehenden Violett-
enegung ala Weaen der Santoninwirknng in irgend einem Stadlnm. £a aei
vielmehr gerade im Gegenteil eine konatnnte aebwaebe Miterregnng
von Hiau vorhanden, welche sich aber vor allem nor im ertlen Moment
des Blickes auf dunkle Fläclien nach vorhergehender Betrachtung- heller
Flächen zeige und dann oftenbar kleine Felder, also auch das kleine gelbe
Feld im Farbcnmischapparate Uberdecke und zur Farblosigkeit kompensiere.
Dieaaa Blan aei vermnllidi eine VerUtngemng der Haeberregnng dea Blan
naeb vorbergebender Weiflerregang. Eine Ibnlieiie Eraebeinnng kOnne nim-
liebbei ihm auch ohne Santoninge im i" bei starkem Kontraat von Skbware
za voTherfrehendem oder simultanem Weiß eintreten. Eine spontane primäre
oder beim Heiz' nlntiv zu liohe Violetterregung, auf welche sonst die
als späteres Stadium betrachtete Violettblindheit als Ermüdungserscheinung
nmekgeflibrt werden konnte, habe er niemals bemerkt 0ai Gelbaeben dea
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Beftnte.
45
Hellen trete anoh r\Roh vorhergohender Kntwieklung des ganzon ZuptiiTidPs
im völlig dnnkleu .Sehleide beim ersten überhaupt gesehenen Weiß aul und
eikläre sich dieselbe offenbar al» KoDtrast zu der an allen dunkleren Stellen
iMtnebtnte Yloleteerregang. Eine ErkUtnmg ans sentralen Unadwn sei
naiohst nodi nioht abmweiMii. Unmittelbar eina«itig« BttttrSnfiiliuig wirkt
doch immer eret mittelbar, ebenso wie Gennß, nnd dann stets gleich binokular.
V*>r dein t bergang zu den allgemeinen Einflüssen der Umstimmnng des
Sehr»rg;iiiH möchte ich noch zwei kleinere Arbeiten von Macdougall er-
wähnen (9j, deren erste die scheinbar größere Sättigung ausgedehnterer Farhen-
flldwB gefMi11b«r kleineren Feldern naeliweiien m knnnen glaabte. Die
»bomogenons« Farben sind Bradleysebe Pignentpapiere anf Farbenkreiaeln
hinter verschieden großen Ausschnitten eines grauen Schirmes, wobei ver-
sncht wird, die «oheinbar gesättigtere Farbe durch WeiR und Schwarz, auf
Gleichtieit t in/u^tt Hen. Leider erfahren wir gar nicht» (renaueres über das
HelUgkeitsverhaiiuis von Schirm und Farben, wie überhaupt Kontrast und
Indvklionawiilnuigen, welche mit der Helligkeit sngleieb die Sättigung beein-
llnnen nnd ebenfidla in ihrer Weite von der Anadebnnng abhlngig rind, niebt
besonders erwähnt werden. In einer zweiten Anordnung wird der begün-
stigende Einfluß der grJJßeren rnnmlielien Verteilung ein und der nämlichen
Oesamtausdehnnng auf die Farbeiisrliwcilm iVstgestellt, wobei ebenfalls wieder
nur rigmentfarbeu zur Anwendung kamen uud nur Rot und Grün brauchbare
Beeoltate In dem genannten Sinne lieHarten. Eine tiwoietiaehe Entacheidung
filier lidde Ersebeinanfen wird nicht getroffen nnd nnr an Shnllche Snm»
mationserscheinungen anf anderen Sinnesgebieten erinnert.
über den Einfluß der Stiinmungsänderung des Sehorgans sind zunächst
zwei Arbeiten mit photouietriHchen Bestimmungen der einzelnen Spektral-
£arben zu erwähnen. Schatcrnikoff (14) führte am physiologischen Institut
in Freibnrg i. B. mit einer Terbeeaerten Methode nene Beatimmungen der
DXmmenugswerte der Teraebiedenen SpektialHu-ben durch. Der Apparat
zeigte das spektralfarbtgc T.icht unmittelbar von der auf einem mitten durch-
brochenen Schirm reflektierten farblosen Vergleicbshelligkeit um Treben, woMei
die beiden ans der nämlichen (iasglilhlichtfiueiie stammenden Lichter auf
verschiedenen Wegen in diese Zuordnung gelangten, die erstere direkt durcli
einen geradaiebttgen Spektnlapparat, die letrtere anf einem Umwege dnieb
Spiegelang. Um alle Liebtwege m<4;lieb8t konataat m halten» wurde hier
zur Variation der Farbe der Okularspalt verschoben. In einer zweiten
Yannnte d<"r Anordnung konnte direktes Sonnen- oder Ilimmelslicht ver-
wendet werden. Auch hier wird Kla^jc Uber einen genauen Apparat zu kon-
tinuierlicher Variation der Intensität gefUbrt, dessen besondere Bedeutung
für die HelligkeitBTergleicbnng anch Verf. wiedemm aaeikennt, nnd kann ich
nnr anf daa oben bei Lebmann Geaagte verweiaen (S. 86). Die Oberein-
Btimmnng vatt den Dämmemngswerten von W. Nagel sind bis anf die End-
atrecken und den nb<'tf>i'j'enden Teil eine ^ite. Daa Maximum liegt fUr Gas-
lidit bei 537,2 /n, fiir J!«(»nnenlicht bei Ö29,3 u.
Photometrische Bestimmungen Uber die relative Helligkeit
der nimlieben Pigment- und homogenen Strnblenfilterfarben
bei Teracbiedener Belenebtnng, die von 1 bis 10000000 abgeirtnft
irudc, sind von B. J. Wilson im psycholocrischen Institut von Herrn Pro-
fessor Kirschmann in Toronto dnrchf?efiihrf ni rdi n 17i. Dabei kam nun
tatsächlich der Marbesche Apparat mit kontinuierlicher Variation der ans
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Befente.
Weiß und Schwarz gemischten Vergleichshelligkeit zur Anwendung, die sich
ävi dem FarbenkielBel direkt mbai dem wo. ichltaeiiden fi»big«k Biage von
Bradleytohen FfgmentiMpIertn Wand. Di« im aUgemniien lebi gering«
mittlere Yariation der verschiedemen Einstellungen von meist nur wenigen
Graden zeif^tc wicdenim in der anrh vom Ref. schon oft erprobten Weise den
Vorteil dieser Möglichkeit der raschen Angleichun^.Hmüglicbkeit an verschie-
dene HelUgkeitsstufen des Vergleichsreizes beim Vergleich von Fubentünen
mit Onn, welelie die Einübnng anf die Abetnktion vom Firbenton sehen
nne rein payehologieeiien Grtnden beeonders nntentflUen mnl3. Für die
GelntinefiulMn war ein besondenr von Kirschmann zu dem g^eiehen
Zwecke .mgegebener Rotationsapparat gebrancht worden, der von Kirseh-
111 an n noch besonders beschrieben wird. Die Abstufung der Tagesbpb^nch-
tung durch ein Zimmerfeuster wurde durch eine verstellbare Fenstcruifauug
und veieeiiieden starken Bels^ von Transparentpapier vorgenommen. Sowold
fttr die seilt veneliiedenen Pigmentfarben als aneJi fOt die homogenen Stnblen-
filter zeigte sich das bekannte Purkinjesche Phänomen, wobei sich ein
grüner Farbenton zwischen K und F als dM'ifniirc WeHenliinp^e berechnen
ließ, welche unter diesen Umständen die niimlicbe rrl uive Helligkeit im Ver-
hältnis zu dem weiL>en Vergleichsreiz für alle Beleuciitungsstufen beibehalten
würde. Übrigens liat Ver£ eine an sieh nsheliegende Gesetxmäßigkeit der
Ton ihm gefundenen Wwte nieht betont, wdehe mit seiner Bereohnnng
einer relativ konstant hellen Farbe enge zuaammmhlngt. Sie llSt sieh so-
nächst schon aus den für versebifdene Stufen an<!pegebenen Extremen wenig-
stens bei ä/3 derselben vermuten und zeigt sich z. B. in den hierauf i^e-
prüften Einzelversuchen dieser Stufen bei dem Beobachter Kirschmann
tatsiefaüeh hinreiehend bestätigt. MiOt man nSmUch so, wie es hier gesehsh,
die relativen HelliglMiten der einaelnen Farben In Graden des Weiß, das Jedes-
mal durch die nämliche im ganzen variierte Gesamtbeleuchtung getroffen wird,
90 7eiirt pirb (Vw Geeamtsuninic -Uler einzelnen Farbr'nwprtf deren Ton hin-
reichend ^gleichmäßig über das JSpektrum verteilt war. annähernd konstant, wo-
bei noch dazu die einzelnen Farben an verschiedenen Tagen gemessen waren.
Für die 8 Plgmentfiuben ergab sieh bei Jenen vier gleiehmäßig über die gvae
Distans Terteilten HeOigkeitsstiifen, die schon ans dem Irontinnierlichen Gang
Jener Extremwert ewlrklich einheitliche Beobachtungsbedingungen darzustellen
gf'beinen, fUr Kirscbminn ans allen 8 Farben jeweils der Mi'fi hvprt ^2S
mit einer mittleren Variation von nur 3,3 Diese Konstanz der Summe
jener relativen Werte wäre auch in der Tat als der Ausdruck einer gleich-
ndUSigen Auswirkung der gesamten lichtstlrke ▼eisehiedener IntenritSt inner-
lialb des gansen Spektrums Ic^neswegs fernliegend. Vielleieht ersdüM dem
Verf. dieselbe nnr noch ni<^t genug aidiergestellt Jedenfalls werden V<u^
suche ausdriicklicli in dieser Ricbtnnt' 7v unternehmen sein, wobei es snf
eine möglichst voUzählicbe Berücksichtigung des ganzen Spektrums, von der
natürlich erst ein volles Zutreffen dieser etwaigen Gesetzmäßigkeit zu er-
warten wSra^ nnd anf homogene Farben besonders saUme. Die Adaptations-
lage, die neh hier natUrUdi gemSß dw Gessmtbdisoehtanf geindert bat,
würde dann ansdieinend gar nicht noch einmal besonders daneben an berllek-
siehtigen sein.
Diese Umstimmunfjen. welche durch längere Ausfiilluug des gesamten
Sehfeldes mit einer wenigstens im Mittel bestimmten Intensitätsstufe entstehen«
gestatten nnn In exakter Weise nur die Veränderung des Verhältnisses
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Rtfent«.
47
der Helligkeit and Sättigung verschiedener Reiziiualitüton zu untorBuchen, da
ja hier die nämli c he n Qualitäten unter verschiedenen Adaptationsbedingungen
nur in verachiedenan Zeitpnnktm wunittelbar wahrgenommen, also nur succes-
rir mhdiuuider vecigliohen werden kSnnten. Es ist also ein besondenr Vor-
teil lokal beacliritnkter AdaptatioiUT<»8nderungcn, wie h\q durch längen
Fixation einer vom übri<^en Grunde verschiedenen Ilellif^keit und Farbe ent-
stehen und unter dem Namen der »uegativen Nachbil(ler< liinj^öt irelänfig
sind, daß man nun auch die nämliche Uber das ganze Feld gleichmäßig ver-
breitete Beizqualitität in ihrer »Beiktioii« «uf die AdAptattonsdifferenz nn-
mittellMr beobaehten und durch objektive Ansgleiolniiig der BnbjelEtiTeB
Differenz so^ar exakt messen kann. Allerdiu^'s beobachtet und mißt nuui
nur eine Differenz, keinen absoluten Empfindungswert, diese Differenz
ist aber doch bei der IJeziehunpf beider Glieder auf den nämlichen objektiven
Reiz durchweg ein Ausdruck der subjektiven Empfindungsdifferenz und ge«
stattet bei der Messung des Wertes der jedesmal in gleicher Weise erzeugten
Adftptationsdiffweiia fttr beliebige Qualitäten und Quntitätan der reagierenden
Bene interessante theoretische Rückschlüsse. Angeregt durch die Yennidte
von Martins auf dem Gebiete der Naehbildmessunpr versiu-lito Ref, (18) vor
allem die Technik der Messunf^smethodeu unter VerAveudung des Pchou oben
erwähnten (S. 39) M arbeschen Rotatiunsapparates für eine kontinuierliche
Variation von Helligkeiten und Farben auszubilden, so daß er auch ohne
die Mlieren langen flxationsidten die Nachbüdwirknngen eiakt ansnUtsen
nnd deshalb Jahre lang ohne Schid^pmg und Yei^nderungen des Organes
ein größeres Beobachtnngsm.iterial sammeln konnte. Die Weiterentwicklung
dieser Anordnungen -nvht t*ic-h durch alle drei Teile der Arbeit hindurch.
Dabei nahm ich zunaciiät das allgemeinste Probleu daa Gebietes iu Angriff,
auf das ich bei allen theoretischen Vortlberlegungen Uber sekundäre Fragen
immer wieder ab eiste Torfrage hingeftthrt worden wv nnd untennchte,
welche Werte das nXmliche negative NachbUd oder die nümliche lokale Um-
Stimmung für verschiedene Quantitäten eines »rea{,'ierenden <
Reizes ergibt. Fechner nnd Helmholtz hatten diese Vcriinderuugen als
EniiUdungserscheiuuogea, aläo als eine Art von Erregbarkeitsveränderung
aufgefaßt, welche eine zur reagierenden Intensität proportionale
Terindernng wenigstens der dem ermüdeten Substrat entstammenden
Empfindungen einschließt, somit also «ich eine solche ProportionalHSt der
allein unmittelbar meßbaren Differenz der benachbarten Empfindungen des
TiHtnlichen Reizes, v. Kries liatte daher diese stunädist mir vermutete, aller-
dm^ä auch schou von Fechner angenommene Gesetzmäßigkeit schon früher
als »Ilelmholtzschen Satz« bezeichnet^].
t; Freilich hatte Helmholtz bei der Ableitung der snbjektiveu Aus-
füllung des Gesichtsfeldes fllr die verfithicdensten reafricrenden Felder auch
^ufrleieh die durch die primäre ErmUdun<reerregung ebenfalls erzeugten posi-
tiven Naeübildor und das Eigenlicht in Betracht gezogen, welch letzteres auch
seinerseits wieder auf die Adaptationsveritnderong reagieren konnte, wodurch
der Heringsche Uehtfaof oder der von 0 verschiedene Wert des Nachbildes
bei der reagierenden objektiven Intensität 0 erklärt werden sollte. Dabei
ist aber doch stets die frcnaunte Gesetzmäßigkeit al.H selbBtäudi^^^er Krkliirungs-
faktor fe^t'/ehalten. wie ja auch die einfachen, besondt r^ benannten physi-
kalischen Gesetzmäßigkeiten stets zusammen mit audereu auftreten und die
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Vom Standpunkt»' derjemgea Theorie aiu, welche die
hiMer als hrmUiiun^ uder tlberfaaopt als eine ErregbarkeitsvennderuBg der
M der FIsttfoB enegteB «mMlen Helligkeit»- mad VwbmmUUuta nMt
•od deebalb fibefiuniit eiM Pkoportioikalität des Nadibildwertes m pM
fordert, simi jedoch die cor reagierenden Intensität proportionalem
Modifikationen, wie gettigt, immer nur insoweit zn erwarten, als der
reai^iereode R^iz wirklich das dnrcb die primäre Fixation ermüdete, b^zw.
erholte Substrat erregt Es kommt alao hier immer schon die aUgemeine
FvbeBihaoffia im BeCneht, weiclia je Mchdet eia« gaas vtneUedeM Aae-
delmmiig dee pn^ortiknaleB Wachbfldee amf dae Gebiet der reagierendem
Farbe fordern würde. Die andere ebenfalls von Anfang an mehrfach ver-
trr'li'nc Erklärong" d«>s nepativon Nachbildes, won.ich daeselbe ebenso wie das
positive ein«' xpoiitaue lieimiscbnng selbständiger Erregung ^oin »oll,
wird ailerdingii mit jener Proportionalität von vornherein nicht in Einklang
tm briagem aeim. Imdeaaem kämm docli aneli eise von der Ammabme liloSer
BnegiNurkeltsveiladeramgem der monnalem Snbetiate in UnUeher Weiae ab-
welebende Erklärung mit der genannten Proportionalität widerspruchslos
rnmaramon bestehen, worin man den selbstlindipen sekundären Faktor nicht
al« Hpontanc aktuellu Ijrregung, sondern ebeul'alls als dispositionelle? Moment
einfuhrt, welche» im äußeren Reizen oder inneren Erregungszuständen ebenso
Im eimer EmgiNtfkeitBbesieliiing steht, wie die Beiae ameh aomat in dem monmalen
Salmatem, ao daß aie alao ebenfalls proportional cor reagierenden Inteaaitit
Biiterregt werden. (Tgl. vor allem Phil. Stud. XVIII. S. 615 ff. des 5. Kap.)
Zur R^nntwortnng der Frag^. wio n'if^h (lit^se beiden Kr]-:l-4rnnfr«mrtcriicJ|.
keiten konkret durehführen lassen, bedurüe natürlich unbeUiagi einer aus-
gedehnton Varitttiuu der fixierten >Enutidungttrei2e< und vor allem auch der
}eireib» reagieremdem Belae, die bimalebtUeb jener Proportioaalität geprüft
werden aoUtea. HimaiebtUch der Art jener »Ermüdomgc, d. L der Ad^h
tationsdifferenz benachbarter Sehfeldstellen ließen sich zunächst einmal ecboa
nach detn rein subjektiven nesiehtPpnnkt als einfaclixter An«»?'^n'2-«pMukt. reine,
d. h. von Furbentonveränderungen freie H e 1 1 i^^k e it b- und reine Farben-
nachbilder, unterscheiden, je uaehdeui eine farblose HelligkeitsdifferenZi
oder Teraoliiedene Färbern gleldier HelOglteit (au einfadiaten die Faibe auf
gldeh hellem Gran) fixiert wordem waren. Das entere bewirkt bekaimtlieb
einen subjektiven HellfgkeltB unterschied, das letztere eine Verschie-
bnng des Farb*'ntoT»'5 nn« Ii der Komplementärfarbe des Ennüdnng-sreize«.
Die Fixation ver^cll^L■lU•üer Farben von tin<:leicher Ilellifrkeit mußte dann
eine Kombination beider ergeben und zugleich entscheiden, inwieweit jene
Trennong zngleiob elme realere Gnmdlage beiiiat v. Kriea bat emdlieb
meuerdings wiedemni auf eine vom ibm aebom vor 1894 beobacb-
tete Korabination eines Helligkeits- mit einem reinen Sätti-
gnn^snachbilde ohne Veränderung des Farbentones aufmerksam
gemacht, die von mir noch nicht berücksichtigt worden ist
Enobeimimgem nur aoi ilmen atlteinaiidtt n erkUrem Bind. Dmiia dOrfte alm
eigentUob auch kein awingender Gnnd enthalten eein, daß Kriea nnn-
mehr seine frUhere Beaeielinnng wieder zurücknimmt (6, S. 160^ Anm. l;.
rens ist die Benennung natürlich eine sehr s^ekundUre Frage, und ist vor
allen die von v. Kries dafilr vorgeschlagene des Proportionalitätssatzes
als sachlich uud einfach gleich empfehlenswert.
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Eeferate.
49
(6, S. 165), worauf wir noch dften zurückkommen werden. Die objdBfeive
Ausgleichung der subjektiven VerachtedeDhoit auf gleichmäßigem Grunde,
welche nach dem zu Anfang Gesagten ala Maß des NachbiUlwcrtes für die
Tcrschiedeuen reagierenden Reize gilt, war nun glHcklichcr Weise im all-
gemeinen in der einfachen Weise möglich, daß unter Beibehaltung der
nimlichen Fintioiubige wie wilueiid der Krmttdang eeUwi imieriiilb des
gsiixen in Bfltndit kommmden Feldes der nSmliehe ftnehtsQ dea emOden*
den Lichtes an seiner ursprünglichen Stelle festgehalten, also dem rea^erenden
Felde superponiert wurde 'XVIII, S. Sat? 1". Dndnrrh v-nr im allge-
meinen ein Mar bescher Apparat mit soiin r einfachen \ tTötelluii^^Binüglich-
keit zu dieser Ausgleichung in jedem einzeiiitiu Nachbild versuche ausreichend,
doefa wurde der ZdtMitar der SelbBtejBBteilmig anefa hlnlig in YemdieB mit
plOtdieher ElnffceBiing anf beatimmte, in mehreiwn Yenmehen fortMdudtend
variierte Bruchteile eliminiert Am einfachsten ist natürlich die Möglichkeit
der AuH^leichnng eiües reinen Helligkeitsnachbildp? nuf verschiedenen Inten-
t^itaigBiulen einer farblosen Helligkeit zu verst» lien. worauf eich fast der
ganze erste Teil der Arbeit bestog {Bd. XVI). Ebeuäu gilt jeuer Hätz, aber
schon nidit mehr ndt dieior Priteirion für die Hessling des reinen kompts-
mentären Fixbenntebbildee snf Tenehiedenen SSttigangs- und ünteosttits-
Btufen der Ermttdnngs&rbe und ihrer Komplementibfarbe (vgl. Uber die
Schw ieriprkeiten vor allem den Anfang des zweiten Teiles Bd. XVII), so daß
2. T? (Irr nämliche Rnichtcil der fixierten Naehbarfarben Rot und Oran zur
AuBgluichuug deä J: arbeunachbildes auf beliebigen Intensitätsstulea des
Bot nsw. notwendig ist
Ein« doniliehe Aliweichnng von diestt ein&dien Hevstellnng einn
vOll%en subjektiven Ausgleichung des Nachbildes zeigt sich indessen bei der
MesfiinL»- einer Kombination ungefjihr g1eif!i starker Flelligkeits- und Farben-
nachbiider auf jrrüßeren reagierenden Intensitäten. Hier wird ein ca. 2 3 mal
geringerer Bruchteil die Helligkeiteglelchheit auf reagierendem Weiß herbei-
fthren, wobei Jedoch die DUEBieas der beiden Ansgleiehimgsbniehteüe, sIbo
der relative Vorteil des Fsrbenniohbildes msdi «bniumi Bei einem reinen
Helligkeitsnachbild kann aber nnn die Bubjcktive HelligkeitsdifTerenz ferner
auch natürlich auf beHebia-cTi rcHfrirrenden Farben nach dem obigen Satze
venigsteus hinsichtlich der Ucüigkeit ausgeglichen werden, so daß
wir die UeUigkeitsnachbilder in ilirer Abhängigkeit von den reagierenden
Farben messon künneo. Indesson hat ann Kries, wie sekon voiUn er-
wihnt, weiteihin daranf anfineifcaam geaiaeht, daß nach Ungeter Fizailon
von Weiß neb^ n S«-hwarz bei Tagesbelenchtung nach der eben ^'enannten
H*^r?tellung der Helligkeitflgleicbbeit auf einer F.irbc (hirch Zurilckbe-
haltung eines bestimraten Quantums Weiß immer noch eine Siittigungs-
diffcrcaz bestehen bleibt, indem die vorher mit Weiß gereizte Stelle eine
geringere Sättigung besitzt, obgleich doch das gaase Feld ol()ektiv den
nimHehea ObersehnO an der mit Weiß uttTonoisehten Farbe besitii Diese
Beobachtung, für die von v. Kriee mit Hinweis auf dieZapfon- und Stäbchen*
hypothese besondere HelligkeitBgrade als VorbedintriinG' anfllhrt, kHim ich ins-
besondere auf Grund neuester, in der Veröffentliciamg nicht inbegriffener
Versuche in weitestem Umfange bestätigen. Die zu geringe Sättigung der
▼ocher weifien Stelle trota gleichen Farbeaaalelles an der Mischung besteht,
fedooh gana «■^"»«'ct der Beleaehtoag IQr die geringsten reagieren-
den lateasittten, iolaage nur IlbeibMipt die Dnnkeladaiitalion nicht so weit
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Iwel'erate.
fortgegchrittcn ist. daß die Farbe nicht mehr gesehen wird. Auch hier itt
die Erscheinuiiß' ani schönsten mi«I ohm' fülziiinnsro Fixuti<ui>»z«^it mit dem
Marbescbeu Apparate schnHl flir «Iii \ « i-^ciiii'<l<. asten Farben nachzuprüfen.
