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Full text of "Archiv für die gesamte Psychologie"

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J 


Archiv  für  die 
gesamte  Psychologie 

Deutsche  Gesellschaft  für  Psychologie 


 ftubihiiniu/  ^  * 


Howard  Crosby  Warren  '89 


— iL  vin 


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ARCHIV 

FÜR  DIE 

GESAMTE  PSYCHOLOGIE 


ÜNTEE  MITWIRKUNG 

VON 

Pbof.  A.  KIRSCftMANN  ix  Toronto  (Canada), 
Fkop.  E.  KRAEPELIN  m  Heidelbkrö,  Prof.  0.  KÜLPE  rv  Wükzbubo, 
Dk.  A.  LEH^fANX  IX  Kopenhagen,  Prof.  G.  MART1U8  in  Kiel, 
Pbof.  G.  STOKRU^G  in  Z&bich,  Db.  W.  WIRTH  ut  Lxipsio  ma> 

Pbov.  W.  WUNDT  nr  Leifszo 


HERAUSGEGEBEN  VON 


E.  MEÜMANN 

O.  PKOP.  DSU  PmLOSOPIUE     D.  uiii?s&&nli  zObich 


I.  BAND 

KIT  16  naUBBN  III  TBXT 


LEIPZIG 

VERLAG  VON  WILHELM  ENGELMANN 

1903 


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Bs  wurden  Mugeeebon: 

Heft  1  (S.  1—184;  Litaatiu1»eRttht  B.  1—90)  «m  7.  April  1906. 

Heft  8  n.  8  (S.  186—418,  litenturberielit  &  81—60)  «m  1&  Mai  1908. 

Heft  4  (S.  417—644;  lateieturberioht  S.  61—98)  tn  86.  Jtmi  1908. 


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Inhalt  des  ersten  Bandes. 


Abhandlungen . 

IfBüiEAinr,  E.I  Zur  BinfUmmg   1 

KBABPBEur,  R,  Über  EimfidnogmeMimgeii   9 

Fbabcb,  H,  Ob«r  den  EinlBuO  ▼on  Kebtnreisen  auf  die  Reiunmliniebnaiig  Sl 
GABlBCgBHBBHfliWiB.,  CberdieMöf^ehketteinerQiMotttttderToiieDipfindaiig. 

(Mit  2  Figuren  im  Text)   110 

WBEftcnxEB,  A.,  Zur  Psychologie  der  Aussage.  (Mit  einer  Ablnldung)  .  .  .  148 

Lipps,  Theodob,  Einfühlung,  innere  Nachahmung  und  Organempfindungen.  185 

Krüeger,  "Felix,  Differenztone  und  Konsonanz.     Mit  2  Figuren  im  Text)  205 

Mater,  August,  Über  Einrcl-  und  Gesamtlciatunp;  des  Schulkiudes  ....  276 
Pektscilew,  Christo,  Untersuchungen  zur  Ökonomie  und  Technik  des  Lernens. 

(Mit  11  Figuren  im  Text)   417 

Du&B.  K.,  Über  die  Frage  des  Abhäugigkcitsverhültnisaes  der  Logik  vüu 

der  Psychologie.    Betraciitungeu  im  Anscliluß  au  die  »Logischen 

Uütcniiciiui^ai«  roa  Edmund  Husserl   587 

Xiiteraturbericlit. 

H.  KoETTEKE.v,  Poetik.  Erster  Teil  (A.  Sehrnncrt.)   1 

Fort«chntte  auf  dem  Gebiete  der  Erforschiuig  der  kindlichen  Sprache  in  den 

Jahren  1898—1902  (Hermann  Gutxmann.)   7 

Fortechritte  auf  dem  Gebiete  der  Psychophysik  der  Licht-  und  Farben- 

empfindung.    [Wühdm  Wirth.)   21 

Fortschritte  auf  dem  Gebiet  der  Völkerpsychologie,  Kultur-  und  Gesellschafts- 

lehfe.  Utanturberiebt  Aber  dae  Jahr  1908.  {A.  VierhandL)  ....  ei 
Die  oeacren  Erfidijungen  tlber  die  SpcaehitAnmi^  Befeml 

fl]>er  die  Jahve  1896^1900.  ißermam  Qvbfmmm.)   67 

Ubsküll,  J.  von,  Im  Kampf  um  die  'TieMeele.  {WHkOm  AsnmU.)  ....  90 


vT-^*  >  566276 


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I 


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Zur  EmfohroDg. 


Die  gegenwärtijre  Psychologie  zeigt  eine  ^rolic  Mannie:faltic:- 
keit  von  Riehtnngeu  und  Standpunkten,  die  sich  nach  einer  langen 
Periode  i^eirenseiti^er  Bekämpiung  der  Verständigung  Uber  ihre 
materialen  Grundanschauungen  und  die  Methoden  ihrer  Forschung 
zu  Hähern  beginnen.  Diese  Verfassung  der  Psychologie  erscheint 
als  ein  notwendiges  Produkt  ihrer  historischen  Entwick- 
lung, denn  die  Anfänge  nnsrer  heutigen  psychologischen  Arbeit 
verhalten  sich  wie  weit  verteilte  Qnellen  eines  Stromes,  und  die 
Verschiedenheit  des  Ursprungs  mnfite  notwendig  längere  Zeit  in 
der  Entwicklung  der  Foiaehnng  nachwirken. 

Während  die  experimentelle  Psychologie  wesentlich  an- 
knüpfte  an  die  Vorarbeiten  der  aUgemeinen  Physiologie  und  ins- 
besondere an  Spezialuntersuchungen  der  Sinnesphysiologen  der 
ersten  Hälfte  des  19.  Jahrhnnderts,  zum  Teil  auch  an  Vorarbeiten 
der  Physiker,  Astronomen  nnd  Mathematiker,  und  sieb  erst  in  den 
sechziger  Jahren  des  vorigen  Jahrhnnderts  in  Fechners  und 
Wundtfl  grundlegenden  Untersuehnngen  zum  ersten  Bfal  in  den 
Dienst  psycholegisoher  Angaben  steUte,  Aifite  dieintrospektiye 
Psycliologie  anf  nahezu  rein  philosophisohen  Traditionen.  Ihre 
mittelbaren  VorUlnfer  dürfen  wir  sndien  in  den  Vertretern  der  be- 
schreibenden Psyehologie  am  Ansgaag  des  18.  Jahrhnnderts,  ins- 
besondere in  Tetens^  Analyse  der  Tstsaehen  des  inneren  Sinnes, 
in  der  Fl^ehologie  nnd  Anfliropologie  Kants  —  wobei  anr  Eni- 
stehnng  ihrer  Mediode  Kants  Polemik  gegen  die  MOgliohkeit,  die 
Pi^hologie  an  einer  exakten  Wissenschaft  sn  erheben,  negatiy 
beigetragen  haben  mag.  Aneh  die  nnmittelbaren  Vorlänfer  der 
gegenwirtigen  Psychologie  der  inneren  Wahmehmnng  sind  sam 
grOSten  Teil  der  natarwissensehaftlichen  Denkweise  fernstehende 
Phfloeophen.  Sehen  wir  ab  von  einer  Anzahl  fast  vergessener 
Psychologen,  welche,  die  Traditionen  der  Anfkllbnmgspsychologie 
weiter  lllhrend,  den  Obergaug  zum  19.  Jahrhundert  vermitteln,  so 


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Zur  Emtlibnmg. 


sind  e»  toOs  die  ganze  au  dem  KantianiBmiia  herroigebende  Psycho- 
logie>  insbesondeie  Fries,  Herbart  und  der  die  Bedeutung  der 
inneren  Wahmehiniing  ttberspumende  Beneke  (der  Psychologie 
>al8  NatnrwiflseDBehaft«  an  behandeln  meinte,  wenn  er  sich  auf 
innere  Wafamehmiing  stttizt),  noch  mehr  die  Herbartschc  Schale 
und  der  zwischen  allen  psychologischen  Richtungen  yennittelnde 
Lotze,  die  fUr  die  Entwicklung  der  gegenwärtigen  Psychologie 
der  Selbßtwahrnehmimg  vor  allem  Bedeutung  gewannen.  Eine 
ähnliche  Stellung  nehmen  auf  außerdeutschem  Boden  ein  Maine 
de  Birun,  die  beiden  Mill  und  Baiii.  Isebcii  diesen  Haupt- 
richtnngeu  der  gegenwartigen  Psychologie  finden  wir  die  Xacb- 
wirkunfiren  der  euglischen  Assoziationspsychologie  in 
Deutöchluüd,  und  in  direkter  Gegnerschaft  gegen  die  Kantisrhcn 
Traditionen  entstaixl  auf  dem  Boden  des  neueren  Thomismus 
eine  besondere  Grupite  von  Vertretern  einer  empirischen  Psycho- 
logie der  inneren  Wulirnehmung.  Der  philosophische  UrspruTiar 
der  neueren  Psycliologie  wirkt  endlich  in  einer  »philosophi- 
schen Psychologie«  nach,  die  ihre  Aufgahe  mehr  in  erkenut- 
niötheoretischer  Grnndlefrung  der  Psychologie  als  in  der  Analyse 
einzelner  BewuiitseinsvorL^inge  sieht. 

Aber  damit  nicht  genug!  Die  Physiologie  wollte  sich  nicht 
iiclinicn  lasseu,  was  ^ie  einst  historisch  hervorbrachte,  sie  duldete 
nicht  die  Emanzipation  ihres  Kindes.  Daher  sehen  wir,  wie  uebeu 
der  ex]>erir!ieiitenen  Psychol  igie,  die  ganz  in  den  Dienst  psycho- 
logischer Fragestellung  tritt,  sich  bis  heute  eine  andre  Richtung 
erhält,  welche  rein  au«  aTiatoTiii<Jc!i-phyaioh)|p-ischen  Daten  ttber 
nervöse  Verbindmigen  in  der  Grolihirnrinde,  Uber  Lokalisations- 
phänomenc  und  hypothetische  Zellfunktionen  -  vermeintlich  ohne 
wesentliche  Zuhilfenahme  selbständiger  psychologischer  Analyse  — 
eine  »physiologische  £rklärnng  der  psychischen  Er- 
scheinungen« versucht. 

Während  die  bisher  genannten  psychologischen  Richtungen 
schon  offen  miteinander  im  Kampfe  ia^n,  bildete  die  fär  das 
paycholegiaehe  Studium  so  fimohtbare  medizinische  Forsohnng  eine 
anfangs  von  den  Psychologen  nur  wenig  beachtete  neue  Methode 
ans,  die  gegenwärtig  mit  vollem  Recht  als  eine  besondere  psycho- 
logische Methode  neben  die  experimentelle  und  introspektive  Ana- 
lyse tritt,  wir  meinen  die  paychopathologische  Methode.  In 
Dentsefaland  bis  vor  kurzem  noch  gSnzUeh  in  ihrer  Bedeutung  ver- 
kannty  von  zahlreichen  Payohologen  noch  immer  nicht  gebührend 
gewürdigt,  fand  sie  hanptsftchlich  in  Frankreich  nnd  England  ihre 
mte  Ansbildnng  (Handaley,  Taine,  Bibotn.  a.}.  Allerdinga 


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Zur  EintthniDg. 


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mag  die  anfänglich  oft  sehr  unexakie  Art  tjie  zu  handhaben  das 
Mißtrauen  der  deatschen  Psycholoiren  gegen  die  pathologischen 
Beobachtungsresultate  erklären,  aber  wer  wird  eine  Methode  für 
das  mangelnde  Geschick  ihrer  ersten  Vertreter  verantworthch 
machen?  Neuere  Arbeiten  auf  diesem  Gebiete  liaben  den  Beweis 
erbracht,  daß  die  psychopathologische  Belumdlung  psychologi- 
scher Probleme  als  eine  zweite  objektive  Metliode  von 
größter  Fruchtbarkeit  neben  die  experimentelle  Psjohologie  au 
treten  geeignet  ist. 

Wenn  die  bisher  bezeichneten  Richtungen  in  der  Psychologie 
sich  auf  psychologischem  Gebiete  seihst  bewegen,  so  bildeten  sich 
teils  durch  die  fortschreitende  Entwicklung  der  philosophisebeD 
Erkenntnistheorie»  teils  durch  Anregnngen,  welche  wiederum  von 
rein  natanrissenschafllicher  Seite  ausgingen»  auch  in  der  er- 
kenntnistheoretischen  Frage  nach  der  üTatnr  des  Ton  der 
Psychologie  bearbeiteten  Erfahrnngsgehietes  gmndsätzlioh 
verschiedene  Standpunkte  aus,  und  die  methodischen  Gegen- 
sätze, die  sich  bis  heute  als  Psychologie  der  inneren  Wahmehmong 
und  physiologische  und  experimentelle  Psychologie,  oder  als  er- 
kliiende  und  beschreibende  Psychologie  gegenttbeistehen,  haben 
ihre  letzte  Wurzel  in  erkenntnistheoretischen  Meinungsverschieden- 
heiten tlber  die  von  allen  empirischen  Wissensdiaflen  behandelte 
Er&fariing.  Vielleioht  ist  es  nicht  zu  yiel  behauptet,  daß  der  lotste 
Kampf  der  p^ebologischen  Riehtongen  nnd  Standpunkte  auf  dem 
Boden  der  erkenntnlstheoretisehen  Gnmdlegnng  der  Psychologie 
ausgefoditoi  weiden  wird. 

DaB  nun  bei  so  venchiedenartigem  historischen  Ursprung  der 
psychologischen  Foisdiungssweige  die  VeisHiadigung  unter  ihren 
Vertretern  eine  schwierige  ist,  kann  nicht  wunderbar  sein;  schien 
es  doch  manchmal  —  ganz  besonders  in  den  Geburtsjahren  der 
Fsychophysik  und  physiologischen  Psychologie  —  daB  die  ver- 
aohiedenen  psychologischen  Bichtnngen  kaum  noch  das  Bewußtsein 
hätten,  an  derselben  Bache  zu  arbeiten,  zu  dem  gleichen  Ziele  zu 
streben!  Die  experimentelle  Psychologie  spielte  daher  eine  Zeit- 
lang die  Bolle  einer  disdplina  milttans,  sie  hatte  sich  schiittweis 
ihren  Boden  zu  erkimpfen,  es  galt  innere  und  äußere  Sohwierig- 
keiten  zu  überwinden.  Die  innem  lagen  in  der  Notwendigkdt, 
das  Ton  den  Grenzwissenschaften  der  Psychologie  yorbearbeitete 
Mateiial  unter  den  rein  psychologischen  Gesichtspunkt  zu  bringen, 
und  die  Methoden  und  Hilftmittel,  die  anfangs  mehr  der  Besonder^ 
heit  des  psychophysischen  Steifes  angepaßt  waren,  zu  eignen 
Forschungsmetiioden  und  -ndtteln  des  Psychologen  umzugestalten. 

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4 


Zw  £infilbnng. 


Wir  sehen  daher  in  den  Methodtu  oud  Verfahruii^'svveiBcn  der 
experimeütellcn  Psychologie  die  allgemeine  Ent^ivickluugstendenz 
vorwalten,  daß  sie  von  rein  objektiven  Methoden,  in  denen  der 
Nachdruck  auf  dem  Verfahren  und  der  mathematischen  Verwertnng: 
der  Resultate  liegt,  weiter  gebildet  werden  zu  jener  Stellung  des 
Experiments,  in  der  es  nur  ein  dienendes  Instrument  der  Selbßt- 
wabmehraunfr  ist  —  freilich  ein  Instmiiient,  das  das  Auge  der 
Selbstwahruebmung  erst  zum  zuverlässigen  Sehen  fähig  macht. 
Ehen  so  g^roß  waren  die  äußern  Schwierigkeiten,  die  der  experi- 
mentelle Fsycbolog  zu  Uberwinden  hatte.  Sic  bestanden  nicht  zum 
geringsten  in  der  Notwendigkeit,  Laboratorien  zu  gründen  und 
einen  Nachwnchs  heranzubilden,  der  methodisch  und  Bystemafisfh 
so  vorgebildet  würde,  wie  es  das  eminente  Ubcrgreilen  der  neuen 
psychologischen  Arbeitsweise  auf  Grenz-  und  Hilfswissensclmf^en 
der  Psychologie  erlordcrte,  —  sodann  aber  auch  in  der  irberwiti- 
dung  der  Vorurteile  der  »reinen  Psychologen«.  Bestätigte  sieh 
doch  hier  die  immer  wiederkehrende  Erfahrung,  daß  jahrelang 
von  der  Stndierstnbe  aus  (Vlt  unmöglich  erklärt  wurde,  waa  die 
Männer  der  Tat  längst  ausgeführt  hatten. 

Aus  diesem  Stadium  der  gegenseitigen  Bekämpfung  beginnen 
die  verschiedenen  fiichtungen  in  der  Psychologie  herauszutreten 
und  sich  einander  zu  nähern;  immer  mehr  ist  in  dem  letzten  Jahr- 
zehnt die  Gemeinsamkeit  der  Methoden  und  die  Einheit  des  Zieles 
betont  worden.  Es  sind  mancherlei  Ursachen,  die  diese  Annähe- 
rung gefördert  haben.  Sie  durfte  hauptsächlich  daianf  beroheDy 
daß  die  »Introspektiveiic  und  die  »Experimentellen«  voneinander 
gelernt  haben.  Die  experimentelle  Psychologie  verwendet  in  aus- 
giebigster und  systematischer  Weise  die  Selbstbeobachtung;  die  Ver- 
wertung aller,  aneh  der  nicht  in  der  direkten  Linie  des  Experiments 
liegenden  Aussagen  der  YeisnehspeiBonen,  und  die  Interpretation 
der  objektiv  konstatierten  YersnehseigebniBBe  durch  die  Anseagen 
des  »Beobaohters«  hat  ein  ganz  andres  Gewiekt  bekommen,  als 
in  den  Methoden  des  Begründers  der  Fsyefaophysik.  Die  Frage- 
steUnng  im  Experiment  geht  mehr,  als  es  Feohner  ttberhaapt  fttr 
mOgÜeh  gehalten  bitte,  direkt  anf  rein  psyebologiseke  Probleme, 
die  anfangs  dominierenden  methodologiseben  Fragen  sbid  durebaas 
hinter  matenal  psyebologisebe  Probleme  xnrttokgetreten.  Im  Zn- 
sammenbang  der  bistoriseben  Entwicklung  der  Psychologie  bedeutet 
das  den  Sieg  der  experimentellen  Psychologie  über  die  Fecb- 
nerscbe  Psycbophy  sik ,  die  als  bloBe  Orenzwissensobaft  von  den 
Besieh nngen  swisoben  Leib  nnd  Seele  natnrgemilfi  unter  einer 
zweifachen  Beschränkung  zu  leiden  hatte:  der  aassebliefiliebea 


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Zur  RjafiBining. 


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Uoteniichiuig  toa  Abhängigkeitsbeziehungen  zwischen  Heiz  and 
NerreneireguDg  und  ihren  psychischen  Äqniyttlenlen,  nnd  der 
melqihysiBehen  Tendenz  flner  Fiagestellimg.  Andrerseits  aber 
iehen  wir,  wie  die  »Introspektirenc  sieh  die  Beenltate  der  experi- 
menleUen  Psyehologie  zu  eigen  machen  nnd  mehr  nnd  mehr 
SU  Yerwendang  der  Methoden  nnd  Büttel  der  experimealellen 
Fftyehologie  ttbeigehen,  nnd  die  Zeit  durfte  nieht  mehr  fern  leän, 
in  der  der  Wmttch  eines  der  Begründer  der  gegenwirtigen  Peyeho* 
legie  in  ErftHong  geht,  dafi  die  Beieiehnnngeii  »experimentelle« 
nnd  »phyaiokigiBohe«  Fnyohologie  yerBehwinden  werden,  weil  sie 
selbetTenatindlieb  geworden  sind. 

Aber  diese  AmAhemng  m  dem  Charakter  der  Untettoohnng»- 
meflioden  iet  dniehans  nicht  das  einzige  Momenti  das  die  Flsyeho- 
kgen  Tersdiiedener  Tradition  nnd  Biehtong  anf  den  gleichen  Weg 
weist;  mehr  noeh  seheint  nne  der  Ausgleich  der  Gegensitu  an- 
gebahnt zu  werden  dnroh  die  fortaohreitende  Erweitemng  des 
Anwendungsgebietes  und  der  theoretischen  Bedeutung  der  ezperi- 
meatdlen  Methoden  selbetf  Die  ürllher  oft  g^ufierte  Meumng, 
die  experimentelle  Ffeiyehologie  werde  auf  die  Elemente  des  Seelen- 
lebens, insbesondere  auf  die  Empfindungen  als  eine  Art  »Psycho- 
logie nnd  Physiologie  der  Sinnesoigaae«  besehribikt  bleiben,  wird 
beute  wohl  niemand  mehr  vertreten  wollen.  Nicht  nur,  daS  sieh 
auch  kompliziertere  psyehiache  PhSnomene,  wie  Aifekte,  Willens- 
liaadlnngen,  ReprodnktionsYorgänge  und  Reprodnktionsgmndlagen, 
GedSohtnialeistnngen,  Lernmethoden,  Lesen,  Schreiben,  Sprechen, 
die  yerwickdten  Bedingungen  »geistiger  Arbeit«,  ferner  die  Grund- 
lagen der  menschlichen  Individualität  uud  ueuerdings  Aussage,  Frage 
nnd  Urteü  als  dem  Experiment  zu^räuglich  erweisen  —  es  liegt  vor 
allen  Dingen  eine  prinzipielle  Verki-niiimg  der  Tragweite  des 
Experiments  iii  jcuem  Vorwurf.  Es  Bind  nicht  sowohl  dir  ele- 
mentaren, als  vielmehr  die  fundamentalen  Probleme,  die  für 
den  Aufbau  der  ganzen  Psyeh  dogie  nnd  die  Analyse  der  zu- 
sammengesetzten Phänomene  entseheidenden  Grundtatsaclien, 
die  elementare  Gesetzmäßigkeit  des  pgyrhischen  Lebens, 
ohne  deren  Erkenntnis  keine  analytische  Psyt  hologie  die  zu- 
sammengesetzten Phänomene  zu  behandeln  vermag,  welche  das 
psychologische  Elxperiment  in  Angriff  nimmt.  Die  experimentelle 
Behandlung  des  Gefühls  z.  B.  sucht  mittels  der  Ausdrncksmethodea 
direkt  zu  eutsciieideu,  die  Frage  nach  der  Anzahl  elementarer 
Geftiblsrichtangen,  die  Möglichkeit  >gemi8chter  Geftible«,  die  Ab- 
bSngigkeit  aller  Geftihle  vom  Gesamtbewußtsein,  die  Beziehunß:en 
zwischen  Gefühl  uud  Aufmerksamkeit,  die  physischen  Grundlagen 


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6 


Zur  TSnffihniiig. 


der  Gefühle  n.  a.  m.  —  Fragen  also,  tod  denen  die  gesamte  Ge- 
ftthlspsychologie  bei  jedem  Schritt  abhängig  ist. 

Je  mehr  sich  diese  Erkenntnis  Bahn  bricht,  daß  die  Bedentong 
des  EIxperiments  in  der  Psychologie  eine  fundamentale,  nicht  eine 
»elementare«  ist,  desto  mehr  wird  auch  der  nioht-experimentelle 
Fftycholog  bereit  sein,  mit  den  Beaohaten  des  psyehologiMsheii 
£zperimentB  m  lechnen. 

Nicht  nur  unter  den  Psychologen  von  Fach  bat  sich  das  Be- 
wußtsein gemeinsamer  Arbeit  and  gleicher  Ziele  herausgebildet^ 
aneh  in  den  Anwendungsgebieten  der  Psychologie  werden  die 
Bestrebungen,  die  eine  Zeitlang  völlig  der  Zerqtlitterung  anheim- 
fieien,  immer  konveigenter. 

In  der  psyehologiseben  P&dagogik  ist  eine  umfangreicbe 
Fersebnng  entstanden,  die  sieh  der  Sjrstematisehen  Beobaehtong 
und  des  EiperimenlB  bedient  und  die  Hedioden  der  eiperimen- 
teilen  Fliyehologie  ftr  die  Behandlung  pttdagegisefaer  Probleme 
umsugestalten  und  an  die  Besonderheiten  des  Gebietes  und  des 
Objektes  auBUpassen  bemttbt  ist 

In  der  Ästhetik  bat  die  psyebologische  Analyse  des  Sstheti- 
sefaen  Verhaltens  TorlSafig  nabesu  alle  andern  ftsthetiscben  Metho- 
den verdrlngt;  und  wenn  die  psycbolegisebe  Püdagogik  gerade  in 
der  Anwendung  des  Experiments  ihre  Stibrke  sucht,  so  ist  es  der 
rem  analytisehe  Weg  der  Zergliederong  istfaetiBober  Eindrucke 
und  ästhetischen  Geniefiens,  der  ^  Torlttufig  wenigstens  —  auf 
diesem  Gebiet  die  größten  Erfolge  su  Teizeiehnen  bat 

Auch  die  psychologisehe  Grandlegnng  der  Erkenntniswiasen* 
sehaften  und  der  Ethik  gebt  immer  mehr  in  die  Bünde  des  Faeh- 
Psychologen  Aber,  und  in  diesen  Gebieten  dttrfte  trots  mancher 
boflhnngsYoUer  Ansfttse  des  erkenntnistheoretisohen  Experiments 
wiederum  der  Hauptantefl  an  den  bisher  erreiebten  Besultaten  der 
reüi  analytischen  Psychologie  zufalien. 

So  ist  auch  der  Stand  der  Forschung  in  den  Anwendungs- 
gebieten der  Psychologie  geeignet,  zur  gegenseitigen  Anerkennung 
und  zur  Betonung  der  Einheit  des  Forschens  zu  mahnen. 

Einigung  der  Arbeit  verlangt  aber  nicht  minder  der  wissen- 
schaftliche Fortschritt  in  den  Grenzgebieten  der  Psychologie; 
umso  mehr,  als  ihr  Verhältnis  zu  diesen  ein  wesentlich  andres 
ist,  als  zu  ibren  Aiiweudungsgebieten.  Wäbrend  sich  dort  die 
Psycbob)gie  wesentlicb  gebend  und  anregend  verhalten  hat,  dürfte 
sie  von  der  Paycbiatrie,  der  Rriminalpsychologie,  der  psychologi- 
seben  Bebandlungaweise  natioualökonüuiiscber  Probleme  eine  Rück- 
wirkung, uamentlich  eine  Befruchtung  uacb  der  metbodiscbea  Seite 


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Zur  Ebifllhnuig. 


7 


hin  erfabrcu  haben,  die  ihrem  eignen  Beitrag  zur  FOrdenmg  jener 
Wissenschaften  mindestenB  gleiehwcrtig  ist.  In  den  Untersnchnngen 
Uber  die  Bedingungen  geistiger  nnd  körperlicher  Arbeit,  die  bisher 
wesenilioh  Ton  psycbiatfisober  Seite  ausgingen,  in  den  psyehlairi- 
schen  Intelligenzprltfiingen,  in  der  pathologischen  Symptomatik 
des  nlmormen  SpiedienS)  Lesens  und  Schrdbens,  sehen  wir  Unter- 
snebongsmeOioden  entstehen,  die  ihrer  Aosbeotnng  Air  rein  psyelio- 
logische  Zweeke  noeb  warten,  und  die  statistisehen,  die  zählen- 
den Methoden  eatgtaam  in  willkommener  Weise  das  messende 
Vei&hren  des  psyehologisdien  Eiperiments.  Wir  bnmehen  end- 
lieh wohl  kaum  daianf  hinroweisen,  daß  es  in  der  Tendens  des 
Sipeiimentes  selbst  liegt,  sn  gemeinsamer  Arbeit  anzuregen.  In- 
dem die  Arbeit  des  Fsydiologen  EzpenmentaUbnehnng  geworden 
ist,  kann  sie  sieht  mehr  das  PriTÜ^nm  einzehier  besonders  yer^ 
aolagter  Geister  bleiben;  es  vennag  sieh  jeder  mit  Brfolg  in  ihr 
in  betitigen,  der  die  FiÜugkdt  der  Beobaohtong,  dar  nnTorein- 
genommenen  Analyse  der  TaJaaehen  nnd  der  Anwendung  exakter 
Methoden  bestizt  Diese  Verteilang  der  Arbelt  anf  sstdieiehe 
Kiifte  ist  zugleich  die  unerlttfiliche  Bedingaug  des  i^rtsdiritts 
einer  empirisdien  Forschung,  die  vor  einer  solchen  Fülle  veiy 
wiekelter  TatbestBnde  steht,  wie  die  Psydiologie. 

Als  dn  Dokument  dieses  wachsenden  BewuBtseins  der  Qemein- 
samkeit  der  Arbelt  und  der  Gldchheit  der  Ziele  will  das  Arehir 
für  die  gesamte  Psychologie  betrsditet  sein.  Es  tritt  nicht 
als  eine  neue  Zeitschrift  unter  zahllosen  andren  anf  den  Plan, 
sondern  als  die  erweiterte  Fortsetzung  der  Philosophischen 
Stadien^  die  lange  Zeit  als  das  alleinige  Organ  ftlr  die  Ver- 
öffeutlic'hung  experimentell -psychologischer  Arbeiten  dastanden. 
Die  'Studien*  Wuudts  waren,  entsprechend  der  Entwicklung 
tief  cxfieriraeütellen  Psychulogie,  anfangs  ein  Kampforgan,  (I.lh  der 
neuen  psychologiscbeii  Methode  die  Wege  baünen  sollte  und  ge- 
bahnt bat.  Durch  die  Erweiterung  ihres  Programms  zu  einer  all- 
gemein psychologischen  Zeitschrift  möchten  die  Herausgeber  be- 
kunden, daß  sie  die  Zeit  ftlr  gekommen  erachten,  um  auf  dem 
einstigen  Kampfesboden  zahlreiche  Psycholageu  zu  gemeinsamer 
Arbeit  zu  vereinigen. 

Damit  aber  dtlrftcn  die  Bedtirfiiisse  nicht  erschöpft  sein,  denen 
eine  allgemeine  psychologische  Zeitschrift  in  unsrer  Zeit  zu 
dienen  hatl 

Der  heutigen  Psych ologie  droht  eine  andre  größere  Grefahr  als 
der  Maiii^el  an  Einierkeit  unter  den  Psychologen:  es  ist  die  Zer- 
äplitteiaug  der  psychologischen  Einzelforschung,  die  einerseits 


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8 


Zur  Wnfltliwiiig- 


dorch  die  immer  weiter  getriebene  Spezialisierung  der  Probleme, 
sodann  aber  mindesteoB  ebenso  durch  die  beständig  fortschreitende 
Erweiterung  des  Umfangsbereichs  der  psychologischen  Forschung, 
den  Uberblick  Uber  das  Ganze  immer  schwieriger  macht  Nicht  nnr, 
daß  neben  die  fast  nnttbersebbare  Stoffmenge  der  Indiyidaalpsycho- 
logie  das  weite  Feld  der  TülkeilMyehologischen  Untersncliiingen  ge- 
treten ist,  wir  müssen  sogar  auf  fernere  Gebietserweiterangen  hoifeii, 
auf  den  Anbau  der  Einderpsychologie,  der  Tierpsychologie  und  der 
Sklwiekliiigspsycbologie.  Zn  dem  Ruf  nach  Einheit  und  Veratfn- 
dignng  gesellt  sich  so  daa  lebhafte  Verlanen  nach  Konsentration 
der  Forschung!  Die  Zusammenfassung  der  gesamten  psychologi- 
aehen  Arbeit  wird  allmtthlich  eine  Lebensfrage  der  Psychologie. 
Ihr  werden  zwar  in  letzter  Linie  nur  Übersichtliche  Kompendieii 
und  ersohi^feiide  und  zugleich  sichtende  Gesamtdarstellungen 
dienen  können,  aber  das  yorbecotonde  Organ  fUr  dieie  ist  di6 
lenlniltaierende  Zeitschrüll 

Im  Intereeae  der  Einigong  und  Eonzentcitloii  der  peyefaolegi- 
Boben  Arbeit  will  das  AiehiT  für  die  geeamte  Peyehologie  sn 
wtrkeo  sneben.  Aber  damit  soU  nioht  einem  flimibMMiL  Sammeln 
▼Oll  Elaielbeitep  ud  einem  priniiplosen  EUektizismne  das  Wert 
geredet  sebi!  Die  Hemsgeber  hoffen  niebt  nur  dem  Verlangen 
nach  Konaentration,  sondern  auch  den  Anfovderangen  an  eine  kri- 
tisebe  l^ditiing  der  Ergebnisse  der  payohokgiseben  Einxelarbeit 
dnreh  die  Snßere  Einriehtoiig  des  Arehivs  gereeht  m  werden. 
Neben  Abhandlungen  ans  allen  Gebieten  der  Psyehologie  wird  das 
AvoMy  ansfllbrliehe  kritisebe  Beapieebin^en  wiobtiger  Werke  und 
in  insammenfassenden  Literatnrberichten  eine  Obersiebt  Itber  den 
Fortsehritt  der  Forsebang  im  ganzen  Interessenbereiobe  des  Pi^cbo- 
logen  an  geben  Teisooben,  Beriebtent  denen  ebensowohl  die  Auf- 
gabe der  ZnsammenÜMsnng  des  Wertvollen,  wie  die  Anssobeiduig 
des  Minderwertigen  obliegt. 

Hnn. 


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über  ErmädoiigsmesBUDgen. 

Von 

Emil  KnepeUn« 


Die  außerordentliche  Sohneiligkeit,  mit  der  sieh  die  ans  der 
itten  Welt  veipflaiizte  junge  Wissenschaft  der  expeiimeotellen 
Fkyehologie  in  Amerika  eoMekelt  lia^  findet  ihie  Erklinoig  nm 
gVton  Tdl  in  der  Bedeutung,  die  man  ilur  dort  fibr  die  LOenng 
ynktiseher  AnQiaben  somiBt  Bei  nn«,  im  elgentliehen  Tateilaiide 
jener  Wiseenscliaft,  sind  ibre  Ziele  bisher  wesentiieb  auf  die  reine 
Erkenntnis  der  Gesetze  des  Seclcnlebciis  bescbrünkt  geblieben. 
Mich  selbst  trieb  freilich  schon  vor  mehr  als  20  Jahren  die  Hotfiuiuir 
in  Wundts  Laboratorium,  auf  irgend  weleheu  dunkleu  Weircn 
den  psychologischen  Versuch  ftlr  das  VerBtäudnia  der  Geisteastö- 
rasgen  nutzbar  machen  zu  können.  Aber  derartige  BestiebnngeD 
biben  sicli  bis  heute  der  Beachtung  oder  gar  Wertschätsnng  mei- 
aer  Fadigenoasen  nur  in  sehr  beeeheidenem  Mafie  an  erfirenen 
gMbt,  obgleiefa  sie  ebne  Zweifid  das  dnzige  IGttel  darstellen,  an 
sner  braoelibaren  Psjchopalliologie  an  gehiqgett. 

bst  in  aflemenester  Zeit  briebt  sieh  aneb  bei  ans  die  Erkenntnis 
iiM'hr  und  mehr  Bahn,  dah  die  experim enteile  Psychologie  weit  mehr 
i-t,  [ih  dm  Steckenpferd  einiger  ukadcmischen  Gelehrten,  daß  sie 
vieimehr  in  erster  Linie  lierufeu  ist,  anch  in  zahlreichen  Fragen  den 
praktischen  Lebens  die  Entscheidung  zu  bringen,  in  denen  es  sich 
un  die  Beziebongen  zwischen  Ursache  und  Wirkong  anf  geistigem 
Gebiete  bändelt  Wenn  wir  hier  die  Anflülningen  anfier  aobt 
bM«n,  die  nne  der  psyebologisdie  Venneb  in  der  Frage  der  psy- 
sUieben  Alkobol^HriLnngen  gebraebt  bat,  eo  sind  ea  namentlieh 
die  Bedtirfiusae  der  Sebnlmünner,  welobe  die  Anfinerksamkdt  anf 
snsere  WissenscbafI  gelenkt  beben.  In  der  Tat  ersebeint  sie 
geeignet,  wie  erst  jungst  wieder  Meiimauu^)  dargetan  hat,  gerade 

1)  Entstehnn?  \\r\(\  Ziele  der  esperimeatellea  Pidagogik.  Die  deotsehe 
Schule  V,  Heft  2-5.  1901. 


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10 


Emil  KnepeUa, 


ftr  die  Lehre  vom  Lernen  and  Erziehen  die  allerwichtigsten  Grimd- 
lagen  zu  liefeni. 

Cranz  besouders  ist  es  die  fVage  der  Ermttdangsmessuu^en 
gewesen,  welche  die  Notwendigkeit  einer  experimentellen  Behand- 
lung nahe  gelegt  hat.  Die  einschneidende  Bedeutung,  die  der  £r- 
mUdmig  im  UntemchtBbetriebe  snkommt,  muBte  den  Wnnfleh  leb- 
haft herrmrtieten  laBsen,  die  GiOBe  ihrer  Wirkungen  m  heetimmen, 
sobald  nur  liigendwie  die  HOgliehkeit  emer  solehen  Messung  anf- 
tanehte.  In  dieser  Riehtang  haben  sieh  daher  aneh  bis  jetet  die 
meisten  der  von  Schalmänneru  selbst  durchgeführten  Experiraental- 
uütersuchnngen  bewegt.  Dabei  ist  es  klar  geworden,  daß  hier 
zwei  Hauptfragen  zu  beniitworten  sind,  deren  Lösun-r  auf  ver- 
schiedenen Wegen  in  Angrill  genummen  werden  muß.  Es  handelt 
sich  nämlich  einmal  um  die  Frage,  welche  ErmUdungswirkungen 
eine  Ttttigkeit  ven  yerBohiedener  Art  und  Dauer  auf  dieselbe  Person 
ansübt,  sodann  aber  um  die  pers5n]iohen  Unterschiede  der  Er- 
mlidbarkeit  bei  versebiedenen  Sehlllem  nnter  dem  Einflnsse  der- 
selben Arbeit  Diese  beiden  Richtungen  der  Unteisaehnng  ent- 
sprechen den  beiden  Seiten  der  ÜberbttrdiingsiTage,  der  stoffliehai 
und  der  persönlichen.  Dort  ist  das  Ziel  eine  richtige  Beniessoug 
des  Stoffes  und  der  Dauer  des  Unterrichts,  hier  die  öonderuug 
der  ScIiUler  nadi  ihrer  Eicenart. 

Entschieden  im  Vordergmude  des  Interesses  hat  bisher  die 
erstere  Frage  gestanden,  der  ja  auch  wohl  die  allgemeinere  Be- 
deutung zukommt.  Ich  betrachte  es  indessen  hier  nicht  als  meine 
Aufgabe»  auf  die  einaefaien  Arbeiten  ttber  die  EnnUdnngswixknng 
der  Schnlstnnden  einzngehen,  sondern  möchte  mich  anf  einige 
grnndsätdiche  Darlegungen  ttber  derartige  Messungen  beschränken  <J. 
Es  liegt  auf  der  Haud,  daß  es  ganz  allgemehi  zwd  Verfehren  geben 
kann,  die  Größe  der  durch  den  Unterricht  bewirkten  Ennlidimg 
festzustellen.  Entweder  wird  dazu  die  Leistung  wäLiund  der 
Schulstunde  selbst  benutzt,  oder  es  werden  vor  und  nach  der 
Stunde  andersartige  Arbeiten  von  den  Schülern  verlangt,  aus  deren 
Ausfall  dann  die  Schlüsse  ttber  den  in  der  Zwischenzeit  erreich- 
ten Ermttdnngsgrad  abgeleitet  werden. 

1  Dabei  ^n^d  sich  eine  toilwoise  Wiederholung  früherer  Erürtcrnngen 
nicht  ^'anz  umgehen  lassen.  Vgl.  Kraopeli  u.  Znr  Überblirdniigsfrage.  1897; 
Über  die  Measnng  der  geistigen  Lei»timgeifäbigkeit  und  Ermüdbarkeit,  Bericht 
Qber  die  Natoifoncherversammlang  in  Düsseldorf,  S.  217. 


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über  ErmUdungsmesBangeiL 


11 


Das  erste  dieser  beideo  Yerfalireii  entspricht  denjenigen,  wel- 
ches wir  am  bäniigsten  im  Laboratorinm  anwenden,  indem  wir  eine 
l)€8timmte  Zeit  bindnreh  Reihen  gleichartiger,  einfacher  Arbeitsaaf- 

gabt3u  lüseii  Uibfeeü,  liechneü,  Lesen,  Lcrucii,  Schreiben,  Bnchsüibeu- 
zäblen  oder  dergl.  Der  Unterschied  der  Leistimg  am  Anfange  und 
am  Schlüsse  der  Arbeitszeit  enthält  dann  auch  den  Ausdruck  der 
ErmUdungswirkung^.  Allein  mit  ihr  verbindet  flieh  untrennbar  der 
Übmigsfortschritt,  dessen  Größe  sieh  leider  nnr  durch  besondere, 
smfangreiGhe  YerBnehe  mit  einer  gewissen  Annlhemng  feststellen 
läSi  Zn  dieser  Schwierigkeit  kommt  im  Unteiriehtabetriebe  der 
Sehsle  noch  die  weitere  hinzu,  daB  hier  niemals  diejenigen  Be- 
dmgnngen  obwalten,  welche  eine  raverlässige  Messnng  der  Leistung 
in  den  einzelnen  Abschnitten  der  Stunde  ermOgfiohen.  Stets  schie- 
ben sich  Pausen,  Störungen  und  Unrcgclmüßigkeiteu  aller  Art  ein, 
die  den  Gang  der  Arbeit  in  der  allcrmannigfaltigstcn  Weise  he- 
omüussen  und  jeder  Berechnung  spotten.  Aus  diesen  Gründen 
haben  auch  die  bisher  angestellten  Versuche,  durch  fortgesetztes 
itechnen  oder  Diktieren  in  der  Schalstande  die  Grülie  der  Enntt- 
dsng  za  bestimmen,  wesentlich  nnr  ein  regeUoses  Gemisch  von 
Übsngs-  nnd  EnnttdnngserBcheinnngen  ergehen,  ohne  daß  ans  den 
Zahlenwerten  irgend  welche  Schltlsse  anf  die  reine  lirmttdnngs* 
Wirkung  der  bestimmten  Arbeit  gezogen  werden  könnten.  Zn  den 
g:leiehen  Erfahrungen  haben  schon  die  Versuche  Oehrns*)  geführt, 
bei  denen  sich  zeigte,  duli  ein  Sinken  der  Leistung  einerseits  bei 
wenig  ermüdenden,  aber  sehr  eingettbten  Arbeiten  eintreten  kann, 
während  es  andererseits  auch  bei  sehr  ermüdender  Leistaug  nicht 
selten  durch  starke  Übungswirkongen  verhindert  wird. 

Will  man  daher  die  Veränderung  der  LeistungsfUhigkeit  durch 
eine  bestimmte  geistige  Arbeit  messen,  so  bleibt  nichts  ttbrig,  als 
n  dengenigen  Yer&hren  zu  greifen,  das  ich  als  das  Stiehproben- 
Tcrfiduren  beseichnet  habe,  d.  b.  man  mnB  Tor  und  nach  der  Er- 
mttdnngsarbeit  gleichartige  Aufgaben  lUaen  lassen  und  ans  dem 
Unterschiede  im  Ausfalle  der  Arbeit  ein  Urteil  ttber  die  inzwischen 
erfolgten  Wandlungen  ableiten.  Die  Probeleistuugen  selbst  mUsseu 
möglichst  wenig  ausgedehnt  sein,  um  nicht  ihrerseits  unberechen- 
bare  übungs-  und  ErmUdungswirkungen  in  den  Versuch  einzu- 
nUiren.  Ans  demselben  Grunde  werden  tlü:  diesen  Zweck  nur 


1)  Kraepolias  psychologiiche  Arbeiten  1.  S.  93. 


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12 


Entil  Knopelin, 


solche  Arbeiten  geeignet  sein,  die  schon  selir  eingeübt  sind  nnd 
demnach  durch  die  Wiederkoluag  seibat  nicht  mehr  ueuneoswert 
verändert  werden. 

An  dieeem  Punkte  erhebt  flieh  eine  Frage,  von  deren  Beant- 
wortung es  flehr  weaentiioh  abhängt,  ob  eine  piaktiach  branohbare 
LQanng  der  hier  gestellten  Aalgabe  ttberhanpt  mOgUeh  ist.  Es 
darf  Ton  vomherdn  zweifelhaft  eraeheinen,  ob  die  im  Unterrichte 
auftretende  Ermttdnnf^  nnr  der  GrOBe  oder  aneh  der  Art  naeh  mit 
der  Verschiedenheit  der  Gegenstände  oder  des  Lehrbetriebes  wech- 
selt- InsbeöoiKU'i  e  kann  mau  daran  denken,  daß  Je  nach  der  stär- 
keren Beausprucliung  der  Anffaösung.  den  Gedär  htiii^ses,  des  Ur- 
teila  0.  8.  f.  die  Ermüdung  sich  auf  ganz  yerachiedeuen  Gebieten 
der  geistigen  Arbeit  geltend  machen  werde,  ganz  abgesehen  ron 
den  besonderen  Wirkangen  jener  Unterriohtaatonden,  bei  denen 
ktfrperliohe  Leistungen  im  Vordergrunde  stehen.  Eratreekt  flieh 
die  Ermttdnng  dureh  den  Unterricht  jeweUs  aussehlieBlieh  öder 
Yonugswdse  auf  ganz  beatimmte  Arbeitsgebiete«  ao  wird  sieh  offen- 
bar anch  die  Probearbeit,  welche  sie  aufdecken  soll,  jedesmal  auf 
denselben  Gebieten  bewegen  mtlssen.  Wir  würden  also  in  diesem 
Falle  streng  genommen  so  viele  verschiedene  Probearbeiten  in 
Anwendung  zu  ziehen  liabcu,  wie  es  Unterrichts<rejren8tHnde  gibt, 
und  jede  dieser  Arbeiten  hätte  sich  genau  dem  betretfenden  Schul- 
betriebe anzupassen.  Daß  dadurch  die  Schwierigkeiten  der  Mes- 
sung selbst  wie  einer  Vergleichong  der  Ergebnisse  untereinander 
80  ziemlieh  bis  zur  Undurehftihrbarkeit  steigen  würden,  bedarf 
keiner  weiteren  Auaftihmng. 

Die  Annahme  hat  in  der  Tat  riel  ftr  aich,  daß  der  geistige 
Gesamtzustand  des  Schillers  sich  naeh  verschieden  ausgeftlllten 
Stunden  recht  verschieden  gestaltet.  Vor  allem  dürfte,  soweit  die 
hisher  vorliegenden  Versuche  ein  Urteil  zulassen,  jede  mit  leb- 
haften Bewegungsautriebeu  verbundene  Täti.irkcit  iJiTiccre  Zeit  hin- 
durch eine  gewisse  psychomotorische  Erregung  zurllckiassen.  Wahr- 
seheinlieb  trifiPt  das  nicht  nur  für  körperliche  Leistungen  im  engeren 
Sinne,  Marsehieren,  Turnen,  Singen  u.  dergl  zu,  sondern  auch  für 
di^enigen  geistigen  Arbeiten,  bei  denen  psyehomotorisohe  HlUa- 
mittel,  insbesondere  Sprachbewegnngen,  eine  herrorrsgende  BoUe 
spielen,  wie  beim  meehanischen  Lernen,  fltlstemden  Lesen  und 
Rechnen.  Die  durch  solche  Leistungen  erzeugte  Erregung  kann 
l'rUluugsarbeiten,  die  sich  auf  dem  gleichen  Gebiete  abspielen, 


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über  EnDlIdiiiigimeMiuigeii. 


13 


erleichtern,  auch  wenn  daucbeo  starke  ErmttdnTig:  bcBteht,  die 
durch  eine  anderweitige  Probe  Tielleieht  klar  zu  Ta^e  tretea 
würde.  Umgekehrt  sprechen  manche  Erfahrmg^cn  dai^r,  daß  eine 
TMigknt,  die  eine  einaeitige  Ktchtnng  der  Aufinerksamkeit  auf 
Sümeseiiidraeke  oder  reine  Veistaodeelelfltiiiigen  erfordert,  gerade- 
Sil  einen  hemmenden  EinflnB  anf  die  AnslOBong  von  Bewegmigs- 
«Dtrieben  anattben  kann.  In  einem  soldien  Falle  konnte  eine 
PtttAmgmTbeit,  die  psychomotoriielie  Hilünnittel  in  Anspruch  nimmt, 
unveriictltmemäßig  stärker  beeinträchtigt  erscheinen,  als  es  der  ein- 
fachen Ermttdungswirkuüg  entsprechen  würde. 

Gegentiber  diesen  ErwHgun^^eu  ist  jedoch  auf  die  schon  von 
Mos  so  und  seinen  Schülern  festgestellte  Tatsache  hiuzuweiseu, 
dafi  körperliche  und  geistige  Ermüdung  in  nahen  Weclisolbezie- 
koBgen  ra  einander  stehen.  Angestrengte  rein  geistige  Tätigkeit 
kann  die  MnakeUeistong  herabsetaen,  und  kOrperüehe  Arbdt  iSfit 
aaeb  auf  geistigem  Gebiete  deatliebe  ErmUdangszeiehen  sorllek. 
Abweichende  Versacliaergebuisse  «rldSren  sieb  nngesEwungen  ans 
der  gelegentlich  die  Ermüdung  überwiegenden  psychomotorischen 
Erregung:,  die  je  nach  der  Art  der  Ermüduiigsarbeit  stärker  oder 
schwächer  hervortritt.  Den  Beweis  fllr  die  Richtigkeit  dieser  Deu- 
tung liefert  unter  Umständen  die  Messuni:.  da  die  Zeichen  der 
Erregung  in  der  liegel  weit  flüchtiger  sind,  als  diejenigen  der  Er- 
müdung. Unter  solchen  Bedingnngen  ist  nach  emiger  Zeit  eine 
Herabsetsnng  der  Probeleistnng  naehweisbar,  wiihrend  znnMebst 
eme  Steigerung  derselben  Yorhsnden  war.  FreiHoh  ist  es  zur  Anf- 
deckang  dieses  Verbaltens  nOttg,  die  Mfimg  nicht  nnr  nmnittei- 
bar  naeb  Beendigung  der  Ermttdnngsarbeit  vorzunehmen,  sondern 
sie  in  rerBchiedenen  zeitlichen  Absfänden  nach  derselben  xu  wie- 
derholen. 

Aus  den  angeführten  GrUuden  erpbt  sich,  daß  tsich  zur  Mes- 
sung peisti^rer  Ennüdung^  solche  Prüfungsarbeiten  wenig;  eignen, 
die  sich  ganz  vorzugsweise  auf  psychomotorischem  Gebiete  ab- 
spielen. Mindestens  dürfte  die  Frobe  erst  einige  Zeit  nach  Been** 
digong  der  Bimttdnngsarbeit  Yorgenommen  werden,  wenn  die  etwa 
bestehende  Erregung  im  wesenflichen  sur  Buhe  gekommen  oder 
eme  Hemmungswirkung  geschwonden  wSre.  Da  sich  aber  in  der 
Zwischenzeit  auch  die  Ermüdung  bis  zu  eüiem  gewissen  Grade 
aasgleicht,  so  würde  die  Messung  nur  ein  sehr  unvollkommenes 
ßild  ihrer  wirklichen  Größe  liefern  können.   Andererseits  ibt  es 


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14 


Emil  Kröpelin, 


sicher,  dafi  anch  die  rein  listige  Tätigkeit  flir  knrze  Zeit  eine 
Arbeitserlei chtenmg  zurUt  klälU,  die  nichts  mit  der  Übung  zu  tun 
hat,  aber  cbriifalls  einen  Teil  der  EnnUdung^wirkung  verdenken 
kann.  Dan  Wesen  dieser  vorübergehenden  ArbeitHerleiehterun^, 
die  wir  einstweilen  als  Auregimg  bezeichnen,  ist  noeh  unklar.  Da 
schließlich  alle  geistige  Arbeit  anch  Willenstätigkeit  ist,  haben  wir 
es  bei  der  Anregung  teilweise  vielleieht  mit  Mlmlieheii  Naefawir- 
knngen  wie  der  Erregong  nach  kOiperlieher  AnstrengoDg  za 
tun,  deeh  fehlen  bei  ihr  dvrehans  die  dort  beobachteten  Zeichen 
erleichterter  BewegongsansKtonng,  wie  das  Antreten  ron  Klang- 
assoziationen und  Fehircaktionen. 

Immerhin  wäre  es  wUnsciienswert,  auch  den  Einfluß  der  An- 
regmig  ans  den  ErmUduug^&nicssungen  uach  Mügliehkeit  zu  besei- 
tigen. Einer  Einschiebun^  von  Pansen  zwischen  ErniUdungsarbcTt 
und  Frobeleistnng  atchcn  die  soeben  schon  berührten  Bedenken 
gegenüber.  Dagegen  dürfte  ein  wesentlicher  Teil  der  Anr^goog 
dueh  einen  Wechsel  der  Tätigkeit  beseitigt  werden.  Genaneies 
darüber  wissen  wir  zwar  noch  nicht)  aber  die  tlgliehe  Erfahnmg 
lehrt  znr  geniige,  daß  wir  nns  beim  Obergang  yon  einer  Tätigkeit 
znr  andern  erat  wieder  in  die  neue  Arbeitsweise  mit  ihren  ver- 
llnderten  Bedingungen  hineinfinden  müssen.  Anch  die  von  Wey- 
gundti)  beobachtete  Tatsache  eines  > Wechselantriebes«  spricht 
dafUr,  daß  heim  Arbeit^^wechsel  Sehwierigkeiten  zu  ttberwindca 
sind,  die  eben  durch  Verlust  der  Anregung  entstehen.  Welcher 
Art  daher  auch  das  Tieileicht  sehr  verwickelte  Wesen  der  Anre- 
gung sein  mag,  so  wird  doch  sicher  mindestens  ein  Teil  derselben 
durch  den  Wechsel  der  Tätigkeit  Temiehtet  Unter  diesem  6e- 
sichtsponkte  werden  whr  za  dem  Sehhisse  konmien,  daB  die  Pttt- 
ftmgsärbeit  gerade  nicht  dieselbe  sein  sollte  wie  die  Hanptarbeity 
wenn  wir  ein  mißlichst  reines  Bild  Ton  deren  Ennttdongswirknn- 
gen  gewinnen  wollen.  Dadurch  wird  zugleich  ein  ÜbnngseinflnO 
der  ErmUdungsaibt'ir  auf  die  Prüfungsarbeit  veriaieden. 

Daß  aber  die  durch  geistige  Arbeit  erzeugte  Ermüdung  min- 
destens innerhalb  sehr  weiter  Grenzen  die  gesamten  geistigen 
Leistungen  in  Mitleidenschaft  zieht,  haben  die  umfangreichen  Ver- 
snche  Weygandta  über  den  Ar])eitswechsel>)  erwiesen.  Dabei 
zeigte  sich  dnrehweg,  daß  die  Wirkung  einer  Arbeit  auf  eine 

1)  Psychologiache  Arbeiten  U.  S.  197. 
2]  Ebenda  S.  ua 


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über  EnDflduigmiMinnigmL 


15 


andere  gar  nicht  von  der  pHychologischen  Verwandtschaft  oder 
Verschiedenheit  beider,  sonderu  nur  von  ihiem  Ermllduu^^swcrte 
nlthäD^ig  war.  Leichtere,  d.  h.  wenic:er  erniüdende  Arbeiten  wirk- 
ten erholend;  schwerere  steigerten  die  Ermüdung,  einerlei  ob  sie 
dieaelben  oder  andere  psychische  Hilfsmittel  in  Bewegung  Betasten, 
alB  die  Torheigehende  Utigkeit  Damit  ist  nicht  gesagt,  daB  die 
Alt  der  Arbeit  ftr  ihre  Wuknng  auf  die  Leistonggfilhigkeit  völlig 
gleiehglUtig  ist  Fttr  praktimhe  EimtldiiiigBmeflBangen  aher  aeheint 
in  der  TU  nur  die  Schwierigkeit  der  ErmttdnngBarheit  in  Betracht 
zu  kommen,  während  ihre  sonstigen  Eigenschaften  in  dieser  Hin- 
sicht keiiic  wesentüche  Kolle  spielen.  Mit  andern  Worten,  die 
geistige  Arbeit  bewirkt  eine  allgemeine,  nicht  auf  bestimmte 
Tätigkeiten  beschränkte  Ermüdung,  ein  Satz,  der  »ich  mit  den 
Eriahmngen  des  täglichen  Lebens  leobt  gut  decken  durfte.  Ist 
er  aber  richtig,  so  füllt  ifür  unsere  Ermttdungsmewniigen  die 
KOtigiuig  forti  die  PrOfnngBarbeU  jeweUa  der  EnnttdnngBarfoeit  an« 
sii|Munen.  Wir  kllnneii  qhb  viehnehr  daranf  baaehränken,  eine 
oder  einige  wenige  geeignete  FMlfnngaarbeiten  aUgemein  zur  An- 
wendnng  sn  bringen,  ganz  gleich  durch  welche  Leistungen  die 
Ermtldung  herbeigeführt  wurde,  die  wir  messen  wollen. 

In  der  Tat  sind  auch  die  meisten  Versuche,  die  Ermliduugs- 
wirkung  einer  Schulstunde  zu  bestimmen,  von  der  Annahme  aun- 
gegangen,  daß  ein  einheitliches  Verfahren  für  alle  Fälle  geuUge. 
Die  Wahl  der  Prtlfungsarbeit  wird  dabei  grundsätzlich  weiten 
Spielraiiin  haben.  Alle  Probearbeiten,  die  durch  die  Eimüdiing 
in  gesetzmitfilger  Weise  beeinflnfit  werden,  kOnnen  Tcrwendet 
werden,  sofern  sie  sich  in  zahleninttfiige  Bestimmnngen  fassen 
lassen.  Man  kann  also  Aafßusnngs-  vnd  Unterscheidnngsvorgänge, 
die  Zeitdaner  der  verschiedensten  Beaktionen,  GedHehtnisleiBtungen, 
Assoziationen  vnd  viele  andere  Proben  benutzen,  um  an  ihnen  die 
Wirkungen  der  Ermüdungsarbeit  zw  messen.  Am  wenigsten  eignen 
sich  dazu  aus  fiüher  erörterten  Ortinden  ausgesprochen  mütorische 
Leifltnn£:cen. 

Merkwürdigerweise  sind  illr  unseren  Zweck  bisher  am  meisten 
fiestimmnngen  der  Raumschwelle  der  Haut  herangezogen  worden, 
wesentlich  infolge  der  besteehenden  Ergebnisse^  die  Griesbach 
mit  ihrer  Hilfe  erhalten  hat  Wenn  man  den  Angaben  Gries- 


1]  Eaeigetik  «nd  Hygiene  des  Nerrensystems  in  der  Schule.  1895. 


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16 


Emil  Kraepelin, 


bach0  und  Wagners^)  yertranen  wollte,  «o  wSre  die  Frage  der 

ErmUdung;8me88ung^  bereite  gelöst  und  der  EmiUdungswcrt  uicht 
nnr  Jedes  Unterrichtsge^^eustandes,  soudern  auch  der  persönlichen 
Eiirenart  jedes  I^ehrers  leicht  festzustellen.  Zu  meinem  lebhaften 
Bedaueru  muß  ich  mich  indessen  nach  den  eingehenden  Unter- 
saohungen,  die  von  Lenba^)  und  Bolton^)  bei  nns  Uber  den  Wert 
des  Öriesbaeh sehen  Ver£fthien8  nngestoUt  wurden,  dem  ableh- 
nenden Urteile  Menmanns*)  dnrcbanB  aoBcUiefien.  Abgeaeben 
davon,  daB  die  anTeilinige  Beetunmnng  der  RamnaehweDe  ebier 
HaniBteDe  wegen  der  gewaltigen  Sebwanknngen  der  Ehnelwerte 
efaae  ungemein  zeitranbende  nnd  ermüdende  An%abe  ist,  hat  sieb 
vor  allem  hcruusi;estellt ,  daß  innerhalb  sehr  weiter  Grenzen  eine 
bestimmte  zahlenmiiiiige  Beziehung  zwischen  Ermüdungsgrad  nnd 
RaumschwellengröBe  überhaupt  gar  nicht  nachzuweisen  ist.  Alle 
die  zahlreichen  und  weitgehenden  ächlUsse,  die  aus  derartigen 
Vennehoi  bereits  gezogen  wurden,  stehen  demnach  emfach  in  der 
Laft  nnd  sind  niehts,  als  der  uiwiUkQrliche  Ansdmck  der  Meimingep, 
mit  denen  die  Untersnoher  an  ihre  Anfgabe  herangetreten  amd. 

Nicht  viel  besser  steht  es  mit  dem  yon  Kerns i es*)  unter- 
nommenen Versnehe,  die  GrOBe  der  geistigen  Emlldiuig  dnreh  die 
Mnskelleistung  am  Ergographen  sn  messen.  AllerdingB  «bt  die 
geistige  Arbeit  ohne  Zweilei  wirklich  einen  ermüdendem  Einduß 
auf  die  Oewichtshebungen  aus,  aber  diese  Wirkung  verbindet  sich 
in  bisher  noch  'imvi  unberechenbarer  Weise  mit  erretri  ndeu,  viel- 
leicht auch  hemmenden  Nachwirkungen  der  geiätigeu  Tätigkeit, 
so  daB  die  Höhe  der  Ergographenleistong  durchaus  kein  klares 
Bild  von  dem  Stande  der  Ermtldung  liefert  In  dieser  Verbin- 
dimg  yersohiedenaitiger  Wirkungen  dttrfle  aneh  die  ErUXrang  für 
die  Ton  Heomann^  berichteten  nnbefriedigenden  VersnehseigelH 
nisee  an  snehen  sein.  Leider  hat  Kemsies  bei  seinen  Versnehen 
auch  eine  Reibe  Ton  weHeren,  cnfitlligen  nnd  konstanten  Fehler- 
quellen nicht  genügend  berücköichtigt,  äo  daU  seinti  Zaiilen  keiner- 
lei Verwertung  gestatten. 

Mehr  auf  der  Stufe  eines  voriäutigen  Versuches  ist  das  von 

1)  Unterricht  und  Ermlldung.  1895. 

2j  Psychological  Review  VT,  6.  Nov.  1899. 

3)  Psychologiflche  Arbeiten  IV.  8. 176. 

4)  a.  a,  0.  S.  83  ff. 

6j  Arbeitshygiene  der  Schule  auf  Grand  von  EnnQdnugsmessungeB.  1898. 
6)  a.a.O.  S.8S. 


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über  EmldmyiMiniigen. 


17 


Ebbinghaus ^)  Yorgesehla^eue  Verfahren  stehen  geblieben,  bei 
dem  die  SohiUer  yeranlaßt  werden,  anflgelaMene  Wöiter  oder  Sil- 
Im  in  «iBftminenhtogenden  Loaeatttoken  zu  eiglioieB.  Se  gßfiß- 
ne(  da»  Veifidizeii  xnr  Kennzeioluuuig  der  Tenehiedenen  State 
geiirtiger  Beife,  wenigsteue  in  einer  gewinen  Biehtug,  sä  eein 
•ekeint,  so  wenig  dtbrfte  es  steh  doeh  ftr  eigentUehe  EkmUteige- 
messongen  bewähren.  Das  geht  ancli  niB  der  nenen,  nach  die- 
sem Verfallreu  darchgeflihrteu  Uütürbiicliuii;^:  von  Wicrama^y  her- 
vor. Abgesehen  davon,  daü  bisher  eine  planmäßige  Prüfung  der 
Beziehungen  zwischen  der  g:eforderteii,  sehr  verwickelten  Leistun«? 
und  der  geistigen  Ermtldimg  noch  gänzlieb  fehlt,  ist  es  offenbar 
aaeb  kaum  m(}gUoh,  bier  zn  einigermaßen  befriedigenden  Maft- 
beaümmnngen  n  gelangen.  Das  Gewicht  der  begangenen  FeUer 
and  AnalaBHingen  ist  schon  innerhalb  deaaelben  Versnehee  ek  so 
fnaoliiadaiieii  daft  eine  ein&ohe  ^^»bi™g  anf  die  aohweiitan  Be* 
denken  siOftt,  wtinend  aaeh  wieder  eine  Abitafiing  dewelbea  nw 
ganz  willkürlich  geschehen  kOimte.  Diese  Übelstiinde  fallen  nm 
so  schwerer  in  die  Wagschale,  aU  bei  einer  Sticliprobe  immer  uur 
wenige  Einzelleistnngen  gewonnen  werden  konneu,  ao  daß  eine 
statistische  Behandlung  der  Zahlen  ganz  unsicher  wird.  Eher 
wäre  das  Verfahren  vielleicht  als  fortlaufende  Arbeit  innerhalb 
längerer  Zeiten  an  benutzen,  falls  eine  gesetzmäßige  fieziehong 
aeiner  iirgebiuM  ni  geialigiii  Ennttdnag  klargelegt  wiie.  Ob 
ea  dabei  mehr  leiatot,  aU  andere,  elnfiubere  fordanfende  An%abany 
amSte  der  Versaeh  lehren. 

Anffidlenderweifle  ist  daa  biaher  im  Laboralorinm  am  beaten 
durchgearbeitete  Verfahren  zur  Messung  von  ErmUdungswirknngen, 
das  fortlaufende  Addieren  einstelliger  Zahlen,  noch  niemals  fUr 
die  Zwecke  der  Schule  in  Anwendung  gezogen  worden.  Zwar  hat 
man  schon  vielfach  Schiller  kürzere  oder  längere  Zeit  hindurch 
zn  Vennchszwecken  rechnen  lassen,  aber  dabei  wurden  regel- 
mäßig TerBchiedenartige,  mehr  oder  weniger  verwickelte  Aufgaben 
geatelltp  ao  dafi  eine  einfisehe  nnd  einbeitUefae  Bereeimnng  der  £r^ 
gebniflie  nnmOiglieh  wnrde.  Aoek  eine  planaallfiige  Yeigieiolumg 
der  Wirkung  yenebiedener  UnteniebManden  anf  die  Beefaen- 
fcjrtang  hat  nieht  stattgefunden.  Die  LOrang  dieaer  Au%abe,  die 
meinen  eigenen  Plänen  fern  liegt,  wäre  gewiß  nicht  aussichtslos* 

1)  ZeHschr.  t  Psychol  u.  Physiol.  d.  Sfaineiorgaae.  XIIL  S.  401. 

2}  Ebenda.  XXX.  S.  196.  im. 
Änhir  fbr  PsycIioloKie.  L  2 


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18 


Emil  Kiaepelin, 


Das  fortlaufeüde  Addieren  einstelliger  Zahlen  ist  eine  uDgemein 
einfache,  dem  Schalbetriebe  völlig  geläufige  Leistung,  die  zudem 
leicht  eine  Prttfang  der  Zuverlässigkeit  der  Arbeit  gestattet  Die 
EinzeUeistnngen.  aind  praktiaeh  ab  gteiobartig  la  betraofaten  und 
können  nnflchwer  In  aolöher  ZaU  gefordert  weiden,  daB  jedeaftUg 
alle  kleinen  Sehwaokmigen  ndi  genügend  aaflg^eifilien.  EndHcb 
▼erMndet  sieh  bei  der  Addition  eine  Anf&Msungsleistung  mit  einem 
Gedächtnis-  oder  Assoziationsvorgange,  während  die  motorischen 
SprachvorstelluDgeü  dabei  üur  ausnahmsweise  eiue  gewiöBe  Be- 
d(  utimjr  erlangen.  Daß  aber  die  Höhe  der  Reclu  nie  istung  unter 
dem  Eintiusac  der  Ermtidunc'  recht  erhebliche  und  leicht  meßbare 
Schwankungen  darbietet,  kann  nach  den  bereits  vorliegenden,  sehr 
ausgedehnten  Erfahmngen  nicht  dem  geringsten  Zweifei  unterliegen. 

Es  seheiat  mir  nnter  diesen  UmsOaden  dnrchana  m<tgUeh|  ans 
dem  Yergleiobe  der  Beohenleiatang  Yor  and  nach  einer  üaAeiricliti- 
Btmide  ein  Urteil  Uber  den  dnrek  sie  enengten  ErmlldangBgrad  sa 
gewinnen.  WSklt  man  die  FMftngaabBcknitle  sehr  kurz,  etwa  tob 
6'  Dauer,  so  werden  die  Ohungseinfltlsse  voraussichtlich  nicht 
allzu  bturend  sein.  Dennoch  wäre  es  nutig,  den  Versuch  in  gleichen 
Zeitabständen  und  natürlich  zur  gleichen  Taireszeit  mit  demselben 
UnterrichtögegeuBtaude  iiiindestens  fünfmal  zu  wiederholen  und 
dabei  den  Übungsfortschritt  durch  Vergleich  der  Anfangsleistungen 
jedes  Tages  sa  berücksichtigen.  VieUeicht  würde  es  sich  auch 
empfehlen,  znnäelist  die  ersten  Obangsstnfen  daroh  einige  länger 
an^sedeknto  Vorvetsaefae  aa  ttberwinden.«  Die  PrttfitngBarbeit  mttfite 
rieh  mOgliohst  ebne  Fe,ase  an  den  Untenriebt  ansohlieBen,  weil 
sehen  ganz  kurzes  Anamhen  den  Aas&ll  des  Versnebes  erheblich 
beeinfiaasen  kann,  Zwischenzeiten  yon  wechselnder  Länge  aber 
jede  Vergleichbarkeit  der  Ergebuisse  aufheben.  Da  bei  kurzen 
Arbeitsabschnitten  die  Antriebswirkungeu  eine  nicht  unbedeutende 
Rolle  spielen,  würde  sich  die  Abgrenzung  von  einzelnen  Miuuten- 
leistungen  empfehlen,  deren  Verlauf  ein  Urteil  über  da£  Verhalten 
des  Antriebs  gestattet.  Dabei  ist  es  zugleich  möglich,  zu  erkennen, 
ob  Bich  die  Leistung  fortschreitend  in  absteigender  RIchtang  bewegt» 
ein  Zeiehen  ftr  steike  Ennttdnng,  nnter  Umständen  aneh  ftr  das 
Bestehen  einer  rasoh  sehwhidenden  Erregnng.  Der  letztere  Fall 
wird  dann  wahrsohehdieh,  wenn  die  PrnftmgBleisfeang,  namentlich 
bd  vorgeschrittener  Übung,  deutlich  über  der  Anfiingsleistung  des 
Tages  liegt,  also  gar  keine  Ermüdongszeichen  erkennen  läßt.  Aller- 


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über  EnnttdtfngBinefnageii« 


19 


dings  kann  anch  eine  im  Beginne  bestehende  nnd  durch  die  Arbeit 
beseitigte  ungünstige  Tagesdisposition  die  Ursache  sein;  gie  wird 
sieh  dann  dnrofa  den  Tiefstand  der  AnfangBleistnng  gegenüber  den 
Naehbaitagen  bemerkbar  madien.  Vieli^eht  werden  wir  endlieh, 
beeonden  naeh  sehr  anelraiigendem  Vntenriobta»  mit  Kontiwt> 
eraehfiinnngen  sn  rechnen  haben,  Uber  die  aUeidings  aaf  nnaeiem 
Gebiete  noeh  eehr  wenig  bekannt  ist  Es  ^^tre  denkbar,  daB  der 
Ubergang  von  schwerer  Ermttdmigsarbeit  zn  der  yerhältnismäßig 
leichten  Prüfungaaufgabe  eine  besonders  rasche  Lösung  derselben 
beding.  Tatsächlich  haben  wir  uüö  wolil  vorzustellen,  daß  die 
schwierigere  Arbeit  eine  stärkere  Wiliensspannung  erzeugt,  die 
gich  in  gesteigerten  Antriebswirkiingen  aneh  auf  die  Prttfongs- 
aibeit  fortsetzt.  Ist  diese  Annahme  richtig,  bo  würden  hier  Kon- 
traat-  nnd  AntriebierBoheinuilgen  weeenflieh  mammen&Uen  and  au 
dem  Yerlanfe  der  eimtelnftn  ArbeitBabedmitte  erkannt  werden  kOnnen. 

Sehen  die  Uannigfaltigkeit  der  Bedingungen,  Yon  denen  die 
OrOfie  der  IjeiBtnng  vor  nnd  naeh  der  Ennüdangserbeit  abMUigt, 
legt  den  Oedanken  nahe,  daß  es  oftmals  schwierig  sein  wird,  die 
Werte  der  Prüfungsarbeit  richtig  zu  deuten,  iiisbebuudere  darüber 
ein  Urteil  zn  gewinnen,  wie  weit  sie  noch  durch  andere  Ursachen, 
als  Übung  und  Ermtldung,  beeiniiußt  sind.  Es  dürfte  sich  daher, 
namentlich  so  lange  noch  nicht  alle  in  Betracht  kommenden  Ver» 
hittnisee  genügend  geklärt  sind,  dringend  empfehlen,  nach  knr- 
um,  ▼QUigem  Anmüien  noeh  einen  dritten  ArbeÜaabeohnitt  folgen 
zn  lanen.  In  der  anf  6 — 10'  an  bemeseenden  Bnliepanie  nimmt 
einencÜB  die  enogende  Nachwiiknng  der  ToAeigebenden  Arbeit 
ab^  wihrend  rieh  andererseüs  die  Ennüdnng  edmeO  anszugleiehen 
beginnt.  Die  Lieistung  wird  sich  demnach,  wenn  jene  erstere  zu- 
vor sehr  stark  war,  jetzt  ungünstiger  gestalten,  günstiger  dagegen, 
falls  die  Ermüdnngswirkung  das  Bild  beherrschte.  Der  Ausfall 
eines  solchen  Pausenyersuches  wird  also  vielfach  zu  einem  klare* 
reu  Einblicke  in  das  Zusammenwirken  der  verschiedenartigen  £in- 
flttsee  bei  der  eigentliehen  Prüfungaarbeit  führen  künnen. 

Man  wird  aas  diesen  Darlegungen  nneohwer  erkennen,  daß 
aar  Gewhannng  bcanehbaier  Ei^bnieae  bei  den  TOigeeeldagenai 
Memngen  die  größte  Sorgfalt  in  der  Anefthrung  der  Venmehe 
nnd  mllglldiet  yoUkommene  Gleiohheit  aller  ftnfieren  Versaelifi- 
bedingnngen  unerläßlich  ist.  Ich  halte  es  daher  ftir  gänzlich  ver- 
fehlt, sie  mit  ganzen  SchnlkUäfien  im  Laufe  des  Unterrichts- 

2* 


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8Ü 


betriehefl  anstellen  zu  wollen.  Es  ist  ja  wUnscheuawert  uud  wohl 
nicht  uiiiüüg^lich ,  daß  liiau  usubh  gründlieber  Erforöchun»  der 
Frage  aach  aus  zwtrkinUtji;,'  angeordneten  Maasen veröucheu  brauch- 
bare Sebltlsse  abzuleiten  lernt.  Vor  der  üaud  i»t  aber,  wie  ich 
glaabe,  daran  nicht  im  entferntesten  zu  denken.  ViAhnehr  wird 
et  teini  j6irettB2sa  einer  beschränkten  AnsaU  goom  bduum- 
tar  imd  senrfiUtur  MMWwiMtBr  f'^?^^^^^i^r.  dwoi  LebüubedomiiMi 
wilmd  te  Ymndmuü  gleietetig  gcviqftit  werden  kOiuiee, 
gm  aeeh  deA  6g— diMtw  4m  Lelienlonune  tu  «rbeiteB,  am 
betten  in  der  Ferienseli  Mei  Irittte  äek  eiistw^len  djunit  zu 
begnügen,  in  regelinäßigeni  Wechsel  täglich  die  KriLiUdiiE;::swirkung 
eines  einzigen  Lehrgegenstandes  zu  prUfen.  Zuuiiclist  kfiimtr  man 
t;8  wohl  bei  der  Untcrsnchnnj»  der  hauptsäcLlirhstcu  Faciier  be- 
wenden lassen;  dabei  wäre  aber  auch  ein  Tag  einzoschieben,  an 
welchem  in  der  Zwitebeisett  zwischen  den  beiden  Prttfnngsarbei- 
ten  eiotehee  Anarahen  oder  aUenfails  eine  pm^  leiokte  Beeehäf- 
iifug  ebne  UnfteniehtaliKm  «n  SieUe  der  ünnaAnagsaxbcit  träte, 
Fknieni,  VoileieB  wer  ewfiwben  OeeeUehte,  Belnehlmi  von 
BlUem  oder  dei;gl.  Eni  danut  wenn  in  einer  soleben  Venecbs- 
rrihe  jeder  LefargegenstMid  mindeetene  5— 6mal  in  stets  genau 
gleicher  Folge  aui  seine  Eni iluhiugs Wirkungen  geprült  worden 
wäre,  könnte  der  Versuch  geniucht  werden.  wenis'steiiR  fUr  den 
beBtiinintcu  Unterrichtsbetriel»  das  diucbschnittüche  Ermüdungs- 
gewicbt  der  yersehiedenen  Schulstunden  vergleiehend  zu  berechnen. 

Die  weitere  Angabe  würde  dann  sein,  nach  einem  ihnlichen 
Veifiüuren  die  Wiitaigen  m^iiMbidigen  UnAeniebts  von  Tmeiue- 
deoer  ZnaamenielKnngi  die  besondeien  VetbAttniflee  dei  Vor- 
vitCagi-  nnd  Nnebnrittegiinntttriehte,  endlieb  den  EinflnB  der 
fortUolsnien  Sefanlweebe,  des  Sonntags  nnd  der  Ferien  sn  be- 
elbimen.  Allerdings  bildet  bei  der  iMang  der  letztgenannten 
Aufgaben  die  Frage  des  Übungs Verlustes'  eine  wichtige  Fehler- 
quelle, die  sich  nur  auf  tiehr  uiUhseli^aii  uud  umständlichen  Wegen 
beseitigeu  läßt.  Grundnlitzlich  aber  bleibt  das  Verfahren  überall 
das  gleiche.  Am  An£uige  und  am  Schlnaae  des  Zeitabsehnittes, 
in  dem  sich  die  Wirkungen  abspielen,  die  man  nntaianeben  will, 
wild  die  gleiche  Arbeit  nnegefllbrty  deren  Veilndening  aieb  ebne 
wettwee  measen  ttfii  Zorn  Yeigleiehe  aber  wird  derselbe  Venneb 
mk  efaieni  gleksben  Zeitabeehaitte  wiederbdt»  in  dem  jene  SbiflUaw 
ni^t  wirioHun  waren. 


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über  Bnn1idaiig8ine08ungeii. 


Waiiirseliemlioii  wiid  man  sich  bei  der  VerwertBiig  der  Btgtb' 
vtaie  Hdl  der  Menge  der  addierten  ZtMm  htgastigoa  kOnnen.  Bei 
der  ffinfachheit  der  Redmaogen  pSßgt  der  Progeutotla  der  FeUer, 
weilgstaiui  bei  ErwioliBttieii,  nngemeiB  gering  ss  leiii,  ofai  Ütn* 
ite&d,  den  icib  eher  Ihr  efnen  Vonng,  als  Air  einen  Kaebteil  des 
VcrfahrcüB  halten  möchte.  Immerhin  wäre  es  möglich,  daß  bei 
x  bnlkindem  die  Schwank unsren  der  Fehler  stärker  hervortreten. 
lns^)esondere  wäre  etwa  die  Treuiiuner  von  Denk-  und  Schreib- 
tehlem  für  die  Kennzeichnung  der  psychischen  Zustände  zn  ver- 
werten. Wälurend  die  Zahl  der  Fehler  im  allgemeilien  mit  Be^ 
MUemigmig  der  .Arbeit  w&ehst,  mit  einer  Vo-langiamiiiig  denelbeii 
abBimmt,  werden  vir  erwarten  dttrfen,  daB  die  Ermttdnng  eine 
tMoaJbmb  der  DenkfeUer,  die  Brregflng  eine  eolehe  der  SehreHh- 
fcider  bewirken  wird. 

Werden  Versnobe  der  geschilderten  Art  an  einer  Anzahl  von 
Sciiulkindeni  durcbiretlÜHi;,  so  wird  sich  ohne  Zweifel  ergeben, 
(laß  die  ErmUdungswirknng  einer  bestimmten  Uiiterrichtöötunde 
keine  feststehende  Größe  ist.  Zunächst  dürfte  die  durch  eine 
Aibeit  erzeugte  Ermüdung  um  so  stärker  sein,  je  größer  die 
inneren  Widerstände  sind,  die  dabei  Überwunden  werden  müssen. 
Mft  ihnen  wSehet  die  WilieniBpomrang,  die  flieh  der  inneren  Br- 
ftbmig  unmittelbar  dqreh  das  Gefilbl  der  »Amitragimgc  bemerkbar 
maebi  Es  Hegt  nabe,  ansonehraen,  daB  die  venebiedene  »Begar 
bmg«  der  SehlÜer  sieb  in  der  grOtteren  eder  geringeren  Leiebtig» 
keit  ansdrücken  wird,  mit  welcher  diese  oder  jene  von  der  Schale 
geforderten  Aufgaben  gelöst  werden  küimcn.  Wenn  daher  auch 
gewisse  Unterrichtsstunden  wegen  ihrer  Eitrenart  ganz  allgemein 
stärkere  oder  schwächere  ErmUdnngswirkungen  verursachen  werden, 
80  ißt  doch  zu  erwarten,  daß  die  besondere  Veranlagung  der  Schüler 
mannigfache  Unterschiede  bedingen  wird,  je  nach  der  I^ichtigkeiti 
mit  der  Ton  den  Einzelnen  die  gerade  fllr  das  bestimmte  Unter- 
Mlsfteb  besondm  netwendigen  peyebologiseben  Hflftmittel  g^ 
handhabt  werden. 

Da  die  Itelldbarkeit  mit  dem  Fertsefareiten  der  Übung  ab^ 
nimmt  müßte  von  Klasse  zu  Klasse  eine  fortschreitende  Abnahme 
der  durch  den  Unterricht  erzeugten  Ermüdung  festzustellen  sein, 
w^n  die  Aufordemngcn  überall  dicRclben  wären.  Tatsächlich 
wächst  aber  mit  der  Übung  auch  die  Schwierigkeit  der  Aufgaben, 
die  dem  Schttier  gestellt  werden.  Geschähe  das  in  ganz  gleichem 


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82 


Emfl  KnepeUn, 


Verhältoisse ,  so  mllÜten  die  ErmUdung^Bwirkaiif^en  einer  Schul- 
stünde  in  allen  Klassen  dieselben  sein:  es  hätte  eine  vollkommene 
Anpassung  des  Unterrichtobetriebes  an  die  wachsende  Lelstungs- 
fiUdgkdft  der  Sehltier  BteUgefonden.  Ob  das  der  Fell  ist,  oder 
naeh  weleher  Riefatuig  Abweiehnngen  an  Teneiehnen  «ind,  lieBe 
flieh  dnreh  vecgleieheiide  EimUdangsmesBiingen  nadi  enliipreohenden 
UnterriehtBetunden  venehiedener  Klassen  wahrseheinliidi  klarlegen. 

Indessen  damit  ist  die  Reihe  der  hier  des  Versuches  harrenden 
Fragestclluiif^en  nicht  erschöpft.  Vielleicht  die  wichtigste  Tatsache, 
die  bisher  durch  die  Emiüdmiprsmessnuo^en  des  Laboratohuuis  immer 
und  immer  wieder  zu  Tage  getordert  wordeu  ist,  haben  wir  in  den 
ttberans  großen  persönlichen  Unterschieden  der  Ermüdbar- 
keit zu  erblicken.  An  diesem  Punkte  tritt  uns  diejenige  Seite 
der  Ober bttrdnngsfirage  entgegen,  die  wir  im  Eingänge  als  die  per- 
sSnIiehe  beseiehnet  habea  Jn  unseren  Sehnlen  findet  sehen  jelat 
eine  ziemfich  weitgehende  Sondening  der  Sehttler  naeh  ihrer  Ver- 
standesb^gabnng  statt  Je  hSher  die  geistigen  Anfordernngen 
wachsen,  desto  mehr  bleiben  die  Minderbegabten  znrQck,  für  deren 
schwächste  Auslese  neuerdiu^fi  bekanntlich  an  zahlreichen  Orten 
»choTi  besondere,  ihrer  Eigenart  angepasste  Uiiterrichtsbetriebe  ein- 
gerichtet worden  sind.  Aber  auch  nnter  deujeuigen  Schülern,  die 
den  allgemeinen  Anforderungen  gewaobseu  sind,  hnden  sich  ohne 
Zweifel  so  große  Untersehiede  der  persönlichen  Yeranlagnng.  daß 
sie  ehie  fierlteksiehtigimg  im  Unterrichtsveifahran  ▼oUanf  recht- 
fertigen wurden.  SelbstrerBtSndEch  ist  nicht  an  fordern  und  nicht 
emmsl  sa  wttnsehen,  daS  die  Schule  sieh  jeder  Eigenait  ihrer 
Schtttslinge  anpassen  soD;  Tiefanehr  ist  ron  der  gleichmiBigen 
Ausbildung  eine  allseitigere  Entwicklung  der  Kräfte  zu  erwarten, 
als  sie  z,u  weit  getriebener  Nachgiebigkeit  für  persönliche  Nei- 
gungen gelingen  würde.  Die  mannigfache  Sondcrunf:  und  Grlie- 
derung  unserer  versclnedeneu  Bchuiformeu  dUrfte  dem  berechtigten 
Bedürfnisse  vollauf  genügen.  Nur  in  einem  Punkte  wtlrde  sich 
zum  Nutzen  der  Lehrer  wie  der  Schuler  ohne  besondere  Schwierig 
keit  eine  wdteigehende  Berttcksichtigang  der  persönlichen  Eigenart 
ennSglichen  husen,  hinsichtlich  der  Ermüdbarkeit 

Da  sieh  große  Ermüdbarkeit,  wie  sich  immer  dentlieher  her- 
ansstellt,  in  der  Kegel  mit  großer  Übungsfähigkeit  verbindet, 
werden  wir  annehmen  dürfen,  daß  die  sehr  ermttdbaren  Schiller 
in  der  einzelnen  Stunde  zunächst  rascher  auflassen  und  lernen, 


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über  EmfidiiBguiMifiingeB. 


23 


«Is  ihre  Kameraden,  nach  einer  gewissen  Zeit  aber  in  ilirer  Lei- 
stongafähigkeit  immer  mehr  hinter  jenen  zurtickbleibeu.  Bei  dem 
geriogea  Übnngsweite  der  in  der  Ermüdung  geleisteten  Arbeit  wird 
muMlir  auch  nar  wenig  von  dem  Aii^seiioiiimeDeii  haften.  Auf 
Um  indeieD  Seite  besteht  hier  immer  eine  sehr  grofie  Erholm^- 
fifaigkeit;  schon  naeh  Inmen  Rnhepansen  ttdgt  die  Leistnng  ei^ 
IwbUeh  «Dl  um  MUoh  möh  hald  wieder  Ton  neuem  m  sinken. 
El  liegt  anf  der  Hand»  daß  eine  erfolgreiche  AnanntEuig  der 
Unterrichtszeit  bei  solchen  Schülern  anf  ganz  anderem  Wege  er- 
reicht werden  muß,  als  bei  weniger  ttbnngöriibigenj  aber  auch 
\'.rniger  ermüdbaren  Kindern.  Bei  diesen  letzteren  sind  hänfie-ere 
Pausen  nach  kurzen  Unterrichtsabscbnitten ,  wie  sie  dort  gefordert 
weiden  mtisaen»  geradezu  vom  Übel,  da  die  Unterbrechongswir- 
knng  der  Pansen  ihre  Erholnngswirkong  überwiegt,  während  bei 
grofier  £rmlldbaKkeU  das  Umgekehrte  der  Fall  ist  Namcntlicb 
doct)  wo  ohnedies  PaiaUdklassen  emgerichtet  weiden  mttssen, 
wlie  som  mindesten  ein  Veisnch  am  Flatse,  die  Gmppiemng  der 
Sekfllcr  nach  ihrer  Ermüdbarkeit  Torzunehmen  nnd  damit  sngieiöh 
eine  ihrer  Eigenart  angepaßte  Änderung  des  Unterrichtsbetriebeö 
zu  verbinden.  Das  dürfte  sich  unter  anderem  auch  deswegen 
empfehlen,  weil  die  sehr  ermüdbaren  Kinder  vielfach  auch  nach 
anderen  Kichtnngen  krankhaft  veranlagt  sind  und  darum  dnrcb  an- 
zweckmäßige  Verteilnng  von  Arbeit  nnd  Bnhe  nnter  Umständen 
aioht  nor  in  ihrer  geistigen  Ansbüdang,  sondern  aneh  in  ihrem 
toondheitaanstande  geschidigt  werden  kutanen. 

AUe  diese  Überlegongen  legen  den  Wmisch  nahe,  ein  Maftyer> 
fthren  ftr  die  Feststettnng  der  persönlichen  Ermttdbarkeit  an&n- 
isden.  Unsere  bisherigen  ErfsJimngen  spreehen  dafür,  daB  es 
uch  hier  genügt,  die  Messung  auf  einem  einzigeii  Arbeitsgebiete 
anszuftihren,  da  wir  es  höchstwahrscheinlich  mit  einer  Grund- 
eigeuschaft  zu  tun  haben,  die  bei  den  verschiedensten  Arbeiten  in 
gleicher  Weise  hervortritt.  Nur  darauf  wäre  etwa  hinzuweisen, 
dafi  die  Ermttdnngswirknug  einer  Arbeit  mit  dem  Fortschreiten 
der  Übung  allmählich  abmmmt  Auch  die  Größe  des  Übnngsfort- 
sebxitlesi  den  wir  nie  gans  ym  der  Ennttdnngswirknng  sa  trennen 
▼smOgen,  sinkt  mit  wachsender  Obnng  rasch.  Man  wird  also  aar 
ftigleiehenden  Hessung  der  Ermüdbarkeit  nicht  Ldstungen  be- 
aüWD,  die  bei  einer  Person  gar  nicht,  bei  einer  anderen  sehr 
Tollkommen  eingeübt  äiud.   Vielmelir  empüeiüt  m  öicb,  die  Ver- 


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24  £inü  Kiaepelin, 

so  die  Größe  der  konstanten  Fehler  auf  ein  Mindestmaß  herab- 
zndrtteken.  Jeden&lk  lehrt  die  Erfahrung,  daß  es  möglich  ist, 
mit  Hilfe  des  schon  oben  empfobleneii  fortlanfenden  Addierens 
einflteUiger  Zahlen  sehr  bedeutende  Untenchiede  in  der  persöu* 
liehen  ERBttdbarkeit  naehziiweuien.  Ab  sich  eignen  «ch  zu  diesem 
Zweeke  natttrlicb  aaeh  alle  möglichen  anderen  Formen  fortlaufender 
Albelt,  doeh  dttrfte  gende  das  Addieren  dnreh  die  fiinfitehheit 
und  Gkiehartigkeit  der  nuNli  (rieli  abipieteiiden  Einsekn^aben, 
denn  liehtige  LOaang  nidem  noeli  naehgeprttft  werden  kann»  allen 
anderen  VerfiriireB  weit  Torsiisiclien  eoin. 

Um  die  Emitkllnirkeit  zweier  Personen  miteinander  zn  ver- 
gleiehevi,  liegt  es  am  nH^jbsten,  das  Sinken  ihrer  Leistung  uach 
einer  gewissen  Zeit  jiri eichartiger  Arbeit  zn  messen.  Bei  der  Ver- 
schiedenheit der  Aosgangspnnkte  wird  man  etwa  die  jeweilige 
Anfangsleistnng  =  100  setzen  und  danach  das  Verbftitius  der  End- 
leistnng  des  betreffenden  Arbeitsabschnittes  berechnen.  Eine  ein- 
fache Oberleeang  klirt  indeesen,  dsB  die  Hohe  der  Endldatnng 
nieht  nnr  dnieh  die  Ermüdbarkeit»  aendem  ebenao  dnreh  die 
Obmigaflttiigkeit  der  Versnchspersen  beatimmt  wird.  Ein  nngttn- 
atiges  Sehlnfiergebnfs  kann  niefat  nnr  dnreb  groBe  Emtldbaikeit» 
sondern  ebensu  durch  Geringfllgigkeit  der  Übnngswirknngen  be- 
dingt  sein.  Das  Verhältnis  zwischen  UbungH-  nnd  Ermüdung^ 
Wirkungen  nnterliegt  aber  l)ei  der  Wiederholnng  einer  p-eirebenen 
Arbeit  gewissen  Veränderungen,  vor  allem  deswegen,  weil  sich 
die  Ermtldung  dnrch  Erholung  immer  wieder  ausgleicht,  während 
Sparen  der  Übung  jeweils  längere  Zeh  hindnreh  zorttekUeiben. 
Ans  dieaem  Gnmde  liefert  nna  der  Vergleieh  der  An&nge-  nnd 
Endieiatai^  dner  Ermtdnngaarbeit  ein  immer  weebaelndea  Bild» 
je  naeh  der  Obnngsstnfe  der  VerBaehsperaon.  Wlhrend  aaniehat 
die  8e1dnfileietvng  wegen  der  Vberwiegenden  Übimgswirknngen 
die  xVnfangsleistung  stark  übertieffen  kann,  sinkt  ihr  Verhältnis- 
wert  weiterhin  wegen  der  Verkleinerung  des  Ubnngsfortschrittes 
alimählieh  immer  mehr,  xuu  sich  endlich  bei  den  höchsten  Übungs- 
graden unter  steter  Abnahme  der  £rmttdbarkeit  vielleicht  wieder 
günstiger  zn  gestalten. 

Es  erscheint  daher  sehr  erwOnaeht»  ein  Yergleiehamaft  zn  finden, 
welehea  die  Wirkang  der  Ermttdnng  mUglichat  rein  erkemien  liSi 
ISne  befiMigende  experimentelle  Utanng  dieser  Angabe  ist  nach 


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über  EmtichiogsnietBiuigeiL 


memer  Obeizeiigaiig  nicht  möglich^  da  es  kein  Verfafaren  gibt, 
irelehes  geetaUele,  die  Wirkniigeii  der  üimOdimg  Ton  denen  der 
Übnng  dnrcb  den  Yenndi  zn  trennen,  ganz  abgeeehen  von  den 
etaiiUle  nicht  ensBelieidtMuren  EinflUasen  det  Anregung  nnd  der 
WHIenflepeiinitng.  Der  einzige  Weg,  der  einlg^ermaBen  gangbar 
erscheint,  ist  das  VerfahrcD  der  günstigstcü  Tause'].  Da  die 
Enntldnng  sich  uüch  dem  Aussetzen  der  Arbeit  weit  rascher  ver- 
liert, als  die  Übung,  mnß  es  einen  Zeitpunkt  geben,  an  dem  die 
Erholung  vollkommen  abgeschlossen  ist,  während  noch  ein  mehr 
oder  weniger  großer  Rest  der  erworbenen  Ubting  fortbesteht.  Vor 
diesem  Zatpnnkte  ist  die  Leistungsfähigkeit  noch  durch  die  lelslen 
Spfmen  der  ridi  raadi  aingleiehenden  Ermttdnng  beeintESebtigt; 
nadi  demselben  sinlct  de  langsam»  aber  nnanfhaMsam  wegen  des 
mmmehr  aOein  noeb  die  SacUage  bestinunenden  Obnngsreilnstes. 
Es  gelingt  nun  tatsKeblieb,  dnreh  den  Versneii  eine  Aibeitspause 
vm  Ite^^tiuiniter  Dauer  autzuüuden,  üach  deren  Ablauf  die  Wicder- 
auliiahme  der  Arbeit  ein  gtlnstiircres  Ergebnis  liefert,  als  bei 
längerer  oder  kürzerer  Pau<?e  Freilich  muR  e«*  zweifellinft  bleiben, 
ob  das  Ende  dieser  sogenannten  gÜuBtigsteii  i'ausc  mit  dem  völligen 
Ansgieiche  der  JBimttdung  genan  zusammenfUlIt.  Einmal  ist  es 
ans  Tersefaiedenen  Grttnden  wahrsobeinlich,  daß  wSbnnd  des 
Waebens  eine  ganz  restlose  Beseitigung  der  Arbeltsennllditng  kanm 
stattfindet;  sodann  aber  bedentet  die  Tatsache  der  günstigsten 
Fanse  an  dch  niefat  mehr,  als  daß  jenseits  demlben  die  Eiholnng 
sieh  langsamer  Tollzieht,  als  der  Verlust  der  Übmig. 

Trotz  dieser  Einschränkung  läßt  sich  doch  wohl  so  viel  sagen, 
daß  die  gtlnstigste  Pause  uns  das  brauchbarste  Maß  fWr  eine  Er- 
TiiUdungsmessang  an  die  Hand  fribt,  welches  der  Versuch  Uberhaupt 
liefern  kann.  Auch  dann,  wenn  man  daran  denken  wollte,  den 
Verlauf  der  ErmUdungswirkongen  ans  den  Versucbsergebnissen 
doreh  reelmerisehe  Abtrennung  der  einzelnen,  sieh  liier  mit  einander 
verbindenden  IHnflüsse  darzustellen,  würde  immer  der  AnsfUl  der 
Yenuehe  mit  günstigster  Pause  die  wesentiichen  Grundla|;en  für 
dne  solehe  ftußerst  Terwiokelte  Untersuchung  abgeben  müssen. 
Der  große  Vorteil  des  PausenyeTSucbes  überhaupt  Hegt  in  dem 
Umstände ,  daß  sich  in  ihm  nicht,  wie  wilhrerul  der  Arbeit,  die 
beiden  entgegengesetzten  Wirkungen  der  Übung  und  Ermüdung 

1}  Vgl  hierzu  Lindk y,  P^ychoL  Arbeiten  III.  8.  486;  Kraepelin, 
FUloiophisehe  Stadien  Xix',  &  469. 


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26 


Emil  Kraepelin, 


annähenid  anfheben  kOnmoiL  Infolge  des  laselien  AmiglAidieB  d 
Ennttdimg  tritt  deren  GMe  vielmelir  olme  weiteres  zu  tage,  w« 
wir  die  unter  ihrer  Herrschaft  and  die  nach  ihrer  Beseiti^ng  ^ 
wonnenen  Werte  miteiiiaudcr  vergleichen.  Dieaed  Verfuhren  \y'i 
Yollkommen,  wenn  sich  Übnng  und  Anre^unpr  bis  zum  völlig 
Schwinden  der  ErmUdun^r  auf  ihrer  Hohe  crhiL'lten.  Das  tr 
leider  nicht  zu.  Die  Auregimg  schwindet  ganz,  von  der  Uhu 
wenigstens  ein  erheblicher,  noch  dazu  nnberecheubarer  Teil,  bei 
wAk  der  gUnatigsten  Puue  ist  demnach  der  Veigleiehsweit  ob 
Zweifel  na  klein;  die  Eimttduigswirkmg  am  Ende  der  Arbeit  n 
betriohlilieh  grOBer,  als  die  Beuenuig  der  Leistong  naeh  < 
Pause  annehmen  lißt  Immerhin  ist  die  Höhe  der  Aibeitswe 
nach  der  günstigsten  Pause  das  zuverlässigste  Vergleiehsmaß,  c 
bisher  durch  den  Versuch  erreichbar  ist.  Überdies  liegt  die 
nähme  nahe,  daß  sich  die  Besserung  der  Leistung  durch  die  Pai 
wenigstens  annähernd  im  gleichen  Verhältnisse  vollzieht  wie  < 
wirkliche  Ausgleich  der  Ermttdong.  Insbesondere  scheint  sich  • 
Ubuugsfestigkeit  im  allgemeinen  umgekehrt  an  verhalten  wie 
ÜbnngsfiUiigkeit.  Sehr  starke  ÜbnngswirkiuigeiL  dürften  lasc' 
sebwiiiden,  als  geringe,  da  Umstand,  der  einer  AnnSberong  * 
gemessenen  Pansenwürkang  an  die  wirkliebe  Ermfldnngsgitffie 
gnte  konmen  wttide. 

Die  bisher  dnrchgeftlhrten  Versuche  Uber  die  günstigste  Pa 
sind  noch  sehr  lückenhaft.  Sie  haben  ergeben,  daü  die  Lai 
derselben  heim  Rechnen  ftir  verschiedene  Personen  innerlialb  re 
weiter  Grenzen  schwankt,  die  sich  von  etwa  einer  Viertelstn- 
bis  Uber  eine  Stunde  hin  erstrecken.  Sehr  bemerkenswert  ist 
£r£Ahmng)  daß  die  Länge  der  voranfgehenden  Arbeit  die  Da 
der  günstigsten  Pause  gar  nicht  oder  doch  wenig  an  beeinfluß 
Bcbdni  Das  wird  einigeimafien  begreiflich,  wenn  wir  bedenk 
daß  diese  letatere  von  dem  gegenseitigen  YerbSltnisse  zwise' 
Eriiolnng  und  Obnngsrerliist  abhängt,  dessen  gOnstigsto  Gestalt 
recht  wohl  von  der  Länge  der  voranfgehenden  Arbeitszeit  im 
halb  f::e  wisser  Grenzen  unabhängig  »eiu  kann.  Ganz  uudors  s 
es  natürlich  mit  dem  Ansteigen  der  Leistung  nach  der  gUu8tig> 
Pause,  das  selbstverständlich  um  so  beträchtlichem  ist.  je  läi 
die  KrmUdungsarbeit  danerte,  je  stärker  also  der  £nattdung8^ 
war.  Die  Länge  der  günstigsten  Panse  liefert  uns  somit,  w 
wir  den  Gang  des  Übongsyeiliistes  zonicbst  aofier  acht  las 


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über  EimtldiiiigiiiiMtiiagen. 


27 


annähernd  ein  Bild  von  der  Schnelligkeit,  mit  der  sich  die  Er- 
mtldong  ausgleicht}  also  der  ErholuDgsrähigkeit,  während  die  Aufl- 
^ebigkeit  der  erzielten  Bessemng  in  dem  oben  umschriebenen 
Slmid  als  Anadniek  der  Torber  bestehenden  Ennttduig  bettsefatet 
werden  ßstt 

AlMings  werden  Lftnge  der  gQnstigBten  Psnse  wie  GiOBe 
Ihrer  Wirkung  sehr  wesentlieh  beeinflnßt  dnnsh  das  Veibalten  des 

CbaiigBverlnstes.  Je  rascher  sich  derselbe  vollzieht,  desto  früher 
wird  der  Tunkt  erreicht,  an  dem  er  das  Ubergewicht  Uber  die 
ErholnngswirkEüg  der  PanBe  frewimit,  und  umgekehrt.  Zugleich 
wird  die  Leistung  nach  der  günstigsten  Pause  niedriger  liegen, 
wenn  die  Obnng  rasch,  als  wenn  sie  langsam  schwindet  Auf  der 
snderen  Seite  sebeinen  sich,  wie  schon  erwähnt,  gerade  sehr  starke 
Obongswirknngen  schneller  zu  yerlieren,  als  schwXehere,  so  daß 
dsdnreh  ein  gewisser  Ansglelob  jenes  FeUers  geboten  wird.  End- 
U  dürfen  wir  annehmen,  da&  deiselbe  sieb  verringert,  je  hoher  der 
bereitB  erreichte  Obnngsgrad  war,  je  geringftlgiger  also  die  Obnngs- 
wirkung  dcB  voraui^^ehendeii  Arbeitöabschnittes  sich  gestaltete. 

Aus  diesen  Erwägungen  geht  hervor,  daß  die  Besserung  der  L*ei- 
stimg  nach  der  güuatii^steii  Pause  liei  solchen  Personen  ein  ziemlich 
gutes  Vergleichsmaß  der  Ermüdbarkeit  abgeben  würde,  bei  denen 
jese  Panse  die  gleiche  Daner  aufweist  Freilich  würde  es  auch 
dann  nOftig  sem,  den  Fehler  des  ÜbnngSTerlustes  dnrch  Erreichen 
eines  hoben  Übnngsgrades  mOgliobst  nnsobftdlieb  an  maehen.  Hat 
aber  die  gBnstigste  Fimse  eine  yenehiedene  Lunge,  so  mnB  selbst 
bei  ganz  gleidiem  Gange  des  Obnngsveiinstes  die  Leistung  nach 
der  längeren  Pause  offenbar  TerhSltnismäBig  niedriger  ausfallen. 
Andererseits  kann  die  Verlängerung  der  günstigsten  Pause  gerade 
durch  besonders  langsames  Schwinden  der  Übung  bedingt  werden. 
0))  dieser  Umstand  oder  starke,  sich  nur  langsam  ausgleichende 
iurmüdang  die  Ursache  der  Verlängerung  bildet,  läßt  sich  ohne 
weiteres  gar  nicht  entscheiden.  Immerhin  könnte  der  Vergleich 
der  Leistong  naeh  der  glinstigsten  Pause  mit  der  Anfangsleistang 
des  nüebsten  Tages  einen  Anbait  daftr  geben«  ob  sieb  der  Obnngs- 
Tsilnst  laseh  oder  langsam  yoUsogen  bat 

An  diesem  Ponkte  liegt  bis  heate  die  grondsStsliehe  Sebwierig- 
keit  der  Messung  der  perstolichen  Ermttdbarkdt.  Bs  Ist  ni9giioli, 
daü  sie  sich  leidlich  gut  lösen  läßt,  sobald  einmal  zahlreichere 
und  genauere  Erfahnmgen  über  die  gegenseitigen  Beziehungen  der 


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88 


EbB  SrM|i6llB| 


hier  in  betracht  kommenden  Größen  ^sammelt  sein 
Namentlich  WHre  es  wichtig,  die  Wirkung  von  ZywiRchenz» 
mitersnehen,  die  länger  sind,  als  die  gtlnstigste  Pause.  Wl 
bis  jetst  noek  keine  gentlgende  Vonrtellang  Ton  den  Verä.nd( 
der  LeiBinng,  welehe  sie  bedingen.  Man  kann  vieUeioht 
daB  Biek|  wem  muk  ent  die  GfOie  der  Sekwasikiiii^en 
eine  Fuue  «nflbden  ÜBt,  Ar  iretehe  die  Felderquella  de 
fleldeden  nsebea  ObiiBgsyerlwtes  gegenüber  den  Eriic^im 
knngen  znrllcktritt;  mOglicberweise  ist  das  Beb<ni  bei  der  ^ 
8ten  Paui^e  selbst  der  Fall.    Im  schlimmöten  Falle  mußt* 
nngefiibre  Verlauf  des  ÜlmDgaverluates  durch  besonderf^  Paust 
suche  ftlr  die  erste  Zeit  annähernd  bestimmt  und  bei  der 
BteUimg  des  Vergleichsmaßes  an  der  Hand  allgemeiner  £ 
rangen  mit  in  Anschlag  gebracht  werden. 

So  nel  glaabe  iob  auf  Grand  der  biaherigen  UnterBadmogeii 
BiemKeher  Bestfmmtbdt  engen  m  kOmieD,  daB  efaae  eiBlgmii 
brandibare  Mewoag  der  pefMnlicben  BStmlldbarkeit  nur  mit  l 
des  PtoNnyerBaobeB  m(5glieb  fei  Zngleteh  aber  ist  m  betonen, 
bis  znr  Erreichung  dieses  Zieles  noch  eine  sehr  eingehende  Doreb: 
schung  der  Wirkung  kürzerer  und  längerer  Arbeitspausen  bei  m 
liehst  vielen  Personen  imtwendig  ist.  Erst  dadurch  werden  wir  nnsi 
diesem  schwiei  itrea  Gebiete  mit  etwas  größerer  Sicherheit  beweg 
lernen.  Jede  solche  Uutersucbong  erfordert  aber  Wochen  n 
Monate,  so  daß  naturgemäß  von  einem  raseben  Fortsohritte  d 
f^kenntnis  gar  keine  Rede  sein  kann.  Massenvemidiei  aaoien 
lieb  an  Sefailkindern,  sind  ebistweilen  glmUob  zwecklos,  dt  w; 
ibre  Febler  Boeb  gar  uiebt  m  llberseben,  ibre  Etgebnisw  M 
zu  dealeii  Tersteben.  Zudem  ist  das  ganze  Verftbien,  welche 
▼ielfaefae  Wlederfaohing  der  Yersnchsreihen  nnd  genaueste  BiB- 
haltung  aller  Vorsieh tsmaßre^ in  erfordert,  zunächst  noch  sc 
schwerfällig,  daß  es  aussichtslos  erscheint,  in  wenigen  Versucltf- 
tagen  \erwertbare  Erfahrungen  gewinnen  zu  wollen. 

Trotz  aller  dieser  Schwierigkeiten,  die  zunächst  zu  überwinden 
sind,  halte  ich  es  dennocb  Air  möglich,  einmal  zu  einem  VerfabreB 
der  £nnttdbarketlsmesBnng  za  gelaiigen,  das  aaoh  Ar  die  prak- 
tiseben  Zweeke  der  Sobole  geeignet  ist,  ja,  iob  gUnbe,  dtfi  wir 
diesem  Ziele  bereiii  eni  wenig  nUher  gekommen  sind.  Von  be- 
sonderer Bedentuig  ersebeint  mir  namenfUob  die  Erfthmqg^f  iai 
die  LSage  der  gUasttgsten  Pause  durch  die  Daner  der  twImf- 


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29 


geiModen  Arbeit  nicht  aelir  beeinüiiüt  wird.  Bewährt  sich  dieser 
3Atz  aach  bei  weiterer,  mnfaaieiidv  Prttfaag,  so  wttidoB  wir  die 
Wiitaig  der  gttnetigBten  Pause  aaeh  nmk  gtau  kurzen  Aibeits- 
imImi  fiNtatdleB  kffniMD,  die  biahcf  bbii  weojgiteui  flu  die  Untar- 
mAmg  TAB  Ennlldiiiigaenolieiinuigeii  ungoeigiiAt  «ciolii«imi  wam. 
Selm  ftsf  mnnten  Arboft  wttiden  Air  dlem  Zweek  geuu^cu, 
«ine  wkr  wesentHobe  VerolB&elniiigr  dei  Yerfiihfetis  gegenttber  den 
frttber  immer  b^uützteu  lialbßtlindigeu  Arbeitazeiteu.  Ailerdiuirö 
ist  es  auch  so  noch  eine  üiiUcrBt  zeitraubende  und  umstandliuhe 
Aufgabe,  Dauer  imd  Wirkung  der  günstigsten  Pause  zu  biHtimnien. 
Es  besteht  aber  eine  gewisse  AnsBicht,  daß  sich  zwischen  der 
Wirktuig  kttnerer  und  Ittiigerer  Pansen  allgemeinere  Beziehiuigiii 
anftndfln  Umtm  weidoB.  SokoD  jetH  wueen  wir,  daB  der  gttih 
iifgilen  P«ue  eine  nngtbutigate  mid  «ine  weitere  gUnatige  in  ge- 
wiiieni  Abetonde  TWin^eiii  Yttfllgen  wir  eher  eiiiMel  Uber  ub- 
&agieielMM  VewndwreihMi  avf  dieieit  Gebiete,  ee  wird  lieh 
vielleicht  heranssteUen,  daß  sieh  die  Wirknog  einer  oder  mehrerer 
kteerer  l'aoben  uns  bereits  ein  pcwisses  Urteil  über  die  durch 
die  Versnchsarbeit  bewirkte  Ermüduna:  gestattet  Natttrlieh  wird 
der  80  gewonnene  Maßstab  «^ieh  noch  weiter  von  der  absoluten 
Giöße  der  Ermüdung  entfernen,  als  der  ans  der  günstigsten  Pause 
gewomMDie^  allein  darum  könnte  seine  Veiigßeiehbariuil  doeh  nioht 
■iader  sureililMig  Bein,  mud  bei  kniMm  Pamn  wenigtea 
der  Felder  dee  AnregnngiTerinstM  geiiBger  adn  wBide. 

Der  ftr  die  Ummatg  der  peraOaUeiieB  EimUdboikeit  vorge- 
■ckinete  Weig  ittrt  deMincb  Tor  allem  su  einer  mOgÜeiiet  grttnd- 
liehen  Untersuchung  der  Whrkung,  welche  kttrz^  und  längere 
Arbeitspausen,  namentlich  oach  kurzen  Arbeitszeiten,  bei  verschie- 
denen Menschen  auf  die  Leistungifahigkeit  ausüben.  Insbesondere 
»t  dabei  die  ßeeiudussung  dieser  Wirkung  durch  den  Ablauf  des 
Ubangsverlustes  zu  Yecfolgen.  Weiterbin  wttrde  £ostsBBteUen  sein, 
m  weklien  Beaiehmgen  die  Wirkung  künerer  Fanien  zu  der^ 
jenigen  der  gttnatigsten  oder  irgend  einer  anderen  stebt,  die  den 
bdloi  Aanibenuigewert  für  den  yoUkoHniencn  AiBgMeh  der 
Arbeitaermttdung  liefert  Ergeben  a&oh  eeklie  Befliebnagen,  99  mt 
itnm  dit^enige  Oertakung  des  Pansenrersnebes  abmldien,  welcbe 
mit  dem  geringsten  Aufwände  an  Zeit  und  Mühe  ein  möglichst  zu- 
Terlässiges  BUd  von  der  persönlichen  Ermüdbarkeit,  wenn  auch  in 
rerkieiaCTtem  Mafistabe,  vermittelt  Es  ersolieint  nicbt  undonkhar,  dafi 


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90  ^BoSL  Knepdin,  Ober  Enii1ldiiflgimfl0muig«i. 

diesen  Anforderimgen  schließlich  eine  Versnchsanordnung 
kann,  die  nicht  mehr  als  15 — 20  Minaten  Zeit  in  Anspiuc 

Allofdings  wird  dabei  ein  einielDer  Veisaeh  immer 
wenig  bedeuten.  Wie  bei  der  Meoamig  der  Ennttdongf 
ebier  SohnUrtonde  wird  aneh  in  dieser  Fkage  eine  vielfiudie 
holnng  des  YenmoheB  nOtig  s^,  vor  allem,  um  die  VerSnc 
der  Werte  nnter  dem  Einflnsse  der  fortschreitenden  Übnn 
aber,  um  die  unvermeidlichen  zutälligen  Fehler  anszQ| 
Insbesondere  wird  anch  hier  wohl  eine  vorheripre  pliiuuiäü 
ttbung  der  Ver8nchs})ers(tm'u  mif  die  YLTSiicbsarbcit  zwe< 
sein.  Jedenfalls  wird  es  niemals  möglich  sein,  wie  das  bei  < 
stellnng  der  sogenannten  »mental  tests«  bisweilen  gefordert 
ist,  etwa  in  einer  einzigen  Sitzung  aneh  nur  Uber  die  einfiu 
saehe  der  peieOnlieben  Ennttdbarkeit  m  einem  bianohbaien 
nisse  zu  gelangen.  Anf  der  anderen  Seite  ist  aber  die  Fraj 
so  wiebiig,  dafi  ibre  Beantwortnng  wobl  den  tS^eben  Anfwt 
einer  Tiertelstonde  einige  Woeben  blndnrdi  lobnen  würde. 

Indessen,  anch  wenn  flieh  die  Hoffhang  erfhllen  sollte,  in 
mäfiig  angeordneten  rnusenversuchen  ein  Hilfsmittel  znr 
muüg  der  perBöniichcu  Ermlldbarkeit  zn  finden,  wird  die  2 
Maßsenuntersnchnngen  ganzer  Schnlklassen  keineswegs  ge>; 
sein.  Vielmelui  werden  wir  dann  unbedingt  erst  dnrch  sor, 
Laboratoriunsyersnche  feststellen  mUssen ,  in  welchem  U 
die  am  Erwaebsenen  gefundenen  QesetamäBigkeiten  anf  j 
liebe  Personen  ftbertragen  werden  dürfen.  Wenn  wir  ancb 
nehmen  bereebtigt  ^d,  daß  in  diesen  Fhigsn  tiefigifeifeiide 
sStsfiebe  Untersebiede  bei  den  einzelnen  Altersstofen  nlobt  be 
wird  doch  die  Größe  der  übungs-  und  ErmUduugswerte 
wesentlichen  Veränderungen  unterlieo:eii.  Dadurch  wiir(l( 
unter  ümstiindeü  die  besondere  Anurdimn^"  der  Versuche  erl 
beeinflußt  werden.  Neben  der  Gewinnung  eines  zuverlässige 
einfachen  Mafiverfahrens,  dessen  Erprobung  nur  durch  planr 
Erforschung  am  Erwaebsenen  gesobeben  kann,  ist  demnael 
▼eigleiobende  Unfteisnebnng  der  geistigen  Arbeitsbedbigong« 
yersdiiedenen  Altersstufen  nnerlftfilidi,  wenn  wir  einmal 
kommen  wollen,  den  Uessnngen  der  persSnlieben  Enntldb 
im  praktiseben  Sebnlbetriehe  diejenige  Bedeutung  zu  versoi 
die  ihiicii  bei  der  Tragweite  der  Ermüdungssfrii^re  für  die  g( 
AoBbildong  nnd  die  Wohlfahrt  der  Jugend  ohne  Zweifel  znk« 


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über  den  Enflnfs  von  Nebenreizen  anf  die 

Baumwakmehmong. 

Von 

Hay wood  J.  Fearce. 

(Aus  dem  Psycbologifichen  Institat  der  Universität  Wttnborg.)^) 

MH  4  Figuren  im  Test 


Eiuleitimg. 

Man  ist  wolil  bereohtigt  sv  tagen,  daB  der  grVfite  Teil  der 
Ldrtnngm  der  modernen,  experhnenteltoi  Psychologie  in  HewimgeD 

der  Emptiiidüclikeit  uüd  der  Unterschiedsempfiudlichkeit  besteht. 
Der  Wert  dieser  Messungen  liegt  nicht  allein  oder  hauptsächlich 
in  der  Wichtigkeit  der  durch  sie  zur  Erkenntnis  kommenden  Tat- 
sachen, sondern  yiekuehr  in  den  Folgenmgen,  welche  sie  uns  bei 
der  Uotersnchnng  der  Nator  nnd  der  Gesetzmäßigkeit  des  mensch- 
lidieii  Geistes  ermöglichen.  Die  experimentelle  Arbeit,  von  der  ich 
m  diesen  BUittem  beriehten  will,  hat  ebenfidls  diese  An^be  und 
toeaZweek.  IKe  Besoliato  an  sieh  sind  im  hOdisteo  Grade  einfiMdi 
nid  evseheinen  von  Tom  herein  als  ganz  gewöhnliebe  Tstsaeben, 
mit  d^ien  man  yen  Kindheit  auf  yertrant  gewesen  sein  sollte,  und 
deren  Erklärung  bclbstverständlich  ist  Der  Wert  eines  Prinzips 
besteht  indessen  nicht  in  seiner  Seltenheit  oder  Fremd;irti«rkeit, 
sondern  vielmehr  in  seiner  re^a'lmiißi^aMi  (reltuiig,  nnd  die  'iatsache, 
daß  es  uns  zu  vertraut  geworden  ist,  um  als  Prinzip  angesehen  zn 
werden,  ist  geeignet,  Air  seine  höchste  Wichtigkeit  zu  sprechen. 
Das  Sinnesoigan,  mit  dem  sieh  nnsera  Experimente  beeehttfligt 
haben,  ist  die  Bant,  dieses  wichtige  Hilfsmittel  der  Orientierong. 

Die  EmpfindMebkeit  nnd  Untersebiedsemp&idliehkmt  der  Hant 
iat  in  Tenddedenster  Weise  nntersneht  worden.  Die  experimentelle 

1)  Obonetat  aas  den  Eagliichen  ▼on  FrL  0.  a.  M.  Kfllpo. 


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32 


U»jrwood  J.  Pearce, 


Psychologie  hat  mit  solchen  Experimenten  Überhaupt  b 
ßud  das  Grebiet  ist  uocb  lange  nicht  datür  erschöpft.  Da 
Interesse  konzentriert  sich  dabei  auf  die  Schwelle  der  Sin 
Scheidung:,  en^  verbunden  mit  der  ganzen  Fra^^^e  der  Wahr 
und  Übertragung  der  SinneBreize.  Eine  der  Hauptmethc 
iUr  diem  Zweck  angewanit  werden,  iit  die  Lokalisationf 
indem  man  annimmt,  daaa  die  Summe  der  LokaliBati 
dlTidieit  dmeh  ihre  Zahl  den  MaBstab  ftr  die  Feinheit 
beatinmrang  dwntelit.  Man  ist  natOrlieh  dabei  beBoigt 
alle  Nebenreiie  nnd  seninnenden  Eäailaae  anssiBehUel 
meinen  Experimenten  habe  ieh  aber  rorsfttzlieh  einen  Ni 
eini;crulirt,  mit  der  Absicht,  festzustellen,  was  für  eiueu  E 
sidcher  hat,  ob  er  die  Reaktion  nur  veränderlicher  oder  unb 
macht,  oder  sie  in  ihrer  ganzen  BeHchaiyciihcit  uiuiiestulte 
mau  darnach  sacht,  so  findet  man  iu  der  täglichen  Erfah 
Menge  Tatsachen,  welche  den  Gegenstand,  den  ich  ante 
mentelle  Beobachtung  gestellt  habe,  in  seinem  weitem  S 
irtrieien. 

Es  ist  Jedem  bekannt,  daB  es  in  vnseiem  Wesen  e 
gibt,  welofaes  ans  TcranlaBt,  Ten  veraddedenen  gegebene 
den  Da  rehschnitt  anzunehmen.    Das  Extrem  widere 

normalen  Menschen.  Wir  mögen  ein  Pferd  oder  eine  1 
ein  Haus  oder  sonst  etwa«,  das  weder  zu  f!joß  noch  zu 
wir  ziehen  eine  Farbe  vor,  die  weder  zu  hell  noch  zu  d 
Musik,  die  weder  zu  laut  noch  za  leise  ist,  ein  Gefühl  irgen 
Art,  das  weder  zu  stark  noch  zu  schwach  ist;  so  könnt« 
mOgHchst  rencfaiedenen  Gegensliadea  fieihea  toh  Abatnfi 
fthren,  nnd  es  ist  mehr  als  wahrseheinlieh,  daß  eine 
Peison  in  keinem  einiigen  Bespiel  daa  Extrem  wihtoi 
Diese  TalMushe  bemht  mizwdfelhafl  in  yieien  Flllen  ai 
Gründen,  als  allein  aaf  Abwlif^  yon  Zn^lligkeiten  nnd 
keiteii  zwischen  den  lieiden  I^xtremen,  aber  dieses  is 
häufig  ein  genügender  Grund,  und  wo  andere  Gründe 
sind,  da  i^t  es  noch  ein  Bele^  ftir  die  Tatsache,  daß 
selbst  nach  den  Grundsätzen  arbeitet,  die  den  von  ihr  ge 
Menschen  in  seinem  Handehi  beherrschen,  nimlich  nach  d( 
des  > Mittels«. 

1)  Vgl.  dua  Eaat*8  »Normalidee«  in  seiner  Kritik  d.  Urtei 
Bediin,  8. 82  f. 


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Üb«r  den  EinflnO  toh  Nebennben  anf  die  BaamwalinMliiiniiis;  83 

Es  darf  daher  nicht  überraschen,  wenn  wir  dasselbe  Prinzip 
offenbart  finden  in  der  Aufnahme  der  firfahrong,  die  uns  die  ver- 
lehiedenen  Sinne  bieten.  Wir  kttnnai  also  gewärtig  sein,  zn  finden, 
dafi  iwei  gleiohs6i%  wahigenommene  Farben  sieh  su  «man  Mittel 
vcfiehmelien,  dafl  swei  Georttchey'iwd  CteselunaekBqiialiiiiten,  iwd 
Tttaie»  die  ffMoMg  in  das  Bewußtsein  eintreten,  als  ein  dritter, 
einfaclier  Beia  waluqgenoaimen  werden,  der  etwas  den  Mden  Ori* 
ginalreizen  Eigentttmliehes  an  sieh  hat,  aber  dennoch  deutlich  als  yon 
jedem  verschieden  empfunden  wird.  Es  mögen  verschiedene  Be- 
gTündnneren  fHr  dieses  Phänomen  gefanden  werden,  in  jedem  Fall 
und  in  liestimniten  Beispielcu.  nnmentlich  bei  Farben,  mUssen  be- 
sondere experimentelle  Bediugougeu  beobachtet  werden;  in  anderen 
flUen,  iMSondero  bei  Tönen,  ist  es  möglich,  daß  eine  gettbto  Ver- 
mehsperson  imstande  ist,  den  resnitierenden  Beis  als  einen  nsam- 
mesgseetiten  in  erkennen  nnd  die  Elemente  heranssnanaijBieren, 
ans  denen  die  yersohiedenen  Komplexe  bestehen.  Bei  naivem  Be- 
wflfttBein  jedoeh  wfirden  nnzweifelliaft  PliXnomene  Ton  der  Axt, 
wie  ieh  sie  beschrieben  habe,  demonstriert  werden  können.  Gewiß 
haben  alle  hier  angetührten  Tatsachen  jede  ihre  besonderen  Ur- 
sachen, denen  hier  nicht  näher  nachgegangen  werden  kauu.  Ahf-t 
gemeinsam  ist  ihnen,  daß  sicli  bei  zwei  und  mehr  Reizen  oder 
Toistellnngen  ein  »resultierender«  Eindruck  ausbildet,  der  in  ge- 
wissen gesetzmäßigen  Beziehungen  au  den  »Komponentenc  steht 
sid  im  aUgemnnen  die  Signatar  eines  »Mittels«  tilgt 

In  dem  Bereadie  des  Tutsinns  sind  solehe  Iliftnomene  vielleicht 
weniger  hfofig  beobachtet  worden,  als  in  ander«i  Sinnesgebieten, 
fii  ist  daher  interessant,  die  Exirtens  des  hier  erwShnten  aUg»' 
meinen  Grundsatzes  auch  in  dieser  Sphäre  aufzuzeigen.  Noch  in- 
teressanter, nach  meiner  Meinung,  sind  die  möglichen  Erklärungen, 
die  mau  für  das  hier  behandelte  Phänomen  bieten  kann,  üowie 
der  neue  Standpunkt,  welcher  hierbei  für  das  ganze  Gebiet  der 
Täuschungen,  besonders  der  optischen,  gewonnen  wird.  Die  neue 
£Tidflns,  die  ans  diesen  Experimenten  Dir  die  Abhängigkeit  des 
Mrtes  vom  Nervensystem  hervoig^gangen  ist,  selbst  bis  an  dem 
finde,  wenigstens  eine  Ahnung  von  dem  Fsiallelismns  zwischen  der 
8ehiffe  od»  Empfindfiehkeit  anf  der  einen  nnd  dem  Leistnngs- 
vermögen  anf  der  andern  Seite  sn  vemdttefai}  wird,  wie  ieh  denke, 
nicht  als  unwichtig  betrachtet  werden. 

IkUt  far  Psjchologi«^  L  g 

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EäjwQod  J.  Petrae, 


Erster  Abscliiutt.  Versache  Iber  4eii  Eiiülaß  von  Nel 
I.  Kapitel.  Lokalisationsbewegungen. 

Die  emle  Phase  dee  PreblenM,  webbei  hier  behandelt  i« 
ist  entwiekett  worden  an  der  UniTenitttt  von  Chieago,  nntei 
Yen  Prot  J.  B.  Angell,  anf  deeaen  Anregung  ich  es  i 
nnd  dem  ieh  fttr  Tiele  wertvolle  Bataehläge  im  Verlaoi 
arbeiten  Dank  aclnilde  ond  hier  ansspreehe.  Die  Rerall 
im  I^borati^rium  der  Universität  Chicago  iiu8j2:efllhrten  ß 
iü  der  i's^cliological  Review  1902  Ö.  329 — 35ü  mittir  ( 
»Normal  Motor  Sngf^cstibility»  veröffentlicht  worden.  In 
die  ans  hier  zunächst  bcschäitigeudeu  Experimeute  in 
wissen  Um&ng  an  die  frtlheren  anknüpfen,  wird  es  Z9 
sdn,  an  dieser  Stelle  eine  knne  Ühessieht  der  dort  erre 
snHate  m  geben. 

Das  sn  lösende  Problem  war  folgendes:  Welehen 
anf  die  normale  rftnmliehe  Anffassnng  eines  gc 
Reizes  hat  ein  zweiter  Reiz  gleichen  Charakters. 
Nebenreiz,  wenn  die  beiden  Reize  gleichzeitig  oci 
einander  gegeben  werden? 

in  der  ersten  l^  itic  der  Experimente  wurden  zwe 
einer  'gewisseu  Entfernang  voneinander  auf  der  Yola 
Yordeianns  durch  ein  spitzes  Instmment  hervorgebracht, 
yersnohspenon  mit  einem  in  ihrer  freien  Band  befindlic 
grifU  einen  bestimmton  der  beiden  Beize  genanlokaUsiei 
Der  normale  Lokalisationsfehler  wnrde  zuerst  festgestellt 
Lokalifilerong  eines  einikefaen  Beizes,  nnd  dieser  Fehler  ^ 
glichen  mit  demjenigen,  welcher  entstand,  wenn  der  näm 
nnter  gleichzeitiger  Einwirkung  eines  Kebenreizes  lokalisi' 
Die  Zunahme  der  Fehler  im  zweiten  Fall  gegenüber  c 
malen«  ersten  i^'ali  wurde  dem  isauilaß  des  zweiten  Rei 
schrieben. 

In  der  zweiten  Reihe  der  Experimente  waren  die  Ii 
stisehe.  Die  Vp  wurde  in  den  Mittelpunkt  eines  halbrund« 
gesetzt;  um  den  ftnfieren  Band  des  TiBches  wurde  em 
TnohTorhang  gezogen,  um  die  Bewegungen  des  Ezperi 
Tor  der  Vp  zu  verbergen;  der  tofiere  Rand  des  Tiscfa 
durch  Kreidestriche  in  Grade  eines  Kreises  geteilt,  ü 


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über  den  Elnflaß  von  Nebenreixen  anf  die  Bnnmwahnehnmng.  85 

fiidieii  in  der  Richtnng  zur  Vp  geftihrt  und  so  numeriert  worden, 
da«  die  Giadiablen  leieitt  von  der  Vp  gelesen  werden  konnten. 
Die  Bdse  wwen  «oliarfe,  deolUehe,  mit  einem  MetaUinstnunento 
lurvoigebrachte  GerttiuMdie  an  Teiseliiedenen  Punkten  dieses  ein- 
geteilten Halbkreises;  die  Augen  der  Vp  waren  anf  die  l^ull  ge-  ' 
richtet,  die  unmittelbar  ihr  gegenüber  lag.  Wenn  das  Geräasch  (dug 
rechts  von  der  Vp  gegeben  wurde)  erfolgte,  richtete  sie  ihre  Angen 
anf  den  Radius,  der  dem  Ort  des  Geränsches  am  nächsten  zu  liegen 
schien,  und  rief  die  Zahl,  welche  den  Radios  bezeichnete.  Der 
dabei  begangene  Fehler  worde  in  Graden  notiert|  und  der  Normal- 
fehler  aof  diese  Weise  bestimmt  Dann  wurden  zwei  Beize  ge- 
geben: die  yp  mufite  nun  den  einen  (Hauptreiz)  an  ifarer  reehten 
Sate  lokalisieren  y  den  Nebemreiz  an  ihrer  linken.  Der  Febler 
inirde  wieder  veraeiebnet  und  die  Zunahme  desselben  dem  £in- 
fliuse  des  Nebenreizes  zogeschrieben. 

In  der  dritten  Versuchsreihe  worden  optische  Reize  verwandt 
und  eine  der  \orlicrgehenden  sehr  ähnliche  Versuchsanordnung 
benutzt.  Die  Augen  der  Vp  waren  wieder  fest  auf  die  Noll  in 
der  Mitte  des  Tisches  gerichtet.  Ein  ätUck  Papier  —  weiß  mit 
schwarzem  Rande  —  wurde  für  einen  Augenblick  auf  der  reehten 
Seite  des  Gesichtsfeldes  gezeigt  Die  Vp  wandte  ihre  Angen  nach 
der  beseiehnelen  Riehtong  und  nannte  die  Linie,  Uber  der  das 
Zdeben  mshien.  Der  Fehler  wurde  wieder  notiert.  Unter  glei- 
chen Umstfnden  wurden  dann  zwei  solcher  Zeiehen  nacheinander 
gezeigt  und  die  Vp  mnBte  das  eine  derselben  rechts,  das  andere 
links  lokaliöieren.  Die  Zunahme  des  Fehlers  wurde  wieder  dem. 
fcinÜuöse  des  Nebenreizes  zugeschrieben. 

Jede  dieser  drei  hier  beschriebenen  Versuchsreihen  umfaßte 
mehrere  tausend  Beobachtungen.  Die  erhaltenen  Reenltate  sind 
iBBammengefaßt  folgende: 

1.  Bei  Lokalisierung  eines  einfachen  Beises,  ob  Tast-,  Gesichts- 
oder GehOrsreiz,  wird  ein  Fehler  in  der  Richtnng  des  Punktes 
begangen,  anf  welchen  die  Aufmerksamkeit  gelenkt  war,  als  der 
Beiz  eintrat  IMeser  Fehler  wftehst  ndt  der  Entfernnng  des  Reizes 
▼on  dem  Gegenstande  der  Anfinerksamkeit.  Bei  der  Lokalisfennig 
des  Tastreizi  :uü  dem  Vorderann  ist  der  Gegenstand  der  Auf- 
merksamkeit in  der  Regel  die  Hand*). 


i:  Vgl  Henri,  Baomwahmehmuiig  d.  Tutsüma,  S.  101. 

3» 


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36 


Hftywood  J.  Pttrce, 


2.  Wenn  ein  ^ebeureiz  einwirkt,  so  steigt  sich  zuerst  ( 
gong,  der  damit  gesetzten  »Snggofitioii«  zu  widerstehen,  al 
widentrebende  Tendenz  yeniqgert  sieh,  wenn  des  £r 
wiederholt  wird,  nnd  ecUiefilieb  wird  der  poeitive  Ein 
Kebemeizee  yoUkommen  dahin  anidittekhar»  dafi  der  ] 
sationsfehler  in  der  Riehtang  des  Kehenreiies 
Wenn  der  Nebenreiz  in  der  Richtung  des  Gegenstandes  i 
iiierküamkeit  liegt,  so  steigert  sich  die  absolate  Größe  dei 
sationsfehlers ;  wenn  der  zu  lokahbiereude  Reiz  zwisclj 
Gegenstande  der  Aufmerksamkeit  und  dem  Nebenreiz  liegt, 
die  absolute  Grüße  des  Lokalisationsfehlers  sich  verringe 
die  Richtung  desselben  kann  ganz  yerttndert  werden. 

3.  Der  Widerstand  ist  am  stiirkaten,  wenn  der  Nebe 
der  dem  Gegenstände  der  Anfinerksamkeit  entgegenge 
Riehtnng  gegeben  ist,  aber  sehliefilieh  ist  der  Ne] 
in  dieser  Biehtung  wirknngsToller  als  im  nmgek 
Falle. 

4.  Variationen  der  Intensität  und  Eutferuui 
Ncbenreizes  haben  korrespondierende  Variationen  in  ( 
vorgebrachten  Wirkung,  die  nicht  näher  bezeichnet  zu 
brauchen,  zur  Folge.  Die  erste  Wirknng  indessen  irgendei 
lindemng  der  Methode  zeigt  widerspieehende  Resnltate^). 

Ii.  Kapitel.  Ortsyergleichnng. 

§  1.  Die  Wirkong  eines  Vebenrelaee. 

In  allen  Ex])erimcntcii,  deren  Resultate  hier  kurz  zuf 
gefaßt  wurden,  spielte  eine  lokalisierende  Bewegung  eine  Rc 
die  Anrefrnnp:  von  Prof.  Klllpe  unternahm  ich  daher  ei 
Reihe  von  Experimenten,  die  unter  seiner  Leitung  ausgefül 
nm  diesen  motorischen  Faktor  zn  eliminieren  und  von 
reine  Vefgleiehsanssagen  zu  alangen.  Die  befolgte  Meth* 
folgende:  Anf  der  Vohuseite  des  Vorderarmes,  etwa  11  < 
dem  Handgelenk  nnd  in  der  LSngsiichtiuig  des  Annes 
11  Pnnkte,  mit  einem  Zwiscfaenranme  von  0,6  em  anf  d 
ntaikiert  und  mit  einer  schwaohen  Lösung  yon  Silbemitrai 
wobei  Fuiikt  1  nächst  dem  Ellbogen,  Punkt  11  nächst  den 


Ij  Vgl.  Psycholog.  Sev.  IX  S.  354. 


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über  den  Einflnß  von  Nebenioiseii  snf  die  Banmwaliniehinimg.  37 

gelenk  lag  und  bezeichnet  wurde  Eine  lieihe  von  Experimenten 
wurde  niin  ausgeführt,  wobei  der  Arm  auf  einer  Filznnterlage  ruhte, 
un  das  normale  Verhalten  wie  folgt  sn  bestiminen.  Punkt  1  wird 
mü  einem  spifieo,  httisernen  Instmmente  gereist  imd  etwa  1'  dar- 
aof  wild  Punkt  3,  1  em  daranter,  in  gleieher  Weiae  gereizt  Die 
Yp  moB  angeben,  ob  der  sweite  Beis  Uber  oder  nnter  dem  ersten 
oder  an  der  gleieben  Stelle  wie  dieser  einsnwitken  sebeint,  wel- 
ches Urteil  sofort  iu  ciue  llir  dicken  Zweck  eingerichtete  Tabelle 
eingetragen  wird.  Die  Punkte  5,  9,  7  und  8  werden  in  gleicher 
Weise  gereizt,  gefolgt  von  dtii  eiits})re('lienden  Punkten  7,  11,  9 
iiod  10.  Dann  werden  gereizt  Punkt  6, 10,  4  und  11,  jeder  ge- 
folgt von  einem  1  cm  höher  liegenden  Reiz,  nämlioh  den  ent- 
sfireebenden  Ponkten  4, 8,  3,  2  und  9.  Naehdem  das  normale  Ver- 
halten auf  diese  Welse  bestimmt  war,  worden  dieselben  Punkte 
in  derselben  Ordnung  wieder  gerelzti  jedoob  mit  HInziifllgiiQg  eines 
Nebenreizes,  der  8,5  em  tiefbr  (d.  b.  dem  Handgelenk  idther)  and 
gleichzeitig  mit  dem  zweiten  der  beiden  zu  vergleichenden  Reize 
einwirkte.  Die  Vp  mußte  jetzt  urteilen,  ob  dieser  zweite  Kelz, 
den  von  dem  Nebenreiz  zu  unterscheiden  sie  natürlich  imstande 
sein  muBte  und  konnte,  höher,  tiefer  oder  an  der  Steile  dos 
ersten  Reizes  einzuwirken  schien.  Die  Entfernung  zwischen  den 
beiden  zu  vergleichenden  Punkten  yerttndert  sich,  wie  aus  den 
tibeliarisehen  Resultaten  zu  erseben  ist,  von  0,6  bis  su  3,0  em. 
Die  Entfernung  zwisohen  dem  zweiten  und  Nebenreiz  bleibt  kon- 
Stent  8,6  em,  weldie  Entfemung,  wie  sieb  bei  den  Mberen  Yei^ 
sndiett  zeigte,  fax  den  Erfolg  des  Experiments  die  günstigste  ist 
Die  Ordnung,  in  der  die  Reize  einander  folgten,  sowie  die  Rich- 
tnng  aufwärts  und  abwärts,  wurden  in  Intervallen,  ohne  daß  die 
Vp  esi  bemerkte,  vomudert,  damit  keine  Beeinflusbung  durch  das 
Wissen  stattfinden  konnte.  Die  Intervalle  zwischen  dem  ersten 
und  zweiten  Reiz  (eine  Sekunde)  und  zwischen  zwei  aufeinander- 
folgenden Experimenten  (6  Sek.)  wurden  in  der  Regel  durch 
ein  Metronom  bestimmt,  das  Sekunden  schlug  und  bei  jedem 
seebsten  Scblage  eine  Gloeke  erklingen  lieft.  Die  benutzten  Yp 

1]  Bei  dieiea  iäq|»effimoaten  wnide  nicht  berttcktiohtigt,  ob  die  Punkte 
»Dnekinuikte«  waren  oder  ideh^  da  ieh  diesen  ümBtand  naoh  den  bi^Migen 

b&hningen  für  meinen  Zweck  nicht  für  wesentlich  hielt  Ob  bei  Wahl  von 
tMiekpunkten  die  Experimente  andere  Besnltate  ergoboi  wUrden,  wl&re  Fnge 
«iner  speaiellen  Untersuchung. 


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38 


HAywood  J.  FeATce, 


waren  Prof.  KUlpe  (Ke),  Prof.  KirBcliniaiin  (Ki)  and  Dr 
(M;,  doueil  icli  für  unermüdliche  Geduld,  LiebcuswUrdigl 
Rat  zu  Dank  verpflichtet  bin.  Der  Zweck  des  Experime 
den  beiden  let/ip-enaniititi  Vp  durchaus  unbekannt,  ansge 
inaofem,  als  er  ümeu  durch  die  Methode  offenbar  ward 
Apparat,  welcher  gebraacht  wurde,  am  die  Keize  zu  gel 
Btaad  ans  swei  Ziikelii,  so  YerbandeD«  dafi  der  eine  um  den 
gedreht  weiden  konnte.  Anf  diese  Welse  konnten  die  vier 
der  ZiMi  in  Teiaehiedenen  Entfemnngen  geradlinig  oder  : 
eines  Tiereekes  ansgehreitet  weiden.  Für  diesen  Apparat 
dem  Herrn  Prof.  Ktllpe  zn  Dank  yerpflichtet. 

Um  die  befolgte  Methode  vollkommen  klar  zu  mache 
ich  die  Ton  einer  Yp  (Ke)  erlangten  Resultate  im  Detail 
indem  ich  mich  begnüge,  die  mit  den  anderen  beiden  V] 
tenen  Resaltato  nur  in  einer  ZuaammenfaaBong  der  ii^rozei 
sa  bringen. 

In  den  folgenden  TabeUen  I— V  bedenten  n,  o  und  gl  die  Urtei! 
(d.h.  üAcb  dem  Handgelenk  xu,  distal},  oben  (d.h.  nach  dem  Ellb 
proximar  und  «rleich  d.  h.  an  derselben  Stelle  wie  der  erste  Reiz)  in  B 
auf  die  Lage  des  ersten  Reizes.   Als      wurde  ein  Urteil  gezählt, 

»fjleich  oder  unten*.  >oben  oder  g:1pi<  h<  un(i  iihnlich  lautete.  Dar 
näiuücb  snwfdd  der  einen  wie  der  anderen  Kategorie  1/2  zugeteilt, 
zent«  sinil  uiit  RilckBicht  anf  die  Gesamtzahl  der  VerBuche  berechne 
sind  die  gl-Fälle  zur  Hälfte  den  u-  und  zur  iiuiite  den  n-Faiicu 
worden. 

Eine  Untersuchung  und  Veigleichung  der  folgenden  1 
zeigt: 

1.  Die  Vp  kann  nieht  mit  Sicherheit  den  Ort  eines 
Reizes  Yon  dem  dnes  vorhergehenden  nnteiseheiden»  w€ 
Entfernung  swiaohen  beiden  nieht  gri^fier  ist  als  0^  em,  ai 
Unterseheidnng  ist  mOglieh,  wenn  die  Entfernung  1,0  c 

größer  ist 

2.  Der  Ort  des  zweiten  Reizes  ist  un  aUgemeinen  leic 
erkennen,  wenn  er  oben  ist  (d.  h.  in  der  Richtung  deö  Ell 
als  im  umgekehrten  Falle. 

3.  Wenn  der  zweite  Reiz  unten  iat,  so  wird  er  leich 
unten  erkannt,  wenn  der  Nebenreiz  nnten  einwirkt,  als  ; 
normalen  Falle.   Derselbe  £influß  ist  besonders  merklieh 
richtige  UrteUe),  wenn  der  zweite  Beiz  nnd  der.  Nebenreiz 
zeitig  oben  sind. 


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44 


Haywood  J.  Pearae, 


4.  Wenn  der  zweite  Reiz  oben  und  der  Nebenreiz  unten  ist. 
ist  die  Vp  angeofloheinlieh  in  ilirem  Urteil  darch  den  Kebeiu:ei£ 
beeinflnßt,  bo  lange  die  Entfernung  zwiscben  den  beiden  zu  Yet- 
gleiebenden  Beiien  nicht  mehr  betrilgt  alg  2,0  cm. 

In  den  Chioagoer  Experimenten,  wo  die  Vp  den  Punkt  dnieh 
Bertthmng  zn  lokalisieren  enehtO)  variierte  der  dnrehscbiittlielie  Ein- 
fluß nach  uiiten  bei  vcrbcliitideiicu  Vp  zwischen  0,38  und  1,93  cm. 
Damach  müßte  man  erwarten,  daß  ein  Einfloß  nach  unten  auf- 
hören mtißte,  ciiH  11  koiitruilierenden  Einfluß  auf  das  Urteil  zu 
haben,  wenn  die  zu  beurteilenden  Kelze  mehr  Abstand  von  ein- 
ander haben  als  1,93  cm.  Eine  solche  Erwartung  wird  bestätigt 
durch  d«a  zn  Anfang  dieacB  Panktee  (4)  erwähnte  Faktum.  Der 
Einflufi  de»  sweiten  Beiies  fthrt  awdfellos  fort  zu  wirken,  nber 
die  Bedingungen  dee  Experiments  Inaaen  deflsen  Kundgehnng  im 
Urteil  nicht  mehr  m. 

5.  Wejiu  der  zweite  Reiz  unten  und  der  Nebenreiz  oben  ist 
BO  beherrscht  dieser  das  Urteil  durchaus,  indem  sich  i^eLu  Einfluß 
zwar  in  dem  Maße  verringert,  als  die  Entfernung  zwischen  den 
zn  vergleichenden  Beizen  zunimmt,  jedoch  noch  bis  zu  der  Ent- 
femnng  von  3,0  cm  vorhenachend  bleibt 

Dies  stimmt  insofern  mit  den  Resultaten  von  Chicago  llberein, 

als  diese  ein  Uberwiegen  des  Einflusses  zu  Gunsten  der  »Sugges- 
tion oben«  zeigen,  verglichen  mit  der  »Suggestion  unten«.  Der 
Einfluß  des  Nebenreizes  oben  in  Chicago  indessen  war  nur  0,8  bis 
2,02  cm.  Das  Würzburger  licsultat  ist  in  diesem  besondem  Falle 
(3,0  cm  and  mehr)  einigermafien  ttbemuchend.  — 

In  der  folgenden  Tabelle  VI  bringe  ich  eine  Obersieht  (aller 
naeh  der  beschriebenen  Methode  erreiehten  Besnltate  von  den  drei 
genannten  Vp.   Die  Zeichen  entsprechen  denen  in  den  Tabellen 

I — V.  In  Tubellc  VI  sind  nur  die  Prozente  mitgeteilt,  welche  für 
den  Vergleich  der  Ergebnisse  allein  in  Betracht  kommen. 

Mit  einigen  geringen  Ausnahmen  stimmen  die  Resultate  fUr  die 
drei  Vp  ttberein  mit  denen  der  Tabellen  I— V.  Das  Faktum,  daB 
Vp  M  imstande  ist,  mehrfach  besser  ohne  ak  mit  Nebenrmz  zn 
urteilen,  selbst  wenn  dessen  Ort  mit  der  wahren  Bichtung  ttber- 
einstunmt,  deutet  an,  daB  der  Nebenreiz  ftr  ihn  ein  störendes 
Element  war,  das  subjektive  Eindrücke  und  Mutmußuugeu  etc. 
hervorrief,  was  er  auch  ausdrücklich  angab.  Andere  leichte  Wider- 


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über  den  Einfluß  von  Nebenieixen  taf  die  Baiimwihniehmiuig.  45 


oben 

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46 


Htywood  J.  P6«ne, 


Sprüche  und  Unregelmäßigkeiten  iii  deu  Kesultutcu  dieser  Vp 
können  zweifellos  derselben  Ursache  zugeschrieben  werden. 

Die  Variation  in  der  Wirkung  des  Nebenreizen  von  Zeit  zu 
Zeit  und  hauptsächlich  von  Reihe  zu  ßeihe  ist  eine  Sache  von 
bedeutendem  Intereese  und  tob  Wichtigkeit  Dies  kann  sehr 
leicht  an  einer  Reihe  von  Kurven  (Flg.  1)  gezdgt  werden. 

Die  Abfieiflfle  ist  geteilt  in  sehn  gleiche  Teile,  die  die  zehn 
Expeiimentaireihen  (Yp  Ke.)  danteilen,  ans  denen  nnseie  Besnltate 
hervorgegangen  sind.  Die  Ordmaten  andereneitB  repräsentieren  die 
Prozente  der  FeUer  in  den  gegebenen  Urteilen.  Die  nebenstehenden 
Kurven  geben  also  eine  graphische  Verf^leichung  der  Fehler  im 
Urteil  unter  normalen  Umständen  (punktierte  Kurve;  und  der  Fehler 
bei  EinfHbrunjr  des  Nebenreizes  in  das  Experiment  (ausgezo^^eiie 
Kurve).  Die  Kurve  zeigt  somit  den  Fortschritt  and  die  Entwick- 
lung von  Reihe  zu  Reihe. 


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Fig.  1. 


In  allen  diesen  durch  vorstehende  Kurven  reprüsentierteii 
Fällen  war  der  Vergleiebsreiz  in  Wirklichkeit  oben.  Daher  sind 
die  in  Prozenten  berechneten  Fehler  B&mtlich  u-Fälle.  Dabei  ent> 
sprechen  die  Kurven  I— V  den  Tabellen  I— V.  Eine  Analyse  der 
vorstehenden  Kurven  ergibt  Folgendes: 


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über  cton  Einflaß  von  Nebentaiieii  wai  die  Barnnwihrnehmiiiig.  47 

1.  Die  normale  (punktierte;  Kurve  verringert  sich  im  Wert, 
sowie  die  Entfemang  zwischen  den  zwei  Reizen  wäohfit  —  ein 
natttrliches  fiesnltati  inBofem  als  die  Unterscheidang  zweier  Heize 
im  ao  lifilifirer  ist,  je  weiter  sie  ToneiaaiideT  eDtfemt  sind. 

2.  Die  nermale  Klirre  Terringert  Mk  im  allgemeineii  im  Wert  toh 

Beihe  1 — 10,  indem  sie  die  vorteiHiafte  Wirkung  der  Übung  zeigt. 
Dies  ist  besonders  klar,  wenn  die  Entfernung;  zwischen  zwei  Heizen 
Behr  nahe  der  Unterflchiedj>srhwelle  ist,  wie  bei  0,5  und  1,0  om. 
Die  leichteu  Fehler,  augedeutet  durch  die  punktierten  Kur\'eu 
ül,  IV  und  V  in  den  letzten  Reihen  der  Experimente,  zeigen  viel- 
leicht jene  mibewiifite  UnaelitBamkeit  an,  welche  wohl  die  beste 
Vp  befaDeo  kann,  wenn  sie  geEWimgen  ist,  eine  laoge  Zeit  hin- 
dueh  dieselben  Beobaebtongen  anaostellen. 

3.  Der  Wert  der  Nebenreizknrren  wSebfit  in  dem  Durchschnitt 

der  Reihen  von  1  zu  10.  Eine  mögliche  Ausnahme  ist  oö'eubar 
in  dem  Fall  der  Kurve  I  (0,5  cm)  und  eine  entschiedene  Ausnahme 

m  dem  Fall  der  Knrre  V  (3,0  cm)  vorhauden. 

4.  Die  Ziek-Zack-Eigenschaft  aller  dieser  Kurven  ist  besonders 
beacfatenswert,  sowie  aneb  die  Ttttsacbe,  dafi  diese  Eigensobaft 
mehr  berrbitritty  wenn  die  Entfernung  zwischen  den  beiden  flanpt- 
reisen  zommmti  mit  anderen  Worten,  im  Verhältnis  zn  der  rtlnm- 
lieben  Entferaung,  welche  dnrdi  die  EiaA  des  Kebenreises  zu 
öbcrwiuden  ist. 

5.  In  alleu  Kurven  war  der  zweite  Heiz  tlber  dem  ersten  uud 
der  Nebenreiz  unten.  Ich  zeige  keine  Kurven,  welche  den  um- 
gekehrten Fall  illustrieren.  Der  Einfluß  des  Nebenreizes  oben 
ist  so  angenbiicldieh  nnd  best&ndigi  daß  die  entsprechende  Fehler- 
karre znm  größten  Teil  eine  gerade  Linie  ist,  mit  dem  Durch- 
schnittswert Ton  &st  100  %. 

§  2.   Wirkung  Ton  swel  nxid  drei  ITebenreisen. 

Es  ist  vorher  gezeigt  worden,  dafi,  wenn  eine  Vp  die  Orts- 
besiefavng  sweier  snkzedierender  Reize  beurteilen  soll,  das  Urteil 
stirk  beebiflaBt  wird  dnreb  die  Gegenwart  eines  Nebenreiies.  Es 
irt  natttriieh  anzimelimen,  daß  der  Einflnß  zweier  Beize  großer  sein 
wird,  als  der  eines  einzigen,  nnd  daß  der  Einfinß  znnebmen  unrd  im 
Verhältnis  zu  der  Zahl  der  Reize.  Als  Beweis  \\\r  die  Richtigkeit 
dieser  Hypothese  wurde  folgende  Gruppe  von  Experimenten  mit 


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48 


Ki.  ain  Vp  gemacht.  Die  einzige  Veränderung  in  der  vorher  be- 
gchriebenen  Methode  ist  die  eben  erwähnte  Vanation  in  der  Zahl 
.  der  f?tr  die  BQggestion  gebraachten  Reize.  Die  Resultate  sind  in 
den  TabeUeu  VU  und  Ym  dugMteUt  In  den  Tabelle  VII  mitge- 
teitten  Yeraidieii  nnd  die  Nebemeixe  immer  unten ,  wihrend  eb 
korrektei  Urteil  Aber  die  BeUttioB  swieehen  den  beiden  Heapl- 
relxen  oben  sein  würde.  In  den  auf  Tnbelle  YDI  daigeetellien 
Experimenten  sind  die  Nebenreize  immer  oben,  w&hrend  ein  kor- 
rcktcH  Urteil  Uber  die  beiden  Hauptreize  in  jedem  Fall  uuteu 
Bein  würde.  Jede  Tabelle  zeigt  die  Resultate  von  1,  2  und  3  Neben- 
reizen. Die  Entfernung  zwischen  diesen  war  sehr  klein  ^ungefähr 
1,0  cm).  DesBeniingeachtet  worden  sie,  wenn  gie  auf  dem  Uaud- 
gclenk  gegeben  wnrden,  manchmal  als  getrennte  Punkte  erkannt 
Solch  eine  Unteiaeb^iing  indeam  war  im  allgemeinen  nidit  tof- 
kanden,  indem  das  Waekatom  der  Zahl  der  Nebenreiae  dem  Be- 
woBtaein  Wehnehr  als  ein  Zunehmen  an  Stüike  dea  nrqnllngliohea 
einaigen  BeizeB  ersekien. 

Im  allgemeinen  finden  wir  bei  DnrchBicht  der  Torstekenden 
Tabellen,  daß  die  Hypothese,  von  der  wir  ausgingen,  gerecht- 
fertigt ist,  wenn  wir  die  Abnahme  der  Zalil  korrekter  Urteile  als 
den  Maßstab  ftlr  den  Einfluß  der  Nebenreize  ansehen.  Dies  ist 
indessen  eine  Bestätigong  in  negativem  Sinne  und  von  zweifei* 
haftem  Werte.  Eine  positive  Bestätigung  wäre  vorhanden,  wenn 
die  Zahl  der  Urteile  in  der  Richtnng  der  Nebenreiae  annehmen 
wttrde,  im  YerkUtnia  mit  der  Zahl  deraelhen.  Die  Besnltate  geben 
indessen  keine  einfaeke  BcmUtigiing  in  diesem  Sinne.  Wenn  die 
ersten  yier  Beiken  der  Experimente  übergangen  werden,  so  könnte 
eine  solche  Bestfttigimg  gefunden  werden.  Ick  kabe  es  indessen 
vorgezogen,  in  meiner  ganzen  Darstellung  Uber  diese  Experimente 
alle  Reihen  beizubehalten,  indem  ich  sie  in  der  Ordnung,  in  der 
sie  angestellt  wurdeD,  vorle^a',  da  ich  frlaube,  daß  die  entschiedene 
Veränderung  in  dem  Charakter  der  Urteile,  welche  innerhalb  der 
ersten  fUnf  Reihen  gewöhnlich  stattfindet»  von  spesiellem  Intereaae 
nnd  von  Wiehtigk^  ist 

Das  Zunahmen  in  der  Zahl  der  gl-Urtelle  mit  der  Zahl  der 
Nebenreize  ist  beieiehnend  ftr  die  wachsende  Schwierigkeit,  ein 
Urteil  an  bilden,  die  TOn  den  ablenkenden  Ehiflttsaen  abhängt. 
Kann  eine  Vp  oben  nnd  nnten  nicht  unterscheiden,  wenn  sie 
eine  Entscheidung  treffen  soll,  so  sagt  sie  eben  meistcuä  gleich, 


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über  dan  Eiafliifi  toh  Nebeudieii  auf  die  Baomwalmiehiiiiiiig.  49 


Tabelle  VIL   (Yp  Kl) 
Nebenieize  raten»  richtiges  Urteil  oben. 


3 
» 

Zahl 
der 
f  cr- 
mche 

Urteil 

(1  Nebenreiz) 

1 

1  Zahl 

1  der 
,  V  er- 
suche 

Urteil 

{2  Nebenreize} 

Zahl 
der 
V  er- 
Sache 

Urteil 
(3  Nt'benreizts) 

n 

0 

gl 

n 

o 

n 

0 

gl 

1 

6 

iVi 

3 

— 

4 

l  f 

8 

6 

4 

1  C 

1 

8 

3 

5 

1 

3 

1 

5 

i 

6 

Vi 

4 

ö 

5 

1 

2V2 

5 

6 

Vi 

ö 

3 

1V2 

5 

2 

6 

5 

3 

2 

6 

3«/., 

1V2, 

6 

1 

IV2 

2V2 

7 

6 

3t/2 

1 

6 

ö  ' 

ö 

4Va 

8 

5 

1 

4 

1 

6 

4V2 

V2' 

5 

4V2 

V2 

9 

5 

4 

1 

5 

5 

5 

11/3 

3 

Vs 

10 

6 

3 

2 

6 

2 

3 

6 

2 

3 

11 

5 

IVs 

2 

li/o 

5 

6 

5 

1 

3 

1 

18 

6 

* 

5 

1 

6 

3V2 

IV» 

13 

5 

4 

1  ' 

5 

2 

2V2 

5 

2Vf 

2»/j 

14,  6 

4 

1 

6 

3V2 

IV2 

5 

2 

S 

8*.    70   1 191/2  1 i  11 


I 


|28o/o{56o/o{l6o/o 


70     23      291/2 1 17V2 


|33u/o^  420/0  l2ö"/o. 


55   I  4V2IBI      19'  g 


Tabelle  VIII.  (Vp  Ki.) 

Nebenreize  oben,  richtiges  Urteil  unten. 


Zahl 

UrteU 

Zahl 

Urteil 

Zahl 

Urteil 

der 

(1  Nebenreiz) 

der 

(2  Nebenreizö) 

der 

(3  Nebenreize} 

Vei- 

1 

Ver- 

Ver- 

laehe 

0 

gl 

suche 

n 

0 

gl 

suche 

n 

0 

gl 

1 

5 

V2 

2V'. 

2 

5 

5 

2 

5 

3 

2 

5 

4 

1 

3 

ö 

1 

1 

6 

4 

1 

4 

5 

1 

4 

6 

5 

5 

5 

5 

6 

1 

4 

6 

4 

1 

5 

ö 

6 

ö 

3 

2 

5 

1 

4 

5 

5 

7 

5 

ö 

6 

4 

1 

5 

1 

4 

5 

31/2 

IV2 

ö 

5 

5 

4 

1 

9 

6 

2 

3 

5 

6 

5 

41/2 

Vs 

10 

5 

V2 

4V2 

5 

1 

2V2 

IV2 

6 

5 

11 

5 

4 

1 

5 

Vs 

3 

11/2 

6 

3 

2 

ü 

5 

6 

6 

2 

3 

5 

3 

2 

13 

5 

4 

1 

5 

ö 

ö 

3 

2 

14 

5 

1 

4 

4 

1 

5 

IV2 

3V2 

Sa. 

70 

4V2 

741/2 

18 

70 

21/2 1  Ö6V2 1 11 

55 

1 

43 

11 

60/0 

680/0 

260/0 

j  3o/ot81o/o|l6o/a 

1 

2oyo|78o/oj 

200/0 

Ankiv  Ol  Piifcholpgi«.  L  4 


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so 


and  ^>  \yiX  ^hL".  Waibätom  der  Gleichbeitsfäile  eia  Amdmck  für 

LLL  Kapitel  EntternangiächäUaDg. 

Nadiiiwi  gexeigt  wofden  iit,  daB  der  •djcmbtre  Ort  anes 
B6ini  Tolklliid^  mkoit  ward»  kam  iiiMg»  der  Eiafiduing 
eiaei  Nebeaniict,  li^  ei  Bokfl^  dflD  EiniaS  dn«  Nebemeto 
leMriMH»  BMiDTeriiitlms  Ton  iwd  irimiltMwn  Haoptreiseii  m  lie- 

wenn  die  abeolnte  EDtfenmng  und  der  relatiTe  Ort  ftbr  beide 
küostaat  blieb.    Die  beiden,  die  zu  L>cürt<;ikiiiie  Entferamig  bc- 
irrenzcnden  Paukte  waren  bei  diesen  neuen  Versuchen  konstant 
8  cm  FOD  einander  enttemt  und  aul  der  oberen  Hälfte  der  Volar- 
oberfi&che  dea  Vorderarmen  augebracht    Es  wurde  ron  der  Vp 
Terlftogt,  die  beiden  ehuiiidar  folgeoden  Dopi»elreize,  die  statt  der 
ffOnaok  eiB&ehea  gegeben  wurden,  zu  veigleiehen  und  m  be- 
ftbnmen,  ob  die  Entfenmog  xwisehen  den  iwei  Punkten  die  gleiche 
bleibt,  grOBer  oder  kleiner  iit  im  zweiten  IUI,  als  im  enteit 
Naebdem  das  normale  Urteil  anf  dieie  Weiee  diroh  eine  Aniabl 
Ton  Prttfangen  festfrestellt  worden  war,  wurde  dasselbe  Verfehren 
wiederholt  mit  dem  Unterschied,  daß  ein  dritter  Reiz   bei  der 
zweiten  Entfernung  eingeführt  wurde.  Die  Entfemnng  dieses  Neben- 
reizes von  den  beiden  Ilauptreizen  variierte  von  9,0  zu  1,0  cm 
(9.  7.  5.  8.  2.  1)  bezw.  von  1,0  zu  9,0  cm  und  \sur  immer  unter 
(d.  h.  in  der  Bichtong  anm  Handgelenk)  den  beiden  Haupt- 
reisen.  Die  Vp  wnrde  nnr  im  allgemeinen  mit  dem  Zweek  and 
Pinn  dea  Expaimentee  bekannt  gemadit  £b  wurde  ihr  kebie 
Infocmatian  gegeben,  betreffend  die  Methode,  die  Zahl  nnd  Ans- 
dehnnng  der  Variationen.  Besondere  blieb  sie  nnwieeend  darllberi 
daß  die  Entfernung  der  beiden  zu  beurteilenden  Punkte  konstant 
blieb.    Als  nuui  bic  Iragtc,  ob  die  Entfernung  in  dem  zweiten  Fall 
dieselbe  bliebe,  größer  oder  jrcringer  würde,  als  in  dem  ersten, 
nahm  sie  an,  daß  solcrlie  Vuriationcn  In  Wirkliclikeit  vorgeoommen 
wurden.    Daß  die  Vp  solch  eine  Voraussctzong  hatte,  zeig;t  auch 
daa  Faktum,  daft  alle  drtM  Urteile  ^cbon  in  den  Normalvennohen 
abgegeben  wurden*  £b  folgt  eine  Tabelle,  welche  eine  Zneammen- 
faisnng  aller  Beenltate  einer  Vp  (Ke.)  gibt    Die  Tabelle  nm&Bt 
eeohs  getrennte  Gmppen  von  Experimenten,  in  deren  jeder  die 
Entfemnng  des  Nebenreiies  yersohiedenl  iet  Die  Urteile  besieben 
sieh  stets  auf  die  zweite  Entfemang. 


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Ober  das  Einfloß  ▼ob  Nebearaisoii  auf  die  BananwahinehiBiuig.  51 

Tabelle  IX.   (Vp  Ke.) 


Entfer- 
nniiK  des 

Neben- 
reizes 

Reihe 

der 
Veranche 

Normales  Verhalten 

Nebenreu  untua 

U 

gl 

kl 

8l 

1 
2 
3 
4 

7 

8 
6 
8 

2 

5i/j 
ö 

7 

IV2 

1 

0 

1 

:  7 
1  8 

1  D 

8 

Sa. 

29 

21  Vs 

29 

1 

74B/0 

Wo 

100l»/o 

7j0  fim 

1 

2 
3 
4 

7 

? 

8 

1 

4 
1 

X 

6 
3 

Q 
O 

4 

1 

o 

ä 

4 

1  5t/j 
8 

c 
0 

7 

iVi 

1 

Sa. 

89 

6 

16 

7 

851/, 

81/, 

21o/o 

650/0 

240/0  1 

880/0 

lao/« 

5^  cni 

1 

2 
3 
4 

7 

8 
6 
8 

6 

4 

Q 
O 

6 

V2 

0 

3 

6 
0 
7 

V2 
It/j 

1 

Sa. 

29 

8 

18 

9 

1 

22V, 

8 

41/, 

8I0/0 

TO»/o 

18% 

3.0  em 

1 

2 
3 

7 
8 

6 

1 

*• 

7 

4 
1 

X 

6 

3 

A 
t 

8 

6 

41/2 
8 

IV. 

1 

3 
1 
4 

Sa. 

89 

8 

17 

10 

8 

7o/o 

340/0 

600/0 

270/0 

1 

2 
3 
4 

5 

8 
6 
8 

1 

o 
fi 

4 

6 

Q 

1 

1 

2 
1 

7 

3 
2 
0 
6 

3 
1 

8 

l 
8 

Sa. 

27 

3 

13 

11 

13 

4 

10 

11% 

48»/« 

«0/0 

IW/o 

87»/» 

IfO  CID 

1 
2 

3 
4 

6 
8 

6 
8 

1 

1 

6 
4 

4 

6 

3 
1 
2 

1 
3 
1 

31/2 

3 
3 
3 
2 

1 
2 
2 

81/, 

Sa. 

27 

8 

19 

6 

8»/t 

U 

7Vt 

1 

70/0 

700/0 

220/0 

310/0 

,  41*'/o 

280/0 

4* 

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I 


52 


Hftywood  J.  P»aK«^ 


In  der  ganzen  Anzahl  von  Nürmalverenchen  wurden  nur  2  Urteile 
als  zweifelliaft  bezeichnet,  bei  den  Nebeurcizversachen  5.  Die 
Zunahme  der  Urteile  gr  und  die  gleichzeitige  Abnahme  der  Ur- 
teile gl  und  kl,  wenn  die  Entfernung  des  Nebenreizes  Ton  den 
konstaaten  Beisen  ueb  vergrößert,  wird  gat  tUostriert  durch  eine 
Gruppe  von  Kunren  (Fig.  2]. 

Auf  der  Abfleiflie  bezelohneii  die  Zahlen  1, 2, 3  usw.  die  cm  der 
Entfemnug  dee  Nebenreixes.  Die  Zahlen  auf  der  Ordinate  10,  20,  30 
usw.  aeigen  die  Frosente  und  die  Kiure  Ä  das  Waehstam  der  Zahl  der 
Urteile  > größer«  unter  dem  Einfluß  der  zunehmenden  Eutfernmi^j: 
des  Nebenreizes.  In  gleicher  Weise  zeigt  die  Kurve  B  da»  Verhalten 
der  Urteile  gleich  und  die  Kurve  C  das  der  Urteile  kleiner. 


normaler  Weise  »kleiner«  war.  gibt  dem  Urteil  »größer«  in 
den  Nchenreizversucben  natttrlich  ein  besonderes  Gewicht. 

£ine  Reihe  von  Experimenten  mit  Yp  M.,  in  der  Methode  der 
eben  beschriebenen  tthnlieh»  gibt  die  folgenden  Besnltate: 

Beattglieh  der  Tabelle  X  ist  sn  bemerken»  daß,  auch  wenn 
der  Nebenrehs  tob  den  Hanptreisen  nur  1,0  cm  entfernt  war,  die 
Urteile  gr  immer  noch  83  Vo  betrugen.  Jedenfalls  ist  der  ünter- 
sciiied  der  Urteile  der  Vp  M.  und  Ke.  begründet  durch  die  ver- 
sehtedene  btärke  des  Drucken  bei  der  Applikatum  der  Reize.  Im 
Falk'  M.  war  es  durchwej^  nötip:,  einen  sehr  starken  Druck  an- 
zuwenden, um  ein  Urteil  zu  erlangen,  welches  die  Vp  befriedigte. 
Bei  Ke.  war  dagegen  der  Dmck  verhältnismäßig  gering.  Da 
nun  der  Einfloß  des  Nebenreizes  direkt  von  der  Stärke  des  ans- 
gettbten  Dmekes  abhängt»  wie  meme  froheren  Experimente  geseigt 
haben,  so  mußte  dn  Beis  Ton  1,0  cm  Entfernung  ehien  größeren 
Einfluß  auf  das  Urteil  der  Vp  M.  haben,  als  auf  das  der  Vp  Ee. 


In  Verbindung  damit  muB  nach 
der  Tabelle  IX  bemerkt  werden, 
daß  in  den  sogenannten  Normal- 
Tersuehen  die  Entfernung  zwischen 
den  Hauptreizen  im  zweiten  Falle 
durchaehnittlieh  m  OO*/«  »klei- 
ner«, in  10%  »größer«  und  in 
30®/y  »gleich«  beurteilt  wurde 
(gleich  bedeutet  natürlich  das 
korrekte  Urteil).  Das  Faktum, 
daß  solch  eine  große  Prozentzahl 


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über  den  EmflnO  von  Nebeareizon  auf  die  Eaamwabmehmang.  53 


Tabelle  X.    (Vp  M.) 


fiitfer- 

iren?  des 
Neben- 

Reihe 

Z&hl 
der 
Vextaebe 

Normales  Verhalten 

'  Zahl 
der 
Yennolie 

Nebeoreiz  uaten 

kl 

1  ^ 

g» 

1  " 

gl 

9,0  cm 

1 
2 

3 

A 

6 
6 
8 

1  10 

2 
1 

5 
4 
1 

7 

1  9 

!  6 
6 

,  8 
in 

3 
5 
6 
7 

3 
1 

2 
3 

1 

1 

1 

29     1  3 

10 

16 

1  30 

I 

21 

1  ^ 

6 

340/0 

650/0 

TOD/o 

18»/o 

"o/o 

1 

2 
3 

9 

ö 
6 
8 
III 

2 

Va 

5 
4 

1 

7 
9 

6 
6 
8 

1A 

4 
6 
8 
9 

2 

Sa. 

89 

81/» 

101/i 

16 

80 

96 

8 

90/a 

36oyo 

66»/o| 

870/0 

70/0 

&,Oein 

1 

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930/0  '  70/0 

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6 
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1 

8a. 

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91/, 

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4 

1 

1 

1 

33^/0  1 

670/0 

1 

83^/0  1  130/0  1 

40/0 

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54 


Baywood  J.  Petree, 


Infolge  der  nogewölniUchflii  QrOBe  Eiii<liiniw>  aber  war  eine 
merkliche  Steigerang  deeeelbeo  wohl  nkhl  mehr  mOglieh,  and  so 

«eigen  die  Prozentzahlen  keine  eigentliche  Znnahme  mit  der  waeh- 
ijeuden  Entfernung,  wie  bei  Ke. 

Eine  andere  Keibenfolge  von  Experimruteu  den  vorheigehenden 
einigermaßen  ähnlich,  wurde  wie  folgt  au^s^e führt:  Zwei  Punkte, 
8,5  cm  Ton  einander  entfernt,  worden  auf  dem  Vorderarm  gereizt. 
Wie  in  den  eben  beechriebenon  EjcperlmeDten,  folgte  auf  diesen 
Doppelreil  ein  sweiter  mit  der  Hinsnfllgang  eines  dritten  Sfi  cm 
naeh  aaten.  Sodann  wnide  bei  Veningening  der  Diataaa  naeh 
einer  Aaaabl  Ten  VemielMn  (gewOhnfieh  5  bis  6)  die  Ueineie  Enl- 
fenmng  xa  beatimmeü  gesacht,  welche  unter  dem  Einflnfi  des  Keben- 

wie  die  der  beiden  ersten  Hanptreiie. 
Die  letztere  blieb  konstaut,  nämlich  8,5  cm.  Bei  dem  zweiten 
Doppelreiz  wurde  die  Entfernung  variiert  von  8,5  zu  4,5  cm,  die 
Variationen  (jede  Variation  zu  1,0 cra)  wurden  in  beiden  RichtlUgeni 
nämlich  von  8,5  zu  4,5  und  von  4,5  zu  8,5  aasgefhhrt. 

Die  Versaehe  der  Vp  Ke.  sind  in  Tabelle  XI  snsammengeiafit 


Tabelle  XL  (Vp  Ke.) 
y«ig]eieliniig  iweler  DistMisea:  die  erste  konstut  uid  die  sweite  varlsbeL 


Eiste 
Distass 

Zwsite 
Distanz 

Zahl 
der 
Versaehe 

Urteil: 

der  zweite  Kf 

'iz  ist 

Urtoil  in 
Prozeuten  ausgedrückt) 

kl 

gl 

kl 

6l 

8,6 

fl5 

n 

1 

8 

88 

4 

8 

Sfi 

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17 

8^ 

6^ 

80 

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80 

8 

17 

8,6 

6,^ 

80 

mt 

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6Vt 

68 

80 

18 

8^ 

80 

6 

»v. 

4Vt 

17 

68 

16 

Entspieeheaile  Experimente  mit  Vp  M.  wann  nicht  dnxefaans 
befriedigend  and  worden  wegen  der  aoBerordenlilichen  Schwierig- 
keit, die  die  Vp  bei  der  Vergleichnng  der  beiden  Entfemnngen 

fand,  unterbrochen.  Die  Resultate  von  Tab.  XI  bestätigen  im  all- 
gemeinen die  iriiheren.  Wenn  man  Uber  die  Unregelmäßigkeit  bei 
7,5  cm  hinwegsieht,  so  erhält  man  etwa  5,5  cm  als  Äcjuivaleut  für  dio 
Distanz  von  8,5  unter  dem  Einiiuß  des  Nebenreizes,  d.  h.  die  zweite 
Distanz  erfahrt  einen  vergriißemden  Einfluü  von  ongefahr  bö^'^. 


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1W  den  BiaAiß  Ton  HdlMiiieiM&  anf  die  Btoniwalmelimiiiig.  55 

IV.  Kapitel  Streekenyergleiohang. 
§  1.  VonmmohB. 

Die  bisher  mitgeteilten  liesultate  veranlaßten  Prof.  Külpe  anzü- 
Qebmen,  daß  man  eine  Tänschnng  bei  Bearteilimg  von  Haatotceeken 
demonBtdflreii  kdmie,  ähnlich  der  von  Mttller-Ljer  angegebenem 
Minnteii  optisehen  Tttniehimg.  leh  mitenuüun  infolgedeeieii  die 
Hentdluig  einee  Hbddk»  des  den  toa  der  NeAmr  des  Problems  ge- 
forderten Bedingungen  enispredien  konnte.  Die  Haaptaehwierig* 
keilen,  welehe  ttberwnnden  werden  muBten,  waren  1.  das  Fsktnm, 
(laß  die  Untersohiedsschwelle  der  takti]en  Streckenwahrnelmfiiing 
sehr  groß  ist,  nnd  2.  die  Unebenheit  der  Oberfläche  des  Armes, 
die  gereizt  vvcrdeu  sollte.  [)ict^e  beiden  Schwierigkeiten  machten 
die  Benutzung  einer  genau  nach  Müller-Lyer's  Muster  konstruierten 
Figur  unmöglich.  Daher  beschloß  ich,  statt  den  »Schenkel«  aus  Linien 
n  konstmieien,  an  deren  Stelle  eine  Anzahl  von  punktuellen  Reizen 
n  wtaeiL  Der  Apparat  beeteht  nmJ&chBt  ans  einem  Hessingbleeh 
{A  Figar  3),  12,0  em  lang,  2,0  em  breit  nnd  0,1  em  di<^  welches  die 


Fig.  8. 


Handhabe  bildet,  mittels  deren  der  Apparat  gehalten  wird.  An  der- 
selben .sind  zwei  genau  passende  Hülsen  (/?,  B)  angebracht,  welche 
hin  und  her  geschoben  werden  können.  An  jeder  Hülse  sind  zwei 
drehbare  Schenkel  befestigt,  mittels  deren  man  jeden  gewünschten 
Winkel  einstellen  kann.  Jeder  Schenkel  hat  Offnungen  ftlr  6  Messing- 
upfen,  wdehe  in  einer  koniseh  abgedrehten  Spitee  anslaafen  nnd 
80  an  dem  Sehenkel  angebraeht  sind,  daß  sie  sich  leieht  anf  nnd 
sb  bewegen  lassen.  Dieselben  rohen  anf  der  Haut  mit  dnem 
Dnieke,  der  ihrem  Gewidite  (5,5  g)  entsprieht  Von  jeder  der  beiden 
Httsen  laufen  zwei  Federn  (C,  C)  aus,  welche  ein  zweites  Meesin^ 
Wech  von  2,0  cm  Breite  und  0,1  cm  Dicke  festhalten.  Dieses 


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50 


lia^-wood  J.  Pearce, 


letetere  bildet  den  linearaD  Reis,  dessen  LSage  geändert  werden 
kann,  je  nachdem  die  Bedingungen  des  Experimentes  ee  yeriangen 
Der  richtige  Gelmmeli  des  soeben  beschriebenen  Ihttromentes^ 

bei  dem  der  Druck  fi^leiehmäßig  auf  der  zu  reizenden  Oberfliichü 
zu  verteilen  iwt  nnd  die  zwei  zu  vergleichenden  Reize  in  ihrer  In- 
tensität i?o  gleichartig  wie  miiglich  hergestellt  werden  mü88eü,  er- 
fordert  von  Seiten  des  Experimentators  viel  Übung  und  Geschick- 
lichkeit. Irgend  welche  Unregelmäfiigkeiten  in  den  Resultaten  sind 
zweifellos  dem  Mangel  an  der  erforderlichen  Geschicklichkeit  und 
Obnng  Ton  setten  des  Experimentators  znsnschreibea.  Von  selteii 
der  Yp  war  ein  sehr  ermüdender  Grad  von  Konxentration  erforder- 
Ucfa|  um  die  nötigen  Vergleiohe  nnd  Uitoüe  an  bilden.  Dafi  trotz 
aller  Hindernisse  In  dem  Gange  der  Experimente  die  Ergebnisse 
Bo  verliältnismilßig  glcichfömii^  «ind,  bestärkt  uns  in  dem  Glauben, 
daß  mau  berechtigt  ist,  die  Hypothese,  von  welcher  die  Experi- 
mente geleitet  wurden,  fils  vollauf  begründet  zu  betrachten. 

Wir  vergleichen  zuerst  die  beiden  Typen  der  Figur,  nämlich 

nnd  den,  in  welchem  der  Schenkel  nach  innen  gedreht  ist  (T). 
Die  letztgenannte  FSgnr  blieb  konstant  m  der  Länge  von  14,0  cm 
nnd  war  somit  der  Nonnakeiz  [N),  Anfier  Ee.  diente  mir  bei  diesen 
Experimenten  als  Vp  Herr  Watt,  dem  ich  an  dieser  Stelle  meinen 
Dank  aoszosprechen  wttnsche. 

Bei  N  und  der  variableu  Figur  ( V}  haben  die  Sehenkel  in  Tab. 
Xn  und  XIV  nur  je  einen  Reiz,  dessen  Entfernung  von  3—7  cm 
variierte,  in  Tab.  XIII  je  2  Reize  mit  den  Entfernungen  5  nnd  7  cm 
von  den  Endpunkten  der  Linie.  Die  Länge  der  Linie  von  T  vari- 
ierte von  4—12  cm.  Die  Zeitfolge  von  N  und  V  wurde  zur  Aua- 
gleichung des  Zeitfehlers  gewechselt.  Das  Urteil  erfolgte  stets  Uber 
den  zweiten  Beiz,  mochte  dieser  ^oder  V  sein.  In  den  Tabellen 
fimd  jedoch  die  Urteile  slmtlich  anf  die  konstante  Linie  bezogen, 
so  daB  gr,  kl  so  Tiel  heüSt  als:  die  konstante  Linie  erschien  griSfier, 
kleiner  als  die  Yariable.  Das  Verfahren  war  ein  der  Methode  der 
Blinimaländerungen  ähnliches,  aber  möglichst  unwissentlich.  Die 
Vp  wußte  nicht,  ob  N  oder  V  den  zweiten  Keiz  bildete,  ebenso- 


1)  Bar  Appant  wurde  in  doppeltar  Anafttliniiig  (ein  Ezemplir  für  ein- 
wUrts  gokehrle  Sehmkel)  und  mit  einem  Satz  von  16  verschieden  langen 
BeisflMohea  von  Henn  Mechaniker  Schott  in  Wlinbaig  mgeüBrÜgt 


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über  den  Einfluß  von  Nebenretzen  auf  die  Raumwahmebmnng.  57 


Tabelle  XII.    fVp  Ke.) 

iV=  14  cm.   Ein  Reiz  in  jedem  Schenkel,  7  cm  vom  Endpunkt  der  Linien 

entfernt. 


Länge  von 
V  =  4,0  cm 

• 

6,0  cm 

8.0  cra 

10,0  cm 

12,0  cm 

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ürteU 

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Urteil  1 

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Urteil 

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Urteil 

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Urteil 

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2 

4 

5 
6 
2 
2 
2 

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6 
6 
6 
2 
2 
2 

6 
6 
6 
2 
1 
2 

1 

1 

6 
6 
6 
2 
2 
2 

4 

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1 
1 
1 

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1 

2 
2 

6 
6 
6 
2 
2 
2 

2 

1 
1 

6 

3 

4«/2 
V2 

V2 

1 

IV2 
V2 

1 

1«A 

6 
6 

6 
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2 
2 

l(?j 

5 

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V2 

2 
2 

1 

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V2 
V2 

Si. 

24 

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2| 

24 

22 

1 

1. 

24  |10|8V2;5«/2 

24 

414V2  5V2 

24  |1 

I8V2I4V2 

Tabelle  XIII.   (Vp  Ke.j 

A*  =  14,0  cm.   2  Reize  in  jedem  Schenkel,  5  bez.  7  cm  vom  Endpunkt  der 

Linien  entfernt 


Lange  von  1 
r=4,0cm 

6,0  cm 

8,0  cm 

10,0  cm 

12,0  cm 

c 

£ 

ÜrteU 

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Urteil 

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Urteil 

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Urteil 

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6 
6 
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2 

6 
6 

6 
1 

6 
6 
6 
2 
2 

6V2 

6 

6 

2 

2 

V2 

6 
6 
6 
2 
2 

ö 

3V2 

1 
1 

1 
1 
1 

V2 
IV2 
1 

6 
6 
6 
2 
2 

2 
2 
1 
1 
1 

3 
1 
1 

4 
1 
4 

1 

6 
6 
6 
2 
2 

V2 

6 

6  ■ 
2 

V2 

Vj 

1 

22 

22 

22  I2IV2I 

V2 

22 

16 

3|3 

22  1  7  1  5  1 10 

22  1 

V2I2O 

IV2 

Tabelle  XIV.    (Vp  Ke.) 

A'=14cm.    Ein  Punkt  in  jedem  Schenkel,  3  cm  vom  Endpunkt  der  Linien 

entfernt. 


Liage  von 
r.  4,0  cm 

6,0  cm  ! 

8,0  cm 

1 

'      10,0  cm 

12,0  cm 

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Urteil 

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Versi 

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kl 

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Zahl 

Versi 

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2 
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2 
2 
2 
2 

2 
2 
2 
2 

2 
2 
2 
2 

2 

2 
2 
2 

2 

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2 
2 

1 

1  2 
2 
2 
2 

It/j 
1 

1 

1 
2 

V2 

V2 

V2 

2 
2 
2 
2 

1 

2 
2 
2 
1 

St. 

8 

18 

1 

8  |8|  1 

8 

8 

1  1 

8  |3V2|3V2|1 

8 

1 

7 

I 


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68 


wenig,  ob  ein  größerer  oder  kleinerer  Heiz  die  Reihe  eröffiien 
wttrde. 

In  Tab.  XII  finden  wir,  d&ü  keine  Tänschnng  in  den  Urteilen 
hervortritt,  bis  die  Länge  von  V  8,0  cm  ist.  Hier  scheint  X  länger 
als  V  lOmal  unter  24  ürtoaen,  kllner  8Vsmal  and  g^eioh  5Vimai 
Brttohe  in  don  Zahlen  der  ürtefle  bedeuten  Zweifel  TOn  selton  der 
Vp  von  der  Form  »gleioh  oder  kleiner«  nnd  ilmliche.  Wenn  die 
Lange  Ten  V  auf  10,0  cm  yergrOBert  iBi,  ersebeint  N  länger  nur 
noch  4  mal  in  24  Versnchen,  nnd  wenn  die  Länge  von  F  12,0  cm 
ist,  erscheint  N  nur  Imal  länger  in  24  Versnchen. 

Tabelle  XIII  zeiert  das  Resultat  einer  ähnlichen  Reihe  von  Ver- 
suchen mit  2 Reizen  in  jedem  Schenkel,  von  denen  einer  5,  der  andere 
7  em  vom  Endpunkt  der  verglichenen  Linien  entfernt  war.  In  die- 
sem Falle  ist  jedoch  keine  Verstärkung  der  Täuschung  zu  bemerken. 
Bei  8  em  wird  N  als  »langer«  bearteUt  16mal  in  22  Vei^ 
Sueben,  und  wenn  n2,0  cm  ling  ist,  wird  N  ab  langer  in. 
24  Yersneben  beurteilt 

Tabelle  XIV  ist  bestimmt,  die  Variation  des  nuscbungsbetriges 
zu  «eigen,  die  bei  Verkleinerung  der  SchenkeUänge  auftritt.  Bei 
einer  Größe  derselben  von  3,0  cni  erscheint  bei  F  =  8  cm  X  länger 
8mal  in  8  Versuchen.  Erst  wenn  1'  10,0  cm  lang  wird,  tritt  eine 
merkliche  TriuBchuu^^  im  Urteil  hervor,  und  zwar  ersebeint iV^liu^r 
als  V  immer  noch  3>/2mal  in  8  Versuchen. 

Tabelle  XV  stellt  eine  Gruppe  von  Experimenten  dar  mit  der 
Vp  Ei.)  deren  Resultate  sieh  ahnlieh  erweisen  wie  die  der  Vp 
Ke.,  aber  wegen  ibrer  relatiT  geringen  ZaU  erst  reebt  nur  als 
Vorrersucbe  su  gelten  haben. 

Auf  die  Resultate  selbst  gebe  leb  hier  niebt  nlUter  ein,  weil  ebie 
Modifikation  der  Versuchsanordnnng  zn  einer  genaueren  Bestimmung 
der  obwaltenden  Verhältnisse  geführt  hat-  Eine  solche  Modifika- 
tion war  notwendig,  weil  das  Urteil  der  Vp  bei  der  bisher  be- 
folg:ten  Methude  nehr  schwierig  war  und  wiederholt  die  Unsicher- 
heit der  Aussagen  betont  wurde.  Auch  war  nicht  ausgeschlossen, 
daß  die  Scbenkelreize  nicht  genügend  von  dem  Hauptreiz  unter- 
schieden wurden.  Darauf  weist  wenigstens  die  Tatsaobe  bin,  daß 
in  Tab.  XTTT,  wo  der  erste  Sobenkelreiz  5  em  vom  Ende  der  iinie 
entfernt  war,  trota  der  Verdoppelung  des  Nebenreiaes  eher  eine 
Verringerung  der  Tänsehung  eintrst  Der  Keignngswinkel  swiseben 
Sdie&kel  und  Linie  betrug  in  allen  Füllen  26**. 


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über  den  Einfloß  von  Nebenreizen  auf  die  Eanmwahmehuiuag.  59 
Tabelle  Xy.   (Vp  Ki.)  i^=14oiii. 


1  ^  LI 

Länge  von  F= 
4.0  cm 

6,0  cm 

8.0  cu] 

10,0  cm 

12,0  cm 

! 

Uiteil 

Urteil 

Urteil 

Urteil 

Urteil 

ST 

i  kl 

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kl 

gl 

kl 

Kl 

kl  1  gl 

1 

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f 

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1 

k 

2' 

1 

2 

2 

3 : 1 

Liin^ederScheo- 
,  kol  7,0  em.  Bin 
'  Tu'i/  in  jedem 

Schenkel. 

i 

2 

2 

1 

1 

1 

1 

2  UiiiigederSoheu- 
kel  6.0  cm.  Ein 
Hei'/,  in  jedem 
1  iScheiikel. 

i 

4 

2 

1 

1 

2 

1 

l'.'i 

31/2  ' 

/2[LäuKti  derSchen- 
kel7,0cm.  Drei 
1  Ri'ize  in  jedem 
'  ScliL'ukel. 

i 

2 

1 

1 

1 

1 

2 

1 

Länge  deri:>chen- 
kel  7.0  cm.  Zwei 
:  Kei/.e  in  jedem 
1  SclienkeL 

J  2.   Oenauere  Bestimmungen. 

Eine  amgedehnteie  und  befriedigendere  Bcihc  von  Versachen 
winde  unter  Anwendung  folgender  Metihode  dorehgeittbri  Das 
Feikngte  Urteil  war  eine  Yeigleiehnng  der  Linge  einer  einfachen 
[schenkellasen)  Linie  ndt  einer  zweiten,  welche  von  Nebenreizen 
mit  ffiUb  des  oben  besobriebenen  Apparates  begleitet  wurde. 
Die  lünge  der  letzteren  wurde  während  einer  Versuchsreihe  kou- 
fetant  erhalten,  und  der  betreffende  Heiz  hieß  daher  der  konstante 
oder  N.  Die  einfache  Linie  wurde  als  viiriabler  Reiz  (F)  zuerst 
merlLlich  kürzer  als  die  konstante  genommeu  und  dann  so  lange 
▼eip'öBert,  bis  die  Vp  das  Urteil  »gleiche  aassprach,  welches  sofort 
protokolliert  wurde.  In  derselben  Weise  wurde  in  nmgekehrter 
JÜehtong  nach  der  bekannten  Methode  der  Hinimalündernngeni) 
im  lUle  der  Beizreigleidiiing  (Uethode  der  Äqoiyalente)  ver- 
ftbren.  Durch  die  Kombination  der  zwei  auf  diesem  Wege  er- 
haltenen Werte  zu  einem  arithmetischen  Mittel  wurde  Air  die  kon- 
stante, unter  dem  Einfluß  von  Nebeureizen  stehende  Strecke  die 
äquivalente  einfache  Strecke  gewonnen.  Daneben  war  durch  Ände- 
rung in  der  Kichtuug  des  Verfahrens  und  in  der  Zeitordnong  des 


1)  VgL  Kttlpe,  Gnmdrifi  d.  Psychologie.  S.69f. 


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I 


60  Haywood  J.  Pewoe, 

konstanten  und  des  variabel n  Reizes  dafllr  Sor^  getragen  worden, 
die  bekannten  konstanten  Fehler  nach  Möglichkeit  anszngleicben. 
In  den  Tabellen  sind  nur  die  Mittelwerte  aas  allen  diesen  £inzel- 
reihen  aufgenommen. 

Von  den  drei  bei  diesen  Experimenten  beteiligten  Vp  waren 
zwei  (Ke.  nnd  II.)  in  diesen  Beobaehtnngen  gettbti  wfthrend  die 
dritte  (W.)  neu  hinxngetreten  war  und  keine  Kenntnis  Ton  dem 
Apparat  nnd  der  ganzen  Versnebsanordnang  hatte.  Docb  zeigte 
sie  sich  dnrcbans  befähigt,  eine  genane  Heschreibnng  der  räam- 
liehen  Xatur  ihrer  Hautem)itin(liiu^eii  zu  liefern.  Als  ieh  sie  am 
Ende  meiner  Versuche  fra^t,  welche  Wirknng  sie  den  Nebenreizeu 
auf  ihr  Urteil  Uber  die  Strecken) an f^e  zuschreibe,  meinte  sie,  daß 
der  einzige  Eintluß  in  einem  Wachstum  der  mittleren  Variation 
bestehe,  während  sie  eine  VergröBerong  der  scheinbaren  Länge 
der  beurteilten  Linie  nioht  «^"*^bin 

Alle  Vp  waren  imstande,  die  Linie  von  den  punktuellen 
Nebenreizen  der  Sefaenkel  zu  unterseheiden,  aber  infolge  der 
damit  Terbundenen  Sehwierigkeiten  war  der  Fehler  in  einigen 
Fällen  80  groß,  daß  man  an  der  Korrektheit  der  Unterscheidung 
zweilclu  konnte.  Vp  W.  drückte  ihre  Unterscheidung  folgender- 
maßen aus:  Ich  kann  einige  Punkte  au  den  Enden  ftihlen  und 
»noch  etwas«  in  der  Mitte.  Sie  verglich  demnach  die  einfache 
Linie  mit  diesem  »noch  etwas  .  Eine  andere  Vp  (Ke.)  konnte 
die  Punkte,  die  dem  Ellbogen  näher  lagen,  leichter  unterscheiden, 
als  die  dem  Handgelenk  näher  li^nden.  Aueh  eisohien  dieser 
Vp  die  Linie  mehr  in  der  Gestalt  einer  Fläcbe,  welche  in  der 
IGtto  einen  stärkeren  Druek  hervorbrachte,  als  an  den  Bändern. 
Diese  Beobachtung  deutet  darauf  bin,  daB  ich  anfangs  einen  zu  star- 
ken  Dmok  auf  die  die  Linie  auf  der  Haut  erzeugende  Kante  des 
Apparates  auöubti-.  Ich  habe  später,  ohne  eine  merkliche  Ände- 
rung in  den  Resultaten  zu  erhalten,  den  Druck  des  Ajjparates  ver- 
ringert nnd  dadurch  das  Urteil  für  diese  Vp  erleichtert.  Bei  W. 
war  der  Druck  ?on  Anfang  au  ein  mäßiger  gewesen,  etwa  Ton 
der  Intensität,  wie  sie  die  natürliche  Schwere  des  Apparates  her- 
vorbrachte. M.  dagegen  konnte  kein  ihn  befriedigendes  Urteil 
fällen,  ohne  daß  der  Druck  recht  stark  gewählt  wurde. 


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Ober  d«i  Einfloß  tob  NoboniidMii  auf  die  Banmwahniehmiiiig.  61 


Figor  >-  -<  Tabelle  XVI.  Taattäußchung. 


Länge 
«kr 

der 

Zatii  der 
Reise  im 

der 
Ka- 
thete 

Winkel 

Vp  Ke. 

Vp 

\V, 

VpÄL 

Darob- 

schnitt 

lirie 

Behenkel 

Sehenkel 

MP 

mV 

MP 

ImV 

1 

MP|mV 

MF 

|mV 

V> 

6.0 

iß 

[ 

2,9 

5,0 

6,0 

5,0 
5jO 

1 
1 
1 
1 
2 
2 

2,4 
')  »> 

Üf) 
4,0 
4,5 
4.0 

20 
90 
20 
30 
20 
90 

2.8 

'^  1 

2,3 
3,0 
2.8 

0,9 
0,5 
1,0 
1^0 
0,9 
0,9 

2,5 

1,7 

2.9 

4,2 

2,6 

Ü,5 
0,4 
0.7 
0,2 
0,6 
0,6 

3,4 
2,7 
4,.i 
2,6 
6,6 
4,9 

0,4 

o;3 

0,4 
0,7 

0,9 

2,3 

3,4 
2,3 
4,2 
3,4 

0,ü 
0,4 
0.7 
O^ü 
0,7 
0,8 

A.  M.= 

=  2,8 

0,9 

2.6 

0,5 

4,0 

0,6 

3,1 

|0,6 

7.0 

7.0 

i^l 

7.0 

1 

2,9 
2.9 

t:g 

5,0 
0,0 

1 

1 
1 
1 

2,4 
2,2 
4,5 
4.0 
4.5 
4,0 

20 

:^o 

20 

m 

20 
3ü 

2,5 
2  2 

:u 

1,5 
:^,2 
l.r. 

0,4 
0.:5 
1.0 
0.3 

0,5 

1 

1 

!        1  1 

A,  .M,  = 

2.4 

0.5 

!  1 

3.0 
ti.O 
8.0 
8.0 
8.0 

2.9 
2.9 
5.0 
ö.O 

1 
1 

\ 

i 

2.4 
2,2 
4.5 
4,0 

1  4,0 

20 
20 

ao 

20 
30 

2.2 
2.1 
2.4 
2,1 
2,1 
2.1 

0,7 
0,2 
O.^i 
0.1 
0,H 

|i,o 

2.0 
1,2 
2.5 
1,H 

:\M 
2,1 

0,2 
0.0 
0.4 
0.5 

(),»; 
0,3 

;5,4 
:y  1 

4,0 

:5,4 

4,4 
3,3 

0,5 
0.9 
0,H 
0.7 
i).2 
0,4 

2.5 
2.1 
H.O 
2.4 

:j,o 
2.5 

0  5 
0,0 
0,4 
0,0 
0,5 
0,6 

1            1  1 

A.  M.  ^ 

2,2 1 0,7 1 2,2 1 0,4 1 3,6  ;  0,6  i  2,7  1 0,6 

TahAllA  YVn 

Tasttäuschung. 

Figur  <H 

> 

litiyil 

der 

Unge 

der 

Zahl  der 

Reize  im 

Llbige 
der 
Ka- 

Winkel 

VpKe. 

Vp  W. 

Vp  M. 

Durch- 
schnitt 

Uue 

Sebenkel 

Schenkel 

thete 

|MF 

mV 

MF 

mVjMF|mV 

MF 

mV 

8,0 

ao 

8,0 

2,9 
2,9 
6,0 
6.0 

1 
1 
1 
8 

2,3 

1.9 
3.5 
3,6 

25 
45 
4ö 
46 

1,4 
1,3 
1.9 

0,5 
0,4 
0,7 
0,3 

1,2 
1,0 
1,1 
1.1 

0,2 
0,2 
0,4 
0,4 

1,3 
1,15 
1,5 
1,16 

0,3 
0.3 
0,5 
03 

Ml 

0,5 

1,1  i 

0,3 

[13 

0,36 

10.0 
10.0 
10.0 

10.0 

10,0 

2,9 
2,9 
5,0 
5,0 
5,0 
6,0 

1 
1 

1 
1 
2 
8 

2,3 
1,9 
4.5 
3,6 
4,5 

a,5 

25 
45 
26 
45 
25 
45 

1,9 
1,8 
2,2 
1,6 
2,1 
1,1 

0,7 
0,3 
0,3 
0,3 
0,3 
0,2 

1,4 
0,9 

1,6 
1,1 
1.6 
1,2 

0.2 
0,3 
0,3 
0,5 
0,3 
0,2 

1.0 

0,5 

1.6 
0,6 

1,7 

0,6 

0,0 
0,3 
0,3 
0,2 
0,3 
0,4 

1,4 
1.1 
1,8 
l.l 
1.8 
1,0 

0,5 
0,3 
0,3 
0,3 

0,3 
0,3 

r 

1 

A.M.» 

.1,8 

0,3 1  1,3  1  0,3 

1,0 : 0,3 

1,4 

0,3 

12,0 
12.0 
120 

121) 
12,0 
12,0 

2,9 

2  9 
5^0 
5,0 
6,0 
6,0 

1 
1 
1 
1 
2 
2 

2,3 
1,9 
4,5 
3,5 

4.5 
3,5 

25 
45 
25 
45 
25 
45 

1,8 
1,6 

2,5 
2,0 
2,3 

1,8 

0,4 
0,5 
0.2 
0,3 
0,4 
0,1 

1,9 
1,2 
1,5 
1.3 
0,9 
0,8 

0,7 
0.2 
0,0 
0,2 
0,1 
0,2 

1,3 
0,6 
1,6 
0,5 
1,4 
0,7 

0,4 
0,3 
0,4 
0,2 
0,8 
0,2 

1,7 

1,1 
1,9 
1,3 
1.5 
1,1 

0,5 
0.3 
0,2 
0,2 

0.4 
0.2 

1 

A.M.  = 

2,0  i 

0,3  1 

1,3  1 

0,2  1 

1,0  i  0,4 1 

1,4  1 

0,3 

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62 


Haywood  J.  i'earce, 


Wie  di6  TabeUen  zeigen»  waren  die  konstanten  Rdze  6^0;  7,0; 
8,0;  10,0;  12,0  om  lang.  Die  Notwendigkeit,  auf  so  lange  Streeken 
die  Anfmerksamkeit  einzustellen,  kam  m  den  sonstigen  Sehwierig- 
keiten  der  Vergleicliun^  hinzu  und  wurde  besonders  von  Ke.  al^ 
solche  bezeichnet.    In  Tabelle  XVI  beziehen  8ich  die  Ergebnisse 
auf  einen  konstanten  Reiz  mit  auswärts  gekehrten  Scbeiikeln. 
Der  Betrag,  am  welchen  die  Linie  infolge  der  Einwirkung  der 
Nebenreize  gegentiber  der  konstanten  einfachen  Linie  vergrößert 
erseliien,  ist  in  Oentimetem  nnter  der  Colonine  MF  angeführt, 
nnd  swaf  sowohl  fttr  jede  der  3  Vp  einzeln  als  aneh  im  Doieb- 
sehnitt  Air  alle.  Daneben  ist  die  mitflere  Variation  (mV)  anr 
geftkri  In  Tabelle  XVII  begehen  sieh  die  Beenltate  anf  einen 
konstanten  Reiz  mit  einwärts  gekehrten  Sehenkeln.   Die  liier 
erhaltene  Verringerung  dur  scheinbaren  Länfre  ist  wie  oben 
nnter  MF  in  Centimetem  ausgedrückt.    Unter  *  Länge  der  Linie« 
ist  die  Länge  der  einwirkenden  Kante  des  Apparates,  unter  > Länge 
der  Schenkel«  die  Entfernung  des  einzigen  bezw.  äußersten  Schenkel- 
leiies  vom  Endpunkt  der  Linie,  unter  »Länge  der  Kathete«  die  Ver- 
Iftngerong  der  Linie,  die  bei  Konstroktion  eines  reehtwinkligen  Drei- 
ecks mit  dem  Sehenkel  als  Hypotennse  erhalten  wird.  Die  beiden 
Katheten  sind  nimlieh  die  halbe  Entfernung  awisehen  den  Schenkel- 
reiien  nnd  die  Verbindnngslinie  swisehen  der  Mitte  dieser  Entfemnng 
nnd  dem  Endpunkt  der  den  linearen  Reiz  re^yrSseBÜerenden  Kante 
des  Apparates.    Diese  letztere  halbiert  den  ^N'iukcl  zwischen  den 
beiden  Sehenkeln  und  geht  in  die  Cosinusfunktion  dieses  halben 
Winkels  ein.    Ich  nenne  sie  daher    ( O^inuskatbete«  oder  auch 
»Kathete«  schlechthin.    Der  »Winkel«  endlich  bedeutet  den  halben 
Winkel  z\vi8chen  den  beiden  Schenkeln  (vgl.  Fig.  4,  S.  66). 

Eine  Vergleichong  dieser  beiden  TabeUen  mit  einander  ist  kaum 
▼on  Wert,  weil  die  beiden  Konst^inten  nnr  in  einem  Fall  die  gleiche 
Lünge  hatten.  Dieser  Mangel  an  Übereinstimmong  war  notwendig 
bedii^  durch  die  Rücksicht  anf  die  dem  Arm  anzupassende  Loge 
des  Apparates.  Wenn  die  Schenkel  auswärts  gekehrt  waren,  konnten 
die  Linien  nicht  länger  als  8  cm  gewählt  werden.  Wenn  dagegen 
die  Schenkel  einwärts  gek<  hi-t  waren,  konnte  die  Linie  nicht  kürzer 
als  8  cm  genommen  werden,  weil  die  Schenkel  sonst  mit  ihren 
Enden  zusammengetroffen  wären.  Anf  diese  Weise  ist  die  Länge 
von  8  cm  in  beiden  Tabellen  der  emzig  vergleichbare  Fall.  Wenn 
wir  diesen  einen  Fall  betrachten,  so  finden  wir,  daß  das  Waehstnm 


Digitizeo  Ly  vjüOgle 


über  d«ii  länfliiß  von  Nebenreiaen  Mf  die  Bwunwahnehmiuig.  63 

der  scheinbaren  Länge  bei  deu  auswärts  gekehrten  Schenkeln  größer 
ist  alg  die  Verringenmg  bei  den  einwärts  ^^c kehrten.  Eb  ist  jedoch 
keiaeswe^  sicher,  daß  der  ganze  ]ietrai^^  der  MF  in  bcidea 
Tabellen  aut  die  Differenz  in  der  Kiobtong  der  Schenkel  zurtick- 
fiifilhren  ist  Zwei  andere  Faktoren  ßpu^len  dabei  vielmebr  eme 
beiditBiiswqrte  BoU«.  £i8Üic]i  ist  der  Winkel»  den  die  Sobenkel 
mi  der  linie  bilden,  bei  den  eiswirte  gekehlten  grOBer.  Aneh 
dUeer  Mangel  an  ObeieinBürnninng  ist  doreli  die  rein  phytieehen 
Zvlinde  dee  Apparatee  und  dea  Yersnohafeldes  bedingt.  Zweitons 
dad  die  Nebenreise  b^  einwärts  gekehrten  Schenkeln  in  dem  Fall 
Ton  8  em  Länge  einander  so  nahe  gerückt,  daß  sie  wahrscheinlich 
etwas  von  ihrem  Einfluß  verlieren.  Wenigstens  zeigt  sich  für 
diese  Figur  eine  Yergröüermig  dea  Fehlers  bei  wachsender  Lauge 
der  linie. 


Tabelle  XYIIL 
Figur  >  <  Figur 


VersuchB- 

7,0  «B 

8,0  om 

8,0  em 

10,0  em 

18,0  em 

2,8 
2,6 
4,0 

2.2 
2.2 
3,6 

1,4 
1.1 

1,8 
1,3 
1,0 

2,0 
1,3 
1,0 

8,1 

%1 

1,8 

M 

1.4 

Die  EinideigebmBse  der  Tabellen  XVI  nnd  XYII  können  am 
bvten  daigesteDt  weiden  nof  Grond  dner  Umofdnnng  der  Zahlen 
Bü  Bflcksieht  anf  die  die  mnflion  bedingenden  Hanptfiiktoren.  In 

Tabelle  XViil,  die  dieatjui  Zweck  dient,  ^eigt  sich  besonders  deut- 
lich der  EinlSnß  der  Länge  der  zu  beurteilenden  Linie  auf 
die  Größe  des  Fehlers.  Insbesondere  nimmt  MF  ab  bei  unswärtn 
gikehrten  Schenkcia  mit  wachsender  Strecke  bei  jeder  der  drei  Vp. 
Bei  einwärts  gekehrton  Sehenkeln  tritt  dagegen  das  umgekehrte 
Verhalten  henror,  wenn  aneh  nnr  in  gans  geringem  Maße  Um  die- 
Ka  Chgensata  an  eiklSien,  mUssen  wir  nnf  den  sehen  erwlhnten 
T^Übeatand  hinweisen,  daB  nftmfioh  die  Kehenrdse  bd  den  Fignren 


1)  Hier,  wie  später,  habe  ich  die  Ergebnisse  der  drei  Vp  zusauimen- 
S^rechnet,  was  ich  fUr  unbedeoklich  hielt,  äoferu  die  gleiche  Tendenz  bei 


64 


Hiywood  J.  Pearee, 


mit  eiüwartH  gekehrten  Scbenkelu  im  Falle  von  8  cm  Länge  ein- 
ander 80  nahe  standen,  daß  die  zwei  anf  derselben  Seite  befind- 
lii  heu  als  ein  einziger  Reiz  erschienen.  Noch  bei  10  cm  Lange 
wurden  sie  vielfach  nicht  tmterschiedeu.  Da  nun  der  Einfloß  von 
zwei  acheinbaren  Beizen  offenbar  grrißcr  ist,  als  der  von  einem 
einzigen  ausgebende,  so  yersteben  wir,  daß  bei  diesen  Figuren  der 
wachsende  Abstand  der  Nebenreiae  eine  VeigittBemng  des  Fehlen 
berbeigefthrt  hat 

DaB  aber  bei  answirts  gekehrten  Sohenkebi  eine  Abnahme  des 
Fehlers  mit  waehsender  Lfoge  der  Unie  beobaehtet  worden  ist, 
hat  seinen  Grund  tllr  die  ])enutzten  Streeken  von  6—8  cm  in  der 
nattirlichen  Beinträchtigung  des  Aufiiierksamkeitsgrades,  mit 
weichem  die  ganze  Figur  erlaßt  werden  kimnte.  Diese  Tatsache 
prägt  sich  auch  darin  aus,  daß  der  Fehler  bei  der  Strecke  von 
12  om  wesentlich  geringer  ist,  als  bei  deqenigen  von  6  cm. 


Tabelle  XIX. 
Figur  >  <  Figur  <-> 


Vp. 

Länge 
der 
Linie 

Fehler  bei 

Länge 
der 
Linie 

Fehler  bei 

Winkel 
von  20° 

Winkel 
von  30» 

Winkel 
von  20" 

Winkel 
von  46^ 

Ee. 

6,0 

3,0 

2,6 

10,0 

2,1 

1,6 

W. 

6,0 

3,2 

2,0 

10,0 

1,5 

1,1 

M> 

6,0 

4,3 

8,6 

10,0 

1,4 

0,6 

Ke. 

8,0 

2^ 

24 

12,0 

2.2 

1|8 

W. 

8.0 

S,8 

1.7 

12,0 

1,4 

M 

M. 

8,0 

3.9 

3,3 

12.0 

1.4 

0,6 

A.  H.  -B  1 

3.3 

2,6 

1 

1,7 

1,1 

Die  Wirkung  der  Winkelgröße  oder  des  sogenannten  Nei- 
gungswinkels zwischen  Schenkel  und  Linie  ist  in  der  Tab.  XDC 
dargestellt.  Anch  liier  wieder  erlaubte  es  die  Rücksicht  auf  Apparat 
und  Arm  nicht)  gleiche  Winkel  fttr  beide  Arten  von  Figuren  an- 
zuwenden. Durchweg  zeigt  sich,  dnW  ein  Wachstum  des  Neigungs- 
winkels die  Tänschnng  verringert.  Vergleichen  wir  die  Besollato 
bei  beiden  Figuren  mit  Bttoksiobt  anf  die  Grefte  der  nur  Anwen- 
dnug  gekommenen  Winkel,  so  seheuit  sieb  an  ergeben,  dafi  die 


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über  ta  Einfloß  toh  Kebenioiieii  auf  die  lUiimwilirmihmiiBg.  65 

YergrGßenmg  des  Winkels  zanachst  eine  relativ  stärkere  und  dann 
eine  relativ  Bcliwächere  Abnahme  des  Fehlers  bewirkt  hat. 

Wir  haben  weiterhin  die  Beziehung  der  Schenkellftiige 
ind  der  Zahl  der  Kebenreise  zn  dem  Täoschnngsbetrag  Ina 
Alge  zu  fumL  Darauf  lieiielit  zieh  Tab.  XX. 


Tabelle  XX. 
F|gitt>        <   Figur 


Fehler  bei 

Ii 

Fehler  bei 

©'S 

a 

3 

c 

Schen- 
kel von 
2.9  cm 
IBeiz 

Schen- 
kel von 
ö,0  cm 
IBeiz 

SeheD- 

kel  von 

5.0  cm 
2  Beize 

a> 

o'a 

:eS 

9 
M 

a 

•mm 

Schen- 
kel von 

2,9  cm 
1  Reiz 

Schen- 
kel von 

5.0  cm 
1  Heiz 

Schen- 
kel von 

5,0  cra 
2  Reize 

6,0 

20 
30 

2,9 
2,3 

3,4 
2.3 

4,2 

3,4 

10,0 
10,0 

25 
45 

1,4 
1,1 

1,8 
1,1 

1,8 
1,0 

8.0 

8.0 

20 
30 

8^ 

2,1 

3,0 

2,4 

2,5 

12^ 

12,0 

25 
45 

1,7 

1,1 

1,9 

13 

1,1 

A.M.  » 

2,4 

2,8 

3,4 

13 

1.6 

1.4 

Bei  auswärts  gekehrten  Schenkeln  wächst  ebenso  wie  bei  ein- 
wärts gekehrten  MF  mit  der  Länge  des  Schenkels,  im  Dnrch- 
•ehnitt  ««igafthr  um  16  %.  Bei  waehaender  Zahl  der  Nebenreize 
aber  aind  die  Eigebniaae  ftr  die  bdden  veiaehiedenen  Flgnren 
dnander  entgegengesetzt  Zwei  Kebenreize. haben  fllr  anawUrts  ge- 
kfibfte  Sehenhel  eine  devUiehe  Zunahme,  ftlr  ehiwürto  gekehrte  eine 
geringe  Abnahme  ^eprenüber  einem  Nebenreiz  znr  Folge.  Während 
jener  Fall  wohl  das  normale  Verhalten  repräbentiert,  indem  es  ge- 
wi^ermaßen  den  Einfluß  einer  wachsenden  Intensität  des  Neben- 
rdxes  zor  Anschauung  bringt,  lässt  sich  ilUr  das  abweichende  Ver- 
halten bei  einwärts  gekehrten  Schenkeln  znr  Erklärung  Folgendes 
gütend  maehen.  Es  ist  nämlich  auf  die  Schwierigkeiten  der  mit 
diiaer  Figur  angeatellten  Yeianehe  wieder  einmal  hinznwelBen.  Da 
die  Sehenkel  hier  der  Linie  mehr  oder  weniger  nahe  anliegen,  ao 
Ibt  de  ihreiaeita  eben  Einflnß  anf  die  Kebenreize  in  yeiaehiedenem 
Qnde  ana.  Dieaer  EinihiB  raaeht  sich  bei  zwei  Reizen  beaondeia 
stark  geltend,  weil  sie  dem  mittleren  Teil  der  Linie  näher  gerückt 
nnd  sich  kaum  von  dieser  unterscheiden  lassen. 

ArckiT  tfu  Pijehologie.  L  5 


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66 


Hajwood  J.  Peme» 


Wir  haben  gesehen,  dali  dio  Tftiischun^  mit  wachsendem  Nei- 
gungswinkel abnimmt  and  mit  wacbHender  Sehenkeliänge  zuuimiut. 
Um  daher  ein  konstantes  Maß  fQr  die  Grrößc  der  TiUuehiing  zu 
erlangen,  müssen  wir  beide  Ergebnisse  zn  kombinieren  suchen.  Das 
gesdiiehty  indem  wir  den  Corimui  dea  NeignngswinkelB  oder  in  der 
BD 

Figur  4:        bilden.   Auf  onsereu  Apparat  Ubertragen,  bedeutet 

AB  die  zu  benrtolende  linie,  die  SehenkeUJfciige  bis  za  dem 
Kebenreiz,  BD  und  CD  die  idealen  Katheten  des  bei  B  gebildeten 

rcehtwinkeligen  Dreiecks.  In  den  Tabellen  XVI  und  XVH  ist  die 
Länge  BD  neben  der  Schenkellänge  BC  eingetragen.  Diese  em- 
pirischen Werte  mUssen  wir  der  Herochnnna:  de;?  Cosinus  zugrunde 
legen,  weil  infolge  eines  kleinen  Koustruktionsl'ehlers  an  unserem 
Apparat  das  Ende  der  Linie  A  B  nicht  immer  mit  dem  Anfang  des 
Sehenkele  BC  nuammenfiel  and  somit  BD  snweilen  ktkrser  nad 


Fig.  4. 


znweflen  länger  ausfiel,  als  in  einem  vollkommenen  Dreieck.  Es 
seiden  riehtiger,  dieser  Tatsache  Rechnung  zn  tragen,  als  ideale 
Gosinnswerte  an  bestimmen. 

Wenn  es  somit  gestattet  ist,  die  von  mir  bereehneten  VerbSlt- 

gibt  sich  als  einfache  Oesetzmäßigkeit,  daß  die  Größe  der 
Täuschung  dem  Quadrat  des  Cosinus  des  Neigungs- 
winkels proportional  ist.  So  ist  z.  B.  nach  Tab.  XVI  die 
mittlere  Täuschung  von  allen  drei  Vp  illr  den  Winkel  von  20" 
(bei  den  Längen  von  6,0  und  8,0  cm,  abgesehen  von  den  Versuchen 
mit  2  Beiaen  im  Schenkel)  2,9  cm  groß,  Air  den  Winkel  von  30'' 
2^  em,  wihiend  die  entspreefaenden  Oosinnsse  0,864  mid  0,779 
betragen.  Wir  erhaltea  somit  die  Proportion  0,864>  :  0,779^  = 
2,9  :  2,2.  Die  bdden  Seiten  dieser  Gleiciinng  stimmen,  wenn  man 
die  Reebnung  aasftlbrt,  bis  anf  eine  Differenz  TOn  etwa  1  mm  mit- 
einander Uberein.  Noch  günstiger  stellt  sich  die  Bestätigung  diesed 
Gesetzes  dar,  wenn  wir  ein  Beispiel  aus  Tab.  XVU  wählen.  Die 


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Ober  den  Sliiilnß  toh  NebemdMn  m£  die  Biomwalmefamaiiff.  67 

mittlere  Täaachang  beträgt  hier  für  den  Winkel  von  25°  (bei  den 
I^geu  von  10,0  und  12,0  cm)  1,7  cm  und  tlir  den  Winkel  von 
45°  1,15  cm ,  während  die  entsprechenden  CosinnsBe  0,846  und 
0,677  sind.  Wir  haben  demnaeh  0,8462 ;  o,6772  »  1,7  : 1,15  und 
daie  Differens  tob  nur  0,4  mm. 

Iii  aadefen  FSllen  als  den  hier  ang^Hhrten  ist  dm  Grad  der 
fibereioftimmiuig  mit  der  angeseilten  Proportion  teils  grOfier,  teils 
Uehier.  KiemalB  jedoeh  ttbersteigt  die  Ungenaoigkeft  die  HSlfte 
der  bei  unseren  Experimenten  erhaltenen  mittleren  Variation. 

$  3.  Sla  Abliftagiclcait  dos  flinlltissoB  dor  Hobonrelae 
von  der  Bntfamung  dereolben. 

Im  allgemeinen  wächst  die  Tiiaschung  mit  zunehmender  Ent- 
fernung des  Nebeureizes  oder  mit  zunehmender  Grüße  des  Schen- 
kels an  unserem  Apparat  Aber  dieses  Waehstom  ist  der  Zu- 
nahme der  Entfemmig  niebt  proportional.  War  s.  B.  in  Tab. 
XVI  die  Entfemong  der  Nebenreise  von  der  Unie  [Hfl  em)  bei 
einem  Winkel  von  20<>  2,9  em»  so  betrug  die  Täuschung  2,9  cm. 
Bei  5  cm  Entfemnog  aber  betrug  sie  blofi  3,4  em.  Während 
•Im  die  Entfernung  um  72%  wuchs,  nahm  die  Täuschung  nur 
um  17  zu.  Betrachten  wir  nun  jeden  der  Nebenreize  als 
eine  Anziehungskraft,  so  ist  die  relative  Wirknug  zweier  Kräfte 
bei  ungleichen  £^tfernuugen  nur  dann  zu  vergleichen,  wenn 


Tabelle  XXI. 


< 

>  

Bat- 
feraong 

Winkel 

Länge 
der 
Linie 

Ein- 

flOM 

Ent- 
fernung 

Winkel 

der 
Linie 

Ein- 
flttee 

1 

2 
3 
4 

5 
6 
7 
8 

2,9  en 

2,9  . 
5,0  » 
5,0  > 
2,9  » 
2,9  . 
5,0  . 
5,0  > 

90 

30 
20 
30 
20 
30 
20 
30 

6,0  cm 
6,0  . 
6,0  . 
6,0  » 
8,0  . 
8,0  . 
8,0  . 
8,0  . 

25o/o 
20o/o 

17«/o 

IIV20/0 

2IV3O/0 

18«/o 

150/0 

120/0 

9 
10 
11 
12 
13 
14 
16 
16 

2,9  cm 
2,9  > 
5,0  » 
5,0  > 
2,9  . 
2,9  . 
5,0  » 
0,0  » 

25 
46 
86 

46 

25 
45 

26 
4ö 

10,0  cm 
10,0  . 
10,0  » 
10,0  . 
12,0  > 
12,0  . 
12,0  . 
12.0  . 
5* 

12o/„ 

9V,o/o 

90/0 

5V2'^/o 

mHo 

9V2Ö/0 
6V2«/o 

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68 


Hajwood  J.  Pevoe, 


ihre  absolute  Wirkuug  durch  die  Entfernuiig  einer  jeden  dividiert 
wird.  Die  Prozente  des  EiDflus.seB  der  Nebenreize  sind  dcnmacli 
gleich  zu  Betzen  der  Größe  der  Tänschung  dividiert  durch  die  Miai- 
femong  der  Nebenreize. 

In  der  Tab.  XXI  sind  die  entsprechenden  Bereehnnngen  ane- 
geführt,  deron  Data  den  Tabellen  XVI  und  XVn  entnommen  Bind. 
Um  den  relflüven  EinflnB  eines  Nebenreiiee  bestimmen  an  kSmieii, 
ist  dabei  MF,  welehes  in  den  Tabellen  den  EininB  yoa  vier 
Belsen  danteUt,  dnreh  4  dividiert  worden.  Die  Fttle,  in  denen 
jeder  Schenkel  2  Nebenreize  enthielt,  sind  dabei  nicht  benutzt 
worden,  weil  die  Entferuuu/iceu  hier  nicht  die  gleichen  waren  and 
daher  die  Reduktion  auf  einen  Nebenreiz  nicht  ohne  weiteres  ge- 
statteten. Außerdem  sind  auch  die  Ergebnisse,  welche  nicht  von 
allen  drei  Vp  herrtihrten,  in  der  Tab.  XXI  ans  naheliegenden 
Gründen  nicht  benutzt 

Eine  Analyse  der  Zahlen  ergibt  sebr  interessante  Besoltate. 
Der  relative  Einftnß  eines  Nebenreises  verringert  sieb  obne  Aiu- 
nabme,  wenn  seine  Entfernung  wftebst  Vergleicben  wir  z.  B.  den 
ersten  und  dritten  Fall  miteinander,  so  ergibt  sieb  eine  Abnahme 
dcö  relativen  Einflusses  von  25  auf  17%  bei  einem  Wachstum  der 
Entfernung  vou  2,9  auf  5,0  cui.  Da  sich  diese  Tatsache  durchweg 
in  der  Tabelle  aus^epräe-t  findet,  so  darf  num  wohl  allgemein  sagen, 
daß  der  relative  Eiutiuß  eines  Nebenreizes  mit  wachsender  Ent- 
fernung abnimmt  Daraus  ergibt  sich,  daß  es  eine  günstigste  Ent- 
fernung geben  maß,  bei  der  der  absolute  Einfluß  am  grttfiten 
ist  In  der  Tat  haben  die  früheren  Versnebe  gelebrtf  daß  die  Ent- 
fernung eines  Nebenreises  von  8,5  em  auf  dem  gewiblten  Yer- 
suehsfelde  die  ausgiebigste  WirlLung  eintreten  ließ.  Dies  Besultst 
Ist  aber  auf  unseren  Fall  nicht  ohne  weiteres  anwendbar,  weil  die 
in  der  Tabelle  XXI  cbeulUlls  deutlich  hervortretende  Abhängigkeit 
des  Fehlers  von  dem  Neigungswinkel  des  bchenkels  eine  direkte 
Vergleichung  aussehließt. 

Eine  genauere  Formulierung  der  hier  Torliegenden  Gesetzmäßig- 
keit ist  auf  Grund  unserer  wenigen  Bestimmungen  (nur  2  Entfer- 
nungen sind  in  der  Tabelle  vertreten)  nieht  mtfglicb.  Eine  grdfiere 
Anzabl  von  Bestimmungen  vorzunehmen  erlaubten  Apparat  und  Yer- 
snehsfeld  nicht  Außerdem  würde  eine  exakte  Daistellnng  der  hier 
obwaltenden  Funktionsbeziebung  aueh  noeb  eine  Erweiterung  der 
bisherigen  Betrachtungsweise  fordern.  Wir  haben  ja  im  Anschluß 


Ü]Mr  den  Eiaflofi  von  Nelteimisen  snf  die  Banniwaliniehmiuig.  69 


an  die  Wirkung  eines  Nebenreizea  pnnktaeller  Art  anf  einen  Haupt- 
nk  pnnktiieller  Art  ment  Entfemingoii  zwiBehen  2  Hanptraizen 
md  dann  ganse  Strecken,  lineare  Beize  dem  Einflnm  reo  Neben- 
leiien  aongeBetsi  Selbst?entfndlioh  ist  nnn  entiieh  die  Wirkung 
oidit  eine  einaeitige,  eondem  eine  weebselfleitige.  Die  Hanptreize 
Vben  eine  entsprechende  Wirknng  ans,  wie  sie  eine  empfangen. 
büa  zeigt  sich  z.  B.  däriu,  duli  eiüe  Punktdistanz  (ebenso  wie  dem 
Augre  9o)  auch  der  Haut  kleiner  erscheint,  als  eine  linear*  von 
gleicher  Größe.  Unsere  Versuchsanordnung'  war  nur  nicht  darauf 
eingerichtet,  die  wechselseitige  Beinflnssong  erkennbar  zu  machen. 
Sodann  aber  wirkt  bei  der  Anwendung  von  Linien  als  Hauptreizen 
der  Nebenreis  wabiBcheinlieh  nicht  nnr  anf  den  £ndpnnkt  der 
Linie,  mdem  nach  HaBgabe  der  Entfernung  aneh  anf  ihren  Yerlanf 
ein.  Diesen  Beziehungen  yon  Nebenreizen  zn  Unearen  GrOfien  als 
Hanptreizen  naehsngehen,  mag  einer  späteren  Untersnehnog  vor- 
behalten bleiben. 

Worauf  es  uns  hier  zunächöt  ankam,  war,  die  bisher  gänzlich 
übersehene  Verwandtschaft  von  Tastsinnesphänomenen  mit  den  \  iel- 
behandeltcn  optischen  Täuschungen  nachzuweisen.  Es  scheint  uns, 
daß  dadurch  der  Theorie  der  letzteren  ein  äußerst  fruchtbarer  neuer 
Geeiehtzpankt  aa%eht  Oartlber  habe  ich  an  einer  anderen  Stelle 
meiDer  Abhandlnng  (Kap.  Vm)  einige  nfthere  AnzfUhrnngen  zn 
geben  veranefat. 

Anf  den  EinflnS  der  Inteneiütt  der  Nebenreize  fiült  ein  gewizsez 
Lieht  durch  die  firgebnisse  mit  einem  und  zwd  Reizen  im  Sehen- 
kel.   Tab.  XX  zeigt  wenigstens  bei  Fig.  >  <  eine  mittlere 

Zunahme  des  Fehlers  von  2,8  auf  3,4,  wenn  bei  der  Schenkel- 
läng;e  ==  6  cm  '/wei  stutt  eines  Nebenieizes  eingewirkt  haben.  Aber 
da  bei  2  Reizen  die  Entfernung  von  der  Linie  fUr  i)eide  nicht  die 
gleiche  war,  so  lifcßt  sich  diese  Gesetzmäßigkeit  nicht  anf  einen 
mit  den  entsprechenden  einfachen  Beizen  ▼ergleichbaren  Ausdruck 
Illingen.  Man  kann  voriiinfig  nnr  sagen,  dafi  der  doppelte  Neben* 
reiz  stSrker  wirkt,  als  der  einer  mittleren  Entfernung  zwischen 
seinen  heid«!  Punkten  entsprechende  einfMshe  Beiz  wirken  würde. 
Mit  unserem  Apparat  lieBen  sieh  übrigens  umehwer  weitere  Ver- 
{5uche  iü  dieser  Richtung  auöflihren.  Man  brauchte  nur  die  Zapfen 
in  verschiedener  Schwere  herstellen  zu  lassen,  um  bei  gleicher  Ent- 
iemuig  verschieden  starke  Isebenreize  einwirken  lassen  zu  können. 


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70 


Zw«ite  Absekmtt.  TkeoretiiehM. 

V.  Kapitel.  Die  Theorie  der  Diffasionskreise. 

Indem  wir  mw  berntthen,  die  Resultate  va  interpretieren,  wollen 

wir  das  Problem  zuerst  in  möglichst  einfacher  Fonn  darstellen. 
Warum  erscheinen  zwei  auf  der  Haut  gleichzeitig  gereizte  Punkte 
A  nnd  B  näher  zu  einander,  als  sie  in  Wirklichkeit  sind?  Die 
erste  Antwort  auf  diese  Frage  kann  loIgCDde  sein :  Es  besteht  eine 
Tendenz  bei  den  beiden  anf  der  Haut  gereizten  Punkten,  in  dem 
l^ervensystem  zn  yerBohmelzen.  Von  Frey  iand,  dafi  zwei  Punkte 
In  einer  viel  kleineren  fintfemnng  Toneinander  ontereohieden 
werden  koimten,  wenn  die  Beize  naebeinander,  alz  wenn  tie 
gleiehzeitig  gegeben  worden,  nnd  zebloB  darang,  daB  bei  gieicb- 
zotigen  Rdzen  tNfitaeiontkreife  im  Zentnun  «itzlehoi»  die  die 

UnterHcheiduug  dtir  Em  drücke  erdchweren.  Von  Frey*)  bat  daS 
Verdienst,  gezeigt  zu  halen,  daß  succedierende  Reize  nnterschie- 
den  werden  können,  nelbst  wenn  die  Eutfeniune:  zwischen  den 
beiden  Punkten  nicht  größer  ist  als  die  zwischen  zwei  Druck- 
punkten bestehende^  vorausgesetzt,  daß  diese  eelbst  gereizt  werden. 
Es  kann  daher  in  Beantwortung  der  Frage,  welebe  ich  zn  Anfang 
des  Kapitelz  an%ewoifen  habe,  gesagt  werden,  daB  der  Grond, 
weshalb  zwei  anf  der  Hant  gleiebzeitig  gereizte  Pnnkte  nSher  er* 
aehdnen  als  sie  tatsBddioh  sind,  eben  das  Faktnm  der  Difib- 
sion  ist. 

Warum  wird  nun  in  solchem  Falle  die  Entfernung  nicht  von 
Zentrum  zu  Zentrum  der  beiden  Kreise  beurteilt?  Die  einzige 
Antwort,  die  augenscheinlich  ge{;ebeu  werden  kann,  ist,  daß  diese 
Diffusionskreise  nicht  wirklich  unterscheidbare  Kreise  sind,  mit 
scharf  begrenztem  Umfange  nnd  Zentrum,  sondern  daB  jeder  ein 
Gebiet  lepiftsentiert,  innerhalb  dessen  nichts  nnteischieden  werden 
kann.  Wenn  sieb  dies  indessen  genau  so  Terbüty  wie  k0nnen  wir 
anf  irgendeine  Bestimmtheit  der  Loluüisation  rechnen  ?  Wenn 
der  Torerwttbnte  Difhisionskreis  z.  B.  2,0  cm  bn  Dnrehmesser  bat 
nnd  aDes  innerhalb  dieses  Diffhsionskreises  nnnntersebeldbar  ist, 


1)  M.  T.  Frey,  Über  den  Ortssfain  der  Haut  Sitsongsber.  der  pbysioi  - 

mediz.  Oeaeüschaft  zn  WUrzbnrp:.  9.  Nov.  1899.  Vpl.  siudi  M.  Y.  Frey  nnd 
Metzner  in  der  Zeitachr.  f.  Psycbol.  Bd.  29,  S.  161  ff. 


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über  den  Einfluß  von  Nebenreiien  ftvf  die  Baiimwaliniebmmig.  71 

dann  wUrde  die  Lokalisierung  eines  Punktes  iunerhalb  des  er- 
wähnten Kreises  jede  beliebige  Stelle  desselben  angeben  lassen. 
£iD  konstanter  Fehler  in  der  LokaliBation  da^;egen,  wie  er  unter 
dem  Einflasse  eines  Nebenreizes  von  ans  konstatiert  worden  ist^ 
tifil  aldi  iat$M  niebt  erUttien.  Aneh  ist  der  Betrag  der  hier 
TorkommendeD  OrtsreiMhiebuigen  wa  grofi,  ab  daB  tie  ideh  an! 
die  dnoh  ffimulteiMwIiwellen  besteubaroi  Diihaioimdieii  BoUten 
snrtlekltdiren  laawii.  Wae  alio  die  munittelhaie  Antwort  auf  noBere 
Frille  anbetrifft,  ßo  scheint  die  Diffusionskreistheorie  zu  genügen. 
Jeder  Punkt  auf  der  Haut  ist  das  Zentrum  eines  zentralen  Dif- 
fusion skreises.  Die  Entfernung  zwischen  zwei  P\iMktcM  wird 
durch  den  Inhalt  des  Raomes  zwischen  den  beiden  Diflosiona- 
kreisen  nnd  nicht  deren  Zentren  bestimmt.  Darum  en^ob  einen  die 
beiden  Paukte  näher  nuammen.  Aber  sobald  wir  die  Lokaliflar 
tion  in  nnaere  nrBprOngliehe  Frage  eiaflibren,  sehefait  die  DUhaiona- 
tiuofie  nicht  amnireieben.  Wenn  wir  finden,  daB  ein  iweHer  Reis 
oine  bestimmte  Ortmreraehiebmig  beibeiflihrt,  so  mtwen  wir  die 
Ursache  in  etwas  anderem  suchen,  als  in  der  Tendenz  der  Er- 
regungen, im  Zentralnervensystüui  zu  verschmelzen. 

In  Verfolgung  der  TlntersiK  hungen  von  Prof.  v.  Frey  fand 
Brückner^),  daß  der  Eindruck  von  zwei  Reizen,  welche  nicht  als 
zwei  erkannt  waren,  in  der  Mitte  zwischen  den  zwei  einzelnen 
Reizen  lokalisiert  wnrde.  Hier  haben  wir  einen  FaU,  welcher  eine 
deatiiebe  Beuefanng  an  anBeren  TerBneben  anfweisi  Leider  isft 
Brttekner,  der  die  Beeinflnwang  sweier  Rdae  darehdnander  nur 
biaridiflieb  ihrer  Intenntitt  genaaer  antersnöht  hat»  dieser  Tat- 
tadie  nieht  nachgegangen.  Sie  ist  nnr  gelegentlicb  ron  ihm  kon- 
statiert worden.  Auch  sie  läßt  sich  offenbar  durch  die  Theorie 
der  Diffusioiiskreise  nicht  erklären,  weil  diese  zwar  die  Nicht- 
nnters^-heidbarkeit  der  beiden  Heize,  nicht  a])er  die  Lokaiisation 
in  der  Mitte  zwischen  ihnen  Terstfindlioh  macht 

VI.  Kapitel.   Die  Theorie  der  motorischen  Impulse. 

Die  Annahme  von  YorsteOongeat  welche  ebie  gewisse  Kraft 
besitaeB,  ist  daiebaos  nicht  onbeksimt  in  der  pt^ohologisoben  Lltte- 
rater.  In  seiner  ersten  Entwickelang  ist  dieser  Standpankt  Tiel- 
leicfat  am  besten  dargestellt  bei  Herbart  Die  Erfahmng,  welche 

1)  Die  BaamscbweUe  bei  Simnltanieiziiag.  Zeitachr.  L  Payohol.  Bd.  26, 

ä.  55. 


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72 


HiQrwaod  J.  Peaicep 


Hcrbart  8  Aafmerki^aiiikeit  auf  sich  crezogen  cnd  seine  Annahme 
von  » VorHteiiun^»^n  als  Kräften«  veraiiiüÖt  hat.  ist  im  Charakter 
analog  der  Erführaug,  welche  die  Basis  unserer  gegenwärtigen  Er- 
arterong  bildet  Herbart  betraditete  die  Vorstellisgffi  an  sich  nicht 
alsKiftfte.  Aber  VomteUiiiigeD  weite  n  Kräften,  Mweit  SM 
ander  in  GegeoMts  treten^  and  dies  gesebieht,  mnn  Ihrer  iwci  oder 
mehr  Ton  venehiedenen  Bidituige&  rieb  im  BewaBtoein  begegno. 
»irasntnd  ist  Kiaftlnfierang;  dem  Widentebenden  aber  ist  sem 
Wirken  ganz  mftUig,  es  riebtet  sieb  naeb  der  Änfeebtang,  die 
unter  VorstoüunL'L'ii  ^j:e-enBeiti^'  ist  uiid  durch  den  Grad  ihres  Gegen- 
satzes hcstimixit  wird.  Dieser  ihr  Ge^^ensatz  also  kann  aniresehen 
werden  als  da«,  wovon  sie  sämtlich  leiden  An  sich  selbst  aber 
sind  die  Vorstcllangen  nicht  Kräfte.«  Her  hart  dachte,  daß,  wenn 
swei  solche  Yorstellnngen  sieb  im  Bewußtsein  begegnen,  die  eine 
der  anderen  Flati  maeben  maB,  and  daß  die  wirklielie  Vorstellnag 
in  ein  Streben,  eine  Verstellang  in  werdoi,  ttbergebt  >Das  wirk- 
liebe VorsteUea  Terwandelt  sieh  in  ein  Streben  Torsostelien.« 

Die  Methoden  and  Voraassetanngen  ron  Herbart  sind  sa  meta* 
physischer  Art,  am  die  Fordenmgen  exakterer  Schlüsse,  welebe 
von  der  modernen  experimentellen  rsychologic  erhoben  werden, 
zu  befriedigen,  und  ich  bringe  seine  Beobachtung:en  als  eine  Ein- 
leitung zu  dieser  Untersuchung  nur,  nm  zn  zeigen,  daß  die  Er- 
fahrungen, mit  denen  wir  beschäftigt  sind,  Übereinstimmend  mit 
berforragenden  Autoritäten  der  Vergangenheit,  einen  Konflikt  zwi- 
schen den  Krftften  im  Bewafitsein  daisteUen.  Es  ist  jetat  unsere 
Anigabe,  weiter  za  nntersaehen,  welebe  die  Natu  dieser  Kräfte 
ist,  oder  sogar,  wie  weit  wir  bereebtigt  sind,  den  Aasdraek  Eiaft 
ttberbanpt  an  gebraneben. 

Soweit  als  es  dem  Verfasser  bekannt  ist,  ist  die  einzige  andere 
experimentelle  Arbeit,  die  dem  hier  behandelten  Gegenstande  kon- 
forui  ist,  eine  Untersuchung,  Uber  die  Mtlnsterberg  in  der  Psycbo- 
logical  Review  (vol.  I)  unter  dem  Titel  »Motor  power  of  Ideas« 
berichtot  hat  Die  Experimente  waren  folgende:  Die  Vp  saß,  die 
Aogen  anf  einen  vor  ihr  befindlichen  Gegenstand  gerichtet.  Mit 
gesoblonenen  Aagen  wandte  sie  dann  ihren  Kopf  naeb  rechts, 
worauf  die  Aagen  wieder  geOffiiet  and  die  Linie,  die  den  Orad 
des  Kreisel  angibt,  aaf  den  sie  jetzt  geriebtet  waxen,  beseiebaet, 
sowie  die  Ansahl  der  Grade,  am  welebe  der  Kopf  sieb  bewegt  hattOi 
ebenfalls  dorch  einen  Stift  notirt  worde,  der  an  der  Stirn  befestigt 


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über  den  SSnfiaß  von  Nebenrebeii  inf  die  finimwiliiiiolimQiig.  73 

and  auf  die  am  Anfanjr  stehende  Nnll  gerichtet  war.  Auf  diese 
WeiBe  wurde  gezeigt,  daß  die  Augen  nie  so  weit  bewegt  wurden 
wie  der  Kopf,  und  daß  der  Unterschied  zwiaehen  den  zwei  Be- 
mfOBgea  mit  der  absoluten  GiOBe  deraelben  sowie  mit  der  Länge 
der  Zeit  wüerte,  in  der  das  nraprUnglidie  Objekt  fixiert  wurde.  Die 
Keigvog  der  Angen,  in  der  nrsprttnglieben  Stellung  dee  Fixierens 
n  yerlwRen,  sdireibl  HQneterberg  einer  gewissen  motorisehen 
Kraft  zu,  die  in  der  Vorstellimg  des  zn  fixierenden  Objektes  liegt. 
Die  Resültante  der  beiden  Krüfte,  cineraeitä  des  Bestrebens,  die 
Ängen  auf  den  ursprünglichen  Gei^euötand  gerichtet  zu  Ii  Gilten,  und 
andererseits  des  btrebeiis,  sie  mit  der  Bewegung  des  Kopfes  mit- 
gehen zu  lassen,  ist  ein  Ergebnis  des  Gleiobgewichtes  zwisohen 
den  beiden  anziehenden  Kräflen^). 

Die  Analogie  zwischen  diesem  Falle  mtd  den  Experimenten,  welehe 
ich  früher')  besehrieben  habe,  wird  jedermann  einlenehten,  imd  es 
ist  aneb  klar,  daB,  wenn  die  dargebotene  Krfclflmng  in  einem  Falle 
b^rledigt,  sie  ebenso  auf  alle  anderen  angewandt  werden  kann. 
Es  wäre  vielleicht  befriedigender  oder  wenigstens  im  allgemeinen 
a  Ii  !u- hm  barer,  wenn  wir  nicht  von  der  motorischen  Kraft  der  Vor- 
stelinngen  sprechen,  sondern  nur  sagen  würden,  daß  motorische 
Impulse  durch  die  in  Frage  stehenden  Sinnesreize  erregt  werden, 
and  daß  das  Phänomen,  welches  wir  bemerkt  haben,  von  dem 
Gleichgewicht  motoriseher  Impulse  abhängt,  sowie  daß  die  Beaktion 
eine  Besnltante  sweier  motorisehen  Impnlse  darstellt  Im  ge- 
naieien  würde  die  Erkl&rang  des  Experiments,  welehes  loh  be- 
sefariehen  habe,  folgendermaßen  laaten.  Das  Bewußtsein  ist  dnrch 
foihcigehende  »Suggestion«  für  eine  motorische  Reaktion  ron  einem 
gewissen  allgemeinen  Charakter  vorbereitet.  Daher  laßt  ein  iieiz 
vou  der  erwarteten  Art  einen  bestimmten  motorischen  Impuls  ent- 
stehen; ein  anderer  Keiz  indessen  gibt  gleichzeitig  einen  davon 
Terschiedenen  Impuls.  Die  Kesultantc  liegt  auf  einer  Linie  zwischen 
dea  durch  die  beiden  Impulse  dargestellten  fiichtungen.  Hure  Lage 
ist  dnrch  die  relative  Stärke  der  beiden  nrsprttnglichen  Impulse 
bestimmt,  und  der  Whdcel,  der  mit  der  Dürektionslinie  jedes  der 
inprOngliehen  Impnlse  geMldet  wird,  steht  im  umgekehrten  Ver- 
hlttais  sa  der  Kraft  des  Lnpnlses.  Ich  denke,  man  wird  sofort 

1)  Vgl.  die  scharfe  und  berechtigte  Kritik  dieser  Venuelie  von  H.  Niehois 

in  PhiloB.  Rev  IV  S.  174  ff. 

2}  Pqrcholog.  Kev.  IX,  vgl.  oben  L  Kap. 


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74 


Htywood  J.  Peuea, 


sehen,  daß  dicBC  Erklärung  vollkommen  befricdigcDcl  erscheint  für 
diejenigen  Fälle,  in  denen  ein  motorißt  her  ImpnlR  dnrrh  STisrprestioB 
vorbereitet  und  von  der  Natur  des  Experiments  gefordert  wnrde. 
Wir  bähen  iudessen  diejenigen  Fälle  aofigeiastien,  in  denen  kein 
motorischer  Impnls  aiudrttoklich  gegeben,  m  denen  keine  direkte 
Lokaiualioii  «utgefthit  winde,  in  denen  da»  Experiment  nsr  ein 
LokaUsatioiuinrteil  forderte.  Bier  «riieben  deh  versdiiedene  Fhigen 
und  verlangen  Antwort 

1.  In  wdeher  Form  wird  die  Kenntme  der  Lokaliiition  der 
in  Fra^e  stehenden  Pnnkte  dem  >  Urteils -Zentrom«  zngeftlhrt? 
2.  Ist  der  Einfluß,  der  sich  in  dem  Wechsel  der  scheinbaren  Lai^e 
des  lokalisierten  Reizes  kundpht,  ein  sulcher,  der  auf  das  Urteil 
auHirclibt  wird,  indem  es  seine  Entscheidung  bildet,  oder  ist  er  ein 
solcher,  der  auf  die  Perceptionsfähigkeit  wirkt?  Mit  anderen 
Worten:  Steekt  der  resultierende  Fehler  im  Urteil  oder  in  dem 
Qigan,  wdohee  das  Ifateriai  filr  das  Urteil  hergiM? 

Die  auf  die  erste  Frage  am  häufigsten  gegebene  Antwort  irt» 
dafi  die,  die  Lokalisierang  eines  asf  der  Hanl  gegebenen  Beisss 
betreffende  Kenntnis  dem  Zentrmn  in  der  Form  dnes  »Lokal- 
sdebens«  zngeftlhrt  wird.  Mit  diesem  Ausdrack  meint  man  ge- 
wöhnlich, daß  der  von  1-imkt  A  abgeleitete  Sinneseindrnck  eine 
besondere  Eigenschat t  hat,  welche  befähigt,  ihn  von  B  zu  miter- 
scheiden,  welches  auch  seine  besondere  Eigenschaft  hat.  Wenn 
nun  Ä  sein  Lokalzeiehen  hat  und  B  ebenfalls,  so  sieht  man  leicht^ 
daß,  wenn  beide  gereizt  sind,  es  schwer  sein  kann,  zn  entsebeiden, 
ob  Ä  oder  B  gereiil  wnrde,  oder  welehes  Lokalaeiehen  an  Ä  nnd 
welohea  an  B  gehört,  aber  dafi  man  schHeBlieh  einen  nenen 
Pmikt  C  ftstrtellt,  welcher  ttbereinstbnmend  nut  der  Theene  ein 
gana  anderes  Lokabeiehen  haben  mttßte,  nnd  sagte,  daß  CB  bi, 
ist  für  die  Theorie  des  Lokalzeichens  ein  Mysterium. 

Um  zu  zeigen,  wie  ein  Lokidisationsurteil  ohne  ein  Lokalzeiehen 
möglich  ist,  und  eine  nmfHS«ende  Antwort  auf  die  oben  aufge- 
worteuen  Fragen  zu  finden,  wird  eine  weitere  Lntersuchung  nötig, 
durch  die  ich  imstande  zu  sein  hoffe,  die  angeworfenen  Fiag^Q 
entweder  direlct  oder  dnroh  Folgernng  beantworten  nt  kOnnen*). 


1)  YgL  dam  meine  firOhere  Arbeit  in  Psyeholog.  Bev.  IX,  8. 8S9  ff. 


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über  den  Eiiillii0  von  Nebeuoiseii  auf  die  Banmwahmehminig.  75 

Yll.  Kapitel.    Zur  The ne  des  Einflaaäea 
Yon  ^ebeureizeiL 

üiuMre  irodnende  SenntniB  von  den  Beuebnngen  iwiidicn  dem 
Seelenlebeii  «ad  den  physiologisolieii  Froseaeen  hat  zn  der  Auf- 

Btellim^  der  BOgenannten  Hypothese  des  psychophysisehen  Fmlle- 
lisinus  gelehrt.  Dieses  Pontulat  iöt,  so  zu  sagen,  ein  Vcreinigungs- 
«rebiet  zwischen  Metaphy^^ikern  rerschiedener  Richtung  geworden. 
Die  p:ir<'illeliytis('be  Hypothese  ist  so  weise  prefaßt  und  begrttndet, 
dafi  sie  dem  Bpiritaalisten  sowohl  wie  dem  Materiulisten  erlaubt, 
einander  anf  gemeinsamem  Boden  zn  begegnen.  Zum  großen  Teil 
M  das  nsehe  Fortwshxeiten  der  moderaen  Fsyeholegie  der  Freiheit 
ud  Begvemliebkeit,  welcbe  dieie  Hypothese  bietet,  su  Terdanken. 
Einig»  der  besten  Ermngensehaften  rtdnen  yom  Experimentieren 
nit  Frosessen  her,  welohe  nur  auf  indirektem  Wege  dnrah  diese 
physiologische  Parallde  erreicht  werden  kOnnen. 

In  den  schon  berichteten  Experimenten,  welche  iu  Chiuigo 
ausL'i  führt  wurden,  habe  ich  den  Plan  eines  solchen  Vcifahrcns 
verkdgt.  Ks  wurde  vorausgesetzt,  daß  die  psychische  Uuterschei- 
dang  gleichwertig  sei  der  physiologischen  Geschicklichkeit  zu  lokali- 
sieren. Die  aprioristischen  Betrachtongen  in  Bechifertigang  einer 
solehen  Yennusetnmg  waren,  wie  angegeben  wird,  nicy  dmek- 
ana  llbemeagend.  Indessen  die  in  Wflnbiug  angenommene  Mefliode 
der  hloBen  Yerc^eiehnng  (ohne  motorisefae  Hilibmittel)  gab  Besaltafee, 
die  qnantltaliF  ansgedrttekt  nnr  wenig  von  den  doieh  die  nreprüng» 
liehe  Methode  erreichten  Resnltaten  abweichen,  nnd  so  weit  ist  die 
obige  Voraussetzung  gerechtfertigt.  Ich  will  nur  zur  Illustration  an 
einen  vertrleiehbaren  Fall  erinnern,  der  schon  früher  in  anderer 
Beziehung  i)ehandelt  worden  ist.  In  Chicago  war  der  mittlere 
Einfluß  eines  Nebenreizes  von  6,5  cm  unterhalb  annähernd  1,4  cm. 
In  Wflizborg  ersehien  ein  tatsächlich  ttber  dem  ersten  gegebener 
Beix  nnter  diesem,  wenn  ein  llebenreiz  8,6  em  tiefer  einwirkte, 
Toransgesetrt  daß  dje  Entfemnng  der  beiden  an  benrteflenden  Belae 
nieht  2,0  em  tlberstieg.  Der  hier  demonstrierte  ParaUelismos  ist 
•ehr  markant,  nnd  die  paraBelistische  Hypothese  wird  in  diesem 
^iune  bestätigt. 

Die  Voraussetzungen,  die  wir  von  diesem  allgenieiuen  Oesichts- 
pankte  au.s  in  physioloErischcr  Beziehung  unseren  weiteren  Dar- 
legungen zugrunde  legen,  sind  folgende. 


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76 


Haywood  J.  PMne, 


1.  Das  Nervensvateiii  ist  wesentlich  ans  drei  Teileu  zusammen- 
gesetzt,  nämlioh  aus  einem  senBorischcD,  einem  zentralen  oder 
coordinierenden  und  einem  motorischen.  Diese  diet  Elemente  sind 
gutammenbiingend  und  iuiterdn«nder  in  der  genannten  Oidnimg 
Terlnmdffli.  Dams  folgt,  daß  das  natttrliche  Beanltat  eines 
sensorisehen  Reizes  eine  motorisobe  Innerv^ation  ist'). 
2.  Das  erwartete  motorische  Resultat  kann  durch  das  als  Hemmung 
bekannte  Phänomen  im  Charakter  modifiziert  oder  in  seinem 
iiuBcreii  Ausdruck  auf  Null  reduziert  werden.  Diese  Veränderungen 
rUliren  her  entweder  von  der  Innervation  anderpr  Tiiotorigclier 
Kerveu  oder  von  der  Innervation  speziÜBcher  Hemmungsneneu. 
Diese  letzteren  indessen  sind  selbst  in  ihrem  neurologischen  Cha- 
rakter und  in  ihrer  anatomischen  Disposition  den  motorischen 
Nerven  gleich.  9.  Es  bestellt  eine  Wiederholnngstendeni  Alf 
die  einmal  im  Nerrensystem  abgelanfenen  FrozeaaCy  In  der  Bich- 
tong,  in  wdchef  sie  sioli  betttigt  haben,  bei  entsprecbenden  Reisen 
abermals  sieh  absospielen. 

Sehen  wir  uns  jetzt  die  psychischen  Vorgäuge,  die  Vorstellungen 
und  Urteile  etwas  näher  au!  Die  Vorstellung  »rot*  ist  offenbar 
keine  einfache  Reproduktion  von  einer  Roteinpfindung.  Sie  hat 
vielmehr  in  sich  ein  Element,  welches  der  Vokalisierung  des 
Wortes  rot  entspricht;  ein  anderes,  welches  der  Erregung  der  Netz- 
bautnerven  durch  die  roten  Strahlen  entspricht,  wahrscheinlich 
nach  ein  anderes,  das  hinaokommt  dnrcb  die  Obertiagmig  nerFSser 
Enegnng  Tom  zentripetalen  zun  zentialen  nnd  wiederom  Tielleiciht 
zn  zentrifugalen  Neuronen.  Ferner  kann  die  Vorstellung  rot  noch 
mehr  kompliziert  werden  durch  assoziatiT  bedingte  Heproduktioneii. 
Es  kann  blutig  und  ekelene^reiid  sein  oder  den  Duft  der  Rose 
mit  sich  bringen;  es  kann  Eleuieutf*  aus  dem  Reiche  der  Gehörs- 
empfindungcn  an  sich  ziehen  und  (iie  tieleu  Töne  der  Orgel  oder 
das  dUstere  Seufzen  der  See  bei  Sonnenuntergang  symbolisieren- 
Endlich  gehört  auch  die  Umgehung  der  Vorstellung  zu  ihr'). 

Das  Bewußtsein  findet  freilich  nicht  alle  diese  Elemente  in  der 
einfachen  Vorstellung  »rote.  Im  Bewafitsehi  stimmt  die  Vorstellnng 


1)  Das  uxsprilogliehe  sUgemehie  Bssnltat  jedes  aagenehmeii  Beisee  Ist 

da8  (los  »DamachgreifeiiB«  bei  Kindern  and  Jangen  Tieran. 

2;  Es  ist  wohl  bekannt,  daß  die  Wirkung  eines  Kunstwerks  nicht  allein 
von  seinem  eigenen  Wert  abbUngtf  sondern  in  einem  gewissen  Grade  Ton 
seiner  Umgebung  in  der  Gallerie. 


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fjhet  den  Einfloß  von  Nebenreiseii  anf  die  Btamwalmehmiiiig.  77 

>iot«  mit  der  Empfindung  »rot«  überein,  und  die  Empfindung 
»rot«  seheiiLt  mit  einem  äußeren  Objekt  »iot<  übereinzustünmen. 
Die  WiflienBeliaft  der  Physik  hal  im  gelefarty  daB  die  letztere  An- 
nahme nniwimiwig  ist;  es  bleibt  der  WlasoiBehait  der  F^ehologle 
Ibrig  SU  zeigen,  daB  das  blofie  Bewnfitsein  aneh  ftr  den  ersten 
Fall  mobt  znreleht  Es  gibt  zwd  Klassen  Ton  Yorstellnngen, 
welche  zum  Zwecke  der  folgendeu  Besprechungen  scharl'  unter- 
schieden werden  müssen,  nämlich  die  Wortrorstellnngen  und  die 
sensorisch-mutor is ( ' h  e n  V  n rst e  1  hi  ui^e  n . 

Jede  Vorstellung  enthält  ursprünglich  wahrscheinlich  drei  Ele- 
mente: 1.  Empfindung,  2.  Assoziation  mit  anderen  Empfindungen 
und  3.  Wahrnehmung  eder  Bild  einer  mototisehen  Besnltante.  In 
der  Entwiekefamg  indessen  haben  einige  Ton  ihnen  die  Tendenz 
ansznseheiden,  nnd  seUieBlich  bleibt  die  metorisehe  Besnltante  bei- 
nahe der  einiiSge  Bepiflsentanl  der  Yorstellnngen  im  Bewußtsein. 
Vielleicht  treten  zu  jeder  der  vorerwähnten  Vorstellungen  assoziierte 
hinzu,  die  ihre  eigenen  motorischen  Kesultauten  haben,  welche  als 
-ckundäre  Faktoren  in  die  zusammengesetzte  Erfahrung  eingehen^ 
die  wir  als  Vorstelluiigeu  charakterisieren. 

Je  hfiher  wir  auf  der  Stufenleiter  der  ZivillBation  steigen,  nm 
•0  großer  wird  die  Anzahl  der  Wörter,  die  eine  Art  motorischer 
Besnltante  der  VorsteUnngen  sind,  nnd  die  Fttdgfceit  dee  Indivi- 
dnoms,  ftlr  einen  sensoriseh-metorischen  Prozeß  ein  Wort  zu  snl^ 
stitaieren.  Diese  Wortprozesse  behalten  ihre  assoziatiTen  Ver- 
tnndnttgen  mit  den  senBorisch-motorisehen  Prozessen,  welche  sie 
darstellen,  aber  bei  dem  Prozeß  des  Denkens  ersehciucu  diese 
letzteren  selten  im  Bewußtsein,  nnd  wenn  sie  erscheinen,  ist  es 
gleichsam  nur  an  dem  Rande  des  Bewußtbeins.  So  sieht  man, 
daß  alle  Vorstellungen  sensorisch-motorisch  in  ihrem  Ursprung  sind, 
aber  daß  eine  weite  Gmppe  von  VorsteUnngen  spezialisiert  worden 
ist  als  WortTorsteUnngen.  loh  zweifle,  daß  Jemand,  der  das 
Wort  »grttn«  in  einem  Satz  liest,  eine  reine  VorsteUnng  yon  der 
Empfindnng  «gittn«  hat  Der  zentrale  Sammelpunkt  in  der  Vor* 
steltang  griln  ist  ftr  ihn  vi^ehr  die  merklidie  ArtiknHemng  des 
Wortes  »grün«. 

Andererseits  vereinigt  die  typische  sensorisch-motorische  Vor- 
rtellunip:  in  der  kbeiidi^sten  Form  Reproduktionen  vergangener 
sensorischer  und  damit  verbündcncr  motorischer  Erfahrung.  Die 
VorsteUnngen  des  Kindes  sind  gewöhnUcb  von  dieser  Art  Die 


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78 


Htywood  J.  Peucd» 


Vorstelliinf^  einer  Orange  ist  eine  Mischung-  von  Farbe,  Geruch, 
Geschmack  und  Tastempfindungen ,  vereinigt  mit  den  begleitenden 
motorischen  Impulsen  des  Angreifen^,  Berieehens,  SchmfickeBS  etc. 
Di606r  Komplex  ist  dem  Kinde  die  Vorstellung  Orange,  and  die 
AnweBenheit  eiaeB  Elementg  fllhrt  uuä  die  anderen  mit  ach.  ladem 
das  Kind  neli  entwiokAit,  wjjd  ee  füug  in  aiwtruhidiep»  and  die 
Abstvaktion  begkmt  mit  den  mototiflehen  Elementen;  es  rieofatand 
sehmM^  niebt  Unger,  wenn  ee  die  Orange  sieht  i).  Jetzt  nimmt 
vielleicht  das  Wort  »Orange*  die  Stelle  des  ursprünglichen,  nur 
vielleicht  gehemmten,  mutorii^cheu  Elements  ein.  Es  ist  möglieh, 
daß  alle  sensorischen  Eigenachafteu,  Geschmack  etc.,  aus  dem  Be- 
wußtsein ver8(  liv\iudeu  und  daß  daa  einzig  Zurückbleibende  das 
Wort  ist  Fllr  alle  Zwecke  des  Denkens,  Schließens  etc.  ist  das 
Wort  wertvoller  als  der  ursprüngliche  komplexe  Zaetand  des  Be- 
wnßtaeinfl)  gans  eo  wie  man  bei  der  Mathematik  daroh  Aawendaag 
Ton  Symbolen  Tiel&oh  befriedigendere  Reniitate  eneloht  bat»  als 
dnrdi  die  Ton  konkreten  Figuren. 

loh  babe  mieb  bemflbt,  an  konstatieren,  daß  im  Bewufttseia 
schließlich  nur  das  Wort  zurückbleibt.  Das  will  sagen,  1.  daß 
das  *  Wurt-BewuBtbcin«  (Orange  z.  B.)  eine  Synthese  aller  ursprüng- 
lichen Elemente  ist.  welche  wir  nicht  rückgängig  machen  können: 
2.  daß  das  »Wort-BewuUtsciu«  iu  eugcr  Association  mit  alien 
anderen  Elementen,  die  es  hat  vorstellen  sollen,  bleibt,  während 
diese  Elemente  unter  die  Bewußtseinaaehwelle  treten  und  nar  Uber 
ihr  erscheinen,  wenn  die  Aufinerksamkeit  mit  besonderem  Nach- 
druck  anf  die  Bedeutung  des  Wortes  geriehtet  wird. 

Im  Liebte  der  Torhergehenden  Ausflihmngen  fidiren  wir  jetd 
fort  mit  einer  Erklftrung  der  Resultate  der  Experimente.  Wenn 
ich  mit  einem  scLarl  zugespitzten  lustnimeutc  den  \  urderarm  eines 
Individuums  berühre,  ohne  es  mit  meiner  Absicht  vorher  bekannt 
gemacht  zu  haben,  so  küuueu  einige  oder  nlle  Reaktionen  einer 
sehr  verwickelten  Beihe  daraas  hervorgehen.  Bei  einem  außer- 
ordentlich »nerrOsen«  Individuum  würde  jeder  motorische  Nerv  im 
Körper  sich  entladen.  Das  normale  Individnum  indessen  würde 
diese  motorischen  Impulse  sofort  m  der  Hauptsache  hemmen  und 

1}  Es  ist  zweifelhaft,  ob  auf  der  Stufe,  von  der  wir  sprechen,  es  über- 
haupt dio  Vorstellung  »orange*  liat.  oline  daß  oino  wirkliche  Orange  da  ist. 
Wenn  es  so  ist,  so  sind  die  motorischen  Elemente  des  Greifens  etc.  in  einem 
modifizierten  Umfang  vorhanden. 


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0ber  dfla  EmfluO  toh  Kebenrabaa  saf  die  Bsnmwthniehiiiiiitg.  79 

vielleicht  nur  den  Arm  mit  einem  Ausdruck  der  Überraschung 
wegziehen  oder  die  Maud  zu  dem  gereizten  Punkt  hinbewegen; 
Tietteielit  würden  aooh  die  Angen  mit  der  dazu  nötigen  Kopf- 
bew^gong  auf  den  gereisten  Funkt  gerichtet  werden.  Unter  g^ 
winen  Bedingon^  kihmea  alle  diese  Bewegmigen  gehemmt 
werden,  and  es  kann  ein  mdir  oder  weniger  onbestinuntee  Be- 
waEhiein  des  Impnlses,  diese  Bewegungen  anszoiHhren,  xnrllek* 
bleiben;  oder  auch  es  kann  ein  GMohtsbild  des  gereizten  Punktes 
daraus  hervorgehen;  oder  endlich,  unter  anderen  Bediugungeu, 
kaun  die  Vp  die  sclu  inbare  Lokalibienm^  des  gereizten  Punktes 
mit  "Worten  bezeichnen.  Genetisch  betrachtet,  ist  es  mehr  als 
möglich,  daß  diese  Lokalisationsurteiie,  die  auf  Gesichtsbiider  und 
Spieehimpulse  basiert  sind,  als  sekondJbrer  Faktor  in  Yerbin" 
dang  mit  Lokaiisationsbewegangen  entstanden. 

Die  Fkozesse,  bei  welehen  Wortimpnlse  mit  Empfindungen  asso- 
iliert  werden,  mttgen  folgendermafiem  sich  entwii^eln.  Warn  idi  eine 
Penon  an  ^ner  bestimmten  SteDe  des  EOrpers  bertthre  and  sie  rer- 
aalasse,  mit  Worten  zu  bezeichnen,  wo  sie  bertlhrt  wurde,  so  ent- 
steht dadurch  för  sie  zuerst  einige  Schwierigkeit.  Durchschnittlich 
ist  der  Auagangspunkt  bei  den  Individuen  unzweifelhaft  das  »Ge- 
ftlhl«  des  Impulses,  denselben  Punkt  zu  berühren,  diesem  Geilihl 
ist  ein  Gesichtsbild  der  berührten  Stelle  assoziiert,  und  mit  diesem 
ist  ein  Sprech  ünpuls  verbunden.  Wenn  indessen  das  Experiment 
Mehrmals  wiederholt  wird,  ktint  sich  der  Kreislaof  gleichsam  ab, 
ud  der  SpiecUmpiib  bleibt  die  einsige  motorische  Beaktien  ftr 
die  Empfindnng. 

Ob  die  LokaUsetiomrarteüe  ihren  sekmidttren  Charakter  bei- 
lehulteij  und  durch  eine  Information  zustiiudu  kommen*,  die  von 
dem  Impulse  zu  Lokalisationsbewegungen  herrührt,  ist  eine  Frage, 
die  im  Augcnblirk  vielleicht  nicht  definitiv  entschieden  werden 
kann.  Der  Bachverhalt  ist  wahrscheinlich  der,  daß  ein  Lokali- 
sstioBBurteil  gewöhnliofa  durch  alle  drei  Elemente  zustande  kommt, 
die  anabhängig  voneinander,  aber  glelehseitig  Auktionierai,  daß 
jedoch  jedes  der  drei  Elemente  dnrch  eine  entsprechende  Bichtimg 
der  Amimeiksamkeit  herrortreten  and  Torherrschen  kann.  Solch 
ein  Yerfidnen  habe  ich  in  meinen  Eiperimenten  angenommen. 

leb  stelle  das  Faktum  nicht  in  Frage,  daß  Visnalisation 
auch  in  den  Ivcaktionen  enthalten  war.  Einige  Vp  bekannten  sich 
an  der  Neigung,  sich  von  dem  gereizten  ^uukt  om  GesichtsbUd  zu 


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80  Haywood  J.  Peiree, 

machen;  Andere  waren  sieb  einer  isolchen  Neiimng  entschieden 
nicbt  bewußt.  In  allen  Fällen  war  der  »blinde'  Impnl«,  die 
Hand  in  einer  gewissen  Kicbtong  za  bewegen,  der  vorberrsctiende 
Faktor  bei  der  LokaliBationsbestimmnng.  Bei  Bolcber  Richtung 
der  Anfinerkiainkeit  ist  es  dem  Meneehen  mOgUeli  a  priori  m 
beBCnumen,  wdebes  Segment  Beines  (hguiismiiB  anf  einen  gewisaea 
enrartelen  Bell  reagieren  wird.  Die  Verbindnngen  mit  anderen 
Segmenten  werden  mit  mehr  oder  weniger  Erfolg  verworfen,  and 
die  Verbindnngen  mit  dem  erwählten  Segment  werden  frei  gehalten 
von  anderen  Irujiulsen,  die  nicht  in  dem  erwählten  Reiz  ihren  Ur- 
gpmng  haben.  Dies  Letztere  iiule^^scn  ist  nnr  annähernd  wahr, 
denn  der  Einfluß  subjektiver  Eindrücke  oder  vielleicht  genauer 
aoBgedrückt:  das  Erraten,  basiert  anf  sekundären  Informationen, 
logischen  Deduktionen  nnd  dergL,  spielt  keine  nnbedentende  Rolle 
bei  Eeaktionoi,  wo  Lokalisation«!  gefordert  werden.  Diese  sab- 
jektiven  Eindrieke,  die  die  Weülen  im  Strome  des  BewnBtseinB 
sind,  Tariieren  stets  naeh  oben,  nach  nnten,  nach  reehts,  nacb 
links.  Daker  kommt  es,  daB  man  in  einer  Reike  Ton  YersaeheB 
Widersprtlcbe  nnd  Übertreibungen  findet. 

In  meinen  Experimeuten  war  indessen  noch  ein  anderer  Faktor 
eingef^lhrt.  nämlich  ein  zweiter  Sinueseiudruck,  im  allgemeinen 
denjenigen  gleich,  der  lokalisiert  werden  soll,  aber  in  genügend 
(}rtlieher  Entfemnng,  nm  die  Vp  zu  befähigen,  ihn  als  einen 
anderen  zu  unterscheiden.  Das  Problem  ist  dieses:  gibt  es 
eine  Ftthigkeit,  welohe  awisehen  zwei  Sinnesreixen  gleichen  Cha- 
rakters unterscheidet,  bis  an  dem  Grade,  daft  die  Oite  Ton  beiden 
nnabhängig  voneinander  bestimmt  werden?  Die  Antwort  anf  dieie 
Frage,  die  dnreh  die  Resultate  der  berichteten  Experimente  ge- 
geben wird,  ist  sehr  klar  verneinend.  Soweit  diese  Resultate 
gehen,  sind  wir  in  den  Stand  gesetzt  zu  sagen,  daß,  wenn  immer 
zwei  Keize  von  gleichem  Charakter  gegeben  werden  und  die  Vp 
anf  einen  dieser  Reize  durch  eine  Lokalisationsbewegung  reagieren 
soll,  diese  Reaktion  eine  Besultante  von  wenigstens  drei  Fak- 
toren  ist,  nttmUeh  1.  dem  sn  lokalisierenden  Beix,  2.  dem  Neben- 
reiz von  gldehem  Charakter  nnd  3.  den  sieh  anf  die  Aufgabe  be- 
siehenden Vorstellungen,  Vermutungen  u.  deigL  Der  Einflufi  der 
drei  Faktoren  ist  natttrlieh  nieht  n^eich,  sondern  wird  im  allge- 
meinen geringer  in  der  Folge,  in  der  sie  genannt  sind.  Der 
Einfluß  deä  dritten  Faktors  ist  nicht  leicht  zn  bestimmexi,  indem 


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über  den  Einfloß  tob  Nebenreizen  auf  die  liaumwaiiruuiimung.  gl 


er  zmöMm  toh  Zelt  zu  Zeit  Tariiert  und  mit  wadiBender  ZaU 
der  Experimente  almimmt.  Weim  die  zwei  Beize  fremd  flind,  ist 
die  AufrnerkBamkeit  am  regsten,  viele  Amoziationen  werden  dnreli 

die  neuen  Keize  erweckt,  besonders  wird  der  Zweck  des  Neben- 
reizes Yorjrestellt  und,  vorauscreBetzt  daß  die  Erwartung  des  Ex- 
perimentators bekannt  oder  richtig  erraten  ist  (wub  nicht  immer 
der  Fall)|  der  Einfluß  des  Nebenreizcs  verstärkt  oder  vermindert, 
je  nachdem  die  Yp  in  widerstreitender  oder  nachgebender  DigpcK 
^on.  ist  Der  Einfluß  des  Nebenreizea  Terringert  sich  auch,  wenn 
die  Vp  den  C^egenataad  der  Experimente  kennt  and  sehr  gewiaran 
baft  und  kritiaoh  in  ihren  Beaktionen  iat  Indem  aie  ftoehtet,  an 
cioer  Tloaehnng  mÜzvwhrlEen  nnd  in  einer  Weise  za  reagieren, 
wie  der  Experimentator  es  gerade  ^wartet,  wird  ihr  der  zweite 
Reiz  ein  Gegenstand  der  Warnung,  anstatt  der  Anziehung. 

Die  en^'ähnten  sind  nur  wenige  der  verschiedenen  möglichen 
Elemente,  welche  diesen  dritten  Faktor  Jiuämaehen.  Wenn  die 
Experimente  längere  Zeit  mit  wechselnden  Vp  fortgesetzt  worden 
sind,  wird  der  Wert  des  dritten  Faktors  annähernd  konstant,  nnd 
er  kann  dann  aneh  wohl  betraolitet  werden  als  das  Maß  der  Fähige 
keit  der  Yp,  zwiseken  den  zwei  Beizen  sn  nntersefaeiden.  Wenn 
die  Yp  nickt  flhig  wXie,  zwischen  den  beiden  Beizen  zu  nnter- 
•dieiden,  so  wlbde  die  Beenltante,  Yoranageaetst  die  beiden  Beize 
seien  von  gleicher  Intensität,  auf  der  Grenze  zwischen  den  Direk- 
tinnsHnien  ihrer  beiden  K rillte  stehen  und  mit  diesen  gleiche  Winkel 
bilüc^u  oder  in  dem  Falle,  den  ich  beschrieben  habe,  würde  die 
LükaÜsierüug  auf  einem  Punkte  genau  zwischen  den  beiden  ge- 
reisten Punkten  stattfinden^).  Dann  kann  die  Entfernung  zwischen 
diesem  Mittelpunkte  und  dem  in  Wirklichkeit  lokalisierten  Punkte^ 
wie  konstatiert,  aJs  das  Maß  der  Genauigkeit  der  Unterscheidnng 
betnditet  weiden. 

Yon  einem  anderen  Stan^nnkte  ans  lumn  diese  Entfernung 
betrachtet  werden  als  das  Maß  der  motorischen  Kraft  mündlicher 
Soggestion,  die  der  Vp  beim  Beginne  des  Experiments  gegeben 
wird,  z.  B. :  »lokalisieren  Sie  den  distal  j::elegenen  Punkt<  oder: 
»lokalisieren  Sie  den  jtroximai  gelegenen«.  Eine  solche  Inter- 
pretation stimmt  mit  dem  Faktum  überein,  daß  die  Entfernung  sich 
Terringert,  je  nachdem  das  Experiment  fortschreitet;  die  mttndliche 


1}  Brflekner  a.a.O.  S.56. 

Aackiv  Ar  P«yckolo^c  L  S 


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82 


Htywood  J.  Peane» 


Suggestion  Tcraltet  im  BewoBtsein,  während  die  Sinnesreize  durch 
kooslante  Wiederkolang  emeaert  werden.  Wir  wollen  indessen 
die  Frage  noch  yon  einem  anderen  Standpunkte  betraohten.  Wir 
kQnnen  TonMusetaeni  daB  der  dritte  Factor  der  Assosiationeii» 
wenn  er  konstant  wird,  gleiek  Nnll  ist.  Dann  ist  die  Lokslisa- 
tion  eine  Resultante  ans  dem  zn  lokalisierenden  Reize  and  dem 
sekundären  Reize  gleichen  Charaktere '  .  Eutspreehend  einem  viel 
gebrauchten  Prinzip  in  der  Mechanik  ist  die  Kesuitaute  zwcici 
yerschiedeii  gerichteter  Krälte  durch  die  bia^onale  eines  Parallelo- 
granmia  dnr^^tellbar.  Setzen  wir  in  unserem  Fall  voraus,  daß  die 
beiden  Kräfte  iu  parallelen  Linien  wirken,  so  ist  es  bekanntUcb 
sehr  leicht,  durch  eine  einfache  mechanische  Konstmktion  za  be- 
weisen, daß  die  Besnltante  der  heiden  Kräfte  die  Verbindtingslinie 
ihrer  Angriflfopnnkte  in  dem  Pnnkte  schneidet,  welcher  diese  Linie 
hl  zwei  solche  Teile  teilt,  daB  der  grOBere  sich  zum  klemeren 
verhält  umgekehrt  wie  die  einwirkenden  Kräfte.  So  läßt  sich  die 
Eutferniiug  des  lokalisierten  Punktes  von  dera  primären  und  (Se- 
kundären Keiz  als  ein  Maß  iUr  die  moturiäcbe  Kraft  derselben 
ansehen. 

Wir  haben  bisher  die  Lokalisationsbewe^rnng  als  Ausdruck  f\Xi 
die  Wirkung  der  beiden  in  Erörterung  stehenden  hypothetischen 
Erftfte  betrachtet  In  meinen  früheren  Experimenten  wnrdejadie 
Lokaltsierang  eines  der  gereizten  Punkte  durch  Handbewegung  ge- 
fordert Spttter  jedoch  trat  em  Yergleichsurteü  an  die  Stelle  der 
Bewegung.  Die  Resultate  der  beiden  Arten  von  Experimenten 
stimmten,  wie  schon  vorher  ausgeftihrt,  in  fast  jeder  Einzelheit 
tiberein.  Es  eutöteht  daher  die  Frajj^e,  ob  vielleicht  das  Urteil 
ebenfalls  unter  den  Einlluii  soiclier  Kräfte  gesteiit  werden  darf, 
d.  b.  ob  es  möglich  ist,  einen  anderen  Angriffspunkt  fUr  sie  zu 
finden,  als  die  zentral-motorische  Innervation  zur  Armbewegung- 

Ich  glaube,  daß  man  diese  Frage  wird  blähen  dürfen.  Die  das 
Urteil  bildenden  Faktoren  hesw.  ihre  Resultanten  »oben«,  »unten«, 
»gleich«  kSnnen  ebenso  wie  eine  Innervation  zur  Aktion  der  Arm- 
muakulatnr  von  der  Beaehaflfenheit  eines  Kebenreiies  abhängig  ge- 
dacht  werden.  GewiB  ist  der  ganze  Prozeß  hier  viel  komplizierter, 

1)  Li  diesen  Formulierungen  laaw  ieh  snDer  Betracht  gewisse  sentnle 
Fsktoien,  und  iwar  die  Ansiebnng  des  Gegenstandes  der  Aafmerkssmkeit 
(gewühnliob  die  Hsiid}^  welehe  eine  konstante  Verlegnng  nach  »unten«  ver* 
anseht. 


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über  den  Einflaß  von  Nebenreizen  aaf  die  Ewimwahniehmiuig.  83 

es  spielen  noch  mehr  EiuüUBse  eine  lioUe,  aber  im  Prinzip  handelt 
es  sich,  wie  es  scheint,  um  ähnliche  psychophysische  Prozesse. 
In  beiden  Fällen  werden  wir  uns  eine  Mannigfaltigkeit  von  Er- 
regungen koordinierter  Art  verändert  zu  denken  haben,  je  nachdem 
ein  Reiz  ohne  oder  mit  Nebenreiz  in  seiner  Lage  besitimmt  werden  solL 
Das  amgoBprochene  Urteil  aelbat  kaan  daher  eben£img  im  Sinn  einer 
Resultante  ans  den  beiden  fleofloriBcben  Erregungen  anfgefaBt 
werden,  die  tob  den  beiden  applizierten  Sdzen  berrttbien,  Bofem 
die  übrigen  das  Urteil  bedingenden  nnd  bildenden  Faktoren  als 
konstant  anzusehen  sind. 

Indem  wir  dieses  Prinzip  des  Gleichge^vichts  der  Kräfte  auf  die 
Resultate  der  Experimente,  die  wir  vor  uns  haben,  anwenden, 
können  ^vir  }i:ewisse  SchlUsöe  betreöend  den  relativen  Wert  der 
Kräfte  ziehen,  die  nicht  ohne  Interefise  sein  werden.  Wir  wollen 
em  einfiu^hes  Beispiel  nehmen :  zwei  durch  6,5  cm  getrennte  Punkte 
werden  gereizt  Wenn  die  Vp  den  oberen  lokalisiert ,  wird  er  in 
der  lUebtang  des  unteren  um  1,8  cm  Teisetzt  Der  Dnrehsehnitt 
normaler  Y eisetznng  naeh  nnten  aber  ist  1,0  em.  Wir  haben  daher 
die  Kraft  von  0,8  em,  die  wir  dem  Nebenreiz  nnten  zuschreiben. 
Verglichen  mit  dem  Hanptreiz  ist  die  Kraft  des  Nebenreizes  sehr 
g:erinj2r,  nämlich  0,8:5,7,  d.  h.  jener  ist  vninl  s  »  wirksam  als 
dieser.  In  einem  zweiten  Falle  haben  wir  wicdci  zvvci  Punkte, 
getrennt  durch  6,5  cm.  Die  Vp  lokalisiert  jetzt  den  unteren  mit  dem 
Resultat  einer  Versetzung  Ton  1,8  cm  nach  oben.  Da  der  normale 
Durchschnitt  der  Versetzung  in  diesem  Falle  0,8  cm  unten  ist,  so 
haben  wir  einen  dureh  den  Nebenreiz  ausgettbten  Einfluß  von  2,6  em, 
d.  h.  seine  Kraft  TerhSlt  sich  zu  der  des  Hauptreizes  wie  2,6 : 3,9. 
Dadurch  wird  gezeigt,  da6  der  proximale  Nebenreiz  eine  relatiT 
größere  Kraft  hat  als  der  distale,  und  daB  der  Reiz,  mit  dem  die 
Äufinerksamkeit  beschäftigt  ist,  oder  der  Hauptreiz,  ob  oben  oder 
unten,  immer  die  ^ößere  Kraft  hat.  Ob  das  Letztere  bloß  davon 
herrührt,  daß  die  Aufmerksamkeit  80  p:crichtet  ist,  oder  von  den 
Assoziationen,  welche  den  ausgezeichneten  Heiz  verstärken,  oder 
ob  es  scliließlich  ein  Ausdruck  der  motorischen  Kraft  mündlicher 
Suggestion  »unten«  oder  »oben«  ist,  sind  Fragen,  deren  Beant- 
wortung noch  mehr  oder  weniger  dunkel  ist  Nach  meiner  An* 
sidit  ist  der  letztgenannte  Faktor  der  einzige,  mit  dem  wir  zu 
tun  haben,  denn  Äufinerksamkeit  ist^  wie  ieh  glaube,  ein  remes 
Phänomen,  das  die  Vorstellung  begleitet,  welche  die  grüßte  Kraft 

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84 


lutt,  selbst  aber  der  Vorstelliing  keine  Kraft  gibt  Aflaoziatioaeii 
spielen  zweifellos  am  Anfimg  ^e  wlohtige  Bolle,  aber  sie  vei- 
ringem  sieh  an  Zahl  und  Kraft,  sowie  die  ZaU  der  ^edediolnn- 
gen  des  Experimenls  zunimmt  Der  entMsfaeidende  Faktor  ftr  den 
größeren  EinfloB  des  Hanptreizes  ist  also  wohl  die  Tatsaeke,  dafi 
er  dnreh  die  vom  Experimentator  gestellte  Anfgabe  em  besonderes 
Gewicht  erhalten  hat  und  eine  entsprechende  senflorisch-motorische 
Eiüstelluü^  voriiiidetj  auf  welche  der  Nebenreiz  nach  Maßgabe 
seiner  Intensität,  Eutfenmng:  und  Lage,  vielleicht  anch  seiner  Qua- 
lität und  Dauer  raudilizierend  einwirkt.  So  treten  nsiiltierende, 
»mittlere«  Lokalisationen  in  Bewegung  oder  Urteil  ein,  die  mit 
bekannten  £r8cheiniu)gen  auf  anderen  Gebieten  in  o£fenbarem  Zu« 
sammenhange  stehen. 

Ym.  Kapitel.   Die  Beziehung  zu  den  optiscken 

Täasehnngen. 

Die  Bezi^nng  der  T&nsehimgen'  bei  der  taktilen  Ranmwahr- 
nehmnng  an  der  allgemeinen  hier  betrachteten  Frage  ist  nnrerkenn- 

bar.    Eine  Erklärung  des  allgemeinen  Einflusses  von  Nebenreizen 
muß   auf  die  Erklärung  solclier  Tiiuseliim^'eu  anweudbar  sein. 
Ferner  ist  die  Ähnlichkeit  der  behandelten  Tasttäuschnng  und  der 
unter  dem  Namen  der  MUller-Lyer' sehen  bekanuiin  optii^chen 
Täuschung  so  offenbar,  daß  ich  es  nicht  fllr  notwendig  gehalten 
habe,  bei  der  Beschreibung  meiner  Versuchsresultate  im  einzelnen 
daranf  einzugehen.    Nur  in  einem  Punkte  scheint  ein  ansgespro- 
ekener  Unterschied  zwischen  beiden  obzuwalten.  Heymans  bat 
bekanntlieb  gefunden.  daB  die  Mttller-Lyer*sehe  T&nsohnng  mit 
Eonehmender  Länge  der  yeiglichenen  Linie  wSehsti).   Meine  Yer- 
snehe  stimmen  fta  die  Ugar  mit  einwärts  gekehrten  Sebenkeln 
damit  llberein,  aber  bei  der  anderen  habe  leb  das  entgegengesetzte 
Veriudten  beobaebtet  nnd  zngleiob  dieses  als  das  normale  wahr- 
schemlich  gemacht.  Heymans  hat,  was  vielleicht  ein  wesentlicher 
Unterschied  in  der  Versnchsanordnung  war,  beide  >  iguren  gleich- 
zeitig einwirken  lassen.    Wir  kuunen  daher  nicht  entscheiden, 
ob  dieser  Umstand  oder  andere  Verhältnisse  die  Abweichimg  in 
unseren  Eigebuisseu  bedingt  liaben. 


1)  Zeitsdir.  f.  Payekol.  IX,  S.  m  Vgl  Thi^ry  in  PhUos.  Stnd.  Zn, 
S.80f 


Übw  den  Einfluß  von  Nebenreizen  mif  die  BMunwahmehmiing.  85 

Der  Täii9chxingsbetrag  war  h&  unseren  Tttstrersnchen  weit 
irrößer,  als  der  uul  optiscLciii  Gebiet  bisher  fe8t{,'estellte.  Der  Ein- 
duß  eiiiea  Nebenreizes  ist  eben  höchst  wahrscheinlich  vou  der 
ünter8chied88chweUe  des  betreffenden  Sinnesgrebietes  abhängig. 

Im  allgemeinen  können  wir  wohl  Batten,  daß  alle  Täuschungen 
dieser  Art  das  Ergebnis  der  Kelativität  unserer  Sinneswahmehmnng 
sind.  Jeder  GlegeoBtand  derselben  wird  mit  irgend  welcher  Be- 
Behnng  anf  seine  Umgebnng  wahrgenommen.  So  wird  anch  die 
Penaptton  einer  Linie  doroh  alle  GogenBtXnde»  die  Boiuti  noeh  in  dem 
Wahmehmimgafelde  gegeben  aind,  beeinfluBt,  und  von  jedem  soleher 
Nebenreize  dürfte  die  allgemeine  Geaetzmftfiigkeit  gelten»  die  wir 
mit  allem  Vorbebalt  aufgestellt  baben.  Wir  werden  dämm  nur 
eine  solobe  Tbeorie  der  HttUer-Lyer'scben  T&nscbiiiig  ftlr  ans- 
reichend  halten  kOnnen,  welehe  sieh  zngleieh  anf  die  analogen 
Erscheinungen  des  Tastsinns  anwenden  läßt.  Eine  Theorie  wie 
diejenifre  von  Thiery^j  kauu  deshalb  keine  allgemein  befriedi- 
gende KrkläruDg  für  diese  Täusch  ung-en  heißen,  mag  sie  auch  ge- 
wisse mehr  zufällige  optische  £rächeiuimgen  zutreffend  berück- 
sichtigen. 

Vielleicht  ist  es  möglich,  Wnndt's  Theorie  der  Angenbewegnngen 
(ladurcb  fUr  die  taktile  Täuschung  fraehtbar  za  machen,  daß  etwa 
Hand-  oder  ArmbewQgnngen  hier  herangezogen  werden^).  Aber 
das  allgemeine  Gesetz  des  EiniliiBseB  von  Nebenreizen  wtirde'  aneb 
m  diesem  Falle  die  Grundlage  zn  bilden  baben,  so  daB  die  Be- 
wegungen nnd  BewQgmigstendenzen  nebst  den  Bildern  von  ihnen 
nnr  als  ein  sekondires  Pbftnomen  in  Betracht  kttmen.  Die  Theorie 
Ton  Hey  man  8  3)  ftigt  zu  der  Wirkung  der  Angenbewegungen  das 
Küutrastphänomen  als  Ursache  der  Täuschung  hinzu.  Aber  sehr 
Tiele  meiner  Elxperimente  wurden  in  der  Weise  ausgeführt,  daß  in 
einer  bestimmten  Versuchsreihe  nur  ein  einziger  Figurentypus  zur 
.\nwtiiiluiii:  kam  Eine  Kontnist\\  irknng  konnte  sieb  hier  kaum 
geltend  macheu,  und  trotzdem  war  die  Täuschung  unverändert. 
Heymans  hat  seine  Theorie  namentlich  mit  Rücksicht  auf  das 
Ton  ihm  entdeckte  Maximumgesetz  angestellt.  Aber  dieses  haben 
aneb  wir  im  Gebiet  der  Tasttftoschungen  unter  Bedingungen  ver- 
wirklieht  gefimden,  wo  an  einen  Beweguigskontrast  nieht  zn  denken 


1;  Philos.  Stud.  XII,  S.  121  ä. 

^  Oeometriseh-optifehe  TSntehiuigen.  3. 100  IL       8)  a.  s.  0.  S.  248  ff. 


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86 


Haywood  J.  Pearce, 


ist.  Der  Saehverlult  des  MazminmgeBeizee  läßt  sieh  Tielmebr,  wie 
uns  flebemt»  mit  der  AbbAogigkeit  des  Tanscbnogsbetrags  Ton  der 
Entfernnng  der  Nebenreise  in  ZnsanunenhaDg  bringen  und  wird 
seine  Erklilnuig  nnr  in  einer  psychophysiseben  Tbeorie  des  Ein- 
flusses Ton  Nebenreizen  finden,  zu  der  die  vorliegende  Untersuchung 
nur  einen  Austoß  geben  möchte. 

Am  meisten  nahe  gekommen  ist  den  von  uns  entwickelten  Ge- 
sicbt^puiiktcii  vieUeieht  eine  Ausführung  von  Jastrow  über  diesen 
Gegenstand,  die  sieb  jedoeli  in  rein  psychologischen  Begnflfeu  be- 
we^.  £r  beruft  sich  auf  das  allgemeine  Prinzip,  daß  alle  Täu- 
schungen aus  der  Tendenz  relativ  zu  urteilen  hervorgehen.  Seine 
Ansiebt  jedoeh|  daß  alle  Täuschungen  Urteils-  und  nicht  Wahr- 
nebmongstänsebmigen  sind,  ist  gewiß  niebt  riebtig.  Die  Tatsachen 
zeigen  im  Gegenteil  Überall,  dafi  das  Urteil  nur  ein  Ansdraek  itlr 
das  in  der  Wabmebmnng  Oegebene  ist*).  Naeb  ICttUer-Lyer*} 
ist  die  Täuschung  anf  die  Tataaobe  znrttckznfttbren,  daß  wir  niobt 
nnr  die  Linie,  sondern  aneb  den  Raum  swiseboi  den  4  Sebenkebi 
mit  berQeksicbtigen.  Bei  meinen  Versuchen  bestanden  jedoch  die 
Schenkel  oft  nur  aus  je  einem  Keiz,  und  es  ist  8(  In  ua wahrschein- 
lich, daß  die  olTenen  Räume  für  die  Aufmerksamkeit  der  Vp  bei 
unseren  Tastexperimenten  eine  Rolle  gespielt  haben.  Fllr  den  Ge- 
sichtssinn kommen  die  weißen  Fläebeu  zwischen  den  Schenkeln 
freilich  als  Reize  in  Betracht,  aber  auf  der  Hant  bedeuten  der- 
artige Bäume  nichts,  weil  sie  durch  keinen  Reiz  znm  Bewußtsein 
gebracbt  werden.  Nach  der  Aussage  der  Vp  verfolgte  die  Auf- 
merksamkeit stets  nnr  die  gereizten  Hantstellen.  Ans  einem  äbn- 
Heben  Grande  ist  ancb  die  Tbeorie  von  Anerbaob«)  zu  ver- 
werfen. 

Diese  flttcbtige  und  bei  weitem  mcbt  erscbOpfende  Obersiebt 
Uber  die  der  Mttller-Lyer'sebra  Tänsebung  zu  Teil  gewordenen 
Erklärungen^)  mag  die  Bedentnng  nnd  Tragweite  der  bter  mitge- 
teilten Versuchsresultate  und  des  von  uns  aufgestellten  allgemeinen 
rnuzip«  erläutern.    Eine  eingehende  Diskussion  der  optischen 


1)  Americ.  Jonni.  nf  Psycbol.  IV,  S.  381  ff. 

2\  V-1.  Wirasek  in  der  Zeitßchr.  f.  Psychol.  XIX,  8.  61  ff. 

3}  Zcitschr.  i.  Paychol.  IX,  S.  1  ff.,  uad  X,  S.  421  ff. 

4)  8.a.0.  Vn,  S.  152  ff. 

6)  Vgl.  die  knne  nnd  klare  Darlegung  denelbea  bd  Titchener,  Experin. 
PsyehoL  I,  Put  II,  S.  8S1 S. 


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über  deu  Einflaß  von  Nebeureixeu  auf  die  Kaamw&hrneüiuuag.  g7 


TloBehiiiigmi  Hegt  anßerluüb  des  Babmens  dieser  Abhaadlnng  i). 
Jedenfalls  glaube  iob,  daß  das  allgemeine  Prinzip,  welcbes  bier  anl 
Grand  der  Ergebnisse  einer  taktilen  Untersnchnng  formnliert  worden 

i«t,  uns  anr  li  zu  einer  umfasaenduii  und  befriedigenden  Erklärung  der 
optischen  Wahmehmiingstäuschimgen  führen  wird.  VerRuehe,  welche 
ich  mit  der  Mtlller-Ly  er 'sehen  Fignr  zum  Zweck  einer  notwen- 
digen Vergleiehung  mit  den  taktilen  Erscheinungen  im  einzelnen 
durchznfhhren  begann,  mußten  leider  ans  äußeren  Umständen  vor- 
llofig  abgebrochen  werden. 

Dritter  Absehaitt  Die  Empauglichkeit  lür  den  Binflifi 

von  NebenreiieiL 

IX.  Kapitel   Der  Nebenreiz  als  'Öuggestiou«. 

Ich  babe  den  Nebenreiz  froher  einen  snggestiTen  Beit  oder  eine 
Saggestion  genamii  Der  Oebraneb  dieses  Ausdruckes  erfordert 
TieDeiebt  einige  Beebtfertignng,  und  indem  ich  diese  biete,  boffe 
ieh  imstande  zn  sein,  einige  weitere  Fortschritte  in  meuier  Inter- 
pretation der  Resultate  dieser  Experimente  zu  machen.  Im  weiten 
Sinne  gesprochen  ist  die  psychologische  Welt  über  die  Frage  der 
Suffircstion  in  zwei  große  Parteien  geteilt.  Die  eine  Partei,  deren 
vnikäamster  Vertreter  Lipps  isf,  Im  steht  darauf,  den  Ausdruck 
Suggestion  auf  die  Ursache  t  uit  s  in  seiner  Natur  abnormen  Phä- 
nomens zu  beschränken,  wofür  die  Hypnose  typisch  ist.  Die  andere 
Partei,  bei  der  Sobmidkunz  in  Deutschland  und  Boris  Sidis 
in  Amerika  zu  erwähnen  sind,  tritt  dafttr  ein,  daß  die  der  Sug- 
gestion entspringenden  Phänomene  zn  den  normalen  Erfnbrongen  ge- 
hören. Sidis  bat  ges^en  und  gelesen,  daß  Mengen  Ton  der  Hacbt 
der  Snggestion  beherrscht  wurden,  nnd  Sobmidkunz  bat  gefbnden, 


1  IHe  mit  bf^wnndcrnnp^würdtfrom  Schnrff^ma  durch ^reftihrte  ästhetisch- 
mechaiiiacbe  Thron'  von  Lipps  trügt,  wie  mir  scheint,  der  ursprünp^Hcheii. 
?oii  V'ergleichaug  uud  lieproduktionstätigkeit  unabhüngigcn  Natur  der  be- 
fprochenen  TKoschiuigmi  kehie  binroicheade  Beehnimg.  Schon  Ton  Beiehel 
Cher  dea  QtOfienkontrast  Breelaner  IMiaerk  1899]  iit  darauf  hingewiesen 
worden,  daß  die  ästhetisch-mechaniBchc  Intorpretation  nicht  die  Tänsehung 
eneogt.  sondern  vielmehr  auf  ihr  beruht.  Don  nüinlichen  Gi'HiVhtspunkt  hat 
Wnndt  Physiol.  Psychol.  11,«^  S.  575i  neuerdintrw  t^eltcMul  j^euiueiit.  Außer- 
dem gaben,  wie  uietue  Vp  erkikrteu,  die  taktileu  TäuBchuugeu  m  jener 
fathetUdt-mechaniachen  Interpretation  keinen  nnmittetbaren  Anlaß. 


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88 


iiaywood  J.  Pearce, 


dafi  SlOoke,  Steine  und  andere  gewOlmliohe  Dinge  die  liaelit  der 
Snggeition  anf  normale  IndiTidnen  anettbten.  Wenn  man  die 
SohlllBfle  der  Btteher  ttber  »Suggestion«  Ton  den  beiden  letztge- 
nannten Autoren  «taammenfaflsen  würde,  so,  glanbe  ieh,  wttrde 
kanra  irgend  etwas  »im  Himmel,  ttber  nnd  unter  der  Erde 
und  iu  deu  Wassern*  übrig  bleil)en,  was  nicht  vou  einem  oder 
dem  anderen  derselben  als  mögliches  Agens  der  Suggestion  be- 
trachtet werden  würde,  noch  würde  man  eine  Kreatur  einer  dieser 
genannten  Kegitnien  finden,  bei  der  jegliche  Handlung  nicht 
schlieBlioh  auf  eine  Suggestion  als  Ursache  zorUckgetUhrt  werden 
könnte. 

Es  ist  zogleich  klar,  daß,  wenn  man  den  Standpunkt  der  zuerst 
erwähnten  Partei  der  Peychologen  einninunt,  der  Gebianoh  des 
Anadmekes  Suggestion  ftr  nnseren  Nebenrwa  nicht  gereehtfertigt 
sein  kann.  Ich  mnB  daher  meine  Beehtfertignng  an  der  Hand  der 
zweiten  Partei  suchen.  Im  allgemeinen  wird  von  diesem  Stand- 
punkt die  Suggestion  betrachtet  als  Beiz  ftlr  eine  Reaktion,  die 
nicht  von  dem  bewußten  Handeln  des  Reagierenden  beherrscht 
wird ,  mit  anderen  Worten :  man  redet  v*)n  einer  Suggestion,  wenn 
immer  die  Reaktion  vou  der  Empfindung  zur  motorischen  Aus- 
lf?Min-  fortschreitet,  ohne  eine  wesentliche  Modifikatio  n  durch  die 
Vp  zu  erfahren.  Einige  Autoren  würden  vielleicht  behaupten,  daß 
Unbewußtsein  sowohl  von  Ueizcu,  als  von  motorischen  Reaktionen 
ein  notwendiges  Kennzeichen  der  Suggestion  sei;  Andere,  daß  so- 
fortige Reaktion  solch  ein  Merkmal  sei.  Es  wttrde  nnseren  Zweck 
nicht  fördern,  die  Tersehiedenen  sekundären  Kennzeichen,  welche 
genannt  worden  sind,  zu  erOrtem.  Es  mOge  genügen  zu  sagen,  dafi, 
sowttt  die  Kenntnis  des  Verfassers  geht,  jedes  derartige  Merkmal 
Gruppen  von  Phänomenen  ausschlieBen  wttrde,  welcbe  alle  anderen 
charakteristischen  Zttge  der  Suggestion  hsben. 

Diese  Verwirrung  in  dem  Gebranch  des  Ansdmckes  Suggestion 
rührt  von  der  Tatsache  her,  <h\[\  ci"  zuerst  von  liruid  gebraucht 
wurde,  um  die  Ursache  der  liy]moti8chen  Phänomene  zu  bezeichnen. 
Zu  Braid'ö  Zeit  wurden  hypnotische  Phänomene  als  geheimnis- 
volle .  unheimliche  Manifestationen  des  persönlichen  Magnetismus 
oder  EiuÜusses  angesehen.  Er  erkannte  sie  als  den  Ausdruck  eines 
Gesetzes  des  innersten  Wesens  einer  Person,  durch  welches  moto- 
rische Reaktionen  gewissen  Vorstellnngen  mit  derselben  Regelmäßig- 
keit folgen,  wie  das  Wasser  vom  Beige  fliefit  Das  Mittel,  nm 


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Ober  dea  £iiifiaß  von  Nebenralaen  auf  die  RamnwahniehiBang.  89 

diese  Voretellangen  zu  erwecken,  nannte  er  Sngrgestion.  Braid's 
Folgerungen  und  Ausdrücke  wurdeu  mit  Eüthubiaäuius  von  seineu 
Nachfolg"em  angenommen,  aber  in  der  Meinunj?  vieler  behielt  Hyp- 
nose deiinoeii  üiuen  Autiug  von  Unheimlii  ht  m ,  und  Suggestion 
wurde  entsprechend  als  große  und  einigermaßen  mysteriöse  Macht 
b^rachtet  Darum  ist  der  Vorschlag,  sie  ihre»  Mysteriums  zu 
bennben  und  sie  mit  den  gewöhnlichen  tttglichen  Funktionen 
n  beUeideOi  ndfigttnstig  aufgenommen  worden.  Dieser  Yonehlag 
ttnfl  mir  auf  eine  Umkebrnng  Ton  Braid'B  Verfahren  lunana.  Er 
eiljuuito  die  VerwandtMdiaft  der  hypnotiflchen  Phänomene  mit  ge- 
wissen normalen  an,  entlehnte  das  Wort,  womit  pofndirer  Spraeh- 
gebraneh  die  Ursaehe  der  letderea  beoeiehnetei  nnd  legte  es  den 
ersleren  bei.  Wir  erkennen  jetzt  diese  Verwandtschaft  abermals 
an  und  unterliegen  damit  der  Tendenz,  den  Gebrauch  des  Aus- 
druckes weit  Uber  die  hypnotischen  Erscheinungen  auszudehnen 

Wenn  ich  meine  Vp  G.  hypnotisiere,  erwecke  ieh  in  ihrem 
Geiste  Vorstellungen  von  schweren  Augcnlideni,  die  alle  Sinnes- 
eindrtlcke  ausschließen,  von  Schlaf  etc.  Er  scliiaft  und  man  sagt, 
ich  habe  ihn  hypnotisiert  In  einem  gewissen  Sinne  ist  das  wahr, 
sber  es  ist  Tatsache,  daß  mein  Anteil  an  diesem  Voigange  ein  sehr 
geringer  war.  Ich  spraob  nnr  die  Worte  —  ein  Phonogiapb  hätte 
10»  ebensogut  sprecAien  kOnnen  —  nnd  diese  Worte  erweckten 
dsreb  Assoziation  die  korrespondierenden  sensorisch-motorischen 
Vorsteilaiigen,  nnd  das  Haben  einer  sensoriscb -motorischen 
Vorstellung  —  wenn  nicht  das  motorische  fiaement  gehemmt  ist 
—  ist  gleicbbedentend  mit  einer  Reproduktion  der  Em- 
pfindung und  des  motorischen  Ausdruckes*).  In  diesem 
Satz  liegt,  so  viel  ich  sehe,  der  Schllissel  zu  dem  ganzen  Geheim- 
nis  der  hypnotischen  und  vieler  anderer  aijuormer,  wie  auch  nor- 
maler Phänonu  ue. 

Wenn  ich  durch  eine  iierühruug  der  Haut  eine  von  dem  Re- 
agierenden ungewollte  und  ihm  nnbewuüte  Reaktion  heryorrufe,  so 
spreche  ich  Ton  Snggestion,  weil  es  analog  ist  dem  Prozess,  durch 
welchen  Hypnose  herbeigeführt  wird.  In  diesem  Falle  suggeriere 
ich  niefat  Schlaf  nnd  schwere  Angenlider,  sondern  Handhewegong 
in  einer  bestimmten  Biebtnng;  ich  gebrancbe  nicht  Worte,  am  die 


1]  Von  diesem  Standpunkt  ist  es  viel  schwieriger  zu  erklären,  warum 
sIm  Perton  der  Soggestioa  nicht  nachgibt,  als  warum  sie  es  tut. 


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90 


fiaywood  J.  Pearce, 


flemoriicii-iiiotoiiBelie  YonteUiuig  zu  erwecken ,  aondeni  BeSznng 
einer  bestimmten  Hantstette.  Bw  Resnltot  ist  dasselbe  —  die  Vor- 

Btellung  wird  erweckt,  und  ihr  motorisches  Element  muB  notwendiger- 
weise Ausdrnck  finden  in  der  entsprechenden  Kcaktion.  Diese  steht 
im  Widerspruche  mit  der  Handlung,  welche  das  Individunni,  wenn 
un^'estiirt,  vollftihreu  würde.  Damit  haben  wir  ein  zweites  Kri- 
teriam  der  Suggestion.  Ein  drittes  ist  die  Tatsache,  daß  die 
Vp  absolnt  kein  Bewnütsein  davon  hat,  der  Beeinflussiing  durch 
den  suggestiven  Reiz  nachgegeben  zn  haben.  Es  ist  charakte- 
ristiseh  für  die  meisten  Individnen»  daß  sie  einer  Suggestion  zu 
widenteben  snehen.  Der  Wideistand  manifestiert  sieh  durch  ein 
extremes  Verharren  in  der  alten  Bichtong.  Erst  nachdem  wir 
dnreb  Wiedeiliolnng  mit  der  Yersncbnng  vertrant  -geworden  sind 
nnd  zugleich  die  bildliche  VonrteUnng  im  Bewnfitsein  lebhafter  ge- 
worden ist,  fangen  wir  nadi  nnd  nach  an  nachzugeben.  Eine  Ver- 
suchung ist  die  Erweckung  von  sensorisch -motorischen  Vorstel- 
lungen, deren  mutorische  Elemente  gewohnheitsgemäß  gehemmt 
werden.  Aber  die  Kratt  t  incr  Vorstellung  wächst  jedesmal,  wenn 
sie  im  Bewußtsein  erscheint,  und  wenn  sie  oft  genug  erscheint, 
wird  sie  schließlich  stark  genug,  um  sich  von  den  Fesseln  der 
Hemmung  zu  befreien  and  einen  angemessenen  motoiischeu  Aus- 
dnick  zn  finden  ^j. 

Ein  bekannter  Vers  von  Pope  drückt  poetisch  sowie  Wissenschaft» 
lieh  diesen  chaiakteristiBclten  Zng  des  Menschengeschleohtes  ans: 

Vice  ift  a  moniter  of  saeh  hidaons  nden, 
That  to  be  hated,  aeeds  bat  to  be  seen, 
Bttt,  aeen  to  oft  —  CuaUlar  will  her  Ikoe, 
We  finrt  endnie^  tbea  pily,  fhoi  embnce. 

Dieser  Widerstand,  schwankend  im  Nachgeben  und  schließlich 
sich  ganz  dem  EinJiusst  di  s  suggestiven  Keiz-^s  liiugebeuti,  wajr 
in  der  Praxis  bei  allen  meinen  Vp  charakteristisch  und  kann 
leicht  durch  die  Tabellen  der  schon  mitgeteilten  Besnltate  dargetan 
werden.  Wenn  man  geneigt  wäre  zu  moralisieren^  so  konnte  man 
dazu  in  den  so  betrachteten  Experimenten  einen  geeigneten  Gegen- 
stand finden  nnd  Merans  sehlieften,  daB  die  Ge&hr  fllr  lasterhafte 


1)  Die  angeführten  Merkmale  des  äuggeBtionübegritTö  bcstimuieu  ihn  tat- 
sächlich in  ganz  ähnlicher  Weise,  wie  Lipps  ihn  definiert  hat  (Sitzber.  der 
phfloi.-phaoL  nnd  d.  Ust  KL  der  bayr.  AktA  (U  Wias.  1807,  Bd.  n,  a  384). 


über  den  £iuiiuß  von  Nebenreizen  aof  die  Kaiuuwahmehmang.  91 


AMoiifttionen  und  das  daraas  folgende  Übel  in  der  neb  aUmlUiiieb 
dnicbsetzenden  Veiindemng  liegt,  die  doieb  Bolebe  wiederbolte 

Saggestionen  in  der  Disposition  zum  Handeln  zustande  gebracht 
wird.  Wir  rühmen  uns  der  ünabhänj^igkeit  uusereö  Denkens  und 
haben  in  einem  gewissen  wichtigen  Sinne  auch  ein  Recht  dazn, 
das  ich  weder  lengnen  noch  herubsetzen  will  A]»er  wir  unter- 
l;!«»gen  oft  anzuerkennen,  dass  unsere  {regen\^ artige  Luabiiängig- 
keit  erworben  und  nicht  ererbt  ist.  Unser  psychisches  und  phy- 
^bes  Sein  ist  angebaut  onter  Zuwachs  von  Elementen,  die 
nnflerer  Umgehnng  entstammen.  Jeder  ist  in  einem  gegebenen 
Moment  von  der  Umgebung  nnabbSngig  geworden  und  bat  gewiß 
eine  TerbältniamiBig  lange  Zeitperiode  hindnroh  die  rerscfaiedenr 
Bten  von  semer  Umgebnng  äbbängigen  Fnnktionen  amgefttbrt 
Aber  ein  Jeder  maß  Immerfort  in  dieser  selben  Umgebung  nenes 
Material  für  sein  Dasein  sndien»  Und  so  emenert  sieb  gleiobsam 
das  psycbisebe  Wesen  yon  Zeit  zn  Zeit  dnrob  nene  Vorstellungen, 
welche  die  Stelle  derjenigen  einnehmen,  die  »verbraucht  und  nutz- 
los« geworden  sind.  Nachdem  das  Individuum  ein  gewisses  Alter 
der  Keife  erreieht  hat.  behalten  die  neuen  \'or9tellungen  die  Qua- 
lität der  alten.  Vorstellungen  einer  spezifisehen  Qualität  haben 
allmählich  einen  so  großen  Umfang  erlangt,  dass  sie  die  Macht 
besitzen^  das  Kindringen  anderer,  qualitativ  verschiedener  Vor- 
ateUongen  zn  bemmen.  Den  Charakter  eines  solchen  Individuums 
seont  man  ansgereüt  Aber  in  einem  nnansgebildeten  Cbarakter 
sind  aUe  Yorstelltingen  gleieb  wiUkommen.  Die  Anfflibrang  ist  bente 
gnt,  weil  die  sensoriseb-motoriseben  Vorstellnngen  von  beute  znfidlig 
das  Element  des  Gnten  In  sieb  baben;  sie  ist  morgen  scblecbt 
ans  gleicber  Ursaebe.  Sebdnbar  entfaltet  ein  solebes  Individnnm 
die  größte  Freibeit  des  Willens,  wäbrend  es  in  Wirkliebkeit  ein 
Schwanken  des  Charakters  zeigt.  Solehe  Individuen  sind  beson- 
ders zugänglich  fllr  einen  Einfluß  indirekter  unljewußter  Art,  aber 
vor  allem  für  solehe,  die  neue  Kombinationen  von  Tätigkeiten  ent- 
halten. Die  Reaktion  bei  solchen  Suggestionoii  ist  ganz  analog 
derjenigen  meiner  Vp  gegenüber  dem  sekundären  lieiz.  Wenn  es 
ältere  Vorstellungen  im  Bewußtsein  gibt,  welche  der  suggerierten 
Handlung  widerstehen,  wie  das  gewöhnlich  der  Fall  ist,  so  ent- 
stebt  zuerst  eine  Reaktion ,  die  von  der  extremen  Tätigkeit  der 
widerstreitenden  älteren  YorsteUnng  beberrsebt  wird.  Dnrcb  Wieder- 
bolnng  indessen  wäebst  die  Kraft  der  Suggestion,  bis  endlicb  die 


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92 


Hftywood  J.  Pearc«^ 


alteu,  durch  den  laiigeu  und  jetzt  ungleichen  Kampf  mit  den 
frischen  Kniften  abgenutzten  VorstcUiuiEren  gleich  besiegten  Sol- 
daten vom  riclilachtfelde  weichen.  Bo/eiehnend  und  eigentümlich 
iöt  ea,  daß  nipistenteils  die  Vorbereitungen  zu  dem  Kampfe  in 
dem  Unterbewußtsein  des  Individuums  platzgreifeu.  Mau  wird 
Bich  selten  dessen  eher  bewußt,  daß  man  seine  Meinung  geändert 
hat|  als  bis  man  eine  neue  hat.  Man  weiB  iiiemals,  daß  man  eine 
VonteUnng  hat,  als  bis  sie  »groß  genug  ist,  am  herrorsntrateac. 

X.  Kapitel.  Abnorme  Snggestibilität 

loh  denke,  es  ist  durch  die  bisherigen  Ansfthnmgen  klar  ge- 
worden, daß  die  Kraft  der  Suggestion  in  der  senaorisclHnotori- 
sehen  Natur  des  Menschen  liegt,  indem  die  beiden  Seiten  seiner 

physischen  Konstitution  so  miteinander  zusammenhängen,  daß  der 
Reiz  auf  der  einen  Seite  nur  vollständig  wird  durch  die  Kontrak- 
tion auf  der  anderen.  Die  Schwierigkeit  fHr  den  Psychologen  be- 
steht daher  nicht  darin,  zii  erklären,  warum  ein  Reiz  auf  eine 
Muskelkontraktion  hinausläuft  -  dies  ist  letzten  Endes  eines  der 
Probleme  der  ]i]iy8iologischen  Chemie  — ,  sondern  warum  ein 
spezifischer  Reiz  keinen  Ausdruck  in  einer  Muskelkontraktion 
findet,  nicht  warum  eine  spezifische  Suggestion  eine  gewisse  Kraft 
hat,  sondern  warum  eine  andere  Su^estion  Yon  gleichem  Clia- 
xakter  scheinbar  keine  Kraft  hat  Die  Antwort  auf  diese  Frage 
liegt  einerseits  darin,  daB  die  physiologische  Natur  des  Organismus 
QelegenhMt  ftr  Hemmung  bietet,  und  andererseits  darin,  daß  Vor- 
stellungen, deren  motorische  Reaktionen  entgegengesebt  sind,  ohne 
Ausdruck  bleiben. 

Hypnf)8e  ist  nun  der  Zustand,  lu  welchem  das  Indi\ uliium  für 
die  Suggestion  besonders  zuiränglich  ist  Der  Ausdnuk  »hypno- 
tisiert« wird  nicht  eher  richtig  auf  ein  Individuum  augcw  ;uidt,  als 
bis  es  aulgehürt  hat,  willkürlich  zu  handeln,  obgleich  man  sich  in 
Widersprüche  verwiekeln  würde,  wenn  man  sagte,  daß  eine  Per- 
son vor  diesem  Zeitpunkte  nicht  hypnotisch  beeinflußt  sei. 

Der  Unterschied  zwischen  einem  normalen  Individuum  und  einem 
hypnotisierten  liegt  aussehliefilich  in  dem  Charakter  des  Bewußt- 
seins beider. 

Nun  besteht  das  Bewußtsein  des  normalen  Individuums  aus 
einer  Mannigfaltigkeit  von  Zustünden,  die  von  zuftUligen  Um- 
stinden  herrtthren,  unter  Hinzuftigung  mehr  oder  weniger  bestimmter 


.  j     . :  y  Google 


über  den  Eiiiliiß  von  Hebenreiieii  axif  die  Baiimwahr&eliiDtiiig.  93 


Vorstellangen  unabhängrigeH  Handelns  einerseits  und  eines  gewissen 
Mißtrauens  andererseits.  Die  Stärke  dieser  beiden  letzten  Yor- 
stellnngen,  vereint  mit  der  natürlichen  Eindrueksfähigkeit 
des  IndividaaniB,  bestimmen  seine  Snggestibilität  In  dem  Falle 
des  hypnotisierten  ÜDdividmuDS  ist  die  Eiaft  jener  VofsteUnngen 
auf  ein  Minironm  lediiziert.  Dieses  kann  anf  dreierlei  Weise  za- 
stande  kommen:  1]  Die  Vp  kann  eine  fllieririebene  Vorstellung 
TOD  der  Hadit  des  Operierenden  baben,  durch  welehe  die  Yor- 
steDmig  des  Widerstandes  Tfi  die  Flucht  getrieben  wird.  2)  Die 
Vp  kann  freiwillig  (von  innen  herans)  die  Vorstellimg  des  Wider- 
siaüdes  aufgeben,  das  Eindrin{;en  anderer  als  der  suggerierten  Vor- 
stelluDfren  ine  Bewußtsein  hemmen.  (Es  versteht  sich  von  selbst, 
daß  diese  Ireiwilligc  Haiidlunpr  auch  durch  V^nstcllun^'cii  angeregt 
wird.)  3)  Die  Vp  kann  gänzlich  passiv  bleiben,  d.  h.  widerstehende 
Voisteilnngen  verschwinden  aus  dem  Bewußtsein,  und  dasselbe 
Kesnltat  kann  dnrch  Vorstellnngen  hervorgebracht  werden,  die 
durch  mOndliche  Suggestion  des  Operierenden  erweckt  werden. 

Nach  dieser  Ansicht  kann  sich  ein  IndiTidanm  in  dem  von  der 
VoisteUniig  beherrschten  Zustande  befinden.  Das  »Haben  der 
Yoistellnng  des  Schlafes«  und  das  »Schlafengehen«  gehören  an- 
ttmmen.  Ich  kann  das  Wort  Schlaf  denken,  sicherlieh,  nnd  nidit 
lehlafen.  Aber  wenn  ich  das  Wort  Schlaf  denke,  so  ist  die  sen- 
sorisch-motorische Vorstellnng  Schlaf  gleichsam  erregt,  da  sie  durch 
Assoziation  mit  der  betreffeuden  Wortvorstelluüg  eng  verbanden 
isi.  Daher  kommt  es,  daß  durch  die  Verbalsnggestion  des  Wortes 
»Scblaf»  der  aktuelle  Zustand  hervorgebracht  werden  kann.  Ge- 
wöhnlich aber  erfordert  diese  Prozedur  sehr  viele  Wiederholungen 
der  Saggestion  and  den  Beistand  anderer  daza  gehörender  Methoden, 
wie  das  Ermtlden  der  Aogenmnskeln,  ai)i  die  nittige  Reproduktion 
herrorznbringen. 

Es  sind  viele  sogenannte  Grade  der  Hypnose  yon  verschiedenen 
Atttoren  uiterschieden  worden,  die  von  Tcrscfaiedenen  Standpunkten 
aus  geschrieben  haben.  Von  diesen  erseheinen  mir  drei  der  Be- 
tiaehtong  als  getrennte  Gkade  wert,  nSmlidi  Lethargie,  Katalepsie 
and  Somnambnlie.  Diese  sind  auch  yerschieden  durch  den  jeweili- 
gen Zastand  des  Bewußtseins.  Lethargie  ist  vorherrschend  ein 
negativer  Zustand,  dem  Schlafe  gleichend,  mit  iniiiimalem  Bevt  ußt- 
sein.  Hier  gibt  es  keine  willkürlichen  Impulse,  ebensowenig  tritt 
eine  £mpfUnglichkeit  für  weitere  Suggestion  hervor,  die  notwendig 


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94 


Haywood  J.  Pearee, 


Öfter  wiederholt  werden  mnß,  um  die  Reaktion  zu  Biebern.  Es  ist 
darin  eine  mehr  oder  weniger  voUständige  Dissoziation  swischen 
den  Vorstellangen  nnd  eine  ungenügende  Koordination  gelben. 
In  der  Katalepeie  ist  ebenfaUs  das  BewaBlaein  sehr  eng.  Ein  so- 
genannter Bapport  zwischen  der  Vp  nnd  dem  Experimentator  ist 
indessen  hergestellt,  nnd  die  HanptTorstellung  in  dem  Geiste  der 
Vp  ist  der  Gehorsam  gegenüber  dem  Befehle  des  Experimentators. 
Die  von  dem  Experimentator  suggerierten  Vorstellnngen  bleiben 
fest  und  wirksam  in  dem  Geiste  des  Vp  nnd  werden  ans  ihrem 
Bewußtsein  nur  entfernt  durch  die  Suggestion  anderer  Vorstellun- 
gen. Der  vüllkouaiieustc  Grad  der  Hypnose  ist  die  Somnambulie. 
Hier  ist  das  Bewußtsein  fast  so  täti^-  nnd  beweglich,  wie  im  nor- 
malen Zustande,  nur  daß  die  V^rstellun^^  von  dem  Exj)eriiiieutator 
immer  konstaut  bleibt.  Assoziationen  sind  zahlreich,  aber  stets 
von  der  £igentttmliehkeit|  die  suggerierte  Vorstellung  zu  verstärken. 
Die  Vp  kann  vollkommen  normal  erscheinen  und  eine  Unterhaltung 
mit  einer  dritten  Partei  ftlhren.  Es  ist  dabei  no<^  manchmal  ein 
Mangel  an  Spontaneität  angenscheinlieh,  aber  eine  Suggestion  setzt 
alles  in  Ordnung,  und  die  Assoziationen  verstKrlLen  die  erforder- 
liche Tätigkeit. 

Zum  Zweeke  der  Untersnohung  einiger  Hericmale  des  hypno- 
tischen Zustandes  habe  ich  das  Lokalisationsesperiment  an  ein 

und  derselben  Vp  fG.)  sowohl  im  hypnütiscbcu  aU  auch  im  nor- 
malen Zuüuuidc  ausgetllhrt,  wobei  die  VerHuche  wHhreud  der  Hyp- 
nose bald  vor,  bald  nach  den  bei  normalem  Bewiibtsein  erfolgten 
geschahen.  In  jeder  Sitzunjr  wurdi  n  /.wei  solche  Reihen  von  Ex- 
perimenten durchget\ihrt,  indem  jede  Reihe  aus  90  Reaktionen  be- 
stand. Die  Methode  war  folgende.  Die  Vp  wurde  am  rechten 
Vorderarm  mit  einem  hölzernen  Griffel  gereizt  Es  wurde  dann 
von  ihr  yerlangt,  nüt  geschlossenen  Augen  den  gereizten  Punkt 
mit  einem  Shnliehen  Instrumente,  das  sie  in  der  linken  Hand 
hielt,  zu  bertthren.  Der  normale  dabei  begangene  Fehler  wurde 
durch  eine  Beihe  von  10  Yersuehen  bestimmt ,  die  in  Abständen 
▼on  etwa  3 — 4  Sekunden  aufeinander  folgten.  Dieselben  Punkte 
wurden  dann  wieder  gereizt  und  gleichzeitig  ein  Kebenreiz  8,5  cm 
nnter  dem  ersten  appliziert.  Eine  Reihe  von  10  solchen  Versuchen 
zeigt  den  Einfluß  der  *  Suggestion  unten«.  Darnach  wurden  die- 
selben Punkte  gereizt  und  gleichzeitig  ein  Nebenreiz  H.5  cm  über 
dem  zu  lokalisierenden  Punkte  angebracht   10  Versuche  zeigen 


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über  den  Einfloß  Ton  Nebenreinen  saf  die  Bnamwabniehmnng.  95 


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96 


Haywood  J.  Pearea, 


den  EinflnB  der  »Sngfresti»  n  oitcu«.  In  jedem  Falle  wird  die  Kraft 
der  Sue:ß:eBtinii  durch  das  Wachsen  der  LokaUäatioiisfeliler  im  Ver- 
gleich mit  dem  Normalfebler  l)e8timmt 

In  der  diese  Versuche  zusanmieufassenden  Tabelle  XXII')  sind 
rerschiedene  Tatsachen  der  Betrachtung  wert.  1.  Der  mittlere 
Fehler  bei  Lokalidenuig  eines  einzelnen  Reizes  (ohne  Nebenreiz) 
ist  geringer  im  normalen,  als  im  hypnotiBehen  ZnBtande.  Dieses 
ReBoltnt  war  meiner  Erwartimg  direkt  enigegengesetii  Wir  sind 
gewohnt,  die  Hypnose  als  einen  hypefempfindlichen  Znstand  an 
betrachten.  £in  solcher  war  entschieden  nicht  vorhanden  bei 
meiner  Vp,  deren  Znsland  zwisdben  Katalq[Mie  nnd  Lethaigie  lag. 
Daß  Hyperempfindlichkeit,  in  gewissem  Sinne  wenigstens,  beim 
somnambnleu  Zustande  erzeugt  werden  kann,  ist  fraglos;  aber  daö 
gilt  sicherlich  nicht  ftir  alle  Phasen  im  hypnotischen  Zustande. 
2.  Die  mittlere  Variation  ist  geringer  im  hypnotischen,  als  im 
normalen  Zustande.  Dieses  stimmt  mit  dem  schon  ausgesproche- 
nen Glauben  überein,  daß  die  freie  Reproduktion,  subjektiver 
Eindrucke  z.  B.,  geringer  and  allgemein  der  Einfluß  ablenkender, 
variabler  Faktoren  schwächer  ist  im  hypnotischen,  als  im  normalen 
Znstande.  3.  Der  EmfluB  der  »Suggestion  oben«  ist  grQfier  im 
hypnotischen,  als  im  normalen  Zustande,  nnd  vice  versa  der  Ein- 
flnfi  der  »Suggestion  nnlen«  geringer  im  hypnotiseheo,  als  im 
normalen  Zustande.  Der  Gmnd  dafür  liegt  vieileidht  in  einem 
besonderen  Yontag  der  proximalen  Reise  1^  die  Anfinerksamkeit, 
der  im  hypnotischen  Zustande  noch  ansschlicBlieher  nnd  intensiver 
als  im  normalen  zur  Geltung  kommen  konnte.  Wenn  wir  beide 
Einflüsse  zusaiumenrechnen,  so  finden  wir,  daß  der  mittlere  Ein- 
fluß der  Suggestion  der  gleiche  ist  in  beiden  Zuständen,  indem  der 
Durchschnitt  im  normalen  cm  und  im  hypnotischen  3,05  cm 
beträgt. 

Das  antomatenhafte  Verhalten  der  Yp  bei  den  Versuchen  im 
hypnotischen  Znstande  war  besonders  geeignet,  den  Elinfluß  der 
Kebenreize  als  einen  primSren,  nicht  dnroh  vermittefaide  Vorstel- 
lungen, Urteile  nnd  deigL  eist  erzeogten  erkennen  zn  lassen.  So 


1)  Ygl.  Fiycholoflr.  Bev.  JX^  S.  331  ff. 

2]  In  dieser  bedeuten  die  den  Zahlen  beigesetzten  U  bCKw.  0  die  Rieh* 
tung  dtT  Lokalisation  im  VprliHltTiiv  ^iirn  Nonnalreiz.  (V  h  nuter  bezw.  über 
ihm.  Die  Minuszeichen  weisen  auf  eine  der  äoggestion  entgegengesetzte  Lage 
des  iokaiiöierten  Punktes  hin. 


.  j     . :  y  Google 


Übw  den  EinftiO  von  NebenioiMii  anf  cB«  Banmwalinielimiiiig.  97 

dienten  diese  Experimente,  die  im  weseutliciieu  nur  bereits  be- 
kannte  £i8ciiemnngen  wiederholten,  anch  dazu,  \mn  in  der  Uber- 
lengiiDg  Ton  der  aUgemdaen  psyehophysischen  Gesetzmäßigkeit 
dieeee  EiiifliiBBeB  xn  beetftrken  und  die  aUgemeinen  Betiaebtangen 
dee  FOTigen  Abeolmittes  211  reehtfertigeii. 

XI.  Kapitel  Snggeetibilitüt  und  Intelligens. 

£0  ist  angenommen  worden,  daß  es  eine  direkte  ProportionalifiU 
xwisefaen  SnggeetiMlititt  nnd  Intelligens  gibt  Soweit  meine  Kenntnis 

geht,  hat  man  noch  keinen  Versuch  gemacht,  sie  zu  crklareu,  inui 
auf  die  Gegenwart  bleibt  sie  eine  reine  Hypothese.  Kut- 
gprechend  dem  Gesichtsptmktc,  der  anf  den  vorherp:ehenden  Seiten 
entwickelt  ist,  häiijürt  der  Grad  der  Suggestibilitat  eiuea  Indivi- 
duoms  Ton  zwei  Faktoren  ab,  vorausgesetzt  daß  man  nnter  Sng- 
gestibilitäft  die  Neignng  des  Individnums  versteht,  eine  suggerierte 
Handlung  aiuniiUhren.  Der  erste  dieser  Faktoren  besteht  aas  den 
Repfodnktioiieii,  welehe  dweh  die  suggerierte  Vorstellong  erweokt 
weiden  können;  der  sweite  ans  der  natürliehen  EändmoksiUiigkeit 
der  Vp.  |Eb  ist  elnlenehtend,  daB,  wenn  die  dnreh  die  snggeriefto 
YonteUnng  erweckten  Bepiodnktionen  anf  motorisehe  Elemente 
Ahnen,  die  den  dnreh  die  suggerierte  Yorstellnng  augeregten 
«ntgegengesetit  sind,  das  Besnltat  nieht  Reaktion,  sondern  Hem- 
DHing  sein  wird.  Aller  Wahrscheinlichkeit  nach  ist  der  Grad  der 
aktuellen  SnggestibiiitUt  des  liidividiiuiiis  in  diesem  Falle  gleich 
Nnll,  währeiui  ^^  ir  bei  Ubereinstimmang  der  Reproduktionen  leicht 
eine  Öuggestibilität  von  100%  demonstrieren  kTmueii.  Es  wäre 
offenbar  unmöglich,  in  Bezug  auf  die  Intelligenz  eines  Individuums 
Sehittsse  za  ziehen,  welche  anf  eine  Snggestibilitilt  der  eben  be- 
schriebenen Art  gegründet  wären. 

Aber  ein  anderer  wiehtiger  Faktor  der  Soggestibilitftt,  welcher 
den  tollten  Qmnd  derselben  ansmaefat^  ist  anBerdem  berrorgehoben 
weiden,  nimHeb  die  »natürliebe  Efaidmckstthigkeit«.  Dieser  Anch 
dmck  ist  nicht  synonym  mit  Empfindliehkeit,  obgleieh  sie  b^e 
in  einem  VerliAltais  zndnander  stellen.  Ilift  ihm  mOebte  leb  vielmebr 
die  Beriebnngen  swiseben  einer  VorstoUmig  vnd  iliren  motoriseben 
Fol;::eii  bezeichnen.  Wenn  die  Verbindung  zwischen  motorischen 
und  sensorischeu  Elementen  sehr  stark  ist,  so  liegt  darin  ein  relativ 
hoher  Grad  natürlicher  Eindmcksfähigkeit.  Wenn  andererseits 
die«^e  Verbindung  nicht  so  stark  ist,  wenn  der  von  der  sensorischeu 

AxelüT  f&r  pBjdiologie.  L  7 


98 


Haywood  J.  Pearoe, 


Seite  aasgehende  Reiz  geseliwKebt  oder  eentOrt  wird,  wenn  die 
Leitfähigkeit  der  Kerveu  von  der  seusüriachen  oder  motorischen 
Seite  nicht  gut  ist,  so  würden  wir  von  einer  relativ  nicdrieren  Stufe 
natürlicher  Eindrucksfähigkeit  sprechen.  Ea  ist  diese  Leitfähig- 
keit« der  Nervenkraft  vom  Sensorium  zum  motorischen  Organ,  die 
za  messen  ich  unternommen  hahe,  und  die,  wie  ich  zeigen  werde, 
nur  IntcUigeiis  im  YeritttUnis  steht.  Von  einem  anderen  Stand- 
punkte ans  nnd  anders  ansgedrtickt,  bezeichaet  »nattirliche  Ein- 
dittckilUiigkeit«  die  Teadens  dee  IndiTidnnnifl,  ienMrie^-motori- 
lehe  VoiiteQiiiige&  sa  haben. 

Um  die  »Damriiehft  £mdra<^ft]iigkeit«  in  mesBen,  ist  es  aot- 
wandig,  die  Bedingangen  der  Beaktioii  so  dn&eli  ab  möglich  zn 
madien.  An  enter  Steile  mtlSBen  wir  einen  suggesttren  Reiz 
haben,  der  keine  entgegengesetzten  Assoziationen  hervorraft,  nnd 
an  zweiter  Stdle  muß  die  geforderte  iveaktion  von  einfacher  und 
meßbarer  Art  sein  und  eine  direkte  Beziehung  zum  Reize  ent- 
halten. Die  Bedingungen  wurden  nahezu  erfüllt  durch  die  Methode, 
die  ich  gewählt  habe.  Man  kann  nicht  sagen,  daß  keine  Asso- 
ziationen erweckt  wurden,  vielmehr  rUhrten  augenscheinlich  viele 
Unregelmäßigkeiten  nnd  Widerspruche  in  den  Resultaten  von 
Bolchen  her.  Diese  wurden  indessen  auf  ein  Minimum  reduziert, 
und  es  ist  sehr  wahrmslieinlieh,  daß  dnrchschnittlich  die  Tendenz, 
die  Saggeation  za  verstHrken,  ebenso  groß  war  wie  die  ihr  za 
wideiBtehen. 

Krtifie  können  sieh  nur  offenbaren,  wenn  ein  Widerstand  da 
ist  Herbart  war  so  dnrehdmngen  Ton  dieser  Tataaehei  daß  er 

meinte,  Vorstellungen  erlangten  ihren  Charakter  als  Kräfte  als  ein 
Resultat  des  Widerstandes,  den  andere  Vorstellungen  leisteten. 
Indem  ich  diese  Kelativität  der  Kräfte  auerkannte,  versah  ich  mich 
als  mit  einer  der  Hedingungen  der  Experimente  mit  einer  Haupt- 
kraft, die  in  einer  bekannten  Richtung  nnd  in  einem  mutmaßlich 
mehr  oder  weniger  konstanten  Grade  der  Kraft  wirkte.  Indem 
ich  nun  diese  Kraft  einer  zweiten  entgegensetze,  kann  ich  deren 
Größe  im  Sinne  meiner  früheren  BetrachtODgen^)  meesen  and  damit 
die  Teadenz  einer  Beizwirknng,  direkt  vom  Sensoriam  zam  meto- 
risoben  Organ  ttberzagehea,  daiBteUen.  Wir  kOnnen  fteüich  nieht 
sagen,  daß  jeder  Beiz  dieselbe  Tendenz  hat,  aber  wir  haben 


1}  Siehe  S.  68. 


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über  den  Einflnfi  von  Nebenreiseii  mI  die  Banmwalinieliiiiiiiig.  99 

einigen  Gnmd  zu  s^IhuI/cii,  daß  die  Tendenzen  verschiedener  Heize 
eine  mehr  oder  weniger  feste,  pi-o]Kirti(jnierte  Beziehung  zueinander 
haben.  Der  Grand  zu  dieser  Annahme  ist  folgender:  In  meinen 
QefattCB-,  Gesichts-  and  Tastexperimenten  babea  zwei  miteinander 
rerglicheae  Individuen  jedes  denselben  relativen  Grad  von  Sng- 
gnäbilititt  geseigt,  wie  er  doioh  die  diei  yenehiedenen  Arten  der 
ffinneaieise  lieetimmt  wird.  Wenn  idi  z.  B.  finde,  daB  die  Yp  Ä 
in  Tastezpaiment  dne  SoggeetibUitltt  von  7&%,  im  Gehdreexpeii- 
nant  70  %  und  im  Geeielitsexpenment  65  %  aeigt,  nnd  idi  femer 
weifi,  dnS  die  Yp  B  im  Taetexperimeni  eine  8nggestibUilitt  von 
86 Vo  hat,  80  kann  ich  wahrBcheinliob  annebmen,  daß  B  im  Ote- 
hörsexperinieiit  eine  Suggestibilität  von  80%  »i^d  im  Gesichts- 
experiment  eine  von  75%  hat'). 

Ich  schließe  daher,  daß  jedes  Indi\iduam  eine  mehr  oder 
weniger  bestimmte  Tendenz  bat,  einen  slusoi ischeu  lieiz  in  moto- 
rischen Aosdrack  zu  Ubertragen,  und  daß  es  möglich  ist,  diese 
Tendenz  nach  der  eben  angegebenen  Methode  zu  messen. 

Um  die  Beziehimg  zwischen  Intelligenz  nnd  Snggestibili^t, 
aosgedillekfc  dnrch  »natttrlielie  Impressibilitftt«,  an  besfeimment  habe 
ioh  aaagedelmte  Beihen  Yon  Eiperimeuien  an  SehUtem  Temehie- 
denen  Alten  OfGantUoher  Sohnlen  und  des  Adam 'Beben  Institnta 
in  Wolzburg  aasgeftlurt.  leb  möchte  hierbei  Herrn  Sehnliat 
Ullrich  nnd  Henn  Direktor  Adam  Air  frenndliohes  Entgegen- 
kommen mdnen  henlicbsten  Dank  ausspreeben. 

Nachdem  der  Grad  der  Suggestibilität  der  Schüler  bestimmt 
wurden  war,  legte  ich  den  mit  den  Schülern  vertrauten  Lehrern 
eine  Reihe  von  Fragen  lietreffend  die  yerschicdenen  Fähigkeiten 
der  Schüler,  vor.  In  den  folgenden  Tabeilt  ii  er>^t'heiiien  die  Ant- 
worten auf  diese  Fragen  in  parallelen  Reihen  mit  den  Angaben 
Uber  die  Snggestibilität,  welche  ioh  durch  meine  £^enmente  £uid. 
Um  eine  bestimmte  Vontellang  yon  der  Methode  an  geben,  nach 
der  ieh  die  Experimente  ansgeilUirt  and  die  Zahlen  gewonnen  habe, 
iehfldere  ieh  das  Yerfidiren,  das  ieh  in  allen  befolgte.  Drei  Punkte 
(1,  2,  3),  1,0  cm  yoneinander  getrennt,  wurden  mit  Tinte  auf  der 
Hüte  des  Yordorarmea,  und  zwar  in  der  Lingsriohtnng  der  Benge- 


1)  Selbstverständlich  sind  die  hier  g'egcbenen  Prozente  rein  typisch  und 
repräscQtieren  einen  idealen  Fall.  Experimentelle  Resultate  werden  solche 
exakten  Verhältnisse  natürlich  nicht  aeigen. 

7* 

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100 


H«ywood  J.  Pearce, 


Seite,  markiert.  Diesen  drei  Punkteu  wurde  mit  Tinte  eine  Centi- 
meterskalu  auf  der  Haut  hinzugeftlgt ,  indem  die  drei  Tiiükte  in 
der  Mitte  äw  Skala  lafren.  Die  Punkte  1,  2  und  >  wurden  dann 
in  der  «renamiten  ('idnuii^'  jeder  lOmal  {gereizt,  und  die  Vp  mußte 
mit  einem  in  ihrer  trcien  Hund  befindlichen  spitzen  Instrument  den 
gereisten  Pankt  durch  Rerllhrung  anzugeben  suchen  Der  Fehler 
wurde  sofort  in  llülimetem  bestimmt  und  unter  U  oder  0  verzeich- 
net, Je  Bftohdem  er  »Untenc  oder  »Oben«  war.  Nach  einer  knnea 
Fftofle  wurden  dieselben  Punkte  In  derselben  Ordnnng  noch  einnud 
gereizt,  aber  gleiehieitig  mit  jedem  Reise  wnrde  eui  sweiter  Punkt, 
6,5  om  unter  dem  zn  lokalirierenden,  gereizt  Der  LokaUsattonsfeUer 
wnrde  wieder  bestimmt  imd  nach  jedem  Experiment  veiseieluiei 
Derselbe  Prozeß  wurde  noeh  einmal  wiedeiliolt,  jedoch  mit  einem 
Nebenreiz  6,5  cm  Uber  dem  zu  lokalisierenden.  Wir  haben  so 
jeden  der  drei  Punkte  H(3mal  gereizt,  nämlich  lOmal  ohne  einen 
zweiten  Keiz.  lOmal  mit  dem  Nebenreiz  unten  und  lOmal  mit  dem 
Nebenreiz  olitii.  Wenn  wir  die  Keihe  der  ohne  Neltciireiz  er- 
haltenen Zahlen  unter  U  fttr  Punkt  1  addieren,  erliaitcu  wir  die 
Summe  der  Verschiebungen  unten;  Addition  der  Reihe  unter  0 
^bt  das  Ganze  der  Verschiebungen  Oben  tHr  Punkt  1.  Indem  wir 
die  kleinere  von  der  größeren  absieben  und  durch  die  Zahl  der 
Ezperimente  (10)  teilen,  haben  wir  den  DnrchschnittsfeUer,  der 
von  der  Vp  bd  dem  Versncb,  den  Ponkt  1  sn  lokalirieren,  nor- 
maler Weise  begangen  wurde.  Wir  &hren  dann  fort,  diesen  dnreh- 
sdudtdiehen  Nonnalfebler  mit  jedem  Fehler  zn  Teigleiolien,  den 
die  Vp  macht,  wenn  de  unter  dem  Einfluß  der  »Suggestion 
unten«  Punkt  1  zu  lokalisieren  versucht.  Wenn  der  Fehler 
»unten«  größer  ist  im  zweiten  Falle,  als  im  normalen,  öo  wird  die 
Diflferenz  unt«r  Pos.  (positiver  Einfluß)  verzeichnet.  Wenn  der 
Fehler  »unten«  bei  der  zweiten  Lokalisation  kleiner  ist,  als  im 
normalen,  oder  wenn  der  Fehler  im  zweiten  Falle  »oben«  ist  statt 
unten,  so  wird  die  Differenz  verzeichnet  unter  Neg.  (negatiTcr  Ein- 
fluß.) Die  Summe  der  positiven  Fälle  —  der  der  negativen  und 
das  Heealtat  geteilt  durch  10  (die  Zahl  der  Ezperimente)  gibt 
den  DureksobnittseinfluB  des  Kebenreizes  in  Cenümetem.  (Die  in 


1)  In  den  betreffenden  Experimenten  war  die  rechtp  Hand  die  freie 
bei  den  ächiilem  dea  Adam'schen  Institata  und  die  linke  iiauü  die  freie  bei 
den  ScbtUem  der  Zentralschule. 


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über  den  EiiifloO  von  Nebenienen  «nf  die  Banmw&hnielimiuig.  101 

diesen  Experimenten  gebrauchte  Einheit  war  0,5  cm.  Die  Ke- 
snltete  mtissen  daher  durch  2  geteilt  werden,  um  die  Centimeter 
zo  erhalten.;  Die  Prozente  sind  wie  folgt  berechnet:  Der  totale 
»podtive  Ciinfliiß«  wurde  durch  die  Summe  des  totalen  posHlTea 
-f-  dem  totalen  n^fatiren  Einfloß  dividiert  nnd  mit  100  multipliziert 
Die  Beenltato  der  Tabellen  XXm— XXIX  sind  alle  nach  dieser 
Methode  eihalten.  Die  Experimente  mit  Jeder  Vp  umfassen  drei 
Reihen,  die  an  drei  aufeinander  folgenden  Tagen  ausgeftlhrt  worden. 

Die  zweite  Hälfte  jeder  Tabelle  ist  gebildet  durch  die  In- 
formutiuueu,  die  der  l'iiterricht  der  Kinder  lieferte,  wobei  0  das 
Minimum,  100  das  Maximum  einer  willkürlichen  Skala  "ausdrücken. 
Der  «mittlere  Wert«  ist  der  Dmclisi  Imitt  auH  den  Schätzungen  der 
-aogebor.  Tntellig.«  und  des  > Erfolges*^.  Als  Ges.-M.  ist  der  Durcb- 
schmtt  aus  allen  Schätzungen  des  Lehrers  bezeichnet.  Im  ganzen 
ist  ans  diesen  Einzeltabellen  ftlr  unsere  Frage  nicht  viel  zu  ent- 
nehmen, weil  die  Zufälligkeiten  der  Experimente  ond  die  Mängel  der 
angewandten  Wertskala  offenbar  nicht  genügend  aiugegliohen  sind. 

£8  schien  mir  darom  geraten,  allgemeinere  Tabellen  anfanstellen, 
die  nnr  in  großen  Zllgen  die  Vergleichong  swisohen  »Begahong« 
ond  »SoggestibilHllt«  in  meinem  Sinne  ond  zwischen  letitorer  ond 
dem  Alter  der  Vp  darehfbhren.  Diesem  Zwecke  dienen  die  beiden 
Tab.  XXX  ond  XXXI.  Dabei  ist  unter  Begabung  in  Tab.  XXX 
nur  der  »mittlere  Wert«  zu  verstehen,  während  in  Tab.  XXXI 
lieben  diesem,  der  links  aufgel\ihrt  ist,  rechts  das  > Gesamtmittel« 
ans  allen  vom  Lehrer  gefällten  Urteilen  steht*).  Wie  man  sieht, 
wird  dabei  freilich  die  Einteilung  nach  Klassen  autgehoben.  Dieser 
Ubelstand  ließ  sich  jedoch  nicht  wohl  vermeiden  und  wiegt  wohl 
auch  nicht  so  schwer,  wie  der  andere,  daß  die  Begabungsunter- 
sdiiede  nicht  allzu  groß  Bind  ond  sich  nicht  gleichmäßig  auf  die 
▼erschiedenen  Klassen  ond  Alter  verteilen.  Nicht  minder  gehört  zo 
den  MitDgeln  dies»  Versnche,  daB  die  Vp  so  nngettbt  waren  ond 
bei  dem  eingeschlagenen  motorischen  Verfahren  die  Lokalisation 
mit  grOtteren  zniUligen  Fehlern  behaftet  sein  moftte.  Wir  können 
daher  nor  mit  Vorbehalt  die  folgenden  allgemeinen  Ergebnisse  den 
beiden  Tabellen  entnehmen,  die,  weil  sie  sich  in  beiden  zeigen, 
eme  gewisse  Wahrscheinlichkeit  für  sieb  in  Anspruch  nehmen 
dürfen. 


1)  Dm  e  bei  den  OidnongWEifiem  bedeutet  »Zentnlscbole«. 


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t02 


BftTwood  J.  Peuoe» 


Tabelle  XXIII. 
Zweite  Klaaie^  liistitnt  Adin. 


Experfmentelle  Er^bnisae 


Urt«U  dei  Lekmt 


Vor- 
»uchs- 
periuu 

0 

1^*, 

X 

Q 

flnß 
in 
cm 

JQ 
B 

Q 

g 

0 

a 

Mittlerer 
Wert 

- 
0 

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M 

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z. 

J.  U. 

1 

0  8 

2 

i>7.2 

1.8 

! 

8ö,2 

87,4 

2,5 

1,7 

üO 

6d 

57 

50 

70 

50 

Ö7 

C.  A. 

7ö,6 

03 

2 

88.4 

1.0 

8i,a 

0,8 

0,9 

0,49 

60 

eö 

62 

50 

90 

66 

IL  L. 

1 

48,2 

-0,1 

71/sJ.a. 

2 

57,2 

0,4 

1 

1 

3 

77,2 

60,9 

0,4 

0,2 

0,77 

70 

70 

70 

90 

66 

70 

73 

n.  D. 

1 

0,9 

2 

84,4 

o,r. 

a 

80,9 

83,9 

0,9 

0,8 

Ü,82 

1  r,. 

8Ü 

77 
*  • 

75 

00 

75 

73 

Tabelle  XXIV. 

Dritte  Klasse.    Institut  Adam. 


Experimentelle  Ergebnieee 

Urteil  des  Leliren 

Ver- 
rachft- 
penon 

.i 

« .t: 

0 

cn 

Kin- 
HuG 
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cm 

1 

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1 

1  M 

Mittlerer 
Wert 

- 

1 

« 

a 

W.K. 

1 

67,6 

0,6 

81/4  J  ü 

58,1 

0.2 

^ 

0,1 

0,3 

0,74 

ÖO 

70 

60 

ÖO 

95 

68 

K.  V. 

1 

65,0 

8 

8 

66,0 

0,6 

0,6 

1,19 

60 

70 

66 

fiO 

80 

70 

66 

u.  n. 

1 

78.Ö 

0,5 

2 

85,5 

0.8 

8 

8ä,8, 

82,6 

1,1 

0^ 

1,0J 

1  70 

86 

77 

66 

96 

90 

81 

Digittzed  by  Googl 


über  den  Einfloß  von  KebeoieiMii  tof  die  BaiunwiiiraehiiiaiiK.  103 


Tabelle  XXV. 
Vierto  Kiaätie.   iiuätut  Adam. 


SipeiimenteDe  Erf^bnlBse 

Urteil  des  Lebren 

pmon 

1 

o 

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1 

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O 

o 

1 

a 

ja 

1 

s 

5 

K>  IL. 

1 

91.6 

0.7 

2 

Ö6,8 

0,6 

3 

58,2 

08,8 

0,1 

0,5 

0,74 

50 

.tO 

50 

60 

45 

49 

A.  M. 

1 

56.4 

* 

0.1 

2 

65,9 

0,4 

3 

80.8 

67,7 

0,7 

0,4 

0,94 

60 

80 

™ 

75 

7U 

71 

1 

75,0 

0,7 

2 

93,4 

0,7 

8 

77,8 

82,0 

1*0 

0,8 

0,36 

86 

80 

82 

76 

60 

90 

78 

H  W. 

1 

a4,2 

0,7 

2 

95.0 

1,0 

3 

99,4 

<)2.H 

1,2 

1,0 

0,72 

80 

80 

80 

90 

85 

85 

1 

54,0 

0,02 

2 

0,6 

3 

9a,7 

68,8 

0,84 

0,6 

1,68 

90 

90 

90 

90 

90 

90 

90 

Tabelle  XXVI. 
Sechste  Klasse.  Institut  Adam. 


-  Experiinentcllo  Ergebnisse 

Urteil 

<le8  LeUrerb 

Mb- 

1 

» 

'S 

J= 
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>-. 

O 

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1 

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Suez; 

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Mittlerer  j 
1      Wort  1 

.5  a 

C 

i, 

m 

e 
< 

-"y^  

1=*,  M. 

2 
8 

49,0 
61.8 

52,3 

-0.07 
0.05 
0,15 

0,04 

 1 

; 

0,78 

;w 

30 

80 

100 

40 

66 

1 

47.4 
57,9 
92,4 

67,8 

-O.Ol 
0,43 
1,2 

0,5 

1 

0,92 1 

60 

40 

50 

30 

80 

20 

46 

1 
8 

79.6 
94,7 
78,0 

83,4 

0.4 
1,0 
0,4 

0,6 

0.76  ' 

60 

m 

60 

50 

100 

67 

1 

2 
3 

71,3 
74.3 
76.4 

74,0 

0.3 

0.45 

0.7 

0.5 

1 
1 

O.T3| 

76 

60 

67 

90 

100 

80 

81 

W.  H. 

1 

Ii. 

43,9 
75,5 
80,0 

694 

—0.2 
0.6 
0,6 

0,3 

1,08 

1  70 

70 

70 

80 

100 

60 

76 

Digitized  by  Google 


104 


Haywood  J.  Pearce, 


Tabelle  XXVH. 
Dritte  KlMM.  Zentnlichiile. 


• 

Ex))eriuit.fiieUe 

Urteil  dßü  Ltihrers 

V«- 
peiBon 

Ii 
ä 

"SS  .t: 

CC— 

s 

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3 
n 

1 

i 

o 

A.B 
lOJ. ». 

1 
3 

76,7 
HO.l) 

72.0 

0.78 
0,11» 
0.H5 

0,51 

40 

70 

90 

ILE. 
9  J.  &. 

1 
2 
3 

67. 2 

51. ö 

—0.78 
O.HO 
0.25 

-0,08 

1 

50 

50 

im 

r,i 

U.  W. 

1 
3 

77.(; 

(Uil 
1.H5 
1,0<> 

1,U 

1 

! 

1  , 

80 

100 

W.  ä 
8i/«J.a. 

1 

2 

81>.2 
73,5 
K4..') 

H2.4 

0.5*; 

0.55 
0,61 

0,67 

i 

! 

0,64 

80 

90 

1  ^ 

87 

H.8 
8«/j  J. 

1 

i 

H->\) 
95,9 

91,6 

i.o:^ 

1,30 
1.43 

1,24 

0.«9 

90 

90 

100 

93 

Tabelle  XXVin. 
Vierte  Klasse.  Zentralschule. 


Bsperimontnlle  ErgebniBse 

1 

Urtdl  des  Lehren 

tndu- 
penoB 

?  :^ 

-4-» 

w 

Q 

Ein- 
guß 
iu 
cm 

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73 

15 

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1 

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Mittlerer 
1  Wert 

1 

•  =  a 
<  " 

i 

s 

0 

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* 

i 

T  W 

1 

85.0 

0.87 

IJ^  J.  a. 

7B.9 

0.51 

70 

8 

86,5 

82.8 

1.17 

0,85 

65 

60 

62 

66 

90 

HD. 

1 

40.3 

—0.57 

1 

9ViJ.a. 

2 

3:^,2 

—0.19 

3 

58.8 

44,1 

0.41 

—0,12 

1,72 

70 

70 

70 

75 

100 

79 

£.  W. 

1 

59,8 

0.17 

9^/6  J.  a. 

2 

88 

8 

73,6 

66,2 

0.69 

0,43 

0,76 

80 

80 

80 

80 

90 

A.  S. 

1 

94.9 

1.15 

lOJ.a. 

2 

94.2 

1.70 

3 

94.3 

94,4 

1:34 

1,39 

0,75  1 

1  80 

80 

80 

B5 

100 

06 

W.  G 

1 

77.1 

0.55 

1 

91/2  J-  a. 

2 

74,2 

0,80 

Ol 

3 

71,1 

74,1 

0,88 

0,67 

1,08  1 

1  90 

86 

87 

90 

100 

1)  Diete  Bfeihe  wurde  nieht  Toüeiidet  «cgen  einer  StOnuig. 


Digitized  by  Google 


Ober  d«B  Einfloß  tob  Nebennisea  «nf  die  Baumwahtiiehiiniiig.  105 


Tabelle  XXIX. 
Fünfte  KUwe.  Zentnlschnle. 


ExperiiucDteiile  £rgebuiüäü 


Ver- 
»uchs- 
ptteon 

1; 

ä 

1 

r. 

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Ein- 

floß 

in 
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1 

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Mittlerer 
Wert 

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A  S. 

1 

1.44 

2 

I.IV^ 

85 

3 

8.j.Ü 

1,HS 

L4Ö 

0,H3 

50 

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60 

69 

fl-  T. 

1 

0,öö 

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3 

62,6 

(52.7 

0,97 

0,64 

0,88 

55 

55 

55 

50 

75 

Ö9 

J.  B. 

1 

2t  >  s 

—1,1:^ 

2 

— Ü,äl 

60 

100 

77 

8 

Ö9,2 

41.') 

0.13 

—0,50 

1,27 

76 

75 

76 

G.  B. 

1 

67.:^ 

-0,07 

UV«  Ja. 

2 

0,13 

3 

61,1 

0,68 

0,24 

0,51 

75 

75 

75 

90 

lÜÜ 

85 

B.  H. 

— o.6(; 

26.  i 

— 0,Üti 

85 

100 

91 

l 

38,0 

33,3 

-0,19 

-0,50 

0,95 

85 

8ü 

95 

Tabelle  XXX. 

Allgeiueiae  V^ergleichnng  vou  Suggestibilität  uud  Alter. 


Alter  von  6,5—9,9  Jahren 


Vp  IKiaue 


(  A. 
H.  L 
ED. 
W.  K. 
J.  C. 

w.  s. 

H.S. 
K.V. 
H.  W. 
K-  E. 
H.  H 
JLK. 
HD. 
W.  G. 
H.  W. 
E.W. 


Alter 


ProMBt 
Svgieet 


Begabung 


II 
U 
U 

in 
II 

UIc 

nie 

III 
nie 

UIc 

m 
rv 

IVc 

IVc 

IV 

IVc 

IV 


6,6 

7,ö 

7,5 

8,3 

8,6 

8,6 

8,6 

8,7 

9 

9 

8,9 
9,3 
9,6 
9,6 
9J 
9,8 


81,3 
60,9 
83,9 
60,6 
87,4 
82,4 
91,6 
66,0 
77,6 
51,5 
82,6 
68,8 

74,1 
92,K 
66,2 
88,0 


62 
70 
77 
60 
67 
80 
90 
65 
80 
60 
77 
60 
70 
87 
80 
80 


A.M.  I  8,7  I  73,7 


72 


Alter  von  10—13,4  Jahren 


Vp   IKlaesel  Alter 


Proient 


K.  Y. 
A.  B. 

A.  S. 

B.  H. 
A.  M. 
J.  B. 

G.  B 

R.  Vr. 

W.  H. 

H.  T. 
J.  W. 

A.  S- 
K.  W. 
P.M. 

A.a 


IV 

nie 

IVc 

Vc 

IV 

Vc 

Vc 

VI 

VI 

Vc 

IVc 

Vc 

VI 

VI 

VI 


10 
10 
10 

10,3 

10,7 

10,8 

11,3 

11,7 

11,9 

12 

12 

12,3 

12,6 

12,9 

13,4 


68,8 
72,6 

94.4 
33,3 
67,7 
41.5 
H1.1 
e7.8 
B9.4 
62.7 
82,H 

a5.o 

8.S.4 
62,3 
74,0 


B^abong 


90 
40 

80 
85 
70 
75 
75 
50 
70 
55 
62 
;>0 
60 
30 
67 


11,5  I    67,8  I 


65 


Digitized  by  Google 


106  Hajwood  J.  Petroo, 

Tabelle  XXXI. 


AUgemeine  Vergleichung  von  SaggeBtibilität  und  Begabang. 


Geringere  Begabong  | 

(trößere  Uegabunp 

Vp 

KlMBe 

Alter 

Prosent 

Begabung 

Vp 

KlAMe 

Alter 

Provent 
Bnggeet 

Begabung 

J.  ü. 
CA. 
W.K. 
A.B. 
K.E. 
K.  K. 
A.  M. 
J.W. 
M.  D. 

A.a 

H.T. 

F.  M. 
R.  ü. 
K.T. 
R.  W. 
A.G. 
W.H. 
H.  L. 

n 

'?n 

lUo 

mo 

IV 

IV 

IVc 

IVc 

Vo 

Vo 

VI 

VI 

m 

VI 
VI 
VI 

n 

8,6 
6,5 
8,3 
10 
9 

9,3 
10,7 
18 

9,5 
12,3 
18 
12.9 
11,7 

8,7 
12.6 

I. S.4 

II,  9 

87,4 
81.3 
60,6 
72,5 
61,5 
68.8 
67  7 
82.8 
44,1 
85,0 
88,7 
.52,3 
67,8 
86.0 
83,4 
74,0 
69,4 
80,9 

67 

m 

40 
60 
hO 
70 
62 
70 
50 
66 
.30 
50 
66 
60 
67 
70 
70 

67 

68 
67 
67 
49 
71 
70 
79 
59 
59 

46 
65 
67 
81 
76 
73 

H.  W. 
H.K. 

E.  W. 
J.  B. 
H.D. 

II.  n. 

H.8. 
H.  W. 
K.  Y. 

A.  8. 
W.  G. 
Ü.B. 

B.  H. 

nie 

IV 

IVc 
Vo 

n 

III 

lUc 

me 

IV 

IV 

IVo 

IVc 

Vc 

Vc 

9 

9,9 
9.8 

10,8 
7,6 
8,9 
8,6 
8,6 
9,7 

10 

10 
9,6 

11,3 

10,8 

77,6 
82,0 
66,2 
41.5 
83,9 
82,6 
82  4 
91,6 
92,8 
68,8 
94,4 
74,1 
61,1 
83,3 

80  ' 
82  > 
80 

75 

77 
77 
80 
90 
80 
90 
80 
87 
75 
85 

87 
78 
88 

<n 
Tl 

73 
81 

87 
93 
8ö 
90 
86 
91 
86 
91 

A.  M.  1  10^4 

68^ 

1» 

66 

1  9/i 

78^7 

I« 

86 

1.  Die  InteUigenz  einM  IndividnnmB  in  dem  Alter  zwiBoben 
6  und  14  Jahiea  stellt  in  direktem  VerhBltniB  m  seiner  Sn^ 
gestitrilittt  Diese  Benehang  ist  besonders  eisiefaliieii,  wenn 
Onippen  von  sehr  intelligenten  Exndeni  mit  sehr  dummen  ?er- 
gliclien  werden. 

2.  Die  Snggestibilität  der  Schüler  steht  im  nmg^ekehrten  Ver- 
lialtuis  zu  ihrciii  Alter.  Oder  um  diese  Erschciiumg  positiv  aus- 
zudrücken: Der  Widerstand  gegen  den  EiuÜuß  von  Nebenreizen 
wäch«t  mit  dem  Alter. 

So  iüteresBant  beide  Ergebnisse  sind  und  so  mancherlei  Anlaß 
sie  zu  weiteren  Betrachtungen  geben  mögen,  so  wäre  es  doch  bei 
der  Mangelhaftigkeit  dieser  Versuche  verfrüht,  ihnen  nachzugehen. 
Insbesondere  dürfte  es  nicht  angängig  sein,  den  Satz  1  Uber  seine 
unmittelbare  Bedentimg  hinaus  zn  erweitem.  Kiebt  Begabung 
scbieehthini  sondern  eben  die  vem  Lehrer  in  den  anfgefUuten 
Prüdikaten  benrteihe  nnd  beseiefanete  hat  das  gefundene  Verhältnis 
zn  der  BeeinflnBbarkeit  dnreh  Nebenreize.  Man  konnte  die  letztere 
zu  einer  gewissen  Labilität  des  psyehophysisehen  Oigans  in  Be- 
ziehung bringen,  welche  Eigenschaft  doch  nur  eine  gewisse  Seite 


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über  den  EinlfaiG  ▼ob  Nebemeiien  «nf  die  Ranmwahnieluiiiiiig.  107 

der  »Begabung'  darstellt,  zn  der  andererseits  auch  Beharrlichkeit, 
geringe  Ablenkbarkeit,  unbeirrbare  Kouseqiienz  im  Denken  und 
Handein  gehören.  Weitere  Verguclie  müssen  darüber  anfklären, 
inwieweit  derartige  Eigenschaften  sieh  in  dem  Einfloß  von  Neben- 
lebEen  anidrttcken  laseen.  Dabei  winn  dann  zugleich  die  oben 
berührten  Mängel  nneerer  Hlxperimente,  die  ja  not  einen  «nten 
VontoB  nach  diceer  Bichtimg  bedentcn,  tnnlielurt  m  Tenneiden. 

SehlnßbemerkiiBgeiu 

Der  allgemeinste  Schluß,  den  wir  uu»  der  vorangegangenen 
Untersuchung  ziehen  können,  ist  der  auf  die  Relativität  der 
Sinnes  Wahrnehmung.  Dies  ist  ein  Grundsatz,  der  schon  mehr 
^>der  weniger  allgemein  in  der  Psychoingic  anerkannt  ist,  dem  aber, 
wie  ich  glaube,  noch  nicht  die  Bedeutung  gegeben  worden  ist,  die 
er  verdient  Diesem  Grandsatz  gemäß  gibt  es  in  der  Erfahnmg 
keine  absolute  Pcrzeption  irgend  eines  Objekts.  Jede  Wahnehmang 
eathlüt  in  sieh  einen  Komplex  von  Qoalitiiten,  dessen  Elemente 
besthnmt  sind  nicht  allein  dnioh  das  munittelhare  Oljekt  der 
Wahmelimnng,  sondern  auch  durch  andere  Objekte  in  dem  so* 
genannten  Felde  der  Wahmehmnngi  abgesehen  von  reprodnktiyen 
Fdctoren.  Der  EmflnB  umgehender  Oljekte  steht  in  direktem 
Verhältnis  zn  der  GrOße  der  Unterschiedssohwelle.  Im  Falle  des 
Sehens,  wo  die  Schwelle  sehr  klein  ist,  wird  daher  der  Eiuliuß 
der  mngebenden  Objekte  auf  die  Gesichtswahr nehmung  eines  be- 
-  Tnieren  Gegenstandes  sehr  gering,  während  iilr  die  rastempfin- 
üungen,  wo  die  Schwelle  relativ  groß  ist,  der  Einfluß  umgebender 
Gegenstände  anf  die  Wahmehmuig  eines  besonderen  Objekts  ver- 
hähnismäfiig  groß  ist. 

Wie  man  sieht,  handelt  es  sich  hier  nur  um  eine  die  Ranm- 
anifassnng  heeinflossende  Wirkung  Yon  Nehenreizen.  Daß  solche 
auch  andere  Wirkungen  haben,  weiß  man  s.  B.  durch  die  Unter- 
suchungen Ton  Heymans  Uber  psyehisdie  Hemmung  oder  die  Ton 
Bruckner  tther  die  Simultanschwelle  und  die  dabei  zu  beobach- 
tende Snmmationserseheinnng.  Alle  diese  Vorgänge,  die  nur  teil- 
weise  bisher  erkannt  sind,  deuten  wieder  einmal  darauf  hin,  daß 
der  Or^^auiijmus  eine  Einheit  ist,  dessen  einzelne  Teile  in  Wechsel- 
wirkung miteinander  stehen.  Ctrad,  Grenzen  und  Gesetze  dieser 
wecb&elseitigen  Beeiufluflsong  festzustellen  ist  die  Angabe,  die  sich 


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108 


Haywood  J  Pe&roe, 


aus  der  Tatsache  ftir  den  Forecher  von  selbst  ergibt.  Die  physiolo- 
gische oder  gar  physiko-chemisebe  Deutane:  wird  erst  nfirh  Erle- 
diguug  dieser  Aufgabe,  die  auf  dn^  Hilfsmittel  des  Ex|)pri]üeiit.s  äu- 
ge wiesen  ist,  einen  festen  Anhalt  gewinnen ,  der  vor  vagen  und 
nutzlosen  Spekulationen  schützt. 

Sein  deutliches  Analogen  hat  der  Einfluß  von  Kebenreizen  auf 
dem  Qebiet  des  GedttohtoiBsea.  Gleichzeitige  BeprodnktioiiBmotive, 
die  aicb  iintentnfaen  oder  bemmen  oder,  wie  beim  Venpieehen 
nnd  YertoBen,  su  Interferenzwirknngen  Albren,  yerbaltea  sieb  Sbn- 
licb  wie  gleicbseitige  Beize,  die  an  Tenebiedenen  Orton  einer  reis- 
bacen  lUebe  angreifen.  Man  darf  daber  wobl  vermnten,  dafi  der 
wirksame  Meobanimnns  in  beiden  Fftllen  einander  ähnlich  ist,  und 
wird  darin  eine  wertvolle  Be8tlitig:img  der  Annahme  erblicken,  daß 
die  Gedächtniserscheinnngeu  mit  den  Siunesempündungen  tuuda- 
mentale  GcsetzmUBis-keiten  gemein  haben. 

Eine  besondere  Bedeutung  beaiispnicbt  das  Vcrli alten  der  Auf- 
merksamkeit in  unseren  Versuchen.  Der  Begriff  des  Nebenreizes 
sollließt  bereits  eine  gewisse  Rücksicht  darauf  ein.  £b  wird  damit 
angedentet,  daß  der  Hauptreiz  die  Hauptsache  war.  An  ihn  war 
die  Aufgabe  der  Lokalisation,  der  Vergleicbung,  der  Beurteilung 
gebunden.  Der  Nebenreiz  wurde  als  aoleber  niebt  immer  denilißb. 
Darin  lag  ancb  die  Bcbwier^^keit  der  Beobaebtangen  begrOndet, 
weil  die  Yp  eineiseits  sieb  niebt  anf  den  Nebenreiz  konzentrieren 
soUten,  andererseits  ihn  doeb  Tom  Hauptreiz  nntnrsebeiden  mußten. 
Inwiefern  dies  YerbaUen  der  Anfbieiksamkeit  ftbr  die  Yenradie  von 
Wichtigkeit  ist,  müssen  spätere  Experimente  lehren.  Ich  möchte 
nur  noch  bemerken,  tiali  am  l  Brückner  auf  die  Aufmerksamkeit 
als  wesentlich  einwirkenden  Faktor  wiederholt  in  seiner  Arbeit 
über  die  Simultanschwelle  hingewiesen  hat,  und  daß  sie  bei  ihm 
sowie  ])ei  Hejrmans  wahrsobeinlioh  eine  andere  Koiie  gespielt  bat, 
als  bei  uns. 

Endlich  will  ich  nicht  unterlassen  hervorsnbeben,  dafi  bei  allen 
meinen  Versneben  immer  nnr  eine  Biobtnng  des  Einflusses  von 
Nebenieizen  bertteksiohtigt  worden  ist  Wo  lokalisieTende  Bewe- 
gungen angewandt  wurden,  ist  der  Fehler  nur  in  proximaler  oder 
distaler  Biebtnng  gemessen  worden,  und  die  Aussagen  der  Yp  be- 
zogen sieh  bd  den  Yergleiebungai  von  Örtem,  Entfernungen, 
Strecken  auf  Yeriangen  nur  auf  diese  beiden  Richtungen  (»oben« 
bezw.  »unten«].  Tatsächlich  sind  jedoch  auch  Fehler  in  der  ulnaren 


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über  den  Sinfloß  von  Nebenraizen  auf  die  Baitinwaliniehniimff.  100 


nnd  radialen  Kichtnii^'  begaugeü  bezw.  Abweichungen  von  d*  in 
Normalreiz  in  ilmcQ  beobachtet  worden.  Auch  in  diesem  öiime 
maß  ich  meine  Unteranohong  als  ergftnzongsbedttrftig  beseichiieiu 


Naehirort 

Mit  Rücksicht  auf  die  Yerüü'eutlichaog  einer  ähuliebe  Fragen 
behandekiden  Arbeit  ans  dem  Laboratorium  von  Prof.  Stratton  in 
der  Paycholog.  Review  IX  S.  549  ff.  und  auf  die  neneste  Unter- 
sacbnng  der  Mttller-Ly  er 'sehen  Tttnaohong  von  Schamann  in  der 
Zeitiehr.  f.  Psych.  Bd.  30  S.  286  ff.  bemerke  ich,  daß  die  TOiUegende 
Arbeit  bereits  im  Jnli  1902  abgeseUcasen  war  nnd  auf  diese  Pnbli- 
kalienen  nicht  mehr  eingegangen  werden  konnte.  Ben  Plan  zn 
den  hier  mi%eteflten  Eiperimenten  Uber  die  Besiehung  zwischen 
taktilen  nnd  optischen  Tftnschvngen  habe  ich  dem  Verf.  bereits 
im  Oktober  1901  cutwickelt,  und  die  entsprechenden  Versuche  sind 
in  der  hier  dargestellten  systematischen  Folge  der  Hauptsache  nach 
schon  im  Wintersemester  1901/2  ausgeführt  worden.  Als  Ausgangs- 
ponkt  fUr  diesen  Plan  diente  mir  dabei  die  mir  im  Manuskript 
bekannt  gewordene  Untersuchung  des  Verf.  über  Normal  Motor 
Snggestibility,  die  erst  im  Jnliheft  der  Psycholog.  Bot.  Id02  er- 
schienen ist 

J£ttlpe. 


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über  diö  Möglichkeit  einer  Quantität 

der  Tonempfiüdimg. 

Von 

B.  Gaetschenberger. 
Hit  2  Figmen  im  Text 


Es  liegt  schon  Im-e  der  Gedanke  in  der  Luft,  dali  lu  der 
einfachen  Toueiiipliiuiung  vier  Teilinhalte  unterscheidbar  und 
gesondert  varüerhar  seien  nämlich  außer  der  Qualität,  Iiitensitfit 
und  Dauer  der  Eiiiplindnnp:  ncch  deren  Quantität  oder  Fülle, 
ein  Teilinhalt,  der  geeignet  wäre,  als  Keproduktionsmotiv  Air  die 
TorsteUmig  der  Ausdehnung  einer  Tonqaelle  zu  dienen.  Man  darf 
aber  diesen  Gedanken  nicht  aussprechen,  weil  ibm  die  Ohmsche 
These  in  Verbindung  mit  der  Gleichnng  der  SinnaweUe 

s  =  a  sin  n  t  1) 

widerspricht 3).  Die  OhniBehe,  von  Helmholtz^)  auerlLannte  These 
be8a^,  daß  die  einfache  Tonempfinduni::  durch  pen de I artige 
SchwingDng«m  der  Lnft  bedingt  ist,  und  die  Gleichung  1)  b^uptet, 
dafi  diese  Sehwingungen  um  die  unprünglicbe  Gleiebgewiohts-  oder 
Ruhelage  der  Luftteileben  als  Mitte  stattfinden«).  Ist  das  tiehtig, 
80  fehlt  die  physikalische,  daher  auch  die  phynologische  Be- 

1  Sieiie  Stumpf,  Tonpeyehologie.  Bd.L  S.  SlOf.,  Bd.  IL  S^fiOiK,  48601, 

624  ff. 

2  s  die  Elougation  oder  der  Abstand  vom  Schwingangsmittel- 
puukt, 

a  die  halbe  Amplitude, 

n  die  Ansahl  der  la  8  t  Zeiteinbeiten  ToUftthrten  Sehwiagongen, 

t  die  vom  Beginn  der  Bewegung  an  gerechnete  Zeit 
3)  V.  Heimholt  ',  T>if  T  <'hre  von  den  Tonempfindungen.  1896.  S.  97 
4i  Drni!  f  r  Iii  Kuht  laiie  z.ur  7»'it  /  =  0  ist  auch  «  =  0,  d.  Bohelago 
und  Schwiugu.ugamtttel|)uukt  fallen  zuäummou. 


über  die  Möglichkeit  einer  Quuititit  der  Toaempfiadimg. 


III 


dingimg  für  die  Entsteh uii^r  eines  vierten  Teilinhaltes.  Demi  die 
Bestinvnmng:88tttcke  einer  an  bestimmtem  Ort  in  bestimmter  Rich- 
tuner  verlaufenden  Sinuswelle  sind  mit  der  Schwin^^uiig-s/uhl  rcHp. 
WeUealange,  der  Amplitude  nn  l  der  Daner  des  Bestehens  der 
Welle  erschöpft.  Da  diese  drei  schon  alä  Bediu^ongen  fUr  drei 
varüerbare  Teilinhalte  der  Tonempfindung  in  Anspruch  genommen 
und,  so  läßt  sich  aus  keiner  Art  von  Kombination  derselben  ein 
vierter  Tariierbarer  Teilinhalt  ableiten.  Der  Ort  und  die  Biohtnng 
der  Welle  kann  als  Beding^iutg  hierfür  nieht  in  Betraebt  kommen, 
denn  der  letete  Ort  der  WeQe  Ist  das  innere  Ohr  nnd  ihre  Bich- 
tnng  daselbst  immer  die  gleiche.  leb  spreche  hier  nnr  von  der 
einlkehen,  elementsien,  aller  assoraierten  Yorstellnngen  enftleideten 
Tonempfindung,  wie  sie  das  wenige  Wochen  alte  Kind  von  einer 
ruhenden,  in  allen  Stücken  unvcrauderlichen  Tonquelle  her  durch 
Vermittlung  eines  ruhenden  Ohres  erlebt. 

Die  Ohm  sehe  These  allein  widerspricht,  wie  sich  zeigen  wird, 
noch  nicht  der  Möglichkeit  eines  vierten  Teilinbaltes.  Sowohl 
ihrem  Wortlaut  als  ihrem  Sinne  nach  läßt  sie  es  dahingestellt,  ob 
die  Kohelage  oder  irgend  ein  anderer  Punkt  der  Mittelpunkt  der 
Pendelscbwingong  ist  und  ob  ein  Laftteilchen  vom  Beginn  der 
WeUenbewegong  an  oder  erst  spitter  pendelt 

Die  herraohende  Auffassung  verbindet  jedoeh  ndt  der 
Ohm  sehen  These  noeh  die  Ansehaunng,  dafi  die  Bnhelage  des 
Ldtteilchens  der  Sehwingungsmittelpnnkt  sd^}.  Das  bat  aber  fol- 
gende Konsequenzen.  Entweder  mttite  erstens  das  Teildien  seine 
Bewegung  mit  der  maximalen  Geschwindigkeit  beginnen,  die  in 
der  Mitte  der  Schwingungabahn  herrscht,  oder  es  mtlßte  zweitens 
mit  der  Geschwindigkeit  Null  oder  einer  etwas  größeren  beginnen 
und  von  ihr  aus  allmählich  in  die  Geschwindi-keiton  (tborc:ehcn, 
deren  es  bedarf',  nra  zu  pendeln,  oder  es  müßte  drittens  von  Ewig- 
keit hei  in  Schwingung  sein. 

Das  erste  wird  zwar  in  den  Lehrbttchem^J  bei  der  graphischen 


1]  Eine  Aoaiuihme  macht  Kirchhoff  i Vorlesungen  Uber  mathematische 
Physik,  4.  Avil  Bd.  L  S.  819,  Gleiehnng  19),  indem  er  bei  Anftoobimg  der 
Gleiehng  fltr  das  Ges^whidlgkeltspotential  bt  der  TonwsUe  den  Koafains 
tialtthrt. 

2  M  ii  1 1  e  r  -  P  o  u  i  1 1  e  1 8  Lehrbuch  der  Physik.  9.  Aufl.  Bd.  1.  S.  621  u.  624. 
van  ächaik,  Wellenlehre  nnd  Schall,  ä.  63.  War  barg,  Lehrbuch  der  Ex* 
psfiaientalphysik,  1899.  S.  114. 


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112 


B.  GaetaeheDbeigWt 


Darstellung  von  Wellen  angenommen  und  ancb  die  Gleiehnng  1) 
hat  uiitcr  dieser  Annahme  Geltung,  wenn  die  Zeit  /  vom  Bepnn 
der  Bewe{z:ung  an  ^^ercchnet  werden  ßoU,  in  der  Natur  aber  kauu 
dieser  Fall  nicht  \  »rkomnien,  weil  ein  Luftteilchen  als  Bestandteil 
eines  claptischen  Mediums  nud  \  on  chistiHchen  K(5rpem  in  Schwin- 
gung Yeriietzt  keinen  von  Anfang  au  maximalen  Stoß  erfahren 
kann.  Außerdem  ist  eine  im  ersten  Zeitelement  maximale  Ge- 
schwindigkeit eine  Absurdität.  Stellen  wir  den  Gang  der  Ge- 
schwindigkeit dnrch  eine  Kurve  in  einem  lechtwinkeligen  Koordi- 
natwyBtem  dar,  anf  deaaen  AbaciMenaehae  die  Zeiten  abgoiragen 
Bind,  BO  kann  swar  die  Knrre  yom  InikigBpnnkt  ans  eine  Strecke 
weit  in  der  Ordinatenachse  yerlanfen,  TerlftBt  sie  aber  diese,  ao 
kann  daa  nur  mit  snnKcfaat  wachsenden  Ordinaten  geschehen.  Eine 
Knickung  in  der  Ordinatenachse  aber,  von  welcher  ans  die  Ordi- 
naten abnähmen,  ist  undenkbar.  Sollte  die  um  90°  geknickte 
Kurve  die  richtige  Darstellung  des  nattlrlichen  Vorgangs  sein,  m 
jiiiifitp  derHt*ll)e  folgendermaßen  beHciiiicheu  werden:  Die  Gesi  in- 
digkeit  nimmt  während  der  unendlich  kleinen  Zeit  dt  unendlich 
schnell  Ton  Nnll  bis  zu  einem  Maximum  zu,  hört  plötzlich  zu 
wachsen  auf  und  nimmt  dann  in  den  folgenden  Zeitelementen  all- 
mählich ab,  wie  wenn  sie  von  Anfang  an  einer  Kosinusschwingung 
angehört  hätte.  Solche  Vorgänge  gibt  es  in  der  Katar  nicht  Wo 
wir  Ton  ^er  mazhnalen  Anfimgsgeschwindigkeit,  2.  B.  eines  Ge- 
schosses, einer  Billardkugel,  sprechen,  ist  immer  der  tatsächliche 
Anfang  ▼emaehlSssigt  Das  Geschoß  bewegt  sich  im  Lanfe  mit 
Geschwindigkeiten,  die  ¥on  Kall  an  allmählich  das  Maximwm  er- 
reiciien«  Ebenso  bewegt  sich  der  Hittelpankt  einer  BiOardkngel, 
vriUirend  sie  sich  unter  dem  Stoß  einer  andern  abplattet  und  ihre 
frühere  Form  wiedergewinnt.  Mau  Italte  die  Beachtung  solch  klei- 
ner endlicher  Großen,  wie  sie  auf  dem  Gebiete  der  Elastizitilt  vor- 
kommen, nicht  ftlr  tlberfltlssige  Pedanterie  Wenn  wir  uns  mit 
einem  so  subtilen  Gegenstand  überhaupt  wissenschaftlich  befassen 
wollen,  dann  mttsscn  wir  ihm  in  allen  Einzelheiten  die  gleiche 
Sorgfalt  anwenden,  wie  wenn  wir  mit  gewaltigen  astronomischen 
Größen  zn  rechnen  hätten. 

Sollte  daa  zweite  möglich  sein,  so  wäre  die  Tonwelle  zum 
mindesten  während  einer  kurzen  Ansbildnngsseit  keine  SinnsweUe 
vnd  die  Gleiehnng  1)  konnte  nicht  gelten.  Dabei  ist  folgende 
jUtematiTe  zn  beachten.  Je  länger  man  nch  einerseits  die  An»* 


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über  die  Möglichkeit  einer  Quantität  der  Tonempüudung.  113 


büdungBEeit  denkt,  desto  befiriedigender  ttSt  sich  der  rilmihlidie 
Übergang  zur  SiniiBeehwingnng  Tenuueliaiilieheny  ein  mathemati» 
sehee  Gemitt  aber  wiid  nur  dann  yoUkommen  befriedigt  sein,  wenn 

die  Siniuifbnn  sieb  als  Grenze  ergibt,  welcher  die  während  der 
Auftbilduugözeit  herrschende  Form  zustrebt.  Als  Grenzbeiliiigung 
findet  sich  nun,  wenn  das  Teilchen  um  seine  Rnhclage  schwingen 
?oll,  keine  bessere  als  unendliche  Dauer  der  Ausbildungszeit.  Da- 
mit stehen  wir  wieder  im  schärfsten  Widerspruch  mit  der  Natur 
und  mit  der  Ohmschen  These.  Je  kurzer  man  sich  anderseits 
die  Ausbildungszeit  denkt,  desto  schärfer  and  annatttrlicher  iet 
die  Geschwindigkeitsknrye  geknickt,  and  wenn  wir  znr  Grenze 
Natt  der  Anabüdongnteit  ttbeigebeii,  bo  flind  wir  wieder  bei  dem 
zaeiBt  beeproehenen  Fall  aagelaogt  Die  Amiabme  einer  betriebt- 
liehen  GfOBe  der  Anabüdangaieit  fttbrt  in  WideiaprUebe  ndt  nn- 
leren  aknatiflobea  Eriabrangen,  and  ein  jJiber,  sprongförmiger 
Obergang  von  einer  Sebwingangaferm  znr  andern,  wie  er  bei 
kleiner  Ansbildnngszeit  nötig  wäre,  widerstreitet  sowohl  dem  mathe- 
iuatiöchen  Empfinden  als  auch  unseren  Erfahrungen  aul  tieiü  Ge- 
biete der  Elastizität.  Wir  müssen  daher  den  zweiten  Fall  als  on- 
natttrlich  verwirfen. 

Der  dritte  Fall  endlieh  kommt  in  der  Natur  nicht  vor.  Es 
gilt  aber  fUr  ilin  unbedingt  die  Gleichung  1).  Denn  ftlr  eine  von 
£wigkeit  her  bestehende  Welle  kann  jede  beliebige  Lage  mit 
g^cbem  Beebt  oder  Unrecht  als  die  »aiaprUngliebe«  Bobelage 
bewiebnet  werden.  Es  iat  niebt  gestattet,  naeb  Vorgingen  yor 
Beginn  der  Ewigkeit  za  fragen. 

Die  bennebende  Anffaeanng  frlbrt  also  in  Widersprtlcbe  mit 
der  Katar.  Im  zweiten  Fall  bebt  sie  aafi^em  die  Geltung  der 
Glelebang  1)  aaf  In  Widersprttebe  mit  der  Natur  frlbren  aaeb, 
wenn  in  Fällen  angewandt,  in  denen  die  Beziehunjr  zwischen 
Rohela^^e  und  Schwiugungsmittelpuukt  in  Betracht  koiuiiit,  die 
zahlreichen  Gesetze  und  Gleichungen,  deren  Gnindhige  oder  Prä- 
misse die  Gleichung  1)  ist.  Sie  alle  haben  die  (Ttltnne:,  welche 
hypothetischen  Urteilen  zukommt  Das  ganze  hypothetische 
Urteil  kann  die  gleiche  Evidenz  I)e8itzen  wie  jedes  andere  Urteil, 
die  Thesis  allein  aber  gilt  nur,  wenn  die  Hypothesis  gilt.  Ob 
nun  die  Hypotbeeis  gUt,  ist  fUr  die  reine  Mathematik  niebt  yon 
InleraeBe.  Wer  r^ne  Matbematik  aaf  die  Natur  anwenden  will, 
hat  die  HypotbesiB  zu  prüfen  und,  wenn  sie  niebt  gilt,  die  nötigen 


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114 


B.  GMiBGlidiibttger, 


Korrekturen  oder  Anpaasimgen  Tonviielimeii,  wie  es  die  Abcdcht 
der  Toiliegeiideii  Untoisiiehiiiig  ist. 

Soll  die  Ohmiehe  These  aufrecht  erhalten  und  raf^eich  die 
pbyflikaliBofae  MOgliehkeit  des  Vorgangs  berttclDnohtigt  werden,  so 
mnB  ein  anderer  Punkt  als  die  Bnhdage  der  Sohwingung^smittel' 
pnnkt  sein. 

Na  ]j  einer  selteneren  Auffassung  liegt  der  Schwingungs- 
mittelpuiikt  eine  halbe  AmpUtade  (=a)  voa  der  Ruhelage  cutfernt, 
wenn  wir  unter  der  ganzen  Amplitade  f—  2a)  den  größten  Orts- 
unterschied in  der  Sehwin^niugsbalm  ?enttehea.  Die  Tonwelle 
würde  hiemach  der  Gleichung 

8^aeoBnt  2) 

oder,  wenn  y  der  Abstand  ron  der  Ruhelage  ist,  der  Gleiehiing 

y     a(l  —  cos  ut) 

gehorchen.  Das  schemt  insoweit  natttrlicber,  als  das  Lnftteilchen 
seine  Bewegung  mit  der  Qeeehwindigkdt  Kall  beghmen  mid  Yon 
ihr  ans  sofort  in  dne  Pendelschwingung  ttbeigchen  würde.  Eine 
Ausbildnngszeit  der  TonweUe  wlie  nnntttig.  Wenn  uns  aber  eine 
Annahme  natttrlich  scheint,  so  ist  noch  nicht  gesagt,  dafi  sie  in 
der  Natur  gilt.  Kommt  aber  ttberhanpt  eine  der  Gleichungen  1) 
und  2i  in  Betracht,  so  liegt  cj*  nahe,  die  zweite  zu  bevorzugen. 

D  u  h  auch  die  Glcichuni.'  2  liefert  uns  kein  viertes  Bestim- 
mungrtistück  der  Tonwi  lle.  Es  wäre  /.wnr  die  Entfernung  zwischen 
Ruhelage  und  SchwiDguug8mittelp^ukt  fUr  Touwellen  verschiedener 
Amplitude  verschieden,  diese  Entfernung  wäre  aber  stets  durch  die 
lialbe  Amplitade  bestimmt  und  in  der  Gleiehnng  durch  den  Para* 
meter  a  gegeben. 