Es zeigt sich an der »ermüdeten« Steile äuzobageu eine proportionale An-
nühemng »n totale Furbenblliidheit Aaeh ohne Aniglriehiuigfvexipieli iit
die ErBcheinong «uf eineoi gleiohmSßigen reagierenden Farbenfelde aclion
dadurch einigermaßen veranschaulicht, daß man die verdunkelte Stelle keines-
wegs in größerer relativer SäftigTinfr sieht, wie die stibjektiv hellere, obgleich
ja solche Sättigungs vergleiche bei verschiedener Helligkeit eine sehr unsichere
Sache sind. Eine exakte Mebäung de» reinen (d. h. hier ohne spezifische
Firbnng anftretenden) Sittigiingsnaehbildea ist nntllrlieh nur bei einer mebr-
facben SinstellnngsmögUchkeit, alio imter Verwendung von nindeetenji swei
Apparaten durch^hrbar. FOr meine bisherige Veröffentlichung kommt ea
mir aber einstweilen vor allem nur darauf an. daß diese Testierende Sättigungs-
differenz die Einstellutigr auf IlelliKkeitsfrleiehheit. also die Messung des Hellig-
keitsnachbildes in keiner Weise störte, insbesondere da sie nach den bei
mir notwend^;en Tie! kfirseren Fliationsaeiten trotx bereita blnreiebrnd
krlftigen HelUgkeltanachbUdea wenig vor Geltung kommt, und ttberbaiipt im
der für alle Farbennachbilder eharakteristiscben Weise schneller zu verlaufen
scheint Ebensowenig: stfJren aber .•^iieh gewisse minimale Unausgt? etlichen-
heiteu hinsiehtlicb der Sättifjuug und Uts l'arbentoues, deren Richtung noch
genauer zu untersuchen wäre, wenn die Melsungen eines reinen Farben»
nnehbildea auf den Teraehledenen bei der Ermttdnng niebt beteilig-
ten reagierenden Farben beliebiger Inteneititaatnfe vorgenommen
werden soll. Denn hier wie bei allen anderen Blessnngen dieser Art ist es
ja immer schon eine in ihrer Art vollwcrtig-e Leistung, wenn nur irgend eine
bereits mit Sicherheit festgestellte Kiclitun^' der huhjektiven Modifikation zu-
gleich in ihrer Quantität auf den versehiedeueu reagierenden Reizen wirklich
ausgegUehen und dadorch gemenen wird, well eben die YariationamOglieh-
keiten naeh Helligkeit, Farbenton nnd Sittigang relativ unabhängig neben-
einander bestehen. Die Anffindnng neoer Variationsrichtungen bedeutet nur
immer neue und besonders in de?n von v. Krie? betonten Falle th^^oretiseh
freilieh besonder? wichtige P>agei<teilunf:;en, bin.'^iclitlieh deren uiimer wieder
unsere allgemeine I'roportionalitätsfrage aufgeworfen werden kann. M^e
bisherigen VerOiTentlicbnngen aber prOfan die Proportionalititiftage einitp
weilen ebenfiüLi erat aonuagen für ein aolehea UlnbnnM der mir bei der
AnsfUhrung einstweilen qualitativ sicher bekannten Richtungen der subjek-
tiven ITelli^keitHdifffreTiz und der Verschiebung n-K-h der Komplement« rfnrbe,
was die Prüfung der J'heorien bereits in größerem Umfange ermüglicht.
Hinsichtlich der Farbenuachbilder ist insbesondere der letzte Teil
(Bd. Xyni) maßgebend, der allein mit amdhemd homogenem lidite nm
StraUeniiltem arbeitete, wihrend der iweite Teil (Bd. XYII) diesea Gebiet
zunächst sowohl hinsichtlich des Beobachtungsmaterials als auch hinsichtlich
der theoretiBchen Geeiehtaponkte in allgemeineren Umriaaen abzoatecken
Tersuchte.
Auf die so allgemein gestellte Frage nach der Proportionalität zum rea-
gierenden Beize ergab sieb nun als Antwort, daß sowohl jedes Hellig-
keitanaehbild ala aneh jedes komplementSre Farbennnebbild
gana allgemein fttr jeden reagierenden Reiz von beliebiger
homogener oder gemiaehter Qualitit Torbanden and an aeiner
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Referate.
51
Intensität annähernd genau direkt proportional ist. Von der
Helm h oltzschen Farbentheorie aus ist natürlich nur ein geringer Bm 'i t' il
dieser rntsachen aus der Auffassung der negativen Nachbilder als einer Er-
regbarkeicaveränderung zu erwarten, nnd ebensowenig hatte Fe ebner Uber
die Quantit&t des reinen Farbennachbildes Hir beliebige reagierende Beixe
genami» Andeatong«!! geoiMht Somit konnte die oben abgeleitete Benen-
nung des gefimdenen Satzes als des Fechner-He lmholtzschen nur durch
die Aufnahme des Resthestaudes als seiner > Analogien« Leibehalton
werden, was aber nun alles zusammen ebensowohl mit der v. Kri es sehen
Terminologie ganz allgemein als »Proportionalitätssatz« bei hinreichen-
der Erweiterung dieses Begriffes bezeichnet werden kann. Für die Propor-
tionnlititsftlctoren, mit denen aicb ein Ntehbild bei ▼eiseliiedenen reagieren-
den Bfliaqnalitäten zur Geltung bringt, ist nun zunächst als gemeinsamer
Ausgangspunkt die subjektive Uelligkeit entscheidend, ;vi>lrdT:' TTolHcr-
keitsgleichungen zwischen d^n verschiedenen reagierenden Qualifiircn in un-
mittelbarem Vergleiche aultindeu läßt. £s ergeben sich fUr reagierende
Farben gleicher Helligkeit annähernd konstante GrOßenbesiehnngen, wenn
die Oleiidtongen nnr eben in der bei dem gsnoen Vennehe iiemebenden
Adaptationslage abgeleitet sind, so daß also der eben ausgesprochene 8atB
ziemlich unabhängig von der Adaptationslage gilt. Von dieser jeweiligen
sebpinbaren Helligkeitsgleichheit der reagierenden Farben ausgehend findnt man
aber nun eine konstante Differenz fUr die verschiedenen Farben in dem öinue, daß
bomogeaee SnOeiilea Bot nnd komplementttree OrOn etwa äquivalent aind,
d. b. gleleb giofie Naebbildwerte aeigen, wibtend gieieb belle« leagiezendes
Gelb ebum geringeren und Blau einen größeren Wert aufweist. Bei Donkel-
adaptation scheint mehr ein Zerfall des Spektrums in ein© geringer reagie-
rende warme und höherwertige kalte Kegion von scheinbar gleicher Hellig-
keit ausgeprägt zu sein. Grau steht dabei dem geringsten Werte des Gelb
am nächsten, so daß auch ein Einfluß der Sättigung hinzuznkommen scheint
Ancb fttr die reinen Farbennaebbilder bilden also die so bestimmten Äqni-
Talenzwerte die Grundlage ftir die Berechnung der Werte, wobei nun allere
dings die Beziehungen zwischen rciirierender und »ermüdender« Farbe zur
Geltung kommen, so daß hier nur die Mittelwerte aus den Nachbildern fUr
mehrere gleichmäßig Uber das Spektrum verteilten Ermttdongsfarben mit den
reinen Äquivalenzwerten der verschiedenen Farben fttr die reinen Helfigfceita-
naebbüder flt»erainstimmen. Die Ermttdnngsfarbe selbst reagiert relativ am
stärksten, die komplementibre am geringsten. Die benachbarten Farben bilden
einen kontinuierlichen Übergang. Tn allen diesen Füllen aber besteht eine
zur reagierenden Intensität proportionale Verschiebung der Farbe nach der
Komplementärfarbe des ErmUdungsreizes hin. In der theoretischen Erklärung
dieser Besultate bereitete zunächst schon die Yersehiedenbdt der Äqni-
vaienswerte fttr die einseinen Farben Sebwietigkeit, welobe sieb von den
wog, »spezifischen Helligkeiten« naeb Hering und Hillebrand wohl untere
schieden zeigen und zunächst auf einen psycbnlnuri^chen Einfluß auf die un-
mittelbare Helligkeitsvergleichuug verschiedener FarbentOne zorUokgefUhrt
wurden. (XVUI, S. 612, 4. Kap.)
Hinsichtlich der Geltung eines FarbemuMlibildeB anf beliebigen anderen
reagierenden Farben wurde mniebst bei der als Erregbarkeitabjpo-
tbeae(vgl. S. 48} bezeichneten Abteilung anaden normalen Farbenanbatraten
yennebt» die Besiebaiig an der eheosaUgen Dieknasion swischen der anta-
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Befonta.
gonistiechett Vierfarbentheorie Ileriuga und C. Hess' einerseits und der
Dreii'arbentheorie v. Kries' und Kxnere auderereeita herzustellen, (ä. Um ff.
Kap. 5.)
Die konkt6t«re Awgwtaltiiiig der KonMqaemeD der DroiüubettÜkeorie
und der oben enriÜmtmk {8.48] ErmUdangetheorie Helmholts' war Toa
Exner vorg:enommen worden, der sie auch bestlitigen zu kennen plaubte.
Hering und Hch? idfrlpp-ttin indofison die von diesem Standpunkte aus
notwendige Erwartung, dai> auf die Ermüdung einer der drei Orundiarbea
die Beüe nur iiuoweit nüt tiaer rar Ermfldan^fiwbe kompleme&ttren Yer-
sehiebimg reagieren wttrdeii, als eie iiMh der Dieifariieiitlieorie lelbet die
ermttdeta GmndsabAtrat erregten. Sie zeigten, daß alle Farben eine soldbte
Verßchfelxinü^ erlitten, wie sie selbst aus den theorotipr hon Grundfarben nicht
zu berechuen waren, wenngleich über die Beziehung der Größe dieser Ver-
«chiebong zum reagierenden Kelze noch nichts ausgemacht war. Da !< nkte
▼. Krlei die Aifinerkaamkeit auf die Tatsache, daß gleidi assseliende
<3eniiaoiie beUeUger pliyeikaUaeher Zoeaameiiaelaiiiig aneli naeli beUebigea
Erregbarkeitaveränderungen ihre Gleielilillit beibehielten und lelgte» daß dioae
Tat^firho ans der Dreifarbeutlieorie wegen der eindeutig-en Zusammensetzung
aller gleich aussehender Substrat Vorgänge ohne weiteres abgeleitet
werden könne, während die lleringsehe Vierfarbentheurie wegen der hier
▼oriumdenen Vieldeutigkeit gleich anseehender Farbengemisohe wenigstens
in der aUgemein aagenonunenen Fonn, oline noeli nieht angegebene HQfii-
hypothesen, diesen Satz, den TTering selbst ausfUhiUoh beetätigte, bei der
Auffassung des negativen Nachbildes als einer Erregbarkeit» Veränderung nicht
zu erklären vermöge. Zu meinpiii grol3en Hedaueru war mir die nun schon
mehrfach erwähnte neueste Abhaudlung von v. Kries Uber die Umstimmungen
dee Sdiorganes (6j bis nach Vollendung des Druckes unbekannt geblieben,
welche beieits naeb meinem zweiten Teile erschienen war and snniehat
wenigstens theoretisch die ehemaligen Fragen wieder aufbaiim, sngldoh nnter
Bezugnahme auf meine bisherigeu Arbeiten Uber den »Proportionali tXts-
satz«. Bezüglicli der Frage über die Bedeutung eines reinen Farbennach-
bildes sind in aciuer Abhandlang allerdings noch die nämlichen Voraus-
aetrangen der Dreifarbentheorie feetgehalten wie ehedem, soweit der Z^»fon->
apparat nach seiner Theorie in Frage konmt, nnd ist liier aosnsagen dar
ehemalige Stand dwFkage von seiner Seite nochmals fixiert worden. Indessen
hat doch erst hier auch v. Kries die konkrete Ausgestaltung des Propor-
tionalitätSBatzps iu seiner Tragweite bei Hehnhnltz und bei Exner mit
seineoi »v. Kri esschen Satze« über die Unabhimgigkeit der Farbengleichungen
TOn I^regbarkeitsTeränderungen kombiniert, den er selbst ids »Persistena-
sats« bea^ehnet Idi kfttle also in mefaier Daratelbing sogMeb Uetanf
▼erweisen können. (6, S. 151 if ;
Der innerhalb der niimlichen Adaptationslage jedenfalls durchweg gültige
»Persistenzsatz« ist zunächst nur eine rein formale Tatsache, und muß
zur Entscheidung seine Bedeu^g für uns erst noch die materiaie Frage
naeh dem qualitativen Aussehen der subjektiv einander gleich bleibenden
Gemische an die Seite treten, wie sie eben eehon von Exner aoa der Bte^
iarbenüieorie als die Forderung nach »invariablen Punkten« der
Farbentafel aufgestellt, von Hering nnd II ess jedoch selbst für die theore-
tischen, außerempirischen Grundfarben nnrh Helmholti bereits in ihrer
UnerfUUbarkeit empirisch dargetan worden war. Der Nachweis bei mir, daß
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Keferate.
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dies© Verschiebung beliebig von der Ermlldungsfarbe verschiedener Bwk*
tionsfarbcn nach der Naehbildfarbo zu der reasrierenden Intensität [iropni--
tional. iiho von einer et^'aigen Erregbarkeitshypothese auf jeden Fall als
gleichwertig mit zu berücksichtigen seien, hat diese Schwierigkeit noch
eriiOht» sofern aum wirklieh eine solche ErklSning dorchffiliren wm. Indenen
eischeint gewiß, daß die «ntagonietiBehe FarbenÜheorie ihrerseits wiederum
den Persistenssatz wonl^'^Btens als Ersch^nangsweise von Errcgbarkeits-
verifndcrungen der normalen Substrate nicht einfach aus dem Newtonschen
Farbenmischun^^esety, dednzieren kann, weil gerade dieses bei einer anta-
gonistischen Tlieorie keine Eindeutigkeit aller Valenzen physikalisch beliebig
nnr eben gleich nnssehender Gemische unbedingt
notwendig macht, worauf ich S. 6S5 IT. nochmals besonders hinwies. Hin-
gegen ist sehr wohl die von Hering selbst außerdem nodi angedeutete
Hypothese je zweifr antagonistischer N<'henvalenzen de» tVenulen Ge-^on-
farhenpaares fUr jedes urtarbigeKei/ni un iit, welche het einer antagonistischen
Farbentheorie keine Sättigungsabuaiiuio bedeuten, zu einer tatsächlichen Ab-
leitung des Penisteiusaties sa gelnaiidiai, wenn ann nur die quantitativen Be-
gehungen so wihlt» dafi jene beiden hypotfaetisehen Valenzen gersde je die
Hälfte der bei isolierter Wirkung des Reizes wirklich frei sich auswirkenden
sichtbaren Valenz ausmachen. Die absolute Snninie der beiden einem
Gegenfarberipaar zusrehörigen Valenzen. f)hne Kiieksielit auf ihr > V()r/eielien<,
wird dadurch für jeden Punkt der Farbentafel konstant, gleichgültig, wie die
gleich aussehende Mischung physikalisch beschafTen ist. Für alle gleichaus-
sehenden Gemische werden aber damit nun wirklich alle ei na einen Valensen
Bot, GrOn, Blau, Gelb der gleichaussehenden Cmi; che eindeutig bestimmt,
insofern ja wegen des gleichen AusselK^us nach der 'riieorie wenif^stcns
bereits die Differenz der beiden antagonißtisclien V'alcn/f TJ intH rhalb eines
jeden Gegenfarbenpares »icher die nämliche ist. Die Konsequenzen dieser
S. 641 ff. ausgestalteten Hypothese ktfnnen zudem mit dem tatsächlichen
qualitativen Aussehen der beliebigen Beaktionsfarben und dem ansehdnen-
den Fehlen Invariabler Punkte leicht in Einklang gebracht werden. Aller-
dings gelingt eine Durchführung dieser Hypothese mit der Ableitnnj;: des
»Persistenzsatzes« nur bei der Annahme vot) bloP vier Urfarben sub-
Straten oder, wie zur Vermeidung einer uunotigeu Spezialisierung besser
gesagt wird, von nur vier Durchgangsprodukten, aus deren Biischungen aUe
Farbeaempfindnngssnbstrate abgeleitet werden mttssen, gleiehgttitig sns
welchen Orundelementen sich dieselben im einzelnen zusammensetSEen und
welche mannigfaltigen, in sich ebenso einheitlichen Spezialisiemnpen wieder
aus ihren Mischnntjcn hervorgehen mllpen. S. fW) ff. wurde darzulegen ver-
»ncht, warum (lie.ne Einschränkung wenigstens der Ausgestaltung dieser
besonderen Hilftihypothese auferlegt sei. Indessen bedarf die Hypothese
fener snntehst latenten und nur bei ünntimmungen cur Geltung kommoi*
den Valensen aur Beseitigung einer allzu großen KUnstlichkeit eine be*
sondere Berücksichtigung der Verwandtschaftsbeziehnn/ren
der einander benac Ii hfl rt fn »Urfarben«. welche nach der Her inj^-
schen Theorie p-anz ver«t hitdt uen Substraten zugeteilt sind. Wie S. 6ö3 flf.
ausgeführt wird, ist diese Beziehung am besten von der Wnndtschen
Stufentheorie berUoksichsfigt worden, deijenigen antagonistischen Farben-
theoiie, welche awar ttber die Zshl der möglichen Urfarben m^eli nichts
entschieden hat, wdebe hingegen gerade die qualitative KontinnitKt der
InUv Ar Pvdk»l«fiti. L UUntar. 5
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Bef«rftte.
Farbonsubstrato für die einander im Öpektrom benachbarten Farben betont
hat, die sich je nach der Wellenlänge in stafenfurmig fortachreiteader Ver-
tobifldeididt aw efawn etidifliffidieB allgemdnm Ssbstnte abspiltm klteiuni.
Weil in der Hypotiieae Uber die wdteie, jedenfidle wie bei eOeii phyeiolo-
giiehen Stoffen dieser Alt eehr konpUiierte BMeftaffenfaeit des einuln««
nur eben jederzeit im fj^nzcn zersetzten und rcß:eneriertcn Durf hfranps-
prodnktes gar keine Einsc hriinkunf: besteht behielte die Wandt »che Stufen-
theorie auch in diesem einfachsten äpexialtalle als »Vier£arbentheorie« die
eie wsBadebiiende Freibeit aUeii Yariettten des Ftibeiueheiis gegeiiiB>er.
PeuKKtb iet dieses relatiT doeb immer noeb sebr küiistliebe Bystem Toa
Hypotbesen deshalb nicht anbedingt notwendig, weil »ich auch die oben
genannte »Beimischungshypothesc« znnSchst beBondera einfach mit dem
Persistenzsatze, dann aber doch auch mit dem Satze von der Propor*
tionalität des Farbennachbildes zu allen beliebigen reagierenden Farbenreizea
in Einklang bringen ttfil Zur Lttsnng der letsteien Aufgabe Ist fireifieb die
Annabme erforderlieb, daß daa sekondlre, abnorme Substrat in allen be-
liebigen äußeren reagierenden Reizen oder den ihnen entspre-
chenden inneren Erregungen, z. B. d* m TTrllirkrifsjirozcsse, in einer
ErregbarkeitHT)P7j(>lmng steht, so daß die i^ur Ermüdungsfarbe komplemen-
täre Nachbiicitarbc als seine spezifische Funktion von allen beliebigen Reiz-
qaalitttten proportional aosgeldst weiden kaxm. über die Lokalisatfon dieses
sefcnadltien Prosesses, dnreb den alle Erregongen gemtß ibiem Aqnivalenn-
werto »gefärbt« werden können, wäre noch nichts mit Sicherheit aussn-
machen. Für die reinen IleUiKkeitsnachbilder ist die Erregbarkeitabypothegc
noch am einfachsten dorchzufülireu, wenngleich auch hier die Beimisohungs-
hypothese bei weiteren Hilfshypothesen denkbar bleibt. Anf Grund beson-
derer Yersnebe glaubte leb aneb noch eine Anhtngigkeit der Schnelligkeit
des Yenebwindena der negativen Nachbilder von dem reagierenden Beii»
feststellen zu können, gemäß welcher höher reagierende Reize dasselbe be>
schleunigen, eine Beziehung, die ebenfalls aus der Beimischungshypothese
leicht abzuleiten wäre, aber vor ihrer Verwertung noch genauer nachzu-
prüfen ist
Eine besondere Form dieser Beimischungshypothese bildet mm die schon
18M verOflbntiiehte Theorie von Martins, wonach die negativen Nachbilder
ebenso wie die positiven selbBtändige, allefdings ancb nach Martins* Aaf>
fassung vom Reize mit abhängige Erregungen sein Böllen die mit den
normalen Empfindungen sogar einen Wettstreit eingehen können, so daß sie
keineswegs immer während ihres ganzen Bestehens die Empfindung an
modifizieren brauehen. In diesem Sinne dentet M. vor allem d^e nach der
bisher allgemein angenommenen ErkUmng anf ein Übersehen sorQckgefllbrte
Unerkennbarkeit der Nachbilder während und kurz nach Augenbewegongen*
die Begleich zu einer Messungsmethode für negative Nachbilder ausgenutzt
wird, wobei die normale Empfindung ahi Vergieichsobjekt für die bfild auf-
tretende subjektive Abweichung verwertet werden soll. Diese Theorie wird
auch in der oben genannten Abhandlnag festgehalten (lo, S. 361 ff.) und
gegen meine früheren Einwinde tFbil. Stnd. XVI) verteidigt Dabei
sebeint jedoch Martins die Abweichung der beiderseitigen Anschanungen
ftir grnßer zn halten als sie vielleicht sind, und habe ich am Schlüsse der
letitten Vorrft>ntlichnng (XVIII, S. 677 ff.) nochmals den einzigen pirVieren
Pifferenzpunkt hervorgehoben, daß ich an der dauernden Modifikation der
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Befente.
55
Empfindung als solcher während df^s ganzen Prn^epapf wie die früheren
Antoren festhalte, and außerdem für die Marti u hscIi - M-fsuu^smethode,
deren Brauchbarkeit ganz unabhängig von der Mar ti uäsciieu Theorie zu-
gwtaaden werden kinii} wenigstene etne BektükttiQii in einem beaondereni
Mier lehon «luflUirlielier dsrgelegtMi (Bd. XVI) Verfidiren ab wOnschene-
wert erachte.
Nach welchen Ge?ichtf punkten dif^ Fraf^estellnnpreTi fiir dfn »Propor-
tionalität?8atz« oder die »Analopieti* zum Ferhni'r-iiülniholtzschen
Satze noch weiter auagedeiint werden können, fanden wir scbun oben im
AmeUiiß an die Ton mir in noeh allgemetnerem Umfange beBtUtigton
T. Krie stellen Beobachtungen Uber das negnÜTe j^ttignngsnaehbild, dasmtt
dem reinen Helligkeitsnachbilde , wie i<A nnn annehmen zu können glanbei
stets in irgend einem Oradc vorbniid«'n sein dürfte. Die Darlegung dieser
Bpobarhtnn^ fügt &ich bei v. Kries m das allgemein theoretische Programm
ein, wonach einmal alle Modifikationen der sämtlichen den einzelnen
Infieren Beiien entspreebenden Empfindnngen liei allen mOglieben Arten
▼«m Umaiimmvsg, d. b. bei der TeneUedensten QnalitXt nnd Zettdaner der
umstimmenden Enegttngen in einem g^'oßen gesetamSßigen System zur Dar-
stellung kommen sollen, eine großartige AnfirraHe, von der das Fxperiraent
die mannigfaltigste Anregung und die Thennf eine Fülle fruchtbaren Beob-
aehtungsmaterials profitieren müßte (6). Für die DaiBteilung des Erfolges
einer gegebenen Umatirnmun^ bei den Tenobiedenen reagierenden B^ien
kommt Ar v. Kriea, wie icbon erwSbnt, annSebit der »PenlstenisatB« üi
Betracht dessen strenge Gültigkeit innerhalb der Funktionen des chroma-
tischen Znpfenapparates fllr alle Intensitiiten behnnptet wird so daß alle
Abweieiiuugen bei herabgesetzter Intensität nur dem Eingreifen eines neuen
Substrates, des Dunkelapparates der Stäbchen, zuzuaohreiben seien. Als
swette fundamentale GeBetsmftßiglteit aber wlre eben der ProportionalitttH
anta aasosdien, der wenigstens in der ▼. Kriesseben£rlclirnn/c desFer-
siatenMSlies allerdings nnr in der bei Helmholtz vermuteten Einaduünkung
schon vor?\TTPireset7t ist. Hier wird nun mehrmals die llnsicherheff filier die
Grenzen hervorgehoben, innerhalb deren seine strenge Gültigkeit angenom-
men werden kOnne. Daß jedoch die relativ zunehmenden Überschüsse Uber
die genaue ProportionalitMt an den Xnßeren Beinen naeb der vnteren
Reffen bin nieht als eine Abweiebnair »ProportfonaMlitSBatae« ange-
seilen zu werden branolien, weil hier die inneren, bei peripherer Lage jeden-
fallf nnch >rertirierendpn« Erregungen hinzutreten, lag, wie oben env-ihnt.
in Hi'liuhoit2 eigener Auffassung enthalten. Außerdem kommen dann hier
bekanntlich jederzeit auch die absoluten Beträge der positiven komplemen-
«Xren Naehbllder in Betraeht, die ebenftUs eine selbsündige, wsbiseheinlleh
koordinierte GesetanMßigkeit darstellen. Andererseits werden wir bsi einsr
phyviologisehen Gesetzmäßigkeit einer solehen Proportionalität überhaupt
niemals erw'arten dürfen, daß wir den Proportfon:ilitiitsfaktor der Umstim-
nuinfr bt'i einem hfiheren reagierenden Reize in voller Gr'jße wiederfinden
werden, und zwar nicht nur wegen des jedenfalls sehr cinzuscbrunkenden
JBeltfeUers der Mewnng» sondern vor aUem wegen der besondersn, der Um*
glimmnng teilweise geinde entgegengssetsten Antriebe, die In dem Über-
gänge an einer höheren Intensität als solcher enthalten sind. Solche Ab- i
wei^ huniren in den Extremen traten bekanntlich aneh bei allen niuit reu
Gesetzmäßigkeiten dieser Art auf und wurden a. B. oben vor allem schon
6»
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Befeiato.
hmsichtlioh der »kritiscbeo Periode< emäbnt (S. 39f.]. Gerade deshalb habe
ieh Meh den anaoheinend rencbieden sehneUeB Verlauf bei vataehiedetten
reagierenden Belsen besondere Ina Aoge gefaßt (IB, Bd. XTI). Bei einer
FormnlicruDg der Wecbselwirknng dieser verschiedenen Faktoren kOnnte
deshalb der Umstimmangsfaktor immerhin wenigstens für den Ansgan^-
pnnkt t\vii >:anzon Prozesses aiidi für die höhere Intensität Mieder zu-
nächst in der uümiiciien GröUe ia Anschlag gebracht werden müssen.