Trotzdem  wttie  mit  der  Geltung  der  Gleichung  2)  eine  Kleinig- 
keit sn  Onnsten  des  Gedankens  an  einen  vierten  Teilinlialt  der 
Tonempfindung  gewonnen.  Es  ist  nicht  undenkbar,  daß  die  an- 
nelmiende  Entfernung  swischen  Ruhelage  und  Schwingungsmittel- 
punkt die  Entstehungsbedingung  einer  zunehmenden  Quantit&t  der 
Tünempfiuduug  ist.  Die  Gleichung  2  würde  dann  aber  nur  eine 
Abhängigkeit  der  Quantität  der  Empfindung  von  der  Amplitude 
der  Welle  und  ein  Parallelgehen  von  Quantität  und  Intriisität 
der  Knipfindung,  wie  es  z.  B.  hei  Schwebuugeu  zu  l*et>tehen 
scheint,  erklären,  sonst  nichts.   Yariierbarkeit  der  Quantität  bei 


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über  die  Möglichkeit  einer  QuantitSt  der  Tonempfindang.  115 

gliriehbleibeiider  Intensität,  gtoiohbleibeiider  und  Terttaderter  Qoa- 
littt  wftre  MflgesohlosBen. 

Da  nim  die  Gleielivng  1)  in  der  Nalnr  nicht  gelten  kann,  nad  . 
vorliaig  kein  Chmnd  Torliegt,  die  Gleicinmg  2)  anmeikennen,  so 
ist  noeh  an  die  Möglichkeit  in  denken,  daB  weder  die  Rnhelage 
noch  der  durch  a  bestimmte  Punkt  der  Schwingungsmittelpnnkt  ist. 

Ist  die  EDtfcrnnng  zwischen  Ruhelage  und  Schwiugnngsmittel- 
ponkt  weder  0  noch  a,  so  ist  sie  entweder  0  und  <i  (i  oder 
Kehmen  wir  da»  erste  an,  bo  geraten  wir  in  nhiilicbe  Wider- 
spruche mit  der  Natur  und  Erfahrung  wie  im  Falle  der  Entternung 
s  0.  Wir  stunden  zwar  nicht  mehr  vor  der  Absurdität  einer  maxi- 
malen  Anfangsgesehwindigkeit,  mußten  aber  doch  entweder  die  nn- 
mlftsBige  Annahme  einer  Anfangsgeschwindigkeit  >0  oder  die 
eines  mehr  oder  weniger  jiüien  Sprunges  von  einer  Sehwingnngs* 
form  in  die  andere  gelten  lassen,  oder  endUeh  annehmen,  cUiß 
jede  TonweUe  Yon  Ewigkeit  her  besteht.  Je  kleiner  wir  die  An- 
fangsgeschwindigkeit annehmen,  desto  mehr  nUhem  wir  nns  dem 
sebon  besprochenen  Fall  der  Gleichung  2). 

Nehmen  wir  aber  an,  die  Entfernung  sei  >o,  so  bedarf  die 
Tonwelle  einer  Aubbildungszeit,  während  welcher  die  Scbwin- 
gang  eines  Luftteilchens  nicht  pendelartig  ist.  Diese  Annahme 
seheint  nicht  minder  natürlich  als  die  üleicliung  21  Vor  allem 
wäre  hiermit  die  Möglichkeit  eines  Grenzüberganges  von  einer 
ßchwingungsform  in  die  andere  gegeben. 

Wir  kommen  also  vorläufig  zu  folgendem  Kesnltat: 

Bedarf  die  Tonwelle  keiner  Ausbildnngsaeit,  so  ist  die  einzige 
natttrheke  Annahme  die,  daß  der  Schwingnngsmittelpnnkt  eine  halbe 
An^Utnde  yon  der  Rnhehige  entfernt  liegt  Es  gflt  dann  die  Glei- 
ehnng  2).  Bedarf  aber  die  Tonwelle  ehier  Ansbildnngsieit,  so  ist 
es  am  naltirliohsten  anznnehmen,  daB  der  Schwingungsmittelpnnkt 
nach  dieser  Zeit  in  einer  Entfemnng  >>a  yon  der  Rnhelage  ge- 
legen ist  Es  gilt  dann  weder  die  Gleichung  1}  noch  2).  Im  ersten 
EaU  wäre  die  für  diu  ganze  Dauer  der  Bewegung  eines  Luft- 
teilchens entworfene  Schwingungskurve  eine  Kosinuskurve,  im  zwei- 
ten Fall  aber  weder  eine  Sinus-  noeh  eine  Koöinuskurve,  nur  daö 
gleichförmige  MittclstUck  derselhcu  könnte  unter  horizontaler  und 
vertikaler  Verlegung  des  Koordinateusystems  Sinuskurve  genannt 
werden,  vorausgesetzt,  daß  die  Amplitude  nicht  yariiert.  Die  0hm- 
sche  These  aber  bliebe  nicht  nnr  im  ersten,  sondern  anoh  im  zwei» 

8» 


Üigiiizeü  by  <jüOgIe 


116 


B.  G«etMli6iib<rg«r, 


ten  Fall  unangetastet,  wenn  wjOirend  der  AnsbildungBzeit  der  Ton- 
welle  auch  die  Tr»ncmptiuduug  uoch  nicht  ausp  liildet  ist. 

lülleines  Wissens  iBt  die  Frage  nach  der  Beziehung  zwischen 
ftuhelage  and  Schwingungsmittelpiinkt  noch  nicht  entschieden 
oder,  wie  die  herrschende  Auffassung  seigt,  nur  für  Fälle  ent- 
sehiedesi  die  in  der  Katar  nieht  TorkoBuneii.  lob  miiB  datier  eine 
Ltteke  in  der  Aknetik  annehmen.  Mit  dieser  eittffiiet  «ieh  trotz 
äkier  UnBefaeinbaikeit  die  AnsBidit  anf  die  Entdeeknng  einei  vier- 
ten BeBtinunungaatUekea  der  Tcmwelle  nnd  anf  den  NaehweiB  eines 
▼iertea  TeflinhaHes  der  einfachen  TonempÜndnng.  Wenn  nSmlieh 
eine  AusbildungBzeit  bestehen  sollte,  so  läge  die  Möglichkeit  vor, 
daß  während  derselben  Veränderungen  in  der  räumlichen  Anord- 
nung der  Schwingungsmittelpunkte  stattfinden,  Veränderungen,  die 
nach  der  Ausbildungszeit  konstant  bleiben.  Daran  sciiließt  sich 
(iie  Möglichkeit,  dass  diose  Verändoriingen  ftir  das  Gehörorgan 
nicht  gleichgtütig  sind  und  eiuc  Bedingung  fUr  die  EntBtehiing  einer 
Quantität  der  TonempfiDdung  abgeben. 

Ich  gedenke  nun  im  Nachfolgenden  ftlr  den  £inen  cn  beweisen, 
fto  den  Anderen  wenigstena  wabraoheinlich  zn  maeben  —  objektiy 
eiehere  Beweise  gibt  ea  ja  nieht  — ,  dafi  die  Ton  einem  sekwin- 
genden  KISrper  in  die  Lnfk  anagebende  Tonwelle  ebier  Anabü«- 
dnngnseit  bedarf,  während  welcher  sie  weder  eine  Sinns-  noch 
eine  Kosinnswelle  ist,  nnd  dafi  die  Lage  des  Sobwingungsmittel- 
pnnktes  ftlr  ein  Teiloben  in  der  ausgebildeten  Welle  weder  die 
Ruhelage  noch  eine  durch  die  halbe  Amplitude  bestimmte  ist.  sou- 
dem  hauptsächlich  von  der  Größe  der  wirksamen  Körper- 
oberfläche abhängt.  Da  ich  jedoch  nicht  über  absolute  Zahlen 
veiftlge.  so  muß  ich  es  dahingestellt  sein  lassen,  ob  die  Aus- 
bildungszeit und  die  Verschiebung  der  Schwingungsmittelpunkte 
zu  den  mefi baren  Grüften  gehört.  Ist  das  nicht  der  Fall,  so 
müssen  wir  wohl  aneh  anf  die  Existenz  einer  Quantitit  der  ele- 
mentaren Tonempfindnng  Tcnicbten.  Im  Ansebloß  an  den  Beweis 
mochte  ieb  meinen  Yeirnntongea  ttber  die  wMbrend  der  Ansbil- 
dnngsadt  herrscbende  Sdiwingongsform  Banm  geben  nnd  die 
wichtigsten  Eonseqnenzen  fltr  Physiologie  nnd  Psychologie  ziehen. 
Ich  Tcnnag  den  ansftlhrliohen  Beweis  nnr  in  anschanliober  Form 
zn  geben,  seine  abstrakte  nnd  exakte  Fassung  muß  Mathematikeni 
Torbehalten  bleiben.  !Nur  eine  Andeutung  zur  abstrakten  Fassung 
kann  ich  beigeben. 


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über  die  lUtgUohkett  emer  Qtuntitit  der  Tonerapfindaaiff.  117 

Ich  vserdi'  deu  Beweis  möglichst  allg:emem  halten,  ao  daß  er 
zahlreiche  spezielle  Möglichkeiten  einschließt  Um  ilin  außerdem 
tonliehst  kurz  und  durchsii  htig  halten  zu  können,  möchte  ich  vor- 
her seine  Prämissen  besprechen  und  feötsteüen,  welche  Fragen 
offen  bleiben  and  welche  provisorischen  Annahmen  eingeführt  wer- 
den dürfen,  ohne  daß  die  Beweiskraft  leidet. 

Unter  einem  Körper  yefstehe  ich  hier  ein  festes  Aggregat  klein- 
ttor  Teüehen,  gegen  deBwn  Mmm  die  MaMe  eines  LuflteilidienB 
▼eraeliwindet  Da  das  akastüMsh  Wirkaame  am  flohwingenden  KOrper 
im  aU^meinen  di^enigen  Begienzangaflliehen  Bind,  weleke  nieht 
panllel  rar  Sekinngiuigsriektnng  liegen,  and  die  Wirksamkeit  ge- 
krümmter Fliehen  anf  diejenige  einer  Ebene  snrttekfttbrbar  ist, 
so  genügt  es,  wenn  wir  die  Wirkuig  einer  starren  Ebene  auf  ein 
Luftteilchen  untersuchen,  und  hier  wieder  genügt  es.  wenn  wir 
uns  uul  die  Wirkung  einer  senkrecht  zu  ihrer  eigenen  Lage  schwin- 
genden kreisförmigen  Ebene  auf  ein  senkrecht  vor  ihrem  Mittel- 
punkte gelegenes  Teilchen  beschränken  i\ 

Man  wird  Iraireii :  Sind  derartige  Untersuchungen  niclit  schon 
längst,  wenigstens  tUr  Lichtwellen,  ausgeführt  worden?  Aller- 
dings. Fresnel  untersuchte  unter  Anwendung  des  Huyghena- 
sehen  Prinzips  die  Wirkung  einer  kugelförmigen  Wellenfiftehe»  deren 
Erreger  ein  eehwingender  Punkt  ist,  anf  einen  Tor  derselben  ge- 
legenen Punkt  Eine  WeOenfliche  kann  nun  zwar  nicht  immer 
gldehgeeetat  werden  einer  starren  Fttche,  denn  die  Ponkte  einer 
kngellbrmigen  lAftweflenflUehe  schwingen  radial»  die  euier  kugel- 
ft^nnigen,  t5nenden,  starren  BUehe  dagegen  parallel;  außerdem 
ist  es  vielleicht  nicht  ganz  einerlei,  ob  die  tönende  Fläche  ans 
Hulz,  Metall  oder  aber  au«  Lulttcilehen  l)esteht.  Aber  wenn  wir 
den  Kugelradius  unendlich  werden  lasseu,  wird  sich  eine  Wellen- 
flärbe  wenigstens  ungefilhr  wie  eine  stnrre  Fläche  verhalten. 
Fresncls  Untersuchungen  sind  später  vun  Kirchhoff''  präzisirrt 
worden  und  wurden  auf  Weileuflächen  von  verschiedener  Form 
ansgedehnt  Bei  Verdet')  findet  sich  |ein  Kapitel  Uber  die  Wir- 
kung einer  ebenen  Wdle  auf  einen  Pnnkt  mit  dem  Ergebnis:  >£)ie 

11  Ich  laeie  die  Schwingnngen  der  Laftmassen  an  den  Öflhnngen  der 

Pf«:ifen  nnd  Sirenen  unberücksichtif^t,  weil  dir  für  die  starre  Ebene  gefiin- 
denea  Resultate  «irh  leicht  auf  dieac  Luftmassen  übertragen  lassen. 

2)  G.  Kirchhotl,  Vorlesongen  über  mathematische  Optik. 

S)  Ve r  de  t,  Yoriesongea  ttber  die  WeUentheorie  des  Uchtes.  Bd.  L  S.  lS7f  . 


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118 


B.  GMtMiieiiberger, 


von  einer  unendlich  aasgedehnten  ebenen  Welle  auf  einen  äußeieii 
Punkt  r  übertragene  Geschwindigkeit  reduziert  sich  merklich  auf 
die  Hälfte  der  von  einem  kleinen  Teil  der  Welle  herrtthrenden 
Geflohwiudigkeit,  welcher  durch  eine  Kreifiliiiie  begrenzt  ist,  deren 

Punkte  Ton  P  am  ^  weiter  abBteheo  als  der  Pol«  Ist  die  Ebene 

endlich,  so  kommt  noch  die  von  einem  Teil  der  äußersten  Zone 
herrührende  Gesehwindigkeit  in  Rechnung. 

Untersoehungen,  deren  G^nstand  dem  unseren  sehr  iUmiieh 
ist,  liegen  also  taisllehlicb  vor  nnd  haben  an  unangreifbaren  Besnl- 
taten  gefthrt  Es  wird  sieh  aber  nnten  klar  herausstellen,  daß 
diese  Resultate,  wenn  in  die  Akustik  ttbertnigeni  im  besten  Fall 
nur  auf  efaie  Yon  Ewigkeit  her  bestehende  Wellenbewegung 
beii^bar  sind.  Die  Untenmehmig  einer  In  der  Zeit  begnmenden 
longitndinalen  Wellenbewegung  fuhrt  zu  eiuem  durchaus  anderen 
Resultat.  Außerdem  bedurfte  die  Übertragung  des  Ihi}^hen8- 
Frcsn  eischen  Prinzips  in  die  Akustik  einiger  Vorsicht,  namentlich 
insofern,  als  bei  der  Rechnung  mit  Schallwelleurdngcn  manche 
Ausdrucke,  die  bei  der  Reehnung  mit  LiphtwcUenlängen  vernach- 
lässigt zu  werden  pflegen,  sehr  erhebliche  Werte  annehmen,  z.  B. 
Es  ist  eine  unerhörte  Nachlässigkeit^  wenn  dasHuyghens-Fres* 
ne Ische  Prinzip  in  der  Akustik  zu  dem  Zwecke  verwendet  wird» 
sn  salgen,  »daft  wir  auf  den  Biehtnngsunteisohied  der  nsammeii;- 
tieffonden  Sch?ringungen  meht  Rttekneht  an  nehmen  bianehen«, 
weil  die  Sehwingungen  ans  den  benachbarten  Zonen  »hniner  naheaa 
einander  |Munülel<  suid,  und  daB  ftr  den  äuBeren  Punkt  nur  die 
HitUle  der  Wirkung  abrigbldbt,  welche  »aus  der  unmittelbaren 
Nähe«  des  Poles  hervorgeht*).  Das  mag  ftlr  Licbtwellenlängen 
gelten,  aber  beUen  wir  einen  praktisihcu  Fall  iu  der  Akustik! 
Der  Radius  der  Wellenfläche  betrage  1  m,  die  Wellenlänge  sei  die 
des  der  eingestrichenen  Oktave,  also  ungefähr  1  ni,  und  der  zu 
unterHuchende  Punkt  sei  1  m  vom  Pol  entfernt.  Dan  ist  eine  Größen- 
zusammenstellung ,  die  wir  alle  Tage  beobachten  können.  Hier 
schließen  die  aus  der  1.  nnd  2.  Zone  stammenden  Schwingungs- 
richtungen,  die  »nahezu  einander  parallele  sein  sollen,  Winkel  bis 
au  29"  ein,  und  der  FltteheninhaH  der  halben  eisten  Zone  betrugt 
nicht  ganz  1  m*,  die  »unmittelbare  Kähe«  des  Poles  umlaBt  dem- 

1)  U.  Klein,  Theorie  der  tilastizität,  Akustik  und  Optik.  Leipzig  1Ö77. 

am 


.  j     .  >  y  Google 


über  die  Mügiiehkeit  einer  Quantität  der  Tonempfindong.  119 

Dieb  fast  2  m^.  Man  dttrfte  daber  die  seiliUelieii  ElemenfafweUen 

in  der  Aknstik  auf  keinen  Fall  yeniaehlSsgigen,  ja,  sie  können 
vielleiebt  dazu  (lieneu,  uns  über  das  hypothetische  Zustandekummun 
der  Schwingnng  eines  Luftteilcheiis  xu.  belehreu,  dessen  Erreger 
dn  einziges  Luftteilchen  ist,  von  dem  eine  Kugelwelle  ansieht. 

Es  ist  keine  ausgemachte  und  selbstverständliche  Sache,  daß 
die  Ebene,  von  welcher,  sei  es  sofort  oder  nach  einer  Anäbildungs- 
ieii|  eine  Tonwelle  ausgeben  Boll,  selbst  pendeln  muß.  Wir  wiaaen 
iwar,  daß  die  Schvvingangen  einer  Stimmgabel  nabexu  pendel-* 
artig  und  und  daß  man  in  einiger  Entfernung  Ton  ibr  siebend 
eme  einiacbe  Tonempfindnng  erlebt  Wir  wi«wn  aneb,  daß  die 
Laltsebwingnngen,  websbe  von  einem  in  komplizierter  Form  wbwin- 
genden  Körper  aiui§;dien,  rieb  dnreb  Besonatoren  in  lablreiebe 
PeitialBebwingangeD  zerlegen  lassen  nnd  naeb  Fonrier  ane  Fendel- 
Bchwingnngen  zusammengesetzt  gedacht  werden  können.  Ein  Fall 
jedoch,  in  welchem  ein  Körper  durch  eigene  Aufzeichnung  sich 
als  genau  pendelnd  legitimiert  hatte  und  zugleich  unabhängig  von 
der  Empfindung  der  Nachweis  erbracht  worden  wsire.  daß  die 
Lnftschwingnngen  genau  pendelnd  sind,  ist  mir  nicht  bekannt.  Es 
läßt  sich  aber  ans  dem  vorhandenen  Material  mit  genügender  Wahr- 
sebeinliehkeit  schiießeni  daß,  wenn  auch  nicht  jede  Tonwelle  ron 
einer  pendelnden  Ebene,  so  doeb  von  dem  Mittelpunkte  einer  jeden 
genügend  aebnell  senkrecht  zn  ihrer  Lage  pendelnden  Ebene  in 
der  Sebwingongeriebtung  eine  Tonwelle,  jedocb  mit  noob  unbe- 
kannten Bebwbigiingamiltdpankten  und  nadi  unbekannter  Zeit,  aus- 
geht  FOr  den  Beweis  soll  das  angenommen  werden.  Es  wird 
sieb  jedoeb  zeigen,  daß  es  für  uns  weniger  daianf  ankommt,  daß 
die  Ebene  pendelt,  als  vielmehr  daranf,  daß  es  eine  Ebene, 
allgemeiner  eine  Fläche,  ist.  Es  kann  .statt  der  »peudcluden  Ebene« 
ohne  Schaden  ftir  den  Beweis  eingeführt  werden:  >Eine  Ebene, 
welche  derartig  schwingt,  daß  ein  in  einiger  Entfernung  vor 
ihrer  Mitte  gelegenes  Teilchen  frtihcr  oder  später  pendelt.«  Dabei 
mache  ich  nur  die  eine  beschränkende  Annahme,  daß  die  Dauer 
einer  Hin*  nnd  die  einer  Herschwingeng  die  gleiche,  also  ^  T,  ist 

Ich  nehme  femer  an,  daß,  wenn  eüi  einziges  pendelndes 
LaftteQehen  Erreger  flir  ebie  Kugelwelle  wäre,  ancb  ein  entferntes 
in  der  Sebwingungsricbtong  geisgenes  Teileben  pendebi  mflDte. 
Diese  Auoabme  ist  möglieherweise  falseb,  Insofern  vlelleiebt  eine 
aus  LuiUeilcben  bestehende  Minimalflftebe  nötig  wSre,  damit 


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120 


£.  Gaetachenberger, 


das  entfernte  Tettehen  pendelt  Anfierdem  Ist  ea  wieder  melit 
flieheTf  ob  der  Erreger  aelbet  pendeln  miiB.  Die  Kirehhoffflche 
Gleichung  ftr  das  GeeebwindigkeitBpoteDtial  in  der  Tonwelle 

scheint  Uber  beide  Fragen  keinen  zuverlässigen  Anfschluß  geben 
zu  können,  weil  sie  zufolge  der  Art,  wie  sie  gefunden  wird,  nur 
fhr  sehr  große  Werte  von  fUr  unendlich  Icloine  Geschwindig- 
keiten und  unendlich  kleine  Druckänderungen  gilt,  demnach  nicht 
als  der  exakte  Ausdruck  eines  nattlrlichen  Vorganges  aufgefaßt 
werden  kann.  Sollte  meine  Annahme  Filsch  sein,  so  fiele  damit 
der  Beweis  noch  nicht  um,  sondern  bedurfte  nnr  einer  nnbeden- 
tenden  Korrektur,  die  ich  später  andeuten  werde. 

Es  sei  bei  dieaer  Gelegenheit  daran  erinnert,  daß  die  Ampli- 
tnde  eines  in  der  Sehwingnngsiiohtnng  gelegenen  Tellehens  bedeu- 
tend kleiner  ist  als  die  des  einilgen  erregenden  Teilchens,  weil 
die  Ton  dem  letxteren  in  der  Zeiteinheit  abgegebene  Energie  In 
der  Zeitdnheit  efaie  ganze  Kugelflftehe  passiert. 

Eine  fllr  den  Beweis  gleiohgtlltige  Annahme  ist  es  femer,  wenn 
ich  die  Ebene  mit  der  Gebchwiudigkeit  Null  iiud  von  ihrer  >Kuhe- 
läge«  aus  zu  pendeln  beginnen  lasse,  so  daß  sie  koaiuusförmijj: 
schwingt.  Ich  tue  das  nur,  weil  ich  in  der  Natur  keine  andere 
M  f^dichkeit  finde.  Es  darf  aber  uiclit  Ubersehen  werden,  daß  der 
Ausdruck  > Gleichgewichts-  oder  Ruhelage«  zweideutig  ist  Man 
muß  ein  Pendel,  z.  B.  in  der  Mach  sehen  Wellenmaschine,  zu  einer 
Gleiobgewiohts-  oder  Bnhelage  in  erster  Bedentang  erheben  und 
▼on  dieser  ans  kMlassen,  wenn  es  von  An&ag  pendeln  soll;  es 
pendelt  dann  um  seine  Gleichgewichts-  oder  Ruhelage  in  zweiter 
Bedeutung.  In  Anbetracht  dieser  Zweideutigkett  soll  angenommen 
werden,  die  Ebene  befinde  sieh,  heyor  sie  an  pendeln  beginnt,  in 
einer  Bnhelage  in  erster  Bedeutung  oder  in  »Aussehlagstellung«. 
Unter  der  Bnhelage  der  Lnfttellchen  ist  dann  diejenige  Lage  zu 
verstehen,  welche  sie  angenommen  haben,  nachdem  die  Ebene 
längere  Zeit  in  Ausschlagstellung  gestanden  hat.  Die  unregelmäßige 
Luftströmung,  welche  stattfand,  wahrend  und  nachdem  die  Kbene 
in  Ausschlagstellong  gebracht  wurde,  kann  nicht  zu  den  Be- 


1)  Kirchhoff.  VorleflnnL'on  Uber  mathematische  Physik.  4.  Anfl.  Rd  I 
S.  319.  Gleichung  21  .  loli  kann  übrigens  die  Möglichkeit  nicht  ausschlielieu, 
daß  diese  Gleichung  iiuplicite  die  Lösung  unseres  Problems  schon  enthält. 
DaoB  wXre  es  nnr  in  bedanora,  da0  Pl^ik,  Physiologie  and  Pjqpisholosie 
noch  nieht  die  KouMqoanaea  gMogea  haben. 


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über  cUe  Möglichkeit  einer  Quantität  der  Tonempfindung.  121 

wegongen  in  der  Tonwelle  gerechnet  werden.  Diese  Festaetmog 

ist  insofern  nebensächlich,  als  der  Beweis  sich  mit  einigen  zeit- 

Uchen  Verschiebungen  ebensogut  mit  einer  Ebene  fuhren  ließe, 
welche  mit  maximaler  uder  anderer  Geschwindigkeit  zu  pendeln 
beginnt. 

Wenn  eine  Ebene  von  links  nach  rechts  zu  pendeln  beginnt, 
80  übt  sie  auf  die  rechts  anliegende  Luft  eine  Gesamtwirkung  aas, 
die  man  sieh  in  eine  Reihe  sehr  kurzer  Stöße  oder  Drucke  zerl^ 
denken  kann,  welche  eine  Viertelperiode  lang  zunehmende,  dann 
eine  Viertelperiode  lang  abnehmende  Kraft  besitien.  leb  nehme 
an,  daß  die  Fortpflanzmigigesebwindigkeit  aller  dieser  Stfffie  die 
gleiche  ist  SelbstveisMndlieh  ist  das  nicht.  Demi  die  Fort- 
pflansnsigsgesebwindigkeit  hSqgt  Ton  dem  Onotienton  ans  Elastudtit 
mid  Dichte  ab.  Der  zweite  Ste0  trifft  Luft  von  anderer  ElafltizitSt 
and  Dichte  als  der  erste.  Da  aber  der  Wert  des  Qnotienten  ftlr 
die  Fortpflanzung  des  Schalles  trotz  wechselnder  Barometerstände 
unverändert  l)leibt.  so  darf  das  Gleiche  auch  ftir  die  einzelnen 
ätöße  trotz  wechselnden  Gegendruckes  angeuommeu  werden. 

I 

Um  das  Material  der  starren  Ebene  unberücksichtigt  lassen  zu 
können,  setze  ich  den  hjrpothetischen  Fall,  daß  sie  aus  Luftteilchen  • 
bestehe,  also  gleichwertig  sei  einer  ebenen  Wellenflächc,  deren 
Erreger  eine  Ebene  von  irgend  welchem  Material  ist.  Sollte  das 
Msfterial  gldebgttltig  sein,  so  kann  die  WeilenflKche  als  Zwisehen- 
tiiger  weggelassen  werden. 

loh  komme  nun  sn  einer  eigentliehen  Primisse,  von  welcher 
der  Beweis  wesentlieh  abhSngt.  Sie  lautet:  Lnft  abt  an  Lnft 
keinen  Zng  ans.  KalOrlieh  ist  dabei  nor  an  den  gasförmigen 
Znttand  gedacht  Dafi  bei  genügender  gegenseitiger  Annäherung 
der  Luftteilchen  unter  hohem  Druck  und  bei  großer  Kälte  der  Satz 
zu  gelten  aufhört,  ist  hier  belanglos.  Die  gasförmige  Luft  äußert 
nur  jene  eine  Kraft,  welche  der  Kompression  Widerstand  leistet, 
mag  man  sie  nun  die  Kraft  der  Elastizität  oder  der  molekularen 
Abstoßung  oder  den  Gasdruck  oder  die  Expansionskraft  oder  die 
Spannkraft  nennen.  Scheinbarer  Zug  ist  immer  Druck  von  der 
Gegenseite  und  der  Ausgleich  von  Druckunterschieden  erfolgt  anr 
miter  der  Herrschaft  eines  Dmckes.  Der  Sats  ist  swar  nienuds 
aogefoehten  worden,  aber  man  findet  nicht  selten  Darstelhings- 
weisen,  namentüoh  in  Lehrbttehem,  welche  dem  Leser  die  Existenz 
eines  Znges  im  Suine  einer  positiTcn,  dem  Dmck  antagonisttsehen 


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R.  GieteehenbeiKer, 


Kraft  Yorfilnschen.  Man  kann  da  etwa  lesen:  Schwingt  der  Schall- 
erreger  nach  rechts,  m  komprimiert  er  die  rechts  anliegende  Luft, 
die  Kuiiipresöiün  sehreitet  fort;  schwingt  er  nach  links,  so  wird 
die  rechts  anliegende  Luft  nach  links  »gerissen«'!.  Ks  kauu  sich 
da  nur  um  eine  nicht  ganz  glückliche  Veranschjuili  hmig  oder  Um- 
schreibung des  Tatbestandes  handeln.  Die  Kräfte^  welche  in 
Wahrheit  auf  ein  Teilchen  in  der  Luftwelle  wirken,  sind  einerseits 
StOfie  oder  Drucke,  anderseits  RUcksti^fie  oder  Gegendrücke.  Im 
Beweis  soll  nur  aUgemein  Ton  Wirkmigeii  mid  GegeDwirkuqgeD 
gegproehen  werden. 

Es  ist  bekannt,  dafi  der  Stoft  oder  Draek,  den  ein  in  be- 
stimmter Bichtang  sehwingendes  Teilehen  ansttbti  rieb  nicbt  nnr 
in  dieser  Riebtung  fortpftanxt,  sondern  anob  in  sdirSgen  Biebtnngen 
sieh  verteilt,  daß  jedoch  die  Wirkung  in  der  Dmekriebtung  am 
größten  ist  und  mit  der  Abweichung  von  dieser  abnimmt  Auf 
dieser  Druck  Verteilung  beruht  sowohl  die  Kreuzung  der  Wellen, 
als  uucit  die  Superpositiou  in  der  Interferenzlinie.  Wenn  wir  also 
eine  starre  Ebene  senkrecht  zu  ihrer  Laire  schwingen  lassen,  so 
darf  nicht  angenommen  werden,  daß  die  Teilchen  einer  parallel 
vor  ihr  gelegenen  Ebene  nur  senkrechte  Drucke  erhalten;  sie  er- 
halten vielmehr  auch  seitliche  Drucke,  die  aber  um  so  schwächer 
sind,  je  schräger  sie  eintreffen.  Naeh  welchem  Qesets  sieh  der 
Druck  mit  der  Abweichung  von  der  Sehwingangsriehtnng  indert, 
ist  mir  nicbt  bekannt  imd  ist  ftr  den  Beweis  nebensftehHcb.  Ver- 
mntlich  ninunk  er  proportional  dem  Qnadrsi  des  Kosinns  des  Ab- 
weicbangswinkels  ^  ab,  wie  das  nach  Eirebhoff*)  ftr  die  In- 
tensitSt  gilt,  wenn  dne  kirine  Kugel  schwingt 

Ee  ist  auch  bekannt,  daß  die  seitlichen  Wirkungen  abnehmen 
mit  zunehmender  Entfernung  der  Zone,  aus  welcher  sie  kommen. 
Es  genügt  aber  wahrscheinlich  nicht  die  Verdet'sche  Annahme*), 
daß  «io  einfach  proportional  zu  dieser  Entfernnni;  abnehmen. 
Berücksichtigt  man  im  Gegensatz  zu  Verde t  bei  der  Berechnung 
der  Flächeninhalte  der  Zonen  die  Quadrate  der  Wellenlibigen  und 
setzt  man  die  seitlichen  Wirkungen  gerade  proportional  dem 
Flächeninhalt  der  Zone  and  dem  cos'  ^  and  umgekclirt  proportional 
der  Entfemong  der  Zone,  so  erblÜt  man  eine  kaam  meiUicbe  Ab- 

1  Müller-Pouilk'ts  Lehrbucli  (Ut  Phvf^ik.  9.  Anfl.  Bd.  1.  S.  6U. 
2,  Kircbbül't',  VorlcbUDgeu  über  maui.  i'hymk.  8.320. 

3)  a.  a.  0.  8. 127. 


Digiii^cu  by  Ct. 


über  die  XOgliohkeit  einer  Quaiititit  d«r  Tonenpfiiidiiiig.  123 


naiime.  Erst  wenn  man  das  Quadrat  der  Entfernung  einführt,  wird 
die  Abnahme  einigermaßen  glaubhaft.  Indessen  ist  ftlr  nnsem 
Beweies  nifht8  daran  g-eletren,  wie  die  seitlichen  Wirkungen  Ab- 
nehmen, wir  brauchen  nur  zu  wissen,  daß  sie  abnehmen. 

Überhaupt  sind  i\ir  den  angektlndigten  Beweis,  mit  welchem  ich 
jetzt  beginnen  kann,  keine  Berecluinnf;en,  londem  nur  ein&ohe 
MitBebe  Betraobtnngen  nStig. 

En  sei  ^  (Fig.  1)  der  Dorehidinitt  der  bereits  ehniakteriiierten 
Ebene.  Diese  beginnt  mit  der  Gesebwindigkeit  Knll  eenkieobt  sn 
Ihrer  Lege  von  linke  naeb  leebte')  zn  pendein.  Die  WeUenlänge 
sei  CD^h  Die  Strecken  ED^FD  betragen  l'/s  K  ^^BD  2  A. 
Wir  betrachten  die  Wip- 
^ung  der  Ebene  auf  ein  iu 
D  [Telegenes  Luftteilchen. 
Die  Auiplitade  sowohl  der 
Ebene  als  des  Teilcbeiis 
sei  gegen  die  Wellenlänge 
rereebwindend  klein,  wie 
es  ja  bei  Schallwellen 
meiifeene  der  Fall  ist  Wir 
kOanen  alao  mit  einem  ver- 
lebwnidend  kleinen  Febler 

die  b«  relativen  VerecUebiingen  des  Pnnktes  D  entstebenden 
Winkel-  und  DistansTeriadeningen  yemadütaigen.  Die  Sebwin^ 
imngen  des  Teilebens  finden  dann  soznsagen  Inneibalb  dee  mate- 
riellen Punktes  D  statt  und  könnten  dort  nur  mikroskopisch  wahr- 
genommen werden.  Wir  rechnen  die  Zeit  t  \om  Beginn  der 
Bewehrung  an  nnd  messen  sie  mit  der  Schwingungsdauer  oder 
Periode  'I\  so  zwar  daß: 

*,i=*lVf  r,  nsw. 

Wäre  C  allein  Schwingnngserreger,  so  würde  das  Teilchen  in 
I)  —  unserer  Annahme  gemäß  —  zur  Zeit  ty  zu  pendeln  Ijeginnen. 
Von  jetzt  an  kämen  von  C  her  abwechselnd  1/2  T  Wirkungen 
an  und  Va^  fehlten  solche,  namentlich  kämen  keine  Züge 
an.  Soll  das  Teilchen  trotzdem  pendeln,  so  kann  das  nur  unter 
dem  iänflnß  der  Qegenwirknngen,  der  Eigenart  ihrer  Anfeinaader- 

1)  In  der  Figur  voa  uuteu  uach  olieu. 


Flg.1. 


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U.  Gaetooheiibeiger, 


folge  und  Ums  leWioben  EinsetMüs  gesckelieiL  Anelt  Gegen- 
wirkungen der  Gegenwirkungen  kommen  wohl  in  Betracht.  Unter 
den  beiderseitiiTi  u  Kiullüssen  würde  das  Teilchen  zur  Zeit  /j^  seine 
größte  Entfeniuu^  von  der  Ruhelage,  die  Amplitude  2fi,  erreicht 
haben  und  zur  Zeit  ^2  wieder  in  der  Ruhelage  angelangt  aein.  Die 
Amplitude  2a  wäre  viel  kleiner  als  jene  des  Teilchens  in  C. 

Nun  schwingt  aber  die  ganze  Ebene.  Es  treffen  daher  von 
#1  biß  ans  der  1  Zone  kontinuierlich  Wirkungen,  und  zwar 
TOD  erheblioher  Resultante  in  der  Biohtang  DO^  bei  D  ein.  Diese 
swingem  das  Teilcheii  weiter  zu  sehwingen  und  die  Luft 
Tor  flieh  mehr  zuBammenKupresBen  oder  größere  Gegenwir- 
kungen aoztthftDfen,  als  das  geschähe,  wenn  Callein  Schwingunga- 
enreger  wiie.  Seine  Amplitude  nähert  sieh  an  GrOBe  jener  dea 
Teflehens  in  C  oder  der  Ebene.  Aber  aueh  ron  bis  ^  treffen 
noeh  Wirkungen  aus  der  1.  Zone,  zugleich  auch  solche  aus  der 
2.  Zone  ein,  und  wenn  die  Ebene  unendlich  wäre,  würde  das  erst 
nach  unendlicher  Zeit  aufhören.  Daraus  folgt  aber  nicht,  daß  das 
Teilchen  immer  noch  weiter  in  der  Fortpflanzungsrichtung  des 
Schalles  getrieben  wird.  Es  muß  vielmehr  ein  Zeitpunkt  kommen, 
wo  die  seitlichen  Wirkungen  nicht  mehr  genügen,  um  den  vor  dem 
Teilchen  sich  anhäufenden  Gegenwirkungen  Widerstand  zu  leisten. 
Dieser  Zeit])unkt  hängt  außer  von  der  Größe  der  Ebene  von  der 
Amplitude  dersdben  ab.  Je  großer  diese  Amplitude,  deeto  giOBer 
shid  aueh  die  aeitiiehen  Wirkungen  und  deato  spftter  tritt  der 
Wendepunkt  ein.  Nehmen  wir  an,  wir  hStten  die  Amplitude  der 
Ebene  so  k)dn  gewShlt,  daB  aehon  bei  dem  Emtreffim  der  eiBteü 
Wirkungen  aus  dem  Kegeloiantel  EDF^  also  zur  Zeit  /i^,  die 
Gegenwurknngen  ttberwiegen.  Das  Teilchen  kehrt  dann  mit  dem 
Zeitpunkt  um,  nachdem  es  die  Entfernung  2a -^b  von  der 
Ruhelage  erreicht  hat.  Wenn  von  jetzt  an  die  seitlichen  Wirkungen 
gleich  Null  wären,  küiiute  das  Teilchen  bis  t-j  die  Ruhelage  viel- 
leicht eben  noch  erreichen  und  es  wäre  die  Frage  diskutierbar,  ob 
seine  Schwingung  pendelartig  war.  Die  aus  der  1.  und  2.  Zone 
von  bis  ti  eintreffienden  Wirkungen  sind  aber  noch  nicht  gleich 
Null,  sie  sind  nur  zn  schwach,  um  die  Gegenwirkungen  aufzuheben. 
Da  sie  nicht  gleich  Null  sind,  mflssen  sie  die  Rttckkehr  des 
Teilehenf  hemmen.  Notwendige  Folge  daron  ist^  daB  das  Teüohen 
zur  Zeit  seinen  Ausgangspunkt  noeh  nioht  erideht  hat  Diesen 
erreidit  es  aber  auch  ferner  nicht  mehr,  weil  mit  diesem  Zeitpunkt 


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über  die  Jß^ehkeit  efner  Qnaatitit  der  Tonempfindmig.  .  125 

nicht  nur  das  Spiel  von  nenem  beginnt,  sondern  auch  noch  bis 
der  Rest  der  W  irkuiigen  aos  der  2.  Zone  eintrifft.    Ich  knüpfe 
iiier  später  wieder  an. 

Erreicht  das  Teilchen  nach  einer  Periode  seinen  Aasgangspmikt 
nicht  mehr,  so  kann  seine  Schwingung  nicht  pendelartig  gewesen 
Mini),  nnd  wenn  ein  Teiloheii  beim  EnMehen  der  Welle  anders 
teliwiiigt»  Bo  müBBen  auch  die  ttbrigen  anders  schwingen.  Wenn 
wir  Jetzt  noch  Ton  einem  Sefawingnngsmittelpiuikt  sprechen  wollen, 
BO  können  wir  nur  sagen,  daB  sich  derselbe  in  der  Fortpflanznngs- 
riditang  des  Sehalles  Tersehoben  hat  Wenn  wir  noeh  geseigt 
haben,  daB  dieses  Resnltat  aiieh  fbr  andere  Kreise  als  den  oben 
?erwendeten  vom  Kadiu«  /  )  i>  gilt,  öu  dürfte  bewiescu  sein,  daß 
die  Ton^s  elle  einer  Ausbildnngszeit  bedarf,  während  der  sie  keine 
Sinns-  oder  KuBmuswelle  ist.  Doch  damit  nicht  gefia^  daU 
mit  der  Zeit  /2  die  Ausbildungszeit  schon  zu  Ende  ist. 

Im  Sinne  des  Huyghens-Fresnelsehen  Prinzips  k(}nnte  man 
nnn  einwenden,  es  würden  die  Wirkungen  der  1.  Zone  zum  Teil 
angehoben  durch  die  Wirkungen  der  2.  Zone,  weil  die  Wirkungen 
infolge  der  Differenzen  von  halben  WeUenllogen  in  entgegen- 
geseilten Phasen  in  D  eintreffen.  (Die  GrSfie  der  Anfhehnng 
hinge  y<m  dem  Gesets  der  Abnahme  der  seitiiehen  Whrkangen 
ab.)  Eine  einfadie  Erwägung  belehrt  uns  aber,  daB  das,  wenn 
llberfaaapt,  dann  nur  Air  ehie  ron  EiHgkeit  her  bestehende  Wellen- 
bewegung unter  Anerkennung  der  Gleichung 

00  ±:  M  s=  00 

gelten  kann. 

Stellen  wir  zonMchst  die  Bedingungen  fesl^  welche  erfüllt  sein 
mttBten,  damit  in  einem  Pukkte  D  von  Anfang  an  entgegenge- 
setsle  Phasen  nnd  von  Anfang  an  maximale  Anfhebnng  herrseh- 

1]  Hätten  wir  die  Amplitude  der  Ebene  grüßer  gewählt,  so  daß  erst  bei 

dem  Eintreffen  der  ersten  Wirkungen  ans  einem  Kegelmantel  von  e-rößerem 
<  »ffniin^swinkel  die  Gegouwirkungeu  liberwogea  hätten,  so  hätte  schon  die 
luikehr  de8  Teilchens  verspätet,  d.  h.  einige  Zeit  nach  /ij^  stattgefunden. 

Wir  hätten  dann  schließen  künnen:  Ist  das  Teilchen  nach  Ablanf  emer 
halbeii  Peziode  noch  sieht  amgekehrt,  so  kaiiii  sefaie  Sehwfaignng  nicbt 
fämAtAmiHtg  gtfweseix  Sein.  Denn  wenn  es  später  umkehrt,  hat  sich  nicht 
etwa  nur  seine  Amplitude  vergrößert  —  die  größere  und  kleinere  Amplitude 
bedarf  ja  bei  Pendelschwingungen  unter  sonst  gleichen  Umstünden  der  glei- 
chen Zeit  — ,  sondern  ca  muß  noeh  eine  zweite  Änderung  stattgefunden 
haben,  welche  eben  nur  die  Schwingungsfonn  betreffen  kann. 


126 


B.  Gafitseheiibfliger, 


teu.  La  luulitcü  erstens  bei  licgiuu  der  liewegung  von  allen  un- 
geraden (resp.  geraden)  Zonen  positive  und  von  allen  geraden 
(resp.  ungeraden)  Zonen  negative  Wirkungen  ausi^e^rangen  sein. 
Zweitens  müßte  die  äoßerBte  Zone  zuerst  und  jede  nach  innen 

folgende       ^  ^  später  in  Tätigkeit  getreten  aein.  Für  eine  von 

Ewigkeit  her  bestehende  Bewegung  fällt  die  zweite  Bedingnng 
fort  Denn  da 

80  int  jede  Bedini^un^-.  die  fllr  die  Art  des  Bep^inns  gestellt  wer- 
den kt^nnte,  damit  ertllllt,  daß  alle  Zonen  von  Ewigkeit  her,  also 
gleich  lange,  schwingen.  Die  Erfllllbarkeit  der  ersten  Bedingnng 
hängt  davon  ab,  ob  wir  einen  Enatz  fttr  den  fehlenden  Zng  TOn 
Luft  an  Lnft  finden  kOnnen. 

Von  diesem  idealen  Fall,  in  welehem  das  HnjghenB-Fresnel- 
sehe  Prinzip  anbedingt  anwendbar  wäre,  weicht  der  Fall,  der  uns 
besebälligt,  in  doppelter  Hinsicht  ab.  Erstens  gehen  Ton  allen  Zonen 
Yon  Anfang  an  nnr  einerlei  Wirkungen  nnd  swar  positive  'aus, 
zweitens  treten  alle  Zonen  zugleich  in  TUtigkeii  Angenommen 
nun,  die  erste  Bedingung  sei  in  der  Akustik  dadurch  erftlUbar, 
daß  die  Gegenwirkungen  der  Wirkunj^eu  aus  der  2.,  4.  usw.  Zone 
im  Stande  wären,  die  negativen  Wirkungen  zu  ersetzen,  so  könnte 
eine  von  AnfnuL'-  ;ni  maxiiiiMlc  Aiifiiebung  nicht  stattliuden,  wenn 
die  zweite  Bedingung  nicht  eriullt  ist.  Denn  die  Gegenwirkungren 
können  in  D  erst  einsetzen,  nachdem  die  Wirkungen  dort  an- 
gekommen sind.  Treten  aber  alle  Zonen  sogleich  in  Tätigkeit,  so 
sind  die  Wirkungen,  deren  Gegenwirkungen  die  Züge  an  Tertreten 
hätten,  an  der  Zeit,  wo  die  Anfhebang  stattfinden  sollte,  noch 
gar  nicht  eingetroffen.  Außerdem  ist  es  aber  aneh  nicht  ein- 
znsehen,  wieso  später  eine  Anfhebnng  stattfinden  sollte,  da  sich 
doch  die  Ton  Anfang  eingehaltene  Reibenfolge  des  Eintreflfens 
nicht  mehr  ändert  Für  einen  von  Ewigkeit  her  bestehenden  Vor- 
gang fallen  alle  diese  Bedenken  fort  Da 

00+2  7=00, 

so  sind  die  Wirkungen  yon  Anfang  an  rechtzeitig  eingetroffen  nnd 
treffen  anch  später  immer  rechtsettig  ein. 


über  die  HOgliehkeit  einer  Qntntitit  der  Tonempfiiuliiiig.  127 

Es  ist  aber  fraf^lich,  ob  die  Gegenwiikuiiiren  der  Wirkungen 
aas  den  geraden  (resp.  ung-eraden)  Zonen  die  negativen  Wir- 
knnp'en  ersetzen  könueiL  Sollte  das  möglich  sein,  so  hindert 
ilichta,  aoeh  die  Gegenwirkungen  der  Wirkungen  «u  den  unge- 
raden (leep.  geraden)  Zonen  als  negatiTe  sn  betraehten.  Dann 
kann  ttberlumpt  Yon  enigegengeaetitfln  Pham  niehi.mefar  die 
Bede  Bein,  sondern  nur  noeh  von  Wirkungen  nnd  Gegenwirkungen 
■eUeektweg. 

Angenonunen  aber,  die  negatiTen  Wirknogen  seien  eraebliar 
dnitdi  (Hgenwirknngen,  weloke  svr  Mt  eines  relativen  Mangels 

an  positiven  Wirkungen  einsetzen.  Dann  mußten  der  ersten  Be- 
dinismug  zufolge  alle  geraden  Zonen  nach  links  seliwingen,  während 
die  ungeraden  nach  rechts  schwingen,  und  wenn  die  Aufhebun*r 
vun  Anfang  au  iiuixinial  sein  sollte,  müßte  die^ie  SchwingungswiMsc 
noch  mit  der  zweiten  Bedingung  kombiniert  werden.  Hiermit 
Jiätten  wir  den  Gegenstand  unserer  Untersuchung,  die  Wirkung 
einer  Starren  Ebene,  verlassen  und  uns  einem  höchst  merkwürdigen 
Erreger  zugewendet,  der  nioht  als  Ausgangsponkt  einer  aknstisehen 
UnterBnehnng  dienen  kamt 

Soll  durchaus  von  einem  »Zusammentreffen  entgegengesetster 
Phasen«  gesproofaen  werden  —  was  eigenflieh  naoh  den  vorliegen- 
den Betrachtungen  keinen  rechten  Sinn  mehr  hat  — ,  so  konnte 
der  Effekt  einer  so  benennten  Heehanfk  nur  die  schon  beBproehene 
liemmung  der  Rückkehr  des  Teücheus  sein.    Zur  Zeit  ti\ 
treffen  die  ersten  Wirkungen  aub  der  2.  Zone  ein.    Zu  derselben 
Zeit  hat  das  Teilchen  seine  größte  Amplitude  2a  -\~  h  erreicht. 
Wenn  es  n  ih  nun  an  etwas  aufzuheben  gibt,  dann  können  es  nur 
die  Gegenwirkungen  sein,  unter  denen  das  Teilchen  umzukehren 
im  Begriff  ist  Ahnüohes  wiederholt  sich  jede  Periode  später,  der 
Schwingnngsmittelpunkt  wird  demnaeh  in  der  Fortpflanzungsrieh- 
tnng  verschoben.  Seine  Verschiebung  während  der  Aosbildungs- 
leit  ist  naeh  donelben  irreparabel  (natttrlich  abgesehen  vom 
Aufhören  der  Wellenbewegung],  weil  einerseits  die  K^tfte,  welche 
wihrend  der  Ansbildnngsseit  die  Verschiebung  herstellen,  naeh 
der  Ausbfldungsxeit  unverändert  weiter  bestehen,  anderseits  keine 
Kraft  auffindbar  ist,  welche  die  Verschiebung  rückgängig  machen 
könnte.    Für  einen  von  Ewigkeit  her  bestehenden  Vorgang  fällt 
dieses  Bedenken  wieder  fort.    Denn  da  sich  vor  der  Ewigkeit 
nichts  ereignet  bat,  gibt  es  nichts  zu  reparieren. 


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128 


B.  0«6techeikb6rger, 


Es  muß  also  zam  mindesteu  zugestanden  werden,  daß  eine 
Anfhebnng  dnrch  Zusammentreffen  entgegengesetzter  Phasen  im 
Sinne  des  Huyghens-Fresnelschen  Prinzips  bei  Beginn  der 
Bewegung  nicht  stattiindcu  kanu^).  leb  will  aber,  obgleich  damit 
daa  Wort  Aufhebung  seinen  ursprünglichen  Sinn  verliert,  uiobts 
dagegen  einwenden,  wenn  man  behauptet,  daß  nach  einiger 
Zeit  eine  partiette  Anfhebnng  atattfinde.  £ine  totale  darf  niefat 
stattfinden,  wenn  ea  Überhaupt  eine  Tonwelle  gehen  soUi  die  pta^ 
tielle  aber  kann  nur  so  weit  gehen,  daS  daa  Teikhen  nach  einiger 
Zeit  pendelt  Nun,  daa  stimmt  ja  Tortreflnieh  mit  nnaenn  finheren 
Reenltat  Daa  Teilchen  pendelt  naeh  einiger  Zeit,  nftmlieh 
naeh  der  Ansbildungszeit,  es  ist  nur  noch  hinzuzufügen:  an 
einem  entfernten  Ort.  Für  einen  von  Ewij[rkeit  her  bestehenden 
Vorgang  gibt  es  iiatUrlich  keine  Ansljildimgszeit  uud  keinen  neuen 
Ort  Denn  vor  Beginn  der  Ewigkeit  hat  sich  nichts  ereignet  und 
ein  von  Ewigkeit  her  neuer  Ort  ist  eben  der  alte  Ort. 

Ich  fahre  in  der  Betrachtung  der  Vorgänge  vor  der  Ebene  forL 
Wir  haben  gesehen,  daß  die  seitlichen  Wirkungen  bis  ^  die  Vor- 
wärtsbewegung des  Teilcheus  fördern  und  seine  Rllekkehr 
hemmen.  Beides  kommt  einer  Fltederang  des  SohwingnngBmittel- 
Punktes  gleieh.  Eine  aasgleiehende  Hemmung  der  Vor- 
wltrtsbewegnng  nnd  Förderung  der  Bttekkehr  IftBt  sieli 
nioht  findjen.  Dam  fehlt  vor  allem  die  antagonistische  Kraft, 
der  Zug  Ton  Laft  an  Lnft.  Dnroh  die  Gegenwirknngen  ist  diese 
Kraft  nieht  ersetzbar,  denn  wir  haben  die  Gegenwirkungen 
schon  berti|ek sichtigt,  als  wir  fanden,  dali  die  Vorwärtsbe- 
wegung gefördert  und  die  Rllekkehr  gehemmt  wird.  Wir  werden 
sie  auch  femer  berücksiclitigen. 

Das  Teilchen  befindet  sich  zur  Zeit  ^  in  der  Entfernung 
e  <;  (2a  -4-  6)  von  seiner  Huhelage.  Wenn  sich  jetzt  genau  die 
Voigänge  der  Zeit  bis  t%  wiederholten,  so  wtlrde  das  Teilchen 
zur  Zeit  in  die  Entfemnng  2a4-6  +  <^  befördert  und  zur  Zeit 
^  bis  an  einer  Entfemnng  7on  2e  znitlekgekehrt  sein,  nnd  hei 
ferner  annehmendem  t  müßten  diese  Entfernungen  in  aritfametiseher 
Reihe  wachsen.  Die  Vorginge  wiederholen  sieh  aber  in  zwdfiudier 
Hinsicht  nieht  genau.  Erstens  spielt  von  t%\iaB  t^^,  nnd  desglei-- 
ehen  jede  Periode  später,  der  Best  der  Wiiknngen  ans  der  2.  Zone 


1;  Das  gilt,  nebenbei  gesi^c,  auch  für  LichtweUen. 


über  die  HOgliehkeit  einer  QnuititKt  der  Tonenipfindmig.  129 

in  einem  den  SGhwingang8mitteIpimkt  förderadeu  Sinne  hinein. 
Zweitens  aber  ^vird  der  Fehler,  den  irir  anfangs  ala  yersehwin- 
dend  klein  betracton  konnten,  mit  annehmender  Yenehiebnng  des 
Sehwingongmdttelpnnktea  immer  merklieher,  ja  addiefilich  auBer- 
ordenflieh  grofi.  Bm  seiner  Beaeitigmig  würden  wir  die  Vorwirts- 
beweguDg  hemmende  Einflttsse  aufdeoken,  anf  deren  Nachweis 
es  hier  nicht  ankommt  Da  eine  Versehiebnng  des  Schwin^ngs- 
mittelpuuktes  und  mit  ihm  des  Teilchens  ins  L'neiidliclie  nueh  un- 
seren Erfahrungen  ausgcschlopscn  ist,  so  mlisseu  die  hemmenden 
Einflösse  schließlich  überwiegen  und  es  muB  sich  eine  endliche 
(rrenze  der  Verscliii  limig  nach  einer  gewissen  Zeit finden.  Die 
Grenze  hängt  aber  nicht  nur  von  den  bisher  besprochenen  Vor- 
gängen ab,  sondern  auch  noeh  Ton  Vorgängen  im  entfernteren  Be* 
reich  vor  der  Ebene.    Ich  komme  darauf  noch  zurück. 

Vergrttfieni  wir  die  Ebene  nm  eine  Zone,  so  daß  die  Seite  des 
infiersten  Kegelmanleto  beträgt,  so  werden  erstens  die  seit» 
Uehen  Wirkungen  Ton  ^  bis  ^  verstärkt,  zweitens  treffen  ancli 
Ton  ^  bis  ^  Wirkungen  ein,  welche  die  sn  dieser  Zeit  stattfin- 
dende Bflokkehr  des  Teilobens  hemmen.  Da  sich  bmdes  in  jeder 
späteren  Periode  wiederholt,  so  mnB  die  Grenze  der  Versehiebnng 
des  Schwingungsmittelpunktes  weiter  von  I)  entfernt  liegen  als  im 
Falle  der  kleineren  Ebene.  Fttgen  wir  der  Ebene  eine  weitere 
Zone  hinzu,  so  treffen  auch  von  l)is  noeh  Wirkungen  ein, 
welche  den  Sehwingungsniittelpunkt  fördern,  indem  sie  teils  die 
Vorwärtsbewegung  des  Teilchens  turdem,  teils  seine  Rückkehr 
hemmen.  Die  Verschiebung  der  Grenze  nimmt  also  mit 
der  Größe  der  Ebene  zu.  Selbstverständlich  findet  aber  die 
Veischiebnng  der  Grenze  wieder  eine  Gremte,  da  die  seitlichen 
Wiikm^;en  um  so  geringer  werden,  aus  Je  entfernteren  Zonen  sie 
kommen.  Praktiisoh  wild  sich  wohl  eine  GrOBe  der  Ebene  finden 
lassen,  ttber  welche  hinaus  Jede  weitere  VeigrOBerung  ohne  Wir- 
kung anf  ein  Teüelien  bleibt,  welehes  eme  Wdlenttnge  von  ihrem 
Mittelpunkt  entfernt  liegt. 

Daß  mit  der  Verkleinerung  der  Ebene,  von  der  wir  ausge- 
gangen äiud,  die  Verschiebuiii:  des  SchwingungHuiittelpiuiktes  ge- 
ringer wird,  bedarf  hiernach  keiner  Erörterung  mehr.  Ob  a))er 
die  Vers(  hicbung  tatsächlich  erst  dann  Null  wird,  wenn  das  Teil- 
chen in  C  allein  Schwingnngserreger  ist,  oder  ob  nicht  vielmehr 
in  der  Natur  eine  MinimalHäche  nötig  ist,  damit  das  Teil- 

Afckit  Ar  Pcjcliologi«.  L  9 


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130 


R.  Gsetscheiibeig^r, 


eben  in  D  tlherbanpt  pendelt,  will  ich  nicht  cntsclieiden.  Mit  der 
Bttrücksichtig-unfj:  einer  solchen  MinimalHiiche  Iiätte  die  Korrektur 
des  Beweises  cinzuHctzeu,  wenn  unsere  zum  An^gaugäpuukt  die- 
nende Annahme  falsch  sein  sollte.  Die  Korrektnr  wäre  damit  er- 
ledigt, daß  wir  die  Minimalfläche  nicht  die  Förderung  des 
SehwingnngfliDittelpiuiktofl  in  Anspnioli  nähmen.  Der  Beweis  er- 
ftbre  dadoreh  nur  geringe  Änderungen  in  Zelt-  and  Ortsangaben. 

Kimmt  mit  abnehmender  GrQBe  der  Ebene  die  Versohiebnng 
dea  SehwingungsmittelpaniLtea  ab,  ao  gflt  die  Gleiehung  2)  unbe- 
dingt, wenn  eine  koflinnsfitmug  aobwingende  Ebene  Ton  deijeuigen 
Gi0ße,  ftr  welche  die  Verschiebung  Null  wird,  Erreger  ist. 

Ich  halte  nun  den  Beweis  fllr  erbracht,  daß  der  Ort  des 
Schwingunp^smittelpunktes  flir  ein  Teilchen  der  ausgebildeten  Welle 
von  der  Grijße  der  Ebene  nnd  hiermit  von  der  wirksamen  Körper- 
obertiäche  in  dem  Sinne  abhängt,  daß  mit  zunehmender  Größe 
der  Ebene  die  Verschiebung  in  der  Fortpilanzungsrichtnng  wächst. 
Damit  ist  nicht  gesagt,  daß  die  Verschiebung  nur  von  der  Größe 
der  Ebene  abhängt.  Sie  hängt  auch,  wahrscheinlich  aber  in  viel 
geringerem  Mafie,  Ton  deren  Amplitnde  nnd  Sehwingnngsiabl  nnd 
aelbstreratändlich  anoh  von  der  Entfernung  des  TeÜehens  von  der 
Ebene  ab.  Die  Abbängigkeit  von  der  Amplitode  wurde  schon,  bei 
Bespreehnng  der  Gleiehung  2)  (S.  114)  angedeutet  Den  Beweis  fltr 
diese  AbbUngigkeiten  werde  ich  spSter  erbringen. 

Betrachten  wir  noch  ein  Teitehen  im  entfernteren  Bereich  ror 
der  Ebene.  Die  Wirkung  des  Kreises  AB  auf  einen  zwei  Wellen- 
längen von  C  entfernten  Punkt  G  ist  nach  Fig.  1  gleich  der  Wir- 
kung des  Kreises  HJ,  doch  beginnt  die  Bewegung  in  IT  später 
als  in  D.  Der  Kreis  HJ  hat  nicht  ganz  den  Inhalt  der  1.  Zone 
des  Kreises  AB  und  die  Strecke  AO  =B0  beträgt  etwas  mehr 
als  2|  X.  Es  treffen  also  von  ^  bis  ungefähr  ^  seitliche  Wir- 
kungen in  O  ein,  welche  den  Schwingnngsmittelpunkt  des  TeÜ- 
ehens in  der  sebon  dnroli  direkte  Wirkung  Ton  D  her  ver- 
schoben  wiid|  noeh  mehr  yersebielMn.  Dadurch  tritt  In  etwas 
späterer  Zeit  eine  Entlastung  des  TeOohens  in  D  eiBi  so  dafi 
dieses  geringeren  Gegenwirkungen  ausgesetzt  ist,  als  das  der  Fall 
wäre,  wenn  auf  6^  keine  seifüehen  Wirkungen  träfen.  Hiermit 
haben  wir  wieder  ein  die  Verschiebung  des  Schwingungsmittel- 
punktes des  früher  betrachteten  Teilchens  förderndes  Moment 
gefunden.   Es  entlasten  aber  auch  die  seitlichen  Wirkungen  auf 


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über  die  HOgliehkeit  einer  Qnantltitt  der  Tonempfindmig.  131 

noch  entferntere  Teilchen  alle  in  der  Richtoug  nach  C  gelegenen 
Teilohen,  niir  wird  die  Entlastung  von  seilen  entfernterer  Teilchen 
immer  geiinger,  weil  die  wirkaam«  £bene  immer  kleiner  wird  und 
immer  «diwttdier  wirkt  Daraus  geht  aber  wieder  herFor,  daß  mit 
dem  WachBtnm  dw  Ebene,  von  der  wir  ausgingen,  aneh  die  Ent- 
lastung grOBer  wird.  Da  femer  die  Entlastung  eines  Teilchens 
nm  so  grOBer  ist,  je  sahlreiohere  entferntere  Teilohen  ron  seit- 
lieben  Wirkungen  getroffen  werden,  so  hindern  wir  die  volle 
Entlatstung,  wenu  wir  die  Welle  aüftaiigeu,  uud  hindern 
sie  um  so  mehr,  je  näher  an  der  Ebene  wir  öie  uiiffanfjen. 
Kurz,  die  definitive  Grenze  der  Verscbiehunc:  def  Schwiugungs- 
mittelpunktes  und  hiermit  die  Ansbildungszeit  der  Tonwelle  ist 
eine  komplizierte  Funktion  vieler  Variabein  und  Parameter. 

Welche  physikalische  Bedeutung  kommt  nun  der  Yersclnebung 
der  Sehwingnngsmittolpnnkte  zu?  Es  muß  nach  der  AasbUdangs^ 
seit  eine  dauernde  und  ruhende  Luftyerdflnnung  sn- 
nftehst  der  Ebene  und  eine  dauernde  und  ruhende  Luft- 
yerdiohtung  im  entfernteren  Bereich  vor  ihr  liegen.  Auf 
diese  beiden  superp  onieren  sieh  die  sich  fortpflanzenden  Lnftrer- 
diehtungen  und  -yerdttauningen.  Solehe  Wellen  sind  geeignet, 
einen  Gegenstand,  abgesehen  davon,  daß  sie  ihn  in  Sehwingung 
versetzen,  dauernd  \<i.  h.  so  luu^^e  die  Welleubewegung  dauert)  zu 
drücken  und,  wenn  er  nachgiebig  ist,  einzupressen.  Die  Tonwelle 
i^T  ;dsi>  —  immer  vorausgesetzt  daß  die  Verschiebunii:  zu  den 
meßbaren  Größen  gehört  —  im  Gegensatz  zu  der  hypothetischeu 
Welle,  die  von  Ewigkeit  her  besteht,  eine  »Preß welle«.  Dabei 
ist  zu  beachten,  daß  die  Welle,  wenn  sie  nicht  reflektiert  wird, 
nur  in  je  einer  Richtung,  nämlich  Ton  der  Ebene  her,  preßt 

Es  muß  speziellen  Untersnehungen  Torbehalten  bldbeUi  die 
Form  der  dauernden  Luftrerdttnnung  und  -verdiehtung  festzu- 
stellen. Soweit  ich  sehe,  ist  fOat  dne  uuf^hindert  ins  Unendliche 
sich  foftpilanzende  Welle  die  liUfkdichte  normal  da,  wo  sieh  das 
am  meisten  yeischobene  Teilohen  befindet,  und  die  Yerdttnnung 
nimmt  von  hier  aus  sehr  stark  zu  in  der  Richtung  nach  der  Ebene 
(unmittelbar  an  der  Ebene  nimrat  sie  wieder  ab,  wenn  der  Ebene 
Lnftteilchen  adhärieren),  während  die  Verdichtung  in  der  Fort- 
pflanzungsrichtung aulun^:s  st  dir  ?^tark  zunimmt,  dann  sehr  allmäh- 
lich abnimmt  und  sich  asymptütiüch  der  normalen  Dichte  nähert. 
Wird  die  Verteilnngsform  der  Dichte  durch  eine  Kurve  daigesteUt, 

9» 


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132 


B.  Gaatodlieiibergert 


deren  positive  Ordinaten  die  Verdichtung  und  deren  negative  die 
VerdUnnang  anzeigeDi  so  mtisaen  beide  Knrventeile  gleichen  Flächen- 
inhalt haben  und  der  positive  Teil  muß  einen  Wendepunkt  besitzen, 
deflflen  AbBoisse  mir  von  der  Grttfie  der  Ebene  abhSngig  aeheini 
Eüie  derartige  Verteilangafoini  entsteht,  wenn,  von  adhärenten 
Teüchen  abgeaehem,  alle  Lnftteilelien  in  der  Fortpfianmngarioh- 
tang  yerschoben  werden  und  zwar,  wenn  die  der  Ebene  zonAdiat 
gelegenen  um  große  Beträge,  die  entfernteren  um  anfiings  sdifiell, 
dann  (Wendepunkt!)  weniger  schnell  abnehmende  Beträge  ver- 
schobeu  werden.  Wenn  nun  aus  der  dauernden  Verdichtung  eine 
vierte  Wirkung  auf  das  Gehör  abgeleitet  werden  soll,  so  könnte 
mau  einwenden,  daß  diese  Wirkung  iub  Gegenteil  umsi  hhtgen 
mtisse,  wenn  das  Ohr  nahe  genug  an  die  Ebene  gebraclit  wird. 
Darauf  iit  za  erwidern,  daß  die  angegebene  Verteilung  nur  denk> 
bar  ist,  wenn  die  Welle  nicht  aufgefangen  wird.  Wie  dUa 
Yerteilnng  wird,  wenn  Gegenstände  in  die  Welle  gebraoht  nnd 
darin  Teraohoben  werden,  bedarf  einer  eigenen  Üntersnohnng. 
Wahrachräüich  rttckt  die  Grenze  zwiaehen  VerdAnnong  und  Yer- 
dichtong  am  so  nSher  an  die  Ebene,  je  mehr  der  Gegenstand  der 
Ebene  genähert  wird.  Das  Ohr  ktfnate  dann  niemals  in  die  Ver- 
dttnnnng  gelangen. 

Nach  dem  Gesetz  der  Erhaltung  der  Energie  muß  mit  zuneh- 
mender Verschiebung  des  Sehwingungsmittelpunktes  die  Amplitude 
des  Teilchens  alinebmeu.   Das  Teilchen  preßt  auf  Kosten  der  Am- 
plitude, d.  h.  derjenigen  Amplitude,  die  es  in  dem  von  uns  be- 
trachteten Fall  mit  der  Zeit  f^i  erreicht  hat.   Die  Bestimmung  der 
Amplitude  wird  jetzt  recht  verwickelt.    Die  Amplitude  2a-\~  b 
eines  Teilchens  ist  um  so  größer,  je  größer  die  Amplitude  der 
Ebene.   Sie  nimmt  aber  von  f^}.  bis  zum  Ende  der  Ausbildungs- 
zeit ab,  weil  das  Teilchen  aof  ihre  Kosten  pieBt  Ihre  GiOBe 
nach  der  Ansbüdnngszeit  hJtngt  Ton  der  GrOBe  der  Ebene  ab. 
Sie  ist  ans  bekannten  Grttnden  nm  so  kleiner,  je  entfernter  Ton 
der  Ebene  das  Teilehen  von  Anfang  an  liegt  Sie  nimmt  ab  mit 
wachsender  Zeit,  wenn  das  Gleiche  fllr  die  Ebene  gilt  Sie  Sndert 
sich  mit  dem  Eintritt  eines  Gegenstandes  in  die  Welle  nnd  mit 
dessen  Verschiebung,  und  sie  ändert  sich  wahrscheinlich  nicht  nur 
mit  der  Verschiebung  senkrecht  zur  Ebene,  sondern  auch  bei  seit- 
licher Verschiebung.  Vielleicht  erklären  sich  aus  diesen  Verwick- 
luDgea  die  unerwarteten  mid  wenig  tibereinstimmenden  Kesaltate, 


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Ober  die  Hflglfehkeit  eiaer  Quuititl&t  der  Toaenpfindmig.  133 

welche  bei  den  Versnclieu  zur  Bestirnrannp:  der  Enprg:ieal)iiahme 
mit  wachsender  Eutferuung  vom  tönendeu  Körper  erzielt  wurden. 
Pas  Gesetz  der  Abnahme  der  Energie  mit  dem  Quadrat  der  £nt- 
feranng  kann  nach  onaeTen  Betrachtungen  anmtfglich  gelten,  wenn 
eine  Ebene  Sehwingongserreger  ist 

Bekanntüeh  Tenuisehaalieht  man  sieh  die  Bewegung  eines  pen- 
delnden Punktes  durch  Projektlen  eines  mit  gleiclifbnniger  Ge- 
schwindigkeit in  einem  Kreis  sich  bewegenden  Pnnktes  auf  den 
Darehmesser.  Wenn  ieh  nnn  die  Kmre  angeben  sollte,  in  welcher 
sieh  ein  Punkt  mit  gleiehförmigw  Oesehwindigkeit  bewegen  mttfite, 
damit  seine  Projektion  anf  einer  Geraden  die  Bewegung  eines  Teil- 
chens in  einer  nicht  aufgefangenen  Tonwelle  darstellte,  so  würde 
irh  sie  aus  der  Gattung  der  Zykloiden  entnehmen.  Man  denke 
sieb  einen  Kreis  mit  einem  Uber  die  Peripherie  hinaus  verlängerten 
Radius  rnit  gleichförmiger  Umdrehungsgeschwindigkeit  anf  einer 
Geraden  nach  rechts  rollend.  Das  Rollen  geht  mehr  und  mehr 
nach  einem  noch  zu  ermittelnden  Gesetz  in  Uberschlägiges  Gleiten 
Qber,  80  daß  die  Translation  des  Kreises  schließlich  aufhört  und 
er  sich  nnr  noch  nm  einen  festen  Mittelpunkt  dreht  Während 
der  Translation  nimmt  der  rerUbigerte  Radius,  der  bei  Beginn  der 
Bewegimg  nach  links  ragte  und  der  Geraden  parallel  h^,  nach 
einem  noch  bu  ermittelnden  Gesets  ab  und  wird  gleich  dem  Radius 
des  Kreises  in  dem  Augenblick,  wo  dessen  Mittelpunkt  stUlsleht. 
Bei  richtigem  Verhältnis  zwischen  Abnahme  der  translatorisehen 
Geschwindigkeit  und  Ahoalime  des  verlängerten  Radius  beschreibt 
der  Endpunkt  des  letzteren  eine  verschlungene  Z}  k  loide,  die 
in  einen  Kreis  als  Greu/c  übergeht.  Die  Projektion  eines 
in  dieser  Kurve  mit  gleichfüriuigcr  Geschwindigkeit  sich  bewe- 
genden Punktes  auf  die  Bahn  des  JLreismittelpanktes  oder  auf  die 
Gerade  stellt  nach  rrtoiner  Anschauung  die  Bewegung  eines  Teil- 
chens in  der  Ton  welle  dar,  welche  entsteht,  wenn  eine  Ebene, 
mit  Ausschlagstellnng  links  und  mit  der  Geschwindigkeit  Null 
beginnend,  pendelt  Lassen  wir  den  Frojektionspunkt  seihst  seine 
Schwingungen  auf  eine  aenkreoht  cur  Schwingungsrichtnng  Mn- 
weggeiogene  Fläche  aufseichnen,  so  erhalten  wir  nngefiihr  die 
XuiYe  der  Fig.  2.  Die  Schwingung  eines  Teflehens  um  seinen 
Tcrschobenen  Schwingungflmitteli)unkt  wäre  demnach 
nach  der  Ausbildungszeit  pcndelnrtig.  wie  es  dieObmsche 
These  Terlangt   Die  Gleichung  Ij  aber  könnte  kaum  mehr  als 


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Ausbildungszeit 
Fig.  2. 


134  R-  GMtaohenberger, 

wissenschaftlich  anerkannt  werden.  Da  sie  die  Ansbildungszeit 
nicht  berücksichtigt  und  die  Aiiuahme,  daß  Ruhelage  und  Schwin- 
guDgämittelponkt  zusammenfallen,  in  der  Natur  nicht  zutiiüt, 
belehrt  sie  uns  Uber  die  Entfernung  .<?  eines  Teileliens  vou 
einem  nnbekannten  Ort  zu  nubekannter  Zeit,  d.  h.  sie  be- 
lehrt aus  nicht  l^nr  den- 
jenigen, der  annimmt,  daß 
Tonwellen  nicht  entste- 
he vielmehr  ron  Ewigkeit 
her  besteheni  helehit  sie 
ttber  die  Entfemimg 
von  der  Bnhelage  sor  Zeit 
oo  +  Solohe  Erkemitnig 
kann  nicht  jedermann  be- 
friedigen. Die  Gleichung  2) 
dagegen  könnte  fernerhin 
zur  I)Mrstellinig  des  Greuz- 
faHcd  dienen,  in  welchem 
ein  Luftteilchen,  evcutaell  eiue  miaimale  Loftebeue,  Wellen- 
erreger  ist. 

Der  Beweis  fUr  die  Verschiebong  der  Bcbwiogmigsmittelpnnkte 
läfit  sich  noch  in  abstrakter  Form  geben,  wenn  wir  ausgiebige 
Anwendung  vom  Unendlidigroßen  nnd  Unendliehkleinen  machen. 
Da  er  den  früheren  Beweis  in  vielen  Punkten  ergänzt,  mOge  er 
heigt^ftlgt  werden. 

a)  Lassen  wir  in  abstracto  einen  Massenpnnkt  in  Luft,  d.  h. 
in  einem  aus  diskreten  Punkten  anderer  Masse  bestehenden  Me- 
dium, unendlich  schnell  kosinuslrtrniig  sehwiugeü,  so  befindet 
•sich  in  seinem  Schwinguiigsbereieh  keine  Luft.  Er  wirkt  wie 
eine  ruhende,  mit  abstoßenden  Kräften  nnsgestattete  Strecke,  deren 
Masse  gleich  der  Masse  des  Punktes  und  deren  Liuige  gleich  der 
Amplitude  ist.  Denn  die  Luft,  die  sich  ursprünglich  in  seinem 
Schwingungsbereich  befand,  muß,  abgesehen  davon,  daß  ihre  Teil- 
eben  obenfalls  schwingen»  verschoben  sein  und  zwar  am  meisten 
in  der  Schwingungsriehtung,  weniger  in  den  abweichenden  Bich- 
tungen  und  gar  nicht  m  der  Ebene  senkrecht  zur  Schwingungs* 
richtung.  Das  eigibt  sich  aus  dem  anerkannten  Satt,  daß  die 
StoBwirkungen  in  der  Sehwingungsricbtnng  am  größten  sind  und 
mit  der  Abweichung  hiervon  bis  Kuli  abnehmen.  Außerdem  mttesen 


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über  die  MtfgUehkeit  einer  Quantität  der  Tanempfindnng.  135 

die  Luttteilchcü  um  &o  mehr  verschoben  sein,  je  uaher  sie  ursprüng- 
lich am  Erreger  lagen.  Das  er^jibt  sich  aus  dem  anerkunnteu  Satz, 
daß  die  Stoßwirk imgeu  mit  zunehmender  Entfernung  abnehmen. 

b)  lleiben  wir  mehrere  Massenpunkte  diskontinuierlich  zu  einer 
anendlicb  schnell  kosinusförmig  and  senkrecht  zu  ihrer  Lage 
schwingenden  Strecke  aneinander,  so  befindet  sich  in  deren 
Sehwingnngsbereioh  keine  Luft.  Sie  wirkt  wie  eine  ruhende,  mit 
abstofienden  Eiäften  «uigestattete  Ebene,  doren  Maase  gleieb  der 
Snmme  der  Manen  der  Streckenpnnkte  und  deren  Breite  gleich 
der  Amplitnde  ist  Penn  die  Lnft,  die  aieh  uraprllngEcb  in  ihrem 
Sehwingungsbereieb  befand,  ma8,  abgesehen  daron,  daß  ihre  Teil- 
ehen eben&Us  schwingen,  Yerschohen  sein,  nnd  zwar  am  meisten 
in  der  Schwingongsebene  —  nnd  hier  yermiitlieb  am  meisten  im 
ik'reich  zweier  gleichschenkeligen  Dreiecke,  deren  Basis  die  Strecke 
ist  — ,  weniger  in  den  abweichenden  K])enen.  Jedoch  sind  die 
Beträge  sämtlicher  Verschiebungen  bei  gleicher  Amplitude  wie  im 
Fall  a)  größer  als  dort,  weil  die  von  jedem  einzelnen  Massen punkt 
aasgehenden  Yerschiebangen  sich  auf  die  von  jedem  anderen  aus- 
gehenden Veisehiebiingen  nach  dem  Prinzip  der  Superposition 
kleinster  Bewegongen  snperponieren.  Die  Zahl  der  Super- 
positionen  ist  nm  so  grSBer,  je  größer  die  Zahl  der  Massen- 
ponkte,  folglieh  je  grOfier  die  Strecke  ist  Die  Versdiiebnngen 
sind  am  größten  da,  wo  die  meisten  Snperpositionen  stattfinden, 
d.  i.  in  der  Mittellinie,  die  Ton  der  Mitte  der  Strecke  in  der 
Schwingangsriehtang  ansgeht  Anßerdem  sind  die  Yersefaieliangen 
am  so  größer,  je  näher  an  der  Strecke  sie  stattfinden,  weil  ent- 
sprechendes fchon  im  Fall  a;  gilt. 

c)  Reihen  wir  mehrere  verschieden  lange  Strecken  der  vorge- 
nannten Art  diskontinuierlich  zu  einer  kreisrt3rniigen  Ebene  an- 
einander, welche  unendlich  schnell  senkrecht  zu  ihrer  Lage 
kosinnsförmig  schwingt,  so  befindet  sich  in  ihrem  Schwingnngs- 
bereich  keine  Loü  Sie  wirkt  wie  ein  ruhendes,  mit  abstoßenden 
Kräften  ausgestattetes,  kreisrundes  Brett,  dessen  Masse  gleich  der 
Sonmie  der  Massen  der  Strecken  nnd  dessen  Dicke  gleich  der 
Amplitude  ist  Denn  die  Lnft,  die  sieh  arsprOnglich  in  ihr^ 
Schwingnngsbereich  befand,  muß,  abgesehen  dayon,  daß  ihre  Teil- 
eben  ehen&Us  schwingen,  yerschoben  sein,  nnd  zwar  Tcrrnntlich 
am  meisten  im  Bereiche  zweier  geraden  Kegel,  deren  Basis  die 
Ereisebene  ist,  weniger  im  übrigen  Bereich.   Jedoch  sind  die  Be- 


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136 


B.  Gaetachenberger, 


tni^rc  sämtlicher  Verschiebungen  hei  gleicher  Amplitude  grüßer  als 
im  1  alle  b),  weil  die  von  jeder  einzelnen  Strecke  ausgehenden, 
KciitHi  su|ierponierten  Verschiebungen  sich  auf  die  \un  jeder  anderen 
Strecke  ausgehenden,  schüu  superponierten  VerKcbidiungen  aber- 
mals superponieren.  Die  Zahl  der  Snperpuäitiünen  ist  um 
80  großer,  je  grttBer  die  Zahl  der  Masseupnnkte  der  Streeken, 
folglich  je  gröBer  die  Ereisebene  ist.  Die  Venchiebungen 
sind  am  grl^fiten  da,  wo  die  meisten  Snpeipoflitioiieii  stattfinden, 
d.  i.  in  der  BGttellinie.  AnBerdem  sind  die  Yeiseliiebnngen  um  so 
grOBer^  je  näher  an  der  Ebene  sie  stattfinden,  weil  entsprechendes 
schon  im  Falle  b)  gilt 

Die  GrOBe  der  VerBohiebimg  der  Lnftteflehen  ist  somit  ab- 
hängig Ton  der  Größe,  anBerdem  anch  von  der  Entfernung  einer 
unendlich  schnell  schwingenden  Ebene. 

d)  Laöaen  wir  die  zuletzt  betrachtete  Ebene  unendlich  lang- 
sam kosinnsfönnig  schwingen,  d.  h.  ruhen,  so  betiudet  sich  am 
Ort  ihrer  Schwingnngsmittellagc  Liift  von  normaler  Dichte. 
Zwischen  diesem  Extrem  und  dem  vorher  angegebenen  sind  nach 
Analogien  ans  unserer  Erfahrung  stetige  Übergänge  logisch 
gefordert,  d.  h.  es  muß  sich  am  Ort  der  Schwingnngsmittellage 
bei  zunehmender  Sebwinguigssahl,  aber  gleichbleibender  Grttfie 
nnd  Amplitade  der  Ebene,  anfangs  Luft  von  sttnehmender  Ver- 
dünnung, später  eine  luftleere  Schicht  befinden,  welche  bei  weiterem 
Zunehmen  der  Schwingnngszahl  an  Dicke  annimmt,  bis  der  Fall  c) 
erreicht  ist  Da  außerdem  nach  unserer  Erfahrung  awisehen  ver- 
dttnnter  Luft  und  Luft  normaler  Diehte  sich  stetige  Ubergänge 
finden,  so  niUssen  wir  fordern,  daß  bei  jeder  Schwingungszuhl 
sich  an  die  Schicht  größter  Verdttnnung  am  Ort  der  Schwiuguugs- 
niittellage  Schichten  stetig  abnehmender  Verdünnung  anschließen. 
Ist  die  Luft  in  der  Umgebung  der  schwingenden  Ebene 
verdünnt,  so  muss  sie  irgendwo  im  entfernteren  Bereich 
verdichtet  sein.  Wie  schon  früher  erwähnt,  ergibt  sich  eine 
solche  VcrteiluTigsform  der  Dichte,  wenn  alle  Teilchen  um  Beträge 
y^rsohoben  werden,  die  mit  zunehmender  £ntfemuig  von  der  Ebene 
stetig  abnehmen. 

Die  Gr()Be  der  Verschiebung  der  Lufttoüohen  ist  somit  ab- 
hängig von  der  Schwingnngssahl  einer  pendelnden  Ebene. 
Meine  speziellen  Yennutangett  darttber  sind  folgende.  Lassen  wir 
die  Ebene  anfangs  sehr  langsam  kosinnsföimig  schwingen,  so  daB 


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über  die  M<)gUclikeit  einer  Quuititftt  der  Tonempfindnng.  137 

nicht  Luftschwingungeu,  souderii  Luftströmungen  entstehen,  so  wird 
die  Luft  am  Ort  der  Schvviuguugsmittella^c  bald  verdichtet,  bald 
verdünnt  siin,  wahrscheinlich  aber  läntrere  Zeit  und  mehr  ver- 
dünnt als  verdichtet.  LasBeu  wir  die  SchvvinguugBzahl  znnehmen, 
bis  eine  erste  Lnftschwingnng  entsteht,  so  wird  eine  erste  kon- 
stante Schicht  verdünnter  Luft»  bei  weiterer  Zunahme  der 
Schwin^ungBuhl  eine  eiflte  konstante  luftleere  Schiebt  ent- 
stehen» welehe  dann  an  Dicke  snninimt 

e)  Lassen  wir  die  unter  e)  betraohtete  Ebene  mit  nnendlich 
kleiner  Amplitude  kosinosförmig  scbwingen,  so  mht  sie  und  es 
befindet  sieh  am  Ort  ihrer  Schwingnngsmittellage  Luft  von  nor- 
maler Dichte.  Lassen  wir  die  Ampütnde  bei  gleichbleibender 
(Tfüße  und  unendlicher  Schwinguugszahl  der  Kbene  zunelimeu,  so 
iät  der  Etfekt  ähnlich  wie  unter  d),  d.  h.  die  luftleere  Schicht 
nimmt  zu  und  zugleich  wachsen  die  Verschiebungen  in  den  an- 
grenzenden Schichten. 

Die  Größe  der  Verschiebung  der  Luftteilcheu  ist  somit  abhäugig 
von  der  Amplitude  einer  onendlicb  schnell  schwingenden 
Ebene. 

{)  Ist  die  Grrdfie  der  Yerschiebnng  abhängig  TOn  der  GrOfie 
nnd  Amplitude  einer  unendlich  schnell  schwingenden  Ebene, 
so  kann  nach  Analogien  aus  unserer  ErMrung  eine  Abhängig- 
keit Ton  der  GrOSe  und  Amplitude  einer  weniger  schnell 
schwingenden  Ebene  nicht  fehlen,  es  müssen  sieh  viehnehr 
stetig  abnehmende  Grade  der  Abhängigkeit  mit  Abnahme 
der  Schwingungszahl  finden.  Wenn  die  Vermutung  richtig  ist, 
daß  bei  einer  ersten  Luftschwinguug  niedrigster  Schwiiii;im-siiiiljl 
eine  erste  kuiibtaiite  Verdünnung  vorhanden  ist,  so  mnW  um^^ekehrt 
von  hier  aus  der  Grad  der  Abhängigkeit  mit  Zunahme  der  Öcbwin- 
guugszahl  stetig  zunehmen. 

Wenn  uns  die  nötigen  Größen  von  Masse,  Flächeninhalt, 
Amplitude  und  Schwingungszahl  zur  Verfügung  stehen,  können 
wir  demnach  eine  physikalisch  nachweisbare  I^reß welle  enengen. 
Die  Fnge,  ob  die  in  der  Natur  vorkommenden  Größw  gentigen,  um 
eine  merkliche  und  mefibaie  Freasnng  bervorsubringen,  kann  nur 
durch  Rechnung  mit  absoluten  Gr5Ben  oder  durch  Versuche  entschie- 
den werden.  Bedenkt  man  übrigens,  welche  aufierordentliche  Steige- 
rung der  Wirkungen  in  der  Reihe  der  FäOe  a),  b),  c)  stattfindet, 
so  kann  man  an  der  Meßbarkeit  kaum  zweifeln.   Schon  im  Fall 


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138 


R.  Gaetscbeuberger, 


a)  sind  die  Wirknngeii  rttnmliche,  im  Fall  b)  findet  im  nahezn 

gleichen  Räume  eine  erste  Tielfaehe  Dnrclidrin^ng  und  Super- 
positidu  der  Wirkiiii^on  des  Falles  aj  statt  und  im  Fall  c,  wieder 
im  nahezu  gleichen  iüiuiii  eine  zweite,  ebenfallö  vielluelie  Dnrch- 
dringung  und  Snperpositiuu  der  Wirkungen  des  Falles  hj.  Icli 
sa^e  sDürchdrinj^uiif^  und  Superposition«.  Denn  wenn  der  Stoß 
von  Seiten  eines  jedeu  Teilchens  sich  auf  mehrere  benachbarte 
verteilt,  so  sind  in  den  Interferenzliuien  weder  Krenzungen  allein 
noch  Superpositionen  ;illein  möglich.  Damit  ist  sngegeben,  daß 
nicht  die  gesamte  Energie  einer  stoßenden  Ebene  zn  Snpeiposi-- 
tionen  verwendet  wird. 

Die  Abhängigkeit  der  Verschiebnng  nnd  mithin  des  Dmckes 
yon  der  Grdfie  nnd  Amplitude  der  Ebene  Überwiegt  wahr- 
scheinlich die  Abhängigkeit  yon  der  Schwingungszahl,  wenig- 
stens im  Bereich  der  musikalisch  verwerteten  Töne.  Denn  nach 
dem  vorlie^renden  Beweis  müßten  die  >Tüne  bei  gleichbleiben- 
der Grüße  und  Amplitude  und  zunehmender  Schwingöiigszahl 
der  erregenden  Ebene  »voller«  werdeu,  wenn  wir  den  Druek  der 
Welle  als  Bedingan^r  flir  die  Fülle  der  Tonemptinduug  heranziehen 
wollen.  Wenn  sie  nach  unseru  Erfahrungen  mit  zunehmender 
Schwingungszahl  »spitziger«  werden,  so  kann  das  wohl  nur  daran 
liegen,  daß  zugleich  die  Größe  der  Errecrer,  über  welche 
wir  znr  Zeit  verfügen,  sowie  deren  Amplitude  abnimmt 
Von  einem  Widersprach  zwischen  Theorie  nnd  Erfahrung  kann 
nicht  die  Rede  sein,  so  lange  es  nicht  gelungen  ist,  GiOße  nnd 
Amplitude  des  Erregers  bei  snnebmender  Schwingangsaahl  kon- 
stant zu  erhalten. 

Ich  brauche  kaum  zu  erwähnen,  daB  nnser  fUr  die  Tonwelle 
gefundenes  Resultat  sich  unbedenklich  verallgemciucru  lalii,  d.  h. 
daß  jede  Klangwelle  eine  Preßwelle  ist,  wenn  die  Tonwelle 
eine  solche  if^t.  Auch  bei  aperiodischen  Luftöchwiuguugeu  wird 
die  Verr^ehiebunic  der  Schwingungsmittelpnnkte,  soweit  von  solchen 
die  L'ede  sein  kuuu,  nicht  fehlen,  nur  ist  es  wahrscheinlich,  daß 
hier  die  Verschiebung  auch  nach  der  Ausbildungszeit  Schwan- 
kungen unterliegt.  Vielleicht  sind  solche  Bchwanknngen  charak-- 
teristisch  i\lr  manche  Geräosche. 

Was  könnte  nun  im  Falle  der  Merkliehkeit  die  dauernde 
Verschiebung  der  Schwingnngsmittelpunkte  oder  der  dauernde 
Drnck  der  Welle  als  viertes  Bestimmungsstäck  der  Tonwelle  für 


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über  die  MOgUehkeit  einer  QnantiiXt  der  Tonempfiadimg.  130 

die  Entstehang  eines  vierteu  Teiliahaltes  der  Tonempfindung 
leisten  ? 

Es  liegt  nahe,  eine  Kntstchnng:sl»edinguag  dieses  Tcilinhaltes 
in  der  Einpresäung  des  Trommelfells  zu  suchen.  Mau  kann  femer 
vermnten,  daß  dadurch  der  mittlere  Drack  im  Labyrinth wasser 
erhöht  wird,  und  swar  nicht  nur  durch  den  Druck  des  SteigbUgeU 
auf  das  ovale  Fenster,  sondern  anoli  darcfa  den  Drack  der  Pauken- 
bohlenlnft  anf  das  rnnde  Fenster.  Ist  die  Tobe  und  Mnnd  oder 
Nase  offen,  so  kann  die  PrefiweUe  aneh  auf  diesem  Wege  ein- 
dringen. Das  Cortische  Organ  endlieh  mit  seinen  hohen,  pfefler- 
förmigen  Zellen  scheint  sehr  wohl  geeignet,  den  mittleren  Dnick 
aufzunehmen  und  in  Nervenerreg:iiDg:  umzusetzen.  Neben  dem  er- 
höhten mittleren  Druck  könuttii  aber  uueli  die  kleinen  Driick- 
schwankungen,  von  deren  Weite  die  Intensität  und  von  deren  Zahl 
die  Qualität  der  Empfindung  abhängt,  ungehindert  auf  das  Organ 
wirken. 

Ich  erinnere  mich,  daß  es  mir  beim  Arbeiten  mit  einem  Phon« 
antographen  nicht  recht  gelingen  woUte,  die  Schreibspitze,  welche 
die  Verlängerong  des  starren  Radios  einer  Fickschen  Membran 
bildete,  um  ihre  Ruhelage  schwingen  zn  lassen.  Ihr  Sohwingongs- 
mittelpnnkt  war  meistens  in  der  Fortpflanzongsrichtang  des  Schalles 
Tcrschoben.  Das  äußerte  sich  dadurch,  daß  die  Kurven  anf  der 
rotierenden  Trommel  mit  einigen  QnyerhSltnismilfiig  großen,  ein- 
seitigen Ausschlägen  begannen.  Ich  schob  damals  die  Schuld  auf 
schlechte  Ansftihrung  der  Membran.  Jetzt  bin  ich  zu  der  Annahme 
geneigt,  da  Ii  die  Membran  tadellos  war  und  mir  den  Druek  der 
Welle  anzeigte. 

Man  könnte  gegen  die  Mi-rkliehkeit  eines  DruckeB  einwenden, 
daß  das  Lal)\  riothwasser  zu  wenig  konipressibel  sei.  Dagegen 
kann  aber  die  Erfahrung  geltend  gemacht  werden,  daß  das  Ohr 
schon  anf  minimalste  Energiemengen  prompt  reagiert.  Aaßerdem 
ist  die  Kompressibilität  des  Labyrinthwassers  nicht  die  Hauptsache, 
wichtiger  ist  es,  daß  irgend  welche  Zellen  des  Labyrinths  kom* 
poreBsibd  shid.  Daß  mit  wachsendem  Druck  eine  wachsende  Anzahl 
solcher  ZeUen  gepreßt  würde,  ist  unwahrseheiDlieh.  Die  Quantität  der 
Tonempfindnng  hinge  demnach  von  emem  Reiz  ab,  TOn  welchem  im 
Gebiete  des  Hautsinns  die  Intensitilt  der  Druokempfindnng  abhängt. 

Wenn  diese  Vermutungen  richtig  sind,  so  ergibt  sich  sofort 
eine  Analogie  mit  dem  Gesichtssinn. 


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140 


B.  6iet8ch«nberger, 


Jede  schwingende  Fläche  von  beliehiger  Größe,  Form,  Neig^ung; 
und  Entfernung:  vom  Ohr  kauu  uuiii  si(?h  ersetzt  denken  durch 
eine  tllr  dif  Ijnptindiing  gleichwertige  Kreisfläche,  deren  Mittel- 
punkt in  bestimmter  Entfernung  vom  Ohr  in  der  Verlängerung  des 
Gehörp:ang;s  liegt.  Mit  der  Größe  dieser  KreisHäclie  wächst  einer- 
seits* der  Druck  der  Welle,  anderseits  die  Fülle  der  Empfindung,  Mit 
ihrer  Grt^ße  wächst  aber  auch  der  Offnongswinkel  des  Kegels,  den 
gie  mit  dem  Ofaieingang  bUdet  Es  konnte  also  jede  Fläche  leptH- 
sentieit  werden  dnreh  einen  Winkel,  nnd  hiermit  hätten  wir  einen 
»HOrwinkel«  als  Analogen  zum  »Sehwinkel«. 

Erzeugt  man  in  einem  kleinen  Bereich  eines  allseitig  geschlos- 
senen Raumes  dnreh  eine  schwingende  Ebene  eine  konstante  Luft- 
Verdünnung,  so  mnß  die  Verdichtimg  im  übrigen  Bereich  größer 
sein  als  bei  allseitig  freier  Ausbreilun^  derselben,  und  aus  der  ein- 
seitigen PresRung  muß  eine  allseitige  werden.  Daraiu»  ließe  sicli 
die  'ToufüUe*  im  ^reschlossenL-n  Räume  gegenüber  der  »Spitzigkeit 
der  Töne"  im  freien  Felde  erklären. 

Wenn  der  Druck  der  Tonwelle  zu  den  meßbareu  Größen  gehört, 
80  ist  es  aber  noch  lange  nicht  bewiesen,  daß  ein  vierter  Teil- 
inhalt der  Tonempfindung  mit  ihm  parallel  gebt.  Man  kannte  sich 
ja  denkeui  dafi  entweder  der  Druck  im  Labyrinth  ganz  belanglos 
für  die  Empfindung  ist  oder  daß  er  nur  einen  Zuwachs  an  Inten- 
sität der  Empfindung  bedingt  Zur  Entscheidung  dieser  Frage  ist 
es  n(Hag,  die  Amplitude  sowohl  als  den  Druck  in  der  Preß  welle 
gesondert  zu  yariieren,  nnd  hierzu  bedürfen  wir  der  analytischen 
Gleichung  iHr  die  Freßwelle  oder,  was  praktischer  wäre,  einer 
Gleichuni;,  welche  die  P»e/,iehuui;  zwischen  Größe,  Amplitude  und 
Schwiugungszahl  einer  pendelnden  Kbenc  einerMcits  und  dem  in 
bestimmter  Entfernung  auf  einen  Gcp^enstand  ausiretihton  Druck 
anderseits  darstellt.  Wir  können  dann  bereeimeu,  eiucraeits  wie 
während  des  Wachstums  der  Ebene  deren  Amplitude  geändert 
werden  muß,  damit  die  Amplitude  des  Trommelfells  die  gleiche 
bleibt  ikkI  nur  dessen  Einpressung  variiert,  anderseits  wie  wäh- 
rend des  Wachstums  der  Amplitude  der  Ebene  deren  Flächeninhalt 
gdlndert  werden  muß,  damit  die  Einpreasung  des  Trommelfells 
die  gleiche  bleibt  nnd  nur  dessen  Amplitude  variiert.  Exakter 
wäre  es  freilich,  wenn  wir  die  Amplitude  und  Pressung  des  letz- 
ten Gliedes  im  mechanischen  Gehörapparat  gesondert  variieren 
konnten,  und  völlig  exakt  wäre  nur  die  gesonderte  Variation  der 


über  die  Httglielikeit  einer  QnantitXt  der  Tonempfindong  141 


eutsprechenden  physikalischen  oder  chemischen  Bestimaiun^sBtUcke 
am  letzten  Glied  des  Zentralnervensystems.  Wir  werden  aber 
wohl  bei  dem  Trommelfell  Halt  machen  müssen.  Können  bei  der 
geBonderten  Variation  die  hierbei  entstehenden  Empfindangsreiben 
ala  Teraehieden  beurteilt  werden,  so  besitzt  die  Tonempfindmig 
einen  TierlMi  TeUinhalt  »Einen  TeiHnhalt  einer  Empfindung 
konstatieren«  beißt  ja  niobts  anderes  als:  »die  Vaiiierbaikeit 
der  Empfindimg  in  einer  dnzigen  Biebtnng  konstatieren«  Der 
negative  Ans&U  des  Experiments  aber  beweist  noeh  niebt  das 
Gegenteil,  weil  eben  die  pbysikallseben  Bestimmnngssttteke  am 
Trommelfell  noch  nicht  die  des  letzten  Gliedes  sind,  welches  wir 
naeli  dem  Prinzip  des  psychoplivsischeii  ParalleUsmuä  fordern 
müssen.  Vomnssichtlieh  wird  es  jedoch  zur  Entscheidung  der 
Frage  gentl^en,  wenn  das  Tron mielfeil  als  letzten  Glied  betrachtet 
wird.  Dabei  bildet  nur  die  Funktion  des  Tensor  tympani  eine 
unangenehme  Komplikation,  die  sieh  aber  wabrscheinliob  aus- 
schalten läßt 

Unter  gewübnliehen  Umständen  scbwingen  iüeine  Ktfrper  mit 
(absolnt)  kleinen  AmpHtnden,  während  große  gleiek  gut  mit  kleinen 
wie  mit  großen  Amplituden  sebwingen.  Femer  Ist  die  Sebwin- 
gnngssabl  kleiner  KOrper  groß  und  die  großer  Körper  klein.  Znr 
gesonderten  Variation  der  Amplitade  nnd  des  Dnekes  der  Welle 
wird  es  nötig  sein,  aneb  kldnen  KOrpem  große  Amplituden  nnd 
kleine  Schwingnngszahlen  und  großen  Körperu  große  Schwingungs- 
zalilen  zu  verleihen.  Ich  zweifle  uieht,  daü  die  Technik  die  Mittel 
bieten  wird,  solche  Schwingungen,  etwa  :nif  elektromagnetischem 
Wepe,  zu  erzwinfren.  Nur  dtlrftc  es  schwierig  sein,  zugleich 
pendelartige  Schwingungen  zu  erzwingen,  worauf  es  jedoch  nicht 
80  sehr  ankommt.  Übrigens  müßte  es  auch  möglich  sein,  auf  rein 
mechaniscbem  Wege  Pendelschwingungen  einer  Platte  in  beliebiger 
Kombination  yon  Große  nnd  Amplitude,  jedoeb  mit  beschränkter 
Sebwingnogssabl  m  erzwingen.  Man  denke  nnr  daran,  daß  der 
Plojektionspnnkt  eines  Badpnnktes  pendelt.  Es  kann  niebt  sebwierig 
sein,  dnreb  Baddrebong  eine  Stange  derartig  in  einem  Lsger  an 
bewegen,  daß  rie  sieb  nur  in  ibrer  eigenen  Bicbtnng  yerscfaiebt 
nnd  daß  jeder  ibrer  Teile  pendelt.  Anf  diese  Stange,  die  cur 
Vermeidung  von  Nebengeräuschen  durch  eine  Mauer  gefUhrt  wer- 

V  Vgl.  Stumpf,  Über  den  psychologischen  Ursprung  der  lUnmvontd- 
long.  187Ö.  §  & 


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142 


B.  GaeteeheniMfger» 


dcii  müßte,  küuüten  Platten  von  verschiedener  Größe  Renkrecht 
angesetzt  werden.  Dnrch  Variierang  der  Entfenumg  des  arbeiten- 
di'n  Radpunktes  von  der  Radachse  wird  dann  die  Amplitude  der 
Platte  variiert  und  ihre  Öchwingungszahl  ist  gleich  der  Touren- 
zahl des  Rades.  Mit  einer  Dampfturbine  als  Motor  werden  sich 
wohl  die  Schwiiigaiig;8saMeii  der  eingestrichenen  Oktave  eneiehefl 
laaflen. 

£b  dttifen  non  zwei  Einwände  gegen  die  PrefiweUe  und  ihre 
etwaigen  Konsequenzen  Air  die  Empfindung  nieht  nnteidrOekt 
weiden,  Einwände,  welche  beim  eisten  Anbliclt  TCiniehtend  scheinen 
können. 

Wir  haben  die  Schwingung  der  Ebene  von  links  nach  rechts 
begiuueu  lassen  uud  die  Vorpinge  auf  der  rechten  Seite  unter- 
sucht Wie  nun,  wenn  die  Ebene  umgekehrt  zu  schwingen  be- 
ginnt? Unzweifelhaft  entsteht  da  auf  der  rechten  Seite  zuerst 
iiiie  \  orilliiHiung,  breitet  si(  h  ans  und  trifft  das  Ohr.  Der  Über- 
druck der  Paukenholdeulult  preßt  das  Trommelfell  nach  außen. 
Beginnt  nun  eine  halbe  Periode  später  eine  Pressung,  so  kann, 
gelbst  nach  einer  Ausbildungszeit,  das  Trommelfell  nicht  so  weit 
eingedrückt  werden  wie  im  früher  besprochenen  Fall.  Wenn  ein 
Tieiter  Teilinhalt  existieit,  so  mttfite  die  Empfindung  Tersofaieden 
Sern  je  naek  der  Seite,  nach  weidier  die  Ebene  zn  schwingen 
beginnt  Kach  unseren  ErfiUmmgen  ist  das  aber  filr  die  Empfin- 
doDg  gleichgültig.  Aho  dn  Wideispniehl  Dieser  eiste  Einwand 
tritt  offenbar  rnnr  dann  in  Kraft,  wenn  anfier  der  Existenz  der 
Preßwelle  auch  die  Existenz  eines  vierten  Teilinhaltes  beiiauptet 
wird.  Verzichtet  man  auf  diesen,  so  ist  es  ja  gleichgültig,  ob  das 
Tnmimelfell  irepreßt  \\\rd  tnlnr  nicht.  Mau  kann  aber,  abgesehen 
von  K(iuKr([ii(  H7.cn  fUr  die  Eniptiudnng,  zweitens  einwenden,  wenn 
zuerst  eine  Verdünnung  entätehe,  so  könnten  die  eine  halbe  Periode 
später  auf  der  recliten  Seite  beginnenden  Vorgänge  nicht  mehr 
die  gieicben  werden  wie  im  früheren  Fall,  es  finde  keine  oder 
eine  andere  Yeischiebnng  der  SchwmgnngsmittelpBnkte  statt,  kniz 
es  liege  da  ehi  nenes  Problem  Tor. 

Der  erste  Einwand  ist  leiokt  zn  entkräften,  nicht  so  der  zweite. 

Zunächst  wollen  wir  nnteracheiden  zwischen  der  schiohtförmigen 
YerdOnnung,  welche,  eingeschlossen  von  zwei  schichtfönnigen,  sich 
fortpflanzenden  Verdichtungen,  von  diesen  beiden  durchaus  ab- 
häuf^i^  ist,  uud  der  veremzelten  VerdUüuuiig,  welcher  keine  Ver- 


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Ober  die  MOglidikeit  einer  QnaatitXt  der  Tonempfindang.  143 

dichtane:  vorang:eht  u  id  nachfolgt,  welclie  vielmehr  in  Lnft  von 
bisher  normaler  Diciite  sich  ausbreitet.  Im  füigenden  ist  um  von 
der  Verdtlnnong  zweiter  Art  die  Rede. 

Die  For^flanznng  einer  Verdichtung  nnd  die  einer  yereinzelteiL 
Verdtümnng  sind  nicht  etwa  zwei  einfach  entgegengesetzte  Pro- 
sesse, swiaoheii  denen  irgend  welche  Analogien  sn  linden  wftren. 
ffie  erweisen  dch  vielinelir  euch  nach  Abstraktion  von  der  Gegen- 
tftsHclikeit  awisdien  Verdichtang  und  Verdttnnnng  als  gnindver- 
seliieden.  »Eine  Verdiebtnng  pflanst  sioli  fort«  heißt:  »es  werden 
immer  entferntere  Teilchen  gezwungen,  ihr  Bestreben ,  sich  yon 
ihresgleichen  zu  entfernen,  zu  vergrößern«.  »Eine  Verdünnung 
pflanzt  sich  fort«  heißt:  » es  \\  ird  immer  entfernteren  Teilchen 
Gelegenheit  gegeben,  ihrem  Bestreben,  sich  von  ihresgleichen  zu 
entfernen,  nachzukommen«.  Die  Kraft  zur  Fortptiau/nnir  der  Ver- 
dichtung stammt  vom  Erre^'er  und  hat  den  Luftdruck  zu  Uber- 
winden, die  Kraft  zur  FortpHanznng  der  Verdünnung  aber  stammt, 
weil  Luft  an  Luft  nicht  zieht,  einzig  und  allein  vom  Lnft- 
drnck,  der  Erreger  bietet  nur  die  Gelegenheit  zur  Äußerung 
der  Kraft  Die  Verdichtang  pflanzt  sich  fort  trotz  des  Lnfldraeks, 
die  Verdünnung  aber  kraft  des  Lnfldiiicks.  Die  Arbeit,  wdehe 
ein  T^ilehen  leistetj  während  es  das  nichste  am  eine  Wegstrecke 
gegen  den  normalen  Lnftdinck  Tersehiebt,  ist  grOBer  als  die 
Arbeit^  welche  ein  Teilchen  anter  normalem  Lofldrack  leistet,  wäh- 
rend es  das  nächste  um  die  gleiche  Wegstrecke  in  die  Verdün- 
nung verschiebt  Daraus  ergibt  sich,  daß  die  Fortpfl;i ir/ungs- 
geschwindigkeit  der  vereinzelten  Verdünnung  größer  ist  als 
die  der  Verdichtung.  Nach  meiner  Rechnung,  die  ich  nicht  als 
maßgebend  betrachte,  ist  die  Arbeit  im  erraten  Fall  die  doppelte. 
Daraus  ergäbe  sich,  daß  die  FurtpÜauzuugägeschwindigkeit  der 
vereinzelten  Verdünnung  V2  =  l,414mal  so  grofi  ist  als  die  der 
Verdichtung,  d.  h.  als  die  Schallgeschwindigkeit 

£ine  weitere  große  Versehiedenheit  beider  Prozesse  tritt  zu 
Tage,  wenn  wir  die  Art,  wie  eme  Yerdttanang  sich  ausbreitet, 
gensner  betrachten.  Lassen  whr  eke  kleine  kreisrnnde  Ebene 
einmal  rasch  von  rechts  nach  links  schwingen,  so  breitet 
sich  links  die  Verdichtang  in  einer  Schioht  annähernd  Ton  der 
Form  einer  Ha]bkagekeh«Ie  ans,  hinter  welcher  sich  die  nor- 
male Luftdichte  nach  Möglichkeit  wieder  herstellt  Die  Ver- 
duuuimg  uut  der  rechten  Seite  breitet  sich  zwar  auch  annähernd 


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144 


S.  GaetBehenberger, 


radial  ans,  aber  nicht  in  Form  einer  Schicht,  sondern  e» 
bleibt  die  jeweilig  größte  VerdUnnnng  immer  an  demselben 
Ort,  weil  T.nft  an  T.nft  nicht  zieht.  Nach  diesem  Ort  hin  werden 
die  nmgebenden,  in  konzentrischen  üalbkngelschuleu  gelegenen 
Teilchen  in  der  Weise  getrieben,  daß  in  jedem  Zeitelement  jede 
innere  Schale  nm  einen  größeren  radialen  Betrag  zusammen- 
sohnimpft  ato  jede  äußere.  Die  »Fortpflaosnog«  der  VerdUnnnng 
geschiebt  in  der  Weise,  dafi  anßen  immer  nene  Schalen  in  die 
Bewegung  eintreten.  Wenn  nnn  die  ganze  Verdichtung  in  einer 
schalenfitrmigen  Schicht  konzentriert  ist,  die  VerdUnnnng  aber  eine 
ganze  Halbkngel  erfiUlt,  nnd  zwar  so  erAlOt,  daß  die  größte  Ver> 
dtlnnnng  immer  im  Mittelpunkt  liegt,  so  ist  es  klar,  daß  die  Ver- 
dünuuug  am  Fol  der  rechten  Halbkugel  weit  geringer  ist  als 
die  entsprechende  Verdichtung  am  Pol  der  linken  Halbkugel. 
Wenn  femer  der  Pol  der  Verdünnung  einen  festen  Gegenstand 
trifft,  Bo  kann  hier  die  Yerdiiununi!:  nicht  weiter  zuneiinien,  weil 
Luft  an  Luft  nicht  zieht,  vielmehr  mUssen  sich  dann  die  Malb- 
kngelschalen  derartig  deformieren,  daß  die  Laftbewegung  sich  zum 
Teil  aaeh  gegen  den  festen  Gegenstand  richtet*  Denn  der  Aus- 
gleich von  Dmeknnteischieden  erfolgt  nnr  nnter  d^  Herrschaft 
eines  Dnekes. 

Wir  können  jetzt  den  ersten  Einwand  znriickweisen.  Das 
Trommelfell  ist  bis  zum  etwaigen  Eintreffen  einer  Fressong  llngst 
wieder  in  seine  Bohelage  znrttcfcgekehrt,  wenn  es  dieselbe  Über- 
haupt verlassen  hat,  erstens  weil  die  Fortpflanznngsgesohwindigkeit 

der  vorangehenden  Verdünnung  grüßer  ist  als  die  der  Verdichtung, 
zweitens  weil  die  VerdUnnnng  und  mit  ihr  die  I^everäudemng 
des  Trommelfells  nur  eine  minimale  sein  kuim.  Zwar  i8t  das 
Trommelfell  selbst  noch  nicht  der  feste  Go^'eiintand,  welcher  dem 
Zunehmen  der  Verdünnung  eine  Grenze  setzt,  aber  der  feste  Gegen- 
stand liegt  in  nächster  Nähe,  in  den  festen  Wänden  des  inneren  Ohres. 

Es  fragt  sich  aber  jetzt,  ob  eine  Pressung  ron  gleicher  Form 
nnd  QtMe  nachkommt,  wie  wir  es  frtther  fimden. 

Ans  der  Art,  wie  eine  yeieinzelte  VerdUnnnng  sich  anshieitet, 
mflssen  wir  entnehmen,  dafi  die  Wiederherstellnng  der  normalen 
Lnftdichie  ein  yerhiUtniBmABig  langsamer  Prozeß  ist  Ja,  wenn 
wir  eine  Scheidewand  zwischen  beiden  Halbkngehi  errichten  kann- 
ten, so  dafi  Jcein  Ausgleich  stattfUnde,  nnd  wenn  die  Verdiinnung 
niemals  einen  festen  Gegenstand  träfe,  mtlßte  der  Prozei^  noch 


über  die  MOgliohkflit  einet  Qmuitittt  der  Tonempfindimg,  145 

länger  dauern,  als  bis  die  Schrnmpfnn^  einer  nuBersteii  HalV 
kagelschale  gleich  Nnll  gesetzt  werden  köuntc.  Mau  kaim  uun 
2war  Tennnten,  daB  diese  Grenze  bald  erreicht  ist  und  daß  die 
Vorgänge  auf  beiden  Seiten  der  Ebene  trotz  der  Schnelligkeit  der 
Scbwingimg  Bclioii  während  derselben  merkliehen  Einfluß  auf  ein- 
ander haben,  bo  daß  wir  aehon  bei  der  finheren  UnleiBnehnng 
die  Voiglsge  auf  der  Kehraeüe  hätten  berttekBiehtigen  rnttsaen. 
Trotedem  bleibt  es  wahrschehilich,  daß  die  Verachiebnngen,  die 
wir  im  früheren  Fall  geAmden  haben,  sich  im  zweiten  Fall  anf 
negative  Verflehiebmigen  snperponieren,  die  noch  von  der  ersten 
halben  reriode  her  übrig  geblieben  sind.  Damit  ist  aber  noch 
nicht  ausgosrhlossen,  daß  die  Presfinnp:  früher  oder  später  auf 
beiden  Seiten  die  gleiche  wird.  E.-*  fmsteht  vielmehr  die  Wahr- 
scheinlichkeit, daß  die  Uni^ieicbbeit  sich  bald,  soorar  noch  wahrend 
der  Ausbildungszeit,  verliert.  Wir  haben  bisher  von  einer  Aus- 
bildnngazeit  nur  in  Beziehung  auf  die  Schwingnngsform  gespro- 
chen. Der  zweite  Einwand  kann  uns  nur  darauf  hinweisen,  daß 
wir  eine  AnsbildnngBzeit  aaeh  dafür  fordern,  daß  auf 
beiden  Seiten  einer  sehwingenden  Ebene  die  gleichen 
Effekte  sieh  herstellen.  Sie  mnß  gefordert  werden,  weil  vep- 
Bchiedene  Effekte  niemals  gefonden  worden  sind. 

Wir  haben  alao  den  aweiten  Einwand  nieht  widerlegt,  erkennen 
vielmehr  seine  Bereehtignng  bis  zn  einem  gewissen  Grade  an  mid 
geben  zu,  daß  die  Frage  nach  der  Ausbildungszeit  (kr  r<»]iwelle 
noch  einer  Ergänzung  bedarf.  Jedenfalls  ist  dir  Schwere  des 
Einwaudes  so  weit  gemildert,  daß  er  nicht  mehr  hindern  darf,  in 
die  mathematische  Behandluuir  der  l^rcRwclh'  einzutreten. 

Endlich  möchte  ich  die  Vernuitung  auHspreehen,  daß  eine  Aus- 
bildungszeit noch  in  einer  dritten  Beziehaug  von  nöten  ist.  Ich 
glaube,  daß  man  eine  starre  Ebene  nicht  zwingen  kann,  TOn  Anfang 
an  genau  kosinnsförmig  zu  schwingen.  Denn  sie  muß  mehr  Arbeit 
leisten,  um  eine  Yerdttnnnng  am  Ort  ihrer  Mittellage  herzu*- 
stellen,  als  um  dieselbe  zu  erhalten.  Ist  diese  Arbeit  zu  zwei 
Zeiten  verschieden,  so  ist  es  wohl  auch  die  Sehwingungsform,  und 
ist  die  Sehwingungsform  des  Erregers  zu  zwei  Zeiten  yerschieden, 
so  wird  das  auch  ftr  die  erregte  Welle  gelten.  Mit  anderen 
Wurtcii  lautet  diese  Vermutung:  Es  verstreicht  einige  Zeit,  bis 
Erreger  und  l.uft  öich  in  gegenseitige  Kci^ouauzbeziehung 
gesetzt  haben. 

ArchiT  fftr  Fsjcbolagie.  I.  IQ 


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146  K-  QMtflohenbeijgw, 

Zum  Schluß  sei  noch       Frage  aufgeworfen,  wie  es  mOglieh 

ist,  daß  beim  heutigen  Stande  der  mathematischen  Physik  noch 
immer  eine  empiiiidliche  Lücke  in  der  Akustik  bestehen  kauii. 
Dali  die  fehlerhafte  Anwendung  des  Iluyghens-Fresnelßchen 
Prinzips  daran  schuld  ist,  glauhe  icli  niolit.  Solche  grobe  Fehler 
von  Seiten  Einzelner  werden  von  der  Mehrheit  nicht  acceptiert. 
Ick  sehe  vielmehr  die  Schuld  in  einer  Mißachtung  des  Prinzips  der 
Sapeiposition  kleinster  Bewego^^^-  Problem  der  Wirkung 

einer  schwingendeu  £bene  auf  Luft  läßt  sich  reduzieren  auf  die 
Frage  nach  der  Wirkung  zweier  benachbarter,  parallel  pendelnder 
Masse np unkte.  Die  Frage  lautet  dann:  Was  geschieht  in  der 
Mittellinie,  d.  h.  in  der  Senkrechten,  die  man  in  der  Mitte  der 
VerbindangsUnie  beider  Massenpnnkte  in  der  Schwingungsrichtang 
errichtet?  Die  Mittellinie  ist  offenbar  nicht  nur  ein  Ort  der  Inter- 
lereuzj  sondern  auch  der  Superposition,  und  die  letztere  wird  zum 
Gegenstand  der  Untersuchung.  Mau  kauu  nun  etwa  folgeuderujaßeu 
argumentiere n.  Der  Abstand  beider  Massenpuuktc  ist  als  ver- 
Hchwindiiul  klein  zu  betrachten  im  Verhältnis  zur  Wellenlänge. 
Angeuouimeu,  es  gehe  von  einem  einzigen  Massenpuukt  eine  kreis- 
förmige Sinuswelle  ans,  so  geschieht  auf  der  Mittellinie  mit  höchster 
Annäherung  1]  das  Gleiche  wie  auf  dem  zur  Mittellinie  parallelen 
Badias,  d.  h.  es  verläuft  auch  dort  eine  Sinuswelle.  Und  wenn 
nnn  von  beiden  Massenpnnkten  kreisförmige  Sinnswellen  aus- 
gehen, so  fallen  auf  der  Mittellinie  deren  swei  zusammen  und 
snperponleren  sich.  Und  nun  kommt  die  LOsnng  mit  dem  Satz: 
Wenn  zwei  Sinuswellen  von  gleicher  Wellenlänge,  beliebiger  Am- 
plitude und  beliebigem  Oangnnterschied  sich  snperponleren,  so 
entsteht  immer  wieder  eine  Sinnswelle.  Dieser  Satz  ist  un- 
zweifelhutt  ri(hliü.  Er  ist  ein  evidentes  Ii vp()thetisehet4 
Urteil.  Aher  die  Hypothesis  gilt  nicht,  daher  \at  die 
Thesis  wertlos.  Es  superponieren  si«  Ii  nirgends  in  aller  Welt 
zwei  SinusweUeu  und  speziell  in  unserem  Falle  superponieren  sich 


Ii  Da  ich  mich  hier  bemühe,  die  bcstmügliche  Argumentation  gei^eu 
die  Preßwelle  va  finden,  so  wird  man  es  xn  wUrdigen  wiseen«  wenn  ich  dem 
fingierten  Gegner  große  Worte  in  den  Mund  lege.   In  Wirklichkeit  ist  die 

Aiitilihornni:  keine  sehr  luilt-utende.  Sie  ist  nur  groO  in  großer  Entfernung, 
wird  ;il'ri  immer  geringer  in  der  Richtung  nach  dem  Mittelpunkt  zwijiphen 
beiden  Masücnpunkten.  Der  Mittelpunkt  selbst  verhult  Bich  gegensätzlich 
Bum  Maesenpnnkt,  denn  dort  herrscht  voUstindige  Buhe. 


Diqitized  bv  Goo<^Ic 


r 


über  die  H0{^lidikeit  einer  Quintitit  der  Tonempfindnng.  147 

in  der  Mittellinie  iseine  Sinaswellen,  (nicht  nur  ans  dem  nnter^) 
S.  138  genannten  Grnnde,  sondern  auch)  weil  von  zwei  benaehbarteDi 
parallel  pendelnden  Massenpnnkten  keine  Bolchen  «abgehen,  auch 
wenn  von  jedem  einaelnen  während  der  Rahe  des  anderen  eine 
Sinnswelle  aasginge.  Es  enperponieien  sich  yielmehr  die  von 
beiden  Massenpnnkten  ansgekenden  kleinsten  Bewegongen  schon 
von  Anfang  an  derartig,  dafi  eine  annähernd  kreisförmige  Preß- 
welle entsteht  Wenn  jeder  Massenponkt  nnabhHngig  vom  anderen 
nacL  Ablauf  einer  Periode  in  der  Mittellinie  eine  Sinnswelle 
erzeugt  hätte  und  dann  erst  die  Superpositif»n  stattfamli .  dann 
allerdings  hatte  die  resultierende  Welle  wieder  ÖiuuHform,  wie  die 
Machschc  Konstmktinn es  hewcist.  Hiermit  ist  aber  das 
Prinzip  der  Snpcrposition  kleinster  Bewegaugen  sn 
gansteu  großer  Bewegungen  verlassen. 

Zar  Verteidigung  der  £xisten2  einer  Quantität  der  Ton- 
empfindnng fUge  ich  nichts  hei,  erstens  weil  ich  glanhe,  einem 
stQlen  Wnnseh  vieler  Psychologen  entgegengekommen  zn  seiny 
Kweiteiis  weil  ein  strenger  Beweis  doch  anf  kdne  andere  Weise 
gefthrt  werden  kann  als  dnieh  gesonderte  Yaiiatlon  der  Ent- 
BtehnngshedinguDgen. 

Ich  hoffe  mit  dieser  ersten  flüchtigen  Orientierung  anf  uube- 
tretenen  Pfaden  die  Amegun^'  zur  mathematischen  Untersuchung  der 
eutätcbenden  Welle  gegeben  zu  haben.  Uber  die  von  Ewigkeit 
her  bestehende  Welle  sind  wir  hinreichend  unterrichtet 


1)  Angegeben  in  Maller-PouiUets  Lehibaeh  der  Physik.  Bd.  L  S.66& 


10* 


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Zur  f  syckoiogie  der  Aussage. 

Von 

Dr.  phiL  et  iiie4.  Arthur  Wreachner. 

Hit  einer  Abbildung. 


Die  unter  diesem  Titel  in  der  ZeltBclirift  lllr  die  £re!*auite 
Staats  Wissenschaft,  Bd.  22,  Heft  2/3  und  aiucli  im  Öoudcrabdruck 
(.1.  Gattentag,  Berlin  1902)  von  L.  William  Stern  veröffentlichte 
Arbeit  hat  wie  nur  wenige  experimentell-psychologische  Arbeiten 
dai  IntereBse  weiter  Kreise  auf  aieh  gelenkt  Selbst  Tageszeitongen 
nahmen  Ton  ihr  wiederholt  Notiz.  In  der  Tat  hat  ja  das  Problem 
der  Erinnemngstrene  nicht  nnr  einen  hohen  theoretiBehen  Wert, 
Bondeni  ist  anch  von  einsehneidender  Bedeutnng  füLi  das  praktische 
nnd  dffentliehe  Leben.  Mit  Recht  weist  Stern  daraufhin,  daß  nun- 
mehr der  Pädagoge  die  kindliche  Lttge  einer  Überprüfung  unter- 
ziehen muß,  da  offenbar  ein  beträchtlicher  Teil  der  als  unmoralisch 
gebnuidmai  kteii  rnwabihciten  auf  DornialenErinnerungstUuacbungen 
beruht;  in  gleicher  Weise  wird  der  Psychiater  die  Grenze 
zwischen  normaler  nnd  pathologischer  Lückenhaftigkeit  des  Ge- 
dächtnisses herausrllckeu  müssen;  die  wisseuschuftliche  > Quellen- 
kritik und  -wUrdigung«  wird  bei  historischen  ÜberlieferungeQi 
Chroniken,  Memoiren,  Reiseberichten  an;^  der  Erinnerang»  ftuch 
bei  nachti^lichen  Protokollen  Uber  spiritistische  S^cen  noch 
schärfer  zu  handhaben  sein;  ror  allem  aber  wird  der  Jurist  bei 
Verwertung  von  Zeugenaussagen  Torsichtiger  zu  Werke  gehen, 
unter  Umständen  den  charakteristisohen  Erinnerungagiad  eines 
wichtigen  Zeugen  vermittels  experimenteller  Stichproben  durch 
einen  Sachverständigen  festlegen,  öfter  als  bisher  einen  Hehieid 
als  Folge  einer  normalen  Erinnerungstäusehung  in  Erwl^ng 
zielieu,  zwischen  besehwörbarcn  und  nicht  beschwörbaren  Aus- 


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Zur  Psychologie  der  AiUMige. 


149 


sagen  unterscheiden  und  schließlich  den  Einfluß  des  Zeitiatervalls 
zwischen  Erlebnis  und  Aussage  darttber  in  Betracht  ziehen  müssen. 
Unter  diesen  Umständen  mußte  natürlich  das  Hauptergebnis  der 
St e  raschen  Untersnchnng:  die  fehlerlose  Erinnerung  ist  so  wenig 
die  Begel,  daß  unter  10913  Angaben  von  33  gebildeten  Personen 
919,  also  Sy^ß^  falsch  sind,  Tielfkehes  Aufsehen  erregen.  Aller- 
dings  filr  den  psychologisohen  Faehniann  war  dieses  Resultat  kaum 
ein  NoYum,  denn  nach  der  Yortrefflichen  Arbeit  Ebbinghaus' 
ttber  das  Oedftehtnis  (1885)  untersuebten  versehiedeue  Forscher 
wie  J.Cohn,  Finzi,  Lobsien,  Münsterberg,  Netschajeff, 
Ranschburg,  Steffens,  und  vor  allen  G.  E.  Müller  in  Gemein- 
schaft teils  mit  Schumann,  teils  mit  Pil/.ecker  die  Probleme 
des  Gediichtiiiciöeö  und  zwar  zum  Teil  mit  einer  peinlichst  sorg- 
fältigen Methode  und  scharfen  Analyse.  Aber  gerade  deshalb 
wurden  die  Versuchsbedingnngen  den  Vorgängen  im  wirklichen 
Leben  möglichst  weit  entrückt;  im  Interesse  einer  Wissenschaft- 
lieh  einwandfreien  Versnehsteohnik  und  eindeutigen  VerwertbariLeit 
der  Besnltate  operierte  man  mit  einfachsten  Gebilden,  wie  Tönen 
(s.  B.  Wolfe),  Zahlen,  Bncbstaben,  sinnlosen  Silben  oder  höchstens 
mit  sinnvollen  Worten  und  Texten.  Stern  dagegen  suchte  seüi 
Venmchsrer&hren  den  alltäglichen  VorJLommnissen  möglichst  nahe 
SU  bringen  und  lieB  drei  gedruckte  Schwarz-WeiBbilder,  die 
relativ  komplizierte  Szenen  (Anszng  eines  Malers,  die  Vorlesung 
eines  Hasen  in  der  Umgebung  von  fünf  andern  Hasen,  die  Spei- 
«nnp:  eines?  Knaben  dnrch  seinen  Großvater)  darstellen  und  außer- 
dem noch  ziemlich  undeutlich  gehalten  sind.  Minuten  lang 
von  seinen  Versuchspersonen  betrachten,  um  uuiiiittelbar  naehiier 
von  itmen  einen  gedäohtnismäßigen  schriftlichen  Berieht  Uix  r  das 
Gesehene  einzufordern.  Neben  diesem  primären  Bericht  piben 
die  Vp.  auch  noch  sekundäre,  und  zwar  Ton  allen  drei  Bildern 
am  21.,  Ton  den  beiden  komplizierteren  auch  am  14.  und  Yon  dem 
kompliziertesten  auch  am  5.  Tage  nach  der  Betrachtnng.  ScUieB- 
lich  ließ  er  23  Personen  einige  Wochen  nachher  nochmals  einen 
Bericht  ttber  die  diel  Bilder  anfertigen,  wobei  sie  das  unterstrichen, 
was  sie  bei  einer  gerichtlichen  Aussage  beeidigen  wttrden.  —  Aller- 
din^'s  aueh  Stern  muß  zugeben,  daß  selbst  seine  Versuche  immer- 
hin noch  unter  günstigeren  Umständen  sich  abspielten,  als  die 
natürlichen  Ereignisse.  Stammten  dneh  seine  Aussagen  von  ge- 
bildeten Personen  (Studierende,  Lehrer  etcj  iu  den  besten  Jahren 


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150 


Arthur  Wreadmer, 


(17 — 46;,  nach  einer  relativ-  laDgeu  Betrachtung^  von  Gcprenständen  in 
ruhiger  UnverUnderliehkeit  und  bei  maximaler  Aufmerksamkeit  (die 
Vp.  wußten  sehüu  vorher,  daß  nie  s]);lter  Über  das  (Tesehene  be- 
richten mtlssen);  es  fehlten  ferner  alle  Affekte  mit  ihren  Verfäl- 
schungen, die  Vp.  hatten  nur  das  höchstens  forderliche  Interesse, 
möglichst  viel  richtige  Angaben  zu  machen;  ebenso  waren  keinerlei 
Suggestionen  durch  gegenseitige  Bespreehiingen  oder  Fragen  vor^ 
banden;  sebliefilieh  mußten  anch  die  primSren  Aussagen  der  Er- 
innenmg  zn  gute  kommen  nnd  erfolgten  die  seknndllren  (sdibst- 
redend  ohne  daft  die  Vp.  inswisohen  miteinander  ttber  das  Bild 
sich  nnterbielten)  in  relativ  kurzer  Zeit,  höchstens  drei  Wochen 
nach  der  Vorlegung.  Diesen  Vorteilen  standen  nur  die  wenigen 
Nachteile  ge^jcnUber,  daß  1]  das  Experiment  immer  eine  Fiktion 
ist  imd  darunter  die  EiuprUgungsgewalt  wie  das  Verantwortlich- 
keitsg:ef^bl  bei  Aussage  und  Beeidigunj;  leidet;  nach  raeinen  eigcTien 
Beobachtungen  wird  hierdurch  auch  das  Interesse  au  der  Zahl  und 
Richtigkeit  der  Angaben  etwas  herabgesümmt,  2]  die  unterstützen- 
den Kebenunstände  in  Form  von  Bewegungen  nnd  Geräuschen 
neben  den  optischen  Eindrücken  fehleOi  3)  zwischen  den  Einzel- 
heiten des  Bildes  kein  logischer  Znsammenhaog  besteht,  wobei 
allerdings  Stern  ttbersieht,  daß  die  dargestellte  HandbiDg  and 
Szenerie  eine  gewisse  Einheit  in  das  »unorganische  Neboneinander« 
bringt;  er  selbst  führt  Beispiele  davon  an,  in  denen  diese  Einheit 
wenn  anch  yerfUschend  wirksam  war,  z.  B.  die  Fehler  infolge  der 
»Erwartung«  (S.  29);  auch  meine  Versuche  ergaben  eine  solche 
Quelle  von  Fehlern;  ohne  Zweifel  aber  fUhrt  der  ^^leiche  Umst4iud 
noch  häufiger  zu  richtigen  Angaben.  Immerhin  aber  wird  mau 
Stern  recht  geben  müssen,  daß  die  Ergebnisse  solcher  Versuche 
höchstens  die  untere  Fehlergrenze  flir  das  reale  Leben  anzeigen. 
Bchou  diese  aber  ist  bedenklich  hoch,  denn  die  282  Aussagen  mit 
10913  Einzelaugaben  waren  von  5,8^  Fehlem  in  den  primären 
und  von  10  ^  Fehlem  in  den  sekundären  Berichten  durchsetzt. 
Bereits  diese  Zahlen  zeigen  einen  schädigenden  Einfluß  der  Zeit- 
Iftnge  zwischen  Erlebnis  nnd  Bericht  Noch  dentlicher  geht  dies 
bd  Berücksichtigung  des  Umstandes  herror,  daß  das  Zeitinteryall 
zwischen  primärem  nnd  sekundärem  Bericht  bei  den  drei  Bildern 
Tcrschieden  war.  Es  betrog  nämlich  der  Fehlerznwaohs  vom 
ersten  zum  zweiten  Bericht  bei  einer  Zwischenzeit  tod  5  Tagen 
zwischen  beiden  1,5 von  14  Tagen  4,3^,  vuu  21  Tagen  6^  ; 


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Zur  Pvyoholopo  der  AoiMge. 


151 


jeder  Tag  Teriuehrt  also  die  Fehlerzahl  um  circa  ^  2  %  wenig'steim 
innerhalb  der  ersten  3  Wochen.  —  Je  häufiger  in  der  Zwischenzeit 
Berichte  eingefordert  wurden,  desto  geringer  war  der  Fehlerzu- 
waohs:  er  betrug  im  Verhältnis  zur  primären  Aussage  nach  drei 
Woehen  bei  dem  Bilde  mit  2wei  Berichten  in  der  Zwiflchenseit 
bei  dem  mit  einem  Bericht  in  der  Zwiechenzelt  b%  mid 
bei  dem  mit  gar  keinem  Bericht  in  der  Zwischenzeit  —  Der 
Einflnfi  der  Komplisiertheit  machte  sich  geltend,  insofern  heim 
ersten  Bild  7,1 51^)  l>eim  zweiten  5,8^,  beim  dritten  ^%  Fehler  in 
der  primären  Aussage  sich  fanden;  in  den  sekundären  Aussagen 
verschwand  dieser  Einfluli,  indem  hier  Überall  die  Durchschnitts- 
werte zwischen  9  und  \\%  lagen.  —  Die  individuellen  Diffe- 
renzen waren  sehr  gr^ß:  fehlerlos  waren  unter  den  282  Ans- 
?a«^en  17,  %^on  denen  15  der  i)rimären  Niederschrift  an^^chürten; 
unter  den  188  sekuudäreu  Berichten  waren  uiir2  =  l^  fehlerlos, 
20  dagegen  mit  mehr  als  16  %  falschen  Angaben;  die  sohlechtesten 
Aussagen  der  ersten  sekundären  Berichte  enthielten  an  Fehlem 
2A%  beim  Maler-,  26%  beim  Hasen-  nnd  heim  Großvater- 
bild;  bei  letsterem  kam  anch  einmal  yOlliges  Versagen  vor.  Sehr 
dentlich  zeigte  sich  der  Oese  hlechtsnnt  er  schied  (25  Herren, 
8  Damen).  WAhrend  Ißbiner  und  Franen  in  den  primftren  Be- 
riehten  gleich  viel  Angaben  machten,  gingen  hiervon  in  den  sekun- 
dären Tcrloren  bei  jenen  20^,  bei  diesen  nur  13  ^  ;  diigegen 
machen  jene  insgesamt  7,8,  diese  10,5^  Fehler;  stellt  man  eine 
Rangordnung  der  31  Personen  aut,  so  nehmen  die  Damen  in  hezuj? 
auf  die  Menge  der  Angaben  die  Plätze  1,  3,  4,  6,  7,  18,  21)  und  2t), 
in  bezug  auf  die  Fehler  die  Plätze:  lü,  11,  13,  22,  27,  29  und  m 
ein.  fWarnm  Vf  ^^erade  31  Personen  heranzieht,  ist  unklar,  dn  irn 
ganzen  an  33  experimentiert  und  an  30  alle  Yersache  ausgetUhrt 
worden;  auch  will  er  nur  die  Rangordnnnp  von  7  Damen  an- 
geben, weist  aber  einmal  8  den  Platz  an.)  i«ar  16  Fehler,  1V$)I» 
wurden  mit  Vorbehalt  (es  seheint,  vielleicht,  wahrscheinlich  etc.) 
gemacht  —  Der  an  17  Herren  nnd  6  Damen  angestellte  Ver- 
eidlgnngsversnch  mit  63  Aussagen  ergab  auf  die  durchschnittlich 
3%9  Elemente  einer  jeden  Aussage  4,4  Fehler;  hiervon  wurden 
beeidigt  25  Elemente  mit  2,8  Fehlern,  w&hrend  8  Elemente  mit 
1,6  Fehler  nnbeeidigt  blieben.  Der  Eid  bessert  also  die  Aussage, 
al)er  iu  .sehr  verschiedenem  Grade  je  nach  dem  Gesclileehte;  die 
Männer  beeideten  nur  71^,  die  Frauen  85^  der  Aussagen» 


152 


Arthur  Wroschnfir, 


and  der  beeidigte  Teil  einer  Mttnneranssage  enthielt  2,1,  der 
einer  Frauenuussa^je  4,8  Fehler.  Ganz  fehlerlos  waren  unter 
den  63  l)eeideten  Aussagen  nur  13,  die  ääuitlich  von  Herren  her- 
rührten. 

Soweit  die  Ergebnisse  Sterns.  Man  wird  iiiclit  U  ii-nen  können, 
daß  äic  geradezu  beunruhigend  wirken.  Um  su  mehr  aber  ist  es 
unsere  Pflicht  genau  zuzusehen,  wie  sie  gewonnen  wurden.  Und 
da  seigeii  sich  doch  recht  schwere  Bedenken.  Stern  zerle<,^e  jede 
Anaaage  »möglichst«  in  ihre  Elemente,  fertigte  fVit  jedes  Bild 
Listen  mit  allen  in  Ihm  enthaltenen  Einzelheiten  an,  in  diese  trag 
er  für  jede  Aussage  jeder  Vp.  alles  Riebtige  mit  einem  -h,  alles 
VerftlBehte  mit  einem  — Zeichen  ein  nnd  erhielt  so  dnrofa  Addition 
aller  genannten  Elemente  den  Umfang  des  Gedttehtnisses  und  gleieh> 
zeitig  die  Summe  der  Fehler  und  dnreh  den  Quotienten  beider 
Zahlen  den  Prozentsatz  der  Fehlerhaftigkeit.  Er  muß  aber  selbst 
zugeben,  daß  »eine  psychologische  Fehlerstatistik«  nicht,  etwa  wio 
eine  Krankheits-  und  SteuerBtatistik,  als  eine  rein  meclianisi  he  der 
VViilkUr  völlig  entzogene  Kegistricrung  betrachtet  werden  darf; 
dazu  ist  das  Material  viel  zu  sehr  qualitativ  differenziert  (S.  10). 
Was  tut  er  infolgedessen?  »Ich  wählte  ein  flir  alle  mal  die  eigent- 
lich integrierenden  und  besonders  stark  in  die  Andren  fallenden 
Beatandteile  jedes  Bildes  heraus,  ließ  sie  in  den  Listen  dnreh  den 
Draek  hervorheben  und  berechnete  sie  als  doppelt  riohtig,  wenn 
sie  korrekt,  als  doppelte  Fehler  wenn  sie  falsoh  genannt  worden 
waren.  Es  gab  anch  FttUe,  in  denen  ich  etwas  als  halb  riehtig, 
halb  falsch  berechnen  mnfite«  (S.  10).  So  wird  nach  seiner  Meinung 
die  Nivellierang  der  Untersdiiede,  der  Gnmdmangel  aller  Statistili^ 
«war  nicht  beseitigt,  aber  doch  gemildert.  Aber  bei  aller  Würdi- 
gung der  von  Stern  geltend  gemachten  Bedenken  wird  man  doch 
zunächst  zugeben  ratisscn,  daß  es  allzu  grob  und  willkürlich  ist, 
die  einen  Fehler  als  doppelt,  die  andern  als  einfach,  die  dritten 
als  halb  zu  rechnen. 

Sodann  welches  sind  die  »ei^'entlieh  integrierenden  und  beson- 
ders stark  in  die  Augen  fallenden  Bestandteile«  ?  Stern  nennt 
sie  uns  nicht,  und  auf  Grund  eigener  Versuche  hängt  die  Ent- 
scheidung darüber  allzu  sehr  von  der  individneUen  Anffassnng  nnd 
Betrachtungsweise  ab.  Ferner  wie  zerlegte  Stern  jede  Aassage 
»möglichst  in  ihre  Elemente«?  Die  erwähnte  Liste  teilt  er  nna 
ehenfaUs  nicht  mit,  und  schon  ein  Blick  auf  die  komplisierteu 


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Zur  Psychologie  der  Aiuaage. 


153 


Bilder  belehrt,  daß  stricto  sensa  sich  solche  Listen  gar  nicht  an- 
fertigeü  lu^sen.  Vor  allem  aber,  wie  steht  cb  mit  eleu  Auslassungen? 
Stern  macht  sich  die  Sache  sehr  leicht,  indem  er  sie  bei  der 
Fehlerberechnung  einfach  uicbt  in  Betracht  zieht,  weil  sie  st;iti- 
8ti8ch  nicht  faßbar  seien :  und  dieses  Verfahren  befolgt  er,  obgleich 
er  se]b«it  bemerkt,  daü  zuweilen  Auslassungen  von  ganz  integrie- 
renden Hestiindtc'ilen  des  Bildes  vorkamen;  er  begnU<:t  sich  damit, 
daß  bei  einer  Bertlckaichtigung  der  Auslassungen  keine  Grenze  ab- 
«uehen  wäre.  Auch  die  ZeitdAuer  eines  Berichtes  sieht  er  nicht 
in  Betracht,  obj^leich  sie  indiTidnell  sehr  Teiscbieden  ist  Schließlich, 
«SS  fängt  man  mit  jenen  Angaben  an,  die  nnr  Vermntongen  und 
Dentongen  des  C^heaen  sind!  Das  alles  sind  doch  schwer- 
wiegende Kttogel,  die  bei  aller  Anerkennung  der  iondamentalen 
Wichtigkeit  des  Problems,  das  sieb  Stern  stellte,  nnd  der  fhicbt- 
baren  Anregung,  die  er  fttr  weitere  Arbeiten  auf  diesem  Gebiete 
gibt,  doch  den  Wert  der  gewonnenen  Ergebnisse  stark  in  Frage 
stellen.  Um  dies*  zu  illustrieren,  gebe  icb  einige  primäre  Ueriebte, 
odi  ich  von  dem  umstehenden  GroBvaterbilde  unter  den  von 
Stern  angegebenen  Versucbsbediuguugen  erhalten  habe. 

ȣiu  alter  Mann  gibt  einem  Knaben,  welcher  vor  ihm  steht, 
etwas  Heißes  mit  einem  Löffel  m  essen,  eine  Katze  siebt  das  an, 
im  Hinteigmnde  brennt  ein  Feuer.«  Ein  anderer  Bericht  dagegen 
bintet:  »Ein  alter  Mann  filttert  ein  Kind.  Aussehen  des  alten 
Mannes:  stsrk  hervorspringende  Nase,  eingefallener  Mund,  stark 
gerunzelte  Wangen,  tiefliegende  Augen  —  freundlich  blickend.  Auf 
dem  Kopfe  hat  er  eine  spitze  Seblafintttze,  einige  Haare  kommen 
unter  ihr  hervor  und  bilden  mit  der  Stirn  ein  Dreieck.  Der  Kragen 
ist  vorne  im  Viereek  geütfnet,  die  Jaeke  biingt,  er  trügt  eine 
Sebtlrze  und  große  Scbube.  xVusselien  des  Kindes:  die  Augen  dem 
Alten  zugekebrt,  vi-rlangcnder  lllick,  die  ganze  Stellung  des  Kör- 
pers ist  vornUberg»  beugt,  stutzt  sieb  auf  die  Hände,  auf  dem 
Kopfe  eine  runde  Mütze.  Links  vom  Alten  sitzt  eine  Katze,  reebts 
vom  Kinde  Efeu  oder  Weinlaub.  Der  Alte  bUlt  in  der  linken 
Hand  eine  runde  SebUssel,  in  der  rechten  einen  Löffel,  den  die 
Lippen  des  Kindes  last  berühren.« 

Hier  erkennt  man  znniichst  den  gewaltigen  Unterschied  in  der 
Menge  der  Angaben  und  die  Unmöglichkeit,  die  Auslassungen  ein- 
fach EU  ignorieren.  Ferner,  welches  sind  die  Einzelelemente  selbst 
bei  dem  ersten  so  tiberans  knappen  Bericht?  Enthält  z.  B.  der 


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154 


Arthur  Wreechner, 


Satz:  »welcher  vor  ihm  stehtc  ein  oder  zwei  Elemente?  Würde 
er  heißen    »welcher  vor  ihm  sitzt«  ^   au  enthielte  er  ofifenbar 


2  Fehler.  Ebenso  unge\viR  ist  die  Elementenzahl  in  dem  Satze: 
»Im  Hintergründe  brennt  ein  Feuer  im  Ofen«.  Oder  enthillt  die 
Angabe  in  dem  zweiten  der  erwähnten  Berichte  »auf  dem  Kopfe 


,  Google 


1 


Zur  Fttychologie  der  Anisage. 


165 


eine  rande  Mutze«  2  oder  3  Einzclbebtandteile?  Man  könnte 
sageu,  daß  die  Mütze  auf  dem  Kopfe  sitzt,  ist  keiue  Einzeiangabe, 
so  daß  nur  »runde  Mütze«  übrig  bliebe;  aber  aach  dann  ließe 
sich  behaupten,  daß  »mnde  Mtttze«  ein  Anssageelement  sei;  nnn 
saprten  aber  einige  meiner  Vp.  ans,  daß  der  Knabe  ttberbanpt  keine 
M  tttae  trogi  andere  bing^n  gaben  nnr  ibie  Fom  fidseb  an.  Diese 
Bedenken  yermebren  Bieb  aber  noob,  wenn  wir  es  nicht  mit  so 
priteisen  Beliebten  wie  den  beiden  angegebenen  sn  ton  haben,  son- 
dern mit  etwa  folgender  stilistisoh  fein  ausgearbeiteten  Niederacbrifti 
die  idi  ebenfalls  als  primftren  Beriebt  erhielt:  »Im  Kttehenranm 
sitzt  aof  einer  Bank  der  Großvater,  auf  einer  Holzbank;  die  Zipfel- 
iniit/.e  auf  dem  Kopf;  zur  rechten  Seite  seine  Begleiterin,  die  kurze 
Tabakspfeife,  die  der  zahnlose  Mund  nicht  mehr  halten  kann.  So- 
eben reicht  er  dem  an  seiner  Linken  steheudeu  Knkel  einen  Löffel 
yeiues  Leibgerichts,  das  die  Schüf?sel  auf  seinen  Knien  thUt  bis 
zum  Bande.  Frau  Alietee  schaut  gespannten  Auges  zu  der  Szene 
empor,  erwartend,  dass  anch  sie  noch  ihren  Anteil  erhalten  wird. 
Im  Hintergründe  links  vom  ßeschaner  schant  man  den  altertttm- 
liflhen  Herd,  an  emer  langgliedrigen  Xette  hängt  da  die  Undlieb- 
einfaebe  Eoebyonicbtnng  herab.  Reehts  sohant  man  ins  Freie  — 
etwa  den  Hof,  an  dem  Türpfosten  rankt  sieh  Laubwerk  in  die 
Hobe.«  Und  was  maeht  man  gar  mit  folgendem  primilren  Berieht, 
der  von  phantastiseben  Angaben,  Uber  deren  Biditigkeit  za  ent- 
scheiden außerhalb  jeder  Möglichkeit  liegt,  strotzt  1  »Großvater 
sitzt  behaglich  uul  der  Bank.  Auf  den  Knien  halt  er  eine  irdene 
Schtlssel  mit  Speise,  sein  Enkel  lehnt  an  seiner  Schulter  und  läßt 
»ich  in  den  leiclit  (reöft'neten  Mund  vom  vergnüglich  schmunzelnden 
Groüpapa  einen  guten  Bissen,  der  auf  eine  Gabel  gespießt  ist, 
schieben.  Neben  dem  alten  Manne  sitzt  am  Boden  eine  Katze, 
die  mit  aa%eriehtetem  Kopfe  begehrlich  den  beiden  zuschaut,  den 
Jnngen  nm  seinen  in  großer  Olttckseligkeit  zu  genießenden  Bissen 
beneidet  Der  alte  Mann  hat  den  Kopf,  der  mit  einer  Zipfelmütze 
gesobmllekt  ist,  leiobt  znr  Seite  geneigt,  nm  gewissermaßen  die 
Empfindungen  seines  Lieblings  anf  dessen  Gesiebt  besser  wahr- 
nehmen zu  können.  Er  selbst  schaut  dem  Jnngen  in  Dtebelnder 
Erwartung  zu,  denkt  wohl  selbst  an  seme  Jugendzeit  dabei,  wo 
er  sich  selbst  noch  in  solchen  Situationen  befand,  wo  ihm  als 
höchster  Leckerbissen  erschien,  was  ihn  jetzt  als  ^'anz  jrew  ühnlich 
anmutet.  Auf  dem  Gesicht  des  Enkels  spricht  sich  nicht  die  Liebe 


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166 


Arthur  Wreflchner, 


znm  Großvater  so  aus,  wie  umgekehrt  dessen  Frende  am  Enkel, 
!?ip  ]\[>^at  sich  eher  lieranslesen  aus  der  eng  an  den  Großvater  an- 
ge.^rliiiiit  *;teu  Gestalt.  In  unbewußt* m  Kgoismus  spricht  sein  Ge- 
sicht nur  eine  freudige,  sUße  Erwartung  des  kommenden  Genusses 
ans.«  Mir  liegen  Tom  Großratorbilde  21  primäre  nnd  16  acht  Ttige 
nach  der  Vorlegung  abgeigebene  sekundäre  Berichte  vor;  so  inter* 
esaant  sie  in  Bezug  aaf  4ie  individnellen  Differenzen  und  in  Be- 
zug  auf  die  Erinnemngstarene  im  aUgemeinen  auch  sind,  zum 
Zwecke  einer  exakten  Untersnchnng  bieten  sie  nnr  wenig  Anlaß. 

Infolge  dessen  griff  ich  zn  einer  Bfetfaode,  die  man  die  Prttfnngs- 
methode  nennen  konnte  und  die  darin  bestand,  daß  der  Yp. 
genan  sperialisierte  Themata  zur  Anssage  gestellt  wurden.  Diese 
Methode  hat  den  Vorzug,  daß  sie  iWr  alle  Vp.  gleiche  Bedingungen 
schafft,  von  allen  gleichviel  Angaben  erzielt  oder  erzielen  mUßte, 
ijodaß  die  Anzahl  der  Angaben,  Auslassungen  und  Fehler  frenau 
berechenbar  ist.  Und  die  Auslassungen  sind  jetzt  bei  alK n  deich- 
wertig.  Man  kann  nicht  mehr  einwenden,  daß  ihre  UrBache  das 
eine  Mal  Versehen  oder  Vergeßlichkeit,  das  andere  Mal  Nicht- 
wissen ist,  Tieimehr  ist  jetzt,  namentlich  bei  passender  Instruktion 
der  Vp.,  stets  nur  das  letztere  der  Fall.  Femer  hat  diese  Methode 
den  Yoizng,  daß  sie  bei  genauer  Spezialisiemng  der  Themata  alle 
Yersnchspersonett  zwingt,  sieh  zn  allen  Einzelheiten  des  gezeigten 
Gegenstandes  in  richtiger  oder  falscher  oder  negativer  Form  zu 
ftoßem.  Hiermit  sind  all  die  geäußerten  Bedenken  beseitigt,  nnd 
wir  haben  selbst  liei  Benutzung  so  komplizierter  Eindrucke,  ^e 
es  die  von  Stern  verwandten  Bilder  waren,  eine  Methode,  die 
allen  Aufurderunircu  der  Exaktheit  genügt.  Auch  ist  sie  ein  ge- 
treues Abbild  des  bei  dem  Zengenverhör  übliehen  Verfahrens,  und 
wie  Stern  selb^^t  betont  iuhI  die  Erfahrung  zeigt,  sind  ja  die  prak- 
tischen Ergebnisse  solcher  Versuche  namentlich  für  den  Juristen 
von  Bedentong.  Man  erkennt  ohne  weiteres,  daß  diese  Methode 
engstens  yerwandt  ist  mit  der  des  Fragens,  wie  sie  Bin  et  bei 
Kindern  anwandte^),  nnd  yon  der  Stern  selbst,  wie  aus  einer 
Anmerkung  am  Schlüsse  seiner  Arbeit  hervoigeht,  Gebrauch  machte. 
Nun  liat  die  Frage  nach  Stern  den  Nachteil  der  Snggestion. 
Aber  es  kommt  doch  nur  auf  die  Art  der  Anordnung  der  Fragen 


1  Stern  berichtet  über  diese  Versuche  im  Anhang  II  seiner  Arbeit  aus- 
führlich. 


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Znr  Ppyohologio  der  AwMge. 


167 


öüer  besser  Themata  an,  um  fast  jede  Spnr  von  Snprjrestion  aus- 
zoschließen.  Schon  Bin  et  nnterschicd  ja  verschiedene  Suggestions- 
grade der  Frage.  Wie  eine  derartige  PrUfunfrsmethode  einzu- 
richten ist,  erhellt  am  besten  aus  folgender  Tabelle,  die  sich  auf 
das  GroßTaterbild  bezieht  und  die  Versnehe  an  12  Personen, 
sImtUcb  Studierenden,  nmfiißt,  von  denen  itlnf  17  Tage,  vier 
7  eine  19  Standen  und  eine  nnndttelbar  vorher  das  Bild 

Vi  Min.  angesehen  hatten;  11  nnter  den  12  Personen  hatten  nn- 
mittelbar  naeh  dem  Vorlegen  des  Bildes  einen  primären  und  10 
von  diesen  11  si^n  Tage  naebher  einen  sekundären  Bericht  ab- 
gefaßt. Diese  Verschiedenheiten  waren  durch  zufUlli^^e  Umstände 
gegeben  und  sollen  keineswegs  mustergültig  sein.  Viehnehr  würde 
es  sich  in  Zukunft  empfehlen,  die  Prüfungsmethode  sowohl  ohne 
wie  mit  Torane-ehendem  Bericht,  unmittelbar  wie  eini^'e  Zeit  nach 
der  Yorlegüug,  eimiial  wie  auch  wiederholt  bei  demselben  Objekte 
anzuwenden.  Hier  handelt  es  sich  nur  um  den  Nachweis  der 
Branohbarkeit  der  Methode,  nicht  um  die  Gewinnung  gesicherter 
Eigebnisse. 

(Vgl  die  Tabellen  anf  S.  168ff.) 

Zum  Verständnis  dieser  Tabellen  ist  snnächst  zu  bemerken,  daß 
nicht  nur  die  Innebaltnng  obiger  Anordnung  der  Themata  innerhalb 
gewisser  Grenzen  nötig  war,  sondern  znr  Vermeidung  jeder  n^ch- 
herigen  Korrektur  auf  Grund  der  folgenden  Themata  die  Yp.  nach 
dem  2.,  3.  uud  2H.  Thema  neue  Zettel  ftlr  ihre  Angaben  erhielt. 
Von  den  Zahlenk  »Inmneu  gibt  die  1.  an,  wieviel  Angaben  von 
allen  12  Versnclj^personen  gemacht  wurden,  die  II.  wieviel  von 
diesen  taisch  waren,  die  III.  wieviel  Angaben  biitfeii  gemaeht 
werden  müssen,  und  endlich  die  IV.  wie  viel  verschiedene  An- 
gaben unter  den  gemachten  sich  befinden.  Bei  dieser  letzten  Be- 
reehnnng  wurden  die  lediglich  formalHiprachliehen  Verschiedenheiten 
hl  der  Ausdruekswesse  nicht  mit  in  Betracht  gezogen,  sondern  allehi 
die  inhaltliehen  Divergenzen;  aber  gerade  deshalb  war  hier  nicht 
alle  Willkttr  zu  yermeiden,  so  daß  diese  Kolumne  mehr  ihren  Wert 
in  einer  allgemeinen  Orientierung  als  in  der  genauen  Zahlenangabe 
hat  Auch  sonst  dürfte  obige  Tabelle  noch  manche  Verbesserung 
benötigen,  um  allen  berechtigten  Anforderungen  zu  «^enUgen.  Auf 
Grund  meiner  Beobachtungen  wäre  hierzu  vor  allem  dreierlei 
nötig:  Ij  eine  noch  genauere  Analyse  des  gezeigten  Objektes,  sowie 


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Arthur  WreMhner, 


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Zar  Psycholon^e  der  Aussage. 


159 


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Zur  Psychologie  der  AtuMge. 


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Zur  Piyebologie  der  Annage. 


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Zur  Fiyoholi^e  der  AoMtge. 


167 


die  Stellung  möcrlichst  cindeüti2;er  und  enir  umgrenzter  Themata. 
2j  Genaae  Instruierimg  der  Vp.,  daß  sie  Jedesmal  nnr  auf  das 
Thema  bezügliche  Angaben  and  zwar  in  knappster  Form  zu  machen 
liaben;  denn  unnötiger  WortschwaU  und  nicht  erforderliche  Zusätze 
geben  den  individnellen  DiiTerenzen  einen  zu  großen  Spielraum,  so 
daB  eineneits  die  Veiglddibarkeit  der  einzelnen  Angaben  leidet, 
anderseits  die  Yeneoihnimg  sieh  erschwert  nnd  ohne  eine  gewisse 
Willkür  nicht  mOglich  wird*  3)  IfögUobste  DentUchkeit  nnd 
FrSzision  der  Vorlage.  Leider  «rftllen  die  Sternschen  Bilder,  an 
die  ich  micbf  mn  den  yon  ihm  bcguonenen  Faden  weiter  zn 
spinnen  nnd  meine  Resultate  mit  den  seinigen  vergleichen  zu 
köuüen,  hielt'/,  diese  Anfordeiimg  hiebt.  Stern  wühlte  mit  Absiclit 
Bilder,  »auf  denen  nicht  alles  klar  zu  erkennen  war,  um  auch  darin 
der  Lebenswahrheit  einic-ermaßen  nahe  zu  kommen«  (S.  28).  In 
der  Tat  sind  Konturen  und  Zeichnungen  auf  dem  von  uns  be- 
nutzten Großvaterbild  vielfach  sehr  undeutlich,  so  daß  die  Fehler- 
haftigkeit, Ungenauigkeit  und  mdividrelle  Verschiedenheit  bei 
manchen  Angaben  z.  B.  Uber  die  Form  des  Ijaabwerks  oder  den 
Ort  der  Szenerie  nur  aUzn  erklärlich  ist,  und  znweileii  selbst  bei 
genanestem  Zusehen  die  Entscheidnng  Uber  die  Bichtigkeit  oder 
Falschheit  einer  Aassage  sehr  schwierig  wenn  nicht  nnmOglioh  ist; 
schon  die  Benutzung  von  nur  schwarz-weißen  Beprodnktionen 
macht  die  Angaben  namenflieh  Uber  Farben  sehr  «nsieher.  Nun 
ist  allerdings  die  möglichste  Annähe i  im g  an  die  Wirklichkeit  ein 
anerkennenswertes  Bestreben,  aber  nm  lange  die  Exaktheit  der 
Ver;-U(  bsl)cdingung  nicht  darunter  Iridot.  Sonst  ht  der  Vorteil  des 
Experimentes  im  wesentlichen  preisgegeben.  Aurh  der  Chemiker 
achtet  auf  die  unbedingte  Keinheit  der  von  ihm  benutzten  Stoffe. 
Die  ganze  Kompliziertheit  der  wirklichen  Verhältnisse  l&Bt  sich  im 
Laboratorinm  nicht  nachahmen,  am  allerwenigsten  wenn  es  sich 


1}  Es  ist  du  verliliigiiisvolier,  Ton  der  PhÜoflophie  hinttber  gvnoniM&er 

und  auch  schon  von  Kennedy  (The  Psych.  Rev.  5  S.  477)  gerügter  MiO- 
ptnnd  der  Experimentalpsytholoirie,  daß  sif^  mr  hr  darauf  aasgeht,  die  ResnU 
täte  früherer  Arbeiten,  wenn  uicht  gar  zu  ignorieren,  so  doch  umzustoßen, 
&u8tAtt  unter  Auerkeauuug  ihrer  Verdieuste  sie  zu  ergänzen  und  weiterza- 
ftthna.  Anf  diMe  ;Wsite  wird  aber  die  Koatlnidtit  Im  Fortsehiltt  efaies 
Problems  nur  geOludet,  die  HUlie  TOiaagehender  Untomteliiiiig  t.T.  iUn- 
Borisch  and  der  Ertrag  der  eignmi  Arbeit  beeinträchtigt,  ffieran  liegt  es  zum 
T*'il  (laß  die  Ex])prinif>ntalpsyeho!ng-t<>  nicht  SO  schnell  vorankommt  wie  die 
übrigen  natorwissenschaftUchen  Disziplinen. 


-I 


168  Arthur  WiMohner, 

um  die  erste  experimentelle  luaugrifTnahme  eines  verwickelten 
Probieins  handelt.  Die  tunlichst  vollkummene  Analyse  und  Er- 
kenntnis der  wirklichen  Ereignisse  in  ihrer  eanzen  KunipUziertheit 
kann  erst  das  Ergebnis  einer  Kombination  von  verschiedenen  auf 
die  einzelnen  Elemente  abzielenden  experimentellen  Arbeiten  sein. 
Und  Stern  aelbBt  mufite  zugeben,  daB  selbst  abgeaehen  Ton  dem 
oben  angegebenen  Yoiteil  eine  Reihe  von  Feblennomentai,  die  in 
der  normalen  Wirkliehkeit  eine  bedeutende  BoUe  spielen,  bei  eeinen 
Vemieben  niebt  in  Beiraeht  kommt.  Denn  wenn  aneh  die  WirkUeb- 
keit  Bleti  plastüdi  ist,  so  ist  doeb  dae  Auge  in  einem  gegebenen 
Moment  auf  eine  bestimmte  Entfenmng  eingeatellti  so  dafi  was  tot 
oder  hinter  dieser  Fiftcbe  liegt  nur  in  ZerstreirangskreiBen  gefleben 
wird;  ja  häufig  ist  ja  die  Entfernung  so  groß,  daß  ttberhau})t 
ein  deutlichcH  Sehen  unmöglich  ist;  auch  werden  ja  stets  alle 
seitlieh  vom  Fixation spuukt  gelegeneu  Partien  —  und  das  ist 
der  i?Ti)L!te  Ttil  des  ( iesichtsbildes  —  nur  verschwommen  wahr- 
genommen. Bei  den  Bilderversuchen  dagegen  konnte  die  Versuchs- 
person sich  in  eine  ihr  am  meisten  zusagende  Entfernung  bringen 
nnd  den  Fixationspunkt  bei  der  relativ  langen  Beobachtnngszeit 
saeeessiye  Uber  die  Terscbiedensten  Partien  streifen  lassen!')  Aber 
gerade  nnter  diesen  UmstSnden  ist  es  geraten,  ja  erforderUefa,  die 
objektiv  bedingten  Feblerqaellen  dnieli  m()gliebste  Deniliebkeit  der 
Bilder  tonliehst  einsoschrinken,  and  anf  die  AnnAberang  an  die 
liObenswalirbeit  sn  Gunsten  der  Vergleiehbarkeit  nnd  einwandfreien 
Yerreefanniig  der  Resoltate  eo  Terziehten.  Nor  so  ist  ^e  von  Stern 
nachdrücklichst  betonte  Notwendigkeit  einer  Konfrontation  der 
Aussage  mit  der  Wahrnehmung  und  die  hieraus  resultierende 
Xontrolle  jener  möglich. 

Was  nun  die  Verrechnung  der  Angaben  in  obiger  Tabelle 
anlangt,  so  sind  die  Bezeichnungen  > richtig«  und  » falsch <  ohne 
weiteres  Terständlich.  Zuweilen  kam  aber  eine  Aussage  der  Wahr- 
heit nur  nahe,  z.  B.  daB  die  Mtttze  des  Knaben  mnd  ist  und 
einen  sehmalen  Rand  hat,  oder  daß  der  Alte  etwas  gekrümmt 
dasitst;  aneh  fanden  sieh  manohmal  in  einer  Aussage  &]sohe  nnd 
richtige  Teile,  s.  B.  die  Haare  des  Alten  kamen  hinten  und  an 
der  Seite  hervor.  Solehe  FSUe  galten  als  halbrichtig.  Eine 
Aussage  zerfiel  sogar  in  drei  Teile,  da  alle  drei  Angaben»  von 


1]  Siehe  Stern  a.  a.  0.  S.  28,  29. 


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Znr  Psyoliologie  der  Autug«. 


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denen  zwei  falsch  waren,  wesontlich  waren  (dio  Jaekr  des  Alten 
ist  eine  alhiKMlisclie  Wamsfonn,  mit  großen  Knüpfen  und  vorn  ge- 
öflFhct).    Sehr  häuhg  fanden  sich  auch  richtige  oder  falsche  An- 
gaben, die  entweder  nur  einen  Teil  enthielten,  z.  B.,  daß  das 
Hemd  des  Knaben  nnr  an  Sehnlter  und  Arm  hervorkam,  oder  ge- 
rade das  Wesentlidie,  Sinnfällige  analießen,  z.  B.  die  Bank  ist 
lünglieh,  ohne  die  Bemerkung,  dafi  sie  vier  Beine  hat.  Diese 
raie  zihlten  als  halbe  Angaben  und  je  nach  ihrer  Beschaffenheit 
als  Vi  +  richtig  oder  Vi  +  falsch.  Ganz  unbeachtet  blieben  An- 
gaben, die  anf  das  Thema  keinerlei  Bezug  hatten,  z.  B.  der  Alte 
hatte  kdne  AngenglXsert  oder  ganz  inhaltslos  waren,  z.  B.:  die 
Jacke  des  Alten  ist  abgenutzt.    Ich  gestehe,  daß  ich  zu  dieser 
Einteilung  und  msbesondere  zu  der  Bruchrechnung  nur  griflf,  da 
ich  durch  die  Aussagen  dazu  gezwungen  war;  ich  halte  sie  aber 
für  nicht  unbedenklich  und  g;l:iul>p  dnß  si(  durch  Eiuilihnmg  der 
erwälniten  drei  Verbesserungen  in  der  Versuchstechnik  völlig  sich 
umgehen  läßt.    Schließlich  noch  ein  Wort  in  Bezug  anf  die  »er- 
forderlichen« Angaben.    Man  kann  den  Einwand  erhebeni  daß  es 
unberechtigt  ist,  bei  der  Aufzählung  der  Kleidongsstttcke  oder 
Q^nstSnde  die  fehlenden  Angaben  in  Betracht  zn  ziehen,  und 
dann  hei  Forderung  tob  näheren  Angaben  ttber  die  einzelnen 
G^nstände  viedemm  für  die  Berechnnng  der  erforderlichen  An- 
gaben die  Tdlnahme  similicher  zwölf  Tp.  zu  verlangen.  Ein 
Blick  aber  auf  unsere  Tabelle  zeigt,  daB  es  etwas  ganz  anderes 
isty  wenn  eine  Vp.  bei  der  bloßen  Aufzählung  von  Gegenständen 
einige  vergilit,  und  dann  bei  der  Nennung  eines  vergessenen 
Gegenstandes  durch  den  Versuchsleiter  keine  Angaben  tlber  ihn 
zu  macheu  im  stände  ist.  So  wurde  das  Laubwerk  beim  zweiten 
Thema  nur  von  acht  Vp.  genannt,  bei  dem  55.  und  56.  Thema 
aber  von  elf  Personen  beschrieben  ;  der  Topf  wurde  beim  zweiten 
Thema  nur  von  drei  Vp.  erwähnt,  beim  49.  Thema  aber  von  aeht 
Vp.  lokalisiert 

Betraehten  wir  mm  die  Ergebnisse  onserer  Tabelle,  so  worden 
von  10S2  erforderlichen  Aiigaben  nur  713  gemacht,  so  dafi  319 
oder  31>|(  i)  Angaben  fehlten.  Unter  den  713  Angaben  wiederam 


1)  Der  Prozentsatz  ist  hier  wie  bei  allen  folgenden  Zahlen  nicht  in  der 
Weise  von  Stern  's.  oben  S.  152  bereehnet,  sondüra  nach  der  üblichen 
Oleichung  x :  100  »»  a  :  6;  a  wäre  hier  =  319  und  b  =  1032. 


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170 


Arthur  Wrewhner, 


Tabelle 


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11.  Fkrbe  der  Hose  des  Alten 

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12.  Sonstige  Eigenart  dieser  Hose 

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21.  MnndhaltunLr  des  Altau 

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22.  Bück  de«  Alten 

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23.  Oeeichtsform  dea  Alteu 

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84.  Haat^be  des  Alten 

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25.  Wo  smd  diese  Haare  sichtbar? 

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Knaben 

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31.  Farbe  des  Hemdes  des  Knaben 

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82.  Wo  ist  dies  Hemd  sichtbar? 

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84.  Form  der  Hose  dea  Knaben 

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36.  Stellung  des  Kuabeu 

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Zur  P^yohologle  der  Antsife.  171 

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172  Ardnir  WiMduiar, 

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37.  Haltung  der  Beinr  (!f>s  Knaben 

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'SS.  Haltung  tler  Hiind'    1' «  Knabea 

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39.  KürpcrkalUm^  des  Kuuucu 

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40.  Ort  des  Knaben 

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41.  Farbe  der  Haare  des  Knaben 

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42.  Form    *       >      »  » 

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49.  HnndluUtiiiig  des  Knaben 

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44.  Augcnfarbe  des  Knaben 

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4o.  Blickrichtnng  <le8  Knabeu 

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46.  Ausdruck  des  Kuabeu 

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47.  Oeeichtsform  des  Knaben 

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48.  P^ft 

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49.  Oit  de»  Topfes 

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50.  Furoi  düs  Tupt'eä 

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68.  Material  der  Bank 

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54.  ätellung  der  liank 

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65.  Ort  des  Gfebüsches 

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ü9.  Farbe  der  Katze 

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60.  Blickrichtung  der  Katze 

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61.  Ort  der  Schttssel 

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68.  Form  der  SchtfaBsel 

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66.  Alter  des  Knaben 

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(lemaehte  Angaben 

69 



18 

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17 

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1 

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1 

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JNor  auüUenmäßige  Angaben 

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1 

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8 

Zur  Psychologie  der  Aussage.  173 


(Fortsetzang.) 


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2 

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3 

4ti 

ir,f : 

Üigiiizeü  by  i^üOgle 


174 


Aifhar  WrMcbner, 


Bind  188'  «  oder  26^  falBcli-  Es  sind  sonach  von  den  1032 
erforderlicheD  Angaben  nur  riciitig  713 —  188'/«  »524% 
oder  51^»). 

Viel  günstiger  zeigte  sich  das  Verhältnis  bei  der  Berichts» 
methode»  wie  foljj^de  ZnnammeuBtelliing  aeigt,  in  der  nnter  I  die 
Angaben  des  primären,  imtor  II  die  dee  seknndMron  Berichiea  nnd 
nnter  HI  die  der  FtttfimgBmeihode  an%efthrt  nnd  mit  Ä  Im  M 
die  BwOlf  VenmehsperBonen  beseichnet  sind. 

(Vgl.  die  TabeUen  auf  S.  170  flf.) 

Lassen  wir  die  drei  YerBnchspersonen  A,  By  C,  Yon  denen  die 
eine  gar  keinen,  nnd  die  beiden  andern  nnr  einen  primKren  Be- 
richt gaben,  außer  acht,  so  machten  die  nenn  ttbrigen  Veranchs- 
personen  in  dem  1.  Bericht  152  Angaben  mit  1772  Fehlem,  in 
dem  2.  Bericht  176  Angaben  mit  22  Fehlem  und  bei  der  Prtt- 
firngsniethudc  521  Angaben  mit  143  Fehlern  uud  12  bloß  ziffern- 
mäßigen Angaben.  Die  Anzahl  der  Angaben  ist  also  heim  Prll- 
fungsverlalireu  etwa  3 mal  >o  ltmI;  wie  bei  der  Beriehtsmetliode 
nnd  bei  dem  sekiiudareii  liericlit  ^4:rüüer  als  beim  primären.  Das 
gleiche  Verlialten  zeigen  die  Fehler^  ,  sie  betragen  beim  1.  Be- 
rieht 11,5^',  beim  2.  Bericht  12,5^  und  bei  der  Prttfimgsmethode 
28,1  <^  (bei  Hinzonahme  der  12  bloß  ziffermnäBigen  Angaben 
24,4^)  der  gemachten  Angaben.  Zugleich  aber  erkennt  man, 
daB  schon  der  seknndttre  Bericht  im  Yerbältnis  anm  primlbren, 
namentlich  aber  das  PkUliingSYerfahren  im  YerhSttnis  anm  Berichts- 
yerfahren  einen  relathr  größeren  Znwachs  der  Fehler  als  der  An- 
gaben aufweist.  Noch  deutlicher  erkennt  man  den  Verwandlnngs- 
prozeß,  den  der  I.  Bericht  durch  den  n.  und  dieser  durch  die 
rrUfiiugsmethode  erfuhr,  wenn  man  bei  den  9  Versuchspersonen, 
die  an  ulieu  dreien  beteiligt  waren,  zusieht,  wie  oft  in  den  The- 
mata, Uber  die  sieh  m  einem  der  beiden  Berichte  An^^aben  finden, 
KulimUe  zu  r-  oder  /^Jb  äUen,  r-Fälle  zu  0-  oder  /-Fällen  uud 


1  Wie  Stern  in  oiner  Anmerkunj?  am  Schhiß  seiner  Ari»eit  kurz  mit- 
teilt, hat  tir  bei  Kindern  durch  Verbindung  »eiueä  Verfahreus  mit  der  Binet- 
Süheu  Fragemethode  25— 30o/o  Fehler  erhalten;  so  lange  aber  die  nähern  An- 
gaben ftber  ^eee  Yenuehe  nicht  voriiegeB,  kann  aof  sie  nicht  eingegaagea 
werden. 

Zu  einem  grleichen  Ergebni»  in  Bezag  auf  den  Einfluß  der  Zeit  kommt 
Fiuzi  Zur  Untert^uehung  der  AuffafiBongafiUiigkeit  and  Merkflihigkeit.  Fay« 
cholog.  Arb.  lU.  Ö.  374}. 


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Zur  Psychologie  der  Auä^agt  .  175 

endlich  /'-Fälle  za  0-  oder  r-Fällen  wurden.  Es  ergibt  sieb  dann 
folgende  TabeUe: 

Tabelle  m. 


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L:1L  Bericht. 

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13 

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2 

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1  31 

5 

4 

3V3 

7Vs 

Am  littii%8ten  gingen  also  (VFftlle  in  f^Fftlle  ttber  nnd  zwar 

beim  Fortgange  des  I.  Berichts  zum  II.  fast  genau  80  viele  wie 
beim  Fortgänge  des  11.  Bericht.s  zur  l'rlifimgsmethode;  das  näm- 
liche gilt  Voll  der  Uniwnndluiif:  der  0-  in  /"-Fälle,  nur  war  dies 
viel  seltener  als  jenes  der  Fall.  Dagegen  verwandelten  sich  weit- 
aus mehr  r-Fälle  des  I.  Ikrichts  zu  0-lalleu  im  IT.  Bericht  als 
dies  beim  Fortgang  des  II.  ßerichts  zur  Prüfung  der  Fall  war; 
daftlr  \vnrden  aber  hierbei  auch  4 mal  r-Fälle  geradezu  in  /-Fülle 
Ubergeitihrt,  was  dort  niemals  vorkam.  Die  Verwandlung  der 
/-Angaben  zn  0-  oder  gar  r-FäUen  erfolgte  bei  der  Prttfimg  im 
Veigleioli  snm  II.  Berieht  yiel  häufiger  als  beim  sekundären  Be- 
richt im  Vergleich  snm  primären. 

Betrachten  wir  noch  näher  das  Verhältnis  der  Frttfungs-  nnd 
Beriehtsmethode  aneinander,  so  enthielt  diese  fast  keine  Angaben 
über  Themata,  die  bei  jener  nicht  gestellt  worden  wären.  Da- 
gegen wurden  Uber  28  Themata  der  rrüfimgsmethode  in  beiden 
Berichten,  ttber  36  im  primären  und  Uber  28  im  sekundären  Be- 
richt keine  Aniraben  gemacht Betrachtet  man  nun  diese  The- 
luixUi  etwas  genauer,  so  betreften  von  den  28  Themata,  Uber  die 
beide  Berichte  keine  Augaben  enthielten,  lU  5,  6,  9,  11,  13,  24, 
27,  31,  35,  44)  die  Farbe.  Bedenkt  man,  daß  im  ganzen  sich 
nur  13  Themata  außer  den  genannten  noch  29,  41,  59]  auf  die 
Farbe  bexogen,  nnd  daß  anch  im  Thema  29  nnd  41  im  ersten  Be- 
richt keine  nnd  im  zwdten  Bericht  nnr  eine  Angabe  gemacht 
wnrde,  so  whrd  man  fttr  Farben  ein  besonders  schlechtes  Ermne- 
mngsTermVgen  vermaten  dürfen.  Hiermit  sthnmt  die  Tatsache 
ttherein,  dafi  die  Prttfnngsmethode  ansnehmend  yiele  Fehler  bei 
der  Farbenangabe  aufweist:  Über  die  13  Farbenthemata  wurden 
103  Angaben,  von  deueu  42  falsch  waren,  gemacht;  es  fehlen 

1)  Anch  dieser  Berechnung  liegen  nnr  die  Angaben  der  9  Vennehe- 
penonen  mit  beiden  Berichten  m  Qmnde. 


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176 


Artimr  Wreiolmer, 


also  106(12x13)  — 103 «^53  oder  34^  Angaben,  und  unter 
den  gomaditeii  Angaben  sind  4Xßi  fiüsch*  Während  die  Anzahl 
der  fehlenden  Angaben  ateo  mat  2ßK  Uber  dem  ans  allen  The- 
mata gewonnenen  Werte  li^  ttberaohrdtet  die  Zahl  der  Intttmer 
nm  15)1^  den  entapreehenden  Wert  Inwieweit  nnn  diese  onver- 
hiOtmgmftBig  hohe  l^htoRahl  mit  dem  Sebwan-Weift-Dniek  des 
Bildes  oder  mit  dem  Gedächtnis  für  Farben  zusammenhängt)  müssen 
Versuche  mit  l'arbigcn  Bildeiu  eutscheiden. 

Relativ  häufig  wurden  auch  über  die  U  Themata  der  Form 
(4,  23,  28,  34,  42,  47,  50,  53,  56,  62  und  63)  keine  Augabeu  ge- 
macht, und  zwar  bei  4  (23,  34,  47  und  50;  in  beiden  Berichten 
keine  und  bei  5  (28,  34,  42,  62  und  63)  im  L  keine  und  im 
n.  Bericht  nur  eine  Angabe.  Hiermit  stimmt  wieder  die  Tat- 
sache, daß  bei  der  Prtifungsmethode  unter  93  Angaben  ttber  die 
Form  28,  d.  h.  BO^,  also  ttbemormBl  viele  fiUsehe  Angaben  rof- 
kommen,  wahrend  nur  132(11x12)— 93=:  SO  oder  30)1^  An- 
gaben, also  sogar  etwas  weniger  als  der  Dnrohschnitt  (31)|^)  feUen. 
Auch  Ider  werden  die  Entseheidung  ttber  den  Grund  dieses  Ver- 
haltens  der  Form  gegentlber  erst  wdtere  Versuche  mit  seh&rferen 
Eonturen,  als  das  voi^elegte  Bild  hat,  bringen. 

Auch  die  3  rbemata  Uljcr  die  Stelle,  wo  das  Hemd  oder  die 
Haare  sichtbar  sind  (14,  25,  32),  ergaben  in  beiden  Berichten 
keinerlei  Angaben  und  dementsprechend  bei  der  PriiJuDirsmethode 
19  Angaben,  von  denen  12^2  falsch  waren,  so  daß  die  Zahl  der 
Irrtümer  hier  die  Höhe  von  66^  ersteigt;  aber  auch  die  Anzahl 
der  fehlenden  Angaben  ist  hier  ttbemormal  grofi:  36  (3  X 12)  — 19 
«=  17  =  47>^. 

Im  Gegensats  hierzu  ergaben  die  5  Themata  Über  den  Ort  der 
selbstiindlgen  Gegenstande  (40,  49,  66,  57,  61)  S8Vs  Angaben  mit 
nur  4  fidschen.  Es  hielt  sich  also  die  Zahl  der  fehlenden  An- 
gaben nur  weni^'  über  derDurehschnittshOhe,  insofern  sie  00(5x12) 
~  381/2  =  21 V2  =  36^  betrog;  die  Zahl  der  Irrttlmer  belief  sidi 
aber  nur  auf  10^  der  gemachten  Angaben.  Ein  anderes  Bild 
gewiilireu  in  dieser  Beziehung  die  Ergebnisse  der  Berichtsmethode. 
Wie  oben  erwähnt,  wurden  ira  1.  Bericht  152  Angaben  mit  17Vj 
falschen  inid  im  2.  Bericht  176  Angaben  mit  22  falschen  gemacht^). 
£s  betragen  also  die  falschen  Angaben  dort  ll,ö^  und  hier  12,5^ 

1)  Der  Seolmimg  liegen  m  Gfondo  au  die  Aagabea  der  9  VemwhB- 
penonen  mit  beiden  Bmchten. 


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Zur  Psychologie  der  Aussage. 


177 


der  gemaohten  Angaben»  und  von  diesen  kommen  dorehgefanitflieh 
dort  2^,  Uer  2,7  anf  je  eins  der  66  Themata.  Von  diesen  ent- 
faflen  mm  anf  die  erwShnten  5  Ortthemata  im  primären  Berieht 
21  Angaben  mit  3V2  falsehen,  im  sekundären  Berieht  23  Vs  An- 
gaben mit  3 Ys  falschen,  so  daß  durchschnittlich  anf  1  Thema 
dort  4,2  Angaben  mit  16,1  ^  Fehlem  und  hier  4,7  Aiigabeti  mit 
14,9^  Fehleru  kommen.  Die  Anzahl  der  Angaben  wie  der  Fehler 
ist  also  Ubernormal  ur->I)  und  das  bei  der  PrUfnngsmethode  er- 
mittelte Verhältnis  drelit  sich  in  sein  Gegenteil  nm ').  —  Sehr 
gttnstig  gestalten  sich  nach  der  Prttfnngsmethode  anch  die  Ver- 
iiiltnisse  bei  den  4  Themata  Uber  dio  Rtellang  (16,  36,  54,  58). 
Es  wurden  hier  46  Angaben  mit  6  fakaeben  gemacht,  so  daß  nur 
IBfi^  &l8eh  sind  und  von  den  erforderliehen  48  (4  x  12)  nur  2, 
d.  h.  4^  fehlen.  Naeb  der  Beriehtsmetbode  kommen  im  1.  Be- 
lidit  18  Angaben,  mit  einer  falschen  und  im  2.  Beriebt  22  An- 
gaben mit  2 Ys  falieben  auf  diese  4  Themata,  so  daB  sich  dort 
6fiß^,  hier  tl'iß^  Irrtümer  finden,  and  durchschnittlich  dort  4,5 
und  hier  5,4  Anj^abeii  auf  je  1  Thema  fallen.  Wie  bei  der  PrU- 
fnngsmethode wurden  also  aueh  in  beiden  Berichten  abnorm  viele 
Angaben  gemacht,  and  ist  die  Fehlerzahl  uamentlich  im  1.  Be* 
rieht  abnorm  klein. 

Betrachten  wir  endlich  unsere  Themata  ihrer  Qualität  nach 
noeb  insofern,  als  wir  die  anf  die  Eigenschaften  der  beidoii  Per- 
nonen  bezüglichen  (16 — 25  und  36—47)  you  den  ihre  Kleidongs- 
stücke  behandehiden  (4—15  und  27 — 35)  trennen,  so  wurden  bei 
der  Mfiingsmethode  dort  204Vs  Angaben  mit  75Vt  falschen,  hier 
144V«  Angaben  mit  64V«  f^ls^shen  gemacht  Bei  den  körper- 
lieben Eigensebaften  betragen  also  die  Fehler  37;i^  der  gemachten 
Angaben  und  yon  den  erforderlichen  Aussagen  22  x  12  =  264 
fehlen  59^/2,  d.  h.  23^ ;  während  somit  die  falschen  Angaben  Uber- 
normal zalilreieb  sind,  liegt  die  Anzahl  der  Auslassungen  uutur 
dem  Durehsehnittswcrte.  Bei  den  KleidiinffsstHcken  hingegen 
betragen  die  falschen  Angaben  44^«^  der  gemachten  und  von  den 
erforderlichen  21  x  12  =  252  Aussagen  fehlen  107  V2  =  43^. 
Hier  übersteigen  also  beide  Werte  beträchtlich  sowohl  den  Dnrch- 
schnitt  wie  auch  die  entsprechenden  Werte  bei  den  körperlichen 
Eigensebaften.  Es  scheint  sonach,  dafi  Umfang  wie  Treue  der 

1)  Dem  entspricht  die  Angabe  Sterns  25],  daß  die  Konstellationa- 
ftMer  Mhr  sahhddi  aind. 


uiLjiiizcü  üy  Google 


178 


Erinnerung  für  aaebliche  Ki^enschaften  geringer  ist 
als  fllr  persönliehc.  lifitrachtet  man  daraufhin  die  ErgebaiBtie 
der  Berichtsmethode,  .so  tiiidfu  sicli  in  Be/.iijL^  anf  die  beiden  Per- 
sonen im  L  Bericht  23  Angaben  mit  6  falscbun  und  im  IL  Bericht 
31  An^^ribt^n  mit  7Vj  falschen,  in  Bezug  auf  die  Kleidungsstücke 
dieser  beiden  Personen  im  I.  Ikricht  8  Angaben  mit  1  fatochea 
and  im  n.  Bericht  lO'/s  Angaben  mit  SVs  falsclien.  Die  Penonen- 
ansflagen  enthalten  somit  an  Fehlem  im  L  Berieht  ^»l^i  im 
IL  Bericht  24,2 ji^,  die  SachenaoBsagen  dagegen  dort  12,5)1^,  hier 
33,3^.  Wie  hei  der  Prttfangnnethode  ist  somit  stets  die  Anzahl 
der  Irrtümer  ttbemormal  groB,  aber  nur  im  II.  Bericht  hei  den 
Sachen  größer  als  bei  den  Personen,  während  beim  I.  Bericht  das 
Gegenteil  der  Fall  ist.  Was  die  Anzahl  der  genutchtcu  Angaben 
betriti't,  8o  koinmeu  bi-i  den  Personen  auf  jedes  der  22  Themata 
dnrchschniftlteb  im  I.  Betriebt  1,  im  II.  1,4  Angaben  und  bei  den 
Sachen  auf  jedes  der  21  Themata  im  I.  Bericht  0,4,  im  II.  Be- 
richt 0,5  Angaben.  Kntsprechend  den  Ergebnissen  der  Prüfungs- 
methode finden  sich  mehr  Aassagen  ttl»er  Personen  als  Sachen, 
nnd  ist  die  Anzahl  der  letzteren  geringer  als  der  Durchschnitts- 
wert, im  Gegensatz  zur  Frttfimgsmethode  ist  aber  dieses  aneh  bei 
den  Pcrsonenanssagen  der  Fall.  —  Sondert  man  die  Betrachtang 
des  Oroßvaters'  von  der  des  Knaben,  so  ergibt  die  Prttfungs- 
methode  für  die  persönlichen  Eigenschaften  bei  jenem  103  Yi  An* 
gaben  mit  31 1/2  fitlsohen  (16. — 2b.  Thema),  bei  diesem  101  Angaben 
mit  44  talscbeu  (36. — 47.  Thema):  es  betra^^en  also  beim  Groß- 
vater die  falschen  Aussagen  30,4«^  und  von  den  erforderlichen 
10  X  12  =r  120  Aupibcn  felilrn  16 V2,  d.  h.  13,8^^  ,  während  beim 
Knaben  43,6",  falsche  Angaben  vorhanden  sind  und  144  —  12x12) 
—  101  =  43  oder  29,9^  fehlen.  Die  Aussagen  über  die  persön- 
lichen Eigenschaften  sind  also  beim  Großvater  zahlreicher  und  mit 
weniger  Irrtümern  durchsetzt  als  beim  Knaben;  bei  beiden  liegt 
die  Anzahl  der  falschen  Anssagen  ttber  and  die  der  fehlenden  Ans- 
sagen  unter  dem  I>areh8chnitl8wert  Ober  die  Kleidangsstllcfce 
ergibt  die  Prttfiuigsmefhode  beim  GroBvater  (4. — 15.  Thema) 
90Vi  Angaben  mit  382/»  falschen,  beim  Knaben  (27.^35.  Thema) 
54  Angaben  mit  25 Vs  falschen,  so  daß  bei  jenem  42,7)|^,  bei  die- 
sem 47,2^  Angaben  falsch  sind  und  bei  jenem  144  (12  x  12) 
~  9OV2  =  531/2  =  37,1^  ,  bei  diesem  108  (9  x  12y  54  =  54 
=  50^  Angaben  fehlen.  Wiederum  sind  beide  v\  erte  beim  Knaben 


Zur  Payehalogie  der  AnMage. 


179 


größer  als  beim  Großvater,  diesmal  aber  bei  beiden  Uberuormal 
grofi.  Wie  za  erwarten  war,  ist  also  Umfang  wie  Treue  der  Kr- 
iimenmg  beim  Großvater,  der  Haaptperson  der  ganzen  Szenerie, 
giOfier  als  beim  Knaben  —  sowohl  in  Hinsicht  auf  die  Bachliohen 
wie  ktirpeitiohen  Eigenschaften;  das  Verhältnis  dieser  beiden  Eigen- 
sehaftoi  sneinander  wie  za  dem  normalen  Darehscfanittswerte  ist 
aber  bei  beiden  Peisonen  das  itilmliche  und  gleicht  dem  bei  der 
obigen  Betraehtnng  beider  Personen  zusammen  ermittelten,  wie 
folgende  tabellarische  Zusammenstellung  der  obigen  Prozentsätze 
zeigt; 

Tabelle  IV. 


Großvater 

1  Knabe 

Fehler 

Aualassungeu 

Fehler 

Auslassungen 

PerBOnliehe  Eigenschaften  i 
SachHche  • 

37.1% 

43.e»/o 
47,20^ 

99,90/0 
ÖO  0/0 

Betrachtet  man  unter  demsielben  Gesichtswinkel  die  Ergebnisse 
der  Berichtsmethode,  so  worden  in  Bezug  auf  die  pers<(n- 
liehen  Eigenschaften  an  Aussagen  gemacht  beim  Großvater  im 

I.  Berieht  IOV2  mit  2  falschen,  im  II.  Bericht  12  mit  1  falschen, 
uüd  beim  Knaben  im  I.  Bericht  12^2  mit  4  falschen,  im  Ii.  Be- 
richt 19  mit  61 2  falschen;  die  Irrtümer  betra^^en  also  beim  Groß- 
vater im  I.  Bericht  19^  und  im  IT.  Bericht  8,3<|^,  beim  Knaben 
im  I.  Bericht  32^  ,  im  II.  Bericht  M^l  %  \  auf  je  ein  Thema  kom- 
men beim  Großvater  (im  gangen  10  Themata)  im  1.  Bericht  1,05 
imd  im  n.  Bericht  1,2  Ang-ahen,  heim  Knaben  (12  Themata)  im 
L  Bericht  1,04  mid  im  II.  Bericht  1,6  Angaben.  Anch  hier  finden 
sich  also»  nnd  zwar  in  beiden  Beriehten,  mehr  Fehler  beim  Knaben 
als  beim  Groftyater;  die  Anzahl  der  Angaben  ist  dagegen  nnr 
im  1.  Bericht,  mid  swar  nnr  um  ein  sehr  Geringes  (0,01)  heim 
Großvater  grOfier  als  beun  Knaben,  während  im  II.  Bericht  das 
Gegenteil  der  Fall  ist  Die  Anzahl  der  Angaben  liegt  stets  nnter 
dem  Durchschnittswerte  (2,3  im  I.  nnd  2,7  im  II.  Bericht),  die 
Anzahl  der  Fehler  daget^en,  mit  Aufnahme  des  II.  Berichts  beim 
Großvater,  über  dem  Durciischnittswerte  H  5^  im  L,  12.5^  im 
TT.  Bericht).  —  Über  die  KleidungBst  m  k  e  wmden  Aussagen 
gemacht  beim  Großvater  im  I.  Bericlit  8  mit  1  falschen  und  im 
n.  7  Vi  mit  iVz  iaUcheu,  beim  Knaben  im  L  Bericht  0,  im  II.  Be- 

12» 


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180 


Arthur  WrMohnWf 


rieht  3  mit  2  ialöchen.  Es  betr;i^^cu  also  die  Irrtümer  beim  (IroB- 
vater  im  I.  Bericht  12,5  <^  und  im  II.  Bericht  20^,  beim  Kiiabea 
im  II.  Bericht  66,7  jfe  ;  auf  je  1  Tlienia  kommen  beim  Großvater 
(12  Themata)  im  I.  Bericht  0,75  uud  im  II.  Bericht  0,7,  beim 
Knaben  (9  Themata)  im  1.  Beriebt  0  and  im  n.  Beriebt  0,33  An- 
gaben. Wiederum  sind  die  Irrtümer  beim  Knaben  saUreicher  als 
beim  Grofivater,  diesmal  sind  aber  aneh  bei  jenem  weniger  An> 
gaben  gemacht  woiden  als  bei  diesem,  nnd  awar  in  beiden  Be- 
liehten.  Me  Fehlenmsablen  liegen  Uber,  aUe  AnsugeaataMen 
nnter  den  eniapiecfaenden  Dnrefascbniitswerten  —  in  TofflLommener 
Obeieinstlmmnng  mit  der  Prttfnngsmeihode.  Aneh  finden  wir  wie- 
derum beim  GroßTater  wie  beim  Knaben  in  beiden  Berichten  daa 
obige  Er^^ebuiB  bestätiget,  d;i!i  mehr  Angaben  und  weniger  Fehler 
gemacht  werden  bei  den  persönlichen  als  bei  den  sachlichen  Eigen- 
schaften; eine  Ausnahme  macht  nur  der  I  Bericht  beim  Großvater 
in  Bezug  um  die  Fc  liK  r.  Zur  Veranschaulichuug  aller  dicker  Sätze 
setze  ich  noch  obige  Zahlen  in  folgender  tabeUaxischer  Zusammen- 
Btellong  her. 