Andi binalehtlieh der Abweicbnngen vom »PersUtenaiatae« hat ja v. Kriea
nur dadnreh trota der Abweiehongen der Eneheinnngen eine beaondera ein-
fache Gosotzmäßigkeit festhalten können, daß er eine hypothetische Zerlegung
der Sub9tnit(* in verschiedene Faktoron vornahm. Man mürhtc auch fast
erwarten, daß doch vielleicht nm h binsiclitlich des Perßi.stt u/> satzus
bei blendenderen Helligkeiten obere Auwcicuungen bestehen werden, uenn-
glelcb dieselben dann nach v. Kriea* Tbe<Mrie In der Hanptsache wenigsteaa
ans der Elgentttmliebkeit der Zapfen allein abgeleitet werden nitt0ten. Wir
können aber schließlich auch von solchen Versuchen zunächst ganz absehen,
durch welche man einfachste Ofsct/Mt fiMukeiteu. die innerhalb einer größeren
iiiittlorcn Region besonders rein zur Daratelluuir kommen, iiiit hef^onderen
llyputiieseu auch in den scheinbaren Abweichungen an den Grenzen als
gültig festanbalten TemiOehte. Wir hätten dann trotsdem dn Beeht, lolelie
SMtie wie denjenigen von der Perslstena der Farbengleiefanngen oder von
der Proportionalität der negativen Nachbilder um jener mittlereQ Bftgion der
Gültipkoit wilh.'ii als r'pspf/niäßiirkeiten zu be/.eielinen, wenn uns an der
Einführung dieses He;,'ritVeM auf" dioi^p rtebirte etwa» frele^^en sein sollte. Für
die Forderung der invariablen Punkte nach der Dreifarbentheorie, die wir
oben acbon anslOhrlieber besprochen beben, werden weiterhin genauere Fonneln
angegeben, welche nach AnsfÜbrnng von Messungen ^es NachbQdes auf
mebreren beliebigen, hinreichend verteilten reagiereudcn Qualitäten die Frage
nach invariablen Punkten rechnerisch entscheiden lassen. Vgl. oben S. 52.;
Dabei wird ausilriirklich wieder ani/etVairt. wie f^ich eine Theorie mit mehr
als drei Urfarben mit den Verhältnissen abtinden wuUe. Am wichtigsten für
die Tbeorie hJÜt v. Kriea weiteilun die komplement&re Färbung de»
Parkin jesehen Nachbildes, welches nach seiner Hypodiese eine Naeb-
erregnng der »total farbenblinden« Stäbchen ist ivgl. oben 8. 42). Hiedurcb
werde die zentralere Lokalisation des Farbennachbildes wahrseheiulieh ixo-
maeht, il reud sieh die Krregbarkeitsverändenmg bei üinwirkun;:: von
weißem Liciite vielleicht an peripherer .Stelle und nach ganz anderen Oesetzen
▼oUsieheu. Auf die Frage nach der ProportioniditSt, welche gerade aneh diese
Variante der Beimiacbungshypothese fttr die Farbennacbbilder angeht, hat
V. Kriea hier nicht Beang genommen. Aach die von mir Phil. Stud. XVII,
S. 671) wegen des Proportionalitätssatzes angedeutete Mü-rlichkcit einer Ab-
hängigkeit des Farbennachbildwerte.«' vom Wei^nro/esst» w ürde wenipstcns
eine etwas zentralere Lokalisation bedeuten. Die von v. Kries bei dieser
Gelegenheit gestellte Frage nach andcmeitigeu Beispielen Uber Färbung von
Erregungen, die um ihres peripheren Uraprunges willen speiiell bei Stäbehen-
effekten an sich Farblosigkeit erwarten ließen, dUrfte wohl tatsächliche Ana-
logien in den Versuchen Uber peripheres Farben sehen finden lassen. Die
wichtigste Beobachtung (S. 155 f.), um derentwillen nach v. Krie? ein j>eri-
pherer Ursprung der auf Weißerregung beruheudeu Lnjstimiiuin<reu wahr-
scheinlich sein soll, besteht nun eben in dem Sättigungänachbilde nach
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Bfiferate.
67
Fixaüou von Weiß neben Schwarz, <l;is v. K rioH als spczii'He Beeintrüchtigung
deaZapfenapparates ansieht, weil es nur bei aufigeeprocheucr iicliadaptation vor-
konmen boIL Wegen der Uemu mOgfieliMi theoretbeken Fo^penmgem wOl
hier noebnato aiuflUirlicher darauf sarttekkommeii. v. Krles ist sieh wohl be-
wvßt, daß hier eine Tatsache voa »fiindamentaler Bedeutung« geAmden sei, weil
trotz vfUIi^er Au»»c)ialtnn,f^ von Farben differenzen innnrli alb des
E rniüdungst'eidrs vmo der -^riHMT^Mi Helligkeit entsprechende Heralii^(>tzung
des absoluten Farbcuwertes jeUt-r boiiebigen Beaktionsfarbe eintritt, wie eben
danms m erseiien ist, daß nach Avsgleiohiuig der seheiid»s»ii HeUigkeits-
diffimns dnieh Znssts Ton Weiß an der exmttdeten Stdle der relative Farben»
anteil trots der nSmlichen Menge des nicht kompensierten Farbenieiies deot>
hch /n gering erscheint. Es i^t Bchon ans den Itiölieri^on Messungen wahr-
scheinlich, daß auch hier eine Proportionalität der Herabs^otzung besfelit, uud
deshalb scheint mir dieser Versach eher wieder eine engere Zusammeiige-
hOrigkeit des negativen Farben- mid HelligkeitBnachl^es nahe in legen,
gleichgflltlg, ob man beide YoigSnge peripherer oder sentnder lokalisiert
DafUr scheint mir weiterhin audi die ebenfalls oben erwähnte viel größere
Allgemeinheit dieses Sätti^mj^snachbildes T)ei den vprschicdenston Intensi-
täten und Adaptationi*hi^a'n zu sprechen. Auch hier dürfte aber dann wie-
derum vorläufig sowohl die Beimischaugs- als auch die Erregbarkeitshypothese
dorvshftkrbar sein. Die Enegbarkeitshypothese wXre aber auch für dieses
Sättigangsnadibild keineswegs etwa nur mit tiner rolchen Komponenten-
theotie in Einkhm^' zu bringen, weKlie wie die Diüifarbentheorie , die ja
von V. Kries {jerade flir den seiner Meinung? nach hier allein in Betracht
kommenden Za|it'enapparat noch festgehalten wird, das Charakteristische
des Weibprozesses durch das aktuelle Zusammenwirken sämtlicher Farben-
erregungen entstehen lassen. Van kann anek hier, was ja auch v. Kries
keineswegs in Abrede gestellt hat, den Gmndgedsnken der antagoni-
stischen Theorien festhalten, und gerade deshalb erseheint mir diese ganze
Erklärungswelse anch mit den allgemeinen Erfahrnngcn der Optik in Über-
einstimmung bleiben zu können. Der WeiUprozeß ist hiernach wiederum
dem ganzen antagonistischen Kompensationsprozeß einfach koordiniert und
konnte vlelleleht auch ganz ohne diese ehromatlsehen Vorgänge an stände
konmen. Bei der Einwirkung des Oemisehes der KonplMnenttr&rben wür-
den aber beim Fsrbentaehtigen doeb anek sngieieh wenigstens bis an
einem gewissen Orade aktuelle ZcrsetznnpsprozesBe innerhalb des
allgemeinen Farbenäubstrates trotz der antagonistiscben Anregungen statt-
finden, welch letztere nur eben unmüglicb machen, daß irgend eines der-
jenigen Zersetzungsprodnkte in stände kommt, die bei nieht nntsgoniBtisch
kompensierter Einwirkung sieh abspalten nad weiterhin dem eharskteri>
•tiaehen Empfindungsprozeß der Farbe ausanlOsen im stände sind. Diese
völlig zersetzten Produkte brauchen also keineswegs einen integrierenden Be-
standteil des Jleüigkeit8i)ro/,e88es zu bilden. » twa als Vermittelung des Weiß-
prozeases, sondern brauchen büchstens noch für die Kegeneratiunsprozesse Be-
dentnng zu besitzen, nnd anßwtai maß ihr Wert doeb wiedemm eineUm-
stimmnng des Substrates bewirken können. Fflr diesen Enderfolg branehen
sie insbesondere in ihrem Umfange keineswegs den einzelnen Erregungen
der unkompensiert sich auswirkenden Farbenreize gleich zu sein, da ja die
gleichzeitige Wirkung des antagonistischen Reizes doch ganz neue Angritts-
bedingungen gegenüber dem allgemeinen Farbensubstrate setzt. Man darf
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68
Befeiste.
alBO nor nicht den einen antsgoni^H^r-hen Rpiz imm<>r ^neleifh f'mc Störung
der tresamten Errej^barkeit de» (Jegenfarbenpaares iiurrh A ■*siuiilation vor-
tioden lasaen, Bondern maü, wie dies gerade wieder aach in der Wnndt-
sdiaii ThMrie aafnoiniii«!! wf rd, beld« Utlta» eine nur MnsiehtltiA der mo-
tnleren IMeawlikniig kompensierte Zenettnng dee elnheltlielien Snbelntei
anregen lageen. Über die Frage, wie viel bei glelelnelttger antagonistiscber
Reizung tatsUeblich lersetr.t wir»! krönte inHbooondnrp dsn relative Orößea-
TerhHltnis des SlittigTinf^nachbilileB znm Farbennuchbilde entacheiden. welches
nach V. Kries bei üO Sek. langer Fixation allerdings mit dem nämlichen
Zvnti m Firbe nnsgeglioben werden mnß, der nnßerdem en Weiß erfinden
Itek iit Nnn wire edion hier bei voller OrOßen-Oberelnatlmmttng mit dem
Farbennachbilde ein relativ größeres SättignngsnachbUd zn erwarten [vgl
8. 49'. Andererseits scheint die KrTnödTinf: dea FarbengubBtrates doch aneh
relativ viel schneller fortaus»cbrt iten , daß nach so langer Fixationsreit
bei gleicher >£nnüdang< de« Farbcusub^irateB wie bei hinwirkuug honio*
gener Firben eine nm eo itlrkere Wfrknng anf die Sittigang vorbnnden
eein mttfite. Kaeb ktliMfen Fizationsaelten von ea. 10 Sek. aber, in denen
es iieb mit dem Mar besehen Apparat, wenn man es einmal weiß, zwar
schon ganz sicher feststellen läßt, scheint es hinter dem hier schon sehr
starken Helligkeitsnachbilde sogar sehr zurückzutreten, wenngleich ich eine
Biobere Entscheidong erst nach genaueren Messangen t.illön will. Anch
daa VerUatnla der eluelnen Farben in dieeem SSttigungenaehbilde wfrd
aebr Intereeeeat sein. Naeh alledem soheiaen naeb einem aoleben Ver-
suche die regulären Beziehungen swisebea Beiz und Substrat zusammen mit
dem Pfpsetz der Erregbarkrit vpr-indernnpen znr Erklärung dieses v. Kri es-
schen negativen Säirif^un^'snachbildea ausreichend, ohne daß wir
SU anderen, irgendwie durch die organischen Zusammenhänge vermittelten
Weebselwiiknngen awitcben Heilig keits- nnd Fwbeasnbatrat nnaere Zninebt
in nebmen brancbten. HOglieh ist natllilieb diese letrtere Vermitteluig
Immerbin. Garn beeonders aber dürfte wohl femer gerade bei dteeer Blen-
dnngswirknng anf dan Farbensystem die Wechselwirkung der ben-tebbrirten
Sehfeldstellen in Frage kommen, so daH eine i^leiche RelUgkeit innerhalb
des ganzen Sehfeldes nicht die nämliche absolute hattigungsTermindernng su
bewirken branebte. Obne ioklie Weebselwlrknng wird freflieh aneb bier
•dion die danUere Haebbinehaft von der gteiebartigen Slttlgnagavermin-
derung anf Grund der »Ermttdnng« durch eine dem ganzen Versuch vorber-
gehende hfihere Gej!nmtVtell?^keit ?i<-h er!mlen und dies wird natürlich ebenso
wie bei allen Helligkeiten i hlul lerii. eine entsprechende Beteiligung dieser
nrspriingUch schwarzen und d&an gesättigter erscheinenden bteile an der ge-
samten Dilbreni der benaebbarten StdleB betbeifllbren. Will man aber
nnn wirklieh In dieser Welse anf seknndlre Stothreehsel-Bealebnngmi der
Weißerregung anf daa Farbensubstrat im ganzen verzichten nnd doob die
Krrpo^b5irk<M't?hTTiot}ie?e anrh f^lr das S'itTi*roTipennclilMld dnrehfilhren . so
braucht eine antagonistische Farbentheorie im Gegensätze zur Dreifarben-
theorie wiedemm zugleich auch jene oben erwähnten hypothetischen Neben-
▼alennn aller ntftrbigen Belimomeate (8. fi3, rgl FhiL Stad. Bd.XVIII, a6ll ft)
die dann genuie in der dnvsb den »Penistenmais« geforderten Qnaatitit aneb
hier eine wlderapmchslose Erklärung bieten, wonach jedes urfarbige ReiattO>
ment je die H-üfte seiner Qnantit-if in den beiden benachbarten »Urfarben« an-
regt Nach allen sonstigen Erfahrui^en ist nämlich zn erwarten, daß das
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Befente.
69
so entstandene Sättfgnngenachbüd nntersohiedBloB für Hsmt-
liche reagierende Farbe ntüne zutrifft, gleichgültig wie das
ermüdende neben Schwarz fixierte Weiü gemischt ist. Daß ein
reagi«ftii4et Bot oder dn Ortto aaeh Flzatioii ainet aaa Blas aad Galb
f^emiechten Weiß aboiio la eainer SSttignag herabgMotet «neheial, wie
nach Fixation eines ans Rot nnd Grün oder eines ans allen Komplementiür-
farben gemischten Weiß, ist bHi der Abb-ittiTig an? einem toilweieen Ver-
branohe des FarbensabBtrates aucii bei gleichzeitiger aotagouiBtiacher Hei-
zung nur dann erklärlich, wenn wirklich von jedem weiß aosBehenden
Emttdungsgemiaehe alle unter aioh paarweise kmnplementXren Farbempro-
seese in gleichem Grade «ageregt werdea, aad dlee wiie aaeh naaerer
Hypothese Uber die beiden benachbarten Nebenvalensen von je der Hälfte
der ITauptralenz >pr1 S. r>8 fiir jede beliebige ZnsamnienBetanng des Weiß
tatsächlieh der Fall, bieäe ganze Erklär nng scblüBBe aber zugleich Konse-
quenzen in sich , welche auch beim reinen oder mit einem Helligkeitsnach-
bild ▼erboadeaea Farbe aaaebbUd daaebea sar Oeltnng koauaea aad
eine empiriBelie Naehprttfiiag aalaaaea mflesea, wibrend bei der Kriee-
schen Erklärung gerade beim reinen Farbennaehbild Bolche Nebenwirkungen
auBge schlössen sein, be7.vv j^nn^ imders beschaffen sein müßten Da die
hypoihetischen Nebenvalenzen der eiLzeloen Farbenreize trotz ihrer ünsicht-
barkeit wegen der aatagonistisciieu Kompensation, welche die aktuelle i; ar-
beaenpfiadang voa ihaea la Maer Welse beeialassea lifit, wkkll^ eiae
teilweise Zersetraag des ibaea lageordaetea Gegen&rbeapaaree eialeiten
mußten, so sollte z. B. die Fixation eines homogenen Bot reagierendes Blan
und Gelb an seiner Stelle in der Sfittignng ebenfalls etwas berabgesetzt
erscheinen lassen, was wiederum in der Unmöglichkeit einer vollständigen
Ausgleichung der subjektiven Ditfereozen auf Gelb oder Blau durch bloße
Zarttekbebeltaag Toa Bot aar Geltaag kosuaea mUßle. TateSehlieh kabe
idi aaeh bei derartigen EinsteUnagea wealgsteas aaeh Flxatioa ▼ob hoaio>
genen Farben nebea Sebwarz manchmal nach richtiger Ausgleichung der
komplementären, bier also griinlich'-n FiirbnTitr iiocb kleine Differenzen wahr-
gen«iuimeu, welche nicht nur auf «lie Uelligkeitediftcrenzen zur Ihk zu führen
seia konnten, die schon nach üeu Mhereu Ausführungen unter solchen
Eatstebaagsbedingungen bei der Avsgleiebaag des Farbeaaaehblldee yqt-
baadea seia k9aaea, soadera aom Teil andi aaf SSttigungsdififerenMa la
dem bler erwarteten Sinne. Eine sichere Beantwortung der Frage künnte
natHrlicb anch hier erst bei liiTureren Fixationszeiten sieh ergeben, wo diese
■NfbentTBcfioinungen äberbanpi er^i: ;iuffiilliger werden kuauen. Jedenfalls
mublti dua (regenteil des von der Dreifarbeutheorie für diesen Fall gefor-
dertea SHttigunganaebbUdei yofbaadea seia (vgl. Fhll. Stad. XYIII, S. 617,
Aam. 2), welebe aaeh Flxatioa eiaer Farbe aeben Graa für die bei der Er-
müdung niobt betelllgtea Beaktionsfarben sogar eine relative Steigerung
der Siittitning an der vorher von der Krraiidiiiifrst'nrbe getroffenen Stelle er-
warten ließe. Dabei trennen ^Ich auch hier die Kuiiöoqnonzen iraiiier deut-
licher von denen aus der Annahme einer Vermittelung des äättigungsnach-
blldee eelteas des Welfiprosesaee. Aaeb hierüber kttaate aatlirlleb erat aai
Graad weiterer, epeslell aaf das SSttignagaaaehblld gerichteter Beobaeh«
tnngen bei Farbennachblldera entschieden werden. Ebenso wie bei den
FarbennafbhilderTi wäre aber nun auch für das Sättigungsnachbild wenigstens
ia dem bisher sicher beobachteten Umfange nach Fixation yon Weiß neben
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Befortte.
Schwarz die Bcimi^chungehypotheee zn xertret^^n 7n »l- r i i nrhoT} tWo An-
uabme einer das j^esamte FarbensTstem angreilenden organischen Kinwir-
kang des gleichzeitigen allein aktuellen Weißprozesses eine Überleitung
bildet Bei der nuumigfaltigen YwietioiurfkbiglEeit dteeer ttbefhm&pt n
irregulMreren Hittola bereobtlgten Beimtecfann^ypothflefl bniiciie ieh hier
gewiß nicht weiter auf die entsprechenden Konsequenzen der v. Kriesschen
Entderknn-j' oinsngehen. Die große I^f^pelieidenlu'it, nn't der diosor Forscher
seine theurttisehcn überloynnfjeu bescliliübt, charakterisiert in trefflicher Weise
die allgemeiue Situation und zugleich die Prinzipien, von deren Befolgung man
iieh für die Zukunft allein Fortichrltle fttr die psychophysiologische Optik
▼erepreelieii kenn. Eine mOgllehst ■yetematliebe Berel ehernncf
unseres Beobnebinngsmateriales, wenn irgendwie angängig,
mit exakten quantitativen Bestimmungen, und daneben vor*
läufig noch eine uiügliehst proße Freiheit und Vorsicht in den
theoretischen Hypotheseu über die KmptiuduugssubBtrate
und ihre gegeneeitlgen Besiebnngen. Daa lit aber vor allem anch
der meäüodndie Standimnkt von Wandt Aneb In der neuen Anflage aeiner
pbjaiologischen Psychologie blieb der Qnmdsatz, daß die systematiaebe Dar-
le^ng des Beobachtun^matcrialee von der H<"hand1nn^ der Hypothesen
durchgänicig getrennt ist, wie cb sonst noch meuiand dnrchziiiiifiren ver-
suchte. In dem zweiten Bande ist vor allem auch die Optik durch Au&ahme
der nenen, teilweise erat nodi meinem nXobaten BefiMste Toxbebalteaen
Arbeiten eiginat ond erweitert worden.
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Referate
Fortsehritte aaf dem (Tebiet der YOlkerpsycholugie, kaltur-
nnd Oesellschaftslelire.
LitexAtarberioht Uber das Jahr 1902.
Ton Dr. A. Vierkandt
Die Abgrenzung bei der Literatoraoswahl ist bei einem Grenzgebiet wie
dem hier m iMtaandeliideii iiatiitgeiiill0 mit Scbwierigkeiton TerknApft. Eine
feato Pftxte wird «icb bier erat allmählich heraasbilden können. Pflr dieaen
ersten etwas nachträglichen Bericht ist nnr eine kleine Anzahl von Bttchem
und Abhandlungen heraiiirf'70"-pn wordon, während andrerseits Btellenweise
Uber das Jahr 1902 ziirllckgefi;riffeu ist, um tiei diesem ersten Überblick nicht
zu sehr durch äußerliche Schranken eingeengt zu sein.
Uiuer Gransgabiet wlid bekaantlieh tob awel Seites hm angebaut: einer>
■eita auf vorwiegend dednktiyem Wege von der Seite der psydiologiMhan
Theorie her, andrerseits von der Praxis der kultnrgeschichtlichen und ethno-
graphischen Forsichnnp: aus. Juprendliche !^nfprtifrkeit kennzeichnet beide
Arten von Arbeiten. Während aber die trucere direkt auf da« Ziel einer
Theorie losgeht, beschäftigt sich die andere mit theoretischen Fragen mehr
nebenbei, oft nur in der Fonn halb oder ganz onbewnßter YoiaaBaetenngen.
Um w erfrenlleber iat ea, anch bei der modernen Literatur der leteteten
Biehtong demjenigen Znge zu begegnen, der Überhaupt fUr die Geistes-
wissens'chnften in der Gegenwart charakteristisch ist: dem Zn<re zur psjcho-
lopsdn u Vertiefnnij:, zur psyeholopischen Fundierunff der objektiven Er-
scheinungüu der Kultur uud Gesellschaft. Man spürt diesen Zug sofort,
wenn man Ilten Dantellangen wie die von Klemm, Walta*GerUnd,
Tylor, Peaebel mit modernen von verwandtem Inhalt vergieiebt
F8r nnseren Zweck nennen wir von diesen:
Leo Frobenius, Aus den Flege^ahren der Mcuschheit. Bilder des Lebens,
Tretbeaa nnd Denkern der Wilden. Hiimover, Verlag von Oebifldef
Jineoice. 1901. 416 S.
, Die reifere Menschheit. Bilder dea Lebens, Treibens und Denkena
der Halbkulturvtttker. Hannover, Verlag von Qebrttder Jineeke.
1902. m s.
Gaatav Schmoiler, Gruudnb der ungemeinen Volkswirtschaftslehre. Erster
grOGerer Teil (BegrifD- Psjchologiaehe nnd aittUche Gmndlage.
Utentar nnd Xetliode. Land, Lente md Teebnik. Die geaeO*
■ehaftliche Verfassung der Volkswirtschaft. Erste bus dritte Auf-
lage. Leipzig, Veriag von Dnncker nnd finmblot 1900. 482 8.
AzehiT Ar Pvekolofi*. I. Lit«ntar. 6
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62
Biforftto.
Heinrich Schortz, Urgeschichte der Kultur. Leipzig and Wien, Biblio«
gntphiscbes Inf ütat IdOO. 658 S.