TabeUe  V. 
L  Bericht 


I 

1 

Gro 

Fehler 

ßvater 

Angaben  auf 
1  Tbema 

E 

! 

J..  _.  .... 

nahe 

Angaben  Mf 
1  Thema 

FenOaQohe  Eigeiisdwfleii 
CMlidw 

n.  ] 

0,76 
leriobt 

32  o/o 

1,0« 
0 

Gro 
1  Feiler 

ßvater 

Anp-abon  auf 
1  Thema 

Knabe 

PanValiehe  Eigeudiaflen 
BwUidM 

1» 

0.7 

34,7  o/o 
66,70/0 

1,6 
0^88 

Znm  SehlnB  noeh  einige  Bemerkungen  ttber  die  individnellen 
Differenzen.  Sie  smd,  wie  ans  Tabelle  II  hervoigehi,  nieht 
alba  hetfttehtlioh  bei  der  Prttfangsmethode.  Hier  betrag  ftr  die 

gemachten  Angaben  das  Ifaximam  70  (Vp.  C)  oder  bei  Nicht- 
beachtung der  bloß  ^Ü'erumaüigeu  Angaben  68        kj,  dad  Mi- 


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Zur  Fiycholofit  der  Anntge. 


181 


nionim  45  (Vp.  G);  fUr  die  falsehen  Angaben  war  das  Maximim 
82Vs  (Vp.  J>)t  das  Ifinimnm  IOV3  (Vp.  AJ,  oder  im  FroxentaalB 
der  gemaebten  Angaben  jemea  40,4)|^  (Vp.B),  dieaea  (Vp.A). 
QrOfier  sind  die  IndiyidneUen  Unteiaobiede  bei  der  Beriditsmediode: 
im  L  Berieht  (von  11  Vp.)  war  ftlr  die  gemachten  Angaben  das 
Maximnm  31  (Vp.  C),  das  IGnimnm  71/2  (Vp  J)  und  für  die 
Felller  das  Maximum  SV^  (Vp.  E),  das  Minimum  0  (Vp.  D  und  F), 
oder  dem  Prozentsatz  der  frem achten  Angaben  nach  daa  Maximum 
19,3^  (Vp.  L),  das  Minimuiu  Ü  (Vp.  D  und  F);  im  U.  Bericht 
(von  9  Vp.)  betrug  für  die  gemachten  Angaben  das  Maximum  SS'/j 
(Vp.  K)  nnd  das  Minimum  13  (Vp.  G),  fUr  die  Fehler  das  Maxi- 
mum 5  (Vp.  L)  bzw.  20^  (Vp.  M)  und  das  Minimum  V2  b»w. 
3^  (Vp.  D).  —  Die  durchschnittliche  Anzahl  für  je  eine  Person 
betrag  bei  der  Prttihngsmethode  fttr  die  gemachten  Angaben  59,4 
(bei  Weglaaanng  der  blofi  siffemnülBigen  Angaben  57,3)  nnd  Uta 
die  fiüsohen  15,7,  bei  dem  I.  Beriebt  filr  die  gemachten  Angaben 
18,3  und  flir  die  fUseben  2,  beim  IL  Beriebt  ftr  die  gemaebten 
Angaben  19,6  nnd  ftr  die  iUseben  2,4. 

Von  größerem  Interesse  ist  aber  im  ffinbK<^  auf  die  oben^) 
ervrälmteii  Ergebnisse  Sterns  die  Betrachtung  der  individuellen 
VerBthiedenbeiten  je  nach  dem  Geschlechte.  An  der  PrUfungs- 
methode  waren  7  Damen  und  5  Herren  beteiligt.  Jene  machten 
zusammen  426  Angaben  mit  100  falschen,  diese  287  Angaben  mit 
88 Vi  falschen;  von  jeder  Dame  rühren  also  durchschnittlich  60,9 
Aussagen  mit  14,3  falschen,  von  jedem  Herrn  57,4  Angaben  mit 
17,6  üiischen  her.  Nnr  insofern  bestittigt  sich  somit  das  Ergebnis 
Sterns,  als  die  Damen  mehr  Aussagen  machen  als  die  Henen, 
dagegen  machen  diese  im  Gegensatz  sn  den  Sternseben  Beenltaten 
mehr  FeUer  als  Jene.  Hieibd  ist  aber  noch  m  berttebidebtigen, 
daS  unter  den  426  Angaben  der  Damen  sieh  26  nur  xiffernnülfiige 
(beim  3.  nnd  26.  Thema)  fimden;  bringt  man  diese  in  Abzug,  dann 
kommen  auf  jede  Dame  durchschnittlich  nnr  67,1  Angaben,  ateo 
ebenfalls  etwas  weniger  als  auf  einen  iierrii.  Die  größere  Fehler- 
haftigkeit der  mäüuiichen  Aussagen  im  Vergleich  zu  den  weibliehen 
gebt  natürlich  auch  bei  Berechnung  des  Prozentsatzes  der  Feliler 
deutlich  hervor:  er  beträgt  fUr  die  Angaben  eines  Herrn  30,7^, 
fUr  die  einer  Dame  2djbß^j  oder  bei  Wcglassung  der  26  nur  Ziffern-« 


1)  8. 148. 


182 


Arthur  Wreadmer, 


mäßigen  Augabeu  2i)%.  Eb«  iid«>  u  eiug  Bestätigung  aber  findet 
(las  Stern  sehe  Ergebiuä  durch  die  Bericbtomethode,  wie  folgende 
Tabelle  zeigt: 

Tabelle  VI. 
Primärer  Bericht'). 


Fratten 

1  MXniier 

Angaben 

Angaben 

gemachte 

falaehe 

1  gemachte 

liüMhe 

Total 

109 

1  92 

Bnidiseluüttlieli  auf  1  PenoB 

2,3 

1  IM 

1.7 

SeknndXrar  BertohtS). 


Frauen  j 

Männer 

Angaben 
gemadite  |  liüaeh« 

Angaben 
gemachte  |  fttoehe 

Total                                 '!  68 

DurchBchuittlich  auf  1  i'erbtiu  17 

ii 

8 
2 

98 
19,6 

14 
2^ 

Wie  bei  der  Ftttftmgsmeihode  maebten  anob  bier  die  Herren  in 
beiden  Beliebten  mebr  Angaben  und  im  TL  Berfebt  ancb  mebr 

Fehler  als  die  Damen,  während  im  I.  Bericht  die  Fehler  bei  den 
Dameu  zulil reicher  als  bei  den  Herren  sind.  An  diepem  Verhalten 
der  Fehler  ändert  auch  deren  Prozentsatz  ui(  hts,  der  im  I.  Bericht 
bei  deu  Herren  9,2^  und  bei  den  Djiinen  12,65^,  im  II.  Beriebt 
bei  jCQcu  14,3 )fe  und  bei  diesen  11,8^  beträgt. 

Bei  diesen  Ergebnissen  ist  jedoch  zw  berttoksichtigen,  dafi  von 
den  7  Damen  eine  unmittelbar,  eine  andere  nur  19  Stunden,  zwei 
7  Tage  und  nnr  drei  17  Tage  Tor  der  Frttfong  daa  Bild  betracbtet 
batten,  ^rilhrend  von  den  5  Herren  swei  es  7  Tage,  zwei  17  Tage 
nnd  euier  87]  Monate  vor  der  Prtlfnng  geaeben  batten,  so  dafi 
aleo  die  Damen  offenbar  nnter  günstigeren  VerblUtnisBen  ibre  An^ 
gaben  machten,  wenn  die  Feblerzabl  um  so  grIJBer  wird,  je  längere 
Zeit  zwischen  V(jr]ef;uü^  und  Prllfun^  verstreicht*).  Untersuchen 
wir  daraufhin  die  Ergebuiase  unserer  Prttfungsmetbadc,  öü  wurden 
durcübchnittlicb  Air  eine  Vp.  abgegeben: 

Ij  Von  6  Damen  nnd  6  Herren. 

2)  Von  4  Damen  und  6  Herren. 
3  Siehe  oben  ö.  174. 


.  j     . :  y  Google 


Zur  Fiydiologi«  der  Anmge.  Ig3 
TabeUe  VU. 


Intamdl  swiselien  Von 

Oemaohte 

FaUwhe  Angaben 

legcmg  und  Piüfimg 

Angaben 

ftbeohit 

Wenige  Mointaii 

ee  (6^t) 

10,5 

16,8  W) 

19  Stunden 

68 

81,6 

40,6 

7  Tage 

68,6  {60,6) 

16,3 

84,4(85,8) 

17  Tage 

68^9  (66,5) 

W,7 

86,7  187Ä 

8Vt  Monate 

46 

16^ 

86^9 

Sieht  man  von  dem  abnormen  Verhalten  der  einen  VerBncha^ 
person  mit  19  Stunden  Intervall  ab,  so  zeigt  sich,  daß  in  der  Tat 
die  Fehlensahl  mit  Kunehmender  Zwiflchenxdt  zwisehen  Vorlegung 

und  Prüfung  wächst  Im  GegensaUe  zu  unserem  obigen  Ergebnis, 
das  wir  uüb  der  Betrachtung  der  beiden  Berichte  zueinander  ge- 
wannen (s.  S.  174),  zeigt  sich  hier  auch  eine  Abnahme  der  An- 
gaben mit  zunehmender  Zeit  zwischen  Vorlesruno:  und  Prüfung*). 
Jedenfalls  aber  arbeiteten  die  Damen  offenbar  unter  günstig^ereu 
Verhältnissen  alB  die  Herren. 

1}  Die  dsgeUimnerlen  Werte  aiiKl  unter  Abnig  der  }M  dfl^iaaiilßigen 
Angaben  gewoanen. 

2)  IHese  laad  aneb  Stern  im  n*  Beiieht  gegenüber  dem  I  Beliebt  (a  a  0. 

S.81). 


^  kj  .1^ uy  Google 


EinfttUimgr  innere  Nachahmung,  und  Organ« 

empfindungen. 

Von 

Theodor  Lipps. 


leh  siele  im  folgenden  anf  die  Einftlhlnng  ttbetfaanpi  Aber 
ich  rede  ledigUeh  von  der  EinfllMnng  in  beatimmte  Gattungen  von 
Objekten,  Bpeziell  von  der  EinfttUnng  in  Bewegungen,  Stelinngen, 
Haltongen  des  Hensehen,  des  wirUicben  oder  des,  etwa  plastisob, 
dargestellten;  weiterhin  ancb  in  Formen  der  Architektur. 

Der  Ssthetiflche  Gennß  ist  das  im  einzelnen  Falle  so  oder  so, 
hei  jedem  oencn  ästhetischen  Objekt  imniei  anders  und  anders, 
gefärbte  Gefühl  der  Freude  oder  der  Lust,  das  ich  angesichts 
des  RMthetinchen  Objektes  habe.  Dabei  ist  das  »ästbi'ti^i<  !u'  Objekt« 
allemal  ein  Sinnliches,  d.  h.  ein  sinnlich  Wahrgenommenes  oder 
Vorgestelltes;  und  es  ist  nur  dies.  Ich  habe  ein  Lustgeftihl  an- 
gesichts eines  schönen  0})jektes,  dies  heißt:  Ich  habe  dasselbe 
angesichts  des  sinnlich  Wahlgenommenen  oder  VoigesteUten,  als 
welches  mir  das  schöne  Objekt  nnmittelbar  entgegentritt.  Ich  habe 
es,  indem  ich  dies  betraohte,  d.  h.  daianf  achte,  es  apperzipiere. 
Kar  die  sinnliche  Erseheinnng  des  Ssthetischen  Objektes,  z.  B. 
des  Knnstwerkes,  wird  aber  in  der  Ssfhetischen  Betrachtang  »be- 
trachtet t.  Sie  allein  ist  der  »Gegenstand«  des  ästhetischen 
Genusses;  sie  ist  das  Einzige,  das  mir  dabei  als  etwas  von  mir 
Untorscliiedenes  »gegenUberstelits  und  anf  das  ich  mich  und  mein 
Lustgefühl  »bezogen«:  tinde.  Indem  ich  mich  darauf  bezogen  finde, 
fühle  ich  mich  zugleich  Instgcstinimt  oder  erfreut,  kurz  genießend. 

Kine  ganz  andere  Frage,  als  die  nach  dem  »Gegenstand« 
des  ästhetischen  Genusses,  ist  die  Frage  nach  dem  Grunde  des- 
selben. So  gewiß  die  sinnliche  Erscheinung  des  schönen  Ob- 
jektes der  Gegenstand  des  ästhetischen  Genusses  ist,  so  gewiß 
ist  sie  nicht  der  Grnnd  desselben.  Sondern  Gmnd  des  ttstheti'- 


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186 


Theodor  Lippt, 


sehen  Genasses  bin  ich,  oder  ist  das  Ich,  nämlich  genau  dasselbe 
Ich,  dns  ich  »angeBichts«  des  üe^eastaDdes,  oder  ihm  »gegenüber« 
lostgestimmt  oder  erfreut  flihle. 

Damit  ist  zunächst  gesagt,  daß  ich  mich  nicht  nur  Instgestimmt 
oder  erireat,  eondem  gleichzeitig^  auch  anders  bestimmt  fttblen 
kann.  Daran  aber  iBt  kein  Zweifel  leb  ftthle  mich  anter  an- 
derem strebend  oder  wollend,  mieb  anstrengend  oder  bemtlbend, 
leb  ftlble  mieb  ra  solcber  Anstrengnng  oder  Bemttbnng  Henunmaaen 
ttandbaltend  oder  Bio  ttberwindend,  vieUeiebt  aneb  ibnen  naeh- 
gebend,  leb  fbble  mieb  ein  Ziel  erreiobend  oder  itable  mein  Streben 
oder  Wollen  sieb  befriedigend,  Mle  die  Bemttbnng  gelingend. 
Ich  fühle  mit  einem  Worte  ein  mannigfaches  »inneres  Ton«. 

Und  ich  fühle  mich  in  üllom  dem  kraft\üll,  leicht,  sicher,  ela- 
stisch, vielleicht  Btolz  u.  dergl. 

Und  eine  solche  Weise  nun,  mich  zn  fUhlen,  ist  jederzeit  der 
Grand  des  ästhetischen  Ocnusscs. 

Dieser  Grund  steht,  wie  man  sieht,  eigentümlich  in  der  Mitte 
swischen  dem  »Gegenstand«  des  ästhetischen  Genusses  und  diesem 
selbst.  Betonen  wir  erst  dies:  Die  soeben  bezeichneten  Geflihle 
haben  niobt  ebenso,  wie  der  Genuß,  das  scbttne  Objekt  anm  Gegen- 
stand, lob  ftlble  mieb  in  der  fiatbetiBcben  Betrachtung  des  scbttnen 
Objektes  etwa  kraftvoll  tiitig,  oder  frei,  oder  stok.  Dann  ftlUe 
icb  mieb  nicbt  kraftrott  tfttig  eto.  angesiebts  des  Ol^ektes  oder 
ibm  gegenüber.   Sondern  ieb  fttble  mieb  so  in  ibm. 

Ebenso  wenig  aber  ist  dies  GefUbl  der  Tätigkeit  Gegenstand 
des  Genusses  d.  h.  der  Lust  am  schönen  Objekt.  So  gewiß  ich 
Lust  ftihle  angesichts  des  sinnlichen  Gegenstandes,  den  ich  als 
schön  bezeichne,  so  gewiß  fühle  ich  nicht  Lust  an  dem  erlebten 
Tun,  der  Kraft  usw.  oder  angesichts  des  Tuns,  der  Kraft  usw. 
Dies  Tun  ist  nicbt  gegenständlich.  P>s  ist  nicht  etwas,  das  mir 
gegenübersteht  So  wie  ich  mich  niclit  tätig  fühle  gegenüber  dem 
Objekt,  sondern  in  dem  Objekt,  so  ftlhle  ich  nicht  Lust  gegen- 
ttber  dem  Tun,  sondern  in  ibm.  leb  flllile  mieb  in  ihm  gltteklicb 
oder  beglückt 

Qewifi  kann  mir  mein  eigenes  Tun  gegenstftndlieb  werden, 
nSmlicb  wenn  es  nicbt  mehr  mein  gegenwärtiges  Ton  ist,  sondern 
icb  es  rttckBcbanend  betrachte.   Dann  ist  es  eben  nicbt  mehr 

erlebt,  sondern  nur  vorgestellt.  Und  damit  ist  es  gegenstind- 
lieh.    Und  nun  kuun  tiies  vorgestellte  Tuu  oder  allgemeiner  dies 


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Einfllblong»  innere  Nachahmong,  und  Organempfindangen.  187 

Torgestellte  Ich  avcb  Gegenstand  meiner  Lust  sein.  Indessen  da- 
von ist  hier  keine  Rede.  Es  handelt  sich  in  diesem  Zusammen- 
hang; einzig  um  das  erlebte  Tun.  Es  handelt  sich  ebenso  einzig 
um  das  erlebte  fTeliugen,  die  erlel»te  Kraft,  Freiheit  usw. 

Das  Wort  >Gei;rnstand«  der  Lust  ist  hier  völlig  scharf  ge- 
nommen. Vielleicht  nimmt  man  es  weniger  scharf.  Vielleicht 
nennt  man  «Gegenstand«  der  Lust  das,  > woran«  ich  Freude 
habe,  und  versteht  nuter  diesem  das,  worauf  die  Lost  h exogen, 
nnd  was  zngieicb  Grund  der  Lust  ist. 

Dann  kann  auf  die  Frage  nach  dem  Gegenstand  der  istheti* 
sehen  Lnst  in  doppelter  Weise  gesntwortet  werden.  Einmal  kann 
man  sagen:  Die  ftsthetisehe  Lnst  hat  gar  keinen  Gegenstand.  Der 
Isdietisehe  Gennfi  ist  nicht  gcgenstftndlicher  Gennfi,  sondern  Selbst- 
gennB.  Er  ist  unmittelbares  Selbstwertgeftthl.  Dies  aber  ist  kein 
auf  einen  Oegienstand  bezogenes  Gefühl.  Vielmehr  besteht  seine 
Kigetiiirt  cbeu  darin,  daß  in  ihm  keine  Scheidung  stattfindet  zwi- 
sehen  dem  erfreuten  Ich,  nnd  dem,  woran  ich  Frende  habe;  dali 
iu  ihm  dies  beides  ein  und  dasselbe  uumittelliar  erlebte  U-h  ist. 

Andererseits  aber  kann  man  darauf  hinweisen,  daß  doch  im 
ästhetischen  Genoß  dies  SelbstwertgefUhl  objektiviert  sei.  Ich 
fHiüe  mich,  wenn  ich  die  kraftvoll,  stolz,  frei  vor  mir  stehende 
mensehüche  Gestalt  betraehtei  mcht  iuraftroU,  stolz,  frei,  Über- 
haupt, oder  an  meiner  Stelle,  in  meinem  KOrper,  auf  meine 
Kotten,  sondern  loh  fWe  mieh  so  in  der  betrachteten  Ge- 
stalt, nnd  nnr  in  ihr. 

Und  demgemftß  kann  ich  nnn  doch  auch  sagen:  Der  MsthetiBehe 
OenvB  hat  einen  Gegenstand  ui  dem  hier  roraosgesetzten  Sinne, 
d.  h.  CT  hat  einen  Gegenstand,  der  zugleich  Grund  desselben  ist. 
Ich  kann  diesen  Gegenstaud  s^o^^ir  doppelt  bezeichnen.  Einmal: 
Der  fragliche  Gegenstand  ist  das  kraftvolle,  stolze,  freie  Ich;  aber 
nicht  als  solches,  s(mdem,  sofern  es  objektiviert,  d.  h.  an  das  sinn- 
lich Wahrgenommeue,  die  gesehene  Gestalt,  gebunden  ist.  Und 
zum  anderen:  Der  Gegenstand  des  ästhetischen  Genusses  ist  dies 
sinnlich  Wahrgenommene,  diese  gesehene  Gestalt;  aber  nicht  als 
solche,  sondern  sofern  ich  darin  mich,  dies  kraftvolle,  stolze,  freie 
leh  finde,  fthle,  erlebe. 

Damit  ist  die  spezifische  Eigenart  des  ästhetischen  Gennsses 
bezeichnet  Sie  besteht  darin,  dafi  dieser  Genuß  Gennfi  ist  eines 
GegaiBtandes,  der  doch,  eben  sofern  er  Gegenstand  des  Gennsses 

13* 


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Theodor  Lipps, 


ist,  nicht  Gegenstand  vbH,  sondern  icli;  oder,  daß  er  Gennß  ist  des 
Ich,  das  doch,  sofern  ea  ästhetisch  genossen  wird,  nicht  »leh« 
ist,  sondern  gegenständlich. 

Dies  alles  nun  liegt  im  Begriffe  der  »Einftlhlun^^.  Vielmehr 
es  macht  den  Silin  dieses  Begriffes  aus.  Die  Kiüiuhiung  int  die  hier 
bezeichnete  Tatsache,  daß  der  Gegenstand  Ich  ist,  und  ebendamit 
das  Ich  (xcgenstaTid.  Sie  it^t  die  Tatsache,  daß  der  Oeg-ensat?. 
zwischen  mir  und  dem  (Te^eastaud  verschwindet,  oder,  richtiger 
gesagt,  noch  nicht  besteht 

Wie  ist  diese  EinfUhlnng  möglich?  Die  Beantwortang  dieser 
Frage  setzt  die  ToUe  Klarheit  Uber  den  absoloten  Gegensatz  swi- 
flciien  Empfindongsinhalten  emerseits,  und  nnmittelbor  erlebten  leh- 
qnalitäten  oder  Gefllhlen  andererseits,  vorans.  Dieser  Gegensatz 
Boll  aber  hier  nnr  nach  einer  Seite  betrachtet  werden. 

leh  empfinde  eine  Farbe.  Diese  Farbe  gehdrt  einem  sinnlich 
wahrgenommenen  Gegenstand  an.  Oder  ich  empfinde  Hanger  und 
Durst.  Diene  Empfindungsinhalte  gehören  meinem  Körper  au.  Sie 
werden  enipliuidcu  nU  IJestinimtlieiteu  dieses  siuulieh  wahrgenom- 
menen Dinges,  als  ein  Bestandteil  desselben. 

Anders  das  Tun  oder  die  Tätigkeit,  das  Streben,  sich  Bemlilu  is, 
Gelingen,  das  ich  fühle.  Diese  gehören  dem  Ich  an,  \ielmehr  sie 
sind  dasselbe,  oder  konstltaieren  es:  Ich  t^hle  mich  tätig.  Sie 
gehören  schlechterdmgs  zu  keinem  sinnlich  wahrgenommenen  oder 
Torgestellten,  korz  zn  keinem  gegenständlichen  Objekt. 

Ebendeswegen  aber  können  diese  Ichqnalitäten  zu  jedem 
sinnlichen  Objekte  gehören.  Sie  gehören,  nnd  es  gehört  mit  ihnen 
das  Ich,  oder  es.  gehört  das  loh,  und  es  gehören  mit  ihm  diese 
Bestimmtlieiten  desselben,  jedesmal  denjenigen  Objekte  an,  in 
dessen  Betrachtung  ich  mich  nnd  diese  Bestimmtheiten  des  Ich 
fllhle,  und  zugleich  unmittelbar  an  dies  Objekt  gebunden  finde. 
Diesen  Sachverhalt,  und  damit  den  Sinn  der  Eiuftlhlnng,  bestim* 
men  wir  Jibcr  etwas  jrenauer. 

leb  strecke  meinen  Arm  aus  oder  halte  meinen  Arm  ausire- 
streckt.  Dabei  flilile  ieh  mich  tiltiir,  d.  h.  ieli  tlilile  micli  strei)eud, 
mich  ])einiiliend  und  fühle  mein  Streben  gelingend  oder  sieb  be- 
friedigend. 

Hier  kann  ich  sagen:  Ich  fühle  mieh  tiitig,  strebend,  mich  be- 
mühend, das  Ziel  erreichend,  in  mehiem  Arm.  Aber  diese  Tätig- 


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EilifflUaiig,  innere  Nacbalimung/nnd  Orgtnempfindiuigen.  189 

keit  geschieht  nicht  in  vollem  Sinuc  im  Arme,  d.  h.  sie  ist  uiebt 
au  die  Betrachtung  des  Arino^  oder  au  deu  betrachteten  Arm 
gebunden.  Sondern  sie  ist  ^itianden  an  meine  Laone,  wenn 
ich  ans  Laune,  an  meine  Zweeksetzang,  wenn  ieh  um  irgend  eines 
Zweckes  willen  den  Arm  strecke.  Und  die  Lume  oder  die  Zweck- 
seteong  ist  etwis  Ton  meiner  Betrsohtnng  des  Armes,  oder  tou  mir, 
der,  oder  sofern  ich  in  dem  Arm  betrachtend  bin,  Verscfaiedenes. 
Sie  gehört  meiner  außerhalb  des  betraehtenden  loh  stehenden,  oder 
gehört  meiner  »realen«  Persönlichkeit  an. 

Damit  nnn  ist  zugleich  gesagt,  daß  in  diesem  Falle  mein  Tun 
nicht  im  vollen  Sinne  dem  ausgestreckten  Arm  »zuj^ehürt«,  Eö  ist 
in  gewisser  Weise,  aber  nicht  Usthetisch,  in  ihn  eingefühlt. 

Jetzt  ünderu  wir  die  Situation.  Mein  Arm  sei  eine  Zeitlang 
frei  aiisfj-estreekt.  Daun  fühle  ieli  ein  Streben,  einen  Antrieb,  eine 
»Nötigung«^  ihn  sinken  zu  lassen.  Dies  Streben  stammt  au:^  dem 
Ann.  Ich  fllhle  es  als  aus  ihm  oder  seiner  gestreckten  Lage  her- 
kommend. £s  liegt  also  darin,  oder  liegt  darin  begründet  Auch 
hier  ist  das  Streben  mein  Streben.  Aber  eben  dies  mein  Streben 
f^hle  ich  ün  Arm.  Ich  sage  dämm  auch:  Der  Arm  strebt  herab. 

Und  sinkt  der  Arm,  dann  verwirkUoht  sich  dies  Streben  des 
Armes.  Das  Sinken  ist  also  seine  TKtigkett. 

Komplizieren  wir  hier  die  Bedingungen:  Auf  der  ausgestreckten 
Hand  liegt  ein  Stein.  Jetzt  fühle  ich  das  Streben  —  das  auch 
hier  »mein«  Streben  bleibt  —  als  herkommend  von  dem  Druck 
des  Steines  oder  dem  Stein,  der  diesen  Druck  ausübt.  Demgemäß 
sage  ieh  jetzt:  Der  Stein  strebt.  Und  fällt  er,  so  ist  dies  Fallen 
eine  eigene  Täti^^keit  des  Steinrs.    Er  lallt  aus  eijrner  Kraft«. 

Mit  diesen  beiden  Fällen  nun  sind  wir  der  ästhetischen  Kin- 
fiihlun<r  näher  gerückt  Aber  wir  sind  noch  uieht  bei  ihr  ange- 
langt. Bleiben  wir  speziell  beim  ersten  Falle.  Auch  hier  ist  mein 
Streben  nicht  durchweg  Sache  des  Armes.  Ich  kann  nicht  sagen: 
Indem  idi  den  Arm  and  seine  gestreckte  Lage  betrachte,  ergibt 
sich  für  mein  Bewufttsein,  einsig  daraus,  das  Streben.  Sondern 
dasselbe  stammt  auch  wiedenim  aus  etwas  Tellig  Anderem,  näm- 
lich aus  der  Art,  wie  mich  die  dauernde  Streckung  des  Armes  al&- 
ziert,  aus  meinem  Oeflihi  der  Unbequemlichkeit.  Und  dies  ist 
wiederum  ein  vom  betrachteten  Olyekt  und  dem  betraehtenden 
leb  verschiedenes  Moment.  Das  Strelien  ist,  soweit  es  daraus 
stammt,  nicht  sowohl  im  Arm  begründet  als  in  mir  motiviert 


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190 


Theodor  Lipps» 


Es  ist  nicht  mein  Streben  im  Ann,  sonden  mein  Streben  ange- 
sichts des  Armes,  oder  mein  auf  den  Arm  von  außen  her  gerich- 
teteb  Strt'ben. 

Und  gl«  i<  tiaitiges  gilt  von  dem  Streben  des  Steines. 

Nnnmebr  aber  enetie  loh  den  eigenen  Arm  durch  den  Arm 
eines  Anderen.  leb  sehe  einen  fremden  Arm  geetreokt  Die  Art 
der  Streckung  habe  etwas  (Uhlbar  Freies,  Leichtes,  Sieheres, 
Stolxes.  Oder  reden  idr  allgemeiner.  Ich  sehe  einen  Menschen 
kraftrolle,  leiehte,  freie,  vielleicht  ktthne  Bewegungen  iigend- 
wetcher  Art  ansftihren.  Dieselben  seien  Gegenstand  meiner  vollen 
A  u  1  "m  e  r  k  SU  m  k  e  it. 

Jetzt  fühle  ich  wiederum  ein  btre(>tMi,  \  m\  icti  verwirklirlx' 
vielleicht  dies  Streben.  Ich  ahme  die  I^ewegimgen  nach.  Dann 
fühle  ich  mich  tätig.  Ich  fUhlc  die  ßemUhnng,  das  Standhalten 
den  Hindernissen  gegenüber,  die  Uberwindong,  das  Gelingen.  Ich 
(Uhle  dies  alles  wirklich.  Ich  stelle  mir  nicht  etwa  bloB  der- 
gleichen vor. 

Dabei  sind  aber  wiederum  zwei  MSgliehkeiten.    Die  Nach- 

uhmnng  kann  einmal  eine  willkürliche  sein:  Ich  mOehte  viel- 
leicht auch  das  Gefühl  der  Freiheit,  der  Sicherheit,  des  Stolzes 
haben,  das  der  Andere  hat. 

in  diesem  Falle  habe  ich  mich  von  der  Hsthetisclien  Einfühlung 
wiederum  weit  entfernt,  l'nmittelbarer  Gmnd  meines  Strebens  und 
Tuns  hier  nicht  die  gesehene  Bewegung,  sondern  dieser  Wunsch. 
Und  auch  dieser  Wansch  ist  wiederam  etwas  außerhalb  des  ge- 
sehenen Armes  und  des  bloß  betrachtenden  Ich  Stehendes. 

Knn  nehmen  wir  aber  endlich  an,  die  Nachahmung  sei  eine 
unwillkürliche.  Dies  wird  sie  um  so  mehr  sein,  je  mehr  ich 
betrachtend  der  gesehenen  He\Yeirunir  hinireirebeu  bin.  Und  um- 
gekehrt, je  mehr  die  Naehalinnni;r  unwillkiirliili  presehielit.  desto 
mehr  bin  ich  betrachtend  ^raiiz  in  der  sre-^eliencii  Bewe^uu^.  Bin 
ich  nun  aber  der  Betraehtunj^  der  lieweguug  vüUi^^  hincregeben,  so 
bin  ich  eben  dnntit  v  illi^  dem  entrückt,  was  ich  tue,  d.  h.  den 
Bewegungen,  die  ich  tatsächlich  ausführe,  den  Vorgängen  in  und 
an  meinem  EOrper;  ich  weiß  nichts  mehr  von  dieser  meiner 
äußeren  Nachahmung. 

Dabei  bleibt  doch  das  Streben  und  Tun  ftr  mein  Bewußtsein 
bestehen;  es  bleibt  das  Geftihl  des  Strebens,  der  Bcmtthung,  der 


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Einfdlilaiig,  niiion  Nacbalimviig,  und  Oi!gtiieiiii>fiiidiiiig«ii.  191 

inneren  Arbeit,  des  rielingens.    Es  bleibt  das  Bewußtsein  der 
»iauereu  ^achahmang«. 

Diese  innere  Nachahmnsg  geBcliieht  nun  aber  für  mein  Be- 
wuBtBein  einzig  in  dem  gesehenen  Objekt  Das  Gefühl  des  Stre* 
benfl»  der  Bemttbung,  des  GellngenB,  ist  filr  mein  Bewofitsein  nieht 
mehr  an  meine  Bewegvng,  sondern  lediglich  an  die  objektive, 
d.  b.  die  Ton  mir  gesehene  Bewegong,  oder  an  den  KOrper,  an 
dem  ich  sie  wahrnehme,  gebmiden. 

Dies  genUgt  aber  nicht  Mein  inneres  Tun  ist  bei  dieser  Nach- 
ahmung in  einem  doppelten  Sinne  ausschließlich  an  das  gesehene 
Objekt  ^ehuiiden.  Einmal;  —  Das  Tun.  das  ich  fühle,  erlebe  ich 
als  ganz  uud  gar  stuniuicnd  aus  der  Betrachtnnp:  der  gesehenen 
Bewegung.  Es  knüpft  sich  daran  unmittelbar  und  mit  Notwendig- 
keit :  und  eö  knüpft  sich  einzig  daran. 

Uud  zum  Anderen:  —  Es  hat  zum  Gegenstand  nicht  meine 
▼on  der  gesehenen  verschiedene,  sondern  einzig  diese  gesehene 
Bewegung.  Ich  fühle  mich  tätig  in  dieser  Bewegung  oder  der 
Gestalt»  welche  die  Bewegung  roUbringt,  nnd  lUhle  mich  in  ihr 
eben  diese  Bewegnng  erstrebend  und  ToUbringend.  Das  Letztere 
kann  nieht  anders  seiui  da  es  ja  nnter  der  gemachten  Voraus- 
setzung fUr  mein  Bewußtsein  eine  andere  als  die  gesehene  Be- 
wegung gar  nicht  giht. 

Mit  einem  Worte,  ieh  bin  jetzt  mit  meinem  Gefühl  der  Tätig- 
keit ganz  und  gar  in  der  sich  bewegenden  Gestalt.   Ich  bin  auch 
räumlich,  soweit  xm  einer  Räumlichkeit  des  Ich  die  Rede  sein 
kann,  an  ihrer  Stelle.    Ich  bin  in  sie  hinein  virttetzi    leb  bin,  • 
tür  mein  Bewußtsein  nämlich,  ganz  uud  gar  mit  ihr  identisch. 

Indem  ich  so  in  der  geseheneu  Gestalt  mich  tätig  fühle,  fühle 
ich  mich  zugleich  in  ihr  frei,  leicht,  stolz.  Dies  ist  HsthetiBche 
Nachahmnng.   Und  diese  ist  sogleich  ästhetische  Eiufhhliing. 


Hierbei  liegt  aUer  Nachdnick  anf  der  fVir  mein  Bewußtsein  be- 
stehenden »Identität«.  Diese  maß  abaolnt  streng  genommen  werden. 

In  der  wülkllrliehen  Nachahmung  sehe  ich  einerseits  die  Be- 
wegung, und  weiß  Ton  der  Art»  wie  derjenige,  der  sie  ausfllhrt, 
sich  darin  flihlt  Ich  habe  ron  dem  Tun,  das  der  Andere  fühlt, 
uud  der  Freiheit,  dem  Stolz,  eine  Vorstcilun^'.  Andererseits 
erlebe  ieh  meine  Bewegung  und  fühle  mein  iuu  uud  meine 
Freiheit,  meinen  Stolz  usw. 


192  1  btiodor  Lippe, 

Dagegen  ist  in  der  ftBthe tischen  Naehahnrang  dieser  Gegen- 
satB  absolut  an^elioben.  Beides  ist  scUeohterdings  Eines.  Jene 
blofie  Yorstellnng  besteht  nieht  mehr;  mein  tatriLchliches  Fuhlen 
ist  an  die  Stelle  desselben  getreten.  Eben  dadurch  geachieht 
es,  daB  ich  mich  in  der  fremden  Bewegung  diese  Bewegung 
vollbringend  fUhle. 

^lit  dieser » ästhetische u  iS  achahnrnn^r«  scheint  ein  Sachverhalt  ge- 
gebcu,  iiualog  demjenig'en,  der  hei  der  nicht  nachalmienden  eigenen 
Bewegung  vorlie^'t.  Der  Unters(  Ini  »i  scheint  nur  der,  daß  ich  jetzt 
das  Bewußtsein  habe,  ich  erlebe  und  vollbringe  eine  Bewcgnng, 
die  tatsächlich,  und  fUr  die  nachfolgende  Keflezion,  Bewegung  eines 
Anderen  ist. 

Aber  hierbei  wäre  der  wesentlichste  Unterschied  übersehen.  In 
beiden  Füllen  ist  mein  inneres  Tun  —  mein  Streben  und  Voll- ' 
biingen,  d.  h.  die  erlebte  Befriedigung  des  Strebeos  —  mein  Tnn. 
Aber  es  ist  nieht  in  beiden  Hillen  das  Tun  desselben  Ich.  Es 
ist  dort,  bei  der  nicht  nachahmenden  Bewegung,  das  Tnn  meines 
realen  Ich,  d.  h.  meiner  GesamtperaOnliohkeit,  so  wie  sie  jetzt 
tatsächlich  geartet  ist,  mit  ihren  Empfindungen,  Vorstellungen,  Ge- 
danken, Golliblen,  vor  allem  mit  dem  Motiv  oder  inneren  Anlaß, 
aus  welchem  die  Bewegung  hervorgeht 

Dagegen  ist  in  der  ästlietiscben  Nachahmung dax  Ich  ein  ideelles. 
Dieser  Ausdruck  ist  mißverstilndlicli.  Auch  dies  >ideelle«  Ich  ist 
real.  Aber  es  ist  nicht  das  reale  praktische  ich.  Es  ist  das 
betrachtende,  und  in  der  Betrachtung  des  Objektes  weilende  und 
ansehende  Ich.  Es  ist  also  ein  ideelles  Ich,  nicht  an  sich  oder 
seiner  Beschaffenheit  nach,  sondern  hinsichtlich  seiner  Betätigung. 
Es  ist  ein  Ich,  das  nieht  su  irgend  etwas  in  realen  Besiehnngen 
steht,  sondern  das  in  dieser  ideellen  Besiehnng,  der  Betrachtung 
des  nachgeahmten  Direktes,  aufgeht 

Und  diesem  ideellen,  d.  h.  diesem  betrachtenden  Ich  eignet  in 
der  ästhetischen  Nachahmung  das  Tun:  Indem  Ich  mich  in  dem 
Objekte  betrachtend  finde,  fühle  ich  mich,  dies  betrachtende  Ich, 
tätig,  strebend,  sieli  bemühend,  das  Erstrebte  vollbringend. 

Und  wie  das  betraclitcmle  Ich,  so  sind  auch  diese  seine  Be- 
stimnmn^'eu  real.  Mau  kann  das  Tun,  wenn  mau  \vill,  ein  »ge- 
dankliches« nennen.  Dann  hüte  man  Bich  doch,  dies  gedankliche 
Tnn  mit  einem  nur  gedachten  oder  nur  vorgestellten  zu  ver- 
wechseki. 


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Einfühlung,  innere  Nachahmong,  and  Organempfindnngen.  193 

Ich  stelle  mir  die«  Tun  BO  wenig  bloß  tot,  als  ich  mir  mein 
Betrachten  nur  TOistelle.  Es  ist  ein  gedanklicheB  Ton  nicht  im 
Gegensatx  mm  realen,  sondern  zum  praktischen  Ton. 

Die  ästhetische  Nachahmung  war  im  Vorstehenden  noch  ge- 
dacht als  eine  nicht  nur  innere,  sonderu  zugleich  äußere:  Ich 
vollziehe  die  gesehene  Bewegung  tatsächlich.  Es  kann  aber  auch 
dieser  äußere  VuÜzug  der  Bewegungen  unterbleiben. 

Daftlr  gibt  es  allerlei  Gründe,  z.  B.  die  Rtleksicht  auf  den 
Anstand.  Vor  allem  aber  wirkt  der  Ausillhnmg  der  Bewegungen 
die  praktische  Sinn-  und  Zwecklos^keit,  eTcnt.  aneh  die  tatsäch- 
liche Unaosfllhrbarkeit  derselhen  entgegen. 

Ich  betrachte  etwa  einen  Tanz»  der  auf  der  Btthne  getanzt 

wird,  von  meinem  im  Zuschauerraum  befindlichen  Sitze  aus.  Dann 
ist  es  einesteils  unmüglieh,  duß  ich  mittanze,  zum  anderen  will 
ich  jetzt  f;ar  nicht  tanzen;  ich  bin  innerlich  nicht  darauf  eingestellt. 
Meine  ge^laTnte  tntsächliche,  Slußere  und  innere  Verfassung  läßt 
meine  kürperiichen  Bewegungen  nicht  zu  stände  kommen.  Damit 
ist  doch  das  innere  Tun,  das  Streben  and  das  sich  Befriedigen 
desselben  in  der  Betrachtung  der  gesehenen  Bewegnngen  nicht 
an%ehoben. 

Jedes  Streben  ist  freilich  seiner  Natur  nach  em  Streben  nach 
Verwirklidrang  des  Erstrebten.  Aber  diese  Yerwirklichnng  fehlt 
ja  hier  nicht  Ich  erlebe  die  tatsächliche  Bewegung.  Ich  sehe 
sie  vor  mir.  Freilich  nicht  als  meine  eigene.  Aber  dies  ist  eben 
das  Besondere  der  ästhetischen  Nachahmung,  daß  dabei  die  fremde 
Bewegung  an  die  Stelle  der  eigenen  tritt. 


Hierzu  nun  kann  mau  sagen.  Die  Verwirklichung  deg  auf 
eine  körperliche  Bewegung  gerichteten  Stiebens  bestehe  doch  nicht 
im  Haben  eines  Gesiohtsbildes  der  Bewegung,  sondern  sie  bestehe 
zunächst  im  Erleben  von  kinästhetischen  Empfindungen,  nämlich 
der  Empfindungen  Ton  Muskelspannungen,  Gelenkr^bungwi  nsw., 
wie  sie  er&hmngsgemSfi  bei  der  Bewegung  anitreten. 

Diese  Bemerkung  beantworte  ich  durch  eine  Ergänzung  oder 
genauere  Bestimmung  des  bisher  Gresagten. 

Worin  ein  Streben  sich  befriedige,  dies  hiingt  allemal  davon 
ab,  was  eigentlich  bei  dem  Streben  das  Erstrebte  ist. 

Bewegungen  meines  EOipers  nun  pfl^  ich  nicht  um  ihrer 


194 


Theodor  Lipps, 


selbst  willen  zu  wollen  oder  zn  erstreben.  Sie  sind  Mittel  zum 
Zweck.    Dieser  Zweck  aber  kann  ein  verschiedeuer  sein. 

Er  kann  einmal  ein  äußerer  Zweck  sein.  Ich  will  etwa  diircU 
die  Bewegungen  mir  ein  körperliches  Wdhl^'cflihl  verschaffen, 
oder  ich  wül  mich  zur  Schaa  Btellen.  Der  Zweck  einer  Bewegung 
kann  aber  auoh  ein  rein  iimeier  sein:  Was  ich  erstrebe,  ist  die 
innere  Bewegung,  die  Selbstbetiltignng,  eine  gesamte  psychische 
ZnstibidUehkeit  oder  Weise  des  psychischen  Lebensablanfes, 
nämfich  diejenige  innere  Bewegung ,  die  Selbstbetätignng  usw. 
die  ich  in  der  freien,  eigentStigen  AosAdining  der  Bewegung  er- 
lebe  oder  erleben  würde.  Hierbei  liegt  wiederum  das  Gewicht 
auf  der  Unterßcheidung  der  Selbstbetätigung  einerseits,  und  der 
körperlichen  oder  peripherischeu  Vurj^^änge,  in  welchen  die  Be- 
we^ruuf;  äußerlich  betrachtet  besteht,  andererseits.  Jener  Sujibst- 
betätiguug  werde  icli  inne  in  dem  Tätigkeitsgefllhl,  dieser 
peripherischen  Erlebnisse  iu  Empfindunj^en .  insbesondere  in 
den  kinästhetischeu  Empfindungen.  Und  diese  beiden  Arten  von 
Ergebnissen  sind  nicht  nur  Terscbieden,  sondern  unvergleichbar,  ja 
das  Unvergleichbarste  von  der  Welt. 

In  meiner  eigenen  freien  Ansfbbnmg  einer  Bewegung  nnn  sind 
diese  beiden  Momente,  die  im  GefUhl  sieb  kundgebende  innere 
T&tigkelt,  die  Selbstbetiltigung,  einerseits,  und  das  peripherische 
Erlebnis  andererseits,  mitemander  verbunden.  Vielmehr,  das  Statt- 
finden der  peripherischen  Erlebnisse,  genauer  die  Empfindung,  die 
ich  daron  gewinne,  ist  die  Bedingung  dafllr,  daß  mir  das  ganz  andera 
geartete  innere  ErlebuiS}  die  Selbstbetätigung^,  zu  teil  wird. 

Aber  diese  j)eripherischeu  Erlebnisse  sind  nidit  eine  unerläß- 
liche Bedinfciin«?  der  Selbstbetätigung  und  den  Getlihles  derselben. 
Es  gilt  hier  der  allgemcino  Satz:  Jede  Weise  der  Selbstbetätigung:, 
jede  Weise  des  inneren  Verhaltens  Uberhaupt,  kann,  nachdem  sie 
einmal  sich  vollzogen  hat,  unabhängig  von  den  äußeren  Be- 
dingungen, unter  denen  sie  nrsprUnglieb  sich  vollzog,  wiederum 
sieb  ToUsdeben.  Zunächst  in  der  bloBen  Vorstellnng,  also  als  repro- 
duktiver Vorgang,  dann  aber  auch  ui  Gestalt  des  rollen  tatsSeh- 
lichen  Erlebens. 

Und  daOlr  bestehen  drei  Möglichkeiten,  Einmal:  Ich  Icann  die 
Weise  der  Selbstbefötiguug  nicht  blos  vorstellen,  sondern  erleben 
in  meinen  Gedanken  oder  in  der  blofien  Phantasie.  Ich  tue 
etwa  eine  kühne  Tat  iu  meiner  Phantasie.  D.  h.  nicht:  Ich  stelle  mir 


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Einfliblmig,  innere  Nacbahmiing,  nnd  Organempfindnngen.  195 

die  Tat  TOr  oder  phantasiere,  daß  ich  sie  tue;  Bondern  lob 
tue  sie,  aber  so,  duL  dasjenige,  was  ich  tue,  d.  h.  das  äußere  Ge- 
sehehen, auf  welches  mein  inneres  Tnn,  mein  Wollen,  meine  innere 
Bemühung,  mein  Ueberlegen,  Wählen,  EutBclieidcu  usw.  sieh  bezieht 
oder  grerichtet  ist,  ein  bloßer  Phantasie^egenstniid  bleibt.  Ich  wüte 
ein  andermal  innerlich,  arbeite  mich  ab  gegen  eine  vorgestellte  Be- 
leidigung, nnd  bin  befriedigt,  wenn  ich  in  meiner  Phantasie  der 
Beleidigung  so  begegnet  bin,  wie  sie  es  nach  meinem  Gefllhl  verdient 

Die  zweite  Möglichkeit  ist  die:  An  die  Stelle  des  ttnfieien 
Geschehens,  worauf  mein  inneres  Tun  gerichtet  ist,  tritt  ein  Surrogat 
oder  ein  Symbol  Eine  äußere  Handlung  wird  in  der  Phantasie 
umgestaltet.  Und  in  dieser  phantastisoh  umgestalteten  äußeren 
Handlung  befriedigt  sieh  der  innere  Tätigkeitsdrang.  Dergleiohen 
^'eschieht,  wie  man  weiß  z.  B.  beim  kindliehen  Spiel  Das  Khid 
plant  verwegene  Taten,  und  fuhrt  sie  in  Symbolen  aus,  und  hat  das 
volle  Gefühl  seines  Tuns  und  des  Gelingens,  das  Gefühl  der  Kraft 
und  des  Stolzen,  obgleich,  was  es  äußerlich  geleistet  hat  dazu 
wenig  Anlaß  ^'ibt.  Es  hat  eben  innerlich  mehr  geleistet,  nämlich 
alles  das,  was  seine  Phantasie  zu  den  Symbolen  hinzugefügt  hat. 

Und  endlich  die  dritte  Möglichkeit:  Diese  liegt  vor  in  jeuer 
ästhetischen  Nachahmung. 

In  der  Natur  dieser  Naehahmnng  ror  allem  liegt  es,  daß  sie 
hinzielt  auf  die  Selbstbetätigung.  Sie  hat  im  instinktiTen 
Drang  der  Selbstbetätigung  ihren  letzten  Grund. 

Zugleich  aber  liegt  es  in  der  Natur  des  Triebes  zu  solcher 
Nachahmung,  dafi  in  ihr  das  Streben  nach  Selbstbetätigung  sich 
befriedigen  kann  in  der  Wahrnehmung  ^n  der  Bewegung,  die 
das  Xachahnuingsstreben  auslöst. 

Und  da  es  so  ist,  so  bedari  diesJ  Streben  keiner  weiteren 
Refriedignnp:.  Es  bedarf  insbesondere  nicht  mehr  der  Befriedigung 
durch  die  im  eigenen  Kür})er  geschehenden  peripherir^chen  Erlebnisse. 
Die  Betrachtung  der  gesehenen  Bewes-ung  weckt  die  Tendenz  der 
entsprechenden  Selbstbetätigung,  der  entsprechenden  d.  h.  der- 
jenigen, die  an  die  Ausführung  einer  solchen  Bewegung  bei  mir 
gebunden  wäre.  Und  diese  Tendenz  yerwirkücht  sich  zu- 
gleich in  dieser  Betrachtung. 

Dies  tut  sie  umso  sicherer,  je  mehr  ich  in  der  Betrachtung  ganz 
aufgehe.  Dies  »Aufgehen«  macht  jene  Tendenz  frei  oder  beseitigt 
in  mir  die  Hindemisse  ihrer  Verwirklichung.  Jede  »Tendenz« 


196  Theodor  LIppi, 

aber  verwirklicht  sich,  wenn  die  HiudeniisHo  ihrer  Verwirklicbang 
beseitigt  sind,  wenn,  positiv  grcsafrt,  die  Tendenz  frei,  d.h.  mch 
selbst  ttberlasseu  bleibt  Dies  ist  eben  der  Siau  der  »Tendenz«. 

DazQ  iitdooh  noch  folgendet  hinznznftl^cTi.  In  derWahmehmiuig 
der  fremden  Bewegung,  sage  ieh,  wird  die  Tendenz  der  »entspre- 
chenden« SelbBtbet&tigiing  geweckt  mid  befnedigi  Und  dämm 
bedarf  es  der  Befriedigiuig  durch  die  peripherischen  Erlebnisse 
nicht  mehr. 

Damit  sind,  wie  man  sieht,  zwei  mögliche  Wege  der  Be- 
friedigung jener  Tendenz  einander  gegentlbergestellt,  der  Weg 

der  rein  innerlichen,  kurz  gesagt  der  »immanent«  psychischen 
Befriedig:  iiu^'  einerseits,  und  der  durch  die  küri>erlichen  Erlebnisse 
hiudurcligehende  Weg  andrerseitsi.  Die  letztere  Weise  der  Be- 
friedi^'un;,'  kJhinen  wir  als  die  niotorit^che  bezeichnen. 

Diese  motorische  Befriedigung  nun  geschieht  nicht,  soweit  die 
imnutnente  nicht  nur  geschieht,  sondern  zugleich  eine  vollkom- 
mene nnd  vollkommen  ungehemmte  ist.  Umgekehrt,  sie  geschieht 
oder  wild  erstrebt,  in  dem  Maße  als  die  immanente  gehemmt  ist! 
Die  Bewegung  geht  den  motorischen  Weg«  wenn  sie  nicht  ohne 
Hemmting  rein  psychisch  sich  yolkiehen  kann.  Die  Spannung  ent- 
lädt sich  nach  dem  KOrper  sa,  wenn  sie  nicht  psychisch  sich  völ- 
lig frei  entladen  kann. 

Hiermit  ist  eine  allerallgemeinste  psychische  .Tatsache  be- 
zeichnet: Motorische  Vorgänge  sind  ein  Ausweg,  den  die  psychische 
Be^^c^ulig  umiint,  wenn  sie  nicht  frei  in  sich  selbst  sich  vollenden, 
d.  h.  öü  ablaufen  und  den  Krfolfr  haben  kann,  auf  den  sie  ihrer 
Natur  nach  abzielt.    So  entstellt  das  Handeln. 

Ks  bestehen  aber  in  nn<^creni  Falle,  d.  h.  bei  der  Jisthetisrlion 
Nachahmung  [gesehener  Bewegungen  drei  Möglichkeiten,  wie,  in 
der  Konkurrenz  jener  beiden  £ntladnn<rHwege,  die  Entladung 
znp:leich  auf  dem  motorischen  Wep:c  sich  vollziehen  kann.  Einmal: 
£s  ist  in  einem  Individnam  seiner  Natur  snfolge  ein  Überschuß 
des  TfttigkeitstriebeB.  Oder  sweitens:  Das  Individuum  ist  spezifisch 
motorisch  angelegt  Es  ist  in  ihm  der  mototiache  Weg  ein  be- 
sonders gangbarer.  Diese  beiden  Möglichkeiten  nun  interessieren  uns 
hier  nicht  weiter.  Dagegen  interessiert  uns  die  dritte  Möglichkeit: 

Indem  Ich  in  der  Wahrnehmung  und  Betrachtung  der  fremden 
Bewegung  die  innere  Tätigkeit  oder  die  Selbstbetätigung,  die  darin 


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Einfllhlong,  innare  Nftehahmiingf  mid  OiKmempfindmigeiL  197 

lieg:t,  erlebe,  erlebe  icb  zii'^leich  dir  »Arbeit«,  die  damit  ^^eleistet, 
d.  h.  die  Hemmuugen,  die  dabei  Uber  wanden  werden.  Ich  erlebe 
sie  als  Hemmungen  meiner  Selbstbetätigung  oder  der  inneren  Be- 
friedigiing  des  Strebens  nach  der  Selbstbetätigung.  Und  damit 
ist  nim  ein  Grund  gegeben  fUr  den  motoiifiehen  Ausweg. 

Hier  d^e  ioh  znnJiehst  an  folgende  Tatsache:  Sehe  ich 
eine  Bewegung  einea  Andern  auf  Hemmungen  atofien,  sehe  ich 
ihn  sieh  ahmUhen,  dann  vor  aüem  bin  ich  in  Vennehung,  meinerseitu 
eigene  Bewegungen  aumfllhren.  Ich  verspttre  den  Trieb,  durch 
eigene  körperliche  Anstrengungen  sozusagen  nachzuhelfen. 

Nun  leistet  aber  jede  Tätigkeit  Arbeit.  Bei  jeder  Tätigkeit 
gibt  CB  zu  überwiudeiide  Hemmungen.  IJud  undererseitö  liegt  in 
jeder  gesehenen  Bewegung  llirmieh  mehr  oder  weniger  Tätig  keit. 
Es  ist  also  durch  jede  Bewegung,  die  ich  sehe,  ein  Aiilaü  gegeben 
zum  >Nachbelfen«.  Da  ich  immerhin  die  Bewegung  sich  vollziehen 
sehe,  also  mein  Tätigkeitstrieb  innerlich  sich  befriedigt,  so  ist 
dieser  Anlaß  kein  Grund  zur  eigenen  Ausführung  der  Bewegung. 
Aber  er  ist  ein  Grund  zu  einem  Bewegnngsansatz,  zu  einer  Spannung 
der  Muskeln,  nümlich  au  der  Spannung,  wie  sie  zur  eigenen  Über- 
windung des  HemmniBBes  erforderlich  wftie. 

Hier  nun  sind  wir  angelangt  bei  den  Muskelspannnngtti,  auf 
die  man  bei  der  lein  inneren  Nachahmung  so  yiel  Gewicht  gelegt 
hat  In  der  Tat  werden  bei  Betrachtung  von  Bewegungen  Anderer, 
und  zwar  in  dem  Maße,  als  ioh  ihnen  betrachtend  hingegeben  bin, 
uud  zugleich  in  dem  Maße  als  darin  «Arbeit«  liegt,  solche 
Spannunsren  in  meinen  Muskeln  nie  fehlen.  Sie  werden  eintreten 
aus  dem  bezeichneten  Grunde.  Dabei  sind  unter  den  »Bewegungen« 
nicht  nur  die  jetzt  vor  meinen  Augen  sich  vollziehenden  Be- 
wegungen, sondern  auch  die  Stellungen  und  Haltungen  verstanden. 
Und  hinzugeHigt  kann  werden,  daß  sohshe  Spannungen  nicht  nur 
bei  Betrachtung  von  Bewegungen  eines  menschlichen  Körpers, 
sondern  ebensowohl  bei  Betrachtung  sonstiger  Bewegungen,  und 
weiterhin  hei  Betrachtung  aller  möglichen  Formen,  insbesondere 
etwa  architektonischer  Formen,  sich  einstellen  oder  einstellen  kOnnen. 


Was  nun  bedeute^  diese  Spannungen  oder,  allgemeiner  gesagt, 
diese  Organempfindungen,  flir  die  Einfühlung?  Welche  Bedeutung 

haben  sie  illr  den  ästlietiseheu  Genuß,  der  uichts  ist  ab  Genuß 
des  eingefUhlten  Selbst,  d.  h.  der  eingefUhlten  Selbstbetätigung? 


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198 


Theodor  Lippe, 


Meine  Antwort  anf  diese  Frage  lautet:  Sie  haben  daiHr  ganz 
and  gar  keine  Bedentang.  Um  im  folgenden  für  die  Mar  in  Bede 
stehenden  Spannnngen  einen  kurzen  Namen  m  haben,  bezeiehne 
Ich  sie  als  induzierte  Spannuigen.  »Induzierte  Spannungen«  sind 
also  solehe,  die  in  der  ästhetisehen  Betiachtung  eines  Objektes  and 
anf  Grund  dieser  Betrachtung  sieh  ergeben. 

Die  Theorie,  die  Bolchen  Spannuu^^äempfiüduugeu  eine  ästhetische 
Bedeutung  beimiÜt,  kann  dreierlei  meinen. 

Die  erst«  Möglichkeit  ist  diese:  Man  befreht  die  unglückseligste 
Verwechislnnir,  die  einem  Psvcholoiren  lieiregueu  kann,  nämlich  die 
Verwecb8lun«i:  dieser  Spannungsomptiudungen  mit  dem  Gefühl  der 
Tätigkeit^  dem  GefUhl  des  Strebens,  des  sich  Bemühens,  der  An- 
strengung oder  »Anspannung«  des  Willens,  des  Widerstandes  oder 
Standhaltens,  des  Kraftaufwandes,  endlieh  des  Gelingens  oder  der 
Beiriedigung  des  Strebens.  Man  verweehselt  das  Empfindunga- 
erlebnJs  der  Spannung  in  den  Muskeln,  d.  h.  den  eigentttmliehen, 
nieht  nüher  besohrdbbaien,  in  denMuskeln  lokalisierten  £mpfindunga* 
Inhalt,  —  den  wir  als  »Spannung«  zu  bezeiehnen  pflegen,  weil 
derselbe  einem  Wollen  oder  einer  Willensanspannung  sein  Dasein 
zu  verdanken  und  demgemlB  yon  einem  Geftthl  der  Spannung: 
nämlich  der  Anspannung  des  Wullens  begleitet  zu  aein  pflegt,  — 
mit  diesem  GefUhl.  Man  unterliegt  der  Begriffsverwirrung,  welcher 
derjenige  unterliegen  würde,  der  den  Durst  nach  Rache  mit  einem 
frischen  Trunk  löHchen,  oder  der  die  Wärme  der  Anteil nubme  nach 
Celsius  bestimmen  wollte.  Man  redet  in  allem  Ernst  von  einem 
kdrperliohen  >E[raftsinn«  u.  dgl. 

Die  zweite  Möglichkeit  ist  die :  Man  begeht  jene  Yerwechslnng 
nieht,  sondern  scheidet  das  GeAlhl  der  Tätigkeit  yon  den  körper- 
lieben Empfindungsinhalten,  bült  aber  jene  »induzierten«  Spannungs- 
empfindungen ihr  eine  besonders  erfreuliehe  Saehe,  und  meint, 
die  Lust,  die  mir  daraus  entstehe,  sei  entweder  nut  der  Lust  an 
dem  sehOnen  Otjekte  identisob,  oder  sie  trage  doch  dazu  Er- 
kleckliches bei. 

Die  dritte  Anschanong  endlich  begeht  eine  womöglich  noch 
üblere  Verwechslung  als  die  erste.  Sie  läßt  die  Lust  an  dem 
schönen  Objekte  nicht  auf  den  fraglichen  Organemjjliiidnngen  be- 
ruhen, sondern  dadurch  ganz  oder  teilweise  konstituiert  sein. 
Der  ästhetische  Genuß,  so  ist  die  Meinung,  besteht  ganz  oder 
teilweise  im  Haben  von  Organempfindongen  \  die  Lust  am  ästhetischen 


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EinfflhtBug,  innere  Nadiabniniif^,  und  Qigananpfindangen.  199 


Objekte  ist  ganz  oder  teilweise  ein  Komplex  Ton  solchen  Kmptin- 
dangen. 

Hier  darf  ich  wohl  hinzufügen:  Diese  dritte  Meinung  hftt  im 
Grunde  niemand.  Aber  sie  liegt  in  mancherlei  Wendungen,  wenn 
man  diese  im  vollen  Ernste  nimmt.  Man  scheidet  eben  nicht  ge- 
nügend scharf  die  beiden  Möglichkeiten,  daß  die  Freude  am 
ästhetischen  Objekt  ganz  oder  teilweise  Freude  sei  —  nicht  am 
Ssthetischen  Obj^t»  sondern  an  meinen  Organempfindnngen,  nnd 
die  andere,  daB  die  Organempfinduu^eu,  uder  genauer  ihre  Ihhalte, 
einen  Bestandteil  dieser  Freude  ausmachen,  oder  als  Bestandteil 
in  dieselbe  »eingehen«. 

Was  nun  die  erste  dieser  drei  Anschauungen  betrifft,  bo  habe 
ich  dagegen  mehrfach  mich  gewendet.  leh  verweise  insbesondere 
auf  meine  Schrift  über  »Selbstbewußtseiu,  Emptindun^-  und  GetUhi« 
lUOl,  und  auf  den  ersten  der  Aufsätze,  die  ich  in  der  Zeitschrift 
für  Psychologie  usw.  unter  dem  Titel  »Elinige  psychologische 
Streitpunkte«  veröffentlicht  habe. 

Hier  bemerke  ich  dazu  zunächst,  daß  mein  Bewußtsein  jener 
Identifikation  von  Organempfindungen  und  Gefühlen  der  Tätigkeit, 
des  Ströhens,  der  Kraft  usw.  aah  Bestimmteste  widerspricht  Ich 
linde,  wenn  ich  eine  Bewegung  will  und  ToUbringe,  mich  strebend 
nach  den  Empfinduugeu,  in  welchen  für  mich  die  Bewegung  be- 
steht, also  nach  den  Spannungsempfindungen,  finde  mich  bemttht 
um  dieselben,  befriedigt  durch  dieselben,  karz  finde  mich  und 
mein  TätigkeitsgefUlil  ihutju  gegenüber,  finde  die  peripherischen 
Erlebnisse  als  Objekt,  worauf  das  Oeftlhl  bezogen  ist.  Ich  finde 
mit  einem  Worte  diese  beiden  Gattungen  von  Erlebnissen  un- 
mittelbar p"esondert  und  (jualitativ  geschieden.  Ich  verstehe  darum 
jene  ideutitikation  nur  bei  einer  Psychologie,  die  bei  Aussagen  Uber 
Bewußtseinserlebnisse  —  yielleicht  allerlei  zu  Kate  zieht,  nur  die 
BewuBtseinserlebnisse,  um  die  es  sich  handelt,  gnmdslUslioh  yer- 
naehlässigt. 

Was  die  sweite  Meinung  angeht,  so  bemerke  ich,  daß  Spannungs- 
empfindungen, wie  kinftsthelische  Empfindungen  Überhaupt,  wenn 
ieh  absehe  yon  dem  begleitenden  Gefbhl  des  Strebens,  der  Be- 
mtthnng,  des  Oelingens,  die  gleichgültigste  Sache  von  der  Welt 
sind.  Sie  sind  für  mich  Gegenstand  eines  Interesses  nur,  wenn 
sie  allzu  stark  sind.    Und  dann  sind  sie  unangenehm. 

Die  dritte  Meinung  bedarf  keiner  emsthaflen  Widerlegung. 


^  kj  .1^ uy  Google 


200 


Theodor  Lipps, 


Bestände  meine  Liut  in  Oiganempfindnngen,  so  mttßte  aach  die 
UnloBt  in  aolehen  bestehen.  leb  ftoble  aber  in  dem  bezeichneten 
Falle  Unhist  »an«  Orgauempfindiiii^eD.   Und  dabei  ist  wiedemm 

ftir  mich  die  Unlust  von  den  Organeinpfiudungen  jiufs  deutlicbstc 
unterHchieden.  Es  kann  aber  nieniiind  meinen,  es  gäbe  hinsichtlich 
der  Unlü<t  die  zwei  Möirlirbkeiten,  die  eine,  daß  sie  iii  Organ- 
emptindun^en  beste iiej  (üe  andere,  daß  aie  diesen  »gegenttbci« 
gefühlt  werde. 

Im  Übrigen  habe  loh  den  sämtlichen  drei  oben  unterschiedenen 
Meinungen  gegenüber  zu  bemerken,  daß  ich,  wie  schon  aus  oben 
gesagtem  idch  ergibt,  in  der  ästhetischen  Nachahmung  von  Span- 
nungen, und  ?on  Organempfindnngen  Überhaupt,  um  so  weniger 
weifi,  je  mehr  ich  dem  ästhetisehen  Objekt  betrachtend  hingegeben 
bin.  All  dergleichen  yersehwindet  fttr  mein  Bewußtsein  Y<)Uig. 
Ich  bin  dieser  Sphäre  meines  Erlebens  ganz  und  gar  entrttckt 

Und  so  ist  es  nicht  nur,  sondern  so  muß  es  sein.  Organ- 
empfindnngen sind  gegenständliche  Erlebnisse,  und  diese  konkur- 
rieren notwendig  mit  änderten  gegenBtaudliehen  Erlebnissen.  Und 
dies  heißt  beispielsweise,  daB  die  Empiiudungcn  von  Zuständlich- 
keiten  meines  Körpers  Tiieinem  Bewnßtsein  entschwinden  müssen, 
in  dem  Maße  als  ich  dem  ästhetischen  Objekt  —  dem  ja  doch 
unn  einmal  die  Zuständlichkcitcn  meines  Körpers  nicht  angehören 
—  betrachtend  hingegeben  bin. 

Diese  Abwendung  des  Bewußtseins  von  den  Zuständlichkciten 
meines  Ettipers  schließt  aber  sowohl  ans,  daß  die  Empfindung 
derselben  mit  dem  Gefühl  der  Tätigkeit,  das  ich  in  der  ästhe- 
tischen Betrachtung  gewinne,  identisch,  als  daß  die  Freude,  die 
ich  aogesiehts  des  ästhetischen  Objektes  fühle,  in  Wahrheit,  sei  es 
ganz,  sei  es  teilweise,  Freude  an  diesen  körperlichen  Zns^dlich- 
keiten  sei,  als  auch  endlich,  daß  meine  Freude  am  ästhetisehen 
Objekte  in  der  Enipimdimg  dieser  Zustüudlichkeiteu  ganz  oder 
teilweise  bestehe. 

Weiter  bemerke  ich  —  gegen  die  erste  und  die  zweite  jener 
drei  sonderbaren  Meinungen  —  daß  Sebönbrit  eines  Oljjektes  alle- 
mal Schönheit  dieses  Objektes  ist,  nnd  niemals  Annehmlichkeit 
von  irgend  etwas,  dns  nicht  dies  schöne  Objekt  ist  oder  ihm  zu- 
gehört Dies  heißt  insbesondere:  Es  ist  unmöglich,  daß  Lust  an 
Zuständlichkciten  meines  Körpers,  dieses  von  dem  betrachteten 
Objekte  verschiedenen,  vlelleieht  räumlich  von  ihm  weit  entfernten 


.  j     .  >  y  Google 


£iiifilhlii]ig,  ümeie  N«eluüimmig,  und  Organempfiiidimgion.  201 

Dinpres,  von  mir  f^efülilt  werde  als  l^ii-^t  ;ui  diesem  Objekte.  Lust 
»an«  KJirpcrziiBtäTHlliclikoitrii  iat  Luat,  die  ich  fUhle,  indem  ich 
anf  die  Kürperzuatüudlichkeiteu  achte.  Etwa«»  ist  mir  lustvoll, 
dies  heißt  gar  nichts  anderes  als:  ich  habe  ein  Lust^cflUil,  indem 
ich  innerlich  ihm  zugewendet  bin.  Last  aber,  die  ich  fuhle,  indem 
ich  auf  meine  kOfperlichen  Znständlichkeiten,  oder  die  Vorgänge 
in  meinen  Organen,  aehte,  kann  niclit  —  weder  ganz  noch  teil- 
weiae  —  identisch  sein  mit  Lnsty  die  ich  ftlhlCi  indem  ich  anf  die 
Vorginge  in  meinen  Oiganen  nicht  achte,  sondern  mit  meiner 
ganxen  AnfinerkBamkelt  dem  ästhetischen  Oljekte  zugewendet  bin. 
Kurz,  Ä  kann  nicht  =  non  A  sein.  So  yerhält  es  sich,  mag  man 
nim  die  Empfindungen  der  kdr|>eTlichen  Vorgänge  mit  dem  GeAlhl 
der  Tätigkeit  identifizieren,  oder  diese  Identifikation  unterlassen. 

Zu  allerletzt  aber  verweise  ich  —  >Aicderum  gegen  alle  drei 
Meinungen  —  auf  jedermann  bekannte  oder  von  jedermauu  leicht 
venlizierbjire  Tatf^aehen. 

Ich  betrachte  ein  Gemälde  erst  in  einer  unbequemen,  dann  in 
einer  bequemen  Stellung.  Die  Verschiedenheit  der  Stellungen  ist 
für  mein  Bewußtsein  eine  Verschiedenheit  von  Organempfindungen. 

Dabei  bestehen  die  beiden  Möglichkeiten.  Ich  bin  in  die  Be- 
tnushtong  des  Gemäldes  so  reisenkt,  daß  mir  die  Bequemlichkeit 
oder  Unbequemlichkeit  meiner  Stellung  niclit  zum  BewuBtsein 
kommt  Dann  haben  jene  Organempfindungen  flir  meinen  llsthe- 
tisehen  Ctonufi  keinerlei  Bedeutung. 

Oder  aber  es  gelingt  mir  nicht,  die  Annehmliehkeit  oder  Un- 
annehmlichkeit meiner  Stellung  völlig  auszuschalten.  Dann  er- 
leichtert mir  die  bequeme  Stellung  meinen  Genuß,  während  die 
unbequ  lue  ihn  mir  erschwert.  Aber  auch  hier  bin  ich  keinen 
Monieot  in  Versuchung,  die  Lmt  bezw.  die  Unlust  an  meinen 
Organemptiudnngen  der  Schönheit  des  Objektes  zuzurechnen  bezw. 
sie  davon  in  Abzug  zu  bringen.  Sondern  nichts  ist  mir  klarer, 
als  daß  diese  beiden  Tatsachen,  Schönheit  des  Oemäldes  und 
Annehmlichkeit  oder  Unannehmlichkeit  von  EOiperempfindungen, 
gar  nichts  miteinander  zu  tun  haben.  Ich  setze  die  unangenehmen 
Organempfindungen  so  wenig  auf  Bechnung  des  ästhetischen  Wertes 
des  Objektes,  als  ich  die  Wärme  oder  Kälte  in  dem  Baum,  in 
welchem  das  Qemälde  hängt,  oder  mdnen  Hunger  oder  meinen 
Durst,  oder  meinen  Zahnschmerz,  auf  Bechnung  desselben  setze. 

Diesen  Tatsachen  gegenüber  gibt  es  nur  noch  eine  mögliche 

AmUt  Ar  Pijchologt«.  I.  14 


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202 


Theodor  Lipps, 


Ocgenbemerknng.  Man  erinnert  daran,  daß  die  hier  eigentlich  in 
Bede  stehenden  Organempfindungen  »indnzierte«  seien. 

Aber  was  heißt  nun  die«?  Was  heißt  es  für  mein  Bewußt- 
sein? Denn  um  einen  Bewiißtseinstatbestaml  hiindelt  es  sich  hier. 
Für  mein  Bewußtsein  sollen  die  »induzierten«  Spannungen,  oder 
soll  die  angebliche  Lust  au  diesen  Spannunurn  zum  ästhetischen 
Objekt  f^ehören,  oder  einen  Bestandteil  am  (ienuß  desselben  ans- 
macheUi  während  ?oa  sonstigen  Bpanmmgen,  z.  B.  den  aus  meiner 
bequemen  oder  unbequemen  Stellung  bei  Betrachtung  eines  ilsthe- 
tischen  Objektes,  nichts  dergleichen  gilt  Es  muß  also  für  mein 
Bewnfttsein  jenen  Spannungen  etwas  Eligenarfciges  anhaften,  das 
bei  diesen  fehlt  Worin  nnn  bestellt  dies?  Was,  genauer  gesagt, 
Aigt  sieh  fllr  mein  Bewnfitsein  swischen  das  betrachtete  Objekt 
nnd  die  »indnzierten«  Spannungen  ein,  das  diese  Spannungen  als 
ans  dem  Objekt  nnd  seiner  Betrachtung  hmtammend  erscheinen 
lassen  kann. 

Auf  diese  Fraire  imu  kiMiuen  wir  die  Antwort.  Die  Spannungen, 
die  sich  aus  der  beiiuemen  oder  unbequemen  Stelluufr  ergeben, 
sind,  wie  beschaffen  sie  auch  sein  mögen,  nnr  einfach  da.  Die 
»indozierten«  Spannungen  da^e^en  gehen  hervor  aus  (irm  luhl- 
baren  Streben,  sich  Bemühen,  Gelingen  des  Btrebens,  kurz  aus  der 
Ton  mir  gefühlten  inneren  Tätigkeit  Und  diese  Tätigkeit  wiederum 
fühle  ich  in  der  Betrachtung  des  ästhetischen  Objektes,  und 
finde  sie  an  das  Ssthetische  Objekt  nnmittelbar  gebunden.  Ab- 
gesehen Ton  dieser  meiner  inneren  Tätigkeit  wiren  aneh  diese 
induzierten  Spannungen  eben  —  Spannungen,  durchaus  gleichaitig 
den  aus  meiner  zuDlUigen  Steiiung  sieh  ergebenden,  und  dem- 
gemttB,  wie  diese,  etwas  absolut  jenseits  des  Sstfaetiscben  Genusses 
Stehendes. 

Also  ist  dasjenige,  was  von  den  Spannungen  ästhetisch  iu 
Betracht  kommt,  eben  jenes  Tätigkeitsgefllhl.  Mit  anderen  Worten: 
Die  ganze  Berufung  auf  die  Spannungen  ist  ein  Mißverständnis. 
Man  meint,  indem  man  von  ihnen  redet,  etwas  völlig  Anderes. 
Man  meint  die  —  Einfühlung.  »Einftlhlen«  aber  heißt  —  nicht 
etwas  in  seinem  Körper  empfinden,  sondern  etwas,  nämlich 
sich  selbst,  in  dem  Xsthetischen  Objekte  fühlen. 

Ich  setzte  bisher  voraus,  der  Gegenstand  der  Msthetisehen  Be- 
trachtung sei  eine  menschliche  Bewegung,  Stellung,  Haltung.  Glei- 
cher Art,  wie  hier,  ist  aber  die  Einftlhlnng  aueh  in  anderen  Fullen, 


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Einftthlong,  innere  NadifthmiiDg,  und  Oi^nempfindiuigen.  203 

z.  B.  bei  der  Betrachtang  architektonischer  Formen.  Ich  f^hle 
in  der  Betraohtnng  einer  weiten  Halle  eine  innere  »AvBweitiuigr«, 
es  wird  mir  »weit«  nmB  Heiz;  ich  habe  dies  eigentümliche  Selbal- 
gefklhL  Damit  verbinden  sieh  Mnskelflpannmigen,  vielleieht  soUshe, 
dnroh  weldhe  der  Brnstomfang  weiter  wird.  Diese  existieren 
freilich  ftlr  mein  Bewnfitsein  nicht,  solange  meine  Aafinerksamkdt 
auf  die  weite  Halle  gerichtet  ist.  Aber  dies  hindert  vielleicht 
einen  Ästhetiker  uicht,  das  Gefühl  der  iunereu  Auj^weitiingmit  dieser 
Emptindung  der  den  Körper  ausweitenden  Muskelspaunungen  za 
verwechseln.  Anch  hier,  wie  bei  dem  Dnrst  nach  Wasser  und 
dem  Dnrst  nach  Rache,  nnd  in  noch  sehr  vielen  anderen  Fällen, 
verwendet  ja  der  Spracbgebraaoh  —  aas  guten  Grttndeu  —  gleiche 
Ausdrucke. 

Aber  dies  Alles  sind  eben  Verwechsluigen.  In  Wahrheit  sind 
die  Empfindimgen  meines  ogenen  körperlichen  Znstandes  in  der 
Sathetisehen  Betrachtang  nnr  da,  nm  fttr  mich  ganx  nnd  gar  nicht 
da  za  sein. 


Aber  vielleieht  haben  Air  den  isthetiBchen  GennB  Organ- 

empfindtingen,  die  ich  als  vom  Objekt  der  Betrachtung  erlebt  vor- 
stelle, Jiedeiitiing.  Dies  muß  ich  nicht  minder  leugnen.  Sehe 
ich  [in  einer  plastischen  Darstellung  einen  Menschen  sich  auf- 
richten, so  existieren  fllr  meine  ästhetische  Betrachtimg  die  Orgiin- 
empfindungen ,  die  ein  wirklicher  Mensch  haben  Wörde,  wenn  er 
so  sich  aufrichtete,  ebenso  wenig  wie  meine  eigenen  Organ- 
empfindungen.  Was  ich  der  plastischen  f!  estalt  unmittelbar  ansehe, 
das  ist  ihr  Wollen,  die  Kraft,  der  Stolz.  Nur  dies  liegt  ftlr  die 
Betrachtnng  nnmitlelb«r  in  dem  Betrachteten.  Und  nun  ästhetischen 
Olyektgehttrt  mm  emmal  nnr,  was  in  dem  Betrachteten  nnmiitelbar 
liegt  Daß  bei  einon  solchen  Menschen,  wenn  er  ein  wirklicher 
Mensch  wSre,  avch  die  Organemptindungen  nnweigerlich  sich  ein^ 
steUen  würden,  ist  eine  Zntat  meiner  Reflexion. 

Im  nbrigen  sind,  wie  schon  gesagt,  solche  Organempflndnngen 
schlechterdings  uninteresöant,  wenn  sie  nicht  etwa  peinigend  sind. 
Und  in  diesem  letzteren  Falle  kann  auch  es  geschehen,  daß  ich 
von  ihnen  ein  Bewußtsein  habe.  Nur  ist  es  dann  mit  der  reinen 
ästhetischen  Betrachtung  zu  Ende. 

Sehe  ich  etwa  eine  Tänzerin  auf  den  Zeheusi)itzcn  tanzen,  dann 
diftngt  sich  mir  die  Vorstellung  der  nnangenehmen  Empfindong, 


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204         Theodor  Lipp«,  Eiuftlmiiig,  Innere  Nechiüimimg  etc. 

die  a'w.  habeu  muß,  uuf.  Damit  bin  ich  aber  aus  der  ästhetischen 
Betrachtung  heraoflgeBchleadert.  J^ieht  W€gen  der  Unannehmlich- 
keit der  Empfindimg^,  Bondern  wegen  der  Empfindung.  Aach 
KniDiiier  ist  unangenehm^  aber  der  Kummer,  den  ich  einer  Geatah 
ansehe,  hebt  die  äadieiiBehe  Betrachtung  nieht  tat  Dieser  ist 
eben  eingedlhlt 

Anoh  der  ala  hnngrig  Daigeatellte  ist  nieht  als  hungrig  dar- 
geetellt;  iondem  daigeatellt  iat  nur  die  Weiae,  wie  ihm  zu  Mute  ist 
Nnr  diesea  alfektiTe  Moment  erlebe  ieh  in  der  ästbetlBohen  Be- 
trachtimg mit.   Daß  bei  einer  solchen  Weise,  wie  einem  Menschen 

zu  Mute  ist,  iiuiip:cr  der  Anlaß  zu  sein  pflegt,  ist  eine  verstaudes- 
mäßif!:e  Interpretati  m. 

Kurz,  Organemphiidnng:en,  welcher  Art  sie  anch  sein  mögen, 
^'(■ln  Ii  in  die  ästhetische  Betrachtung  und  den  ästhetischen  Genuß 
in  keiner  Weise  ein.  Es  gehört  zum  Wesen  der  äathetiAchen Be- 
tcachtnng,  sie  schlechterdinga  anaznscheiden. 

Und  es  gehört  zur  wisscnschaftliehen  Ästhetil^  nnd  ist  Be- 
dingung ihrer  geennden  £ntwioklang,  dafi  sie  Ton  der  Oigan- 
empfindnngskrankheit  nnn  alhn&Uidi  sich  wiedemm  erhole. 


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Differenztö&e  und  Konsonanz. 

Von 

Felix  Knieger. 
(Mit  2  FigweiL) 


Literatur. 

1.  H.  Helmholts,  Die  Lehre  von  den  Tonompfindungen  ala  iihytiol. 

Grandlage  fUr  die  Theorie  fkr  Mnaik.   lH<i2.   h.  Anc^r-  1J^96. 
%.  W.  Wnndt.  GrandzM^e  der  physiol.  Psychologie.  2  üde.  1076.  4.  Aufl. 

1893.   (S.  Nr.öl,. 

d.  W.  Preyer,  Die  llieorie  der  nrnrikel.  Koiuonaiu.  Siteber.  d.  Jentis^ 
Gee.  f.  Ked. «.  Natnrw.  1878. 

4.  '■^t  Über  KombinationstOne.  Ebenda. 

&   ^  AktiBtisobe  UnterBacbimgeii.  SammL  pbysioL  AbbjUDtdl.  II,  4.  Jena 

1879. 

6.  Y.  II  e  n  8  e  n ,  Physiologie  des  Gehörs.  Ilenuanns  Uandb- d.  Physiol.  lU,  2. 

•1880. 

7.  Th.  Lipps,  Gmndtatsaehen  des  SeeMeboie.  Bonn  1883. 

8k   ,  Psychologische  Stadien.   (II.  Das  Weeen  der  mnaikal.  Hwmoitle 

und  Disharmonie.;   Heidelberg  18R5. 

9.   ,  Der  Be^ff  der  Verschmelzung  und  dumit  Zn!<ainnienhäng"ende8  in 

Stmupfs  »Tonpsychologie«.  Bd.II.  Philos.  Monatsheile  Bd. 28. 1892. 

10.  '-^^t  Tonverwandtaebaft  und  Tonveraebmelanng.   Zeitaelir.  f.  Fqf dioL 

u.  PhyaldL  d.  Sinnesorgane.  Bd.  19.  18^. 

11.   ,  Zu  den  »Gestaltqualitäten«.   Ebenda  Bd.  22.  1900. 

12.    Znr  Theorie  der  Melodie.   Ebenda  I5d.  27.  1901. 

13.  C.  Ötumpl",  Tonpsychologie.  Bd.  L  1883;  Bd.II.  1890. 

14.   ,  Lieder  der  Bellakula-Indianer.   Yiertcyahrschr.  f.  MoaikwiaBenacb. 

Jahrg.  a  1886. 

16.   ,  Bericht  Uber:  A.  J.  EUia,  On  Ihe  mnrical  aealea  of  yarieaa  nationa. 

Ebenda. 

16.   ,  Phonographiorto  ludianenuelodien.    Ebenda  Jahrg.  VIII.  1892. 

17.   ,  Konsonanz  und  Dissonanz.    Beitr.  z.  Akustik  u.  Musikwissensck. 

Beftl.  18Ba 

18.  Nenerea  Uber  TooTenehnebaiig.  Ebenda  Heft  2.  1886. 

19.   nnd  M.  Meyer,  Maßbestimmiingen  Uber  die  Beinbelt  konaonanter 

Intervalle.  £benda. 


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206 


Pdix  Knuger* 


20.  C.  Stuuipi,  Die  Uikiaui>ikaüj»cbeu  tuiii  die  TonTersctiffieliiuiig.  Zeit5chr. 
£  Fitjrefc.  17.  1888L 

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witMasch.  Hef^  3.  1901. 
2jL   ,  Vl)f^T  da«  Erkennen  von  IntervAllen  und  Akkurdeu  bei  idir  »er» 

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23.  B.  Katorp,  Referat  über:  Stumpf.  Toopgycbologie.  Bd.  Ii.  Gütttiig. 

feL  An.l89L  Bd-DL 
M.  E.  M«  c  h ,  Zur  Geschichte  der  AkostÜL  1898;  ebgedr.  in  PopaL-witteneeb. 

Vorlea.  2.  Aufl.  1897. 
26.  0.  KUlpe.  Referat  H  ComeUns,  VeracbiMliiuig  und  AnatjrM. 

Zeitechr.  (.  Faych.  ö.  Iöy3. 

26.  H.  Cornelias,  Psychologie  als  ErfahmngswiasenschafL   Leipzig  1897. 

27.   ,  Cber  »Geetiltqiialiateii«.  Zeitedir.  t  Piyeh.  22. 1888. 

28.  IL  Me  y  e  r ,  Über  die  Rauhigkeit  tiefer  TOM. « ZoilKlir.  f.  Piyeh.  la.  1887. 
 ^  v-l.  ob<-n  Nr.  19. 

28.   ,  Zur  Theorie  de»  Harens.    PflHj^^^r.  Areh.  f  d.  ^m.  Physiol  TS  1«99. 

80.   ,  CoQtribations  to  a  p^ychological  tbeory  of  moBic.  The  uuiversity 

of  Miasottri  atudies.  1^  L  1901. 

81.  A.  Fftiat,  Vermiehe  ttber Tonveneluiielsaiig.  ZeHschr.  f  Pqreli.  15. 1887. 

82.  A,  KeinoDg  und  St.  Witasek,  Zar  eiperimeiitdleii  Beetunmnng  der 

\ '  <  ■  r  A  (-  hmelzungsg^ade.  Ebenda. 
33.  K.  Ewald,  Zur  Physiologie  dt-s  I^ibyrinths    VI.  Kütteil.  Kine  neue  HOr- 

tbeorie.   PflUger,  ArcL  f.  d.  ges.  Physiol.  76.  1899. 
84.  E.  Bveh,  Über  die  VenKliniebnuig  too  Empfindungen,  betondet»  bei 

KlugeindrUckeiL  Wudt,  Phfloe.  Stadien.  16.  1899. 

86.  A.  J.  Polak,  Über  Zeiteinheit  in  Bezug  nnf  Konaonanx,  Harmonie  und 

Tonalität.   I-eipzig  1900. 
36.  F.  Krueger.  Beobachtungen  an  Zwelldängen.   Wandt,  Phüos.  Stadien. 
16,  1900. 

87.   1        Konaoams  ond  ÜMmobads.  IV.  eongrte  latennt  de  Fsyeho- 

logie.  Pftria  1908.  (Compte  rendn  1901.) 

88.   ,  Zur  Theorie  der  Kombinationstöne.  Wundt,PhnoB.Stlldien.  17. 1901. 

88.  — — ,  Ecricht  über :  Stumpf  Toiisystem  lud  Moeik  der  Sinmeaen  (8.Mr.21j. 

ZeitKchritt  f.  l'.Hvch.  27.  im. 

40.  B.nohcnemscr,  Zur  Theorie  der  Tonbeziebungen.  Ebenda  26.  1901. 

41.  J.  C.  Fillmore,  Indiuiergesänge.   Beitr.  s.  Akwtüi  n.  HaaflnriaMnadL 

8.  Heft  1901. 

42.  K.  L.  S<  liaefcr  und  0.  Abraham,  Studien  Uber  UnterbrechongstOne. 

19U1.    II.  Mittpihin-    Pflüjrer.  Arch.  f.  d.  gea.  Phyaiol.  85. 

43.   .  Dasselbe.   III.  Mittt  ilun<r.    Kbenda.  88. 

44.  F.  Lindig,  Über  den  Etufluß  der  Phasen  auf  die  Eiaugiarbe.  Kieler 

Diaa.  1902. 

Nachtrag. 

46.  0.  Kttipet  OnmdriO  der  Psyebologie.  Lelpaig  1883. 

4li.  R.  nonnig,  Die  Cbwakteristik  der  Tonarten.  Berlin  1897. 

47.  M.  Meyer.  Über  Tnnver^rhtnolznng  und  die  Theorie  der  Konaonanx. 

Zeitsclir.  f.  l'^-vr  li.  17.  1W)8. 
46.  — ,  Nachtrag      mciuer  Abliaudluug:  (s.  Nr.  47j.    Ebenda.  18.  1898. 


Digiti^cü  by  G 


DifferenztOne  und  Konsonanz. 


207 


4'^  f\  StiMTipf  Erwiderung  [auf  Nr.  ^iW^.  ELonda. 

60.  ¥.  Krueger,    Das  UnterBcheidendo   dvr  Konsonanz  und  Dissouanz. 

MUnch.  med.  Wochonaclir.  18B2  (auch  in :  Sitzber.  d.  Fbysiol.  Vereina 
Kiel  1901/2). 

51.  W.  Wmidt,  Onuidslige  (a.  Nr.  8).  Bd.  IL  6.  Avfl.  190B. 

^  SS.  y.  Bensen,  Die  Fortschritte  in  einigen  Teilen  der  Physiologie  des 
Gehtfrs.  Ergebnisse  d.  PbyaioL  L  Jahrg.  Nr.  XX.  Wiesbaden  1908. 


Einleitimg. 

Vorlänfif^e  Fragestellang. 

Konsoiiauz  und  D'moamx.  sind  in  erster  länie  psychologi- 
sche Begri£fe. 

Unabhängig  von  aller  physikalischen  nnd  physiologischen  Theorie 
bezeichnen  wir  mit  diesen  Ausdrücken  bestimmte  Tatsachen  des 
Bewußtseins,  deatlicli  charakterisierte  nnd  nnterseheidbare  Wahr- 
nehmniigserlehmsse,  specieUer:  Eigensehaften  nnd  Unterschiede  von 
CtehOiseindrllcken,  die  wir  Jedem  Kormalhörenden  nnmittelbar  anf- 
zeigen  kbnnra.  Die  psychologische  Angabe  isti  diese  Tatsachen 
erschöpfend  nnd  möglichst  einfoch  m  besebreiben;  worin  die  For- 
derung eingeschlossen  ist,  sie  in  den  Zusammenhang  der  Hbrigen 
Bevvußtseinserscheiüuii^'eu  möglichst  vollBtändig  cinzuordiitiii. 

Jahrhunderte  hindurch  begnügte  sieh  die  Wissenschaft  mit  dem 
Hinweis  auf  dif  inimer  genauer  erkannten  Maß-  und  Zahlenver- 
hältniBBe  der  tonenden  Körper.  Heute  L'hnihr  lüeniuiid  mehr,  das 
Konsonanzproblem  mit  den  Mitteln  der  Physik  lösen  zu  können. 
Die  physikalische  Akustik  kennt  nur  materielle  Bewegungen  yer^ 
schiedener  Grüße  und  Geschwindigkeit;  selbst  wenn  die  mathe- 
matisoh-meohanisehe  Theorie  der  Klangwellen  vollendet  wäre:  die 
Physik  als  solche  hat  nichts  sn  ton  mit  den  BewnStseinsersohei- 
nnngen  der  Eonsonans  nnd  Dissonanz  nnd  deren  nnterscheidenden 
Merkmalen* 

Dagegen  ist  das  Eonsonanzproblem  wie  alle  psydhologischen 
Probleme  zngldeh  ein  physiologisches.  Die  Lehre  von  den 
Gehirn-  und  Nervenfuuktionen  hat  gewiss  die  Aufgabe,  die  Pliil- 
nomene  der  Konsonanz  iu  den  Zusamm 'iiliang  ihrer  Tatsachen 
und  iTcaetze  zu  begreifen.  An  die  Lösung  dieser  Aufpibe  ist 
jedoch  nicht  zu  denkeu,  solange  nicht  wenigstens  die  Elementar- 
▼oigänge,  die  der  Wahrnehmung  eines  einzelnen  Tones  eutsprecheni 


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206 


Felix  Eneger, 


völlig  klargestellt  siud.  Wirken  zwei  oder  mehr  eiofacfae  Ton- 
bewegimgen  gleichzeitig  auf  das  Gehörorgan,  so  treten  Kombi- 
DBtiouserscheionngen  aof,  ftür  deren  phyeiologiflehe  Deatnog  z.  T. 
nnerläBliehe  Vorarbeiten  der  mathemAtiaehen  l^yeik  nnd  der  Histo- 
logie noeh  fehlen  (TgL  Nr.  98  des  LiteratuyerzeichniflseB,  8. 303, 
305). 

Die  physiologische  Theorie  des  HOrens  llberhaapt  ist  gerade 
dnreh  die  Bekanntschaft  mit  den  EomhinationstOnen  und  einigen 
verwandten  Tatsachen  neuerdings  in  hochgradige  Verwirrung  f?e- 
rateu.  Und  erst  die  voraussetzungslose,  psych olo^^ische  Fest- 
stellung dessen,  was  beim  Zusaumienklangc  mehrerer  Tr»ne  wirk- 
lich geliürt  wird,  läßt  gegenwärtig  eiiu-  Ausgleicliuntr  der  zahl- 
reichen physiologischen  MeinungsverschiedenLeiteu  erhotfen.  Mit 
den  Methuden  der  experimentellen  Psychologie  hat  sich  eine 
wesentliche  Vereinfachung  des  Tatsuehenmaterials  erreichen  lassen, 
das  der  Erklärung  harrt;  folgenreiche  und  einander  widerstreitende 
Hypothesen  neuerer  Physiologen  erweisen  sich  auf  diesem  Wege 
jetzt  als  ttherflllsi^  oder  geradezti  als  tatsaohenwidrig;  die  phy- 
siologische Akustik  wird  sich  in  Zukunft  manchen  Umweg  ersparen, 
wenn  sie  die  gesicherten  fiigehnisse  der  psychologischen  Beob- 
achtnng  mehr  als  bisher  beachtet.  Ein  physiologisches  Begreifen 
der  Konsonanz  und  Dissonanz  setzt  nicht  nur  die  Erklärun^,^  der 
physiologischen  Elcmentanorgäugc  voraus,  sondern  gleichzeitig  die 
psychitldsi^isehe  Kenntnis  alles  dessen,  was  bei  der  Wahrnehmung 
von  Konfsouanzen  oder  Dissonanzen  jeweils  »subjektiv«  erlebt 
wird.  Diese  (regelmäßigen)  Erlebnisse  aber  sind  so  mannigfaltig 
und  kompliziert,  daß  sie  zur  Zeit  noch  keineswegs  zareichend  zer- 
gliedert und  beschrieben  sind. 

Die  bisher  vorliegend!  v  spnrlicheu  Versuche  ciuoi  physiologischen 
Erklärung  der  Konsonanz  miissen  als  verfrfiht  gelten.  Ewald  (33, 
160  f.)  gründet  diesen  Versuch  unmittelbar  uut'  eine  neue  Theorie  des 
HOrens,  der  von  Meyer,  von  mir  und  anderen  in  mehr  als  einer 
Hinsiebt  widersprochen  wurdet).  Auch  wenn  indessen  diese  Theorie 
der  »Sehallbilder«  haltbar  wire,  ergibe  sieh  ans  ihr  allein  keineswegs) 
was  Ewald  »lehr  dnfseh«  als  Nebenerfolg  zn  gewinnen  glaubt,  ein 
physiologisches  Verständnis  der  Konsonanz  und  DisBonnnz.  Ewald 
setet  ohne  physiologisehe  BegrOndnng  oder  Interpretation  eine  »pqrchi- 


1)  Meyer  (29;.  Vgl.  S8, 2^S.  Wandt  61, 126, 13öf.  Hensen  öS,891f. 


uiLjiiizuü  Dy  Google 


DifferenstOne  und  Konsonani. 


209 


sehe  BearteiluDg«  gewisser  rftmnlicher  Verhältnisse  der  schwingenden 
Basüarmembran  voraus  'V  Den  kombinierten  Wellensystemen,  die  hier 
nach  FwrUde^  Thfori»  durch  alle  Mehrklänge  entstehen,  soll  der  Hörende 
>entuehmen«  k<nmeii,  »ob  nnd  in  welchem  Abstände  sich  Wellen  des 
einen  Systems  mit  Wellen  des  anderen  vollständig  decken  oder  sich 
decken  wtirdeu,  wenn  beide  Systeme  Uber  eine  längere  Meubranstrecke 
fortgesetit  wtten«.  UmBiaikkliadie  beiifien  die  FäUgkeit  jener  Be- 
urtoamig  nicht.  Sehen  dieeer  Znsati  der  Theerie  weist  darauf  hin, 
was  laUreiehe  Tatsaelien  des  Bewußtseins  inr  Gewißheit  machen,  daß 
die  Pliynologie  der  KonsooMiz  bei  den  Funktionell  des  periphearisdien 
Gehörorgans  nicht  stehen  Ideiben  kann,  daß  sie  vielmehr  die  nervösen 
Zentren  wird  heranziehen  mtlssen. 

So  verlest  denn  auch  Stnmpf  seine  hypothetischen  »Synergen«, 
die  den  Konsonanzbeziehungen  physiologisch  m  gründe  lägen,  ins  (Je- 
him  (s.  13  II,  152;  17,  50).  Aber  er  verzichtet  naturgemäß  auf  jede 
nähere  Bestimmiuig  dieses  Begriffs  und  stellt  damit  nur  eine  Frage  an 
eine  znkOnftige  Physiologie.  Zu  den  Voraussetzungen  dieser  physio- 
logischen Aufgabe  gehört  in  erster  Liiiie  eine  genane  Kenntnis  dw  in 
erkürenden  Bewnßtselnserseheinnngen. 

Mit  "Nntweiidii^^kcit  int  der  wi^^snisi'liaftlichc  streit  um  die  Kou- 
sonauz  neuerdings  mehr  und  mehr  auf  da»  psychologische  Gebiet 
tlbergegaDgen  und  wird  zur  Zeit  fast  ansschließlieh  von  Psycho- 
logen gefühlt  Die  Psychologie  ist  in  dieser  Frage  dem  Ziele  eines 
TOiMtssetantngBlosen  und  ziuMunmenhllngeiiden  Begreifens  näher  als 
die  Physiologie.  Zahlreiche  BewaBtsdnsTorgftnge,  deren  physio- 
logische Korrelate  höchst  komplex  und  noch  ganz  oder  großenteils 
nnhekannt  sind,  steUen,  psychologisch  betrachtet,  einfache,  letzte 
Tatsachen  dar,  von  denen  die  psychologische  Theorie  ausgehen 
darf,  ohne  dogmatischen  YoniTteilen  Banm  zu  gehen.  Wichtige 
gesetzmäßige  Zusammenhänge  der  Wahmehmungserlebnisse  mit 
höheren  seelischen  Funktionen,  wie  Erinnerung,  Gefllbl,  Urteil, 
sind  bereits  einigermaßen  sichergestellt.  Die  allgemeine  Theorie 
der  psychischen  Relationen  wurde  haltbar  augebaut.  Trotzdem 
noch  iu  neuester  Zeit  von  hervorragend  sachverständiger  Seite  eine 
gewisse  Resignation  lant  wnrde^),  ist  der  Versach  einer  psycho- 
iogisohen  Theorie  der  Konsonanz  nnd  IHssonanz  gegenwärtig  nieht 
mehr  anssichtslos. 

Eine  besondere  Gefahr  liegt  für  dieses,  wie  ftlr  jedes  psycho- 

1)  Ähnhch  Frey  er  (6,  Ö9),  dessen  Hypothese  zur  Physiologie  der  Kon- 
sonaaBwahmebmniig  im  Prindpe  der  Ewaldschen  verwandt  ist;  vgl.  hn 
folgenden  Absc  linltt  C  Kap.  I  b. 

2)  Von  selten  Stumpf«;  vgl.  ün  folgenden  A  IQ. 


210 


Felix  Kmeger, 


logüche  Uuteruebmeu  iu  der  aufertigen,  schwankeudeu  und  popolär 
aufgeweichten  liomenklatar  der  allgemeinen  Psychologie.  Umao 
kritischer  mttflflen  alle  vieldeutigen  Ausdrttoke  geprüft  werden. 
Empiriflch  nnsiureioliend  bc^irlliidet«  oder  gmr  niobt  veiifisierte  Be^ 
griffe  flind  zmHokznwelBen.  Es  gilt  echleeliterdiiigs  nnr:  TMaeehen 
genau  lud  ein&eh  sn  beeohieiben.  Zu  diesem  Behafe  haben  wir 
die  in  Fiage  stehenden  psyehisehen  Erscheimingen  soigflUtig  bei 
nns  and  anderen  an  beobaefaten,  mit  Hilfe  der  experimentelle 
Variation  and  Messung  sie  so  weit  wie  m9gIiob  an  zergliedern, 
endlich:  Tatsacheu  mit  Tatsachen  ver^^lcichend  zu  verknüpfen,  wo- 
bei die  Eintiilirung  hypothetischer  AiittelgUedcr  uuch  Möglichkeit 
zu  beschränken  ist 


A.  Oegemwirtiger  Staad  des  KoaseDanzproble». 

I.  Die  Erklärungen  durch  Obertüue. 

Was  Helmholts  in  der  soeben  beieicbnetan  Bichtang  positiT 
geleistet  hat,  bildet  noch  immer  den  Ansgangspnnkt  der  ErOrte- 
rangen  Uber  anser  Problem.  Seine  Anschaanngen  Tom  Wesen 
der  Konsonanz  and  Dissonanz  sind  so  bekannt,  dass  sie  nicht  von 
nenem  dargestellt  za  werden  braachen.  Karz  gesagt,  sind  Air 
Helmholtz  die  dissonanten  Zusammenklänge  dadurch  charakteri- 
siert, dasö  sie  Obertöne  enthalten,  die  miteinander  uuau^^cuciime 
Schwebungen  bilden.  Die  Konsiuianzen  sind  an sirezei ebnet  durch 
das  Fehlen  dieser  Schwebungen  und  dureh  das  Zusammenfallen 
identischer  Obertöne.  Ob^^leieb  diese  Lehre  vielt'arb  noch  j2:egen- 
wärtig  ohne  Einschränkung  vorgetragen  wird,  tiuden  sich  doch 
ernste  Bedenken  gegen  sie  schon  in  der  älteren,  ja  in  der  voi^ 
Heimholtzischen  Literatur.  Schon  dem  IB.  Jahrhundert  waren 
die  soeben  erwähnten  Erkiftrangsprinzipien  bekannt  {vgl  Mach 
84,  48);  und  lange  beyor  Helmholtz  sie  systematisch  ansfilhrte, 
Warden  sie  von  Terschiedenen  Seiten  bekibnpft  (Literatnr  bei 
Stampf  17,  If.  Anm.).  Seither  wnrde  die  Theorie  oft  and  gründ- 
lich kritisiert,  am  eingehendsten  von  Lipps  (7  u.  8),  Wandt  (8) 
and  Stumpf  (13  passim;  17,  2il). 

Was  das  Zusammenfallen  gewisser  Obertiine  (miteinander  oder 
mit  eiueni  Primärtone)  angeht,  so  bat  man  vielfach  mit  Keeht 
hervorgehoben,  dass  es  einem  konsonanten  Zusammenklange 


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DifferenstOno  imd  Konsonanz. 


211 


mcbt  anznbQren  ist,  ob  den  Klängen,  die  ihn  bilden,  irgend  welche 
PartialtOiie  gemeiBBam  Bind.  Beim  OktavensweiklAiig  z.  B.  nuMhi^ 
es  psyehologiseh  keineii  Unterschied,  ob  da  jeder  Oberton  des 
tieferen  EUuiges  mit  einem  geradasahligen  Paitialtone  des  höheren 
zQSammenAUt  nnd  dadnreh  Terstllrkt  wird,  oder  ob  der  höhere 
Omndton  vielleicht  gar  keine  ObertOne  mit  sich  fbhrt,  nnd  Jene 
YerBtärknngen  anf  andere  Weise  objektiY  enengt  werden.  Nur 
bei  aufeinander  folgten  den  Klängen  kann  das  Moment  der 
identischen  Obertöne  unuiittelbai  zur  Geltung:  kommen. 

Im  Falle  der  Oktave  einschließlich  ihrer  Oktavenerweiteruiif^n, 
der  Duodezime  und  vieUeicht  noch  einiji^pr  nnderer  hervorraiicud 
einfacher  Schwingun^sverhältnisse  wird  dadurch  unabhängig  von 
jeder  Analyse  eine  gewisse  Verwandtschaft  der  einzeluen  Gesamt- 
klänge  entstehen»  wie  sie  Helmboltz  als  Ähnlichkeit  der  Total- 
eindrtteke  psychologisch  einwandfrei  beschrieben  hat  [1,  595).  Das 
so  bedingte  ÄhnUchkeitsbewnßtsein  wird  freilich  in  der  Begel  früh- 
xeHig  dnreh  andere  Er&hmngen  kompliiiert  —  dnrch  Enehei- 
nnngen  an  Znaammenklüngen  — ,  die  mit  identisohen  OberiOnen 
nichts  zn  tmi  haben.  Aber  das  hindert  nicht,  mid  noch  weniger 
darf  die  anf&Ilendere,  mannigfaltiger  nnd  bestimmter  abgestafte 
Ähnlichkeit  der  in  der  Tonreihe  benaebbarten  Töne  nns  hindern, 
auch  jene  Verwandtschaft  als  Ahnlieiikeit,  in  einer  bestimmten 
Hinsicht,  anzuerkennen.  Gehört  doch  z.  B.  auf  dem  optifichen 
Gebiete  jede  einfache  Farbe,  nach  Sättip^ung  und  Farbeuton,  zwei 
verscliiedtiu  [1  (juMÜtativen  Ahnlichkeitsrcihen  an. 

Man  hat  ucacrdiugs  versucht,  die  Helmboltz ische  Konsonanz- 
tbeoiie  dadnreh  zu  festigen  und  gleichzeitig  zu  vereinfachen,  daß 
man  das  Prinzip  der  identischen  ObertOne  in  den  Mittelpunkt  stellte, 
die  Scbwebnngen  dagegen  nnr  als  accessorischen,  Tcntärkenden 
Faktor  der  Dissonanz  gelten  Üefi.  Allein,  wie  wir  sahen,  ist 
jenes  Fdnzip  uumreichend,  soweit  Eigenschaften  von  Znsammen- 
Uftogen  in  Frage  stehen;  es  kann  unmittelbar  nnr  auf  Klangfolgen 
Anwendung  finden:  hier  aber  darf,  wie  ich  des  Nftheren  zn  zeigen 
gedenke,  Ton  Eonsonans  hOehstens  in  einem  ttbertragenen  Sinne 
des  Wortes  geredet  werden  (vgl.  im  folgenden  B  III  u.  D).  Wer 
beim  Nacheinander  wie  bei  der  Gleichzeitigkeit  von  Klängen  die 
Qualitäten  der  Kongonanz  und  Dissonanz  wahrzunehmen  behauptet, 
der  püegt  doch  soviel  zuzugelj«  n ,  daR  diene  Qualitäten  und  ihre 
Unterschiede  im  ersten  Falle  erheblich  uudeatiicher,  weniger  aos- 


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212 


Felix  Krnefsr, 


geprä^  seieu.  Die  Erscbeinuugen  der  KiMisniian/,  und  Dissonanz 
sind  ebenso  ursprtln^^lieli ,  sind  manTii^^faltij;cr  uud  a-iehen  weiter 
als  die  durch  genieinsame  Obertöne  bediu^i^te  Verwandtschaft  ge- 
wisser Klänge.  Diese  Klangverwandtschaft  und  die  Konsonanz 
sind  qualitativ  verschiedene  Tatsachen  des  Bewußtseins,  die  in 
llirer  unprUngUohen  Fonn,  als  Binnliohe  Eirlebiliflfle  niohta  mit- 
dnander  zn  tos  haben,  —  so  gewiß  sie  mittelbar,  anf  gnmd  der 
Erfahrung  mannigiaehe  aMosiative  Yerbindnngeii  eingehen. 

Wir  branehen  an  dieeem,  sp&ier  noch  mehrfach  an  erörternden 
Funkte^)  uns  deshalb  jetat  nicht  l&nger  anfimhalten,  weil  durch 
neuere  tonpsyehologiscbe  Untenmehnngen  allen  den  Eonscmaas- 
theoricn  der  Boden  entzoj2:en  ist,  die  wesentlich  und  primär  oder 
gar  ausschließlich  auf  irgend  welche  VerhäUuisse  der  Obertöne 
zarttckgehen.  Ilclmholtz  hatte  folgerichtig  augeuomnien,  dab  bei 
obertonfreien  Zusammenklänpren  die  Unterschiede  der  Konsonanz 
und  Dissonanz  fortfielen;  z.  B.  ^^äben  »zwei  gedackte  Pfeifen,  deren 
Intervall  zwischen  großer  und  kleiner  Terz  liegt,  eine  ganz  ebenso 
gnte  Konsonanz,  als  wenn  das  Tntervall  genan  einer  kleinen  Terz 
entsprSehe«  (1,329,332,337).  Diese  Angabe,  die  auf  tttehtige 
Aknstiker  großen  Eindmck  gemacht  hat,  konnte  ich  experimentell 
niemals  bestätigt  finden,  weder  an  gedachten  Pfeifen  noch  aa 
Stimmgabeln.  Stumpf  hat  sie  neuerdings  genaner  geprOft  und 
widerlegt  (17, 12  fr.;  19, 131, 163).  Dnich  umfassende  Yersnehs- 
reihen  Stumpfs  und  Meyers  stellte  sich  heraus,  daß  im  Zu- 
sammenklange wie  im  Nacheinander  die  Intervalle  ans  einfachen 
Tönen  sogar  feiner  liiuäiciitücii  ihrer  Reinheit  beurteilt  werden  als 
die  obertonreichen. 

Nun  ist  freilich  das  Intervall  urteil  von  dem  unmittelbaren 
Sinueseindruck  der  Konsonanz  und  Dissonanz  wohl  zu  unterschei- 
den (vgl.  im  folgenden  B  II  u.  D).  Helmholtz  vernachlässigt 
im  allgemeinen  diesen  psychologischen  Unterschied  ;  hier  jedoch 
zieht  er  ihn  heran,  indem  er  zugibt,  daß  »ein  geübtes  musikali- 
sches Ohr«  ein  stark  Ycrstimmtes  Intervall  ans  einffichen  TOnen 
mOgUcherwmse  »als  fremd  und  ungewohnt  erkennen,  und  es  des- 
halb Tielieicht  für  falsch  erklMren  würde,  aber«,  fiüirt  er  fort,  »der 
usmittelbaie  Eindruek  anf  das  Ohr,  der  einfache  shmliche  Wohl- 
klang, abgesehen  von  aller  musikalischen  Qewohnheit,  iat  kein 


1)  Im  folgenden  B  Ul;  C  m,  8  und  4. 


INfferenxtSiie  und  Konioiuiue. 


213 


Bclilechtcrer  als  der  der  reinen  Intervalle«  (1,  332).  Dem  gegen- 
über stellt  Stumpf  fest  (17,  13),  daß  ein  rein  gentimmter  Drei- 
kbmg  ans  einfachen  Tdnen,  fUr  sich  allein  za  Gehör  gebracht, 
»ganz  entzückend  sohtfn«  klingt  und  »auch  in  Hinsicht  de^  Geftlhls- 
wertas  lehr  beatimmt  tob.  diBBonanteii  oder  yentimmteii  Akkorden 
nntenehieden«  wird;  beides  kann  ieh  —  das  letztere  aach  für 
Zweiklinge  —  nur  bestätigen  (vgl.  86  und  im  folgenden  G  m, 
2a).  Die  Erinnerung  an  obertonreicbe  Klftnge,  die  Helmholtz 
ttberall  za  Hüfe  mfen  mnß,  erklärt  diese  Unterschiede  der  Geftlkls- 
wirkong  niclit.  Ein  Erlebnis  wird  niebt  dadnreh  angenehm  oder 
unangenehm,  daß  es  früher  angenehme  oder  anangenehme  Bestand- 
teile mit  »ich  führte,  während  die  das  Geillhi  bestimuieuden  Teil- 
inhaltc  jetzt  irilnzlieb  fehlen. 

Übriiceiis  ist  es  bekannt,  dnB  mich  die  in  der  Musik  gebräuch- 
licheu  Klänge  vielfach  die  von  der  Obertoutheorio  geforderten 
Teiltöne  nicht  enthalten.  Wären  doch  die  tiefsten  maßgebenden 
Partialtöne  z.  B.  bei  der  kleinen  Terz  der  ö.  nnd  6.,  bei  der 
kleinen  Sexte  der  5.  nnd  8.*). 

Helmholtz  selbst  legte  das  HanptgewiGlit  anf  das  andere  Er* 
klSnngqiTinzip  der  Konsonanz:  anf  die  Sohwebnngen;  derart, 
daB  er  seine  Theorie  gern  als  Theorie  der  Schwebnngen  bezdeh- 
neta.  Allerdings  lenebtet  so  viel  ohne  weiteres  ein,  daß  der  Fort- 
&U  der  Sebwebungen  an  sieb  keine  befriedigende  Erklürong  der 
Konsonanz  gewährt.  Femer  gilt  von  den  Schwebnngen  der  Ober- 
töne genau  dubiiülbe,  was  soeben  über  die  Unabhüngi^kcit  der 
Konsonanz  und  Dissonanz  von  Oijertönen  überhaupt  gesagt  w  urde. 
Dennof>h  f^eheint  mir  die  gegen  Helmholtz  gerichtete  Kritik  hin- 
sichtlich der  Schwebungen  ncncrdings  fast  durchweg  über  das 
Ziel  hinauszuschießen.  Die  Mehrzahl  der  Kritiker  Ubersieht,  daß 
Helmholtz,  gestützt  anf  die  Beobachtungen  Scheiblers,  aneh 
die  Differenztone  heranzieht,  um  die  Erscheinungen  der  Eon- 


r  Dm  Prinzip  der  identischen  Obertöne  ist  in  umfassendster  Wflise  Toa 
Wmndt  ans^ebaut  und  durch  den  Regriff  der  indirekten  Klnnfrverwnndf- 
»cbaft  psypholopscli  vertieft  worden  2  .  —  Icli  M-rzichte  an  dieser  ÖtcUe 
auf  eine  zuttaiumeuhüugeude  Erürteruug  iler  ^^  u  u  ü  t  sehen  Kousonanztheorie, 
weQ  soeben,  nach  Absdilsfi  der  ▼erliegenden  Arbeit,  eine  neae,  gSnslieh 
mngearbdtete  Dantelliuig  dieser  Theorie  erschienen  ist  (ffl),  worin  meine 
fildier  ▼erOff'entlichten  Eigebniaee  f36  -38^  —  fast  durchweg  im  9iiuie  der 
gegenwUrtiß'en  Abh.indlnn?  —  verwertet  siud.  Punkte  der  ÜbereioBtimmanf 
werden  im  folgenden  mehrfach  benrorzobebea  seiiL 


^  j        1  y  Google 


214 


sonanz  und  Diääouauz  begreiflich  zn  mRchen;  daß  namentlich  die 
8chwebun?CTi  der  Differenztöne  denselben  lüctrelu  gehorchen,  ^vie 
die  der  Ubertihie.  Nur  die  Unzulänirlichkeit  des  Beobaehtun'rä- 
materials  und  besonders  gewisse  Vorurteile  Uber  die  Abhängigkeit 
der  Differenztöne  von  übertönen  (vgl.  36,  623;  38,  219  fl.)  tcp- 
flcUosflen  bisher  die  Einsieht  in  den  weitreichenden  Zusammen- 
hang  Bwiflchen  Differenztonen  nnd  KonBonaas  —  einen  Zosunmen- 
hftng,  mit  dem  der  dritte,  systematische  Teil  dieser  Unteraoehung 
(C)  sieb  vorztigswelse  beschSftigen  wird. 

Im  Yordeigrnnde  der  Disknasion  Uber  Konsonaas  nad  Dirao- 
naaz  stehen  gegenwärtig  zwei  neuere  Theorieni  die  weder  Ober- 
töne noeh  DiileienstOae  noeh  irgend  welehe  anderen  Nebenempfin> 
düngen  zur  Erklärung  heranziehen:  Stumpfs  Verscbmelzimgslehre 
und  die  ältere)  Theorie  der  SchwingungsrhytlinH  it  von  Lipps.  Die 
neneste  m unographische  Bearbeitung  unseres  i'roblems  geht  davon 
ati^^,  (luli  ein  Psychologe  zur  Zeit  Tiur  noeh  mit  die^^eTi  beiden  sich 
ubzuliuden  babe^).  Ich  halte  schon  im  iiiubiick  auf  Helmholtz 
eine  solche  Beschränkung  fhi  yerfitiht.  Auch  sind  die  theoreti« 
sehen  Ergebnisse  von  Frey  er,  Wnndt,  KUipe  keineswegs  ganz 
identisch  mit  den  Helmholtzischen;  Meyer  weicht  in  beachtens- 
werter Weise  von  Stampf  wie  yon  Lipps  ab.  Indessen  Lipps 
and  Stumpf  haben  am  eingehendsten  ihre  gegenaMtzlicben  An- 
sichten begrOndet  and  anfii  bestimmteste  die  ErklärongSTersache 
ihrer  Vorgänger  znrttekgewiesen.  Lipps  entwickelie  aas  einem 
einzigen  Prinzipe  eine  streng  In  sich  geschlossene  psycholo- 
gische Theorie  der  Konsonanz;  indem  ich  zunächst  diese  Lehre 
kiitiBch  erörtere,  habe  ich  gleichzeitig  zn  einigen  prinzipiellen 
Vorfragen  Stellung  zn  nehmen. 

H.  Lipps'  Rhytkmentheorie'). 

In  scharfsinniger  Polemik  gegen  Helmholtz  und  Wnndt  kommt 

Lipps  zu  dem  Ergebnis,  die  Konsonanz  oder  Dissonanz  zweier 
Töne  küuue  nur  erklärt  werden  ans  den  psychologischen  Eigen- 
schaften dieser  Töne  selbst.  Was  neben  ihnen  etwa  im  Bewußt- 
sein vor/uliiideu  «ei,  insonderheit:  Obertttne,  Scliwebungen,  Rauhi^^- 
kßiif  Erinnerung  an  früheres  Znsammengegebensein  in  einem 

1  TToheneiusor  40  Ol  f. 
\  gl.  besouilera  Nr.  8,  7,  10. 


.  j     .  >  y  Google 


DiffereaztiJiie  imd  KonaoiiAits. 


215 


Klange,  alles  dies  sei  lur  die  Sache  irrelevant,  llir  die  Erkliiruug 
unzureichend.  Kuii  haben  aber  die  bewußten  Eni[itiudungen  der 
l>eideu  einfachen  Töne,  so  genau  wir  auch  analysierend  jede  ftir 
sich  betrachten  mögen,  fllr  das  Bewußtsein  keinerlei  Merkmale, 
wodarch  der  in  Frage  stehende  Eindruck  ihres  konaonanten  bezw. 
dissonanten  VerhältniflseB  konnte  begriffen  werden. 

Daher  geht  Lipps,  wie  er  es  in  allen  Fragen  der  Psychologie 
flu  nOttg  häl^  Ton  den  Bewußtseinsinhalten  znrttck  anf  nnbewnßte 
YoigXnge  ihrer  EntBtefanng;  von  den  Tonempfindnngen  m.  den 
»psyebiBChen  Erregungen«,  die,  an  rieh  nnbewofit,  den  Empfin- 
dungen Jederzeit  »zu  gründe  Ilgen«.  Diese  unbewußten  Erregungen 
sind  zwar  als  solche  in  keiner  Erfiüimng  gegeben,  yon  ihren 
Etgensohaften  und  VerhSltnissen  können  wir  unmittelbar  nichts 
wissen.  Aber  wir  haben  den  Effekt,  auf  den  sie  ihrer  Natur 
nach  »abzielen«:  den  bewußten  Einpfindungsiuhalt;  auf  grand  der 
wirklicli  gegebenen  Emplindinmon  und  ihrer  lieziehungen  können 
wir  jene  unbewulUeu  Erreguiii^cu  so  konstruieren,  daß  diese,  bis- 
her anbegriffenen  Beziehungen  —  der  Konsonanz,  Dissonanz  und 
aller  ihrer  Folgeerscheinungen  —  im  Zusammenhange  begreiflich 
werden.  Eine  solche  Konstruktion  hat  Lipps  bis  ins  einzelne 
entworfen  und  folgeriehtig  durehgeflihrt  Er  meint  den  Boden 
der  Erfidurnngy  der  rein  empirischen  Tatsaehenverknttpfhng  da- 
bei nioht  zu  verlnssen,  weil  er  einmali  selbstverstilndlich,  Erfah- 
rungen des  Eonsonanzbewußisrins  als  das  zu  Erkl&rende  immer 
im  behalt,  weiter  aber  deshalb,  weil  die  Theorie  auf  empi- 
rischen Analogien  beruhi 

Sie  geht  aus  von  der  physikalischen  Tatsache,  daß  Töne  ob- 
jektiv aus  periodischen  Luttbewegnugen  bestehen.  Sie  btUtzt  sich 
femer  auf  die  mathematisch-physiologische  Hypothese  von  Ohm 
und  Helmholtz,  daß  jede  zusammengesetzte  Klangwellenbcweguug 
Tom  Ohre  in  ihre  sinustormigen  Komponenten  zerlegt  werde.  Sie 
iat  endlich  auf  eine  Anzahl  psychologischer  Analogien  gegründet. 
Um  diese  zu  Terstehen,  müssen  wir  zusehen,  wie  Lipps  mit  ihrer 
Hilfe  die  unbewußten  Tonerregnngen  positir  bestimmt. 

Jeder  einzelnen  Tonschwingung,  so  nimmt  er  an,  entspricht 
psychisch  ein  gesonderter,  wellenartig  an-  und  abschwellender 
Vorgang.  Wenn  wir  von  der  Hehrheit  und  Periodizi^  dieser  Vor- 
gänge nichts  empfinden,  wenn  Tielmehr  die  physikalische  Sckwin- 
gungsbeweguDg  eine  Ytfllig  rinfbrmige,  kontinuierlich  ablaufende 


216 


f  elix  Knieper, 


Tonempfindnng  auslöst,  so  beweise  das  nnr,  dafi  jene  nnbewiifiteii 

Erregungen  auf  dem  Wege  zur  Bewußtwerdiinf?  mit  einander  ver- 
schmolzen seien.  Hier  beruft  sieh  Lipps  auf  eine  erste  psyeho- 
logisclie  Analogie:  in  der  Ilauhij,^keit,  ja  Diskontinuität  der  tiefsten 
Töne  sei  die  diskrete  Mehrheit  der  psychischen  Elcmentarvor^änge 
noch  unmittelbar  und  bewuUt  zu  spüren.  Des  weiteren,  und  hierin 
besteht  der  Kern  seiner  Konsouanztheorie,  setzt  Lipj)s  die  lleiheu 
der  imbewnßten  Tonerregangeii  in  Analogie  zu  dem  bewußt  wahr- 
genommenen  Khythmu 8  periodischer  SchallcindrUcke  oder  Körper- 
bewegungen. F.  W.  Opelt  und  G.  Engel  sind  ihm  darin  Toraa- 
gegangen  (eitiert  bei  Stumpf  17,  23). 

Neben  eine  Beifae  qnalitatiT  nnd  intensiv  gleieher,  seitlich  gleich 
rasoh  anfeinander  folgender  Taktschläge  trete  eine  zweite  Beihe, 
die  sich  von  der  ersten  nar  dadurch  anterscheide,  daß  die,  nnter 
sich  wiederum  gleichen,  Zeitabstände  hier  größer  sind  als  dort. 
Dann  ist  die  Größe  dieses  Unterschiedes,  das  Verhältnis  der  beiden 
Sehlaggeschwindigkeiten  für  den  Eindniek  des  Hörers  nicht  gleich- 
giltiir.  Wird  z.  B.  die  eine  des«  hwindigkeit  von  der  anderen  am 
genau  än^  Doppeitc  übcrtroilen,  und  nehmen  wir  noch  an,  daß 
der  erste  Schlag  der  neu  hinzuicckonimenen  Keihe  mit  einem 
Schlage  der  anderen  zusammentreffe,  so  muß  auch  weiterhin  jeder 
Schlag  der  langsamen  Reihe  mit  einem  solchen,  und  zwar  mit 
jedem  zweiten  Schlage  der  schnelleren  Reihe  aasammenfallen:  es 
ergibt  sich  das  einfiichste  rhythmische  Qebitde:  eine  Reihe  gleich- 
artiger £indrttcke,  7on  denen  jeder  zweite  YcrstSrkt  ist  Diesem 
rhythmischen  Verlanfe  analog  verhalten  sich  nach  der  Rhyfhmen- 
theorie  die  nnbewnfiten  periodischen  Erregungen  zweier  im  Oktaren- 
Terhftltnfs  stehender  Töne.  Ist  das  seitliche  Verhältnis  zweier 
Scblagfolgen  komplizierter,  etwa  so,  daß  jedes  dritte  Glit^d  der 
einen  mit  jedem  zweiten  der  anderen  znsammeniallt  (Quinte),  so 
wird  aueh  der  Eindnii  k  weniger  einfach.  Sehr  bald  s])ätesten6 
da,  wo  beide  Verhält nis/ahlcn  p:röner  sind  als  4  ist  die  (Irenze 
erreicht,  wo  der  Rhythmus  verworren,  unverstilndlich ,  das  Ganze 
zugleich  ausgesprochen  unangenehm  wird.  Ahnlich  TerhMIt  es 
sich,  bewnßtermafien,  mit  rhythmischen  Bewegangen.  Man  sieht, 
wie  Ton  diesen  Voranssetznngen  ans  die  Unterschiede  der  Kon- 
sonanz nnd  Dissonanz  zn  erklären  sind,  —  Unterschiede,  die  ja 
tatsftchlich  als  solche  der  Annehmlichkeit  nnd  einer  spezifischen 
£inftchheit  erlebt  werden.  Konsonanz  ist  danach  begründet  dnreh 


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Differeiutüue  imd  Koosoiuds. 


217 


die  rbyflnniflolie  Übeteinstimmiiiig  der  imbewofiten  Tonerregtmgeii. 
Sie  ist  tun  80  ¥Ollk<»mmener,  je  TOlhrtSiidiger  dieie  ÜberefneHm- 

maiig  ist,  je  einfacher  der  Gesamtrhythmus  der  unbewußten  Er- 
regungen sich  gliedert.  Dissonanz  btiiuht  auf  der  Gegensätzlich- 
keit oder  Verworrenheit  der  za  gninde  liegenden  Rhythmen.  Ebenso 
erklären  sich  die  Verwandtschaftsverhältnisse  einander  folgender 
Töne:  der  Übergang  von  einem  bewußt  gegebenen  Rhythmus  zn 
einem  anderen  geschieht  ja  um  so  leichter,  selbstverständlicher, 
bemmnngslofler»  je  einfacher  oder  tlbereinetimmender  die  beiden 
flieh  xneiniuider  verhatten.  In  diesem  Zosammenbange  Tersnebt 
Lippe  anefa  die  Hanptgeaetae  der  Tonalittt  begieiflieb  zn  machen; 
er  beruft  sieh  dabei  auf  die  natttrliebe  Obeilegenheit  des  zwei- 
teiligen nnd  aller  doiob  2  teilbaren  Rhythmen  ttber  alle  anderen; 
er  betont  ferner  die  allgemeine  ttathetiBche  Bedeutung  des  Gegen- 
satzes oder  der  Hemmung  <). 

Gegen  diese  vielumfassende  und  dabei  Überaus  einheitliche 
Konsonanztheorie  reffen  sich  naturgciüaß  zahlreiche  Bedenken.  Be- 
ginnen wir  mit  den  Hpezielleren,  die  sich  gegen  die  Existenz  der 
unbewußten  Tonerreguugeu  und  gegen  die  Analogie  d^  bewußten 
Rhythmus  richten. 

In  den  beiden  grundlegenden  Darstellungen  seiner  Theorie  (7  u.  8) 
ging  Lipps,  wie  erwähnt,  von  der  Rauhigkeit  tiefer  Töne 
ans.  Hier  sei  der  ParaUelismus  der  einzelnen  physikalisohen 
Schwingungen  nnd  der  gesonderten  psychischen  »TonanstOßec  noch 
für  das  Bewußtsein  yorhaaden.  —  Dem  gegenüber  haben  Hey  er 
und  Stumpf  auf  regelmäßig  vorhandene  sinnliehe  Nebenerschei- 
nungen hingewiesen  — :  Sohwebungen  der  ObertBne  und  Diffbienz- 
tOne,  begleitende  Gerftusehe  und  (intermittierettde)  Bertthrungs- 
eniptindungen  — ,  woraus  die  fragliche  Qualität  der  tiefen  Klän^^e 
und  Zusammenklänge  ohne  jene  Hypothese  zu  begreifen  ist  2).  t  ur 
das  eigentümlich  Voluminöse,  Breite  der  meisten  tiefen  Töne  werde 
ich  in  einem  späteren  Zusainnienhan!?e  noch  eine  weitere  Mög- 
lichkeit empirischer  Erklärung  aufzeigen  (C,  III,  4).  —  Wir 
brauchen  diese  Frage  hier  nicht  weiter  zu  verfolgen,  weil  Lipps 
das  Argument  der  tiefen  TOne  neuerdings  als  unerheblich  fallen 
gelassen  hat  (18,  228). 

1  8,  124  ff.  Für  alles  Nähere  mnß  auf  Uie  oben  zitierten,  anschanlichea 
OriginaldarstelluageD  verwiCBtio  werden. 

2)  M,76f.;  1T,84I1  BolaTatBiehHehas  in  IS  1, 903£  und  86, 337, 604, 619L 


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218 


Felix  Knieg«r, 


Gegen  die  Annahme  einer  psychischen  oder  zentnl-physio- 
logiBoben  Sondenuig  der  einxelnen  Tontehwingongen  scbeinen  mir 
pofliiiy  unter  anderen  die  Erftbnmgen  an  spreohen,  die  man  bei 
der  ünterbrechong  einer  pl^BikaliBeben  Tonbewegang  macht i). 
Hau  kann  yon  den  LOcbem  ehier  Shpenenecbübe  eine  groBe  An- 
zahl  kl  beliebiger  Gmppiening  Terstopfen,  ebenso  bei  Zabnittdem 
oder  Wellenscheiben  innerhalb  weiter  Grenzen  die  Anordnung  der 
Berge  und  Täler  variicrcu,  oliüe  daß  der  Ilauptton  des  Apparates 
sich  qualitiitiv  änderte;  (anch  der  gleiclizeitig  entstehende  objektive 
Unterbrechnngston  ist  in  iiolieni  Maße  unabhängig  von  der  Anord- 
nung der  Unterbrechungen  V  Es  läßt  sich  auf  solche  Weise  ein  bunter 
Wechsel  von  verstärkten  und  abgeschwächten  Tonschwingongeii 
nnd  von  vollständigen  Unterbrechungen  des  physikalischen  Schwin- 
gnngB7organgeB  erzengen.  Entspräche  jeder  einzelnen  Tonschwin- 
gang  eine  besondere  psyehiscbe  Erregung,  eo  müßte  von  Fall  an 
Fall  dn  wenigstens  annftbemd  paralleler  Wechsel  des  Geaamt- 
euidmoks  an  beobacbten  sein.  Beim  Znsammenwirken  zweier  so 
bebandelter  TOne  oder  eines  nnterbroebenen  mit  einem  nicbt  nnter- 
broebenen  Tone  mttfiten  femer  nach  den  Vomnasetsnngen  der  Rbytb- 
menfheorie  alle  VerbftltniBse  der  Konsonanz  schwanken.  Haben 
doch  fUr  alles  rhythmische  Wahrnehmen  unregelmäßige  Unterbre- 
chungen und  Intensitätssc'hwankuugen  die  störcndste  Wirkung. 

Damit  kuanucu  wir  zu  der  AnaU>gie,  um  derentwillen  die  Hypo- 
these der  unbewußten  Tonerregungen  liberhaupt  aufsrestellt  wurde, 
und  worin  ihre  überzeugende  Kraft  liegt;  zu  der  Analo '^ie  /  wischen 
Rhythmus  und  Konsonanz.  Geben  wir  einmal  die  Realität  der  un- 
bewußten Tonerregongen  and  ihren  Parallelismns  mit  den  physi- 
kalischen Schwingungen  zu,  wie  weit  werden  dann  die  Tatsachen 
der  Konsonanz  dadurch  begreiflich,  daß  wir  von  den  Yerhiltnissen 
des  bewußten  Bbythmns  aaf  diejenigen  der  anbewnßten  Erregungen 
znrtlcksehließen?  Es  ergeben  sich  nene  Scbwierigkeiten. 

Wenn  beispielsweise  noch  der  harmonisebe  Eindnick  der  kleinen 
Terz  oder  der  natürlichen  Septime  anf  einer  rbytbmiseben  Über- 
einstimmnng  der  nnbewnßten  psychischen  Vorgänge  bembt,  so 
haben  wir  dafUr  im  Gebiete  des  bewnßten  Rhythmns  keine  strenge 
Analogie,  denn  fUnf  neben  sechs  oder  Yier  neben  sieben  Takt- 


1)  VjL'l.  Sch.iefer  n.  Abraham  48.  Sow»'it  ich  doreu  Ergebnigge  hier 
Terwerte,  habo  ich  sie  an  einer  angeblasenen  Weilensirene  nachgeprüft. 


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Differenztüne  oad  Kousonans. 


219 


Boiiligen  in  der  Zeitoinbeit  klingen  bereits  Tölligr  nniegelmäßigi). 
Solche  Einwürfe  voranssehend,  liatte  Lippe  in  seiner  ausfUhrlicli- 
j»ten  tonpsychologischeD  Mitteilung  (8,  96  f.)  betont,  die  Grenze 
zwischen  Konsonanz  und  Dissonanz  könne  nur  durch  die  onmittel- 
bare  Erfahrung  an  Tunempliudungen  selbHt  bestimmt  werden.  »Auch 
was  sich  in  der  Hinsicht  aus  der  Erfahrung  an  Taktschlttgen  und 
Bewegungen  oder  Bewegangsvorstellangen  ergeben  mag,  beweist 
dafür  nichts.  Trotz  aller  Analogie  darf  ja  doch  der  Unterschied 
nicht  übersehen  werden,  der  zwischen  diesen  mit  Tollem  Bewußt- 
sein im  Einzelnen  rollziehbaran  und  deatlioh  voneinander  ge- 
schiedenen Bewnfilaemsinhalten  dnenaeits  und  den  nnbewnfiten, 
nnd,  jeder  ftr  Bich,  wenig  bedeatenden,  sngleioh  ungleich  Bohneller 
▼orlibemehenden  TonansiOßen  besteht«  Stumpf  erblickte  hierin 
eine  theoretlBeh  nnznlässige  »Taktik«  (17, 27  f.).  Darauf  erwiderte 
Lipps  mit  einer  genaueren  Darstellung  seiner  »mikro-psycholo- 
gischeii  Betrachtungsweise«  (10,  31  Ö'.].  Die  einzelnen  unbewußten 
Tonerregungen  und  daher  auch  ihre  rhythmischen  Einheiten  seien, 
im  Vergleiche  mit  bewußten  Erlebnis«eTi ,  Vorgänge  von  selir  ge- 
ringer psychischer  Kraft  und  Wirkungsfähigkeit.  8ie  begründeten 
in  geringerem  Maße  die  Erwartung  des  Ähnlichen  oder  Gleich- 
artigen, das  Bedttr&ie  rhythmischer  Znaammenstimmung;  und  demr 
gemäß  sei  anoh  das  Gelfthl  des  Gegensatzes,  der  Uemmnng,  der 
JSnttftnaehnng  im  gegebenen  Falle  hier  weniger  scharf. 

Man  kann  es  danach  begreiflich  finden,  daB  z,  B.  die  kleine 
Teis  oder  die  nudtiple  Oktave  1 : 16  nicht  als  Dissonanzen  wir- 
ken; aber  dafi  sie  ausgesprochene,  seharf  begrenzte  Konsonanzen 
dnd?  Ich  yermag  aus  den  erwShnten  nnd  ähnlichen  ZnaStzen  zn 
dem  Grundgedanken  der  Theorie  nur  zu  schließen,  das  harmo- 
nische Gefühl  müßte  unsicherer,  weniger  diilerenziert,  ;uich  weniger 
bildungsfähig  sein  als  das  empirisch  bekannte  rhythmische  Geftlhl, 
—  während  es  sich  tatsächlich  ohne  Zweifei  umgekehrt  verhält 

1;  Hoheneinser  scliieibt  gelegentlirli  seiner  erweiternden  Verteidigung 
der  Lippsächen  Theorie  {40, 103)  der  uatlirliehen  Septime  4:  7  >entschiede- 
nen  Diuonaiudiankter«  so.  Auf  graad  nUr^cher  Beobachtnogoi  an  mir 
and  anderen  beitardte  ich  diese  dieoietiscbe  Behaaptimg.  Die  natürliche 
Septime  klingt  entschieden  konsonant,  konsonanter  sogar  als  die  kleine 
Ter?  Preyer  bemerkt  einmal,  sie  sei  »^5 fitere  wohlklingender  als  die  kleine 
Si'\ie«  ;6,  64),  was  ich  bestätigen  kann.  Die  im  Texte  hervorgehobene 
Schwierigkeit  wird  natürlich  noch  größer  bei  diesem  Intervall  (5 : 8),  dessen 
KoBSOBtiiachankter  allgemein  sngeetuden  ist 


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220 


Ffliiz  Knieger, 


Ich  erinnere  noch  an  die  jeder  rhythmischen  Analogie  spottende 
Ansahl  gleichseitig  möglicher  lud  wohlgefällig  wirkender  Har- 
momen.  Veigegenwärtigen  wir  uns  den  einfaehsten  der  harmo- 
nischen  Akkorde,  den  Donkkord  4:5:6.  Er  mag  in  mehrfacher 
OktavenyerdoppelnDg  anitreten;  die  PrimMrtOne  mttgen  anfierdem, 
wie  das  in  der  praktiBohen  Hnaik  darohans  die  Regel  ist,  jeder 
Tier  oder  mehr  ObertOne  bei  eieh  ftthien;  dasn  treten  regelmftfiigi 
aneh  ohne  Mitwiikang  von  ObertOnen,  die  Diffeienztttne  1,  2 
und  3:  so  wird  durch  alles  dies  der  Eindruck  der  Harmonie  nicht 
uii(l.'ut!icher  und  für  da»  Gelühl  eher  verstärkt,  eine  ^reringe  Ver- 
ötimuiuii::  eines  einzigen  dieser  Töne  kann  deutlipb  als  unange- 
nehme iJiöHoiiauz  empfunden  werden.  Und  nun  verj^leirlie  man 
in  bewußten  Rhythmen  auch  nur  die  Zusammenstimmuni^'  der  Ver- 
hältniflse  4:5:6;  hier  ergibt  sich  ein  Durcheinander,  das  ich 
von  dem  Verhältnis  7:8:9  oder  jeder  beliebigen  Unre^lmäBig- 
keit  nicht  onterscheiden  kann. 

In  einem  wichtigen  Punkte,  auf  den  znerat  Stumpf  aufmerkuun 
machte  (17, 28  f.),  mttfite  nach  den  Vorauasetningen  dieeer  Theorie 
unser  GehOr  wiederum  feiner  arbeiten,  empfindUoher  reagieren, 
al8  es  das  in  Wirklichkeit  tut;  es  mufite  Unterschiede  der  physi- 
kalischen SchaUbewegungen  wahmelimen,  die  tats&ehUch  für  die 
Wahrnehmung  nicht  existieren.  Als  ich  oben  das  Schwingungs- 
verhältuis  der  Oktave  in  die  Analogie  bewußter  Rhythmen  Uber- 
setzte, nahm  ich  ausdrücklich  an,  jedes  Glied  der  langsameren 
Schla^H'jlire  falle  mit  jedem  zweiten  Schlage  der  schnelleren  ^euau 
zusammen.  Nun  ist  aber  bei  Zusammeuklänf^en  der  analoge  Fall, 
daß  nämlich  Sc  Ii  wi  i>gqngmnftx  ma.  zweier  Töne  periodisch  koinzi- 
dieren,  nur  auanahmsweise  yerwirklicht,  welches  auch  das  zeit- 
liche SchwingongSTcrhttltnis  sei.  Und  auf  der  anderen  Seite  ist 
es  nachgerade  als  eine  experimentell  geeieherte  Tatsache  zu  be- 
trachten, daB  beliebige  Phasendifferensen  der  Schwingungen 
keinen  Unterschied  des  Wahrnehmungsinhaltes  bedingen,  weder 
in  der  Qualitttt  der  einzelnen  TOne  noch  in  der  Konsonans  oder 
Diflsonana  noch  in  irgend  einer  anderen  Beziehung  i).  Auf  die 
Schwierigkeit,  die  hieraus  der  Rhythmentheorie  erwächst,  ist  Lipps 
leider  noch  nicht  eingegangen,    liuheuemser  (40,  85 f.]  begegnet 

1)  Lind  ig  (44)  hat  neuerdings,  mit  besseren  Methoden  als  seine  Vor- 
gänger, wohl  endgültig  naefagewieien,  daee  die  Phaaen  auf  die  Klang&riie 
keinen  Einfloß  haben. 


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DUhranxtOne  und  Konaonins. 


221 


ihr  mit  pmz  unzureichenden  Grttnden;  seine  Arg:nnientation  liinft 
duraal'  hmatis,  daß  es  ja  auch  synkopische  Rhythmen  gebe.  Aber 
einmal  ist  die  musikalische  Möglichkeit  solcher  dynamischen  Ver- 
schiebung auf  bestimmte  nnd  wiedemm  regebn&ßig  gegliederte 
ZeitverbUltnisse  besehfinkt,  wfthrend  es  unbegrenzt  viele  M9glieh- 
kdten  der  PhaMiiTerfloliiebnng  gibt  Und  vor  allem:  jeder  syn- 
kopische Rhythmus  ist  filr  das  Bewußtsein  denüich  von  dem  ent- 
spieehenden  einfachen  renchieden,  nibnlich  komplizierter;  dag^en 
lind  Phasennnteisehiede  der  Tonschwingnngen,  alao  aneh  jener 
unbewußten  Erregungswellen  fUr  das  Bewußtseha  der  Konsonanz 
Oilcr  Dissonanz  gleich^Ultij?.  Hohenemaer  gibt  zu,  daß  eiu  echter 
RliVlhmiis  durch  synkopi^ciiu  Verschiebungen  erheblich  veriindert 
wird;  aber  er  beruhigt  sich  bei  der  Möglichkeit,  daß  >e8  sich  auf 
dem  Gebiete  des  unbewußten  Rhythmus  anders  Yerhalten  könnte 
als  auf  dem  des  bewußten«. 

Oh  Schwingungsmaxima  der  unbewußten  Erregungswellen  perio- 
diseh  koinsidieren  oder  nichti  davon  dnrf  wie  wir  sehen,  die  Seele 
niehti  merken;  sie  hat  indessen  nach  Hohenemser  (a.a.O. 91  ff.) 
die  Ffthigkeitf  jeden  Erregangsroigang  eines  Tones  mit  HUfe  der 
rascheren  Errangen  dnes  höheren  in  vier  gleiche  Tdle  zu  zer- 
legen, genau  za  halbieren  und  dergleichen. 

Lipps  selbst  liißt  in  seinen  neueren  Arbeiten  die  Analogie  des 
bewußten  Bbythmos  mehr  zarBoktreten  (9, 10].  Wie  »der  Rhythmus 
in  der  Region  des  unbewußt  Psychischen  sich  ausnehme«,  könne 
niemand  wissen.  Das  Wort  »Rhythmus«  bedeute  ihm  in  dieser 
Frage  nicht  mehr  als  >die  Art  des  Ablaufs  eines  \ Orirunges,  die 
Art  der  Fol^re  oder  des  Wfi  hsels  seiner  Momente«.  Die  Khythnieu- 
tbeorie  setze  im  Grunde  nur  eines  unbedingt  voraus:  die  Möglich- 
keit, daß  dem  unleugbar  vorhandenen  Moment  der  Übereinstim- 
mung zwischen  den  objektiren  Reizen  harmonischer  Töne  irgend- 
ein irgendwie  zu  denkendes  Moment  der  Obereinstimmung  in 
den  zngehürigea  nnbewoßt  psyohisehen  oder  letzten  physiologiBehen 
Prozessen  enispredie«.  —  Diese  MOgliehkeit  ist  in  der  Tat  nur 
bestiaitbar  und,  was  die  ^ysiologisehe  Seite  der  Sache  angeht, 
anob  als  das  WahrseheinlichBte  Toranssnsetzen.  Anf  die  f^rage 
des  unbewußt  Psychisehen  komme  ich  am  Ende  dieses  Kapitels 
zurück. 

Die  letzte  gegen  Stumpf  ^^cricUtcte  Darstellung  legt  in  ihrem 
positiven  Teile  das  Hauptgewicht  auf  die  Dauer  der  Perioden, 


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222 


Felix  Knieger, 


innerhalb  deren  ein  jrlcicharti^r  Ablauf  unbewnßter  Vorgänge  sieb 
Tollzieht.  Da«  Cbarakteristiacho  der  Konsonanz  besteht  dann  in 
der  relativ  kurzen  Zeitdauer  dieser  unter  sich  ^leichartigeu  Perioden, 
in  der  Schnelligkeit  und  Unmittelbarkeit  ihrer  Aufeinanderfolge. 
Ähnlich  betont  Hohe Tiem 8 er  EiiMiiiiiien&saend  (40,84),  »daß  der 
Theorie  znfolge  in  einem  ZasammeDkUmg  KoDflonanz  besteht,  so- 
fern AnBtQfie  der  einen  Reihe  mit  eolehen  der  andern  In  regel- 
m&Bigen  ZeitabatSnden  anBammentreffen,  Diflflonanz  dagegen,  aofem 
die  innerhalb  dieser  ZeitahstHnde  erfolgenden  AnatOfie  beider  Beihen 
meht  zBBaiDmentreffen,  nnd  dafi  die  Seele  ^e  Tendenz  hat,  die 
einmal  begonnene  Tfttigkeit  fortsoBetaen . . .«  —  In  irgend  welchen 
Zeitabständen  treffen  nattlrlich  bei  jedem,  auch  dem  komplizier- 
testen S(  hwiii^^uiigsverhältnisse  Tonanstbßi  der  beideu  Keihen 
regelmäßig  zusammen  und  wiederholt  sich  genau  der  gleiche  Ab- 
lauf. Eb  ist  nls  )  die  relative  Gruße  dieser  Zeitabstände  gemeint 
Wollte  man  sich  aber  hierauf  beschränken  —  einschließlich  jener 
psychischen  Trügheitstendenz  —  so  wäre  a.  B.  1:7,  1 : 13  oder 
1 : 12  konsonanter  als  1  :  16,  n.  dergl. 

Der  Mnsiktheoretiker  Polak  hat  kurzlieh  mit  grafiem  FleiSe 
die  Haaptgeaetze  der  Akkordlehre  nnd  der  Tonalitftt  aas  der  Lipps- 
sehen  llieorie  abznleiten  Terancht,  indem  er  das  Zeitmoment,  d^  h. 
die  relatiTe  Daner  der  periodisch  wiederkehrenden  gleichartigen 
GeaamtTOigänge  in  den  Hittelpnnkt  rUckte  (85).  Ein  Akkord  iat 
danach  nm  so  konsonanter,  je  kleiner  die  relative  Freqnenzzahl 
seines  höchgten  Tones  ist,  je  häufiger  in  der  gleichen  Zeit  alle 
Schwill  LH  iiiTäreihen  periodisch  zusammentreffen.  Aber  uaturgcuuiÜ 
wird  Polak  immer  wieder  zu  dem  Zugeständnis  gedrängt,  daß 
offenbare  Tatsachen  des  musikalischen  Bewußtseins  dem  wider- 
sprechen, daß  noch  andere  psychische  Momente  herangezogen 
werden  mtlssen  (S.  11,  46,  öl,  120),  und  er  selbst  arbeitet  tlberall 
mit  völlig  heterogenen  Faktoren,  wie  logische  Faßlichkeit,  Sym- 
metrie, Ldigerang  and  niaprItngUcher  Charakter  der  Intervalle. 

Sieherlich  ist  Lipps  k^eawegs  geneigt,  adne  Theorie  anf  die 
relaÜTen  Zeitabstlinde  der  Koinzidenzen  einznsebrSnken.  Es  mnBte 
aber  bei  dem  gegenwärtigen  Stande  der  Diskaasion  aasditteklich 
gesagt  werden,  daß  nicht  etwa  anf  diesem  Wege  die  oben  aaa- 
einandergesetzten  Schwierigkeiten  zn  Tcrmeiden  sind. 

Die  systematische  Einheitlichkeit  der  Lippsschen  üieorie  nnd 
ihre  vorwärtstreibende  Kraft  liegt  —  abgesehen  von  der  reinlichen 


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DUfeNostÖne  und  Konscnuns. 


223 


Abgrenzung  des  psychologischen  gegen  das  physiologische  Problem 
—  gerade  in  ihrer  konkreten  Ausgestaltung,  in  der  Hypothese, 
daß  die  den  Tonempündungen  »za  gninde  liegenden«  psychigchen 
Vorgänge  rh^ihmisch  verliefen,  rhythmisch  im  eigentlichen  Sinne, 
und  daß  sie  wie  bewußte  Rhythmen  wirkten.  InBonderheit 
sdbien  dueh  die  Analogie  des  fihytiunns  ^nm  ersten  Male  die 
MUgfiehkeit  gegeben,  die  Geftthlstaisaelien  der  Konsonanz  und 
Dissonana  psyehologisoh  an  begreifen.  Irre  ieb  nieht»  so  ist  diese 
Seite  der  Bhyfhmentfaeorie  ihren  Yertreteni  selbst  die  wesent- 
liebste;  und  sie  .wird  theoretiseben  Wert  behalten,  Mßk  wenn, 
wie  ich  glanbe,  die  ganze  Lehre  von  den  unbewußten  Tonerre- 
gnngen  fallen  muB.  lu  den  pefllblsmiißigen  Wirkungen  vor  allem 
besteht  eine  empirische  Analugiti  zwischen  Rhythmus  und  Konso- 
nanz. Der  psychologische  Zusammenhang  der  beiden  E^8cheimlDL^-- 
gruppen  ist  wahrscheinlich  verwickelter,  als  die  Rhythnientbeorie 
ihn  beschreibt;  schwerlich  erleben  wir  einfach  parallel  den  einzelnen 
Tonschwingungen  mikropsychische  Rhythmen.  Aber  schon  der  Hin- 
weis anf  den  tatsächlich  hier  bestehenden  Zusammenhang  nnd  der 
vielseitig  dnrohdaohte  Lippssehe  Versuch  einer  ErkUbnuig  wird 
Teihttten,  daB  man  die  Frage  naeh  dem  Gefühl  der  Eonsonans 
ignoriere  oder  mit  physlologisehen  Sehlagworten  abfertige;  er  wird 
die  Biychologie  antreiben,  den  Znaammenhang  empirisch  weiter 
an  verfolgen. 

Znr  Frage  des  »Unbewußten«  im  Tongebiete. 

Gelegentlich  einer  seiner  letzten  Veröffentlichungen  fordert 
Lipps  mit  Recht,  daß  die  Kritik  seiner  Konsonanztheorie  zwischen 
dem  allgemeinen  Prinzip  und  meiner  spezielleren  Ausdeutung  unter- 
scheide (9,  28).  Jenes  Prinzip  wird  am  allgemeiusteu  dahin  for- 
mniiert,  daß  der  Übereinstimmung  in  den  physikalischen  Schwin- 
gnngsverhältnissen  irgend  eine  Übereinstimmang  in  den  zugehörigen 
psyohischen  Vorgängen  enh^reehe.  Was  nnn  die  bewußten 
psjehisohen  Erlebnisse  betriffi,  —  Uber  die  fireiUeh  die  Rhythmen- 
theorie  hinausgeht  —  so  ist  es  nidbt  nur  eine  »natBrliehe  Ver- 
mutung«, sondern  eine  Tatsache»  daß  alle  Konsonanzen  unter 
sieh  und  alle  Dissonanzen  unter  sieh  fttr  das  Bewnfitseln 
etwas  Übereinstimmendes  habend).  Ebenso  liegt  auf  der  physi- 

1)  Es  muß  hier  auf  einen  Dopiielsinn  des  Wortes  >Cbcrein8timmung< 
hingewiesen  werdeo.  Wenn  Lipps  z.  B.  (10,  20  und  vielfach  ähnlich;  sagt: 


224  f'ela  Kru«ger, 

kftliiehen  Seite  ein  paiaUelee  Moment  der  Ol>ereiiiitlmmiiiig  in  der 

relativen  Einfachheit  der  Schwingangsverhältnisse.  Die  Frage  ist, 
wie  jüiic  bewulite  Übereinstimmung  und  ihre  Abstufan^^eu  psycbo- 
logisch  zu  erklären  siüd.  Stellen  wir  nur  fest,  daß  die  grüüere 
oder  gering-ere  Einfachheit  der  rniitln  matisch-phyBikalischen  Ver- 
hältnisse durch  irgend  weUiic.  iles  Naiveren  unbekannte  Mittel- 
glieder hindurch  den  bewußten  Eindruck  der  Konsonanz  bezw. 
Dissonanz  bedinge,  so  entfernen  wir  nns  allerdings  nicht  von  all- 
gemein  anerkannten  fiinaiohten  der  Physik  und  Psychologie;  aber 
damit  aDein  kommen  wir  auch  nm  keinen  Schritt  tlber  Deseartee, 
Leibnis  und  En  1er  binans,  die  im  Gründe  eben  dies  gelehrt  ind 
allee  Weitere  onbeatimmt  gebuMien  hatten. 

Aber  Lipps  nimmt  noch  eine  Bestimmung  in  sein  allgemeines 
Prinzip  auf,  die  sich  keineswegs  von  selbst  Teisteht:  jene  Bfit- 
tolglieder,  die  Triger  der  zn  eridärenden  Übereinstinmmng,  seien 
psychischer  Natur,  und  weiter,  sie  seien  unbewußt  Das  Erste 
wird  von  Stumpf  und  vielen  anderen  bestritten,  die  im  Gegen- 
teil behaupten,  das  ursprüngliche  Konsonanzbewußtsein  lasse  sich 
psychologisch  nicht  weiter  zurückilihren,  und  seine  Erklärung 
mUsse  der  Physiologie  ausschließlich  Uberlassen  bleiben.  Ich  deu- 
tete bereits  an,  daß  ich  in  dieser  Vorfrage  Lipps  und  der  älteren 
Theorie  zustimme,  nnd  werde  dies  im  systematischen  Teile  der 
Torliegenden  Untersuchnng  durch  Tatsachen  nnd  den  Yersndi  ihrer 
theoretischen  Yerbmdnng  begründen.  Denn  nnr  so  kann,  hier  wie 
ttbeiall,  das  Recht  der  psychologischen  FhigesteUnng  und  Hefhode 
bewieaen  werden.  Worin  ieh  aber,  mit  der  Hehizabl  der  Psyeho- 
logen,  Ton  der  Lippsseben  Theorie  prinzipiell  abweiehe,  das  ist 
der  znletit  erwfihnte,  von  Lipps  mit  besonderer  E<nt8chiedenheit 
vertretene  Gmndsatz,  wonach  die  Bewußtseinstatsacben  der  Kon- 
sonanz auf  etwas  seiner  >«atur  nach  Unbewußtes  zurückgeführt, 


>Für  mich  ist  die  Konsonanz  eine  Art  der  Übercinstiiniüttng,  und  diese  Über- 
einstimmong  ist  die  Bedingung  der  Lust«,  —  ao  bezeichnet  er  diunit  etwas 
ganz  Anderes,  Eonkreteree,  nimlieh  die  von  Ihm  imh.  der  Analogie  des 
Shythmus  gedeuteten  Besidrangen  der  BegelmlOIgkeit  Bwisdien  den  von 
ihm  hypoetaaierten  Elementen  eines  jeden  einzelnen  konsonanten  Er- 
lebnisses. Dfijre^en  bcJeutet  das  Wort  > Übereinstimmung«  im  iretrenwilrtifrcn 
ZusamTuenliauge  uiclitö  weiter  als  die  gar  nicht  näher  bestimmte  Ähnlich- 
keit aller  Gesamtcricbnisse  der  Konsonanz  ontoreinander  und  ebenso 
der  IKiaonens.  Nur  diese  Ähnlichkeit  iit  eine  onmittelbar  gewisse  Tetesehe; 
jene  »rhjthmisehe  Obereinstinmniigc  igt  Lipps*  Hypothese. 


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DifferenztOne  oad  Koinonamt. 


225 


durch  dessen  Eigrenschafteu  und  Verhältnisse  erklärt  werden  müß- 
ten. Es  wäre  mm  scbliinm,  wenn  die  Theorie  der  Konsonanz 
nicht  weiter  k<>nnte,  ehe  das  viclverschlnngene  Prolileiu  des  ün- 
bewnßten  allfcemciu  befriedigend  gelöst  wäre.  Vicimeiir  ist  zu 
hoffen,  daß  gerade  die  sorgtUltige  und  vororteilsfireie  Beaohreibiing 
der  akustischen  Tatsachen  einige  Ordnung  in  diese  G^egeiuAtBlich.* 
keit  der  Meinungen  (über  das  Unbewußte)  bringen  kann,  —  deren 
Vertreter  ja  £Mt  samtlieh  auf  ErlebniflBe  des  GehOrs  sieh  se 
benifen  pflegen. 

Lipps  lietont  oft,  das  Unbewnfite  In  dem  ▼on  ilun  vertietenen 
Sinne  Äm  Wortes  spiele  sebon  in  den  einfachsten  seeliaelieii  Vor- 
gängen seine  maßgebende  Bolle;  als  der  eigentliehe  Träger  aller 
psychischen  Bewegung  könne  es  hi  keiner  genauen  und  vollstän- 
digeu  Bcsciircibaüg  irgend  cmes  psychischen  Tatbestandes  friilcn; 
es  werde  vielmehr  allenthalben  implicite  mitgedacht,  und  wo  einer 
nur  das  Wort  nicht  liebCi  unter  anderen,  verschleiernden  Bezeich- 
nungen eingeftlhrt. 

Als  Beispiel  dient  ihm  das  Yerschmolzenseiu  mehrerer  Töne  zu 
einem  Klange  (9,  6Ö0].  Ist  die  »Verschmelzung«  beim  Hören  des 
Klanges  TOllständig,  so  finde  ich  im  Bewußtsein  keine  Hehrheit 
vor,  sondern  nnr  einen  angeteilten  Empfindangeinhalt  Kon  kami 
ich,  ohne  daß  der  phystkaliscbe  SeliallTorgang  sich  ändert,  nnter 
gewissen  sabjektiven  Bedin^ongen  {der  Anfinerksamkdt]  die  ein- 
seinen TOne  gesondert  aas  dem  Klsnge  »beraasbSren«.  leb  sage 
daher,  die  Teiltltee  mnn  aneb  vor  der  Analyse  sehen  in  dem 
Klange  enthalten,  nieht  nnr  physikaliseh  in  der  objektiven  Schall- 
bewegung, sonderu  auch  psychologisch:  in  dem  psychischen  Er- 
lebnis des  Klanges.  Und  doch  war  dieses  der  Voraussetzung 
gemäß  streng  einheitlich,  enthielt  ftir  das  Bewußtsein  keinerlei 
unter.scbicdLiie  Teilempüudungen.  Also,  schließt  Lipps,  wnreu 
die  Empliudungen  der  Teiltöne  in  dem  nicht  analysierten  Klaug- 
eindruck unbewußt  vorhanden,  als  unbewußte  Empfindungen. 
Klanganalyse  ist  »Bewußtwerdung  unbewußter  Voigängec  Ahn- 
lieh beschreibt  Lipps  den  einfaeben  Fall  des  nnanalysierten  Zwei- 
klanges,  der  doch  subjektiv  analyi^ert  werden  kann  (a.  a.  0. 660): 
»Zwei  T5ne  mttfite  iob  in  h(}ren  erwarten,  weil  [?]  die  ihnen  ent- 
spreohenden  objektiTen  Bedingmigen  gegeben  sbid;  leb  würde  sie 
auch  woU  bOren,  wenn  zugleich  gewisse  subjektive  Bedingungen, 
beispielsweise  die  Bedingungen  der  Anfmerksamkeit  erfiUlt  wären. 


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226 


Felix  Kruegei, 


Da  aber  diese  letzteren  niclit  erfttllt  sind,  so  tritt  an  die  Stelle 
der  MeMeit  ftr  mein  BewnBtsein  etwas  Anderes  und  rdatiT 

Isüues,  nämlich  die  Einheit  des  Klanges«. 

Hier  ist  treffend  darauf  hiij;:( wiesen,  wie  ich  zu  dem  Urteil 
komme,  daß  die  beiden  Teilenii  tinilungen  schon  in  dem  unanalj- 
sierten  Gesaniterlebnis  des  Klnup^cs  psychisch  irgendwie  enthalten 
seien:  ich  erwarte,  unter  bestimmten  rein  subjektiven  Bedingungen 
sie  ftlr  sieh  za  erleben,  gesondert  vorzufinden.  Wie  komme  ich 
aber  zu  dieser  Erwartung?  Offenbar  nur  durch  gewisse  bewußte 
Merkmale  des  gegenwärtig  Wahrgenommenen  nnd  durch  d^  darin 
gelegenen  Hinwos  anf  frühere  £rfahrongen  einer  bewußten  snb- 
jektiven  Analyse.  leh  erlebte  zu  wiederbolten  Halen  bei  ent- 
spreehender  Änderung  der  Anfmerksamkeitsriobtimg  den  Ober- 
gang  einer  ähnlichen  nngeteilten  Klangwabmehmung  in  die  (mehr 
oder  weniger  denfUebe}  Uebrbeit  der  Teilempfindnngen  und  om- 
f?ekehrt  Das  Kontinuierliche  dieses  Überganges  und  ebenso  die 
Aliuiicbkeit,  die  tlle  seine  Phasen  für  mein  Bewußtsein  verbindet, 
kommt  bei  Lipps  zu  kurz. 

Es  ist  ferner  irreführend,  wenn  er  au  der  citierten  Stelle,  und 
sonst  mehrfach,  mein  Wissen  um  die  objektiven  Verhültuisse  in 
deu  Vordergrund  stellt.  Dieses  physikalische  Wissen  kann  völlig 
fehlen,  und  doch  jene  ansschlaggebende  Erwartung  auf  Gmnd  der 
subjektiven  Erfahrung  da  sein.  Aach  ntttzt  mir  das  Wissen  nm 
die  physikaUsehen  Verhältnisse  nichts  ohne  diese  snbjektiyen 
Erfisbrnngen.  Wenn  ieb  z.  B.  ein  bestimmtes  spektrales  Bot  nnd 
ein  bestimmtes  Grün  gleiehzeitig  auf  meine  Netzhaut  wirken  lasse, 
sodaB  ieb  ein  rdneSi  Tellig  einbeitlicbes  Gelb  sebe,  so  darf  ieb 
keineswegs  erwarten,  dnreh  Andemng  snbjektiTer  Bedingungen 
die  physikalischen  Komponenten  dieses  Gelb  als  Rot-  nnd  Grtin- 
cmpfiudang  gesondert  zu  erleben.  Ich  finde  es  auch  als  Psycho- 
loge nicht  notwendig,  ja  nicht  einmal  sinnvoll,  anzuuehmen,  daß 
der  so  eüLstiiiulcneu  Gelbempfindung  zwei  unbewußte  Empfindun- 
gen, de?  Krtea  und  des  Grünen,  >zu  gnmdc  lägen«.  Dagegen 
scheint  mir  die  objektivistische  Art,  wie  Lipps  teilweise  die  akn- 
stisohen  Tatsachen  beschreibt,  notwendig  zu  dieser  Konseqnens  za 
führen;  weshalb  auch,  nebenbei  bemerkt,  seine  Konsonanztheorie 
den  Einwand  nieht  tlberzengend  abznwebren  Termag,  daß  im  Ge- 
biete der  Farben  die  Einfaebb^t  der  SebwingnngSTerbältnisse 
keinerlei  Harmonie  bedingt 


.  j     .  >  y  Google 


DifferenztOne  und  Konaonaio. 


227 


Der  Lippssche  Be^riflf  des  Unbewußten  geht  über  das  Gebiet 
der  psychologischen  Erfahrung  hinaus;  er  enthält  mehr  als  eine 
Znsammenfassnng  psychischer  Tatsachen,  nämlich  zugleich  eine 
rein  hypothetische  d.  h.  nn verifizierbare  Deutung  dieser  Tatsachen 
nach  physikalischen  Analogien.  Das  beweist  die  konkretere  Faa- 
BQDgi  die  Lipps  den  nnliewiißten  Tonempfindongen  zun  Zweeke 
seiner  Eonsonanstheorie  gibt  Danaeh  sollen  sie»  wie  wir  sahen, 
ans  nnbewoBten  Einzelerregnngen  sieh  gBHaminmisetgen,  welche 
anbewnBten  Erregnngen  an  Zahl  nnd  Ablan&weise  den  einzelnen 
physikalischen  Tonsehwingungen  entsprächen.  Fttr  diese  Kon- 
struktion finde  ich  in  der  Erfahmng  keinen  Anhalt,  noeh  weniger 
eine  Notwendigkeit.  Sie  ist  auch,  wie  ich  noch  genan<9)'  positiv 
zu  zeigen  hoffe,  nicht  notwendig  zum  Begreifen  der  Klanganalyäe 
und  -Verschmelzung.  Hierbei  handelt  es  sich  um  tatsächliche  Zu- 
sammenhänge, über  die,  so^vcit  wir  sie  bisher  zn  erörtern  hatten, 
im  wesentlichen  nur  ein  Streit  der  Nameng;ebuDg  herrscht.  Aber 
Lipps  redet  hier  wie  im  Falle  der  »mikropsychischen«  Erregungen 
von  unbewußten  psychischen  Vorgängen  und  gibt  damit  demselben 
Terminus  zwei  sehr  verschiedene  Bedentangen. 

Der  Usteisehiedy  anf  den  es  mir  gegenwärtig  ankommt,  besteht 
nieht  in  einem  GrttBer  nnd  Kleiner,  niebt  darin,  dafi  die  unbewuß- 
ten Erregungen  als  letzte  Elemente  angesehen  werden,  ans  denen 
die  unbewußten  Empfindungen  z.  B.  zweier  Töne  im  unanalysier- 
ten  Zusammenklang  sich  erst  zusanmiensetzen.  Sondern:  im  einen 
Falle  (Beispiel  der  Klangverschmelzong)  haben  wir  es  mit  einer 
verilizierbareu  Theorie,  d.  h.  mit  einer  Beschreibung:  von  Tatsachen 
zu  tun,  —  im  anderen  nicht.  Allerdius:s  spielt,  wie  wir  sahen, 
die  traiiäjeinpirische  Bedeutung  des  Wortes  »unbewußt«  bei  Lipps 
auch  in  die  Beschreibnng  jener  Tatsachen  hinein.  Ferner  versteht 
Lipps  zuweilen,  auch  in  akustischen  Zusammenhängen,  unter 
nnbewnßt  dasjenige,  wovon  ich  mir  »keine  Rechenschaft  gebe«, 
was  ich  nicht  beurteile,  namentlich  nicht  als  Psychologe  beur- 
teOe.  Danach  wäre  z.  B.  ein  bewußt  gesehenes,  deutlich  von 
seiner  Umgebung  untersehiedenes  Blau  doch  insofern  »unbewußte 
ab  ieh  nicht  sngleleh  »mir  bewußt  bin«  oder  das  »Bewußtsein« 
habe,  d.  h.  urteile:  ieh  sehe  Jetzt  blau. 

Niehl  ans  Abneigung  gegen  das  Wort,  sondern  um  der  Ein* 
dentigkeit  der  Begriffe  willen  werde  ich  daher  im  folgenden,  wo 
es  sich  um  psychische  Tatsachen  handelt,  den  mißverständlichen 


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228 


Felix  Kroeger, 


Antdrack  »nnbewiißt«  ganz  vermeiden.  Dabei  bin  icb  dnrehaas 
überzeugt,  daß  keine  psychologische  Theurie  bei  dem  im  Bewußt- 
sein fttr  sich  Gegebenen  und  Uuterschiedenen  stehen  bleiben 
kiiim.  Wo  ich  darüber  auf  Grund  der  Tatsachen  hinanszugehen 
iiabe,  werde  ich  von  »verschmolzenen^  oder  »ungeßchiedenen« 
Teilen  des  Bewußtseinsinhaltes  reden.  Ich  versuche,  den 
empirischen  Sinn  dieses  Begriffes  an  dem  schon  henuigesogenen 
Beispiel  der  Klangverschmelzung  zu  erläutern. 

Einem  musikalisch  wenig  Geübten,  der  nichts  von  Tonsehwin- 
gnngeiii  ObertOnen,  überhaupt  von  Akustik  weiß»  gebe  ieh,  ohne 
daß  er  hinseben  darf,  die  beiden  einfaekoi  objekttven  TOne  e 
und  e<  tfhgleieh  an.  Der  höhere  dieser  OktaventOne  mag  objekti? 
sehwieher  sein  als  der  tieÜBre.  Hein  Beobaehter  uteilt:  »ein 
Ton«.  Idi  fordere  ihn  auf,  genau  hinzuhören,  eh  nicht  der  »Ton« 
aus  mehreren  zusammengesetzt  sei,  vielleicht  aus  zweien ;  nötitren- 
falls  gebe  ich  zwi^ichendurch  c  und  c*  einzeln  an;  vielleicht  aus 
diesen  beiden?  Der  rrefra^e  stellt  seine  Aufmerksamkeit  so  ein, 
wie  er  zu  tun  pflegt,  wenn  er  in  einem  Tongemisch  verschiedene 
Töne  unterscheiden,  wenn  er  lerner  zwei  Töne  der  Höhe  nach 
vergleichen  will.  (Wie  solche  »Einstellung  der  Aa&nerksamkeit« 
zustande  kommt,  braucht  hier  nicht  erörtert  za  werden,  ebenso- 
wenig, warum  die  gesonderte  Wahrnehmung  des  c  und  des  die 
Analyse  erleichtert)  Es  entgeht  meiner  Versuchsperson  nicht,  daß 
der  in  Frage  stehende  Emdmck  e-hc^  qaalitatiT  etwas  verschieden 
ist  Yon  dem  allehi  yoigelegten  o  wie  anch  von  c^.  Schließlich  er- 
kennt er,  daß  2  TSne  in  dem  Klange  »enthalten«  seien.  Hiermit 
begnttgo  ich  mich.  Ich  lasse  nunmehr  den  Zweiklang  ununter» 
brochen  fortklingen.  Der  HOrende  findet,  daß  die  beiden  unter- 
schiedenen Tiine  zeitweise  wieder  zusamnieiilliclk'n,  nnuuterschcid- 
har  werden;  dann  gelingt  es  ihm  wieder,  sie  auBeinandcrzuhalten. 
in  diesem  Falle  erlebt  er  keineswegs  im  Vergleich  mit  jenem,  der 
vollständigen  Verschmelzung,  etwas  »völlig  Neues«  —  wie  Lipps 
9,  550]  betont.  Er  erlebt  einen  bald  rascheren,  bald  langsameren 
Wechsel  kontinuierlich  ineinander  übergehender  Bewußtseins- 
zustände;  er  merkt  die  Abhängigkeit  dieses  Wechsels  von  der 
wechselnden  Sichtung  und  Anspannung  seiner  Aufmerksamkeit; 
er  hat  endUch  gleichzeitig  das  Bewußtsein  einer  nahen  und  eigen- 
artigen Ähnlichkeit  aller  dieser  ZustSnde  untmnaader.  Es  ftUt 
ihm  daher  nicht  ein  zu  sagen,  daß  »der  Klang«  sieh  lodere; 


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DiffBremtOne  und  KonBonans. 


229 


Bondem  er  urteilt:  ich  höre  immer  imd  hOrte  Ton  vomhereiD  zwei 
gleichzeitige  Töne,  die  nur  nicht  ganz  leicht  auseinander  zu  halten 
flind.  PBychologifloh  betrachtet,  weehselt  hier,  onter  anderem, 
der  EmpfindongSEiiataiid  des  Hörenden.  Kamenflieh  sind  die 
extremen  Fülle:  der  Tollstttndig  gelnngenen  nnd  der  ▼aUstSodig 
unterbleibenden  Analyse  erheblioh  voneinander  versehieden. 

Ich  sage  nnn:  im  zweiten  Falle  —  der  ToUstliadigen  Ver- 
sclimelzuDg  —  sind  (neben  vielen  anderen)  zwei  Teilinhalte,  =  c 
uiid  =  c\  im  Gesamtbcwußtüeiu  des  Beobacliters  entbiikcu, 
über  »verschmolzen«  oder  > ungeschieden In  dem  Gesagten  ist 
schon  eingeschlossen,  daß  es  Grade  der  Veröchmelzung  oder  der 
Untersoliiodenbeit  gibt.  Der  Ausdruck  »Gmde  des  Bewußtseins« 
oder  der  »BcwuUtheit«  wird  immer  dem  Spraciigefühl  zuwider- 
laufen, mehr  noch  dem  GefUhi  des  kritischen  Kenners  gewisser 
historisch  vorliegender  Theorien.  Lipps  hat  sich  wiederholentlich 
entsohieden  gegen  diesen  Ansdnick  verwahrt  Aber  er  mafi  dooh 
im  Falle  der  Analyse  von  einer  »BewnSt werdung«  sprechen,  — 
ein  neuer  Grund,  den  Gegensals  »bewufit— unbewußt«  hier  ttber- 
banpt  nicht  einsufthren.  Vorgänge,  die  »ihrer  Natur  naeh  un- 
bewuBt«  wUren,  konnten  auch  niemals  bewnfit' worden.  Wir 
brauchen  aber  einen  wissensehalllidien  Ausdruck  fUkt  den  be- 
wußten,  in  der  Zeit  verlaufenden  Übergang  des  unaualysierteu 
Ganzen  in  seine  Teile,  und  umgekehrt,  —  wie  er  soeben  beschrieben 
wurde.  Gelegentlich  bezeichnet  Lipps  das  alhnäblielie  Heraus- 
hören von  Teiltönen  au8  einem  Klange  kurz  durch  den  8ntz-  »Die 
Aufmerksamkeit  bewirkt,  daÜ  Touieize  sich  mit  gewisser  Energie 
zu  selbständigem  Bewußtsein  durcharbeiten«  (7,  134).  Diese 
Ausdrucksweise  nithert  sieh  der  hier  vertretenen;  nur  daß  ich 
statt  »Tonreise«  vorsiehe  su  sagen:  »versdimolzene  (akustische) 
Teile  des  BewufitMinflInhalis«. 

Es  ist  ja  richtig,  daß  ein  solcher  »Teil«  vor  aller  Analyse,  also 
bei  vollstindiger  Yersohmelzung  mir  nicht  in  der  Weise  ge- 
geben ist,  die  man  —  auf  grund  mannigfacher  Abstraktionen  —  als 
»bewuftfe  Elnzelempflndung«  bezeiehnet.  Sicherlich  ist  mein  Em- 
pfindungsinlialt  vor  der  Analyse  ein  teilweise  anderer  als  danach. 
Aber  es  besteht  ein  gesetzmäßiger  pflychischer  Zusammenhang 
zwischen  den  Stadien  der  Yerschmekung  und  der  Analyse.  Nor 


1)  T,  Kap.  UL  Vgl.  Zeitiehr.  f.  PiyohoL  Bd.  8  (1805],  mt 


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230 


F«Iiz  Knieger, 


dieser  von  jedennauu  erfahrbare  ZoBammeiibaii^^  psychischer  Tat- 
sachen rechtfertigt  den  Begriff  der  nn geschiedenen  Teile  des 
Bewußtseinsinhaltes  oder  —  um  dieselbe  Sache  noch  anders  ans- 
svdrttcken  —  des  nnanalysierten  Komplexes.  Der  Ausdruck 
»imanalysieTfeer  Komplex«  beieielmet  begriffUeh  genau  denselben 
ErfidinrngSEOsammenliangy  wie  der  der  »ongesehiedenen  Teile«, 
nur  ron  einer  anderen  Mte  gesehen,  Tom  Standponkie  des  kon- 
kreten Gänsen,  dem  die  Teile  angefahren.  Gewiß  ist  mir  Tor  jeg- 
Hoher  Analyse  der  Komplex  nicht  im  Sinne  einer  Hehrheit  nnter^ 
Bchiedener  Teile  gegeben.  Aber  ich  bezeichne  das  Erlebnis  des 
unauaU feierten  Klanges  als  »Komplex«,  weil  ich  ans  Erfahmng 
weiß,  daß  eg  unter  gewissen  subjektiven  Bedingungen  regelmäßig, 
bewußtermaüeu  und  kontinuierlich  in  das  andere  Erlebnis  der  ge- 
sondert wahrgenommenen  Tciltöne  Ubergeht  So  oft  das  wirklich 
gesohieht,  habe  ich  das  unmittelbare  Bewußtsein  dieses  Über- 
ganges nnd  dieses  Znsanmienhanges.  Wenn  ich  ans  einem  anfangs 
ganz  einbeitlieben  Klange  einen  Teilton  heianshOre,  so  besteht  der 
unmittelbar  erlebte  Zusammenhang  der  beiden  BewoBtseinBiustiiide 
nieht  nur  in  der  Erinnerung  an  den  soeben  stattgefondenen  Ober- 
gang; der  neue  Empfindnngsinhalt  selbst  ist  qfualltatiy  ein 
anderer,  als  wenn  leh  den  herausgehörten  Ton  allein  empfände. 
Der  innerhalb  des  Komplexes  wabi^nommene  Tefl  »ist  nunmehr 
nicht  der  einzige  Inhalt  unserer  Gehörsempfindnng,  sondern  erscheint 
deutlich  untersclAeden  von  einem  gleichzeitigen  Klau^liiuter- 
grund,  über  welchem  er  mwissermaßeu  zu  schweben  scheint,  und 
der  seinerseits  eine  gewisse  Ähnlichkeit  mit  dem  vorher  gehörten 
einhe'.tlicheu  Khinge  aufweist«^).  Dieselbe  Ähnlichkeit,  die  sich 
naturgemäß  zunächst  zwischen  den  Gesamterlebnissen  im  Ver- 
lauf einer  Analyse  offenbart,  verrät  sich  für  den  GeUbten,  d.  h. 
deigenigen,  der  die  £rfalurung  mehrerer  Klanganalysen  besitzt, 
schon  beim  Hören  eines  noeh  völlig  einheitlichen  Klanges:  in  der 
Klangfarbe >).  Es  ist  deshalb  eine  halbe  Wahrheit,  wenn  Lipps 

1)  Cornelius  26,  144. 

2)  Diese  Ähnlichkeit  ,die  Ähnlichkeit  in  dieser  bi  :'timuiten  >IIin8icht«'i 
fehlt,  wenn  nur  ein  einzelner,  einfacher  Ton  gegeben  ist  und  dieser  etwa 
objektiv  Mine  H^fhe  ändert»  meh  wein  die  iUderung  konti&uierHeh  gesehiebt, 
und  als  soldie  toh  mir  wabigenommen  wird.  Es  fehlt  hier  femer  die  Be* 
Ziehung  zu  analogen  Erfahrungen  einer  subjektiven  Analyse.  Ich  erwarte 
daher  in  tliescni  Falle  nicht,  durch  Änderung  der  AnfmerksaiDkeitsbedin- 
gungen  eine  gleichzeitige  Tonmehrheit  wahrzunehmen,  und  urteile  nicht,  daß 


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DifferenztüDe  uud  Koasonauz. 


231 


betonti  Im  Stadium  der  yoUatttadigen  Venclmielzmig  sei  »fti  WMet 
Bewnßtniii  Jede  Mehrheit  yon  Tönen  absolnt  verloren«,  der  Inhalt 
der  yerechmolBenen  Tonempfindnngen  sei  >fttn  Bewnfitaein  in 
keiner  Weise  yorhanden«  (9,  550,  551),  oder:  »statt  daß  ieh  mir 
zweier . . .  yersehiedener  TOne  bewn&t  bin,  findet  sieh  in  meinem 
Bewußtsein  nur  die  eine,  jede  solche  Verschiedenheit  ans- 
schließeude  Tonqualität,  die  ich  als  Klang  bezeichne«  (S.  560;. 
Für  den  einigermaßen  Geübten  schließt  vielmrl  r  die  eigentumliche 
niid  bekannte  Qualität  des  Klanges  das  Vorhaudensein  verschie- 
dener (uDgeschiedcner)  Teile  ohne  weiteres  ein.  Nnr  läßt  sich 
dieser  bewußte  Tatbestand  mit  dem  Lippsschen  liegriöe  unbe- 
wußter Empfindungen  erschöpfend  schlecht  beschreiben.  Dem 
ydllig  Ungeübten  ist  mit  einem  einheitlichen  Klange  noch  nicht 
der  Hinweis  anf  die  mdgliohe  Analyse  gegeben;  aber  aneh  er  em- 
pfindet (bei  normaler  Konsfitaticm)  den  ohaiakteristiscfaen  Unter- 
schied der  Elangfiirbimg  zwischen  einem  ein&cheni  einseln  gehörte 
Ton  nnd  einem  Klange;  nnd  dareh  weitere  Erfahmngen  in  der 
Elanganalyse  —  erwirbt  er  eben  nach  nnd  nach  die  Vorbereitang 
und  damit  die  Erwartungsnrteile  eines  »Geübten«. 

Innerhalb  gewisser  Grenzen  kt5nnen  hier  wie  Uberall  eigene 
Erfahrungen  durch  Erfahrungen  mulerer  ersetzt  werden.  So  wird 
im  folgenden  oft  von  Teilemptindnugen  die  Rede  sein,  die  in 
Zweikläugeu  enthalten  sind,  —  obwohl  sie  von  vielen  noch  niemals 
als  solche  wahi^enommen  oder  erwartet  worden.  Aus  meinen 
eigenen  und  einiger  anderer  Beobachter  experimentell  geregelten 
Analysen  darf  ich  schlieBen,  daß  jeder  Normalhörende  unter  den 
angegebenen  Bedingtmgen  diese  Teile  bewußtermaßen  miterlebt, 
aneh  wenn  er  sie  nicht  gesondert  wahrnimmt 

Sehließlieh  wiederhole  ieh,  daß  mein  saehlicher  Widersprach 
gegen  das  »Unbewnfite«  inLipps*  Konsonaaztheorie  sieh  im  wesent- 
lichen gegen  die  spezielle  Ausgestaltung  dieser  Theorie  richtet: 
gegen  den  Begriff  der  an  sich  unbewußten  (mikropsychischen) 
ErregnntrcM,  die  jeder  Tonenipfiudung,  den  gesondert  vvalir- 
genoüiiiicuen  wie  den  verschmolzenen  zu  gründe  lägen  i).  — 


die  Buccesfsive  wahr^cnoinineae  Mannigfaltigkeit  von  Tönen  in  dem  anfäng- 
Ucben  Erlebnis  irgendwie  enthalten  sei. 

1)  Aach  einer,  von  Lipps  smrdlen  angedenteten  Obenetmiig  diMer 
»anbewoßten  Etngangen«  ins  PhyeiologUehe,  als  aervf^ae  Elementar- 
▼oigilagB,  kann  ich  nicht  snathnmen;  ebiinal  ans  phyrioloKieefaen  Grttnden, 


oiy  ii^uo  uy  Google 


232 


Fdix  Siii«g«r, 


Dap:c£:en  ist  es,  wie  gesagt,  mehr  eine  FrafTf  dir  Niimengebung, 
ob  mau  von  »unbewußten«  Voretclliiurren  oder  lieber  von  tct- 
Bcbmolzenen,  angeschiedenen,  nicht  gesondert  wahr!rpnommenen 
Teilinhalten  dM  Bewofitaeiiis  sprecheu  will,  wo  es  sieb  um  Elemente 
liandelt,  die  sngestindenermaBen  bei  bloBer  Ändenmg  der  Aufhierk- 
flamkeÜBbedingaDgen  bewußt  {in  jedem  Sinne)  walugenommen 
weiden,  nnd  deren  Dasein  aneh  ohne  dies,  s.  B.  im  Falle  der  7o1U 
sttndigen  Tonrecscbmelzaiig  den  Inhalt  dea  Bewafttseins  tataidilieh 
bestimmt  Ana  den  angegebenen  Grttnden  eraeheint  jedoeh  der 
Anadniek  »anbewnBt«  aneh  in  dieser  eingesciirinhten,  psydioio- 
gischen  Bedeutung  als  nnzweckmäüig  und  vervnrread. 

m.  Stnnipfs  Verschmelxnng'stheorie^}. 

Die  Lchreu  Stuujpls  über  Konsonanz  nnd  Dissonanz  bilden  kein 
prinzipiell  ab^^eschlossenes  System.  Sie  j:rün(ien  sieh  auf  eine  selir 
genaue  und  umfassende  Kenntnis  der  einschlägigen  Tatsachen,  der 
historischen,  der  musikalischen,  der  experimentell  aknstiseben  Be- 
funde, und  beschränken  sich  fast  durchweg  auf  die  zusammen- 
fassende Besehreibnng  Ton  Tatsachen.  Wir  haben  darauf  in 
späteren  Znsammenhängen  yielfaeh  surttekzugreifen');  zunächst  soll 
nur  das  Wesentlichste  henrofgehoben  werden. 

Die  Helmholtzische  Znrttckftthmng  der  Erscheinungen  anf  die 
Oberttfne  und  Schwebungen  bekämpft  Stumpf  beinahe  mit  den- 
selben Gründen  wie  Lipps.  Auch  darin  stimmt  er  mit  Lipps 
tiberein,  daß  der  l Jiteri^ehied  der  Konsonanz  und  Dissonanz  »iu 
den  beiden  Tönen  selbst  liegen«  müsse,  die  wir  kouBonant  oder 
dissonant  uennen.  Da^cfren  lehnt  er  die  Theorie  der  Schwinfrunirfi- 
rhythmen  mit  ilireni  Kekurs  auf  das  Unbewußte  ab  und  fordert  em 
in  der  bewußten  Empfindung  gegebenes  Merkmal  der  Unterschei- 
dung zwisehcn  Konsonanzen  und  Dissonanzen.  Dieses  unter- 
scheidende Moment  findet  er  in  der  Verschmelzung  gleich- 
zeitiger Töne. 

Verschmelzung  ist  fttr  Stumpf  »dasjenige  Verhältnis  zweier . . . 
Empiindungsinhalte,  wonach  sie  nicht  eine  bloOe  Summe,  soudem 


deren  Erörterung  nicht  hierher  gehOrt;  snm  snderan  deihslb,  veil  Konsonsus 
und  Dissonanz  mir  eine  beliiedl^nde  Zorilekfldminp  auf  einfachere  pej- 

ehische  Tatsachen  zn  jrpstaffen  ."«cheinen. 

1)  S.  besonders  13  H  und  17. 

2)  S.  nameatUch  Abschu.  C,  Kap.  III,  3. 


DUretenstOne  imd  Komonaia. 


238 


ein  Ganzes  bilden.  Die  Folge  dieses  Verhältnisses  ist,  daß  mit 
höheren  Stufen  deaaelben  der  Gesamteindrack  sich  unter  sonst 
gleichen  Umständen  immer  mehr  dem  einer  Empfindung  nftbert 
und  immer  sehwerer  analjsiert  wird«  (18  II,  128).  Im  besonderen 
Ulbert  sich  der  Zusammenklang  zweier  TOne  »bald  mehr,  bald 
weniger  dem  Eindruck  eines  Tones,  und  es  zeigt  sich,  daß  dies 
um  so  mehr  der  Fall  ist,  je  konsonanter  das  Interrall  ist  Andi 
dann,  wenn  wir  die  Töne  als  zwei  erkennen  nnd  auseinander- 
halten, bilden  sie  doch  ein  Ganzes  in  der  Empfindung,  und  dicscö 
Ganze  erscheint  uns  bald  mehr,  bald  weniger  einlieitlieh«  (17,  35). 
Hier  bezeichnet  also  »Verschmelzung«  keineswegs,  wtw  wir  im 
vorigen  Kapitel  darunter  verstanden,  das  Gegenteil  oder  den 
Mangel  der  Analyse.  Stumpf  gibt  dem  Worte  eine  speziellere 
nnd  zum  teil  engere  Bedeutung;  er  hat  wiederholt  und  ans- 
drttcklich  die  Gleiohsetznng  der  Begriffe  Verschmelzung  und 
»Nicbtonterscheidmigc  znrtti&gewiesen  (neuerdings  17,  43).  Diese 
Verschmelzimg  fUlt  aiieh  mcht  einfach  ztsammem  mit  der 
Schwierigkeit  der  Analyse.  Es  gibt  zaUreiche  ganz  ?er- 
aohiedene  Faktoren,  die  die  Analyse  eines  Empfindtingskomplexes 
erschweren  (13  II,  8  23;  17,  S.  43,  79;  18,  11).  Aber  die  Ver> 
echmelznng  Im  Bbam  Stumpfe  Ist  einer  dieser  Faktoren.  Es  be- 
steht eine  konstante  Beziehung  zwischen  ihr  und  der  Mehrheits- 
erkenntnis. Unt«r  sonst  gleichen  Bedingungen  wächst  nämlich, 
nach  Stumpf,  die  Scliwirrigkeit  der  Analyse  eines  Zosamnicn- 
klauges  mit  dem  Grade  seiner  »Verschmelzung«;  es  wädist  damit 
z.  H.  bei  Zweikiäugeu  die  Neigung,  sie  als  numerische  Einheit 
anizofassen,  sie  unmittelbar  als  »einen  Ton«  zu  beurteilen. 

Stumpf  gab  zahlreichen  unmnsikalisehen  Personen  Zweikllinge 
za  hOren,  die  in  der  Mnsik  yorzngsweiBe  gebraneht  werden,  roa 
mittlerer  Tonlage,  simtlieh  innerhalb  einer  Oktave  gelegen,  nnd 
forderte  sie  anf,  naeh  dem  nnmittelbaren  Eindniek  zn  urteilen,  ob 
sie  einen  oder  zwei  TOne  wabntthmen.  Das  Ergebnis  war,  daft 
das  erste  Urteil  (Einheitsnrteil)  durebsebnittlieh  am  häufigsten  bei 
der  Oktave,  nftehstdem  bei  der  Quinte  geflUt  wurde  u.s.  f.,  kurz: 
um  so  häufiger  ^  je  einfacher  das  Schwingungsverhältnis ,  je  kon- 
sonantcr  der  Klang  war.  Mit  musikalisch  Geübten  lassen  sich  die 
Versuche  in  solcher  Form  nicht  durchführen,  weil  die  selbst  bei 
der  Oktave  fast  iinincr  die  Zwoiheit  der  Tone  erkennen.  Diese 
Beobachtungen  sind  seither  mehriach  naehgeprttit  und  im  wesent- 

ArokiT  fir  PvckolofU.  L  10 


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234 


Felix  Knieg«r, 


liehen  bestätigt  worden.  Bei  gleicher  Fragestellung,  unter  sich 
gleichen  Klangfarben  und  ähnliehen  Stärkeverhältnissen  der  Töne 
ergab  sich  ftlr  die  den  Umkreis  einer  Oktave  nicht  ttberschrei- 
tenden  Intervalle  der  Musik  stet«,  gleiciiviel  ob  es  sieb  durch- 
weg nm  obertonreiche  oder  um  naheza  einfache  Töne  bandelte, 
die  gleiche  Stufenfolge,  wenn  man  sie  nach  den  Prozentzahlen  der 
Eiiiheitsiirteile  ordnet*].  Insonderheit  darf  die (abeteigende)  Reihe: 
Oktare — Quinte  —  Quarte,  Tenen  and  Sexten  —  Septimen,  in 
diesem  Sinne  als  gesichert  gelten. 

Stumpf  &Bt  seine  Veisnohseigehnisse  dahin  lUBammen,  daß 
»jedes  der  untersuchten  Interralle  als  solches  einem  mSehtigen 
konstanten  Einflüsse  in  Hindoht  der  Leichtigkeit  seiner  Analyse 
unterworfen  ist«  (18  II,  168},  und  genauer  (3.  149),  daß  sich 
»der  Analyse  eiü  ^Taduell  abgestuftes  Hindernis  entgegenstellt, 
welches  um  so  stärker  ist,  je  kleiner  die  Vriliältiiiöse  der  Scbwin- 
gungent*).  Einflüsse  der  Übung,  der  GetUiile,  der  Obertöne  nu  l 
Schwebungen  weist  Stumpf  als  Erklärungsgrtinde  Uberzeugend 
zurUck.  I>ie  absolute  Toudistanz  kann  jedenfalls  für  die  Keihc: 
Oktave — Quinte — Quarte  und  gr.  Terz  nicht  in  Betracht  kommen. 
Und  so  fuhrt  er  fort:  »Dieses  Hindernis  kann  kein  anderes  sein 
als  die  Verschmdzung«. 