B. Garowitieli, Die Eatiricldiug diu meutchliehea Bedttribiiw mid dk
•oiiale Olifldenuf der GeMDsoliaft StMte- und M»ia]iHMeiiielui{t>
liehe Forschungea. Hermcgegeben von GosUv Schmollcr Bd. XDL
Heft 4. Verlag von Duraker und Hamblot 1901. 129 &
Schmollers Werk namhaft zu machen, gibt uns sowohl seine allgemeine
Richtung wie ein fpesleUer Abechnitt aetnee lahaltee AalaB. Um die Eigen-
art der etiteree wa ettomeii md m wfirdjgea, braoebt man nielit National*
Itkenom in aein. Von dem engen Zusammenhang dtt wirtschaftlichen Bl^
schoinnngen mit der Qp*<aFnthcit des goßeltgchaft! ich -cpschichf liehen Lebens
ist Schmoller so selir Überzeugt, «laß er es für der erstereu Verständnis für
nötig hält, vorher Ton einer Anzahl wichtiger KnltorgUter wie Sitte, Becht,
Horal, Familienleben, Stidteweeen, soilaler OUedemng n. L Weaen, £nt-
wifiUnng und beatigen Stand mebr oder weniger anafllhilieb an erOrtan.
Daa virtaohaftliehe Leben wurzelt eben nicht in einer spezifischen, fiberall
{bleichen wirtschaftlicbPTi \atiir des Mrn?rhpn . f ondrrn hängt von eeinor
jcesainten geif^ti^rpri V*'rti.'«suü)< ab, die für den Einzelnen wieder durch das
Milieu aufs stärkste becintiußt wird. Ähnlich leitet SchmoUer alle knlturellen
Erscheinungen schließiicb aus psychischen Ursachen, aber ateCa anter Berück-
aicbtigung der gesamten Yerhiltoiaae ab. Speaiell kommt Ar den Ethaker
und Sociologen der Abschnitt Uber Iforal Sit ie und Recht (in der »Einleitung«)
in Betracht. Schmoller sucht hier in großen rnirissen die Ursachen für die Ent-
wirklnnif df's sittlichen Lebens aufzudecken. Er betont den Einfluß der als
Zusciiauer urteilenden Gruppe auf Denk- und Uaadluugsweise des Einzelnen,
weist auf die Bedeutung der objektiven Faktoren in Gestalt von Sitte, Kecht,
moraliaehen Maximen and rellgioaem Geboten hin nnd erüntert an einigen
BeiqiieleB ana der neueren Zeit die Herausbildung neuer sittlicher Anschauun-
gen nnd entsprechender Hechtenormen. Auch die Würdignng des Kampfes
als eines wesentlichen Bestaudteilei» alles menschlichen Zusauimenseins i^t
beachtenswert Gerade weil Schmollers Darstellungsweise durchaus konkret
nnd historisch ist, kann der Theoretiker doppelt von ihm lernen.
Das Baeh von He in rieh Seharta, daa in popolirerFom einen Über-
blick tfber den Kultnrschatz der tiefer stehenden Völker gibt, gttt ebenfidla
durchweg auf die psychischen Gnindlagen ein. So fragt es nach den inneren
Unterschieden von Natur- und Kulturvölkern und nach den Ursachen wirt-
schaftlicher Fortschritte wie nach den Wurzeln von Sitte, Kecht. Kunst,
Mythus, Religion und Sprache. Seinen Ausführungen darüber wird man in
der Hanptsaebe ttbeiall anstimmen mllaaen nnd nor bedanem, da0 sie en^
sprechend dem populären Zwecke des Baches sich oft mehr in Andentnngen
als Durchführungen bewegen. Zutreffend ist insbesondere seine Grand-
anschaunng von dem niedrigen Niveau des menschlichen Geistes, in den ni»n
nicht zu viel hineinlegen darf und dessen Leistungen man ans möglichst
trivialen Gründen erklären muß. So wird die Wurael der Sprache in einem
aweekloeen »GeseUschaft^^aseh« gesnoht, die primitive Knnst in FnnDele
gesetzt zum Spiel, der Urapmng d^ RechtM in der Baehe als in dner bloßen
aweeklosen Reaktion gefunden. Ähnlich werden wirtschaftliche Fortsoiaitle
auf Regungen der Eitelkeit, auf die Freude am auszeichnenden B^^sit?.. sowie
anf kultUche Zwecke zurUckgetUhrt; bei den Mythen wird die Bedeutung nahe-
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Referate.
63
liflgender Asaloi^eii ana dem täglichen Leben betont ; und hinsichtlieh der
uns oft 80 sinnlos erscheinenden zauberhaften Riten der Naturvölker meint
Schnrtz «rewiß mit Recht, man miiSBe in ihnen zunächst blinde, planlose
Keaktionen auf erregende änßere Eindrücke erblicken hervorgegrangen
aas dem bekannten Verlangen, ea mttsBe etwas geschehen, und doch für das
piimitiTe BewvOtieia «ia UnNieheadM BerahigiingsiiiittaL Wie duanf daß
dflr bliiida Trieb allmählich znm planvollen Handeln wird und das gansd Leben
stufenweise von der Intelligenz durchleuchtet wird, die ganze Entwicklung
der menschlichen Kultur beruht, diesen Gedanken kann man wohl als den
roten Faden des ganzyu Werkes bezeichnen. — Ein einzelnes Problem be-
handelt in scharfsinniger Weise das kleine Buch von Gurewitsch. Diejenige
Encbeimuig, die Wundt ale TeneUebmiff der HotiTe b«micluet hat, eielie
ee heran , um dee wirtachaftliehen Fortodiritt begreiflich zu machen. Wirt-
schaftliche Neuerungen wie Ursprung der Bodenbestellung, der Viehzucht,
der Kleidung, der Obstkultur usw. knnnon nicht der Kinnicht in ihrem Nutzen
entspringen, weil dieser erst aus der Betiitigung selbst erkannt werden kauu,
und weil die menschliche Indolenz zumal auf tieferen Stufen der Nutzbar-
aaehmig einer Mldieii Eingeht aieh meistene Undemd in den Weg etellen
würde. Es entspringen aotehe Neuerungen daher nicht sachHcliep, aondem
•oiialen Motiven, Regungen der iätelkeit, dem Streben nach auszeichnendem
Besitze sowie zum Teil religiösen Antrieben. Der Mechanismus, durch den
man die Erscheinungen der Mode seit langer Zeit erklärt, wird hier auf das
wirtschaftliche Gebiet Ubertragen. Die Gerechtigkeit erfordert übrigens die
Bemerkung, daß dieser ganse Gedanltengang aebon vor fahren ftr das
delle Problem der Entstehnng dwViehinebt von Eduard Hahn entwickelt
ist*), den Garewitsch auch nicht unerwähnt läßt. Des letzteren Arbeit,
P'mo volkswirtschaftliche Studie, die vorzüglich historisches Material benutzt,
zfcugi jedenfalls in erfreulicher Weise von der Einsicht in das niedrige Niveau
der menschlichen Natur, in ihren Mangel an Spontaneität aul theoretischem
und praktisehem Gebiet^.
Lassen die eben besproebenen drst Werke sich für nnsersn Znssmmen-
bang dem Begriff einer allgemeinen Knltorlehre subsumieren , so kOnnen wir
die beiden Bücher von Leo Frobenin? nh Beiträge zu einer p8ychi«rhen
Ethnolnirie Ijcz* ichnen. Sie wollen, wie schon der Titel andeutet, gf'^«. iBse
JaLultortypeu ;odcr größere Gruppen von solchen) charakterisieren; und zwar
gesebielit das nidit auf dem Wege slner direkten Beschreibung ihrer psychi-
eehen Eigenart, aondem ▼ermittels einer Charakteristik gewissw Knttügtttert
als welche Schmuck, Wirtschaft, Kultus, Mythologie und besonders das Ver-
hältnis 7nr 'T icru-f^lt bf^nutzt werden. Auf allgemeine Formeln hat der Ver
faascr Beine Krgttbuiaöe uiclit gebracht, abgesehen etwa von dem letztgenanuten
Gegenstande. Aber seine Analysen sind, obwohl die Bücher durchaus nur
nUiaeahalt gebsltsn sind, fsinftldig und aengen Ton einem inneren Einleben
und NaehftUen, einer inneten Hingsbe an die Geisteswelt dieser Ifensehen.
Für seine Anfikssong beseichnend sind zwei in dem einen Vorwort mitgeteilte
Sprfiche, deren Inhalt, wie er selbst sagt, sich wie eine Art roter Faden durch
1) Eduard Hahn, Die Haustiere und ihre Beziehungen zur Wirtschaft
dee Menschen. Leipzig, Doneker and Hnmblot. 1806.
2) Ansflihrlieher hat der Beferent das Thann des Baches erOitert in der
»Zeitsehiift fttr Soiialwissensehaft« YI, 161—174.
6*
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«4
das Ganxe hindurchzieht: »Lerne andre würdigen, dann wirst du dich selbst
sa würdigen lernen«. Und: »ISieh nach den Schwächen andrer, dann wir»;
dm lit Mlbft vfmeldeii«.
Ein wMflndifllMr Geriehtopniikt i&r dM Yentlndiiii der Eneheianag«!
der Kultar ist jedoch in den genannten Wttkea durchweg unbeachtet geblieben :
die Tatsache der Wechselwirkungen zwischen den Individuen einer
Gruppe. Für Hecht, Sitte. Moral und Reliffion würde er wohl besonders nahe
liegen j für die Religion besonders bei den Licstasen der Priester, deren Inhalt
einendto duieh die aUgeraeinen Obeneugungen der Gruppe beatinunt wird,
aadreneiti auf aie eriudtend ond kiÜUgend nuQck wukt Eine Ananaline
▼OB dieier Unterlassung macht nur das Buch Schmoücrs in der oben an-
gedeateten Weisf snwie die Arbeit von Curewitsch. Von ihnen abgesehen
kuan man din ül rigen Bücher daher nicht als so ciol optisch gehalten be-
zeichnen. Wir haben jedoch unter der Kubrik der ISociologie hier einige
andere Aibeltaft ansofllbren, und swar eine syttematische und drei etbno-
logiaehe und hietotsache, nSiiilieli:
Franklin Ilonry Giddings, Inductive Sociologic. A Syllabus of methods,
iJialyBeB and elaseifieatioiia aad provisionally fonunlated kwa. Htm
Toilc, The Maemaian Company. 1901. 302 p.
Erneat Grawley, The mystic rn^r A study ofprimitiTe maniage. London»
Macmillan and Co. 1902. 492 p.
Heinrich Schurtz. Altersklassen und Milnnerbünde. Eine Darstellung der
Grundformen der Gesellschaft. Berlin, Georg Keimer. 1902. 4ö8S.
Knrt B r e y B i g, loh nnd Welt in der Geeebiehte. Verülfentiieht in Sehmolle»
JahrbUohem, Bd. 96^ S. 1961—1438.
Das eynianiathwhe Werit von Giddinge bletrt von diesen am wenigaten
origineBe Oedanken. Sein Inhalt wird dnreh den erlüntemden Znaatz anf
dem Titelblatt einigermaßen angedeutet Klassifikationen, Snbanmtionen,
Schemata und »vorl;iufig:ot Gesetze spielen in tlcr Tat eine Hauptrolle in
ihm. Von dem Prozess der Weckseiwirkung ist so gut wie gar nicht
die Bede, selbst nicht bei Gelegenheit der Nachahmung und Suggestion.
Dagegen bedeutet das Buch von Schnrta ^ einen genialen Treffer, tla. Stoff,
der in den Beiaebeadireibnngen eehon hnndert&eh behandelt, in den Ond-
bttchem mit wenigen geringfligigen Ausnahmen bis jetrt ignoriert ist, ist hier
mit glücklichem Oriff orfaßt, systeniatiacli verarbeitet und einigen wichticjcn
Gesichtspunkten untergeonlnet worden. Die Neigung der Männer zum kamerad-
schat'tlicheu ZusammenscLlulS wird liier in ihrer sociologischen Bedeutung
gewürdigt Derartige Vereinigungen, beaonderB der unveilieurateton Männer,
finden wir in breiter Anedehnnng bei den MatnrvOlkem nnd ttber ate hfnaaa.
8ie erMheinen wenigstena bei den ersteren — und anf dieae beschränkt sich
Schurtz — als Hauptträger der öffentlichen Interessen: des Kultus, der
politischen Angelegenheiten und des Krieges. Auch der Erholung ir«^W:ihreu
sie meist einen breiten liaum und ziehen dabei nicht selten alle Männer oder
den gesamten Stamm in ihren Kreis. Dabei macht sich ein doppelter Anta>
goniamna bemerUleh. Erstens sind solehe Organisationen mit wenigen nn>
bedentenden Ansnahmen anf die Hlnner beechrSnkt nnd bleiben den Franen
1 Leider sein letztes! Ein vorzeitiger Tod hat ihn dor Wissensohnft ent-
rissen, eben nachdem dieses Werk neue große Hoffnungen erweckt hatte.
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Referate.
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fremd, die statt desaen melir in der Familie aufgehen. Wie weit die letzteren
allerdings wohl oh in H -Jtp Organisarinn sich zur Arbeit und Erholung: bei
den Naturv^nkem vert inigeu, ist freilich noch nicht untersucht. Zweitens
Steht das Klubleben in Gegensatz zum Familienleben: der Bund sucht der
Fftnilfo die MHimer so entsiehen und nmgelcelirt. Daher aueh die Umdie
ftr Entsteliaiig imd Entwiekhnijr des Stanunes und Staates nicht nn FanuHen-
leben und Familientrieb gesucht werden kann. Das Schema: Geschlechtstrieb
— Familientriob — allgemeiner GesellHchafPstrie^ erweist pirh rxls t !ii n^o
gedankenlos wie manches andere. Stürame unii St iati n - utMLehea vorzugs-
weise durch kriegerische Unternehmungen der Bünde, und auch wo sie auf
die Kraft der Sippe eich attttaeii, beruht deieii Zugamweithalt doch wieder
▼onUgllch auf dem hameradachalUioheii Geiat ihrer Mianer. Ee handelt aleh
hier, meint Schurtz ^'owiß mit Recht, um eine grandlegende Verschiedenheit
der beiden Goschlechter: dnr Korpsgeist ist in dem einen stark, hn anderen
schwach entwickelt. Zueinander aber stehen beide Geschlechter nicht nur
im Vürhältnis der Verschiedenheit, sondern auch des Gegensatzes, der Fremd-
heit, ja fiwt d«r Meidimif. Du» Natmen abid la ungleich, ab da8 sie aidt
wirklich verrtehen nnd anders als nnter der Wncht der Leidenschaft oder
dem Druck der Verhältnisse zueinander hingezogen fühlen kannten* Dieser
letzte Oedanke, den Schurtz mehr beiläufig ausspricht, bildet einen we»ent-
lichen Bestandteil in dem Buche Crawl eys, um dessenwillen vorzüglich
wir es hier anführen. Der Autor will das alte Kätael des Ursprunges der
Ehe nnd FamiHe und des Grandes ihrer mannigfachen Formen IQsen. Er
folgt einer heute Terbreiteten StrOnran^, die gewiss mehr als eine Modesadw
Ist, indem er die Religion zur Hilfe nimmt. Beide Geschlechter seien von
Haus aus tnr < iniinder tabu, d. h. ihre Berührung verboten. Nnr bei beson-
deren Eatäiihnnn^smaßregeln dUrfe dieses Tabn umgangen werden, uud solche
BoUen eben die Zeremonien der Eheschließung bedeuten. Die Argumente,
4ß» Crawlej ftr diese kühne Hypothese beibringt, zeugen wieder einmal
Ton der anßerord«itiichen Bedentang und Bealifit, die auf tieferen Stufen
so hlBÜg der Geisterwelt zokon^mt Auch diesem Bnch ist }edenfirils der
Zag 7Tir |i?vrholof^i8chen Vertiofnnf^ elften.
Kurt iireysiga Anfsatz behandelt daf? frnindlegeude sociologische Ver-
hältnis, dasjenige des Einzelnen zur Gruppe. Es bildet eine Art Auszug aus
seiner »Knlturgeschichte dwKeaaelt«, indem es dto Anwmtdung seines soeio-
logisehen Grundgedankens auf den gwamten historischen StolT in KUne
vorführt. In systematischer Form hat der Verfasser diesen Grundgedanken
bereit8 in dem einleitendem Rande seiner Kulturgeschichte entwickelt' Oer
3Ien8ch steht zu seiner Umgebung entweder im Verhältnis der Hingabe oder
der Selbstbehauptung; er ist erfüllt entweder von Gemeinschaftsdrang oder
von Persünüchkeitsdrang. Dieselben Begriffe kann man auch anwenden, da
wo es sieh nicht um eine lebendige, menschliche Umgebung, sondern um
das Verhältnis an Konst und Wissenschaft und um dasjenige zur Gottheit
handelt. Realismus und Idealismus, be.'*chrclbendc Wissenschaft und Be}?ritTs-
wissenscbaft entsprechen bei den beiden erstgenannten Kulturgütern beiden
1) Kurt Breysig, Knhnrgeschichto der Kenaelt. Erster Baad: Auf-
gaben nnd Hafistitbe einer allgemeinen Gesehichtssohreibnng. (Ziele der For-
schung. Umrisse einer historischen Staats- und OeseUschsfts-i Knnst- und
Wissensehaftslehre.) Berlin, Georg BondL 1900.
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66
Begriffen. Der in Hede Bteheode Aufsatz versucht nim za zeigen, wie iia
geaohichtlicben Leben abwechaelnd der eine und der andere Trieb den Cha-
rakter &» Zeit MImmi, wie bdde im iBMuiigfadwM Hodifikationen imd
Vqraeliilalningett in foi tgeietitein Bhythmoa mitetnander ahwgchjwiiL üttwlo-
Tiel RichtiVkeit, kann natürlich nur der Historiker entscheiden. Pflr die Socio
logie wie fir die Kulturlehrc aber hält der Ref rruf nfimcntlich die sociologische
Anffassnng der kUodtleriBchen und wi^censchattliehen Tätigkeit wie dep reli-
giösen Lebens fUr einen glttcldichen und anregenden Gedanken; and vor-
zflgUdi die AnfftngBBtadiMi dieaer Xidturgttter bfli den ptinitfrä YQIkeni
Bekeinen flun den Vertaer Bedit n geben. —
Yon kleineren. monographischen Arbeiten erwähnen wir mni^t
einen AufsatT von Richard M. Meyer über (Us Wesen (1er Wette''. Ans
den Eigentümlichkeiten, durch die sich diese von anderen Arten von Kämpfen
unterscheidet, leitet er eine Hypothese Uber ihren Ursprung ab: »die Wette,
aebeint mir, ist eine Crfonn dea Kampfes ans einer Zeit, in der noch die
Anaehammg herrschte, daS der Kenseh sich selbst gewissennaßen in nwbiere
Weaen zerspalten kann, und ihre Uranschanung beruht meiner Heinnng nach
darauf, daß nach der primitiven Idee bei der Wette [man denke zur Ver-
anschaulichung an das wesensvervsandte Würfelspiel] nicht eigentlich die
beiden Wettenden, sondern abgelöst von ihnen ihre Geisteskräfte einen Kampf
miteinander eingehen .... Läßt sich diese Hypothese halten, so sehen wir
hinein in <rfne Zeit, in der mytiiologiBebe Anaehaonngen noeb daa geaamte
Leben der Volker dnndidlingen. Der einzelne Menst h fühlt sich als eine
Gesamtheit von Kräften . . . man glaubte zu bestimmten Zwecken über diesen
innewohnenden Diener, den Geist oder die Beurteilongakiaft wie Uber einem
äkhiveu oder Lohnfechter TerfUgen zu kdnnen.«
Femer mOge dem Beferenten erianbt leini liier awei eigne kldne Arbei-
tm an enriifanen*). Se behaadefai ^e Flage: dwdi wdeben paycbiaeben
Mechanismus erhalten sich die einmal bestehenden festen Formen der Kultur im
Bereichf^ von Sprache, Sitte Zeitauschauungen. Berufst^itigkeit, Religion usw.?
£iu Aufsatz von Ludwig Stein erörtert daa Wesen der Autorität.
Stein unterscheidet drei Formen der Autorität, die sich auf die Furcht, den
Glauben, die Einaleht afidtMn; aie bedeuten eine Abstofung sowohl nach deui
Wert wie in entwieUnngageaeUebtUeher Hlnaiehfc AntoritSt flbeibaiiiit iat
unentbehrliche Grundlage jeder Knltur. Ja ihre ersten Spuren reichen ina
Tierreicli liinab. Die Furcht vor sichtbaren Gewalten weicht auf höheren
Stufen derjenigen vor unsichtbaren; diese Form der Autorität dominiert in
weiter Ausdehnung auf mittleren Kulturstufen; selbst bei uns hat erst die große
ftaaaOliaohe Bevolution an ihre Stelle die Autorität aus Einsicht gesetzt —
Ethnographische DarateUnngen dgnen aieh natoigemiß nor in Ananabine-
fMOensnr Anzeige an dieeerStelle. Eine denrUge Ananahme Akren wir Uer aa:
Sebüdemagen der Snaheli von Expeditionen t. Wiaaraanna, Dr. Bnmillera,
Graf OOtzcns und Andrer. Aus dem Munde von SnaheUnegem
gesammelt und übersetzt von Dr. C. Velten. CMttingen, Vandoi-
hoeck und Eaprecht. 190L 306 S.
Ij Archiv für Kulturgeschichte. Bd. L 1903. S. 1—17.
2 Wundts Studien. Bd. 20. S. 407— 4ö6: »Die Gründe für die Erhaltung
der Kultur«. Vierteljahresschrift für wisaenschaftliche Philosophie und Socio-
logie. Bd. 26. S. 20b-220: >Die Selbsterhaltung der religiösen Systeme«.
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B0fiBniit6<
67
Sowie man jetzt anlangt, musikaliache T.eiRtimgen der Naturvölker in den
Phonographen eiazuCangea oder sich Zeichnungen von ihnen inB Notizbach
eintragen za lusen, so sind hier Berichte einzelner Individnen Wiä ihnea
wiedoigQgebeiL Die YarwaadtMliift mit dar Idndlielimi DantonmigtwciM
und der epischen Botenmsnier fällt auf den ersten Blick ins Ange. Die
Schilderung reiht chronikartig alle Einzelheiten aneinander, häufig jedoch
ohne PräziFiion vrnni^Bcn m lassen; sie ist durchaus anschaulich und konkret
und bevorzugt überall die direkte Rede. Auch wo es sich nicht um Ereig-
niflse, sondern um Zustände wie Sitten, Biten usw. handelt, ist die Pant^nag
Utr lud «iaIiMli. Leider orlUureii vir us demYorwort nlelrt, ob die Wieder-
gabe mm Zweeke derHIedenehrllt wirUieli gans mibeeinfliiSt gebHeben ist
Die nenerai Srfabnuigen über die SpraehstSriiBgeB
des Killdesalters.
Beferat Uber di« Jahre ISOB^im
Von Dr. Hermann Gntimann (Berlin).
In einem vorhergegangenen Referate haben wir eine knne Dantellnng
sn geben uns bemüht Uber die EriUimngen, die aleb anf die spracUiehe Eni»
Wicklung der Kinder beziehen, und zwar besonders auf die erste Entwicklung.
Im Anachluß daran sind gerade die aneh physiologifich auftretenden Hem-
mungen der sprachlichen Entwicklung der Kinder in neuerer Zeit wieder
mehrfach Gegenstand der Untersuchung gewesen, du hat auch Meumann
auf dieae pbyaioloi^ehen Hemmangaeraebelnnngen aein Augenmerk gelenltt.
Ontamann bat in der bereita firtiher eltierten Arbeit die geaamten Yor-
lumimenden Hemmungen der Sptaehentwieldang dnantellen versucht So
spricht er zunSchst von Hemmungen der |>er!p)ior-irnpre«siven Wej^e der
Sprache. Handelt cb »ich um ein schwerhöriges oder taulK u Kiud, »u bleibt
zwar die Schreiperiode des Kindea die gleiche, wohl aber macht sieh bereits
bei der sweiten, der liallperlod^ ein deotüeher Unteraebled geltend, da die
Lnat, die daa normale Kind an dem Lallen empfindet, aieh bei dem taaiben
mir anf die Bewegungs- und BerHlimngafefHble beschränkt. Es gibt aller-
dings taubgeborene Kinder, die snt^ar zur dritten Periode der Sprnrhent-
wicklung, bis zum Kat luihmen. gelangen, aber diese i'äUe sind sehr selten und
beschränken sich dann nur auf diejenigen Laute, die auch gut mit dem Auge
erfliOt werden kennen, ao daß Lantfolgen wie Papa, Kama, Ball, wan-wan
trota angeborener abaoloter Taobbeit apontan nnd nacbgeaprocben werden.