Aber  der  Begriff  der  Yerschmelsung  ist  hiermit  für  Stumpf 
keineswegs  eisohöpft;  er  stellt  nicht  nur  einen  zusammenfassenden 
Ausdruck  dar  für  die  soeben  mitgeteilten  Yersudiseigebnlsse,  wo- 
nach die  untersuchten  Intervalle  an  sich,'d.  h.  unter  sonst  gleichen 
Bedingungen  um  so  eher  als  »ein  Ton«  beurteilt  werden,  je  klei> 
nere  Zahlen  ihr  Scliwingungsverliiiltnis  ausdrücken.  Die  Verschmel- 
zung zweier  Töne  soll  vielmehr,  wie  die  Konsonanz,  be3tehen 
bleiben,  wenn  die  beiden  Töne  dentlieh  nntersehicden  werden,  ja 
sie  soll  erst  dann,  also  bei  vollkommener  Analy^-r,  \\\t  die  Wahr- 
nehmung Uberhaupt  vorhanden  sein.  Des  weiteren  sind  nach 
Stumpf  alle  musikalischen  Intcrsalle  »in  erster  Linie  durch  den 
Verschmelzungsgrad  festgelegt«  (17,  69).  Und  ?or  allem:  die  Ver^ 

1]  Vgl.  RUlpo  [4ft,  894f.);  Faist  [81);  Meinoag  und  Witaaek  (SSi; 
ZuflunineiifasBong      Stampf  (IS).  D«»i  Buchs  'M)  Venndie  »ohne  Ana* 

lyae«. 

2)  Die  letzte  Bestimmung  jrilt  nnttirlich  nur  iintor  doni  Vorboluilte  der 
Schwelle;  sehr  kleine  Verstimmungen  der  Intervalle  iindera  nichts  an  der 
lieihonfolge  der  »Verschmelzungsgrade«.  Vgl.  a.a.O.  137;  dazu  Faist  31, 
129f.  —  Heiiiong  und  Witasek  89,166. 


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IKfltBraatttne  und  Komonans. 


235 


Bchmelzong  iat  ihm  daa  wesentliche  ttnterscheidende  Merkmal  der 
Konsonanz. 

Fragen  wir,  waa,  abgesehen  von  jenen  Beobaehtnngen  an  Un- 
mnaikaliaehen,  TätsSehlicliea  Uber  die  TonTereohmelziuig  «usoaagen 
iflt,  flo  yerweisl  Stumpf  anf  andere  ilUle  einer  mangelnden  oder 
ersebwerton  Unteraeheidimg  konaonanier  TOne.  Di  der  Hnaik  wer- 
den Oktayenyerdoppelnngen,  anefa  mefarfiudiei  nodi  als  nniaono 
empfunden,  ja  Quinten-  und  Qnartenpandlelen  kommen  yor,  ohne 
als  Zweistimmigkeit  bemerkt  zu  werden.  Auf  der  Orgel  haben 
sich  die  Mixturenregiater  mit  ihreu  theoretisch  Uberliü8bi^t!U  oder 
falschen  Harmonien  eingebürgert  und  behauptet  (13  II,  140, 179  f.). 

Solche  Beispiele  ftlhreu  üu6  Uber  das  Ergebnis  der  Verschmel- 
zwigSFersnoho  nicht  hinaus;  sie  illustrieren  nur  die  zunehmende 
»Schwierigkeit  der  Analyse«  bei  den  höheren  Graden  der  Kon- 
sonanz, ohne  sie  weiter  zurttckzuf Uhren. 

Stumpf  definiert,  wie  die  anfangs  zitierten  Sätze  zeigen,  die 
Tonyenohmelznng  in  erster  Linie  dnroh  ein  Merkmal  des  C^eaamt- 
eindmeks:  die  relatiye  »Einheilliehkeit«  der  konaonanten  Klänge. 
Je  einfacher  das  SohwingnngsyerWtnis»  nm  so  einkeitlicber  erseht 
der  Zusammenklang,  nm  so  entschiedener  trSgt  er  den  Charakter 
eines  xnsammengebOrlgen  »Ganzen«.  Diese  Tatsache  ist  schon  den 
Alten  aufgefallen;  sie  wird  durch  die  Selbstbeobachtung  Stumpfs 
und  anderer,  uamcutlich  musikalisch  geschulter  E.\perten  bestätigt. 
Man  kann  diese  mit  dem  Konsonanz^rade  zunehmende  Einheit- 
lichkeit der  konsonanten  Zusammenklänge  jederzeit  an  jedem  be- 
liebigen Instrumente  wiederfinden >).  Sie  wird  von  Stumpf  eben- 
falls auf  die  >  Verschmelzung«  zurückgeführt. 

Viele  Kritiker  haben  dieses  Merkmal  des  Stumpfsohen  Ver- 
BchmelzungsbegriflfiBS  nicht  genügend  berücksichtigt,  wozu  der  in 
der  Psychologie  sonst  ttbliche  Spracbgebraach  mag  bdgetragen 
haben;  ihm  folgend  nnd  die  Versnche  mit  den  Unmnsikalischen 
▼oitogswrase  beachtend,  identifizieren  sie  immer  wieder  Stumpfs 
»VesBchmelzung«  mit  »Nichianterscheidnng«  oder  »Schwierigkeit 
der  Analyse«  nnd  haben  es  dann  leicht,  die  Venchmelxnngstheorie 
ad  absurdum  zu  ftlhren.  Auch  Lipps  und  Buch  sindyon  diesem 
Fehler  nicht  freizusprechen  (10,  6  f.  ;  34  passim^  Andere  wiederum, 
wie  Natorp  (23,  7b7,  789)  und  Kliipu  ^4^,  oüüj,  legen  mehr  Ge- 


1)  NihttieB  darttber  ün  folgenden:  C,  III,  2  b  und  3. 

16» 


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FeUz  Krwgw, 


wicht  auf  das  der  Selbstbeobachtung  entstammende  Moment  der 
»Einheitiiclikeit«  und  finden  dann,  Stumpfs  Konsonanztheorie 
leiste  nicht  viel  mehr,  als  daß  sie  bekannte  Tatsaebeu  mit  neuen 
Namen  benenne;  die  Stafen  der  Harmonie  als  »Stufen  der  Ver- 
schmelzung <  . 

Der  wirklich  schwache  Punkt  der  Theorie  scheint  mir  darin 
xa  liegen,  dafi  Stampf  aelbst  die  beiden  sehr  yerschiedenen  Merk- 
msle  seines  VenehmelziingsbegriilbB  ~  die  Einbeililiolikeit  der  Kon- 
sonanzen im  Gesamteindniek  und  die  »UnvoUkommenheit«  ihrer 
Analyse  —  nieht  hinreiebend  aoseinanderhlttt;  daß  er  andeieiseiti 
zwischen  diesen  beiden  (Ton  ihm  psychologisch  mcht  weiter  analy- 
sierten) Tatsftebenkomplexen  keinen  ab  notwendig  einlmlitenden 
Zusam m en h anp  h e rstc  11 1, 

Die  Verschiedenheit  der  beiden  Erscheinuup^s reihen  iat  offenbar. 
Sie  wird  am  besten  dadnrch  beleuchtet  daß,  ^\'\v  Stumpf  wieder- 
holentlich  betont.  Hie  VerHchiiielzuug  als  >Eiiili('itli(  hki-it«  für  das 
Bewußtsein  unvermindert  fortbesteht,  nachdem  die  Analyse  voll- 
ständig gelangen  ist.  Aber  eben  jenes  >Empfindang8verhältnis<,  das 
aach  dann  noch  übrig  bleibt,  wenn  ich  die  konsonierenden  TOne 
ganz  deathcb  antersoheide  and  jeden  fUr  sich  wahrnehme,  be- 
zeichnet er  als  »UnToUkommenbeit«  der  Sonderang  oder  Analyse; 
und  er  ist  einverstanden  mit  der  von  Lipps  wiederom  foimolierten 
allgemeinen  Definition,  »Yerscbmelzang  sei  ünTOllkommenheit  der 
Analyse«  (13  n,  127  f.,  193;  17,  45).  Des  öfleien  erlftotert  Stupf 
die  Yersehmelzong  als  AnnSbemug  an  den  Ehidmek  eines  Tones 
oder  an  den  Einklang.  Diese  Wendungen  sind  aber  doppeldeutig; 
sie  bezeichnen  einmal  die  qualitative  Einheitlichkeit  des  Gesamt- 
eindmoks  und  zugleich  die  »wirkliche  Toneinheit«,  wie  sie  nur 
fUr  den  bp««teht,  dfr  dio  Mehrheit  der  Töne  gar  nii'ht  niitt  rs(  heidet 
Die  Verschmelzung  wird  zunächst  als  qualitative  Eiuheitliciikeit  des 
Gesamteindrucks  beschrieben.  Aber  dieses  Ergebnis  der  Selbst- 
beobachtnng  soll  »bestätigt«  werden  durch  die  Statistik  Uber  die 
Einheitsurteile  der  UnmosikaUscben,  ans  der  doch  nach  alleni,  was 
Stampf  darüber  sagt,  nnr  die  Schwierigkeit  oder  das  UnterbleibeD 
der  Analyse  bei  den  Konsonanzen  berroigehl 

Die  nomenscbe  Einheit  (=  Eänsbeit)  konsonanter  Znsammes* 
kUinge  besteht  nicht  ftü*  di^emgen,  die  der  TOllstlindigen  Analyse 
fUhig  sind.  Die  qnafitatiTe  Einheitlichkeit  wird  nach  Stampf  ertt 
bemerkt  oder  wahrgenommen,  nachdem  die  Analyse  vollzogen  ist; 


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DiffbieflstSne  und  KonsoBgm. 


237 


sie  sei  auch  keineswegs  venirsacht  durch  die  Schwierigkeit  der 
Analyse.  Diese  schwindet  Datttrlich  mit  zunehmender  Ühnng;  da- 
gegen BoU  die  Yersehmelzang  als  EinheitliGfakeit  von  der  indivi- 
duellen Übung  nnabhSngig  sein  (18  n,  211).  leb  finde  bei  Stumpf 
keinen  psyehologischen  Zusammenhang  zwischen  dieser  Einheit- 
liebkeit  und  jener  Einbdt  Er  bezeichnet  beide  Phänomene  als 
»Folgen«  der  Yerschmelznng.  Was  ist  denn  nun  die  Yenclanel- 
zung  selbst? 

Diese  Frage  wird  immer  wieder  mit  dem  einfachen  Hinweise 
anf  die  beiden  erwähnten  Folpreerscheinungeu  der  >  Verschmelzung« 
beantwortet.  Wie  sich  diese  ausnehmen,  »muß  man  eben  hören«. 
Sie  sind  so  wenig  weiter  zurUckfÜhrbar,  eine  einlaciie  Farben- 
empfindong.  »Was  es  in  Wirklichkeit  damit  auf  sich  hat,  daß 
Empfindungen  ein  Ganzes  bilden  und  sich  mehr  oder  weniger  dem 
Eindmek  einer  Empfindung  nMhem,  das  kann  man  zuletzt  doch 
nnr  ans  nnd  an  Beispielen  lernen«.  Die  Yerschmelznng  seihst  ist 
fttr  Stumpf  ein  psychologisch  »nicht  weiter  ahleithaces  Gnmd- 
▼erhaltnls«  wie  die  Ähnlichk^t  einfischer  Empfindungen  {13  II,  128; 
71,  44,  49).  Eine  wirfcliehe  Erklärung  sei  nnr  anf  der  physiolo- 
gischen Seite  möglich;  »die  Ursache  der  Yersehmelzung  ist  eine 
physiologische«. 

iiier  macht  Stumpf,  ohne  selbst  soDderlichcs  Gewicht  darauf 
zu  legen,  den  bekannten  Vorschlji^^  »spezifischer  Synerfrieu«,  d.h. 
bestimmter,  in  der  Hirnstruivtur  Gründender  Arten  des  Zusammen- 
wirkens je  zweier  nervöser  Gebilde  (13  II,  214).  Kr  will  damit 
nicht  mehr  aussprechen  als  ein  physiologisches  Postulat.  Wäre 
es  auch  erfüllt,  gelänge  es  einmal,  »die  chemischen  oder  moleknlar- 
ehemischen  Voi^änge  in  der  Hirnrinde,  worauf  die  TonTerf^chmel- 
zung  bemht,  aufe  genaueste  anzugehen:  so  muA  man  auch  nicht 
meinen,  daB  wir  mit  dieser  sogenannten  ,ZurttclEftlhrang*  des  Psy- 
ehisdien  au&  Physisehe  Uber  die  Natur  der  TouTersehmelzung 
irgendwie  kitiger  geworden  wären«.  Wir  könnten  dadurch  keines- 
wegs  »das  Wesen  der  Yerschmelzungserseheinungen  selbst,  den 
Eindmek  der  Oktave,  der  Quinte  dir  das  BewnBtsein,  in  wdehem 
die  Empfindungen  doch  allein  als  solche  existieren,  naucr  und 
verständlicher  beschreiben.  In  diesem  Sinne  kann  man  Bcwußt- 
feeinserscheinnnjren  nur  aus  sich  selbst  verstehen«.  Aber  eben  mit 
BezuL'  auf  dieses  psychologische  Verständnis  spricht  Stumpf  sein 
bekannt  gewordenes  non  liqnet  aus:  »Es  scheint  überhaupt  nicht, 


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238 


Felix  KriMger, 


daß  wir  im  stände  sein  werden,  den  Verechmelzungsbegriff  tiefer 
oder  verständlicher  zu  fassen,  als  indem  wir  die  Verscbmelznn^ 
als  das  VerkattpftMin  zweier  EmpfindaDgeinhalte  2tt  einem  Ganzen, 
oder  als  EinheitUehkeit,  als  Annihernng  des  Zweiklanges  an  den 
Einklang  besdhreiben«  (17,  44,  fiOiF.;  18  II,  211ff.). 

Der  rein  fatsieUiche  Zasammenbang  swiseben  der  Einbeitlieb- 
keit  der  Konsonanzen  und  der  »Scbwierigkeit«  ibrer  Analyse  (ge- 
messen an  der  relativen  Häufigkeit  der  Einheitsnrteile  von  Un- 
musikalischeu)  lie^^t  mitUrlicb  darin,  daß  beide  innerhalb  gewisser 
Grenzen  mit  dem  Grade  der  Konsonanz  zu-  und  Mhnebmen.  Dieser 
ParallelismuH  bedeutet  uicht  die  Lösnnir  des  Konsouauzproblems; 
aber  in  ihm  steckt  das  Problem.  DaB  es  sich  hier  nicht  um  ein 
zufUlliges  Zusammentreffen  handelt,  wird  jedermann  als  wahr- 
scheinlich einräumen.  Die  Frage  ist  nur,  ob  eine  weitere  psycho- 
logische ZurUckftlhrung  müglich  ist.  Diese  Frage  glaube  ich  be- 
jahen za  dürfen,  obgleich  aach  fllr  mich  die  Tonversebmelning  im 
Sinne  der  qualitattven  Einbeifliehkeit  des  Mehrklanges  ein  Empfin- 
dnngsTerbSltnis  bedentet 

Die  ErUärnngen  der  Konsonanz  ans  ObertOnen  nnd  deren 
Schwebnngen  stehen,  wie  wir  sahen,  mit  entooheidenden  Tal- 
sacben  in  Widerspruch.  Lipps'  Hypothese  der  unbewnBten 
iSt'liwingungsrhythmeü  gestattet  keine  konkrete  DurchfUhruug  oder 
VerifikMiion,  und  ihre  Zulässigkeit  ist  aus  prinzipiellen  Gründen 
bedcuklich.  Dac-Cfrcn  scheint  mW  Stumpfs  Verschmelzungstheorie 
nicht  sowohl  sachlich  nnztitretiend,  als  vielmehr  unvollständijr  zu 
sein;  und  sie  kann,  wie  irh  m  zeigen  hoffe,  in  einfacher,  boihe- 
digender  Weise  weiter  gciUhrt  werden. 

Gelingt  es,  die  Tatsachen  psychologisch  begreiflicher  za  maeben, 
die  Stampf  nnter  dem  Begriff  der  Tonverschmelzong  zasanunen- 
faSt,  so  wird  damit  ohne  Zweifel  zoglelch  das  Problem  der  Kon- 
sonanz semer  Lttonng  niher  gebracht  Indem  wir  dies  yersnchen, 
werden  wir  zn  prüfen  haben,  wie  weit  tatsSchfich  nicht  nnr  die 
Einheitliehkeit  des  Gesamteindmcks,  sondern  auch  die  Schwierige 
keit  der  Analyse  mit  dem  Qrade  der  Konsonanz  parallel  geht 
(s.  C,  m,  3).  Soweit  dieser  Parallelismus  wirklich  besteht  muß 
unsere  Auffassung  vom  Wesen  der  Konsonanz  sich  daran  be- 
währen. Daß  er  in  gewissen  Fällen  nicht  besteht,  muß  aus  den- 
selben psychologischen  Voraussetzungen  als  notwendig  erwiesen 
werden. 


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DifferenztOne  und  KonBonanz. 


239 


B.  fragesteüang. 

Die  T«laachen  der  KonBonanz  und  DiBsonanz  sind  so  mannig- 
faltig, dafi  es  Ton  vonikeiein  aoasiehtsloa  eneheint,  sie  einer  all- 
mnfiMaenden  Formel  nntenmordnen.  Das  pgycliologiBehe  Problem 
txitt  bei'  genauerem  ZvBefaen  sofort  in  mehrere  besondere  Fragen 
aoseinander,  die  zwar  sicberlieh  niclit  ohne  inneren  Zoaammen- 
liang,  aber  ebenso  gewiß  anch  nicht  identisch  shid.  Wir  müssen 
das  Intervall  urteil  vuu  dem  unmittelbaren  Bewußtsein  der 
Koüsouauz  oder  Dissonanz  unterscheiden  und  in  diesem  wiederum 
die  Empfinduugsmerkmale  und  die  zugeliörigen  Gefühle  aus- 
eiaandprhfiltpn.  Erst  nach  ihrer  Scheidung  und  gesonderten  Be- 
arbeitung haben  wir  Aussicht,  zu  begreifen,  wie  die  angedeuteten 
Erscbeiniingsgrappen  psychologiseh  zusammenhängen. 

I.  Wahrnehmung  nnd  Geftthi  der  Konsonanz. 

Dem  naiven  Beobachter  drängt  sieb  wie  Überall)  so  anch  bei 
akustischen  Erlebnissen  am  stilrksten  nnd  nmnittelbarsten  der  Un- 
terschied der  GeftthlsfHrbung  auf :  gewisse  Zusammenklänge  wirken 

angenehm,  midcrc  uuau^'cuohm.  Seit  Jahihunderteu  bits  in  die 
neueste  Zeit  stellten  auch  die  Theoretiker  der  Konsonanz  dieses 
Merkmal  in  den  Vordergrund.  Noch  heute  pflegt  die  Musiktheorie 
und  mit  ihr  die  Natnrwissengchaft  den  Untersciiicd  zwischen  Kon- 
sonanz und  Dissonanz  geradezu  durch  den  Gegensatz  der  Auuehm- 
Uchkeit  und  Unannehmlichkeit  zu  definieren.  Selbst  Helmholtz 
unterschied  nicht  die  Konsonanzwahrnehmnng  von  dem  Konsonanz- 
gefllhl;  seine  psychologische  Analyse  dieser  Dinge  zielt  fast  ans- 
BchlieAlich  darauf  hin,  das  Unangenehme  der  Dissonanz  begreifUeh 
an  machen.  Und  noeh  die  feinidnnige  Bhythmentheorie  Ton  Lipps 
leidet  an  der  äathetisohen  Einseitigkett,  zuerst  nnd  zuletzt  die  Oe- 
fiüdsunterschiede  erklären  zu  wollen  —  mit  Überspriugung  der 
etwa  vorhandenen  Unterschiede  des  bewußten  Empfindungsmate- 
rialb.  Uic  uubtstinimten  Wcuduugen  des  >  Augemutetwerd«  us  = 
oder  »Zumuteseinö*,  die  bei  Lipps  und  den  Anhängern  seiner 
Theorie  eine  große  Rolle  spielen,  sind  g:eeignet,  die  Grenzen  inner- 
halb der  Fragestellung  zu  verwischen.  Aber  Lipj)«  bestreitet  frei- 
lich uberliaapty  daß  in  den  bewußten  Empfinduugsinhalten 
der  Konsonanz  nnd  Dissonanz  ein  charakteristisoher  Unterschied 
zu  finden  sei.  Jene  Verschiedenheiten  der  Anmutnng,  worin  allein 


Üigiiizeü  by  <jüOgIe 


240 


Felix  KriMger, 


die  EigenBehaften  der  vnbewiißten  Vorgänge  Bieh  dem  BewnfitKm 
verraten  Böllen,  redozieien  Bieh  daher  anf  die  VerBehiedenheitea 

des  Geftiblseindrucks;  sie  wären  aber  unter  der  genannten  Vor- 
aussetzung: erapiriscbi-psychologisch  nicht  weiter  zurtickfUhrbar. 

Ea  iät  das  Verdienst  vStnmpfs,  die  Frage  nach  denEmpfin- 
dangsmerkmalen  der  Konsonanz  von  allen  Gf fllhlsfragen  scharf 
gesondert  zu  hal)en.  Er  betont,  daß  Konsonanzen  abstoßend  und 
Dissonanzen  von  großer  Schönheit  in  künnen,  je  nach  dem  musi- 
kalischen Zusammenhang  (17,  31).  ^un  liandclt  es  sich  in  solchen 
Fällen  zweifellos  am  komplizierte,  durch  Erfahrung  bedingte  ästhe- 
tiBche  Gefühle,  ebenBO  wie  bei  dem  flogenannten  AnflöBimgBbedttrf- 
niB,  daB  mit  den  ursprünglichen  Geflihlen  der  KonBonanz  und 
DiBBonanz  wenig  an  tnn  hat  Man  kann  die  Interralle  in  ihrer 
psychiBchen  Wirknng  iBolieren,  nnd  dann  erBoheinen  in  der  Tat 
—  bei  Zusammenklängen  —  alle  EonBonanzen  angenehmer  als 
alle  Dissonanzen.  Ich  glaube  auch  nicht,  was  Stnmpf  andeutet, 
daß  bei  derartigen  Versuchen  die  Kacliwirkun^^  mu>*ikalischer 
Erlebnisse  immer  noch  mit  im  Spiele  sei;  denn  ich  habe  regel- 
mäßige Gefllhlsunterschiede  in  jener  UirbtTin?  auch  bei  musi- 
kalisch extrem  Un*reHbten  und  bei  jungen  Kindern  gefunden,  die 
noch  sehr  wenig  Musik  gehürt  hatten^).  Indessen  darum  ist  der 
nnniittelbare  Eindruck  der  Konsonanz  doch  nicht  identisch  mit 
dem  KonsonanzgeffthL  Er  erschöpft  sich  nicht  darin;  selbst  Un- 
moBikaliBche  können  bei  einiger  Fähigkeit  der  Belbstbeobaehtniig 
noch  andere,  nSmIich  chacakferiBtiBehe  Empfindungsmerkmale  in 
dem  GesamterlebniB  entdecken. 

Und  das  Gefühl  der  Annehmlichkeit  ändert  sidh  nicht  einmal 
parallel  dem  unmittelbaren  Bewußtsein  der  Konsonanz.  Im  Alter- 
tum wurde  die  Oktave,  im  Mittelalter  zeitweilig  die  Quinte  als  der 
schüuste  Zusammeiikhui^^  betraelitet,  und  uns  gegenwärtigen  Euro- 
päern pflegt  —  bei  isoliereudeni  Vergleichen  —  die  große  Terz  am 
erfreulichsten  zu  sein,  während  m;ni  darin  seit  jeher  einig  war, 
daß  der  Konsonanzgrad  in  der  liichtung:  Oktave-Quinte-grußc 
Terz  abnehme  (s.  Stampf  a.  a.  0.).  Bekanntlich  wurde  die  große 
Terz  erst  in  der  neueren  Zeit  nnter  die  Konsonanzen  Uberhaupt 
aufgenommen.  Man  hat  hiergegen  eingewendet,  der  Widerstand 
gegen  die  grofie  Terz  habe  sich  nicht  gegen  das  reine,  aondem 


1)  Vgl.  hn  folgenden  D. 


DiffereastOne  und  EonsonaBs. 


241 


gegen  das  tatsäeblich  verstimmte  Interrall,  die  sogenannte  pjthar 
gorftiBche  Terz  64  :  81  geriehtet  Mir  scheint  die  TOn  Stampf 
hervorgehobene  Verschiebang  des  AnnehmlichkeitQgeftlhls  trotzdem 
den  hiBtoriBehen  TatBftohen  zn  entspreolien;  denn  aneb  dem  Alter- 
tum imd  Mittelalter  war  ansere  gioBe  l^erz  4 :  5  bekannt  Aber 
wiehtiger  istt  daß  jedenfalls  in  der  Gegenwart  den  meisten  Menr 
sehen  die  große  Terz  besser  geflOlt,  auch  wenn  sie  ftlr  ihre  Wabi^ 
nefamong  den  Dissonanzen  nKher  steht  als  die  YoUkommeneren 
Konsonanzen.  Wahrscheinlich  tri£ft  Lipps  etwas  Richtiges  mit 
der  Annahme,  dat»  hier  ein  reicheres,  zuBaniinengesetzterea  Erleben 
einem  allzu  einfachen,  zn  wenig  gegliederten  vorgezof^eu  wird. 
Aber  was  das  genau  genommen  heißt,  ob  und  warum  es  sich 
tatsächlich  so  verhält,  kann  nur  durch  genaue  Analyse  des  bewußt 
gegebenen  Empfindnngsmaterials  festgestellt  werden. 

Nor  auf  diesem  Wege  ist  es  tiberbaopt  möglich,  den  doreV 
gebenden  nnd  markanten  Gefltblsgegensatz  zwischen  Konsonanzen 
and  Dissonanzen  zu  begreifen.  Daß  die  psyohologisehe  Theorie 
der  Konsonanz  aneh  diese  wunderbare  Gtegensätzliehkeit  der  6^ 
fühle  zn  erklären  hat,  ist  gewiß.  Lipps,  der  diese  Fordemng 
besonders  nnterstreieht,  seheint  mir  auch  darin  reeht  zn  haben, 
daß  StnmpfsVersehmelznngsiheoiie  ihr  nieht  Genüge  Idstei  Man 
versteht  nicht,  warum  die  Annühernng  des  Ganzen  an  einen  Ton 
oder  die  Schwierigkeit  der  Analyse  Vergnügen  bereiten  sollte.  In 
anderen  Zusammenhängen  betont  Stumpf  gerade  die  Freude  am 
Bemerken  der  Teile  eines  Komplexes.  Süllen  wir  auch  die  Ge- 
filhlsunterschiede  der  Konsonanz  und  Dissonanz  psychologisch  als 
letzte,  nicht  weiter  zurück ftlhrbare  Tatsachen  hinnehmen? 

So  notwendig  es  ist,  in  der  Fragestellnng  diese  GefUhlsnuter- 
sohiede  nnd  ihre  Grtlnde  von  den  Empfindnngsmerkmalen  der  Kon- 
sonanz zn  trennen,  wir  dürfen  doch  nicht  vergessen,  daß  das 
anmittelbare  Erlebnis  eines  konsonierenden  oder  dissonierenden 
Znsammenklanges  eine  in  dieser  Hinsieht  zunächst  nnanalysierte 
psychische  Einheit  bildet,  und  daß  die  hier  geforderte  Scheidung 
zweier  Seiten  des  Erlebnisses  bereits  das  Produkt  einer  abstrahie- 
renden Analyse  ist.  Der  konkrete  Unterschied  des  GefWhlsroomen- 
tes  von  den  Empüudungsmomeuten  des  Eindruckes  wird  neuer- 
dings zuweilen  übers«pannt,  auch  von  solchen  Psychologen,  die  die 
Geillhlsfrage  in  den  Mittelpunkt  der  Unter.suchung  stellen.  Gerade" 
die  akustischen  Tatsachen  scheinen  mir  zu  der  Auffassung  hin- 


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242 


Felix  Kraeger, 


zudräugeu,  wonach  die  (jeluhle  ^;ir  keine  besonderen  Inhalte  neben 
den  BOgenannten  »objektiven«  Inhalten  des  Bewußtseins,  noch 
weniger  besondere  psychische  »Akte«  oder  Verbaltungsweisen  sind, 
sondern:  Eigeuaciiafteu  oder  Qualitäten  des  GesamtbewuBtseioA- 
Inhaltes  <). 

Daraus  erklärt  sich  die  Möglichkeit  einer  Variabilität  des  Ge- 
ftthlflcharakters  bestimmter  Interralle :  kein  Teilinhalt  des  Bewnfit- 
9ieSxa  und  kein  Komplex  Toa  Teilinhalten  kann  yOllig  konstant 
mit  dem  gletcken  GefttUe  Terbnnden  sein,  weil  du  GefttM  jeder- 
lelt  anch  Ton  den  flbrigeni  gesonderten  wie  yersehmolzenen,  Inhalten 
dee  Bewußtseins  nnd  deren  Eigensohaflen  bestimmt  ist  Damit 
liängt  es  femer  zusammen,  daS  schon  die  populäre  Fsyehologie 
der  Unterordnung  aller  Gefühle  unter  die  Begriffe  «Lust — Unlnst« 
zu  widerstreben  pflegt,  daß  tiic  »u^^ar  von  einem  >Gef^hl«  der 
Wahrheit,  der  Zusammengehörigkeit,  der  Ähnlichkeit,  der  Bekaunt- 
heit  auch  da  redet,  wo  es  auf  Unterschiede  der  Annehmlichkeit 
gar  nicht  ankommt;  immer  handelt  ca  sich  dabei  um  Ei<:enscliaften 
komplexer  und  im  einzelnen  nicht  analysierter  Inhalte.  Es  kann 
hier  dahingestellt  bleiben,  wie  weit  diese  interessante  Erweiterung 
des  GeftÜilsbegriffes  wissenschaftlich  zweckmäßig  ist,  ob  Überhaupt 
anfier  der  Lost — Unlust  noch  andere  Qualitäten  der  Gefühle  theo- 
retisch snznlassen  sind.  Anoh  Ton  Geftthlen  der  Konsonanz  nnd  * 
Dissonanz  wird  viel&ch  in  solchem  erweiterten  Sinne  des  Wortes 
gesprochen;  nnd  wir  mttssen  daranf  achten,  ob  der  Terminus  »Ge- 
fklhl«,  anf  akustische  Erlebnisse  angewendet,  nur  die  Annehmlich- 
keit oder  Unannehmlichkeit  des  Eindruckes  und  deren  Grade 
bezeichnen  soll,  oder  ob  noch  andere  Merkmale  des  Bewußtseins- 
inluiltcri  damit  gemeint  sind*).  Tonempliiiduufxen  werden  wie  alle 
psychiscben  Einzelheiten  tatsächlich  immer  in  Komplexen  erlebt: 
nnd  Komplexe  haben  ihre  beBOuderen  Eig^ensclKifteu  über  die  Eigen- 
öchatten  ibrer  Teile  hinaus.  So  kommt  auch  jedem  wahrgenom- 
menen Zweiklauge,  abgesehen  tou  seiner  größeren  oder  geringeren 
Annehmlichkeit,  eine  charakteristische  Färbung  zu,  die  ihn  Yoa 


1)  Vgl.  Cornelias  9S,  Uff,,  SfiSff.  und  ST,  117 f.;  im  folgenden  C,  III,  2«. 

2)  So  spricht  Lipps  von  einem  »GtHÜiI  der  Einheitlichkeit,  der  Über- 
einstimmung« oder  »des  Geprenfcilg«  bolm  Ilr>ren  von  Melirkllinfren.  wie  beim 
Anblick  von  Bauwerken;  dieser  Ausdruck  »oll  aber  uiclit  bloß  ein  nefühl. 
fioudcrn  zugleich  einen  »TatbeBtand«  bezeichnen,  der  dem  Gefühl  »zu  gründe 
Hegt«  (9,  564ff.). 


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DUTerenstOne  uid  KonBoiumx. 


243 


anderen  Zosommenklängen  unterscheidet;  sie  steht,  als  Eigenechaft 
eines  Komplexes,  den  Gefühlen  im  engeren  Sinne  des  Wortes 
niher  als  etwa  die  Qualitäten  der  herausgehörten  EinzeltOne,  haftet 
aher  mit  grOfierer  Konstanz  an  den  aknstisohen  Eindrtteken  als 
die  Lnstbetonnng,  wdl  sie  nicht  wie  diese  Tom  Gesamtsostande 
des  BewnBlseinB  mithestimmt  wird. 

Im  Interesse  einer  eindeatigen  RezeiehnnngBweise  werde  ich  im 
folgendeil  deu  Begrifl'  »GelUhU  auf  die  EigeESchaftea  des  Gesamt- 
bewußtäeinsinhaltes  besehraukcn,  die  die  vergleichende  Betrach- 
taug  als  Amiebmliclikeit  oder  Unannehmlichkeit  zu  beschreiben 
hat.  Ein  psychologisches  VerstUndnis  dieser  Geftthle  im  eng^eren 
Sinne,  wie  jener  charakteristischen  Färbuii^^eu  der  Teilkomplexe 
setzt  eine  möglichst  ToUständige  Analyse  der  bedingenden  Empfin- 
dnngsinhaltc  Torans.  Deshalb  muß  diese  AnafysOi  muß  die  I^age 
nach  den  Empfindnngsmerlcmalen  der  Konsonanz  nnd  Dissonanz 
allen  Erklftrongen  der  musikalischen  Qefbhle  rorangehen. 

II.  Unmittelbares  Bewußtsein  der  Konsonanz 
nnd  KonsonanznrteiL 

Das,  so  oder  so  gefühlsbetonte,  unmittelbare  Birleben  der  Kon- 
sonanz und  ihres  Unterschiedes  von  der  Dissonanz  darf  nicht  ver- 
wechselt werden  mit  unserem  intellektuellen  Verhältnis  zu  diesen 
Tatbeständen;  mit  den  Ergebniöäeu  ihrer  verfrlcichenden  Beurtei- 
lung und  ihrer  weiteren  beprrifflich-abstrahirK mlcn  Verarheitun«;. 
Wer  das  nötige  akustische  Wissen  besitzt,  kann  z.  B.  ohne  über- 
haupt genauer  hinzuhören,  auf  Grund  der  ihm  bekannten  Schwin- 
gnngszahlen  und  sonstigen  ol^ektiTen  Bedingungen  urteilen,  er 
»hOre«  jetzt  eine  Konsonanz,  jetzt  eine  DisBonanz.  Er  bezeichnet 
▼ielleioht  ein  ohjektir  wenig  verstimmtes  Intervall  als  Dissonanz» 
obgleich  das  Dissonante  daran,  d.  h.  die  Abwelebung  Ton  dem 
Eindrucke  der  Konsonanz,  oder  die  Verstimmung  ttherhanpt,  d.  h. 
jeder  Unterschied  von  dem  einfachen  Schwingungsveihliltnis  noch 
nnterhalb  der  Merklichkeitssehwelle  liegt. 

Bekanntlich  ist  es  auch  möglich,  eine  wirkliche  Konsonanz  oder 
Dissonanz  sich  in  der  Phantasie  oder  Erinnerung  vorzustellen. 
Diese  Möglichkeit  lieruht,  wie  überall,  auf  ei^^enen  früheren  Wahr- 
nehm uniren  derselben  Art;  sie  setzt  Emphndungserlebnisse  der 
Konsonanz  und  Dissonanz  notwendig  voraus.  Man  darf  aber  keines- 
wegs erwarten,  alle  die  Teile  auch  in  der  Yorstellang  aufzufinden, 


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244 


Felix  Kraeger 


die  aus  dem  enteprecbenden  Wabniehmimgäerlebüis  sich  ber&os- 
«naljBicrcn  lassen.  Selbst  was  man  in  dem  Wahmehmanprskom- 
pleze  wiederbolt  gesondert  bemerkt  hat,  pflegt  wegen  der  Unge- 
naaigkeit  alles  Erumenis  in  die  blofie  Vorstellnng  nicht  yoUständig 
mit  einziigehen.  Was  man  aber  in  der  Wabnebmang  bisher  nie* 
mals  nnteraebieden  bat»  das  kann  unter  keiner  Bedingmg  in  dem 
Vofstellnngskomplexe  gesondert  Torgefimden  oder  ans  Üim  hersaa- 
analysiert  werden.  Das  gilt  anch  von  solchen  Teilen  des  Wahr- 
nebmimgserlebnisses,  deren  Vorhandensein  etwa  primiir  den  psy- 
chischen Unterschied  zwischen  Konsonaii/,  und  Dij?sonaiiz  bedingt 

Der  3fnsiker  oder  der  ukustisch  Unterrichtete  kann,  auch  ohne 
ein  musikuiij^ehes  Gefühl  gej^^euwärtig  zu  erleben,  urteilen:  dieses 
Intervall  »ist«  angenehm,  jenes  nnangenehm.  Solche  Urteile 
beziehen  sich  aaf  aktuelle  Gefühle,  die  unter  ähnlichen  Ikdinguogen 
früher  vorgefnnden  worden  und  deshalb  fUr  die  Znknnft  er- 
wartet werden. 

Die  Frage»  woran  man  die  Konsonanz,  einschließlich  ihrer  Ge- 
ftthlsbetonnng,  erkennt,  fiUlt  nicht  zusammen  mit  der  Frage  nach 
den  nnmittdbar  währsünehm  enden  Merkmalen  der  Konsonanz. 
Und  da  Jene  Erkenntnis  früher  gemachte  unmittelbare  Er&hmngen 
yoranssetet,  mnfi  die  zweite  Frage  dnroh  die  psychologische  Zer- 
gliedening  der  Wabmehmnngen  zuerst  beantwortet  werden.  —  Wir 
haben  am  Schhisse  dieser  Untersuchung  auf  den  objektiven  Kon- 
Konan/.begritT  und  das  begrifflich- erfahr uugsnmßige  Kousouanzurteil 
zurücl\/.ukninmcn  'D). 

Aucii  al  ::«  rieben  von  den  mittelbaren  Kriterien  der  Physik,  der 
Instrumenten  künde  u.  dergl.,  rein  uul  Grund  der  akustischen  Wabr- 
nehmong  und  der  Erinnerung  an  ähnliche  Wahmehmongen  kann 
man  ein  Intervall  als  »Konsonanz«  oder  »Dissonanz«  beurteilen, 
ohne  den  charakteristiscbeii  Eindrack  der  Konsonanz  oder  Disso- 
nanz gegenwärtig  zn  empfangen,  ohne  speziell  die  primären  Em- 
pfindungsmerkmale dieses  Eindruckes  in  der  Wahmehmnng  zn 
erleben.  Solcher  Art  sind  alle  Konsonanzurteile  ttber  anfeinander- 
folgende  Töne. 

IlL  IntervaUurteil  und  Konsonanz;  Tonfolge 
und  Zusammenklangt). 

Es  ist  bekannt)  daB  musikalisch  gettbte  Personen  das  InterraH- 

1;  Da«  Ziel  der  folgenden  Erörterungen  iat  nicht  eine  erschöpfende  Be- 


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DlfferenxtOne  and  Koiuioiiaia. 


245 


Verhältnis  zweier  einanckr  tdlL^riider  Tüue  Bebr  genau  beurteilen 
künnen,  wenn  es  sich  um  ein  in  der  Musik  häufig  gebrauchtes 
Intervall  bandelt.  Stampf  nud  Meyer  haben  f)lr  die  Oktave,  die 
Qointe  und  die  beiden  Terzen  diese  Eracheinnngen  näher  nnter- 
encht  (19).  Sie  gelangten  zu  dem  liemerkenswerten,  Bohon  von 
Delezenne  einigermafien  gemoberten  Ergebnis,  daß  die  Reinheit 
der  Oktaye  nnd  der  großen  Terz  bei  (anisteigender}  Tonfolge  sogar 
erheblich  besser  beorteüt  whrd  als  bei  Znsammenklingen.  So  er- 
kannte z.  B.  Stumpf  an  StimmgabeltOnen  der  Mittellage  eine  Yer- 
mindening  der  großen  Terz  nm  nnr  0,78  Schwingungen  in  88  Ton 
100  Fällen  der  Aufeinanderfolge  richtig  als  Verminderung,  während 
bei  Gleichzeitigkeit  annähernd  dieselbe  Zahl  richtif^cr  Urteile  erat 
durch  eine  Verkleinerung  um  4  Schwinf2:uTi{7en  erreicht  wurde.  Ähn- 
lich verhielt  es  sich  mit  der  <  »ktiive  "  46  l^cltu  3,1  Schwinijun^eTi 
Verengerung  des  Intervalls)  und  analog  für  die  Ubrigeu  Beob- 
achter (a.  a.  0.  121  f.,  129  f.). 

Hierbei  ist  zn  beachten,  daß  alle  Teilnehmer  an  den  Versuchen 
eine  anfierordentliehe  akustische  nnd  musikalische  Übnng  besaßen. 
Die  meisten  waren  fttr  Musik  kttnstlenseh  ansgebfldet,  es  waren 
Musiker  ersten  Banges  darunter,  z.  B.  die  Milglieder  des  Joachim- 
Quartettes.  Die  psyehologisehen  Bedingungen  solcher  Urteile,  so 
unmittelbar  sie  geftDt  zu  werden  sebeinen,  sind  höchst  kompli- 
ziert, und  Stumpf  selbst  lllBt  die  Deutung  der  Ergebnisse  an  mehr 
als  einem  Punkte  offen.  Er  statuiert  ein  spezifisches  >Reiuheits- 
gelühl«,  zur  Klasse  der  Lust^z-L fühle  gehörig,  als  Ursache  des  Rein- 
heitsnrteils,  betont  die  Entwicklungsfähigkeit  dieses  Gefühls  durch 
individuelle  Übung,  legt  aber  das  Hauptgewicht  auf  die  angeborene 
und  ererbte  Anlage  (S.  155  ö'.).  Jedenfalls  haben  wir  es  hier 
mit  einem  »GefUhl«  in  dem  oben  charakterisierten  weiteren  Sinne 
des  Wortes  zn  tun  Eine  vollständige  psychologische  ErklBrong 
hätte  nicht  nur  auf  die  aUgemeinen  Tatsachen  der  £rinnemng  und 
des  Wiedererkennens,  sondern  auf  die  Gesetze  der  Yerfeiuerung 
unserer  Oediebtnislnlder  nnd  der  Obong  einzugehen.  Soviel  ist 
gewiss,  dass  alle  jene  Beobachter  eine  unermeBIicke  Zahl  von 


■dmibang  der  UnteneUede  swiaohen  raeoenlrer  und  gleieladtig«r  Ton- 
mchriMit,  tondem  immer  aoeh:  die  Frsgestellttng  in  Sscheii  der  Konao' 

nanz  und  DiBsonanz,  insbesondere  die  methodisch  notwendige  oder  zweck- 
mäßige Rf'ifx  nfolge,  in  der  die  venohiedenen  hieiher  gehörigen  Fragen 
anxngreifen  Bind. 


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246 


Felix  Kraeger, 


eigenen  l^rluhruugen  über  Tonfol^en  wie  Uber  Zusammeiiklaoge 
mitbrachten;  nnd  ferner,  daß  sie  die  zu  Tage  getretene  Genauig- 
keit und  Sicherheit  ihres  Keinheitiiurteili»  nicht  erlanfrt  hätten,  ohne 
ihre  vielfälti^^en  frUhcren  WahrnehmaQgen  aller  Grade  der  Kon- 
sonanz im  Zasammenklange. 

Ich  werde  so^eioh  einige  TatBachen  der  vergleichenden  Mmik- 
gcflohichte  anführen  zum  Beweise,  daß  ohne  Erfahmnpren  an  Zu- 
BammenkläDgtti  ein  feines  nnd  sicheres  nnmittelbaies  Urteil  flher 
die  Reinheit  Ton  IhtemUen  sich  nicht  entwickebi  kann.  Nachdem 
ee  aber  enunal  dort  entwickelt  ist»  kann  ea  mit  einer  gewiasen 
SelbatSndigkeit  anf  Tonfolgen  sich  Übertragen;  and  seiner  wei- 
teren Yerfeinemng  süid  bei  ZnsammenkUlngen  psychologische  nnd 
physiologische  Sehranken  gesetzt,  die  im  Nacheinander  der  TOne 
fortfallen.  »Es  ist  nun«,  safrt  Stumpf  mit  Recht,  »die  Gleich- 
zeitigkeit ein  Hindernis  des  Urteils,  weil  dadurch  der  einzelne 
Ton  weniger  leicht  in  seiner  Eigeutümlii  hkeit  erkannt  wird.  T^nd 
je  ^^tiirker  die  Verschmelzung,  um  so  größer  das  Hindernis,  weil 
Stärker  verschmelzende  Töne  eben  weniger  vollkommeu  aasein- 
andertreten«  (a.  a.  0. 163).  Überhanpt  werden  awei  Eindrücke  »in 
jeder  Hinsieht  besser  miteinander  yeiglichen,  wenn  sie  aafeinander 
folgen  (oder  nar  dnreh  eine  ganz  korae  Panse  getrennt  sind),  ala 
wenn  sie  gleiohzeitig  shid«  (17,  58  f.). 

Bachen  wir  ein  genaaerea  VerstlUidnis  des  Versachsergebnisses, 
wonach  die  Beinhdt  von  Konsonanzen  bei  der  Ghldehsettigkeit 
schlechter  beurteilt  wnrde  als  die  entsprechenden  Tonschritte,  so 
mttssen  wir  ror  allem  fragen,  ob  denn  dem  Urteil  dort  ebenso 
gUnsti^ro  Bedingungen  geboten  waren  wie  hier.  Das  war  nun, 
auch  abgesehen  von  der  allgemeinen  Beeinträchtigung  gleichzeiti- 
ger Inhalte  durch  einander,  nicht  der  Fall.  Bei  tri  eichzeitigem 
Erklingen  zweier  Töne  entstt  heu  in  der  llberwipL^ciulen  Mehr7ahl 
der  Fälle  neben  dem  primären  Zweiklaugo  mehr  oder  wemgrer 
deutlich  noch  andere  Erscheinungen,  —  Kombinationserscheinungeu, 
wie  ich  sie  in  meinen  früheren  Mitteilungen  (36;  38)  ausMirlieh 
beschrieben  habe*  Man  wird  a  priori  Fermaten,  daß  diese  regel- 
mäßigen Teilphänomene  Ükt  die  nraprttngliche  Charakteristik  nnd 
das  Wiedereikennen  der  Znsammenkl&nge  nicht  ohne  Bedentnng 
sein  können  [vgl  die  Abschnitte  C  nnd  D  dieser  Arbeit).  Nnn 
berichtet  Meyer  ausdrücklich  (19, 120],  bei  den  in  Flage  stehen- 
den »Versnehen  mit  gleichseitigen  TOnen  maßten  die  TOne  so 


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DifferenstOne  und  Kohbohuis. 


247 


scliwach  genummen  werden,  daß  die  Dift'erenztüne  nicht  die  Auf- 
merksamkeit aaf  sich  lenkten  oder,  wenn  sie  bemerkt  wurden, 
^venigstens  so  undeutiich  waren,  daß  eine  genaue  Bearteilnng  ihrer 
Tonhöhe  nicht  leicht  mOglieh  war«.  Hier  also,  wo  ohnehin  jeder 
der  beiden  Frimärtöne  dem  anderen,  gleichzeitigen  etwas  von  Bei- 
ner  Intenflitftt  nnd  DentUchkeit  raubte,  wurden  die  TOne  noeh  ob- 
jektiT  achwSober  erzeugt  als  bei  der  Aufeinanderfolge.  Anderer- 
seits lassen  sich  DifFerenztOne  wie  Schwebnngen  auch  dureh  starke 
Herabsetsnng  der  Elangstürke  nieht  ganz  beseitigen;  ob  sie  ge- 
sondert wahrgenommen  werden,  ist  eine  andere  IVage;  aber 
Stumpf  gibt  sogar  an,  einzelne  Beobachter  hätten  bei  den  Ver- 
snchen  darauf  geachtet  (S.  152).  Die  Folge  war  sicherlich  eine 
Erschwerung  des  Urteils;  man  kann  nicht  zwei  Empfindungen 
mit  größtmöglicher  Genauigkeit  vergleichen,  wenn  deichzeitig  noch 
andere  Empfindungen  desselben  Sinnesgebietes  undeutlich  gegeben 
sind. 

Diese  Erschwerung  wird  keineswegs  aufgehoben,  sondern  eher 
gesteigert  durch  die  Tatsache  —  die  schon  Tartini  kannte  und 
nut  seinen  Sehülem  praktisch  zum  Stinmien  der  Geige  verwertete  — , 
daß  DifferenzUSne  und  Schwebnngen  Ton  gentigender  Deut- 
lichkeit und  Dauer  das  Urteil  ttber  die  Remheit  Ton  Zwd- 
klängen  wesentlich  untersttttzen  kennen. 

Die  Daner  der  primftren  Klänge  betrug  bei  den  Yenudien 
Stumpfs  und  Meyers  fS.  119)  durchweg  etwa  3  Sekunden.  Bei 
den  öuccessiveu  lutervallcn  erklang  jede  der  beiden  Gabeln  3  Se- 
kunden lang,  und  dazwischen  lag  eine  Pause  von  etwa  1  Se- 
kunde, so  daß  die  ganze  Beobachtung  einen  Zeitraum  von  etwa 
7  Sekunden  einnahm.  Diese  zeitlichen  Bedingungen  sind  f\!r 
mich  annähernd  die  günstigsten,  wenn  es  sich  um  die  Beurteilung 
des  Tonschrittes  handelt;  insbesondere  bedeutet  eine  Verlängernnp 
der  Klangzeiten  keine  Zunahme  der  Urteilssicherheit.  Aber  auch 
bei  den  Versuchen  mit  Gleichzeitigkeit  erklangen  die  Gabeln  nur 
3  Sekunden  lang.  Und  hier  wird  ohne  Frage  bei  li&ngerer  Klangt 
dauer  das  Urteil  erheblich  sicherer.  In  der  Beschreibung  meiner 
Versuche  an  Zweiklftngen  erwähnte  ich,  dafi  die  Eombinationstitaie 
und  ihre  Folgeersdieinungen  fast  niemals  genau  gleichzeitig  mit 
den  primären  Tönen  hervortreten  (36,  374,  599),  was  auch  Stumpf 
gelegentlich  andeutet  (19,  153).  Stumpts  ueueste  Versuche  mit 
stark  verkürzter  Klangdauer  (22),  wo  auch  die  geübtesten  Beob- 


^  kj  .1^ uy  Google 


248 


Felix  KtfMgw, 


achter  in  der  Rt  urtoilang  von  Zweiklöngen  vollkoniTneTi  nnsieher 
worden,  bebtäti^tn  mir  die  hohe  liedentnng  der  K  in  1  »111:111008- 
erscheiiHinjren  t\lr  die  Charakteristik  uud  Fixiernnp:  der  lutervalle. 
Hierauf  haben  die  folgenden  Abschnitte  im  einzelnen  eiuzogehea; 
dort  werden  avoh  (D)  einige  besondere,  bisher  unerklärte  Ver- 
snehsergebnißse,  s.  B.  hinsiehtlieh  des  OktaTemweikUmges,  -lie- 
greiflieh  werden. 

Das  Wiedererkennen  eines  geometrisek  gldehen  IntemlleBf 
aneh  in  yecscbiedener  absoluter  Tonhifhe,  ist  an  sidi  wunderbar 
genug.  leb  sehe  nieht,  wie  man  es  yersteben  will,  okne  eine  be- 
sondere, bewnfite  Qnalitftt  der  —  simultanen  oder  sueeessiven  — 
Tonkomplexe  zuzulassen,  die  zu  den  Qualitäten  der  einzelnen 
Töne  hinzukommt,  wenn  sie  zusammen  iui  in  wuUtM  iii  geben 
sind;  ob  man  mit  Lipps  (11,  385)  vorzieht,  diese  »Oe.stultqualität« 
V.  Ehrciifrls^clior  Terminologie  ein  »GeftUü«  zu  nennen,  ändert 
nichte  an  der  Suche. 

Kon  ist  jenes  Wiedererkennen  keineswegs  auf  Konsonanzen  be- 
schränkt. Jede  größere  Melodie  pflegt  > dissonante«  Tonschritte  wo. 
enthalten,  und  auch  sie  erkennen  wir,  in  beliebigen  TnuispositieBe&, 
als  identiseh.  In  neoerer  Zeit  sind  bei  einigen  auBereniopXiseben 
Vdlkem  Tonsysteme  festgestellt  worden,  die  yon  dem  unsengen 
stark  abweichen  und  s^  yeischiedene,  uns  fremde  Interyalle  ent- 
halten. Die  Husik  der  Siamesen  bewegt  sich,  mit  alleiniger  Aus- 
nahme der  Oktave,  durchweg  in  Tonsehritten,  die  in  der  unserigen 
niemals  Torkommen  fs.  Stumpf  81).  Ähnliches  hat  Ellis  fttr  Java 
festgestellt  (15,  518 f.).  Selbst  da,  wo  es  gelingt,  die  uns  vorliegen- 
den musikalischen  Produkte  eines  fremden  Volkes  in  unsere  Tou- 
leitem  einigermaßen  einzuordnen,  wie  bei  den  meisten  bisher  unter- 
suchten  Indianerstämnien,  finden  sich  neben  den  unheabsichtigien 
Fehlern  der  Intonation  doch  auch  regelmäßige  > Abweichungen«, 
die  an  der  gleichen  Stelle  und  bei  verschiedenen,  von  einander 
unabhilngifren  Musikanten  immer  wiederkehren  (14,  407).  Alle 
diese  fremdartigen  Tonschritte  und  die  daraus  gebildeten  Melo- 
dien lernt  der  enropSische  Hdrer  bald  unterscheiden  nnd  wieder- 
erkennen. Die  ezotisehen  Musiker  selbst  können  es  natttrlieb;  sie 
musizieren  fast  sftmflieh  ohne  Noten,  lediglieh  nach  dem  (}ehOr 
und  Gedliohtnis.  Dem  von  Stumpf  genauer  untersnehten  BeUa- 
kukindianer  fiel  es  nieht  schwer,  seine  Lieder  mit  einem  anderen 
als  dem  gewohuteu  Ausgangstone  zu  beginnen  uud  dann  siugeud 


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DifferenztOne  and  Eonsonanss. 


249 


selbständig  za.  transponieren.  In  der  siamesiBehen  MnsikpnziB 
fand  Stumpf  Transpoflitlonen  als  etwas  sehr  gewOhnliehee  (14, 408; 
91,  91). 

Ifan  kdnnto  Memaeh  m  der  Heiniing  kommoiy  InterraHniteil 
nnd  Konsonanz  bitten  Überhaupt  niehts  mhemander  an  ton.  Dem 
wttrde  firdlieh  jeder  earopiliselie  Sttnger  oder  Spieler  eines  ÜDsChi* 

mentcB  ohne  festliegende  Töne  widersprechen.  Sic  wissen,  daß 
sie  uuter  sonst  gleichen  Umstünden  eine  Oktave,  Qaintc  oder  Terz 
leichter  treffen  nnd  siiiierer  beurteilen  können  als  eine  Septime, 
tlberraußigie  Quinte  oder  kleine  Selniude.  Hätten  Stumpf  und 
Meyer  ihre  Versuche  auf  dissonante  musikalische  Intervalle 
ausgedehnt,  so  hätten  sich  hierfür  ohne  Zweifel  größere  unbemerkte 
Abweichnogen  von  den  physikalischen  Normalverhältnissen  ergeben. 

Unser  gegenwärtiges  Tonsystem  ist  das  Produkt  einer  langen, 
anf  weite  Strecken  noch  nnanfgdclärten  EntwieUnng.  Darttber 
jedoeh  sind  die  Historiker  nahean  einig,  daß  es  wesenflieh  anf 
Gmnd  harmonlseher  Erfahrungen  und  zu  gunsten  der  Harmonie 
sieh  gebildet  hat  In  den  Musiksystemen,  deren  Interralle  Ton 
den  nnserigen  starlc  abweiehen,  spielt  auch  die  Harmonie,  ja  der 
Zusammenklang  überhaupt  keine  oder  eine  sehr  geringe  Rolle. 
Und  was  für  die  Theorie  des  Intervallurteils  besonders  wichtig  ist: 
vkü  harmonische  Erfahrungen  fehlen,  ist  auch  die  selbständige  In- 
tonation der  Intervalle  höchst  unsicher  nnd  schwankend.  Diese 
Unreinheit  der  Intonation  wird  beim  Hören  exotischer  Musik  leicht 
unterschätzt ,  weil  wir  die  (nach  dem  bekannten  und  allgeiueiu 
wiedererkannten  Zusammenhang)  erwarteten  und  namentlich  die 
bei  nns  gebräuchlichen  Interrallc  hiaeinzuhören  pflegen. 

Trotzdem  ist  sie  aUen  sorg&ltigeren  Beobachtern  aufgefallen 
nnd  wird  ttberemstimmend  darauf  znrttckgeftlhrt,  daß  hier  »die 
Harmonie  nicht  zur  Kontrolle  dient«  (Ift,  521;  of.  514,  518;  14, 407, 
422).  Eine  stetige  Detonation  oder  Steigung  der  Tonhöhen  innere 
halb  eines  StQekes  bis  zu  einem  Ganzton  ist  bei  NatarvOlkem 
nichts  Seltenes  (14,  408  ;  16,  130,  142).  Einzelne  Intervalle  werden 
Ton  indianischen  Säugern,  namentlich  mit  zunehmender  Leiden- 
schaft, stark  verändert:  Die  große  Terz  tritt  fUr  die  kleine,  diese 
flir  die  Sekunde  ein  n.  dergl.  Die  Intonation  der  Ter/cn  ist  bei 
vielen  Nnturvüikern  i^o  unrein,  driR  die  Frage  schwer  zu  entscheiden 
ist,  ob  reine  Terzen  oder  »neutrale«,  d.  h.  zwischen  der  großen 
nnd  kleinen  Terz  gelegene  dabei  beabsichtigt  und  in  dem  be- 

AreUr  At  Pajdiologi«.  L  17 


Üigiiizeü  by  <jüOgIe 


250 


Felix  Knwger, 


treffenden  Musiksystcm  bcfrriindet  sind  (14,  426;  dagcgcu  16, 143. 
Vgl.  jedoch  die  Terz  [423;  öl6]  der  biameöeii  21,  83). 

An  sKiiiirsit^chcn  Glocken-  nnd  Holzharraonikas  fand  Stumpf 
die  gleiciiscliwchcnd  teuipericrte  7 stufige  Tonleiter  des  Landes  mit 
einer  Genauigkeit  gestimmt,  die  fUr  solche  Instramente  and  Leitern 
ganz  ungewöhnlich  ist  Wie  diese  Tonleiter  selbst  entstanden  ist| 
darttber  sind  rorlSnfig  nnr  Vermatnngeo  möglich.  Die  Abstimmung 
jener  —  wenig  yeilndeiliohen  —  Inifcniaiente  scheint  mit  grofiem 
Fleifie  dueh  den  siamesisefaeii  QnirtensirkeL  mstsnde  gekomnion 
sn  sein,  bei  stfengem  Festhalten  an  dem  Friniip  der  Oletoh- 
stnligkeit  und  cogleieh  an  der  geheiligten  SiebenaaR  IBb  handelte 
sieh  in  Berlin  um  gesehntte  Berafimnsiker»  die  an  den  besten 
ihres  Volkes  gehörten:  dennoch  waren  sie  alle  anf)lhig,  ihre  eigenen 
Intervalle  am  Tonmesser  einigermaßen  genau  wiederzufinden;  statt 
ihrer  7 stufigen  Tonleiter  bestimmten  sie,  (»hne  es  zu  bemerken, 
acht  verschiedene,  also  viel  zu  kleine  Stufen  innerhalb  der  Oktave, 
mit  erheblichen  Abweichuupen  bei  (Lt  uiiTnittelltaren  Wiederholung 
des  Versuchs.  Dergleichen  könnte  einem  mäßig  begabten  euro- 
päischen Musikschuler  kaum  begegnen.  Au  der  siamesischen  Hof- 
kapelle  bestätigte  sich  wörtlich,  was  schon  ans  den  omfassenden 
Untersnchnngen  yon  EUis  hervorging,  daß  »bei  Mnsikem,  deren 
Olir  nicht  duroh  Harmonie  geschürft  ist,  die  Stimmung  deraettMn 
Leiter  in  yerschiedenen  FHUen  sehr  yeisohiedene  Besnltale  gibt, 
also  aneh  yon  der  intendierten  betrttehtlieh  abweichen  kann« 
(21, 104  f.;  10,514]. 

Die  Oktaye  ist  das  einzige  Interyall,  das  ipeines  Wissens  allen 
bisher  bekannt  gewordenen  Tonsystemen  gemeinsam  ist;  sie  wird 
zugleich  in  der  großen  Mehrzahl  der  Fälle  am  reinsten  ge- 
troffen und  gestimmt  (lö,  517  Anm.  u.  passim).  Nun  ist  die  reine 
Oktave  entschieden  auch  der  verbrcitetste  Zusammenklang.  Ab- 
gesehen davon,  (lass  alle  obertoureieheren  Klänge  tiberwiegend 
gleichzeitige  Oktaven  enthalten;  selbst  solche  Völker,  deren  Musik 
im  tlbrigen  kein  einziges  rein  harmonisches  Intervall  besitzt,  machen 
fortwährend  die  Erfahrung  des  Oktayen-mehrklanges:  beim  inten- 
dierten Unisono  —  w^n  der  yerschiedenen  Stimmlage  der 
Sänger.  Es  gibt  wohl  keinen  musizierenden  Volksstamm,  wo 
nicht  rogeUn&fiig  oder  gelegentlich  die  Männer  mit  Franen  oder 
Kindern  ansammen  sängen;  solche  Qesänge  bewegen  sieh  notwendig 
in  fortgesetzten  Oktayenpaiallelen.    Da  es  ttbendl  mehr  nnd 


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DUEoffenxtlfne  «Dd  Konflonaits.  261 

weniger  geübte  Stimmen  wie  Ohren  fpbt,  ereignen  sich  hierbei 
nattlrlich  alle  Unterschiede  zwischen  reiner  und  verstimmter 
Oktavenkonsonanz  und  können  nicht  unbemerkt  bleiben.  Auch 
von  einem  vollkommen  gleichzeitigen  Einsatz  alier  Sänger  ist 
keine  Bede^j.  Daher  wird  das  OktaTeninterraU  von  vom  heiein 
in  allen  m(^liehen  Übergängen  Tom  Zneammenk lange  xnm 
Nacheinander  erlebt 

Daaaelbe  gOt  ftr  die  Übrigen  ToDkonuneneren  Konsonanzen, 
wenn  diese  aaeh  nisprllnglicli  seltener  Torkonunen.  Beinahe  von 
allen  bisher  nnteisaehleii  piindtiren  YOlkem  werden  Beispiele 
einer  bald  beabeiebtigten  bald  snfiUligen  Mehrstimmigkeit  berichtet) 
auch  abgesehen  von  den  ganz  allgemein  verbreiteten  Oktaven- 
ZQSummenklängen').  Die  OktaveuparaUelen  werden  häufig  da- 
durch Miriiert,  daß  die  höheren  Stimmen  oder  Instrumente  die 
Melodie  in  rascheren  und  kleineren  Schritten  umspielen  ^Siam,  Java). 
So  erzählt  J.  P.  Land  von  den  In  stni  mental  Vorträgen  eines  jave- 
sischen  Orchesters:  »Mehrere  Instrumente  gingen  da  ihre  eigenen 
Wege,  indem  sie  die  gleiche  Weise  verschieden  figurierten;  sor 
weilen  aber  trafen  sie  in  liebten  Intervallen  zusammen,  wo  dann 
der  sehOne  Klangefaarakter  der  Instrameiite  eine  wonderFolle 
Wi^ong  tat«  (15,  618).  Von  noidameiikanisehen  Indianern  teQte 
Baker  einen  Gesang  mit,  hei  dem  »dne  Stimme  die  Melodie  fllhrt, 
wühlend  dne  andere  sn  Anfimg  jedes  Ttkie»  die  tiefer  liegende 
Tonika  dazn  angibt«  (14,  422  iknm.).  Almlieh  singen  in  einem 
nenerdings  von  Fillmore  veröffentlichten  alten  Liede  der  Yaqni- 
Indianer  (Mexiko)  die  Frauen  ununterbrochen  die  Oberquinte  der 
Tonika  (41,  1  ff.).  Dieses  Lied  besteht  lediglich  ans  Tönen  des 
G-moU-Dreiklane:es.  Stumpf  notiert  zwei,  Baker  vierzehn 
Gesänge,  die  ausschließlich  in  Dreikiaugstoneü,  und  zwar  größten- 
teils in  Dur,  sich  bewegen.  Dasselbe  trifft  nach  Fillmore  fUr 
▼iele  von  ihm  gesammelte  Indianerlieder  zu  (14,  42ö;  41, 1).  In 
allen  solchen  Fällen  werden  notwendig  sämtliche  wiohtigeren  Kon* 
sonamen  gelegentlich  anch  als  Znsammenklänge  nnd  im  Über- 
gänge von  der  Gleiebaeitigkeit  anm  Kaeheinander  gehOri 

1)  Bei  den  BeUakula-Indianem  sitzen  die  regelmäßig  mitsingenden  Frauen 
»nicbt  mit  d«n  Mlonem  ...  an  der  Front  des  Haiuee,  sondern  an  einem 

b('Iiebi;:!:cn  Platz  im  Innern,  und  haben  auch  nicht  den  Stock  in  der  Hand, 
den  die  Männer  gebrauchen,  um  sich  im  Takt  zu  >i?.lfOTi.€  »Öfters  halten  sie 
Btondenlange  Übungen,  wobei  einer  vorsingt  and  dirigiert«  (14,  410). 

2)  Vgl  Wandt  «1,  426. 

11* 


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252 


Fetts  Kni«c«r, 


Die  VolkBiuQsik  gab  aucli  in  £iuopa  aUenthaiben  Gelegenheit 
sa  harmonischen  Erfahrungen,  lange  bevor  die  Polyphonie  und 
Harmonie  sich  offiziell  befestigCen.  Eine  gesetzmäßige  Fort- 
icbreitniig  in  Akkorden  konnte  natOrlieb  wegen  der  zaUieiehen 
dadnieh  bedingten  Komplikationen  aieh  erst  spSt  nnd  langnam 
entwiokebi.  Aber  es  ist  histoiiaeb  imbetecbtigt»  aUe  Mosik  als 
bannonieloe  an  beaeiehnea,  die  noob  keine  regelmäßigen  Akkord- 
folgen entiiält,  also  andi  kein  System  dea  HaimonieweebBela  er- 
kennen läßt.  »Streng  genommen«,  das  ist  Stnmpfs  Standpunkt 
iu  dieser  Frage,  »hat  e;)  wahrscheinlich  niemak  bloß  homophone 
Hasik  ffccroben «  fl7,  62.  Ebenso  Wundt  a.  a.  0.). 

T^ippn  und  einige  andere  Akn<t!k*^r  fordern,  daß  die  Theorie 
der  Kouäouauz  nnabhäugig  von  dcu  Erscheiuuugcu  des  Zusammen- 
Idanges  die  »Konsonanzc  nach  einander  erklingender  Töne  be- 
greiflich mache;  Lipps  spricht  sogar  ron  Harmonie  nnd  Dis- 
bannonie  in  der  Tonfolge  (7,  258;  8,  III,  155;  10,  10;  Zeitscbr. 
f.  Fsjcb.  Bd.  8, 343).  Die  Veracbmelznngstbeorie  Stnmpfa,  wie  sie 
ans  Beobachtnngen  an  Znaammenklingen  erwachsen  ist,  kann 
offenbar  direkt  nnr  anf  Zusammenklänge  Anwendung  finden.  Eben 
darin  erbllekt  Lipps  ihren  entaeheidenden  Fehler  (10  a.  a.  O,}. 
Ähnlich  argumentiert  Hohenemser  gegen  StnmpfB  Theorie 
unter  ausdrticklichem  Hinweis  auf  die  historische  Priorität  der 
homophonen  Munik.  Er  ^iht  mit  Lipps  nur  so  viel  zu,  daß  im 
Nacheinander  >(ler  Konsonanz-  uud  Dissonanzcbarakter  nicht  so 
schärft  hervortrete  als  bei  der  Gleichzeitigkeit  zweier  Töne  40,  65, 
75).  Am  entschiedensten  behauptet  neuerdings  Meyer  eine  ur- 
sprüngliche »Verwandtschaft«  aufeinander  folgender  Töne,  die  es 
in  erster  Linie  und  ohne  Rücksicht  auf  Znsammenklänge  wie  anf 
begleitende  TeUtOne  zn  erklären  gelte  (30,  2,  39  f.,  58).  Kr  selbst 
veiBQeht  eine  solehe  ErkUfarnng  nicht,  nnd  abgesehen  von  der 
Lippa*schen  Bhythmentheorie  mit  ihrem  Rekurs  anf  das  Unbewußte 
ist  mir  keine  psychologische  Deutung  des  behaupteten  Tatbestandes 
bekannt 

Es  ist  in  der  Tat  psychologisch  nicht  einausehen,  was  die  Anf- 

einanderfolge  der  einfachen  Töne  z.  B.  c—g  an  sich,  d.  h.  als 

unmittelbares  Kiii|)limimi;r9erlebnis  vor  der  Tonfolge  c — ßs  oder 
c — gis  voraushaben  sollte.  Obgleieh  anch  Stumpf  und  viele 
andere  von  einer  »Konsonanz  aufeinander  folgender  Töne«  reden, 
habe  ich  nie  recht  begreii'cn  können,  was  das  psychologisch  heißen 


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Differenztone  und  Kosflonuiz. 


253 


soll.  Wir  mUssen  am  £ode  muerer  Untonmchiing  auf  dicao  Frage 
und  die  nahe  damit  yerbnndeBe  des  InteiralloiteOs  anrllekkommeii; 
anf  gnmd  besonderer  Yenniclie  werde  idi  mushweiMn,  daß  auch 
das  GefHUamoment  bei  BveeesBiTen  Thusa  fax  die  Anwendung  dee 
KonBonanzbegriffes  keinen  Anhalt  bietet  (D). 

Was  Lipps  vnd  Meyer  zur  Theorie  der  melodiseben  Tonfolge 
oder  >der«  Tonleiter  beibringen,  stutzt  sieb  ausschließlicii  aul"  die 
Betrachtnng  unserer  europäischen  MuBik,  einer  Musik,  die  aner- 
kanntermaßen in  hohem  Grade  von  der  Uarnionio  im  Zusammen- 
klänge bestimmt  ist.  Wenn,  wie  sie  meinen,  auch  bei  strenger 
Succession  die  Töne  von  einfachem  Schwingongsverhältnis  Ter- 
wandtschaftlich  einander  zugeordnet  wären,  wenn  sie  als  nr- 
sprüng^ch  konsonant  oder  iiarmonisch  notwendig  aufeinander 
binwiesen»  90  wSren  Tensysteme  wie  das  der  Siamesen  oder  daB 
der  Javaner  peyehologiBoh  kanm  zu  begrdfen. 

Solebe  TonBjBteme  mit  ttberwieg«id  irrationalen  Schwingongs- 
verbftltniBBen,  Tonleitern  mit  fast  aiUBobliefifieh  »diBBonanten«  In^ 
tervallen  Bind  nur  möglich,  wo  entweder  die  Homophonie  die  Begel 
ist,  oder  wo  ans  teehnischen  Chünden  die  unterscheidenden  Merk- 
male der  Konsonanz  und  der  Dissonanz  nicht  zur  Erscheinung 
kommen  (wie  bei  den  Siamesen;  vgl.  darüber  39,  213;  im  folgen- 
den Abschn.  D).  Wo  Erfahrungen  tiln  r  Kou^^nnanz  und  Dissonanz 
im  Zusammenklang  feliieu,  da  ist  stets  die  Intonation  unrein,  das 
Intervallurteil  in  hohem  Maße  unsicher.  Andererseits  bringeu,  wie 
wir  noch  genauer  sehen  werden,  Erscheinungen  des  Zusammen- 
klanges  und  nur  sie  die  Entstehung  und  Befestigung  unserer  musi- 
kaliBoben  Intervalle  dem  Verständnis  näher.  Wo  und  soweit  die 
Intervalle  von  relativ  ehiliudiem  SchwingnngBverbttltniB  wirklieh 
anch  in  der  Tonfolge  irgendwie  anageaeiebnet  Brnd,  s.  B.  binBichfr- 
lieh  doB  IntervaUnrteilB,  da  läßt  sich  das  ebenfalla  nnr  ana  den 
Erfahrungen  an  ZoBammenklängen  (einBchliefilieh  der  znBammen- 
gesetzten  Einzelklänge]  begreifen. 

Darüber  sind  wohl  alle  neueren  Akustiker  einig,  daß  das  un- 
mittelbare Bewußtsein  der  Konsonanz  uder  Disstmanz  bei  gleich- 
zeitigen Tönen  bestimmter  und  schärfer  ausgeprägt  ist  als  bei 
suceessiven.  Ich  gehe  freilich  einen  Srliritt  weiter  und  behaupte, 
beim  ^Nacheinander  der  Töne  bestehe  ein  unmittelbares  Bewußt- 
sein der  Konaonanz  gar  nicht,  und  hier  könne  von  KouBonanz 
oder  Dissonanz  BelbBt  mit  Bezog  auf  daa  europäische  Ohr  nnr  in 


^  j       1  y  Google 


254 


Felix  Krneger, 


einem  anderen,  ttbertnigenmi  und  abetiakten  Sinne  die  Rede  sein. 
Alwr  dieie  AnBchannng  mag  so  lange  auf  sioli  bernken,  bis  ieh 
die  iatoSeliliohen  ZnaammenliSnge  beselirieben  habe,  die  mir  den 
UnleneMed  der  Konsonanz  vnd  Diesonana  an  eikttien  aehdnen. 
Dann  erat  wlid  aieb  benrteilen  UuMen,  wie  wdt  die  gewonnenen 
EiidlrmigBprinzipien  tfaeoretiaeh  leiehen.  ht  Jedem  Falle  hat  die 
wieeenscliaiWehe  Analyse  da  einzneelzen,  wo  die  in  Frage  etehen- 
den  Erscheinungen  ganz  ausgeprägt  und  regelmäßig  der  Beobach- 
tung sich  darbieten.  Die  historischen  Argnmentc,  auf  gruml  deren 
mau  in  unserer  Frage  daa  entgegengesetzte  Verfahren  emptiehlt 
oder  iordert,  haben  sidi       hinfälliy'  erwiesen. 

Von  den  unbezweiicl baren  Erscheinungen  der  Konsonanz  und 
Dissonanz  rnttssen  wir  die  einfachsten  und  allgemeinsten  zuerst 
in  Angriff  nehmen.  Daher  ist  die  Frage  so  zu  stellen:  wodurch 
unterscheidet  sich  fttr  die  bewnfite  Wahrnehmung  ein 
konsonanter  Zweiklang  von  einem  dissonanten?  LKfit 
sieh  diese  Frage  znidehend  nnd  allgemeingültig  beantworten,  so 
kann  das  Ergebnis  nicht  ohne  Folge  bleiben  fUr  die  damit  m- 
sammenhlngenden  weiteren  Fragen:  des  Harmoniegeftdils,  der  Eon- 
Bonanzgiade,  der  TonTerschmelznng,  des  IntervaUvrteils  n.  dergl. 


C.  IMe  gnmdlegeide  Bedeutung  der  Biffsreutihie  fBr 
Kensonau  ind  Dissomuu. 

Konsonanz  oder  Dissonanz  treten  an  sehr  yersebiedenen  Ton- 
paaren gleichartig  hervor  und  sind  aus  den  Eigenschaften  der 
beiden  TOne,  die  den  Zweiklang  bilden,  psychologisch  nicht  zu 
begreifen.  Ehe  man  noch  von  den  Kombhiationaeiachdnungen 
eine  genanere  Kenntnis  hat,  liegt  die  Frage  nahe,  ob  nicht  in 
wahrgenommenen  Mehrklfingen  irgend  welche  akustisdie  Neben- 
empfindungen regelmäßig  enthalten  seien,  die,  zu  den  objektiT 
bedingten  Hauptempfindungen  hinzutretend,  dem  Gesamterlelmis 
die  charakteiiötische  Färbung  der  Konsonanz  oder  Dissonanz  gäben. 
Die  Beobachtung  bestätigte  tlber  Erwarten  vollständig  diese  Ver- 
mutung. Sie  ergab  nach  und  nach  die  uuNcrkLimbaren  gesetz- 
mäliigen  Zusammenhänge,  die  in  den  nätiist<  ii  Kapiteln  dieser 
Studie  (s.  besonders  II  und  III}  aufgezeigt  werden  sollen. 


Difterenztüne  and  Eonaontns. 


255 


I.  Historiach-KritiBobeB. 

ICt  Verwnndernng  fand  ich  dann  in  der  Litcratnr,  daß  viele 
Theoretiker  der  Koiisoininz  die  aus  dem  Znsauimenklauge  zweier 
Töne  resuiticrcndeu  öinniichen  Erscheinungen  nur  ganz  oberflUch- 
lich  kannten,  die  meisten  sie  nicht  beachteten.  Der  Yersuch,  die 
Tataacheu  der  Konsonans.  und  Dissonanz  in  letzter  Linie  anf  dieBe 
KomblnatioiiserBeheiniuigen  znrttckzufUhren,  wurde  bisher  mir  ein- 
mal unternommen  (b.  Im  folgenden:  b)  and  niemals  konsequent 
dnrcbgelbbrt  Es  ist  tfaeoretisoh  nieht  ohne  Interesse,  die  Gründe 
dieser  bistorisehen  Unterlassung  kon  sn  erOrtem. 

Die  herkömnilicho  Yernftchläasigang  der  Kombi- 
Dationserscheinungeni). 

Noch  sind  nicht  zwei  Jahrhunderte  Tergangen,  seitdem  Sorge 
und  Tartini  die  ersten  Kombinationstttne  entdeckten.  Lange  Zeit 
▼orhielten  sieh  die  Faeblente  sehr  passir  gegen  derartige  Angaben. 
Einige  spraehen  von  »Elnbildong« ;  andere,  wie  Chladni,  Wil- 
helm Weber,  Ohm,  besebrinkten  sieh  anf  matbemattsebe  Theo- 
rien ohne  experimentelle  Kontrolle»  Die  wertrollen  Beobaebtongen 
des  fraaixDsiseben  Offiziers  y.  Blein  (1827)  worden  wenig  beachtet 
Im  Anfimg  der  dreißiger  Jahre  stellte  der  Instrnmentenldbidler 
Scheibler  in  Krefeld  eine  sorgfältige  Versuchsreihe  an,  nament- 
lich ttber  die  Schwebnngen  von  Kombinationstunen.  Diese  von 
Roeber  veröftentlichten  Versachsergebnisse  wurden  eine  Zeitlaug 
mannigfach  diskutiert,  aber  niemals  s\ :4tt  niatisdi  nachgeprüft  und 
waren  in  vielen  Paukten  bis  zur  Gegenwart  weder  bestätigt  noch 
widerlegt 

Ohms  mathematische  Theorie  der  Klangzerlegung  und  die 
darauf  gegründete  Helmholtz-Hensenscbe  Theorie  des  Hörens 
▼erbreiteten  Lieht  ttber  die  analysierende  Ffthigkeit  des  Ohres  nnd 
wiesen  äet  physiologischen  Akustik  neae  Bahnen.  Die  Einsieht 
in  die  Natur  der  Kombhiationserscbemnngen  wurde  dadurch  nicht 
gefördert.  Vielmehr  schienen  diese  Tatsachen  mehr  als  alles  an- 
dere der  sonst  bo  vielfsltig  bewährten  Resonatorenlehre  sn  wide1^ 
streiten. 

Helmholtz  berechnete  zwar  fUr  gewisse  Ausnahmefälle  die 
Möglichkeit  objektirer  (außerhalb  des  Obres  rorhandener)  Kombi- 

1)  Vgl  memen  Abriß  ehier  Geiehiehte  der  6lnich]Sgig«ii  Beohachtimgen 
und  TlMoriaii  SS^  180f. 


2Ö6 


Felix  Kroeger, 


nattoDttOne  im  Sinne  der  Oh  machen  Definition  des  einfiushen 
Tones;  für  alle  Qbrigen  Fälle  entwiekelte  er  eine  besondere  phy- 

siologiscLc  llypitheHc  Aber  diese  Trommel fellbypothese  stand 
von  vornherein  auf  öchwa(^^lien  FUßeu  und  knimte  nicht  aufrecht 
erhalten  werden  {38,  216;  252 ff.)»).  Bei  der  ^^ rlmlichen  .\rt 
des  Zusammenklingens  zweier  Töne  war  eine  den  Kombinati i  ns- 
tOnen  entsprechende  pendelfürmige  Öchwingungsbewegang  objektiv 
bisher  niemals  nachzuweisen.  Preyer  und  andere  bestritten  — 
mit  Unrecht  —  die  Existenz  objektiver  KombinationstOne  Übei^ 
banpt  AndeierBeits  wurde  der  Unterschied  zwisehen  »objektiTon« 
und  »tnl^ekfiren«  TOnen  rlelfaeh  miBTecBtanden,  so,  ab  ob  jeder 
»wirklieh  Torbandene«  Kombinationiton  auch  im  Besonator  bAtte 
erflohetnen  mttssea. 

Die  physischen  Bedingungen  der  auf  diese  Weiae  niebt  iiacfa- 
weisbaren  EombinationstOae  sind  noch  nicht  klargestellt  Es  wird 
dabei  bleiben,  daß,  mit  Ansnabme  jener  Spezialfälle,  die  Kombi- 
nationspbäuomene  nur  dti  subjektiven  Beobachtung  zugäuglich 
sind.  Natürlich  hören  sie  darum  nicht  auf,  Tatsaclien  zu  sein,  die 
im  psychischen  Eindruck  möglicherweise  eine  große  Kolle  spielen 
(vgl.  Wandt  2  I,  464  flf.).  Aber  die  psychologische  Betrachtungs- 
weise dieser  Dinge  ist  noch  jung.  Und  es  gibt  noch  immer 
Theoretiker,  denen  eine  Bewnßtseinserscheinung  minder  real  oder 
minder  wichtig  vorkommt,  wenn  sie  einen  adäquaten  Reizvorgang 
in  der  olijektiTen  Anfienwelt  niebt  finden.  Für  die  Psyebologie 
ist  der  Untersebied  der  objektiren  von  den  sabjektiren  Eombi- 
nationatQnen  an  sieb  gleiehgflltig. 

Nicht  so  ftor  die  Physiologie  des  Qebörs.  Der  Resonana- 
tüeoiie  erwachst  daiaaa  eine  in  den  leisten  Jahren  Tieler()rterte 
Schwierigkeit  Die  Kombinatioasenebeiniuigen  wurden  in  den 
Streit  der  physiologischen  Lehren  hineingezogen,  was  der  unbe- 
fangenen Feststeiluu^^  des  flir  die  Wahrnehmung  wirklich  Gegebe- 
nen nicht  durchaus  fiirderlicb  war.  Fast  Jeder,  der  neuerdings 
eiiuirliiji liier  mit  diesen  Fragen  sich  bescliäftigte,  ging  alsbald  zu 
einer  neuen  Theorie  der  Kombinationstöue  oder  gar  des  Hörens 
Über;  und  alle  diese  physiologischen  Hypothesen  itihrten  zu  mehr 
oder  weniger  abweichenden  Konsequenzen  hinsichtlieb  der  £mpfin- 

1)  DemuäcliBt  werde  ich  Uber  Versuche  au  trüuimelfeUlosen  Personeo 
beriehtcn,  deien  Etgebnls  mit  HelmboUa'  pbyBiologisober  Asffswnmg  der 
flubjektiveii  KombinadonetSne  unvereinbar  ist 


DüferenstOne  und  EoBBonanz. 


267 


(lungstataachen.  Andererseits  kommt  es  der  Physiologie  im  wesent- 
lichen nur  darauf  an,  die  Möglichkeit  eines  Eoiubinationstones 
Uberhaapt  zn  begreifen^  wählend  feinere  EigenschAften  des  Empfin- 
dongflinaterials,  auch  der  am  unmittelbarBten  gegebene  Gesamt- 
eindrnek  sie  zmdtohst  weniger  interesaieren  kttnnen. 

Inswiseben  mehrte  rieh  doeh  allmtthlich  die  Kenntnis  des  rein 
Ttottchliehen.  Helmholts  entdeekte  im  Jahre  1856  die  Snm- 
maüonstOne  und  nntersebied  yon  ihnen  die  anderen,  älteren  Kombi- 
nationstöne als  DifferenztOne.  Die  schöne  Versnchsreihe  R.  Koenigs 
scliloli  Bich  au,  mit  ihrcii  weitreichendeu  Folgerungen  (1876;  vgl, 
meinen  kritischen  Bericht  in  Nr.  88).  Die  jtinjjste  (Jeschicbtc  der 
Kombinationserscheinnngen  ist  verhältnismäßig  reich  an  sürgfälti- 
gen  Beobachtungen;  aber  noch  reicher  ue  voreiligen  YeraUgemeine> 
rungen  und  unzureichend  begründeten  Theorien. 

Eoenig  glaubte,  von  den  Differenztönen  eine  neae  Art  Kom- 
bmationstöne  unterscheiden  zu  müssen:  die  Stoßtöne;  er  statuierte 
angleieh  neben  den  bis  dahin  bekannt  gewesenen,  namentlieh  durch 
Seheibl  er  festgestellten  Sehwebnngen  der  DifferenztVne  »Stöfie« 
einer  ganz  anderen  FroTeniens,  wie  rie  jeder  Ton  unmittelbar  mit 
jedem  verstimmten  Hnltiplnm  bilden  sollte.  Später  bestritt  er  die 
BeaJttit  aller  der  KombinationstOne  oder  Sehwebnngen,  die  mit 
seinen  Stoßtönen  oder  Stößen  nieht  identiseh  wären.  Er  erkannte 
nun  auch  die  Summationstöne  als  besondere  Gattung  von  Tönen 
nicht  mehr  an.  Einige  Akustiker  ötimmten  dem  zu.  Die  meisten 
aber  unterschieden  jetzt  sowofd  Stoßtöne  als  Difterenz-  und  Sum- 
mationstöne, sowohl  Schwebungeu  als  multiple  Stöße;  und  etliche 
versuchten,  alle  diese  Erscheinungen  physikalisch-physiologisch  zu 
erklären.  Dazu  kamen  die  Unterbrechmigs-  oder  Intermitteuztöue, 
nach  Koenig  und  anderen  mit  den  Stoßtönen  teilweise  identisch; 
und  die  »subjektiTen  Obertöne«,  von  denen  Koenig  die  Helm- 
ke Itasehen  Summationstöne  als  Stoßtöne  ableitete.  Es  folgten 
swei  rein  theoretisehe  Gebilde,  deren  Bealität  jedoch  doreh  einige 
Beobaehtnitgen  erwiesen  sehien:  Riemanns  Untertöne  nnd  später 
H  er manns  MitteltOne  mit  ihren  Phasenweehseltönen.  H elm  h o Ita 
hatte  bei  der  Tonunterbreehung  noch  die  objektiyen,  von  Rad  an 
sogenannten  Variationstöne  nachgewiesen,  deren  naher  Znsammen- 
hang mit  den  »Luterbrechung.>töuen*  erst  neuestcns  von  Schaefe  r 
und  Abraham  erkannt  worden  ist  (43:  vgl.  38,  2dC)Ü\].  Schließ- 
lich entdeckten  Bosanquet  und  Stumpf  den  Zwischeuton  beim 


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26B 


Zusammeuklaug  nahe  benachbarter  Fhaülrtöne  (s.  im  folgenden 
n  und  III  Ib 

£b  gehörte  für  den  SpUtgeborenen  ein  zeitraubendes  Stodimn 
dam  in  der  FttUe  der  yielfaeh  einander  widersprechenden  Angaben 
und  ZvsanimenftasiiQgen  sieli  xoieetenfinden.  Man  bogreifty  daß 
Toraiehtige  FSyehologen  dieses  ganze  Tatsacfaengebiet  nngem  be- 
traten. Aneh  mandie  Theoretiker  der  Konsonanz  mOgen  es  «t  wenig 
sicher  gefanden  haben,  nm  sieh  darauf  mit  Freiheit  zn  bewegen. 
Verwirrend  wirkte  namentlich  die  weit  Terbreitete  nnd  doeh  nicht 
hiiireicliend  gesicherte  Unterscheidung  der  StoBtöne  nnd  Stöße  von 
den  DitTerenztünen  und  ihren  Schwebnngen,  —  was  ich  iiaeh 
perHünlicben  Mitteilungen  auch  von  iiamhat'tfn  Psychologen  und 
PLyBioiogeii  bericiiten  darf.  Es  gelang  nuu  der  experimentelle 
Nachweis,  daß  jene  Unterseheidung  durch  die  Tatsachen  nicht  ge- 
fordert ist,  nnd  zugleich  wurde  ihre  bi^itorische  Genesis  aus  den 
Tatsachen  verständlich  (38,  201  u.  240  ff.  Vgl.  Wundt  öl,  110; 
131  £).  Nach  meinen  ansgedehnten,  mit  den  meisten  früheren  An- 
gaben kritisch  yeigliehenen  Beobaehtnngen  gibt  es  nnr  zwei 
Arten  TOn  Kombinationstdnen,  ja  von  snbJektiTai  T9nen  llberhanpt 
Diflferens-  nnd  SnmmationstOne. 

Einen  Zusammenhang  der  DifferenztOne  mit  den  Erseheiunngen 
der  Konsonanz  nnd  Dissonanz  hat  meines  Wissens  als  erster 
Helmboltz  behauptet  Die  darauf  bezüglichen  Abschnitte  seines 
akustischen  Hauptwerks  (1)  darf  ich  als  bekannt  vorausäetzeu. 
Sie  scheinen  auf  die  Theoretiker  der  Konsonanz  im  allgemeinen 
wenig  Eindruck  gemacht  zu  haben.  Ausgezeichnete  Kenner  der 
Hehn liult/, sehen  Lehren,  wie  Mach,  lassen  diese  ^cite  -einer 
Konsonanztheorie  ganz  zurücktreten;  ebenso  deren  Kritiker  fast 
ohne  Ausnahme.  Die  Diskussion  beschränkte  sich  beinahe  aus- 
schließlich auf  die  Ableitung  der  Konsonanz  ans  den  Eigenschaften 
nnd  Terhmtnissen  der  ObertOne.  Lipps  nnd  andere')  erwähnten 
gelegentlich  den  Gebranoh,  den  Helmholtz  Ton  den  DtiforenztOnen 
maeht,  nm  den  Eindruck  des  Molldreiklangs  von  dem  des  Dnr- 
dreiklangs  zn  nnterseheiden  (l,  854  f.).  Bei  den  Mollakkorden,  sagt 
Helmholtz,  »bringen  schon  die  leicht  hOrbaien  DifferenztOne  enter 
Ordnung  Störungen  hervor.  Sie  liegen  zwar  noch  nieht  so  nahe 
aueinander,  daU  die  Schwebungeu  geben,  aber  sie  liegen  außer  der 


1)  8, 108.   H e  u s e u  6, 131  f.   W  uudt  2  U,  68f.,  236. 


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Differenztone  and  Konsonanz. 


259 


Hamionle«;  ne  ftgen  zu  dem  Akkord  »fremde  Töne«  hinsa.  Mit 
Beeht  bebt  Lipps  herr«r,  d«B  d»  Prinzip,  alle  üiweiehnngen 
TOtt  der  Eonsomua  auf  Sekwebimgtti  BnraekxnflthreD,  hier  dnieh- 
bioelien  sei.  Ja  die  Helmboltzsobe  Aigsmentslioii  streift  nabe 
an  eine  petitio  prindpii,  isBofem  das  an  ErUXiende,  nindiob  die 
Harmonie,  dabei  teilweise  yoransgesetzt  wird. 

Größeres  Gewicht  leprte  Helmboltz  auf  die  Schwebungen  der 
Differenztöne.  Gestützt  auf  die  Beobachtungen  Scheiblers  nnd 
auf  einfache  theoretische  Überlegungen  erkannte  er  richtig,  daß 
die  Differenztöne  »die  allgemeinste  Ursache  zur  Erzeufrnrirr  von 
Scbwebnngen  geben«  (1,  335;  vgl.  300J.  Trotzdem  rekurriert  seine 
»Scbwebnngstheorie«  viel  bäufiger  and  eingehender  anf  die 
Sebwehongen  der  ObertOne,  sodaß  z.  B.  Stampf  seine  ganze  Kritik 
nw  hiergegen  nebtet  (17,  4  ff.  Vgl.  daan  im  Folgenden  III,  laj. 
Der  Grand  li^  wobl  tot  allem  darin,  daß  Helmboltz  die  Zabl 
vnd  Sttrke  der  ans  dem  Znsammenklange  zweier  TOne  resul- 
tierenden DifferenztOne  eriiebliob  nnteiaobätste. 

Ihre  Stiirke  ist  aneb  nach  Helmboltz'  physiologiseber  Theorie 
Qberans  gering  nnd  mllBfe  mit  steigender  Ordnangszabl  rasch  bis 
zur  Unmerklichkeit  abnehmen.  Die  Beobachtung,  die  hier  allein 
entscheiden  kann,  ergibt  eine  viel  größere  Intensität  der  Differenz 
tone,  alts  Helmboltz  und  die  meisten  Späteren  glaubten. 

Was  die  Zahl  der  Ditlerenztöne  bei  Zweikl äugen  augeiit,  so 
scheint  Helmboltz  —  obgleich  er  sich  hierüber  nicht  völlig  klar 
ansBpricht  —  angenommen  zu  haben,  daß  es,  streng  genommen, 
nur  Differenztöne  erster  Ordnung  gebe,  der  einfachen  Schwingongs- 
differenz  zwei  ol^ektiver  Töne  entsprechend.  Alle  Differenztöne 
höherer  Ordnung,  worüber  ihm  ohnedies  nnr  spKrlicbe  Beobachtongs- 
daten  Toriagen,  führte  er  als  primftre  DifferenztSne  anf  Ober- 
tOne  zniQck.  (Ebenso  Lipps,  7,  258,  nnd  die  meisten  anderen 
Theoretiker  der  Konsonanz.)  Damit  war  alles,  was  Uber  die  Be- 
dentmig  der  DifferenztOne  fOr  die  Konsonanz  ermittelt  werden 
mochte,  auf  obertonhaltige  ZusammenklUnge  oder  solche  von  mehr 
als  zwei  Tönen  beschränkt.  Für  Helmlioltz  selbst  ergab  sich 
mit  NotwendiL^jeit  die  Anschanung,  >duli  die  Kombinutionstöne  nur 
sehr  nnvollstiiiidig  die  Wirkungen  der  Obertöne  in  dem  Zusammen- 
klänge zu  ersetzen  vermögen«  (1,  467).  Und  der  neuerdings  er- 
brachte Nachweis,  daß  Konsonanz  und  Dissonanz  das  Vorhandensein 
Ton  Obertönen  nicht  voranssetzen,  daß  diegM  Eigensebaften  viel- 


260 


Felix  Knwgw, 


mehr  auch  dem  Znsaniiiiriikliüige  zweier  einfacher  Töne  zukommen 
(vgl.  üben  8.  212  f.),  schieu  die  Üeranziehang  der  DiÖereoztüne  ganz 
illuBoriflch  zu  machen. 

Wie  weit  wirklich  die  Kombinationstöne  von  Obertönen  ab- 
hängen,  wurde  erst  in  nenester  Zeit  znm  Gregenstande  besonderer 
Untenachmig  gemacht:  Der  Znaammenklang  zweier  Stinungabehi 
iat  hinieieliende  Bedingang  ftr  die  Walumehmiiiig  von  fttnf  Differenz- 
Vknesa  Tenobiedener  Oidntixig  (sowie  eines  SnnunaftUmstones);  tnid 
das  Dasein  aller  dieser  TOne  ist  unabhängig  von  ObertOnen  (86; 
38,  219;  im  folgenden  II  o.  IV). 

FaBt  man  die  angegebenen  historischen  Momente  zusammen,  so 
begreift  sich  einigermaßen  die  allgemeine  Znrttckhaltnng  der  Kon- 
sonanztheoretiker gegenüber  den  Kombinatiouserscbeinuiigen.  Die- 
jenigen, die  überhaupt  darauf  eiriirehen,  sind  gegenwärtig  darin 
einer  Meiin!n<r,  daß  den  Differenztünen  keine  findere  tiiu  listens 
eine  sekundäre,  aeeessorisebe  Bedeutaug  für  die  konsonauz  und 
Dissonanz  zukommen  könne Den  meisten  steht  von  vorn  herein 
noch  das  oben  zurückgewiesene  Yorarteil  im  Wege,  als  ob  die 
Qualitäten  der  Konsonanz  oder  Dissonanz  in  gleicher  Weise  der 
Tonfolge  wie  dem  Zusammenklänge  zokftmen  und  deshalb  nn- 
mOglieh  anf  Eiseheinnngen  znrttckgefthit  werden  konnten,  die  nur 
dem  Zasammenklange  eigentttmlich  sind. 

Die  Hanptsaehe  bleibt  die  Verworrenheit  und  Lttekenhaftigkeit 
des  Beobaehtnngsmaterials;  meine  frubere  bistorisohe  Sehildenmg 
g^bt  darttber  näheren  Aufschluß  (38).  Eine  genaue  Bekanntschaft 
mit  den  Kombinationserscbeinungen  wurde  vielfach  durch  ungenaue 
Methoden  der  Beobachtung  und  der  Bestiuiiiiung  des  Beobachteten 
verhindert:  vor  allem  aber  durch  die  bescbränkte  Auswahl  der 
untersuchten  i  alle:  man  analysierte  vorzni^^Bweise  oder  ausscblicßlich 
die  in  der  europäischen  Musik  übiicbcu  Intervalle  und  namentlich 
die  Konsonanzen.  Dadurch  verbargen  sich  charakteristische  £m- 
pfindongsmerlunale  der  Dissonanzen;  solche  der  Konsonanzen 
wurden  nicht  als  ebarakteristiBob  erkannt. 

Ans  Sebwebitngen  der  DiffeienztOne  oder  dem  Fortfall  dieser 


1}  Hit  Ausnahme  Wandts.  —  Wnndt  kam  noch  in  der  4.  AatUgfi  dw 

p^cbologischen  Hauptwerks  zu  dem  Ergebnis,  die  Differenztüne  seien  für 
die  Theorie  der  Konsonanz  »nicht  von  entBcheidciKkT  BfMlcntnng«  2  II.  7Rf.^ 
Aber  jyerade  in  dieBera  Punkte  ist  die  letzte  Darhtt  llung  auf  gnind  der  neao* 
reu  Btluude  völlig  uiu gearbeitet  (51,  423  f.,  432;  lUOf.,  110.'. 


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Differenstdiie  und  EonwnutiiK. 


261 


Schwebuugeu  glaube  aucl»  ich  uiclit  die  Konsonanz  unsreichend 
erklären  zu  können.  Andere,  bisher  unbekannt  gewesene  Eigen- 
schaften der  Dififerenastöne  mttssen  mit  herangezogen  werden. 

b.  Preyers  Beitrüge  snr  Theorie  der  Konsonanz. 

Der  vorhin  erwÄbntc  vereinzelte  Versuch,  die  Erklärung  der 
K<»ii8onaiiz  auf  VerhUltuisBe  der  DiflFerenztöne  zu  gründen,  stammt 
Ton  Frey  er  und  findet  sich  in  dessen  Akustischen  Untersuchungen 
yom  Jahre  1879  (5).  Dieser  Versnoh  ist  bis  zur  G^nwart  sehr 
wenig  beachtet  worden^).  Ich  kenne  in  der  gesamten  literatnr 
nnr  ein  Bncb,  wo  Freyers  Lehre  von  der  Konsonanz  erwähnt 
wird:  Hensens  Physiologie  des  OehOis  (6»  190 f.  Anm.;  16Anm.). 

Um  keinen  der  m(Igliehen  IVne  tu  tthergehen,  empfiehlt 
Frey  er»  alle  zwischen  den  jeweib  gegebenen  Sehwingongszahlen 
mOgliehai  Differenzen  als  DifferenztOne  1.,  2.  his  9»*ter  Ordnung 
aaszoreehnen  [5,  33). 

Seine  Benennung  der  Dift'ereuztöne  ist  etwas  schwaukeud.  Im 
allgemeinen  bezeichnet  er  als  »Differenztöne  erster  Ordnung«  alle 
diejenigen,  die  ohne  Mit^virkung  eines  Differenztonos,  also  durch 
das  Zusairiiiii'jiwirkcn  objektiv  vorliaiKleu*  r  Tone  können  ent- 
standen gedacht  werden;  als  »Diilereuztöne  zweiter  Ordnung«  alle, 
die  aas  dem  Zusammenwirken  eines  solchen  Differenztones  1. 
Ordnung  und  eines  objektiv  gegebenen  (Primär-  oder  Ober-)  Tones 
lesoltieren.  In  seinen  eisten  Beieehntingen  besohrllnkt  er  sieb  auf 
diese  heiden  Arten  von  BifferenztOnen,  aaeh  ttnBert  er  sich  wieder- 
holt dahin»  daß  es  DiiferenztOne  »höherer  Ordnung«,  also  durch 
zwei  DifferenztSne  bedingte,  thatsttehlich  nicht  gebe,  oder  daß  sie 
doch  nicht  Yon  entsoheidender  '^rksamkeit  sein  kt^nnten  (5,  41; 
53).  Wo  er  jedoch  theoretisch  Tom  Zusammenklänge  zweier  ein- 
facher Töne  handelt,  zieht  er  regelmäßig  diese  ron  zwei  Differenz- 
tönen abzuleitenden  Differenztöne  als  notwendige  Faktoren  zu 
seiner  Erklärung  der  Konsonanz  heran. 

1  Die  Herten  Professor  Stampf  und  Dr.  Schaefer  hatten  (im  Oktober 
1901  (lio  Freundlichkeit,  mich  dfirruif  mrinerkaam  zu  machon.  Vorher  wir 
die  im  Budihnndel  vergrifiVue  uud  auf  keiner  üffentlicheu  Bibliothek  Kiels 
vorhandene  ArUnt  mir  nur  aus  Zitaten  bekannt,  die  sich  auf  rein  tatsächliche 
Einsftlftagea  bezogen.  Danuu»  eikttrt  es  eich,  daß  in  meiner  Abbaadlnag 
»Znr  Theorie  der  KombinationetOne«  (SS)  Preyere  Ergebnisse  niebt  geaU- 
gead  beachtet  sind,  und  daß  ich  auch  seine  Theorie  der  KoasoBUia  nicht 
knnrtfp.  als  ich  meiue  liier  darznstelk'udcn  Anschauungen  gewann  und  zum 
erstenmal  im  August  1900  dem  Pariser  Psjchologenkongresse  vortrug  (VI). 


262 


Felix  Kxueger, 


ZnnAcbst  berechnet  er  —  unter  Beeehrftnknng  auf  die  Differenz- 
töne 1.  und  2.  Ordnung  seiner  Terminologie  —  die  Schwingmigs- 

zahlen  sämtlicher  Tüne,  die  beim  Zusammenwirken  zweier  einfacher 
Töne  und  ibreü  ersten  Obertönepaares  möglicherweise  entbtehen 
konnten:  es  erfceben  sich  47  theoretische  Einzeltöne,  deren  Zahl 
jedoch  durch  mehrlaches  Zusammenfallen  sich  jederzeit  erheblieh 
vermindern  muÜ;  in  keinem  Falle  können  mehr  als  16  ver- 
schiedene Töne  heransgerechnet  werden  (5,  38  ff.}.  Preyer  S&gi 
hinzu,  er  habe  »die  meisten  der  berechneten  Töne  wirklich  am 
Obertöneappant  mit  seinen  vielen  und  fitarkea  Obertönen«  (das 
letete  ist  an  beaehten)  »dentliefa  wahrgenommene. 

Theontifleb  wichtiger  sei  folgendes:  »Wenn  man  ftr  ein  be- 
liebiges Tonpaar  mit  oder  ohne  ObertOne  so  lange  die  simtUohen 
EombinationstOne  1.,  2.,  3., . . .  »»ter  Ordnung  beieehnet,  als  noch 
neue  TSne  resultieren  (also  jetzt  ohne  Beschrünkang  auf  ffie  yon 
Preyer  sogenannten  Differenztöne  1.  und  2.  Ordnung),  so  ergibt 
sieb  uudiiahmslos  eine  vollständige  aritlime tische  Reihe  von 
Tönen,  und  falls  die  das  Verhältnis  a  :  ß  (der  Primärtöne]  aus- 
drückenden kleinsten  ganzen  Zahlen  n  :  m  statt  der  {Schwinguugs- 
zahlen  der  Ivei  liuuug  zu  gründe  gelegt  werden,  erhiilt  man  aus- 
nahmslos fUr  jedes  Tonpaar  eine  arithmetische  Heihe  mit  dem 
Anfangsglied  X,  der  Differenz  1,  dem  letzten  Gliede  der  Anzahl 
der  Glieder  m,  also  die  Zahlenreihe  1, 2, 3, 4, 5, 6  m.« 

Für  jedes  Tonpaar  mit  n  ObertOnen  Terlängere  sieh  diese 
arithmetiseke  Bdhe  bis  zn  dem  Gliede  n  ß. 

Das  folgende  Kapitel  der  Preyersehen  Abhandlnqg  sieht 
hieraus  Folgerungen  für  die  Ünterseheidnng  der  Konsonanz  und 
der  DisBonans.  Je  konsonanter  ein  InterrsU  ist,  je  Ueineie  Yer- 
bftltniflzaUen  es  also  ausdrOcken,  desto  kürzer  ist  natnrgemüB  die 
arithmetische  Reihe  der  möglichen  Töne,  desto  zahlreicher  sind 
außerdem  die  Koinzidenzen  der  theoretischen  Werte  (wodurch  die 
ersten  Glieder  der  Reihe  am  stärksten  betroffen  werden).  Um- 
gekehrt: je  komplizierter  das  primMre  Sehwingungsverhiütnis  ist, 
desto  mehr  Kombinationstöue  sind  möglich,  desto  weniger  Koin- 
zidenzen kommen  vor;  zugleich  sind  Komhinationstöne  immer 
höherer  Ordnung  nötig,  damit  die  arithmetische  Reibe  ?ollständig 
bleibe;  diese  Beihe  wird  faktisoh  immer  gliedenreioher  nnd  zngleieh 
Ittekenhafter. 

Nun  erinnert  Preyer  an  eine  Tatsaehei  die  der  »allgemeinen 


.  j     .  >  y  Google 


DiffweiutOiie  und  Kohbohaiiz. 


263 


Physiologie  der  Sinne«  angehöre:  »Je  mehr  einfache  Sinneseindrücke 
gleichzeitig  ein  Or^an  afüaieren,  um  so  weniger  dentlich  wird  jeder 
einzelne  wahrgenommen <  (S.  56).    So  auch  bei  Truu  n. 

Damit  ist  natürlich  das  Konsouanzproblem  für  ihn  noch  nicht 
gelost.  Frey  er  weiß  sehr  wohl,  daß  ein  konsonanter  Akkord 
duroh  das  Hinzutreten  hannonischer  Klänge  nnd  zahlreicher  Ober* 
tOne  niebt  dissonant  wird.  Psyoboiogisch  ist  ilun  Konsonant 
gtoidibedeatend  mit  Annehmliobkeit  eines  Intervalls,  Dissonanz  mit 
dem  Gegenteil  So  tünt  er  fort:  »Doioh  eine  Vielheit  gleich- 
zeitiger, einzeln  nicht  dentlicber  TOne  wird  ein  UnlnsIgeAlhl  nicht 
jedesmal  erzeugt«  Dies  ist  allerdings  immer  der  Fall,  wenn  die 
Zahl  der  gleichzeitigen  Töne  ttber  eine  gewisse  Grenze  hinaus 
wächst.  Aber  vielstimmige  Musik  kann  sehr  schüu  sein.  Nämlich 
dann:  »wenn  die  Mannigfaltigkeit  der  Töne  eine  bestimmte 
Ordnung  zeig-t.  Diese  Orduuug  ist  charakterisiert  durch  eine  große 
Anzahl  von  Koinzidenzen  der  Kombinationstöne  und  Obertöne  mit- 
einander and  nntercioander,  sodaß  die  Gesamtzahl  der  vorhandenen 
wirklichen  Töne  viel  kleiner  als  die  der  möglichen  wird  und  da- 
durch jeder  einzebie  Ton  leichter  erkennbar  —  nicht  erkannt 
wild.  Aas  vielen  immerUiehen,  nndentUchen,  nnbewiißten  Ober- 
einstimmongen  entspringt,  wie  Leibniz  nngemein  treffend  sagte, 
daa  Yeignllgen.  Ebenso  entspringt  aber  aas  Tielen  Versohieden- 
heiten,  onmerUiehen,  unerkannten  Abweichuigen  das  IfiBTeignftgen. 
Daher  wird  eine  Vielheit  Ton  ?rirklichen  Tönen,  wenn  sie  anch 
z.  T.  nicht  merklieh  sind^  mit  weniger  Koinzidenzen  Tcrwirrend 
sein,  in  ihm  [ihr]  jene  Ordnung  vermißt  werden.  Sie  sind  disso- 
nant; ob  weil  die  Psyche  die  aus  sehr  ungleich  starken  Tönen  be- 
stehende Reihe  als  arithmetische  nicht  erkennen  kann  oder  weil 
dus  peri|)liere  Ohr  dieselben  nicht  gesondert  ihr  zur  Verfügung 
stellt,  ist  eine  offene  Frage,  die  sich  vielleicht  physiologisch  er- 
ledigt« 

Die  Schwehnngen  können  den  Eindruck  der  Dissonanz  TCr- 
stärken;  sie  genttgen  aber  nicht,  aUe  Dissonanzen  zn  erklAren. 

Wesentlich  ist  nach  Preyer  noch  die  Vererbuig  nnd  Übung 
im  Lanfe  vieler  Generationen,  wodurch  der  »Sinn  für  die  Remhelt 
der  gegenwärtig  geltenden  Konsonanzen  viel  feiner  entwickelt  wor- 
den zn  sein  scheint,  ...  als  der  fltr  die  Reinheit  der  meisten  ge- 
bränehUdien  Dissommzenc.  — 

Der  kritische  Betrachter  dieser  Konsonanzthcorie  wird  notwendig 


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264 


Felix  Knieper, 


zuerst  fragen,  ob  die  Empfindungsdaten,  auf  denen  sie  sich  anf- 
bant,  wirklich  eresichcrt  sind.  Leider  äoßert  sich  Preyer  nicht 
mit  Bestimmtheit  darüber,  wieweit  seine  Angaben  über  die  Ditiferenz- 
töne  das  Ergebnis  exakter  Beobachtungeu  Bind,  wieweit  sie  auf 
bloßer  ReelmuniJ:  beruhen.  Darin  liegt  vielleicht  der  Hauptgrund, 
weshalb  seine  Theorie  der  Konsonanz  noch  so  wenig  diskutiert 
worden  ist 

Das  von  Preyer  Torgeschlagene  und  gettbte  Verfaliren,  ftr 
jedes  SchwingangSTerlütttnis  alle  matfaematiBcli  mdgliohen  Differenz- 
zahlen zu  berechnen,  kann  ja  nur  fllr  die  erste  Orientienmg  dien- 
lieh sein;  es  kann  der  experimentellen  Beobaohtimg  den  Weg 

weisen,  niemals  sie  ersetzen.  Es  ergibt  tatsHcblich  in  der  großen 
Mcliizalil  der  F'iUle  zu  viele  Diflcrenztüne.  Wenn  wir  die  Trimär- 
töne  mit  u  und  nA,  den  Diflfereuztou  {n^  —  n)  als  ,  den  Dif- 
ferenzton (/i  —  Bi)  als  i>2  bezeichnen,  so  entspricht  beispiels- 
weise nach  meinen  Versnehserp^ebnissen  dem  theoretißelien  Werte 
(»*  —  D^}  kein  besonderer  DiflFerenzton  (vgl.  S8, 193  f.;  2Ü5).  Andere, 
Itlr  unser  Problem  wichtigere  Abweichungen  des  wirklich  Wahr- 
zunehmenden von  der  Prey ersehen  Berechnung  treten  aus  meinen 
früheren  Darstellungen  (86 — 88)  yon  selbst  berror  und  mttssen 
z.  T.  im  folgenden  erw&hnt  werden.  Was  yon  seinen  Angaben 
gültig  bleibt)  wird  auch  ftr  die  Theorie  der  Konsonanz  fruchtbar 
bleiben. 

Wenn  Freyer  manches  nicht  gefhnden,  manches  nur  ungenau 
bestimmt  hat,  was  sieh  aus  Zweiklüngen  herausanalysieren  lässt, 

so  ist  das  wohl  größtenteils  auf  ungünstige  VersuehBbediugungen 
zurückzuführen  (s.  5,  42;  IH),  —  Bedingungen,  die  auch  von  Spä- 
teren nicht  verbessert  wurden.  Er  untersuchte  die  —  von  üun 
selbst  erzengten  —  Klänge  unmittelbar  an  den  Instrnmeiit*  ti  «  tline 
Uberleitung,  wobei  feinere  Erscheinungen  durch  uuvermcidliche 
Störungen  leicht  der  Wahrnehmung  entzogen  werden.  £r  beob- 
achtete ferner  allein ,  ohne  die  Kontrolle  anderer  und  durchaus 
wissentlich:  »nach  vorherigem  Angeben«  des  jeweils  erwarteten 
Tones.  Mit  welcher  Genauigkeit  die  herausgehörten  Töne  der  Hohe 
nach  bestimmt  wurden,  bleibt  Überall  fraglich.  Geringere  Abwei- 
chungen von  dem,  was  die  Theorie  als  notwendig  vorschreibt, 
kommen  erfhhrungsgemäfi  auf  jene  Weise  nicht  zur  Gleltnng.  Bei 
einigermafien  gespannter  Aufmerksamkeit  und  in  stiller  Umgebung 
»hört  man«)  wie  er  sagt,  »fast  alle  die  vorher  ausgerechneten  ein- 


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Differenstttne  vad  Konaonans. 


265 


seinen  Töne  oder  kann  sie  mit  Httlisgabeln  naehweiBen«.  Die  Un* 
xiiTeriässigkeit  der  zuletzt  erwähnten  Methode,  wegen  der  Sehwe- 
hnngen  der  Oberittne  nnd  anderer  Fehlerquellen ,  ist  nenerdinga 
melurfaoh  herrorgehohen  worden. 

Wir  sahen  vorhitt,  daß  ftr  Helmholta  die  mnsikalisciie  Be- 
dentnng  der  DifforenstOne  sieh  dadnreh  stark  Terringwte,  daB  er 
diese  TSne  zum  größeren  Teile  abh&ngig  glanhte  Ton  den  (seinem 
Interesse  auch  sonst  näherliegenden)  Obertönen.  Hier  vor  allem 
hätte  eine  nene  empirische  Untersuchung  des  Gegenstandes  weiter- 
führen müssen.  Aber  ^^erade  dieser  theoretisch  h()chwichtifi:e  Punkt 
wird  von  Preyer  nicht  aufgeklärt.  Kr  sac^t  zwar  iu  den  Akusti- 
schen Untersueiiungen,  die  vollständige  arithmetische  lieihe  der 
Differenztöne  stelle  sich  regelmäßig  auch  bei  völlig  obertonfreien 
Zweiklängen  her,  man  müsse  nnr  Differenzen  höherer  Ordnimg 
beraimehen.  Aber  knrz  zuvor  erklärt  er  ganz  im  Gegenteil»  ebne 
alle  Obertöne  konnten  nur  der  erste  =  ni  —  n  and  der  zweite 
Differenzton  =  =k(29f — n*)  zu  stände  kommen;  wo  noeb  andere 
gebort  würden,  da  stammten  sie  von  ObertOnen  ab  (S.  41).  Damit 
würde  zusammenstimmen,  was  Preyer  mn  Jabr  vorher  der  Jenai* 
sehen  GeseUscbaft  für  Medizin  nnd  Katnrwissoisebaft  mitteilte  (3). 
Da  glaubte  er  auf  grund  von  Stirn  in  gabelversuchen  »mit  aller  Be- 
stimmtheit« den  Satz  aufstellen  zu  können :  >Nach  Beseitigung  aller 
OI>crt(jue  aus  einem  dissonanten  Klangpaar  verliert  dasselbe  das 
Unangenehme  der  Dissunaii?;*  (3.  4'^  i). 

Den  rechnerischen  Überlegungen,  auf  die  seine  Ditierenzton- 
theorie  der  Koufionauz  sich  sttitzte,  legte  er,  wie  berichtet,  den 
Fall  eines  nnr  von  seinem  ersten  Obertönepsar  begleiteten  Zwei- 
klaoges  zn  gründe,  also  den  Zusammenklang  der  vier  objektiven 
Tüne:  n,  2«»,  2«»^.  Aber  diesen  tbeoretiseh  entwickelten  Fall 
bat  er  experimentell  niobt  geprüft,  vielmehr  seine  Difforenzton- 
beobacbtongw  an  einem  der  obertonreiobsten  Ibstnimente,  dem  Ap- 
pnnnaeben  Znngenapparat  angestellt  Wieweit  die  wirklieh  wahr- 
nehmbaren DiiforenztOne  von  ObertOnen  abhängig  sind,  darüber  gibt 


1  Diese»  Erf2;ebniö  schien  ihm  naturt'emHn  Pi'nr  wichtige  Stütze  der 
UeimholtKscbeu  Obertontheorie  der  Kousoaauz  zu  bilden.  Die  »Beseiti- 
gnng«  der  Obertöne  geschab  nicht  auf  dem  allein  Scheren  Wege  der  later- 
ferm»  londera  wurde  dnich  Henbielni]^  der  KlangBtitafca  ni  enelehea  ver- 
anebt —  Seine  eigcae,  oben  oiOiterte  Theorie  der  KoDBoatoz  und  Diuoiuuiz 
trug  Preyer  14  Tage  später  deiBdben  Gesellacliaft,  zum  erstenmal,  vor  (4}. 


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266 


Felix  Kraegvr, 


Preyer  seinen  Lesern  keinen  Aufschluß.  Für  manohen,  und 
namentlich  für  die  zahlreichen  Anhänger  der  Obertontheorie,  wird 
schon  diese  tTnklarheit  ^'ciiilt^  haben,  um  die  ganze  lleraoziehiiiig 
der  Differenztöne  als  UberüUsai^  eischeineo  za  lassen. 

Wenden  wir  uns  zn  Preyers  Konsonanztheorie  selbst,  abge- 
sehen Ton  der  Sicherheit  oder  Bestimmtheit  ihrer  tatsttchliohen 
GnmdlageiL  — >  Preyer  eriimert  an  die  Obereinslimmiuig  seines 
sehlieBBohen  Ergebnisses  nut  den  Lehren  too  Deseartes,  Leibnis 
nnd  Ettler,  die  er  naeh  den  Original«)aellen  mit  dankenswerter 
Anaildirliehkeit  darstellt  Uns  Jlingeren  kann  anidi  eine  prinzipielle 
Verwandtsehaft  setner  Theorie  mit  der,  oben  besproeheneni  Ton 
Lipps  nicht  entgehen.  Hier  wie  dort  handelt  es  sich  nm  das  un- 
bewußte Erleben  einer  gewissen  Ordnung,  ÜbereiTTstimuiun^r  oder 
des  Gegenteils.  Preyer  geht  genauer  alt»  Lipps  aul  da«  in  Zu- 
samiuciiklnngen  tatsächlich  Wahrnehmbare,  auf  das  bewußte  Em- 
pfindongamaterial  ein.  Aber  trotzdem  sagt  er  weniger  bestimmt, 
worin  die  von  ihm  gemeinte  charakteristische  nnd  woblgefilU^ 
Ordnung  besteht,  von  der  seihst  »nnmerkliche«  Abweiobangen  das 
IfiByergnOgen  der  Dissonanz  yemisaohen  sollen. 

Die  Ansahl  der  »Koinaidenaen  nnter  den  mOgliehen  nnd  wnk- 
liehen  TBnenc  kann  das  Entseheidende  nieht  sdn.  Denn,  wie  wir 
sehen  bei  den  ObertOnen  sahen:  selbst  onem  wirUidien  Tone 
können  wir  es  nieht  anhSren,  ob  mehrere  oder  wieviele  gleiehkohe 
Töne  etwa  in  ihn  aasammengefallen  sind.  Vollends  die  Zahl  der 
mathematisch  m(^liohen  Töne  und  ihr  Verhältnis  zu  den  wirklich 
vorhandenen  oder  zu  deren  Koinzidenzen  beskilit  nur  für  das  Be- 
wußtsein des  rechnenden  Theoretikers,  nicht  für  die  unmittelbare 
Wahrnehmung. 

Dasselbe  gilt  von  der  Vollständigkeit  oder  Lückenhaitigkeit  der 
arithmetischen  £eihe  der  Schwingungszablen.  Daß  die  Ordnung 
der  Sehwingongszahlen  in  eine  solche  Reihe  an  sich  wohlgeftllig 
und  konsonant  wirkoi  die  Abweichung  davon  mißfällig,  kann  nieht 
Pre^rs  Meinung  sein,  weil  er  Tielmehr  lehrt,  dafi  in  jedem 
Falle,  anoh  bei  den  Dissonansen,  nur  solefae  TeittSne  auftraten, 
deren  Sehwingnngaiahlen  einer  arithmetisehen  Reihe  angehOreii 
(waa  indessen,  wie  wir  in  den  folgenden  Kapiteln  finden  werdea, 
den  Tatsachen  nieht  entsprieht). 

Die  Länge  oder  Kürze  der  Schwingungszahlen  reihe  ist  etwas, 
das  fttr  das  wahrnehmende  Bewußtsein  zur  Ueitung  kommt:  in 


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DimBrenstSne  irad  Kontonain. 


^67 


der  Klangfarbe  und  der  Zahl  der  wahrnehmbaren  Töne.  Aber  das 
läfit  sieh  als  Prinzip  der  Unterscheidung  zwischen  EoosoaaDz  und 
Diflsonanz,  wie  Frey  er  selbst  betont,  niclit  dorehfUhren.  In  der 
Tat  en Aalten  die  Dissonanzen  ans  obertonannen  Kl&agen,  ein- 
sehUeBUeh  der  EombinaAionBtÖne,  eine  geringere  Anzahl  ^vahmehm- 
barer  TeiltQiie  als  konsonante  Akkorde  mit  vielen  ObertOnen. 

Es  bleibt  nur  noeh  die  Dentliehkeit  nnd  StSrke  der  TefltOne 
als  mögliches  Unlerseheidiuigsmerkmal  ttbiig,  worauf  Frey  er  aller- 
dings nicht  näher  eingeht  Er  weist  darauf  hin,  daß  bei  den  kon- 
sonanten  Intervallen  namentlich  die  ersten  Glieder  der  Teiltonreihe 
—  durch  zahlreiche  Koinzidenzen  —  verstärkt  wUrden.  In  seiner 
Darstellung  stehen  auch  hier  die  reiu  rechnerischen  flberlegungen 
durchaus  im  Vordergründe.  Einmal  bemerkt  er  kurz  und  allge- 
mein,  die  nach  der  Rechnung  am  meisten  verstärkten  Teiltöne 
seien  es  aneh  fUr  die  Beobachtung  [6,  40).  Die  unmittelbar  vorher- 
gOgangene  Bereefannng  ergab,  daß  von  den  Differenztttnen  der  eiste 
nnd  swdte  der  gewOhnliehen  BeieiehniiBgBweise  [=  (n^ — n)  und 
±  (2n — n^)]  jedesmal  am  meisten  Terstirkt  wUxden.  Dem  wider- 
sprieht,  was  Preyer  im  Anfan^p  desselben  Kapitds  Uber  das  Vef- 
hittnifl  der  sogenannten  StofitOne  an  den  DüferaiztBnea  sagt  (S.  11) 
Weder  diese  noeh  jene  Angaben  lassen  sieh  allgemein  mit  den 
Tatsachen  in  Einklang  bringen  (vgl.  namentlich  38,  237  ff.).  Der 
Gedanke  der  Koinzidenzenberechnung  enthält,  wie  wir  im  nächsten 
Kapitel  sehen  werden,  einen  berechtigten  Kern.  Wo  die  Schwin- 
gung-szahlen  der  wirklich  vdrhandenen  Dififerenztöne  zusammen- 
ialleii,  da  ist  in  der  Tat  ein  verstärkter  Ton  zn  hören.  Und  das 
iat  nnr  bei  konsonanten  Zusammenklängen  der  Fall. 

Stellenweise  gewinnt  es  den  Anschein,  als  seien  die  Konso» 
nanzen  ftir  Frey  er  dadurch  ausgezeichnet,  daß  hier  von  den  tot- 
handenen  TeiltOnen  eine  größere  Anzahl  als  bei  den  XXissonanzen 
rdatir  laut  nnd  dentlieh  sei  nnd  daher  leiehter  gesondert  mm  Be- 
wnBtsein  komme  (1^)58).  Ohne  weiteren  Znsats  Ulfit  sieh  anch 
dieser  Gedanke  nieht  allgemem  dniehltiiren:  em  konsonanter  Ak- 
kord geht  nieht  durch  Absehwttchnng  einsefaier  oder  aller  semer 
TeiltOne  in  eine  Dissonans  Uber.  Eine  Konsonanz  aus  Klängen 


1)  Er  vertritt  hier  im  Gegeniata  so  Helnbolts  die  Koenigiehe  Auf* 
hmmag  von  den  KonbinttloiistOiieiL  Danach  wären  jedoch  die  meisten 
theoretiBchen  DifferenztUne  Preyers  gar  nicht  vorhanden,  aad  die  StXllM> 
verbältniMe  Uelsen  »oh  auf  a«me  Weise  nicht  bweduieii. 

18^ 


268 


mit  vielen  leisen  und  schwer  erkeunbareii  Obertönen  bleibt  kon- 
sonanter  als  jede  Dissonanz.  Ferner  wurde  durch  die  Verschmel- 
znnp:» versuche  Stampfe  und  Beiner  Nachfolger  erwiesen,  daB  ge- 
rade die  ToUkommenBten  Konsonanzen  am  innigsten  derart  mit- 
einander »renchmelzen«,  daß  die  einseinen  TeiltOne  nieht  für  sieh 
znm  BewoStsein  kommen  nnd  das  ganze,  wenngleieh  sehr  anaam- 
mengeaetzte  T<HigemtBeb  am  bänfigsten  ala  ein  Ton  beartoilt  wiid. 

Die  psychologischen  Analogien,  dnroh  die  Freyer  seine  An- 
sehanung  erläutert,  helfen  ans  nieht  weiter.  Er  veigleicht  die  Dis- 
sonanz mit  der  Wirkung  mehrerer  gleichseitiger  Geruchs-  oder 
Geschniacksreize,  wo  die  einzelnen  Bestandteile  »nicht  leicht  scharf 
und  vollständig  erkannt  werden«  (S.  57].  Jeder  Purlümeur,  jeder 
Ku(  likiirij^tler  oder  Wetnkenner  würde  einwenden,  daß  die  Mischung 
zahlreicher  GeHciimUcke  oder  Gcrtlehe  au  sieh  keiucrlei  Unlust 
oder  DiBharinonie  bedingrt ;  «olebe  vollen  Misrhunj^en  ^virken  viel- 
mehr häufig  höchst  erfreulich  und  gerade  dann  abgerundet  oder 
»harmonisch«,  wenn  es  vollständige  Verschmelzungen  sind,  wenn 
keiner  der  Eäementarbestandteile  fllr  sich  bemerkbar  ist  oder  deut- 
lioh  her?orstichi  Was  Frey  er  an  derselben  Steile  Aber  die  Farben- 
misebung  sagt,  gebOrt  gar  nicht  hierher.  Die  »einzelnen  Bestand- 
teile«, ans  denen  z.  B.  ein  Gran  oder  Braun  objektiT  gemischt  ist, 
sind  psychologisch  gar  keine  Bestandtefle  der  resultierenden  ein- 
fiMsben  Empfindung  und  können  aus  dieser  nicht  nur  »nicht  tdII- 
stSndig«,  sondern  Uberhaupt  nicht  »wiedererkannt«  werden. 

Auch  die  Farbcnmiöchung  wirkt  als  solche  keineswegs  unan- 
genehm oder  verwirrend.  Wenn  femer  zwei  gleichzeitig  wah^e- 
nommene  Farben  miteinander  kontra-stieren,  so  sind  in  jedem  Falle 
schon  die  Elemente  der  Kuiplindung  qualitativ  vernehieden  von 
den  einzelnen  objektiv  gleichen  Farben  »für  sich  auf  schwarzem 
Grunde«;  aber  durchaus  nicht  undeutlicher  oder  regelmäßig  unan- 
genehmer. 

SeblieAlich  lenkt  Frey  er  immer  wieder  in  die  alten,  schon 
Ton  Helmboltz  eadgOltig  nberwundenen  Vorstellungeu  dea  unbe- 
wnfiten  ZKblens  oder  Beebnens  ein.  »Eine  Vielheit  Yon  gleioh- 
zeitigen  TOnen,  die  eine  längere  ToUständlge  ojer  lUckenbafte 
aiithmetisehe  Beihe  bilden,  verwirrt  und  bewirkt  dadurch  Unlust, 
wie  ein  Bechenexempel,  das  man  im  Kopf  iQsen  wfll  und  nicht 
lösen  kann,  weil  es  zu  hübe  Zifi'eru  enthält.*  Bei  den  Konsonanzen 
»braucht  mau  wirklich  nur  bis  tUuf  zu  zählen«. 


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DÜBraenstSne  und  Kohbohsiuc. 


269 


Wahrscheinlich  hätte  Frey  er  noch  genaner  die  wirklichen 
aknstiBchea  ErlebniRse  beschrieben  nnd  von  den  Kestütaton  der 
Kechnimg  mttorsehieden,  vielleicht  auch  die  mannigfachen  psycho- 
kgiiohen  MötiTe  miner  Lehre  mehr  in.  eine  gearbeitet»  wäre  ei 
ihm  nJeht  im  Onmde  mn  eine  phyBlologieche  ErUMrqng  der 
Konsonans  na  tan  gewesen.  Seine  bisher  erörterten  Angaben  nnd 
ZnsammenfaBsimgen  lielen  darauf  ab,  den  psychischen  £indnick 
der  KonflonanE  uid  IHssonanz  begreiflicher  sn  machen;  sie  eind 
unabhängig  von  der  physiologischen  Interpretation  der  Erschei- 
nungen. Indessen  l'reyer  selbst  glaubt  mit  alledem  eine  befrie- 
digende Erklärung  der  Konsonanz  und  Dissonanz  nicht  geliefert 
zn  haben.  Eine  Hauptschwierigkeit,  die  allein  schon  ein  schweres 
Bedenken  gegen  die  Helmholtzisehe  Theorie  der  Konsonanz  in 
sich  schließe,  erblickt  er  darin:  »daß  die  Erkennung  der  disso- 
nierenden nnd  konsonierenden  Intervalle  beim  Nach  einanderklingen 
der  zwei  Töne  . . .  ehie  erstannlicbe  Sicherheit  erreichen  kann«. 
Helmholt B  müsse  hier  »eine  sehr  konqyliaiefte  Hilfidiypotbese 
Aber  die  BeteiHgnng  des  GeflÜtofatnisses  an  der  Bildung  der  Ton- 
wafamehmimgsiuteile«  einftthren.  An  deren  Stelle  nnd  zur  Hebimg 
jener  Sehwierijgl&eit  entwickelt  Preyer  eine  p^ycho-physiologisehe 
Andefat,  die  gewiB  nicht  weniger  komplisiert  oder  hypodmtisch' 
ist  als  die  notwendige  Annahme  einer  Beteiiigang  des  GedSefat- 
nisses  und  der  unanalysierten  Nachvvükun^eu  liuherer  Erlebnisse 
am  Intervallarteil. 

Diese  Preyersche  Theorie  (S.  59 ff.)  geht  von  der  Hypothese 
ans,  daß  für  gleichvHele  Tonschwingungen  gleichviele  abgestimmte 
Fasern  oder  eine  gleichgroße  Strecke  der  Basilannembran  zur 
Verfügung  stünden.  Das  Intervallarteil  wird  nan  zorttckgeftl|irt 
aaf  eine  »SchStanng«  der  Fasemansahl  oder  der  Membranstrecken  — 
in  Analogie  zur  ittnmlichen  Diatanzsehitanng.  »Die  sehr  oharakte- 
listisehe  OktaTenempfindnng  tritt  also  immer  dann  eüi,  wenn  der 
AngrifGqnmkt  des  aweiten  (höheren)  Tones  um  ebenso  viel  Faaer- 
enden,  d.  h.  um  denselben  Abstand  Ton  dem  des  ersten  (tieferen) 
entfernt  ist,  wie  dieaer  yom  lifnllpnnkt,  nnd  jede  Oktave  [abgesehen 
von  den  ftnBersten  Grenzen  der  Tonakala]  enthSlt  halb  so  viel  Fa- 
berii  als  die  ihr  tollende.«  Jeder  Quinte  entspricht  die  Hälfte 
des  »Weges«  vom  Nullpuukt  bis  zu  der  Fai.er  des  Grundtons,  der 
Qnarte  * 's  u.  s.  f.  Die  Tonleitern  sind  »gleichsam  Leitern,  deren 
btofen  man  beim  Aof-  und  Absteigen  onbewaßt  zählt«. 


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270  Felix  Kfa«ser, 

Mau  fragt  vielleicht,  wozu  unter  diesen  Voransseteungeu  der 
ganze  Umweg  Uber  die  Diflerenztöne  nötig  war.  Preyer  ant- 
wortet; £uuge  DiffereDztdne,  niederer  Ordnung  —  nicht  zn  viele, 
denn  diese  wirken  Terwirrend  —  »erleichtern  die  Peneptkin  des 
AbfltandeB  sweier  errogten  FMetendeni  weil  iie  immer  eine  uith* 
medsebe  Beihe  bflden»  in  der  die  beiden  TOne,  deren  Abfland  ge- 
lehitet  werden  ioll,  zwei  Glieder  bflden« ;  eie  «nui^eren  die  Tdl- 
pnnkte  der  dnreUanfenen  Stceekec. 

Ich  nnteriaaee  es,  die  psyebologisohen  und  eikenntnisilieo- 
retiseben  Bedenken  auszufahren,  die  dieser  Anschanung  im  Wege 
stehen,  namentlich  auch  dem  \'ergleich  mit  der  wirklichen,  optischen 
oder  taktüen  Distanzschätznng,  wo  man  nach  Preyer  »nichts  an- 
deres tnt  als  die  Zahl  der  Nervenfasern  z\vi8chen  den  zwei  er- 
regten Punkten  unbewnßt  zählen,  selbst  wenn  man  von  ihrer 
Existenz  nichts  weiß«.  —  Indem  wir  nunmehr  die  Tatsachen  der 
Empfindung  selbst  zu  Worte  kommen  Isy^sen,  werden  wir  das  Weit- 
TuÜe  an  Preyers  DanteUnng  am  besten  würdigen. 

iL  Die  Differenztöne  und  ihre  Foigeersolieinnngen. 

Der  einfachste  Fall,  an  dem  wir  die  KombinationBersebeinungen 
sedieren  können,  ist  der  Znsammenklang  zweier  emlkfilier  Töne. 
Und  wir  mttssen  anf  diesen  ein&cbsten  Fall  snrQckgeben.  Denn 
wollten  wir  anf  die  Beobachtung  der  gebrttacbtioberen)  boehz»- 

sammengesetzten  Klänge  uns  beschränken,  so  kuuuten  wir  nicht 
entscheiden,  welche  von  den  wahrgenommenen  Erscheinungen  nur 
den  Obertönen  ihr  Dasein  verdanken,  —  wie  das  von  den  meisten 
bisher  fc«t2:eHt eilten  Kombinatiüuserscheinungen  behauptet  worden 
ist.  Wir  können  uns  aber  andererseits  leicht  davon  überzeugen, 
daß,  wie  bereits  erwähnt,  die  unterscheidenden  Merkmale  der  Kon- 
sonanz und  Dissonanz  auch  dem  Znsammenklange  zweier  einiaeber 
Töne  zukommen:  dieser  stellt  zugleich  den  einfiMsbsteu  und,  da 
alle  MebrklSnge  (wenngleiob  nicht  ohne  einen  psycbologiscben 
Rest]  in  Tonpaare  zerlegbar  sind,  den  allgemdnsten  FaU  der 
Konsonanz  und  Dissonanz  dar. 

Ein  solcher  Zweiklang  fllbrt  nun  im  allgemeinen  —  die  Aus- 
nahmen werden  sogleich  zur  Sprache  kommen  —  fHnf  Diiferens- 
töne  mit  sich.  Die  Tonhöhen  dieser  gleichzeitigen  Töne  sind  nach 
der  Regel  zu  berechnen,  dafs  mau  nacheinander  immer  die  klein- 
sten bereits  vorhandenen  ächwingungszahien  voneinander  abzieht 


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DURsrenstttiie  und  KouonaocE. 


271 


Wenn  beispielsweise  das  Sohwngangsverhältms  der  primär  ge- 
gebenen Töne  20  :  29  ist,  so  entsprechen  den  Differenztönen  die 
VeiiiältmBBaiilen  9  (=  29  —  20),  11  (=  20  —  9),  2  (=  11  —  9), 
7{«»9— 2)»  6(=7  — 2);  — ünFnUe  17:41  die  Vtf IdÜtmauUen 
24,7,10,8,4. 

BeiediMit  m&n  jeweib,  wie  Preyer  vonoUng,  alle  täwrlianpt  mög 
liehen  Diflwenien,  so  ergeben  sioli  ellgemehi  nt  viele  DUbnnslOiie, 
d.  h.  meiir  ds  tattfeUieh  in  irgend  einer  Wdee  nr  Wilmeluinnig 
kioBiBwn.  Naeh  Frey  er  mflssen  vir  jedexseit  aftmtlielie.TQne  erwarten, 
deren  Schwingangsverhältnigse  durch  die  ganzen  Zahlen  von  1  bia  mr 
Yeriiiltniszahl  des  höhwm  Primirtonea  repräsentiert  sind,  also  in  OBflerm 
ersten  Beispiel  alle  von  1  big  29,  im  zweiten  von  1  bis  41.  Keine 
Rechnungsmethode  kann  liaitlbev  Aufschluß  ^eben,  wclclicn  theoretischen 
Werten  wirkliche  Emptindungen  entsprechen.  Das  kann  nur  doroh  die 
BeobaohtoDg  entschieden  werden. 

Die  oben  aufgestellte  Regel  ist  der  knne  Anadrock  meiner 
▼ieLfadi  konlroDierten  expeiimenteUen  Bestimmnngen  an  mehr  nla 
400  ZweiUlIngeii^).  Sie  eneheint  als  die  einfiaefafte  und  sih 
gldch  ToUatindigate  Znaammenfaaarog  meioier  e^penen  mil  alka 
anderweitig  bekannt  gegebenen  exakten  Beobtofatangen  (vgl  88, 
Kap.  I  u.  n). 

Die  SehwingQngsyerbSltniaae  der  DHforenztOne  m  Teranaehan- 

lichen,  mögen  die  beiden  umseitig  folgenden  graphischen  Dar- 
stellongeu  dienen. 

Darin  bedeutet  die  horizontale  Richtung  eine  stetie^e  Erweite- 
rung des  primären  Zweiklanges,  durch  Erhöhung  eines  der  beiden 
Töne,  von  der  Prime  bis  zur  Oktave  (I),  und  von  der  Oktave  bis 
aar  Doppeloktave  (II).  —  Die  aenkieohte  Richtung  beatimmt  die 


l;  Bedingnnpren  und  Methode  d<  r  \  <' rauche  sind  in  meinen  früheren  Mit- 
teilungen ausnihrlich  beschrieben  36,  38).  Auf  diese  Experimentalberirhto 
muß  ich  hier  allgemein  verweisen  tür  die  Frage,  wie  weit  und  in  welcher 
Weise  die  folgenden  tatlriiddiclieii  Angaben  gesichert  sind.  —  Übrigens  werde 
ieh  ha  folgendea  mehrfiMb  geswimgeik  sein,  nnter  dem  Geslditspiiokte  dea 
KonaonaiaproblemB  zn  wiedcrliolcn.  was  in  den  genannten  beiden  Abhand- 
lungen bereit«  niit2:rtni1t  \9t.  Die  >Beobachtun<:ren  an  Zweiklängen«  enthalten 
die  Ergebnisse  dfr  •  \]ierimeüteUeü  Analyse  und  der  Selbstbeobachtung  bei 
der  Analyse  von  Zweikläogen  Uberhaupt  und  lassen  geflissentlich  alle  theo- 
ledsehai  Sddnßfolgerangen  beseite.]  In^  den  Anftatie  »Zor  Theoiis  der 
Kombinatfonstltee«  habe  ieh  das  WeamHiehe  jener  Eigebnlsse  den  mdsten 
historisch  vorlisgendMi  Angaben  gegenübergestellt  und  versucht,  das  kiitiKdl 
gf«irhtete  Bpobnchtungsmaterial  für  die  physiologische  Lehre  Ton  der 
Tonempfiudung  nutzbar  zu  machen. 


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272 


Felix  Kniqger, 


ToDhöhen  der  Differenztöne;  diese  Tonhöhen  bewegen  sich  inner- 
halb der  drei  Interrallperioden  zwischen  0  und  3/<,  wo  u  die 
Schwiogun^s-  oder  die  Verhältnißzabl  des  —  festlie^nd  g^edachten 
—  Gnindtoiics  ausdruckt.  1>ie  Differenztöne  selböt  »iud  durch  die 
schrägen  Linien  rcprüaentiert. 

Fttr  jedes  beliebige  ScbwingniigtverhältQis  der  Primärtöne 
innerhalb  der  Grenzen  einer  Doppelokta?e  (1:1  bis  1:4}  findet 
naa  die  sngelififigaii  DifferemtOoe  dvroh  Erneliteo  einer  Senk- 
veehten  in  dem  entopreohenden  Punkte  der  oberen  —  aoBgesogenen 


Daratellung  der  DifferenztOne  von  Zweiklangen*). 

ff  5:ff  Ji:5       J>    5:7       2:3        S:8      3:5      4:7  5:9    /.J 


L  Erste  IntefTtllperlode:  Prüne  bis  Oktave  (1 : 1  bia  1 :  S). 

^  Horizentalen.  Die  Punkte,  In  denen  diese  (in  den  Zeichnungen 
punktierten)  Lote  von  sehrSgen  Linien  gesohnitten  werden,  be- 
stimmen die  geniehten  DifferenztonhOhen.  Die  in  der  Unsik  ge- 
Mnebllohiten  nnd  einige  aknitiseh  fihnlich  gebaute  IntervaUe  sind 
anf  der  oberen  Horiaontiien  dureh  ihre  Yeriiiltniimahlen  hervor- 
gehoben. Ftlr  diese  BitenraHe  sind  die  erwähnten  Senkreehten 
zur  Bestimmuüi,'  der  Differeaztoue  aua^^efilhrt.  Die  VerliUltniözablen 
der  Differenztöne  sind  jeweils,  auf  den  Gruiidiou  als  Einheit  bezogen, 
an  den  seitlichen  iiändem  der  Figuren  angegeben. 

1)  Die  «nie  Fignr  Ist  bereits  in  den  Beriehte  Uber  melneii  Pariser  Koa- 

greßyortrag  enthalten  (Nr.  ff  de»  Literat urvorzeichniBses).  Sie  hat  inzwischeii 
«ach  in  die  neue  Atifla^  von  Wundts  GmndsOgeB  der  physiol.  P^eho- 
logie  Aafji&hme  gefanden  (Sl,  425). 


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BUEaroBBtttae  und  Komioiums. 


273 


Innerhail)  einer  jedeu  lutervallpcriode  heben  sich  zwei  Diüe- 
renztöne  dadurch  heraus,  daß  sie  fUr  den  Gebörseindrnck  durch- 
Rchnittlieh  größere  Bedeutung  haben  als  die  anderen:  «ie  «^ind  bei 
der  Mehrzahl  der  Intervalle  stärker  und  deutlicher;  »ie  erfahren 
'S8(|pl6ieli  bttafiger  ak  die  anderen  gewisae  qnaUftati?e  Ändeningen, 


IL  Zweite  und  dritte  Periode:  Oktave  bie  Doppeloktave  (1 : 2  bis  1 : 4). 

▼on  denen  aogleieh  die  Bede  lein  wird.  Es  sind:  awiaolieD  Fkine 

vnd  Oktave  Df  und        nnserer  Bezeichnungsweise;  zwischen 

Oktave  und  Duodezinic  und  D^;  von  d;i  bis  zur  Doppeloktave 
/>3  und  D^.  Diese  Tüne  ~  vielleicht  enijiHehlt  es  sich,  sie  alfl 
»HauptdifTerenztöne«  ihrer  Intervullperiode  zu  benennen  —  sind 
in  den  Figuren  dnrob  stärkere  (schrägej  Linien  hervorgehoben. 


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274 


Felix  Kniifer, 


Der  eine  von  ihnen  stei^  jeweils  von  0  bia  /*,  waiireud  der 
andere  von  n  bis  0  Hinkt. 

Der  Übereicbtlielikeit  wegen  verfolgt  meine  graphiscbe  Dar- 
gtellung  die  Differenztöne  Uberall  bia  zu  dem  theoretischen  Werte 
0.  Natürlich  gibt  es  fUr  diese  TOne  wie  für  alle  anderen  eine 
untere  Grenze  der  Wahmehiniuig.  Bei  meinen  YerBuchen  mit 
KUngen  von  mittlerer  Sttrke  waren  die  Diffeienztöne  erst  jenseits 
etwa  40  Sohwingnngen  mit  Sicherheit  als  qnalitatlT  bestimmbar 
bh  erkennen.  Eoenig  fond  bei  extrem  starker  Tongebnng  eine 
Tiefengrense  TOn  26  Sehwingongen.  Dieae  Grenze  lieBe  sieh  nnter 
geeigneten  Vennehabedingungen  woU  noch  etwas  lünabdrUeken. 

Unsere  Diagramme  dnd  noeh  in  einer  sweiten  Hinsieht 
schematiscb;  nnd  dieser  Punkt  ist  fUr  den  Gehörseindmck  von 
hoher  Bedeutung. 

Ein  großer  Teil  der  tatsächlichen  Beobachtungen  läßt  sich  dahin 
zusammenfassen,  daß  Differenztöne  zueinander  nnd  zu  anderen 
gleichzeitigen  Tünen  sich  genau  so  verhalten,  wie  primäre  Töne 
nnter  sich.  Sie  bilden  neue  Di£ferenztöne,  nnd  wo  ein  qualitativ 
benachbarter  Ton  mit  ihnen  sngloich  erklingt,  da  entstehen 
Sehwebnngen  nnd  ZwischentOne,  wie  iMim  verstimmten  Ein- 
klang zweier  ol^jektiT  gegebener  TOne.  Ein  Zwisohenton  tritt 
ganz  allgemein  da  anf,  wo  zwei  gleichzdtig  gegebene  TOne  ein- 
ander zu  nahe  sind,  um  überhaupt  oder  denflich  in  gesonderter 
ZweSheit  wahrgenommen  zn  werden;  er  liegt  immer  zwisehen 
diesen  beiden  T5nen.  (Nftheres  im  folgenden  Kapitel)  Um  die 
Zwi.-iL'lieiitüaver8chmeIzttDg  der  DiJlerenztöne  zu  byrnbolisicren, 
müßten  die  schrägen  Linien  in  den  Figuren  streckenweise  steiler, 
z.  T.  auch  flacher,  und  danach  ein  Stück  weit  horizonfcsil  ver- 
laufen iJas  erste  jedesmal  da,  wo  auf  einen  Diff'erenzton  ein 
anderer  von  der  entgegengesetzten  Kicbtung  her  zuschreitet,  also 
ein  mit  zunehmender  Verstimmung  des  primären  Intervalls  höher 
werdender  auf  einen  eben  damit  sich  vertiefenden.  Flacher  ver- 
lanfen  die  Kurven  der  Differenzt5ne  vomehmUoh  am  Anfang  nnd 
am  Ende  jeder  Intervallperiode,  wo  immer  mindestens  zwei  nach  der 
Tiefe  hin  allmShlieh  vom  Qmndtone  sich  entfernen;  jenseits  der  Ok- 
tave, der  Dnodeiime  nnd  der  Doppeloktave  lOst  sich  glsiebzeitig  je 
ein  Differenzton  nach  oben  allmählich  vom  Gmndtone  ab.  An  den- 
selben Stellen,  den  Grenzen  der  Intervallperioden  mUßte  auch  die 
Kurve  des  Gruudtones,  die  im  übrigen  mit  der  horizontalen  üaupt- 


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DifhremtOM  und  Kontoiiaitt. 


875 


linie  der  Zeichnungen  znBammeafälit,  Embachtangen  erfahren;  denn 
«neh  der  Grnndton  wird  für  die  W&hmehmiuig  za  nahe  be- 
nachbarten Pifferenztönen  hingeiogen,  wie  diese  in  ihm.  Endlich 
fidlen  je  swd  auf  einander  soitrebende  TeiltOne  sohon  ein  Stilek 
dieweitB  nnd  Jemeits  der  In  den  Fienien  erkennbaren  Sehnitt- 
ponkto  Tollitändig  soBammen,  was  durch  eine  annähernd  honzoniale 
Bieiitang  der  Ton  jenen  Ponkten  abgehenden  Linien  an  symboli- 
aleren  wSre. 

Der  Umfang  dieser  Abweichnngen  von  onserm  Schema  hängi; 
von  der  liülic,  der  Stärke  uud  dem  StärkeverhjÜtiiiH  der  beteiligtca 
Töne  ab.  Wollte  man  aber  auch  fllr  eine  bestimmte  Versuchsreihe 
die  Kurven  genau  nach  Maßgabe  der  beobachteten  Znn  ischoütöne 
konstniiereu,  so  wären  die  Thatsachen  damit  nocli  nicht  erschöpfend 
dargestellt.  Denn  tlber  eine  gewiflse,  geringe  Entfernung  zweier 
benachbarter  TeiltOne  hinana  erleben  wir,  ganz  wie  bei  zwei 
FHnttrtönen,  eine  nnToUkommene  ZfiaehentonTenclimelanng, 
derart,  daß  neben  dem  Zwisebentone  anerat  eine,  dann  beide 
Komponenten  anoh  ftr  neb  wahmelimbar  werden.  Anob  dieae 
VeiliXlfaiiBae  sind  in  Ihrer  Begrenanng  nieht  nnabbinglg  yon  der 
HSbenlage,  sowie  von  der  absolnten  nnd  der  lelatiTen  Tonatiike. 

Die  üiaiflaebe,  dafi  zwei  g^eiebseitige  T9ne  einander  nicfat  nn- 
b^renzt  nahe  liegen  dürfen,  damit  sie  noch  als  zwei  verschiedene 
uulgetaUt  werden  kounen,  ist  im  Grande  ebenso  selbstverständlich, 
wie  die  Tatsache  der  snccessiven  Unterscheidungsschwelle.  Aber 
genauer  ^vurde  sie  erst  von  Stumpf  ftlr  objektiv  srosrebene  ver- 
stimmte Primen  untersucht  (13  II,  480 ff.).  Wegen  der  historigcben 
YemachlUsBignng  der  Dissonanzen  und  ihrer  Kombinationaer- 
scheinnngen  maßte  die  Zwischentonverschmelznng  der  Differens- 
tOne  noch  Unger  nnbeaobtet  bleiben.  Bei  den  Konsonanzen  lat 
aie  nlebt  an  beobaehten,  ao  wenig  wie  beim  reinen  Einklang. 

Die  hier  beieiohneten  geaetemafiigen  Empfindnngatalaaeben  und 
-Terhattniaae  erlebt  jeder  Koimalbllrende  im  nnanalyaierten  Ge- 
aamtoindmek  der  Teraehiedenen  ZnaammenUHnge.  Zergliedert  man 
aber  die  Znaammenklänge  von  nnteraebiedlioher  —  »konsonanter«  - 
oder  »dissonanter«  —  Gcsamtfärbuug  uud  >  crgleicht  die  gesondert 
wabrgenomnieiieu  Teilempfindungen,  so  begreift  mau  das  un- 
mittelbare Bewnßtsein  der  Konsonanz  als  notwendig. 

(Fortaemng  folgt) 


über  Einsel-  und  Gfesamtleistang  des  SohnlkindeB. 

Von 

Angnat  Majer. 


LTeiL 

Metliodologisciies. 

Da  wir  in  den  folgenden  AnsfUlirangen  Bediuguugcn  psycho- 
loger Arbeit  nnterBnchen,  so  ist  es  nötig,  zuerst  den  Begriff  geiBtigar 
Arbeit  fdstsostellen.  Für  die  rein  psyebologische  Betrachtongsweise 
gibt  €0,  ttKSBig  genommen,  keine  peydiologiicbe  »Arbeit«,  der 
FHyebologe  kennt  Ton  seinem  Stnndpankte  ans  nnr  geistige,  beiw. 
payohopby Bisehe  Vorgänge,  ihre  Znsammensetsnng,  ihre  Snk* 
Session  and  ihren  Znsanunenhang.  P^yohisebe  Vorgänge  werden 
erst  dadmreh  an  geistiger  Arbeit,  daß  wir  sie  in  Beaiehnng  selaen 
zu  einer  objektiv  normierten  Leistung.  Diejenigen  psychischen 
bezw.  psychophysischen  Vorgänge  macheu  daau  eine  psychophy- 
sische  Arbeit  aus,  welche  aiö  die  Summe  der  nnmittelbaren  Be- 
dingungen der  Verwirklichung  dieser  objektiv  normierten  Leistung 
angesehen  werden  können,  oder  welche  die  Leistung  unmittelbar 
herbeifilliren,  oder  welche  während  der  Leistung  von  dem  Indi- 
▼idnnm  betätigt  werden.  Das  pädagogische  Experiment  wird  in 
der  Begd  von  emer  äafieren  Leistang  aasgehen,  als  denjenigen, 
was  oljjektiy  festgestellt  nnd  qnantilatiT  bestininit  werden  kann; 
von  hier  aas  bestimmt  es  die  Afagrananng  and  die  Eigenaohafien 
der  pajehophysisehen  Vorgänge,  welche  sieh  bei  der  Leistang 
belStigen  als  die  Arbeit  des  IndiTidnnms. 

Da  jede  Arbeit  unter  der  Mitwirknng  änBerer  Umstände  an 
Stande  kommt,  so  kann  man  die  äußeren  Umstände,  unter  deneu 
gearbeitet  wird,  als  Mi  tursacheu  der  resultierenden  Leistung  be- 
trachten.   Jede  psychophysische  Arbeit  kann  daher  daraufhin 


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über  lansel-  mid  Getamtleiataiig  des  Schalkindes.  277 

unteraadit  werden,  wie  Yiel  von  der  resuHiereiideii  LeiBtang  den 
psf  ohopliyBiselieii  Yoigaogeii  eines  IndiridnnniB  nnd  wie  viel  der 
Umgebung  verdankt  wird.  Znr  Umgebung  rechnen  wir  dabei  den 
Olli  die  die  Temdiflpertonen  umgebenden  GegensOnde,  Personen 
n.  a.  Fttrlins  ist  nnr  yon  Interesse,  m  erfithren,  ob  flberiianpt  nnd 
inwieweit  unter  besonderen  Bedingangen  öxereh  die 'Mitarbeit  an- 
derer die  Leistung  des  Individuums  beeinilußt  wird.  Dabei  be- 
zeichnen wir  die  Arbeit,  welche  der  Einzelne  abgetrennt  vuii  an- 
deren vollendet,  als  Einzelleistung;  für  Jene,  welche  das  Individinim 
zu  Stande  brinfft,  bei  gleichzeitiger  Mitarbeit  einer  ganzen  Gruppe 
anderer  ludividaen,  soll  der  Kürze  halber  der  —  wenn  auch  nicht 
eindeutige  —  Terminas  Gesamtleistang  in  Anwendung  kommen. 
Beide  Begriffe  werden  in  der  Folge  dnreb  die  Bnehsfcaben  £.  beaw. 
a.  abgekürzt 

Demnaeh  wire  daa  Hanptproblem  TOili^gender  Arbeit  folgender- 
maßen m  fassen: 

Wie  rerbftlt  sieh  nnter  gewissen  Bedingungen  die  E. 
eines  Indiyidnnms  sn  seiner  G.? 

Die  Wichtigkeit  eines  solchen  Problems  wird  wolil  kanm  ver- 
kannt werden.  Scheint  man  doch  durch  seine  Lösung  zugleich 
auch  auf  exaktem  Wege  der  Beantwnrtung  der  Frage  näher  zu 
treten,  ob  liberh  aupt  und  nach  welch  er  Kichtung  und  unter 
welchen  Bedingungen  der  Klassen-  Uber  den  Einzelunterricht 
an  stellen  ist.  Die  tägliche  Erfahrung  sowohl  im  Schul-  als  auch 
im  praktischen  Leben  weist  darauf  hin,  daß  sich  das  Individuum 
in  einer  arbeitenden  GemeinscbafI  oft  wesentlioh  anders  Terhült 
als  in  der  Abgeschlosaenheii  So  spricht  man  von  eüier  An- 
eifernng  Lethargiseher  dnreh  Lebliaftere»  von  einer  Hebung  der 
Schleohteren  durch  Bessere,  von  einer  Art  Suggestion,  welche 
Schlüfrige  anf  ihre  Umgebung  ansttben;  man  weist  hin  anf  stö- 
rende Einflüsse,  welche  nnter  Umständen  durch  die  Ifitarbeit  an- 
derer auf  den  uder  jeueu  einwirken;  mun  verkennt  in  der  Erzie- 
hung nicht  die  Bedeutung  der  Umgebung  illr  die  sittliche  Gestaltung 
des  Zöglings;  dem  Beispiele  des  Erziehers,  der  Eltern  und  Ge- 
schwister usw.  mißt  man  solche  Wirksamkeit  bei.  Blicken  wir 
schließlich  auf  uns  selbst!  Wir  müssen  zugeben,  daB  auch  wir 
bald  mehr,  bald  weniger  unter  dem  Einflüsse  der  Masse  steigen. 
Heitere  Menschen  wissen  den  Ton  der  Unterhaltung  in  der  ganzen 
Gesellschaft  sn  dnem  lebendigen  nnd  fiEOhlichen  tu  gestalten;  tmb- 


278 


Angoit  Mtsyv, 


selige  Gesichter  wirken  anf  den  Lebensfri  hesten  niederdröckend. 
Überall  können  und  müssen  wir  einen  Eiuüuß  der  Gksamtbeit  aif 
den  Einzelnen  und  umgekehrt  konstatieren. 

So  weit  die  rohe  Beobachtung.  Worin  ein  solcher  EinfluB  be- 
steht, wo  und  wodoroh  er  seine  Grenien  findet,  in  wie  weit  die 
IndividnalitSt  Betftimmiuig  und  Biehtanip  gebend  dngieift»  all  das 
•fnd  Fragen,  Uber  welehe  wir  bisher  keine  ErfUmmg  beaitno: 
Foraoheit  wir  noeh  lo  eingehend  in  den  dueh  die  Beohaobiong 
gegebenen  Tatoaefaen,  wir  werden  lehwerlieb  AnfUirung  finden. 
Waa  bis  jetit  aaeb  dieser  Biebtang  bin  sv  leisten  Tersaebt  wnrde, 
bewegt  sich  alles  auf  dem  Boden  roher  Erfahrungen  und  ergeht 
sich  in  nicht  genügend  begründeten  Theorien  und  Vermutungen. 
Schon  vor  20  Jahren  ist  Scherfif^*)  der  Frage  nach  dem  Werte 
des  KiasseuunterrichteH  gegenüber  dem  Einzelunterrichte  näher 
getreten.  Er  begrttndet  eingehend  die  Vorzüge  des  ersteren,  aber 
nur  durch  theoretische  Überlegungen,  ohne  experimenteUen  Nach- 
weis. Dieser  soll  in  den  folgenden  Untersaefaangen  wenigstens 
ffta  einige  Hanptfragen  erbracht  werden. 

§  2.  Der  Stoff. 

Der  Stoff  wurde,  so  weit  es  eben  möglich  war,  dem  Bereiche 
der  Volkssohnlprazis  entnommen.  Dabei  war  im  allgemeinen  man- 
cherlei an  erwigen: 

Das  gegenwürtig  im  ünterricbt  im  Vordeigntnde  stehende  Stoff- 
gebiet allein  ni  berttoksiehtigen,  wäre  nioht  sweckmiBig  gewesen 
wegen  des  oifenbar  großen  and  nicht  ohne  weiteres  qaantitatiT 
an  bestimmendem  Übungseinflnsses.  Ebenso  mnsste  abgesehen 
werden  von  der  ausschlieBlicben  Heranriebung  aeitlidi  an  weit 
rückwärts  liegender  Materien  wegeu  eines  sicherlich  vorhandenen, 
aber  nicht  bei  jedem  Individuum  gleich  proßen  Übungsverlustes. 
Su  eröchicn  es  geboten,  solche  Stoffe  zu  wählen,  Olr  welche  man 
nach  den  Erfahrungen  im  Unterrichte  einen  relativ  ziemlich  gleich- 
mäßigen Grad  von  Übung  resp.  Übangsverlust  voraussetaen  ]u>nnte. 
Bei  der  großen  zeitlichen  Ausdehnung  der  Versuche  war  es  nsr 
tttrlieh  nOtig,  stets  den  Fortsehritt  des  Unterrichtes  im  Ange  sa 

1)  Friedrich  Emil  Scherfig,  Der  psychisohe  Wert  dea  Einzel-  und 
(Ip^  Klassenonterrichte«.    Eine  paychdogiMh-pIdagogiaehe  Mottograiilue. 

Dispert  Leipzig  1882. 


Üb«r  Einzel-  und  detamtleifftiiikg  dm  SekiilkiiideB.  279 

behalten.  Nach  den  Erfahnmgen  durfte  man  erwarten,  daß  die  6. 
TOD  der  E.  abweicht  Damit  nim  die  Untorsehiede  zum  Anadmok 
gelangen-  kennten,  worden  die  Arbeiten  ee  gewtthit,  daB  feUep- 
iieie  Leiatnngen  seltener  an  erwarten  waren.  Im  Ihterease  der 
Yeiif^eiohbaikeh  eradhien  es  geboten,  (Oi  die  £.  nnd  die  dazu- 
gehörige O.  mQgliehet  gleiehi^ig  aebwferige  Anfbrdenmgen  zu 
stellen.  Ausdrücklich  muß  bei  der  Beurteilung;  der  Stoffe  nach 
dieser  Seite  hin  festgehalten  werden,  daB  niciit  allüremein  gültige 
Urteile  ttber  das  Schwierigkeitsverhültnis  der  cinzeliierj  Materien 
zueinander  in  diesen  Zuordnungen  ihren  Ausdruck  finden  sollen. 
Es  ist  stets  zu  erwägen,  daß  infolge  des  fortschreitenden  Unter- 
richts sowohl,  als  anob  infolge  der  Eigenarten  des  Lehrenden  u.  a. 
m  dieser  Beziehung  natomotwendig  ganz  bedeutende  Versobie- 
bongen  stattfinden  mttssen,  die  alsdann  in  den  Angen  Uneinge- 
wefliter  leioht  den  Eindmek  eines  Hi&yeilUlltnissea  berrormfen 
kflnnen.  SoblieBliob  werde  aneh  eine  Gleiebheit  der  Anforderongen 
in  qnantitatiTer  Hinsiolit  angestrebt 

Die  kenrorragendtte  BoUe  im  Sehnlleben  spielen  oifenbar  yer> 
Staad,  Gedächtnis  and  Phantasie.  Wir  Tersnehten  dieser  Tatsache 
Rechnung  zu  tragen  durch  die  Wahl  folgender  Stoffe;  Diktiit, 
mttndliches  Rechnen,  Kombination,  Gedächtnis  und  schriftliches 
Rechnen.  Vorzugsweise  als  Yerstandt^slcistnug  durften  jedenfallB 
mUudliches  und  schriftliches  Kechnen,  so  weit  sie  nicht  lediglich 
mechanische  Ausflihrung  von  Operationen  Tedangen,  aqgeaehen 
werden;  Diktat  und  Gedächtnisleistung  nehmen  Torzngsweise  das 
Gedächtnis  in  Anspruch,  nnd  in  der  Kombinationsanfgabe  dttrfte 
der  Pbantarie  Qelegenbeit  gegeben  sein,  den  Grad  ihrer  Bdcb- 
baltigkeit  nnd  Beweglidikeit  daizotnn.  Von  dem  nrsprOngliehen 
Ftaae^  anek  eine  Aofialzarbeit  anfertigen  zn  lassen,  kam  iek  bald 
ab.  Brsdiek  fehlt  Kindern  im  5.  SebnQahre  zum  größten  Teile 
noeh  die  Fähigkeit,  ihre  Gedanken  selbstiindig  nnd  in  einer  sti- 
listisch einigermaßen  vollkommenen  Form  darzustellen.  Ihre  Auf- 
biitze  sind  meist  niclitB  anderes  uls  die  \Viedergabe  der  durch  den 
Lehrer  entwickelten  Formen.  Stoffe  utih  dem  Unterrichte  zu  ver- 
wenden, erscbien  um  deswillen  bedeiiklieli,  weil  der  Aufsatz  als- 
dann nichts  weiter  hedeutet  als  eine  Reproduktion,  eine  einfache 
Gedächtnisleistung.  Die  Benutzong  von  Naoherzählnngen  wttrde 
denselben  Bedenken  unterliegen.  Zweitens  aber  dttrfte  es  mit 
anfierordentlieben  Sebwierigkeiten  verknüpft  sein ,  ftlr  solebe  Lei- 


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280 


Aogut  Mayer, 


Stangen  Oberhaupt  ein  der  nngelieiireii  Mannigfaltigkeit  im  Satzbao 
und  Aasdrnck  auch  nur  annähernd  gerecht  werdendes  Mafi  auf- 
zufinden. Es  wire  hier  dem  individneUen  Meinen  ein  viel  m  Mer 
Spielranm  gelanen. 

Ich  diflkütiere  in  folgendem  die  StofliHiBwahl  im  Spedelleii: 

1.  Diktat 

Die  Diktate  —  10  an  der  Zahl  —  wurden  so  gewfthlt,  daft 
tie,  als  Ganiee  betrachtet,  den  Sehttlem  nnbekanni  waren,  ohne 
jedoeh  nene  Wortfermen  in  bieten.  Folgende  Stoffe  fanden  Ver- 
wendung: 

1.  Einzelleistung:  Wiederkehr  des  Frühlings.  | 
Neu  verjüngt  wird  die  Natnr  |  nnrh  dem  Abzüge  des  Wiuters.  ( 
In  firisohem  Schmucke  prangen  die  Wiesen,  |  und  ▼iele  Blumen 
erfreuen  vdb  |  durch  ihren  reisenden  Anblick.  |  Yeignllgt  treibt  der 
Hirte  Bcbie  Herde  |  hinaus  auf  den  grttnen  Teppich  der  Weide,  | 
und  munter  springt  sie  umher,  |  sich  freuend  des  lange  entbehiten 
Genusses.  |  Auf  freien  PlStsen  sammelt  sieb  |  die  beende  Scbar 
der  Kinder;  |  auch  sie  Alhlt  neues  Leben  |  und  mischt  ihren  Jubel 
ein  j  in  die  LobgesJingc  der  >»atur. 

1.  Gtosamtleistong:  Die  Linde.  | 

Die  libide  ist  kein  Waldbaum.  |  Yertnmlich  tritt  sie  aus  der 
Wildnis  |  an  den  MenBcben  und  an  sein  Haus.  |  Im  Dorfe,  auf 
dem  SchloBhofe,  |  an  der  rauscbenden  Quelle,  { wo  die  Sohnitter 
rasten,  |  da  ist  ihr  Platz.  |  In  ihrem  erquickenden  Schatten  sam- 
melt sich  [  die  fröhliche  Jugend  zum  Spiele,  |  das  Alter  zur  ernsten 
Itede.  I  In  der  Krone  singen  lustige  Vögel,  |  in  den  BlUttcru  bum- 
men  emsige  Bienen.  |  An  Grüße  und  Stärke  gleicht  sie  der  Eiche;  | 
beizförmige  Blätter  schmtlcken  den  herrlichen  Baum. 

2.  Einseileistung:  Die  Tiere  im  Hanse.  | 

Der  findige  Mensch  bat  mancherlei  Tiere  |  an  sein  Hans  ge- 
wöhnt. I  Man  nennt  diese  auch  Hanstiere.  |  Pferd  und  Rind  rechnet 
man  |  vorzugsweise  hierher.  |  Sie  werden  wegen  ilires  hedeutenden 
Nutzens  |  Uberall  sehr  hoch  geschätzt,  |  sorgfältig  gefüttert  und  e-e- 
pflegt.  i  Auch  gefiederte  Geschöpfe  finden  Platz  im  Hanse.  |  Enten 
und  Gänse  tummeln  sich  schnattomd  und  schreiend  im  Hofe.  | 
Daß  fast  jedes  Haus  einen  wachsamen  Hund  |  oder  eine  ntttsliche 
Katse  beherbergt,  |  weiB  jeder. 


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über  Ebiiel-  und  GeMuntleietiuif  des  Sehnlknidw.  281 

2.  GeaamtieiBtnng:  Nach  dem  Regen.  | 

Ein  Gewitter  batte  in  der  Naeht  |  die  ermattete  Eärde  getriinkt  | 
Ftoh  wanderte  ieli  dnreh  den  GUurteo.  |  FlOtallcb  zenifi  die  itrak« 
lendfi  Sonne  |  das  dunkle  GewSlke.  [  Die  Sinc^Qgel  liefien  non  | 
ihre  heiteren  Lieder  ertOnen.  |  Die  Sehwalben  aohoeaen  wie  der 
Blitz  I  dnroh  die  Uare  Horgenlnft.  Die  Sobmetterlinge  flatterten  | 
den  duftigen  Blumen  zn.  |  Die  Bienen  krochen  wieder  aus  ihren 
Körben.  |  In  wenigen  Augenblicken  wimmelte  die  Luft  [  vüu  un- 
zähligen GeschCpfeu. 

Genau  in  der  gleichen  Art  waren  die  übrigen  Diktate  aos- 
geftlhrt. 

Alle  diese  Stoflfe  umfassen,  inkl.  der  Überschrift,  127  Silben. 
Die  Darbietung  erfolgte  in  15  Abschnitten,  beieicbnet  durch  «^enk- 
reehte  Striebe.  Bei  der  Abacbiltznng  in  qnantitatiYer  Hinaicht 
wurde  die  Sübenaahl  in  Betnieht  gezogen,  im  Gegenaats  zu  andern, 
welche  bei  der  experimenteDen  Yerwendnng  der  Diktieimethode 
die  absolnt  oder  wenigatena  ann&hemd  gleiehe  Zahl  Ton  Bnoh- 
ataben  zu  Terwenden  beatrebt  waren.  Ein  erheblieher  ünteraehied 
zwischen  den  beiden  Yerfiihrangsweisen  ist  nicht  zn  konstatiereiL 
Die  einzelnen  Buchstaben  differieren  hinsichtlich  der  zu  ihrer  An- 
fertiirung  erforderlichen  Zahl  von  Zügen,  ebenso  repräsentieren 
auch  die  einzelnen  BuchstabcnfZTuppen  (Silben)  verschiedene  Quan- 
titäten. Erwartet  man  im  ersten  Falle  bei  der  ^oßen  Zahl  von 
Einheiten  einen  Ausgleich,  so  dürfte  man  auch  im  zweiten  Falle 
berechtigt  sein  zu  einer  solchen  Annahme.  Aufierdem  aber  yer- 
dient  das  SilbenzUhlen  insofern  den  Vorzug,  als  es  eben  —  nament- 
lieh  bei  größeren  Diktaten,  mit  weit  weniger  Umatiindliohkeit  yer- 
knttpft  iat,  als  die  FeatsteUnng  des  Baehatabenqnantoma. 

Die  Diktatatoffe  tragen  alle  beaehreibenden  Charakter.  Ihrem 
aaohliehen  Inhalte  nach  durften  aie  dem  Gedankenkreise  der 
Kinder  gleich  nahe  stehen;  formell  wurde  nichts  Fremdes  gegeben. 
Dieses  Moment  ist  um  deswillen  wiohtig,  wett  das  Verständnis  des 
Geboteneu  auch  l)eim  Diktat  mit  der  Vollkommenheit  der  Dar- 
stellung ofifenbar  bis  zu  einem  gewissen  (rrade  in  ursächlichem 
Zusammenhang  steht.  Gerade  dieser  Umstand  schien  die  Auswahl 
Ton  Beschreibungen  zu  empfehlen,  deren  sachliche  Seite  keine 
Sobwierigkeiten  bietet. 

Die  Feststellung  der  Diktatabschnitte  erfolgte  nach  dem  aneh 
im  Unterrichte  geltenden  Gesichtajmnkte:  Jede  Gni|ipe  aoÜ  -wo- 

IrAIv  fit  PirAolofli.  L  19 


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282 


August  Ibyar, 


möp^lich  ein  Zusammenhängeudes,  ein  biungemäßes,  bilden.  Es  ist 
hiemach  einleachtend ,  weshalb  anf  eine  öilbenglcichheit  der  ein- 
sdnea  AbBohnitte  keine  Bttokfiieht  genommen  weiden  konnte. 

2.  MflndHelieB  Reoknen. 

Jeder  Leiitnog  auf  diesem  Gebiete  sind  drei  Aufgaben  zn  Grande 
gelegt: 

1.  Emsellditmig: 

a)  Was  kosten        kg  Kaffee  k  l.^JJl? 

h)  Unter  7  Personen  sollen  gleichheitUch  238  Jf  TOiteilt  werden. 

Wieviel  erhili  jede? 
e)  7x80 

+  40 

V. 

die  Hüfte 

Vio 

X  10() 
die  HäUte 

1.  GenmtleiBtQng: 

a)  Was  kosten  61/4  kg  Kaffee  a  l,6ü  .//? 

b)  Unter  9  Personen  sollen  gleiohkeitlick  378  «4!  yerteilt  werden. 
Wieviel  erhüt  jede? 

e)  6x90 

+  60 

Vi 

die  Hilfte 

Vi* 

X6 

Vio 

X  100 

die  Hälfte. 

2.  EinzelMBtiing: 

a)  Ein  Arbeiter  verdient  tä«:lich  2,40  wtviel  in  2V3  Tagen? 
bj  9     einer  Ware  kosten  4,ö8  J( ;  wie  teuer  ist  1  ? 


oiyui^uo  uy  Google 


Uber  Hniel-  vauL  GemnfleiBtang  dea  Sdndkiiidfls. 


283 


e)  9x50 

-J-60 

—  30 

Vs 
Vif 

X  mit  flioli  Belbst 
die  Hälfte 
die  HUile 

4-5x7« 

2.  Oesamtleistung: 
a)  E8  gibt  jemand  in  1  Tage  2,20 .  //  aus;  wieviel  in  4'/^  Tagen? 
bj  7  ^  Fleisch  kosten  3,85  ./T  ;  wie  teaer  ist  1  //  ? 
e]  7  X  50 

-f  60 

—  10 

Vit 

Vs 

X  mit  bIcIi  Belbst 
die  HlUfte 
die  HUfte 
+  3x8 

I>ie  übrigen  Aufgaben  teilen  wir  nicht  mit,  da  sie  ganz  nach 
.\nalogie  der  vorigen  entworfen  waren.  Die  beiden  ersten  Auf- 
gaben cliarakteridieren  sich  als  einfache  Schlußrechnungen,  von 
denen  jeweils  Nr.  1  durch  Multiplikation,  Nr.  2  durch  Division  zu 
lösen  ist;  Nr.  3  berücksichtigt  nur  das  mechaniBi  lie  Kcehnen.  Die 
einander  entsprechenden  Angaben  jeder  Gruppe  erfordern  zu  ihrer 
Auftlhning  die  Vornahme  einer  »tet?  gleichen  Ansahl  von  Operar 
tionen;  hierbei  nehme  ioh  den  Begriff  Operation  im  engsten  Sinne 
des  Wortes;  b.  R  Ansreehnniig  der  Angabe  1  der  ersten  Gruppe  iß.}: 

1.  OpeiatiOD:  4 X  1  Ur» 4  jr 

2.  >  4x80:pr»d,20ur 

3.  »      4ur  4-3,20«ir»7,20ur 

4.  »       Va  V.  1,80  Jf  =  0,90  Jf 

5.  »       7,20  uT  +  0,90  J/  =  8,10  Jf, 
Aufgabe  2  derselben  Gmppe  (E  ): 

1,  Operation:      v.  210  Jf  =  m  Jf 

2,  »        »/t  V.  28  .  #  ^  4  .# 

3,  »       dOjf  +  ^Jf^Ujf. 

19* 


284 


Angiut  Mayer, 


Voraus  j^eht  hier  dii-  Zerlejron  von  238  Jt  in  210  M  u.  28 
Anfgabe  3  jeder  Gruppe?  iimfulit  nenn  Operationen.    Aoch  be- 
züglich der  stilistischen  Fassung  wurde  eine  annähernde  Gleich- 
heit der  mmuninftiigehürigen  Aufgaben  aogeetrebt 

3.  Kombination. 

Auf  diesem  Gebiete  gelangte  die  Ebbinghans^eolie  Kombi- 
nationsmetliode  zur  Verwendiing>).  »Ihr  Wesen  liegt  dann,  daB 
eine  gidfiere  Viellieit  von  nnabUingig  nebeneinander  bestehenden 
Eindrneken,  dfe  an  and  ftlr  deh  gaas  heterogene  nnd  nnn  Teil 

direkt  gegeneinanderlaufende  Assoziationen  zu  wecken  jrecigrnet 
sind,  mit  V'urstelhingen  beantwortet  werden,  die  doeii  zu  ihnen 
allen  gleichzeitig  paääcu,  die  sie  alle  zu  einem  einheitlichen  sinn- 
vollen oder  in  irgend  welcher  Hinsieht  zweekvollen  Ganzen  zu- 
sammenschließen.« Allerdings  war  der  Zweck  dort  ein  anderer 
wie  hier.  Ebbinghaus  versuchte  mit  Hilfe  dieser  Methode  die 
Wirkong  einer  dnrch  den  Unterricht  herbeigeftlhrten  Eimtldang  an 
konstatieren;  hier  hsndelt  es  sieh  dämm,  Leistnngen,  die  nnter 
Tariieiten  objekÜTen  Bedingungen  entatsndeni  mit  einander  an  yer- 
gleioheni  um  bierdnrob  den  einer  Arbeit  günstigsten  Umaiand  anf- 
anfinden.  Trots  dieser  verlnderten  Anfgabe  glaubte  man  sieh  der 
Kombinationsmetbode  bedienen  an  sollen,  weil  sie  im  Prinzip  geeig- 
net erschien,  den  Grad  der  geistigen  Leistungsfthigkeit  des  Indivi- 
daums  nach  der  Seite  der  FhaiiLasie  hin  erkennen  zu  lassen,  und  weil 
sie  l>ei  ihrer  erstmaligen  Anwendung  deutlich  ausgeprägte  indivi- 
doeüe  VerHchiedeiiheiteü  zu  Tage  treten  ließ  Ein  anderer  (innid 
sprach  ebentalls  fUr  die  Verwendung  von  Kombiuationsanfgabeu:  In 
der  modifizierten  Form  nähert  sich  diese  Methode  dem  ttbliohen  Scbnl- 
modus  von  Frage  und  Antwort  Die  Torgenommenen  Abänderungen 
haben  keine  Abweiohnng  von  dem  eben  angegebenen  Prinzip  der 
Methode  znr  Folge»  umgehen  aber  vieUeiobt  einige  Mängel,  welche 
ihr  in  der  von  Ebbingbans  erhaltenen  Ansprtgnng  woU  an- 
haften durften. 

Ebbinghans  legte  den  Sehttlem  Prosatexte  ror,  welobe  dnreb 
Hinweglassnng  toh  Silben  nnd  Worten  Torstammelt  waren.  Die  Stelle 

der  auf  solche  Weise  eliminierten  Buchstabenkomplexe  wurde  durch 
Striche  bezeichnet.  Die  Aufgabe  der  Schüler  bestand  nun  in  einer 

1  Ebbinghaus,  Über  eine  neue  RIethnde  zur  PrUfhug  ?:ei8tig;er  Fähig- 
keiten. Zeitachr.  f.  Payoh.  u.  Phy».  d.  Sinnesoigane.  1887.  Bd.  XXU.  d.  414. 


^  kj  i^uo  uy  Google 


über  Einzel-  und  GeeuntleistiiDg  dee  SebolkindeB.  285 


mißlichst  raschen  Ansfullung  der  Lücken.  Besondere  K Ucksicht 
war  zn  nehmen  anf  die  Silbenzahl,  die  ans  der  Anzahl  Striche 
erkannt  werden  konnte;  nieht  selten  bezeichnen  einige  Bachztahen 
den  Anfang  oder  SchlaB  des  einznseteenden  Wortes.  Für  jede 
leere  Stelle  war  also  dne  ganz  beetimmte  Eigttnzong  YOigesehen; 
jede  andere  mnfite  alz  Fehler  geahndet  werden.  Nnn  ist  doeh»  wie 
Ebbinghans  selbst  sagt,  das  Prinzip  der  Hetiiode,  die  SehfUerzn 
veranlassen,  aus  den  Fragmenten  ein  sinnvolles  Ganzes  zn  bilden, 
wobei  otieubar  der  Nachdruck  auf  » sinnvoll <  liegt.  Sinnvoll 
kann  aber  auch  irgend  eine  andere  sich  darbietende  Er- 
gänzung: mit  filier  größeren  oder  geringeren  Silbenzahl  sein. 
Weshalb  dieser  weniger  Bereehtigung  zugestanden  wird  als  einer 
andern,  ist  nicht  ohne  weiteres  einzusehen.  Fttr  die  Beurteilung 
der  Intelligenz  kommt  doch  in  erster  Linie  in  Betracht,  ob  die  er- 
gttadEte  VocsteUnng  sieh  als  ein  passendes  Glied  dem  Ganzen  ein- 
ikigt  oder  nicht  Als  ToUstiladig  belanglos  dürfte  es  wohl  erscheinen, 
ob  diese  Eiginznng  2,  3  oder  mehr  Silben  aafwdBt  Normaler 
Weise  erwartet  man  fibrigens,  daB  yon  yerschiedenen  Individuen 
die  Eindrücke  mit  yerschiedenen  Vorstellnngen  beantwortet  werden. 
Dadurch  nun,  daß  Ebbinghans  der  individuellen  Freiheit  so  enge 
Gr*  u/.f  11  zieht,  läßt  sich  eine  Verwandtschaft  der  Kombination sme- 
thod«;  in  dieser  Ausgestaltung  mit  dem  Ergänzunjrsrätsel  nicht  ab- 
leugnen. Vergegenwärtigen  wir  uns  nur  den  i'.rgänzuugövorgang  bei 
einem  Sehtller,  dem  sich  sofort  beim  Durchlesen  eine  ohne  Zweifel 
sinnvolle  Ergänzung  geboten  hat,  die  aber  mit  der  verlaogteu  nicht 
identisch  ist  Das  nächste  wird  eine  gewisse  Verwirrung  sein; 
dann  tritt  an  Stelle  des  Denkens  ein  Sachen  in  dem  Wort?orrat, 
ein  Probieren,  ob  sieh  irgend  eine  Wortrorstellnng  mit  den  yer- 
langten  Kennzeichen  yorfindet,  also  ^  Baten,  ähnlich  dem  Vor- 
gange beim  LOsen  eines  Btttsels.  Daß  hierbei  das  Angenmerk  sich 
weniger  anf  den  Sinn  als  yiehnehr  anf  die  Form  richtet,  ist  wohl 
nicht  zn  bestreiten.  Der  Ausfall  der  KomMnationsmelhode  in  dieser 
Gestalt  dürfte  daher  uieht  selten  als  eine  Sache  des  Zufalls  zu 
betrachten  uuü  ueben  anderen  uukontrollierbarcn  Einflüssen  nicht 
zum  geringsten  Teile  auch  davon  abhängig  sein,  oh  »ich  in  dem 
jeweils  disponiblen  Vorrat  an  Wortformen  jene  verlangte 
Wortvorstellung  als  besonders  geläufige  auszeichnet  oder 
nicht.  Großer  Wortreichtnm  bedingt  übrigens  noch  nicht  einen 
höheren  Grad  yon  Intelligenz.  Auch  £lsenhans,  der  fUr  Korn- 


üigiiizeü  by  GoOglc 


286 


AttgoBt  Mayer, 


binatiouimethode  die  Bezeicbnung  >Ergäiiziiog8methode«  empfiehlt^ 
meint,  daß  die  Lötning  der  von  Ebbinghaas  gestellten  KombinatioBs- 
«nfgaben  nicht  zum  geringsten  Teile  vom  Zufall  beeinflafit  wird:  »£b 
ist  der  Fall  denkbar,  dafi  der  die  LAeken  mDgebeiide  Silbenkomplex 
für  das  Schidklnd  so  oharakterifltiscli  oder  selten  ist,  daB  ein  Üiek 
auf  den  daichlOcberteii  Text  genOgt,  um  mit  Hilfe  der  Bertthnuiga- 
aasosiation  eine  Reproduktion  der  £^enden  Silben  berronorafen, 
ottne  daB  die  Wortbedentiing  hierbei  notwendig  eine  Bolle  spielte« 
Damit  dieser  Mißstand  beseitigt  werde,  mllsse  sich  die  Er^^iinzungs- 
aufgabe  >dem  Vorgang  bei  der  den  Unterricht  beherrschenden  Form 
von  Fraire  und  Antwort  nähern«. 

Um  dieser  Forderung  gerecht  zu  werden,  wurden  die 
Texte  so  eingerichtet,  daß  aus  einzelnen  Sätzen  die  Hauptgedanken- 
träger,  die  Zeitwörter,  wegblieben.  Dadurch  erhielt  das  übrig 
gebliebene  Satzfragmcnt  den  wenn  aneh  nicbt  mit  voller  Bestimmt- 
heit henrortretenden  Fragecharakter.  Die  Texte  sind  teils  ans 
Christoph  Sohmidt's  ErzShlnngen,  teils  ans  anderen  Werken 
herllbergenommen  nnd  sweckentsprechend  bearbeitet  worden.  In- 
haltlich waren  sie  den  Eindeis  nen. 

Jede  Aufgabe  umfaßt  annähernd  160  ^ben  und  verlangt  18  Er- 
ginzungen,  deren  Stelle  onbezeichnet  blieb,  nm  der  Versuchsperson 
die  größtmögliche  Freiheit  zu  sichern;  denn  iu  gcwib.scu  1  ülleu 
läßt  Bi(^h,  ohne  daß  der  8inn  dadurcli  eine  Störung  erfahren  wUrde, 
der  GedankeutrUger  auch  an  einer  aiulereu  als  der  vorgeseheneu 
Stelle  unterbringen.  Inlialtlich  litLn  n  die  Texte  dem  Verständnis 
der  Kinder  wobi  gleich  nahe.  Zur  Verweudong  gelaugten  folgende 
Stoffe: 

1.  Einselleistong:  Hamster  and  Hammel. 
Der  Löwe  snmi  K9mg  der  Tiere.  Da  man  drei  lang  ein 
groBes  Fept  Hamster  und  Hammel  wtiirend  dieser  Zeit  dem 
König  treue  Dienste,  woitlr  dieser  sie  nach  Gebtthr  wollte.  Er 
beide  Tor  sich  nnd  zn  ihnen:  »Da  ihr  mir  so  tren,  sieb  einer  von 
euch  eine  Gnade;  der  andere  aber  das  Doppelte  hievon«.  Beide 
aber  schon  seit  ^^eraumer  Zeit  in  bitterster  Feindschaft;  keiner  der 
erste  sein.  Kun  inan  das  Los.  Es  auf  den  Hammel.  Lauere 
dieser  hin  nnd  her.  Kiullich  al)er  er  den  KUni*,',  er  ihm  ein  Auge 
ausreißen.   Es;  der  Hamster  aber  beide  Augen. 

1  Eisenbaus,  Kachtrag  zur  E  K i')ii]bination6met]iode.  Z^tschr.  f.  Piydi. 
u.  Phya.  d.  SinneBorgane.  1897.  Bd.  XUL  Ü.  4ti0. 


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über  Eissel*  und  Gesiiiitileistiiiig  des  SehnUdadee. 


287 


1.  Gesamtleistung:  Der  Herr  ist  König. 

Bor  Landgnif  Pliilipp  toü  Hflflsen  dnst  wohlgonint  Uber  Feld; 
hmler  flun  seme  Begleiter.  Da  ein  Boliweree  Gewitter.  Eb  Ikeffig. 
Ab  die  Beiter  an  einen  Wald,  da  der  BlitE  Tor  dem  Landgrafen 
faraeliend  in  eine  mBohtige  Büclie  und  sie.  Das  Bofi  dee  I^oid- 
grafen  ersehrooken  in  die  Knie;  der  Landgraf  m  Boden.  Da  die 
Diener  erschrocken  herbei  nnd:  »Ihr  habt  doch  kein  erhebliches 
Un^^lürk,  i,nädiger  Herr?«  Aber  der  fromme  Landgrai  auf  und: 
AVaruui  ihr  mich  Herr?  Dem  über  uns  .dieser  Ehrenname.  Er 
der  Herr,  und  er  im  Unwetter  gnädig  an  uns  Mtrllber.« 

Ganz  entsprechend  waren  die  Übrigen  Kombinationen  ana- 
geführt. 

Der  Vollständigkeit  halber  seien  noch  zwei  Proben  der  Kom- 
binationaanfgaben  mitgeteilt 

5.  Binxelleistuig:  Die  ApfeL 

In  einem  Garten  oiu  Apfelbaum,  der  herrliche  Früchte.  Unter 
demselben  viele  Äpfel.  Dies  Georg.  Er  großes  Verlangen  dar- 
nach. Eiligst  er  doroh  eine  Lticke  des  Zaunes  und  alle  Taschen 
voll.  Der  Eigentümer,  welcher  den  Dieb  ron  seinem  Fenster  ans, 
mit  einem  Stecken  herbei.  Bäsch  wollte  Georg;  aber  er  blieb  in 
der  Laeke.  Er  weder  vor-  noeh  rttekwSris.  Der  Hsnn  üm  am 
Kragen,  ihn  ans  der  Lttoke  herans  nnd  ihm  derbe  Stieiehe.  Die 
gestohlenen  Äpfel  er  wieder.  BeseUmt  der  Bestrafte  nach  hanse. 
Seine  Kameraden  aber  von  nnn  an  nieht  mehr  mit  ihm. 

6.  Qesamtieistting:  Die  Bttbe. 

In  dem  Garten  des  armen  Eonrad  eine  ungewöhnlich  große 
Bttbe.  Er  de  an  seinem  Herrn  in  das  Schlott,  nm  ihm  damit  ein 
Geschenk.  Der  Herr  sidi  Uber  den  gaten  WiUen  nnd  dem  Hanne 
drei  Dukaten.  Davon  ein  reicher  Baner.  Dieser:  »Wenn  der  fttr 
eine  Bttbe  schon  drd  Dukaten,  so  werde  ich  von  ihm  ftr  ein  Kalb 
Tie!  mehr«.  Er  das  Kalb  in  das  Sehlofi  nnd  bat  den  Herrn,  es 
als  Geschenk.  Der  Herr  hatte  die  Absicht  des  Bauern.  Er  das 
Geschenk  an  und  dem  Bauern  jene  Rübe.  Dabei  er:  »Weil  ihr 
so  freigiebig,  so  ich  auch  nicht  geizig.  Diese  Kttbe  mehr  Wert 
als  euer  KaXh.* 


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288 


Angwt  Mayer, 


4.  Gedächtnis. 

Zur  Gedächtmalektimg  worden  folgende  Beiben  sinnloser  Sil- 
ben yerwendet; 

1.  EinMlleiBiiuig: 
fif,  sttp,  schöt,  meueh)  wanr,  fap,  kim,  bieh,  lllfi,  kSr. 

1.  GesamtleistuDg: 
wot,  mUf,  rak,  tesch,  baif,  bQg,  dol,  röf,  päun,  laf. 

Die  Übrigen  SilbenreUten  waren  naeb  den  gleicben  Prinsipien 
gebildet  Zweekdienüeh  wtoe  es  aUenBngs  geweien,  wenn  man 
auf  geeignete  Weiee  ancb  die  IieiBtnngen  dee  dnieb  den  Sinn 
nntentllteten  GedäebtaifNBee  geprüft  hlltte.  Es  lat  jedoeh  sehr 
flcbwer»  ebien  StoiF  an  finden,  der  aUen  ScbtUem  inbaltiieh  die 
gleiche  oder  annähernd  dieselbe  Scbwierigkeit  bietet  Hier  spielen 
eben  die  Individualität ,  die  üeschiilti^'uu^  der  Vp.  außerhalb  der 
Schulzeit,  uameutlicL  ihre  Lektüre  u.  a.  eine  uukoutrollierbare 
Rolle.  Ein  Gedicht  hätte  wohl  einen  Prüfstein  geben  können, 
wenn  der  Verwendung  eine«  solchen  eben  nicht  die  oben  hervor- 
gehobenen Bedenken  entgegen  gestanden  hätten. 

5.  Schriftliches  Rechnen. 

Die  den  Aufgaben  m  Gmnde  liegenden  SaehTerbftltniafle  lind, 
wie  es  eben  der  geistige  Stand  der  Vp.  erforderte,  dnickweg  sehr 
einfacher  Natur  nnd  den  Sehnlem  bekannt  Nur  die  stOistiBehe 
Fassung  der  Angaben  wechselt  Dies  gesdiah,  am  den  Einfluß 
der  Übung  etwas  zurQokzusehranben.  Die  Aufgaben  bewegen  sieh 
durchweg  im  Rahmen  der  Gewinn-  und  Verlustrechnungen.  Eis 
hängt  dies  eben  mit  dem  Unterrichtsstoff  zusammen.  Eine  Steige- 
rung der  Anforderung  tritt  nur  einigermaßen  in  den  Zahlenver- 
hältnissen ein.  Erhöhte  Scliwieri^^keit  für  die  Schiller  dürfte  aber 
hierin  um  deswillen  kaum  zu  Bachen  sein,  weil  ja  inzwischen  die 
Yp.  dnrcb  den  fortschreitenden  Unterriebt  in  derartige  Operationen 
eingeführt  worden  waren.  HinsiehtUch  des  textlichen  nnd  auch 
des  reehnonselMn  Um&nges  nehmen  nicht  nnr  die  Aufgaben  fUr 
die  E.  und  die  dazu  gehörige  G.  annlhemd  dieselbe  Stelle  ein, 
Bondem  es  dürfte  woU  ftlr  alle  10  Angaben  relative  CHeiebheit 
in  besagter  Hinsieht  au  beanspruehoi  sein. 