£e zeigt sich also, wie hier Ange und GeHlhl kompensatorisch fUr das nicht-
vorhandene Gehör eintreten. Fehlt der zweite periphor-iniprep^ive Weg, das
Auge, so ist ebenfalb die sprachliche Entwicklung etwas gehemmt, wenn
Mich nicht wesentlich, da immerhin das Gehür der hauptsächlichste impressive
Weg der Spradie iat Sind aber beide Spraohbahnen geatOrt, handelt ea rieb
aiao nm tanbatonun^blinde Kinder, ao Iat eine ^»raohliehe EntwieUvng anf
gewöhnlichem Wege jedmifallB von vornherein unmöglich , und es kann nur
zur Lallperiode kommen DnB aber mit dem noch übrigbleibenden Geftihls-
wege selbst unter diesen schwierigen VerhültnisBen noch Sprache vollkommen
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an%ebant werden kanu, ja daß h(>chBte intellektuelle Leistnnjsren verknüpft
worden küonen , beweist die bekünnte Geschichte der taubätunmi - bÜBdeo
Laura Btidgtmtkm ud ia nment Zeit Huer LeidoBagefIfaithi Hallaa
KtlUt* Ein hieriieigdilltiger Fall toü TnüMtnuai-BlindlMit, dar teeh
Biemann veröfliBiitliclift worden itA, wild welter mtea aoeliaMfllliilifliieEr-
wihnimg finden
Weit zahlreicher als die Ilenimuagen der p«;riphef impressiven Wege
siud die Uemmuiigeu der zeatralen Praz.ee6e. Besonders ist die mangelnde
AnlbeiluiiDkeit dae idir weaenfllohe Stitrang, da uaD&Mifcnm^ taklit
ableekbaie Kinder aar eehnrer ni dem aar EatiHeUaag dnidiaaa aol-
wendigen Beobachten nnd Horchen gelangen. Sehr oatllilEcli erscheint
diese Hemmung bei angeborenen intellektuellen Psychosen, 9o bei der
Idiotie, dem Kretinisiuus und bei den zahlreichen Formen der pßycbo-
pathiflchen Minderwertigkeiten. Recht selten kommt es vor, daß das
•eniorieolie spradiaentram irots guten Gehört aieht aur Ent-
wieklaag gelangt Derartige Fllle sind von Sehwendt miigeteUt worden.
Dieselben sind aber außerordentlich selten, wenn man sie vergleicht mit den
zahlreii-hen Füllen, in denen au h dn«' rtkuiti^chp Zentrum der Sprache sehr
gut entwirk'Mt ist. wo C8 aber trotzdem uicbt zur Entwicklung des motorischen
Teiles kommt. Das ist die große Zahl aller der Falle, die wir als Hör-
stummheit, Andi-mntitas, 1>eaeiehnen. Gntamann ist der Meimmg,
da6 in dm meliten dieser Fille psyehisehe HemmvagMi an Qnuide liegen,
da i^elir häufig sich bei genauerem Nachforschen heraoaatellt, daO daa Kind
in frühester Zeit nachzusprechen vcr«ucht. diesen Versuch aber aufgegeben
hat r):iB Kind fllhle offenbar, daß sein Nachsprechen nicht die Vollendun^r
•des Vorbildes erreiche, es stelle sich demnach ein UnlustgefUhl ein, und das
Kind gebe den Yenmiih, nachdem ea Um mehrere Male vergebena wiederiiolt
habe, aaf. Anf demselben Standpunkt scheint aneh Henmann an atehea,
da er mehrere Fälle von Hörstummheit so deutet, daß Gerntttsanomaliett es
sind, die die Kinder am Sprechen verhindern. Daß gemütliche Vertimmungen
beeondeiB dann bei Kindern völlige Sprachlosigkeit hervorrufen können ^venn
das Kind sich eines Sprachfehlers in unangenehmer Weise bewußt wird, da-
lllr flfart Gntamann mehrere FXUe an.
Aach von der Peripherie ans können solohe psydiischen Hemmongen
ansgelOst werden, wie das gar nicht so selten bei angeborenen Ganmen*
spalten der Fall int. Auch ITemmungen von Seiten des Rachens nnd der
oberen Luftwejre sind im stände, die Entwicklung der Sprache bei Kindern
wesentlich zu verzügern, ja auch unmöglich zu machen. Besonders spielen
die adenoiden Vegetationen, die Vergrößerungen der Rachenmandeln, hier
eine gfofie Bolle, nnd yieneicht darf diese Henminng ab eine aaatondseh-
zentrale angesproehen werden, da die Lymphbahnen des Rachens nnd dw
Oehirnbasi.s in engem Zusammenhange miteinander stehen. Schließlich sei
noch erwähnt, daß Qntzmann aneh ein Beispiel dafür anMirt, daß peri-
phere Darmreizc Stummheit hervorrufen können. Ks muß hervor-
gehoben werden, daß er dabei nur die Reihe der in der Literatur diesbezUg-
lieh bereits vorhandenen Mitteilnngen vermehrt, nieht aber etwas nenes ge-
sagt bat
Dagegen ist es doch wohl von Bedeutung, immer wieder hervonnheben.
daß die gleiche!} T'rsachen, die in den eben geschilderten
Fällen Lähmuugserscheinangen, das heißt Sprachlosigkeit
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lieferate.
09
hervorgerafen haben, ancb zu den schwersten spastischen Er-
flchciunngen Veranlapfung g:eben kfinticn. Das bekannte und ancb
von Meuiuann hen-orgehobene Mißverhältnis, da« bei allen Kmdern zwischen
PeneptiouBzeatrum und dem motorischen in der Sprachentwicklong besteht,
inioftfB, als daa entere bei wdtem in seiiier Anabfldmig dem letzteren
▼onneOt, bedeutet an tkth weSum einen Beb» der tutfeer der oben angedeatvten
gemütlichen Verstimmung zur Sprachlosigkeit, in anderen Fällen wieder
' zu spastischen Erscheinnnp-en der Spra<^he. znm Stottern f^ihren kann.
Von wie ungeheurem (iewicht die sthr starke Nachahinuii^öfähigkeit
der Kinder hierbei ist, das ist so allgemein bekannt, daß besondere Bei-
spiele dallir alebt aagefUirt sn werden bnmehen. Weniger bekannt iat da-
gegen eine Biaebeinnng, die Gntsmann ebenMa henroxbebt nnd die er
als eine partielle Hemmung der Spracbe betrachtet, nämlieb frei-
williges FlUstern. Von dieser Erscheinung sind mrlirt^ro Frille von ihm
beobachtet worden. Einer war ganz besonders wichtig und intercßsant,
weil das freiwillige FlUstern sich bis zum Mannesalter erhalten
batte. Ha bändelte aldi nm einen Soldaten «inea der Berilner Garde-
regimenter, der anOer stände war, andere ala flfistemd m spreeben. Aneh
beim Flüstern aber zeigte sich noch ein deutliches Hängenbleiben im Sprechen^
nlun Stottern. Pa der Verdacht der Simulation sehr nahe lag, wurde an die
Schulbehürde geschrieben und dort durch sorgfältige Umfrage festgestellt,
daß der Betreffende von Jugend auf nur flUsternd habe
spreeben kttnnen. Ontamann eiklXrt diese ErMbeinnng so, da0 das
Kind saflOlig anf die Erfthrong geetofien war, daß ea fllistenid obne starkes
Stottern zu sprechen im stände war, eine Tatsaebe, die bei sehr vielen
Stotterern konst.itiert werden kann, und driß es nun diefie F,rf;i1iruog be-
liutzte, um sich tiieüeuder verstHndHch zu machen. Daraus wurde eine Ge-
wohnheit und ein freiwilligea koutiuuierliches Flüstüm trat an Steile der
lauten stottem^n Spraehe. Da infolge der langen Untätigkeit der SÜrnni-
bMnder sieb den^ebe Atrophie dersdben seigte, so trat erst naeb Ulngerer
Übung wieder die laute Sprache bei dem Sljllirigett jungen Hanne ein.
Psychologisch ist dieser Fall insofern interessant, weil er zeigt, daß r ino
zufällige Erfahrung desKi?ides, die ihm den s j) r a c hl i c Ii en \ o r-
gang erleichtert, zu partieller Spracbhemmung führen kann.
Ebenso sind natOrlich anch fehlerbafte spraebliebe Yorbflder
sebwers Spiaebhemmnugen, nnd es naß mit Fe ebner nicht blofi ausiriMa-
gogisoben, sondern auch aus psychologischen Grtinden dagegen protestiert
werden, wenn in einem bekannten Kinderbilderbuch Richard Debmel
Kinderltedcben in der et&muielnden Sprache der Kinder darljietet.
Andere zentrale Hemmungen zeigen sich in der gar nicht so selten zu
beobachtenden Unlust der Kinder an Bewegungen überhaupt nnd
•an der epraebHcben Bewegung im spesiellen. Eine solche Unlust kann nur
mit Benutzung der optischen und taktilen Babnen der Sprache und möglichst
spielend Uberwundon werden; denn jedos S3'stematische Verfahren bereitet
dem Kinde Unlust und verstärkt den Widerwillen gegen die Bewegung, das
Spiel aber bewirkt das Gegenteil und das Kind fängt bei richtigem Ver-
üahren bald an, auf die Bemühungen zu realeren nnd größeres Vergnügen
an sprachlicher Bewegung zu empfinden.
Die dritte Gruppe der Hemmungen würde in den peripher-imprea-
siTon Wegen der Sprache au suchen sein, wobei nur kurz bemerkt werden
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mag, d&O in (ier '/Ain^c- ciue derartige Uemuiung höchst »elten gesucht werdra
duf, wühl aber m den Nasen- und Rachenwegea.
SlBlIIohe hier knn nbipitidierte Hemnwngen der SpfadieatwIeUiiiig
kOraen natorgemifi Ungere Zeit Itlsdoreh beeteke» blatben nnd sind daaii
Sprachfehler, sie kdnnes aber ench ganz kun nnd vorüberg^end auftanchee
nnd lAgen sich dann nnr als Eigentümlichkeiten der Sprachentwicklung,
die wohl bisher noch von keinetQ der Psychologen, die sich mit der sprach-
lichen Entwicklung der Kinder betaüt haben, vermißt worden sind. Schon
Preyer bette in eeinem bdcemteB Weike tob der Seele dee Kindee die
IbnUebkeiteii zwiechen dieeen Enebeiiniiigeii der SpnohentwkUnikg nnd
den SiNAchfehleni der Erwachsenen klar «keaiit und in Parallelismus ge-
setst, und sie drKnjfen «ich dem Beobachter so imwillkürlich anf daß der Ant
natnrgemäG in diesen Erscheinungen den deutlichen Hinweis auf eine reLcl
rechte und zweckentsprechende Prophylaxe gegen die meisten der kmdiichea
Spnehfidder eiblieken wird. In dieeem Sinne eind fle AibeÜen von Oedt*
fring, von Albert Ontsmnnn, von Freniel enob vom p^eholo^Msben
Stwulpankt aus wobl en wlirffigettt da geeignete enIeUidie Maßnahmen
solche Abwcicbnn^n von der normalen Krifwifkluno: wohl re^^htrciti? tq
verhindern im j^rande sind. Ganz besonders darf niemal.-* uuImt acht geia»öca
weiden, daß langer bestehende Sprachhemmungen selbst bei sonst guten An-
le^ die spätere geistige Entwieklnng der Kinder weeentUeb etOien.
Letileree gebt beiondeni bervor nne den Stntietiken, die Uber die
Verbreitung der SprncbitOrnngen unter den Kindern in neuerer Zeit
anf?cnnn!!nen und sorgsamer bearbeitet worden sind. So hat W e s t c r a a rd
genau i r( [Jntersuchungeu über die dänischen Schulkinder angesttUt, ul^-
ges&mt b4 000 Kinder. Unter ihnen fand er den ersclireckenden Prozeut^ati
von 8,2 mit SpmebetOrungen bebnAeter Kinder (2,5 o/o Knaben, 1,9 o/o Hädchenj.
Der kleine Unteredded twiaeben Knnben nnd Mideben, der eldi auf die ge-
samte ZabI der Spn^feider bezieht, ändert rieb eibeblich zu Gunsten der
Mädchen, wenn man die 8panti!»o)icTi Störungen, besondere dns Stottcni, in
Betracht zieht. Auf 16ö stotternde Knaben kamen nur 42 btott« rude Mäd-
chen; es stotterten aho viermal soviel Knaben wie Mädchen, lu früheren
Statiatikett war daa Verbiltnis, allerdings bei einer viel giOfieten AnnU
Ton Kindemt 1 : 3^
Von besonderem pi^cbologischen Literesse wird nun die West er ga ard-
sehe St-Tfi^tik dadurch, daß er »ein An^'cnniprk flnrnnf rrnrirhtet hat, inwieweit
die Kinder infolge ihres S^i r-i« ii i c i ri i us in ihrer intellektuellen
Aasbildung gehindert wurden. £s gibt allerdings eine Menge Kinder,
die trots des SpraohMdeni aebr gnt in der Sehnle Tonrirta koounen. Wenn
man aber die Oeeamtatblen betnchtet nnd die Aneahl der Kinder in einer
Klasse auf ICD vermehrt, so findet man folgende Klassenplätze: für Kinder
mit Stottern Platz 55, fllr Kinder mit Näseln Platz 60, für Kinder mit
Stammeln Platz 07 und tiir Kinder mit Lispeln Platz 61. Es sind dem*
nach sämtliche Kinder im Durchschnitt in der unteren Hälfte der Klasse.
Daß bei aebwaehainnigen Kindern dieZalilen der eprachgeetOxtea
•w«xk bOber aind, neigt aieb anfier ana weiter unten noeh aomlllbrendett
etatistischen Edielningen nnch aus den von Westergaard für die Keller-
schen Abnormen-Anstalten (Schulen und Erziehungsanstalten für prhwaoh-
sinnige Kinder) mitgeteilten Zahlm Ks litten nämlich von den 2oü hrli^h m
nicht weniger als 125, 72 Knai>cu und 58 Mädchen, an öprechleiden, wovon 6
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Bafente.
71
mit 2 Sprachfehlern: ^anz beBonders häufig war unter dieaon
8 c hwach s in n i e u Kindern das Stammeln, das in nicht wenij^er als
106 Fällen aultrat. In aoafülirlicher Weiäe int aut diese Dinge aucii aui-
merknm gonadift wofden in dar OUdnug d«r seliiraolMiiuiigeii Kinder, die
▼om stsÜBtiMhen Bnrean des eidgenfisaieohen DepArtementi des Innem
(Bern 1897) herauBg^ben wurde.
Speziell auf das Stottern beziehen sich die Tlnterstichunpen von Lind-
berg, ebenfalls an dänischen Kindern angestellt, der auch seine Aulinerk-
samkeit auf die Grade des AuffassuugBvcrmügeoB der Btottemden Schul-
kinder geienict hat Die von fiun mitgeteilte, auf die Untenadiung von
211 677 Schulkindern besQ^ohe Tabelle darf, da die Untersaehongen in
Dänemark sieh wegen der Kleinheit des Landes sehr leicht einheitlich ge-
stalten lassen, wohl bovIcI Anspruch auf Berticksiolitigang erheben, daß äe
hier in dem Keferate wiedergaben sein mag.
Die Grado des Auffaaaungsvormögens
Alter
pering
mittel
gut
Summa:
IMe Orade der SprachatSnmg
b£
.5
d
3
' tL
1
6-8
25
26
12
147
122
20
29g
46
19
9-lll
85
73
33
191345
191
43
679
82
27
18->14
53
41
20
114 201
138
42
381
4§
55
Zu.: jl68!l4ü| (>ü 3(>8|()93'4Ö1;1U |l26e||l69|l01
1 I I i
1 I I II
a
11
21
62
73
vi
75
130
87'
t3
S
I .A
217
167
512|291
296 204
I
49
97
82
438
in
TS
^ a
es ;ä
4^ I-,
68992
90062
62663
292jl025
662
228 1915 211 677
i Ii
EndUeii hat Arthur von Sarbö Im Anfinge dee kOnigUeh nngarisdien
Wniiierinin für Koltoe und Unterrieht eine eehr aofgflUtige ond aaeftthriiehe
Statistik der an Sprachstörungen leidenden Seholkinder Ungarns auf Grund
der im Jahre 189*' rinj^elangten Fragebogen ausgearbeitet Die Gesanitzahl
der Schulkinder betrug- 231468, unter denen nicht weniger als 3,6 au
Sprachstörungen iitteu. Auch hier zeigt »ich das Verhältnis zwischen Kna-
ben ond Müdehen so, daß 72,6 Knaben 27,4 X stotternde Uidehen gegen-
Itberatehen. . Aneh A. von Sarbd lenkt die Anfinerkaamk^ anf den eehr
wichtigen Punkt, daß eine große Zahl von den an Sprachstörungen
Leidenden, nämlich 23 Xi in ihrer geistigen Entwicklung lu*
rückgeblieben sind.
Gehen wir nunmehr zur Besprechung derjenigen Arbeiten über, die sich
auf einieine SpraohstOrongai besidien, so muß .von vornherein bemerkt
werden, daß aneh hier nnr diejenigen Arbeiten besondere Erwihnung er-
fahren sollen, die Irgend eine Verwertung für die Psychologie
der Sprache haben können Wir werden unß hier bezüglich der Ein-
teilung dieser Arbeiten an die naturgemäß gegebene Einteilung in peripher»
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72
Referate.
fmproppivp '/f ntralp nnd ppnphor-f^xpro^f'ivp FIprachstöruuffPTi halten nnd 71m
ijchiiib die Ktnht' derjeiijf^tm ArLfiri ii befiprecilcn, die sich spezieller inif (l 'n
Spraclistörungeu bei geistig zuruci^gcbliebeneu uud schwachBiunigen iuuderu
befimen.
Bei der Tenbetnmmheit hat mui in neuerer Zolt aeine Anfioeikaani-
keit besonders aaf die he! von Geburt an taubstummen Kindern noch vor-
handenen Hörreste gelenkt, und ganz l^o^onders die Untersuchungen von
Bezold sind es, die in sehr sorgtliltii^rr ^\ eise diese Ilürrr-ite refistriert
haben. Besold hat die Untersuchuugua mit der von Edeimaua kon*
atnderton kontinoiefliehai Tonreihe aoageftthrt and ünd^ daß von 166 onter-
eaditen HOrarganen nnr 48 total tanl> wann nnd von diesen wiedenm nor
15 IndivMnen von 79 beiderseits Tollatlindig taub. Dagegen zeigte sieh,
daß eine große Anzahl von Taubstummen ein me^ir oder weniger umfau«r-
reiches Stllck der Tonskaln «rut und lange hfJrtc nn l daß die Grenzen, bei
denen die üürbarkeit uulhürte, huuüg recht Bcixarl waren. Sehr ut't tandea
eich aneli partielle Defekte. Manchmal fiel die obere, manchmal die
untere Tragrenie fort, ea bUeben efamelne oder mdirere Lflcken oder »Inaehi«,
wie Bezold sie nennt, übrig, ßezold stellte auch fest, daß die Sprache
auch dnnn rinch v(>rstmiflf>n werden kann, wenn die Töne b* bis g* der Ton-
skala gut gehürt werden, ine Sprache wird desto besser gehört, je länger
die Stimmgabeltone iunerhaib dieses Tonbezirkcs pempiert werden können.
Nach Besolde Meinung soll bei allen dei^enigen Tanbstonmien, welche den
Tonbereich von b^ bis hOten ond die Stimmgabeltane linger als 6 Sekunden
hOren, der Unterricht unter Zuhilfenahme des Gehörs erteilt werden. Etwas
anders sind die Erg**fitii''He von Hartrnann, der feststellte, daß mehr als
die üäH'te sämtlicher laubstummer voll«t:iTi(liir jr^hörlos war iG0,2 ^ , daß
der vierte Teil Sehaligehör Uberhaupt, numiich 24,2 > besaß, daß 11,4 X
Vokide, 4,3 X Worte horten. Auch zeigte sich bei seinen Untetsachungen,
daß die Venchiedenheit des HdrvermOgens bd den Taabgeborenen und
denen mit erworbener Taubheit hauptsäddieh darin bestandt daß bei letz-
teren die Zahl der vollständig Gehöriosen eine weit größere war (nimlich
6Ö,4 alü bei den ersteren (42,2
Während Bezold iu ganz exakter und vorsichtiger Weise bei seinen
Untersnchungen vorging und vor sUen I>ingen ffie Heinnng aneh Tectritt»
daß da, wo kein Gehör vorhanden ist, aneh niemals durch Obnng
Gehör geweckt werden kann, hat Urbantschitsch die Behauptung
aufgestellt , daß durch Bysteniatische Übungen auch das Perzeptionsverrnngen
•fllr Töne geweckt werden kann, die früher nicht gehört wurden. In dem
Sinne der Bezoldschcn Untersuchungen bewegen sich die sehr sorgfältigea
Untersnchungen von Sehwendt sowie die von Passow.
Die Frage, ob durch Übung eine Stelgerung des HOrver-
mögons der TaubstuuMuen herbeigeführt werden kann, hat natür*
lieh auch psychologische Bedeutung, und es ist in dieser Beziehung
ganz besonders lehrreich, auf eine Arbeit näher einzugehen, die von Neuert
in höchst daukensHerter Weise angefertigt worden ist, der versucht hat,
durch genaue Aufzeichnungen Uber HOrfShigkeit nnd Abseh*
fertigkeit einiger Kinder der Taubstummenanstalt in Ger-
lach sheim festzustellen, welchen Wert die HörUbungen Uberhaupt b^tees.
Er benutzte dazu a. dem Kinde bekannte Wörter, b. dem Kinde bekannte
Zusammenseteungen, c. dem Kinde in den Teilen, doch nicht im ganzen
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Beferste.
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Worte bektiTinte ZüsammenBetzungen , d. dem Kinde bekannte ähnlich lau-
tende Würter, e. dem Kinde bis jetzt nicht bekannte Wörter, ferner A. unter
sieb zusammenhängende bekannte Sätze, B. Sätze ohne direkten Zusammen-
hang iund endliob C. leiolile UmgangsformeiL Die Besnlttte in Bezog auf
die Hürfähigkeit wurden an 6 Kindern geprOft, von denen S Wortgehür
1 Vokal- bia Wortgehür hatte nnd 1 ganz taub war. Trotz großer Hür-
Ubungen zeigte sich, daß eine Erweiterang des Tonumfanges oder eine
Perzeption nicht bekannter Würter nicht oder doch nur im bescheidensten
Maße zu konstatieren war. Die Perzeption durch das GehOr bewegte sich
üut nur in den Oiensen de« dem Kinde liekaiinten Spraehstoffee nnd war
um so größer, je Ollef die betreffende Form auf|;etreteu, also je bekannter
öle dem Kinde war nnd je näher die Zeit der Untersuchung den) Zeit-
punkt des Auffrf t( na des betreffenden Wortjfcbilde» im Unterricht oder im
Umgang lag. >So wurden beispielsweise die Worte Kanone, Heuwagen, Küfer
und andere, die zur Zeit der Untersuchungen wiederiiolt im Unterricht vor-
kamen, mdatena recht gntgehOrt, ^riüirend andere Wörter, wie Ufer, Sieb,
Selilllflaellocli, ^ermometer nnd andere, die »chun längere Zeit im Unterricht
nicht mehr aufg:etreten waren , nur in vereinzelten Fällen perzipiert wurden.
Die Vokalfolge dagegen war in den meisten Fällen richtig. Im (Tegensatz dazu
zeigte es sich, daß das Ablesen der Wortbilder be»»er ging und zur sicheren
Auf£si88ung der vorgesprochenen Worte führte. So war das Verhältnis der
HOrfiOiigkeit nur Abeehfeitigkeit dnaelner SStae wie 63 : 88 oder wie 1 : M.
Baß diese Resultate besonders für die praktische Frage des Tanb-
stummennnterrichts Wert haben, ist ja deutlich; inwiefern sie aber auch
psychologisch großcf^ Interess?' bieten, das werden wir sogleich
aus der an den Neuer t sehen Beobachtungen geübten Kritik sehen. In einer
zweiten Arbeit hat Heuert versucht, die Ergebnisse des Abhürens, des Ab-
aeheni nnd gleiehseitig des AbhOrens nnd Abaehens in sehr mOhsamen nnd
nngeheare Zeit erfordernden Einxelbeobachtiingen znsammensiwtellen, wobei
er sich besonders Mühe gab, eine Beeinflussung der Resultate durch
Erinnnern möglichst als ausgeschlossen erscheinen zu lassen. Der
Sprachstoft" bestand aus dem Kinde a. bekannten Wörtern fmit Mehrzahl,
Vergangenheitsfonnen, Zahlwürteru), b. bekannten Zusammeutietzungen, c. in
den Teilen, doeh nieht in der ZusammensetEong bekannten Wörtern, d. Mhn«
lieh Untenden WOrtem, und e. unbekannten Würtem. Sämtliche Wörter
und Sätze ließ er die Kinder selbst niederschreiben und nahm sie auch in
dieser Weise in seine Tabelle auf, da er mit Recht der Ansiclit war, daß
der durch dieses ^'erfah^en benötigte Mehraufwand an Zeit um so genauere
Resultate verbürge und jeder irrigen Auffassung seitens des Untersuchers
Über daa Peraipierte Toibenge. Es leigte sieh, daS das Dniehschnittsverw
hUtnis gehörter an abgelesenen Sätzen (£0 : 72) sich ziemlich analog dem des
Voijahrs i^taltete, nämlich 1 : 1,44 gegen 1 : 1,4 (s. oben). Von besonderem
Wert in praktischer Beziehung sind die Versuclie die er bei einer etwas
größeren Entfernung für die Per/eption von Wort- und Satzbildern anstellte,
nämlich bei 3 ni Entfernung in gleicher Uühe mit dem dem Sprechenden
angewandten Ohre. So wntden die Sehallwellen direkt dem schallpenipie-
renden Organe zugefthrt, nnd «war 2 mal aebr lant Andererseits wurde
dem hinsehenden Kinde einmal tonlos vorgesprochen. Hier zeigte sich, daß
auf eine Entfernung, bei der das Ohr allein fast vollständig
versagte, in ziemlich ganzem Umfange der bekannte Sprach-
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Stoff für das Augo noch per/.eptions fähig' war. Es ergibt sich
daraus, daas »elbst weuu durch das Oben im Hüren, wie sich zum Teil aus den
Nenertadm UnlextiiefaugMi seigt, siek aacii «I110 Baaaonmg, basond«!» in
Beniff aaf die Peneption «insdner WOrter, hersnastellte, dime auf Koatem
einer vernachlässigten Absohfertigkeit erreichte höhere FentfrtiiOiisfäbigkeit
(\oi>^ '>!trp8 nirht in fiem Maße von Notsen Min wärdOi wio min bei obex^
tiächlicher FrUfung annehmen könnte.