Nooh  muß  bemerkt  werden,  daß  es  im  Ünterriehte  vermieden 
wurde,  Aufgaben  bearbeiten  zu  lassen,  welche  mit  den  bei  den 


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über  EliuMi-  und  OemaJ^teaataag  dM  Schulkindes.  289 

VersQchen  verwendeten  textlich  oder  reohneriBch  identisch  gewesen 

wären 

Eine  besondere  Schwierigkeit  la^  für  die  Vp.  in  dtin  l  mstaiide, 
daß  man  nicht  mit  ihnen  vor  der  Auarechnang  gemciDBchattlich, 
wie  dies  bei  jüngeren  Schtllem  in  der  ersten  Zeit  erforderlich  ist 
und  wie  ee  «ach  im  Unterriohte  gehandhabt  wnide,  den  Gang  der 
AnQ^abe  entwiekelle. 

Folgende  Angaben  wniden  den  Sebllleni  snr  Bearbettnng  yor- 
gelegt: 

1.  Einzelleistung: 

Ein  Handwerksmann  hat  von  einem  Kaufmunne  27  »4  8  zu 
fordern.  Er  bezieht  von  letzterem  14,50  m  Tuch  ä  3,7b  JK  und 
3,60  m  k  S  Jf  b  Wieviel  Geld  muß  der  Handwerker  noeb 
dnranf  zahlen? 

1.  Gesamtleistung: 

Ein  Handwerker  bezieht  25,60  m  Tnch  ä  2,65  J(  und  5,70  m 
k  ^  b  ^.  Der  Kaufmann  schuldet  ihm  &a  gelieferte  Arbeit 
IbSJl  9^,  Wieviel  Geld  bat  der  Handwerker  noeb  in  forden? 
—  ÄbnUeb  waran  die  ftbngen  An%aben. 

§  3.  Die  Versuchspersonen*). 

Ale  Vp.  worden  verwendet  14  Knaben  ans  dem  6.  Jahrgänge 
der  Wttrsbnrger  YolksBebule.  Zu  Kontrollvennebeii  dienten  weitere 
14  Scbttler  Im  darauffolgenden  Jabie  auB  derselben,  nun  aber  in 
den  6.  Jabrgang  fortgeeebrlttenen  Ebune.  Hierzu  die  nttmlieben 
Vp.  zu  verwenden  wie  im  Yogahre  war  nicht  möglich,  da  einige 
hiervon  in  andere  Klassen  versetzt  worden  waren.  Die  Abteilung 
erhielt  der  Versuehaleitcr  Mitte  September  1900  Ubertragen. 

Die  Auswahl  der-  Vp.  erfolgte  mit  Kttcksicht  auf  nachstehende 
Gesichtspunkte: 

Gut  —  mittelmäßig  —  schlecht;  fleißig  —  faul;  sorgfaltig 

—  leichtfertig;  ehrgeizig  —  gleichgültig;  ruhig  —  lebhaft 

—  verzagt;  —  geordnete  Familienverhältnisse  —  arm. 
Dies  sind  selbstverständlich  nur  besonders  hervorstechende 

ZQge.  Eingebende  Cbarakteristlken  der  ersten  14  Vp.  sollen 
naebstebend  gegeben  werden.  Jetzt  sehen  soll  betont  werden, 

1)  In  Zukunft  abgekürzt  durch  Yp. 


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290 


Angut  M«yer, 


daß  sich  diei^iclben  nnr  :iui  die  Beobachtuug  schlechthm,  aicht  aber 
auf  experimentelle  Grundlage  stutzen. 

Zur  Charakteristik  der  Vp. 

Bei  den  Versnohen  treten  z.  T.  ganz  erhebliche  indiTiduelle 
Untecschiede  bcrvor.  Solche  können  yenmaeht  Bein  durch  die 
Eigenart  des  Stoffes,  dureh  beeondere  Bediogmigeii  in  enbjektiTer 
und  objekÜTer  Hinsieht,  flowie  sefalieBlieh  aneb  daroh  die  konstan- 
ten Eigentamliohkeitett  der  Vp.  Nach  der  Bichtang  der  beiden 
ersten  Punkte  durften  ErklttningSTersadie  kanm  erheblichen  Schwie- 
rigkeiten begegnen,  Tielleieht  abgesehen  von  den  snbjektiven  Be- 
dingungen. Aber  auch  der  Einfluß  der  letzteren  läßt  sieh  insofern 
eiuigermaBen  feststellen  und  abschätzen,  als  die  Kinder  dahin  in- 
struiert waren,  besondere  Indispositionen,  frleichviel  welcher  Art 
uud  Veranlassuug,  anz«g:eben,  wie  z.  B.  Veriiiide rangen  im  körper- 
lichen Befinden,  in  der  Gemütsstinimung  u.  a.  Im  tlbrigen  darf 
bemerkt  werden,  daß  gerade  bei  Kindern  besonders  abnorme  Dis- 
positionen oder  Indispositionen  seltener  zu  verzeichnen  sind.  Nam- 
hafte Schwankungen  im  seelischen  Gleichgewicht  hSngen  in  der 
Bogel  nur  mit  einer  Verindening  der  physischen  Zustünde  zn- 
sammen  und  kttnnen  alsdann  dem  Ijehier  kanm  rerboigen  hieihen. 
Sonst  Iftßt  sich  im  allgemeinen  eine  gewisse  Stabilität  der  psy- 
chisehen  Konstellation  nidit  ableugnen.  StOrnngen,  die  durch 
andere  als  dnreh  physische  Einflüsse  herrorgemfen  werden,  sind 
meistens  bei  der  fluchtigen  Eindesnatnr  nicht  TOn  nachhaltiger 
Wirkung,  wenn  sie  auch  momentan  mit  ziemlicher  Intensität  aut- 
treten. Ausnahmen  hiervon,  die  in  der  Individualität  des  Einzel- 
nen ihre  Begründung  ünden  mögen,  sollen  hiermit  uicht  in  Abrede 
gestellt  werden,  jedoch  sind  sie  selten.  Kleinere  ?>(  hwankungen 
in  Bezug  auf  die  Disposition  zeigen  sich  selbstveratäadlich,  gleichen 
sich  aber  watirscheiniich  gegenseitig  aus. 

Anders  verhSlt  es  sich  mit  der  ZurttckfHhrung  von  Abweichui- 
gen  anf  die  konstanten  Eigentümlichkeiten  der  Vp.  Hieran  war 
es  nötig,  sich  einen  Querschnitt  dnroh  das  psychische  Leben  einer 
jeden  Vp.  zn  verschaffen.  Daß  solch  allgemeine  Angaben,  wie  sie 
gewöhnlich  ohne  jegliches  Beoht  als  Charakteristiken  beseiehnet 
werden  —  beispielsweise  in  Zeugnissen  —  nicht  genügten,  durfte 
ohne  weiteres  klar  sein.  Das  psychische  Leben  äußert  sich  in 
so  mannigfaltiger  Weise  und  nach  so  verschiedenen  Kichtungen, 


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über  ransel-  nncl  OenmtIvbtaBg  des  Selmlkiiidet.  291 

daß  dieser  Tatsache  gegenüber  solch  dürftige  Notizen  in  nnsag- 
iMier  Armseligkeit  and  Unznlttngliohkelt  erBoheinen  rnttasen.  Die 
SehÜdening  ist  sohon  in  den  Hanptsllgen  imTolMndig;  Seiten- 
Knien  fehlen  in  der  Bßgel  ganz  oder  encbeinen  infi»]ge  einseitiger 
Betonung  als  Hanptsaehe.  Natomotwendig  mofi  daher  das  Bild 
ein  vefSQliwoinmenes  nnd  noch  daza  ein  reebt  kurzes  und  unge- 
rechtes werden.  Auf  Grand  solch  spärlicher  Hinweise  eine  Deu- 
tung von  Erlebnissen  versuchen  zu  wollen,  wäre  aiä  aussichtslos 
und  gevv;i;:t  znrttckzuweisen. 

In  erhöhtem  Maße  trifift  der  Vorwurf  der  Unvrillstäiidi^'koit, 
Ungerechtigkeit  und  Unzweckmäßigkeit  den  Gebrauch,  die  l'iihig- 
keiten  eines  Individuums  durch  Ziffern  charakterisieren  zu  wollen. 
Man  bemißt  wohl  selten  den  großen  Mangel  eines  soleh  sunma- 
risehen  Verfahrens.  Über  Bausch  und  Bogen  fafit  man  ronein- 
ander  Terschiedene  psyehlsdie  Funktionen  zusammen,  wie  Verstand, 
Geditehtnis,  Phantasie  n.  a.  Die  Grade  der  LelstungslUugkeit 
sind  aber  nicht  naeh  jeder  Biohtnng  hin  als  gldehmftßig  zu  be- 
aeiehnen,  wie  ja  auch  die  Terschiedenen  psychischen  Akte  nieht 
Ton  Tomherein  als  gleichwertig  betrachtet  werden  kOnnen. 

Ein  weiterer  Mangel  der  Fähigkeitsziffern  ist  der,  daß  in  ihnen 
individuelle  Verschiedenheiten  nicht  voll  zum  Ausdruck  kommen. 
Naturgemäß  entsteht  bei  2  Individuen  mit  erleicher  Fähigkeits- 
ziffer der  Eindruck  einer  Übereiustiinniung  nach  jeder  Richtung 
hui;  offenbar  ein  Unding!  Bedenkt  man  noch,  nach  wpirh  kurzer 
Zeit  meist  schon  eine  solche  Zensur  in  Koten  oder  V\  orten  vor- 
genommen wird,  so  mflssen  ttber  die  objektive  Richtigkeit  nnd 
damit  ttber  den  Wert  dieser  Angaben  berechtigte  Zweifel  ent- 
steheiL 

Die  Stelle  einer  Charakteristik  kann  also  weder  duroh  einige 
allgemeine  Bemerkungen,  noch  durch  Ziffiom  ersetzt  werden.  Der 
Entwurf  einer  psychologischen  Skizze  Tcrlangt  vielm^  ein  tieferes 

Eindringen  in  das  individuelle  Leben,  eine  scharfe  Beobachtung 
durch  eine  größere  Spanne  Zeit  hindurch  <). 

Die  Vp.  befanden  sich,  als  vorliegende  Charakteristiken  for- 
muliert wurden,  schon  seit  Jahren  in  der  Kla««ie  des  Ver- 
suchsleiters. Seit  Beginn  der  Versuche  —  Februar  l'JUl  —  waren 
sie  in  ihrer  Entwicklung  mit  besonderer  Aufmerksamkeit  ver- 

1)  Eine  weitere  offBubv  noeh  wlehtigefe  Forderung  ergibt  sieh  aus  uneem 
Veitneheu. 


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August  Ilayer, 


folfirt  worden.  Die  Beobachtungen  fanden  zuiiiichst  Aiilnahme  in 
einem  eigens  zu  diesem  Zwecke  angtlt  L^ti  n  Tagebach.  Soweit 
es  möglich  war,  wurde  die  Verbindnng  mit  dem  Elterubanse  in 
ananffälliger  Weise  ansgenntzt  zur  Gewimuiiig  neuer  Zttge  oder 
znr  event.  Korrektor.  Eiine  Reibe  von  Fragen,  an  deren  schrift- 
licher Beantvortang  sich  ror  Weihnaohten  1901  die  ganze  E^lasM^ 
damit  80  der  Zweck  verdeekt  bleibe,  zn  beteiligen  batte,  schaffte 
weitere  AufkUroiig,  oYeni  Beatitigiuig  des  Bcbon  Fixierten.  Au 
diesem  Material  heran«  entwickelten  dob  die  bei  der  VerwOTtung 
der  Vemebe  benutzten  Skizzen.  Dieselben  wurden,  soweit  es 
eben  mOglich  war,  auch  den  frtlheren  Lehrern  znr  Meinungs- 
äußerung vorgelegt.  Da  es  leiclit  vorkommen  kann,  daß  infolge 
übertriebener  Betonung  dieses  oder  jenes  i  unktes  ein  unklares 
oder  gar  falsches  Bild  erzeugt  wird,  war  es  angezeigt,  auch  un- 
beteiligte Sachkundige  heranzuziehen,  die  dann  nach  Durchlesen 
einer  Charakteristik  das  Bild  der  betreffenden  Yp.,  so  wie  sich 
dasselbe  in  ihrem  Bewußtsein  widerspiegelte,  wiederzugeben  hatten. 

Trotz  aller  angewandten  Vorsicht  und  möglichster  Gründlich- 
keit» mit  welcher  bei  der  Festlegung  vorgegangen  wurde,  bin  ich 
mir  bewußt,  mit  diesen  Skizzen  nodi  weit  ron  dem  Ideal,  von 
der  VoUständigkeit  entfernt  zu  sein.  Auch  kann  iob  mir  nicht 
Teibeblen,  daß  denn  doch  Tielleicht  da  oder  dort  eine  Yolle  Ober- 
einstimmung  des  Bildes  mit  der  Wirklichkeit  f^btt^);  ferner  muß 
ich  wohl  noch  betonen,  daß  diese  Charakteristiken  durchaus  nicht 
bcstiüimt  sein  köuneu,  eine  Uber  die  Zeit  erhubeuc  Gültigkeit  zu 
beanspruchen.  Verschiedene  Gründe  veranlaßten  all  diese  Be- 
denken. 

Erstlich  ist  in  Betracht  zn  ziehen  die  Art  der  Entstehung  so 
mancher  Züge.  Es  liegt  auf  der  Hand,  daß  man  von  den  Schü- 
lern nur  selten  und  in  unauffiUiiger  Weise  eine  Beschreibung  ihres 
psychischen  Znstandes  Terlangen  darf.  Wir  haben  eben  keuie 
geübten  Beobachter  vor  uns.  Zu  gar  mancher  Annahme  künnen 
wir  daher  nur  gelangen  auf  Grund  der  Deutung  von  Ausdrudube- 
wegungen;  ich  erinnere  an  die  Tatsachen  der  Aufinerksamkeit,  bei- 
spielsweise an  die  Fhige,  ob  wur  es  mit  einer  wiUknrHoben  oder 

1}  Ich  erachte  es  als  notwandigi  auadrttcUioh  ni  betonen,  daß  diese  £r- 

wXgnngen  stattfanden,  noch  bevor  man  ein  klares  Bild  von  den  Versuche- 
ergebnisRcn  nii']  ihr'^u  Beziehangen  zur  Individoalitit  hatte.  Daaselbe  güt 
auch  von  der  Fixierung  der  Charakteristiken. 


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über  Einael-  imd  G«aamtleistaiig  des  Schulkindes.  293 

nnwillktlrlichen  Teilnahme  zu  ton  baben.  Daß  in  einem  solcben 
Falle  MeinangsverBchiedenheiten  möglich,  sogar  wahrscheinlich 
sind,  bleibt  wobl  imbefitritten.  Zweitens  biefie  68  die  Tatsaebe 
der  geistigen  Weiterentwicklnng  negieren,  wollte  man  für  diese 
SkinieTiingen  eine  dniob  die  Zdt  nnbeeinflofite  Gttltigkeit  bean- 
sproehen.  Gerade  im  ScbnUeben  bietet  sieh  so  blutig  Gelegen- 
beit  so  beobaobten^  wie  sieb  allmüblicb  ein  Zng  besonders  aus- 
bildet auf  Kosten  des  andern;  hierdurch  wird  natürlich  das  Bild 
Ott  wesentlich  verändert,  nicht  selten  bis  zur  Unkenntlichkeit  um- 
gestaltet. Als  unbedingt  feststehende  Charakteristiken  können 
diese  Aufzeichnungen  auch  schon  nm  deswillen  nicht  gelten,  weil 
ja  die  Person  des  Erziehers,  die  in  unseren  Klassen  leider  sehr 
häufig  wechselt,  auf  die  Gestaltung  des  psychischen  Lebens  von 
nicht  geringem  Euiflusse  sein  dürfte.  Schließlich  spielt  anob  die 
Sabjektifitftt  des  Beurteilenden  eine  oft  niebt  sn  nntecsobiteende 
Bolle. 

Was  aber  fli  diese  Darlegungen  in  Anspraoh  genommen  wer- 
den mnB  nnd  jedenfiüls  anefa  zugegeben  wird,  ist  relatiTe  Glli%- 
keit  wenigstens  in  den  Hauptzttgen.  Jeden&Os  dfliften  aneb  niebt 

alle  Nebenstriche  ins  Reich  des  Problematischen  zu  verweisen  sein. 
Zu  Gunsten  eiuer  solcheu  Auualiuie  darf  wohl  nochmals  auf  die 
sicherlich  nicht  voreilige  Art  ihrer  Fixierunj;  sowohl  als  auch  auf 
die  in  zeitlicher  Beziehung:  ziemlich  ansgit  luiro  Verbindung  zwi- 
schen den  Vp.  und  dem  Experimentator  verwiesen  werden.  So 
soll  denn  für  die  Benrteüimg  der  folgenden  Darleguigen  im  all- 
gemeinen diese  Norm  gelten: 

»Sie  bieten  ein  im  wesentlicben  entspreehendes  Bild  der 
psyobiseben  Konsfeellation  der  einseinen  Vp.  ftlr  jene  Zeit, 
in  weleber  die  dieser  Arbeit  zn  Grande  gelegten  Leistangen 
geliefnk  wnrden.€ 
Idi  lasse  für  jede  der  ersten  14  Vp.  eine  solehe  Skisse  folgen. 

Fa. 

Der  Schüler  ist  von  dem  besten  Willen  beseelt  Bei  seiner 
schwachen  Begabunor  jjelinfrt  es  ihm  jedoch  nicht,  seine  Leistungen 
über  die  Stufe  der  Mittelmäßigkeit  hinaufzuschrauben.  Dem  TTnter- 
riobt  wendet  er  fast  ausnahmslos  einen  hohen  Grad  von  wiilkUr- 
Beber  Aufmerksamkeit  zu.  Seine  zahlreichen  Versuche,  sieb  aktiT 
wa  beteiligen,  beweisen  jedocb  niebt  selten,  dafi  es  ibm  versagt 


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294 


bUn'M,  diii  Lhu^U/Urzte  gauu  jm  €T(a&i«s  und  zu  xetMtiftwen.  Z»- 
doB  tntt  bei  emi^ermafieB  aMütageadcr  Mitarbeit  eehr  tamk  dm 
mcht  wb^eat^Dder  Grad  roo  ^t>ti^r  EnnQdim^  auf. 

Dm  Gcaktek  seicH  «eh  naefc  der  ■nhHkihiB  Scüe  kn 
beMer  cHwi^dt  ab  wmk  kgiMkea,  ohM  jAck  wmk  im 
jever  Beadra^  adhrik  IGttdHillgei  n  IcMtaB.  Erkf^Mor 
Aifriie  aaeb  aa  fiebftea  wMicb;  flrrfiaWm^  ciaar  Er- 
ilUaag  «cflt  er  nr  T«WtnMtf«  aehirar.  Die  Tünche,  dal 
Aa  bete  Aaewcadl|^enea  od  beni  Bepfodaeierea  dee  eo  An- 
^eei^eten  iiteti  die  84*hriftzeiehen  des  zn  memorierenden  Stoffes 
▼onich weben,  wei^t  aal  das  Vorwiegen  eines  optiseben  Gedicht- 
llistyimrt  hin. 

£twa.H  jrtJnBtijrer  pcHtalt^  n  -i'  }i  die  Vt  rhitlmiöS'e  für  die  Phan- 
taiie,  die  nicht  immer  einer  regeren  Tätigkeit  entbehrt.  Jedoch 
macht  sich  bei  ihreo  Lebtiuigen  eine  gewisse  BcigeUosigkeit  an* 
aDgeoebm  bemerkbar;  es  fehlt  eben  meiat  die  ordnende  Leitung 
daieh  dea  Venlaad.  Der  Schtüer  lieat  zwar  sehr  gerne;  da  er 
aber  dabei  aar  langeam  m  Werke  gebt  and  geben  moB,  wenn  er 
daa  Gelesene  aaeh  ToUetftndJg  erfiueen  will,  so  ist  der  Umfimg 
■einer  Lektüre  nnr  ein  beadieidener.  Im  Yeideigninde  aenies 
Intereeeee  eteben  baapMhshHeb  kleine  Märchen,  wie  sie  seiner  noeb 
sehr  naiven  Nator  eben  angepafit  sind. 

Obwolil  er  (lern  Unterricht  groBe  Aufmerksamkeit  entixe^en- 
bringt,  läüt  sich  eine  gUuhtiir»  Disposition  für  ablt  ukeude  Heize 
konstitieren,  welche  nirh  im  Zustande  der  Emiüdinis-  natur^remäß 
hedi'utcnd  Hteig-ert.  Zerntreuunj^en  sind  al8dann  auch  bei  den  er- 
sichtlich redlichsten  Hemttbiinpren  die  notwendige  Erscheinung.  Als 
Folge  erneuter  Versuche  läßt  sich  des  öfteren  ein  geringes  An- 
wachsen der  Ldstnngen  ftr  knrze  Zeit  konstatieren.  Seine  besen- 
dere  Vorliebe  wendet  er  dem  natnrknndlichen  Unteniebt  so,  »weil 
er  die  Experimente  besser  Terrtebt«* 

Sein  Auftreten  selgt  Mangel  an  Sdbstvertranen  and  grofie 
Angstliobkeii  Er  besitEl  eui  anfieiordentlieb  weiehea  and  empfäng- 
liobes  Qemtti  UnteneUeife  abid  ihm  bei  seiner  strengen  Beebt- 
licbkeit  fremd. 

Der  Khrf^eiz  iHt  anlit  rordentlich  entwickelt.  >dchts  schmerzt 
ihn  uichr  ulö  ein  straiendes  Wort;  eine  Anerkennung  wirkt  sehr 
crliobcnd  auf  ihn.  Auch  der  Wetteifer  ist  bei  ihm  keine  seltene 
Kricheinong. 


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über  EinseK  und  GeMmtldstiiiiff  de«  Schnlkindet.  295 

Körperlich  ist  der  Scbttler  Bcbvvuch  entwickelt  und  sieht  meistens 
blaß  nnd  kränklich  ans.  Vielleicht  tragen  hier  mit  Schuld  die 
sehr  beBchiinkten  häuslichen  Verhältnisse,  die  im  grellen  Gegen- 
satE  za  den  hesseien  Zeiten  stehen,  welehe  die  Familie  firOher 
gesehen.  Dieser  Umstand  mag  sehr  niederdrHokend  snf  den 
empftngKehen  Knaben  wiiken.  Der  Vater  hat  kehie  feste  Stel- 
Iniig  imd  keinen  regelmäßigen  Verdienst  Die  händiehe  Eniehnng 
seheint  eine  sorgsame  ni  sein. 

FO. 

Ein  gnt  veranlagter  Schttler.  Ani  entwickelnden  Unterricht 
heteiligrt  er  s^iob  in  reger  Weise  und  zeichnet  sieh  dahei  aus  durch 
klare  nnd  sachgemäße  Antworten.  In  seinen  Urteilen,  namentlich 
tlber  geschichtliche  Personen  nnd  deren  Handlungen,  ist  eüie  im 
Verhältnis  zu  seiner  Jngend  ganz  enorme  Gtereiftheit  zn  erkennen. 
Bei  lül  Sehlem  Ton  nnd  Lassen  leiten  ihn  nnr  TemUnftige  firwä- 
gongen,  und  allenthalben  kehrt  er  semen  praktiaehen  Standpunkt 
hervor.  Aneh  den  Anordnungen  des  Lehrers  gegenüber  betont  er 
hier  nnd  da  seine  gegent^lige  Ansicht  nnd  kann  dann  nnr  dnreh 
Vorfthmug  von  VemnnftgrUnden  ttberaengt  werden.  Blindes  Kach- 
beton einer  Meinung  oder  die  Unterordnung  unter  Befehle,  für 
welche  nach  seiner  Ansicht  die  nötige  Begründung  fehlt,  läßt  sich 
nur  selten  bemerken. 

Die  logische  Seite  des  Gedächtnisses  ist  bei  weitem  besser  ent- 
wickelt als  die  mechanische.  Tniuiltlielie  Wiedergabe  eiuer  mäiiig 
großen  Erzählung  gelingt  ihm  in  den  UauptzUgeu  meist  schon 
nach  einmaligem  Durchlesen.  Die  Schwierigkeit,  welche  bei  ihm 
das  wörtliche  Einprilgen  mit  sich  bringt,  steigert  sich  noeh|  wenn 
dem  MemorieiBtotif  d^  logische  Zusammenhang  mangelt 

Die  Phantasie  änfiert  sich  in  liemliefa  lebhafter  Weise.  Die 
Lektüre  betreibt  er  awar  gerne,  aber  wegen  Zeitmangels  nnr  in 
mäßigem  Umfange.  Legenden  nnd  Eiaählmigen  ans  der  vaterländi- 
sehen  Geschichte  stehen  dabei  im  Vordergnmde  seines  Interesses. 

Wenngleich  er  bestrebt  ist,  allen  Fächern  einen  gleielimäßig 
hohen  Grad  von  Aufmerksamkeit  zuzuwenden,  so  läßt  sich  in 
dieser  Beziehung  doch  eine  Bevorzugung  der  vaterländischen  Ge- 
schichte konstatieren.  Ablenkungen  siiul  selten  und  da  nnr  auf 
kurze  Zeit  zu  verzeichnen.  Gesaug  in  der  liähe  wirkt  bei  der 
Arbeit  am  meisten  störend  auf  ilm  ein. 


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296 


August  MayoTi 


Sein  Auftrcteu  ist  ruhig,  sieher  nnd  voll  Selbstvertrauen.  Bei 
Anfertigung  seiner  Arbeiten  zeigt  er  sich  selbständig.  Ein  Unt^r- 
Bchied  hinsichtlich  der  Größe  des  Eifers  bei  Schul-  und  üausaaf- 
gabeu  be'iteht  nicht. 

Der  £hrgeiz  ist  nicht  besonders  ftn^c-cprägt.  Ein  Wetteifern 
mit  andern  Sohttlem  gUt  als  seltene  ErBehemnng.  Er  ist  beim 
Arbeiten  lediglieh  «if  flieh  Mlbit  konzentiieri  Nur  wenn  er  weift, 
daS  es  Bloh  um  einen  gans  besonderen  Zweek  handelt,  wie  z.  B. 
bei  Prttfnngen  oder  besonders  wiehtigen  Schulaufgaben,  läBt  er 
sieh  in  eine  Konlcorrenz  mit  den  übrigen  ein.  Kamliafte  Empfind- 
liebkeit  gegenflber  irgend  einem  Strafmittel  ist  nicht  vorhanden. 

Sonst  zeigt  der  Schiller  sowohl  seinem  Lehrer  als  aiicli  iseincu 
Kameraden  gegenüber  ein  verschlossenes  Wesen.  Er  sucht  mit 
niemand  nähere  Freundschaft  anzuknüpfen.  Am  liebsten  weilt  er 
im  Walde  [beim  Holzholen).  weil  er  da,  wie  er  sagt,  ganz  allein 
ist.  .Strenge  Rechtlichkeit  hat  ebenfalls  als  ein  üaaptzug  seines 
Charakters  sn  gelten. 

Fö.  ist  von  nicht  gerade  kräftigem  Köiperban,  aber  trotzdem 
ans<^einend  gesnnd. 

Die  lahlrdche  FamiUe  lebt  in  großer  Armnt  Doch  sncht 
sie  durch  eisernen  Fleifi  —  aneh  die  Kinder  werden  allem 
möglichen,  aber  ehrbarem  Erwerb  angehalten  —  ihr  Los  ertHlg- 
licher  zu  gestalten.  Der  Vater  ist  TaglOhner  mit  sehr  geringem 
Verdienst.  Uber  die  hftusliche  Erziehung  kann  etwas  bemerkens- 
werte» uiüiit  auHgesagt  werden. 

He. 

Wenn  der  Schüler  auch  in  bezug  auf  Begabung  nicht  mit  zu 
den  bevorzugtesten  der  Klasse  zu  rechnen  ist,  so  bewirken  doch 
sein  eiserner  Fleiß  und  seine  peinUohe  Gewissenhaftigkeit,  daß 
seine  Leistongen  im  allgemeinen  nur  wenig  hinter  den  Arbeiten 
der  Besten  znrttckstehen.  Dem  entwiokehiden  Unterricht  folgt  er 
&8t  stets  mit  grOfiter  Anfinwksamkeit,  was  seine  rege  Ifitarbeit 
beweist  Ans  seinen  in  der  Begd  klaren  nnd  zutreffenden  Ant- 
worten geht  hervor,  daß  er  den  Daibietangen  im  ganzen  an  folgen 
im  Stande  ist  Knr  im  Rechnen  bleiben  seine  Leistongen  manch- 
mal in  qualitativer  Hinsicht  hinter  denen  der  Besseren  zurück. 
Hier  steigert  sich  seine  Verwirrung  nicht  selten  zu  völliger  Kopf- 
losigkeit und  Unfähigkeit,  selbst  den  harmlosesten  Anforderungen 


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über  £iiuMl>  and  OeBtmtleiitoiig  des  SciralkindeB.  297 

AU  ijenligen.  In  diesem  Fache  stellt  sich  auch  bedeutend  rascher 
und  intensiver  die  ErmUduug  ein  als  im  sonBtic:en  Unterriclite. 

Das  Gedäclitni><  steht  sowohl  mit  Kucknicht  auf  die  h>gi8che, 
als  anch  im  Hinliiick  auf  die  mechaoiscbe  Seite  sm£  hoher  Stufe 
und  ist  dabei  toü  großer  Treac. 

Die  Phantasie  betätigt  sich  in  lebhafter  Weise,  ohne  jedooh 
Henrorragendes  oder  Außergewi^hnliehes  za  leisten.  Eine  beson- 
den  ausgiebige  Beschäftigiuig  mit  der  Lektttie  Ußt  sieh  mskt 
konstatieren;  heronngt  weiden  von  ihm  namentlieh  gesehiohtliehe 
Stoife  uid  Sagen. 

Wenngleich  er  jedem  Unteiriehte  mit  gespanntester  Anlmeik- 
BamkeH  folgt,  so  ist  der  Schiller  doeh  außerordentlich  empfUng- 
lieh  für  ablenkende  Reize,  selbst  ftir  solche  von  ganz  geringer 
Stärke.  Das  leiseste  Geräuöch  veranlaßt  ihn  nicht  selten  zu  cmvr 
wenn  anch  nur  kurzen  Blickwendung  nach  der  lleizquelle.  Dass 
trotzdem  nur  in  ganz  wenigen  Fällen  eine  länirerc  und  intensivere 
Zerstreuung  sicli  konstatieren  läßt,  scheint  auf  das  Vorherrschen 
einer  willkürlichen  Aufmerksamkeit  hinzudeuten. 

Außerordentliche  Lebliaftigkeit  in  seinem  Auftreten  wechselt 
ab  mit  auffallender  Zaghaftigkeit.  Letztere  steigert  sich  oft  zn 
TOlfiger  Beklommenheit  Diese  £rseheinnng  dürfte  vielleieht  in 
dem  Hinweis  auf  den  schwUehHchen  K9rperban  tmd  die  zeitweise 
ziendieh  stark  auftretende  Kervosititt  des  Schttlers  einigermaBen 
eine  Erkl&mng  finden.  Dieser  nervOse  Zustand  tritt  ganz  spora- 
disdi  auf  und  inBert  sieh  —  naeh  Aussage  der  Eltern  —  in 
Schlaflosigkeit,  abwechselnd  mit  unruhigem,  von  wirren  Traum- 
phantasien  gestörtem  Schlafe.  Tu  solchen  Perioden  zeigen  sich 
während  des  Unterrichtes  häufig  eigenartige,  unwillkürliche  Zuk- 
kuDgen  der  einen  Gesichtshälfte  und  hastige,  zwecklose  Finger- 
beweguügen. 

Bei  AusfUhrung  der  ihm  übertragenen  Arbeiten  geht  er  in  der 
Regel  selbständig  vor,  läßt  sich  jedoch  bei  gemeinsamen  Arbeiten 
hie  und  da  auch  durch  Hitsehfller  zur  Anknüpfung  von  Wechsel* 
besiehungen  Yeridten.  Seine  HauBau%aben  lassen  musterhaften 
{lel8  und  ausnahmslos  Selbständii^keit  erkennen. 

Der  Ehrgeiz  ist-  sehaif  ansgeprigt  Tadelnde  Worte  ror  sei- 
nen Kameraden  sind  ihm  scluurfe  Strafe,  eine  Anerkennung  gilt 
ihm  als  höchstes  Lob.  Bei  gemeinsamen  Arbeitfm  ist  ein  reger 
Wetteifer  zu  konstatieren. 

ArUt  f5r  Ptychologi«.  L  20 


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298 


August  Mayer, 


Ate  HavptBttg«  fleineB  Gharakters  dttfften  Bcine  Gvtmtttigkeif, 
■owie  seine  leiclite  Seisbsrkdt  gelten,  weloli  letttere  eieli  hKafig 
steigert  sn  einer  apodiktiBelien  Betonmig  feines  Wittens. 

He.  ist  Sohn  eines  in  ^iten  Verhältnissen  lebenden  Tanzlehrers. 
Die  häusliche  I'rzicLuui;  will  das  Beste,  scheint  aber  nicht  ganz 
frei  zu  sein  v  on  onzulässiger  Nacb^ebigkeit  und  einer  gewissen 
Yerweicblicbong. 

Htt. 

Ein  sehr  gering  begabter  Schüler,  bei  dem  jedoch  nicht  immer 
der  j;ute  Wille  fehlt.  Die  außerordentliche  Schwerfälligkeit  seines 
FasBiingsvermögens  oÖ'enbart  sich  namentlich  darin,  daß  es  ihm 
nicht  selten  anch  bei  den  ersichtlich  redUcbsten  Berntthongen  yer- 
sagt  bleibt,  dem  elementarsten  Entwicklungsgang  mit  entspreohen- 
dem  (Gewinn  folgen  an  können.  Sein  Wissen  nnd  Können  steht 
daher  qnalitatiT  nnd  qnantitatiT  nieht  wenig  hinter  den  Leistnngen 
eines  DorclisefanittSBehttlers  znrttek.  Dieser  Übelstand  wird  noeb 
um  ebt  BetrIlehtUelies  yersehlimmert  dnrch  die  sieh  hftnfig  zeigende 
OleiobgUltigkelt  nnd  Tdlnahmslosigkeit,  weldi  letztere  sieh  bei 
ihm  —  wie  wohl  bei  keinem  seiner  Mitschüler  in  so  ausgeprägter 
Weise  —  äulicrt  in  einem  zwar  auf  den  Lehrer  gerichteten,  aber 
stieren,  auffallend  gläsernen  nnd  leeren  Blick  bei  atatuenhafter 
BewegmigBiüsigkeit  des  gauzen  Körpers.  Gelegentliche  Zwischen- 
fragen nnd  sein  eigenes  Geständnis  bew^eisen,  daß  ihm  oft  nicht 
einmal  der  Gegenstand  der  Behandlung  bekannt  ist.  Beine  Cire- 
danken  wellen  in  solchen  Momenten,  wie  er  selbst  angibt,  meist 
zu  Hanse  oder  anf  dem  Spielplatze.  Ist  es  ihm  jedoch  mit  einiger 
Anstrengung  gelnqgen»  anf  knize  Zeit  erfolgreich  mitznarbeiten, 
dann  dnrehxieht  sein  ganzes  Wesen  eine  freudige  Erregitng,  sieher- 
lich  verbunden  mit  dem  guten  Willen,  sieh  auch  weiterhin  zn 
beteiligen.  Aber  einige  nachfolgende  Sdiwieiigkeiten  tilgen  in 
der  Regel  aneh  die  letzten  Spuren  eines  solchen  Anlaufes  aus  und 
werfen  den  Schüler  wieder  in  das  Stadium  der  Geistesabwesenheit 
zurück 

1)  Solche  Erecheinungen  gehUren  in  imseni  Volksohiiloberkliaaen  lücht 
ni  den  Seltenheiten.   Zwei  Gründe  lassen  sich  dafür  a.  a.  anführen: 

a.  Solche  Schüler  werden  in  den  Unterklassen,  wo  der  Stoff  ihrem  Ver- 
atändniB  noch  näher  liegt,  nioht  genügend  lange  zurückgehalten.  Je 
htthor  binanf,  desto  grOßer  wüd  das  MiflrcibXitniB  iwisehea  Sohiri«- 
rigkeit  des  Stoffes  und  Faanmgiknft  des  ScbUsn.  Das  Beialtat 


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über  Elnsel-  und  GeBuntleislaiig  des  SehnlldndeB.  299 

Sein  Gedächtnis  ist  rein  mechanisch  ilitlg.  Es  gelingt  ihm 
wohl  oft,  in  entannlich  kurzer  Zeit  MemorierBtoffe  bewältigen. 
Allein  eine  nnr  oberflftehliche  FrtUftang  ergibt  flchon,  daß  der 
logiaebe  Znaammenhanj^  bei  ihm  das  GredSehtnis  sehr  wenig  oder 
gar  niofat  nntenrtfltzi  Er  reproduziert  nicht  selten  die  unsinnigsten 
ZnsamraensteUnngen.  Die  Gleiclmiäßigkeit)  mit  weleher  dieselben 
auf  Verlangen  wiederholt  werden,  beweist  zur  Genüge,  dafi  beim 
Lernen  einige  Wortbflder  falsch  aufgefaßt  und  eingeprägt  wurden. 
Kr  korri^aert  sich  zwar  auf  Verlangen,  aber  ohne  von  der  Wider- 
sinnigkeit  Uberzeugt  zu  sein.  Das  logische  Gedäelituid  ist  fast  ver- 
kümmert. Eiu  Versuch,  den  Inhalt  einer  Erzählung  darzustellen, 
den  Gang  kurz  zu  skizzieren,  scheitert  meist  kläglich  an  seiner 
Unfähigkeit.  Und  doch  ist  ihm  das  Ganze  bekannt;  auf  ent- 
sprechende, den  Gang  kurz  andentende  Fragen  weiß  er  meist 
Auskunft;  nnr  fehlt  ihm  das  Vermdgen,  den  logisehen  Zusammen- 
hang  üi  sieh  aufzunehmen.  Er  selbst  ssgt,  er  lerne  am  liebsten 
wOrtlieh  auswendig,  wefl  er  es  anders  (inhaltiiefa)  nieht  merken 
könne. 

Die  Phantasie  seheint  in  ihrer  Tätigkeit  noeh  nieht  weit  ttber 
die  ersten  Schritte  hinausgekommen  zu  sein.   Es  fehlt  ihm  auch 

die  Anregung  hierzu  beinahe  ganz.  Die  Stotfe  der  Schule  wirken 
wegen  der  schon  hervorgehobenen  Mißstände  zu  wenig  auf  ihn. 
Eine  ausgiebige  Pflege  der  Lektüre  findet  ebenfalls  nieht  statt, 
teils  wegen  des  Mangels  an  Ausdauer,  teils  denhalb,  weil  er  zu 
Hause  meist  zu  körperlicher  Arbeit  angehalten  wird.  Trotzdem 
scheint  er  sich  nicht  ungern  mit  dem  Lesen  zu  befassen.  In  der 
Pause  vertieft  er  sich  manehmal  in  £rzlüilniigen,  die  den  Kindern 
aus  der  Sehulbibliothek  zur  Verfttgang  stehen. 

Der  Grad  der  Aufmerksamkeit  ist  —  wie  aus  dem  Vorher- 
gehenden schon  erdehtlieh  —  meist  ein  geringer.  Hier  und  da 
sAaeht  sieh  infolge  dnes  günstigeren  YerhSltnisses  zwischen  Stoff 
und  Fassungskraft  oder  infolge  einiger  WOlensbetätignng  seitens 

kiiui  mter  solchen  UmatiBdeii  kaum  anden  sn  erwirten  sefai»  als  es 

in  dem  vorliegenden  Falle  gegeben  ist. 
b.  Solche  geistig  tietHt^-lx-ndc  Elemente  bedürfen  überhaupt  einer  be- 
sondeni  Pflege  in  eiuer  eignen  KliUi&o  mit  entsprechend  niedrigerem 
Lebxziel  und  elementarereui  Lehrgang.  Eine  solche  AuBScbeidang 
ttge  sowohl  fan  Intnesse  der  Besseiea,  ab  anch  ho  Lkteiesse  der 
Schwächeren.  Hieimlt  steht  im  Znsammeiihtiig  die  gegenwlrtlg  eiftigsk 
diskutierte  M&sehuleiifrage. 

90* 


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300 


Avgott  Mayer, 


des  SchHlers  eiue  etwas  intensivere  Teilnahme  ftlr  kurze  Zeit 
bemerk])ar.  liinäichtlich  der  Ablenkbarkeit  besteht  uaturgemätt 
eine  sehr  günstige  Disposition. 

In  i^einem  Auftreten  zeigt  sich  AngirtUohkeit  und  Unsicherbdi 
£b  fehlt  dem  Schüler  jedes  Selbttrer^aneii;  d»h«r  ist  bei  allen 
seinen  Arbeiten  in  der  Sohnle  Biets  die  Neigong  Torhnndeii,  am 
den  Arbeiten  der  Nachbarn  an  sohttpfen.  Der  aaf  die  Hanaasf^ 
gaben  verwendete  FleiB  IftBt  in  den  meiiten  Füllen  aefar  an 
wttneeben  übrig. 

Der  Ehrgeiz  ist  bei  Ihm  nidit  beBonden  ausgeprägt.  Er 
Lan^  nicht  sehr  nach  Lob  und  fühlt  sich  anch  dnrch  einen  schar- 
fen Tadel  kaam  merklich  beruln  t    Die  Strafen  fürchtet  er  nicht 
weiren  ihres  eruiedriprcnden  Charukters,  sundern  wegen  der  nnao- 
geuehmen  physischen  \\  irkung. 

Noch  mnß  hervorgehoben  werden,  daß  sich  bei  dem  Schüler 
in  sexoeller  Hinaioht  schon  Verimmgen  zeigen;  er  ist  Onanist 

If.  ist  Sohn  eines  Taglöhnem.  Die  zahlreiche  Familie  lebt  in 
kttmmerlichen  YerhältniBsen.  Trotz  der  offenbar  kaigen  Em&hraag 
zeigt  er  sieh  körperlich  ganz  gnt  entwickelt  nnd  macht  anch  in 
gesnndheitlieher  Beziehnng  einen  normalen  Eindruck. 

Ot 

Ein  der  beeseren  IffittefanäBigkeit  znznxedmender  Schiller  mit 

mäßiger  Begabung.  Der  entwickelnde  Unterricht  bietet  ihm  manche 
Schwierigkeit. 

Das  Gcdäclitnis  ttberödireitet  in  Hezaj^  auf  neine  Leistnngs- 
fähigkeit  nur  wenig  die  Stufe  der  MittelmäÜigkeit ;  namentlich 
mangelt  ihm  die  Treue.  Das  mechanische  Cledäcbtnia  »obeiut 
besser  entwickelt  za  sein  als  das  logische. 

Die  Tätigkeit  der  Phantane  hält  sich  ebenfalls  in  mftfiigen 
Grenzen.  Die  Lekttlre  wird  Ton  ihm  nicht  besonderz  gepflegt 

Obwohl  sonst  sehr  lebhaft  in  seinem  Auftreteni  zeigt  er  sieh 
doeh  w&hrend  des  Unterrichts  in  der  Begel  gesammelt  nnd  Ton 
dem  besten  WUlen  erfiOlt,  den  Ansftihmngen  des  Lehrers  mit  Anf- 
merksamkeit  m  folgen.  Eine  besondere  Empfiüiglichkett  für  ab- 
lenkende  Heize  läßt  sich  nicht  nachweisen.  Sobald  er  jedoch  ein- 
mal einem  Uuterrichtsgegenstande  seine  Teilnahme  entzogen  hat, 
gelingt  es  ihm  nur  sehr  schwer,  sich  wieder  zn  sammeln. 

Sein  Ehrgeiz  ist  ziemlich  stark  entwickelt  und  betätigt  sich 


Uber  Einzel-  und  OesamfleiBtmig  dee  Sehnddndes.  801 

bei  g^mekuuimeT  Arbeit  hauptsächlich  in  dem  Streben,  in  kürzester 
Zeit  fettig  za  sein.  Gelingt  ihm  dies  nicht,  so  bemächtigt  Bich  seiner 
eise  aogfltiUudiehe  Unnihe,  die  sieh  in  lebhaften  Körper-  und 
Mwidbewegiingen,  sowie  In  httnfigen  und  hastigen  Ansblieken  naeh 
seinen  arbeitenden  Kameraden  an  UnBem  soheinl  Schon  für  ge- 
linde Strsfinittel  seigt  er  sidi  empfänglich. 

Das  Vertrauen  aaf  seine  Leistangsföhigkeit  ist  bei  dem  Schiller 
nicht  sehr  ausgeprägt,  nnd  selbst  dann,  wenn  er  seiner  Sache  voll- 
kommen sicher  iät,  läßt  er  es  uiclit  au  Versuchen  fehlen,  die 
Arbeiten  seiner  Na*  liliara,  weim  auch  nnr  znm  Vergleiche  heran- 
zuziehen. Auch  ist'ine  Hansnutl^aben  zeigen  in  der  Regel  dieseu 
Mangel  au  Selbständigkeit  und  lassen  oft  auch  das  nötige  Maß 
¥on  Pflichtgefühl  vermissen, 

Ot  ist  in  ktfiperüdier  BeziehriDg  vollkommen  normal  nnd  macht 
einen  kräftigen  mid  gemdffii  fiindnek.  £r  ist  Selm  eines  Baeb- 
dmekeieilieBitaeri.  Die  Fsmifie  lebt  in  gUnatigen  Yeibättnissen. 
Die  hiuliehe  Bnielnuig  sdieiDt  sieh  in  Extremen  m  bewegen. 

Ist  ziemlich  gut  begabt  und  charakterisiert  sich  vuriugBweise 
alö  Verstandesnatur.  Dem  Unterricht  folgt  er  im  allgemeinen  mit 
Veratändnis  und  Interesse,  ohne  daß  sich  jedoch  besonders  her- 
vorrageude  Leistungen  konstatieren  lassen.  Eine  Auauahmc  hier- 
von bildet  das  Kechnen,  das  er  zu  seinen  Lieblingärächern  zählt. 
Bier  ist  er  mit  gaaser  Seele  bei  der  Sache  nnd  offenbart  sein 
ungeteiltes  IntsvcMe  in  eifrigster  Mitarbeit.  Unter  den  flbrigen 
Fftekem  IwvoiBDgt  er  noeli  sehr  das  Zeichnen;  trotadem  erreiohen 
hier  die  Besnltala  nioht  die  Stofe  der  Besseren.  Am  wenigsten  hat 
Katnrkonde  anf  sdne  velle  TeOnahme  zn  redinen.  üngeaeliiet  der 
offenbaren  Beroizngung  einiger  Untsrnchtssweige  ist  er  jedoch  meist 
bestrebt,  aneh  auf  den  andern  Gebieten  Entsprechendes  an  leisten. 
Seine  Antworten  gehen  im  allgemeinen  auf  den  Fragepunkt  ein  und 
verraten  die  Fähigkeit  des  Schülers,  folgerichtig  zu  deuken. 

Sein  Gedächtnis  zeigt  sieb  sehr  gut  entwickelt,  in  mechanischer 
Hinsicht  vielleicht  etwas  besser  als  in  logischer.  Wörtliciiets  Ein- 
prägen verursacht  ihm  nie  Schwierigkeit,  selbst  dann  nicht,  wenn 
der  Sinn  unklar  ist  oder  weoik  dem  an  Memorierenden  der  innere 
Zasammenhai^  fehlt. 


Üigiiizeü  by  i^üOgle 


Av^t  Ibyer, 


Die  Phantasie  zeichnet  sich  weder  durch  besondere  Rührigkeit, 
noch  durch  irgend  eine  Eigenart  aus;  sie  bewegt  sich  durchweg 
in  den  Grenzen  des  Alltäglichen.  Zur  Lektüre  fthlt  er  sii  li  nur 
dann  hingezogen,  wenn  ihn  die  Langeweile  pla^rt.  Sonst  beschäf- 
tigt er  sich  mebt  gerne  damit,  »weil  man  nichts  davon  hat«,  wie 
er  selbst  bemerkt.  Sein  Blick  iBt  mehr  auf  das  Praktiicbe»  auf 
di8  Kützliche  gerichtet.  (Er  will  einst  Musiker  weideB,  wis  nach 
seiner  Mehnmg  viel  Geld  embriogt) 

Im  Unterridit  legt  er  im  aOgemeiiieii  einmi  ziemlieh  koken 
noA  gleioknAfitgen  Gnd  yon  geistiger  Simmlung  an  den  Tsg; 
eine  besonders  günstige  Disposition  flir  die  Ablenknng  der  Anf- 
merkssmkeit  ist  niebt  vorbanden. 

Bei  der  Anfertigung  seiner  schriftlichen  Arbeiten  geht  er  in 
der  licgel  selbständig  zu  Werke.  Auf  seine  Schularbeiten  ver- 
wendet er  weit  mehr  Eifer  nh  auf  seine  Hausaufgaben. 

In  Hoineni  Auftreten  Tcii^i  sich  TTnbefangenheit  und  Ruhe. 

Der  Ehrgeiz  ist  iu  hohem  Grade  entwickelt.  Das  Bewußtsein, 
durch  irgend  ein  Vergehen  die  Acbtong  seines  Lehrers  verscherzt 
en  liaben,  wirkt  ungeheuer  peinigend  und  niederdrückend  anf  üin. 
So  z.  B.  sieht  er  es  als  die  sebwerste  Strafe  während  seiner  gan- 
Ben  Sobnizeit  an',  dafi  ihm  von  seinem  Lebrer  einst  gelegenflicb 
einer  ivissentUob  nnwabren  Angabe  eme  seharfe  MiBbilHgqng  ans- 
gesproeben  vnd  bedeutet  wnide,  daB  em  Lflgner  die  Yeraehtnng 
seiner  Hitmenseben  verdiene. 

Körperlich  ist  Rn.  nicht  sonderilck  gut  entwickelt.  Stets  zeigt 
er  ein  blasses  und  kränkliches  Aussehen  und  besitzt  nach  Aus- 
sage des  Aratcä  eine  äußerst  günstige  Disposition  zu  Lungenleiden. 
Die  Familie  lebt  in  mittleren  Verhältnissen.  Der  Vater  ist  Maga- 
zinier. Die  häusliche  Erziehong  scheint  sich  in  vernünftigen  Bahnen 
zn  bewegen. 

BL 

Eme  jener  wenig  beneidenswerten  Katoien  obne  konstante 
Keignng.  Bei  allem  gnten  Willen  nnd  trota  atter  gnien  YoisitM 
haftet  seinen  Leistangen  meist  Halbheit  nnd  Oberilftcbliobkeit  an. 
Damit  verbindet  sieb  dn  strobfemerartiges  Entflammen  ftr  das 

Neue,  dem  aber  ein  ebenso  rasches  Erlahmen  jedes  Interesses  fttt 

den  Gci^oü.-^tund  früherer  Begeisterung  folgt.  Die  Begabung  ist 
als  eine  mäßige  zu  bezeicimen.   Doch  gelingt  es  ihm  bei  einiger 


über  Einsel-  und  OesttmÜditaiig  des  Schulkindes.  303 

Anstrengimg  gaiut  leidUcli,  beim  entwickelnden  Untemohte  mitzn- 
«rbeiten.  Seine  AnfißuBmig  ist  nieht  eelten  eine  frappierend  n»ehe» 
zuweilen  jedoeh  eine  nnTerbfiltnismftBIg  sohwerflllige.  Du  ein* 
mal  Angenommene  nnd  Venrbeitete  haftet  aber  dann  nm  so 
fester  nnd  sieberer.  Hindernd  tritt  bei  ihm  einer  geordneten 
Geistestätigkeit  entgegen  eine  allzngroße  Lebhaftigkeit  und  Vor- 
eiligkeit. Er  laßt  öicli  uicht  Zeit  zu  ruhiger  Überlegung.  Was 
sieb  zuerst  einstellt,  wird  meist  ohne  weitere  PrUfimg  akzeptiert. 
Dieser  uukritische  Zug  zeigt  sich  bowdIiI  bei  gemeinsamer  Schul- 
arbeit als  auch  dann,  wenn  selbständige  Leistungen  in  der  Schule 
oder  zn  Hanse  Ton  ihm  gefordert  werden.  Nicht  selten  tritt  jedoch 
während  des  Aiissprechens  einer  Antwort  oder  während  des  Nieder- 
sehreibens  die  Erkenntnis  der  Fehlerhaftigkeit  oder  Unzalftnglicfa- 
keit  auf,  daher  woU  die  sehr  bänfigen  Selbstkonektoren  sowohl 
im  mlittdliehen  als  aneh  im  flebrifUieben  Gedankenansdnok. 

Das  Gedächtnis  seigt  naeb  keiner  Seite  bin  eine  berrorragende 
BntwicUnng.  Wenn  er  aaeb  die  Ifomorieisloffe  im  aflgemeinen 
in  nicht  langer  Zeit  zu  bewältigen  im  stände  ist,  so  fehlt  dem 
Gedächtnis  doch  die  Treue.  Die  logische  Seite  seheint  der  mecha- 
nischen gegenüber  im  V  ortt  11  /u  sein;  inhaltliches  Einprägen  ge- 
lingt ihm  leichter  als  wörtlichen. 

Die  Tätigkeit  der  Phantasie  bewegt  sich  in  ziemlich  engen 
Schranken.  Bi.  liest  wenig  und  auch  nicht  mit  Vorliebe,  wie  er 
angibt. 

Der  Grad  der  Aufmerksamkeit  wechselt  Kur  selten  yermag 
ihn  ein  UnterriehtsÜMsb  anf  die  Daner  einer  Stunde  an  fesseln, 
sein  liebUngsgegenstand  (Gesebiebte)  Tielleicbt  amigenommfin.  Lmer- 
halb  knner  Zeit  sinkt  oft  seme  w&rmste  Teihiahme  miTorlUUtms* 
mftBIg  rasolr.  Gans  sebwaobe  Beise  sind  alsdann  im  stände,  ihn 
To11sl8ndig  absnlenken.  Er  kennt  diesen  Fehler  anch  nnd  sneht 
nicht  selten  d^egen  anzukämpfen.  In  vielen  Fällen  jedoch  sind 
seine  Versuche,  sich  wieder  ganz  dem  Gegenstande  zuzuwenden, 
von  lüäBi'i^tMn  uinl  nur  vorübergehendem  Erfolge  begleitet. 

Die  (rrößc  seines  Ehrgeizes  steht  zu  «einer  Leistungflffihij^keit 
in  einem  .Miliverhältnis.  Dieser  Umstand  sowohl  als  auch  seine 
aUzngroße  Lebhaftigkeit  sind  wohl  n.  a.  mit  die  Ursachen  des  bei 
ihm  oft  stark  hervortretenden  Mangels  an  Selbständigkeit  bei  An- 
fertigung sehier  Arbeiten,  Die  Venmcbe,  Besiehnngen  su  andern 
Xameiaden  beianstellen,  wachsen  an  Zahl  mit  der  Dauer  der 


Angoit  Hayer, 


Leistnngen.  Schon  fUr  gelinde  StrutmiLiel  ist  er  äußerst  empfäng- 
lidi.    Das  sog.  »Nachtrabten«  ist  ihm  fremd. 

Der  Kit  er  bei  Aufertjguug  von  Hnusaufj?aben  wechselt  zwiüehen 
den  äußersten  Extremen  oft  in  ganz  kurzen  Zeiträumen. 

Ein  Hanptzng  seines  Charakters  ist  seine  außerordentliche 
DieoBtfertigkeit  und  Anhänglichkeit  Eine  richtige  Renatznng  dieser 
Eigenschaften  ?ennag  seine  lietstiingsfiüugkeit  für  einige  2eil  bis 
sn  den  tafieraten  Ckeosen  an  steigern. 

In  seinem  Anftrefeen  seigt  ef  sich  frei  von  Angsflidikeit,  oft 
sogar  etwns  selbstbewnfit 

In  körperlicher  Besiehmig  sind  nemiale  VerhUinisse  Torhanden. 
Ki.  ist  Solm  eines  Masclünisten.  Die  hänsliohen  Verhältnisse  durf- 
ten als  geordnete  /u  bezeicliueu  sein.  Die  Erziehung  ist  von  dem 
besten  Willen  geleitet 

Schä. 

Die  nioht  geringen  Fähigkeiten  des  Schülers  kommen  in  seinen 
Ldstnngen  nnr  selten  in  ihrem  vollen  Umfange  znr  Geltang.  Eine 
in  seinem  ganien  Wesen  sich  bemerkbar  madiende  Unruhe  läßt 
in  der  Begel  seine  rolle  Teilnahme  nicht  anf  lingere  Zeit  hei  einem 
Gegenstände  yenreilen.  Halbhdt  und  OheiflIloUidikeit  ehaiak- 
teiisieren  sehie  Arbeiten  namentiieh  gegen  das  Ende.  Wo  sich 
der  Schmer  eher  ingeleilt  nnd  mit  einiger  Ansdaaer  dem  Dar- 
gebotenen zuwendet  —  dies  ist  hanptsächlicb  in  Geschichte  nnd 
Naturkuiuk'  der  Fall  —  iöt  er  nicht  nur  im  stände,  oline  viel 
Mühe  dem  Unterrichte  zu  folgen,  s mderu  sein  Interesse  betätigt 
sich  alsdann  in  lebliafter  Mitarbeit,  welch  letztere  sieh  durch  meist 
klare  nnd  zutreüeude  Antworten  auszeichnet.  Zeitweii^e  wird  s<  ine 
nervöse  Lebhaftigkeit  abgelöst  durch  ein  auffallendes  Phlegma. 
Während  im  ersten  Falle  eine  Steigerung  der  Qualititt  semer 
Leistoagsn  dnrch  anregende  Worte  sich  erreichen  läßt,  wenn  meist 
aneh  nur  für  eine  kante  Zeit|  gleiten  m  seiner  lethargisohea  Feriode 
fast  alle  Yersnehei  ihn  annu^omen,  behiahe  sparlos  an  Ihm  ab. 

Das  GedMehtnis  hrt  gni  entwieicelt,  in  higisdier  Hinsicht  hesser 
als  in  mechanischer. 

Die  Fbsniasifi  betätigt  sidi  in  anßerordettlüdi  lebhafter  Weise. 
hk  dieser  Beziehung  hebt  er  sich  mit  nur  wenigen  andern  vorteü- 
haft  von  dem  weitaus  grüßten  Teile  seiner  MitschtÜer  ab.  Scha.,  hest 
sehr  viel  und  gerne.  Besonders  Venningen  ihn  Märchen  und  Sagen 


Üigiiiztiü  by  <-3ÜOgIe 


über  Eimsd-  nnd  GeMmHeistiiiig  dM  Sehnlkhidefl.  S05 

KU  fesseln.  Mit  großem  Geschick  nud  ersichtlicher  Freude  berich- 
tet er  oft  in  der  Freizeit  seinen  Kameraden  von  dem  Gelesenen, 
jedoeh  nie,  ohne  seine  Darstellnngen  mit  Eigenmächtigkeiten  aus- 
snsehrnttcken.  Alt  Erzähler  steht  denn  Sohä.  auch  bei  seinen  Mit- 
eehlUem  In  hohem  Ansehen. 

Sein  AnftretNi  ist  niöht  frei  Ton  dner  gewissen  Selbstttber- 
sditttsnng,  Terhnnden  mit  einer  geringen  Bewertnng  amer  Kame- 
raden. Doch  kann  von  Hartherzigkeit  oder  Hodmmt  letrteren  gegen- 
tlber  nicht  die  Rede  sein. 

Der  Grad  der  Aufmerksamkeit  bewe^  sich,  wie  schon  hervor- 
prehi  ben,  iu  den  äußersten  Extremen,  von  der  größten  Zerstreuung 
bis  znr  p-e'^pannteBten  Teilnahme.  Mit  Rttcksicht  auf  Alileukung 
und  Ermüdung  sind  günstige  Dispositionen  vorhanden.  Spuren  einer 
willkttzliehen  Aifinericsamkeit  lassen  sich  nicht  sehr  iiäafig  nachr 
weisen. 

Selbstttndigkeit  bei  der  Anfertigmig  von  Ao^fabem  zeigt  sich 
meht  gerade  in  herronagender  Weise.  Er  TCrsehmlht  es  niobt, 
Yennehe  zur  HerateUnng  von  Beziehungen  zn  semen  arbeitenden 
Kaohbam  zu  unternehmen.  Seine  Hansan^ben  lassen  meist  den 
BOHgen  Fleift  yermissen  nnd  stehen  qualitativ  oft  weit  hinter  den 
Schnlleistangen  znrllck. 

Der  Ehrgeiz  hinsichtlich  des  Kivaliaicrens  ist  ziemlich  ent- 
wickelt. Bei  gemeinsamen  Arbeiten  läßt  er  es  nicht  fehlen  an 
häufigen  Umblicken,  um  sieh  zn  vergewissern,  oh  er  auch  mit  am 
rusoliesteu  seine  i^Vrbeit  volleuden  werde.  Die  Empfänglichkeit 
für  Ötrafmittel  ist  jedoch  nicht  sonderlich  ausgeprägt.  Mitschuld 
hieran  trägt  vielleicht  die  häusliche  Erziehung,  welche  zwischen 
groAer  Strenge  und  äußerster  Milde  und  Kachsicht  wechselt 

Kfirperlich  ist  der  Knahe  mMAig  entwickelt  nnd  zeigt  trotz 
gnter  Pflege  mmst  ein  blasses,  krttnklicheB  Aussehen.  Klagen 
Uber  Kop&ehmerzen  sind  sehr  h&nfig.  Die  Familie  lebt  In  änderst 
günstigen  VerhUinissen.  Der  vor  wenigen  Jahren  TeiBtofbene 
Vflier  war  Eanfinann. 

Sehn. 

Zeigt  eine  außerordentlif-h  lebhafte  Phantasietätigkeit,  was  wohl 
als  Frucht  einer  nnsiredehuteu  Lektüre  bezeichnet  werden  darf. 
Sehn,  liest  nach  seiner  eigenen  Aussage  und  nach  Angabe  seines 
YateiB  nngehener  gern  nnd  viel   Sein  Haaptinteresse  wendet 


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Angwt  Hijer, 


sich  hierbei  den  geschichtlichen  Bef^ebenheiten,  den  Sagen,  uod 
den  .Schilderungen  von  Vorgängen  in  der  Natur  zn.  Hieraus  er- 
klärt »ich  wohl  zum  Teil  seine  außerordentliche  Vorliebe 
Oeschichte  und  Katurlrhre,  während  andere  Unterrichtsfächer  nur 
sporadisch  seine  Autinerksamkeit  in  Anspmch  nehmen  können. 
Natnentlieh  iit  die  Besehftftigiiiig  mit  I>i]igen,  die  eine  einseitige 
Wirksamkeit  der  Denkkmft  oder  des  Gediehtaisses  rerlangen, 
nidit  geeignet,  Ilm  davemd  zu  fesseln;  bierber  sind  anok  die  ao- 
genannten  »Fertigkeitenc  sq  zlUien.  Daher  werden  besonden 
Reobnen,  Reelitsebrdben  imd  Sebtfnsebreiben  yon  Ihm  nioht  bevor- 
zugt, ja  sogar  teilweise  yemachlftssigt  Er  tiberläßt  sich  während 
des  Unterrichts  in  solchen  Dingen  nicht  selten  dem  freien  Spiele 
seiner  V  ust«  llimgeu.  Beine  ganze  geistige  Tätigkeit  steht,  wie 
er  B<  Htst  angibt,  unter  dem  Einflüsse  seiner  jeweiligen  Lektüre. 
Trotzdem  kann  nicht  behauptet  werden,  daß  ihm  die  Scbärie  des 
Denkens  mangle.  Diese  zeigt  sich  da,  wo  sein  ToUes  Interease 
mits[)ielt,  in  ganz  henrorragender  Weise.  Seine  kurzen  ond  klaren 
Urleile  nnd  Schlttsse  beseitigen  dies^ 

Die  OrOBe  der  jeweiligen  Aufineiksamkeit  hSogt  bei  ihm  ledig- 
lieh davon  ab,  inwieweit  der  betreifeode  UnterriehtssloiF  die  eben 
Im  Vordergründe  des  BewnBtselns  stehenden  YorsteUnngen  berOhit 
Besondere  Anstreugungen  zu  einer  willkttiliohen  Animeifcsamkelt 
lassen  sieh  nioht  konstatieren. 

Selm,  belastet  sein  Gedächtnis  nicht  gern  durch  wörtliches 
Memorieren.  Wird  er  dazu  gezwungen,  so  gelingt  es  ihm  iiietit 
sehr  leicht,  sich  etwas  wortgetreu  einzuprägen.  Dagegen  ist  das 
logische  Gedächtnis  in  ganz  hervorrageii(](  m  Maße  entwickelt. 

Bezüglich  des  Ehrgeizes  —  des  BiTalisiereus  —  läßt  sich  weder 
nach  der  positiTen  noch  nach  der  negatiren  Seite  hin  etwas  be- 
sonders Bemerkenswertes  behaupten.  Er  ist  sehen  ftr  gelinde 
Strafinittel  sehr  empfiinglieh. 

Er  arbeitet  selbstiiidig,  anfitogUeh  mit  Buhe,  spüterfain  mit 
nervOser  Hast,  wie  er  sich  ttberhanpt  als  eine  leidit  err^^baxe 
Natur  charakterisiert  Diese  Unnihe  steigert  sich,  sobald  er  sieh 
beobachtet  weifi  nnd  ihn  seine  Kenntnisse  im  Stiche  lassen,  ins 
Fieberhafte.  Oft  genügt  alsdann  eine  Anrede,  um  ihn  vollständig 
außer  Fassung  zu  bringen. 

Unter  normalen  Umständen  tritt  er  unbefangen  nnd  mit  iSelbst- 
bewußtttein  aut 


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über  EinMl-  und  flu—mtirfirtiiiig  des  Sofanlkindei.  907 

Der  Anfertigung  seiner  Hausaufgaben  widmet  er  keinen  beson- 
deren  Fleiß,  ohne  sich  jedoch  seinen  Verpflichtungen  zu  entziehen 
oder  fremde  Beihilfe  in  Anspruch  zu  nehmen.  UntoncUeife  irgend 
welehw  Art  Bind  ihm  bei  Heiner  Belir  stark  ansgepiSgten  Wahr- 
heitsllebe  zuwider. 

Sehn.  18t  kOiperlibk  gut  entwickelt  Sein  Vater,  frUher  Girtner, 
▼eiBlelit  jetit  den  Poaten  eines  Bedakteois  an  einer  landwiitBehaft- 
lielieo  Zeitung.  Die  Eltern  leben  in  geordneten  YerhUltnissen; 
die  häusliche  Erriehnng  scheint  eine  gate  so  sein. 

Schw. 

Vorwiee^eüd  VerstandeöDatur  mit  einem  auf  das  Praktische  g^e- 
richteteü  Blick.  (Will  einst  Bautecbnikcr  werden,  >um  viel  Geld 
MJk  Teidienen«.)  Die  Klarheit  des  Denkens  zeigt  sich  bei  ihm  vor- 
wiegend im  entwickelnden  Unterrichte,  dem  er  mit  grOßtem  Inter- 
esse folgt  Trotzdem  seine  Vorliebe  sich  dem  geographischen 
Steife  anneigty  seigt  er  dock  fttr  alle  Untenichtsfilelier  das  gleiche 
Beatiebeni  mOglidut  Tttektigea  sn  leisten. 

Das  wOrtüche  Behalten  eines  Stoffes  TeniiBacht  ihm  weit  melir 
Arbeit  als  das  inhaltliche  Hemoriem.  Beim  Answendiglemen  ist 
ihm  der  logische  Zusammenhang  eine  erfaebHdie  Stlltsei  wXhrend 
Stoffe,  «worunter  er  sich  nichts  denken  kann«,  nur  sehr  schwer 
dem  Gedächtnis  einverleibt  werden.  AuUerordentlich  gut  entwickelt 
ist  die  logische  Seite.  Her vorfreh oben  zu  werden  verdient  uocii  die 
selten  so  scharf  ausgeprägte  Treue  des  (ledf^rhtTiisrrics 

Die  Phanttsie  ist  nicht  in  hervorragendem  Maße  tätig.  Die 
Lektüre  betreibt  er  nnr  in  geringem  Umfange.  Sein  Hauptinter- 
esse wendet  sieh  dabei  den  Reisebeschreibnngen  zn.  Für  Sagen 
nnd  Ersählnngen  ans  der  Geschichte  ist  er  nicht  begeistert 

Seine  Anfineifcsamkeit  während  des  Unterrichts  ist  die  gespann- 
teste; nnr  ganz  starke  Heise  sind  im  stände,  ihn  avf  knne  Zeit 
ahxnlenken. 

Sehie  Arbeiten,  gleiehTiel  ob  Han»-  oder  Schnlan^mben,  lassen 

Selbständigkeit  imd  Genauigkeit  erkennmi.  Er  arhdtet  nach  sehier 

Angabe  am  liebsten  alleiu.  Dies  /.eii^t  sich  auch  bei  j^emeinsamer 
schriftlicher  Beschäftigung.  Der  ariieitendc  Nachbar  ist  ihm  da- 
bei vollständig  gleichgültig.  Auf  Versuche,  gce-enseitige  Bezie- 
hungen herzustelleu,  reagiert  er  in  keiner  Weise. 

In  seinem  Auftreten  in  und  aui^r  dem  Unterrichte  zeigt  er  die 


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Hube  eines  Ziel-  and  Selbstbewußten;  er  kennt  seine  geistige 
Kraft  und  L>  istnugdfäliigkeit  und  iaUt  dies  auch  gelegentlich  seine 
Mitschüler  l  iiMi  n. 

Er  bertit/t  ein  ziemlich  hohes  MnB  vnn  Ehr^^eiz.  Sein  Wi^J^en 
und  Können  machte  er  aucii  vor  andern  gewürdigt  sehen;  ein 
titelndes  Wort  ?or  seinen  Mitschülern  ist  ihm  empfindlichste  Strafe. 

Vor  Aufwartung  seines  Ehrgeizes  schützt  ihn  seine  strenge  Becht- 
tteUuity  die  ihn  «siwUiclie  Mittel  venchmittieii  läfit  Xrt  er  einmal 
gestraft,  00  Idirt  Um  die  Übeneogmig  von  der  Gerechtigkeit  dieeer 
Strafe  dieee  selbst  veigeMen  und  weder  in  der  Miene  noeh  im 
Benehmen  yerrtt  sich  eine  Nacbwirkuig;  hiersn  ist  ihm  seine 
Selhttbebemebuig  behilflich. 

Er  zeigt  bei  ziemlicher  EOrpcrgrOfie  ein  in  der  Eegel  blMses 
und  kränkliches  Aussehen.  Die  häuslichen  Verhältnisse  durften 
wohl  als  mittelniHßige  zu  bezeichnen  sein. 

Schw.  i>\  imßereheliches  Kind,  Sohn  eines  Arztes,  wcl(  Ii  letz- 
teres er  mit  großer  Vorliebe  betont.  Er  lebt  mit  seiner  (j-roB- 
mutter  und  seiner  Matter  zusammen,  and  nunttiÜiGh  die  ersteie 
verehrt  ihn  geradem  sbg^tttisoh. 

Se. 

Bin  anBerordentiieh  strelNuuner  imd  williger  Schiller  mit  ginter 
Begnbnog.  Der  entwickelnde  Untenlebt  ist  stets  seiner  regsten 
Mitarbeit  sieber.  Sdne  in  der  Begel  klaren  and  fdgeriektigen 
Antworten  gibt  er  erst  nach  reifUeber  Erwiigang.  Sie  lassen  dnv 

nnf  schließen,  daß  der  Schüler  dem  Dargebotenen  ausnahmslos 
uiit  dem  nötigen  Verständnis  entgegenkommt.  Dennoch  erscheint 
bei  stets  gleichbleibender  Teilnahme  die  Leistungsfähigkeit  des 
Sf'blllors  itiiu  rlialb  einer  Unterrichtsperiode  erst  nach  einem  nicht 
geringe  Zeit  in  Ansprach  nehmenden  >  Anarbeiten«  zu  jenem  Grade 
sich  in  erbeben,  welcher  der  Begabang  des  Schttleis  entsprioh^ 
om  dann  karz  vor  Schiaß  etwas  herabzusinken.  So  war  z.  B. 
nach  den  eiica  8  Wochen  daneraden  Herbstferien  sa  konstatieren, 
daB  es  dem  SohOler  trota  ledficbster  Milbe  erst  nach  YieUeidit 
6  Woeben  gelang,  mit  seinen  Leistongea  im  aUgemeinen  in  qnaü- 
tatirer  Hinsieht  ebie  entsprecbend  bobe  Stnfe  an  erreiehea.  An 
and  fbr  sieb  ist  bei  ihm  sobon  ehie  gewisse  UnbeboUhnbeit  in 
mechanischen  Verrichtungen  zu  bemerken,  die  auch  darch  einen 
hohen  Grad  von  Übung  nur  ziemlieh  verdedLt,  nie  voUstäudig  aas- 


Ober  Enuel-  und  GesamÜdistiuig  d6S  SehnlkfaidM.  S09 

geliehen  werden  kann.  Während  einer  solchen  Zeit  uiiii  steigert 
sich  in  den  technischen  Fächern  dieser  Zustand  oft  zur  Schwer- 
filUigkeit;  auch  der  Gedanken  verlauf  scheint  sich  in  dieser  Zeit 
bagaamer  absawiekebi,  wenn  ihm  auch  in  qnalitalayer  Hinsieht 
ebi  geringerer  Gtad  nicht  beünimesflen  ist  Seine  Leistongen  sind 
eben  Ton  der  thmng  in  einer  Weise  beeinflußt,  wie  sieli  eine 
lolclie  Ersoheiminer  selten  zeigt.  Ennttdnng  steUt  sieli  eist  nach 
iDtBDBiyer,  lange  andauernder  Arbeit  ein. 

Das  logische  Gedächtnis  zeigt  sich  besser  entwickelt  als  das 
mechanische.  In  den  Lei8tung:eii  des  letzteren  ist  bei  einer  auf- 
fallenden Trene  eine  gewisse  ächwerfälligkeit  nicht  zu  verkennen} 
namentlich  in  der  Zeit  der  >Anarl)eit«. 

Die  Phantasie  erreicht  in  Bezug  auf  ihre  Tätigkeit  keinen  be- 
sonders hohen  Grad,  ohne  jedoch  ärmlich  oder  von  mittelmäßiger 
Qualität  zu  sein  ^e.  liest  gerne  nnd  Tiel  und  dehnt  seine  Lektttre 
mit  Vorliebe  aui'  Indianergeschichten  ans. 

Er  bringt  allen  Unterrichtsfitehem  die  gleiche  gespannte  Anf- 
meiksanikeit  entgegen;  nnr  im  Beehnen  zeigt  er  sidi  ganz  heson- 
deis  dfirig,  weil  er  es,  wie  er  sagt,  spSter  notwendig  braucht 
ESne  besonders  günstige  Disposition  fUr  die  Ablenkung  besteht  nicht. 

Selbstvertrauen  nnd  Lebhaftigkeit  des  Aufbretens  bewegen  sich 
in  gleicher  Weise  in  an-  und  absteigender  Linie  wie  die  Qualität 
der  Leistungen.  In  der  Periode  der  Anarbeit  macht  sich  nicht 
selten  große  Mutlosigkeit  und  Zaghaftigkeit  bemerkbar. 

Trotzdem  zeigt  er  auch  in  dieser  Zeit,  wie  überhaupt  stets, 
die  größte  Selbständigkeit  bei  der  Anfertigung  Bcincr  Arbeiten, 
sowohl  der  Haus-  als  auch  der  Schalaa%aben.  Sein  Eifer  er- 
aoheint  in  beiden  Fällen  gleich  groß. 

Der  Ehrgeiz  ist  sehr  entwiekell  Eifiige  Umblicke  bei  jeder 
gemeinsamen  Arbeit  lassen  auf  regen  Wetteifer  sohlieOen.  Ein 
Lob  ans  dem  Hunde  des  Lehrers  ist  ihm  höchster  Lohn,  Bestrsr 
fangen  wirken  beschUmend  und  niederdillokend.  An  sehiem  Oha- 
lakter  yerdient  noch  herrorgehoben  zn  werden  seine  Wahrheitsliebe 
nnd  die  Anhänglichkeit  jenen  gegenüber,  denen  er  sich  zu  Dank 
verpflichtet  ftlhlt. 

Körperlich  ist  8e.  normal  entwickelt,  ebenso  in  getsimdheitlicher 
Ht  zichung.  Die  zahlreiche  Familie  lebt  in  geringen,  wenn  auch 
nicht  sehr  dürftigen  Verbältnissen.  Der  Vater  ist  Zinunermaon. 
Die  häasliche  Erziehung  will  ansoheinend  das  Beste. 


310 


Angnat  lUjer, 


Zeigt  ein  äaßerst  temperaiiiciitv  oHcb  Wcbch.  Die  Beweglich- 
keit und  Lebhaftigkeit  des  Schlüerä  steigert  sich  oft;,  namentlich  im 
geschichtlichen  Unterrichte  zu  glühender  Erregung  und  begeister- 
ter Teilnahme,  wie  er  Überhaupt  hiatonBchen  Dantellungen  stets 
mit  dem  gittfiten  latereflse  folgt  Diefles  entreokt  Bich  liierbei  uf 
atte  Vttlker  und  Zeiten.  Im  Yoideignmde  steht  bei  ihm  gegen- 
würtig  beiepiehiwdBe  der  Krieg  in  Sttdafrika;  alle  Phasen  dieses 
Kampfes  sind  ihm  aufii  genaneste  bekannt,  und  jede  Mitteifamg 
hiervon  wird  mit  wahrer  Gier  aufgenommen.  Aneh  andre  poli- 
tische Ereignisse  fesseln  sein  Interesse,  soweit  es  sieh  dabei  nm 
kriegerische  Venvicklun^'en  handelt.  Darstellungcu  aus  der  Ge- 
öchiehte  liildoii  wtitauH  den  Hauptteil  seiner  sehr  intensiv  betrie- 
benen JA'ktiirt  .  Dabei  wendet  er  auch  naturkundlichen  Stofliu 
seine  Teilnahme  im  hohen  Grade  zn.  Seine  außerordentlich  rege 
Phantasie  begehrt  stets  neue  2sahruug.  Auch  kombinierend  ist 
dieselbe  hervorragend  tätig.  In  Schilderungen  von  Kampfszenen 
bis  ins  kleinste  Detail  oder  in  der  Beschreibung  gesehiehtlicher 
Gestalten  rersneht  er  sich  mit  glttckliohstem  Erfolge. 

Dabei  nnteisttttzt  ihn  wirksamst  sein  sehr  nmiangreiehes  nnd 
trenes  GedAohtnis,  das  in  logischer  Hinsidit  sich  einer  yonttglichen 
Entwicklung  erfreni  Aneh  gelingt  es  ihm  leicht}  vmftngliche 
Stolfe  dem  WorÜant  naeh  in  kurzer  Zeit  sieh  ^nzuprigen.  Hieiw 
mit  ist  nur  dann  einige  Schwierigkeit  verbunden,  wenn  dem  zu 
Memorierenden  der  innere  Zusammenhang  fehlt  oder  wenn  der- 
selbe seinem  Verständnis  zu  fem  liegt. 

Auch  in  Bezup:  auf  seine  Fassungskraft  steht  der  Schüler  auf 
einer  hoben  Stufe  der  ^'■eisti^^eu  Entwicklung.  Wenn  er  sich  auch 
durch  die  Eigenart  des  einen  oder  andern  Stoffes  mehr  angezogen 
fUlilti  so  kommt  er  doch  jedem  Unterricht  mit  vollem  Yerstiindnis 
entgegen.  Seine  klaren  Antworten  gehen  in  der  Begel  anf  den 
Kernpunkt  der  Frage  ein. 

Bei  aUer  Btthrig^it  Y^Unend  des  Unterrichts  zeigt  sieh  in 
seinem  ganzen  Verhalten  doch  jener  hohe  Grad  Yon  Sammlung, 
der  zum  grofien  Tefle  ein  intenslTes  Ei^  und  Yeraibeiten  des  Dar- 
gebotenen bedingt.  Ablenkungen  seiner  gespannten  Anfinerksam- 
keit  sind  nur  üifolge  der  Einwirkung  starker  Reize  und  da  bloft 
auf  ganz  kurze  Zeit  zu  verzeichnen. 


üb«  Einxd-  und  GeMmÜeittniig  des  Sehnlki&deB.  311 

Sein  Aaftreten  ist  beherrscht  von  großer  Sicherheit  aud  imbe- 
dingtem  Selbstvertrauen.  Daher  zeigt  sich  auch  bei  allen  seinen 
Arbeiten  in  Schule  und  Hans  strenge  Selbständigkeit.  Ein  gewisser 
St(dx  auf  seine  Leistangumiiigkeit  trltl  sn  und  läßt  ihn  Untei^ 
Bcbleife  iigend  welcher  Art  yeisefamähen,  obwohl  er  sich  nicht  ab- 
geneigt zeigt,  den  Kameraden  seine  Besoltate  xnr  Yerfllgitng  zn 
stellen.  Jede  gemeinsam  zn  behandelnde  Aufgabe  wird  Ton  ihm 
als  Konknirenzarbeit  anfgefafit  Dies  zeigt  sich  sowohl  in  dem 
Streben,  möglichst  rasch  und  gut  zn  arbeiten,  als  aneh  in  der 
öchafteu  Kritik,  <He  er  bei  gemeinsamer  Besprechung  an  den 
Arbeiten  seiner  Kauieraden,  besonders  der  beshereii,  ausübt.  Die 
HaiiBaiifsraben  lassen  nicht  immer  den  gleichen  Eiter  wie  die 
Schularbeiten  erkennen. 

Trotzdem  nur  ganz  selten  Strafmittel  zur  Anwendung  gelangen, 
IttBt  er  sich  keine  besondere  Empfäuglichkeit  dafür  anmerken. 

Daa  Benehmen  gegenüber  seinen  Kameraden  ist  nicht  ganz  frei 
TOD  einer  gewissen  Herrsehsncht;  seinen  Wülen  möchte  er  stets 
' —  aneh  zn  Hanse  —  znr  Geltang  bringen. 

Obwohl  von  kleiner  Oestalt,  läBt  doch  sein  TerhlUtDiBmllBig 
krftftiger  Körperbau  und  sein  gesundes  Aussehen  auf  das  Vorhan- 
densdn  normaler  physischer  VerhlUlnisse  schließen. 

Wa.  ist  ein  außereheliches  Kind  und  befindet  sieh  bei  einem  in 
günstigen  Verhältuissen  lebenden  Schuhmachermeister  in  Pflege, 
der  ihm  anscheinend  eine  sorgsame  und  vernünftige  Erziehung 
aogedeihen  läßt 

Wi. 

Hinsichtlich  seiner  Begabung  dttrfte  der  Schüler  als  mittelmäfiig 
sn  bezeichnen  sein.  Bei  seinem  guten  Willen  und  dem  gewOhn- 
Ucfa  ziemlich  hohen  Grad  von  willkürlicher  Anfinerksamkeit  gelingt 
es  ihm  meistens,  dem  Unterricht  mit  Nutzen  zu  folgen,  so  daft  er 
hinsichtlicfa  seiner  Besuhate  noch  der  besseren  Mittelmäßigkeit  zu- 
geatihlt  werden  darf.  Besondere  Lebhaftigkeit  und  Ausdauer  läßt 
sich  beim  Rechnen  konstatieren,  das  er  auch  als  sein  Lieblings- 
fach bezeichnet.  Ilie  und  da  jedoch  macht  eich  auf  allen  Ge- 
bieten fUr  kurze  Zeit  ein  Nachlassen  des  Eifers  und  ein  Nieder- 
£^ang  der  Leistungen  bemerkbar. 

Das  Gedächtnis  ist  nach  der  logischen  Seite  hin  leistungsfähiger 
als  in  mechanisoher  Beziehung.  In  letzter  Hinsicht  hänfen  sich 


< 


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318 


die  Schwierigkeiten  hedentend,  sobald  dem  Memorien^toff  der 
logische  ZaKammenhang  fehlt  oder  dem  Verstitüdms  des  StliUlere 
zu  fern  lie0  Sonst  geschieht  die  Einprägnng  im  allgemeinen  in 
nicht  langer  Zeit,  doch  läHt  die  Treue  zu  wUnschen  ttbripr. 

Die  EinbilduDgskmft  übersih reitet  in  Bezog  anf  Lebhaftigkeit 
in  der  Regel  nicht  die  Grenzen  der  Mittelmäßigkeit,  wenn  auch 
mmchmal  ein  Anischwnn^  za  verzeichnen  ist  Zeitweise  läfit 
äeh  sogar  eine  gewiase  Eriahmnng  konstatieren.  Es  hingt  diese 
Enclieinang  TieUeiebt  in  etwas  siisainmen  ndt  dem  uuegelnABigeD 
Betrieb  der  LektOre.  ObwoU  sieh  der  Sohttler  nach  seiner  Angabe 
gern  mit  dem  Lesen  bescbifiigt  and  dabei  Mirchen  and  Sagen 
beronagfcf  kann  er  sieh  an  Hanse  dieser  Keignng  am  deswiUen 
nur  zeitweise  hingeben,  wefl  er  meistens  gehalten  wird,  seinem 
Vater  behilflich  zu  sein. 

Aas  seiner  Aufmerksamkeit  während  de»  Unterrichts  ist  er  nicht 
leielit  abzulenken.  Einmal  jedoch  von  dem  Gedankengang  weg- 
gezogen, geling  CS  ihm  nnr  sehen,  sich  wieder  einzuarbeiten. 

Sein  Aaftreten  ifit  im  groUen  und  ganzen  ruhige  manchmal  aber 
nicht  völlig  frei  von  einiger  Zaghaftigkeit. 

Die  Selbständigkeit  bei  der  Anfertigung  seiner  Arbeiten  lifit 
oft  an  wünschen  ttbrig,  bei  SehaUeistangen  jedoch  weniger  als  bei 
Haa8aii%aben. 

Der  Ehrgels  seheint  wenig  entwickelt  aa  sein.  Einwiikangoir 
welche  nach  dieser  Bichtong  Tetsndit  werden,  steht  er  in  der 
Itegol  apaihtech  gegenüber.  Wetteifer  zeigt  sich  sehen. 

Körperlich  ist  W.  sehr  gut  entwickelt.  Die  Eltern  betreiben 
ein  Milchgeschäft  und  leben  in  geordneten  Verhältnissen.  Die 
häusliche  Erziehung  entbehrt  nicht  der  Ötrenge. 

Wo. 

Verbindet  mit  äußerst  geringem  Talent  eine  oft  geradezu  bei- 
spiellose Trügheit.  Ernste  Geistesarbeit  hi  ihm  ein  Greuel.  Fast 
nie  sucht  er  sich  daher  aas  eigner  InitiatiTe  geistig  za  besehftf- 
tlgen;  sogar  die  Lektllie  betreibt  er  aar  sehr  gelegentiioh  and 
lieht  alsdann  gans  lelohte  StoftOi  wie  a.  B.  kleine  Mlidien,  allem 
anderen  Tor.  Seine  HaBestanden  saeht  er,  wenn  sich  —  was 
wohl  selten  geschieht  —  der  TlUigkeitstrieb  regt,  mit  rein  meehsr 
niaehen  Beschftftigungen  aaszndlllen,  z.  B.  mit  Holzhacken,  das 
nach  seiner  Angabe  zu  seineu  l  assionen  gehört    Die  auiiaJlende 


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über  Efautel-  und  Gesamtldttiiiig  des  Seholklndes.  313 

Teilnahmslosigkeit  am  Unterricht  dUrtte  za  einem  großen  Ötttck 
ihre  Elrklärnng  finden  in  dem  Hinweis  anf  den  enoim  g:T(>ßen  Ab> 
stand  zwischen  dem  Lehrziel  der  höheren  Klassen  und  der  Lei- 
Btnngsfähigkeit  des  Sebttlers.  Aoeh  er  leidet  eben  unter  den  schon 
früher  berroigehobenen  Mißständen  (siehe  MaJ).  Li  seiner  Unbe- 
holfenheit vnd  SehwerfSUigkeit  selbst  ganz  elementare  Anforde- 
rangen  gegenttber  macht  er  oft  einen  erbannmigswttrdigcn  Eindniek. 
I^nr  selten  gelingt  es  ihm,  dem  Unterrieht  anf  konse  Zeit  einiger- 
maßen zu  folgen.  Sobald  aber  der  Stoff  in  etwas  über  seinen 
geistigen  Horizont  hiuauöwiicb.st ,  Uberlälk  er  isich  olinc  Bedenken 
seinen  Träumereien.  Ansätze  zu  einer  willkürlichen  Aufmerksam- 
keit sind  höchst  selten  zu  verzeieliuen.  Zerstreuung  ist  bei  ihm 
Regel,  die  rolle  Aufmerksamkeit  eine  rare  Erscheinung.  Einigen 
Gewinn  zieht  er  aus  dem  Unterricht  nur  insoweit,  als  derselbe 
weniger  Verstandesarbeit  als  hauptsächlich  mechanische  Verrich- 
tongen  yerlangt.  Auch  im  letzteren  Falle  zeigt  sich  oft  große  Un- 
beholfenheity  nnd  die  Erfolge  greifen  nieht  Uber  eine  geringe  Mittel- 
mttfiigkeit  hinaus. 

Das  Gedächtnis  befindet  sieh  in  demselben  dürftigen  Znstande 
wie  sein  Denkvermögen.  Nnr  meehanisehes  Auffassen  eines  Stoifes 
ist  ihm  möglich;  die  logisehe  Seite  bleibt  beinahe  völlig  außer 
aebt.  Er  lernt  auch  viel  lieber  wörtlich  als  inhaltlich.  Letzteres 
gelinirt  ihm  nur  in  den  seltensten  Fällen  einif^ermaßen.  Sein 
üic(  haiiisf  lies  Gedächtnis  faßt  zwar  manchmal  ziemlich  rasch  auf, 
zei^'t  aber  einen  nur  sehr  beschränkten  Umfang  und  einen  äußerst 
geringen  Grad  von  Treue. 

Die  Phantasie  bewegt  sich  in  großer  Ärmlichkeit  Sich  eine 
VorsteUong  anf  Grund  einer  noch  so  anschaulichen  Seliildenmg  zn 
entwerfen )  gehört  bei  ihm  in  den  meisten  Fällen  ins  Belob  der 
UnmOgliehkeit 

Lob  nnd  Tadel  gegenüber  Terbarrt  er  in  dumpfer  Gleiehgttltig- 
keit  Ehigeii  zeigt  sieh  nnr  hier  und  da  in  beschränktem  MaBe. 
Sein  Anftreten  ist  nnsieher  nnd  befangen.  Das  SelbstFortranen 
fehlt  in  der  Regel  völlig,  ebenso  mangelt  ihm  jede  Selbständigkeit. 

Sind  schon  seine  öcliulai  beiten  von  geringer  (Qualität,  so  stehen 
seine  Hausaufgaben  in  dieser  Beziehung  noch  tiefer  und  lassen 
jeden  Eifer  und  jedes  Interesse  vermissen. 

Trotz  eines  anscheinend  schwächlichen  Kürperbaues  dürften 
die  gesundheitlichen  Verhältnisse  normale  sein.  Wo.  ist  Sohn  eines 

ItcUt  ftr  Piirehologi«.  L  21 


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314 


Allgatt  Kiyer, 


kleineu  Bäckermeisters  mit  zahlreicher  Familie.  Eine  besoudcre 
erziehliche  Einwirkung  scheint  zu  Hause  nicht  ausgeübt  zu  werden. 

%  4.  VmseliiaMrdirag  ud  *T«ftotf. 

Die  Vcrsnehe  zerfallen  in  zwei  Abteilungen.  Die  der  ersten 
Abteilung  angehürigen  tUnf  Reihen  wurden  geliefert  im  fünften 
Schuljahre  von  den  ersten  14  Knaben  in  der  Zeit  vom  4.  März 
bis  24.  Juli  1901.  Hierzu  glaubte  ich  später  Ergänzungsversuche 
amtellen  zn  rnttaaen:  Reihe  1,  2  und  3  standen  unter  der  allge- 
meinen Bedingung:  Die  Arbeit  iBt  raseh  und  sehOn  anznfertigen. 
Bei  Beihe  4  wnrde  gefordert,  besonders  schön  und  langsam  sn 
arbeiten,  während  man  der  &  Beihe  die  An%abe  voranstellte,  den 
vorgelegten  Stoff  leoht  rasch  zu  erledigen.  Nor  je  eine  Ver- 
snchsreihe  wickelte  sieh  daher  nnter  den  Bedingungen  »recht  sehOn 
und  langsam*  und  »recht  rasch«  ab.  Ihre  Zahl  zu  mehren  und 
dadurch  die  Gültigkeit  der  Resultate  zu  bekräftigen,  war  der  Zweck 
der  Ergänzungsversnohc  oder  Kontrollreihen.  Diese  verliefen  unter 
den  Bedingungen  der  Reihe  4  und  5.  Als  Vp.  dienten  die  zweiten 
14  Knaben.  Die  Stoffe  hierfür  entsprachen  jenen  yon  Reihe  4 
und  5.  Zum  Unterschiede  von  den  entsprechenden  fianptrersuchen, 
welche  wir  als  Reihen  I\  a  bez.  Va  bezeichnen,  nennen  wir  die 
ElrgftnznngBTersnche  Beihe  IV b  bes.  Vb.  Letztere  wurden  aaagefhhrt 
in  der  Zeit  vom  17.— 25.  Dezember  1901,  bis  zu  welcher  Zdt  der 
dnroh  die  großen,  8  Wochen  dauernden  Herhstferien  Temrsaehte 
Obimgsverlnst  infolge  einer  vierte^ährigen  Schnlarheit  wohl  siemlich 
wieder  ausgeglichen  war.  Der  Untmiehtsstoff  im  Rechnen  bestand 
bis  zu  dieser  Zeit  hauptsächlich  im  Wiederholen,  so  daB  die  Schttler 
hinsiclulu  h  der  Tätiiuckeit  im  Operieren  sich  wohl  aiuiülu  rnd  den- 
selben Grad  von  I  bung  wieder  erworben  hatten,  den  sie  am  Ende 
des  verÜü3Benen  Sohnljalires  besaßen. 

Jede  der  sieben  Reihen  bestand  ^vieder  aus  zwei  Abteilungen: 
aus  14  E.  und  14  G.  In  folgender  Tabelle  finden  wir  die  Zeit 
der  AnsfUhning  nnd  die  Bedingungen  jeder  Leistung  angegeben: 


315 


Zeit  Bedingungcu 


I.  Beihe 

E. 
G. 

4.m.  — inki  27.  in,  Ol. 

29.  III.  Ol. 

1  Such  und  schön 

IL  » 

£. 

G. 

10.  IV.  — inkl.  12.  IV.  Ol. 
9.  IV.  Ol. 

>             9  » 

m.  » 

E. 
G. 

1  2a  VI  ^  iukl.  16.  VU.  Ol. 
27.  VI.  Ol. 

>             >  » 

£. 

a 

ao.vn.— iiiki.22.vn.oi 
19.  vn.  Ol. 

1 

B«cht  schön  and  langsam 

IVb.> 

E. 
G. 

1 

lam  -  inkl.  2ö.moi. 

17.  XII.  Ol. 

»       >       »  > 

Vt.  > 

£. 

G. 

22.  vn.  —  inkJ.  24.  Vn.  Ol. 

20.  vn.  Ol. 

Eecht  rasch 

vb. »  1 

E. 

»• 

21.  m—  iukl.  25.m01. 
19.  XU.  Ol. 

»  > 

Bezüglich  der  EigSnKnngSTersnehe  mii6  noeh  hervorgehoben 

werden,  daß  man  die  hierzu  verwendeten  Vp.  durch  melirfache 
Vorvereuche  im  Au.swendiprlernen  .sinnloser  Silben  und  im  Kombi- 
nieren bis  zu  einem  gewesen  Grad  eiuUbt€.  Benutzt  wurden  hierbei 
du  ^toffe  der  Reihen  I,  II  und  III.  Einer  besonderen  Vorttbung 
iüi  die  Ubngcu  Gegenstände  bedurfte  es  nicht;  denn  diese  Arbeiten 
Wieben  von  dem  Schulmodus  der  Hauptsache  nach  nicht  ab. 

Bd  Beihe  I  erfolgte  die  G.  eist  nach  den  E.  Diese  Reihen- 
folge Sndeite  ich  spSter  und  zwtat  tm  folgende  Grande:  Eine 
PMfnng  naeh  ScUnfi  der  ersten  Beihe  ergab  für  die  G.  ein  Tlel 
glliifltigeies  Besnitat  ala  für  die  E.  Die  nllofaste  Vermntong  war 
dioi  daB  diese  Eneheiniing  etwa  mit  der  Übung  znflammenlülngen 
konnte,  die  bei  der  G.  doch  sleherlicb  vorbanden  war,  bei  der  E. 
aber  fehlte.  Bis  zu  einem  gewissen  Grade  scheint  ein  solcher  Ein- 
fluß auch  wirki^ani  treweseu  zu  j^ein.  Man  betrachte  nur  die  An- 
gaben  für  die  Gedacht nisleistuiigeu  in  den  der  Reihe  I  zugehörigen 
Tabellen.  Um  eventuellen  Einwänden  nach  diener  Richtung;  hin 
von  voniherein  zu  bejjregucD,  änderte  ich  in  der  Folj;e  die  Anord- 
nung dermaßen,  daß  die  E.  erst  nach  den  G.  vollendet  wurden. 
£e  ist  nicht  nnwiehtig,  diesen  Umstand  festzuhalten;  denn  ea  dttrfte 


916 


wafancliciiilicfa  sda,  dafi  dort,  wo  iwiBcliea  E,  «nd  G.  rnr 
klemere  oder  aacb  ketneiiei  Differensen  —  tm  gnnsten  der  E. 

enrebeo,  dies  mf  Konto  eines  dveb  die  Torfaergegangene  6.  be> 

wirkten  Llionifserwerbe^  zu  setzen  Ut.  Die  Annahme,  daß  in 
S'^lcbeo  P  älku  die  G.  den  Vorzog  kibcii  würde  vor  d^r  E..  weun 
man  df-n  F'inflöß  der  IJbnng  hei  letzterer  au52UÄ<.liälujii  im  Stande 
wär<-,  «  jitfj^-tirt  dun-haa^  ni^-ht  <  iner  ^:e^vis^^cn  Bereehtisrung". 

Bei  deo  Keihen  IV  b  und  Vb  greifen  die  E.  und  G.  ganz  un- 
regeliii&6%  ineinander.  Diese  Maßnahmen  waren  notwendig  ge- 
worden, weil  am  24.  Dezember  die  Weihnaebtsferien  begannen  und 
die  wlhiend  dieser  Zeit  abwesenden  Vp.  ihre  Beiben  erat  yoUeodea 
nmBten.  Die  Vergldcbbaikeit  mit  Ihren  Paralldidhen  dllifte  kaam 
daninter  leiden;  denn  letztere  wurden  ans  dem  nibnlieben  Gnade 
auf  einen  sebr  engen  Zeitraom  zosammengediSngt  vnd  greifen 
Infolgedessen  ebenfidls  zeitüeb  ineinander. 

Die  Reibe  II  wurde  vollständig  während  der  Osterferien  1901 
angefertigt. 

Für  jede  Aufgalj«^  wurden  bef»ondere  Bedingungen  gestellt  Ich 
glaubte  mich  eng  an  daj*  praktiscliö  Leben  anzuschlieHon  wenn 
ich  als  Nonnalhedin^run^  eine  rasche  und  schöne  Anfertipmg 
auffaßte.  Nur  in  den  seltensten  Fällen  und  nur,  wenn  ganz  außer- 
ordentliche Zwecke  damit  verbunden  sind,  tritt  an  das  arbeitende 
Individuum  die  Au%abe  heran,  irgend  eine  Leistung  entweder  recht 
rasch  ohne  Rfloksicht  auf  ihre  Qualitilt  oder  recht  schQn  ohne 
Rttekslefat  auf  die  Dauer  sn  yoUziehen.  Es  wäre  auch  gegen  jedes 
Ökonomische  Friniip,  wollte  man  diese  letstgenannten  Bedingungoi 
als  die  nonnalen  beieichnen;  denn  naturgemäß  steht  jener  im  ge- 
werbliehea  und  industriellen  Wettbewerb  in  den  yordersten  Beihen^ 
der  es  versteht,  seine  Kräfte  in  der  kürzesten  Zeit  am  zweckent- 
sprechendsten auszunutzen.  Dies  trilt  auch  auf  geistigem  Gebiete. 
I)«r  wird  der  Wissenschaft  am  dienlichsten  sich  zeigen,  dessen 
Arbeit  bei  weiser  Ausnilt/nn^^  der  Zeit  in  kürzester  Frist  die  wert- 
vullHten  Kosultate  liefert.  Von  zwei  iSchttlern  mit  qualitativ  gleichen 
Leistungen  wird  derjenige  hoher  zu  stellen  sein,  der  ein  gewiaaes 
Arbeitsquantum  in  der  kürzeren  Zeit  bewältigt  und  beheirseht 

Die  Form,  in  welcher  die  Bedingimg  den  Schttlem  gestellt 
wurde,  war  folgende: 

L,  n,  und  m.  Beihe:  »Ihr  arbeitet  (du  arbeitest)  laseh  und 
schon«. 


^  kj  i^u^  Ly  GüOgl 


Uber  Einsel«  und  OeBsiiitlefartinig  de«  SohnlkfaideB.  317 

IVik-  imd  b.-fieihe:  »Ihr  arbeitet  (du  arbeitecrt}  recht  sdiOn  imd 
Umgaam«. 

Eriftatemng:  »Eb  kommt  nieht  dannf  an,  wie  lange  ihr  zur 
Arbeit  braneht;  die  Haapteaehe  ist,  daft  dieeelbe  aaaber 
imd  BchOn  aiugefllhrt  wird.« 
Ya.-  and  b.-R«ihe:  »Ihr  arbeitet  (du  arbeitest)  reefat  rasch.« 

Erlünternng:  >£8  kommt  nicht  daranf  an,  ob  die  Arbeit  schOn 
ausfüllt  oder  nicht;  ihr  sollt  nur  bo  rasch  als  mö^'lich 
arbeiten.    Es  p^euUg^t,  weun  daa  Geschriebene  lesbar  ist« 

Ftir  die  Gedächtnisleistuug  mußten  diese  Bedingungen  anders 
fonnuüert  werden: 

I.,  n.  und  m.  Beihe:  »Ihr  lernt  es  rasch  und  gut  Dann  seid 
ihr  fertig,  wenn  es  euch  gelangen  ist,  die  Silben  herzusagen,  ohne 
dabei  die  eine  oder  andere  zu  wiederholen.« 

IVa.-  nnd  b.-fieihe:  »Ihr  lernt  es  recht  gnt  Dann  erat  seid  ihr 
tetig,  wenn  ihr  die  Silben  reeht  rasch  and  flüssig,  ohne  Stockong, 
wie  das  Yateninser,  habt  hersagen  kOnnen«. 

Va.-  nnd  b.-Bdhe:  »Ihr  lernt  es  reeht  rasch.  Dann  seid  ihr 
fertig,  wenn  ench  alle  10  Sflben,  die  anf  dem  Blatte  stehen,  ein- 
gefallen sind.  Es  hat  nichts  zu  sagen,  wenn  ihr  auch  öfters  dabei 
absetzen  oder  Silben  wiederholen  rotlBt.  Die  Hauptsache  ist  nur, 
daß  euch  alle  zehn  äilbeu  einfallen,  ohne  dazwischen  aut  das  Blatt 
sehen  zn  üili««en.« 

Die  Bediujruugen  wurden  vor  jeder  einzelnen  Leistung  noch- 
mals ausdrückUch  wiederholt,  in  der  E.  sowohl  als  auch  in  der  G. 

Besttglich  der  äußeren  Yeranstaltuu^  der  Versuche  bemerke  ich, 
daB  rar  Zeit  der  Gesamtleistung  außer  dem  Versnchsleitor  nnd  den 
weiter  nnten  aqgeAlhrten  ttbrigen  Beobachtern  nar  die  14  arbeiten- 
den Sehüler  anwesend  waren;  die  Einzelleistang  Terlief  anter  y^I- 
Uger  Isolienmg  der  Vp.  Zugegen  waren  nnr  der  Experimentator 
und  der  Arbeitende. 

Die  YersBche  I,  m,  IVa  nnd  b  and  Ya  and  b  fimden  statt  in 
dem  Schullokale  des  Versuchsleiters.  FUr  die  n.  Reihe  yrurde  ein 
Saal  des  psychologischen  Instituts  benutzt.  Es  sei  jedoch  aus- 
drtlcklich  bemerkt,  daß  die  Schttler  nach  vollendeter  Arbeit  aut 
Befragen  ausnahmslos  erklärten,  sie  hätten  sich  durch  die  ihnen 
fremde  Ortiiehkeit  in  keiner  Weise  beeinflußt  gefühlt,  was  sich 
auch  durch  den  aUgemcinen  Eindruck,  den  sowohl  die  Masse  als 
aaoh  der  Einzelne  machte,  ra  bcstitigen  sehien. 


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318  MgMt  lUj«, 

VenacliAleiter  war  der  YeHaaser.  Im  Interesse  einer  genaaen 
Fest-^telluij^  der  Ar}>eit*idauer  und  tiucr  ciügchcudcreii  licobachtnng 
der  arf/titendeo  Vp.  erschien  es  geboten,  iich  ftir  die  G.  Saeh- 
kun(li;_'e  ZUT  Mithilfe  zu  erbitten.  In  liebenswürdiirer  Bereitwillig- 
keit unterzogen  sich  diei>ier  Anffrahe  Herr  I*rof.  Dr.  Külpe,  femer 
die  Herren  KoUegen  Dr.  Friedrich,  Orth,  Sehmidt  und  Zeller, 
weldMO  Hema  ieh  an  dieser  Stelle  Ar  ihre  erfolgreiche  Unter- 
ftBtnuig  meinen  wärmsten  Dank  ansspreche. 

Alf  Arbeittdaner  kam  für  alle  Leiitiiiigea  die  Zeit  in  Be- 
tneht,  welche  Tentrich  tod  dem  Beginn  des  AiiBBpteehene  der 
AaiJsabe  dnich  den  Experimentator,  bes.  vom  Beginn  des  Lesens 
derselben  dnrefa  die  Yp.  bis  znm  Angenbü^  der  YoOendnag  der 
Niederschrift.  Bei  der  Gedlchtnisleistnng  kam  als  Eadponkt  der 
Arbeitsdaner  der  Moment  in  Betracht,  in  welchem  der  Schüler  den 
ihm  öberp^ebenen  Zählapparat  vur  sich  niederlegrte.  Die  Zeit- 
nieHHiiDfr  i  rMs^e  bei  allen  E.  mit  der  Fttnftelsekuudeuiihr;  bei 
den  G.  wurde  diese]))e  nur  von  eiuem  der  Beobachtenden  ))e!mtzt, 
während  die  übrigen  mit  Sekundenzeigern  versehene  Taschcuuiiren 
za  Uilfe  nahmen.  Daß  infolgedessen  die  Dauern  der  E.  viel  ge- 
nauer bestimmt  wurden  als  die  der  G.,  ist  natürlich.  Der  Fehler, 
der  jedoch  nnr  wenig  —  vieUeicfat  einige  Sekunden  —  betragen 
wird,  durfte  in  der  Regel  sn  Ungunsten  der  G.  auftreten.  Dieser 
Umstsnd  Terdient  dort  einige  Berücksichtigung,  wo  sich  eine  nur 
kleine  Differenz  su  Gunsten  der  E.  ergibt  Es  wSre  in  solchen 
FftUen  sehr  gut  möglich,  daß  die  Ursache  des  geringen  Unter- 
schiedes in  dem  kleinen  Zeitfehler  Hegt  Die  Gesamtheit  der  Re- 
sultate dürfte  hierdurch  kaum  eine  Beeinflussung  nach  der  nega- 
tiven Seite  hin  erfahren;  die  Zeitdififerenzeu  sind  meist  so  groß, 
daß  Hie  ihre  Entstehung  wohl  kaum  einem  derartigen  Umstände 
verdanken. 

Ich  schildere  den  Verlauf  der  Versuche: 

Diktat,  mündliches  Rechnen,  Kombination,  Gedächtnis  und 
schriftliches  Rechnen,  das  war  die  Aufeinanderfolge  der  Leistungen 
in  jeder  Reihe.  Dureh  diese  Anordnung  suchte  ich  eine  an- 
dauernd emseitige  BesehSftignng  zn  Tennadeii  und  abwechselnd 
Gedttohtnis-^Yerstand — Phantasie — Gedächtnis— Yerstand  sn  den 
Leistungen  heranzuziehen. 

Das  Kommando:  »Jetzt«  gab  das  Zddien  zum  Anfimg  der 
Versuche,  nachdem  vorher  die  allgemeiue  Bedingung  gestellt  wor- 


über  Eiiud-  imd  GMamfloistiuig  dw  Sclralkiiidw.  319 

den  war.  Nach  obiger  AukUndiguiig  begann  das  Auäsprechea  des 
ersten  Diktatabscbnittes  durch  den  Experimentator  und  gleichzeitig 
wurde  die  FttnfielBeknndenahr  in  Gang  gesetzt,  bes.  man  notierte 
sieb  den  genauen  Stand  der  Tasehennbr  naeh  Standen,  Minnten 
imd  Sekunden.  Bei  der  G.  wartete  man  mit  dem  Weiterdiktieren 
80  lange,  bis  jeder  SchtQer  das  Yoigesproehene  niedergesobrieben 
batte.  Jeder  Abscbnitt  wurde  nnr  einmal  Torgelesen;  die  Sats- 
zeichen  gab  man  an.  Ein  Durchlesen  der  ganzen  Arbeit  nach  der 
Beendigung  war  nicht  gestattet;  die  Blätter  wurden  sofort  einge- 
sammelt Ohne  Pause  reihte  sich  hieran  mtlndliches  Rechnen,  eben- 
falls oiufreleitet  durch  Wied«  rh  ihmg  der  allgemeinen  Bedmguug 
und  das  Ankllndiguugskommaudo:  > Jetzt«.  Die  Anf^'abe  wurde 
Tom  Yersuchsleiter  vorgesprochen  und  sofort  von  den  Yp.  still 
nn^gerechnet.  Die  Niederschrift  des  Resoltates  erfolgte  ohne  wei- 
teren Befehl  sofort  nach  der  Gewinnung  desselben.  In  gleicher 
Weise  ToOzog  sieb  die  Anfertigung  der  zweiten  Angabe.  Die 
dritte  wurde  operationenweise  Yorgesproeben  nnd  so  in  nenn  klei- 
nere Angaben  zedegt,  von  denen  jede  sofort  ihre  LOsnng  fand; 
mit  dem  Besnltst  ledmete  man  weiter.  Ifit  dem  Weitersebreiten 
bielt  man  so  lange  inne,  biB  sieb  dem  Tersnehsleiter  der  Eindmek 
bot,  daß  alle  Vp.  die  verlangte  Leistung  vollzogen  haben  könnten. 
Diesen  Augenblick  mit  einiger  Sicherheit  zu  erfasaeu,  dürfte  einem 
etwas  geschulten  I'ädagogen  keine  Schwierigkeit  sein.  Fast  alle 
Schüler  verraten  di»  st  Ti  Mimn  iit  n  n.  dadurch,  daß  die  Unruhe  im 
Blick  einer  gewissen  Sicherheit  uud  Zuversichtlichkeit  weicht  und 
das  Ange  sieb  wieder  dem  Lehrer  zuwendet,  um  hier  zu  haften  in 
mhiger  Erwartung  des  Kommenden.  Die  Stoffe  fttr  die  Eombi> 
nationsan%abe,  fttr  die  Gedäehtnisleistang  und  das  sohriftliobe 
Beefanen  waren  je  anf  ein  Blatt  bektograpbiert;  jede  Yp.  erbielt 
eui  solches.  Die  Angaben  wurden,  die  nnbesebriebene  Eebrseite 
naeh  oben,  den  Sehttlecn  Torgelegt  und  Ton  diesen  auf  das  Kom- 
mando »Jetzt«  umgedreht.  Yen  hier  an  begann  die  Zdtreebnnng. 
Die  Eombinationsanfgabe  wurde  in  der  Weise  gelöst,  daß  die  Vp. 
die  auf  dem  Blatte  stehenden  unvoUstäudigen  Sätze  durch  Ein- 
korrigieren der  fehlenden  Ausdrücke  ergänzte.  Wer  vollendet 
hatte,  zeigte  äk^  an  durch  Umdrehen  dc^  Blattes.  Das  Aus- 
wendiglernen der  vSilben  erfolgte  nicht  gruppenweise.  Die  Schüler 
waren  angewiesen,  die  10  Silben  so  oftmals  snsammenbängend 
dnichsnlesen,  bis  sie  glaabten,  eüi  auswendiges  Hersagen  mit  Er- 


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Allglitt  Majetf 


folg  versachen  m  können.  €^elang  diM  oiolit  TOllfltliidic^,  so  warde 

luit  dem  L«  <''Ti  dort  weitergefahren,  wo  das  Gedächtnis  versagt 
hatte.  Zur  Beirtiiuiunntr  der  Anzahl  von  Wiederholungen  erhielt 
jede  Vp.  einen  einfachen  Markierapparat:  öO  kleine,  viereckige 
Pappsttlckchcn,  an  einer  Sclinur  aufgezofren.  Bei  der  letzten  Silbe 
angeliuigt,  streifte  der  Sebttler  jedesmal  ein  solches  Soheibohen  an 
das  andere  Ende  der  Schnur.  Reichten  die  50  nicht  ans,  so  wur- 
den sie  anf  dieselbe  Weise  wieder  lorllckbefQcdert  Diese  Mani- 
pnlation,  wie  ttberhanpt  den  ginsen  LemTOfgang  übte  man  vorlier 
etwaa  mit  den  Vp.  ein.  Diese  Art  zn  sälilen  ist  ein&eh  nnd 
aweekmSBig.  Die  Seblller  sind  im  stände,  diese  Verrichtang  leiebt 
and  olme  Zeitverz(Sgerung  zn  bandhaben.  Störungen  infolge  des 
Ziehens  dürften  weniger  wirksam  gewesen  sein,  weil  jede  Vp.  die 
Zähldchnnr  unter  die  Bank  lialten  und  so  den  Blicken  der  Mit- 
lemenden  entziehen  mußte. 

Die  Aufgabe  für  das  schriftliche  Rechnen  wurde  bearbeitet 
nach  Maßgabe  der  im  Unterricht  herrschenden  GepÜogenheit. 
Jeder  Schüler  las  zunäclist  seine  Aufgabe  durch,  überdachte  den 
Gang  nnd  vollzog  die  Ausarbeitung.  Wer  fertig  war,  drelite  das 
Blatt  nm.  Zwischen  den  einaeinen  Arbeiten  fanden  keine  Pansen 
statt. 

S  6.  Zur  Kerrektar  der  Leistmgei. 

Bei  Benrteünag  der  Leistangen  gehranehte  ieh  Torher  feefge- 
setate  Fe  hier  Skalen,  wobei  im  allgemeinen  nieht  Ton  dem  im 
Unterrichte  herrschenden  Oebranoh  abgewichen  wurde.   Diese  Anf» 

Stellungen  beanspruchen  durcliaus  keine  AllgeuiciiigUltigkeit.  Kä 
ist  nacii  meiner  Ansicht  überlianpt  ein  Unding,  die  Festlegung  einer 
fitr  alle  Verhältnisse  gültigen  Norm  zu  versuchen;  mau  müßte  dcun 
den  Einfluß  deö  Lehrers,  der  Umgebung  n.  a.  vollständig  verkennen. 
Jeder  Lehrer  hat  seine  Eigentümlichkeiten,  seine  pädagogischen 
und  methodischen  Schrullen  nnd  wird  dieselben  natorgemäß  im 
Unterricht  hervorkehren.  Die  Bchliler  kennen  diesen  Umstand  und 
richten  auf  die  gewünschten  Punkte  infolge  der  immer  wieder- 
kehrenden eindringlichen  Betonung  ein  gans  besonderes  Avgen- 
merk.  Hanptsaehe  ist,  daß  den  Yp.  diese  besonderen  Bedingnngea 
bekannt  nnd  geläufig  sind.  Daß  tlbrigens  die  Schüler  solche  ansehei- 
nende Peinlichkeiten  nicht  aneh  als  solche  benrteilen,  dafür  spridit 
die  Erfahrung.   Sie  richten  sich  in  dieser  Beziehung  naturgemllB 


Üigiiiztiü  by  <-3ÜOgIe 


über  Elnsd^  und  GeBamtleistang  des  Schulkindes. 


321 


nach  dem  Lehrer  und  measen  die  Schwere  emes  Fehlers  genau 
naoh  dem  Qewieht,  dag  der  Unterriehtende  auf  einen  soleben  Ver- 
stoß sa  legen  gewohnt  ist. 

SehlieSBch  spricht  noch  ein  anderer  Umstand  gegen  die  Beiech- 
tigang  einer  objektiv  gültigen  Fehlerskala.  Nicht  nnr  einselne 
Personen,  ganze  Gemeinschaften,  ganze  Gegenden  kennzeichnen 
sich  durch  gewisse  Eigenheiten  in  stilistischer  und  graumiatischer 
Hinsicht.  Ich  brauche  hier  nur  au  die  Verfehlungen  gegen  den 
Kaans  zu  erinnern,  Verstöße,  die  nielit  liborall  f^lcicli  häufig  sind 
und  jedenfalls  dort  die  gelindeste  Beurteilung  verdienen,  wo  sie 
das  Charakteristikum  einer  ganzen  Genend  bilden. 

Femer:  wer  gibt  den  Maßstab  für  eine  solche  allgemein  gUltig 
sein  sollende  Bewertung  ab?  Doch  nur  ein  Indiridnnm.  Damit 
entbehrt  er  wohl  der  nnirersellen  Bedentang.  Objektire  Kriterien 
hierfür  lassen  sich  kanm  in  genttgender  Zahl  aailfinden.  Im  ttbri- 
gen  verlangt  es  die  Gerechtigkeit,  daB  ein  arbeitendes  IndiTidnnm 
ans  sich  selbst  herans  yerstanden  nnd  gewürdigt  würd. 

Anf  diese  Darlegungen  mOge  immer  wieder  verwiesen  sein, 
wenn  die  Art  meiner  Keurteiluug  der  Leibtungeu  dem  Empfinden 
des  einzelnen  widerstrebt. 

Im  allgemeinen  ist  zu  bemerken,  daß  für  eine  fehlerlose  ilrbeit 
die  HUlfte  des  geriu<rsteu  Fehlers  in  Anreehnun^^  kam.  Der  Grand 
hierfür  liegt  in  der  Art,  wie  die  sog.  Qnalitätsziller  gewonnen 
wnrde^  wovon  weiter  unten  die  Rede  sein  wird.  Im  besonderen 
galten  folgende  Anfstellnngen  als  Norm: 

Diktat: 

1  Fehler  =  a.  der  fiilsche,  der  ansgelassene  nnd  der  ttberflttssige 
Bnchstabc;  abgesehen  von  den  Endungen; 

b.  jede  fehlende  Silbe; 

c.  jede  falsche  Silbe; 

d.  wo  offen  ersichtlich  ist,  daß  z.  B.  ein  Dehnungs- 
zeichen aus  Versehen  an  eine  falsche  Stelle  geriet, 
wurde  ebenfalls  nur  1  Fehler  angerechnet,  z.  B. 
Wiederkher  statt  Wiederkehr. 

^2  Fehler  =  a.  das  Ansiassen  von  Satzzeichen  und  das  eigenmäch- 
tige Uinznfhgen  derselben; 
b.  die  Versetzung  eines  richtigen  Wortes  an  eine  falsche 
Stelle; 


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322  Angiiit  Xajer, 

c.  Großschreibung  nach  einem  Stricbpunkt,  Klein- 
schreibung nach  einem  Pnnkt; 

d.  das  Verfehlen  gegen  die  Endung; 

e.  wo  ein  Strich  niTiel  gwttaX  wurde,  z.  B.  Wimters 
statt  Winten. 

V4  FeUer  »  a.  da8Aii0laueiLTOnBaoli8tabeiiaai1iftiigse1]i,s.B.'"'iiBw. 
b.  die  Selbafkoirektoren; 
e.  fidiiebes  Trennen. 

Vb  Fehler  =  eine  fehlerlose  Arbeit. 

Mtiudliches  Rechnen. 
2  Fehler  =  eine  vollstiUidig  falsche  Aufgabe. 

1  Fehler  »  ein  annftbemd  liefatigea  ReSDltat,  das  anf  korrekten 
Gang  schließen  ließ.  Dies  zu  beurteilen  ist  bei  der 
Einfaobheit  der  verwendeten  Aufgaben  leieht  Beispiel: 
1.  Aufgabe  der  1.  G-.   Das  richtige  Resultat  wftre 

8,40  Findet  sich  statt  dessen  bei  einer  Vp.  das 
Ergebnis  8,30  uS",  so  ist  wohl  die  Annahme  berech- 
tig, daß  die  Operation  5  X  richtig  vollzogen 
wurde,  der  Fehler  aber  in  der  ]^crechnung  Y4  von 
1,60  Jl  =^30^  zu  suchen  ist  Ähnliche  Verstöße 
sind  in  den  verschiedensten  Variationen  möglich  und 
auch  zn  finden.  Man  wird  die  Berechtigung  ihrer  Be- 
nrteilnng  anerkennen;  denn  es  ist  in  soiehen  FäUen 
doeh  ganz  sieher  anznnehmen,  daß  sogar  Uber  die 
HlUfte  der  Arbeit  korrekt  gelOst  wurde.  Bei  der 
3.  Angabe  konnte  man  in  der  Bogel  selbstrerBtind- 
Beb  nnr  anf  die  S — 4  letzten  Operationen  znrflck- 
gehen  beim  Versuche,  den  Fehler  zu  ermitteln.  Bei- 
spiel: 3.  Auf^^abe  der  1.  G.:  Richtiges  Resultat  25. 
statt  dessen  >u  ht  250.  Offenbar  lie^rt  hier  ein  Ver- 
rechnen in  den  letzten  Operationen  vor.  Operation  6: 
1/3  von  15  =  5.  7.  Vio  von  5  =  0,5.  8.  100x0,5 
=  50.  Hier  wurde  jedenfalls  gerechnet  100  X  O^d 
»  500.  9.  Vs  Ton  500  =  250. 

Vi  Fehler  =  Fehlen  von  Beieiehnnngen. 

V4  Fehler  =  Selbstkorrekturen. 

Vs  Fehler  =  eine  fehleriuse  Arbeit. 


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über  Ehoel-  mid  GeflanMtiiiig  des  Sehnlklndei.  323 
Eombination. 

Von  gnmdlegender  Bedeutung  ftlr  die  Beurteilung  der  Leistungen 
war  hier  die  Fra^e:  Irit  mit  den  dargebotenen  Fragmenten  ein  sinn- 
volles Ganges,  sinnvoll  als  Satz,  sinuvoll  aber  auch  als  Teil  des 
Ganzen,  gebildet  worden?    Wohl  waren  vom  Verfasser  18  Stelleu 
in  jeder  Aufgabe  vorgesehen  zur  Aufnahme  der  Ergänzungen;  als 
solche  genügten  einzelne  Verba.   Doch  zeigt  sich  bei  den  Vp.  eine 
erfreuliehe  Selbetttndigkeit  insofern,  als  sie  nicht  selten  einen 
größeren  Wortkomplex  zur  VervoUstiladigiing  des  Sinnes  auf- 
boten. Ob  derselbe  gerade  an  der  Torgesehenen  Stelle  eingesetst 
wurde,  war  gleichgttltig,  wenn  nur  die  ganxe  Wendung  als  sinn- 
Toll  und  stilistiseh  annebnibar  besdehnet  werden  konnte.  Selbst 
wenn  hierbei  von  manoben  das  eine  oder  andere  nebensächliche 
Wort  aub  dem  gegebeueu  Texte  gestricheu   wortien  war,  z.  B. 
Artikel,  Konjunktionen,  so  blieb  das  außer  acht,  weil  eben  obige 
Frage  als  au88chhij?£rebend  bei  der  Bewertung  der  Leistungen  stets 
vorschwebte.    Ans  ebeu  demselben  Grunde  blieben  ancli  manche 
Verstöße  gegen  die  gegebene  Interpunktion  unbertlcksichtigt.  Solche 
Außerachtlassungen  der  gesetzten  Zeichen  kamen  besonders  häufig 
Yor  bei  den  Striehpunkten.   Beispiel:  2.  G.,  3.  Satz.  Vollständig 
korrekt  ergSnzt  mttfite  er  lauten:  »Der  Fuehs  konnte  ihn  aber  nicht 
erwischen;  daher  besann  er  sieh  auf  eine  List«.  Eine  Yp.  verroU- 
stlndigte:  »Der  Fuchs  konnte  ihn  aber  nicht  bekommen;  und  daher  >) 
besann  er^)  sich  daher  auf  eine  list«.  Derartiges  kann  sicher- 
lieh  bei  solchen  in  der  Form  so  wenig  gewandten  Vp.  ttbergangen 
werden.    Ebenso  blieben  anoh  die  EasnsfbUer  unangereehnet 
Beispiel:  2.  G.,  2.  Satz.    Manche  ergänzten:   »Da  sah  ........ 

w(  b  lu  r  auf  <  iuem  Baume  flog«.  Diese  Verwecbslnng  zwischen 
Dativ  imd  Akkusativ  ist  eines  jener  typischen  Beispiele,  für  welche 
die  Ursache  ihrer  Unrichtigkeit  in  der  Würzburger  Dialekteigen- 
tttmlichkeit  zu  suchen  ist.  Bei  gercifteren  Vp.  wt!rdr  man  hier 
zweifellos  einen  Veretol^  erblicken  müssen,  der  nicht  UDgeahndet 
bleiben  k((nnte.  Beim  Diktat  fanden  solche  Formen  um  deswillen 
als  genüge  Fehler  Inrechnung,  weil  ja  das  Bichtige  durch  den 
Yersuchsleiter  gegeben  war  und  die  £Usche  Reproduktion  auf  das 
Konto  eines  geringeren  Aufmerksamkeitsgiades  gesetzt  su  werden 
Tcrdiente.  Anders  bei  der  Kombinatton,  bei  welcher  der  Schmer 

1)  Von  dar  Vp.  im  Text  gestrichen. 


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324 


Aogoit  Mayer, 


ans  sich  selbst  herausarbeiten  nuißte  nnd  ihm  das  Geftthl  ftir  das 

Fehlerhafte  diestr  Fornirii  teilweise  nian^^cU 

Die  Abschätzung  der  einzeineu  Fehler  erfolgte  gemäß  nach- 

stehender  Skala: 
2  Fehler  kamen  fUr  jene  KombinationeQ  in  Anrechanogy  welche 
weder  die  richtige  Stelle  gefondeDy  noch  eine  einiger- 
maSen  sinnyolle  Ergttnznng  auch  am  rechten  Orte  ge> 
hoten  hStten,  also  ftlr  nicht  sinngenUlfie  AnsfUlnngen 
an  falscher  Stelle.  Beohtfertigen  l&Bt  sich  diese  Be- 
wertung durch  den  Hinweis  auf  die  doppelte  Ttttigkeit 
der  kombinierenden  Vp.:  Suchen  der  LHoke  und  rich- 
tiges Austllllen.  Da  in  vorlieg:eiidein  Falle  keine  der- 
selben richtig  vollzogen  ^vllrde,  so  ist  der  Verstoß  als 
ein  doppelter  m  betrachten. 
1  Fehler:  Nicht  sinngemäße  Ausllillungeü  an  richtiger  oder  sinn- 
gemäße an  falscher  Stelle.  Man  erkennt,  daß  im 
1.  Falle  die  LUcke  angefunden,  im  2.  aber  eine 
passende  Ergänzung  geboten  wurde.  Eine  der  bei- 
den erforderlichen  Tätigkeiten  war  also  jeweils  richtig 
YollzQgen. 

Zwischen  Doppel-  und  einfachem  Fehler  wurde  ein 
anderer  Verstofi  mit 
17a  Fehler  in  Anrechnung  gebracht:  das  vollständige  Fehlen  einer 

Ergänzung.  Es  mag  diese  Beurteilung  im  ersten  Augen- 
blick als  nicht  gerecht  erscheinen.  Wenn  üian  aber 
bedenkt,  daß  im  ersten  Falle  —  sinnlose  Ausfüllung 
an  uuricbtiL'-er  Stelle  —  ein  doppelter  Fehler  ofien  zu 
Tage  liegt,  während  es  hier  doch  nicht  als  ausgescidossen 
zu  betrachten  ist,  daß  nach  der  einen  oder  andern 
Richtung  hin  das  Korrekte  wohl  getroffen,  aber  trotz- 
dem wegen  des  Gefllhls  der  Unsicherheit  eine  Er- 
C^ung  unterlassoL  wurde,  wird  man  dieser  Beurtd- 
lung  der  unausgeftlllten  Stellen  die  Berechtigung  nicht 
absprechen  dürfen.  In  der  Tat  hat  die  Beobachtung 
der  arbeitenden  Vp.  des  Öfteren  gezeigt,  wie  hei  einem 
Satziragmente  länger  Tcrweilty  Bewegungen  sum  Aus- 
ftlllen  gemacht,  aber  wieder  abgesetzt  wurde.  Nach 
der  Ursache  des  Zügerns  befragt,  gaben  die  Schüler 
nicht  selten  zur  Antwort:  »Ich  habe  es  nicht  sicher 


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Ober  Eimel*  nnd  6«MunileiBtiiiig  des  SehnlkiiideB. 


325 


gewußt«.  Des  weiteren  findet  fragliche  Beurteilung 
eine  Stutze  in  der  Tatsache,  daß  manche  Arbeiten  aus- 
gestriehene  Ansätze  zu  Ansfllllungen  an  richtiger  Stelle 
zeigen.  Immerhin  dttifte  sieh  lielleiehi  empfelileni  bei 
feraeier  Verwendmig  dieaer  Metbode  den  Yp.  noch  die 
Angabe  zu  stellen,  dann,  wenn  eine  £iginzang  niebt 
gefonden  oder  sn  einer  solchen  die  richtige  Stelle  nicbt 
erkannt  wird,  die  Lttcke  zu  beseicbneni  wo  die  Ans- 
ftUlnng  ihren  Platz  zu  finden  hStte,  bez.  die  Ergänzung, 
ftlr  welche  die  reckte  Stelle  fehlt,  auf  den  liand  zu 
schreiben. 

72  Fehler:  Falsche  Zeitformen  oder  unbegründeter  Wechsel  der- 
selben, sowie  schwerfSllige,  kaum  gangbare,  aber  doch 
sinngemäße  Wendungen.  Im  2.  Falle  läßt  sieb  selbst- 
yerständlicb  eine  gewisee  Willkür  nicht  vermeiden; 
was  dem  einen  als  scbwerfäUig  erscheint,  beurteilt 
ein  anderer  oft  als  dorcbans  angängig.  Doch  ist  hier 
zu  bedenken,  daß  sich  die  Schiller  in  diesem  Punkte 
sowohl  Infolge  des  deutschen  Unterrichts,  als  auch 
durch  TielflUtige  mttndliche  Obungen  im  Gedanken* 
ansdmek  in  andern  Unterrichtsstonden  (besonders 
Realien)  der  Eigenart  des  Experimentators  ziemlich 
anbequemt  haben  werden,  so  daß  also  naeh  dieser 
Richtung  hin  wohl  wenige  ungerechte  Beurteilungen 
stattfanden. 

Schließlich  muß  noch  ervviihut  werden,  daß  dort, 
wo  klar  erkannt  werden  konnte,  daß  aus  Versehen 
ein  richtiger  Ausdruck  an  eine  falsche  Stelle  geriet, 
ebenfalls  nur  Vs  Fehler  in  Anrechnung  kam. 

V4  Fehler:  Selbstkorrektnren. 

Vt  Fehler:  eine  fehlerlose  Arbeit 

Gedftohtnisleistung. 

Hier  wurde  ein  IfaBstab  gefunden  in  der  Anzahl  der  zum  Er- 
lernen der  Silben  erforderlichen  Anzahl  von  Wiederholungen. 

Sobriftliches  Rechnen. 

2  Fehler:  jeder  Verstoß  gegen  den  Gang  der  Aufgabe.  Ein  voll- 
ständig faLacher  Gang  wurde,  weil  die  Ausrechnung 


326 


Angost  Mayer, 


stets  4  Operationen  umfaßte,  mit  Anrechnung  tob 
B  Fehlern  geahndet. 
1  FeUer:  a.  eine  lulBcbe  Ziffer,  entstanden  durch  unrichtiges 

Operieren.  Ihre  richtige  Fortfllhrangbedentelekdnea 

weiteren  Veistofi; 
b.  fiüsefae  Umwandlung  eines  gemeinen  Braches  in 

eine  Deidnuüsahl. 
Yj  Fehler:  a.  das  unberechtigte  Umstellen  von  Faktoren; 

b.  das  JbVliku  einer  Bezeichnung  oder  eine  falsche 

Bezeichnung; 

c  ein  an  eine  nnricbtige  Stelle  gesetztes  Dezimalkomma 
oder  das  Fehlen  eines  solchen; 

d.  das  Unterlassen  des  gegebenen  Falles  nötigen  Zu- 
rückkttizens; 

e.  die  Verwendung  eines  Besultates  als  Teil  einer  an- 
dern Operation  ohne  neues  Anscfaieiben,  s.  B. 

75,30  jT  statt:     75,30  uT 

+  20,60  »  +20,60  > 

95,90  uir :  5  «  95,90  M 

95,90  M  :  5  = 

^4  Fehler:  a.  d;is  l'^ehlen  des  Sehluösatzes  zum  Ergrebuis  der  Auf- 
gabe oder  eines  Zusatzes  zu  jedem  Kesoltat  der 
einzelnen  Operationen : 

b.  ein  falscher  oder  unklarer  Schluß-  oder  Zusatz; 

e.  eine  Umkehr  der  natürlichen  fieihenfolge  der  Ope- 
rationen; 

d.  Selbstkorrekturen; 

e.  das  Mitfuhren  ttberfltlsstger  Nullen; 

f.  Fehlen  eines  +  oder  — ; 

g.  eine  yon  der  Textanfgabe  abweidiende  Zltt&t. 
\i  Fehler:  eine  fehlerlosse  Arbeit. 

§  6.  Die  analitatsaiffer. 

Für  die  Leistungen  ergaben  sich  durch  die  Versuche  zwei  völlig 
verschiedene  Werte:  ein  Zeit-  und  ein  Fehlerwert.    Keine  der  bei- 
den Grüßen  repräsentiert  für  sieh  den  ei^rentliclien  Wert  einer 
Arbeit.    Soll  aber  ir^rend  einer  Leistung  eine  Wertziffer  beigelegt . 
werden,  so  mttssen  beide  berücksichtigt  werden.   Um  nun  ein  ein- 


Digitizec  Ly  v^oogi 


Ober  EiiiMl-  und  Genmtleteliiiig  des  ScInükiDdee.  327 

ziges  Maß  ftlr  die  Qualität  einer  Arbeit  zu  erhalten,  glaubten  wir 
folgende  Uberlegnngen  anstellen  zu  Böllen: 

Jede  Arbeit  ist  das  Produkt  einer  in  der  Zeit  wirkenden  Kraft 
Das  Material  sekalten  wir  aus;  es  ist  In  unBem  Etilen  dnrekana 
gleiekwertig.  Die  Messung  des  einen  Faktors,  der  Zeit,  kann  ohne 
weitere  Sehwierigkeit  gesehehen.  Für  die  Beurteilung  des  Eraft- 
wertes  fehlt  ein  soleher  oljektiTer  MaBstab.  Wur  sehätaen  Um 
daher  ab  an  den  Leistungen  nach  dem  Grundsatz:  der  grOfiere 
Kraltwert  repräsentiert  sich  da,  wo  (las  geringere  Fehler(ju;intii!ii 
auftritt.  Angenommen,  Vp.  A  Tollziebt  irgend  eine  Leintung  in 
10  Minuten  und  macht  dabei  8  Fehler;  eine  andere  (B)  braucht 
zur  gleichen  Arbeit  20  Minuten,  es  finden  sieh  darin  aber  nur 
4  Fehler-  Bei  gleicher  Fehleraahl  wttrden  sich  die  Leistungen  ver- 
halten naeh  Maßgabe  der  Proportion  a  :  6  =  10  :  20,  mit  Kttcksicht 
auf  die  Zeiten:  a :  6  »  8 :  4.  Auf  der  linken  Seite  beider  Pro- 
portionen Ahr  die  Zeiten    fttr  die  Fehler  f  eingesetzt,  gibt: 

iii :    s  10 :  20 

f^r.fß^B:  4. 

Durch  Multiplikation  eine  Proportion  gebildet:  I/a  '  tfu  —  80  :  80. 
tfx  und  tfa-,  die  Produkte  aus  Zeit  und  Fehlern,  würden 
nach  unsern  vorher^ee:angcuen  Erwägungen  ein  Ausdruck,  für 
den  Wert  der  Arbeiten  A  und  B  sein.  Demnach  stünden  beide 
Leistongeu  gleich  hoch.  Eine  kleine  Erörterung  möge  dies  stützen: 
Ziehen  wir  nur  die  Fehlerzabi  in  Betracht,  so  ist  der  Leistung  A 
nur  die  Hälfte  des  Wertes  der  Leistung  B  zuzuerkennen.  Nun 
stehen  aber  der  Vp.  A,  die  in  10  Minuten  schon  fertig  ist,  noch 
weitere  10  Minuten  zur  Verlegung  bis  zu  dem  Zeitpunkte,  an 
welchem  B  ToHendet  hat  Angenommen,  auch  diese  würden  ans- 
genutztj  das  Resultat  wttrde  unter  sonst  gleichen  Umst&iden  das- 
selbe sein  wie  vorher;  die  Leistung  A^  mflfite  wiederum  den  halben 
Wert  der  Leistung  B  repräsentieren.  Dann  würden  naturgemäß 
B  B 

Ai-\'Ai  =  -^'^'^=B  sein.  Insofern  dürften  wir  daher  berech- 
tigt sein,  die  Leistungen  A  und  B  einander  gleichzustellen.  Ein 
anderes  etwas  kompliziertes  Beispiel  möge  zeigen,  daß  sich  in 
dcTselhon  Weise  die  Bildung  eines  Produktes  aus  Fehierzahl  und 
Zeit  rechtfertigen  läßt: 

^     Vp.  A  liefert  eine  Arbeit  in  8  Minuten  mit  2  Fehlem, 
Vp.  B  braucht  hierzu  5  Minuten  und  Terfehlt  sich  7  mal 


oiyui^oo  uy  Google 


328  AitgoBt  Mayer, 

Wenn  nur  die  Felilerwerte  in  Betracht  gezogen  werden,  liefert 

Vp.  B  eine  "'/iva&.l  so  ^toHc  Fchlerzahl  aU  A.  Ihre  Arbeit  reprS- 
sentiert  daher  mit  Rttckäicht  auf  die  Verstoße  nur  Wertes 
von  der  Leistung  H.  Während  A  seine  Arbeit  vollendet,  wird  nnn 
B  iu  den  restlere&deu  3  Miuoten  im  stände  sein,  unter  sonst  glei- 

2-3  6 

eben  Bedingungen  eine  Arbeit  sn  liefern,  welebe  7—5  =  35 
Leistongswertee  Ä  darstellt   Ihrer  ganzen  Arbeit  ?rttiden  also 

=  ^  von  dem  Leibtuugöwert  A  zuzuerkeuuen  sein,  und 

das  QnalitätBTerhilltnis  wlire  Ä:B^3b:16,  Da  aber  nach  nn- 
Beim  Prinzip  (Fehlerberechnnng  and  ancb  Zeitmessang)  die  größere 
Ziffer  die  minderwertigeie  Leistung  darstellt^  maß  die  Proportion 
lauten:  il :  B  =  16  : 35.  Dasselbe  Verbttltnis  ergibt  sieb  ancb 
dnrcb  Hnltlplikation  Ton  tA  X  fi  nnd  tsX  fa- 

Die  uuf  solche  Weise  gewonnenen  Ziflfem  repräsentieren  den 
eigentlichen  Wert  der  Arbeit;  wir  nennen  sie  Qualitätsziffem. 

Ich  bin  mir  wohi  bewußt,  daß  gegen  eine  Proportion  zwischen 
Fehlerzahl  und  Kraftwert,  wie  solche  iu  vorausgehenden  Darlegungen 
aufgestellt  wurde,  Eirnviuido  erhoben  werden  können.  Mir  ist 
nicht  unbekannt,  daß  der  Wert  einer  Leistung  gemeinbin  in  der 
Weise  berechnet  zu  werden  pflegt,  daß  man  TOn  einer  im  Toraus 
fKtr  eine  fehlerfreie  Arbeit  festgesetzten  Größe,  welebe  die  Anzahl 
aller  möglioben  Fehler  darstellt,  die  Zabl  der  wirklieb  gemachten 
Fehler  subtrabieri  Mehrere  Gründe  yeranlaßten  mich,  trotzdem 
au  obigem  Modus  festzuhalten!  Fttr  das  Diktat  und  die  Eombina- 
tiunsarbeit  könnte  man  eine  solelie  Normiilziii'er  ja  leiehter  jre- 
winnen,  anders  aber  beiispiehN  eise  beim  Rechnen.  Hiei  mülite  uiuu 
die  Anzahl  aller  kleineren  Operationen  als  die  Gruudbiire  nehmen, 
dazu  wäre  es  aber  erforderlich,  daü  dieselben  nicht  mehr  als  eia 
Zahlenpaar  nnit'usseu  würden.  Sobald  3  Zahlen  addiert  werden, 
haben  wir  2  Operationen,  können  aber  am  Resultat  niemals  das 
Vorhandensein  zweier  Fehler  konstatieren,  da  ja  nur  eine  Größe 
vorbanden  ist  Damit  würde  sidi  der  Wert  einer  solchen  Normal- 
ziffer ins  Problematische  verlieren.  Kocb  größeren  Schwierigkeiten 
wttrde  em  solcher  Versuch  bei  der  GedSebtaisleistung  begegnen. 
Büne  fehlerfreie  Arbeit  witre  hier  gleicbbedentend  mit  einer  Go* 
dächtnisleistung  ohne  Wiederholungen.  Eui  Unding!  Wievi||| 
Wiederholungen  sollte  man  bei  Aufstellung  einer  solchen  NomÜF 


über  Eiuzel-  uud  Geaamtleistuiig  des  Schulkindes. 


329 


grSße  annehmen?  Hier  wäre  der  WiUkUr  Tttr  und  Tor  geSffiiet 
Weiter  wttre  za  bedenken,  daß  mit  Rttcksiobt  anf  die  lelatir 
enorme  Übnngsfittiigkeit  des  Gedaebtniflaea  diese  Ziffer  7analiel  «ein 
müßte,  in  den  Ferien  eine  andere  als  wübrend  der  Scbnkeit,  gegen 
Semestersoblnß  vielleicht  eine  beträchtlich  kleinere  als  in  der  Mitte 
oder  am  Aufange  eiuer  Uaterrichtsperiode.  In  welcher  Weise 
sollten  aber  alle  diese  Umstände  eine  Bertlcksic^btiguug  erfahren? 
Man  sieht,  die  Schwierigkeiten  wUrden  sich  ganz  unverhältnismäßig 
steigern.  Als  viel  einfacher  imd  vielleicht  auch  weniger  willkürlich 
betrachte  icb  daher  den  hier  festgehaltenen  Modus.  Für  ihn  spricht 
auch  noch  der  Umstand,  daß  er  der  im  gewöhnlichen  Lehen 
ttblicben  Bewertmig  der  Arbeiten  nahe  kommt  SoliUeßlieb  durfte 
es  meiner  Anaicbt  naeh  bier  weniger  daranf  ankommen^  welcbe 
TOD  beiden  Arten  verwendet  wird,  als  vielmebr  daranf,  daß  aUen 
Bewertungen  der  gleiebe  Modus  zn  Grande  liegt. 


n.  Teü. 
yenuohBergebnlBfle. 

Wir  diskatieren  in  den  folgenden  8  Paragraphen  die  bei  der 
Siobtnng  des  Materials  gewonnenen  Tal)ellen.  Zonäohst  richten 
wir  unser  Augenmerk  anf  das  zeitiiebe  Moment,  dann  ziehen  wir 
die  Febleizabl  in  Betracht,  um  sebließliob  einen  Blick  zn  weifen 
auf  die  fbr  die  einzelnen  Leistungen  gewonnenen  Qualitütaziffern. 

§  7.  Die  ZeitUbeUen. 

Z.-t.^)  I  zeigt  in  senkrechter  Anordnung  7  Hauptkolumnen,  von 
•  denen  die  1.  die  Namen  der  Vp.  etc.  enthält.  Aus  Kolumne  2  bis 
einscblieblich  t>  siud  zu  ersehen  die  Danern  der  einzelnen  Leistungen 
in  Minuten  and  Sekunden.  Jede  dieser  Kolumnen  führt  in  2 
Unterabteilungen,  dnrch  einfache  senkrechte  Striche  geschieden, 
die  Zeit  für  die  Emzelleistung  und  die  ibr  zugehörige  Gesamt- 
leistung auf.  Kolumne  7  enthält  die  Summe  der  Zeiten  für  die 
yeisehiedenen  E.  und  G.,  exkl  des  Diktates.  Dasselbe  mußte 
bei  der  Addition  auagesebaltet  weiden.  Ein  Blick  anf  umstehende 
Tabelle  gibt  AufUttrung.  Wir  finden  für  die  Diktat-G.  nur  eine 

1}  Abküfsnag  ftr  Zelttabelle. 


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300 


Zeittabelle  zur  I.  lieihe. 
Beibgang:  Baaeh  ud  aebOtt. 


Dil 

(tat 

mdl.  Eechn. 

Kumbia. 

Gedächtn. 

sehr.  Hechn. 

Gesamtzät 

Vp. 

Einzel . 

Gesamtl. 

EinzeU. 

i 

EinzeU. 

a 

0 

0 

■ 

EinzeU. 

Gesamtl. 

1 

«) 
«> 

EinzoU 

i 
e 

1712 

1706 

147 

•  1025 

1  1  PM 

IQOO 

J*y  ; » 

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13,Y. 

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299« 

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Bi. 

11» 

213 

8.V' 

ll^-* 

1331 

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24»' 

RiL 

11» 

isi 

5w 

9» 

4*6 

22t2 

llt. 

23^ 

Sohä. 

11« 

1 

330 

1  30*-' 

8*1 

3» 

20» 

125« 

27* 

Sehn. 

9» 

4SI 

iw 

goo 

1361 

7«  1 

16a« 

1150 

4224 

Schw. 

16M 

21« 

155 

1100 

2700 

13" 

10*5 

5338 

24»e 

Se. 

16» 

2^ 

1" 

12*0 

807 

857 

11» 

32<i 

Wa. 

20« 

'■  141 

713 

ßm 

320 

952 

84S 

21*» 

WL 

324 

2<« 

1  957 

6^ 

lOöü 

16» 

14« 

1000 

3823 

33*1 

Wo. 

19» 

21« 



1  10» 

9« 

321* 

1538  ' 

t 

160« 

1815 

61*3 

45» 

Durch- 
•BkaiUL 
Mt 

1706 

HOB 

1 

Qm 

1  13» 

1 

7»  1 

IS» 

i_  

11» 

41« 

27« 

mV.  1 

1 

"  "1 

j  0-  1 

000  321 

2» 

4ifc, 

Zeitangabe  fUr  alle  Vp.    Diese  Uberragt  nur  mit  3  Ausnahmen  an  i 
Größe  die  Dauern  der  E.  Diese  EireeheinnTig:  hat  darin  ihren  Grund, 
daß  bei  der  Einzelarbeit  sofort  nach  Kiodemdirift  einea  Diktat- 
abflolimttea  not  dem  VoiBpiecben  weltefgeialiFen  weiden  komitef  »  ' 
während  man  bei  dw  G.  geswnngen  war,  anf  alle  Sehtier  sa 
warten.  I^at&rHch  mußten  die  Langsamsten  die  Zdtangabe  gani  I 
erheblieh  beeinflnssen.  Man  hätte  eben  die  znr  Anfertigung  jedes 
einselnen  Abschnittes  erforderliche  Dauer  fttr  jedes  arbeitende 
ludividuuiu  gesondert  feststellen  und  die  vcrseliiedeiicu  Angaben 
addieren  mUssen.    Wir  werden  daher  in  allen  folgenden  Zeit- 
und  Qualitätstabellen  die  Diktate  anssehalten  nil^^'^on.   Man  kuiiute  j 
allerdings,  nm  dieses  Plu8  an  Zeit  au.s  der  (}.  zu  eliminieren,  so  Ter-  | 
fahren,  daß  man  den  letzteren  das  arithmetische  Mittel  ans  den 
E.  za  Grande  legen  wtirde.  Doch  käme  in  dieser  GiOfie  gerade  das 


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über  EmzAl-  mid  GwtmtUiittmig  dw  SohnlUndes.  381 

nicht  zam  Ausdruck,  worauf  es  hier  ankommt,  dar  fUufiaß  dar 
Masse  anf  den  Einzelnen. 

Ein  Bliek  auf  die  Ziffom  Torstehender  Tabelle  baMgt»  daft 
89,3  bez.  91,1%  aller  gelieferten  6.  raaeber  Tollsogen 
Warden  als  die  E.  ISne  Anauhme  (Se.)  iii  dnrob  das  Protokoll 
hinreicbeiid  eikllvt:  Yp.  batfte  aiob  Teireefanet  vnd  merkte 
ent  am  Seblnue  der  AibeH,  dafi  ein  Yeratoß  yorgekoamen  Min 
niiifite.  Die  Bevialon  der  ganzen  Angabe  nabm  etwas  mebr  ab 
3  Min.  in  Anspruch.  Der  g^esamte  Zeitaufwand  ist  für  die 
G.  ebenfalls  ein  viel  geringerer  als  für  die  E.  Dies  ergibt 
sich  aus  Kol.  7.  Beziehen  wir  die  Anzahl  der  kürzur  vtrlanl\  ndcn 
Gr.  auf  die  jeweils  anter  1  Gruppe  fallenden  14  G.,  «o  ergibt  sich 
in  Prozentzahleu  folgende  Übersicht: 


Z.-t.  la. 


Diktat 

müudl.  Kecliueu 

Kombin. 

Gedächtn. 

Bchriftl.Recbntiu 

Gesamtzeiten 

«8,9 

100|jO 

86^7 

78^6 

Die  Kombi natioDö-G.  genießt  den  größten  YorZQg. 

Die  folgende  Z.-t  I  b  gibt  die  Differenzen  der  Durchschnitts- 
zeiten, in  Vo  viQgtwertet  Als  Grundlage  diente  bei  dieser  Um- 
reohnnitg  die  Dauer  dw  E.  Das  Ulnna-  oder  Plnsaeieben  besagt  bier 
und  flir  alle  Zukunft,  daft  die  O.  gegenüber  der  E.  ün  Vorteil  (— ), 
bes.  im  KaobteU  (+)  iü 


Z.-t  Ib. 


Diktat 

mUndl.  Bechnen 

Kombin- 

Gedächtn. 

8cbrit'ti.Keohnen , 

Gesamtzeiten 

—29,9 

—89,0 

—HO 

—20,4 

—  38,7 

ffieraoB  ergibt  sieh  ganz  offenbar,  daß  die  einzelnoi  Qt.  z*  T. 
ganz  bedeutend  rascher  yerliefen  als  die  und  dafi  der  Zeit- 
aufwand fflT  alle  4  in  Betraebt  kommenden  Gesamtarbeiten  um  etwa 

'/s  kürzer  ist  als  die  Dauern  der  entsprechenden  E.  zusammen- 
genommen. Am  meisten  unterliegt  die  Gedächtnisarbeit 
diesem  Einfluß.  Diese  Erscheinung  wird  uns  aiicb  in  eini<ren  der 
folgenden  Z.-t.  begegnen.  Gerade  hierftir  könnte  \ielleicht  iu  der 
Art  des  Versuchöverlaufes  eine  Erklärung  geaurht  werden.  Es 
ging  in  der  G.  nicht  an,  die  Gedttobtnisarbeit  stets  zu  kontrollieren 

22* 


oiyui^-o  uy  Google 


Angwt  Mftyer, 


wegen  der  Störung-  So  wäre  der  Fall  denkbar,  daß  vielleicht 
einifjre  Sohtiler  srhon  vor  vollständiger  Lösnnjr  der  trostellteu  Auf- 
gabe beendigt  hätten.  Ich  muß  einem  Bolchen  Einwand  von  ¥om- 
herein  aus  verschiedenen  Grttnden  cnt^jegentreten : 

1.  Es  fehlte  durchaus  nicht  jede  Kontrolle.  Sowohl  hei  der  £. 
als  «aoh  bei  der  0.  wude  der  eioe  oder  andere  angefordert,  das 
Gelernte  hemuageiL  Da  ergab  8 Ich  denn  stete,  dafi  Beftarchtiin§;en 
obiger  Art  grandios  waren.  Überdies  hätte  aneh  jeden  Sehttler 
schon  das  BewnBtsem  der  HQglichkeiti  kontrolliert  werden  sn 
können,  Ton  einem  Versnehe,  nnehrlieh  zn  sein,  abgehalten. 

2.  Bei  der  Auswahl  der  Vp.  wurde  auch  ihre  Wahrheitsliebe 
berücksichtigt.  Ich  halte  ehien  Hctrug  durum  für  ausgeschlossen, 
weil  die  verwendeten  Schüler  durchweg  als  ehrlich  sich  bewährt 
haben. 

Anders  steht  es  mit  einem  weiteren  Einwand,  den  EintiuB  der 
Übung  betreffend,  worauf  ich  weiter  unten  zu  sprechen  kommen 
werde. 

Betrachten  wir  schließlich  die  mV.^)  fttr  die  Durchschnittsleistiui' 
gen,  so  finden  wir  dorchweg,  dafi  fttr  die  G.  das  Gebiet  der 
Sehwanknng  nm  einen  Hittelwert  ein  viel  enger  begrenztes  ist,  als 
bei  den  Danem  der  £.  Die  Differenzen  sind  t.  T.  ganz  betrSehtliehe. 
Dieselben  unter  Zngmndelegung  der  mV.  flir  die  E.  in  <*/o  um- 
gewertet, erhalten  wir  folgende  Größen: 


Z.-t  lo.  (mV.  der  Dorehsohnittsleistnngen.) 


Diktet 

mflndl.  Beehnen 

Komhni. 

GedSchto. 

■chrifti.  Rechnen 

I  GeeamtMiten 

-  1 

—76,8       1  —60,7 

—  38,3 

-3ö,7       jj  -47,6 

Am  dieser  Tabelle  läßt  sich  zweifello8  entuehmeu,  daß  in  der 
Gesamtarbeit  bei  den  einzelnen  Individuen  das  Streben  herrschte, 
zeitlich  sich  einander  zu  nähern.  Daß  diese  üniformierungstendenz 
Yon  Vorteil  ist,  geht  daraus  hervor,  daß  sie  naeh  der  Biehtung  der 
kürzeren  Z^ten  vorhanden  ist,  wie  ja  die  geringeren  Dnrohsehnitt»- 
zeiten  der  G.  besagen.  Somit  ergab  die  Diskussion  der  Z.-t  L 

1.  Die  giOfite  Zahl  aller  G.  TerEef  raseher  als  die  E. 

2.  Den  dnrchschnittliehen  G.  kommt  eine  kttneie  Daner  zu  ab 
den  mittleren  E. 

Ij  Mittlere  Variation. 


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Ober  Efazel-  und  OeMintleistaiig  des  SehnUdndee.  383 

3.  Die  einzelnen  Individuen  zeigen  bei  der  Massenarbeit  eine 
beträchtliche  Umfonnieniiigstendenz  hiosicfatlich  der  Zeit. 

Es  liegt  nim  der  Einwand  nahe,  daS  ein  gnt  Teil  dieser  Er- 
gebniflfle  dem  EinflnBse  der  Obnng  znznachreihen  wire,  da  die  G. 
naeh  den  E.  Btatt&nden.  Es  könnte  dies  vielleicht  ftr  die  Kom- 
hinaäons-  nnd  die  Gedaehtnisarbeit  zagegeben  werden.  Mflndliohes 
nnd  eehrifOiches  Rechnen  scUoBsen  sich  an  den  Unterricht  an,  so 
daß  also  hierftlr  Bedenken  in  We^all  kommen.  Um  nun  den  even- 
tuell vorhandenen  Ubnngseiuliuij  einif::ermaßtii  zu  eliminieren,  wurde 
in  den  spHtcren  Reihen  die  Versuchsfolge  umgekehrt:  erst  die  G. 
und  dann  die  E. 


Zeittahelle  znr  IL  Reihe. 

Bedingung:  Rasch  and  Bchün. 


1  Diktat 

mdl.  Rechn. 

Kombin. 

Gedächtn. 

1 

sehr.  Rechn. 

Gesamtzeit 

Vp. 

^  

'S 

a 
S 

O 

N 

a 

3 

a 

S 

Einzell. 

Gesamtl. 

Einzell. 

Gesamtl. 

Einzell. 

Gesamtl. 

Einzell. 

* 

§ 

s 

Pa. 

_ 

1 

_ 

1 

F9. 

16» 

8*1 

2« 

760 

106« 

10 

960 

10» 

29«t 

31» 

Bei 

11» 

1« 

iü 

6» 

343 

622 

857 

1107 

1900 

26*1 

XIL 

12» 

8» 

4« 

11» 

10» 

4" 

930 

1100 

1200 

88» 

36» 

OL 

11» 

1» 

206 

441 

6» 

6« 

9« 

935 

22« 

1 

2400 

U. 

U« 

8» 

6» 

480 

ö*» 

600 

1140 

10» 

86» 

82» 

Bn. 

12» 

8» 

1« 

6« 

'600 

4% 

10« 

1215 

23« 

24» 

Sehl. 

19« 

8» 

8» 

fit» 

7ä7 

6» 

702 

858 

il: 

23*4 

26» 

Sehn. 

11» 

219 

365 

öoo 

ö» 

637 

445 

922 

23» 

^ 

Selnr. 

Ifi» 

1» 

1» 

7» 

700 

941 

10«^ 

10« 

14*5 

29»5 

3421 

8e. 

16» 

2n 

1» 

8" 

7» 

11« 

932 

9» 

8» 

31» 

27« 

Wv 

1200 

237 

448 

912 

738 

9«5 

185« 

271 ' 

Wi 

18» 

8» 

8» 

617 

710 

810 

8^ 

900 

2432 

2^ 

Wa 

.  1 

16» 

852 

2'*» 

6...  , 

1012 

10*5 

1102 

lö-'-s 

30W 

38« 

KkÜttLI 

IM  i 

2» 

6«i 

700  , 
f 

711 

i 

756  ' 

948 

105« 

26» 

2828 

id7. 

0» 

l» 

V" 

218 

200  j 

052 

8» 

im 

Die  Zahl  der  Vp.  betrug  hier  nur  13.  HiuBiclitlieh  der  An- 
ordnung der  Tabelle  beziehe  ich  mich  ftr  diese  und  fUr  alle  folgen- 
den Zeittabellen  anf  die  unter  Z.-t.  I  pre^ebenen  Erläuterungen. 
Diese  Reihe  wurde  in  den  Osterferien  1901  angefertigt  In  nnr 


oiy  ii^uo  uy  Google 


384 


34,6%  aller  Fälle  beansprucht  die  (j.  eine  ^erii^?ere  Dauer  al»  die 
E.  Di«  folgenden  Ziffern  laaien  ersehen,  wie  sich  diese  üksoheinong 
prozentual  anf  die  einzelnen  Gebiete  —  Diktat  ansgenoBuncn  ~ 
verteilt  Die  FrozentMhlen  sind  aieh  hier  wieder  bezogen  mi  die 
in  den  einzelnen  CtoUelen  gelki^Bften  18  Qt, 


Z.-t  Ua. 


Diktat 

mtindl.  Rechnen 

Kombin. 

Gedächtn. 

Bchriftl.  Rechnen 

GeBumtzeiten 

80^ 

88^ 

IM 

Am  relativ  günstigsten  gestattet  flieh  das  Resnltat  fllr  das  mttnd- 

liehe  Rechnen.  Hier  ist  jedoch  zn  erwägen,  daß  der  Stoff  im  Ver- 
hältnii«  zu  den  übrigen  iVrbeiten  von  äußerst  geringem  Umfange  war. 
Infoige  des  geringen  Zeitaufwandes  ist  ea  dalier  möglich,  daß  dnrch 
Zufälligkeiten  ganz  minimale  Differenzen  entslrln  n,  dii  ernstlich 
wohl  kaum  als  solche  zu  betrachten  sein  durften.  Es  kann  wohl 
erwartet  werden,  daß  bei  einer  erentnellen  Stoffmehmng  das  Re- 
sultat ftlr  das  mttttdliche  Rechnen  sieh  älinücli  dem  ibr  das  schrift> 
üche  gestalten  wttrde.  Sehen  wir  daher  von  der  mUndliefaeo 
Beehen-G.  ab,  ao  ergibt  aiehi  dafi  die  grOOte  Ansah!  von  relsAr 
kürzeren  Dauern  der  O.  bei  der  GedAehioisaifoett  ro  finden  ist 

Die  Dorchschnittszeiten  ergeben  durchweg  ein  fllr  die  0.  un- 
günstiges Besnitat  Drtteken  wir  die  Differenzen  zwischen  den 
durchschnittlichen  £.  tmd  G.  in  o/o  a^B)  so  halten  wir  folgende 
Überäicht: 

Z.-t.  IIb. 


DikUt 

miindl.  Rechnen 

Kombin.  |  Gedächtn. ,  schriftL  Rechnen  | 

Gesamtzeiten 

- 

+8,0 

+  18,8 

+  10,4  j       +11,2       Ii  +11,7 

Wir  nntersnchen  die  Ergebnisse  der  II.  Beihe  in  Besag  auf  die 
in  den  ni7.  zum  Ansdmok  gelangende  Unifoimiemngstendens.  Die 
Differenzen  der  mV.,  in  %  umgewertet,  eigeben  folgende  Größen: 


Z.-t  He. 


1 

Diktat '  niUndl,  Rechnen 

Kombin. 

Gedächtn. 

Bchriftl.  Rechnen ' 

Gosamtzeiten 

-  j  +100,0 

-13,9 

-9,8 

+  1083 

;  +20,1 

1 

Digitized  by  Google 


Uber  Einzel-  und  ^hfm*^F*vte  des  Sehulkindefl.  386 

Hier  lUßt  sich  beim  mUn^iclieu  und  schriftlieben  Rechnen  i\\r  die 
Massenarbeit  hiusictitlieh  der  Zeit  ein  doppelt  so  g^roßer  Spielraum 
konstatier«!!  als  fUr  di«  E.  £iae  aokibe  ErweUeraog  des  Gebieteia  der 
mV.  hängt  nicht  notwendig  zusammen  mit  einer  Zunahme  derDwem 
der  G.  Dies  lehrt  die  Tataaeli«,  daA  bei  der  KombinatiooB-  and 
der  Gedftohtiiuaarbeit  trotz  gr58erer  Bwet  der  G.  eine  AbaaliiBe  der 
mV.,  also  das  YorlaadeMdin  ^iaer  Unil^mieniigitadeitt  m  be- 
nerken  iai,  wenn  auch  nidit  In  so  seliaiff  r  Aiu|Kriigiuig  wie  bei 
Keihe  L  iUiebe  SnelMlnuBgen  wordeft  uns  ttlKigoBB  ia  den 
folgenden  Tabeflen  noch  Öfter  begegnen. 

Fassen  wir  die  Ergebnisse  dieser  Tabelle  snsammen: 

1.  Die  Gesamtarbeit  verlief  in  den  meisten  i:  äUuu  iaugäumer 
•dh  die  £. 

2.  die  dnrohschmttUehe  G.  ist  von  gröUerer  Jjaueor  als  die  mitt- 
lere E. 

3.  Eine  geiiagere  Uniformiernngstendenz  hinsiehtUcb  der  Zeit 
ist  nur  bei  der  Kombinatiomh  und  der  Ged^obtnie-G.  Tor- 
lumden. 

.  Woher  diese  den  Eigebnieien  der  Z.-i  I  direkt  mwidedavleiidieii 
Beanhate? 

Die  Steife  waren  Yon  relatiT  i^ieber  BobwierigMti  die  Be- 
dingungen —  rasch  and  schDn  —  fhr  beide  Beibea  dieieiben.  ISne 
besondere  BeeinflnsBung  der  Vp.  durch  den  Lokalweehtel,  der 

bei  dieser  lU'i he  vorfz^euommeu  werden  mulUe,  durfte  kaum 
stattgefunden  haben.  Die  Beobachtungen  dea:  Msistierendcn  Herrn 
und  des  VersiK  ItsleiterB  sowohl,  als  auch  die  Aiig:aben  der  Kinder 
ecbiielien  eine  solche  Annahme  aus.  Außerdem  findet  ein  solcher 
Einwand  auch  in  der  Größe  der  Zeitzifi'ern  seine  Widerlegung. 
£b  läßt  sich  vielfach  sogar  eine  Abnahme  der  Dauern,  für  die 
Einzelleistungen  in  große  re  m  MaQe  als  für  die  G.,  konstatieren. 
Da  die  VenHiohe  in  der  Ferienieit  stettteden,  könnte  ein  in- 
awisehen  eiagefreftener  Übnngsmaaeel  als  Unaehe  dieser  Ei^ 
aoheiaangan  angesehen  werden.  Es  ist  mO^ch,  dafi  bei  der  einen 
oder  anteen  Vp.,  die  eine  besondere  Disposition  ftr  Dbnngsab- 
nähme  besitzt,  dieser  Umstand  mitgewirkt  haben  mag.  Dies  gesehah 
aber  sicherlich  nur  in  sehr  geringem  Maße.  Dafür  sprechen  ver- 
schiedene GrUnde: 

1.  Am  meisten  müßte  dureh  t meii  solchen  Übungsmanirel  die 
Dauer  des  Diktates  beeinflußt  worden  sein;  denn  dies  ist  doch 


üigitized  by  Google 


336  Angiut  Mayer, 

in  jeder  Beziehun^^  iu  titr  markantesten  Weise  Sache  der  Übung. 
Jedoch  ergeben  hier  die  einzelnen  Zeitziffem  fttr  G.-,  E  -  und 
Dnrchbflinittgleiptuiii:*  II  i:(  Lreiiiiljcr  der  1.  Keihe  in  den  meisten 
Fällen  ein  minus  zu  Gunsten  der  2.  Reihe. 

2.  Aach  die  übrigen  Zeitangaben  zeigen  in  der  2.  £eihe  eher 
eine  Ab-  als  eine  Zonabme. 

3*  Die  Dauern  der  £.  mllftten  aladami  viel  gi^Ber  sein  als 
jene  der  G.,  da  die  EinzeLarbeiten  ent  naeb  den  Mauenarbeiten 
angefertigt  wurden  und  dann  in  der  Zwiaehenzeit  ein  noeh 
giOBeier  OlmngBrerlDat  hlttte  wirksam  weiden  mUssoL  Gerade 
die  Dnrehsebnlttodaner  der  E.  aber  ist  bier  ^e  z.  T.  erbeblicb 
geringere  als  jene  der  G. 

4.  zeigt  ein  Vergleich  der  später  folgenden  FeLkrtubellen  I 
und  II,  daß  eine  Veranlassung  zur  Auiuthme  eines  Ubungs- 
verlustes  nicht  besteht.  Im  Geg:enteil,  die  Fehlerziffem  der 
II.  Tabelle  siud  meist  geringer  als  die  der  ersten. 

5.  Schließlich  fand  ja  die  Untersuchung  schon  in  der  ersten 
Hälfte  der  19  Tage  dauernden  Ferien  statt,  so  daß  also  ein 
merklicher  Ubungsverlust  noeh  kaum  vorhanden  sein  dürfte. 
Wenn  bei  raaneber  Vp.  jedocb  in  der  Tat  ein  solcher  wirksam 
war,  so  kann  dies  für  die  Gesamtheit  enistlicb  wobl  nicbt  in 
Betraebt  kommen. 

Es  bliebe  somit  zur  ErklSmng  der  Ton  Tabelle  I  abwmcbenden 
Besnitate  nnr  noch  eines  ttbrig:  der  Hinweis  daianf,  daß  zur  Zeit 

der  Erholung  infolge  der  zerstreuenden  Einflttsse  und 
des  Mangels  an  gemeinschaftlicher  Schularbeit  die  Kinder 
mehr  ihre  eigenen  Wege  gehen.  Der  Ehrgeiz  seheint  unter  solchen 
Umständen  nicht  die  ausreioheudc  Kraft  zu  besitzen,  die  Vp.  an- 
zuspornen, ihre  Aulinerksamkeit  in  intensiver  Weise  auf  die  Auf- 
gabe zu  konzentrieren.  Dagegen  dürfte  der  Einzehne  in  der  Zeit 
der  Erholung  eine  günstigere  Disjiosition  fllr  Ablenkungen  besitzen, 
wie  sie  in  der  arbeitenden  Gemeinschaft  wirksam  sind.  Daher 
wobl  die  Ersebeinung,  daß  die  Gesamtbeit  unter  teilweiser  Au%abe 
der  UnlfonmenuigBtendenz  BcbweriWger  arbeitet  als  der  Emzebie. 


Ober  Eiiuel'  nnd  GeBamdebtong  des  ScluiIkindeB.  337 


Zeittabelle  zur  III.  Reihe. 
Bedingnng:  Bateh  nnd  scbOii. 


Diktat 

mdl.  Rechn. 

Eombin. 

Gedüchtn.  ' 

sehr.  Rechn. 

Gesamtzeit 

Vp. 

J 

@ 

S 

EinzeU. 

Gesamt!. 

Einzell. 

Gesamtl. 

EinzoU. 

Gesamtl. 

Einzell. 

t 

Einzell. 

S 

J 

** 

1400 

16* 

216 

22« 

7  - 

82» 

4«5 

1650 

1060 

3352 

a»i4 

Tk 

i 

U» 

» 

SU 

536 

6% 

6«8 

510 

g«6 

4/ 

900 

2432 

SB» 

1» 

1» 

7«o 

300  ' 

912 

737 

2322 

17» 

Hfl 

«00 

20« 

300 

708 

5» 

4I8 

11» 

7» 

24» 

8141 

fit 

IM 

213 

41« 

5«3 

550 

j 

800 

535 

2007 

17» 

Bi. 

10» 

2u 

JE 

4«6 

55® 

330 

821 

5» 

2137 

16» 

10» 

1  10» 

200 

2t« 

401 

4»t 

4u 

907 

7« 

20» 

19» 

Sehl. 

2» 

1« 

70» 

7U8 

52« 

31s 

1151 

1050 

26*3 

88» 

SehiL 

9W 

Sil 

1» 

SIS 

:  gao 

6*0 

701 

10>o 

2314 

241s 

Sehr. 

12" 

2i> 

20» 

6»» 

706 

323 

3« 

1009 

916 

2202 

22'* 

Be. 

,  l»w 

2u 

229 

6«8 

6» 

3» 

8« 

857 

213« 

22^ 

Wa. 

i  11« 

2» 

6«s 

IE 

i  4?t 

21s 

6» 

7«5 

19«8 

20«3 

Wl 

2tt 

2» 

6» 

635 

82« 

530 

1120 

10» 

2757 

24» 

Wo. 

IS» 

8» 

9» 

7» 

GM 

4>o 

1847 

12» 

88» 

l'arrh. 
Z«it 

16» 

j  2» 

214 

i 

6« 

ü 

630   1  6IÄ 

400  1 

10» 

8«o 

24» 

81» 

1 

0» 

121 

0-, 

1 

200 

1 

"1 

1  8« 

2» 

Die  Ergebnisse  dieser  Tabelle  stimmen  im  .wesent- 
lichen mit  jenen  der  Tabelle  1  Uberein.  In  58,9%  aller 
Fälle  zeigt  die  G.  eine  ktürzere  Dauer  als  £.  Die  folgende  ÜberBicbt 
gibt  hierfür  die  einzelnen  Frozentzahlen  analog  den  Toriiergegaii- 
genen  Duknsdonen: 

Z.-t.  IHa. 


Diktat 

mflodi  Beehnen 

Kombin. 

QedSehtn. 

aehriftt.  Beehnen 

Geaamtieiten 

57,1 

92,9 

78,6 

1  71,4 

Auffallpiul  ist  hier  das  nnjrllnRti^jro  Ycrhtlltuis  t\ir  die  KoiuluTintioii. 
Hiertiber  einiges:  Zwischen  der  2.  und  3.  Keihe  lag  ein  Zeitraum 
Ton  3  Min.  In  dieser  Zeit  mag  vielleicht  die  fonnale  Seite  der 


338 


Auguist  Mtt^er, 


EombinatiotuNUifgabe  —  das  Einkorrigieien  der  Wörter  anf  hekto- 
grapUerte  Blitttor  —  etwas  fremd  geworden  sein.  Mit  Bttckaicht 
anf  die  kombinatorisebe  IHttigkeit  «elbet  jedoeb  Iftfit  sieh  ein 

UbungBverlast  uicht  iiaclnveiseii,  wenigstens  stehen  die  ent- 
sprechendeu  Fehlerziffern  in  Fclilertabelle  III  einer  Bolchen  AiiaaLiüe 
ent^rcpren.  Ferner  ist  noch  zu  ervvä;;en,  daß  die  G.  vor  der  E. 
etatttand,  für  letztere  also  der  hervorg:ehobeiie  Ubnngrsmang-el  im 
Hinblick  auf  die  formelle  Seite  wohl  wieder  etwas  ausgeghchen 
war.  Desgleichen  dürfte  hier  die  etwas  nngeaaue  Zeitmessung  bei 
der  G.  in  Betracht  kommen.  Ich  verweise  nur  auf  die  minimale 
iDifferenz  7m^7»  Könnten  wir  alle  dieee  EinflOsBe  eliminieren, 
wir  müßten  sweifelloa  ein  gttnstigerea  Bild  erhalten.  Seben  wir 
Ton  der  Kombination  ab,  so  sind  die  Dauern  der  O.  in  76,2% 
aller  F&Ue  geringer  als  jene  der  £.  Eine  Betrachtung  der  Dnrch- 
sehnittHaetten  ergibt  folgende  Prozentzahlen: 


Z.-i  mb. 


Diktat 

mUndl.  Kechnen 

Kombin. 

Gedächtn. 

Bchriftl.  Bechnen 

1  Gesamtzeiten 

-6,6 

+  14,0 

—83,6 

-12,7 

1  -11^ 

Abgesehen  von  der  Kombination,  verliefen  die  Dnrch- 
scbnittsmassenleistnngen  rascher  als  die  mittleren 
Einseiarbeiten.  Die  Gedächtnisleistang  ist  anch  in  Tabelle  Illa 
nnd  b  gegenüber  den  anderen  Gebieten  beTorzogt  Ebenso  ist  anch 
die  Zeitensnmme  ihr  die  Hassenarbeit  eine  geringere  als  jene  flir 
die  E. 

VolUtäudig  libereiuRtimmend  mit  Tabelle  I  zeigt  8ich  durchweg 
das  Vorhandensein  einer  Uniformiernngstendenz  hinsichtlich  der 
Zeit,  wie  nachstehende  prozentuale  Differenzen  der  mV.  beweisen. 


z.-t.  me. 


Diktat 

mlladl.  Bechnen 

Kombin. 

G«dXchttt. 

•chriftL  Beelmsn 

Oesamtseiten 

—  24,2 

—  38,3 

—  23,8 

—  23,9 

Anch  beim  mündlichen  Bechnen  ist  ein,  wenn  anch  nur  geringes 
Anpassnngsbestreben  in  der  €r.  vorhanden,  das  aber  dnroh  die 
Anfrandnng  der  Zeitsiflfem  etwas  verdeckt  wird.  0ie  einge- 
klammerte Zahl  gibt  das  genanere  Ergebnis. 


Digitized  by  G 


über  Einael-  und  OeumÜMaag  des  SehnlldiideB.  939 


Fassen  wir  niin  die  £rgebiu00e  der  Z.-t  I  und  m  zusanmieii: 
Im  ganzen  wurden,  abg^esehen  vom  Diktat,  iu  beiden  Reihen 
112  £.  und  112  Qt,  geliefert  In  74,1%  alier  Fälle  verlief 
die  G.  raseher  aU  die  EL  Die  enispreehenden  Prozenteahlen  Air 
die  Tendnedenen  Gebiete  imd  fUr  die  Gesamtieiien  aind: 


Z.-t  nid. 


Diktat 

mtlndl.  Rechnen 

Eombin. 

GedSchtn. 

Bchriftl.  Rechnen 

Gesamtzeiten 

76,0 

63,6 

89,3 

78,6        II  86^7 

Eine  Zusammenfassuu^;  der  Differenzeu  der  Durchschnittszeiten 
(Tabelle  Ule)  und  der  mV.  (Tabelle  Illfj  in  beiden  Tabellen  ergibt 
in  Frozentzahlen  folgende  Übersichten: 

Z.-t.  Ule. 


Diktat 

mflndL  Rechnen 

KombiiL  1  CktdXcbtn. 

■ehrifU.  Rechnen  ||  floiamlMitm 

-1 

-17^ 

z 

-38^ 
.-t  Ulf. 

—  16,6 

1  —92^ 

Dikut 

mUndl.  Rechnen 

Kombin. 

Gedächtn. 

schriftL  Rechnen  1 

Gesamtzeiten 

—88,9 
(-3»,7) 

—  48,5 

—  38,3 

-29,8 

-86,7 

Aus  beiden  Tabellen  ergibt  sich  somit: 

1.  Unter  der  Noruialbedinguug  rasch  und  schön  verlaufen  die 
meisten  G.  rascher  als  die  E. 

2.  Die  Durchsehnitts-G.  sind  von  ktlrzerer  Dauer  als  die  -E. 
B.  Bei  der  Massenarbeit  ist  auf  allen  Gebieten  eiuo  zeitliche 

Uniformierunp:stendenz  vorhanden,  dieselbe  kommt  anch  in 
den  Gesamiaeiten  anm  Dorchbfueli. 
4*  ReiatiT  aa  gUnatigatoa  ist  die  Massenkistaig  der  Ge- 
d&chtnisarbeit 


340 


Aigwt  Xayer. 


Zeittabelle  zur  Keike: 


Diktat      sdLBediB.,   Kombin.      GediehbL  'Mhr.Beeha..  GeMutieit 


1 

♦ 

'S 

B  . 
m 
■ 
0 

0  • 

J  { 

1 

a 

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6» 

2» 

6» 

6«5 

6*5 

15»" 

Bit. 

la» 

»  1 

2» 

304 

635 

6» 

10» 

"S 

9» 

10«  [ 

28» 

Sehl. 

19» 

•  1 

2» 

1» 

6» 

8» 

11» 

6» 

U» 

9» 

32» 

14» 

« 

a» 

330 

455 

ff» 

6» 

31 

10» 

2262 

£7« 

Behw. 

16» 

20t 

5" 

^ 

4» 

9» 

7« 

21» 

8«. 

17» 

2» 

7« 

9« 

10» 

8» 

10» 

8»  I 

31» 

W«. 

18M 

2tT 

240  j 

518 

603 

6» 

6» 

8» 

8«o 

21» 

WL 

11» 

2» 

400 

8» 

8u> 

10» 

1^ 

2ö«« 

!£ 

Wo. 

18» 

a» 

'S 

9M 

9» 

8» 

6» 

11» 

18» 

38a 

31« 

J>ttrcb- 
SMt 

14» 

21» 

2» 

2» 

6» 

8« 

7» 

10» 

27» 

87« 

mV. 

0» 

0»  ! 

(24,ö"i 

'  137 
1 

113 

1 

210 

123 

r  " 

1» 

1 

140  j 

8» 

Hut  tritt  miH  ein  wesentlich  anderes  Verhalten  der  Vp.  ent- 
gegeu.  in  nur  41,1%  aller  Fälle  j^estaltet  sich  das  Verhältnis 
zu  Gunsten  der  Massenarbeit  Die  folgende  Tabelle  stellt  in 
o/o  dar,  in  welchem  MaBe  die  einzelnen  Gebiete  an  dieser  Ziffer 
betoUigt  Bind. 

Z.-t 


Diktat 

mtindl.  Rechnen 

Kombin. 

Gedächtn. 

schriftl.  Rechnen 

1  Gesamtseiten 

42,9 

21.4 

67,1 

42,9 

Am  günstigsten  war  demnach  auch  unter  dieser  Bedingung 
(recht  schön  und  laugsaui)  die  Massenarbeit  der  Gedachtnisleistung^ 

1)  T«b.  IV  b  folgt  spftter.  Sie  ist  tm  der  1.  KontroUreihe  gewonneii. 


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über  Einxel-  nnd  Cteatteistitiig  de«  SchnlkiiideB.  341 

am  aagUnstigßten  hinpregen  der  Kombination.  Tm  allp:euieiueii 
lassen  Yorstehende  Ziffern  einen  sicheren  Sctilaß  nur  mit  Kücksicht 
anf  die  kombinatorische  Leistung  zu.  Auch  eine  Betrachtung  der 
Durchschnittszeiten  (Tabelle  IV  d)  legt  dies  nahe.  Die  Differenzen 
sind  s.  T.  recht  geringe.  Eine  Aosoabme  bilden  Kombination  nnd 
Gediebtnis.  Bei  ersterer  entstellt  eine  größere  Zmtdiffeienz  zn  Un- 
gunsten, bei  letsterem  dagegen  zu  Gunsten  der  6.  Die  folgende 
Tabelle  eatlüUt  die  Differenzen  der  Zeiten  fttr  die  Durchschnitts-G. 
und  -E.  in  Vo- 


Z.-t  IVd, 


Diktat 

rnttndl.  Seehneii  |  KomUii. 

Oediehtn. 

sehriftl.Bechnen 

GesuntsEeiten 

-6,6        1  +14,8 

-9,6 

-2,2 

1     — 0,8 

Hingegen  besagen  die  mV.,  dafi  anch  nnter  dieser  Bedingung 

bei  der  G.  eine  Uniformieningstendenz  hinsichtlich  der  Zeit  sich 
geltend  machte;  ausgenoiimien  ist  nur  das  schriftliche  Rechnen. 
Ein  Grund  hicrftlr  lieert  vielleicht  m  der  Annahme,  daß,  auch 
die  Arbeiten  zeif^ten,  der  Sauberkeit  der  l)arrtt<'llun«;  ein  l)esondere8 
Augenmerk  geschenkt  wurde.  Die  Differenzen  der  mV.  in  %  zu- 
sammengestelt  ergibt  folgende  Übersiebt: 


Z.-i  IV  e. 


XKkttt 

mfindl.  Beehnen 

Kombin. 

GedXehtn.  |  schrifU.  Reehnen 

|G«Btm1seiten 

0,0 
(-2,0) 

—39,0 

+  20,6 

j  -40,1 

Die  eingeklammerte  Ziffer  beim  mttndliohen  Rechnen  ist  eine 
genanere  Angabe  onter  Berttcksicbtignng  der  in  Tabelle  IVa  ein- 
geUammerten  GrOfie.  An&Uend  ist  aneh  hier  wieder  die  bevorzogte 
SteUnng  des  Gedlebtnisses  nnd  die  Tatsache,  daß  in  den  Gesamt- 
selten  die  Annftbeningshestrebnng  in  der  G.  am  schärfsten  sieh 
ausprägt 

Bevor  ich  die  Ergebnisse  zusammenstelle,  achreite  ich,  nanieut- 
licb  wegen  der  etwa«  sehwaukenden  Resultate  iu  Tabelle  IVa,  zur 
Betrachtang  der  Zeiten  für  die  Koutrolireihe  IV  b. 


342 


Angast  Jfajer, 


Zeittabelle  zur  IV(b)  Beihe. 

Bedingung:  Recht  sohOn  und  iaugeuun. 


inj 

litt 

mdl.] 

ieeim.  i 

Kombin. 

Gedi 

ientn. 

1  scnr. . 

Seeon. 

G«ni 

IBtult 

Vp. 

a 

•9m 

I*« 

-4-» 

i 

1 

Einzell. 

-4-» 

s 

—  

o 

N 

9 

« 

J 

Einzell. 

a 

OS 

s 

'  S 

i 

Einzell. 

Gesamtl 

... 

Bü. 

UM 

23» 

217 

300 

11" 

1100 

731 

830 

10" 

18« 

31» 

Do. 

10''' 

2« 

23« 

810 

12» 

12*5 

906 

1110 

19«o 

34» 

43» 

Dre. 

* 

2w 

210 

636 

630 

10«8 

913 

10» 

1156 

2900 

29« 

Eb. 

* 

23« 

2«s 

1104 

907 

gas 

1006 

im 

3250 

35a 

En. 

* 

300 

9S0 

I315" 

1730 

1003 

IÖ21 

1&'>« 

iß» 

Gr». 

123« 

* 

2*1 

222 

12«o 

1330 

18« 

6** 

1330 

20^"' 

4704 

42« 

He. 

16»« 

239 

6» 

1400 

6» 

1185 

10« 

1430 

2530 

42*» 

Ku. 

1106 

203 

213 

9*0 

92a 

912 

7» 

1700 

2710 

38« 

Re. 

1456 

2» 

23« 

616 

750 

9?7 

6«» 

1415 

1930 

32« 

36« 

Scho. 

1521 

IM 

7« 

702 

"50 

1333 

830 

800 

12M 

3031 

5« 

1744 

IM 

12« 

9*0 

1010 

39«ß 

39H 

Su. 

13» 

! 

301 

2*0 

6*5 

12*0 

7» 

830 

1418 

1^ 

31» 

43» 

Tr. 

1302 

200 

330 

744 

700 

606 

700 

11« 

1300 

270» 

80» 

Wi. 

13« 

8" 

1 

2« 

1030 

11«« 

6^ 

1061 

1410 

36» 

33» 

Zeit 

14» 

1 

23» 

230 

23« 

853 

1031  ; 

10«5 

8«2 

11» 

leoa 

3S«6 

mV. 

OB 

0»  1 

2M 

2»  j 

9M 

1-1 

2» 

4S0 

4« 

Vor  allem  sind  hier  anffallend  die  in  einigen  Fällen  vertiältni»- 

mäßig  großen  Zcitziileru  uameutlich  fUr  scbriftliches  Rechiieu  tmd 
Kombinatiou.  Darnus  ist  offenbar  anf  das  Vorhandensein  eines 
Übuiie:smangels  zu  schließen.  Daß  Bieli  letzterer  nur  -.mf  die 
teehuisehe  Seite  bezieht,  beweisen  die  reh\tiv  geringen  FehlerzitVem 
und  die  ziemlieh  niederen  FehlerdureliBciinitte.  Die  Unachen  dieser 
Ersoheinangen  durften  TielKcht  folgende  sein: 

1.  Die  Beihe  IVa  fand  gegen  Sehloß  des  Sehuljahres  ihre 
Erledigmig,  su  einer  Zeit  also,  in  weleher  in  fonneller  Hinsidit 
die  Sehttler  natugemüB  einen  yiel  höheren  Grad  Ton  Übung  be- 
sitzen als  im  ersten  Trimester  des  nenen  Schu^ahreB  naeh  swei- 
monatlicher  ünterbreehnng  des  Unterriebtes.  Diese  Vflnnntnng 
legen  auch  die  lioiien  Diktatzeiten  nahe. 

2.  Eine  andere  Ursache  liegt,  namentlich  für  das  schriftUehe 


L.iyui^L.o  uy  Google 


über  Eiaxel*  und  Oemmtleistinig  de«  SelmlkuideB. 


343 


Beoimen,  im  Unterriohtobetrieb  währcMid  den  ersten  Vierte^ahres* 
Hier  trat  im  OtgeaMti  zum  Sehlnfi  des  SommersetDeflterB  die 
schriftliche  Arbeit  bedeutend  snrttek.  Im  Vordergrande  stand 
die  Lehre  von  den  gemeinen  Brüchen,  welche  ans  methodischen 
Gründen  der  Hauptsache  nach  nnr  mttndHche  Behandlung  fand, 
läne  Belraehtnng  der  Zeiten  ergibt,  daB  die  Bedingung  »recht 
Fichön  und  langsam«  im  allgemeinen  der  G.  ungtlnstif;  war.  Nur 
32,1 o  aller  Massenarbcitcü  sind  vou  küizerer  Dauer  als  die  ent- 
sprechenden £.   Im  einzelnen  ergeben  sich  folgende  Größen: 


Z.-t  IV  f. 


mtat 

mfindL  Beohnen 

Kombin. 

Gedichtn. 

se]iiiftl.Beeh]i6ii| 

GeMiDtieiten 

60,0 

28,6 

67,1 

0,0  ! 

28,6 

Obenan  eteht  anrh  hier  wieder  das  Gedächtnis. 

Die  DurcbHcliiiitts/.citen  für  die  M;^•^'^e!11♦*i^itullgeu  Uberrageu, 
GedfiohtniB  ausgenommen,  an  Größe  die  E.  Folgende  Tabelle  gibt 
die  Differenzen  in  %: 

Z.-t.  IVg. 


Piktat 

milndl.  Bechnen 

Kombis. 

Gedächtn. 

8cluriftl.Bechneu| 

GeBamtzeiten 

+  2,7 

+  18,4 

— 

+S7,8  1 

+  12,0 

Die  Differenzen  der  mV.  werden  durch  nachfolgende  Prozent- 
großen  angegeben: 


Z.-t.  IVh. 


Diktat 

mtindL  fiechnea 

Kombin.  |  Gedächtn. 

schriftl.  Rechnen  |  Oeiamoeiten 

-88,0 

+  0,8   1  —60,3 

+  26,0 

■ 

1  -16.1 

Die  geringe  Differenz  +  0,8  kann  wegen  der  nngenanen  Zeitp 
bestimmnnrr  für  die  G.  kaum  enratlieh  in  Erwägung  kommen.  Im 

allgemeinen  Gesamtzeit,  weisen  die:?e  Zilicru  das  Vorhandensein 
einer  Uniformierungsteudenz  nach.  Die  günstigste  Stellung  kommt 
wiederum  der  Gedäclitnisleistnn;!:  zu. 

Ziehen  wir  Tabelle  IVa  und  IVb  zusammen,  80  sind  nur 
36,ö<'/o  aller  G.  ?on  geringerer  Dauer  als  die  E. 

Für  die  einzelnen  Qebiete  gestaltet  sich  das  prozentnaie  Ver> 
hiltnis  folgendermaßen: 


üiguizeü  by  Google 


344 


Z.-t.  IV  i. 


Diktat 

mUudl.  Hechnen 

Kombia.  i  Gedächtn. 

8cbrifU.  Rechnen 

1  Gesamtzeiten 

46^ 

25,0    j  67,1 

21^ 

Wir  Itogen  noch  2  weitere  Übersichten  an^  welche  die  xnitÜeieD 
Differenzen  der  DnrchBohnittBleifltongen  (IV  k)  vnd  der  mV.  (IV 1) 
filr  beide  Reihen  enthalten: 

Z.-t  IV  iL. 


Diktat 

mUudl.  Kechnen 

Kombin. 

Gedächtn.  j  acbrifti.KecUuen  ^ 

Gesamtzeiten 

-M 

+1M 

—  14,4 

+  17,8 

+  6,6 

Z.-t,  IVL 

Diktat 

mttiidl.  Bechnen 

Kombin. 

OtdSchta. 

scliriftLBeehiieii 

flOMIHtlBHäli 

—  14,0 
(-16.0) 

—  9,9 

—  49,7 

+  28^8 

Hiemns  ergibt  sieh: 

1.  Die  größte  Zahl  aller  G.  mlief  langsamer  als  die  ent- 
sprechenden £. 

2.  Die  Dnrchschnittoleistnngen  in  der  Gesam^it  stehen  hin- 
sichtlich ihrer  Dauern  Uber  den  mittlereu  E.  Ansgenommen 
hiervon  ist  dan  Gedächtiiia.  Die  geringe  Differenz  lür  mlmdliches 
llechncu  kommt  kaum  in  Betracht. 

3.  Trotzdem  ist  eino  Uniformierung6tend«'n/.  hinsichtlich  der 
Zeit  vorhanden,  aus^^enorinnen  schriftlicheö  Kechuen,  für  das 
tlberbaopt  in  beiden  Tabellen  die  zeitlichen  YerbältnisBe  in  der  G. 
nngQnstiger  gelagert  sind.  Ein  Grund  dafttr  mag  vielleich  in 
folgendem  liegen:  Bei  den  Übrigen  Leistungen,  sovohl  den  £. 
als  anch  den  6.,  sogen  die  meisten  Schiller  ihre  Hüfblinien  ans 
freier  Hand.  Bei  der  6.  anter  dieser  Bedingung  ?mrde  auf- 
fallender Weise  yon  allen  mit  einer  einsigen  Ausnahme  ein 
Lineal  hieran  benutzt,  wodnrch  natorgemüß  VerxGgerungcn  ein- 
traten. 

4.  Die  Massenarbeit  übt  auch  unter  dieser  Bedingung  in 
lUk'kriicbt  auf  Dauer  und  üniformierung'stendenz  auf  die  Ge- 
dächtuiBleiötuug  den  günstigsten  Einfluß  aus. 


üiyiiizea  by  Google 


über  Einzel-  und  GeeamtleiBtimg  dos  Scholkindefl.  345 


Zeittabelle  snr  Y(a).  Reihe. 

Bedingung:  Eecht  imcIl 


1 
f 

Diktat 

mdl.  Beohn. 

Eombin. 

G«d]lehtii. 

Mhr.B6e]m. 

GoMmtMit 

1 

Vp. 

1 
1 

,  Einzell. 

s 

es 

OD 
V 

O 

Einzell. 

O  1 

Einzell. 

1 

•s 

o 

p3 

Gesamtl. 

Einzell. 

Gesamtl. 

Einzell. 

a 

es 
ao 

^    - - 
Fa. 

8» 

■'■    '  ~  1 

1184 

1« 

148  1 

3» 

701 

440 

800 

935 

20» 

80» 

Fö. 

11» 

150 

406 

81« 

445 

60« 

6» 

1700 

81« 

TT  i 

He. 

1 11 

1*' 

488 

1» 

Cr* 

eng 

14» 

MO.  * 

8» 

> 

210 

21 

35t 

4« 

411 

lOlT 

7>o 

SO» 

18» 

iVl.  1 

1» 

i2 

2« 

■1 

ii! 

2« 

8*0 

788 

680 

14M 

16» 

Bi. 

610 

1406 

IMS 

Btt. 

Sehl. 

832 

IM 

185 

400 

588 

350 

307 

71s 

733 

1706 

17» 

SduL 

810 

iw 

400 

6» 

2« 

8» 

1610 

Sehw. 

8« 

119 

1« 

400 

486 

280 

700 

14» 

18» 

8e. 

11« 

1« 

1« 

fioo 

6« 

8» 

8» 

880 

7« 

18» 

18» 

Wt. 

8tt 

1» 

400 

810 

3» 

400 

680 

16» 

16« 

Wi. 

1» 

i 

2» 

4« 

fiBO 

4» 

8« 

704 

18" 

17» 

Wo. 

11« 

210 

1» 

0» 

7» 

218 

10» 

i960 

24«! 

Dvrcii- 
Mknittl. 

i  ^ 

UM 

14T 

400 

8** 

407 

784 

711 

16» 

18« 

1- 

Ott 

104 

0» 

105 

1*0 

202 

2« 

Katurgemäß  treten  hier  und  auch  in  Tabelle  Vb  verhältuismäßig 
kleine  ZeitzifTem  anf. 

Für  Heihe  Va  8tanden  nur  13  Vp.  znr  Verfügung. 

Nur  in  46,2%  aller  Fälle  beanapmcheu  die  G.  eine  kürzere 
Dauer  als  die  £. 

Hiervon  cntfaUe&  auf  die  einzelnen  Gebiete  in  %  ^  za- 
gehörigen 13 

Z..t  Vc. 


Diktat 

mündl.  Rechnen 

Kombin. 

Gedächtn. 

schriftL  Rechnen  i<  Gesamtzeiten 

48^8 

7.3 

88,6 

81,6        II  80,8 

Aaeh  die  DareliflchnittaBelten  xeigen  nur  in  2  FäUen  eine  geringe 
Differenz  zn  Gunsten  der  Uassenleistiing,  die  aber  in  den  Gesamt- 
sdten  wieder  Tersebwindet»  wie  folgende  Tabelle  angibt: 

lidlr  Ar  PafflhAlo^  l  28 


Digitized  by  Google 


846  Angort  lUy«r, 


Z.-t.  Vd. 


Diktot 

miindi  Rechnen 

KombÜL 

(iedäcbtn. 

scbriftL  Beebnen 

Gesamtaeiten 

-8^ 

+  103 

-a,9 

+  7,1 

Die  folgende  Übersicht  enthält  die  prosentnalen  Differensen 
der  mV. 

Z.-t  Ve. 


DikUt 

miiudl.  Kecbueu 

koiubin. 

Gedächtn. 

Hcbriftl.liechneu ,  Geaamtzeitea 

1  

^48,9 

+  18»,S 

-17^ 

+  7.7       >  +19,7 

Die  UnitbrmicruQgätcndcQz  fehlt  TollBtändig  iu  der  Kombination 
und  im  schriftlichen  Rechnen. 

Zur  Stutze  dieser  ErgebniBse  diene  die  nun  folgende  Tabelle 
snr  2.  KonlroUieilie. 

Zeittabelle  zur  V'b  .  lieihe. 
Uediuguüg:  Kecht  rasch. 


II  Diktat 

mdl.  Beehn. 

Komhin. 

QedichtD. 

■ehr.  Reehn. 

Gesamtseit 

Vp. 

1  ^ 

'  Gesamtl. 

Einzell. 

Einzell. 

1 

'S 

S 

ea 

1 

a 

1 
1 

Einzell. 

a 
«« 

OB 

£ 

1 

1 

0 

BU. 

[  7** 

10*5 

219 

222 

622 

8» 

lOao 

11S2 

'  26<" 

28«t 

Do. 

1  9^ 

150 

4.% 

5» 

731 

635 

1  74B 

929 

21*^' 

23» 

Die. 

j  10^' 

140 

4^ 

608 

4(8 

647 

'  8« 

9*0 

1  18<« 

24^ 

Eb. 

!  10*2 

539 

1» 

335 

622 

700 

1  171« 

Iff" 

En. 

102» 

200 

;  60« 

744 

900 

9» 

1  1038 

lÖ" 

1  26« 

29» 

Grä. 

1008 

2«2 

2» 

:  6w 

G« 

70a 

1113  ^ 

12» 

11* 

282^ 

321» 

He. 

&T9 

1» 

230 

340 

4» 

3» 

6»o 

640 

10» 

15» 

233 

Ka. 

1» 

15- 

4(0 

710 


6» 

738 

610 

10» 

18» 

27« 

Kc. 

815 

l-n 

240 

4tö 

41:. 

706 

10*0 

13« 

22»^ 

27« 

831 

1« 

1« 

41» 

833 

"eis 

8*7 

24» 

21« 

So. 

9«9 

142 

1.V» 

607 

608 

629 

II"'' 

942 

240^ 

24«s 

Su. 

1152 

200 

4» 

6«* 

6» 

13» 

12« 

26» 

2414 

Tr. 

801 

2t2 

616 

4&5 

1010 

lOrr 

23« 

22** 

Wi. 

749 

» 

207 

142 

503 

60^  j 

760 

912 

19» 

225t 

Darch- 
■chnittl., 
Zeit 

9üo 

10« 

165 

208  , 

453 

6«  , 

702  1 

923 

10" 

22« 

- 

mV. 

1 

0» 

0» 

0«T 

^  j 

1» 

Ott  ^-  1» 

^kj-.i^uo  uy  Google 


über  Eiasel-  und  Gemntleiitmig  des  Sclmlkmdee.  347 

'Sür  32,1  aller  Gesamtarbeiten  Bteben  hinsichtlich  ihrer  Daaern 
unter  den  entsprechenden  E. 

Für  die  eiuzelnen  Gebiete  ergeben  sich  folgende  Frozentzahleu: 


Z.-t  Vf. 


Diktat 

mttadl.  Bechnen 

Kombin. 

scbrifU.  Bechnen  '|  Gesamtzeiten 

42.9 

14^ 

36^7 

96,1        1  SM 

Hier  7,ei^  Bich,  genau  wie  in  Tabelle  Va,  daÜ  fUr  die  K.ombi- 
nation  sich  die  ungünstigsten  Resultate  ergreben. 

Sämtliche  Durchachnitts-G.  weisen  gegenüber  den  -E.  ein  Plus 
auf.  Dies  in  %  atugedrttckt  ergibt  naehatehende  Obersioht: 

Z.-t  Vg. 


Diktat 

mtlndl.  Rechneu 

Kombin. 

Gedächt  n. 

schriftl.  Rechnen 

Gesamtzeiten 

+  9,6 

+  17,1 

+  13,1 

+  9,6  , 

1  +18.1 

Anch  hier  liegen,  wie  in  Tabelle  Va,  die  YerfalUtniMe  ff^t  die 
Kombinatioii  am  vngiliisfeigtteii. 

Ferner  zeigt  flidi  hier  in  viel  anflgeprilgterem  Mafie  alg  in 
Tabefle  Va  daa  Vorhandensein  einer  zeiflleb  aniformierenden 
Tendenz,  wie  folgende  Übemieht»  eallialtend  die  {ircneiftBelen 

Diflferenzen  der  mV.,  beweist: 


Z.-t  Vh. 


Diktat 

mttndl.  Bechnen 

Kombin. 

Gedächtn. 

schriftl.  Bechnen 

Gesamtzeiten 

0.0 

+43,8 

—  48,0 

—  89,7 

(-3,1) 

Knr  die  kombinatoiiflolie  Tätigkeit  TerhXh  zieh  gegenüber  dem 
uniformierenden  Einflaß  in  beiden  TabeUen  darchaaz  abiebnend. 

Eine  YerBelmiehEang  der  Tabellen  Ya  and  Yb  ergibt,  daß  nnr 
85,2%  «Uer  6.  eine  kttneie  Dauer  znkommt  als  den  ent- 
sprechenden E. 

Für  die  cinzelueu  Gebiete  ergeben  sich  lolgendc  Frozentzahlcu: 

23* 


348  Angnst  Mayer, 


Z.-t  Vi. 


Diktat 

mttndl,  Reohnen 

Kombtn. 

OedltobtiL  1 0oluifll.Beclinen  j  Gesamtseitei 

44,6 

11,1 

37,1     [        48,5  1 

26,9 

Ich  lasse  dc8  weiteren  folgen  eine  Angabe  der  mittleren 
Differenzen  ftlr  die  DaiehschnittBleiBtungen  (Tabelle  Yk)  and  fkir 
die  mV.  (Tabelie  VI),  gewennen  m  den  T«belleii  Ya  und  b. 

Z.-t  Yk. 


• — 

Diktat 

milndl.  Bechnen 

Kombin. 

Gedüchtn. 

schriftL  Rechnen  jj  Gesamtzeiten 

+  1,8 

+  22,7 

+  113 

+s,ß 

+«,^ 

Z.-t.  YL 

Diktat 

mUudl.  Eocbuea 

Konibiu. 

Gedächtn. 

Bcbriftl.Eeclmen| 

Gesamtwiten 

■ 

—  20,7 
(-22,3) 

-hm 

— ao,6 

-16,9  1 

1 

Hieraus  folgt: 

1.  Die  racisten  G.  sind  von  größerer  Dauer  als  die  E. 

2.  Die  Darohflohnitto-G.  Terlanfen  langsamer  als  die  -E. 

3.  Auch  unter  dieser  Bedingmig  ist  eine  s.  T.  nioht  imbe- 
dentende  Uniformierongstendenz  himiiefatilieh  der  Zeit  tw- 
banden,  anigenommen  Kombination. 

4)  Die  nngUnstigste  Stellong  nimmt  in  jeder  Benehimg  die 
komliinatoriiciie  -Tlttigkdt  ein. 

Zusamm  enfassung. 

In  folgendem  fa^seu  wir  die  Erge))ui8se  nnserer  Zeittabellen 
kurz  suBammen.  Zunächst  gebe  ich  der  Übersicht  halber  3  Ztt> 
Bammenstellnngen.  Dabei  sind  die  unter  den  gleichen  Bedingimgen 
stehenden  Tabellen  I  nnd  m,  lYa  nnd  b  mid  Ya  nnd  b  mitein- 
ander vereinigt 

Die  Obereiehten  enthalten: 

a.  die  Angabe,  me  viel  Froient  der  G.  Ton  geringeren 
Dauern  sind  als  die  enfspreehenden  E.,  sowie  die  pro- 
zentuale Verteiluug  dieser  Fälle  auf  die  eiuzolneu  Gebiete 
(Tab.  YI}i 


uiyiii^ed  by  Google 


über  Einzel-  und  Geaamtleidtang  des  Scbolkindes.  349 

b.  die  DarsteUniig  der  Zeitdifferenzen  swisdieii  den  Dueb- 
sebnittfl-G.  imd  -E.,  ebenftUs  in  Fvozenten  aoBgedrllekt 

(Tab.  VH); 

c.  eine  Angabe  der  Differenzen  der  mV.  in  Prozenten 
(Tab.  Vm). 


Zeiten-TabeUe  VI. 


1 

a  =  - 

CJ  -2 

0/  0)  a 

11=:^ 

Dikt:jt 

B 

a 
c 

a 

a 

o 

»5 

a 
c 

L  u.  III.  Kt'ihe. 

Bedingung: 
Biach  o.  AehOn. 

1 

76,0 

63,6 

89,3 

78,6 

85,7 

IL  Reihe. 
Bedingimg: 
lUech  n.  aebOn.  { 

34,6 

1 

1 

1 

3().8 

38,.ö 

23.1 

1 

15.4 

1 

NB.  Angefer- 
tigt  ivHliteikd 

der  Ferien. 

m  tt.  m  Beihe. 

Bedingung: 
Be«b£  schüu  a.  I&ngs&m.| 

37,6 

46,6 

26,0 

67,1 

21,6 

1 

35.8 

1 

Va  u.  Vb  Reihe. 
Bedingung: 
Keclit  ra«cli.  | 

3.5.2 

[  l 

ri 

44.6 

1 

11.1 

37.1 

1 

4ö,ö 

86,9 

Zeiten-TUieDe  VIL 


Diktat 

mdl. 

:  Rechnen 

1  1 

Kombination 

1 

1 

'S 

5 
O 

*~  a 

1 

t  0.  III.  Reihe. 

BediurtTn?' 
SASch  und  feiciiün. 

1 

—  17,ö 

—  12,5 

■ 

-38,0 

t 

—  16,6 

—  22,6 

TT  Reihe. 
Raseb  ond  ■«h9n. 

+  8,0 

4-13,2 

+  10,4 

i 

+  11^ 

1 

1  +  11,7 

NB.  Aurr-fpr- 
tigt  währe üd 
der  Ferien. 

IVa  u.  IVh  Reihe. 
BMIlißimg:  Recht  1 
■ifeO»«.  UuigMm.| 

1 

-1,4 

+  16,6 

—  14,4 

+  17.8 

1 

+  5,6 

fli  S.  ?b  IMhe.  1 

+  1,8 

+  22,7 

+  113 

+  8,6  ! 

+  9,7 

oiy  ii^uo  uy  Google 


35U  Angntt  Msyer, 


Zeiteß-Tabelle  MH. 


1 

MM 

Q 

2  • 

1  1  1  i  ii 

1 

Jl  1 

lo  1 

Biieh  nnd  «x-hon. 

( 
1 

l~ 

-  39.7 

-883 

1 

.-86,7 

a  B011W. 

BediDininff: 
Baaeb  mul  sehOn. 

1  1 

-i+ 100,0; -la,» 
1  i  1 

1 

NB.  Angtftr- 

tigt  während 
der  Feries. 

IVa  n.  IVbBeihe. 

B^dintrnnfr  Rocht 
•cbdn  n.  laofi^am. 

-14,0 

-»^ 

— 4»,7 

+  28*8 

—  87,6 

V»  n  \'L  Reihe.  ' 
Recht  raach.  j 

i 

-20.7 

-  22,3J 

+  80,6 

1 

—  30,6 

—  16,» 

■ 

1 

i-1.7 

Aus  diesen  Talielleu  läßt  sich  entuehmcu: 

1)  Stellt  man  uuter  normaleu  Verbältmösen ,  d.  h.  in  unserem 
Falle  während  de»  Sdiuljahres,  deu  Vp.  die  Aufgabe,  verschiedene 
Arbeiten  rasch  und  srhun  zu  voUeiifien,  so  verläuft  der  grüüte  Teil 
der  G.  rascher  als  die  E.  Die  Bedingungen  »recht  schön  und 
langmm«  und  »recht  rasch«  verzögern  dagegen  die  Dauern  weit- 
aus der  meisten  6.  gegeDllber  jenen  der  E.  and  zwar  im  2.  Falle 
mehr  als  im  1.  Ungniutig  ftr  die  im  Veigleich  aur  £.  ist 
die  Zeit  der  Erholung.  Veigldiehe  hieran  Tab.  VI,  aeokieohte 
EoL  21  DaBBelhe  Reanltat  ergibt  dch  hinsiohtlieh  der  Gesant- 
seitea  bei  einer  Betmohtnng  der  Kol  8  in  gleicher  Tabelle. 

2)  Die  relativ  grOBte  Zeitdifferenz  sn  Onnsten  der  Darob- 
8('hnitts-G.  ergibt  sif;h  unter  sonst  normalen  Verhältnissen  bei  der 
Bedii»^uiig  »rasch  und  schön«.  Sehr  unregelmäßige  Resultate  in 
dieser  Beziehung  werden  erzielt  unter  der  Bedingung  »recht  schön 
und  langsam«.  Dap:r-i  u  verzögert  sieh  unter  der  Bedingung 
»recht  rasch«  und  zur  Zeit  der  Erholung  die  Dauer  der  durch- 
schnittlichen G.  g^nttber  jener  der  mittleren  £.  Vergleiche  hierzu 
Tab.  VIl! 

3)  Im  allgemeinen  darf  aaf  das  Vorhandensdn  einer  seitlichen 
Uniformiemngstendena  in  der  UasBe  nnter  allen  Bedingungen  ge- 
sehloasen  werden.  Die  Zeit  der  Erhehmg  lOst  hd  der  Beehen-0. 


uiyiii^ed  by  Google 


über  Eiinel«  und  OMamfleigtmig  des  SclnilkiBdm.  3&1 

diese  Tendenz  auf.  Ebenso  verhält  sich  dem  nniformierenden  Ein- 
fluflfle  der  Ma^se  geirenUber  ablehnend  die  schrifUiolie  Bechen- 
leistDog  nnter  der  Bedingung  »reeht  sehOn  ond  langsam«  nnd  die 
Kombinationsarbeit  unter  der  Ati%abe  »reeht  raseh«.  Yeigleiehe 
bienEQ  Tab.  YIII! 

4.  Die  gegenüber  den  anderen  Arbeiten  weitans  gflnstigeten 
Besnltate  ergeben  sieh  in  zeitlicher  Hinsicht  fttr  die  Gedlohtnis- 
massenleistun^en.  ZiemHeh  nni^KiDsti^  dagegen  wirkt  die  Arbeit 
in  der  GcBauitheit  auf  die  Dauer  der  kombinatorischen  Leistuii<2; 

Beztlerlich  der  Erklärung  dieser  Erscheinungen  verweiBe  ich  auf 
den  Deutung^fäiverRuch  in  §  10. 

Hiermit  allerdings  wäre  ein  Vorzug:  der  G.  g:efj:enUber  der  E. 
eigentlich  noch  nicht  festgestellt.  Im  Gegenteil  wären  diese  Re- 
sultate TOn  sehr  fraglichem  Werte,  wenn  der  Verkürzung  der 
Arbeitsdauem  in  der  Gesamtheit  eine  Erhöhung  des  Felderquan- 
tnms  parallel  ginge.  Deshalb  legte  ieh  mir  die  Frage  Yer:  Wie 
▼erhSli  sich  nnter  den  yerschiedenen  Bedingungen  die  G.  gegen- 
über der  E.  im  Hinbliek  auf  die  Fehlerzahl?  Diese  Frage  soll 
in  dem  folgenden  Paragraphen  ihre  Beantwortnng  fmd^. 

§  8.  Die  FehlerUbeUeni). 

Wir  werden  bei  der  Diskussion  der  folgenden  TabeEen  in  der- 
flelben  Weise  yerfahren  wie  bidier.  Bezüglich  der  Einteflnng  der 
Tabellen  gestatte  ich  mir  auf  meine  Erörterungen  zn  den  Z.-i  zn 
verweisen.  Eine  geringe  Änderung  tritt  bei  der  Besprechung  in- 
sofem  ein,  als  wir  nunmehr  auch  das  Diktat  mit  hereinbeziehen. 

(Vgl.  die  FeUertabeUe  I  auf  aiehiter  Seite.) 

74,3^  aller  G.  weisen  niedrigere  Fehlerziffern  auf  als 

die  entsprechenden  E.  Beziehen  wir  dies  uuf  die  einzelnen  Ge- 
biete, so  erhalten  wir,  in  Prozenten  der  jeweils  zugehörigen  14  G., 
folgende  Übersicht: 

F.-t.  la. 


miindl.  Kechnen 

Koinbin. 

,  Üeda^jhtn. 

Bchrifil.  Rechnen  j 

Gesauitfehler 

nA 

64,3 

'»,6 

1  85.7 

j  8ö,7 

1  (100,0; 

(100,0) 

1)  Ia  Zukimft  «bgekttnt:  F.-t 


Digrtized  by  Google 


I 

d52  Aiigi»k  Mayer, 

Fehlertabelle  zur  L  Reihe. 


Bedingung:  Kasch  and  schüii. 


Diktat 

mdl.  liechn. 

Kouibia. 

Gedüchtü. 

fchr.  Recliu. 

Ge&amtfelüef 

Vp. 

. 

'S 

a  1 

i  ; 

'S 

-s  ; 

N 

M 

S 

et 

'S 
5 



1  1 

a 
J 

S 

o  1 

1 

OB 

c 

ä 

1  s 

Fa. 

16 

9,75 1 

6 

23 

12,6 

64 

"21""' 

4,76 

2.6 

101,70 

51.75 

Fö. 

11,6 

5.25  ] 

3 

4  i 

14,5 

13,5 

63 

95 

8 

3.25 

90 

121 

He. 

11,6 

7,6 

>^  1 

2,6 

2 

22,6 

12 

60 

40 

6,76 

0,75 

93,25 

MH. 

26.6 

21,75' 

6 

5 

23 

36 

26 

20,25 

17,25 

111,76 

84.5 

Ot 

12,5 

13,5 

6 

6 

26 

15,6 

25 

17 

8,76 

8,25 

76.25 

60.25 

Rt. 

2.^.25 

13,26 

4 

2 

17 

11 

41 

22 

5,26 

6 

92.5 

54.25 

Rn 

14,20 

15.5 

5 

3 

16,6 

11 

23 

15 

11,6 

6,75 

69,25 

51.25 

Scbä. 

lö,7ö 

11,5 

4 

6 

8 

10,5 

45 

19 

9,6 

3,25 

82.25 

50,25 

Sehn. 

7,26 

1,75 

4 

3 

2 

3,5 

26 

26 

10,26 

2 

49,5 

36,25 

Schw. : 

4,26 

4^ 

5 

5 

7 

9 

101 

30 

3,5 

4 

120,75 

52,ö 

Se. 

3,5 

3,6 

2 

6 

19 

13,5 

43 

41 

6,26 

3,75 

72.75 

67.75 

Wa. 

1,5 

5,5 

6 

3 

11 

4 

26 

20 

22,76 

3.75 

66.25 

36,25 

Wi. 

16,26 

9,75 

6 

2 

22,5 

13 

36 

81 

3,75 

11,75 

83,5 

117i5 

Wo. 

16 

12,6 

6 

« 

IS 

18 

80 

60 

1 

7. 

9 

127,5 

95^ 

Feb)er- 

durcb 

Khnitl 

12,9 

9,7 

4,4 

4,2 

16,4 

11,5 

i 

1  45,6 

3.,.U 

9,1 

5,9 

88.4 

67i 

mV. 

'  4,3 

1  ^'^ 

11  ^'^ 

,  15.7 

18,2 

1 

1         i  17,0  j 

34 

Die  eingeklaiuiüerten  Ziffern  werden  erhalten  bei  Abznp:  zweier 
Gedäcbtuisleistimgen,  die  ganz  enorm  p-oße  Ziffern  aut weisen 
(Fö.  und  Wi.).  Die  Ursachen  dieser  Abweichiingren  sind  nn- 
bekannt.  Am  yorteiiiialltestea  sind  die  Gedächtuisresuitate  (?er- 
gleiche  die  Z.-t.!). 

Die  dnrchsohnittlicben  6.  zeigen  gegenüber  den  mittleren  E, 
XQin  Teil  ganz  bedeutende  Beaseningeni  wie  folgende  Tabelle  be- 
weiit,  In  weleher  die  Differenzen  der  Fehlerwerte  In  Prozenten 
der  E.  dargestdlt  sind: 


F.-t  Ib. 


Diktot 

mttndL  Beohnen 

Kombin. 

GedlobtiL 

sciirifil.BeeliaeB 

1  Gemntfthler 

—  24,8 

-4,6 

—  29,9 

—  21,3 

—86^ 

—  24,0 

(-24,7) 

[-33,9} 

Digitized  by  Go  -v^i'- 


über  Einzel-  und  GeeamtleistniiK  des  SdrolkindeB.  363 

Die  eingeklammerten  Ziffern  berücksichtigen  die  zwei  abnormen 
F3Ü1e. 

Ein  Blick  anf  die  mV.  zeigt,  daß  sich  aneh  in  ßezng  auf  die 
Fehlerwerte  das  VorhaudenBein  einer  AnnäherangsbeBtrebung 
konstatieren  läßt  Sehen  wir  von  den  schon  erwähnten  Abweir 
ehnngen  ab,  so  eigibt  sieh,  daß  nur  beim  mtlndUchen  Bechnen 
trotz  der  besseren  dnrehBohnitÜiehen  G.  die  Uniformiernngstendenz 
fehlt  leb  rerweiBe  hier  wiederholt  auf  das  geringe  Material,  das 
den  Ziffern  zn  Grande  liegt,  wodnreh  natttrlich  die  gewonnenen 
Resnltate  an  Bedentnng  yerlieren.  Halten  wbr  dem  mttndlieben 
das  schriftliche  Rechnen  gegenüber,  so  finden  wir  bei  dem  letzteren 
eine  deutlich  ans^reprägte  Unifürmierungstendenz.  leh  ftlhre  in 
nachstehender  Übersicht  die  prozentualen  Differenzen  der  mV.  an: 


P.-t.  Ic. 


Diktat 

mtlndL  Beohnen 

KoniMn* 

Gedlehta. 

■ehiifU.  Reehaen  ||  GeaamtfeUer 

—20,4 

1  +60,0 

-49,1 

+  10,9 

—  17,1 

1  +25,9 

(-  ö0,6j 

1  (-33,2) 

Es  unteriiegt  wohl  k(  iin m  Einwand,  wenn  wir  bei  der  For- 
mulierung der  Resultate  nur  die  eingeklammerten  Grüßen  in  Be- 
tracht ziehen;  denn  daß  ftir  beide  Ansnabmen  abnorme  Bedingungen, 
gleichviel  welcher  Art,  wirksam  waren,  das  beweist  ein  Veigleieh 
mit  FeblertabeUen  II  and  m. 

Somit  folgt  anB  F.^  I: 

1)  Weitaus  den  meiBten  G.  kommt  eine  niedrigere  FeUerziffer 
im  Vergleieh  zn  den  E.  sn; 

2}  Die  durchschnittlichen  G.  weisen  gegentlber  den  mitfleren  £. 

ein  ziemlich  bedeutenden  Minus  an  Fehlem  auf ; 

3.  In  den  G.  macht  sieh  mit  Ausnahme  vom  mllndlieheu  Rechnen 
eine  Unifonnierungstendenz  liiusiehtlich  der  Fehierwerte  geltend. 

(Vgl.  die  Fehlertabelle  II  auf  nächster  Seite.) 

Diese  seigt  ein  wesentlich  anderes  Bild  als  die  ihr  zugehörige 
Zeittabelle  H,  ans  weleber  sich  ergab,  dafi  die  Zeitwerte  in 

den  Ferien  nicht  zu  Gunsten  der  G-Leistung  ausfielen. 

64,6^  aller  G.  stehen  hinsichtlich  der  Fehlerwerte  unter  den 
d.  h.  sie  weisen  niedrigere  Fehlerziffern  auf. 


oiy  ii^uo  uy  Google 


354 


Angut  Mayer, 


Fehlertabelle  zur  II.  Reihe. 


Bedingimg:  Bäsch  und  tehSn. 


1  Diktat 

mdl.  Beehn. 

Komhin. 

1  OedXehtiL 

•ehr.  Beehn. 

Genn 

itnucr 

Vp. 

,  Einzell. 

'S 

a 
i 

9) 

w 

,  Gesamtl. 

u 

,  s 
a 

es 

O 

Einzell. 

• 

■3 

a 

CD 

r  

Einzell. 

Gesamtl. 

Einzell. 

1 

w 

F$. 

Fö. 

9 

8,20 

99h 

5 

8 

an 

CnJ 

76 

He. 

16,86 

4 

0^185 

2^ 

8 

as 

83 

30 

0,5 

"075 

47,876 

45,25 

Htt. 

88.5 

16 

4 

? 

10 

16 

14 

24 

8,75 

9,75 

764S5 

69,75 

Ot 

80 

o 

3 

\A 
Vk 

89 

11,85 

9,85 

79,85 

Ri 

86 

14,5 

4 

0,185 

Bfi 

10,5 

26 

22 

3 

2 

65,5 

Ra. 

81 

9,75 

1 

3 

13 

9 

16 

11 

1,25 

1 

62,26 

33.75 

ScUl 

ia,7ö 

4,25 

5 

3 

5,5 

6 

25 

23 

5,25 

4,6 

53,6 

40.75 

Sehn. 

10,76 

^ 

8 

8 

0,85 

3 

30 

83 

8 

8 

46 

36,5 

oehw. 

6,75 

4,85 

8 

3^ 

1 

Tj6 

55 

1.6 

2,25 

66,25 

"70 

Se. 

6,85 

8,5 

1^ 

11,5 

6,5 

94 

61 

2 

1,76 

116,26 

74,75 

W«. 

8,5 

3 

6 

i" 

7 

6 

81 

.50  ■ 

4,25 

1,75 

47,75 

wi. 

14,85 

14 

5 

3 

17,5 

14.5 

43 

48 

5,75 

9,25 

86,5 

"ÜS 

Wo. 

86,6 

8,85 

5 

9,5 

12 

31 

29 

11 

12 

83 

64,25 

Fehler- 
durch- 

Mhattt 

16,6 

7^ 

3,4 

«1 

8,4 

8,0  1 

37,5 

37,1 

M 

4,4 

70,1 

60^1 

mV, 

7,6 

8^1 

0.8  1 

8,9 

18^ 

17^ 

a.1 

Ml 

17,2 

IM 

Ant  die  oinzclaen  Gebiete  treffen,  aoagedrttckt  in  Prozenten  der 
jeweils  zugetiöri^n  Qt.i 

F.-i  Ha. 


Diktat 

mttncU.  Bechnen 

Kombin. 

GedSchtn. 

»chriftt.  Bechaen 

1  OfliamtfeUAr 

92,3 

46,2 

69,2 

53,8 

1  öi.« 

Neben  Diktat  steht  wiederum  die  OedXchtniflleifltim^  obenaa 
Auch  die  dnrchsehnittlichcn  G.  repräsentieren  gegenüber  den 

mittleren  E.  gerin<;ere  Felilcrzitfem.  Nur  beim  schriftlic  heu  Rech- 
nen ergebcu  bicli  fUr  beide  die  gleichen  Fehlergrößen.  Scbuld 
hieran  sind  offenbar  die  tiefstehenden  Cr.  der  beiden  geringsten 


Googl 


über  jEausel-  und  Gresatutleistang  des  Scholkindes.  365 


Sehttter  Htt.  und  Wo.  Die  hieiiier  gehsrigen  Differenzen,  bezogen 
auf  100,  sind: 

F.-t  üb. 


IHktet 

mttadl.  Bedmeii  |  Kombin. 

GedXclitii. 

■chriftL  Bedmen  |  Ctamlfoliler 

— 6a,4 

-23,6       1  -4,8 

-1.1 

0,0         1  -14.3 

Desgleichen  ergibt  sich  für  die  mV.  zu  Gunsten  der  G.  eine 
niebt  onbedeatende  Differenz: 

F.-t.  Hc. 


—63,9 

mttndL  Beohnen 

Kombin. 

GedXohtn. 

■ebriftl.  Beehsen  |  GeMuntfohler 

-68,9 

-7,8 

-8,0 

+  12,9       1  -8,1 

Nur  Behriffliches  Beefanen  macht  eine  Ausnahme;  es  l&ßt  die 
uniformierende  Tendenz  Tenmssen. 

Somit  erhalten  wir  hier  im  wesentlichen  dieselben  Besoltate  wie 
ans  F.-t  1.  Zu  den  Ergebnissen  der  Z.-i  II  konstatieren  wir  dem- 
nach : 

Eine  kurze  Ferienerholuug  übt  wohl  iiut  die  Dauer  der  G. 
gegenüber  jener  der  E.  einen  verzögernden  Einfloß  aus,  dagegen 
ref>r;iHeiitieren  die  G.,  mit  Ausnahme  vom  sohriftlicheii  Kechnen^ 
durclischnittlich  einen  geringeren  Feblerwcrt  als  die  Einzel- 
arbeiten. Hier  drängt  sich  wohl  eine  Frage  auf,  die  einer  experi- 
mentellen Untersuchung  wert  sein  dürfte:  Bei  welcher  zeitlichen 
Ausdehnung  der  Unterrichtsunterbrecbung  ändern  sich  diese  Ver- 
liitttnisse  derart,  daß  der  Einfluß  der  arbeitenden  Hasse  eui  ge- 
ringerer wird  und  schließlich  ins  Gegenteil  umschlSgt?  Auf  Grund 
Torliegenden  Materials  lIlBt  sich  eine  Beantwortung  natOrücb  auch 
nicht  andeutungsweise  geben.  Diese  Frage  hSngt  jedenfalls  u.  a. 
aufs  innigste  zusammen  mK  der  Übnngsfestigkeit  der  einiehiim  Tp. 
und  bildet  ein  rrublem  iiir  sich. 

(Vgl  die  Fflbltttabdl«  m  tnf  nXohstar  Seite.) 

Sie  zeigt  im  wesentlichen  dieselben  Resultate  wie  die  F.-t. 
I  und  TL 

Auf  80,05^  der  G.  treffen  niedrigere  Fehlendffem  als  auf  die 
dazu  gehörigen  E. 


Digitized  by  Google 


356 


Angnit  Mayer, 

Fehlertabdlle  zur  UL  &eihe. 
Bedingung:  Baeeb  und  MdiOii. 


Vp. 


Diktat 


s 


mdL  Beclm. 


a 


s 


Kombin. 


a 

ao 


Ged&cbtii 


d 


Bclir.  Bechn.  GesamtMIer 


a 


p 


Fa. 

Fö. 

He. 

Mtl. 

Ot 

Bi. 

Bo. 

Schi. 

Sohn« 

Schw. 

Se« 

Wa. 

m 

Wo. 


so 

10 

12,25 
33^ 
10,6 
19.5 
10,6 
16,6 
14,76 
8 

9,6 
9,26 

80,86 

80 


Fehlfjr- 
■lanh- 
tchnitt 


14^ 


mV.  6^7 


4,25 
10,75 
81,6 
11 
23.5 
15,5 
11,86 
11 

7 

6,86 
6,26 

16,6 

16 


12,7 


«»7 


6 
3 
1 
6 
6 
6 
4 
6 
6 
4 
1 

1^ 

6 

6 


4,3 


6 

2 

2 

6 

4 

3 

5_ 

6 

4 

4 

1 

£ 

6 

6 


8 

7.5 

6 
IS 
16^ 
18 
11^ 

6 

1 

6 

10^6 
6,6 

14 
9 


T 


4,0 


9,8 


1,6 


4^ 


8 

1,5 
7j6 

13,6 

13 

13 
7 

6,6 

0,86 

6 

6^ 

4 

9 

12,5 


36 
54 
48 
88 
87 
23 
15 
89 
48 
81 
88 
88 
49 
25 


7.6 


32,8 


9,8 


18 
46 
16 
18 
17 
18 
13 
16 
36 
25 
87 
16 
86 
20 


4,6 

0,125 

3,25 

6,6 

3,26 

1,76 

3 

0,76 

7,6 

2 

1,85 

8,6 

1,6 

4,6 


88,4 


8,1 


3.4 


1 

0,125 

0.26 

3,26 

1± 

3.25 

2,5 
0,76 

1.6 

2 

0,85 
4,76 

3 

4,75 


a 


* 

m 

S 

c 


8,6 


73,5 
74,^ 
65,5 
84,75 
62,26 
68,26 
44 

67,8& 
72,75 

60,85 
63,25 

89,75 
64,5 


64,6 


39^ 

71,25 

se^ 

56,76 
4S 

m 

52.75 
43 

34 

68.5 
59.25 


1,9  1.7 


Die  folgenden  Tabellen  dienen  nur  zur  Stfltie  der  Ergebrnsse 
in  F.-t  I,  weshalb  ich  sie  ohne  wettere  Disknasion  anführe  und 
auf  die  ErOrtenmgen  zu  den  F.-t.  la,  b,  c  rerweise: 

Anzahl  der  G.  mit  niedrigeren  Fehlerzüfem  (in  Prozenten): 

Jb\-t.  lUa. 


Diktat 

mündl.  liechuen 

Kooibin. 

Gedaclitu. 

schriftl.  Rechnen 

Gesamtfehler 

71,4 

78,6 

86^7 

98,9 

71,4 

98,9 

DiHerenzen  der  DarohBchDittsleiätimgen  (in  Prozenten): 

F.-t  mb. 

Diktat 

mündl.  Reclinen 

Kombin. 

Gedächtn. 

schriftl.  Rechnen  Gesamtfehler 

>-14,2 

-7.0 

-22,4 

—  30,7 

—  26,5  I 

-23,8  1 

D I  g  1 1 1  z  ed  by JdoOgK 


Ober  Emmi-  und  GeeaintteiBteng  des  SchnlkiiideB.  357 

Differeuzen  der  mV.  (in  Prozenten): 


F.-t  nie. 


Diktat 

mUndl.  Rechnen 

Eombin. 

Gedächtn. 

Bchriftl.  Rechnen 

1  Geaamtfehler 

<^0 

—  81^ 

—  19,0 

-17,3 

-.10^ 

1 

Eine  Venolimelzaiig  der  Tab.  I  und  III  ergibt,  daß  77^2^ 
aller  G.  geringere  Fehlerwerte  zukommen  als  den  E.   Für  die 

eiuzeluen  Gebiete  gestaltet  sich  das  Verhältnis  nach  Maßgabe  der 
folgenden  Frozentzablen: 


F.-t  IHd. 


Dikttt 

mttndl  Raehnen 

Eombin. 

Oedlohtn.  tohrilU.  Beebnen  ||  Geeuntfiehler 

°7m" 

71^ 

89.3 

7M 

(96,0] 

Kachstehend  erfolpi:  Angabe  der  mittleren  Diüereuzen  der  Durch- 
eohnittBleistaDg  (Ule)  and  der  mV.  (Ulf.)  in  Prozenten: 


F.-t  nie. 


Diktat 

mttndl.  Rechnen 

Kombin. 

Gedächtn. 

schiifU.  Rechnen 

1  Geaamtfehler 

—  19^ 

— a»,s 

—96,0 

—90,9 

—28,9 

F.-t.  mf. 

Diktat 

mUndl.  Rechnen 

Kombin. 

Gedächtn. 

Bchriftl.  Rechnen 

Gesamtl'ebler 

—  10,2 

—34,1 

-  0,7 

-13^ 

+  8,4 

(-34,0) 

1-21,2J 

HIemacli  folgt  am  TM>.  I  und  IH: 

1)  Unter  der  Beduigmig  »rascli  und  flchön«  yerringert  Bich  gegen- 
ttber  den  E.  in  der  größten  Zakl  der  Gr.  der  FeUemrert 

2)  Der  durehBehnittlichen  G.  kommt  eine  geringere  Fefalensiffer 

zu  als  der  mittleren  £. 

3)  Durch  die  Massenarbeit  wird  die  Entstehiai^^  einer  umfor- 
mierenden Tendenz  hinsichtlich  der  Fehlerwerte  begünstigt 


oiy  ii^uo  uy  Google 


358  AuguBt  lUyer, 


FeLlertabelle  zur  IV(a}.  Reihe. 
Bedingung:  Becht  schtfn  und  langMun. 


Diktat 

mdl.  Recbn. 

Kol 

ubin. 

Gedächtn. 

sehr.  Kechn. 

!  GesamtiVuler 

Yd 

Einzell. 

1 

OD 

O  1 

Einzell. 

Gesamtl. 

Einzell. 

Gesamtl. 

Einzell. 

B 

Einzell. 

i 

es 
u 

'S 

s 
u 

E 

F» 

Fa. 

19  n 

7 

D 

m 

o 

10 

Qi 
V* 

41 

0,76 

130,7o 

62,2o 

Fö. 

4.5 

o 
& 

Q 

Q 

0 

CQ 

Dö 

73 

A  A 

4,Ö 

1,76 

1  81,5 

He. 

7 

1  , 

2 

ä25  i 

2 

3* 

49 

41 

1,76 

0,25 

61, 

MU. 

20.5 

20 

3 

1 

12,5 

11 

33 

—  ' 

2 

6,6 

71 

Ot 

12,5 

6,75 

6 

3  1 

16 

15,6 

40 

40 

7,26 

6,6 

<9,75 

70.  <o 

Ri. 

i  20,75 

10,25 

3 

2  ! 

14 

10 

12 

18 

6,76 

0,75 

55,5 

41 

Ru. 

,  9,25 

11,26  1 

5 

3  1 

1 

2 

6 

32 

34 

0,26 

2.26 

48,5 

Schä. 

jl2,5 

10,25 ; 

6 

3 

1,6 

4> 

37 

24 

6,26 
2,76 

8,76 

63,25 

50.5 

Sehn. 

1  2.75 

1 

2 

2 

0,26 

0,26 

20 

1 

,  27,75 

32.25 

Schw. 

4,75 

2 

2 

4  1 

2 

1 

34 

1,5 

1  9n 

44  2n 

40.25 

Se. 

5 

4  75 

1 

T  1 

B,6 

4 

76 

64 

1,25 

3 

88,75 

69.75 

Wa. 

0,120 

2.25 

0,125 

3 

2 

4 

34 

38 

3,5 

3,26 

39,75 

Ö0.5 

Wi. 

17 

15,5 

i3 

5 

17 

7  ; 

54 

44  ! 

2 

1,25  i 

93 

?2.75 

Wo. 

|l9,5 

6.25 

1 

1 

i  ^ 

7 

10 

7,5  i 

36 

27  1 

7,6 

^  1 

79 

56.75 

Fehler- 
dnrch- 

10,6 

1 

3,3 

3jö_ 

7,1 

6.2 

44.1 

38,1 

3,8 

3^ 

68,9 

58,3 

mV. 

|w  1 

4,4  , 

[1.6  ) 

1 

6,4 

3.2  j 

17,0 

9.4| 

2.2  j 

2£| 

30,2 

1S3 

Nicht  wesentlich  verschieden  von  diesen  Ergcbni.'^scn,  wenn  uiieh 
in  mancher  Beziehung  etwas  unregelmäßiger  und  ongUiiatiger,  ge- 
stalten sich  die  Resultate  der  Versuchsreihe  IVa. 

61,4  der  G.  hahcn  eine  hevorziij::te  Stellung  gegenüber  den 
£.  Hiervon  entfaUen  aaf  die  einzelneB  Gebiete,  aiugedrttokt  in 
Prozenten  der  sngehOrigen  14  G.: 


P.-t  IV  c. 


Diktat 

mUndl  BeclmeiL 

Kombiu. 

Ged&chtn. 

Bchriftl.  Beohnen 

Geaamtfehler 

78^6 

J!0,0 

67,1 

67,1 

9ifi 

64,8 

1 

Ebenso  konunt  aneh  den  durchsohnitdiohen  G.  eine  geringere 
mittlere  Fehlenahl  sa  als  den  mitlleien  E.,  wie  folgende  Diff^ 
renzeU)  in  Proaenten  ausgedruckt,  beweisen: 


.  Kj      _  I  y  GoOgl 


Ober  Einsei-  und  GeBtmfleifituD^  des  SelmlkindeB.  359 
F.-t  IV  d. 


Diktat 

miindl.  Kecbnen 

Kombin. 

Gedächtn. 

schriftl.  Hcchnen 

.  GeMintfehler 

^81,1 

+  «.1 

—  12,3 

—  13,6 

-16,8 

-15,4 

Auf  das  Yorhandensein  einer  Uniformierungstendenz  läßt  die 
folgende  Tabelle  aeUießen,  welche  die  Differenzen  der  mV.  in 


Prozenten  niigil>t: 

F.-t  IVe. 

i>iktat 

miiacU.  Kechuen 

Kombin. 

Gedächtn. 

acbriftl.  Kechuen  Gesamtl'ehier 

'S6,4 

—  26,0 

—  40,7 

-44,7 

+  4,5       II  -34,2 

Eine  Ansnahme  macht  nur  schriftliches  Rechnen. 
Nahezu  dieselben  itesoltate  erhalten  wir  durch  die  Eigänznngs- 
reOie  IVb. 


Fehlertabellc  zur  IV{b).  Reihe. 
Bedmgiiiig:  Beoht  schOn  tmd  laaguin. 


Diktat 

mdl.  ] 

iechn. 

Kon 

abin. 

Gedii 

chtn. 

1 

.  sehr. ! 

iechn. 

Geeamtfehier 

Vp 

'S 

1  Gesamtl 

'  EinzeU. 

Gesamtl 

'S 
a 

Gesamtl 

Einzell. 

Gesamtl 

Einzell. 

a 

«8 

CD 
O 

Einzell. 

Gesamtl 

RU. 

13 

5,5 

5,25 

6 

6,5 

3 

45 

42  1 

3 

1,5 

72,75 

58 

üo. 

2,5 

0,25 

2 

6 

0,25 

1£ 

94 

25  ; 

1,25 

0,5 

100 

33,25 

Dre. 

18,5 

6 

2 

2 

18 

8 

68 

57 

5,75 

1,5 

112,25 

74,6 

Hb. 

•^,ö 

1,6  ' 

0,125 

1_ 

3,5 

1 

45 

35  : 

1,75 

1.5 

52,87.) 

40 

En. 

4,75 

2,5 

0,125 

4 

1,5 

3 

49 

36  ' 

0,25 

0,125 

55,625 

45,625 

Urä 

9,75 

8.25 

5 

6 

9 

9,5 

56 

33 

4,5 

2,25 

84,25 

59 

He. 

3 

1,25 

0,125 

0.125 

6,5 

7.5 

40 

50 

3 

1,5 

52,625 

60,375 

Ku. 

1,25 

4 

1 

0,125 

14 

4,5 

78 

45 

,  9,5 

0,125 

103,75 

53,75 

He. 

1,25 

1 

5 

4 

0,125 

1.25 

30 

33 

3 

1 

39,375 

40,25 

Scho 

\.5 

3,5 

3 

2 

6,5 

3 

95 

46 

0,75 

3 

109,75 

57,5 

So. 

11,5 

6 

2 

6 

6 

1,5 

45 

32 

0,125 

0,125 

;  r>4,675 

45,675 

Su. 

2,5 

3.25 

B 

3 

ü 

36 

24 

0,75 

1 

1  46,25 

35.75 

Tro. 

1.25 

0.25 

;  1 

6 

1,5 

1 

34 

37 

!  0,5 

0,25 

38,25 

44.5 

WL 

7,^  1 

0,126 

7,26 

7,76 

66 

40 

1 

77,675 

64,75 

'  —s 

F«Uer. 

6^ 

3,6 

6^0 

4,1  j 

66,0 

88,2 

2,6 

1,3 

[^__ 

50,9 

mV. 

1  W 

1  w 

j  3,7 

1 

16,6 

1  7^ 

k2,ü 

jü,8 

10,2 

Üigiiizeü  by  i^üOgle 


360 


Augiut  llayw. 


68,6^  aller  G.  kosunt  eine  geringere  Fehlerzahl  zu  aU  den  £. 
leb  lasse  ohne  weitere  Diskosmon  nach  dem  Vorgänge  in 
Tab.  IVa  die  entspreohenden  prozentaalen  Angaben  folgen: 

F.-t.  JVt". 

Anzahl  der  G.  mit  niedrigeren  Fehleraiffern: 


Diktat 

mOndl.  Reclmen 

Komblii. 

G«dSehtn.  |  tdiriftl.  Becbnen  | 

GeBMDtfeUer 

86,7 

42,9         1    60,0    1     78,6    |        86,7  | 

P.-t  TVg. 

Diflferenzen  der  Durcbschnittsleistongen : 

Diktat 

mlliidl.  Beehnen 

Kombin. 

Gedichtn. 

ichriftl.  Beclmen 

—  44,6j  +68,2 

-31,7 

-30,6 

-«^  1 

1  -89,6 

F  t.  IV  h. 
Differenzen  der  mV.: 


Diktat 

—  66,0 

mttndl.  Rechnen 

Kombbi. 

G6dlichtii.|Mbiifi}.BechDeni  GesamtfeU« 

+  81,3 

—  32,4  j  —66,0 

—  60,0       II  —64,1 

Wir  fassen  die  F.-t.  IVa  uud  ]>  ziisaiiimeu: 

Ori,();f^  aller  0.  stehen  hinter  den  Fehlerziffem  der  E.  zurück. 
Vou  dieseu  Fällen  treffen  auf  die  einzelnen  Gebiete,  in  Prozenten 
angedrückt: 

F.-T.  IV  L 


Diktat 

mflndl.  Rechnen 

Kombin. 

Qedichta. 

Bchrlftl.  Rechnen  j 

Geeamtfelder 

82,2  1 

1 

63,6 

67,9 

71,6 

F.-t.  IVk. 

Mittlere  Differenzen  der  DorcbBchnittsleistungen : 

Diktat  mfindl.  Bechnsii 

Kombin. 

Gedttohtn. 

Beliriftt.  Beehnen 

1  Geesmtfeliler 

—  37,9 

—  37,8 

—  22,0 

—  22,1 

-81.9 

1  -22,6 

F.-t  rvi. 

Durchschiüttliche  Differenzen  der  mV.: 

Diktat 

mfind).  Rechnen 

Kombin. 

Gedichtn. 

BehiiftLRedinen 

GeearatftUer 

-40^7 

+  3,2 

1  -36,6 

1  -ö0,4 

-87,8 

Digitized  by  Google; 


über  Einiel-  nnd  GmamllQltftiiiig  dfls  SehidkiBdei. 


361 


Aus  beiden  Tubelleu  folgt: 

1)  Unter  der  Bedingung  »recht  sehten  und  langBam«  wird  ülr 
den  größten  Teii  aller  G.  eine  geringere  Fehlerziffer  erzielt 
als  bei  den  E.  Zweifeihftft  ist  dM  Besoltat  wir  im  Hinblick  auf 
daa  mttndlicbe  Becbnen. 

8)  Den  dnrobMshnittUoheii  G.  kommt  ein  geringeres  Fehler- 
qnantam  so  als  den  mittileien  £. 

3)  Im  allgemeinen  darf  anf  das  Verhandensein  einer  nnifor- 
mietenden  Tendenz  gesehlossen  werden;  eine  Ansnalune  lüerron 
bildet  das  mttndliche  Rechnen. 

i^'ehlertabeiie  zur  Y(a).  Beihe. 


BedingDOg:  Becht  itKdi. 


1  Diktat 

mdl.  '. 

[lecbn. 

Kombin. 

Ged'ächtn. 

sehr.  Bechn. 

Gesamtfehler 

Vi». 

II 

1  1 

i 

«9 

at 
9 

sa 

9 

a 

a 
<« 

9 

m 

w  i 

Gesamtl. 

sa 
1 

S 

«8 

to 

9 

o 

«> 

Gesamtl. 

9 

US 

Gesamtl. 

10,6 

6 

1« 

14 

37 

24 

4 

2,75 

69,25 

57,86 

n. 

6.76 

8 

1 

0.S6 

44 

96 

1 

4,75 

56,5 

44 

B«. 

10^ 

18 

1 

4j2B 

0^6 

16 

10 

3,25 

2 

25 

MI. 

OL 

86,76 
81,86 

4 
4 

6 
6 

7 

18.6 

17j6 
17 

83 
19 

iö 

7 

3,25 

8 

9,25 

80,5 
47,25 

77^ 

76.6 

BL 

96.76 

18,6 

1 

8 

6.6 

5.6 

16 

2,25 

3 

61,6 

60 

Bn. 

Schi. 

10.6 
7 

l 

4 

1 

4 

88 

18 

7,75 

6,5 

49,25 

43 

SduL  ' 

i" 

0,86 

0[86 

18 

88 

2 

4_ 

29 

514» 

SdiWt 

8^ 

r 

6 

8 

0,86 

8 

89 

85 

4,5 

5 

59 

47 

8«. 

18^76 

18 

0^ 

1 

6 

18 

87 

94 

3 

3,5 

55 

53,6 

Wi. 

8^ 

4,6 

4 

i" 

6,6 

88 

22 

5,75 

4,25 

36,5 

40,26 

m 

88^ 

84^ 

4 

6 

11.6 

41 

29 

3 

2.5 

92 

83,86 

Wo. 

18 

81 

4 

6 

6 

9 

14 

23 

9 

5,75 

51 

64,76 

<nrrh-  ]|  16,7 

14,6 

3.1 

4.3 

1  ^'^ 

■ 

23,6 

ü 

54,0 

66,9 

■V. 

1" 

7,9 

1,4 
(1.43J 

'  1,4 
1  il,38) 

1  3,7 
1 

9,2 

5,3 

1 

1,9 

1,7 

^13,6 

11,3 

Hier  ändert  sich  das  Bild  wesentlich  zu  Ungunsten  der  G., 
da  nur  41,5^  derselben  einen  geringeren  Fehlerwert  erzielen  ab 
die  E. 

AnbiT  für  Pqfcholögi«.  L  24 


oiy  ii^uo  uy  Google 


362 


AnffOBt  Mayer, 


Fttr  die  cinzelneu  Gebiete  erhalten  wir  in  dieser  Uinsieht  fol- 
gende piozentaale  Größen: 


F.-t.  Vc. 


Diktat 

mllnd].  Bechnen 

Kombin. 

Gedltehtn. 

Bohriftl.  Bedmen  |  QeumtftU« 

23,1 

IM 

69,2 

1  1 

61,8 

Diktat  und  Gedächtnis  erscheinen  in  dieser  B^e  hesondeis  be- 
▼orsngt;  ein  anderes  Ergebnis  erhatten  wir  durch  KonlroUreihe  Vb. 

Anoh  die  Dnrehsohnitts-G.  zeigen  gegenttber  den  in  3  FSUen 
eine  zum  Teil  bedeutende  Yersohleehternng.  Die  entsprechenden 
IMerenzen  in  Prozenten  sbd: 


P.-t  Vd. 


Diktat 

mündl.  Eechnen 

Kombin. 

Gedäcbtn. 

»chrifti.  Beebnen  ji 

Gesamtfehler 

—  18,6 

+  36,* 

+  187,9 

-7*8 

+  9^  1 

ir(  tz  dieser  uugUustigeu  Resultate  bleibt  ftir  die  Reihe  Va  die 
Uniforuderungstendenz  im  allgemeinen  erhalten,  wie  folgende  Ta- 
belle beweist: 

F.-t.  Ve. 


Diktat 

mttndi.  Rechnen 

Kombin. 

CMdMebtn.  |  sebrifU.  Beohnen 

-»,2 

0,0 

+  37,0 

-42,4  1  -10,6 

Nor  Kombination  nnd  mündliches  Rechnen  steUen  Ansnab- 
men  dar. 

(Vgl  die  FeUertabelle  Yb  auf  nSehater  Seite.) 

Knr  34,3^  aller  G.  ttbertreifen  mit  Rttcksioht  anf  die  Fehler- 
werte an  Gtite  die  X 

Die  Verteilnng  dieser  BlUle  anf  die  einzelnen  Leistungen  ergibt, 
in  Prozenten  ausgedrückt,  nachstehende  Übersicht: 


F.-t  Vf. 


Diktat 

nttndL  Bflfthiiftn 

Kombin. 

Gedlebtii. 

sehriftL  Beohnen 

Geeaatfelder 

42,9 

42,9 

81,4 

14,3 

ÖO.O 

1 

oiyui^L-o  uy  Google 


über  Einsel-  and  GewunUeiBtaiig  des  Sehnlkindes. 


303 


Fehlertabelle  zur  Y{b).  Reihe. 

BediuguQg:  Recht  rasch. 


Vp. 


Diktat    I  mdL  Beehn 


4> 

a 


S 

e« 

00 
9 


9 


3  p 


Bit 

Do. 

Dr. 

Eb. 

En. 

Gfl 

Hei 

Ku. 

Bä. 

Seho. 

So. 

8«. 

Tio. 

WL 


16,26 
6,26 

16,26 
6,26 
5,76 
20 
3 

6,25 

3,26 

6,26 

6,26 

6,6 

4 

21,5 


9 

0,75 
17 

6^ 
2,76 
15,5 
4.75 
2,25 
£ 

12.76 
8j6 
4,6 
9j5 

21,75 


IL 


3 
2 
3 

0,125 

3 

2 

2 

2 

1 

3 

0,126 
0,125 
3 
3 


Ckkttehtn.    sdur.  Beehn. 


s 

46 
53 
43 
32 
32 
32 
39 
54 
47 
40 
26 
45 
32 
64 


i 


2,25 

0,25 

1,25 

2,25 

0,125 

1,6 

1,25 

0,125 

2,6 

3,75 

0,25 

0,25 

0,25 

3,76 


'S 
S 

es 

OB 
0) 

O 


3,75 
0,25 
1,25 
2,25 
1 

r 

i_ 

3,75 

0,125 

0,125 

2,75 

1,25 


GemmtfeUer 


a 

&3 


68,675 1  64,25 
56  69j6 
47,5  72,26 
36,875  43,876 
32 


41,6 
67,6 
51,76 


67,76 
68,125 


56,5 
44,25 
52,5 

33,876   

63  !^ 
25,75  (  36,76 
29,375 
38,375 
63 


63,625 


47,625 


92,25 


T 


8,9 


8,7   ;  2,0 


32,5     40,9!  I  1,4 


1.9 


3£   II  ^6  I   7,8  II  1,1 


1,3 


46,3 


68,9 


11,9 


11,4 


Die  DnrehAehnHt»^.  sind  in  Tab.  Vb  ebeofalh  —  Diktat  ans- 

^'enommen  —  geringwertiger  als  die  Durchsclmitts-E.,  wie  folgende 
Angaben  answeifien: 

F.-t  V«. 


Diktat  mfindL  Beohnen 

Konibin. 

Gedäehtn. 

M]irifll.Beehnen 

QeaanitliBUer 

-2,2|  +40,0 

-f- 206,7 

+  26,8 

+  35,7  1 

1  +27,2 

Eine  uuiturmiereude  Tendenz  zeigt  sich  nur  bei  Diktat  und  Ge- 
dächtnis.  Hierzu  folgende 

F.-t  Vh. 


Diktat 

mttndl.  Beohnen 

Kombin. 

Gedächtn. 

scbriftl-  liecUaen 

GcsADiti'ehler 

+  44^ 

+88,2 

-8,8 

+  184» 

-4,8 

24« 


üiguizeü  by  Google 


August  Mayer, 


Fussen  wir  beide  F.-t  (Va  und  b)  siuammen. 
Nor  dSfi^  aller  G.  aeigen  einen  niedrigeren  Fehlerwett  ab 
die  E. 

Auf  die  einseinen  Gebiete  Terteilt,  ergibt  deh  folgende  über- 
siebt: 

F.-t.  Vi. 


Diktet 

mfindL  Beehmeo 

KonlriiL 

Gfldlditft.  sohriftL  Beohnen 

1  GetamtftUer 

33.4  1 

18,6 

40,7     1        48,2         II  33,3 

F.-t  Vk. 

Mittlere  J>UEiBreiuseii  der  DnrchaoluüttsleiBtiingeii: 


Diktat 

mttndi.  Rechnen 

Kombin. 

Gedächtn.  schriftl.  Rechnen 

Gesamtfehler 

-7,8 

+  40,4       1+168^^1    +9,6    j  +83,0 

F.-t  VI. 

DnrchBdhnitliiolie  Differeniflii  der  mV.: 

Diktat 

mündl.  Rechnen 

Kombin. 

Gediichtn. 

schriftl.  Rechnen  P  Gesamtfehier 

1. 

-9,8 

+  83/» 

+  63,9 

-86^ 

+  4^  1 

HieratiR  ergibt  wich: 

1)  T^nt«'r  der  Bedingung  »recht  rasch«  erreicht  die  Mehrzahl  der 
G.  größere  Fehlerziffem  als  die  E. 

2}  Die  Durchschnitts-G.  zeigt  einen  höheren  Fehlerwert  als  die 
•E.   Diktat  bildet  eine  AnBnahme. 

3)  Die  oniformierende  Tendenz  tritt  nur  beim  Diktat  nnd  bei 
der  GedäcbtnisleiBtimg  bervor,  sonst  ist  eine  solche  nickt  vorhanden. 

4)  Besonders  mnft  hingewiesen  weiden  anf  die  sehr  nngllnstige 
Stellung  der  kombinatorischen  Massenleistnng. 

ZnsammenfaBsnng. 

>V  ir  geben  au  der  Haud  der  folgenden  3  Übersichten  kurz  die 
Ergebnisse  der  Fehlertabellen  zusammenhängend  wieder.  Die  folr 
genden  Tabellen  sind  angeordnet  analog  jenen  am  Sohlosse  der 
Z.-i  angeftagtoi: 

a.  Tab.  VI  stellt  dar,  wie  viel  IVosent  aller  G.  eine  geringere 
FeUerzifTer  anfweisen  als  die  £.,  nnd  wie  sich  diese  FlUe 


Digitized  by  Google 


über  Einsel-  nad  Qttiiniftetotoiig  des  Selmlkiiidee.  365 

auf  die  eiuzeiueu  Gebiete  verteilen  iu  Prozenten  der  zage- 
hörigen  6.; 

b.  Tab.  Vn  enthält  eine  Übersicht  Uber  die  Differenzen  der 

Fehlerdurchschnitte ; 
c  Tab.  Vm  endlich  gibt  die  DifferenseB  der  mV.  an. 


Fehler-Tabelle  VI 


:  «  E  S 

<y  i>  C 

9  o 

.  Diktat 

0 

Oi 
B 

^ 

Kombination 

*5 

'6 
O 

o 

P 

Hl 

OB 

1 

— 

.  3 
Ii 

1  a_ 

L  Q.  DL  Reihe. 
Baaeb  and  schöit.  | 

77,2 

i:78,3; 

71,4 

71,6 

82,2 

S&ß 
(96,5) 

71,4 

!89,3 

11.  Reihe.  ' 

Bedingung: 
Baeoh  und  schün. 

64,6 

61,6 

46,2 

69,2 

ö8,8 

84,6 

NB.  Angefer- 
tigt  Miilirnnd 
der  Ferien* 

IV»  u.  IVb  Reihe 
Bediiifj^iing :  . 
Üe^^lit  Bcbönu.  l:ing»ani. 

1 

46,6 

Ö3,6 

67,9 

1ö,0j 

71^ 

Va  u.  Vb  Reihe.  | 
Bedingung:  ; 
Beofat  rasch.  | 

( 

1 

38,5  1 

1 

49,2 

:i3,4 

1 

18,ö 

4Ü,7 

48,2 

1 

1 

Fehler-Tabelle  Vn. 


Diktat 

a 

.  o 

2 

& 

Kombination 

1 

1 

Gedächtnis 

5  a 

-H 

1 

Gesamtfehler 

I 

1  a.  III.  Kcilie. 
Bedingung :  . 
BMk  md  BehOn«! 

—  19,5 

—  5,8 

—  26,2 

-26,0 

-30,9 

-23,9 

TL  Beihe. 
Bedfagong: 
liiinh  «ad  MhSa. 

—  62,4 

-28,6 

-4,8 

-1,1 

-14,3 

NB.  Angefer- 
^gt  wihxelid 
der  Feriea. 

IFaa.  IVb  Beihe.  1 

Bedingung:  Recbt 
aehOa  o.  Ungeam. 

-87.9 

—  87,2 

—  22,0 

-22.1 

—81,9 

-22,6 

Ta  «*  Vb  Beihe. 

Bedingung ;  | 
iSaehtiaeeh.  | 

-7.2 

+  40,4 

+  188,8 

+  9,6 

+  28,0 

+  18»7 

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36ö 


Fehler-Tabelle  VIU. 


T>iktat 

(3 

•  2 

& 

o 
IS 

1 

1 

•c  ^ 

1- 

I.  u  III.  Keihf  ' 

- 10,2 

—  ii4,l 

—  Ü,7 

+  8,* 
(-81,2) 

[1.  Hciiic 
Bediugim^ ; 

-j-  12j9 

-8,1 

NB.  Aug:efer- 
tigt  wüliientl 

IVa  u.  IN  b  Reihe. 
Betiinguug:  Hecht 
Bctoii  tt.  Ungeam. 

—40,7 

! 

—  50,4 

-27,8 

-44,2 

V*  n.  Vb  Eeihe. 
Bedingnngr: 
Becht  nach. 

-9,3 

+  23,0 

+  63,9 

—  26,2 

+  4,3 

-10,3 

Hiernach  ergibt  sieh: 

1)  Stellt  mau  verschiedenen  Vp.  ^'Icielizpifis:  die  Aufgrabe,  einisre 
Arbeiten  rasch  nnd  sehiin  oder  reelit  schüu  iinti  lan^'sam  zu  voll- 
enden, 80  erreicht  die  Mehrzahl  der  G.  eine  geringere  Fchlerziffer, 
aU  wenn  die  nämlichen  Individuen  dieselben  Arbeiten  abgesondert 
voneinander  anfertigen  würden  (Tab.  Vi  Kol.  2) .  Dasselbe  trifii 
im  aUgemeinen  aneh  zn  mit  Rtleksieht  auf  die  einzelnen  Gebiete 
(Kol.  3  mit  7).  Ebenso  ergibt  sich,  dafi  im  eisten  Falle  die  Snm- 
men  der  in  allen  Arbeiten  einer  Vp.  vorgekommenen  Fehler  nun 
großen  Teil  weit  geringer  sind  als  die  FeUersummen  der  ent^ 
sprechenden  E.  (Kol.  8). 

Verbuig^  num  dagegen  von  verschiedeueu  Yp.  die  gleichzeitige 
Anfertigung  von  Arbeiten  obiger  Art  unter  der  Bedingung  »recht 
rasch«,  so  erreicht  die  Mehrzahl  der  6.  eine  höhere  Feh  1er- 
ziffer,  al8  wenn  unter  der?5elhen  Bedingung  die  gleidie  Arbeit 
als  E.  vollzogen  worden  wäre.  Dies  gilt  sowohl  im  Hinblick  aut 
alleG.,  als  auch  mit  Rücksicht  auf  die  einzelnen  (Tr})iete  und  die 
Gesamtfehler.  Die  kombinatorische  Tätigkeit  scheint  hierbei  dem 
nngOnstigsten  Emflnsse  zn  nnterliegen. 

2)  Unter  der  Bedingung  »rasch  nnd  schOn«  eigibt  sich  bei  emem 
Vergleioh  zwischen  den  Fehleiziffem  ftr  die  Dnrchschnitts-E.  imd 


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Ühet  Biiuel-  und  GfwiMntleMtmig  de§  SchwlkmdeB.  367 

-G.  und  auch  bei  den  entsprechenden  Fehlereummen  eine  Differenz 
zu  Gunsten  der  G.  Unentschieden  bleibt  dies  nur  für  die  schrift- 
liehe  Bechenarbeit  zur  Zeit  der  Ferien.  Ebenso  erscheint  die  Be- 
diognDg  »reeht  wMn  and  Uuigsam«  fllr  alle  Dorehschnitto-G. 
gUiustig.  Von  nachteiliger  Wirkung  dagegen  ist  fdt  die  mittlere 
Gt.  dne  reeht  rasche  Anfertigung  der  Arbeit  In  diesem  Falle 
wird  sie  ttbertroffen  von  der  dnrohschnittliohen  E.  Das  Diktat 
nimmt  auch  hier  eine  AnsnahmesteUiing  ein  (TM>.  VII). 

3)  Unter  den  Bedinguiig;eu  >ni8ch  und  schön«  und  »recht  schön 
und  lan^am«  macht  sich  bei  der  G.  eine  Uuiformieruugstendenz 
hin^'iditiich  der  Fehlerwerte  geltend.  Ausnahmen  treten  uns  ent- 
gegen beim  mündlicheu  und  schriitlichen  Rechnen. 

Die  Bedingung  »recht  rasch«  löst  im  mündlichen  Rechnen  und 
in  der  Kombination,  sowie  im  schriftlichen  R<  r-lnun  die  unifor- 
mieveiide  Tendenz  anf.  Dieselbe  kommt  jedoch  bei  den  ttbrigen 
Leistongen  und  auch  bei  den  Fehlmammen  znm  Dnrchbmch. 

4)  Besonders  beTorzngte  Stelinngen  nehmen  Diktat  nnd  Ge- 
dttchtms  ein. 

In  diesen  Resultaten  kommt  zweifellos  die  gltiokliche  Wirknng 
des  durch  die  Arbeit  in  der  Masse  geweckten  Ehrgeizes  zum  Aas- 
druck. 

§  9.  Die  dnaUttteBtabeUenM. 

Die  nun  folgenden  Tabellen  sprechen  unter  Berücksichtigung 
von  Zeit  nnd  Fehlerzahl  nach  Maßgabe  der  obigen  Erörterungen 
(§  6)  den  einzelnen  Arbeiten  einen  Qnslitätsgrad  zn.  Sie  sind 
für  unsere  Darlegungen  die  wlohtigsten.  Ans  schon  erv^Umten 
Gfttnden  blieb  heim  Diktat  die  Zeit  anßer  Betraehl  Es  werden 
für  dasselbe  daher  in  den  folgenden  Obersiebten  an  SteUe  der 
Qnalitilfsziffeni  die  Fehlerwerte  mitgefthrt,  die  aber  bei  Berech- 
nung' der  Qualitätensummen  außer  acht  bleiben.  Die  Qnalitäts- 
ziffern  sind  auf  ganze  Zahlen  abgerundet.  Die  Einteilung  der 
einzelnen  Ühersicliten  entspricht  genau  jener  der  Z.-t.  nnd  F.-t. 
Ebenso  halten  sich  auch  die  Diskuäsioneu  an  die  bisherige  Ordnung. 


1)  In  Znkonfk  abgekUnt: 


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Augnat  Mayer, 


QualitStentabelle  svr  L  Reibe. 
Bedio^mig:  BaMh  mid  tM»hOn. 


1  Diktat 

• 

• 

j  mdl.  Bechn. 

Kombin. 

GedichtB. 

1  sehr.  Bechn. 

Gesamt- 
Qualität  der 

Vp. 

Einzell. 

1 

Gesamtl. 

Einzell. 

Gesamtl. 

EinzeU. 

1 

o 

O 

• 

Gesamtl. 

• 

'S 

a 

««»• 

H 

a 
ä 

O 

Einzell.  ' 

a 

■ 

s 

o 

Ffe. 

Il6 

9,76 

u 

11 

840 

94 

860 

106 

68 

86 

U76  1  836 

779  1277 

6,86 

10 

8 

191 

91 

464 

1148 

114 

30 

He. 

7,6 

7 

4 

166 

66 

686 

866 

77 

•  • 

9 

884 

336 

MO. 

81,76 

19 

11 

894 

86 

438 

19B 

806 

178 

968 

468 

Ot 

Hajo 

io,o 

Ii 

1 Q 

loo 

80 

181 

Do 

119 

84 

474 

240 

BL' 

26,86 

'i3i85 

14 

1 

169 

98 

474 

111 

71 

60 

788 

863 

Bn. 

14,86 

16^ 

10 

6 

109 

66 

811 

71 

866 

79 

666 

8U 

Sehä. 

16,75 

11,6 

14 

12 

246 

91 

400 

76 

194 

42 

854 

221 

Sdin. 

7;k 

1,76 

10 

6 

17 

21 

360 

199 

160 

24 

647 

250 

OvUW» 

4,85 

4,6 

17 

10 

78 

60 

2727 

180 

46 

43  1 

2868 

283 

8e> 

3,6 

8^ 

4 

11 

170 

108 

546 

333 

47 

48 

766 

496 

Wa. 

1*5 

5,5 

8 

7 

93 

29 

166 

67 

224 

33 

481 

136 

Wl. 

16,86 

ii76 

17 

4 

884 

76 

390 

1294 

63 

118 

684 

1492 

Wo. 

16 

18^ 

81 

13 

809 

176 

8680 

788 

118 

164 

2923 

1134 

Dunh 
tohnittl. 

—  —  

18,9 

9.7 

18,6 

8,6 

168,4 

79,8 

740,4 

349,1  { 

18M 

66,6 

1016,7 

fiOM 

mV. 

ö,4 

8.0j 

66.6 

86,9j 

663,7 

810,9 

69,6 

41,6] 

647,0 

84,3^  aller  G.  stehen  qualitativ  höher  als  die  zagehörigen 
E.  Auf  die  einzelnen  Gebiete  Terteilt,  erhalten  wir  folgende  Üi>er- 
sioht: 


Diktat 

mtindl.  Rechnen 

'  Kombin. 

Ged£chtn. 

schriftl.  Bechnen 

GesamtqoaL 

71^ 

86,7 

99,9 

85,7 
(100,0) 

86,7 

86.7 
(100,0) 

Die  eingeklammerten  Ziffern  berttokflichtigeii  zwei  abnome  6e- 

dächtnisleistungeii- 

Sehr  günstig  gestalten  sich  hier  die  Hesoltate  für  die  Dorch- 


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Ober  Einxd-  und  GMimtlfliBtiuig  dM  SefaiilkhideB.  909 


schnitts-G. ,  die  sämtlich  nm  einen  bedcatenden  Prozentsatz  die 
Qualität  der  mittiefen  £.  ttbertreffen,  wie  folgende  Tabelle  besagt: 

Q.-t  Ib. 


Diktot 

mttndL  fiechneu 

Kombin. 

Gedächtn. 

schrü'tl.  Kechneu  j 

—81,7 

—47,8 

—53,0 

Auch  eine  Betrachtung  der  mV.  ergibt  ein  ftir  die  Qualität 
der  G.  vorteilhaftes  Bild;  die  prozentualen  Differenzen  sind  von 
ziemlicher  Bedeutung: 

Q.-t.  Ic. 


DikUt 

mUndl.  Rechnen 

Kombiu. 

Gedftchtn. 

schriftl.  Kecbnen 

GesamtquAl. 

-ao,4 

—  86^0 

—  6S,4 

—  443 

—  87,4 

ADe  diese  Ziffeni  weisen  entsebieden  hin  auf  das  Vorhanden- 
sein einer  qualitativen  Uniformierun^tendenz. 

Die  I.  Q.-t  liefert  demnach  folgende  Ergebuiböe: 

1)  Die  meisten  G.  Ubertreffen  in  qualitativer  Hiiibiclit  die  E.; 

2)  Die  durchschnittlichen  G.  sind  ohne  Ausnahme  besser  als 
die  mittleren  E. ; 

3)  Unter  dem  Einfluß  der  arbeitenden  Masse  entsteht  eine  be- 
dentende  qualitative  ümformieningstendenE. 

(VgL  die  Qoalitätentabelle  n  auf  nächster  Seite.) 

Hier  kommt  der  zerstreuende  Einfluß  der  Ferienerholung  wie- 
der zum  Durchbruch.  Die  Zahl  der  qualitativ  höher  stehenden  G. 
sinkt  herab  auf  5fx9^.  Die  relativ  nachteiligste  Beeinflussung 
erfährt  die  hLombiuation,  wie  folgende  Übersicht  beweist: 


Q.-t  Da. 


Diktat! 

mUndl.  Beehnen 

Kombin. 

GedXehtn. 

MliTiftI.Beohnen 

jGesamtqiud. 

92,3 

6Sfi 

80,8 

68,8 

63^         1  48,2 

Ftlr  die  Übrigen  füoher  ist  immer  noch  ein  —  mit  Ausnahme 
▼cm  Diktat  —  geringer  Aasschlag  zn  Gmsten  der  G.  vorhanden, 
der  sidi  aber  im  allgemeinen  wieder  yerliert,  wie  KoL  6  bewdst 


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370  Auguet  Mi^er, 


Qva]itfttenta1>6lle  znr  II  Reilie. 

Bedingung:  R4LSch  and  schün. 


Diktat 

mdl.  Rechn. 

Kombin. 

Gedächtn.  ! 

sehr.  Xicchü. 

Getarnt* 
qiiatität  der 

«  1 

S  i 

Vp. 

Einzell. 

Gesamtl. 

Einzell. 

Gesamtl. 

Einzell. 

Gesamtl. 

Einzell. 

Gesamtl. 

Einzell. 

'S 

e 

CS 

'BS* 

1  - 

1  — 

JTq. 

6,75 

9 

6 

6 

32 

16 

875 

786 

1 

'  914 

880 

HO« 

02 

4 

40 

52 

85 

191 

4 

Q 
O 

129  9 

WM 

Mm, 

38,6 

15 

10 

25 

112 

158 

60 

228 

96 

Ii  f 

278 

62B 

ut> 

90 

7^ 

9 

6 

66 

64 

196 

136 

107 

ov 

377 

296 

AI. 

86 

14^ 

11 

0,3 

OO 

47 

151 

132 

35 

20 

233 

199^ 

Um 

91 

9,75 

9 

6 

TO 

64 

80 

60 

14 

18 

166 

121 

8cliS. 

12,75 

4,26 

12 

7 

35 

45 

162 

162 

47 

246 

869 

Selm. 

10,75 

6,6 

7 

8 

1 

17  ' 

199 

109 

19 

19 

1  226 

168 

Sebw. 

6,75 

4,26 

4 

6 

8 

Ü 

533 

731 

I  15 

33 

;  560 

Se. 

6,25 

3,5 

3 

_4 

94 

51 

1068 

682 

'  19 

15 

1184 

668 

Wa. 

9,5 

3 

16 

5 

27 

37 

101 

460 

32 

16 

176 

518 

m 

14,26 

14 

10 

6 

92 

104 

861 

367 

68 

91 

606 

££ 

Wo. 

26,5 

8,25 

14 

9 

69 

1^ 

316 

312 

121 

191 

^  510 

Si 

Durch- 
schnitt L 

16,6 

7,9 

1  8,0 

7,0 

61,7 

66.3 

880,4 

326,8 

43,2 

60,7 

483^4 

441^8 

mY. 

7,« 

3»5 

!  4^ 

t 

8,2 

28,1 

30,0 

837,7 

197»9 

1  31,8 

42,3 

1  239,4|  810^ 

Die  prozentualen  Differenzen  der  DorohBclinittsleiBtiingen  er 
geben  ein  nnrecfelm&ßiges  Bild: 

Q.-t.  üb. 


DÜLtat 

mttndl.  Rechnen 

Kombin. 

Gedächtn.  |  schriftl.  Rechnen 

1  GesamtqoiL 

-62,4 

—  12,6       1  +12,8 

+  1,7 

+  17,4 

+  43 

Auf  Gnuid  Torstehendw  Angaben  ist  wohl  der  Schiaß  zuliuig, 
dafi)  ezklnaiTe  Diktat,  die  Zeit  der  Erholnng  auf  die  darehachoitt- 
Hohe  G.  eine  nngünatigere  Wirkung  anattbt  als  anf  die  mltäere  E. 

Anders  rerhält  es  sich  mit  der  qualitativen  Uniformienings- 

tendenz,  die  nur  bei  der  Kombination  und  beim  schriftliehen  Reeb- 
nen sicli  aullüst,  im  Ubrifz:en  aber,  wenn  anch  im  Vergleich  zur 
Q.-i  I  in  gerinjTcrer  Ausjjrä^ng,  vorhanden  ist  Dies  bestätigea 
die  prozentualen  Differenzen  der  mV.: 


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Ober  Einxel»  und  GeMuntleittaiig  das  Sehulkmdfls.  371 

Q.-t  IIc. 


Diktat 

ttflndl.  Beehnen 

KombiiL 

Gedichte.  1  schiiftl.  Beehnen  ||  QeetmtqnaL 

-68»» 

-20,0 

+  6,8 

-16,7  j       +33,0  1 

-12,1 

Aus  Q.-t.  n  folgt  demnach: 

1)  Die  Zeit  der  Erholung  ist  im  aUgemeinen  der  G.  weniger 
{Tünstig  als  der  E.; 

2)  Die  darohflchnittlieheii  G.  stehen  qiuüitatir  hinter  der  mitt- 
leren znrllok)  aosgenonunen  Diktat  und  mttndliches 
Beehnen; 

3)  Im  aOgemeineii  ist  eine  geringe  qualitative  Unifonnierongs- 
tendenz  vorhanden;  abldmend  verhalten  sieh  nur  Kombina- 
tion und  schriftliches  Rechnen. 

Qaalitfttentabelle  zur  TO.,  Reihe. 


Bedingung;  Rasch  und  scbün. 


1 

Biktat 

1  mdl.  Beohn. 

Kombis. 

GedXditn. 

scbr.Bechn. 

Gesamt- 
1  onalitSt  6et 

Vp. 

i 

1 

Gesamtl. 

Einzell. 

Gesamtl. 

Einzell. 

Gesamtl. 

g 

1  g 

Gesamtl. 

Einzell. 

s 

9i 

00 

V 

o 

Einzell. 

• 

a 

«0 

s 

Fa.  ! 

'  20 

7,6 

14 

12 

60 

58 

297 

86 

76 

11  1 

437 

167 

Fö.  1 

10 

4^ 

7 

5 

42 

10  1 

367 

238 

1 

1 

417 

264 

He.  , 

12.25 

10,75 

3 

28 

41 

:i30 

45 

:jo 

'  1 

390 

91 

Hfl. 

33,25 

31,5 

16 

101 

96  j 

117 

77 

63 

24  ' 

293 

212 

Ot.  1 

1  10,6 

11 

10 

9 

70 

— 

158 

61 

26 

42 

264 

186 

Ki. 

'  19,6 

^.6 

16 

8 

86 

65 

138 

46 

16 

18 

254 

137 

Ru. 

10,5 

16,5 

8 

11 

46 

36 

73 

55 

30 

2() 

1.^)7 

121 

Schä. 

16,5 

11,25 

14 

10 

43 

39  1 

157 

49 

9 

8 

:  223 

106 

Sehn. 

I  14,75 

11 

19 

8 

4 

1  i 

401 

240 

53 

15 

477 

264 

Schw. 

2 

7 

9 

9 

31 

35 

71 

94 

20 

19 

1  131 

157 

8p. 

9.5 

6,25 

2 

2 

68 

44 

210 

104 

10 

2 

280 

162 

Wa. 

9.25 

5,25 

4 

8 

44 

33 

136 

37 

48 

37 

j  232 

116 

Wi. 

20,25 

Ki.5 

14 

iT 

77 

59 

412 

187 

17 

32 

1  620 

289 

Wo. 

iäO 

10 

14 

j  89 

95 

1  143 

89 

62 

59 

1  304 

267 

DuTch- 
Mkaittl. 

i 

1 

12,7 

1  10,0 

8,9 1 

64,9 

48,9 

216,0 

100,6 

20,7 

312^ 

179,1 

mV. 

6.7, 

4,0 

2,8 

1  '''' 

1  ^^'^1 

1 

1  19.7 

1  12.9 

1  96,7 

66,8 

Digitized  by  Google 


372 


August  lUy«r, 


Ihre  Ergebnisse  uäheru  sich  denen  der  Q.-t  I: 
76,7 aller  G.  nehmen  eine  bessere  Qualität« stufe  ein  als  die 
E.   Hierbei  entfallen  prozentual  auf  die  yerschiedeneD  Gebiete^  be- 
zogen auf  die  jeweUs  znaammengehgrigen  14  G.: 

Q.-t  ma. 


Diktst 

mUiidl.  Beehnon 

Kombin. 

QedlchtiL 

ftcfaziftl.  BMhoen 

|GoMuntqoal. 

71,4 

71,4 

64,3 

92,9 

'«.6  1 

,  »2,9 

Ebenso  stehen  die  dorobsehnittliolieii  G.  (inaUtatir  hoher  ab  die 

mittleren  E.,  wie  aus  folgender  Angabe,  enthaltend  deren  prozen- 
tuale Differenzen,  ersichtlich  ist: 

Q.-t  mb. 


Diktat 

mündl.  Rechnen 

Kombin. 

Gedächtn. 

schriftl.  Rechnen 

Gesamtqaal. 

^14,2 

—10^9 

—  87,1 

-48.7 

Desgleieheii  ist  aueh  hier  eine  nniformierende  Tendenz  yor^ 
banden,  wie  die  Unteracliiede  der  mV.,  in  Prozenten  anogedillekt, 
heweiflen: 

Q.-t  nie. 


Diktat 

mtlndl.  Rechnen 

Kombin. 

Gedächtn. 

schriftl.  Rechnen 

Oesamtqnal. 

0,0 

-30,0 

+  M 

— 4Ö,9 

-84^ 

In  den  Besidtaten  ftr  Komhinalien  und  GedllditniB  finden  wir 
wolil  weniger  dne  GeeetznAßiglLeii  als  yielleioht  eher  das  Walten 

eines  Zufalles,  einer  besondem  Indisposition  oder  sehr  günstigen 

Disposition  einzelner  Vp.  ausgedrückt. 

Somit  stutzt  diese  Tabelle  die  aus  der  I.  Reihe  gewonnenen 
Ergebnisse,  wie  auch  eine  Zusanunenziehung  beider  Tabellen  be- 
weist: 

80,0^  der  G.  stehen  qualitativ  Uber  der  E. 
Verteilt  auf  die  einzelnen  Gebiete  ergibt: 


Q.-t.  md. 


I>iklat 

mtlndL  Beohnen 

Kombin.  Gediditn. 

Bchriftt.  B«ehneii 

■ 

GeramtqvL 

_ 

71,4 

78^6 

78^6 

89,3 
{9tJ,ÖJ 

89,3 
(96,6) 

Digitized  by  Google 


Ober  EiiuHl-  und  GeaamtleistiiDg  des  Selmlkindes.  373 

Q.-i  me. 

Mittlere  Differenzen  der  Durchschnittsleifitangen : 


Diktat 

mUndi  Rechnen 

Kombiu. 

Gedächtn. 

sohiiftl.  Beohnen  ||  GeaamtqoaL 

—  19,6 

—21,4 

DurcJ 

— ds,o 

Q 

HAchnittiici 

—68^0 

!.-t.  mf. 

M  Differena 

-42,2       j  -47.4 

len  der  mY.: 

Diktecj  nilindL  Reehnen 

Kombiu» 

Qe^telktiL  1  eebriftl.  Beehnen 

Geiamtqul. 

^10^1  —27,5 

-20,6 

1  -«,4 

-32^  1 

1  -40,1 

Da  die  ErgebniBse  mit  denen  ans  Tab.  I  ttbereinstimmeay  Ter^ 
siditen  wir  anf  eine  Wiederholung  derselben.  Er^send  mnB  nnr 

uücii  hiuzu{;efllg:t  werden,  daß  der  Gedächtnis-G.  in  jeder  Beziehung 
die  relativ  gtlnstigste  Stelle  zukommt 


Qnalitätentabelle  zur  IV(a).  Reihe. 
Bediqgaiie:  Becht  schlta  loid  huigeaiii. 


1 

1     Dikttt  1 

,  mdL  Becha. 

Kombiu.  1 

OedMchtn. 

Bohr.Beehn. 

GesHmt- 
qualitüt  der 

Vp. 

S 

«8 

(D 

®  i 

O  1 

Einzell. 

Gesamtl. 

Einzell. 

Gesamtl. 

Einzell. 

• 

OD  ^ 

<Ü 

Einzell. 

a 

«8 

s 

Einzell. 

§ 

■> 
«> 

O 

Fa. 

12,6 

7 

17 

14 

104 

56 

1388 

280 

79 

9 

1588 

369 

Fo. 

4 

6 

8 

16 

3Ö 

602 

672 

46 

20 

668 

639 

He. 

7 

1 

6 

0,4 

16 

27 

406 

386 

20 

2 

448 

415,4 

Hfl. 

20,6 

20 

13 

13 

113 

99 

243 

406 

24 

67 

393 

684 

Ot 

12,6 

6,76 

12 

8 

78 

83 

245 

283 

77 

61 

412 

426 

Ri. 

20,76 

10,26 

7 

6 

66 

66 

34 

99 

36 

6 

133 

174 

Ru. 

9,26 

11.26 

13 

9 

13 

40 

329 

^ 

2 

23 

357 

407 

SchS. 

12,6 

10,26 

16 

6 

10 

37 

427 

138 

74 

79 

627 

260 

Sehn. 

2,76 

1 

6 

7 

1 

2 

123 

m 

23 

10 

153 

222 

Sehn. 

4,76 

2 

4 

10 

10 

7 

166 

187 

14 

9 

193 

213 

Se. 

6 

4,76 

3 

13 

60 

39 

786 

441 

13 

26 

862 

619 

Wa. 

0,126 

2j26 

0,3 

8 

11 

24 

190 

200 

30 

28 

231.3 

260 

Wi. 

17 

16,6 

6 

11 

68 

37 

468 

369 

21 

14 

»Ö3 

421 

Wo. 

19,6 

6,26 

21 

19 

» 

68 

293 

163 

88 

126 

601 

366 

D«rch- 

lOß 

Iß 

0,8 

M 

48,0 

44,6 

407,1 

288,6 

"  " 

39,0 

33,4 

601,4 

 ^ 

376,0 

mV. 

Ö.9 

M 

1  6,2 

36,1 

21,2 

1  233,7 

109,4 

23,9 

26,7 

i 

241,6 
(176,6J 

111,2 

Digitized  by  Google 


374 


August  Ibyer, 


Mit  einiger  Eingcbränknng  gilt  fUr  die  beiden  folgendea  Q.-t 
IVa  und  b  dasselbe,  was  wir  den  Q.-t.  I  und  III  entnahmen: 

ö8y6;K  aller  G.  ist  in  qualitadrer  Hinsicht  der  Yorxng  vor  den 
E.  gesichert  Daran  beteiligen  sieh  die  einzelnen  Gebiete  mit  fol- 
genden PrOEOnten: 

Q.-t  IVc. 


Diktat 

miindl.  Rechnen 

Kombin. 

OedXohtn. 

sehrütl.  Rechnen 

Gesamtqaal. 

78,6 

1  «,i 

42,9 

60,0 

64,3 

1  «^0 

Die  kombinatorische  Leistung  ist  hier  etwas  benachteiligt. 
Von  den  dnrchschnittliehen  G.  steht  nur  eine  (mflndliohes  Bech* 
nen)  mit  einem  ganz  geringen  Proientsatz  unter  der  mittleren  E. 
Angabe  der  Differenzen  in  Proienten: 


Q.-t  IVd. 


DÜLtWt 

nttndl.  Beebnen 

Kombis. 

Oedichtn. 

—31,1 

+  1.1 

-3,3  j 

-14.4  1 

Ebenso  zeigen  die  folgenden  Differenzen  der  mV.,  daß  die  G. 
▼Ott  einer  bedeotenden  Uniformierongstendenz  beherrscht  sind,  ex- 
klnsiTO  sehrifiliehes  Beehnen,  das  aber  in  Tab.  IVb  seine  nn- 
gOnstige  Stellung  wieder  angibt: 

(l.-t  lYe. 


Diktatj  mtfndl.  Beehnen 

Kombin. 

Gediohts. 

Be]|xiftLBoch]i«i| 

Oewuntqaal. 

—  2ö,4 

-34,6 

—39,6 

-63,2 

+  U,7  -1 

-Ö3.6 

(Vgl.  die  Qaalit&tentabelle  iV  b  anf  nächster  äeite ) 


Hier  Uberragen  68,6 X  aller  G.  qnalitatiy  die  E.    Für  die  ein- 

zehieu  Gebiete  ergeben  siub  iu  dieser  Hinsicht  folgende  Prozent- 
Ziffern: 

Q.-t  IVf. 


Diktat 

mttndL  Beehnen 

Kombiii. 

Gedlehtn. 

BchriftL  Beehnen  |  OwtmtqimL 

86^7 

4a,9 

67,1 

78,6 

78,6       1  86^7 

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über  Einzel-  and  Gesamtleistung  des  Schulkindes. 


375 


QaaHtätentabelle  zur  iy.(b]  Reihe. 


Bedingung:  Beoht  MhOn  und  langstm. 


1 

1 

1 

i 

! 
1 

Du 

tiMt 

mdL  Beolin. 

Kon 

ibin. 

Gedi 

[chtn. 

aclir.] 

Keehn. 

Gesamt- 
qualität  der 

'S 

g 

H 

1  Gesamtl, 

•S 

1*4 

a 

2 
w 

EinzeU. 

Gesamtl, 

1 

Einzell. 

Gesamtl. 

Einzell. 

Gesamtl. 

Einzell. 

i 

a 

CS 

III 

6,5 

12 

18 

78 

33 

338 

367 

33 

28 

466 

436 

Tin 

0,26 

6 

14 

19 

1199 

227 

14 

10 

1221 

270 

Um 

6 

5 

4 

101 

62 

734 

625 

69 

18 

699 

Uli 

9  A 

15 

0,3 

3 

39 

12 

410 

330 

18 

18 

467,3 

363 

En. 

4,76 

9,6 

0,4 

12 

16 

m 

866 

362 

4 

2 

884,4 

416 

Gii. 

9,75 

8,25 

13 

Ii 

114 

1020 

369 

61 

45 

1208 

646 

H«L 

8 

1.» 

v,iif 

44 

106 

257 

679 

31 

22 

332,3 

K«. 

1,25 

4 

2 

0,3 

115 

44 

740 

414 

70 

2 

927 

460,3 

Bat 

1,25 

r 

12 

10 

1 

10 

284 

224 

48 

20 

840 

264 

Sclio. 

4.5 

3,5 

6 

4 

46 

26 

1287 

391 

6 

39 

1346 

460 

8o. 

11,5 

6 

4 

15 

76 

15 

466 

832 

2 

2 

580 

864 

8«. 

8,25 

12 

« 

20 

67 

270 

204 

11 

19 

818 

288 

Tro. 

1^ 

0,25 

2 

21 

12 

7 

207 

269 

6 

3 

227 

290 

Wi. 

1 14,95 

7,6 

0y4 

16 

76 

76 

647 



273 

11 

jo 

734,4 

1 

414 

MkniUI 
QuUtU 

1 

6,6 

3,6 

6,4 

62,3 

44,6 

622,6 

846,4 

26,4 

19,9 

708,7 

419,8 

mV. 

1  ^ 

1  2,2 

1  ^ 

1 

1  27.9 

1  304,9 

81,3 

1  m 

1  "^1 

[.324,6 

98.4 

Die  Resnltate  hiDäiclitlich  der  Darcliöchnittöleistangen  Btiminen 
ttberein  mit  jenen  der  Tab.  IVa. 


Q.-t  IVg. 

DikUt 

mttndL  Bechnen 

Kombin.  |  OedXclitii.  jschzIfU.  Bediiittn  !|  G«s«iiitqiial. 

-44,6 

+  88,3 

—  14,7  j   —44,6   j       —24,6  j 

—  40,6 

In  den  mV.  tritt  im  Gegensals  zu  Tab.  IVa  em  Wechaet  xa 
Gniwteii  des  sehriMeheD  und  zu  Ungunsten  des  mUndUcheii  Beeh- 

nens  ein: 


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376  Angm  Mayer, 


Q.-t  IVh. 


Diktat 

mttndl.  Rechnen 

Kombin. 

Gedächtn. 

schxiftl.  Rechnen 

GesamtqoaL 

-66,0 

+  80,0 

-78^ 

—  3^9 

—69,7 

Wir  yeieinigen  Q.-i  IVa  und  b.  Dadureli  ergibt  sich,  da8 
63,6^  aller  G.  eine  bessere  Qualitätsstufe  eimiehmeii  aLs  die  il. 
Diese  Fälle  v erteilen  sich  folgendermaßen: 

Q.-t  IVi 


Diktat 

mttndl.  Rechnen 

Kombin. 

Gedächtn. 

Bchriftl.  Rechnen  i 

Gesaiutqual. 

88,2 

£0,0 

fi0,0 

64,3 

67,9 

Snehen  wir  die  mittleTeii  DUferenzen  der  Dnrohsobniilflleittiingen, 

so  erhalten  wir  folgende  Tabelle: 


Q.-t.  IV  k. 


Diktat 

mtindl.  Beehnea 

Kombhi. 

CMKchtn. 

■olirilliBecIluicn  1  Gösamtqual. 

—  37,9 

+  42,2 

-9,0 

—  36,8 

—19^       1  —38^ 

Die  folgende  Tabelle  bietet  etne  ZimmmeiifMiinng  der  Diffb- 
renzen  der  mV.: 

Q.-t  IVI 


Diktat 

miindl.  Boeliaai 

Kombia. 

OeAtebta. 

sehtiflLBediBen 

1  GeflantiiuL 

—  40,7 

+  2,2 

—  29,2 

-68,8 

-13,6 

1     —  61,7 

Ans  vorstehenden  Angaben  lesen  wir: 

1)  Die  G.  Übertreffen  der  Mehrzahl  naeh  in  qnalitatlTer  Hin- 
fliebt  die  E. 

2)  Die  dnrchaelinitttiehen  G.  nehmen  —  nit  Aniwiabme  vom 
mllndBchen  Rechnen  —  gegeuttber  der  mitderen  E.  eine  bevor- 
zngte  Stellang  ein. 

3)  Nur  das  mlintllicbe  Reebnen  laßt  in  der  G.  die  uuil'ormie- 
rende  Tendenz  vermissen,  die  sich  bei  allen  übrigen  Massen- 
arbeiten zeigt 


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über  Einxel-  und  Qettmtleistang  des  Schnlkiiidet. 


877 


Qaalitäteutabelle  zur  V(a).  Beihe. 


Bedlngiuig:  Beeht  naeh. 


1  Diktat 

mdl.  Rechn. 

Kombin. 

OedSehtn. 

aobr.  Beehn. 

Gesamt- 
aoalität  der 

Vp 

Einzell. 

Gesamtl. 

Einzell. 

OD 

v 
O 

Einzell. 

Gesamtl. 

Einzell. 

B 

es 
« 

C 

Einzell. 

'  _. 

a 

es 

i  ^ 

Einzell.  * 

Gesamtl.  i 

Mm» 

81.25 

10.5 

8 

11 

!  8 

67 

-11 

1  260 

112 

1  32 

29 

308 

219 

9,35 

5,75 

4 

7 

1 

21 

209 

6 

■).') 

220 

2U 

10,26 

18 

1 

7 
4 

2 

68 

19 

DO 

1  20 

42 

120 

Mll 

89,6 

25,75 

9 

ü 

27 

82 

96 

87 

72 

59 

204 

242 

Uv- 

7,6 

21,25 

6 

10 

37 

55 

52 

86 

1  25 

60 

120 

211 

BL 

28,76 

18,5 

8 

^ 

20 

62 

53 

34 

12 

16 

87 

107 

Bn. 

Schi. 

l^A 

10,6 

6 

6 

4 

^ 

90 

66 

67 

49 

157 

138 

Schiu 

6,75 

7^ 

6 

3 

1 

2 

60 

193 

13 

33 

70 

231 

Scbw. 

9,26 

1 

8 

6 

1 

14 

III 

117 

30 

36 

150 

172 

Sao. 

18^76 

12 

0,5 

2 

30 

11 

97 

83 

24 

27 

161,6 

187 

Wa. 

8,85 

4j6 

5 

6 

6 

24 

78 

88 

39 

23 

128 

141 

Wl 

32,6 

34,26 

6 

7 

34 

52  I 

239 

144 

24 

18 

303 

221 

Wo. 

18 

21 

9 

9 

36 

66 

31 

125 

86 

68 

162 

257 

Durch- ' 

KkBlttl., 

16,7 

14,6 

5,4 

2il 

15,9 

... 

46,1 

^  106,5 

101,2 

33,8 

34,2 

161,7 

188,6 

mV.  J  8,7 

7,9 

2,3 

13,6 

22.7  j}  60,4 

37,2 

18^2 

M.0j 

69,7 

Der  HehraaU  nach  stehen  die  Qt.  qualitativ  hinter  ihren 

E.  zurUck;  nur  36,9^  machea  hiervon  eine  Ausnabuie.  Aiii  die 
einzelnen  Gebiete  verteilt,  erhalten  wir  folgende  Übersicht: 

Q.-t.  Vc. 


Diktat  { mliiidl.  Bacbnea 

Kombin. 

Oedifihtn. 

Bohriftl.BechneD 

lOesMot,^ 

63,8 

30,8 

0,0 

46,2 

68,8 

1  30,8 

Weitaus  am  meiBten  benachteiligt  ist  die  Kombination. 

Aach  eine  Zusammenstellung  der  Differenzen  der  Durchschnitts- 
leifltangen  eigibt,  mit  Aoflnahme  vom  Diktat,  eine  wesentüehe  Ver^ 
seblechtemng  der  G.  gegentther  der  £.: 

AicUt  fAr  PtfAioIofi«.  L  26 


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d78  Angiitt  Ibyer, 


Q.-t  Vd. 


Diktat  1  mttndL  Beehm 

KonblB. 

GedSehtB.  |  ■chrlft].  BeclmeB 

jGesaaitqiiU. 

—12,6^  +31,6 

+  188,9 

-6.0    1  +1,2 

1  +16^6 

Ancb  hier  gestatten  üch  ftlr  die  Kombination  die  VerhältmBse 
weitaus  am  nogUoitigsIeD,  wührend  Biktat  und  GedäehtniB  eine 
Av^abtne  nach  der  Bichtnng  snm  Bemeien  yeneichnen. 

Die  Differenzen  der  mY.  lassen  nnr  mit  Rttekrioht  anf  mllnd- 
liohes  Reehnen  nnd  Komldnation  eine  uniformierende  Tendenz  yer- 
misBen»  wie  nachstehende  Angaben  zeigen: 


Q.-t  Ve. 


1 

Diktat!  miindl.  Reebnen 

Kombin. 

Gedächtn. 

Bchriftl.  Bechnen 

1 

1  Gesamtqtuü. 

—  9,2| 

+  4,3 

+  66,9 

—  38,4 

—  23,1 

—30,0 

vVgL  die  QualitätentabeUe  Vb  auf  nächster  Seite.) 


Die  Reanltate  dieser  Tabelle  stimmen  der  Hanptsaebe  nach  mit 
den  Torstehenden  EIrgebnissen  ttbereln. 

Nnr  91,4$^  aller  G.  «bertreffen  die  E.  an  Qnalitilt.   Die  fol- 

guude  Ubersicht  verteilt  diese  Fälle  prozentual  auf  die  einzelnen 
Gebiete: 

il-t  Vf. 


Diktat 

mllndl.  Bechnen  |  Kombis. 

GedSebta.  eehiillL  Beebnen  ||  OesarntqnaL 

42,9 

3Ö.7         j  14,3 

28,6    ]        36,7         j  14,3 

All  eil  hier  nimmt  die  Kombination  die  relativ  ongUnstigste 
Stellung  ein. 

Die  folge  u de  Tabelle  gibt  die  Differenzen  der  Darcbsobnitta- 
Idstongen  in  Prozenten  an: 


Q  -t  Vg. 

Diktat 

mQndl.  Bectmen 

Kombin. !  OedXchtn. 

■chriftL  Bechnen  ||  GeaamtqvaL 

—  2,2 

+  60,6 

+  208,9  j   +  31,5 

+  60,2       1     +  41,1 

'i 

Bis  auf  das  Gedächtnis.  des!>«>n  G.  hier  qualitativ  anter  der  E, 
tseht,  stimmen  diese  Ergebnisse  mit  Tab.  Ya  ttberein. 


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Ober  Einsel-  mid  Gesamfleistiiiig  dw  SchnUdiidw.  379 


Qnalitätentabelle  zur  y(b).  Beihe. 


Badiognsg:  Beeht  nveh. 


Diktat 

mdl.  Rechn. 

Kombin. 

Gedächtn. 

sehr.  Eechn. 

G6MUIlt>  * 
qtUÜifSt  dtt 

• 

a 

1  o 

i  .2 

l  ^ 

• 

5 
m 

EinzeU. 

GesamtL 

EinzeU. 

S 

aa 

EinzeU. 

'S 

a 

o 

W 

EinzeU. 

a 

99 
00 

EinzeU. 

a 

S 

o 

Rfl 

1 

1«,86 

9 

7 

f 

iß 

1 

89 

419 

879 

Oft 

466 

6,26 

2,6 

4 

U 

2 

3 

363 

349 

2 

2 

861 

866 

TW 

16416 

17 

6 

6 

10 

49 

107 

m 

10 

12 

132 

866 

Th 

6Jt6 

6,6 

0,2 

03 

1 

14 

100 

193 

14 

16 

116,2 

2283 

r. 

6,7ö 

2,75 

6 

6 

1 

19 

210 

299 

1 

10 

218 

334 

» 

16,6 

6 

16 

49 

67 

176 

224 

19 

47 

249 

3fö 

HeL 

8 

4,76 

3 

8 

11 

16 

123 

m 

8 

16 

146 

880 

Kn. 

2,26 

8 

4 

1 

Dl 

804 

412 

1 

10 

309 

487 

B«l 

8,26 

2 

8 

1 

1 

168 

m 

27 

66 

188 

807 

6,26 

12,76 

6 

4 

34 

488 

250 

36 

88 

473 

886 

So. 

6,26 

8j5 

0,2 

4 

1 

1 

96 

1^ 

3 

1 

102,2 

Iffi 

So. 

6,5 

4,5 

0,3 

4 

2 

9 

139 

248 

3 

2 

144,3 

268 

Tro. 

4 

9fi 

7 

0,2 

1 

18 

194 

167 

8 

29 

906 

204,8 

Wl 

21,ö 

21.75 

* 

24 

72 

133 

329 

29 

12 

191 

418 

*rkluUI. 

QuUttt 

8.9 

8,7 

3,8 

7,8 

28,0 

210,1 

276,3 

12,8 

20,6 

234,6 

330,9 

■T. 

«3 

2,0 

9,0 

20,6 

i  94,8 

66,6! 

10,2 

14,8! 

88,5 

74,4 

Femer  TerhSit  sicli  außer  mllxidÜdiem  Reclmen  und  Kombi- 
Bstion  ancb  noeb  das  scbriftlicbe  Beebnen  gegenüber  dem  tmifor- 

miercnden  Einflasse  der  Gesamtheit  ablehnend,  wie  folgende  Diffe* 
reozen  der  mV.  in  Prozenten  besagen: 


Q.-t.  Vh. 


Diktat!  mttndl.  Beebnen 

KomUn. 

GedXohtn.  Mhriftl.  Beefanen  |  Qeamntqmd. 

-9,4j  +66,0 

+  128,9 

-30,8 

+  46,1 

1  +lö»Ö 

Wir  yereinigeD  in  folgendem  Tab.  Va  nnd  b: 
Nor  Uylfi^  aller  G.  sieben  Uber  den  £.  Dies  gestaltet  sieb 
in  den  einzebien  Gebieten  folgendermafien: 

26* 


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380  Angose  lUyer, 


a-t  Vi. 


Diktat 

rniindl.  Rechnen 

Kombin. 

Gedächtn. 

Bchriftl.  Rechnen  j  GeBamtqnal. 

48,1 

88,8         j     7,4     1     87,0    |        44,4         j,  28,2 

Q.-t  Vk. 

Mittiere  Differenzen  der  Durchschnittsleistungen: 


DÜEtet 

mttndl.  Beehnen 

Kombin. 

Gedlebtn. 

■cIiriftI.Beclueii 

-7,2 

+  226,7 

+  13.9 

+  31,8 

+8»i8 

Q.-t.  VI. 


Durchschnittliche  Differenzen  der  mV.: 


Diktat 

mttndl.  Kecbnen 

Kombin. 

Gedächtn. 

schriftl.  Rechnen  Geaamtqual. 

+  80,6 

+80,0 

-84,6 

+  18,8      1  -88,7 

Hierans  folgt: 

1)  Die  Mehraalil  aller  G.  steht  qualitativ  unter  den  £. 

2)  Mit  Anflnahme  Tom  Diktat  lat  die  dueliBcliiiittlicbe  6. 
Bcbleehter  als  die  initüere  E. 

3)  Nur  bei  Diktat  und  (lediichtnis  iHßt  sich  eine  Uniformierungs- 
tendenz konstatieren.  Die  QmiHtätenHuinnie  sciieint  trotzdem  eine 
solche  Aimähernnfrtä1)rstrpbuu£r  im  allgemeinen  erkennen  zu  lassen. 
Daß  dieselbe  hier  Bich  nach  der  "Richtung;  zum  Schlechteren  wendet, 
beweist  die  durelischnittiiche  QuulitäteuBumme,  welche  fUi  die  G. 
größer,  alflo  geringwertiger  ist  als  fUr  die  E. 

4)  Am  nnvorteühaftesteu  in  jeder  Beziehung  liegen  die  Ver- 
hJlltniflfle  fllr  die  Kombination:  Geringste  Zald  Ton  qualitativ  hoher 
stehenden  G.,  grOfite  Differenz  zn  Ungunsten  der  dnrohschnitdiehen 
G.  nnd  ICangel  jeglieher  Unifonniernngstendenz. 

Znsammenfassnng. 

Wir  werden  auch  hier  wieder  an  der  Hatitl  dreier  Ll)ersichten, 
in  welchen  die  Keiheu  mit  frleichen  liedmguu^en  —  ausgenommeu 
Beihe  II  —  vereinigt  sind,  die  ErgebniBse  der  Qualitätentabellen 
ZQSammenfassen: 

a.  Tab.  VI  gibt  den  Prozentsatz  der  gegenüber  den  £.  besser 
zn  bewertenden  G.  an  nnd  zwar  sowohl  bezogen  auf  alle 


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über  Einzel-  and  Gesamtleiatang  des  Schulkindes. 


381 


Qt.  ttberhanpt,  als  auch  auf  die  in  Jedom  Gebiete  gelieferten 
Maaaenarbeiten  und  auf  die  OnalifStunnunen; 

b.  Tab.  Vn  veraebafft  einen  Oberblick  ttbor  die  proientnalen 

Differenzen  der  DnrchBchnittsIeistnngen ; 

c.  Tab.  Vni  gibt,  ebeniailö  htLo^üu.  aui  100,  die  Differenzen 
der  mV.  an. 


Q.-t  VI. 


1 

'*3^ 

s  S 

i  «  5^ 
P  i 

?  ^  s 

B 

s  ^  .2 

—  Ü 

a 

1 

a 

ja 

Kombination 

i 

«1 
C 

a 

o 

1— ( 

* 

1 

00 

t  ü.  m.  Reihe.  | 
iiaech  und  schün.  j 

80,0 
(81,3) 

71,4 

78,6 

78,6 

89,3 
{96,6) 

82,^1 

89,3 
(96,6) 

II.  Roiho.  ' 
Bedingung;  , 
Bweh  und  sebOn.  | 

1 

1 

1 

30,8 

53,8 

o3,8 

4G,2 

NB.  Auf^t'fer- 
ü^t  während 
der  Ferien. 

IVa  u-  IVb  Keiiie.  ' 
Bedingung:  , 
Beeilt  idiöii  IL  Iaiiggtiii.| 

63.6 

1  ■  1 

H2,2 

öO,0 

50,0 

64.3 

II 

71,5.  67,9 

,1 

Ya  n.  Vb  Btibe.  1 
Bedlagasg: 
Beoht  TMcii.  1 

84,1 

1 

1 

48,1 

33.3 

7,4 

37,0 

1 

44,4 

22,2 

Q.-t  vn. 


Diktat 

l.f 

1 

3 

3j 
'S 

M 

o 

I.  «.  HL  Reibe. 

Bedingung: 
BmA  nad  icbOn. 

-21,4 

-32,0 

—  68,0 

—  42,2 

-47,4 

II.  Reihe. 

Bedingung : 
Raach  und  scbün. 

1 

+  12,8 

+  1.7 

H-17,4| 

i 

1 

+  4,8 

NB.  Angefer- 

tif^t  wilhrcnd 
der  Fehen. 

IVa  u.  IVb  Reihe. 
Bedinp^ntr  Recht, 
HchöQ  u.  lauguani. 

—  37,9 

4-42,2 

—  i),0 

-36,8 

■ 

—  1{*,Ö 

—  aa,8 

Va  u.  Vb  Reihe. 
Üedifi^ng: 

-7,2 

1  f 
-j-  4G,öj-r  22ö,7|-f- 13,9 
1 

+  31,8| 

f 

+  29,3 

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382  Angast  Mayer, 

Q.-t  vm. 


Diktat 

0 

c 

'1 

a 
o 

1 

ä 

1 

c 

i| 

1  ; 

Ä  — 

cc  ei 
C  = 

■ 

L  tt.  IIL  Reihe. 
Baach  and  schOn. 

—  10,2 

-27,ö 

—  26,6 

-47,4 

-32,6 

—  40,1 

II  Kt^e. 

Hediiif^unj?: 
BuBcli  utid  t^chün. 

—  63,9 

— ao,o 

+  6,8 

— 16»7 

1 

1 

NB.  An^^efer- 
t\^t  während 
der  Ferieii. 

TVa  u.  IVl.  Rrihc 
Bediiif^uu^:  Hecht  |  —  4Ü,i 
sclir»ii  u  l:iii;jn;itij. 

-i-2,2 

— 

1 

—  13,6 

—  61,7 

u.  \1)  \io'\\u'.  ' 

Recht  nach.  | 

1 

—  ü.a  -1-30,6 
1 

-r  uy,ü 

1 

1 

+  12,3 

—  22,7 

1)  Unter  den  Bedingungen  >ra8ch  und  schön«  und  »recht  schön 
und  luu^^sam«  steheu  die  meißteu  aller  Geöamtiirbeiten  in 
qualitativer  Hinsicht  tlber  den  E.  Dies  läßt  sicli  aueii  k  »u- 
statieren  mit  UUcksicht  unf  (Vm  jedem  einzelnen  Gebiete  zugehöri- 
gen Massenarbeiten.  Nur  auf  die  kornUinatorisebe  G.  scheint  die 
Erholung  einen  wenig  gttnBtigen  Einfluß  auszutlben.  Eine  recht 
rasche  Anfertigung  der  Arbeiten  drückt  die  Qualität  der  größten 
Zahl  der  G.  unter  jene  der  £.  herab.  Dem  relatiT  ii]igttn8tig8fte& 
Einflnfi  nnterliec^  unter  solchen  UmBtttndoi  die  Kombinationwheit 
(Tab.  VI). 

2)  Unter  der  Einwirkung  der  enrtgenannten  Bedingungen  stehen 
die  durchsehnittliehen  0esaintarbeiten  mit  einer  Ausnahme 

(mündliches  Rechnen,  Reihe  IVa  und  b),  auf  die  wir  noch  zu 
sprechen  kommen,  qualitativ  hölier  als  die  E.  Dagegen  ftlhrt 
die  Aufj?abe  »recht  rasch«  oinf  zum  Teil  bedeutende  Verschlechte- 
rung der  durchschnittlichen  G.  j;egeüubt'i  der  mittleren  E.  herbei, 
ausgenommen  Diktat.  Namentlich  scheint  die  Kombüiationsarbeit 
unter  diesen  Verhältnissen  besonders  an  Wert  zu  verlieren.  Auch 
die  Zeit  der  Erholung  scheint,  abgesehen  vom  Diktat  und  mflnd- 
liehen  Beohnen,  der  Qnalitftt  der  durohschnittliehen  O.  ungUnstigw 
XU  sein  als  jener  der  mittleren  E.  (Tab.  VH). 

3)  Unter  allen  m  Betradit  kommenden  Verhältnissen  liSt  äek 


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Ober  Einiel«  und  OeMintlelstaiiir  ^  SehnlkiadM.  383 

im  allgemeinen  das  Vorhandensein  einer  Uniformiemngstendenz  in 
der  G^eBamtheit  konstatieren,  die  sieh  am  schärfsten  anter  den  bei- 
den erstgenannten  Bedingongen  ausprägt;  amgenommen  hierron 
Bind  nnr  BehriflUehes  Rechnen  nnd  Kombination  znr  Zeit  der  Er-  ' 
Jiohingi  sohriftUehes  Bechnen  nnter  der  Av^sabe  »recht  sohttn  nnd 
langsam«!  sowie  mllndliehes  Beehnen,  Kombination  und  sehrif^ 
lidies  Rechnen  bei  recht  rascher  Anfertigung. 

4)  Auffallend  ist  die  in  Bezng  anf  Dnrohsehnitts-G.  und  mV. 
durchaus  gUoätige  Stellung  des  Diktaten,  Büwie  der  Gedächtuis- 
leistong. 

§  10.  Bie  Versachsresnltaie  in  ihrer  Beziehnng  sn  den 
Bedingungen  nnd  znr  Eigenart  der  gebotenen  Stoffe. 

Anf  den  Znsammenliang  zwischen  den  £rgebni$>^pTi  imd  den 
Bedingungen  wurde  gelegentlich  schon  Terwiesen.  Wir  rnttssen 
hier  des  näheren  darauf  anrttckkommen,  weil  durch  die  jeweilige 
allgemeine  Aufgabe  die  Stoffe  je  nach  ihrer  Eigenart  besonderen 
BeeinflussQQgen  unterliegen  und  darin  ihr  abweichendes  Verhalten 
cum  Ten  stine  Ursaehe  hat 

Zwei  Momente  waren  es,  das  zeitliche  nnd  das  Fehlermoment, 
welche  durch  die  Bedingungen  variiert  wurden.  Die  erste  Anf- 
^rabe  setzt  beide  einander  gleich,  die  zweite  empfiehlt  einer  be- 
sonderen BerU(  ksi(  liti^'-un^  die  (lualitative  Seite,  welcb  letztere 
alsdann  in  der  dritten  Bedingung  unter  ausschließlicher  Betonung 
des  zeitlichen  Momentes  vollständig  außer  acht  gelassen  wird. 

Ich  schicke  meinen  Erörterungen  5  Tabellen  voraus,  in  wel- 
eben  die  Besultate  im  allgemeinen  nach  Fächern  ausge- 
schieden sind.  Hierbei  finden  3  Zeichen  Verwendung:  — ,  + 
nnd  0.  Entsprechend  der  bisherigen  Übung  gibt  —  die  günstige 
und  +  die  nngUnstige  Stellung  der  0.  gegenüber  der  E.  an.  0 
bes^,  daß  ffSr  beide  Leistungen  die  Verhältnisse  gleich  Torteil- 
liaft  gelagert  waren.  Jede  Tabelle  enthält  3  Kolumnen,  geschieden 
durch  senkrechte  Doppelstriche,  mit  je  3  Abtcilnnpren.  Die  An- 
gaben der  1.  Kol.  beziehen  sich  auf  die  Dauern,  die  der  2.  anf 
die  Fehler  und  die  der  8.  auf  die  QualitMt  der  Gesamtleistungen. 
Die  Zeichen  der  1.  Abteilung  einer  jeden  Kolumne  beziehen  sich 
auf  die  Zahl  (Z)  der  den  einzelnen  Gebieten  zugehörigen  Gl.  und 
bessgen  demnaeh,  ob  fUr  die  Mehrheit  der  G.  die  Ergebnisse  gün- 
stiger (-—)  oder  ungünstiger  (+]  Bind  wie  flir  die  £.  Die  Angabe 


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884 


der  2.  AbteiluDg  einer  jedeu  KoIuiudü  uimmt  Rücksicht  aut  die 
dorchschnittlichen  G.  (D.-L.)  and  die  der  3.  auf  die  mittleren 
Yariationeu  (mV.). 

Tabelle  IX.  (Diktat) 


Zelt 

PcUer. 

Qiudttft 

Z. 

D.-L. 

mV. 

Z. 

D-L. 

mV. 

Z. 

D.-L. 

■V. 

I.  u.  III.  Kt'ihe. 

II.  Reihe. 

1 

IVa.  u.  b.  Keiho. 

Va.  tt.  b.  Keibe. 

1 

Tabelle  Z.  (mOndl.  Becbiieii.) 


II 

i 

z. 

Zeit 
D.-L. 

mV. 

Z. 

Felder. 
D.-L.|  mV. 

1 

Z. 

QuUtit 

lD.-L.|  mV. 

1.  u.  UI.  Keüie. 

_  1 

II.  Reihe. 

4- 

IVa.  u.  l).  Keilie. 

r 

4- 

4- 

0 

+ 

-f 

Va.  0.  h.  Keibe. 

1 

II 

+ 

+ 

Tabelle  XL  (Kombination.) 


Zeit 

Febler. 

QmOltit 

Z. 

D.L. 

mV. 

z. 

D.-L. 

mV. 

1 

Z. 

ID.-L. 

I.  u.  III.  Reihe. 

! 

1 

-  i 

II.  Reihe. 

!  + 

+ 

^  1 

4- 

+ 

IVa.  u.  b.  Reihe. 

+ 

—  1 

0 

Vfti  n.  b.  Keihe. 

1  + 

+ 

1  + 

Tabdle  XU  (QedMebtaiia.) 


! 

i  z. 

Zeit 

D.-L. 

mV. 

Feblei 

D.-L. 

mV. 

Z. 

^oalttl 

D.-L. 

L  u.  m.  Reihe. 

II.  Reihe. 
IVm.  u.  b.  Reihe. 
Va.  n.  b.  Beihe.  | 

:  4- 
1  + 

4- 

1 

-  j 

4- 

1 

+ 

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über  Eiuzel-  uuü  Gesamtleistung  des  ächulkiudes.  385 


TabeUe  XIIL  (sehriftl.  ReohnenO 


F«Uer.  '1 

QulitXt 

i 

Z. 

D.-L. 

mV. 

z. 

mV.  • 

z. 

mV. 

i 

II.  Reihe.      ;  + 

+ 

+  1 

■  ' 

0 

IVa.  n.  b.  Reihe. 

+' 

_  .1 

Va.  u.  b.  Keihe. 

1 

+  1 

-  1 

1 

+  II 

+ 

Im  allj^eineiiien  zeigt  sich,  daß,  abgesebeu  von  der  nster  dem 
Eiiillus.^e  der  Ferieaerholunp;  atehendeu  Reihe  II,  deu  Bedingrnnfrcn 
entsprochen  wurde.  Für  Keüie  I  und  III  konstatieren  vorstehcude 
Übersichten  durchweg  gleichmäßig  günstige  ErgebniBße  in  Kttck- 
sieht  auf  Zeit,  Fehler  und  Qualität  In  Reihe  IVa  nud  b  le^en 
die  Vp.  dai  Hwptgewiobt  auf  korrekte  Arbeii,  okae  jedoch  die 
Rfiekaiohtiialinie  auf  die  Ikßtarbeitendeii  km^chtUefa  der  Dauer  ane- 
tniehHeBen,  wie  die  ftr  die  G.  ^genllber  den  K  geringeren  mV. 
in  Kol.  1,  AMeOnng  3  ?en  Beihe  IVa  nnd  b  in  flftmflioben  obigen 
Tabellen  beweiaen;  nnr  mttndliches  Reebnen  Terbittt  sieb  bier  ent- 
gegengesetzt (Kol.  2  und  3  der  Reihe  IVa  und  b).  Eine  Erklärung 
hieriiir  durfte  kaum  erheblichen  ächwierigkeiten  begegnen:  Beim 
mündlichen  Rechnen  handelt  es  sich  in  erster  Linie  um  das  Be- 
halten von  Zahlen.  Ist  nun  die  Vp.  bestrebt,  die  einzelnen  Ope- 
rationen müglichst  gewissenhaft  und  korrekt,  wie  verlaugt  war,  zu 
vollziehen,  so  wird  hiermit  in  den  meisten  Fällen  eine  Verlänge- 
rung der  Dauern  parallel  gehen.  Die  Folge  davon  dürfte  alsdann 
nieht  selten  ein  Vergessen  der  Zahlen  nnd  damit  die  UnmOglieh- 
keit  oder  Ünriehtigkeit  der  LSsnng  sein.  Derartiges  filBt  sieb  im 
ScfaiUleben  des  öfteren  konstatieren.  Dafi  diese  Erseheinong  be- 
sonders in  der  G.  hervortritt»  hat  wohl  seine  Ursache  in  der  Eigen- 
art der  mttndlichen  Reehenversnebe:  Jede  Vp.  sobrieb  das  Resultat 
sofort  nach  der  Gewinnimg  nieder,  ohne  erst  einen  au  die  Gesamt- 
heit eigens  hierzu  gerichteten  Befehl  abwarten  zu  müssen.  Natur- 
gemäß entstanden  zwischen  den  Leistungen  der  einzelnen  Vp.  Zeit- 
differeuzen.  Ein  Streben,  dieselben  auszugleichen,  war  otfrniur 
vorhanden,  wie  die  flir  die  G.  geringere  mV.  besagt.  Hatten  nun 
die  besten  Schüler  mit  dem  liiederschreibeu  begonnen,  so  war  dies 

1)  Erklärt  durch  den  Gebrauch  des  Lineals  bei  der  G.  Siehe  Diskussion 
*  der  Z.-t  IV«  md  b. 


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386 


Angnat  Magert 


fUr  die  meisten  das  Signal,  das  Gleiche  zu  tun.  >^icht  wenige  Ter- 
suchten  dabei  duroh  das  Niederbeugen  zum  Schreiben  wenigstens 
den  Sehein  zn  wahren,  als  ob  auch  Urnen  die  Lösung  bereits  ge- 
lungen sei  Dum  begann  bei  diesen  in  der  Kegel  wohl  ein  noch- 
maliger  heftiger  Vennioli,  die  An%abe  zu  bewiltigen.  Sehlieftlieh 
erfolgte  die  Niedeitehiift  dee  Ergebnisses  oder  die  Angabe  der 
LOsnngsyenncliei  wobei  viele  offenbar  nur  dem  dnreh  die  raseher 
Arbeitenden  auf  sie  ansgettbten  Zwange  gehorehten.  Der  letztere 
Umstand  war  zweifellos  auch  bei  den  meisten  übrigen  Rechencre- 
samtleistuügcn  wirksam  gewesen.  Einigermalieu  zur  Erklüiaug 
der  Ausnahmestellung  iu  dieser  Reihe  trägt  er  eben  nur  bei  im 
Zusammenhalt  mit  der  obig^en  Erwägung,  betreffend  die  Verlänge- 
rung der  Dauern  und  dem  jedenffiHs  damit  zusammenhängenden 
Verlieren  der  Zahlen.  Es  muß  allerdings  dahingestellt  bleiben,  ob 
bei  einer  entspreehenden  Mehmng  des  an  sieh  geringen  Stofifes 
dieselbe  Erseheinnng  an  Tage  treten  würde.  Gerade  bei  soleb 
kleinen  An^ben,  in  giOfierer  Zahl  gestellt,  dürfte  bei  den  späteren 
Anfgaben  gegenüber  den  TOiheigQgangenen  der  Einflnfi  der  Übimg 
wohl  wirksam  sehi. 

Womit  die  Yerlüngening  der  Dauern  der  kombinatorisohen  G. 
iu  Reihe  IVa  und  b  zusanunenliiingt,  läßt  aicli  schwer  mit  einiger 
Sicherheit  angeben.  Venuuriit'h  spieleu,  wie  der  hohe  Prozentsatz 
der  die  E.  an  Dauer  Uberragenden  6.  (88,9)  zu  sageu  scheint, 
hier  in  der  Gesamtheit  Ablenkungen  Uberhanpt  eine  relativ 
größere  Rolle  als  iu  der  E. 

Die  bedeutend  reduzierten  Zeitziffern  in  den  Tab.  Va  und  b 
beweisen,  dafi  hier,  entsprechend  der  Bedingung  »recht  rasoh« 
das  Hauptaugenmerk  anf  das  aeitiiehe  Moment  g^ohtet  war. 

Trotzdem  non  in  der  6.  infolge  der  besonderen  Anregung  des 
Ehrgeizes  durch  die  ßrl&ntemngen  zur  allgemeinen  Aufgabe  natui^ 
notwendig  ganz  besonders  des  Streben  herrschen  mnfite,  mtfgiichst 
rasch  zu  arbeiten,  repräsentieren  die  Dauern  der  O.  —  mit  Ans- 
uiiliine  vom  Diktat  —  durchgängig  einen  höheren  Wert  als  die  der 
E.  Die  Ursachen  dieser  Erscheinung  haben  wir  jedenfalls  in  der 
Eigenart  der  Bedingung  zu  suchen:  die  Ubermäßig  strirke  Be- 
tonung des  Zeitmomentes  hatte  schon  in  der  E.  im  allgemeinen 
das  Streben  zur  Folge,  sich  durch  besouders  rasches  Arbeiten  aus- 
zuzeichnen. Dasselbe  gipfelte  bei  der  G.  in  dem  Verlangen,  mit 
zu  den  Ersten  zu  gehören;  daher  die  nervOse  Hast  und  Unruhe  in 


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über  Einzel-  und  Oesamtleistang  des  Schulkindes.  387 

der  arbeitenden  Marne.  Bei  einem  solehen  Verfiüiren  moBte  natar- 
notwendig  die  Fehlefziffer  einen  hOfaeien  Wert  enelohen.  Damit 
ging  wohl  parallel  eine  gewiBse  Unaieherheit,  die  jl  a.  anob  in 
den  vielen  Selbetkonrektoren  sam  Ansdraek  gelangt  Hieiaiu  er- 
klärt sieb  jedenfalls  die  Verzf^genrng  gegentlber  den  E.,  bei  wel- 
chen ja  dieses  Drängen  durch  Mitarbeitende  fehlte.  Der  Einzelne 
konnte  mit  mehr  Ruhe  und  darum  mit  mehr  Sicherheit  seine 
LeiätoBgen  vollziehen.  Darauf  dürften  wohl  zurlii  kzulilliren  sein 
die  relativ  {ireringeren  Fehlerwerte  und  die  weniger  häutigen  Öelböt- 
koirektareu,  sowie  die  kttraeren  Dauern  gegenüber  den  G. 

Eine  Verscblechtening  der  Qualität  resp.  eine  Vermehrung  der 
Fehlerziffem  im  Vei^leich  zu  den  E.  tritt  unter  der  Bedingung 
»reebt  raaehc  nur  bei  der  Diktat-6.  niebt  ein.  Dieaer  Umatand 
etklürt  fliob  ans  der  Nator  derVerancbe:  Bei  derE.  wnrde  sofort 
naob  vollendetem  Niedersebxeiben  dnes  Absehnittes  mit  dem  Dik- 
tieren weitergefabren,  ein  noebmaliges  Dareblesen  des  (Geleisteten 
und  eventuell  Yerbesseni  war  also  hier  ausgeschlossen.  Dagegen 
mußte  in  der  G.  stets  auch  auf  die  Langsamsten  Rücksicht  ge- 
nommen werden.  \s  odurch  der  rascher  Arbeitende  Gelejrenheit  hatte, 
das  Ni»  (it  im'scliriebene  nochmals  m  übt  rsebeu  und  auch  Korrek- 
turen auzubringeu.  Dazu  kommt  noch,  daß,  laut  den  Beobach- 
tungen, diejenigen,  welche  anfänglich  am  raschesten  mit  ihren 
Leistungen  fertig  waren,  allmählicb  sieh  mehr  den  Übrigen  ein- 
gliederten, wohl  nnter  der  Voranssetanng,  dafi  es  ibnen  aneb  mit 
etwas  weniger  Eile  gelingen  werde,  den  andern  gegenüber  im  Vor- 
teil an  bldben.  Damit  war  ihnen  die  Möglichkeit  einer  etwas  er- 
hShteren  Eonientration  auf  die  Korrektheit  der  DarsteUang  ge- 
geben. Im  «brigen  muß  bemerkt  werden,  daß  ein  Vergleicb  des 
Diktates  mit  andern  Leistungen  aus  schon  erwähnten  Gründen  nur 
im  Hinblick  auf  die  Fehlerwerte  zulüsöig  ist. 

Die  ungttnstif!:e  Steliun«;  der  Kombination  in  Reihe  Va  und  b 
erklärt  sieh  vielleicht  auö  der  Annahme,  daß  infolge  der  abnormen 
Bedingung  in  der  G.  besonders  stark  ablenkende  EinfltlSfie  sich 
geltend  machten. 

Die  Gedächtnisleistung  in  Beihe  IV  und  V  weicht  insofern  von 
den  nnter  die  gleiehe  Bedingung  fallenden  Versuchen  ab,  als  hier 
auch  mit  Rllcksieht  auf  die  Fehlerwerte  eine  uniformierende  Ten- 
denz wi^am  ist  Dies  erklärt  sich  eben  daraus,  daß  es  den  Vp. 
möglich  war,  in  der  G.  die  Mitarbeitenden  infolge  des  wenn  auch 


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388 


Atugiut  Mayer, 


geringen  Geräusches  der  ZLililu])parate  einigenDaßen  zu  beobachten 
und  eich  ansBpasaeB.  IHeser  Umstand  venirsachte  yieUeiobt  mit 
die  beronugte  Stellung  der  Gedttehtnisleiitiing  ttberbanpi 

Die  im  allgemeinen  etwas  nniegehnSBigen  Beanhate  der  II.  Reihe 
durften  in  dem  Hinweis  auf  die  serstreaenden  Einfltlsse  der  Ferien- 
erholnng,  wodnreh  wobl  in  den  einaebien  Vp.  eine  günstigere  Dis- 
position ftlr  die  Ablenloiitjsr  durch  Mitarbeitende  geschaffen  wird, 
ihre  befriedigende  Kikliinm^^  findcD.  llberblicken  wir  die  vor- 
stehenden Tabellen,  so  fallen  uns  dnrch  ihre  günstige  Stellung  be- 
sonders auf  Diktat  und  Gedachtui^*.  Die  Erklärnnc  hierfür  liegt, 
wie  teilweise  schon  betont  wurde,  eben  in  der  i^atur  der  Versuche 
selbst. 

Selbstverstäiidlieh  iLonnte  mit  Vorstehendem  nicht  beabsichtigt 
sein,  eine  Erklärong  aller  kleineren  Abweichungen  m  venuehen; 
das  durfte  kaum  gelingen.  Es  sollten  DentongSTersuehe  eben  nur 
in  größeren  Zttgen  unternommen  werden. 

Unsere  Untersuchungen  haben  zweifelsohne  ergeben,  dafi  die 
bei  weitem  vorteilhaftesten  geistigen  Leistungen  zu  stände  kommen 
in  einer  Gesamtheit,  die  nnter  der  Bedinj^iug  »rasch  nnd  schön« 
arbeitet.  Wir  haben  letztere  daher  mit  Üecht  als  die  Normal- 
b  e  d  i  n  ff  u  n  g  bezeichnet.  Ungünstiger  gestillten  sich  im  allgemeinen 
die  Kesultate  unter  dem  Einflüsse  der  Ferienerholnng  oder  nnter 
der  Bedingung  »recht  schön  nnd  langsam«.  Die  relativ  gering- 
wertigsten Leistungen  dagegen  liefert  die  in  der  Gesamtheit  arbei- 
tende  Yp.,  wenn  ihr  die  besondere  BeTOrzogung  des  zeitiicben 
Momentes  zur  Aufgabe  gestellt  wird. 

Veisnohen  wir  eüie  psychologische  Erkl&rung  dieaea  all- 
gemeinen Tatbestandes.  Wir  kUnnen  yon  der  Yoranssetzong  aus- 
gehen, dafi  das  Quantum  geistiger  Energie,  mit  welehem  die  Yp. 
den  von  ihr  geforderten  Leistungen  gegenUbertritt,  nnter  normalen 
Verhältnissen  in  gewissen  Grenzen  eine  Konstante  repräsentiert. 
Es  liegt  nnn  einesteils  au  den  besonderen  Umständen,  bis  zu 
welchem  Grade  dieser  disponible  Vorrat  au  Energie  wirksam 
wird,  audernh  iln  aber  bän£!;t  es  von  der  allgemeinen  Aufgabe  ab, 
nach  welcher  Kichtung  hin  diese  Energie  ihre  Tätigkeit  vor- 
zugsweise entfaltet.  Nun  scheinen  in  der  arbeitenden  Gesamtheit 
unter  normalen  Bedingungen  und  Verbältnissen  weit  günstigere 
Umstände  wirksam  zu  sein  als  in  der  z.  B.  die  Anetfenmg 
durch  andere y  der  Ehrgeiz,  wodurch  alsdann  ein  giOfierer  Tdl 


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Ober  Elnsel'  und  GeMuntieiBtang  dM  SohalkindeB. 


389 


dieser  Inteiiteu  Energie  umgesetzt  wird  in  ;tktuclle).  Es  liegt  nun  in 
der  Kompetenz  der  jeweiligen  aligemeiuen  liedin^ruug,  diese  p:eistige 
Energie  sich  besonders  nach  zeitlicher  oder  uach  qualitativer  Seite 
hin  ent&lten  zn  lassen.  Die  Normalbediogung  weist  auf  eine  an- 
nXhemd  gleiohheitUehe  VerteiliiDg  der  rerf^baien  geistigen  Kraft 
anf  die  erwähnten  beiden  Momente  bin  and  enielt  daher  die  Tor- 
teilhaftesten  Hesnliate.  Nnr  snr  Zeit  der  Ferieneiholnng  seheinen 
in  der  Qesamtheit  besondeis  ungünstige  Einittsse,  s.  B.  die  Zer- 
Btrenong,  einer  ansgiebigen  Entfaltnng  der  gdstigen  Eneigie  mehr 
entgegenzuwirken  als  in  der  E.  Dagegen  durfte  sich  unter  der 
Bedingung  > recht  sebüu  uiul  langsam«  der  größte  Teil  der  geisti- 
gen Kraft  der  K  au  ktheit  der  Arbeit  zuwenden.  Daher  wohl  die 
bevorzii^rtc  bteiluug  der  Feliler-  und  Qualitiitswerte  gegenüber  den 
Zeitzifferu.  Daß  unter  solchen  Umständen  die  G.  die  besseren 
Resultate  erzielt,  weist  jedenfalls  hin  auf  die  besondere  Aneiferuug 
durch  die  Mitarbeitenden,  infolge  deren  auf  das  Feblermoment  ein 
bedeutenderes  Angenmerk  g^chtet  wurde.  Absorbiert  dagegen 
unter  der  Bedingung  »recht  rasch«  das  idtliehe  Moment  den  größten 
Teil  der  geistigen  Energie,  so  wkd  auch  dessen  ToUe  Entfaltung 
verhindert  Infolge  der  Vemachlllssigung  der  qualitatiTen  Seite 
entsteht  eine  unverhüItDismäßig  starke  Feblermehrang,  die  alsdann 
in  der  G.  eiueu  ablenkenden  und  so  einem  besonderen  Wirksam- 
werden entgegentretenden  Umstand  bildet.  Es  entsteht  dadurch 
jedenfalls  ein  der  Arbeit  kaum  förderlicher,  ständiger  Wechsel  in 
der  Riebtung  der  Autmerksanikeitskon/cntration  von  dem  Zeit- 
moment zum  Fehierwert  und  umgekcbii;.  Naturgemäß  muß  diese 
Erscheinung  in  der  Gesamtheit  viel  prägnanter  als  in  der  £.  zum 
Ausdruck  kommen  wegen  des  dort  sicherlich  hemchenden  Wett- 
eifers, der  unter  diesen  Umständen  einen  besondere  Terwirrenden 
und  ablenkenden  Einfluß  austthl 

Als  gans  selbstrerstladlich  durfte  bu  betrachten  sein,  daß  durch 
diesen  ErkUbrungsT^uoh  die  Individnalitttt  der  Yp.  absolut  nicht 
au^ge$!cbaltet  sein  soll  und  darf.  Es  ist  ganz  wohl  mit  dieser 
Theorie  vereiiibui,  dali  lüfulgc  unkontrollierbarer  Um&täude  nud 
individueller  Kigentttmliohkeiten  unter  sonst  gleichen  Verbältuissen 
die  geistige  Energie  bei  zwei  Vp.  in  einander  entgegengesetzter  oder 
doch  wesentlich  von  einander  verschiedener  Weise  wirksam  wird. 
Hierauf  Rücksicht  zu  nelmien  ist  der  Zweck  des  folgenden  Parar 
graphen. 


Üigiiizeü  by  i^üOgle 


390 


Aagut  ICayer, 


§  11.  Die  Individualität  der  Yp.  in  ihrem  Terhältuis 
zu  den  Versnchsresnltaten. 

Hier  kann  es  sich  eelbstredend  nicht  am  eine  BerUcksichtiginBg 
aller  znfSUig  wirksamen  besonderen  Umstilnde  und  der  hieraoB 
entsprungenen  Abweiehongen  handeln.  Das  würde  sn  weit  fnhrsB 
and  hiefie  Unmögliches  Teisaohen.  Wir  haben  eben  anentwiekelte 
Yp.  Tor  uns,  denen  es  nie  soreichend  gelingen  dttrfte,  alle  avBer- 
ordentlicben  Dlspoeitionen  oder  Indispositionen  anzugeben.  Wir 
werden  daLer,  trützdem  jeweils  vor  den  VcrBiichen  die  Schiller 
anf<rcfordcrt  wnrden,  besondere  Abweiclinnjreii  von  dem  psychi- 
sciifii  (rleichj^ewicht  anzujrclK'ii ,  mit  muiicheii  imkontruIHrrlinren 
EiuÜUssen  za  reebnen  haben.  Gerade  deswegen  würde  man  sieb 
bei  zn  eingehenden  Erklärnngsversachen  sehr  ins  Keich  des  Pro- 
blematischen verlieren.  Es  soll  in  folgendem  nnr  yersiicht  weideni 
danrostellen,  wie  sich  besonders  prKgnante  Erscheinungen  sn  der 
Atr  die  Yp.  g^benen  Charakteristik  verhalten.  Eine  ToUstSudig 
erschöpfende  Behandlnng  der  Bexiehnngen  swisehen  Yersnchsergeb- 
nissen  and  Charakteristik  liegt  natürlich  auch  nicht  im  Rahmen 
dieser  Arbeit,  konnte  auch  schon  wegen  der  von  Tomherein  be- 
tonten Relativität  und  UuvollHtUndigkeit  der  Skizzen  nicht  von 
dem  frewUnseliten  Erfolg  niein.  Hier  kann  ich  mir  einen  Mangel 
dieser  Ciiarakti  ristiken ,  der  mch  bei  den  nun  folgenden  Be- 
sprechungen er^'ei>en  hat  und  auf  den  im  i^ut'e  derselben  hinge- 
wiesen werden  wird,  nicht  verhehlen.  Sie  entbehren,  obwohl 
einer  eingehenden  Beobachtung  entsprangen,  einer  exakten  und 
sicheren  Grundlage.  Ans  experimentellem  Material  müssen  in  Zn- 
knnft  nnanfechtbare  Charakteristiken  in  synthetischer  Weise,  Zog 
nm  Zag,  gewonnen  werden.  Trotzdem  erfüllen  unsere  Charakte* 
listikeB  einen  guten  Zweck,  wenn  sie  durch  ihre  Unvollstindigkeit 
die  Nachteile  einer  auf  der  Beobachtung  schlechtltin  und  nicht  auf 
dem  psychologischen  Experiment  flifiendai  Angabe  indlvddneller 
Eigentümlichkeiten  diirtuu. 

Es  kann  sich  bei  unsern  Erörterungen  nur  um  jene  14  Vp. 
handeln,  die  lici  den  IIaui)tver8nchen  tätig  waren;  von  den  iiln  i::eü 
mtlssen  wir  schon  deshalb  abschen,  weil  uns  von  diesen  nur  zwei 
YersnehBreihen,  darunter  keine  mit  der  Normalbedingnng,  zur  Ver- 
fügung stehen. 

Unsere  Yersuchsresultate  erstreckten  sieh  im  wesentlichen 


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über  Einiel-  tmd  GMamdeiitonff  du  Sehidldiides.  391 

1)  auf  das  Verhältnis  zwischen  E.  und  G., 

2)  ftuf  die  Beziehongen  zwischen  den  in  der  Masse  arbeitenden 
Vp.,  die  rieh  ansdrUcken  in  dem  Yorhaadeiiseiii  oder  dem 
Fehlen  einer  uniformierenden  Tendens. 

Auf  diese  beiden  Punkte  gehen  wir  denn  aneh  hanpiaftehlieh  in 
folgendem  ein.  Auf  das,  was  aafierhalb  dieses  Kähmens  liegt, 
werden  wir  nnr  gelegentlich  hinweisen. 

Wir  schicken  den  Besprechungen  stets  2  Obersiehten  Yorans 
(Charakteristiktabellen,  abgektlrzt  durch  Ch.-t.),  welche  das  Ver- 
bältcu  der  in  Rede  stehenden  Vp.  nach  den  oben  bezeichneten 
2  Richtungen  hin  darstellen. 

Ch.-t.  a  und  b  enthalten  stets  5  Kol.  zu  je  B  Abteilungen. 
Abteilung  1  bezieht  sich  auf  die  Zeiten  (Z.),  Al)teiluüg  2  auf  die 
Fehler  (F.)  und  Abteilung  3  auf  die  Qualität  (Q.)  der  Leistungen. 
Die  yerschiedenen  Kolumnen  gehören  den  einzelnen  nf  hieten  an. 
Beihe  I  nnd  III  sind  zusammengefaßt  und  zwar  in  beiden  Tabellen. 
Die  Hinns-  nnd  Haszeichen  in  den  Oh.-t  a  konstatieren,  dafi 
lieh  die  O.  gegenüber  der  £.  im  Vorteil  (— )  oder  im  Kaehteil  (+) 
befindet;  die  Ziffern  0  weisen  auf  ein  gleichmUBiges  Verhalten 
beider  Leistungen  hin.  In  der  Gh.-t.  b,  die  rieh  auf  die  mV.  be- 
rieht, kommen  drei  verschiedene  Zeichen  in  Anwendung:  Q,  — 
und  -f--  O  besagt,  daß  die  G.  der  betreflfenden  Vp.  den  lüiliiiien 
der  mV.  nicht  übersteigt.  Wird  kein  weiteres  Zeichen  hinzu- 
geftlgt,  so  steht  die  Arbeit  des  Individuums  crenau  in  der  Mitte 
zwischen  dem  oberen  und  unteren  Variationsgebiet,  kommt  also 
der  Durchschnittsleistung  gleich.  und  Q«  geben  an,  daß  die 
6.  in  das  obere  bez.  in  das  untere  Variationsgebiet  hineingreifen. 
SohlieBlich  deutet  —  an,  dafi  die  G.  nicht  einmal  die  untere  Re- 
gion erreicht;  dies  kommt  nnr  den  besten  Arbeiten  an.  Schon 
hier  sei  darauf  hingewiesen,  dafi  diese  Vp.  die  eigentlichen  Ftthrer 
der  arbeitenden  Gemeinschaft  repräsentieren,  denen  die  Übrigen 
oaehstreben.  Das  Zeichen  +  scfalieBlich  besagt,  daß  die  G.  das 
Gebiet  der  Schwankungen  ttbersteigt  Wir  besprechen  die  Vp. 
der  alphabetischen  Keihenfolge  nach. 


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392 


I.  Fa. 


Augiut  Mayer, 
Ch.-t  la. 




Diktat 

1  luuuul. 

1  Kombin. 

Gedicht. 

Bcliriftl. 
Bechnen 

1 

Z-  1  F.  1  Q. 

Z.  1  F.  1  Q. 

ZiF. 

;z.lF.iQ. 

Z. 

F.  Q. 

z. 

,F.|Q. 

I.  u.  III.  Reihe. 

1  1-1 

|-  oj~ 

_ 

-r 

II  Reihe. 

IV.  Reihe  * 

1 

1  • 

i  : 

1 

~  1  — 

1 

V.  Reihe. 

1  1 

+  1+1 

+1 

Clh.-t.  Ib. 


1 

i 

Dikttt 

mflndl.  1 
'  Rechnen  ! 

Kombin. 

Gedickt. 

!   schriftl.  '  gl 
Rechnen 

MMill 

ICH 

Z.  i  F. 

Q. 

Z. 

|F. 

Z. 

|F. 

Q. 

Z. 

F.  Q. 

Z. 

F. 

Q.  Z. 

F. 

Ln-in.  Reibe.  1 

C  u 

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1 

IV.  Beihe.    1»  0^ 

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0* 

0' 

Die  Besnltate  der  Nomalreiheii  I  and  III  Btiimiieii  hier  ?oU- 
kommen  mit  dem  aUgemeiBen  Ergebnis  ttbereuou  Der  Schiller 
unterliegt  eben,  wie  wenige  andre,  in  gans  beBonderer  Weise  dem 
Einflösse  der  Gesamtheit  Die  Charakteristik  sagt:  »Sein  Auftreten 
zeigt  Mangel  an  Selbst?ertranen  nnd  gro8e  ÄngsÜiehkeit«.  Diese 
Zttge  scheinen  darch  die  Masse  Tollständig  aufgehoben  hczw.  in 
dcu  Hintergrund  j^edrän^^  zu  werden.  Mit  Ivlicksicht  aut  Ztit, 
Fehler  und  Qualität  Uberrai^eu  die  G.  die  E.  Nur  selten  konnte 
im  Unterrichte  ein  derartige»  geistiges  Anfraflen  des  SchMlers  und 
ein  80  prägnantes  Hervortreten  seiner  Leistungsfähigkeit  beobaehtet 
werden.  Es  muß  dahingestellt  bleiben,  ob  nnd  inwieweit  dies  mit 
der  Grüße  der  arbeitenden  Masse  snsammenhängt.  Aber  anf  jeden 
Fall  wäre  es  interessant,  wenn  aneh  mit  vielen  Umstftndliohkeiten 
nnd  Schwierigkeiten  Terknllpft,  experimentell  zu  erfoisohen,  hei 
welehem  Um£uige  die  Gesamtheit  auf  solche  verzagte  Naturen, 
wie  die  in  Rede  stehende  und  aueh  auf  alle  andern  den  besten 
EinfluB  ausübt  und  wo  und  unter  welchen  Umständen  diese  gün- 
stige Einwirkung  ihre  Grenzen  findet  Dieselbe  wird  wohl  je  nach 
der  Individualitiit  etwa«?  variabel,  jedoch  vielleicht  innerhall)  ge- 
wisser Grenztu  lutmi  rliin  konstsmt  sein.  Daß  aber  ein  solcher 
EinfluU  des  Umfang  es  der  arbeitenden  Gesamtheit  besteht,  scheint 


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Üb«r  Einsel-  imd  QeMmflflifteBg  dw  SehnlkiiideB. 


mir  neben  der  Beobachtung  in  der  Schale  uuoh  durch  die  Rede- 
wendung, »eine  trige,  MsiiwerflÜlige  MtMe«,  einigennnBen  geahnt 
n  «ein.  Eine  Unteisnehnng  diaBea  Problems  wttrde  mgleieh  ein- 
gieifen  in  die  Finge  der  KlnsaenbeeetsEiingi  indem  hierdueh  der 
expetimentelle  Naebweit  gefiefert  werden  kOnnto^  welche  Sohfller- 
sab!  nngeftbr  dem  Erfolg  des  Unteniebto  am  günatigeten  besw. 
am  ungünstigsten  wäre. 

Auffallend  vorteilhaft  wird  durch  die  Gesamtheit  das  sonst 
weniger  leistungsfähige  Gedächtnis  dieser  Vp.  sogar  auch  unter  der 
ungünstigsten  Bedingung  (Reihe  V)  beeinfluüt,  ähnlich  iu  Reihe  IV. 
Bei  ihm  re<ri  eben  der  durch  die  Arbeit  in  der  Masse  genährte 
Ehrgeiz,  der,  wie  die  Skiaze  verzeichnet,  außerordentlich  stark  ent- 
wickelt ist,  seine  Leistungsfähigkeit  ganz  besonders  an.  Dies  zeigt 
ancb  Tab.  b,  in  welcher  sich  beinahe  in  jeder  Reibe  eine  zum  Teil 
stemUeb  anqg^rigte  allaeitige  UniformierangBtendenK  geltend  macbt. 
DaB  diese  bei  ibm,  dem  Sebwacbbegabten»  in  der  V.  Beibe  teilweise 
sn  einer  Veiscbleehtermig  der  Q,  Waea.  mnfite,  ist  selbBtrerstttndltcb. 

Bei  dieser  Yp.  baben  wir  es  Tonngswdse  mit  einem  optiscben 
Typus  fXL  tun  nnd  zwar  nicbt  nnr  mit  Rtteksiebt  anf  das  GedSebt- 
nis.  Dies  beweist  vielleicht  auch  seine  Vorliebe  fUr  das  Experi- 
ment. Diesem  Schüler  fällt  ein  Denken  ohne  begleitendes  Ge- 
richt» bild,  also  eine  abstrahierende  Operation  oder  eine  solche,  zu 
welcher  er  sich  eine  Verstellung,  gleichviel  welcher  Art,  erst  selbst 
bilden  müßte,  sehr  schwer.  Vielleicht  ist  hier  Mitursache  seine 
günstige  Disposition  für  ablenkende  Reize,  die  sieb  unter  solchen 
Umständen  in  emer  unter  abnomien  Bediogungen  arbeitenden  Ge- 
samtbeit  wobl  nocb  steigern  wird;  daber  vielieieht  die  im  Yei^ 
baltnis  xn  andern  Vp.  siendieb  beben  nnd  also  geringeren  Qvali- 
tttewerte  der  mllndlicben  Reeben^S-. 

^  Cb.-t  Ha. 


■y  iiu  1 1  

Diktat 

rnttndl. 
Beehnen 

KomblA. 

Gedicht 

Bcbriftl. 
Beclmeii 

Sonmea 

Z. 

z.| 

Q. 

Z. 

F.| 

Z. 

Z. 

z.\ 

F. 

h  JL  in.  Reibe. 

0 

+' 

+  ' 

+' 

n.  Reibe. 

+ 

0 

0 

+ 

+1 

+ 

^  IV.  Emilie. 

+  1  + 

+ 

+1 

1+ 

+ 

i+ 

-11- 

+ 

1)  An  geelgiieter  Stelle  benits  m  deuten  vemuebt  weiden. 


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m 


Angnte  Hiyert 

Ch.-t.  IIb 


1  Diktat 

1 

mUndl.  1 
Rechnen 

Kombin. 

Gedächt 

Schrift]. 
R«ehnen 

im«! 

Z. 

F. 

Z. 

F. 

Z. 

F. 

Z. 

F. 

Q. 

Z. 

F. 

Q 

Z. 

F. 

L  0.  TTT.  Reihe. 

:o 

Ou 

o„ 

-H 

+ 

+ 

Ou 

Ou 

-h 

4- 

II.  Reihe. 

O" 

Ou 

1 

+ 

+ 

Ou 

Ou 

Qu 

o 

+ 

Reihe. 

o. 

ojo" 

o° 

Ou 

O*" 

+ 

+ 

+ 

Ou 

o„ 

4- 

V.  ßeihe. 

1 

1 

- 

1  + 

^1 

+ 

1 

Hier  tritt  ans  eine  darchaus  selbständige  Natur  entgegen, 
die  «ich  weniger  geneigt  zeigt,  dem  Einflasse  der  Masse  nacbzu- 
geben.  Die  Konzentration  auf  sieh  selbst  ist  ttberlianpt  ein  Grond- 
mg  des  ganzen  Wesena  dieses  Schülers.  Und  doeh  erseheint 
nnter  normalen  Bedingungen  in  der  Gesamtheit  seine  Lei- 
stung günstiger  als  die  Elnzelarhelt,  obwohl  er  sonst  sel- 
tener vom  Ehrgeiz  sieh  beeinflnBt  zeigt.  Mitnrsache  mag  hier 
wohl  der  Uiastaud  gewesen  sein,  daß  er  hinter  diesen  Arbeiten 
gauz  besondere  Zwecke  vermuttte,  wie  er  gelegentlich  seinen 
Kameraden  gegenüber  einmal  äußerte.    Die  Resultate  der  Reihen 
I  und  III  und  der  Reihe  II  stimmen,  ab^i^esehen  vom  Gedacht iih 
in  Reihe  II  und  einigen  geringen  bchwauknngen,  im  großen  und 
ganzen  mit  dem  Gesamtergebnis  ttbcrein.    Diese  Abweichnngen, 
sowie  jene  der  Kombination  in  Reihe  lY  dürften  teils  auf  beson- 
ders wirksame  Ablenknngmi,  die  sich  aber  der  Kontrolle  entaieheni 
teils  anf  seine  Selbsttadigkeit  znrttckznfthren  sein.  In  Beihe  Y 
füllt,  wie  ttberhanpt  dnrchweg  in  CL-t  üa»  die  herorzngte  Stel- 
Inng  der  GedSchtais-G.  auf.  Das  mechanische  Gedächtnis  dieses 
Sohfllers  ist  von  ziemlicher  SchwerfÜligkeit,  wie  die  jeweils  yer- 
hältnismäßig  hohe  Anzahl  von  Wiederholung:en  bestätigt.  Dieser 
Umstand  beweist,  ä:d).  wie  Boltun  tiurch  seine  Untersuchnngeu 'j 
fand,  eine  Parallelität  zwischen  Intelligenz  und  f-edUchtnisleistung 
nicht  besteht.    Wir  konstatieren,  wie  sebon  hervorgehoben,  aus 
Tab.  a  eine  besonders  günstige  Einwirkung  der  arbeitenden  Masse 
anf  die  Gedächtnisleistnng.    Dies  geschieht  anf  Kosten  der  Uni- 
fonniemngstendenz,  welche  sich  in  der  Gesamtheit  wohl  unter  dem 
Streben  nach  einer  guten  Arbeit  auflöst  (Tab.  b).  Auch  diese  Tat- 
sache scheint  fbr  eine  im  Yerhültnis  zur  sonstigen  Begabung  wenig 

1)  Bolton,  The  gtonth  of  memoiy  in  sehool  children.  Amer.  Joua.  ni 
psyehoL  IV.  1892. 


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über  EiQzel-  uud  Gesamtleistung  des  Seimikindes. 


395 


Torteflhafte  EntwioUnng  de»  mechaiiiseheii  GedftchtDisfles  za  Bpiecben. 
Sonst  bemerken  wir  fast  durebwegi  daß  sich  die  meisten  Arbeiten 
der  Vp.  im  Kähmen  der  mittleren  Scbwanknngen  bewegen;  viele 
Lelstongen  greifen  nur  in  das  untere  Yariationsgebiet  binein,  einige, 
namentlich  aber  die  kombinatorischen,  erreichen  nicht  einmal  die 
untere  Grenze.  Diese  Tatsuchen  scheinen  einigemiiiBcii  durch  den 
in  der  Gesamtheit  wirksamen  Ehr^reiz.  mehr  aber  noch  durch  die 
vorzügliche  Reo-abung  der  \  ]i  libi  rli;iu])t  bedingt  zu  sein.  8ie  ge- 
hört zu  den  ludividnen,  die  durch  ihre  Leistungsfähigkeit  die  Mit- 
arbeitenden aneifem,  zu  jenen  also,  die  man  als  KlassenfUhrer  zn 
bezeichnen  gewohnt  ist.  Die  besonders  bevorzugte  Stellung  der 
Kombinations-0.  dtirfte  in  dem  Hinweis  auf  die  in  der  Gbarakte- 
riatik  berrorgdiobene  lebhafte  Phantasiefittigkeit,  die  sieb  wobl 
unter  dem  Einflösse  der  Hasse  noeh  lebhafter  gestaltet,  ihre  be- 
friedigende ErkUtrang  finden.  Was  sieb  als  allgemdnes  Eigebms 
ans  dieser  Disknssion  beranskristallisiert,  ist  die  Tatsache ,  daß 
anch  eine  Vp.  von  auBgesprocbener  Selbstilndigkeit  und  sogar  von 
Ter&chlossenem ,  die  Einsamkeit  der  Gesellschaft  vorziehendem 
Wesen  ebenfalls,  weuu  auch  weniger  intensiv,  dem  günstigen  Ein- 
flösse der  arbeitenden  Gesamtheit  unterliegt 


m.  He. 

Ob.-t  nia. 


■  -\  ■ 

Diktat 

mUndl. 

Kombin. 

GedMcht. 

Schrift  I. 

"  ■(  • 

Rechnen 

Kechnen 

z. 

Z. 

F. 

Q. 

Z. 

F. 

Q. 

Z. 

Z. 

Q. 

Z. 

F. 

1 

+ 

_ 

_ 

-1- 

4- 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

l^Bsihs. 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

Gh.-t  nib. 


1  Diktat 

müudl. 
Rechnen 

Kombin. 

OedSeht. 

schriftl. 
Rechnen 

Snminni 

Z. 

F. 

Q. 

Z. 

F. 

IQ 

Z. 

F. 

Q. 

Z 

Q. 

Q. 

Z. 

F. 

Q. 

iKlkSLBelbe. 

-1 

oj 

-f- 

o. 

Ou 

Ou 

o. 

o„ 

oi 

o„ 

Ou 

^  D 

Ou 

Ou 

o. 

+ 

o„ 

o*» 

Ou 

o* 

Ou 

+ 

Ou 

o« 

26* 


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396 


Angart  Itoyer, 


Von  angeiKhr  g^eker  LaatBngsfähigkeit  wie  Fd.  imterli^ 
He.,  jedooh  in  viel  aiiBgepillgterer  Weise,  den  EinfliiMe  der  Ge- 
Bamdieit  VeEBcMedenes  mag  hierren  die  ümohe  sein: 

ZudkM  steht  He.  sn  F9.  in  Besag  snf  SeUwUlndlg^eik  is 
einem  riwnlieh  staiken  Gegentais  und  besitet  ein  namlieftes  HaS 
Yon  Ehrgeiz.  Sodann  aber  charakterisiert  sich  He.  als  eine  mp- 
Töse^  leicht  erregbare  Natur,  die  be^^rcil  licherwciHc  für  ablenkende 
Reize  äußerst  empfUngUcb  ist.  Des  weiteren  muß  noch  hervoi^ 
hoben  werden,  daß  ihm  sein  eiserner  Fleiß  in  VerlMüduii^^  mit 
ziemlicher  Übimgsfähigkeit  ein  hohes  Maß  von  Gewaudtiieit  in 
jeder  fiesiehnng  sichert,  das  sich  in  der  G.  unter  normalen  Be- 
dingungen infolge  der  Anregung  des  Ehrgeiies  besser  ausprtlgt 
als  in  der  fif  l>ei  wdeber  ein  derartiger  Ansporn  niolit  Torhandon 
Ist  Daß  aneh  He.  mit  an  den  anrsgenden  Elementen  geliflct» 
lehrt  sin  Bliek  aof  Tab.  b.  Die  mdsten  Arbeiten  bewegen  sieh 
In  der  enteren  Vaiiationsiegion,  resp.  sie  erreidien,  namentiidi 
im  Beohnen,  sehr  bfinfig  nicht  einmal  die  nntere  Orenxlioie.  Die* 
ner  Umstand  ist  hervorzühebeD ,  weil  sich  gerade  im  Rechnmi  in 
dea  öuutitijjeü  Schulleistungen  eine  ziemliche  Schwaukung  konsta- 
tieren läßt.  Kine  Erklärung  dafür  dürfte  gegeben  sein  in  der 
enormen  Ubuii^^t^fuhi^^kcit  dieser  Vp.,  vermöge  welcher  sie  sich 
in  kurzer  Zeit  dem  Gang  der  Aufgabe  anpaßte,  der  ja  in  den 
einzelnen  Fällen  nur  ganz  unerheblich  voneinander  abweicht 
Vielleicht  kommt  auch  ftlr  diesen  Schttler  der  Umfang  der  arbei- 
tenden Gesamtheit  in  Betracht  Femer  mnfi  znr  ErkUlrnng  ?sr- 
wiesen  werden  anf  den  enorm  entwickelten  Ehrgeiz,  der  die  Vp. 
reianlaBte,  unter  der  Wirksamkeit  der  Masse  möglicherweise  ia 
Verbiadnng  mit  dem  Bewußtsein  Ton  dem  anßerordentlielien  Oha- 
lakter  der  Arbeit,  ihre  LeistongsfUhigkeit  in  ausgiebigster  Weise 
auszunutzen.  Dafi  sich  das  mündliche  Rechneu  in  Reihe  V  dem 
schriftUchen  entgegcn^xbcUt  verhält,  liegt  vielleicht  neben  dem 
geringen  StoÖumiang  an  der  unter  dieser  abnormen  Bedingnng 
fhr  eine  Vp.  von  so  leichter  Erregbarkeit  noch  gesteis^erten  Ab- 
Icnkbiirkeit,  fllr  welche  ohnehin  schon  infolge  der  Eigenart  de.s 
Stoffes  im  allgemeinen  eine  etwas  günstige  Disposition  bestehen 
dürfte.  Die  Ergebnisse  der  Tab.  a,  Beihe  II  zeigen  durchweg 
eine  Verschlechterung  der  Ct*  gegenüber  der  £.  Die  Ursiiudie  hie^ 
Ton  wird  wohl  zu  suchen  sein  in  der  zur  Zeit  der  Ferienetlielaflg 
gesteigerten  EmpfitaigBi^eit  dar  Vp.  ftr  die  Ablenkung  dnreh  die 


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Ober  Eliisel-  und  GeMuutleiftang  des  ScbuIkindeB. 


397 


Masee.  Dorch  die  fortwährenden  &ei8treaenden  Einflttofle  wlUireiid 
einer  floleh«B  Periode  wird  natnrgem&B  die  Konientitttion  der 
Aofinerksamkeit  bedeutend  ersdiwert,  munenilich  aber  in  der  Gt. 
Die  willkttrliehe  Aufinerksamkeit  durfte  atadann  kanm  im  stände 
sein,  eine  Tellatindige  nnd  danemde  geistige  Sammlnng  herbei- 
snllÜiieD. 

IV.  Mtl. 

Ch-t  IVa. 


Diktat 

mändl. 
Beebnen 

Kombin. 

Gedieht 

schriftl. 
Bechnen 

Smineii 

Z. 

Q. 

z. 

Z. 

F. 

Z. 

F. 

Q. 

Z. 

F. 

Q. 

Z. 

JU  u.  Iii.  Reihe. 

H.  Reihe. 

! 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

IV.  Reihe. 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

AJ.IWbe. 

+ 

+ 

+ 

+ 

- 

Ch.-t.  IVb. 


Diktet 

milndl. 
Rechnen 

Eombin. 
* 

1  Gedicht. 

Bcbriftl. 
Beebnen 

SimiiieB 

|z.  IfJq. 

Z. 

|F. 

Q 

Z. 

F. 

Q. 

z. 

F. 

Q. 

Z. 

F. 

«• 

z. 

I.  n.  III.  Reihe. 

+ 

!+ 

4- 

0* 

4- 

o„ 

4- 

4- 

o„ 

4- 

o. 

II.  Reihe. 

4- 

+ 

+ 

4- 

4- 

4- 

0' 

o„ 

4- 

4- 

4- 

O** 

IV.  Reihe. 

+ 

+ 

4- 

4- 

4- 

4- 

4- 

4- 

4- 

4- 

4- 

V.Bfihe. 

4- 

+ 

4- 

o. 

4- 

4- 

o. 

4- 

4- 

4- 

Hier  IftBt  aieh,  was  Ton  nielit  m  nnterschlltiender  praktiseber 
Bedeotnng  ist»  konstslieren,  daß  dnreii  die  Uassenarbeit,  ansgefUirt 
«nler  nonnaler  Bedingong,  aneh  Vp.  Yon  senst  geringer  LeistiuigB- 
flkigkdt  TCttteflbaft  beeinflnfit  werden.  Wenn  aneh  die  Qoalitftt 
der  O.  —  (JedKehtnis  anogenommen  —  zun  Teil  noeb  tief  unter 
dem  Durchschnitte  steht  und  Uber  die  obere  Variationsgrenze  weit 
hinanägreiit  iTab.  b,  Reihe  I  und  III),  so  läßt  Bich  doch  eine 
Bessenuig  den  E.  gegenüber  nachweisen.  Die  Ursache  dieser  Er- 
ßcbeiiiunp-  dürfte  eine  ähnliche  sein  wie  bei  der  Vp.  Fa.:  Die 
regelmäüig  eich  zeigende  Angätlichkeit  nnd  leicht  begreifliche 
Unsicherheit  schwindet  in  der  Gesamtheit;  in  demselben  Maße 
sebeint  sieb  aueb  das  beinahe  vollständig  maagefaide  Selbstver- 
trauen einzustellen.  Sebließüob  darf  angenommen  werden,  daß 


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998 


Angl» t  Hftyer, 


der  gute  WilloM  hier  sicherlich  nicht  fehlte  und  sich  jedeniidls 
nnter  dem  Einflüsse  der  arbeitenden  Masse  nooh  yerstärkte,  dies 
beweist  daa  VorhandenBein  einer  nnifoimierenden  Tendenz  hin- 
fliolililieli  der  Zeit  nnd  teilweifle  anoh  der  Feuer.  DaB  trotzdem 
die  Beanltato  die  Stnfe  der  Mittelmäßigkeit  bei  weitem  nieht  er- 
reiohen,  liegt  eben  an  der  Unfähigkeit  des  Sehttlen.  Nnr  das 
Gedttehtnia  macht  hierron  eme  Ausnahme  (Tab.  b).  Hier  fallen 
die  Leistungen,  abgesehen  von  Reihe  IV,  in  das  Gebiet  der  mV., 
zum  Teil  sogar  iu  die  untere  Region.  Sein  Gedächtnis  ist  ebeu, 
wie  die  Charakteristik  besagt,  rein  mechanisch  tJitig,  und  oft  ge- 
ling-t  es  ihm,  iu  erstaunlich  kurzer  Zeit  Memonerstofle  zu  bewäl- 
tigen. Hier  ii^t  offenbar  die  Möglichkeit  einer  Anpassaug  au  die 
ttbrigen  gegeben. 

Bei  dieser  Vp.  besteht  ohnehin  schon  eüie  gttDStigc  Disposition 
für  ablenkende  Beize.  £a  itt  wM  anannehmenj  daß  sich  dieselbe 
zur  Zeit  der  Erholung  noeh  mehr  steigert  So  erkUit  Bich  jeden- 
&1b  die  unglbutige  Stellung  der  G.  in  der  II.  Beihe  ans  der  ab- 
lenkenden Emwirknng  der  Maaae.  Dieae  maeht  sieh  namentlich  auch 
geltend  in  der  Auflösung  der  Uniformierangstendenz  ftac  diese  Reihe. 

la  der  IV.  Reibe  zeigt  die  kombinatoriscbe  G.  einen  Vonug 
gegenüber  der  E.  Derselbe  erscheint  jedoch  als  ein  nur  zufälliger, 
Bobald  wir  die  geringen  Zeit-  nnd  Fehlerdifferenzen  ins  Auge 
fassen.  Beim  miliKllichen  Rechueu  schließlich  wird  die  bessere 
Qualität  dadurch  erzielt,  daß  sich  die  Dauer  verhältnismäßig  be- 
deutend verringert,  ])egleitet  von  einer  Erhöhung  des  Fehler£ftktoi8. 
Im  ganzen  wirkt  für  diese  Vp.  auch  unter  der  Bedingung  »reoht 
schon  und  langsam«  die  Gesamtheit  naohteilig  auf  die  Leistungen 
ein.  Die  Ursachen  liegen  yielleieht  in  ^ner  im  Laufe  der  Ver- 
suche sich  allmlfhlich  einstellenden  Interesselosigkeit  —  einer  hier 
nicht  gerade  seltenen  Erscheinung  — ,  möglicherweise  finden  wir 
hier  die  Konatatiemng  einer  durch  das  ganze  Schuljahr  augesanir 
meHen  Ermüdung.  Beides  bat  sieherlich  eine  erhöhte  Empfind- 
lichkeit für  Ablenkungen,  wie  sie  in  einer  arbeitenden  Masse  ge- 
boten werden,  zur  Folge.  Wir  mllßteu  all  dies  auch  zu  einer 
Erklärung  der  Autlusuug  der  uniformierenden  Tendenz  in  Reihe 
rv  und  V  mit  hereinbeziehen. 

1)  Man  erwMge,  daß  die  Schiller  sieb  fteiwillig  &a  den  VenNidieB  betei- 
ligtfln.  fflentis  ist  wohl  sn  scbließen,  daß  wenigsteiu  der  gute  Wille,  den 
Anfordenmgen  sn  genfigen,  Torhaaden  war. 


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Ober  EiliMl-  und  GetamtleistiiQK  des  Sdmlkindes.  399 
V.  Ot 

Cb.-t.  Va. 


Diktat 

mfbdl. 
Rechnen  i 

Kombin. 

Gedächt 

aohrilltl. 
Bedmen 

Summen 

Z. 

Z. 

Z. 

IF. 

|z. 

Q. 

Z. 

IF. 

|z. 

IF. 

L  u  III.  P.eihe. 

i 

0 

0 

1  + 

4- 

TT  T^<«:i>n 

U.  KeillC. 

-h 

_ 

IV  Reihe 

4- 

-f 

+  1 

V.  Reihe. 

+ 

+ 

+ 

+  1 

i+ 

+ 

+  i 

+ 

Ch.-t. 

Vb. 

Diktat 

mttndl. 

Rechnen 

Korn  bin. 

Gedächt. 

sehrlfll. 

Rechnen 

Summen 

Z. 

F. 

Q 

Z. 

F. 

Q 

Z. 

F- 

Q- 

Z. 

IF. 

Q. 

Z. 

F. 

Z. 

Q. 

I  a.  III.  Reihe. 

o° 

o' 

Ou 

0  u 

+ 

O" 

Ou'Ou 

U.  Reihe. 

o. 

Ou 

Ou 

Ou 

O** 

Ou 

Ou 

IV.  Reihe 

o. 

o„ 

o„ 

+ 

+ 

Ou 

0' 

Ou 

Ou 

O" 

o° 

Ou 

0" 

V.  Reihe,  jj 

0"! 

o 

+1 

+ 

Ou 

Ou 

OttjOtt 

-t 

o* 

Wir  begegnen  hier  keiner  wesentlich  neuen  Erscheinung.  Im 
gfanzcn  untersteht  auch  Ot.  dem  günstigen  Einfluß  der  Masse,  wie 
namentlich  das  Verhältnis  der  G.  zu  den  E.  in  den  Reihen  I  und 
III  und  Reihe  U  (Tab.  a)  beweist.  Die  Wirkung  des  bei  ihm 
stark  entwickelten  Ehrgeizes  findet  ihren  besonderen  Ausdruck  in 
Tab.  b.  Nor  wenige  G.  ttbenchreiten  das  Variationflgebiet;  die 
meiBten  bewegen  rieh  in  der  obeien  nnd  unteren  Region,  einige 
sinken  sogar  nnter  die  tlefiite  Grenze  berab.  Namentlieb  die  (Je- 
diehtaisieistang  erfreut  sieb  in  dieser  Hinsiebt  einer  besonders 
günstigen  Stellung,  die  wobl  anf  die  größere  LeiBtangsDUiigkeit 
des  meebanisoben  GedScbtnisses  Vberbaupt  sartteksnfUbren  sein 
dürfte.  Infolge  derselben  wird  wahrscheinlich  unter  dem  Ein- 
flüsse des  Wetteifers  für  die  G.  ein  bedeutend  günstigeres  liesuitat 
erzielt  als  fUr  die  E. 

Hingegen  scheint  sieh  die  Schwerfälligkeit  seiner  Phantasie 
im  Verhältnis  za  jeuer  Lebhaftigkeit,  wodurch  sich  die  Besscrcu 
auszeichnen,  namentlich  auszudrücken  sowohl  in  den  lelatiT  hohen 
FeUerzablen  der  kombinatorischen  Leistungen,  als  aneb  in  der 
siemlieb  geringen  Neigung  zur  Uniformientngstendenz  (Tab.  b). 
Diese  letstere  Ersebeinnng  ist  weniger  aaf  Ifsngel  an  Eifer  (TgL 


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400 


Angn^  Hayer, 


die  Zeitangabon  der  Tab.  b!),  als  vielmehr  auf  partielle  Unfähig- 
keit zurttckzafUhren. 

Ähnliohea  läftt  sieh  aaoh  fttr  die  8chrifitli<^  Beebenarbeit  im 
Hinbfiok  anf  die  FehlenÜfem  and  ihr  YeifaJUtius  zu  den  Dnreh- 
Bcbniitaleistaikgeii  (Tab.  b)  koratatieten.  Fehler  und  Qiulitili  zeigen 
nur  geringe  AnnXhemng  an  die  DnrohsehnittileiBttuig  nnd  greifen 
aogar  Uber  das  Variationsgebiet  hinans.  In  den  anf  die  Zeit  aieh 
beziehenden  An^ben  in  Tab.  b  kommt  fast  durchweg  das  oben 
scjhon  betoute  Charakteristikum  dieser  Vp.  —  der  außerordentlich 
starke  Ehrgeiz  —  zum  Ausdnick. 

Daß  bei  der  V.  Reihe  eint  ViTscblerbternnfi^  der  G.  eintritt, 
dürfte  bei  der  leichten  Ablenkbarkeit  uud  der  ausgesprochenen 
Konzentration  dieser  Vp.  auf  das  zeitliche  Moment  (Tab.  b)  bei- 
nahe als  Notwendigkeit  erscbeiuen.  Diese  avssefaliefiliche  Rich- 
tung des  Angemnerks  aof  die  Daner  der  Leistangen  seheint  aach 
der  Umstand  zn  zeigen,  daft  selbst  bei  Znrttekdriingnng  dee  zel^ 
Heben  Faktors,  wie  solehes  dnieh  die  Bedingung  der  IV.  Beihe 
gesehah,  die  G.  eine  TeriilltnismlSig  selir  knize  Daner  anfinweiBeB 
haben.  Daher  kann  die  Vp.  —  aber  aneh  nnr  —  in  dieser  Hinsieht 
den  die  Gesamtheit  fhhrenden  Elementen  bdgezählt  werden.  Daß 
unter  bulchen  Umständen  die  kombmatorisclie  Leistung  in  der  Ge- 
samtheit (Reihe  IV  und  V)  einen  geringeren  Wert  repräsentiert  als 
die  E.,  bei  welcher  iid'olge  der  Abgeschlossenheit  von  andern  jenes 
treibende  Motiv  nicht  so  stark  wirksam  gewesen  sein  dürtte,  ist 
wohl  bei  der  mäßigen  Leistungsfähigkeit  der  Phantasie  ein  sehr 
natarliehes  Ergebnis. 


VL  Ri. 

Ch.-t  Via. 


Diktat 

mflndl. 

Rechnen 

Kombin. 

Gedacht 

f 

]  MhiiM. 

Beohnaa 

Summ« 

Z. 

F. 

Z. 

Q- 

Z. 

F. 

Q- 

Z. 

F. 

Z. 

Q 

I.  u.  III.  lieihe. 

1 

II.  Reihe. 



4- 

IV.  Keiho. 

+ 

+ 

+ 

+ 

J 

V.  Reihe,  j 

i 

1- 

+ 

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über  Eiioel-  und  Qftiwint1«iitmig  des  Soluilkiiidet.  401 

Ch.-t.  VIb. 


Diktal 

uUndl. 
Kechnen 

Kombin. 

Gedacht  1 

ßchril't!.  1 
Rechnen  ; 

Z. 

F. 

Q. 

z. 

Q. 

Z. 

Z: 

z. 

F. 

Z. 

1  F. 

Q.| 

z. 

Q. 

I.  a.  UI.  Reihe. 

1 

+ 

o. 

o. 

^u 

OulOu 

II.  Reihe. 

+ 

p. 

Ou 

o. 

o. 

oj 

o„ 

o„ 

Ou 

Ou 

IV.  Reihe. 

b. 

+ 

1 

V.Beihe. 

lo. 

o. 

-1 

- 

o. 

o. 

Hier  sei  zunächst  eine  allgemeine  Bemerkung  gestattet.  Ein 
flttehtiger  Blick  auf  vorstehende  Tabelle  und  ein  Vergleich  mit 
den  duebBelmittliebeii  Ei^bnisaen  lehrt,  daß  diese  Vp.  mit  Rttck- 
äelit  anf  ihre  Leietnngafittiigkeit  in  den  in  Frage  kommenden  Di»- 
riplinen  mit  gans  geringer  Ausnahme  an  die  besten  Sehttler  nahe 
herantritt.  Veigleiehen  wir  damit  die  Skizse,  so  finden  wir  dort 
ein  weniger  Torteilhaltes  Bild.  Woher  dieser  Wideispmeh?  Zwei 
Gründe  lassen  sich  meiner  Ansicht  nach  dafür  angeben: 

1)  Mit  den  hier  gelieferten  Artjciten  ist  die  Gesamtheit  der 
Schnlleistun{;eD,  anf  welche  sich  die  Charakteristik  stützt,  nicht 
erscliiipft  Es  läßt  sich  anf  Grnnd  dieses  Matcrinls  beispielsweii^e 
noch  kein  vollberechtigter  Schiaß  ziehen  auf  das  Verhalten  des 
Sohttlers  beim  Anfsatznnterricht  oder  beim  Unterrieht  in  den  mehr 
mechanischen  Fertigkeiten,  wie  Zeichnen,  Schonschreiben  n.  a. 

2)  Aber  trotzdem  soheint  mir  diese  Skizae  nicht  ganz  den  tat- 
liebHehen  VerbSltninen  zn  entsprechen;  zun  mindesten  jedoch 
legt  dieses  experimentell  gewonnene  Material  eine  Einscbrlnkang 
mancher  Behauptung  nahe.  So  dttrite  namentiich  das,  wie  die 
Besnhate  dentlicb  eikennen  lassen,  wShrend  der  Ansitthrmig  der 
Reihen  gesammelte  Verhalten  der  Vp.,  sowie  ihr  durch  alle  Ver- 
suche gleichbleibendes  Interesse  für  die  Arbeiten  die  in  der  Skizze 
sehr  allgemein  gefaßten  Angaben  bezüglich  der  Halbheit  und  Ober- 
flächlichkeit ihrer  Leistuncren,  des  ra.^chen  Erlahmens  des  Inter- 
esses für  den  Gegenstand  früherer  Begeisterung,  des  Mißverhält- 
nisses zwischen  Ehrgeiz  and  Leistungsfähigkeit  nach  mancher 
Richtung  hin  korrigieren,  ohne  sie  jedoch  völlig  widerlegen  za 
können.  Hier  prigt  stob  deutlich  der  Mangel  einer  Charakteristik 
ans,  die  mcht  anf  experimentellem  Material  fnfit  Meine  Anfiseick' 
nangen  entstanden  Tor  der  Oewinnnng  dentlicher  Ergebnisse.  Sie 
konnten  also  nnd  sollten  aneb  niobt  dnicb  die  Yersnche  beeinflnßt 


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402 


Anglist  Mayer, 


Hein.  Man  wollte  tlicii  i  rfahrcn,  inwieweit  die  iii  densdljen,  weuu 
aach  mit  groBer  Vorgicht  niedergelegten,  so  doch  nicht  exakten 
Beobachtangen  mit  dem  ErgebnU  der  Experimente  Übereinstimmen 
wurden.  Was  sich  hierbei  eigab,  ist  die  Notwendigkeit ,  daß 
Cbankteristikeii,  die  Yolle  Geltung  beanspnielieii,  also  individoali- 
deiend  im  strengsten  Sinne  des  Wortes  sein  wollen,  ans  dem 
p^yohologisehen  Experiment  iieranswaehsen  mQssen  nnd  nicht  anf 
der  Beobachtung  sehleehfhin  fnßen  dttrfen.  Wir  sind  daher  ge- 
zwungen, weil  gerade  hier  sich  ein  besonderer  Hangel  der  Skissen 
zeigt,  von  Erklämngsversnchen  fUr  manche  E^cheinnngen  abznsehen. 

Dem  günstigsten  Einfluli  uutcriieirt  die  Massenarbeit  bei  der 
Bedingnng  >rasch  und  Bclii  n«.  Ain  h  die  Ferienzeit  bewirkt  hier 
nur  eine  geringe  Ausnahme  Ks  dlJrfte  diese  Erscheinung  eine 
Folge  des  stark  ausgeprägten  Ehrgeizes  sein.  Dessen  Wirksam- 
keit äofiert  sich  deutlich  auch  darin,  dafi  die  meisten  Leistungen 
in  das  untere  Variationsgebiet  eingreifen  resp.  über  dessen  Grenie 
hinabsinken.  Es  entspiieht  ToUstftndig  der  leicht  anregbaren  Natar 
dieser  Vp.,  dafi  sich  aaoh  in  Tab.  XV  nnd  Y,  teilweise  nooh  Tiel 
ansgepiSgter,  dieselbe  Tateaohe  konstatieren  IftBt  Nnr  fOi  das 
Diktat  Toneichnet  Tab.  b  etwas  nagttnstigere  Ergebnisse.  IMea 
hat  seine  natOrliehe  Ursache  in  der  geringen  LeistnngsfUhigkeit 
der  Vp.  im  Rechtschreiben  Überhaupt,  wie  ein  Blick  auf  die 
Fehlertabellen  bestätigt.  Vielleicht  ist  hici uu  schuld  sein  nu 
ganzen  fluchtiges  Wesen,  das  dem  intensiven  Erfassen  eines  Wort- 
bildes nii-iiustig  sein  dttrfte.  Wahrscheinlich  wirkt  hier  auch  des 
weitereu  der  Umstand  mit,  daß  dieser  Unternchtszweig  seinem 
Interessenkreis,  der  mehr  lebendige  Stoffe  in  sich  faßt,  zu  fem 
liegt  Die  Bedingung  der  Reihe  IV  scheint  der  G.  im  Vergleich 
znm  dorchschnittlichen  Ergebnis  etwas  nngiinstiger  zn  sein.  Wir 
müssen  uns  hier  mit  der  Annahme  b^ttgen,  dafi  für  die  Ge- 
dltehtntsarbeit  unter  dieser  Bedingung  die  Masse  mehr  ablenkend 
wirkt  als  die  Abgeschlossenheit.  Im  Verhalten  der  kombinatori- 
sehen  Tätigkeit  in  Reihe  IV  und  V  findet  die  wenig  herrorragende 
Tätigkeit  d^r  Phantasie,  die  hier  den  störenden  Einfltlssen  der 
Masse  zugänglicher  /u  sein  scheint  als  sonst,  ihren  Ausdruck. 
Die  Aufgabe  der  Reihe  V  recht  rasch)  entspricht  mehr  seiner 
fluchtigen  Natur,  daher  vielleicht  die  besfcre  Konzentration  der 
Aufmerksamkeit  aut  den  Geduchtnisstoti'  unter  Aossühalfcuug  d^ 
ablenkenden  Eiuflosses  der  Masse. 


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über  EiBMl-  und  GesamfleiBtiuig  des  Schulldiidefl.  403 


OL-t  vn«. 


DikUt 

inUndl. 
Rechnen 

Kombin. 

Gedäcbt  i 

Bchriftl. 
Bechnen 

Sanuaen 

Z. 

F. 

IQ- 

Z. 

F. 

Q. 

Z. 

F. 

Q- 

Z. 

F. 

Q. 

IZ. 

1 

p. 

IQ. 

|F. 

I.  a.  III.  Reihe. 

+ 

— 

II.  Reihe. 

( 

+ 

4- 

+ 

IV.  Reihe.  i 

+ 

-f 

H- 

+ 

+ 

4- 

!+ 

+ 

V.  Reihe,  j 

1 

1 

1 

1 

1 

i 

Ch.-t  VUb. 


Diktat 

mOndL 
Beehnen 

Kombin. 

Gedacht. 

aehriftl.  ' 

Rechnen 

Summen 

'  Z.  !  F. 

Q. 

Z. 

Q 

Z.|  F. 

Q 

!  z. 

1  ^• 

iQ. 

Z. 

jQ.! 

Z. 

F. 

Q. 

I.  u,  III.  Reihe. 

o 

Ou 

o„ 

Oul 

o„ 

o" 

oiou 

Ou 

o« 

II.  Reihe. 

o„ 

Oti 

o„ 

Ou' 

Ou 

IV.  Reihe. 

+ 

Ou 

Ou 

o* 

o„ 

0„! 

o" 

Ou 

o" 

V.  Eeihe. 

1 

1 

1 

r. 

1 

i 

Diese  Vp.  zeigt  in  ihrem  Verhalten  wenig  Bemerkenswertes, 
l'nttir  der  Normalbedingung  wird  ancb  hier  offenhar  unter  dem 
Einfluß  des  Wetteifers  (Tab.  b)  der  G.  vor  der  E.  der  Vorzug 
gesichert  mit  wenigen,  sohwerlioh  za  deateuden  Ausnahmen.  Auch 
R.  ist  den  anfeoeniden  Elementen  zuzurechnen,  wie  Tab.  b  dent« 
iieh  erkennen  tilBt  Dagegen  tritt  die  G.  in  Reihe  IV  in  den 
mdsten  Füllen  znrilok  gegenüber  der  £.  Es  iBt  wahraelidnlieh, 
daß  wir  es  hier  mit  dem  Anadiuok  einer  »pennnnentenc  Enntl- 
dnng  zu  tnn  haben,  woza  der  BcbwieUiebe  Schiller  sehr  leicht 
ndgt.  Damit  stellt  sich  natorgemftB  dne  günstigere  Disposition 
fUr  die  Ablenkung  durch  die  Masse  ein. 

Hervorzuheben  ist  noch  besonder»  die  relativ  ^^Uustige  Stellung 
der  Gediichtnisarbeit,  welche  in  dem  Hinweis  auf  die  bedeutende 
r.eistiiiiL'-sfalii^'keit  (k-s  niechauischen  GedUchtnisses,  die  sieh  unter 
dem  anregenden  Eintiuü  der  arbeitenden  Masse  jeden taiis  in  voll- 
kommenerer Weise  betätigt  als  wie  in  der  Abgeschlossenheit,  ihre 
befriedigende  Erklärung  gefunden  haben  dürfte.  Dagegen  wirkt 
vnter  der  Kormalbedingong  die  Gesamtheit  auf  die  Diktatleistnngen, 
die  «berhanpt  die  schwächste  Seite  der  Vp.  bilden  (siehe  F.-tl), 
stOrend  ein. 


Dlgitizea  by  i^üOgle 


404  Aagan  lUyer, 

vm.  schä, 

Cii.-t  Villa. 


i 

l 

1 

1 

DikUt 

milnd]. 

Rechnen 

1  Kombin. 

Gedächt 

BdurlftL 

Rechnen 

Sninffleii 

:.  F. 

Q-i 

Z. 

F. 

F- 

z. 

F.| 

|Z. 

F. 

Z. 

F. 

Q. 

I.  IL  IIL  Reihe.  1 

1  ■ 

4- 

i 

+ 

II.  Reibe,  j 

+ 

+ 

+ 

IV*  Reihe. 

f  + 

+ 

y.  Reihe.  ^ 

+ 

i  + 

1-^ 

1  + 

+ 

-1 

Ch.^  VHIb. 


! 

Diktet 

mUndl. 
Rechnen 

Kombin. 

Gedieht 

1 

schriftl. 
Rechnen 

Srnnmea 

1 

Z.|F. 

|z,|F.iQ. 

Z.  1  F. 

IQ. 

|Z. 

1  F. 

Z. 

Z. 

F. 

L  Q.  m.  Reihe. 

+ 

l  +  IO. 

+ 

o„ 

Oa 

'o^ 

0. 

0. 

n.  Reihe. 

Ou 

o 

!0*jO„ 

Ou 

o" 

o„ 

b„ 

IV.  Reihe. 

o„ 

|o**'o„ 

oj 

Ou 

+ 

+ 

o„ 

0. 

V.Reihe. 

o« 

1 

o„ 

r  1 

i 

1 

4- 

+  1 
1 

o. 

Die  Ldstnngen  dieser  Vp.  ergeben  im  Vergleidh  sn  den  allge- 
meinen Reflnltaten  ein  etwas  abweichendefl  Bild.  Wir  Itonstatieren 

hier  mit  geriu^ar  Ausnahme  einen  gUiiütigen  Einfluß  der  arbeiten- 
den Geaamtheit.  Daa  vorteilhafteste  Ergebnis  liefern  die  Normal- 
reiheu  I  und  III.  In  allen  übrigen  Keihen  scheiut  dich  die  Dis- 
position llir  die  Ablenkung  etwas  zu  zeigen.  Namentlich  tritt  die 
konibinatoriBche  Massenarbeit  in  ein  fast  durchweg  ungttustigeA 
Verhältnis  zu  ihrer  £.,  teilweise  Mgar  in  den  Normalreihen.  Einen 
Anadniek  ftlr  Unfähigkeit  können  wir  hierin  nicht  erblieken.  Dar 
gegen  spreelien  die  niedrigen  Fehleniffeni  und  die  Angaben  der 
Tabw  b.  Eb  bleibt  daher  nur  die  Annahme  ttbiig,  daß  die  Bonflt 
anfierordentlieh  lebhafte  Phantasie  im  aUgemeinen  in  der  Gesamt- 
heit mehr  stOienden  Einwirkungen  unterliegt  als  in  der  E.,  wis 
wohl  anf  die  leicht  bewegliohe  nnd  ablenkbare  Natur  der  Vp. 
Uberhanpt  zurtlckzufllhren  sein  dürfte.  Diu  UnrcgiliniUiigkeiten 
der  Reihe  II  Laben  offenbar  ihre  Ursache  in  dem  Eiutiuß  der 
Ferienerholnnp:  Hier  scheint  namentlich  im  Hinblick  auf  das 
(redächtnis  ein  kleiner  Übnngsverlnst  mitzuwirken,  wie  uns  ein 
Vergleich  der  Zeitziffem  in  den  Tab.  I,  II  und  III  zeigt  üierbei 
ist  zn  bedenken,  daß  in  Reihe  II  die  G.,  welcher  die  grOfiere 


üiyiiizea  by  Google 


Ober  EiiiMl*  vnd  QtnmÜMaag  das  SehnUdnde«.  405 

ZeÜnffer  zukommt,  der  E.  vorausging,  also  den  Übangsverlast 
beeonders  stark  ansprftgt  Sonst  zeichnet  sich  die  Gedäohtnia' 
aibeit  dnfdi  günstige  BeBoltale  ans.  Znr  ErUMruig  ist  hinzn- 
wdBMi  anf  die  herronagende  AnBbildnng  des  GedüditniBBeSi  denen 
Leistongafidiigkeit  unter  dem  anregenden  EinflnB  der  Maaee  In 
weügehenditer  Weite  ausgcntltst  an  werden  aeheint  Hit  Rttek- 
tiebt  auf  diese  Arbeiten  gebOrt  denn  Scb.  aneb  mit  an  den 
Führern,  wie  Tab.  b  deutlich  zeigt.  In  der  schriftlichen  Rechen-G. 
der  beideu  letzten  Reihen  N  crmissen  wir  die  L nifonnierungstendenz. 
Die  FeblerziflFem  sind  verhältnismäßipr  hohe.  Es  ist  nicht  ausge- 
schlossen, daß  sich  hier  n.  a.  eine  iiitol^a-  > jicrmanenterc  Ermü- 
dung besonders  wirksame  Ablenkung  durch  die  Masse  geltend 
macht;  IreiUeb  kommt  noch  in  Betracht,  daß  das  Rechnen  ttber- 
banpt  nni  wenig  auf  sein  volles  Interesse  siblen  dar! 