Schließlich hat Neuert seht genaa einzelne Lante geprüft» wobei sich
swir bei Vokalen eine techt gnte HSiflUgkeit ergab, bei Koneonaatea Jedodh
das Ableien weit eioherer vnd aebXifer war. Die Untenoehimgea Nenerta
habf^Q im wesentlichen die Grundlage dafür eigeiben, daß die Taubstummen-
IflircT «icli den syBtcmntisfhnTi llörilbun^en ^o<rpnnber atif dem letzten Taub-
stumuicnlehrerkongrt'B in llamhurg ablehnend ausgesprochen haben. Daaa
führte im übrigen auch eine große Keihe persiinlicher Erfahrongen.
An diewm üntexinehongen Nenerii bat Karl Kroiaa in eineii Im
UMgen aebr leeenawerten nnd tntereeaanten W«rke Aber die Metiiodik dee
nurnntemohts £j-itik geUbt, indem er aaf die Wiehtigkeit hinweist, die die
akustischen VorBtollunL'OTi filr das schwerhörige Kind haben. Er ist der
Meinung, daß die akustischen Sprachvorstellangen im Bewußtsein dee Schwer-
hörigen sehr uuvollst&ndig und meist sehr verblaßt sind, daß sie deshalb
Ton den mit ihm Teffcattpften optfieh-motoriedien Voxalellangeii immer mehr
Oberwndiert nnd erdrttekt werden, Ja daß rie oft Tolletladig ava dem Be-
wußtsein verschwinden. Infolgedeeeen müsse man versuchen, durch syste-
matische Gehör8anre»nnp diesem psychischen Mangel abzuhelfen. Er gibt
als Beispiel ausführlich einen Falt wieder, an dem er die durch den Hör-
Unterricht jedesmal sich ergebenden Fortschritte genau registriert hat, und
kommt an dem BeaoltM, daß dureh dnen gesonderten HOruatenieht, der
Abeeben nnd Hören gleiebmlißig berttckiiohtige, rieh bei elnon BmebteHe
der Taubstummen besseres exrriehen lasse als bisher. Oanx besonders eel
dies bei denjenigen Taubi^tmumen <!or Fall, welche alle Vokale, ja Witrter
und Sätze noch durch das Ohr auffassen könnten. Mit Recht weist Kroiss
den Einwurf zurück, der gegen das Hüren der Taubstummen gemacht worden
iat; man sagte, daß die SehÜler der HOikbUMen nnr dae bQien, waa mit ümen
bereite eingeeproehen wurde; aie boren nnr Bekanntes. Er weist dies snrBbk,
indem er darauf anfineitam macht, daß ja aneb das normale Kind der
Volksschule nur Bekanntes hören kann, nnd zeigt an systematischen
Prüfungen, daß »ownhl für Sehen wie für Hören die Vertauschungen nnd
Ersetzungen der richtigen Worte durch andere stets den psychischen
Eigentflmliebkeiten beider Sinne eatspreehend waren.
Die yersnobe machte er an sdnem eigenen 6jlibrigen Knaben, der gnlei
Gehör und lebliafte Attffiuismigsgabe bezitzt. Er sprach, nachdem er dea
Knaben in ein Zimmer mit einer Kontrollperson gebracht und die Tür ge-
schlossen hatte, zunUchst dem Knaben fremde Wörter vor. Das Kind ant-
wurtete auf >physioIogisches Institut«: »phisenlore Institut«, auf »Karto*
graph«: »artotabeU, auf »Psychometerc: »Sohichometer« ntw. Bekannte
WOrter dagegen worden teils richtig gebort, teOs mit anderen Tertaiiadit
So worden richtig gehört;: Apfel, Rettiob, Säbel, Mutter, Heeser nsw. Ver-
hört wurden: statt Blume: Mutter, statt Grammatik; Mathematik, statt Zucker-
dose: Supperhose. Schon bei dieser Untersuchung zeijjte eich, da Ii die
Vokale die wichtigsten und deutlichsten Bestandteile der aku-
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Referate.
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stischen Wortvorstellanp sind. Es zeigte sich ferner, was von vorn-
herein klar war, daß bekannte Wörter besser gehört werden. Daß für
falsch vorgeBprochene Wörter, wenn sie bekannten and mit
einer Yorstellang verkniipfbaren Wörtern fthnlich klingeni
letstare eingesoUt werden, seigle rieh aelir deofUdi: Wnide den
Entben TOlgeqifOolMn: der Oschen, die Wampe, der Lehmatuhl, das Fließ-
dlatt, 80 antwortete er richtig: der Ofen, die Lampe, der Lehnstuhl, das
Fließblatt. Die Vertanachungen wurden nicht bemerkt. Das gleiche Expe-
riment wurde ohne Schallhemmung im gleichen Zimmer gemacht bei 1 m Ent-
fernung und zwar so, daß der ELnabe nicht auf den Hand sehen konnte;
uf die Bloeke, die Nntler, hole ndr ein Dias winde gtas riebtig geant-
wortet: die Glocke, die Hntter, hole mir ein Qlee. Die fehlerhaften Wort-
bestandteile wurden ttberhanpt nicht gemerkt, ganz besonders dann nicht,
wenn der vorgesprochene Satz e'leichzeitig durch eine Handlung veranschau-
licht wurde. Der Knabe wurde wiederholt aufgefordert, genau nachzuspre-
chen, was vorgesagt war, die akustische Perzeption war eine sehr gute.
Ans dieeen VennelMn ging für Kroiss Idar herror, dnß wir die Wttiter
nicht Lant fUr Lant htfren, sondern daß aach bei der Appeneption des ahn*
stischen Wortbildes der allgemeine, darch dominierende Elemente bestimmte
Klangcharakter, der Typns des Wortes, also das Worts'an^e eine wesentliche
Hülle spielt, und daß der Gesamteindrack des Wortbilds doroh einzelne
dominierende Bestandteile bestimmt wird.
leb darf vieliddit dsnnf •nfinerikaam maelim, daß Qntsmann ihn»
liehe Untersnehnngen mittels Telephons angestellt bat, die zu
ilinlichen Ergebnissen gefUhrt haben, welche Kroiss, wie wir gleich sehen
werden, ans den Ncnert sehen Untersnehnngen geachluBfolgert hat. Er
stellt aus den Tabellen Neuerta die Höriehler zusammen und zeigt, was
übrigens auch Neuert nicht entgangen ist, daß bei ihnen der Klang-
obnrakler des verweehselten Lautes, also die Artiknlatlonsfonn bdbehalien,
hingegen die Artiknlationssteile ▼ertansebt wwde; statt dea EiploslThHites
sm ersten Mnndtore wurde der Ez^osivlaut am zweiten oder dritten ge-
setzt und umgekehrt. Das stimmt mit den Versuchen, die Ontzmann am
Telephon angestellt hat. vollHtändig Ubereiu, uud da« »wichtige psycholo-
gische Gesetz«, was Kroiss iu diesen Vertauschuugen, bcziehungaweise V'er-
weebsehingen der Lanto ans denelben pbonetSseben Gmppe erbiiekt, das fttr
das HOren im aOgemeinen nnd für die HVrstl^nngen im besonderen piinii-
pielle Bedentiing bebe, ist bereits mehrfach von anderen Unter»
sachern hervorgehoben worden, ohne daß ihm gleich dor etwas
stolze Name »Gesetz« gegeben worden wäre. Wo scheinbare Widorwjtr ir lie
in diesem Gesetz autiaucheu, iat die Erklärung von Kroiss sehr wohi au-
sBBetaaen, daß sie auHekanfllhren ist anf die Ibeht der reprodniierten Wort-
Toistdhiiig, die nicht bloß LHcken aosflOle, sondern selbst Toibandene Bnch*
Stäben- nnd Lantreizo verdecke . dargebotene Wortbilder libersebfitte. Das
Verhilltnip des Hörens zum Ableseu bespricht Kroiss ebenfalls nnd hebt
das auadrücklich noch hervor, was bereits Ncuert betont hat. daß bei den
Absehfehlem die Artiknlationssteile beibehalten wird, aber die Artikulations-
fona, der Klsngcharaktor weehaelt, demgegenOber bei den Htfrfeblein d»
Klaageharakter beibehalten wird, dagegen die Artiknlationssteile wechselt
Besonders wichtig ist ein Resultat, das Neuert fand nnd dem er selbst
von Tomherein eine große Bedeatnng beimaß nnd das Kroiss ebenMs
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als äußerst wichtig heraushebt. Neuert fand nämlich, daß 60 ^ der Wörter
Tom den HdnebOloni gehört, 80 X abgelesen, dag^en 90 X g^oliitttig ge-
kürt und abgeleami wuden. Es wnidea demnftoh beim bloßen HOren 40 fC
Felller iremacht, beim Absehen 20 X« dagegen beim gleichzeitigen Hören und
Absehen nur 10 X- Daraus folgt, daß <l;if niit floni Aiip-o a^leichzeit ig
ein^eBtellte (11ehJ5r die Abselifehler aut die Hallte ihre» Prozent-
satzes vermindert, während durch das eingeschaltete Aage >/«
der Hörfehler verbeitert wurden. Kroiei ^eiit an dieaen Tatuchea
dea ScUvfi, daß die Statiatlk Ton Neaert mehr für die Saehe dee HOr-
aBtetridita bei Taabatnaunen spräche als gegen deaaelben. Es mnß jedoeh
hcrvorfrehobcn werden, daß die Übertriebene Voran stellnnp^ des Hönrnter-
richtÄ, wie sie besonders von Wien aus gefordert wurde, dip ablphende Hal-
tung der Taabstnmmenlehrer rechtfertigt und daß andererseits doch daran
festgehalten werden maß, daß swar die aTafeematisohe BOrttbnng bei einer
Ansah! der tanbetnmmen Kinder von guter Elnwirkaa^ sein kann, daß dar-
gegen die einseitige Überschätzung dieaea Verfahrens leicht zur Ver*
nachlüssi^inff des Ablesen» und damit, wieNenert schlafend bewiesen
hat, deflfniirf^n Mittels führt, das im praktiBchen Leben für die in
der Taubstummenanstalt aufgezogenen schwerhörigen Kinder
das HaaptveratSndigungsmittel bleibt
Von anderen Arbeiten, die aieb mit der gidchen payehoicgiach aoiraU
wie praktisch inßerat wichtigen Frage besolillligen, seien die Arbeiten von
Ferreri, Denker, Branckmann, Ilartmann, Sehwendt knrz cr>v!ihuL
H e i d 8 i e c k sachte auf dem internationalen Koni^reß in Paris die D n r <■ b -
fübrung der Lautsprachmethode bei Tanbstammen als nicht
zweckentsprechend daiaostellen , wie er aie früher als nnpsychologiseh
beseiohnet hatte. Kit Tollem Reeht betont aber Wundt» der olfenbar die
Arbeit von Heidsieck nicht kennt, die vollkommen natürliehen Yeiliil^
nisse, die sich bei dem Lautsprachunterricht der raubstnmmen zeij^cn. Er
sa^ von der Sprache des in der Taubstummenanstalt unterrichteten Taab-
stunimen: »Verstehen lernt er die Sprache dadurch, daß er sie vom Munde
abliest, also in der Form einer Folge von Gesichtsbildem; gebrauchen lernt
er aie, indem er die Artfkalationsbewegnngen des HSrenden mid Spreohenden
nachÜldet Die deutaehe Schule will für den fehlenden Gehtfra»
sinn dadurch Ersatz schaffeu, daß sie ilim andere Sinne sub-
stituiert. Diese Stellvertretung Übernimmt dann llir das Verateheu der
Sprache der Gesichtssinn, für den Gebrauch der Sprache der Tastsinn mit
den die Artikulationsbewegungen begleitenden inneren und äußeren Taafc-
empfindongen. Die artiknlierte Sprache des Taubstummen beruht
ao gut wie die des Iliirenden auf der EinUbnng bestimmter Aa-
sociationen zwischen Empfindungen verschiedener Sinnes-
gebiete, mögen mm auch die Associationen zwischen Sprachlauten und
Artiknlationsemptindungeu durch die generelle Entwicklung vorbereitet, also
durch angeborene Anlage begUnstigt und durch die genauere Kontrolle, die
der GehOrssinn sulttßt« erleichtert sein« so ist doch die Ausbildung d« weit
schwierigeren Associationen zwischen den Gesichtsfaildern der Sprachbewe-
gungen und den Artikulationsempfindungen keineswegs eine unmögliche, nnd
sie ist das Ersatzmittel, auf das die hei man^relndem Gehör von
selbst sich einstellende regere Tätigkeit desGesichtssinna g^e-
wissermaßen als ein natürliches hinweist.« Von diesen Wundt-
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fieferate.
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g(Aen Worten aus, die in klarer und einfacher Weise die Psychologie
des Taubstummen kennzeichnen, wird jeder, der Uber die Sprache des
Taubstununeii. besonder» ihre psychologische Seite, schreibt, ausgehen dürfen.
Über die Sprache der Schwerhörigen und Ertaubtcu lut Guts-
maiin eine Aibeit ToOfiBnilidit, rai der einige Abeitie psychologiscbee
Ltteieaie haben* Er ugt nngeillir Folgendes: Bei normalen Verhältnissen
ist dns GehOr der am meisten nnd stärksten benutzte Sinn für die Per-
zeption. Seine Valon/. int vorherrschend. Aber auch unter normalen V»»r-
hältnissen ist er durohau» nicht der einzi^jje Sinn. Wohl »tetä wird las
Aage, wenn auch in einer etwas weniger intensiven Weise, benutzt. E»
seheint Ihst so, als ob die Beantsnig des Oesfehtsrinnes etwas weniger be-
wn0t gesehehe als die des GehOnrfnnes. Dafi aber ftr das Pendpieren des
Gesprochenen diese Nebenbenutzung nicht ganz unwesentlich ist, zeigt die
belutnnte Beobachtung, dass man. im Theater sitzend, einen Sänger oder
Schauspieler weit besser versteht , wenn man sieh sein Gesicht durch das
Opernglas niÜier bringt. Das TastgefUhl als der allgemeinste Sinn wird
bei der Peneption der Spraehe im aUgemeinen wohl nnr selten bennbt
Lnineihin kommen wenigstens die Änte sehr Uafig In die Lage, das fort-
gepflanzte Schwirren der Schallwellen zu prüfen, und auch ein wenig gettbtes
Gefühl vermag recht wohl die «starken Unterschiede des Pektoralfrcmitns
wahrzunehmen. Bei der Produktion der Sprache ist das (Je hör fUr
den Vergleich der eigenen Sprachpruduktion von großer Wichtig-
keit Tonhöhe, BeConmig, Timbre der Stfaomev die versehiedenen Arten der
Geräusche werden durch das Gehltr leleht nnd im allgemeinen anoh gat
verglichen. Wir vergleichen die von uns selbst produzierte Sprache mit
dem fremden Vorbilde und verm(^n unter der andauernden Vergleichung
Korrektoren vorzunehmen. Das Gehör allein aber kann unmöglich
als Kontrolleur der Sprache angesehen werden. Für die Pro-
dnktion der Spraehe ist der wiehtigste Kontrotlsinn xweifel'
los das Gefühl in seinen versdiiedenen Arten: Berttiimngs-, LagegefUhl,
Muskelgeftihl usw. Die Vorstellung von der Lage der ArtikulationssteUe ist
durch Übung leicht zu vervollkommnen ; so ^ird es nicht schwer, die Zunge
in jede befohlene Lage m bringen, das Gaumensegel willkürlich allein zu
kontrahieren und erschlaffen zu lassen u. a. m. Sehr leicht wird die Aul- und
Abbewegnng des UnterMeftrs wahigenonmien and infolgedessen aaeh auf
bestimmte Befehle ansgeltthrt Dagegen ist das MaAelgefUhl der Zunge so
gering, daß Zungenbewegungen, falls nicht die Zunge an bestimmten Stollen
de» Mundes anstößt, meist recht schlecht nach^cTiiacht werden. So findet
man oft Personen, die nicht im stände sind, die Zungenspitze auf Befehl auf-
ond abwärts, nach links und rechts zu führen, sie hinter die Zähne, vor die
ZVhne SB legen n. a. m. Haeht man solche Yersnehe sn normalspreehendea
P^sonent so zeigt sich auch bald ein Unterschied darin, ob man ihnen nur
angibt, was sie mit der Zunge zu machen haben, oder ob man ihnen auch
gleichzeitig die Bewegung vormacht. Bei gleichzeitigem Vormachen geschieht
die Bewegung weit exakter nnd mit größerer Sicherheit. Auch hier zeigt
sich, daß ein Sinn den andern wesentlich unterstützt Die ge*
nanere Sinneeprttfiing der Yenaehspersonen ergibt keinen wesentliehen Untere
schied des BerUhrungsgefUhls, und man mnß info^|;edessen annehmen, daß
die Fähigkeit, die Lage und Bewegung der Sprachorgane wHhrend der Sprach-
produktion selbst zu beurteilen, bei den Tersehiedenen Personen von
IxcbiT flu Psychologie. L liUntur 7
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78
Referat«.
dem Orad« dar Anfmarkaamkeit abhingt, dia aia Ton frllk a«f
dem GefthlBainn ivwandaiL Darana f<^, daO wir dmeh aoflneikaaBBe
lyalematische Übangen die Benotning der GefttblBBiiuie f&r die KootroDa dar
Sprache bf»f!pntpnd r.u atoiVpm vermögen. Ans don ver«ch!0(}<^nf»n indivi-
daellen ünier-<< liii i Mi i:< lit aiu Ii licrvor, warnm in den verschiedenen iiäUeo
der Ertaubung und bciiwerhorigkeit im späteren Alter die Sprachvenschlecb»
temng gast veraeliiedeii groß iat In manehen Flllen, wo fiiat Tollkonmeiie
Taabhait TOikanden Iat, hOrft man gar kelna Vefindenng der Spradie, In
anderen wieder, wo der Hörfehler nur gering ist, ist eine auffallende Her^
jr5indenin<r ^l'^r Deutlichkeit narhwoipbnr. Was besonders bei Schwerhörige
auffällt, ier die >fnnotonie; es feJilt also der Wechsel von Höhe und Tiefe,
von Stärke und Schwäche der einzelnen Stimmklänge, es fehlen die Accente,
ea fehlt die Ktmtfolle Uber die Datenailit der Sprachbewegungen. Daiana
aind die Tenehiedenen Formen der apiadiliehen Abnormititan bei Seliwer-
htfrigen zit erklireiL
Lieb mann geht in »einer Arbeit auf diese Fragen nur wenig ein, be-
schäftigte sich dagegen mehr mit dem therapeutischen Verfahren.
Der zweite grol3e Teil der SprachstOrnngen würde die sXmtlichen zen-
tralen Stdrnngen nmfaaaen. ffietbei kommen in eirter Linie die Ter-
aehiedenen Formen der Stnmmbeit, die im Kindeaalter anftreten, wu
Besprechong. Besondere die HOratnmmheit hat in neoerer Zeit grOfieva
Beachtung gefunden, wenn auoh die einzelnen Arbeiten nur wenig neuea er-
bracht haben. Unter Hörstummheit wird im allgemeinen der Zustmul ver-
standen, in dem das lünd, trotzdem es gut hiJrt und normale InteiÜgenz
zeigt, keine Anstalten maeht» SpnwlM m pioduieren; ea Iat» wieKenmaan
aagt, >bOrend atamm«. Anf die Hemmnngaoraaehen ist bereits oben Ubi-
gewiesen worden; es mag deshalb liier nnr, abgeaekmi von der Arbeit von
Liebraann Uber den gleichen n»'jren'»tand. besonders anf die Arbeit von
Georges Levy eingegangen ^\ ( ^^len: Lea entendants-mnetR . der in
einer sehr sorgfältigen Dissertation auf alle Formen der Hörstummheit ein-
geht and eine wie mir seheint aiemHeh ToUstindige Uteratorangabe dieses
Gegenstandes anfügt DerVerlksser stellte snnldist der Tanbatnmmheit die
HViStammheit . der 8nrdi-mutit6 die Audi-mutite lentendants-mnets)
gegenüber. Nachdem er darauf hingewiesen hat, daß der französische Ana-
druck mehr umfaßt als der deutsche, der eigentlich nur von Kindern spreche,
welche stamm sind ohne taub zu sein tman vergleiche dagegen den oben
angegebenen Ansdroek von Menmann)^ teilt er die Hürstnmmheit in
swei große Qrnppen, 1) solche Stnmme, deren intellektuelle
Störnngen sehr deutlich hervortreten, nnd 2) aolche, deren In*
telHcrenz anscheinend oder in Wirklichkeit normal sei. Stnmmei,
deren Intelligenz gestürt ist, sind zweifellos Idioten; es handelt sich also
um einen Mutismus idioticus. Hierbei unterscheidet er 1; StummUeit
infolge von Abwesenheit der Gedanken. £r erwähnt dabei das
▼ieleitierte Wort von Griesinger: »Diese Kinder sind stnnun, wdl sie
nichts zu sagen Imben.« 2) Stnmmheit infolge zentraler UnmSg-
liclikeit, Ideen anszudrilc k en (motorische Aphasie), 3) idiotische
Stummheit bei Defekten der peripheren Sprachorgane, und
4) endlich die idiotische Stummheit bei p h y s i s c h e r T a u b h eit
[idiotische Taubstumme bei Worttaubheit , sensoiiseher Aphasie oder bei
Paendotsnbheit, meist Infolge von UnanflnerksamkeM). Alle diese ▼eneUe-
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Beferate.
7Ö
denen Dntelien kSnnen liGh bei deuaelben IndindnnmlkombiBieiaL IMeier
Idiotischen Herstnmmbeit gegeaOber stellt er diejenigen Btnmmen,
deren Intelligenz nneelieinend oder wirklieh normal ist. Diese
seien stumm 1) durch organische zentrale Verletznngen, Apha^^io bei Kinder-
lähmung, infolge von GehimgescbwUlsten: bei tuberkulöser Meningitis, bei
cerebraler Embolie; 2) infolge von funktioneller Störung: Aphasie infolge
von Sehzeek, Befleuphaeie infolge Ton WOfmem (FUle vonfLiehtheim
nnd Ontsmnnn), infolge Ton Obecladnng dee Hngeni (FhU von Henoeh},
infolfo von Cirknlationsstüningen (Fall von Bouchut), Stmumheit bei
Neurosen, bei Chorea, bei Hysterie, endlich die Hfirstummheit im Coen-
schen Sinne des Wortes; 3) durch Verletzungen oder psychische Störungen
der peripheren Organe der Sprache. Hierher gehören Gaumenspalten, Mandel-
bypertrophie, ZongenlXhmnng nnd vieiee andeie. Dn& die Gtamenepalte
bei sonst gans intelligentett Kindern dun llUuen kann, dnO die Spnehe
sich erst sehr spät «itwickelt, hat Ontsmnnn in einer spezielleren Arb^t
de? Aüflführltcheren narhsrewiesen. Bei der HörstiiTnmhfnt handelt es sich
um Kinder meistens zwit^rhcn 3 und 10 Jahren, welche folgende positive
oder negative Befunde tiarbicten: 1) physischer und psychischer Zustand
normal; 2) Gehör normal; 3) periphere Spnohofgane normal; 4] es besteht
keinerlei LIhmnng oder Atrophie des Bnmpfes oder der Estramitlten.
Während das eben Angeführte die Einleitung zu der eigentlichen Aribdt
Lt'vys bildet, handelt das erste Kapitel von der Gesrhinhte der HOrftumra-
heit, wo Referent allerdings den berühmten Fall von Hieronymus Mercu-
rialis, den er in seinem Lehrbuch Uber Kinderkrauidieiten 1594 veröffent-
iidite nnd wo er beriebtet, dn0 MMmiiianj der Sohn Kaiser Fkiediiebs IIL,
bis som 9. Lebensjahre stamm gewesen, dum aber von selbst nldit nur die
Spraehe gewonnen habe, sondern auch sehr beredt geworden sei, vermißt
Ith Tiiif'hi'ten Kapitel schildert der Vorfa??pr nnsfllhrli( h die Symptomatologie
und ilihrt außer 32 Beobachtungen aus der Litt r;itur, die sich auf die Fälle
von Benedict, Waldenburg, Ciarus, I3roadbent, Ladreit de la
Cbnrrtere, Hnrtmnnn, Steffen, Dnlly, Hnle Wbite tad Oolding
Bird, F. Tylor, Qntimsnn, Hertsen, Lndnm, Mieleeke, Billamine,
Lawrence beziehen, 9 eigene in den Lyoner Hospitälern gesammelte Fälle
an. Bezüglich der Vtinlogie hebt er die Erblichkeit, den Alkoholismus bei
den Eltern, die hereditäre Syphilis, die Konsanguinität, den physischen Zu-
stand der Eltern, Erregungen und Verletzungen in der Schwangerscliaft,
sehwieifge Gebnrt, enges Becken, Zangengeburt, Asphyxie bei der Gebnrt,
das Alter, das OeseUeebt, den physischen Znstand der betretbnden kleinen
Padenten, vorhergepngene Krankheiten, Bachenmandeln, sousle Lage an.
Bei der Besprechung der Rachenmandeln nineht er rJiit7Tnnnn den Vor-
wurf, daß seine Statistik der Klarheit und Oriiuuiij< ermangele, begeht aber
selbst den Fehler, daß er die Häufigkeit der iiachenmandeln nach Gutz-
mann anf 33 x der HUle aaaetat, wlhrend dieser sie sasdrOcklicb in einer
genaueren Statistik anf 68,6 X Üwtgesetst bat. Sodann bespricht der Ver-
fasser die Entwicklung der Sprache im allgemeinen, femer an der Hand der
bekannten Rpraclischemata die Pathologie und Pathogenie der Störungen
und schließlich diejenigen Punkte, die bei einer Untersuchung der Patienten
und bei einer richtigen Diagnosestellung notwendig zu beuchten seien. Das
sind vor allen Dingen die diel Fragen: Ist das Kind tsnb? Ist es idiotisch?
Hat es an den peripheren Spiaehwerkiengen irgend eine Yeiinderung?
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80
IMrate.
J>\c hyBterisrhoTi Aphasion boi Kiodern haben keine neupff He-
h&ncUuug erfiüireü. Kurz mug das Buch über Hysterie bei Kindern und im
jngendlieheii Aller vo« B^sy-Bibent wwÜiBt Min. Von sonstigen einr
Minen Hitteihingen yerdienft anr der Fall von Mnnn In Biealntt besondere
En^ähnang. Mann schildert «in 7J0iiigM Midefaen, dM Mit 4 Wochen an-
gefangen hntto. undeutlicher zn sprechen und in ra«ch 7nnehmendem Grade,
so daß die Sprache innerhalb dreier Tag:e vollständig unveretÄndlich wurde;
gleichzeitig verlor das Kiud nach Angabe der Matter das GebOr. Im übrigen
zeigte es keinerlei Sfürang in seinem Woblbefinden. Bei der ersten Unter-
saehnng Migto sieh» daß des Kind vollkommen tsnb wer. Es reagierte auf
keineriei Anrede, starrte ins LMre, sehttttelte den Kopf und brachte ^bin-
lieh unverstiindliche Worte hervor, die nach <}f"n bep^leitenden Gebärden
offenbar bedeuten sollten, daß es nichts verstau* It Der Gesicbtsausdruck
des Kindes war aber intelligent, man konnte Aulmerksamkeit und Interesse
an der Umgebung an ihm iMmerken, und es Migte sieh aaeb einigen Minnten,
dal} keine eigentliehe TknUheit Torlag nnd da0 viehnehr nur die ftingiEeit,
das gesprochene Wort zu veiiteben, au%dioben, dieWahmehmnngsfXhiglMit
fiir einfache Tfcräusrhe dnL'eg-en vollkommen erhalten war. daß es sich also
um eine sogeniiniitf S]»r;i.i htaublieit oder um eine sensorische Apbnnie han-
delte. Die PriUung macütu Maua in der Weise, daß er hinter dem üücken
des Kindes frgendwelehe ]eiM Geiiaehe prodnxlerte, so Pfeifen, Klopfen,
KUngelnf Klimpern mit GeldstOeken; disM wurden gaaa riebt« iPibrgenom-
men, da das Kind nach dem Gegenstand, der das Gerihiioh liervorgebracht
hatte, zeigte. !,ei?f>H Klopfen -vitttb» nnch Khytinnns nnd Zahl d^r Klopf-
schläge immer w i< df-i Legeben, dagegen w ur düs Sjir:ir hverstiiudnis total auf-
gehoben, 80 daü seibat mit lautester stimme geuprocbene AufforderungeOt
wie a.B.: >Qib mir die Hand!« kein Veratiindnls ftaden. Neben der sen-
sori sehen Aphasie bestand boehgradige Paraphasie: dM Kind spiaeh
titü Tlflügee Kauderwelsch. Knr Bhythmus nnd SUbenzabl der Worte wside
im allgeiüeinrn richtig nachgesprochfn Mann entschied sich für die Diagnose
einer hysterisi h« n scrtsorischen Apiia»ie oder hysterischen Sprachtaubheit auf
Grund der i:4rwugung, daß, wenn es sich um eine organische Himlüsion
haadebl sollte, der Heid so groß sein mQfite, daß er anf die motorlsehe
Spracbbahn flbeigreilini mttßte nnd daß dlsMr Heid jedenfUls niebt ent-
standen sein konnte, ohne anderweitige cerebrale Symptome zu erzeugen.
Von diesen war aber nicht die Spnr nnffindbar. Ferner war der Zustand
durchaus nicht ein konstant sich gleichbleibender, sondern bei den verschie-
deneu Untersnchongen einem gewissen Wechsel unterworfen, allerdings weniger
im Yerinltsa des SpraobTenrtSadalsses, als In Verbattea der Paraphasie, die
dnrehana weehselte, ja maaebmal an einem nnd demselben Tage. Aneh die
Anamnese sprach fllr Hysterie, da das Kind sich sehr stark g^blgert haben
sollte. Kine Atifilnr^in für ein orcranisches Ilirnleiden war dno-f^gen nicht
nachweisbar. Uun li hr starke« schmerzhaftes Faradisieren der Mundgegend
dM Kindes and Auifordern mm Nachsprechen, ein Verfahren, auf das das
Kind «mSebst nnr mit fortwährendem Schreien nnd Weinen antwortete, zeigte
sieh naeb 14 Tegea berate, daß das Kind 10 Worte boobstablerend nacb-
spredien konnte. Nach 3 Wochen war der Wortbest ^u ! auf 20 angewachsen;
von da an -waren die Fortschritte ziemlich rasch. Nach 8 Wochen fand das
Kind zum crstcin Mal selbständig und ohne Vorsprechen die Bezeii Inuiup
^r einige ihm bis dahin noch nicht gezeigte Gegenstände, wie Ball und
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Referate.
81
Flasche. Das Kind wurde dann schließlich vollständig von seiner Sprach-
störung geheilt. Referent will nicht unerwähnt InBoen. (LiO Oppenheim
in einer Zuschrift die Diagnose der hysterischen aensorisoheii
Aphasie bezweifelt
2 FUle von ragobomer MOBOxiscIier Aphuf« berichten Sehweiidt
und Wagner. Et handelte eich in den einen Teile nm ein lOJtturigee
MSdchen, das mit eageblich angeborener Taubstummheit in die Taubstummen-
atiHtfilt 7.1! Riehen aufgenommen wnrd*^, und um ihre 8jährige Schwester, die
liUH gleichem Grunde sich dort betindct. Bei diesen Fällen ergab die Prü-
fung, daß das Gehör für alle Tüne relativ sehr gut erhalten war, daß die
InteUigens der Efaider dem Aiter entepreehend nnd ferner keinerlei kfinfeeh
nachweisbare Lleiinen dea QehOrorganee oder anderer Organe vorhanden
waren. Darans schließen die Autoren, da0 beide Fälle den Charakter einer
Worttaubheit tragen. Da Frille von k ot> srenitale r sen sorischer Apha-
sie noch nicht verfjffentlicht worden sind, so sind diese Mitteilangen nattir-
lieh von großer Bedeutung, vor allen Dingen, da es recht wohl denkbar ist,
daß in den Tanbatanunenanatdten eieh mehrere dnartig Apharieche vor^
finden. Angeborene aenaotiiche A|ihasie mnfi angenommen werden, da ja
sonst spontanes Sprechen entweder ungestört oder doch paraphas&ldi vor-
handen sein mliPte Wnr aber dir- snnsorische Aphasie anjrfboren. so fehlte
natürlich jede Gelegenheit die Sprache zu erlernen. Mit Uilfe des Ohres
künnten in solchen Fällen niemals den kongenital sensorisoh Aphasischen
Begriifo beigebraeht werden, nnd gerade in dieeen Fällen wire die Eniehnng
mittele dei Abeehnnteiriditi nnd der Lanttouethode die dnrig riehtige.
Besflglieh der Therapie der organieohen Aph asie hatGutzmann
in einf^m vor rh i- l'> rlin^r Mf>fii7iniarhen Gesellschaft gehaltenen Vortrag©
ausiüliriich seine Krfahrangcn zusammengestellt, nnd e«* ist Tiicht unwichtig,
daß sie von anderer Seite, so besonders von Goldscücider, bestätigt
enn ein motorieeh Aphaaiaeher Itngere Zeit aeine
Sprache Tollständig verloren hatte, eo iet ee gleichwohl dnreh
•yetematische Übung möglich, die gesamte Sprache von nenem
aufzubauen. Dabei ist es notwendig, daß alle impressiven Wege der
Sprache sorgftiltig benutzt werden, nnd zwar besonders die optischen und
taktUen. So muß der Patient nicht nur die Bewegungen des vorsprechenden
nnd übenden Antee mit dem Ange wahrnehmen, londein aneh im Spiegel
aeine eigenen Bewegnngen kontrollieren nnd de optiieh vergleichen.
Ebenso muß mittels des GefUhls die Explosion der Laute, das Tönen,
dPT Frpüiitiip dop Kehlkopf'', der Fremitus der Nasenwurzel bei Nasallauten
und anderes mehr kontrolliert werden. Mit diesen ArtikulationsübungcTi die
sieb im w^entlichen den bei Taubstammou gemachten nähern, verknüpft
Onttmann nnn ayitemttiBehe Sehrelbllbvngen mit der Hnken flind, in der
Annahme, die Ja bereite von Broca anfjseatellt wurde, daß die Entwicklung
der Sprachkoordinationszentrcn gerade in der linken Himhälfte mit der Rechte-
händigkeit der Mm^rhim in Bcziehnng stehe. Es ist demnach bei ZerftHnint!:
der linksseitigen Sprachzentren der Versuch gerechtfertigt, die rechte ilirn-
hemisphäre kompensatorisch fUr die Sprachkoordination heranzubilden. Di^
will der Autor durch Schreibflbangen mit der linken Hand föidem. Er nimmt
an, dafi die rechte HimhXlfte anf diese Weiee an fehleren koordinatorieehen
Leistungen erzogen werden kann. Die auOerordentUche Gedächtnisschwäche
der AphasiBcben bedingt notgedrungen eoigtame Übungen im Auswendig-
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88
Befent«.
lernen besonders \on Iteilien sinnloser Silben und Umstellongen derselben,
wie de Qoldteheider «niiili«hlt D«ß duoh die Übung dabei lUdit bloß
das Fatlfaaltmi di«Mf aiimloteii SOben, aondern lach in Tiel TollatSiidig«nni
Maße daa Feadialteii von WortkUngen mit Sinn geOirdert wird, ist pqrdio-
lop;i8ch int'^rcflsant Bei sensorisch Aphasiechcn f^ht Gnt7:niann «o
•vor, daß er die Sprachbewcfcungeu vom Munde und Gesicht des ^^j rt < h( n ien
absehen lehrt Golds choider bemerkt dazu: »Es soll sich ein ganz ueaer
Zfrkai Im Abbnfe der Sprachbewegungsvoiatelliiiigen bOdeni indem an Steile
der aknatiBcben WoiClantfblgen, welehe aonet auf daa begriffliehe Veralindnla
und die motorische Sprachbildang wirken, Reihen von optischen Bewegni^
bildern treten, welche dem Anblicke d^r Sprachbewegungen entstaimiieTi
Diese optischen Eindrücke sollen »ich erst lieh mit der Fol^e von motorischen
Impolaen gedächtnismäßig verikuüpfen, welche in ihrem Effekt eben dieselben
Spndibewegungen , daa beißt eben dieaelben optiaehen Encbeinnngen her-
▼orbringen.« Gold ae bei der meint daan, da0 ridi kinenwfeogn^ibiaehe
Aufnahmen der Sprachbewegnngen , die dem Aphasiker Ubergeben nnd von
ihm in einem Strohtiskop jederzeit abgerollt werden könnten, zum Aufban
dieser ueueu und intensiveren psychologischen Yerkniipfung wertvoll er*
weisen künnteu.
Gegenttber diesen auf ^ »'»'»"»g beruhenden HpraohatSrangen haben die
apaatilaoheii SpiacbalOnuigen eine weit grOGere Beibe von Beaibeitnngen nnd
neueren Mitteilungen erfahren. So liat My^ind besonders der Frage nadi
den Ursachen des Stottern» eine f^rülSere Arbeit gewidmet . in der er
speziell der Erblichkeit neine Aufraerksamkeit zuwandte. Dabei betrachtete
er nicht nur dm Stottern, sondern achtete auch aul Geisteskrankheiten,
Idiotlamna, Epilepsie nnd andere Eiampfiraatibide, Gborea, Hyateriei Aatiim^
Taubstummheit, Nervoaittt, Nenraathenie nnd deigleieben, Aatluna, Taub-
stummheit in der Verwandtschaft, Auch er findet, daß Stottern sehr häufig
dtirrli ppycliisohe Ansteckunfr entsteht, dass aber in einem Teile der Fülle,
wo Btotterude Kinder stotternde Verwandte haben, der Erbfehler nicht in-
folge der »contagion morale«, sondern infolge der Erblichkeit entstand. In
7 X find aieh in der Venrandtaohaft der Stotterer Odateakraakheit bei im
ganaan 18 Individuen. Unter den 194 YStem der atottemden ScblUer waren
im ganzen 5, das heißt 2,6 ^ Geisteskranke. Mygind bezeichnet diese Zahl
als anffiillijj^ groQ^ da in Pfinrmiirk Geisteskrankheiten bei Männern im Alter
von 20 bis 40 Jahren, in vvrli hein Alter die meisten der Väter der Schüler
Standen, nur in 0,2 uultrcten. In einer früheren Arbeit taud Mygind
mit BlieMcbt auf daa Auftreten von GeiatealcTankbett bei den Yitem von
Taubstummen den Proaeniaala von 0,8. Die Bedeutung dieaer Knmkbeit für
die Ätiologie der Taubstummheit iat allgemein bekannt. Idiotismus scheint
in der Verwandtschaft dagegen weniger häufij? anfziitreten. Von 16 X wurde
konstatiert , daß bie im ganzen 3(i Verwandte hatten , welche an periodisch
auftretenden Krämpfen litten oder gelitten hatten. In einem kadi war der
Krampf wahncbeinlioh alkoboliaoher Art; In 6 Füllen waren die KrXmpfe
wohl byateriachen Uraprunge; 13 Fülle waren unaweifeihaft epüepliaeb. Es
kommen also Epilepsie nnd Uinliche Krampfstürungen in der Verwandtsebaft
von Stotterern fast 2 mal so häufig* vor wie in der Verwandtschaft von
Taubstummen. Chorea ließ sich nur selten nachweisen. 29 ^ der Stotternden
hatten Verwandte, im ganzen 73, bei denen Nervosität, Neurasthenie, Hy-
aterie nnd dere^eiehen vorbanden war. Dieae ZnaOade aeigten aieh be-
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Befente.
83
■onders bei den Müttern der betreffenden Stotterer recht häu6g; 46 X der-
Belben, das heißt fast Vi sämtlicher Stotterer, litten dnrnn Besonders häufig"
ließ »ich anter den Verwandten der SchlÜer Mijs^äne konstatieren. Da My-
gind persönlich die Anamnese aufnahm , so mnß seine Mitteilong als sehr
Mvilnai Mgßttibm wwden. Anoh daa Aittai» zeigt sioli reeht oft in der
Terwandtedhaft: 8 unter den Vifcem der Stotterer litten an Aathma. Daa
ist sehr viel, da die Krankheit sonst nicht sehr verbreitet ist. Femer zeigte
sich TanbBtummheit ab und zn in der Verwandtschaft der Stot-
terer, wa? auch von Uchermann m seiner großen Statißük der Taub-
stummen in Norwegen nachgewiesen wurde. Die übngen ätiologischen Mo-
ment» Bind bereite von anderen Antoren genügend hervorgehoben worden
nnd können deawegen hier llbergangvn werden.
Die genaneren Untersuchungen der Stotterer mittels graphischer Metho-
den, wie sie in neuerer Zeit von Natier. Abb6 Rnn??olot und frHlier
schon vonGntznjann und seinen Schülern Lieb mann. Halle, Kalmus,
ten Gate gemacht worden sind, zeigen zur Evidenz, daß besonders in den
graphiaohen Dantellnngen der Atenng aieh deoHidie psycMsehe Altera-
tionen naehweiaen laaeen. Ontamann hat nlnlieh naehgewieaen, daß, wih«
read die Knrven der Brust- und Bauchatmung in der Ruhe fast durchaus
synchron rn'^infindf^r voHnufon beim Sprechen eine deutliche überwiegende
Innervation der costalen Bewi^'^ung eratthat. Es zeigt sich, daß die Bauch-
atmnngskurve bereits im Exspirationsätadium ist, während die thorakale Kurve
noeh anateigt Ava einem derartigen Verhalten kann man, ao wie Moaae
md Gntamann dlea getan haben, ateta den Sehlnß aiehen, da0 die du»»*
knie Atmungsbewegung atirker innerviert ist als die abdominale. Duioh
sorg-samc Untersuchung«! an zahlreichen Fällen von Stotterern hat nun
ten Cate nachgewiesen, daß dieser normale Anachronij»niuB in den Sprech-
atmuugskurven sich bei Stotterern vüracliiebt nnd ein abnormer Synchronismus
wenn nieht immer, so dooh aeltwelBe auftritt Das gleiche aeigt aieh bei den
Knrven ▼on motoriach Aphaafaehen, wenn ale bereits anfangen an apreohen,
ao daß man ans diesem Veihalten wohl berechtigt ist, einen Rückschluß auf
die mangelhafte zentrale Koordination der Atmung bei dirf!»Mi Sfiraclistömngen
zu ziehen. Genauere Nachweisunpen über den Zusammenhang zwischen
Spraclientwicklung und Sprachstüruugen sowohl wie über die fehlerhaften
Bewegungen nnd Innervationen der geaamtea Spitehwerkaenge bm Stottern
nnd anderen SpraohatHmgen hat Gntamann in mehreren Arbeiten in der
»Dentaehen Klinik« gegeben.
In fin-ffUirlicher und umfangreiclier Form hat derselbe Autor in einer
Monograpiue das Stottern dargestellt ])ie8e beechäftigt sich zunächst mit
einer kritischen Geschichte der Auftassuugen und Behandlungsweisen des
Stottema and geht aodann in andUhtüdier Weiae an der Unterauhnng dea
Stotterers Uber Ea werden die abntUehen dabei an benntsenden Untor-
anchnngsinstTumente nnd ihre Anwendung in jenem Werice genau beschrieben.
Zum grüßten Teil sind dieselben bekannt, wenn auch vorwiegend wohl nur
physiologischen und psychologischen Arbeitern, weniger den sich mit der
Then^ie der Sprachstörungen befiassenden Ärzten. £s mag besonders er-
wlhnt aeln, daß Gntamann ansdrOeklich aof die hSnfig bei Stotterern sich
Torfindenden Degeneratlonaaeichen anfmerkaam macht nnd in Beeng darnnf
mehrere Abbildungen seinem Weilu beigegeben hat. Aach macht er, waa
ittr die Psychologen von Intereaae aeln wird, darauf anfmerkaam, daß aoig>
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84
B&me Untersachnngen der ErmUdungserscheinoiif en beiäprach-
st()rangeB wenig oder gar nicht vorii^ea. Daß dieselben bei Stotterern
rieliMlidi M eintr tmnnwi BmrlaOing des Übels, beeosden rom p^«ho-
logfflohen Studpiuikt aus fUhren rnttMeo, iit Uar. Die UntersnelnnigeBf &
der Autor selbst mittelB des Ergographen gewonnen hat, geben gute Ao§-
«icht dafür, daß diese rntrr«nt hungsmethode fUr die Kenntnis dieser un-
geheuer verbreiteten äprachstürung von großem Wert sein muß. Ebenso
•ind die Versuche, mittels BhttdmeUairven die psychischen Yeränderongen
uehsnweieeii, aneh bei des Stotteren toa got» Avaaldit
Peripher expresiiire SprsekatOrungen haben im allgemeinee
sehr geringes psychologischeg Interesse. So kann auf alle Mitteilungen der
verschiedenen Formen des Lispelns. des periphrrou .Staramelns der mecha-
nischen Dyslalien, der Gaumendefektc oicht naher eingegangen werden. Da-
gegen ist eine Arbeit lil>er infantile Pseudobnlbiüpandyae von Zahn be-
merkeiunrert In dem einen Falle haadeHe ee eieb un dn 16flhiige» lOd-
eben, daa klüftig entwickelt und in gntem EniiÜiningeiQBtMide trar. Die
gesamte Muskulatur war Jedoch in einem gespannten Zustande, so daß sie
in Haltung und Bewegung einen kontraktilen Eindruck ranrhte; sie konnte
die Stirn nicht runzeln, nicht den Mund spitzen, nicht pfeifen oder ein Licht
auspusten, beim Lachen öffiiete sie den Hund krampfhaft weit Die Zunge
Iie0 iieh leieht gnt neob toid aniatreoken, ütgegoa eebr numgeUiaft naeh
seitwärts und oben. Die Sprache war g«ai nnvetetindlieh und beetaad nna-
schließlich aus laut und rasch hervorgestoßenen unartikulierten Tönen.
Offenbar lag das daran, daß die Lippen-, Zungen- und fJ^nmenümpkeln dem
Willen der Patientin nicht gehorchten. Dabei war das (»aumenscgel nicht
etwa gellUunt, sondern hob sich beim »-sagen sehr deutlich, auf beiden Seiten
gleich got Ei fehlte also die ArtÜmlationafltbigkeit Hut ymg infolge einea
spastisdien Zustandes der Artikulationsmuskeln, ähnlich dem der ttl»jgQn
Muskulatur. In dem zweiten Fall war die Artikulation der Sprache so
Bfhlerht daß man auch bei angestrengter und geübter Aufmerksamkeit das
meiste nicht verstehen konnte, obgleich die nötigen Sprachbewegungen mit
sichtlicher Muße und richtig versucht wurden, war die Kede doch kraftlos,
ondentlieb und eehr langMWt tdlweiae noeh enehwert dnrob HiHMwegungen
des Gedebli. Gens aehlecht kamen dii)jenigen Lnnte n stände, welche kiif-
tige Lippenbewegungen erfordern: p, f, o, u, w, femer die Zungenlaute t
k und r. Bei b und p machte pich in diesem Falle auch die Gaumenlähmung
durch näselnden Charakter bemerkbar, obgleich sich auch liier das Gaumen-
segel beim a hob. Das Kind erleichterte sich die Aussprache einzelner Kon-
eonantengruppen dureb Ebiaebalten von Tokalen ; i. B. sagte es statt WUtiboig
WUrzaburg, statt Professor Perofessor. Hier waren die Sprachmuskeln nicht wie
im ersten Falle spastisch, sondern vorwiegend kraftlos, der Hund wurde nicht
wie dort krampfhaft offen gehalten, er verengerte sich vielmehr, aber nicht
fest genug. Wesentlich beteiligt war aach eine Schwäche der Kehikopf-
muskeln.
In dem ersten Falle nimmt der Antor nnr eine Entwieklsngs-
bemmnng lelehteren Grades in den Pyramiden- und cortieo-
bulbHren Bahnen an, im zweiten dagegen einen Defekt der Pyra-
midenbahnen, der die schwere Lähmung bedingte, und ferner einen Defekt
in den Uinterstrüngen. nnf den die Schlaffheit der Lalunung, die Ataxie und
anderes mehr iturückzuiuiiruu war.
I
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Referate.
85
Daß auch bei widdidier Bulbürparalyse durch Übung noch die Reste
der HyposrloHfln^fnHem 7tir stärkeren Innervation gebracht werden kttuMi,
-wies Knopf in üineni Falle überzeugend nach.
Was endlich die Sprachstörungen bei geistig zui ückgebiie"
beneii und eehwaehiinntgen Kindern anbetrifft, so liegen gerade nnf
4ieeem Gebiete in neneier 2Mt nUreiehe Arbeiten vor. In einem anafliiir-
lieben Bericht Uber die Unteranohnng zurUo^ebliebener Schulkinder, die von
flem Nervenarzt Kaliecher, von dem An^enarzt Moll, von dem Kinder-
arzt Neil mann und von Toichraann, Arzt für Hals-, Nasen- und Ohren-
leiden an die städtische bciiuideputation zu Berlin erstattet wurde über 116
geistig minderwertige Kinder, warn 68 ediwieh begabt; aehwaeheinnig ge-
ringeren Grades 26, hOheien Giadei 16, blOdrfnnIg 6. Idioten finden lieh
nur in den beiden nntenten Klassen* Der Bericht führt nun ausführlich die
körperlichen Stön}n<)'en der Kinder an; wir finden dort in 10 fUlen Spraeh*
stüruDt-<*n. in l 1 allen Schwerhttrig^kdt.
Weit ausiüiirlicher als dieser offenbar durch die Behörden selbst etwas
«ingtaehriiakte Bericht ist der, den Cnssel gegeben liat Cassels Berieht
ist insofern besonders Ton Bedevtmg, eis er anf das Laufen- nnd Spreehen-
lemen ausführlicher eingeht Daß LaofiBn- nnd Spreehenlemen in einem
psychologischen Zusammenhange steht, kann ja wohl keinem Zweifel untere
Hegen, und je gröiiere Erfalirurri; auf diesem Gebiete der Praktiker besitzt,
desto eher kommt er zu diesem i'arallelismus. Von 123 geistig minder-
wertigen Kindern haben im ersten Lebea^ahr 28, im sweiten iO, im dritten
4S^ im vierten 96, im fOnften 9, im seefasten 6 angefangen Isnfm sa lernen,
das heißt in der Lebensperiode, wo man von einem verspiteten Laufealemen
epreehen kann: na<^h dem zweiten Lpbensjfihre im ganzen 80. Es haben also
tatsächlich 62 X von geistig minderwi r( ii;* n Iviurlern erst im dritten, vierten
Lebensjahr oder auch später die Jb ülaiglieit selbständiger Ortsbewegung er-
Jaagt Die rfaaehitischen Kinder schließen hierbei noeh nngttastiger ab als
die anderen.
Ganz übnliche VeihSltnisse zeigt die Cassel sehe Aufnahme flber die
Sprachentwickluug der geiptipr mindere ortij^en Kinder. Im ersten Lebens-
jahre hatten zu spreeheu bejjfouueu l^eiu Kind, im zweiten 26, im dritten 40,
also im zweiten und dritten zusammen 66 Kinder; im vierten Lebensjahre
88 Kinder, im filnften 10, im seehsten 8, im siebaiten 1, im achten 1, Tom
vierten bhi achtn Lebenidahre also 68 Kinder. Darsns geht hervor, daß
TOB den 118 Kindern, über die bestimmte Mitteilungen gegeben werden
konnten, nur 66, das heißt 51 X, am Ende des dritten Lebensjahrea zu
eprechcn besronnen hatten, dagegen 62, das heißt 49 Xi erst von viel spä-
teren Tenumea au.
Die Pirttftmg der Sinne brf den sehwaeh^iügen Kindern ergab in Bezug
«af die Angmi bei 10 X ^s nngenllgende SehsehSrfe, in Besag anf das
GehOr bei 83,7 X normales CM^, bei 15,5 X dne Abschwächung desselben.
Auf beiden Seiten herfib^eset^f war das Gehör 16 mal, auf oiner 5 mal. Bei
den 20 gehörschwachen Kindern fanden sich 12 mal Spracliti liier und zwar
Stets Stammeln. 15 von diesen Kindern hatten gestörte Nasenutmung. iiinder-
nisse in der Kasenatmung wurden im ganaen bei 61, daa heißt bei 98,6 X
geÜBiden. Ton diesen 61 Kindern ndt gestörter Nssenatmnng hatten 14
Herabsetzung des Gehörs, 22 Sprachfehler, und zwar 20 Stammeln, 1 Stot-
tern, 1 Uspebi. Unter der Gesamtsahi der Kinder (129) litten 48, das heißt
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86
Rofenls»
88 fi, an Sprarhpjebrechen. An mrhr oder mindpr prliweren Graden von Stam-
meln, SUbenabwerfen, Verwechselung und VerstüinriK lung von Lauten litten
84, Stotterer waren 2, Lispeln zeigten 4. Gerade bei diesen Kindern war die
Spficlieiitwiekliiiig lehr TcnpStet; dfo HduiaU tob fhnea hat erat im dritten
od«r Tfertfln Jahr m ipieehm logoimeit B«i dw gdatig minderwertigwi
Kindern ist besonders anf die Gedächtnisscbwäche, wenigstens stati-
stifich bisher wenig geachtet worden. Es aeifr^e Bi>h in der CaPRplBchfi!
Aufnahme, daß 124, das heißt 97 ^ ein schwacbe» Gediif htnis iiattea. Die
Fortselinttc in den Seholkenntniasen waren natürlich im allgemeinen
gering.
CftBsel nntetteheidet auf Otoad a«lii«r aehr aovgaameii Anfieelelmmigea
vier Ckide der aohwachsinnigen Kinder: 1) die aekwacli begabten Kin-
d(»r, worunter er solche versteht, dip pich nur wenig von dem Geistes-
zustände des Kindes von durchschnittlicher J'-cLrabung unterscheiden. Sie
begreifen langsam, weil die Bildung und Verknüpfung der Vorstellungen in
gewlaaem Grade enebwert iat, aie beben aber fibr konbiete Begriffe gntes
Veratlndnia nnd Teimlfgen, wie Arno Fneba aieh anadrilekt, daa emugeae
Wiaaensgut zäh zu bewahren und das Schulpensnm schließlich zu bewältigen.
11 von den 129, das heißt 8,5 mußten dieser Kategorie zugezählt werden.
2; Die Schwachsinnigen ersten Grades. Hei diesen bestehe eine meist
schon dem Laien offenkundige Beschränktheit nach Umfang und Tiefe des
Denkeaa. Daa YonMUungsvermögen ari bei ihnoi denflieb befabgeaeteti die
Anffaaanng Terlaagaamt, nnvottatlndigt die Eombinatfosagabe maagelbaft, die
Zahlenvorstellnngeu iu der übergroßen Mehrzahl minderwertig, das OedMebtnis
schwach. TTiorzu zählen 77, das iieißt 5fi.6 X der Kinder. 3 Der Schwach-
sinn zweiten Oride?, der auch als Ilalbidiotismu.s bezeichnet wird.
Diese Kinder sind von trüii an körperlich und geistig wesentlich zurück-
geblieben, liaben apit laufen nnd apreeben gelernt, die Spraebe iat biniig
mangelbaft. Vorwiegend bandelt ea aidi um Stammeln, ea beatebt aber aaeb
Sig^atismna, Bbotazismns, Gammazismus, Silbenabwerfen usw.; dioHemmvng
der Denkprozesse erreicht einen hohen Grad. Eindrücke liaften nur. wenn sie
unendlii li oft wiederholt werden. Die Aufmerksamkeit iat schwer zu konzen-
triereu. Dazu kommen nocli Abweichungen auf moralischem Gebiete: über-
triebener Egoiamiu, Neigung an JXhsom, Trotz, Eigensinn, Zankanebt, Yei^
togenbeit Dadnreb entapreoben die Kinder Ufnfig dem von Sollier aaf*
gestellten Typus der antiaoaialen Individuen. Diese Kategorie war durch
25 Kinder, das heißt 19,3^, vertreten. Endlich 4 die Idioten, di^ nnf
so niedriger Stufe geistiger Miaderwertigkeit standen, daß sie vermöge des
Defekts der elementarsten Vorstellungen Hir den gewöhnlichen Schulunter-
ridit ala ▼Ollig büdnngsaniäbig beaelehnet werden mußten. Sprachgebrechen,
atumpfoBt apatbmcbea Weara oder ttbergrofie AgiHtiit und H nakdnnrube, un-
ruhiges Hin- und Herlaafen, neugieriges Betaaten, nnmotiviertes Lachen umr.
sind chnrakterieifischr Kennseicben. Idiotiamua wurde 18 mal» daa beißt in
9,3 X der Fülle gefunden.
In praktischer Iliuaicht sind besonders die Untersuchungen und Dar-
atellungenYonPnoba, OOrke» Frenxel, Piper, Knopf, Lnquer, Doli,
Liebmann n. a. an nennen, die aneb in Sänselbeiten payebdtogiaeb Intei^
eaaantes darbieten und die bier infolgedessen Erwfiuuing finden mflaaen.
Besonders die Bücher von Arno Fuchs, einem Pädagogen, und von Wey-
gan d, einem Philologen and Mediziner in einer Peraon, sind leeenawert. In
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Befenrte.
87
sehr klarer und eiüleuchtender Weise schildert "\Vi } ^raud die Entwicklong
der Sinnestäti^keit bei idiotischen und imbeciUen Kindern, wobei er sich im
wwenflielMii aUerdings a& ^ AmraiBiingen von Söguln vadSollie? Uli.
Vinm niMgtm Beitrag, der tnoh psyehologiidi grüQenB LitereiM Uetet»
ZOT Begriffseatwicklnng bei SchwachbefUhigten und Schwachsinnigen gab
Herbericli Als das einfachste und sicherste Mittel znr fl'MOif::f>n Kntwirk-
lung und Aneignung von Begriffen betrachtet er die natürliche, unmittelbare
and lebendige Anschaanng. Deshalb maß jede Biidungsanstalt für Schwach-
alimige dne ümgebong haben, die redit viel Gelegenheit rar Anaohtnaog
bietet Sie maß in der NMlie von lehhalten YerkehrMtrmfien, von Eiien-
bthnen and FlUssen gdegen sein, da sich dort eine Fülle von Momenten
erproben, die da? IntereßBe der Schwachsinnigen aufrütteln kiinnen: f^ie soll
aber auch landschaftlich Anziehendes bieten and den Sinn für die Schön-
heiten der Natur, für Tier- und Pfianxenleben wecken. Daher seien auch
hSufig Spaziergänge notwendig, denn nf dieeen werden alle Enwheinmigen
begiettg anlgefliOt, beeproehen und vom Lehrer mr betiehtigtt und die auf
diese WeiM erworbenen Begrilfo bleiben haften. Dazu gehören auch Garten-
arbelten und Anlef^en von SammhinjreTi , denn jeder GegenstAnd bat dort
seine dem Schüler bekannte Geschichte und darum nm so mehr Interesse.
Wo die anmittelbare Anschauung für die Begriffsentwicklung nicht geboten
weiden kann, mmB man eleh mit Modellen oder mit AbbUdnngen helfen. So
empfiehlt Herberieh die bei Herder in Frefbing ersehienene Büdecfibelt
jfonier Leutemanns Tierbilder nnd besondere a«eh die großen Wandbilder,
8. B. die von Schreiber in Eßlingen.
Ebenfalls von psyrliologischem Interesse, besondere in Bezug auf die,
wie Referent ausdrücklich hervorheben muß, aasgezeichneten £rfolge semes
Yerfahreos, ist der Yortrag, den Piper aof der elften Konferenz für Idioten-
pi^ lad Sehnlea für •ehwaehbefithigte Kinder an Bremen hielt: »Wie
kennen wir die sprachlosen schwachsinnigen Kinder zum Sprechen bringen?«
Die ein/oln^-n dort in dem Vortrage mitj^eteilten Beispiele des Verfahrens
zeigen nicht nur die unendliche Geduld, die zu dieser sehr mühseligen Arbeit
gehört, sondern zeigen auch, daß durch sorgsame Beachtung aller noch bei
dem idiotiaohen Kinde voriiandenen Peraqitionsw^ ea aelbat fn. veicwei«
fdten ntUen geliitgt, aehliefiUch Spraehe an enielen nnd damit das Kind
auf ein geistig hohnrea Kiveao m heben and seine fernere Anabfldoig an
efmO^licIien.
In ähnlicher Weise hat Fre nzcl die sprachliehe Entwicklung bei sprach»
losen Geistesschwachen vorgenommen. Et stellt dabei drei Stufen auf:
1) Übungen der Sinne nnd der Bewegnng anter besonderer Berlldcsieb-
tignng der Spiaehwerkieiige: Bewegnngs- nnd TKtigkeitafibangen-,
2; die sprachlosen GMatesschwachen müssen zur Lantäußemng veranlaßt
werden, Lantentwicklun^ nnd LautvrrbindnTitren einüben: mechanisches Spre-
chen ohne Rücksicht auf den {reistigeu Inhalt des Gesprochenen, und
3) die sprachlosen Geistesschwachen werden in das Verständnis und den
Gebraoeh einer elementaren Sprache eingeftthrt: Klar- und Feststellong der
Yorstelhnigen, ihre spradilicbe Eraieloag nnd Sprechen in den allereinfaoh-
Bten Spracliformen. Er geht damit denselben Weg, den das normal ent-
wickelte Kind f?elit. nnd handelt nach dem Grundsatze; >KütwickeIe die
Sprache beim sprachlosen Geistesschwachen, wie sie daa Leben in dem voll-
Biuuigen £iade erzeugt«
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88
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II. Abt 1902. Separat-Abdruck 1902. Wiesbaden, J. F. Beigmuiiu
80. 24 S. Mk. 0.80.
Die dualistische Strömung, welche in der Seelenforschung unserer Zeit
2U Tagü getreten ist, könnte keinen kias^ischeren Ausdruck fiaden als iu dem
gegenwärtig am die Tfoneele enMnuiatai Streite, m wdchem anch in vor-
liegender Sehrift die Wort ergriflim worden iet Zttr Tfeieeele ▼ereneheii
heute bekanntlich verschiedene Wissenschaften vorzudringen, von denen
Physiologie, Biolo<i:ie und Psychologie ohne Zweifel die hen'orragendsten
sind. Das Ziel ist allen gemeinsam, der Weg eines jeden aber ein anderer:
Physiologen und Biologen dringen vom Leibe her, die Psychologen aber von
der Seele selbst tos vor. Man sollte nim efwtrten, daß beide Gruppen auch
«nf Huren Teneliiedenen Wegen am gemeiniemen Ziel snaammeakoDuneB
wttrden. Sie kommen in Wirklichkeit aber leider nicht zusam-
men und darin wird schon rein äußcrlicll die dnalistieehoStrO*
mung unserer Zeit auffällig sichtbar.
Nach dem Verfasser obiger Schrift, die einen Bericht Uber Psychologie
und Biologie in ihrer SteUiing zur Tierseele darstellen soll, in Wirklichkeit
aber niekr eine enbjektlTe ÄvOemng dee VwfiMaera m den Klmpfen draeer
Wieeentdttftagebiete darstellt, spitzt sich der Konflikt zwischen den Psycho-
logen, welche »die TTandlungen der Tiere auf die Tätigkeit einer im Zeutral-
organ wirkenden Scclf bezogen«, und den Physiologen, welche »n^ieh dem
Ursachen der Muskel bewegungen in der anatomisch gegebenen ürundlage
suchten und in den Nerven wellenförmig ablaufende Erregungsvorgänge fanden,
die die Mnekelbewegiüigen venuüMeteo«, auf die »eebeinbar abliegende« Frag»
so: »In welchem VerhSItaia eteben nnaere Enpfindttngen an den Vozi^Uigen
in unserem Gehirn?«
Unter ausfuhrlicher Zurückgreifung auf Kants transcendent.'ilpn Idea-
lismns sucht er diese Frage uns zu beantworten. Er gelangt daiiin , daß
Gehirn und Erscheinung zwar zusammenhängen. Ja, er bringt sogar, da »in
dm NirtnrwiBBenaebaft vwlangt wird, daß jedenmal in der Anaehammg der
Beweis fttr die Blobtigkeit der Begrifliiverbindiuig geliefiBrt werde, wdeben
Beweis wir ein Experiment nennen«, den experimentellen Beweis daflir,
tind ich will dem Leser den Spaß nicht versagen, den naiven Herrn, der
sich als »Physiolog, aus der experimentellen Schule hervorgegangen« ge-
bärdet, hier mit seinen eigenen Worten reden zu lassen (S. 15 f.) :
»Wir wollen jetat an dem eiqperimentellen Beweise Qbergeben, den sowohl
die veigleicbende Physiologie wie die vergleiebende Fayehologie ala Ezperi-
mentnm omcia anrufen, nra ihre AnaprOebe an begründen.
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BesprechuBgen.
91
»Denken wir uns, wir vermochten mit Hilfe von verfeinerten Röntgen-
itrahlon die Erre^ngfßvor5j:Hiisfe im Ncrven83*8tem »l»^s Mongchon in Form
von be'*\ ( ijlH lien Schattenwelien auf einen Schirm vergrößert zu prqii/itTi'n.
80 dürtun wir imcii uoBeren blBherigen Erfahrungen FolgenUes erkürten:
Beobaehfcen vir eiao Venaehipenoii, wUmad In der Nilie eine Qloeke m-
fesehlagea wird, so sehen wir den Schatten anf dem Schirme (sie Zeichen
IHr die Enegnngswelle des Nerven) durch den HOmerven zentralwärts enen,
wir verfotijen den Schatten bis in das (troßhim. \m(\ wenn die Versnchs
person aut' den Sehallreiz hin < iae Bewegimg macht, so kommen auch zentri-
fugai ablaufende Schatten zur Beobachtung.
»Jetet Selsen wir ms selbst Tor den BOntgenapparat md beolieebfen
nnsere eigenen GeUnreiilnderangen im Seliattenbilde. Wir weiden gtns
gensn in gleichen Erscheinungen beobachten wie vorhin, mit dem einzigen
Unterschied, dass im Moment, in dem die SchattenweUe snr Großhirnrinde
gelangt, wir den Ton der Glockt* hören.
»Eb wird Bicher Iruher oder später auf diese oder ähnliche Weise ge-
lingen, dnreh SellMrtbeolMMshtiing (!) festinsteUent liei welcher StsUe Im GMiim
nnsere Emp&idwigen ansprsehen (It) . . .
Ks ist daadt die Tatsache (!) des Znsammenhanges dm Gdilmes ndt den
filBcheinnnpen Tinwifierlesrlifli (! ' festgestellt (!!!)...«
Ein polrlu s ülieiitcu rliehes Phantasiegebilde i la Jnles Verne heißt
dieser VertaaBer nun einen experimentellca Beweis!
Hnn das Wie? des Znsemmenhsngs von GeUm und Erscheinung —
flOurt er irdter ans ~ sei der Fnnkt, an dem eine jede naeli Erkenntnis
strebende Forsehnng scheitert.
Da man nur unter der Voraussetrnnpr, daß »ein dem unseren gleich-
gebautes Gehirn eine gleiche Seele habe wie die meinige, Bcbließeu krmne,
daß bei gleichartiger Erregung des Gehirnes auch gleichartige Empfindungen
entstellen«, so entsteht das »merkwUrdlge Yerblltnis«, in dem wir nns den
Heren gegenüber befinden: »Wilurend wir unseren Mtmensehsn (mit Beeht
oder mit Unrecht bleibe dahingestellt) die gleiche Psyche sosohreibcn, die
wir f»o!bf?t befitzen und die Äußerungen dieser identiBchen Seele nach der
unseren zu beurteilen im stände sind, befinden wir nns schon den höheren
Tieren gegenüber im Ungewissen, ob wir ihnen eine Seele Uberhaupt zu-
sebreiben dürfen.«
Das Besnitat ist scUießUcb, daß »die Erkenntnis einer fremden Seele
ans dauernd verschlossen bleibt, da 08 keinen direkten Verkehr von Seele
7.U ' ic gibt«, also eine TOUige Abweianag der Mtfglichkeit des Analogie*
Schlusses.
Nach diesen Leistungen ftihlt er sich befugt, die vergleichenden Psy-
chologen iu geschmaekroller Weise ndt Stotterern an veijg^diea, denn
Forsehnngsrssaltste MXrehen an heißen nnd addießlidi In dem Sats an
gipfeln: »Die Biologie wird, nachdem sie erkannt hat, daß es sich bei den
Behauptungen der Psyeliologie um tmbewfisbare Spekulationen bündelt, auf
diese keine Rücksicht mehr nehmen, sondern unbekUmiiiert um weitere An-
griä'e sich ihrem klar erkannten Forschungsgebiet zawenden.€
leb wtlfde diese Schrift, die in dem, was in ihr richtig ist, dem Psycho-
logen nichts neues bringt, in dem aber, was sie neues beweisen wül, niebts
beweist, gar nicht, am wenigsten an diesem Orte, der Besprecbnng lilr wert
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Beipi«6lraBg«n.
{gehalten haben, wenn sie nicht in dem Fahmaeser einer heute anB der Phy»
eioiogiü breit augstromeQdea, mit beispielloser Anmaßung aaftretenden Rich-
tung schwämme, die darauf abzielt, die seeliachen Prozesse als physiologische
ProMCte und die ganse Pqroliologio nur all eine Art dtr Physiologie aaf-
zofasoeiif wobd rie tioh diiroli den gänzlichen Mangel ui pqrelkologiaeher
Bildung oder aneh lellwt nw iNjebologieehea VemOiidaiHee miTotteflbift
auszeichnet.
ludein diese Richtuug selbst ganz inaterialiHtisch denkt, schiebt sie auch
den Psychologen eine ganz materialistische Seele in die Schuhe, ein gewisses
Etwas, das awtsehen dem Rdi vitd der auf Uta folgenden Reakttoa gewisaer-
maßen tidg sein soll. Es ist aber gar nicht wahr, daß die Psydtologea
*die Handlungen der Tiers auf die Tätigkeit einer in Zentralorgan wirkenden
Seele bezogen« nie schließen in TVirklirhkeit nur aus flen Renktionserschei-
nung^en der Tiere analog zu ihrem eigeüeu Seelenleben aui einen nicht näher
bcHtiumbaren Trozeß, schließen ebenfalls analog, daß dieser in einem mehr
oder minder dealUehen B>wii6t8ein ablaofe, nnd heißen seUießUeh die
Oetamtheit dieser Eneheinmlgen 'seelisehe Erseheinnngen. Daß man
durch die Beobachtung der Reaktionserscheinungen, die nur eine äußerliche
ist, noch gur nichts über deren inneren Ablauf weiß nnd noeli weniger Uber die
Rolle, die dat« Bewubtseiu dabei spielt, entgeht diesen Physiolop^en
mangels irgendwelcher tieferen psychologischen Bildung gänzlich. In uns
Ifenschen selbst sehen wir jedenfiiBs diese FMwene in efaiem Bewnßtsein
sblanfen, nnd noeh niemand hat einen Grnnd namhaft gemaeht,
warum dies bei Tieren nicht ebenso der Fall sein sollte. Wenn
wir diese Vermntnnfr nirht fiirekt beweisen, sondern nur auf Hnind eines
Anaiof^ieaciilusses annehmcD kijuuen, so können wir sie aber auch
ebensowen* : widerlegen. Wenn uns aber wirklich die Erkenntnis einer
fremden Seele daaemd versehloasen bliebe, wenn wir wiiUieh sogar nnsein
Hitnensehen mSgiiefaer Weise [mit ünreeht die i^ehe Pi^yehe zuschreiben
würden, wamm hSt es Herr von üesküll dann Uberhaupt noch für n9tag,
Heine Anschauungen über NMrhBti nspplp imd Tierseele seinen sogenannten
MituieiiBchon rr>'fzni(>\\(ix\? Ol) iiliritrcii^ mehr die Setleutlieorie der vergleichou-
den Psycholc>c, u, oder mehr die Iservenwellentheorie der vergleichenden
Physiologen, wie Ueilcllll, den Namen TatsMhe oder Spelndation verdieot,
will ich beeeheidener als dieser hier lieber ganz unbeantwortet lassen.
Jeder wahre Foneher wird die beste Leistung in der Erforschung eines
schwierigen Problems von der friedlichen Zrisaramenarbeit aller beteilis-ten
Kräfte und aller Gegensatze erwarten. Abbicliten wie die, daß «Iii- i>iolügie
keine Rücksicht mehr auf die vergleichende Psychologie nehme, »luü. deshalb
— weil von einem Fanatiker, keinem Besonnenen geschrieben — nnr be-
daneiUeh. Ihre tslslehliehe Verwiddiehng würde niehts wie eine dnreh
Umncht herbeigeführte Degeneration jener Richtung selbst bedeuten. Anf
Arbeiten wie die vorliet^ende riüerdings wird die vergleichende Psychologie
jederzeit ebeuäo wie die Wisseuschatt Uberhaupt ruhig verzichten können.
Dr. phtl. Wilhelm Ament (Wttiabaxg}.
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