IX.  Öchn. 

Ch.-t.  IX  a. 


U 
Z. 

»ikta 
F. 

Q. 

mtliidL  1 
Bechnen 

z.|f.|q.| 

1  Kombin.  i 
Z.|F,|Q. 

Gedächt. 

z.|f.|q. 

schrifl 
Reeba 

Z.  1  F. 

0.  1 
en 

1  ^' 

z. 

iinm 
F. 

len 
Q. 

L  u.  Iii.  Keihe. 
II.  Reihe. 
iV.  Reüie. 
Y.  Reibe.  | 

1 

-1- 

+ 
-1- 

+ 

Ch. 

4- 
+ 
+ 

-t. 

IX 

+ 
b. 

+ 

+ 
+ 

4- 
+ 

+ 

+ 

4- 
-i- 

4- 
+ 

4- 
4- 

DikUt 

z.|f.|q. 

n 
B* 

iflndl. 
Mshaen 

F.|Q. 

K( 
Z. 

jmbin. 

f.'q. 

1  Gedächt 

[z.|f.|q. 

schrütL 
Rechnen 

z.|f.|q. 

Sammea 

I.  n.  ül.  Keihe. 
II.  Reihe. 
IV.  Reihe. 
Y.  Reihe. 

oj 
oj 

I 

—  i 

Qn\ 
1 

o„ 

j 

Ou 

Oa 

Ou 

- 

lou 

o* 

Ou 

1^ 

Ou 

Ou 

o. 

+1 

Ou 

P' 

Ou 
Ou 
Ou 

o. 

oJo° 

ojb. 
o4+ 

Ou 

o« 

o, 

o'' 

Hier  tritt  uns  wieder  ein  Typus  von  Selbständigkeit  entgegen, 
der,  wie  Tab.  b  beweist,  in  der  Geaamtbeit  als  belebendes  £le- 
nwB*  titig  ist  Diea  dürfte  weniger  aaf  Konto  des  bei  ibm  niebt 
beaonden  wbtonnen  Wetteifers  kommen;  loh  betrachte  es  viel- 
mehr als  eine  natürliehe  Folge  seiner  guten  Begabung.  Anek 


üigitized  by  Google 


406 


Anglist  lUyer, 


hier  scheint  die  Charakteristik  uicht  ganz  daa  Kichtige  zu  trefifeo. 
Sie  spricht  dem  mechanischen  Gedächtnis  die  Leichtigkeit  der 
Aneignung  ab,  während  auch  nach  dieser  Seite  hin  Tab  b  die 
Yp.  aU  einen  FtUurer  der  Gesamtheit,  mit  AaBnahme  von  fieihe  V, 
beaeidmet  Die  relativ  niedrigen  Fefalerziffem  bestStigen  daa. 
Am  YoizQglichBten  ist  die  Phantasie  entwickelt  Die  Beanltate 
der  kombinatorischen  JLeistiingen  sind  die  besten.  Und  gende 
hier  scheint  die  Ablenkung  dnreh  die  Hasse  eine  nemlicbe  Rolle 
zn  spielen.  Trotzdem  bleibt  anch  hier  die  Vp.  an  der  Spitze  der 
Gesamtheit  (Tab.  b).  Ein  verhUltuiBmäßig  geringes  Interesse  biiu^'t 
Sehn,  dem  Rechnen  entgegen.  Hier  tritt  er  denn  auch  —  nament- 
lich im  schrittlichen  —  gegenüber  den  andern  Arbeiten  von  seiner 
Ftthrerrolle  etwas  zurück,  obwohl  sich  auch  da  noch  seine  Lei- 
stungen der  Hauptsache  nach  im  unteren  Yariationagebiet  be- 
wegen. Die  günstigsten  Resultate  werden  im  allgemeinen  in  der 
G.  der  Nomuüreihen  erzielt»  wie  Tab.  a  dartat. 


X.  Schwa. 

Ch.-t.  Xa. 


Diktat 

mttiidl. 
Bechnen 

Kombin. 

G«däoht 

idnifa 
BmIumb 

1  SUBUM» 

Z. 

F. 

Q. 

Z. 

F. 

iQ. 

Z. 

|F. 

IQ- 

Z. 

F. 

z. 

F. 

iQ- 

z. 

I.  0.  in.  Reihe. 

+ 



4- 

II.  Reihe. 

+ 

+ 

+ 

4- 

4- 

4- 

4- 

4 

1\.  Reihe. 

4- 

4- 

+ 

4- 

+ 

V.  Reihe. 

i 

+ 

1  + 

4- 

+1 

4- 

4- 

4- 

4- 

Ch.-t.  Xb 


Diktat 

mOndl. 
Redmen 

Kombia. 

Gedächt 

Beekim 

1  Siuniiitii 

Z.  1  F.  1  Q. 

z. 

i 

IQ- 

Z. 

F. 

Z. 

F. 

Z. 

IQ. 

Z. 

Q. 

1.  u.  III.  lieihe. 

I 

o„ 

o„ 

o. 

o„ 

o„ 

0, 

n.  lieihe.  < 

o„ 

o„ 

o 

^1 

+ 

4- 

+ 

o„ 

o. 

4- 

IV.  Reihe. 

o. 

V.  Reihe. 

1 

1 

o« 

o. 

0» 

o- 

Qi 

Anch  diese  Vp.»  deren  Ehrgeiz  ziemlich  stark  entwickelt, 
unterliegt  unter  normalen  YerhSltnissen  dem  anregenden  £infl«fi 
der  Hasse,  wie  T^b.  a  nnd  b  nachweisen.  Dagegen  begünstigt 


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über  Einsel-  und  Oesamfleitttm^  des  SehidküideB.  407 

schon  eine  knrze  Ferienerholimg  bei  dem  schwächlichen  und 
kiinklichen  Schiller  die  Bntstehiuig  einer  günstigen  Bisposition 
fOr  die  Ablenkung,  die  sonst  in  nur  ganz  minimaler  Weise  taoh 
geprügt  ist  Sein  mechanisches  Ge^htnis,  ohnehin  nicht  beson- 
ders leisinngBfähig,  wird  hierdnich  in  seiner  G.  hesonders  beein- 
trächtigt, wie  ein  Blick  aof  F.-i  II  lehrt  Die  sonst  rorhandene 
Uniformienm^tendenz  lÖBt  sich  hier  anf.  Die  Beurteilung  der 
riiantasietati^^keit  durch  die  Charakteristik  dtlrfte  nach  den  Ver- 
sachsergebnissen eine  Ungerechtigkeit  in  sieh  Bchließen.  Zeigt 
sieh  doch,  auch  trotz  des  ablenkenden  Einflnsses  der  Masse,  in 
den  Reihen  II  und  V,  daB  die  kombinatorischen  Leistungen  mit 
zu  den  besten  gehören.  Dies  ist  sowohl  aus  den  entsprechenden 
F.-t,  als  auch  aus  den  yorstehenden  Übersichten  (b)  zn  entnehmen. 
Dafi  aber  hier  beaondera  leicht  cerstrenende  Ciinwirknngen  durch 
die  Blasse  yorkommen,  heweist  Ch.*t  a. 

Die  Bedingimg  »recht  rasche  ist  im  allgemeinen  der-0.  nn- 
I^Unstig  (Ch.-t  a),  doch  shid  sie  immer  noch  den  hesten  anzurech- 
nen (Oh.-t  b).  Hitnrsaohen  sind  hier  sicher  seine  Selbständigkeit 
und  seine  Gewissenhaftigkeit  bei  Anfertigung  seuier  Aufgaben. 


XI>  Se. 

Gh.-t  XIa. 


.1  ! 

Diktat 

1  UltlBd]. 

Rechnen 

Kombln. 

Gedäcbt. 

aehriftl. 
Rechnen 

Summen 

z. 

Q. 

Z. 

F. 

|Z. 

F. 

Q. 

Z. 

i 

F. 

!q- 

Z. 

|F._ 

|z. 

Q. 

L  V.  in.  Beihe. 

-h 

+ 

4- 

-1 

+ 

C  Beihe. 

> 

4- 

tt.  Beihe. 

1 

z 



4- 

4- 

Bflflie> 

1 

1- 

-^1 

~i 

+ 

+ 

+ 

- 

Ch.-t  Xlb. 


1 

1 

1 

■ 

>  ]>iktet 

'  mündl. 
1  Eecbnen 

Eombin. 

Oedieht 

''^f^^-  Sammen 
RecbneD 

z. 

F. 

Q. 

'  7 

F. 

Q 

Z.  1  F. 

Q- 

z. 

|Q. 

Z. 

F. 

Q.  Z. 

|Q. 

I.  n.  lU.  Reihe. 

O" 

Ou 

O» 

Ou 

oj|o" 

Ou 

Ou 

II.  Reihe. 

o„ 

oj 

Ou 

+  1 

OJOu 

o^ 

O'» 

IV.  Reihe. 

+ 

+ 

+  Ou 

Ou 

o" 

-f 

+ 

o. 

oJo* 

o*' 

+ 

Y.  Beihe.  | 

1 

o. 

o. 

0°|0" 

+ 

o„ 

0" 

O^ 

|o' 

OuOuO' 

Ou 

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408 


Angwl  liayer, 


In  diesen  fast  durchweg  von  dem  Durcbschnitt  abvveielienden 
Ergebnissen  kommt  die  eigenartige  Individualität  der  Yp.  s«m 
Audniek.  Die  Erholuogsreüie  (IX)  sichert  der  G.  in  viel  pri^ 
luuitefer  Weiae  den  Vofsng  vor  to  alt  dias  unter  der  Nor- 
Bulbedingmig  geaehieht  (Tab.  «1).  ZweifeHoe  drückt  Ml  in  den 
Keenltaton  aller  Ruhen  die  Wirkung  einer  Aneifemng  dnieh  die 
Miflse  ans.  Hier  etoßen  wir  aber  aaf  beaonden  gtbiatige  Eigeb» 
niMe.  Darans  geht  herror,  dafi  bei  dieser  Yp.  sentienende  Ein- 
flüsse der  Gesamtheit  anch  zur  Zeit  der  kurzen  Erholung  nicht 
wirksam  werden  kOunun,  wie  sich  dies  bisher  gezeigt  hat.  Dafür 
dürfte  sieh  leicht  eine  Erklärung  finden:  dieser  SchUler  verhiiKiet 
mit  firrinper  Ubnnc'Sirjlhijrkpit  eine  jinßerst  zähe  Ubung'sfeFtiu'koit, 
die  gerade  zur  Zeit  der  l-^holung,  in  welcher  eine  etwaif;e  Ein- 
wirkung der  EnnUdnng  wohl  ausgeschlossen  ist,  infolge  des  in 
hohem  Maße  entwickelten  Ehrgeizes  in  der  G.  yoll  zum  Durch- 
brach gelangt  (Tab.  a  und  b).  Das  meehanisohe  Gedächtnis  läfit 
jedeeh  dne  gewisse  Sdnrarllilligkeit  nieht  Teimiaien  (Tab.  h). 
Sonst  aber  zeigt  ein  Yeigleiok  der  seidioh  liemlieli  weit  ansein- 
ander  liegenden  F.«t.  I,  n  und  VI  den  infolge  des  forüanlenden 
Unterriehts  stetig  wachsenden  Grad  7on  Obnng;  die  Fehleiziffem 
geben  znrlick. 

Noch  eine  andere  Erscheiuuüg  entspricht  durchaus  dem  eigen- 
artigen Naturell  der  Yp. : 

Die  G.  aus  dem  iiiHndlichen  Kechuen  muü,  trotzdem  sich  das 
Hechnen  eines  besonderen  Interessee  erfreut,  in  Rücksicht  auf 
Fehlerzahl  und  Qualität  hinter  der  E.  zurückstehen.  Ich  erinnere 
an  eine  in  der  Charakteristik  festgelegte  Beobachtung:  der  Schü- 
ler gehört  sn  jenen  Individuen,  die  sieh  erst  durch  eine  Periode 
des  Anarbeitens  bindnrob  zn  ibier  eigentüehen  Leistnngsfthigkeit 
erheben  mflssen.  Wie  dort  diese  Tatsache  konstatiert  ist  im  Hin- 
bliek  anf  eine  größere  Zeitspanne »  so  liSt  sich  hier  dasselbe 
eikennen  mit  Rttcksiebt  aaf  eine  eng  begrenite  Arbeitsdaaer. 
Demnach  erscheint  das  ungünstige  Hesel  tat  als  eine  Begleit- 
eracheinunp:  der  Adaptation.  Das  Diktat  ist  nicht  im  stände, 
diese  Annahme  zu  wi(ierlegen,  schon  deshalb  niclit,  weil  liier  der 
zeitliche  Faktor  nicht  in  Rechnmii:  kam.  Wurden  wir  aher  dies 
tun,  so  mtiBte  uns  hier  mit  Rücksicht  anf  Zeit  und  Qualität  die- 
selbe Erscheinung  begegnen;  denn  die  Protokolle  erklären  durch- 
weg» dafi  Se.  in  der  G.  des  Diktats  mit  am  Isngsamsten  arbeüetc 


üigiiizea  by  Google 


über  Einzel-  nnd  Gesamtlebtuug  üen  ächulklQdeg. 


409 


DieB  0agt  aiieh  aehon  dn  Hinweis  auf  die  ZeitEiffem  ftr  die  E. 
Ferner  aber  war  mUndliehefl  Beehnen  der  BeUienfolge  nach  die 
erste  Arbeit,  die  bei  ihrer  VoU^mig  rein  geistige  Funktionen 
▼erlangt  Daß  bier  in  einer  Periode  der  Adaptation  ablenkende 
Beize  in  der  Masse  einer  günstigeren  Disposition  begegnen  als  in 
der  K.,  ist  wohl  außer  allem  Zweifel. 

Dali  die  G.  aus  dem  schriftlichen  Rechnen  gegenüber  der  E. 
in  den  Beihen  TV  nnd  V  abfällt,  durfte  auf  das  Vorhandensein 
einer  »permanenten«  Ermüdung  hinweisen,  natürlich  verbanden 
mit  einer  besonderen  Neigung,  zerstreuenden  Einwirkungen  der 
Gesamtheit  naebxogeben.  Daß  diese  gerade  in  der  6.  des  schrift- 
lieben fieebnens  sam  Ansdraek  gdangt,  ist  jedenfalbi  anf  die 
Eigenart  der  Bedingungen,  infolge  weloher  gegen  Ende  der  Vei^ 
snehe  jene  EiscblaiAuig  erbObt  nnd  in  der  Hasse  besondeis  wirk- 
eam  wird,  znrttekznfilbren. 


m  Wa. 

Cb.-t  XUa. 


Diktat 

inUndl  ! 
Rechnen 

Kombin. 

Gedücht. 

Bchriftl. 
Rechnen 

Smuineu 

iZ. 

F. 

Z. 

Q. 

Z. 

Q. 

z. 

F. 

Q. 

Z. 

F. 

z. 

F. 

Q. 

L  n.  III  Reihe. 

0 

-f 

+ 

4- 

-h 

4- 

n.  Reihe. 

-f- 

+ 

4- 

+ 

+ 

4- 

+ 

4- 

4- 

rV.  Reihe. 

4- 

4- 

+ 

4- 

4- 

;4- 

4- 

4- 

T.Beihe. 

-H 

-1 

h 

+ 

+1 

1+ 

1- 

+ 

Cb.-t.  XUb. 


Diktat 

milndl. 
Rechnen 

1  1 

Kombin. 

GedScht. 

1  schriftl.  ! 
Kechuea  | 

unn 

Ii 

Z. 

F. 

Q. 

!z. 

F. 

Q.| 

z. 

F. 

z. 

F. 

Q. 

z. 

F. 

JL  D.  III.  Reihe. 

o„ 

o. 

o„ 

- 

II.  Reihe. 

1 

On 

o„ 

oJOtt 

o„ 

o'' 

IV.  Reihe. 

0 

o„ 

o„ 

Oa 

Ou:|o„ 

o° 

o„ 

o„ 

y,B«ihe. 

- 

+ 

1- 

o« 

o. 

1- 

i- 

Die  Vp.  gebdrt  mit  xn  jenen,  welobe  dnreb  ibr  Beispiel  die 
weniger  Begabten  und  Trägen  zom  Angebot  eines  grOBeren  llaBes 

geistiger  Energie  anspornen.  Das  Verhilltnis  der  G.  zn  den  mV. 
(Tab.  bj  beweist  das.   Daß  trotzdem  die  G.  den  E.  gegenüber 

Arekfr  ftr  P-iycliologi«.  X.  ^ 


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410 


Anglist  Hayer, 


vidlfach  zurücktreten,  Bcheiut  mir  dadurch  bewirkt  zu  seiu,  daß 
die  enorme  Lebhaftigkeit  des  Schülers  in  der  Gesamtheit,  häufige 
Umblicke  nach  den  Arbeitenden  und  nach  den  Beobachtern,  einw 
YoUen  Konzentntion  der  Anfinerksamkeit  «nf  die  Leistnngeii  ent* 
gegenwirken.  Nieht  ohne  Einfluß  auf  den  ohnehin  Mbon  regen 
Wetteifer  war  jedenialia  der  Umstand,  daB  aneh  diese  Yp.  mit 
den  Arbeiten  ganz  besondere  Zweoke  Terbonden  glaubte,  wodueh 
die  Lebhal^keit  In  der  Masse  mid  damit  die  Disposition  ftr  die 
Ahleiikuiig  wesentlich  erhöht  wurde.  Die  günstigsten  Resultate 
lieferten  die  Normalreihen.  Dagegen  scheinen  die  Zeit  der  Er- 
holung und  auch  die  llbrigen  Bcdinguogeu  eiu©  größere  Empfäng- 
lichkeit fUr  zerstreuende  EiaÜüsse  zu  schaffen,  was  wohl  im  Zu- 
sammenhaog  steht  mit  der  sehen  betonten  QnecksUbeniatar  der  Yp. 


Xm.  WL 

CL-t  xm«. 


Diktat  1 

Rechnen 

1  KomUn. 

Gedieht 

Bcbriftl.  1 

Rechnen  ' 

DM! 

MI 

z. 

F. 

Z. 

F. 

Z. 

F. 

Q 

Z. 

F. 

Q. 

Z. 

F. 

F. 

;L  v.  m.  Beihe. 

+» 

+ 

ILBeihe. 

+ 

4- 

+ 

+ 

IV.  Reihe. 

+ 

+ 

1 
i 

!+ 

i  . 

V.Boihe. 

+ 

1- 

GL-i  XUIb. 


Diktat  1 

mUndl. 

Kombiii. 

GedlAht 

Bchriftl. 

Rechnen 

Rechnen 

jz. 

Z. 

F. 

Q. 

Z. 

Z. 

F. 

Q.l 

Z. 

F. 

I«- 

Z. 

F. 

Q. 

K 

L  u.  m.  Reihe. 

f 

i 

o„ 

-f» 

o*» 

-f 

1  + 

+ 

n.  Reihe. 

+ 

1 

l 

o„ 

-h 

o' 

+ 

IV.  Reihe. 

+ 

o" 

"'s 

o' 

o. 

o. 

y.  Seihe. 

o„ 

Ou 

o 

+ 

+ 

+ 

qf 

Im  ganaen  leigt  Tab.  a  eine  aemlidi  Yorteilbafte  Einwirkuig 
der  Gesamtheit.  Beibe  H  and  IV  nftbem  sieh  mit  geringer  Ab* 
ändemng  dem  Dnrelisehnittsbild.  IMe  sehleobte  Stelhmg  der  Oe- 

dSobtnisleistung  in  Reihe  I  und  m  resp.  Reihe  I  war  schon  früher 

zu  erklären  veiäucht  wordeu  durch  den  Hinweis  auf  die  Waluv 


1)  An  geeigneter  Stelle  boeiti  sa  deuten  veraacht  worden. 


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über  Ehud-  und  Cteatinfleiftaiig  des  Sehnlkindes.  411 

8chemli(  hkeit,  daß  hier  unbekaimtr",  abnorme  Umstände  wirksam 
gewebeu  sein  mögen.  Dagegen  konstMtieren  wir,  daß  auch  nnter 
der  sonst  der  Massenarbeit  sehr  ungünstigen  Bedingung  »recht 
rasch«  die  G.  sich  eines  weit  vorteilha^ren  EinflaBses  erfreut, 
ala  dies  bei  den  bis  jetzt  besprochenen  Yp.  der  Fall  war.  Dieser 
ümstand,  in  YerUsdimg  mit  Tab.  welche  mit  geringer  Aus- 
nahme ehie  ElngHedening  der  G.  in  das  Variationsgebiet,  nioht 
selten  sogar  in  das  untere,  erkamen  läfit,  deutet  offrabar  auf 
einen  dnreh  die  Hasse  angeregten  Wetteifer  hin.  Trotadem  be- 
hauptet aber  die  Charakteristik,  daB  der  Ehrgeiz  wenig  entwiekelt 
und  Wetteifer  eine  seltene  Erscheinung  sei.  Wir  sehen,  daß  die- 
ses Urteil  offenbar  zu  weit  geht.  Gerade  vorliegende  Versuche 
lehren,  daß  die  sonst  rnhige  Vp.  lebhaft  mit  den  übrigen  kon- 
kurriert. Wieder  ein  Heweis  für  die  relative  Gültitrk<Mt  der  auf 
der  Beobachtung  schlechthin  fußenden  psychologischen  Skizzen. 
Diese  ungerechtfertigte  Verallgemeinerung  eines  zu  gewissen  Zei- 
ten wohl  Yorhandenen  Mangels  an  Wettbewerb  ist  eben  Teranlaßt 
dnreh  die  äußerst  ruhige  Natur  der  Vp.»  die  oft  des  geringsten 
MaBes  Ton  Lebhaftigkeit  entbehrt.  Die  Mitarbeit  im  Unterrieht 
drUekt  der  Sehllitt  nur  selten  durch  Süßere  Zeidien,  wie  bei- 
spielswdse  Handerheben  u.  a,  aus. 

BezQglfoh  des  Abweiebens  der  mUndliehen  Reehen-0.  in  Beihe 
IV  und  V  verweise  ich  auf  die  in  den  §§  9  und  10  gegebeneu 
allgemeinen  Erklärungsversuche.  Worauf  das  unfrUn8ti£r(^  Ver- 
hältnis der  schriftlichen  Rechen-Ci.  zur  E.  zurUckzutühreu  ist,  ent- 
zieht sich  unsem  Vermutungeu.  FUr  Reihe  IT  dürfte  die  Ursache 
jedenfalls  in  der  durch  die  Ferieuerholuug  bewirkten  /er>^treuung 
und  in  der  infolgedessen  Terstfirkten  Empfindlichkeit  fUr  die  Ab- 
lenkung durch  die  Hasse  zn  suchen  sein.  In  den  Beihen  I  und  ITT 
konnte  allenfalls  die  £nnttdung  wirksam  gewesen  sein;  doeh  läßt 
sich  dies  kaum  sicher  feststeUen. 

Tab.  b  seigt  mit  Rtteksieht  auf  die  QedSchtnis-O.»  daS  sich 
dieselbe  nur  in  dem  oberen  Yariationsgebiet  bewegt  und  einige- 
male  sogar  Uber  dasselbe  hinausgreift.  Dies  ist  zweifellos  der  ge- 
ringen LeistungäfUhigkeit  dcb  uieciiauischen  Gedächtnisses  überhaupt 
zuzuöehreiben  (siehe  F.-t).  Hieraus  läßt  sich  auch  einigermaßen 
begreifen,  daß  schitn  eine  au  sich  geringe  Störung  im  stände  sein 
kann,  die  Qualität  der  Leistung  so  herabzudrttcken,  wie  dies  in 
Üeihe  I  der  Fall  war. 

27* 


Digitizea  by  i^üOgle 


412 


Angiut  Mayer, 


XIV.  Wo. 


Ch.-t  XlVa. 


1 

Diktet 

.  niüudl. 
Beehneii 

Kombin. 

Gedicht. 

üehriftL  1 
RecliiMM 

& 

Z.|P. 

Z. 

F. 

Q 

F. 

Q-j 

7. 

Z. 

1.  . . 

F. 

Z. 

I.  u.  in.  Reihe. 

j-f 

+ 

II  Reihe. 

I 

\+ 

+ 

4- 

-f 

+ 

+ 

IV.  Koihe. 

-f 

-h 

Y.  Keihe.  J 

+ 

4- 

1  + 

+ 

1  + 

+ 

Ch.-t  XIV  b. 


Diktftt 


Z. 


I.  Q.  m.  Reihe, 
n.  Reihe. 
IV.  Reihe. 
V.  Reihe. 


luiindl. 
Kechnen 

F.  1 Q.  Z.  I  F.  Q. 


Kombin.  |  Gedieht 

F.  I  Q. 


Z. 


+ 


+  + 


O' 


+ 


+ 


OJO' 


Z.  I  F.^ 

4-' 


+ 


-f 


+ 

OuOoi 


o, 


scbriftl. 
Rechnen 
Z.  F. 


Ol 


+ 


SnmiDeD 


F  .  Q. 


+  +1- 

H-i  +  iO„0» 


Hier  tritt  hob  ein  Muster  vom  stnmpfer  Gleichgültigkeit  eiit> 
gegen.  Die  LeistongsfUiigkeit  des  Schttlen  ist  swftr  Im  allge- 
meinen eine  geringe»  jedoch  verdeckt  in  der  Regel  eine  fnrofatbare 
LeAaigie  sein  spXrlicfaeB  Wissen  und  EOnnen  &st  ganz.  Ick  hielt 
Ihn  auf  Grand  seiner  Sehnlleistnngen  Air  nahezu  hildnngsnnfkhig. 
Daß  trotzdem  seine  Leistungsfähigkeit  ein  weiteres  Gebiet  be- 
jxreift  als  inun  aunalim,  das  beweisen  die  Versuche.  In  allen 
licihen,  teilweise  sopr.ar  auch  in  der  letzten,  zeigrcn  mh  infolge 
der  Einwirkung  der  Masöe  weit  günstigere  Kesultate  als  in  der 
Abgeschlossenheit.  Auf  ihn  scheint  demnach  die  Größe  der  Ge- 
samtheit ganz  entschieden  von  Einfluß  zu  sein,  was  bei  dieser 
phlegmatischen  Natur  leicht  begreiflich  ist  Der  ohnehin  sehen 
bestehende,  doreh  mangelhaftes  Wissen  ond  EOnnen  genXhits 
Hang  snr  Untätigkeit  kann  sich  in  euier  grttfieien  Masse,  wie  in 
ansem  Elassen,  wohl  siemlich  entfidten,  zumal  noch  in  einem 
Sohaloiganismas,  der  die  alleränßersten  Extienie  Ton  Tsleaten  In 
sich  schließt  Der  Einzelne  hat  hier  eben  mehr  Gelegenheit)  sich 
der  AuiiiiL-rksamkeit  des  Lehrers  zu  eutziebeu.  Dazu  kommt  noch 
ein  anderes  Moment,  die  Entmutigung. 

Die  geringe  LeistnncsfäUigkeit  dieser  Vp.  findet  ihren  prSg- 
nanteatcn  Ausdruck  in  der  G.  des  schriftlichen  Rechnens  (Tab.  a 


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über  Eiasel-  onU  GesamtleMtiu^  des  SchulkindM.  413 

irad  b).  Hier  scheint  die  Masse  mehr  bindertioh  als  förderlich  zu 
wirken.  Nicht  an  wahrscheinlich  ist  auch,  daß  eben  am  Schluß 
der  Leintungeu  infolge  von  Eniiudiinp^  und  wachsender  Interesse- 
losigkeit einer  zerstreuenden  Einwirkung  der  Gesamtheit  die  Bahn 
geebnet  worden  war  Darauf  ^  erweisen  die  verhältnismäüig  gün- 
stigen Resultate  im  mündlichen  Rechnen.  Hier  erreichen  jedoch 
die  Ergebnisse  ebenfalls  vielfach  nicht  die  Mittelmäßigkeit,  wie 
T»b.  b  dartat  Auf  jeden  Fall  kommen  hier  alle  die  Tersohiede^ 
neu  soebeii  hervorgehobenen  Momente  in  Betracht 

Von  der  sehr  Hrmliehen  Phantasietätigkett  zengt  Täb.  b.  Die 
kombinatorlBehen  Geaamtarbeiten  stehen  trotz  des  teilweise,  nament- 
Ueh  unter  normalen  Bedingungen  filrderliehen  Einflusses  der  Masse 
meist  ziemlich  weit  hinter  dem  Dnrehschnitt  zurück. 

Leistungsfähiger,  daher  wohl  auch  der  Ablenkung  relativ  weni- 
ger günstig  und  flir  die  Aneifernng  durch  die  Gesamtheit  zugäng- 
licher ist  das  meehaiiische  (redächtnis.  Dies  ersehen  wir  sowohl 
aas  Tab.  a,  als  namentlich  auch  aus  Ubersicht  b. 

\\  ir  sind  am  Ende  uiisrer  Deutungsversuche.    Wenn  auch  nicht 
alle  Erscheinungen  einer  Erklärung  zugänglich  waren,  so  haben 
sich  doch  unsere  Versuchsergebnisse  im  allgemeinen  bestätigt: 
»Die  Massenarbeit  ist  der  Leistnng  unter  normalen 

Bedingungen  fOrderlieher  als  die  Abgeschlossenheit«. 

Daneben  sind  wir,  was  wohl  auch  von  einer  nicht  sa  nnter- 

schätzenden  Bedentang  ist,  anf  die  Notwendigkeit  einer  experi- 
mentellen Untersuchung  so  mancher  Fragen  verwiesen  worden, 
über  welche  unsre  »leider  noch  moderne«  Pädasros-ik  im  Gefühl 
des  \  ollbesitze8  der  anwandelbaren  Wahrheit  bereits  die  Akten 
geschlossen  hat.  Es  soll  damit  —  ich  wiederhole  es  —  durchaas 
nicht  geleugnet  werden,  daß  sich  auch  in  ihr  Kerne  von  entschie» 
dener  Brauchbarkeit  und  Richtigkeit  finden.  Aber  allen  ihren  Er- 
wSgnngen  fehlt  die  wirksame  Stütze  dareh  das  Experiment 

§  12.  Praktisehe  VolgemgeB. 

Es  ist  selbstverstiadUch,  daB  sieh  ans  einer  experimentellen 

Untersuchang  unseres  Problems  auch  Fingerzeige  fbr  die  Schulpraxis 
entnehmen  lassen.  Freilich  dürfen  wir  in  Bezug  auf  die  Masse  der 
praktischen  Folgerungen  unsere  Erwartnuircn  nicht  zu  hoch  spannen. 
Allein  wer  mitarbeitet  an  der  Grandieguug  eines  Baues,  weiß,  daß 


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August  Mayer, 


hierbei  rnttheToHe  Arbeit  Ton  TerhSltnismftfiig  gcriDgem  Erfolg  be- 
gleitet ist   Zndon  wurde  mit  dieser  üntersiieliaDg  ein  bis  jelit 

nnbearbeitet  gebliebenes  Gebiet  in  Angrift  genommen.  Daher  kommt 
ihr  in  erster  Linie  nur  ein  allgemein  orieuticrender  Charakter  zu; 
die  Detaillierung  muß  splitern  Arbeiten  vorbehalten  bleiben. 

Zuniirhst  könnte  mir  eingewendet  werden,  es  sei  unzulässig, 
anf  Grund  dieser  Versuche  irgend  welche  Schlüsse  im  Hinblick 
auf  den  Schulunterricht  zu  ziehen,  da  der  sogenannte  direkte 
Unterricht  sich  wesentlich  von  der  stillen  Beschftftigimg  unter' 
scheide.  Der  üntersehied  ist  jedoeh  der  Hanptsaohe  nach  nor  ein 
quantitativer:  der  direkte  Unterricht  stellt  kleinere  Angaben  in 
Form  yon  Fragen.  Ihre  Beantwortnng  erfordert  Ton  seiten  der 
Schüler  selbstSndige  geistige  Arbeit  Die  stiUe  Besehttftigung  hin- 
gegen legt  größere  Arbeiten  vor  und  verlangt  deren  Erledigung. 
Aueii  hier  ömd  die  einzelnen  Individuen  auf  sich  selbst  angewiesen. 
Beide  Unterricht sarten  unterscheiden  sich  nur  intiutern,  als  die 
direkte  Methode  eine  ^Tößere  Aufgabe  in  eine  Menge  kleiner  zer- 
legt und  in  logischer  Folge  deren  Lösung  verlangt,  der  indirekte 
Unterricht  hingegen  —  soweit  er  ihr  unsre  Untersncfanngen  eben 
in  Betracht  Itommt  —  vereinigt  eine  Mehrheit  von  kleinem  Auf- 
gaben zn  einem  Ganzen ,  welches  dann  dnreh  das  Individanm 
wieder  in  seine  Teile  zerlegt  wird.  Schliefilich  ist  die  stiUe  Be- 
sehiftignng  nichts  anderes  als  eine  h(there  Stofe  des  Untetrichts 
ttherhanpt  and  in  gewissem  Sume  dessen  Ziel.  Sie  setzt  eist 
dann  ehi,  wenn  der  Stoff  dnreh  düekte  Unterweisung  bereits  ge- 
nügend verarbeitet  ist,  und  bildet  eine  Zusammenfassung  des  Ge- 
wonnenen, bezw.  eine  nahelit  ircnde  Anwendung  desselben. 

Nach  alledem  dürltc  es  wohl  zu  rechtfertigen  sein,  wenn  wir 
nnsere  Ergebnisse,  bezw.  unsere  Folgerungen  auf  den  Unterricht 
überhaupt  ausdehnen.  Doch  sei  bemerkt,  daß  sich  alle  nach- 
stehenden Forderungen  nur  beziehen  können  auf  die  von  nns  be- 
rücksichtigten Gebiete  und  Bedingungen. 

IJ  Unsere  Resoltate  sichern  nnter  normalen  Bedingirag^  der 
Qt.  vor  der  £.  den  Vorzug  and  erhiliten  dadurch  die  Foidemng: 
»nicht  Einzel-,  sondern  Masaenanteiricht«;  denn  letzlerer  regt  den 
Wetteifer  und  damit  die  Leiitiuigsfllhlgkelt  der  emzelnen  Indivi- 
duen intensiver  an  als  der  Einzelunterricht  Hierdurch  wird  zugleich 
der  Wert  der  Hofoieistererziehnng  und  des  -Unterrichts  als  ein  nur 
relativer  erkannt  Es  kann  hiermit  selbstverständlich  nicht  in  Abrede 


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über  Eiuzel-  und  Gesamtleistung  des  Schulkindes.  415 

gesteUt  Behl,  daß  unter  ganz  besonderen  Verhiltaissen  der  Einzel- 
vnlemcbt  oft  zni  onbedxngten  Fordemng  werden  mnfi.  Ebensowenig 
soll  geleugnet  werden,  daß  dem  Einzelnntemcbti  namenffieb  im 
Hinbliok  anf  die  HOgUobkeit  einer  weitgehendsten  IndiTidnaliBierong, 
auch  wieder  nnrerkennbare  VorzHge  zuzusprechen  sind. 

2)  Eine  allzu  starke  Anre^^uu^^  des  Ehrgeizes  durch  Ubermäliige 
Betonang  des  zeitlichen  Moments  ist  zu  vermeiden.  Dagegen  liegt  es 
im  Interesse  eines  guten  Erfo)«?^,  die  Leistimiren  der  rTesauitheit  unter 
der  Normaibedingung  > rasch  und  schöne  sich  abwickein  zu  lassen. 

3)  Es  wäre  vollständig  yerfelilt,  wollte  man  eine  eingehende 
Teilung  der  Schüler  nach  Begabung  vomehmen.  Die  besser  Ter- 
anlagten  sind  für  die  Sehwäoberen  ein  mäobtiger  Sporn,  die  gfdßt- 
mOgUebste  Ent&ltnng  ibrer  LeSstungafltbigkeit  annstreben.  Sie 
bilden  gleiebsam  mit  einen  Ersiebungsfaktor,  ebne  jedoeb  selbst 
TOB  dem  günstigen  EinflnB  der  Qesamtiieit  nnberQbrt  zu  bleiben. 
Im  Gegenteil,  es  scheinen  sieb  diese  Ftlbrer  wieder  nntereinander 
in  einen  Wettbewerb  einzulassen. 

La  iöt  jedoch  durchaus  nicht  meine  Absieht,  die  Vorteile  einer 
in  angemessenen  (rrenzen  sich  haltenden  KlasBitizieruug  der  Schiller 
in  Abrede  lh  stellen.  Ich  erkenne  vollständig  die  Notwendigkeit 
an,  daß  jene,  welche  sich  nahe  an  der  Grenze  der  Bildungs- 
unfUhigkeit  bewegen,  in  ihrem  eigenen  Interesse  in  besonderen 
Klassen  —  Hil&schulen  —  vereinigt  werden. 

Hierron  natersebeide  idh  sebarf  jene  Sebnlorganismen,  die 
solebe  Individnen  nmlassen,  welebe  infolge  Unfleifies  oder  litpgerer 
Ejmnkbeit  nnd  deigleiehen  in  ibrer  Entwicklung  znrttckgeblieben 
sind.  Hier  baben  wir  es  weniger  mit  ^nem  geistigen  Defekt  wa 
tut  Lebtziel  nnd  Methode  werden  sieb  daher  mehr  jenen  der 
Normalklassen  anbequemen.  Es  ibt  hitsr  nicht  der  Ort,  auf  eine 
nähere  Vergleichung  zwischen  beiden  Einrichtungen,  sowie  auf 
ihre  Zwer-kinaBigkcit  bezw,  Notwendigkeit  weiter  einzugehen. 

Wollte  man  eine  noch  weiter  gehende  Teilung  der  Schiller 
Tomehmen,  so  könnte  man  allenfalls  fUr  eine  solche  noch  die  Go- 
sicbtsponkte  »hervorragende  nnd  sehr  gute«,  »gute  nnd  mittelmäßige 
Begabung«,  also  eine  Scheidung  in  2  Gruppen,  gelten  lassen.  Aber 
dner  Klassifimening  in  dem  Sinne^  daß  alle  ScbtUer  mit  gleicbw 
Begabnngsnote  einer  nnd  derselben  Klasse  angewiesen  werden, 
stehen  außer  der  BelatiTitftt  der  bierdnreb  zum  Ansdrnek  kommenr 
den  Beortdfaing  der  Letstongsfähigkeit  des  Individnuns  noeh  andere 


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416  ÄuguBt  Mayer,  Ober  EiiiMl*  nnd  GesamtleiBtuiig  des  SebnlkiBdM. 

gewichtige  Bedenken  gegenttber.  SelbstrerstUndlich  können  sieb 
meine  Darlegungen  nieht  in  enehüpfender  Weise  Uber  die  Gründe 
Terbreiten,  die  gegen  eine  derartige  pttdagogiBoke  Hafinahme 
sprechen.  Ich  yerwdse  hierauf  nnr  insoweit,  als  diese  Materie 
mit  meinem  Problem  sich  bertthrt  Im  Übrigen  halte  ich  den  ex- 
perimentellen Nachweis  Uber  den  Wert  oder  Unwert  dner  solchen 
Klassifiziernni::  schon  deshalb  nicht  fllr  nnwichti)?,  weil  gerade  in 
nenerer  Zeit  in  pädafroj^^ischen  Krcii^en  die  Forderuuf;  einer  ein- 
gehenden Sondierung'  der  Individuen  nach  Begabung  auftaucht. 

4)  Da  die  stille  Heschäftijrnnf]:  in  der  Gesamtheit  vor  jeuer  iu 
der  Abgeschlossenheit  den  Vorzog  verdient^  so  ist  damit  zugleich 
auf  den  geringeren  Wert  der  Hausaufgaben  gegenüber  den  Schul- 
arbeiten Tcrwiesen.  Freilich  fallen  bei  jener  noch  eine  Menge 
anderer  Umstände  in  die  Wagsohale.  Behlttsse  auf  die  Bedeutung 
der  hänsliehen  Beschäftignng  Überhaupt  zu  stehen,  müssen  wir 
daher  einer  eigenen  Untersuchung  Überlassen. 

5)  Bas  in  den  Schalen  bestehende  Zensnrwesen  ist  nicht  daan 
angetan,  der  Individnalitöt  des  Einzelnen  auch  nnr  annähernd 
gerecht  zu  werden.  Die  Anlage  von  Charakteristiken,  welche 
objektive  Gültigkeit  beanspruchen,  muß  erfolgen  auf  Grund  ex- 
perimentellen Materials.  Namentlich  dUrfcn  wir  den  Wert  der  so- 
genannten Fähigkeitsziffern  stark  anzweifeln.  Sie  sind  nicht  dazu 
beschaffen,  die  vielseitige  Individualität  zn  kennzeichnen.  An 
Stelle  solcher  Benotungen  tritt  mit  viel  mehr  Recht  eine  ein- 
gehende C9iarakteristik  bezw.  wichtige  Auszüge  hieraus. 

Schluls. 

Viele  der  soeben  gestellten  Forderungen  sind  freilich  auch 
schon  yorher  betont  worden  auf  Gmnd  Yon  Beobachtnngen  sehleeht- 
hin.  Das  aber  spritzt  nicht  gegen  meine  Arbeit  Und  wenn  ich 
hierdurch  nur  eine  festere  Begründung  früher  schon  rertretener 
Ansichten  und  Forderungen  erreicht  und  zu  einer  weiteren  Be- 
arbeitung des  vorliegenden  Gebietes  angeregt  hätte,  dürfte  das  nicht 
genügen?  Wäre  doch  weuignitenB  den  von  Vorurteilen  Eingenom- 
menen wiederholt  bewiesen,  daß  die  experimentelle  Fädagojrik 
weder  Unmögliches  versucht,  nocli  die  Errungenschaften  fnihereu 
Beobaciitcns  und  Denkens  zu  widerlegen  beabsichtigt  oder  daran 
mit  Geringschätzung  und  Neuemngssacht  Torbeieilen  möchte. 


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Untersuchungen  zur  Ökonomie  und  Technik 

des  Lerneiis. 

Ton 

Christo  Fentschew. 

(AuB  dem  Peyctiologischen  Lnboratoriom  der  Universität  Ztkrich, 
herauflgegebeu  von  E.  Meamann.) 

Mit  U  Figuren  im  Text. 


Einleitang. 

§  1- 

Unsere  Untersuchungen  über  die  Ökonomie  und  Technik 
des  Lernens  schließen  sich  eng  an  die  Abhandlang  von  Steffens 
an:  Experimentelle  Beiträge  znr  Lehre  yom  ttlLonomischen  Lernen. 
Zeitsehr.  f.  Psyeb.  d.  8.  Bd.  XXH.  Fast  alle  Menaehen  pflegen 
flieh  einen  MemorientoiF  in  der  Wdfle  anzaeignen,  daß  sie  ihn  In 
kldneie  Abflolinitte  lerlegen,  die  snnftchat  isoliert  nnd  dann  als 
»Ganze«  erlernt  werden.  Dagegen  fittlt  fast  niemandem  ein,  das 
m  erlernende  Stück  fein  Oedicht  oder  eine  SUbenreihe)  in  der 
Weise  sich  auzueigncii,  du  Ii  er  dasselbe  unuDtcrbrocheu  im  irauzciK 
80  lange  durchliest,  bis  ihm  da^  freie  Hersagen  vollkommen  ge- 
ling: —  Steffens  fragte  sieh  nun  nach  dem  Grunde  und  der  Be- 
rechtigung dieses  Verhaltens.  In  erster  Linie  gibt  sie  uns  eine 
»ehr  eingehende  Beschieibimg  der  verschiedenen  Modifikationen  der 
gewdhnUohen  Lemweise  und  steUt  zugleich  iesti  ans  welchen  Mo- 
tiyen  man  im  gewöhnlichen  Leben  so  verfährt.  —  Aus  den  sieben 
angestellten  Yersnehsteihen  ergab  sich,  daß  jede  Vp.  stllckweise 
lernte  nnd  hierbei  die  ernten  Zeilen  hänflger  wiederholte  als  die 
letxten;  ftr  die  sehwierigeren  Zeilen  wurden  mehrere  l¥iedei^ 
holnngen  Terwendet  Nnn  hat  Steffens  nntersneht,  »ob  die  ge- 
wöhnliche Lemweise  wirküch,  wie  man  zu  vermuten  pflegt,  all- 
gemeiu  ökonomibcher  ^d.  h.  mit  dem  kürzeren  ZciUiufwaudc  zum 
Ziele  ftlhrend)  ist  als  die  Erlernung  »im  ganzen«.  Das  stückweise 
vor  sieb  gehende  Verfahren,  das  mit  dem  Lernen  »im  ganzen« 
vergiichcQ  werden  solltCi  war  von  zweifacher  Art:  1)  Einmal  wurde 

ArUt  Ar  t$Mtikolo^  h  ^ 


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418 


CliriAto  Pentiehew, 


der  Vp  Ulit  rlasscn,  ad  libitum  dasjenige  Verfahren  anzuwenden, 
mit  welchem  sie  schuellcr  zom  Ziele  zu  kommen  glaubte.  2  Ein 
andermal  aber  mußte  die  Vp.  bestimmte  Vorschriften  Uber  die  Größe 
der  Teile  befolgen.  —  Es  ergab  sich,  »daß  das  Lernen  im  ganzen 
in  kttnerer  Zeit  zum  Ziele  (füut  als  ein  stilekweifle  vor  sich  gehen- 
dm  Lernen,  mag  diei  nun  in  seiner  nAheren  Gestaltnog  dem  Gnt- 
dUnken  der  Vp.  ttberlasBen  sein  oder  bestimmten  Vorachriften  ge- 
horchen«. —  Femer  snoht  Steffens  im  dritten  Kapitel  ihrer 
Abhandlung  die  Vorsflge  des  Lernens  >im  ganzen«  vor  dem  sttlek- 
weisen  nlh^  zn  bestimmen. 

§  ^* 

Ganz  besonders  anflfollend  ist  dabei  die  Art  nnd  Weise ,  wie 
L.  Steffens  den  Begriff  des  Ökonomischen  Lernens  beschrftnki  Sie 

bemerkt  anf  S.  335  ansdrUcklich,  dass  sie  nnter  dem  Ökonomisehen 
Lernverlahren  dasjenif^e  verstehe,  welches  in  der  kürzeren  Zeit 
(mit  dem  geringereu  Zeitaufwande)  zum  Ziele  ftlhre*).  Bei  ihrer 
Untersnchnnp:  kam  also  der  Arbeits-  oder  Kraltaufwand  weniger 
oder  gar  nicht  in  Betracht.  Femer  hat  sie  sich  auch  nicht  damit 
beschäftigt,  zn  erfahren)  nach  welchem  Verfahren  das  zn  erlernende 
Stück  [Strophe  oder  Silbenreihe)  fester  nnd  dauernder  im  Ge- 
dächtnis eingeprägt  wird.  Aber  wie  man  sieht »  kann  man  die 
Frage  Uber  die  Ökonomie  des  Lernens  von  drei  toto  genere 
verscliiedenen  Gesichtspunkten  prüfen,  nMmlieh  m  Bezog  anf: 

1)  den  Zeitaufwand  des  Erlernens  nnd  Wiedererlernens, 

2}  den  Arbeitsanfwand,  nnd 

3)  die  D.auer  und  Treue  des  Behaltens. 
>Inr  bei  BerUcksichtiiriiii^  aller  drei  Faktoren  ersehüpit  mau  den 
Begriff  der  Ökonomie  eines  Lern  Verfahrens.  Der  Umstand  femer, 
daß  Steffens  ihre  Versuche  fast  nur  an  Erwachsenen  ang:e9teUt 
hatte,  veranlaüte  uns,  die  Versuche  uu  Kindern  mit  gröBereni  Nach- 
dnick  zn  betreiben.  Wohl  hatte  Steffens  zwei  Versuchsreihen 
mit  einem  10jährigen  Mädchen  nnd  einem  9jährigen  Knaben  aus- 
geftthrt  Dabei  aber  fielen  die  Differenzen  ftür  beide  Leniweiflen 
an  klein  ans,  als  daB  eine  Veigleichnng  zwischen  den  ResnltatoD 
Yon  Erwachsenen  nnd  deiyenigen  yon  Ejndem  nenes  gebiacht  hätte. 
Unsere  Absicht  war  daher,  festznstellen: 

1)  Die  Möglichkeit  eiwr  Arb)Mt8iikonomie  und  die  Berückaichtigung  des 
dauernden  Behaltene  werden  aar  nebenbei  erwähnt  a.  a.  0.  8. 335  a. 


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Uatennehiuigeii  zur  Ökonomie  und  Teebvk  des  Lernena.  419 

1)  ob  das  Lernen  >im  ganzen«  thatsflchlioh  dasjenige  Verfiihren 
Bd,  welehea  mit  geringerem  Aufwände  an  Arbeit  nnd  Zeit 
cum  Ziele  ftbre; 

2)  ob  OB  aneh  binsiehflieli  des  Bebaltens  günstiger  sei  als 
das  fraktionierende  Lemverfabren;  nnd 

3)  welches  die  psycholo^schcn  Ursachen  der  größten  möglichen 
Ökonomie  eiues  Leruverfahrcuß  ücicn. 

Unsere  Untersnchnngen  ergaben  anch  manche  unbeabniobtij^, 
aber  wertvolle  Erscheinungen,  die  wir  im  Lanle  der  DaräteUoiig 
nicht  unerwähnt  lassen  wollen. 

I.  Kapitel.  Metbede  der  Untersnebiuig. 

§  3.  Die  Versnebstechnik. 

1)  Um  festzQStellen,  ob  das  Lernen  im  ganzen  anch  in  Bezug 
anf  das  Behalten  ökonomischer  ist,  wnrde  neben  der  von  Steffens 
berttcksiehtigten  Erlernbarkeit  noch  die  Wiedererlernbarkeit  in 
Betracht  gezogen.  —  In  dieser  Untersnobnng  wnrde  also  1)  die 
absolnte  Anzahl  der  Wiederholnngen^)  bei  der  Erlemnng 
des  g^benen  Stoffes,  2)  die  Zeitdauer  derselben  berlleksichtigt 
—  Da  wir  nun  noch  manohe  andre  Eigentttmlichkeiten  des  Gedieht- 
nisses  aller  Vp.  zu  beobachten  wünschten,  haben  wir  das  Verfahren 
eingeschlagen,  daü  jede  Versuchsreihe  mit  siiiulosem  M;iteii;il 
heirinuen  und  mit  siuu vollem  endigen  HoUtc.  -  ■  Selbötver8t<uidlich 
wurde  bei  nnsem  Versnchcu  die  Erlernungsmethode  angewendet. 
Die  sinnlosen  vSilbenreihen  waren  nach  der  Art  und  Weise,  wie 
sie  zuerst  von  Ebbinghaus^)  konstruiert  und  nachher  von  G.  E. 
Mttller  etwas  modifiziert  wurden,  aufgebaut.  —  Während  der 
ganzen  Dauer  der  Untersuchung  mit  sinnlosem  Material  kamen  in 
Anwendung:  8-»  10-,  12-,  15-,  16-,  18-  nnd  24BUbige  Beihen,  die, 
soweit  sie  aus  8,  10  und  12  Silben  bestanden,  yersehärft*] 
normal  waren.  Eine  8-  oder  lOsilbtge  Beihe  bestand  daher  ans  den 
ersten  8  oder  10  Silben  einer  normalsilbigen  Beihe  Ton  12  Silben. 

11  Unter  der  abBolnten  AnoliI  der  Wiederfaolimgeii  wird  in  dieser  Ab- 
handlung stets  diejenige  Anzahl  veri^tanden,  welche  für  die  Länge  einer 

Silbenreihe  oder  Strophe  nnf^  pnclifr  i?f,  um  fH?  «»  Ihf^  fehlerfrei  lepiodtlsiereB 
KU  können,  wobei  aber  das  ilersagen  nicht  niir^cziililt  wird. 

2)  Ebbinghaus,  über  das  Gedächtnis.   Leipzig  188Ö,  S.  ^f. 

8)  Q.  E.  Mttller  und  F.  Sohnmann,  Experinenteile  Beitiige  mr Unter- 
sadimig  des  Oedllehtnisies.  Leipsig  1896,  8. 96. 

28» 

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420 


Chritto  Pentteliew, 


Beim  Anfban  der  16-,  16-,  18-  und  248ilhigeD  Reihen  wnrden  noch 
die  Vokallante:  ee,  oo,  ie,  oi  und  4  findkonsonanten:  b,  d,  w 
eingefthrt  Anf  dieae  Weise  waren  Btaiftiche  Anfaagskonsonanteo, 
VokaUante  vnd  Endkonsonanten  ^er  16-  leep.  lönibigen  Seihe 
gans  Toncbieden ;  die  letalen  8  Silben  einer  24  silbigen  Reihe  waren  in 
sich  normal  ;  dagegen  kam  ein  Anfangs-  vnd  ein  Endkonsonant, 
sowie  ein  \'okallaut  bei  einer  18  silbigen  Reihe  dreimal  vor. 

1)  Als  Anfangskon soiuinten  dienten  also:      d,  f,  g,  h,  j,  k,  1, 
m,  n,  p,  r,  8,  t,  w  «nd  z; 

2)  alä  VokaUante:  a,  o,  e,  i,  u,  ä,     U,  an,  en,  ei,  aa,  ee,  oo, 
ie  nnd  oi; 

3)  nnd  als,  Endkonsonanten:  b,  d,  f,  g,  ch,  ach,  k,  1,      n,  p, 

r,  S|  t,  W  nnd  7. 

Die  in  dieser  Weise  konstruierten  Silben  waren  ea.  2&60  an 
der  Zahl.  Anf  Gmnd  der  zn  Protokoll  gegebenen  Bemerkoqgeii 
ist  herroranheben,  daß  die  Einftlunng  der  neuen  VokaUante  kdoe 
Erldchternng  berettete,  wie  anfangs  erwartet  wurde,  eher  wurde 
das  Yoikommen  UaogShnficher  Vokale  oder  Konsonanten  in  einer 
Reihe  erschwerend  empfiinden.  Jedoch  haben  selbst  so  klangähn- 
liebe  Vokalliiute  wie  eu  und  oi  nur  sehr  selten  Anlaß  zu  Yer- 
wechslnnfTcn  gegeben, 

2)  Es  wurde  datllr  Sorge  getragen,  daß  jede  Succession  von 
Silben,  die  ihren  optischen  liildem  oder  ihren  Klangfarben  nach 
älmlich  waren,  vermieden  war.  Außerdem  wnrden  die  Silben  auf 
einer  Tafel  Ubersichtlich  anfgeschrieben  nnd  daranfliiu  kontrolliert, 
daß  eine  nnd  dieselbe  Silbe  nur  einmal  während  20  Tagen  er- 
schien. Dabei  schloß  sieh  der  Anfban  einer  15-,  16-,  18-  oder  24- 
silbigen  Reihe  eng  an  die  von  HttUer  nnd  Sehnmann  ange- 
stellten Vorschriften  ftlr  dne  normal silbige  ZwOlfrdhe  an  <).  Kadii 
jedem  Versnobe  wurden  sowohl  die  schw^  merkbaren  Silben  als 
auch  die  etwaigen  assoziativen  Hilfen  zn  Protokoll  genommen,  nm 
sie  beim  Anfban  nener  Reihen  tunlichst  berücksichtigen  zu  können. 
Gleich  schwierige  und  gleich  leichte  Silbenreihen  zu  bilden  war 
trotz  aller  Mühe  fast  umuöglich;  ja  sogar  eine  und  dieselbe 
Silbenreihe  war  ftlr  verschiedene  Vp.  ganz  verschieden 
schwierig.  Hinsichtlich  der  Bildung  versehiedenartiger  Hilfsassozia- 
tionen, deren  Entstehung  M.  K.  Smith  sekr  ansfhhrüch  beschrieben 


1)  MttUer  und  Sehnmann  a.  a.  0.,  8. 18— M. 


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ünterBachiuigeD  aar  Ökonomie  imd  Todmik  dee  LMnens.  421 

bat'),  muß  »üßdrUeklicli  bemerkt  worden,  dass  sie  bei  Erwach- 
senen nicht  vermieden  werden  konnten;  dagegen  bildeten 
die  Kinder  in  der  Regel  keine  Assoziationen.  Näheres  über 
die  Art  der  gebildeten  Assoziationen  wird  später  nach  jeder  Yer- 
snebsreihe  angegeben. 

Da  wSliiend  der  ganzen  Daner  der  Untersnchnng  mit  sinnlosem 
Material  yersduedene  BeihenlSngen  In  Anwendnng  kamen,  so  mnfito 
aneh  die  Anfertigung  der  rapierstreifen  nicht  planlos  geschehen, 
die  Elemente  einer  ISsilhigen  Reihe,  die  als  Grundlage  aller  Reihen- 
längeu  diente,  wurden  auf  liniicrte  Papierstreifen  gesehrieben,  die 
51  cm  lang  und  20  cm  breit  waren.  Zwischen  der  Aiitangs-  und  End- 
silbe befand  sieb  ein  leerer  Raum,  der  zwei  Silben  entsprach.  Der 
Abstand  zwischen  zwei  Silben  betrnir  H  cm;  der Silbcnranm  0,5  cm. 
Entsprechend  einer  12sUbigeu  Kcihe  wurden  die  Papierstreifen  der 
übrigen  Reihenlttngen  angefertigt.  Die  SUbenreihen  wurden  nach 
dem  Verfahren  von  G.  E.  Müller  mittels  einer  mit  konstinter  Ge- 
■ehwindie^eit  rotierenden  Trommel  den  Vp.  TOigefUhrt').  Eine 
reiinderto  EmriGhtuig  yerwandten  wir  bei  den  T-Beihen,  vgl  nnten. 
Die  Gesehwindigkeit  wnide  fttr  ehie  12sillnge  Reihe  seUieBlich  auf 
10  Seknnden  per  Umdrehung  festgesetzt  Dementsprechend  war 
die  ümlanfsgeschwindigkeit  der  andern  Beihenlängen  dne  solehe, 
daB  die  Expositionsdauer  immer  die  nämliche  blieb;  je  mehr  Silben 
also  eine  Reihe  enthielt,  desto  kleiner  mußte  die  Kutatiou8ge8(*hwiüdig- 
keit  sein;  eine  Ausnahme  bildeten  nnr  die  8>  and  lOsübigen  Reihen, 
die  nnr  von  Kindern  erlernt  wurden. 

3)  Die  Art  und  Weise,  wie  die  SilbenreLhcn  nnsern  Vp.  vor- 
geführt wnrden,  war  eine  andre,  als  bei  L.  Stoff ens*).  Bei  ihr 
geaehah  dies  in  folgender  Weise :  »Die  beiden  Hälften  jeder  Silben- 
reihe  (sowohl  jeder  &-R6ihe  als  auch  jeder  G-Reihe)  waren  anf 
dner  Trommel  vom  geeigneten  Durchmesser  nebeneinander  ange- 
bracht, so  daft  wShrend  der  einen  Rotation  der  lYommel  die  eine 
S^Uile  gelesen  werden  konnte  nnd  wShrend  der  niehsten  oder 
irgend  einer  anderen  Rotation  die  andere.« . . .  »Bei  den  G-Reihen 
wurde  der  Schirm  natürlich  nach  jeder  einmaligen  Lesnng 
vor  die  andere  geschoben,  bis  die  Reihe  hergesagt  war. 

1)  Margaret  Keiver  Smith,  Rbythmas  und  Arbeit  Züricher  Diatort 
Leipsig  1900,  8. 880  o.  860-968. 

2}  Vgl.  Müller  and  Sohnmann  a.  a.  0.,  8.9—10. 
a)  Vgl  L.  Steffens  a.  a.  0.,  8.361  f. 


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422 


Christo  Penta«bew, 


Bei  deu  S-Kcilieu  hingegen  wurde  der  Schirm  nach  Beendiguug 
der  isolierten  Wiederholangen  der  ersten  Reihenhälftc  nach  rechts 
und  daim  nnrh  Beendigang  der  isolierten  Wiederholungen  der 
zweiten  Hälfte  naeh  links  gerückt  und  hierauf  in  entsprechender 
Weise  hin  nnd  her  gesehobenp)  wie  bei  den  G-Reihen,  Ins  die 
Reihe  als  ganze  heigesagt  werden  konnte.« 

Um  den  EinflnB  der  absolnten  Stelle ,  welche  eine  Silbe  der 
S-Rdhe  anf  der  Trommel  einnahm,  aneh  ftr  eine  GK-Reihe  yon 
gleicher  Bedeutung  zn  machen,  hat  Steffens  ebenso  eine  Gr-Reihe 
in  zwei  Hälften  zerlegt  und  in  der  Weij^o  erlernen  lassen,  daß  sie 
den  Beliiriu  beständig  nach  jeder  eininnliiren  Lesnng  einer 
Reilienliälfte  vor  die  andere  schob,  bis  die  •riinze  (i-iJeilie  hergeaai^ 
war.  Sie  glaubte  dadurch  die  Differenzen  der  beiden  Lernverfahreu 
gleichmäBiger  erhalten  zn  haben.  Schon  im  Anfang  unserer  Ver- 
suche  hatten  wir  die  Vermutung,  daß  mit  der  Schiebnng  des 
Schirmes  nach  jedem  einmaligen  Durchlesen  einer  Reihen- 
hilfte  der  6-Reihe  eine  neue  Quelle  von  Fehlern  verbunden 
sei.  Bevor  die  eigentlichen  Versuche  begonnen  wurden,  stellte 
ich  mir  daher  die  An%abe,  zu  erfahren,  ob  die  betri&chdiehen 
Differenzen  zwischen  einer  in  zwei  H&lften  erlernten  nnd  einer 
ungeteilten  6-Reihe  einzig  and  allein  dem  Einfluß  d»  ab- 
Boluteu  Stelle  zu  verduukeu  seien. 

Die  Vp.  Per.  (stud.  phil.)  hatte  tüglieh  zweimal  zwidföilbige  G- 
Reihen  answendig  zu  lernen.  Auf  der  Trommel  wurden  znnUchst 
drei  Keilien  nebeneinander  angebraelit.  Die  ersten  zwei  lieilien 
bildeten  die  erste  und  zweite  Hälfte  einer  G-Beihe,  von  denen  jede 
zweimal  hintereinander  geschrieben  war  —  und  die  nebenstehende 
Reihe  war  die  nttmliche,  aber  ganze  Reibe,  welche  nach  der  iso- 
lierten Erlernung  jeder  Reihenhälfte  bis  zur  ersten  fehlerlosen 
Reproduktion  gelernt  wurde.  Die  beiden  Hfllften  der  zweiten  Reihe 
dagegen  wurden  derart  auf  der  Trommel  nebeneinander  angebracht^ 
daB  der  Schirm  nach  jedem  einmaligen  Durchlesen  einer 
Reihenhftlfte  vor  die  andere  und  so  hin- und  hergesehoben 
wurde,  bis  die  ganze  Reihe  fehlerfrei  liergcsugt  werden  konnte 
(Verfahren  von  SteffensV 

Die  Ergeiniisse  dieser  \ersuclic  waren  folgende: 

1)  zum  Erlernen  einer  in  zwei  Hälften  zerlegten  G-Keihe  mit 
Schiebung  des  Schirmes  =  20,5  Wiederholungen, 

2)  zum  Erlemen  einer  ungeteilten  G-Keihe  =  15  Wiederholnagen. 


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UnteTrachmigeB  vor  Ökonomie  imd  Technik  deB  Lernens.  423 

£8  ist  uiibei^trcitbar,  daß  die  große  Differeitt  zwischen  beiden 
iD  sveifacher  Weise  erlernten  6*Reiheii  keineswegs  nur  dem  Ein- 
fluß der  absoluten  Stelle  zngesobrieben  werden  muß,  sondern  es 
haben  vielmehr  andere  Faktoren  hier  stttrker  mitgewirkt.  WShrend 
der  Versnehe  stellte  sieb  bald  herans: 

1)  Mit  der  Sehiebimg  des  Sehirmes  von  einer  BeihenhSlfte  vor 
die  andere  ist  eine  Panse  nnvermeidlich,  und  es  ist  nnzweifel- 
haft,  (iuii  ciue  Pausieruuf^,  wie  klein  sie  auch  sein  mag,  nach 
jeder  Wiederholung  eher  nucliteilig  als  günstig  wirken 
wUrdc,  weuij  es  zugleich  der  Vp.  nicht  erlaubt  wäre,  dazwischen 
an  die  eben  abgeleseneu  bilbeu  zu  denken.  Trotz  aller  Vorsieht 
kamen  auch  Fälle  vor,  in  denen  der  Schirm  bei  der  schnellen 
Sehiebang  nicht  gerade  vor  die  betreifende  lieihenhälfte  gestellt 
war,  was  immer  zor  Bildung  falscher  Assoziationen  Anlaß  gab. 

2)  Die  Konzentration  der  Aufmerksamkeit  der  Vp.  wurde  dwtch 
das  Schieben  behindert,  was  stets  eine  Anhäufung  der  Wieder- 
holungen herbeiführte.  Außerdem  war  auch  das  Hin-  und  Her- 
schieben des  Sclurmes  ftlr  den  Yersuchsleiter  stffrend. 

3)  Der  Einfluß  der  absoluten  Stelle  war  also  gerade  hier 
viel  größer  als  bei  einer  S-Keihe;  deiiu  die  Verwechshmg  der 
Silben,  die  verschiedenen  Reiheiiliälften  angehörten,  war  so  häufig, 
daß  die  Vp.  immer  noch  einige  Wiederholungen  dazu  brauchte, 
um  die  Silben  an  ihren  richtigen  Stellen  nennen  zu  können.  In- 
folgedessen haben  wir  zu  Begüm  unserer  eigentlichen  Yt  r^m  he  von 
einer  Zerlegung  der  G-Reihe  in  zwei  Hälften  Abstand  genommen. 

Die  beiden  ersten  Fehlerquellen  eliminierte  ich  in  einfacher 
Weise  dadurch,  dass  ich  an  Stelle  des  beständig  sich  bewegenden 
Schirmes  eine  ganz  andere  Vorrichtung  anbringen  ließ,  die 
im  wesentliohen  darin  besteht,  daß  am  Torderen  Bande  eines  flach 
auf  dem  'ßsche  liegenden  Brettes  ein  andereSi  ganz  dllnnes,  reoht- 
winküg  zum  ersten  angeschraubt  worden  war.  In  diesem  waren 
4  Spalten  gemacht,  deren  jede  2  cm  hoch  und  3  cm  breit  ist.  Das 
Kymographion  wurde  dann  aul  dvin  liegenden  Brett  eu  aulgeriteilt, 
daß  jede  von  den  vier  auf  der  Trommel  nebeneinander  angebrachten 
Silbenreihen  einer  Spalt»'  ire^^enllberntand.  Ein  ScbiebiT.  mit  bloß 
einer,  aber  ganz  gleichen  Spaltöffnung  versehen,  gestattet,  sowohl 
alle  vier  Öfiiiungen  als  auch  alle  bis  anf  eine  zu  schließen.  Un- 
▼erdecict  läßt  man  stets  jene  Spalte,  vor  welcher  eine  Silbenreihe 
rotieren  soll.   Durch  diese  Art  der  Vorflüining  der  SUbenreihen 


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424  Ghiiito  Pentochew, 

wurden  die  obea  genannten  i^'eliierquellen  eliminiert.  Vgl.  die 
Abbild.  1. 

AI0  eine  Ergänzung  nngerer  Versuche  ist  auch  diese  za  er- 
wSlmeOi  daß  wir  eine  12^  nnd  löflübige  fieihe  noefa  in  drei  Gnq^n 
haben  erlernen  lassen,  un  damit  einen  experimentellen  Naohweis 
an  liefern,  daB  das  fraktionierende  Lernen  doh  am  so  angOnstiger 
stellt,  in  je  mehr  Absehnitten  eine  Silbenrdhe  erlernt  wird. 


Fig.  1.  Der  Sfhifber  S  kann  hinter  dem  Holzschirm  m  verschobea  werdeBi 
daß  je  eines  der  Diaphragmen  bei  d  geüffiiet  wird. 


4)  Die  Venraehe  fimden  jeden  aar  selben  Stunde  statt,  oad 
die  Versnehgnmstfade  blieben  wShrend  der  ganzen  ZeÜdaner  die- 
selben, mit  wenigen  Ansnahmef^UIen,  welche  ich  später  an  passen- 
der Stelle  erwähnen  werde.  Die  Gesebwmdi^keit  der  rotierenden 
Trommel  wurde  an  jedem  Versuchstage  kontrolliert.  Es  wurden 
bei  verschiedeneu  Ta^reszeiteu  Versuche  angestellt,  und  zwar  vor- 
mittags von  7—12  Uhr  und  nachmittags  von  1—2,  4—5,  6 — 7  Uhr. 


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üntersachuugcu  zur  Ökonomie  uud  Technik  de»  Lernens.  425 

Jede  Yp.  hatte  ttglich  zwei  nene  Sflbenieihen  zn  lernen,  die 
24  Stunden  später  anft  nene  wiedererlemt  wurden,  so  daB  tSgUcli 
yier  Silbenreihen  Yorkamen,  mit  Ausnahme  der  Versuche  an  einem 
MIfcdehen,  das  sechs  SOhenrdhen  an  jedem  YersnchBta^  auswendig 

lernte.  Zuerst  wurde  die  Wiedererlermmg  auegeflihrt  und  dann 
folgte  die  Erlemuuj;  der  neuen  Reihen,  die  stets  durch  Hersagen 
geprüft  \MirJen.  In  den  Versuchsreihen  1  und  2  wnrde  noch  das 
Trefferverlahreu  eingeführt,  welchcö  aber  nur  uacli  der  Wieder- 
erlemung  der  alten  Silbenreiheii  angewendet  worden  war.  Die 
Art  und  Weise,  wie  die  neuen  Reihen  erlernt  wurden,  wird  bei 
jeder  Versnchsreihe  später  erOrtert.  Was  das  sinnToUe  Material 
anbelangt,  so  hatte  jede  Vp.,  sowohl  die  Erwachsenen  als  auch 
die  Kinder,  ttglieh  Strophen  auswendig  zu  lernen,  die  24  Stunden 
apVier  wieder  erlernt  wurden.  Die  Zeitdauer  des  Erlemens,  Wiedei^ 
erlemens  und  des  jedesmaligen  Hersagens  einer  Strophenxeüe  wurde 
immer  müglichst  genau  bis  auf  Viertelsekunden  protokolliert.  Es 
wurde  ferner  mit  kleinerem,  wie  auch  mit  größerem  Umfang:e  des 
Stoffes  operiert.  Da  uu»  belir  daran  lag,  den  Grnndeharaktcr  des 
Gedächtnisses  jeder  Vp.  festzustellen,  so  haben  wir  bei  jeder  Ver- 
Ruchsreihe  eine  beHtininite  Anzahl  von  Vorversnchen  ansgeftlhrt,  bei 
denen  der  akustische  Eindruck  ausgeschaltet  wurde.  Er- 
waehsene  und  Schulkinder  hatten  also  Silbenreihen  nnd  Strophen 
><owohl  akustisch-motorisch,  wie  auch  rein  visuell  (d.  h.  bei  unter- 
drücktem Sprechen)  auswendig  su  lernen  und  nachher  wieder- 
nerlemen. 

5)  Die  Dauer  der  Pausen  swischen  den  Wiedererlemungen  und 
Erlernungen  in  ein  und  derselben  SitEung  entsprach  nicht  den  U filier- 
sehen  Voischriften').  Nach  Terschiedenen  Proben  wurde  gefunden, 
daß  bei  einer  12silbigen  Reihe  dne  Pause  von  zwei  Minuten  nach 

Wiedererlemung  der  ersten  Silbenreiheu  und  eine  von  fünf  Minuten 
uaeh  der  Erienumg  der  ersten  beiden  neuen  Reihen  vollständig?  ge- 
nügend war.  Dasselbe  jrilt  auch  von  dem  sinnvollen  Material,  wo  es 
sich  um  vier  Strophen  handelte,  von  denen  zwei  in  Teilen  und  zwei 
im  ganzen  erlernt  wurden.  Wurde  mit  einem  größeren  Umfange  des 
Stoffes  operiert,  so  mußten  auch  die  beiden  Pausen  dementsprechend 
Tergrößert  werden.  Übrigens  werden  die  Zwischenpausen  bei  ein- 
lehien  Versuchsieiben  spater  genau  angegeben. 


1)  Mitllor  imd  Selininnn  a.  a.  0.,  S.  85f.  u.  116. 


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426 


Christo  PentBcbew, 


§  4.   Einteilung'  der  Veröuclie. 

1)  £a  wurde  im  ganzen  mit  11  Versuchspereonen  experimentiert, 
von  denen  5  Scbnlkinder  anfl  Tenefaiedenen  Elassen  der  Züricher 
Primar>  nnd  Seknndarsohnle  und  YerBchiedenen  Alters  wuen. 
Die  VerBnehe  worden  am  21.  Jannar  1901  begonnen  nnd  am 
2b,  September  1901  znm  Abscblnss  gebraebt 

2)  Als  Vorrertmcbe  betraebte  iob  die  Venncbsreiben  1  nnd  2,  die 
in  deu  erötcn  Z»Mtabsclniitt  tiuleu  und  nur  mit  Biouloscm  Material 
ausgeführt  wurcim.  Di»-  liauptfraircn  der  vorliegenden  Abhandlung 
behaudt'ln  dairriron  dio  Versnchercilion  15.  weshalb  idi  sie 
Hanphcrsuchsrcihcu  ueune,  zn  deren  Kontrolle  die  \  ersuchsrcihcn 
16— 'M)  dienen,  die  sämtlich  an  Kindern  angestellt  worden.  —  So 
zerfüllt  da8  nüchste  Kapitel  in  drei  Abschnitte: 

der  L  Abschnitt  behandelt  die  Vorvergnche  (1 — 2),  in  denen  die 
Herren  »ttod.  pbil.  Per.  nnd  Zel.<  ab  Yp.  dienten; 

der  IL  AbBebnitt  bebandelt  die  Haoptversncbsreihen  (3 — ^b\ 
bei  denen  »Frl.  M.  Kl.«  (stnd.  pbil.)  ond  die  Herren  »Ad.  EeL 
(stod.  med.)«,  >0.  He.  (stod.  phil.)<  ond  der  Leiter  als  Vp.  fangierten; 

derin.  Absebnitt  omfaBt  die  KontroHyerfloebBreiben  (16 — 30}, 
die  an  folgenden  Schnlkindern  angestellt  wurden: 

1)  Edwin  Ut.,  l-lj:iliri,::er  Kjiabe  in  der  II.  Sekuudar^cliuiklasse. 

2)  Hedwig  Br.,  12jä]ir.  M.uleheu  >    *  VI.  Primarschulklasse. 

3)  Max  Herl.,  11  i.ihriict  r  Knabe  »    »  VI.  » 

4)  Meta  H..  lOjühriges  Mädchen  *  »  IV.  » 
5;  Hemi.  Met..  HjUhriger  Knabe  »  »  II.  » 
ErwHhut  muß  noch  der  Umstand  w  erden,  dafi  die  Bericlite  der 

Vp.  täglich  protokolliert  nnd  doreb  die  Beantwortimg  der  ihnen 
Tom  Verancbflleiter  yoigelegten  Fragen  ergänzt  wnrden.  — 

II.  Kapitel.  Eigene  Versnebe. 
▲bsohnitt  I:  Die  Vorveranobe  (Venmchsrettie  1  ond  S). 

§  ö.  Die  Stellang  der  Frage  nnd  die  Yersachsanordnang. 

Diese  beiden  Reiben  werden  znr  Orientiemng  Toraoflgescbickt 

and  machten  uns  auf  manche  Fehler  des  bisherigen  Verfahrens 
Uber  das  ökonomische  Lernen  aufmerkj^nm.  Wir  beschrankten 
uns  auf  den  Beweis  folgender  zwei  Hauptpunkte: 

1)  daß  das  fraktionierende  Lenien  uro  so  ungünstiger  ist,  m  je 
mehr  Gruppen  eine  Silbeoreihe  erlerut  wird; 


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üntennchmigeii  snr  Ökonomie  und  Technik  des  Lernen».  427 

2)  daß  das  Lernen  im  ganzen  ftach  in  Bezog  anf  das  Be- 
halten ökonomischer  ist. 

In  diesen  Yersnchsreihen  wnrde  nur  mit  nonnalsilbigen  Zwölf- 
reifaen  openert,  die  naeh  dem  6.  E.  Httll  ersehen  Ver&hren  Bokzesaiv 
den  Vp.  Torgellüirt  wurden.  Es  wnide  Vorsorge  getroffen,  daB 
sämtliche  VersnehsinnstSnde  während  dieser  Zeit  konstant  blieben. 
Wie  schon  erwühnt,  wurde  eine  12silbige  Reihe  in  doppelter 
Weise  erlernt:  in  Gruppen  zu  je  4  und  in  Grappen  zn  je  6  Silben. 
Um  der  klareu  Darstdluug  willen  bezeichne  icb  i  iiK  iu  2  Hüllten  er- 
lernte Keihe  symbolisch  mit  Gr^-Keihc  d.  h.  Reihe  in  2  Gruppen; 
eine  in  3  Gruppen  erlernte  Reihe  mit  Gr-*- Keihe  und  endlieh  eine 
ungeteilte  mit  G-Rcihc.  Täglich  kamen  4  Silbenreihen  vor,  von 
denen  2  neu  waren,  die  stets  bis  zur  ersten  fehlerfreien  Beproduktion 
wiederholt  wurden.  Die  Prttfongen  der  beiden  vor  24  Stunden 
erlernten  Reihen  hingegen  waren  Ton  zwei&cher  Art:  die  eine 
wurde  bis  zum  ersten  fehlerlosen  Hersagen  gelernt,  die  andere 
aber  nach  bestimmter  Wiederholnngsanzahl  dnreh  Trefferrerfahren 
geprttft.  Die  Art  nnd  Weise,  wie  das  Trefferrerfahren  von  uns 
angewendet  wnrde,  war  ganz  dieselbe,  wie  bei  Httller  nnd  A. 
Pilzecker').  Nach  der  Wiedcrerlemnng  der  alten  Reiben  und 
der  Erleriiun;^  der  ersten  beiden  ueueu  Reihen  fand  eine  l'ause 
von  2  reöp.  5  Min.  statt. 

I.  Reim  fraktionierenden  Lernen  haben  wir  2  Verfahren  ein- 
geschlagen : 

A.  Das  erste  Verfahren  wnrde  in  der  folgenden  Weise  ansge- 
fthrt.  Anf  der  Th>mmel  waren  2  G-Reihen  befestigt,  die  am  Ver- 
snehstage  erlernt  werden  sollten.  Die  Vp.  wnrde  nnn  instmiert,  in 
der  Weise  die  Silben  der  ersten  Reihe  zn  lernen,  daß  sie  zunächst 
ihre  Aufmerksamkeit  nur  anf  die  ersten  4  Silben  richten  nnd  so  lange 
die  ganze  Reihe  durchlesen  sollte,  bis  sie  die  ersten  4  Silben 
auswendi;^-  konnte.  Gab  sie  ein  Zeichen,  daß  sie  die  ersten  4  Silben 
schon  wußte,  so  rielitete  sie  ihre  Aufmerksamkeit  auf  dit-  nächsten 
4  Silben  mit  der  AIjsirbt,  nnr  diese  zu  lernen,  indem  sie  >vieder 
die  ganze  Keihe  so  lange  durchlas,  bis  die  ersten  8  Silben  fehler' 
los  reproduziert  werden  konnten.  Gelang  ihr  das,  so  ging  sie  zn 
den  letzten  4  Silben  Uber,  die  anf  dieselbe  Weise  erlernt  wurden. 


1)  0.  £.  MttUer  nnd  A.  Pllaeeker,  Experimentelle  Beitrüge  mr  Lehre 
vom  Gedächtnis.  Leipsig  1900,  S.  8—18  n.  26. 


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428 


Chrifto  Pmtschew, 


Gleich  darauthin  wurde  die  L'anzf'  lleibe  herzusagen  versucht*). 
Bei  der  2.  VerBuchsreihe  niuLitL-  die  Vp.  ihre  AufmerkBamkeit 
auf  die  ersten  6  Silben  richten,  indem  sie  die  ganze  Reihe  bo  lange 
durchlas,  bis  sie  die  ersten  6  Silben  auswendig:  ^vllßte,  woraof  ne 
ihre  Aufmerksamkeit  auf  die  letzten  6  Silben  richtete  und  die  ganze 
Beihe  00  lange  durchließ  bis  äe  fehlerfrei  heigoBagt  weiden  konnte. 
Die  Vp.  nmBte  also  die  Sflben  einer  G-Beihe  in  2  oder  3  Gmppen 
willktlrlieh  trennen.  Es  war  sehr  eehwer,  die  Anfinerkaamkeit 
der  Yp.  auf  eine  bestimmte  Gmppe  von  Sflboi  so  richten,  wenn 
die  Übrigen  Gruppen  einer  and  derselben  Reihe  mitge- 
lesen werden  sollten.  Dadurch  wurde  aber  nun  der  Zweck 
erreicht,  den  Eiulluli  der  abBoluteu  Stelle  zu  eliminieren.  Bei 
diesem  Verfahren  wurden  die  folgenden  Hauptpunkte  beobachtet: 

))  ob  das  Lernen  einer  anf  diese  \\  lisi  zerlejj^eu  Reihe  im 
Vergleich  mit  einer  6 -Reihe  auch  unvorteilhafter  ist; 

2)  wie  stark  der  Einfluß  der  Konzentration  der  Anfinerkaamkeit 
anf  die  Wiederholnngszahi  ist? 

Da  die  Gruppen  einer  solchen  Beihe  ihre  Stellungen  in  der 
gansen  Beihe  behielten  nnd  nidit  gans  Toneinander  getrennt 
wurden,  so  beieichne  idi  eine  soldie  als  eine  gebrochene  ganse  Reihe 
nnd  das  Verfiüizen  selbst  kors:  licrnen  im  gebrochenen  gansen^). 

B.  Das  zweite  Verfahren  bestand  darin,  daB  die  Gruppen 
einer  Reihe  ganz  andere  Stelinngen  anf  der  Trommel  ein- 
nahmen. Auch  hier  wurde  eine  Reihe  iu  3  Gruppen,  eine  andere 
in  2  Gruppen  zerleget.  Die  Gnippen  der  ersten  Reihe  wurden  auf 
einen  l'apicrstrcifeu  geschrieben,  der  durch  drei  Linien  in  4  gleiche 
Feldt'r  geteilt  worden  war.  Das  erste  Feld  enthielt  die  ersten 
4  Silben,  die  je  nach  der  Schnelligkeit,  mit  der  eine  Vp.  lernte, 
2-  oder  3 mal  hintereinander  geschrieben  waren;  das  zweite  Feld 
desselben  Papierstreifens  enthielt  die  nächsten  4  Silben;  das  dritte 
die  letalen  4  Silben  nnd  das  vierte  Feld  enthielt  die  Silben  der 
ganzen  Reihe.  — 

Ii  T)i('  VofinlasBung  za  diesem  Vereuch  lag  in  df^r  von  M.  K.  Smith 
gemachtea  Beobachtnnp.  daß  tatsächlich  bei  dem  pewübnlichen  Lcruea  sinn- 
loser Silben  »im  ganzen«  viele  Personen  so  verfahren,  daß  sie  die  Silben 
aOmShHdi  ans  gMondert  erlemtenOnippen  «ifrdhen.  Wir  wollten  ▼«miditn, 
ob  elek  cUmw  aatOrUelie  Lemmodiui  vlellelolit  so  otsem  yorteUhaftea  Kansfr- 
griff  entwickeln  ließ,  wenn  er  Bysteotttiieh  und  methodisch  angewendet  wurde. 

2:  Ich  bezeichne  eine  gebrochene  ganze  Reihe  in  d  Omppffil  mit:  Qbr.^.- 
Eeihe,  und  eine  in  2  Gnippen  mit;  Gbr.^Reihe. 


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Uutersachangeii  zur  Ökonomie  und  Technik  des  Lerueu8.  429 

Die  Orappen  der  andern  Reihe  waren  auf  einem  Papierstreifen 
geaehrieben,  der  aber  durch  2  Linien  der  Länge  naeh  in  diei 
Felder  geteilt  wurde.  Anf  dem  eisten  Feld  waren  die  ersten 
6  Silben  der  Reihe  2mal  hintereinander  geschrieben;  auf  dem 

zweiten  wareu  die  letzten  6  Silben  dereelben  atieh  2mal  hinter- 
einander geschrieben;  das  dritte  Feld  enthielt  eudlich  die  ganze 
Reihe. 

Dio  auf  diese  Weise  4  resp.  3  anf  der  Troinuiel  nebeneinander 
angebrachten  Silbenreihen  entsprachen  den  4  resp.  3  Spalten  des 
Schirmes.  Diese»  Verfahren  bezeichne  ich  als  Lernen  in  Gruppen 
m  je  4  (Gr^-Keihe)  oder  in  Grappen  zn  je  6  Silben  (Gr^-Reihe). 

n.  Beim  Lernen  einer  Reihe  im  ganzen  wude  die  Vp.  anf- 
gefordert»  die  Silben  nach  jeden  10  Wiederholongen  av&nsagenf 
bis  die  ganze  Reihe  fehlerlos  heigesagt  werden  konnte.  Nach 
jedem  Hersagen  worden  sowohl  die  fiüBchen,  wie  aneh  die  richtig 
genannten  Silben  ins  PiotokoU  aufgenommen. 

Nachdem  wir  nun  die  VeTSachstechnik  im  allgemeinen  be- 
schrieben habeu;  bleibt  uns  noch  tibrig  die  einzelnen  Resultate  der 
Yersachsreihen  1  und  2  anznfUhreu. 

§  6.    Versuchsreihe  1:  Vp.:  Per. 

24  VeisQchstage:  Beginn  am  21.  Jannar,  Ende  24.  Fehmar  1901. 
Die  er^en  9  Tage  wurden  der  Übnng  gewidmet,  so  daß  die  eigent- 
iiehen  Yenndhe  erst  am  31.  Jannar  begannen.  Zeit  des  Ezperi- 
mentteiens:  Tonnittags  von  liy«  bis  etwa  */4^  ISsilbige 
Beiken.  Geschwindigkeit  der  rotierenden  IVommel:  10  Sek.  per 
Umdiehang.  Nor  die  Zeit  des  letzten  Heisagens  wnide  gemessen. 
Im  gebroebenen  Ganzen  (erstes  Yerfahien)  worden  in  12  Tg.  die 
Versuche  in  der  Weise  ausgefhhrt,  daß  eine  Gbr.^G-Reihe  in  den 
ersten  6  Tg.  stets  au  die  erste  Stelle  kam,  während  in  den  letzten 
6  Versuchsta^ren  es  sieh  umgekehrt  verhielt:  an  erster  Stelle  \vTirde 
stets  eine  Gbr-'-'G- Reihe  und  an  zweiter  Stelle  eine  Gbr.^G-iieiho 
erlernt 

Die  letzten  12  Versnchstage  wurden  hingegen  nach  dem 
zweiten  [in  Gruppen  zo  je  4  nnd  zo  je  6  Silben]  und  dem 
dritten  Verfahren  (im  ganzen)  ansgeflllirt  Am  1.,  3.,  5.,  7.  osw. 
Veiioehstage  worden  2  G.-Reiken  erlenit  ond  am  2.,  4.,  6.  oiw. 
Versoehstage  2  Reihen  in  Grappen,  Yon  denen  eine  Gr^-Reike,  die 
andere  Gr*-Reihe  war. 


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430 


Christo  Pentsdiew, 


§  7.  VeravehBreihe  2:  Vp.:  T.  Zel. 

Hanptrennche:  22  VerBuebstage.  Die  Einttboiig  dauerte  12  Tage, 
bis  die  Yp.  eine  Geläufigkeit  beim  Lesen  nnd  Beprodnzieien  der 
sinnlosen  Silbenreiben  gewonnen  batte.  12  normalsilbige  Reiben. 
Zeit  des  Experimentierens:  ▼omltta^  ron  10  V4,  Ende  ge^n 
11  Uhr.  Dieselbe  L  iiilaul'si^^escbwiDdi^^kcit.  Die  Versiichsumstände 
blieben  wiihrend  dt  r  ^Muzen  Zeit  des  Experimentierens  dieselben, 
nnr  am  21.  Februar  wurde  der  Versncb  nicht  zu  Ende  gebracht, 
da  die  Yp.  sich  sehr  mttdc  lUhltc. 

§  8.  Grnppiernng  der  Resultate  der  Versncbsreiben  1  n.  2. 

1)  Die  sohr  nrofangnrciche  RobtabeUe  des  Veisocbs  1  nnd  2 
teilen  wir  nicht  mit,  nnd  verweisen  anf  die  znsammen&Bsende 
Tabelle  S.  431.  Veigleiebt  man  die  Eigebniase  ftlr  Vp.  Per.,  so  aeigt 
sieb,  daS  das  LemTerfidiren  »im  Obr.-Ganzen«  viel  gflnstiger 
ist  als,  im  »Ganaen«  nnd  in  »Grnppen«;  die  DorebsehnittsweTte 
des  letztgenannten  Verfahrens  sind  am  wenigsten  günstig  aasgc- 
fallen.  Beim  Wiedererlemen  ergab  eine  Gbr.'C^Reihe  wiederom 
die  größte  Anzahl  von  Treffern,  wenn  sie  nach  bestimmten  Wieder- 
boluiiireii  i^,3j  durch  Trefferverfahren  geprüft  wurde;  die  Anzahl  der 
Treffer  einer  G-Reihe  bctm^'  4,4.  Wenn  irjrend  eine  Silbenreihe 
aber  24  Sliiiideu  spater  lu^  /um  Auswendi^^k  im  u  wiederholt  wurde, 
80  war  das  Behalten  ilir  eine  ö-lieilic  am  günstigsten.  Die 
Zeitdauer  des  letzten  Hersagens  einer  Gebr.  ^G- Reibe  bingegen  ist 
die  längste  gewesen. 

2)  Gans  anders  verhielt  es  sieb  mit  den  Resultaten  der  £r- 
leronng  nnd  Wiedererlemnng  bei  ZeL  Bas  liomen  im  ganien  ist 
bei  ihm  nach  der  Erlemnng  einer  G-Reibe  am  günstigsten 
(27,9  M  ).  Zur  Erlemnng  einer  Gbr.*G-Reibe  waren  am  meisten 
Wiederbolnngen  notwendig.  Die  Ansabl  der  Treffnr  einer  G-Reibe 
ist  nicht  sehr  groß,  wenn  sie  hingegen  nach  der  Wiedererlemnnsr 
durch  Hersagen  gepriilt  wurde,  so  hat  sie  die  geriügste  Anzahl 
von  Wiederholnnj^en  ergeben.  Die  Zeitdauer  des  letzten  Hersagenf, 
MowoUl  nach  der  Erlernung,  wie  auch  nach  der  Wiedererleruung, 
war  ganz  verschieden. 

3)  Stellt  mau  die  Resultate  jeder  emzelnen  Yenmebsreibe  zu- 
sammen, so  erblUt  man  folgende  Blittelwerte: 


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Unteisnchiiageii  bot  Ökonomie  und  Technik  des  Lernens.'  431 


'soijn} 
eqi9H-0  Jiooto  dsflixuvdsjg 

Zum  Wiedererlernen 

einer  Reihe 
bis  zum 
Auswendiglernen 

■qaapoijVV  aljou 
nasniS  m\  aip 

1  i     i  1  o 

•qjepaiAi  'mon 

'opjn«  juidiJd 
nyqji}^  t>  of  nz  aip 

tsf  1    a>  O  1 

■qjopoj^V  "^lon 
'apjnM  )njoiJo 

1        ^  J 

«D     1      ^  04  i 

einer  Reihe, 
die  durch  Treffer\'erfahren 
geprüft  wurde 

die  als 

ganze 
Reihe  er- 
lernt wurde  | 

11^'   1  1  5 

•qjopaiAl 

1 

1  i       i  1  00 

1 

1 

zu  je 
6  Silben 

•qjopaiAV 

'  CO         ,  1 

i    CQ   ^     l      00  CO  1 

1 

zu  je 
4  Silben 

^  ^    1     0»  et»  ( 

a|mtup8d(£ 

1 

j    CO            i      «    QO  1 

iQfi^dü  uopunjs  fz 

1        «         A          j              A         A  A 

Zorn 
Erlernen 
einer 
Reihe 

•qjapai  u  av^ou 

1          1                        i  1 

1           »-(              CQ  CO 

1 

•ijjopoi^Y  "ttjou 

i                    1       ^.    ^.  t 
rH  «IM 

2 

■MB« 

9    0  j 

^  'S   ^  1 

O 

1.  Im  gebr.  ganzen 

2.  In  Gruppen 

3.  Im  ganzen 

1.  Im  gebr.  ganzen 

2.  In  Gruppen 

3.  Im  ganzen 

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S  S 

I.  Per. 
II.  Zel. 

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432 


CbritirO  Pentacheir, 


Ein  Verpleicli  zwischen  beiden  Vp.  ergibt,  daü  das  Lernen 
im  ^^ebr.  j^anzeii  im  Ver^rleioh  mit  den  übrigen  Lemvvcigen  für 
Per.  moriiwUrdi^^erweise  viel  (»kniKuiiischer  ist  als  boi  Zfl.  —  ja 
bei  dem  letzteren  ist  es  sogar  ganz  umgekehrt.  Zel.  lernte'  also  am 
besten  >im  ganzen«  dann  weniger  gut  »in  Gruppen«  and  am 
sehiechteaten  »im  gebr.  ganzen«.  Beide  Vp.  lernen  demnach 
besser  »im  gamen«  als  »in  Gnippen«.  Beim  Wiedeierlenien  ver- 
tialten  sie  Mi  binsichtliQh  der  Anzahl  der  Treffer  ganz  TerscfaiedeiL 
Welches  Vedahren  nach  der  Treffermethode  ftr  das  Behalten  das 
günstigere  ist,  Ittfit  steh  nach  der  geringen  Anzahl  von  Versnehstagen 
nicht  entscheiden.  Bei  beiden  Vp.  wnrde  aber  eine  Gt-Reihe  fSsster 
eingeprägt,  wenn  sie  nach  Wiedeierienmng  dareh  Hersagi^  ge- 
prüft wordou  war. 

4)  Aas  den  Ergebnissen  beider  Versachsreihen  gebt  demnach 
bervor: 

I.  daß  das  I.ernen  >im  ganzen«  doch  ökonomischer  i«t  als 
»in  Gruppen«;  ja  bei  Zel.  ist  es  sogar  am  günstigsten.  Warom 
das  Verfahren«  im  gebr.  ganzen c  bei  Per.  sich  so  vorteilhaft  er- 
wiesen bat,  wollen  wir  vorläufig  dahingestellt  sein  lassen.  In  den 
nichsten  Veranoharoihen  aber  weiden  wir  noch  einmal  darauf  zu 
sprechen  kommen; 

IL  daB  das  firmktionierende  LentTerfahren  emer  Reihe  um  so 
nnvor teilhafter  ist»  in  je  mehr  Gruppen  sie  zerlegt  wird. 

Bei  Per.  gab  eine  G-Reihe  12,3  W.,  wBhrend  ftr  eine  GrS-Beihe 
14,65  und  eine  Gr '  Reihe  15,3  W.  notwendig  waren,  was  sagen 
will,  daß  die  in  3  Gruppen  erlernte  Reihe  am  schwierigsten  einge- 
prä^  warde.  Es  ist  sehr  auffallend,  daß  die  Mittelwerte  einer  Reihe 
in  Gmppen  zu  Je  6  SillM^n  bei  Zel.  et^^as  höher  ausgefallen  sind 
als  diejenigen  einer  Reihe  in  Gruppen  zu  je  4  äilben.  Auch  die 
einzelnen  Effekte  einer  Gr ^- Reihe  waren  größer.  Es  läßt  sich  dies 
durch  den  Umstand  erklären,  daß  Zel.  im  Rhytlimus  sehr  leicht 
▼erwhrt  wnrde.  Er  war  beim  ersten  VerfiüirmL  (im  gebr.  ganzen) 
sehen  daran  gewohnt,  die  Silben  einer  Beihe  jambis«^  zu  lernen. 
Dieser  Bhyihmns  seinen  ihm  änfierst  günstig  zu  sein;  als  aber 
spllter  die  Silben  ihm  >m  Gruppen«  daigeboten  wurden,  lernte  er, 
trotz  aUer  Mtthe,  eine  Gr*-Beihe  meistens  trochMiseh;  ja  es 
kamen  sogar  Fälle  vor,  wo  er  die  einzelnen  Gruppen  einer 
Gr^-Reihe  jambisch,  bei  ihrer  Verbindung  iiin^egen  trochäisch  ge- 
lernt hatte. 


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Untenvcliitiigeii  zar  Ökonomie  und  Teohnik  de«  Leroei».  438 

III.  Eine  im  j^ranzen«  erlernte  Reihe  haftet  fester  im  Gedächt- 
nis, als  eine  Q^Beifae  oder  iigend  eine  andere,  wenn  sie  24  Stunden 
spiter  bis  znm  Auswendiglernen  wieder  gelesen  wird.  Will  man 
weiter  wissen,  ob  das  Bebalten  Air  eine  G-Beibe  aneb  naeb  demTreffer- 
Ter&bien  günstiger  ist,  so  mufi  man  sieb  keineswegs  mit  einigen 
(ca.  10)  Versuehsta^en  begnügen.  Eben  deshalb  babe  ich  in  den 
nächsten  Versuchsreihen  die  TreflFermefliode  nicht  weiter  angewendet. 

TV.  Der  Einfluß  der  Konzentration  der  Aufmerksamkeit  auf  die 
W  iederh()lun.ü:3anzahl  kam  bei  Zel.  stärker  zur  (^ieltuug  als  bei  Per. 
Ging  die  ^inzahl  der  Wiodorliolnngen  Uber  35  hinaus,  so  nalmi 
seine  Auftnerksamkeit  aulierordentlieh  schnell  ab.  Man  erhält 
diesen  Eindmck,  sobald  man  die  einzelnen  Werte  der  Versuchs- 
reihe 2  beim  Lernen  »im  gebr.  Ganzen«  ansieht  Hatte  er  die 
Silbenreibe  naeb  35  Wiederholungen  noch  mcbt  answendig  getomt, 
so  branebte  er  in  der  Regel  Im  Durebsehnitt  noeb  19,5  Wieder- 
bolnngen,  bis  die  Beibe  febleriiei  bergesagt  werden  konnte.  Daher 
kam  es,  daß  die  erste  Silbenreibe  am  20/n.  erst  naeb  65  Wieder- 
bohingen  fehlerlos  aufgesagt  wurde.  Eine  Steigerung  der  Wieder- 
holuugszahlen  war  am  häufigsten  beim  ersten  Lemverfabren  zu 
sehen.  Zel.  konnte  also  seiir  schwer  seine  Aufmerksamkeit  auf 
eine  bestimmte  Grii])])e  von  Silben  einer  Reihe  konzentrieren,  wenn 
die  übrigen  dersiUieu  zngleieh  mitgelesen  werden  nollten. 
Beispielsweise,  wenn  eine  Reihe  nach  dem  Lernen  »im  gebr. 
ganzen«  in  drei  Gruppen  erlernt  wurde,  so  brauchte  er  ftlr  die 
erste  Gruppe  8,9  W.;  fUr  die  zweite  9  W.;  ftlr  die  dritte  hin- 
gegen 12,85  W.  nnd  zur  assoiiatiTen  Verbindung  der  euuefaien 
GTuppen  noeb  6,8  W.  Dasselbe  Verfiüiren  bei  Per.  dagegen 
liefert  die  enlgegmigesetiten  Ergebnisse:  Er  nebtet  sebr  leicht 
seine  Anfineiksamkeit  auf  eine  bestnnmte  Gruppe  von  Silben, 
ebne  sieb  durob  das  Ifitlesen  der  llbrigen  Gruppen  derselben 
Reihe  stören  zu  lassen.  Für  die  erste  Gruppe  einer  Gbr.*-Reihe 
z.  B.  waren  5,45  W.  nötig  und  für  die  letzte  Gnip]M'  dt  rj^elben 
Reihe:  3,8  W.  Zur  assozi:iti\ cn  Verl)iudung  der  ciiizrliu  ti  Gruppen 
wonlf  abrr  nie  eine  Wiederliolung  gebranclit,  sondern  mit  der 
£rternuug  der  letzten  Groppe  wurde  die  ganze  Reihe  stets  fehlerlos 
reproduziert.  Das  Verfahren  >im  gebr.  ganzen«  schien  ihm  also 
außerordentlich  günstig  sn  sein.  Ob  aber  der  Vorzug  dieses  Ver- 
falurens  tot  den  anderen  Lemwdsen  einzig  und  allein  dem  Ein- 
flnft  der  absoluten  Stolle  snzuscbreiben  sei,  ist  sebr  sweifelbaft. 


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434 


Cbiuito  Peataohew, 


5)  Hinsichtlich  der  Leichtigkeit  oder  Schwierigkeit  dieser  drei 
Verfahrcu  geben  die  Vp.  Folgendes  zu  Protokoll  an: 

»Beim  Lesen  der  Gruppen  ftlr  «ich  alltin  spüre  ich  keine  lie- 
sondere  Müdi/^keit,  nobald  ich  aber  die  übriß-on  Rillirn  niit!p«p  (im 
gebr.  ganzen),  so  werde  ich  in  der  Konzentration  leicht  gestört, 
dann  tritt  schneller  eine  Ermüdung  ein,  was  eine  AnhMnfang  der 
Wiederholongeii  herbeiführte.  Es  scheint  mir,  ich  komme  BefaneUer 
nm  Ziele,  wemi  ich  die  Reihe  in  weniger  Unteignippen  in  lernen 
bekomme.«  (Zel.) 

»Das  Verfiduren  »im  gebr.  gansen«  untetstttict  mich  beim  Kon- 
zentrieren auf  die  einzelnen  Gruppen,  hingegen  habe  ich  in  der 
Begel  beim  Lernen  »In  Gruppen«  die  erste  oder  die  zweite  Gmppe 
schon  vergessen,  wenn  ich  die  nSehste  ganz  getrennt  zu  lernen 
bekomme  mal  hti  dir  Rotation  der  ganzen  Reihe  koninien  mir 
dadurch  die  frtlher  schon  gelernten  Silben  einzelner  Gruppen  oii 
Yöllig  fremd  vor.«  (Per.) 

§  9.  Über  die  individuellen  Eigenttimliciikeiten  des  Ge- 
dächtnisses beider  Vp.  beim  Lernen  und  Reproduzieren 

sinnlosen  Materials. 

1)  In  erster  Linie  mttaaen  emtge  Worte  ttber  die  fietonnoga- 
weise  der  Silben  geeagt  werden.  Der  Tp.  wurde  Torgeaohlagen, 
80  weit  es  ging,  die  Silben  einer  Reibe  troebSiacb  oder  jambiaeb 

zu  lernen.  Herr  Zel.  lernte  anfangs  von  selbst  beim  ersten  Ver- 
fahren die  Silben  stets  jambisch  und  seiner  Meinung  nach  gab 
dieser  Rhythmus  am  wenigsten  Anlaß  zur  Ablenkung  seiner  Anf- 
merksaiiikt  it.  Er  las  so  zu  sairen  die  einzelnen  Takte  mit  «rloieh- 
mäJiiger  Betonung  und  bevorzugte  keineswegs  einen  vor  dem  andern. 
Als  aber  später  die  Sübenreitien  ihm  in  getrennten  Gnippen  vor- 
geführt wurden,  war  er  in  der  Hetonungsweise  ganz  verwirrt  Die 
einzelnen  Gnippen  einer  Gr'-Reihe  lernte  er  im  Trochttos,  bei  der 
Rotation  der  ganzen  Rdhe  aber  bemtlbte  er  dch,  wieder  jambiaeh 
zn  erlernen,  was  ihn  sidetzt  soweit  brachte,  daß  er  die  Steünng 
der  emaebien  Sflben  immer  yerwecbaelte.  Daber  kam  es,  daB  die 
DorebBebnittBwerte  einer  Gr '-Reihe  (32,95)  htfber  aasfielen,  als  die 
einer  Gr»-Reihe  (28,3).  Herr  Per.  konnte  leichter  mit  dem  Rhyth- 
mus auskommen.  Hinsichtlich  des  rhyth mischen  Lernens  gab  er 
zu  Protokoll,  daß  ihm  der  Trochäus  \iel  srhwerfälliger  klinge  und 
sich  infolgedessen  viel  weniger  leicht  einpräge.   Die  Silben  einer 


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Untnrachitiigeii  zur  Ökonomie  und  Teehnik  des  Lerneu.  435 

Gr '-Reihe  hatte  er  in  der  tthlichen  Weise  gelernt,  daß  er  die  Reihe 
durch  2  Inzisionen  in  3  gleiche  Teile  znsammeiiikßte.  Ein  Um- 
stand ist  bei  ihm  besoiiders  herroisoheben,  daß  er  die  Reihe  un- 
winkttrlieh  sehr  laut  ablas,  wenn  er  dabei  serstrent  war; 
sobald  er  aber  die  Sflbea  sieb  animerksam  aneignen  wollte,  las 
er  sie  ganx  leise  ab.  Dnreb  diese  VeiilndenuigsweiMr  des  Lernens 
konnte  der  Versnchsleiter  stets  seine  Zerstreuung  konstatieren. 

Der  Einflnß  des  Rhythmns  ma<*hte  sich  namentlich  beim  Wieder- 
erlemen  der  Silbenreihen  «geltend.  Es  war  für  die  Vp.  Btets  not- 
wendig zu  wissen,  ob  öie  gesteru  die  Reihe  »in  Gruppen«  oder 
»im  Ganzen <  erlernt  haben.  Konnten  sie  luifli  zweiter  oder  dritter 
Wiederholung:  den  Rhythmus  nieht  ausfindig  machen,  so  frjigten 
sie  den  Versnchsleiter  inuner  danaeh.  Wurde  ein  andrer  Khyth- 
rnns  angewendet,  so  war  eine  Anhänfiing  der  Wiederholnngaangahl 
anvermeidlieh. 

2)  ünwiebtiig  ist  aneb  niebt  die  Art  und  Weise,  wie  die  SUben- 
felben  erlernt  wurden.  Herr  ZeL  bericblele  einmal  darUber  Fol- 
gendes: 

»Beim  Auswendiglernen  konzentriere  ich  meine  AufineitLsamkeit 

zuerst  anf  die  Anfangssilbe  der  Reihe,  dann  merke  ich  mir  die 
ersten  paar  Silben  —  hierauf  die  letzten  2  oder  o  und  erst  dann 
die  leichteren  in  der  Mitte  der  Reihe.  —  Es  scheint  mir  fhr  die 
Einprä^nf;  d*  i  Ueilie  sehr  gUu«tig  zu  sein,  wenn  es  mir  gestattet 
ist,  die  Silben  nach  weniger  Wiederholungen  (2 — 4)  aufzusagen: 
denn  icb  weiß  dann,  auf  welche  Silben  ich  meine  Aufmerksamkeit 
besonders  zu  konzentrieren  habe.«  »In  der  Regel  kann  ich  eine 
Reibe  leiefafter  auswendig  lernen,  wenn  icb  mir  selbst  die  Anzahl 
der  Wiedeiliolungen  bestimme,  als  wenn  dies  der  Yersuehsleiter 
tat  Ich  glaube,  daß  icb  mich  im  ersteren  Fall  viel  intenaiTer 
konzentriere,  als  im  zweiten.« 

Diese  subjektiven  Beriehte  bestiltigen  sieh  auch  durch  die 
Steigerung  und  Abnahme  der  Wiederholnngsanzahl  der  einzelnen 
BfTekte.  — 

Beim  Lernen  »im  gebr.  pranzen«  wurden  die  Vp.  instruiert, 
sich  glei<  h  tieim  Versuchsleiter  zu  melden,  wenn  si«  die  Gewiß- 
heit erlangt  hätten,  die  Silben  aufsagen  zu  können.  Bei  Herrn 
Per.  war  die  Tendenz  vorhanden,  die  Silben  schon  naeh  der 
ersten  Umdrehung  hersagen  zu  wollen.  Er  meldete  sich  nach 
jeder  Wiederholung  stets  mit  dem  Bewufltsein,  daß  er  die  Silben 

29* 

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43a 


Chrifito  Pentsohew, 


wirklich  auswendig'  wisse;  Hohaid  ahoi  die  Trommel  fioh  zu  be- 
wegen authiirtc,  ver^aR  er  in  der  Ke^a'l  die  erste  oder  die  zweite 
Silbe  mul  mtol,:redesseu  waren  alle  a  erscliwundeii..  Erst  uachdeui 
er  durch  verschiedene  Probeversuchc  auf  die  schwer  merkbaren 
Silben  aufmerksam  geworden  war,  konnte  er  jede  Silbe  an  der 
richtigen  Stelle  nennen.  Um  das  hftnfiire  Hersagen  m  Termeiden, 
wurde  bei  den  sp&teren  Veisuehen  die  Wiederholnngsaozabl  vom 
Yemicbaleiter  bestimmt 

3)  Beim  Beprodmüeren  der  Sflbenieihen  verhielten  sieh  beide 
\  p.  sehr  veisehieden.  Gewöhnlich  war  Zel.  beim  Hersagen  nihig, 
geriet  er  in  Stoeknng,  so  wiederholte  er  die  leiste  Silbe  dmgemsl 
in  der  Hoffnnn«:,  die  assoziative  Klangfarbe  der  Silbe  ins  Bewußt- 
sein hervur/urufen.  Es  kam  maurlimal  vor,  daß  eine  Silbe  erst 
nai'h  40 — Sekuiidcu  docii  reproduziert  wurde.  Die  Reproduk- 
tion dauerte  ^^cwühulich  so  lange,  bis  die  Vp.  »nichts  mehre  sa^e. 

Das  Verhalten  von  Per.  beim  Aufsagen  ist  typisch  fUr  den 
»Schnelllemenden«.  Wenn  die  Trommel  aufhörte  sieh  za  bewegen, 
so  beeilte  er  sich  mOgliclist  schnell  die  Silben  herzusagen  ;  besami 
er  sich  2 — 4  Sek.,  so  wnfite  er  nichts  mehr  von  der  Beihel  Sein 
Streben  ging  also  stets  dahin,  die  erste  Silbe  nicht  an  reigeasen; 
fiel  ihm  diese  beun  Reprodnxleren  nieht  ein,  so  erklMrte  er  sehen 
nach  ÖSek.,  >er  habe  keine  Ahnung  von  der  Reihe«!  Wenn 
eme  Silbe  beim  Stocken  nach  10  Sek.  nieht  kam,  so  wartete  er 
nicht  mehr.  Nur  ein  einziges  Mal  ist  es  vorgekommen,  daß  eine 
Silbe  doch  erst  naeli  20  Sek.  hergeaugt  werden  konnte.  Er  gab 
selbst  einmal  zu  Protokoll  an: 

»Ich  glaube,  daß  ich  nach  Beciidisrung  der  Rotation  die  Keihe 
schnell  hersagen  maß,  da  jedes  innehalten  meine  Aufmerksamkeit 
ablenkt.«  (Per  l 

4J  Zur  Feststellung  der  Tatsache,  ob  die  Vp.  sich  bei  der  Er- 
lernung und  Wiedererlemung  der  Silbenreihen  hanptsttohlieh  auf 
das  visuelle,  akustisehe  oder  kinMstiietisehe  Gedlehtnis  stOtM, 
wurden  keine  spezieDen  Yersuehe  angestellt;  auf  Grand  der  ss 
Protokoll  gelegten  Bemerkungen  aber  litBt  sich  doch  behaupten, 
daß  das  akuBtisch-motorische  Element  des  Gedächtnisses  beider 
Vp.  das  Übergewicht  hat.  Eine  Sicherheit  von  der  reproduzierten 
Silbe  kam  nur  dann  zu  stände,  wenn  der  akustische  Emdriuk 
der  Silbe  in  \ollster  Klarheit  reproduziert  wurde,  das  optische 
Bild  spielte  dagegen  eine  sekundäre  Kolle. 


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Untersuchongen  zur  Ökonomie  und  Technik  des  Lernens.  437 

5}  Von  einer  eingehenden  Besprechung  der  Art  der  gehildeten 
AflfloziaÜimai  habe  ich  Abstand  genommen,  allehi  efailge  wenige 
Worte  sind  nicht  überflüssig.  Solange  die  Vp.  nngettht  waren, 
bildeten  sich  masseiihiUt  verschiedenartige  Assoziationen,  die  all- 
mählich durch  das  mechanische  Lernen  ersetzt  wurden. 
Herr  Zel.  bildete  üherhanpt  sehr  wenige  .sekundäre  Assoziationen. 
Während  der  ganzen  Zeitdauer  der  Versuche  mit  ihm  sind  kanm 
20  sekundäre  Assoziationen  zu  stände  gekommen,  die  hauptsächlich 
nach  dem  Inhalte  entstanden.  Herr  Per.  dagegen  bildete  anfangs 
Tiel  AsBomationen  —  erst  in  den  letzten  Versnehstagen  wurde  diese 
Tendenx  nnterdrttokt  —  Die  Art  ihrer  Entstehung  ist  ganz  yer- 
sehieden;  meistens  snehte  er  ans  den  Silben  bekannte  Namen 
heraosziibekommen  —  beispielsweise:  von  der  Silbe  »Bizc  machte  er 
Diekens;  von  »Sep<  —  Josef  nsw. 

6}  Es  fragt  sich  nun,  zu  welchen  Typen  beide  Vp.  gehören? 
Aus  dem  bisher  Gesagten  ist  sehr  leicht  die  Behauptung  aufzustellen, 
daß  Per.  ein  rasch,  Zel.  aber  ein  langsam  Lernender  ist.  Zum 
Erlernen  einer  G"^-Reihe  brauchte  der  erste  12.3  Wiederhol.; 
während  für  den  letzten  27,9  W.  notwendig  waren.  Man  sieht 
also,  daß  sie  ganz  entgegengesetzte  Typen  sind.  Zur  Be- 
stätigung dieser  Behauptung  dient  noch  folgende  Oberlegnng: 

1}  Herr  Zel.  bebUt  das  £rlemte  iSnger  als  Per. 

Die  Ersparnis  einer  G-Beihe  ffir  Per.  etgab  nach  24  Standen 
63/1^  des  ersten  Aufwandes;  bei  Zel.  hingegen  betrog  sie  68^. 

2)  Gldch  nach  der  Erlernung  emer  Beihe  spielte  das  Vergessen 
bei  Per.  eine  größere  Bolle  als  bei  Zel.  Nach  einer  Panse  von 
5  Min.  wußte  der  erstere  öfters  keine  Silbe  zu  nennen;  während 
der  letztere  die  Reihe  nach  dieser  Pause  noch  fehlerfrei  reprodu- 
zieren konnte.  Zur  Probe  habe  ich  Flcrm  Per.  nach  Heendignng 
des  V^ersncbes  manchmal  nach  einigen  eben  erlernten  Silben  einer 
Reihe  gefragt.  >  Ja,  sind  denn  diese  Silben  überhaupt  in  den  Reihen 
yorgekommen?«  lautete  seine  Antwort  So  weit  war  das  Vergessen 
bei  ihm  vorgeschritten! 

dj  Femer  ist  noch  der  Umstand  zn  erwKhnen,  daß  eine  Pause 
Ton  20  Sek.  zwischen  den  einzehien  Gruppen  für  Herrn  Zel.  sich 
aufierordentfich  günstig  erwiesen  hat,  withrend  sie  ittr  Herrn  Per. 
gerade  nachteilig  wirkte. 

4)  Das  Wiedererkennen  der  Silben  beim  Wiedererlernen  der- 
selben kam  mehr  bei  Zel.  zur  Geitimg  als  bei  Per. 


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438 


Chiiato  Penteohew, 


d)  Die  raschen  Typen  kann  man  nicht  nnr  nach  der  Seite  der 
zanehmenden,  aondem  aach  nach  der  Seite  der  abnehmenden 
Wiederholnngszahlen  erkennen.  Diejenige  Zahl  Ton  Silben,  welche 
unmittelbar  nach  einer  Wiederholnng  derselben  gerade  noch  fehleiioe 
hergesagt  werden  konnte,  betrog  für  Per.  nur  ein  einziges  Mal  6; 
fhr  Zel.  hingegen  nur  3  nnd  einmal  4.  Freilieh  hat  Per.  meistens 
für  eine  Grappe  von  4  Silben  2  Wiederholungen  verlangt,  aber  seiner 
Angabe  nach  tat  er  dies.  >nm  sicher  zu  sciu«. 

Darans  geht  also  hervor,  daß  Per.  sehr  soIiik  11  lernt,  aber 
ebenso  sebnell  verfriBt.  wülni  ud  Zel.  zwar  ein  l:iiigsamcrer  Lemer 
ist,  er  jedoch  da»  Erlerute  länger  als  Per.  behält. 

Soviel  tiber  die  vorangegangenen  Yeisucfasreihen;  bei  der 
siriiteren  Diskussion  der  Resultate  wird  noefa  manches  erwähnt 
werden,  was  hier  unberührt  geblieben  ist 

Absolmitt  H;  Pie  Hauptversiioiie. 
§  10.  Allgemeines. 

A.  Der  Ilaupt^egenstand  dieser  Versuehe  ist  du8  Kr  lernen 
nnd  seine  Beziehung  zum  Behalten.  Ks  war  sehon  von  vorn- 
herein zu  vermuten,  daß  der  Vorzug  des  Lenieus  >ini  fi:anzent  vor 
dem  fraktionierenden  sieh  nicht  nur  durch  die  Zeitmessunjr 
nachweisen  läßt,  wie  L.  Steffens  annimmt  Um  einen  empiri- 
schen NachweiB  der  Yorzttge  des  Immens  >im  ganzen«  vor  dem 
gewöhnlichen  Verfahren  zu  liefern,  hat  Steffens  Yersaehe  mit 
sinnTollem  Material  an  drei  erwachsenen  Personen  und  an  zwei 
Kindern  angestellt;  mit  sinnlosem  Material  hingegen  nur  an  einer 
emzigen  Yp.<)  Zar  größeren  Klarheit  erlaube  ich  nur  hier  die  Er- 
gebnisse ihrer  Haupt-Yp.  anznfllhren. 

In  der  Yersuehsreihe  11,  bei  welcher  Dr.  Pilzecker  als  Yp. 
fungierte,  wird  behauptet,  daß  eine  6- Strophe  um  1  Min.  3,6  Sek. 
schneller  erlernt  wurde  als  eine  S-Sti(>j>he.  Hei  der  Versuchs- 
reihe 12,  in  welcher  L.  Steffens  als  Vp.  diente,  ist  eine  G- Strophe 
mit  37,6  Sek.  und  0,2  Wiederholnnjren  sehneller  erh'rnt  worden 
als  eine  S- Strophe.  In  den  Versuchsreihen  14  und  15  waren  zwei 
KiTider  Vp.  Das  Mädchen  hat  eine  G- Strophe  um  43,8  Sek.  und 
1  Wiederholnnjr  schneller  erlernt  als  eine  S-Strophe.  Noch 
kleiner  ist  der  Unterschied  beim  Ejiaben  Ul.  Pilzecker  ausgefallen. 

1}  Ich  spreche  vom  »sinnlosen  BUterial  bei  voTgeschriebener  kooflUnter 
LeiegeBchwindigkait«.  Ygl.  Lottie  Steffens»  s.  a.  0.  S.  89^-42. 


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üiitenacliiiiigeii  zur  Ökonomie  und  Teohnik  des  Lernens.  439 


Um  7,7  Sek.  und  »0«  Wiederholungen  ist  eine  G-Strophe 
sclineller  erlernt  worden  als  eine  Strophe. 

Wie  man  siehti  hat  St  also  das  Haaptgewicht  anf  die  Zeit- 
dauer des  Erlemens  einer  Strophe  gelegt;  die  BerüekslchtigQng 
des  Arbeitsanfwandes  wurde  ganz  in  den  Hintergrund  ge- 
Scholien.  Anf  Ghrnnd  dieser  kleinen  Differenzen  zwischen  der 
LenizL'it  einer  G- Strophe  und  S- Strophe  aber  die  Ik'huuptuu^ 
aufzastellen,  daß  das  Lernen  »im  ganzen«  »ükouümibcUert  aU 
das  stUekweiBe  vor  «ich  gehende  Lernen  sei,  wird  gewiß 
manches  Bedenken  erweeken.  Allcrdinp^s  hat  sie  beim  Ex- 
perimentieren mit  sinnlosem  Material  nur  die  Wiederholuugsanzahl  in 
Betracht  gezogen,  allem  bedenkt  man,  daß  die  Besnltate  von  einer 
12-,  16-  oder  SOsUbigen  Reihe  nnr  von  einer  Vp.  erzielt  worden 
waren,  und  erinnert  man  sich  der  Art  und  Weise,  wie  die  Silben- 
reihen der  Yp.  Toigeftthrt  wniden,  so  wird  man  anob  gegen  dies 
Besnltat  Bedenken  haben  mttssen.  Anf  S.  419 — 421  babe  ieh  klar  ge- 
maebt,  daß  diese  Art  der  YorfObnuig  der  Sübenreihen  niebt  fehlerlos 
war,  insbesondere  mttssen  aber  folgende  2  Punkte  beachtet  werden: 

1)  daß  die  Aiitmerksamkeit  der  Vp.  durch  das  beKtändige 
Röcken  des  Schirmes  nach  jeder  Wiederholung  einer  Hälfte  der 
G-Keilie  vor  die  andre  derselben  stark  abgelenkt  wurde; 

2)  daß  der  Einfluß  der  absoluten  Stelle  bei  dieser  Art  der 
Vorführung  der  Silben  einer  G-Reihe  gerade  verdoppelt  war; 
denn  die  häuflgere  Verwecbalnng  der  Silben  einer  ReihenhäUle 
mit  den  Silben  der  andern  ist  unzweifelhaft  hierdurch  zn  erklSren. 

Das  Hauptrerdienst  der  Steffenssehen  Arbeit  bestebt  unbe- 
streitbar darin,  daß  sie  eme  sehr  eingebende  Besebreibung  der 
Tersebiedenen  Modifikationen  der  gewGbnliehen  LemweiBe  ge- 
liefert und  zugleich  die  ersten  Versuche  in  Bezug  auf  das  Oko- 
nomische  Lernen  angestellt  hatte.  Hervorzuheben  ist  noch,  daß 
sich  bei  den  Versuchen  von  Steffens  das  Lernen  im  Ganzen  als 
d;i>  vorteilhafteste  Verfahren  nur  für  den  Fall  hcransfj^estcllt  hat, 
daß  das  jeweilifj:  zu  erlernende  Stück  nicht  mt  hr  umtaßie  als  zwei 
neunzeilige  Strophen  oder  eine  248ilbige  Reihe.  Wie  sich  die 
Sache  bei  größerem  Umfange  der  zu  erlernenden  Stttcke  verhalten 
würde,  hat  Steffens  nicht  untersncbi 

B.  Auf  Grand  dieser  Erwägungen  scfaien  es  notwendig,  die 
F^age  Yom  Olconomiscben  Lernen  noeb  emmal  der  Untersncbnng 
zn  unterwerfen  und  zwar  zunitebst  so»  daß  beide  Faktoren,  sowoU 


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440 


Chrifto  Pentechew, 


die  abBolatc  WiedcrholniigHanzabl  wie  auch  die  Zeitdauer 
des  £rlerncns  und  Wiedererlerucns  beachtet  worden. 

Es  Rrhion  femer  notwendig  festzustellen,  ob  auch  das  Be- 
halten [nach  ein»  konstanten  Zeit]  fttr  eine  G-Silbenreihe 
oder  G-Strophe  das  günstigere  sei.  Denn  ohschon  in  dieser 
Hinsieht  his  Jetst  keine  spesielle  Unteisochnng  angestellt  worden 
ist,  U&Bt  sich  a  priori  doch  behaupten,  daB  ein  erlerntes  G-Stttck 
in  Folge  der  Art  der  gestifteten  Assoziationen  swlseben  den  nn- 
mittelbar  aufeinanderfolprcnden  Gliedern  desselben  auch  festtr 
im  Gedächtnis  haften  werde. 

Aulicrdem  kamen  nebenbei  noch  andere  Fragen  in  Betracht, 
die  sowohl  lür  eine  Gedächtnisuntersuchung  als  auch  für  die 
Pädagogik  speziell  von  großer  Tragweite  und  Bedeutung  sind. 
In  erster  Linie  lag  es  uns  sehr  nahe,  den  sensorischen  Grund- 
eharakter  des  Gedächtnisses  jeder  unserer  Vp.  festzustellen, 
und  dann  wollten  wir  die  Vorsttge  oder  die  Nachteile  des  sinn* 
ToUen  vor  dem  sinnlosen  Material  nfther  bestimmen.  Andere 
Gesiohtspunkte  werden  bei  jeder  Versuchsreihe  später  erwllhnt 

C.  £^  simtlichen  Hauptrersuchsreiben  von  3  bis  und  mit  15 
wurden  an  4  erwachsenen  Vp.  angestellt  Auf  Grund  der  oben 
erwähnten  Motive  hatte  jede  Vp.  sowohl  Silbenreihen  als  auch 
später  Strophen  auswendig  zu  lernen.  Eine  Ausnahme  beim  sinn- 
losen Material  machte  der  Versuchüleiter.  Während  der  Zeit,  in 
welcher  mit  sinnlosem  Material  ex|)erimcnticrt  wurde,  kamen  12-, 
15-,  16-,  18-  und  24  silbige  Keihen  in  Anwendung.  Hingegen  ist 
die  Art  und  Weise,  wie  die  Strophen  von  den  Vp.  erlernt  wurden, 
eine  ganz  andre  als  bei  Steffens.  Das  stückweise  Ver&hren« 
welches  mit  denjenigen  »im  ganzenc  veigMchen  weiden  sollte, 
wurde  »dem  Gutdttnken«  der  Vp.  nicht  ttberlassen,  sondern  ihr 
TOigesehrieben.  Es  wurden  Terschiedene  Variationen  mit  dem  Um- 
fange  des  Stoües  yoigenommen,  bis  die  GrOfie  des  jeweilig  zu  er- 
lernenden Stückes  5  achtseili^e  Strophen  umfafite. 

A.  VerBuctiareihen  3,  4  und  5. 
§  11.    Allgemeines  Schema  der  Versuchsreihen  3,  4  u.  5. 

Als  Vp.  in  den  vorstehenden  Versuchsreihen  fungierte  Frl.  M. 
Kel.  (stud.  phil.).  Die  Untersuchun;;  begann  mit  sinnlosem  und 
endigte  mit  sinnvollem  Material.  In  der  3.  und  4.  Versuchsreihe 
kamen  12-,  15-  und  16 silbige  Bethen  in  Anwendung,  während  in 
der  5.  nur  mit  Gedichten  operiert  wurde. 


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Untenuehmigeii  mr  Ökonomie  und  Technik  des  Lernens.  441 

L  Unter8tichiing  mit  sinnloBem  Material. 

§  12.  Versnchsreilie  d. 

I.  Als  Stoff"  dieser  Versuclisreihe  dienten  dieRclbrn  12sill)ifren  Nor- 
malsilbcnreihcn,  die  schou  in  den  Reihen  1  umi  11  verwendet  worden 
waren.  Da  Frl.  K.  als  Vp.  keine  Erfalirun^^  hatte,  wurden  einige 
Vortlbun;rcn  vorgenommen,  die  etwa  8  Ta;^e  in  .Vuspruch  nahmen.  Die 
eigentlichen  Versnehe  begannen  am  1.  Mai  1901  nnd  dauerten  32  Ver- 
snchstage.  Zeit desExperimeutieren» :  Anfang  11 )£nde gegen  12 Uhr ; 
nur  am  Dienstag  fand  der  YersHcli  von  9 1/4— 10  Uhr  statt  Rotatiens- 
gesehwindigkeit  fUr  eme  12sinn|ge  Reihe:  10  Sek.  Wie  liei  den 
Verat^cbsreihen  1  nnd  2,  so  haben  wir  auch  hier  drei  Verfahren: 

1]  die  Gruppen  einer  Reihe  behielten  ihre  Stellnngen  in  der- 
selben, worden  aber  in  der  hier  angegebenen  Weise  willktirlich 
j;etrennt  von  einander  erlernt  (»im  gebr.  ganzen«,  s.  0.4281'.); 

2)  die  Gruppen  einer  fraktionierenden  Reihe  nahmen  ganz 
andre  Stell un^^eu  auf  der  rotierenden  Trommel  ein  (»Lernen  in 
Gruppen,  Gr-Heihe); 

3j  das  Verfahren  »im  ganzen«,  welches  sich  von  dem  von 
Steffens  angewandten  G-Lemen  dadurch  untergeheidet,  daß  eine 
G-Reihe  nnonterbrochen  Ton  Anfang  bis  sn  Ende  gelesen  wurde, 
bis  sie  fehlerlos  hergesagt  werden  konnte. 

Naeh  dem  ersten  Verfahren  wurden  12  Versnchstage  ansge- 
ftthrt,  nach  dem  sweiten  nnd  dritten  je  10  Versnchstage.  Beim 
fraktionierenden  Verfahren  wnrde  eine  ISsilbige  Reihe  in  zweifacher 
Welse  erlernt:  einmal  war  sie  in  2,  ein  andermal  in  3  Teile  zer- 
legt. Täglich  kamen  wieder  4  Silbenreihen  vor,  von  denen  zwei 
neu  waren.  Die  Erlemnng,  sowie  die  Wiedererlernun^z:  der  alten 
Reihen  g:esrhah  jitets  bis  zur  ersten  fehlerfreien  Reproduktion. 
Das  lYefferverfahreii  habe  ich  nicht  weiter  angewendet.  Während 
der  eisten  22  Versnchstage  lernte  die  Vp.  die  eine  der  beiden  neuen 
Sflbenreihen  rein  visnell,  d.  h.  mit  T^ntrrdrttckung  des  Sprechens,  die 
andre  akustisch-motorisch.  Beim  Ver&hren  »in  Gmppenc  wurde 
der  akustische  Eindruck  nicht  ausgeschaltei  Femer  wurde  Vor- 
sorge getroffen,  daß  die  Silbenreihen,  die  neuen  wie  die  alten, 
stets  Im  regelmäßigen  Wechsel  der  Zeitlage  gelernt  wurden. 

§  13.  Besaltate  der  Versuchsreihe  3. 

1)  Die  sehr  umfimgreiche  Rohtabelle  t^en  wir  wiederum  nicht 
mlt|  und  Terweisen  auf  die  zusammenfassende  TabeUe  S.  442.  Das 


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442 


Christo  Pentichew, 


Hauptergebnis  dieser  VeTsachsreibe  ist,  daß  das  Lernen  »im  ganzen« 
sowolil  bei  der  Erlernung  wie  auch  bei  der  Wiedererleninng  weit 
Torteilhafter  ist  als  das  stllekweise  tot  sich  gehende  Lernen  »in 
Gruppen«  oder  »im  gebr.  ganzen«.  Das  letzte  Verfahren,  bei 
welehem  wir  den  Einfloß  der  absoluten  Stelle  eliminiert  zn  haben 
glaabtcn,  hat  sieb  gänzlich  nnQkonomiscb  erwiesen.  Man  kann  die 
Resultate  jedes  Vcriaiireus  in  t'olgeudem  Schema  zasammcului>äeii : 


Z-Tabelle  2, 


xum  £ri<Tiioi) 
einer  Beilic 

1 

1 

• 

zum  Wiedorcrlcmen 
einer  Beflie^ 

1  1 

I  / 

s; 

1 

Art 

x" 

-  ■ 

O 
Ii 

•  .5 

de« 

LerneoB 

1 

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»  © 

Ii 

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•  s  ^ 

i,  [f 

1^  2 

a  o 
2  J=  » 

<-»  . 
a  S  i« 

II 

Ii 

1.  Im  gebr.  ganzen  } 

2<J,2 

21 
31,6 

> 

8,2 
9^ 

l-l 

2.  la.  f^auzen          J  ^^^^^^ 

> 

6.7 
8.2 

öS 

1 

3.  In  Qmppeu  | 

1 

> 

1  1 

7,46 

6,7 

^  mm 

SWBS 

Beim  Lernen  »im  gebr.  ganzen«  sind  die  Differenzen  des  laolen 
and  lanilosen  Lernens  merkwUrdigerweise  ganz  yersohieden  aas- 
gefallen. Der  Unteisehied  zwischen  lantem  and  lantlosem  Lernen 
ist  aber  am  denffichsten  beim  Verfahren  »im  ganzen«  zu  finden. 
Znm  aknstiseh-motori sehen  Exlemen  einer  GkBeihe  branehte 
die  Vp.  16  Wiederholungen;  beim  visnellen  Erlemen  waren  hin- 
gegen 26,3  Wiederholungen  notweudi^^.  Auch  beim  Wiedcrcriemen 
ist  dassclho  zu  sehen. 

2)  Nacii  diesem  klnron  Ergebnisse  ist  ^^^r  nieht  sebwer  zu  ent- 
scheiden, ob  beim  Ericruen  und  Wiedercrlcruen  der  Silbenreihen 
hier  das  visuelle  oder  akustisch-motorisehe  Element  des  Gedächt- 
nisses die  dominierende  Rolle  spielt  Die  Angaben  der  Vp.  da- 
rüber lanten  folgendermafien: 

»Beim  laatlosen  Lesen  laufe  ich  Gefahr,  di^enigen  Sflben,  die 
ich  vorläufig  nicht  zn  behalten  brauche  (»Lernen  im  gebr.  ganzen«). 


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Untersachuagen  zur  Ökonomie  und  Tecluük  des  Lemeus.  443 

nur  mit  den  Augen  zu  überfliegen,  ofane  sie  wirklich  aufzufassen. 

Statt  dessen  habe  ich  die  Neigung,  während  dieser  Zeit  die  zu 
lernende  Gruppe  zu.  wiederholen.« 

»Wenn  ich  eine  Silbenrcilie  hiutlos  ^'eleseii  habe,  so  selieiiit  mir 
die  lieprodnktion  ersehwert  zu  sein.    Nameuthcli  stört  es  mich|  daß 

ich  plötzlieh  den  Klaug  der  Silben  höre,  wenn  ich  aufsage  

Bewegungen  des  Kehlkopfes  und  der  Zunge  sind  beim 
lautlosen  liCrncn  ziemlich  schwer  zu  unterdrücken.  Achte 
ich  daianfy  daß  ich  sie  nnterlaase,  so  ist  die  Anfinerksamkeit  tob 
den  Silben  abgelenkt  Übeihanpt  ist  es  mir  beim  lanten  Leaen 
leichter  mich  zn  konzentrieren;  ebenao  wird  die  SelbstkontroQe 
erleichtert  dnrch  den  Zwang,  die  Silben  wirklich  denflich  aiis- 
znzprechen,  eo  dafi  der  YenochBleitn*  et  hlM.  Bei  der  TiBnellen 
Art  des  Lernens  mnß  ich  mich  selbst  strenger  kontrollieren,  ob 
ich  wirklieh  lese. 

Wenn  ich  trotzdem  die  gleiehe  Anzahl  von  Wiederholungen 
branehtc.  so  fUhre  icli  en  darauf  zurttck.  daß  das  Wortklaughild 
beim  lautlosen  Lesen  doch  vorhanden  ist.«  (Frln.  Kel.)  Aus  den 
eben  angeftihrten  Angaben  geht  nun  hervor,  daß  bei  dieser  Vp. 
das  akoBtisch-motorizche  GedächtniBelement  das  Übergewicht  yor 
dem  Yisnellen  besitzt,  was  nm  so  bemerkenswerter  ist»  als  die  Vp. 
sehr  herabgesetzte  HOrschlrfe  zeigt. 

3)  Es  ist  nnr  noch  zn  erwShnen,  daß  das  Ver&luren  »im  gebr. 
ganzm«,  wie  man  es  auch  ans  den  Besnltaten  ersehen  kann,  das 
schwerste  war.  Es  fiel  der  Vp.  namentlich  anfierordentüch  schwer, 
ihre  Aufmerksamkeit  auf  eine  bestimmte  Gruppe  einer  gebr.  ganzen 
Reihe  längere  Zeit  zu  fixieren.  Das  Uuluatgetllhl,  daa  sie  bei  der 
Anwendunjr  dieses  Verfahrens  bekam,  trug  stets  zur  Vergrößerung 
der  Wiederhol nngszahl  bei.  Hingegen  fühlte  sie  sicli  immer  an- 
genehm berührt,  Bobald  ihr  eine  Keihc  >im  gauzeu«  oder  »in 
Gmppen«  zum  Erlemen  dargeboten  wurde.  Zar  Erörterung  der 
Frage  lohnt  es  sich  der  Htthe,  einige  Bemerknogen  der  Vp.  hier 
anzofllhren: 

»Es  seheint  mir  leichter,  die  Reihe  »im  ganzen<  zn  erlernen, 
weil  ich  die  Anfmerksamkeit  allen  Silben  gleichmäßig  zu- 
wenden kann,  das  Ifiilesen  der  nicht  zn  lernenden  Silben  beim 
Lernen  »im  gebr.  ganzen«  wbrkt  sehr  stttrend«.   (M.  Kel.) 

Aus  Vorstehendem  sind  besonders  die  folgeudcu  Punkte  her- 
Torzuheben: 


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444 


dnisto  Pentsehew, 


1)  das  Lernen  ^im  ganzen  <  i»t  gttnstiger  und  sicherer  als 
die  beiden  Übrigen  LemTerfidiren; 

2)  die  fraktionierende  Lemweiae  ist  nm  so  noTorteittiafter,  in 
je  mehr  Abschnitten  eine  Silbenreihe  auswendig  gelernt  wird ; 

3)  eine  6-Reihe  haftet  fester  im  Gedilchtnis  als  irgend  eine 
fraktionierende  Beihe; 

4)  die  motorische  Seite  des  Lernens  spielt  bei  dieser  Vp.  die 
Uberwiegende  Rollo;  die  Unterdrückuu^;  der  Bewegung;  der 
Kehlkopßnnervati(MK-n  ist  anfangs  beim  visuellen  Lernen  fast 
nninöglich;  mit  fortschreitender  Gewöhnung:  al>er  ttbt  sie  keine 
größere  Wirkung  mehr  auf  das  Lernen  aus. 

§  14.  Yersnehsreihe  4. 

L  Die  Versnchsteohnik. 

Um  den  Untersehied  swisehen  dem  Ver&hren  »in  Gruppen«  und 
dem  Lemmi  »im  ganzen«  noch  deutlieher  zu  machen,  habe  ich  als 

Stoff  dieser  Yersnehsreihe  15-  and  16  silbige  Reihen  gewählt  Beim 
Aufhau  dieser  Kcilienliiugen  kamen  noch  die  Vokallaute;  ee,  oo, 
ie  und  oi  in  Anwendung.  Alle  Anfanjrskousonanten  wnrden  un- 
gleich ah  Kn<lknti^nii:iuten  verwendet.  Die  Versuche  wurden  am 
7.  Juni  angefangen  und  nach  17  Versuchstagen  schon  unterbrochen, 
da  der  Unterschied  zwischen  beiden  Lemverfahren  sehr  deutlich 
war.  Zeit  des  Experimentierens  war  hier  dieselbe,  wie  in  der  Ver- 
suehsreihe  3.  Die  Geschwindigkeit  der  rotierenden  Tronmiel  wurde 
ftlr  eine  16-  und  eine  IBsilbige  Beihe  im  Verhältnis  zu  deqenigen 
einer  12silbigen  Reihe  auf  12,5  und  13,5  Sekunden  per  Umdrehung 
festgesetzt  Tiglieh  kamen  zwei  neue  ^benreihen  vor:  von  denen 
eine  15-  und  die  andre  eine  Ißsilbige  Rdhe  war,  die  stets  24  Stund, 
später  wiedererlemt  wurden.  Die  Erlernung  und  die  Wiedererlemung 
der  Silbenreihe u  ^;c^c;haii  imüier  bis  zur  ersten  lelileiloscn  Kepro- 
duktion,  die  wie  immer  zn  der  Anzahl  der  Wiederholungen  nicht 
mitirereehnet  wurde.  Die  Vorüihruii^^  der  Silbenreihen  erlolgtc  m 
folgender  Anordnung:  am  1.,  3.,  5.  u.  s.  w.  Versuchstagc  lernte  K. 
eine  in  drei  Gruppen  zerlegte  lösUbige  Keibe  und  eine  lösilbige^ 
die  in  zwei  Hälften  geteilt  war,  auswendig;  am  2.^  4.,  6.  u.  s.  w. 
Versuehstage  kamen  wiedemm  eine  15-  und  eine  16  silbige  Beihe 
yer,  welche  aber  »im  ganzen«  erlerat  wnrden.  Das  Verfahren  »im 
gebr.  ganzen«  wurde  nicht  weiter  angewendet   Aufierdem  habe 


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Unteranchungen  mt  Ökonomie  der  Technik  des  Lernens. 


445 


ich  noch  dafiUr  Sorge  geirageUf  dafi  eine  15-  oder  lösilbigeBeihe 
an  einem  VeFBuehstag  an  erster»  am  anderen  an  zweiter  Stelle  er- 
lernt worden.  Die  Yp.  las  die  Silben  immer  laut  ab.  Kaeh 
jedem  Hersagen  wurden  sowohl  die  richtig  als  aneh  die  fiilsch 
reproduzierten  Silben  jedesmal  im  Protokoll  notiert  Die  Anzahl 
des  Anfsagens  wurde  ebenfalls  aufgezeichnet 

n.  Resultate  der  Versuchsreihe  4. 

Die  Differenzen  zwischen  beiden  Lernvcrfakreii  sind  hier  noch 
betriichtlicher  anB^efallen  als  in  Versuchsreihe  3. 

Stellt  man  die  Resultate  der  ersten  und  zweiten  Silbenreihe  zu- 
sammen, so  erhält  man  die  folgenden  Durchschnittswerte. 


Z-Tabelle  3. 


Erlernung 

»1 

:e« 

Wiedererlemung 

ff) 

Beihenliinge 

der  Reihe 
1  Grappen 
notw.W. 

der  Reihe 

uotw.  W. 

Differenz 

4  Stunden  Bp 

Isli 

er  Reihe  v. 
estern  im  g. 
uotw.  W. 

Differenz 

P  <  S 
S^Ä 

2  fe-2 

•S^  o 

g  '  2 

e  S.9 

H  a 

9 

<M 

tu 

o 

L  lMb.Beihe 

19,75 

17,2 

2,55 

» 

'  7,2 

6,9 

0,3 

64 

60 

Sl  ISiOb.  Reihe 

26,75 

20,26 

6j6 

> 

i  1 

.  8,6 

7,46 

1,26 

68 

68 

Hieniach  ist  ohne  weiteres  anzuuehmeu,  daß  das  Lernen  >im 
ganzen«,  Bowuhl  bei  der  Erlernung,  wie  auch  bei  der  Wiedererlemung 
der  Silbenreihen,  entächiedeu  vorteilhafter  ist,  als  das  frak- 
tionierende, und  zwar  je  läng^erdie  Silbenreihe  war,  desto  bctriicht- 
licher  fiel  auch  die  Differenz  zu  Gunsten  des  ersten  Lemver- 
fsbrens  ans. 

§  16.  Individuelle  Eigentümlichkeiten  des  Gedttehtnisses 
beim  Lernen  der  Silbenreihen. 

1)  Anfangs  lernte  Frln.  K.  die  Silbenreihen  im  Jambus  und  diese 
Betonungsweise  der  Silben  schien  ihr  sehr  angenehm  zu  sein.  Als 
sie  aber  eine  Geschicklichkeit  beim  Lesen  und  Keproduzieren  des 
sinnlosen  Materials  gewonnen  hatte,  so  wechselte  oft  der  Jambus 
mit  dem  Trochäus  ab.  Hatte  sie  eine  12silbige  Reihe  in  Gruppen 
zn  je  vier  Silben  zu  lernen,  so  wurden  die  1.»  5.  und  9.  Silbe  in 
der  Regel  durch  einen  Hauptictns  an^gezeichnet    Reim  Lernen 


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446 


Chriito  Pflotiehew, 


R-Tabelle  1 
Zeit  des  Experinentieniui:  von  IIV4  9^  ^ 


15-  und.  ltisübi|;e  Keihen: 


• 

I  Dieaemea 

i  n  m 

Erlernen 

1 

1 

... 

al 

tarn 

fliTipr  T? 

VlU  vT  1       I  b  '  1 

Art 
d  e§ 
Le in  e  ÜB 

der  Reihe  1 
notwendige  Wiedeiholnngen 

a 

0 

B  m 

n 

a 

.s 

s 

CS 

s  ^ 

H 

Q 

die  aus 
X  Silben 

betteAit 

I.  Gruppe  . 

II.  Gruppe 

1 

III.  Gruppe 

V. 

Im  ganzen 

Dauer  des  1( 

Hersagei 

Anzahl  dei 

^  5 

^1 

'S  M 

1. 

7  JaniOl 

1  

15silb.iC 

InQr.snjeSS. 

8 

1 

8 

14 

80 

16,5 

0 

16B.B. 

2. 

8.   »  > 

16   »  > 

Im  gui«n 

21 

16 

4 

15»  » 

3. 

9.    »  . 

1 

16   >  > 

InGr.snjeSS. 

10 

14 

12 

86 

18 

4 

• 

16»  » 

4. 

10.    >  >, 

15    »  > 

Im  gaasen 

17 

15 

3 

• 

16»  * 

ö. 
6. 

11.    »  . 

15    »  . 

InOr.nije5S. 

2 

2 

1 

18 

18 

16»6 

5 

• 

16»  » 

12.   »  > 

16    >  » 

Tm  flnuisAn 

19 

22 

3 

MAß  9  m 

7. 

13.    >  > 

16   »  > 

InGr.iajeSS. 

9 

10 

6 

26 

28 

4 

15»  » 

8. 

14.    .  > 

16   »  . 

Im  ganzen 

17 

85 

3 

16»  » 

q 

15.    »  » 

16  »  » 

b6r.snje58. 

1 

1 

8 

18 

18 

22,5 

5 

16»  * 

in 

16.    .  . 

16    >  > 

Im  ganzen 

19 

80 

3 

15»  » 

11 

17.    .  . 

in  (ir.  in  Je  00. 

6 

9 

9 

84 

26 

4 

10  »  » 

12. 

18.   .  . 

15    .  . 

In  gaaien 

16 

25 

3 

16»  • 

13. 

19.   >  > 

16   >  > 

laQf.mJeöa 

2 

1 

2 

15 

20 

15 

4 

16»  » 

14. 

20.    .  . 

16    >  > 

Im  gtnken 

22 

80 

3 

15»  > 

16. 

21.   .  . 

16    .  . 

InGr.iaje88. 

8 

8 

7 

28 

28 

4 

»  1 

15»  » 

16. 

22.    >  J 

16    .  . 

Im  giBM 

19 

18 

3 

16»  » 

17. 

24.1).  » 

16   »  . 

Im  gannn 

18 

19 

3 

15»  > 

16    .  . 

In  Gr.  an  je  68. 

1,76 

1,26 

2,26 

13^76 

19 

17.6 

5 

15»  » 

16   »  . 

Im  ganzen 

., 

17,25 

2.3 

3 

15»  » 

16    .  . 

In  Gr.  an  je  88. 

8^ 

1(V26 

8y5 

27 

23 

4 

16»  » 

16   >  » 

Im  ganzen 

193 

28^4 

6 

16»  » 

1)  Es  wurde  am  23.  Juni  kein  Yeiaach  aoagefUhrt 


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UntenDehnngen  wu  ökonomio  der  Taclmik  des  Lernen».  447 


(VeräucbBreihe  4). 

Yenncluipenoii:  VrL  H.  Kel. 
17  VefSuciutAge. 


8  i  1  b  e  m  r  < 

}  i  h  e  n 

Die  ftltea  Reiben 

K  r  1  •  r  B  e 

n 

43 

znm  Wiedererlemeik 

(Ter  Keihe  II 
B0tweiidig;c  Wiederliolan^en 

t- 

der  Reihe  II 

1    der  ReOie  I 

1   . 

Ar» 

U  9  m 

T.  A  »  ^  A  «1  d 
M»P  K  M  9  M.  0 

c. 

e 

III.  (iruppe  1 

t-,  TZ 

•^§§ 

1  a 
s; 

1 

— 
rt 

A 

1  ^ 
1 

Ii 

Heihe  von 
X  .Silben 

1 

Notwendige 
Wiederhol, 

! 

,  V- 

rt 

1 

Reihe  von  ' 
X  .Silben 

Notwendig-e 
Wiederhol. 

1 

3 

fliwi>iMi  je  0  0. 

D 

— 

0 

l 

17 

4 

■  ■  ■ 

> 

V.16S. 

8 

1 

|y.l5S. 

6 

21 

45 

3 

> 

>  15  > 

(i 

22 

»16» 

7 

18 

1 

t 

19 

24 

30 

6 

> 

»  10  » 

D 

18,6 

»    10  > 

18 

— 



— 

21 

26 

4 

* 

»  16  > 

6 

12 

»15» 

7 

16^ 

IiQr.ni  je  8S. 

9 

9 

9 

27 

16,5 

4 

» 

»16» 

10 

12^ 

.  16  . 

8 

2S 

16 

15 

2 

»15» 

6 

•14 

»16» 

6 

36 

AiQl.i«)e8S. 

2 

2 

1 

17 

22 

37 

6 

* 

»15> 

7 

12 

»  16  » 

8 

12,2 

- 

?i) 

» 

»16» 

v  1 

'  j 

»  16  » 

6 

15 

10 

8 

8 

26 

14,6 

4 

• 

»16» 

9 

13 

»15» 

8 

16 

— 

18 

20 

9 

> 

•  15> 

8 

22 

»16» 

8 

80 

1 

1 

16 

21 

.x) 

0 

» 

»15» 

6 

36 

»  16  » 

7 

88^ 

21 

24 

3 

* 

>  16» 

7 

60 

>  16  » 

7 

20 

8 

10 

8 

26 

18 

3 

>  16» 

7 

26 

»  16  » 

9 

40 

16 

17 

2 

> 

»  16  . 

8 

22 

»  16  » 

7 

18,5 

1 

1 

1 

12 

15 

19,6 

5 

»  15  > 

7 

14 

»16» 

10 

85 

20 

2ö 

H 

» 

»  16* 

9 

16 

»15» 

8 

86 

17 

24  [ 

:^ 

>  15» 

6 

24 

»16» 

8 

84 

liQr.nj65S. 

1,75 

1,25 

1,6 

16 

20,6 

25^ 

.  16» 

6,6 

19 

»^15» 

7,75 

£6 

Im  gnM 

17,2 

24 

2.(> 

>  >  > 

6,8 

20,8 

>  »  > 

7 

19,4 

10 

8,26 

8,25 

26,5 

16.5 

4 

.  16  » 

8.5 

15,ß 

16  . 

8,75 

28,4 

20,7 

25 

3  i 
1 

»  >  >  1 

7,3 

26 

... 

7,6 

28,7 

1;  Die  zweite  Keibe  wurde  niciit  erlernt,  da  die  Vp.  sehr  ermüdet  wsr. 


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448 


Christo  Pentecliew, 


einer  Gr^Keihe  hingegen  machte  sie  eine  Incision  zwischen  beiden 
Hälften  —  sie  wnrden  p:nwr)]inHch  trochäisch  gelesen.  Eine  15- 
Bilbige  Beihe  wurde  in  der  Weise  gelernt,  daß  sie  dnreh  swei  Zn- 
ciflioBen  in  drei  gleiche  Teile  zerfiel.  Schwieriger  kam  die  Vp. 
beim  Lesen  einer  lOsilbigen  Reihe  mit  dem  BhytbmoB  ans.  Sie 
sehnf,  Bo  zn  Bagen,  ans  der  Heihe  vier  Gruppen  und  betonte  das 
Anfangsglied  jeder  Gruppe  stürker.  Wenn  sie  Bah,  da8  sie  manche 
Silben  nicht  leicht  behalten  konnte,  worden  diese  lanter  and 
langsamer  abgelesen.  Beim  Wiedcrcrlemcu  ül)tc  der  Rhythmus 
einen  besonderen  Einfluß  auf  die  Wied(  rholuugszahlcu  aus.  Die 
Vp.  verlangte  stet««  zn  wissen,  ob  sie  gestern  die  Reihe  »in  Gruppen  c 
oder  »im  ganzen«  gelernt  und  welchen  Khythmns  sie  angewendet 
habe.  Vergaß  sie  manchmal  sich  danach  zu  erknudigen,  so  brauchte 
sie  immer  eine  größere  Anzahl  von  Wiederholungen. 

2)  Nicht  miwichtig  ist  auch  die  Art  and  Weise»  wie  sie  über- 
haupt die  Silbenreihen  gelernt  hat  Vor  allem  benutzte  sie  eunge 
Wiederholungen  nur  dum»  räieu  geeigneten  Rhythmus  heransm- 
finden,  erst  dann  suchte  sie  sieh  die  Sflben  anzudgnen.  Über 
diesen  Punkt  wußte  die  Vp.  folgendes  zu  berichten: 

»Am  leichtesten  behalte  ich  die  ersten  zwei  und  die  letzten  zwei 
Silben.  Zuerst  stocke  ich  gewöhnlich  bei  der  dritten  Silbe.  Habe 
ich  diese  erst  l)ehuiten,  so  behalte  ich  zugleich  auch  die  vierte. 
Die  7.,  8.,  9.,  10.  Silbe  hehalte  ich  am  schwersten,  es  sei  denn, 
daß  gerade  diese  Silben  etwa.s  Besonderes  im  Aussehen  oder  im 
Klange  haben;  beispielsweise:  »jeip«  erscheint  mir  sowohl  im  Aus- 
sehen  als  im  Klange  auffallender  zn  sein  als  >bis<,  »naf«  etc.  .  .  .< 

»Ich  suche  immer  amerst  die  1.,  6.  und  9.  Silbe  einer  12silbigea 
Reihe  und  das  Anfangsglied  jeder  Gruppe  einer  15-  oder  lÖsilMeen 
zn  behalten.  Ich  suche  weiter  nach  ugend  einem  Merkmal,  das 
die  oben  bezeichneten  Silben  kennzeichnet  So  merkte  ich  mir 
z.  B.  in  dieser  Reihe}  daß  sowohl  die  5.  als  9.  Silbe  einen  Umlaut 
hatte.«   (Die  Silben  der  Reihe  waren:  gttf  und  hOz.) 

»Die  letzte  oder  die  beiden  letzten  Silben  behalte  ich  leicht, 
was  ich  auf  die  Pause  zurückführe,  die  ihnen  folgt,  während 
welcher  sie  noch  im  Bewußtsein  nac!  klingen.  Weiß  ich 
erst  die  beiden  letzten,  so  behalte  ich  die  l»eiden  vorangehenden 
mit  Leichtigkeit,  daher  kommt  es»  daß  ich  die  letzte  ^silbige  Gruppe 
meistens  mit  der  vorangehenden  zugleich  behalte«  ...  (Es  ist  die 
Rede  vom  Verf.  »im  gebr.  ganzen«.} 


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üntennchnngen  snr  dkonomie  und  Technik  des  Lernemi.  449 

3(  An»  dem  Vorstehenden  ist  also  zu  entnehmen,  daß  die  mitt- 
leren Silben  einer  Reihe  am  sehwersten  gemerkt  worden 
waren.  Wie  schon  erwShnt^  hat  der  Versnehsleiter  naeli  jedem 
Versuche  Ton  Seiten  der  Vp.,  die  Reihe  anfmagea,  die  repro- 
duzierten Sflben  im  FlrotokoU  aufgenommen.  Ans  den  notierten 
fiemerknngen  geht  nnn  hervor,  daB  die  1.  Sflbe  einer  12-  nnd 
einer  16gilbigen  Reihe  am  schnellsten  eingeprägt  wurden.  Die 
Schiiolliiikcit  der  Einpräguiig  der  übrigeu  Silben  einer  12-  oder 
lösiibi^en  Reihe  zeigt  folgende  Anordnung: 

12silbige  Reihe:  1,  2,  12,  3,  4,  11,  5,  H,  H,  9,  7,  10  =  12  Silben. 

IGsübige  Reihe:  1,  2,  3,  4,  13,  5,  7,  16,  8,  6,  9,  15,  14,  10, 
12,  11  ==  16  Silben. 

Die  hier  angeführten  Zahlen  zeigen  deutlich,  daß  die  Aufmerk- 
aamkdt  der  Vp.  sehr  iingleiehmäßig  anf  die  SUben  einer  Reihe 
rerteat  war.  Auf  Onmd  der  gewonneiifin  ZaUen  kOmvIe  man  viel- 
leiekt  folgende  swei  KnrFCn  der  Anfinefksamkeit  anfteiohiien: 


I  ,.  .   KW 


M  daer  ISsOhlgea  BoOm« 


i.  Koazentration  der  Aafmerkäamkt^it  bei  einer  Itisilbigen  Reihe. 


Wie  leieht  zu  sehen  ist,  bildete  den  Knlminationspnnkt  der  Auf- 
merksamkeit die  erste  Silbe  jeder  Reibe,  dann  nahm  sie  allmftblicb 

ArtMT  Ar  rqrflhotofi«.  L  80 


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460 


Chrürto  Pentaehcnr, 


ab;  bei  der  10.  Silbe  einer  128ilbigcn  Reihe  und  der  11.  ciucr 
16sUbigeB  Beihe  war  ne  am  tiefsten  gefiankeu,  gleich  darauf  stieg 
sie  rascher  an. 

4)  Die  Beprodaktion  der  Silben  erfolgte  immer  bei  geseUosBeneD 
Augen,  da  die  Yp.  fttichteto,  dnreh  €leneblabilder  dann  gegtOrt  eb 
werden.  Das  Aafiagen  war  sieher,  aber  sehr  iuiregelmäB%.  Wenn 
de  beim  Beginn  des  Anfeageas  die  erste  Sflbe  mckt  Tetgeesen  hatte, 
so  erfolgte  die  Beprodaktion  der  Sflben  sehr  mhlg.  Fehlte  die 
erste  Silbe,  dann  bedurfte  sie  groBer  Anstrengnng,  sieh  daran  zu 
erinnern.  Als  normal  wurde  eine  Kcproduktiou  betrachtet,  weun 
sie  innerhalb  einer  Minute  erf()lp:te.  Während  der  Zeitdauer  der 
Versnob e  kamen  aber  auch  Öübeu  TOr,  die  erst  nach  75  Sekunden 
reproduziert  wurden. 

5)  Die  Vp.  bildete  verhältnismäßig  wenig  AK^oziationen,  die 
meistens  Namen  waren.  Aueh  die  Tendenz,  den  Silben  eine  Dea> 
imtg  an  geben,  war  bei  ihr  vorhandeh.  BeispielsweiBe:  ans  »pit< 
machte  sie  den  Namen  »Pitt«,  aus  »pekc  —  »Peking«  a.s.  w. 
Wenn  der  Vp.  manche  Silben  stets  entseUttpften,  so  snchte  sie 
nach  Mitteln,  sie  an  behalten;  die  auf  diese  Wdse  gebfldelen  Asso- 
ziationen aber  yeisehwanden  stets  beim  Bepcodmderen.  Die  An- 
gaben der  Vp.  darüber  sind  folgende: 

»Daß  ich  die  Reihe  I  sehr  schwer  gelernt  habe,  lag,  wie  ich 
glaube,  an  den  zahlreichen  Assoziationen,  die  ich  bildete  und  die 
iramer  meine  AnfmerkHamkeit  ablenkten.  liciin  Aufsagen  weiß 
ich  in  der  Regel  keine  Silbe  zu  nennen,  bei  der  ich  Assoziation 
gebildet  habe.  Die  Beihe  II  dagegen  habe  ich  leichter  erlernt,  da 
ich  daher  durch  keine  Assoziation  gestört  wurde.  Z.  B.  beim 
Lesen  der  Silbe  »zesc  habe  ich  sofort  eine  Association  gebildet 
dennoch  behielt  ich  diese  Silbe  sehr  lange  nicht,  da  diese  Asso* 
siation  schon  beim  Aufsagen  aus  dem  Gedächtnis  Terachwaad.« 

Es  wurden  anch  Assoziationen  nach  Klangthnlichkeit  gebQdet, 
die  aber  ebenftUs  stOrend  wirkten.  Ganze  Sütse  entstanden 
niemals. 

6)  Die  Leichtigkeit  der  EinpiU^ung  der  Silben  hängt  sehr  vom 
Klangcbarakter  ab.  Auch  das  Aussehen  der  Silben  spielt  eine 
große  Rolle.  Silben,  die  als  Vor-  oder  Nachsilben  in  der  Sprache 
Torkommen,  sind  leicht  zu  merken,  z.  B. :  keit,  heit  etc. 

Die  Vp.  hatte  immer  den  Eindruck,  daß  die  lang  anssehendea 
Silben  mit  zwei  Vokalen  sich  leicht  einprägen^  z.  B.  «daas«.  Ans 


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UntOTBachungen  snr  OkoBomie  nnd  Technik  de»  Lernens.  461 

dem  Protokolle  ist  aber  zn  entnehmen,  daß  die  Diphthonge  and 
tH)ppelyokale  sebwer  sn  merken  wuen.  Aneh  werden  Süben  mit 
Diph&ongen  leieht  verweehselt  lYolxdem  ist  nieht  leiefat  zn  enfr- 
sehdden,  ab  Vokale  oder  Konsonanten  Bdmeller  eng^iiigt  werden. 
Die  Leiebtij^eit  der  EinprSgung  yerBebiedener  Konsonanten  und 
Vokale  war  TerMbieden  nach  den  Lemarten.  Je  naeb  dem  braten 
oder  lautlosen  Leraen  haftete  ein  nnd  derselbe  Konsonant  oder 
Vokallaut  ganz  verschieden  lau^'e  im  Gedächtnis.  Die  Diph- 
thonge wurden  beim  visuelleu  Lernen  sehr  hänfig  verwechselt.  Beim 
akustisch-motonBciien  Lernen  aber  wurden  sie  viel  schneller  be- 
halten als  die  £ndkonsouanten.  K.  erinnerte  sich  ferner,  keine 
Silbe  rein  visnell  im  Gedächtnis  eingeprigt  zn  haben.  8ie  war 
■ich  der  Bicbtigkeit  einer  kurz  vorher  erlernten  Silbe  nnr  dann 
bewußt,  wenn  das  Klangbild  derselben  zn  gleieber  Zeit  reprodnsiert 
wurde.  Demenisprecbend  erklSrte  sie,  dafi  beun  stOIen  liomen, 
motoiiflebe  Begleitersebeinnngen  gar  niebt  an  nnterdrOeken  seien. 
DanniB  ist  nun  so  sdüiefien,  dafi  das  Tisnelle  Element  in  ibrem 
GkdXebtnis  nnr  eine  sehr  geringe  Rolle  spielt 

7)  Hinsichtlich  des  Vergessens  ist  zn  bemerken,  daß  dasselbe 
bei  K.  gleich  nach  der  Erlciuuii^^  einer  Reihe  nicht  so  stark  znr 
Geltung  kam,  wie  dies  bei  P.  der  Fall  war.  Zur  Probe  habe  ich 
du-  Vp.  öfters  aufgefordert,  eine  bi«  zum  ersten  AufBap-en  erlernte 
Silbenreihe  zweimal  hintereinander  herzusagen,  was  ihr  immer  ohne 
Stoeknng  gelang.  Die  Reproduktionsdaner  einer  12  silbigen  6-Reihe 
dauerte  bei  P.,  den  ich  als  raschen  Lemer  betraebte,  7,9  Sekunden 
—  wihrend  sie  bei  K.  15,9  Sekunden  betrug  —  ja  manche  Silben 
wurden  erst  naeb  60,  60,  sogar  naeb  75  Sekundoi  repioduzierL 
Das  Behalten  ist  aber  bei  dieser  Vp.  dauernder  als  bei  P.  Ab- 
nefadieb  babe  ieb  ganze  Reihenhälften  nach  8, 10, 12  Tagen  wieder- 
erlernen  lassen,  die  sofort  von  der  Vp.  wiedererkannt  wurden; 
während  P.  nicht  nnr  einzelne  Silben,  sondern  ganze  Gmppen  TOn 
Silben  nach  noch  kürzerer  Zeit  gar  nicht  wiedererkannt  hatte.  Es 
ist  daher  nicht  öberfltlssig  zu  sagen,  daß  das  häufige  Wieder- 
erkennen der  Silb(  n  vielleicht  als  Mafistab  für  das  dauernde 
Behalten  dienen  kann. 

8)  Es  ist  femer  der  Umstand  nicht  zu  übersehen,  daß  E.  gleich 
am  Beginn  des  Lernens  ihre  Aufmerksamkeit  nicht  rasch  auf  das 
zu  erlernende  Stttck  zu  wenden  yermoebte;  war  sie  aber  euimal  kon- 
zeutiiert,  so  konnte  sie  niebt  leicbt  xerstreut  werden.  Daher  kam 

30« 


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452 


Chxiflto  Peatiehew, 


es,  daß  die  Silbenzahl,  welche  unmittelbar  nach  eiumali^'er  Wieder- 
holung derselben  fehlerfrei  herprepagt  werden  konnte,  nur  filuf  betrug. 

9j  Auch  der  Einfluß  der  Zeitlage  war  bei  jedem  Lemverfahren 
gansTersehiedeu.  Beim  G-Verfahren  waren  fttr  eine  128übige  Bedie^ 
die  an  errter  Stelle  erimt  wurde,  14,6  Ifimiteii  notwend^  —  ftr 
die  zweite  Belhe  18  IGnitteii.  Bei  T^Verfohien  ist  ee  gerade  mb- 
gekdurt;  die  Reihe,  die  stets  an  zweiter  Stelle  kam,  wurde  mit 
bfiherer  AnzaU  yon  Wiederholmigen  erlernt 

10)  Die  Obnng  trat  bei  K.  sehr  dentlieh  zn  Tage.  Man  kann 
sich  sicher  davou  überzeugen,  wenn  man  die  Versuche  mit  12-,  15- 
und  Ifisilbij^en  Reihen  miteinander  vergleicht  Ich  möchte  hier 
darauf  hinweisen,  daß  die  Vp.,  im  Beirinn  der  Versuche,  für  eine 
128ilbip:e  Reihe  ilhcr  Wiederholungen  braue lite,  am  Schluß  der- 
selben nur  11.  Um  die  fortschreitende  Übung  zu  koustatieren,  habe 
ich  in  der  zweiten  Hälfte  der  Versuchsreihe  4  neben  15-  und  16> 
silbigen  G-Beihen  noch  eine  12  silbige  eriemen  lassen.  Diese  drei 
Sikbenreilien  worden  also  stets  bei  dem  iQgelmifiigen  Wechsel  ihrer 
Zeiflage  erlernt  and  wiedererlemt 

Am  Ekde  ergaben  sieh  folgende  Mittelwerte: 


Z-Tabelle  4. 


Beihealänge 

Er- 
lernung 

•n  später 

Wieder- 

er- 
lemang 

Differenz 

EcBpar- 

nisse  in 
Proa. 

1.  Für  ein«  18nlbige  G-B«ihe 

2.  »     >  15    >  > 
8.  »     »  16    »  » 

18  W. 
17  » 
19,6  » 

w 

1 

6.5  W. 

6.6  > 
7,76  . 

6,5  W. 
10,4  . 
11,75  . 

60 
60  i) 
6S 

Die  durchschnittliehe  Anzahl  der  Wiederhoiongen  betrag  in 
der  Vermehsreihe  a  fltar  eine  12silb|ge  G^Beihe  16,  hier  aber  13. 
Sieher  wllide  die  letzte  Zahl  Ton  Wiederholungen  noeh  kleiner  ans- 
fiiUen,  wenn  nieht  an  einem  imd  demselben  Tage  drei  Silbenielhen 
znr  Anwendung  kftmen,  wodurch  die  Vp.  sich  sehr  ermttdet  fttUte. 

11)  Ferner  konnten  die  oben  gewonnenen  Mittelwerte  zugleich 
noch  dazu  dienen,  die  von  Ebbinghaus  festgestellte  Tatsache  über 
den  Einfluß  der  Keiheuläuge^j  zu  bestätigen.  Wie  mau  sieht, 

1)  Die  ErsptmiBBe  einer  15-  and  168ilb.  0-Bdhe  gelten  fttr  die  gaase 
Zeitdauer  der  Venadureihe  7. 

^  EbbinghaaB,  Über  daa  OedlcbtniB  a.  a.  0.  S.  114. 


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ITnternichiiiigeii  nur  Ökonomie  uid  Technik  des  Lernens.  453 

hat  die  Vpw  24  Stunden  später  zum  Wiedererlomen  einer  12Bilbigeii 
G-Reihe  gerade  die  Häl^  (ÖO  )  des  eisten  Anfwandea  der  Wieder^ 
holnngen  gebraneht,  während  die  Enpamis  einer  16sÜbigen  G* 
Reihe  63  fi(  befemg,  was  eben  sagen  mSL,  daB  die  lingeie  Sflben* 
reihe  auch  feeter  im  Gedichtnis  gehaftet  hat. 

n.  Untersnehnng  mit  8inn7ollem  MateriaL 

§  16.  Vers nchs reihe  5. 

iu  diefcjer  Ver.siU'hsrL'ihe.  in  welcher  wieder  K.  i\U  Vp.  iiinj^ierte, 
bediente  ich  mich  sinnvollen  Materials.  Die  zu  erlernenden  Strophen, 
deren  jede  aus  acht  Zeilen  bestand,  waren  aus  SchillerB  Übersetzung 
des  zwdten  Baches  derÄneide:  der  Zergtörnng  vonTroja  ge- 
nommen. Es  wniden  keine  Yorttbongen  angestellt,  sondern  am 
1.  Juni  1901,  sechs  Tage  nach  Beendigong  der  Untersnehnng  mit 
sinnlosen  8ilbenrdhen,  wurde  sofort  mit  den  eigentlichen  Yersnehen 
begonnen;  schon  am  11.  wurden  sie  abgebrochen,  da  sich  bald 
beransstellte,  daß  das  Verfahren  »im  ganzen«  Yiel  tfkonomiseber 
ist  als  das  stückweise.  Wie  in  der  Versuchsreihe  4  fanden  die 
beiden  Lemweisen  an  dcmsellien  Ver8uehstu«re  ncbeni'inaiuk'r  statt 
Die  Vp.  hatte  also  täglich  vier  neue  aelitzeiliire  Strophen  aufwendig 
zu  lernen,  von  denen  zwei  Strophen  >ini  ^^auzen«^  nnd  zwei  »in 
Teilen«  durchgenommen  wurden.  Die  Strophen,  die  nach  dem 
letzten  Verfahren  erlernt  werden  mußten,  wurden  aber  ni(;ht  ganz 
in  derselben  Ordnung  entnommen,  in  welcher  sie  im  Gedichte  auf- 
einander folgten,  sondern  so,  daß  jede  Strophe  sich  in  einiger- 
maßen  ungezwungener  Weise  in  zwei  gleich  lange  HiUften  teQen 
ließ.  Die  neuen  Strophen  wurden  immer  24  Stunden  später  bis 
znr  ersten  fehlerlosen  Reproduktion  wieder  gelernt  —  sodaß  also 
tMglicb  acht  Strophen  Torkamen.  Die  Zeitdauer  des  Erlemens, 
Wiedererlemens  und  des  jedesmaligen  Hersagens  wurde  möglichst 
genau  protokolliert.  Selbstverständlich  kamen  die  absoluten 
\V lederLülungszahlen  jedes  Lernverfalirens  vor  allem  in 
Betracht.  Außerdem  wurde  die  Vj).  instruiert,  so  weit  als  mb^- 
lieh,  die  Strophen  in  demselben  Tempo  zu  lesen,  das  sie  bei  den 
Silbenreihen  angewandt  hatte.  Der  Versuch  fand  morgens  TonSVi 
bis  gegen  9  Uhr  statt.  Die  Zeit  des  Experimentierens  wurde  also 
bei  dieser  Versuchsreihe  geändert,  da  die  Vp.  nur  Uber  diese  Stunde 
▼erfllgen  konnte.  Gleich  nach  der  Wiedererlemnng  der  Strophen 


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454 


Christo  Pwitsehev, 


trat  eine  kleine  Pause  von  zwei  Minuten  ein ;  liingegeii  wurde  nach 
der  Erleiniuig  der  enten  swei  Strophen  eine  Pause  Toa  5  IGnnleii 
lieobaebtet  Die  Aii  des  firaktionieiendeii  Veilahrens  wnide  In  der 
folgenden  Weise  ansgeflthrt:  Naehdem  die  beiden  Strophen  einmal 
gaau  durchgelesen  waren,  worden  sie  in  vier  TeQe  za  je  yier  Zeilen 
serieg:t.  Gleieh  darauf  las  die  Vp.  die  enten  vier  ZeUen  so  lange 
durch,  bis  sie  fehlerfrei  hergesagt  werden  konnten,  nachher  wurden 
die  letzten  vior  ZeiU'ii  dorselheii  Strophe  ebenso  gelernt.  Und  uuu 
versuchte  die  Vp.  dit'  gau/A  iStruplii-  In  rzusa^^en  —  gelanir  ihr  du,«* 
nicht,  HO  mußte  die  Strophe  hin  /.ur  ersten  fehlerlosen  Heproduktiou 
wiederholt  werden.  Ohne  Pausieruug  wurde  dann  die  zweite  Strophe 
in  derselben  Weise  erlernt  Hierauf  wurde  die  Vp.  aufgefordert, 
die  beiden  Strophen  herzosagen;  in  der  Re^el  wußte  sie  aber  dann 
nlebt,  wie  die  erste  Strophe  anfing,  so  daß  sie  zur  assoziatiyen 
Verbinditag  der  einzehien  Teile  beider  Strophen  immer  noeb  einige 
Wtedetholnogen  bnnebte.  Naeh  einer  Pause  Ton  5  Ifinnten  kamen 
nim  die  anderen  zwei  Strophen  an  die  Reihe «  die  ebenso  bis  zur 
enten  fehlerlosen  Beprodnktion  gelernt  wurden, 

§  17.  Resultate  der  Versuchsreihe  5. 

1}  Die  Ergebnisse  der  yontehenden  Versuehsroihe  deuten  darauf 
hin,  daß  die  beiden  G-Strophen  mit  viel  weniger  Wieder- 
holungszahlen erlernt  resp.  wiedererlernt  wurden  als  die 
T- Strophen^).  Die  beiden  O^trophen  wurden  mit  dnem  Ifinus 
von  14,5  Hinuten  erlerni  Die  höchste  Anzahl  von  Wiederholungoi 
fWr  das  stückweise  Verfahren  stieg  bis  auf  33  —  wfthrend  dieselbe 
tür  die  G-Strophen  kaum  14  erreichte.  Die  DiflFerenz  ftir  die  zwei 
Arten  des  Lernens  ist  beim  Wiedererlemen  nieht  so  beträeht- 
lich,  ubi  r  es  zei^^t  sieh  deutlich,  daß  die  beiden  G-Strophen 
fester  im  Gedächtnis  eingeprägt  worden  waren  als  die 
T-Stro]dien. 

2)  Vergleicht  man  die  beiden  Lemweisen  nach  ihrer  Zeitdauer 
des  £rlemens,  so  resultiert  auch  hier,  daß  die  G-Strophen  in  kürzerer 
Zeit  erlernt  wurden  als  die  T-Strophen.  Beün  Wiedererlemen  hin- 
gegen ist  die  Zeitdauer  ftr  das  G-Verfiihron  ungünstiger,  was  sagen 
will,  daß  die  vor  24  Stunden  erlernten  T-Strophen  schneller  wiedei^ 


1)  Unter  »T<8trophen«  sind  diejenigen  m  Terstehen,  die  in  Teilen  g«- 
lemt  worden. 


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Untersachangen  zur  Ökonomie  und  Teclinik  dos  Lerueu«.  455 

erlernt  wurden.  Femer  ist  die  Zeitdauer  des  Hersagens  sowohl 
naeh  der  Erlernung,  wie  auch  nach  derWiedererlemung  der  Strophen 
für  das  T-Verfahren  auch  vorteilhafter. 

3)  Die  Yorstehenden  Ergebnisse  beweisen,  dafi  der  Vorzug  des 
Lernens  »im  ganzen«  tof  dem  Btttckweiseu  Verfahren  in  über- 
raschender Weise  viel  deutlit-her  durch  die  absohiteu  Wicder- 
holuugszalilen  wird,  als  blos  durch  die  Messung  des  Zeitauf- 
wandes. Man  sieht  auf  der  Tabelle  der  Versuchsreihe  5,  daß  die 
T-btropheu  am  6.,  8.  und  10,  Versnchstage  sehnellcr  erlernt 
worden  waren  als  die  O-Strophen,  was  sich  hauptsächlich  dadurch 
erklären  läßt,  daß  die  letztgenannten  Strophen  unwillkürlich  mit 
langsamerem  Tempo  gelesen  wurden  als  diejenigen  des  frak- 
tionierenden Verfahrens.  Die  psychologische  Erklärung  daflir  wird 
B|ritter  noch  folgen.  Dasselbe  ist  auch  in  Bezug  auf  die  Zeitdauer 
der  Wiedereriemung  der  €h-Strophen  zu  sagen.  Man  braucht  hinr 
gegen  nur  einen  Blick  auf  die  Beihenfolge  der  einzelnen  Werte  dea 
(^Verfahrens  zu  werfen,  um  sich  daTon  zu  Uberzengen^  daß  von 
einer  Schwankung  der  Resultate  desselben  Verfahrens  gar  keine 
Rede  sein  kann.  Anch  die  Streuung  der  einzelnen  Werte  um  den 
Mittelwert  ist  beim  T-Verfnhren  keine  eroBere. 

4)  Zur  Entscheidung  der  Frage  Uber  die  Ökonomie  des  Lernens 
legte  die  Vp.  folgende  Bemerkungen  zu  Protokoll  nieder: 

»Durch  das  Lernen  »in  Gruppen«  wird  der  Zusammenhang  zer- 
stört Es  ist  besonders  wichtig,  die  erste  Zeile  jeder  Gruppe  zu 
behalten,  lerne  ich  »in  Gruppen«,  so  muß  ich  Tiermal  eine  be- 
sondere Anstrengung  machen.  Wenn  ich  eine  Gruppe  schon  erlernt 
habe  und  sie  nach  dem  EilemeiL  der  nächsten  Zellengruppe  wieder- 
holen muß,  so  Tenpllie  ich  dne  gewisse  Unlust,  so  viel  wieder 
TergeBsen  zu  haben.  Dieses  findet  jedesmal  statt,  w^in  ich  schon 
Gekonntes  wiedererlerueu  muß.« 

Ober  den  Einfluß  des  Inhaltes  und  der  Geftlhle  auf  das  zu  er- 
lernende Stück  berichtet  die  Vp.  folgendes: 

»Bei  fortschreitender  Übung  habe  ich  größere  Gleicbgiltigkeit 
dem  Inhalte  gegenüber.  Die  Gefühle  werden  ausschließlich  durch 
die  Tätigkeit  des  Lernens  bestimmt  und  nicht  durch  den  In- 
halt Lerne  ich  »im  ganzen«,  so  yerspttre  ich  bei  jeder  Wieder- 
holung größere  Sicherheit,  komme  in  eine  gewisse  angenehme 
Erregung  und  diese  wirkt  wahrseheinlieh  wieder  begUnstigend  auf 
den  VontelinngBYerlauf.  Lerne  ich  dagegen  »in  Gruppen«,  so  whrd 


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4fi6 


Chtiito  Fmtttktw. 


£- Tabelle  2 
Zeit  des  Experimentiereng  :  Si  «— 9  Uhr. 

Schiller:  Die  ZeiatüiuMg  vom  Troji: 


•/um  Krlcrnen 
d  c  r  Ü  t  r  o  p  ii  e  u  i  m  ^  a  II  /.  Ti 


tarn  Srlefs«m4«f 


«0 

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1  ^ 

1 

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öJifreiiH 

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18 

6 

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20il81 

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6 

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I 

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8 

16 

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& 

a  >  > 

I 

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11 

6 

40 

45 

6 

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24 

6 

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2 

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3 

0 

31,5 

25 

4. 

4.  »  • 

n 

880.29 

12 

8 

24,f; 

1 

H 

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I 

26 

6 

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3 

13 

4 

25 

27 

& 

5.  >  * 

I 

880.83 

18 

8 

26 

47.5 

ö 

II 

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?, 

H 

3 

9 

2 

öö 

19.3 

35 

7.   »  • 

380.39 

11 

9 

16,6 

22,6 

6 

I 

36 

4 

3 

2 

9 

H 

25 

19,3 

37 

7, 

8.  » 

i 

4<;  11.17 

10 

6 

26 

47,9 

6 

II 

48 

6 

3 

2 

10 

2 

47 

2G 

49 

& 

9*  >  » 

u 

69u.60 

14 

9 

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4 

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2 

9 

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23 

68 

9. 

10.  >  > 

i 

71 11.72 

10 

6 

06 

_ 

42 

6 

n 

TS 

4 

3 

13 

|4 

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74 

la 

u 

80o^l 

9 

8 

26 

67,6 

78 

3 

2 

7 

1 

44 

81 

79 

la 

n 

1-2- 

lu. 
U 

I 

4.4 

^3 

2,6  jXJ^ 

3|18|22,9|U 

das  durch  das  gelungene  Erlernen  einer  Gruppe  bewirkte 
aebme  GeflUil  durch  UnlnstgefhUe  nnterbroehen,  die  rieh  emgtelleii, 
wenn  eine  Bchon  erlernte  Gmppe  wiedecholt  werden  muß  mid  man 
bemerkt,  daß  man  sie  snm  Teil  wieder  Terlemt  hat  Dieeer  Vor- 
gang wiederholt  rieh|  so  oft  als  sehon  OekonnAes  wiedererlent 
werden  rnnfi.«  (K.) 

5)  Entsprccbüud  ihrer  langsamen  Adaptation  fand  Frlu.  K.  Jit 
PausierunfT  zwisrhen  Inideu  Lcmverfahren  einer  und  derselben 
Sitzung  st'br  nachtt)ilig.   Darüber  gab  sie  folgendes  zu  Protokoll  an: 

»leb  tinde,  daß  die  Pansen  wHhreud  des  Lernens  nicht  irllnstiir 
wirken.  Man  kommt  durch  das  Lernen  »iu  Schußc.  Macht  man 
eine  Pause,  so  muß  immer  die  erste  Trägheit  ttberwnnden  werden,  es 
kostet  einen  £ntseh)aB,  mit  dem  Lernen  sn  beginnen,  and  die  eisten 


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UntennebmigiMk  zur  Ökonomie  und  Teoluik  des  Lernens.  457 


(Versiiehsreihe  5). 

Yer»uchbperBon:  Frl.  M.  Kel. 
10  YenneliiUge. 


Strophen 


S 1 1  o  p  b  e  u  i  u  -i  r  eil  e  D. 


1- 

t.  ^ 


Dauer 

des 
Erler- 
nens 


_  kl 


66 


44,0  28 
18 
12 


2 


40 
36 
5  38 


8 


2  $7 
2 

3  48 
8 


S 'S  Dauer 


a  o 


des 
Erlern, 
d.beid. 
Str. 


ä 


zum  Wiedererlernen  24  Std.  später 


der  Strophen,  die  in  der  .Strophen,  die  im 
4  Teil,  erlernt  wurden  I  ganzen  erlernt  wurd. 


Cm 

o 


0 

a 


t 

o 


Dauer 

des 
Wie- 

der- 
erlem. 


ob 
t3 


Sd  Dauer 


(»  läek. 


0 


16 


20 
16,6 
8 

20,5 

44 

10,2 


2 
4 
4 
4 

3 
3 
2 
2 
2 
2 


12 
17 
37 
23,6 
42 
10,7 
14 
22,0 
20 
20 


43,3 
47 
40,1 
40,2 
79 
39 
50,5 
42 
76 
32,5 


58 
46,5 
40 
46 
65 
42 
41 
36,5 


28 
26 
23 
27 
33 
23 
23 
21 
32 
20 


10 
10 

921 

9  46,1 
1056 

8 


8  Lllu.12 
3,5|l8u.l9 


29,7 


7  43 


49 

48,5 


24U.25 
25U.27 
34u.3ö 
36U.37 
48U.49 
6  8,^57u.58 


73U.74 


78U.79  5 


1  45 
1  45 


12,5 
39 
ö0,2 
17,5 
56 
53 
24,5 
2 


63 


0 

V 

o 


I  Wie- 


dcs 
Vie 
( •£  der- 
^.§1  erlern. 

^01  0 


9U.10 


41  i20n.21 
62  j22n.23 
43  i28u.29 
63,132u.33 
52  l38n.39 
67  ;46u.47 
40,5 159  U.60 

42  71U.72 
36,ö80u.81 


2  32 
2  '25,4 


1 
2 
1 
1 
1 
1 
1 
2 


19 

47 

65 

53 

48 

52 

44,5 

12 


24 


19^ 


2,8  Ii 


48 


49 


37 


25,6|  8 


i^;;TeüenH^n!£|jgilip'^ 


2i  3 


w 


Sek! 


73 
40 
64 
46 
51 
59 
98 
49 
43,2} 
41 


56 


Ersp. 
in«/o 


^  0 

9:  °- 

2  i  ö 

—   '  l-c 


9 


70 


86 


Lefimgeii  wirken  nicht  angenehm.  Ebenao  halte  ich  es  ftlr  günstig, 
mit  dem  Anfsagen  sofort  nach  beendigter  Lesung  sn  beginnen.« 

6)  Aus  den  bisherij^en  Erg^ebnissen  der  Versnehsreihe 
3,  4  und  5  siud  fol^L'ndc  iiauptpuiikte  hervorziihebeu: 

1)  Ftlr  diese  Vp.  ist  das  Lernen  >ini  ^^anzen«,  sowohl  bei  der 
Erlernung  eines  Stückes,  wie  auch  24  Stunden  später  hei 
der  Wicdererlemunfr  desselben  viel  vorteilhafter  ist  als  das 
fraktionierende  Verfahren ; 

2)  H.  ist  hinsiehtlieh  der  Schnelligkeit  des  Ausweudigleruens 
ein  mitUerer  Tjrpns,  der  aber  das  Erlernte  länger  behält; 

3)  Die  Frage  Uber  die  Ökonomie  des  Lernens  läBt  ^ch  ?iel 
leichter  und  dentlicher  an  sinnyollem  als  an  sinnlosem 
Material  entscheiden. 


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456 


Clurlflto  Pentseliew» 


B*  y«i«tudttr«fhMk  6«  7,  8  und  9. 

Die  sämtliehou  Versutlitin  ilu  ii  wurden  an  Herrn  stud.  med.  Ad. 
K.  aufgestellt  In  den  VerBUchsreihen  6  und  7  wurde  mit  simi- 
loflem,  in  den  Keiben  8  und  9  mit  sinnvoll ciii  Material  operiert 
Die  Versuche  erstreckten  sich  Uber  etwa  62  Tage.  Der  Zweck 
war  derselbe  wie  in  den  bisherigen  Reihen. 

L  Untersuchung  mit  sinnlosem  Material. 
§  18.  Versiiohareihe  6. 

1)  Die  Versuehsteclmik. 

Nach  6tä^^i;^c  ii  \  orübimgcu  begann  die  Reihe  am  12.  Mai  1901 
und  umfaßte  30  Tage,  jedesmal  von  V/^ — 2^j\.  Durch  die  Ffingst- 
feiertage  wurden  die  Versache  am  24.  Mai  unterbrochen  und  am 
3.  Juni  wieder  an^genommen.  Die  Torstehende  Versnehsreihe  wurde 
mit  awVlftObigeii  Reihen  anqgefthri  Die  Umlanfigeflehwindigkdt 
war  die  Ohliche  für  eine  12flUbige  Reihe.  Jedem  LemTerfabren 
worden  10  VerBoehBtage  gewidmet  Wie  man  sieh  erinnert,  hat 
sich  das  Lernen  »im  gebr.  ganzen«  bd  P.  anfierordentlieh  günstig 
erwiesen,  während  fllr  Z.  und  Frl.  K.  das  Umgekehrte  der  Fall  war. 
Wir  sahen  uocU,  daß  der  Vorzuj»^  dieses  Verfahrens  vor  den  beiden 
anderen  keineswegs  dem  Einfluti  der  absoluten  Stelle  zu  verdanken 
sei,  sondern  viel  mehr  dem  Umstand,  daß  P.  beim  Lernen  »im 
gebr.  (ranzen«  seine  Aufmerksamkeit  auf  eine  bestimmte 
Gruppe  der  Bilbenreihe  sehr  leicht  zu  konzentrieren  im 
Stande  war.  Indem  uIbo  dieses  Lernverfahren  bei  Z.  und  Frl.  K. 
ganz  negative  Besoltate  hervorbrachte,  legte  dies  die  Vermutong 
nahe,  daß  man  darin  vielleicht  das  charakteristische  Merk- 
mal des  raschen  Lernens  erkennen  kdnne.  Ans  diesem 
Grande  wurde  das  letztgenannte  Verfieduen  in  dieser  Versnchareihe 
wieder  eingefUhrt  Die  Versuchsanordnnng  blieb  im  wesentlichen 
dieselbe.  Die  Erlernung  der  beiden  neuen  Reihen,  wie  auch 
24  Stimden  später  ihre  Wiedererlemung  erfolprte  bis  zum  ersten 
teiiler](*sen  Hersagen.  Wahrend  der  ersten  20  \  ersucli8tage  wurde 
eine  zwoltsilbige  lieibe  in  zweifacher  Wei^e  erlernt:  1)  in  Grnppeu 
zu  je  vier  und  2)  in  (mippen  zu  je  seelis  Silben  —  die  stets  bei 
regulärem  Wechsel  der  Zeitlage  gelernt  wurden.  In  den  letzten 
zehn  Versuchstagen  lernte  die  Vp.  eine  G-£eihe  rein  visnell,  die 
andere  akustisch-motorisch  auswendig. 


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Uuterauchuagen  zur  Ökuuomiü  und  iechmk  des  Leraeos.  459 


2)  BMoltate  der  Verancliarettie  6. 

1)  Es  kann  gar  nicht  bezweifelt  werden,  daß  auch  für  Herrn 
K.  diiö  Lerucü  »im  gebr.  ganzen«,  sowohl  nach  der  Erlemnng,  wie 
auch  nach  der  Wiedererlemung  der  Silbenreilieu,  das  p:Unstifi:ste 
Verfahren  ist,  obschon  dii*  Differenzen  nicht  so  8elir  heträchtlicb 
sind,  wie  bei  P.  Mit  einem  ganz  kleinen  Unterschied  hat  sich  das 
GkVerfahren  beim  Erlernen  als  das  unökonomischste  erwiesen;  hin- 
gegen hält  dasselbe  beim  Wiedererlenien  die  Mitte  zwischen  den 
Übrigen  Lemweisen,  von  denen  das  eiste  fttr  das  Behalten  wiedernm 
das  günstigste  ist  Obiigens  fielen  die  Duchsehnittswerte  Jedes 
LeniTerfiüirens  sehr  denfüch  ans.  In  einer  ttbendehHichen  Foim 
sosanunengefiißt  waren  die  Bestdtale  der  30  Versnebstage  folgende: 


Z-Tabelle  5. 


Art 
des 
Larneas 

Erlernuiix 
einer  Reihe 

J 

X 

1: 

i 

Wiedererleraiiüg 
einer  Reibe 

Ersparnisse  in  Proz.  ; 

die 
Empaniüt 
bloß 

zu  je  4  Silbeu, 
uotwend.  AViederli. 

o  a 
— « 
a 

ä 

im 
ganzen 

?  5> 

.i  c 
-r  a 

die  in  Gr.  zu  je  4  S. 

erlernt  wurde, 
i  uotwend.  Wiederh, 

iu] 
ganzen 

lautlos  i 

CD 

'S  ^ 

J  3 

-d  5 

L  in  gabt,  gauen 

11^ 

12,6 

» 

8,3 

3,4 

78 

einer  ghiMSt-ReXhiB 

1  äiappea 

12.8 

13 

» 

6,9 

6,3 

51 

*  Qi*-Belhe 

13.5 

17,6 

4 

4,8 

70 

»  GkR-IUmt  lernen) 

2)  Die  Torstehenden  Ergebnisse  zeigen  denfliehi  daß  das  Be- 
halten ftir  das  Verfahren  »im  gebr.  ganzen«  ganz  besonders  günstig 
ist.    Die  Erbpariiis  einer  Gbr^G-Reihe  war  die  größte  (73 

3)  Das  visnelle  Lernen  einer  G-Keihc  ergab  also  höhere  Durch- 
schnittswerte als  dan  akustisch-motorische. 

4)  Die  Anzahl  der  Wiederholnn.i,^Mi  heim  HcMaj^en  liinge^eu  ist 
beim  6-Verfahren  kleiner  als  bei  den  übrigen  Lemweisen.  Über 
die  Zeitdauer  des  Hersagens  bei  jedem  Verfahren  kann  nichta  Be- 
stimmtes gesagt  werden. 

Beallglich  des  ersten,  zweiten  und  dritten  Punktes  wußte  die  Vp. 
folgendes  zu  berichten: 

»Das  Hitlesen  der  Übrigen  Gruppen  (»im  gebr.  ganzen«)  stört 
mieh  gar  nieht  beim  Eomentrieren.  Die  Aufinerksamkeit  ist  am 


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460 


Chilato  PenticfaflWi 


Anfang  und  um  Schloß  der  Keihe  immer  am  grQBten.  in  der  Mitte 
nimmt  sie  ab.  Es  mag  wohl  daher  kommen,  daß  die  mittleren 
Silben  immer  etwas  sehwer  zu  merken  sind.  In  Gruppen  Ton  je 
Tier  Silben  lerne  ich  also  lieber  als  zu  je  sechs.« 

>Die  Anfmerksamkeit  wird  heun  TisneUen  Lernen  leicht  abge- 
lenkt Bei  dieser  Art  des  Lernens  nehme  ich  als  HüfSrndtiel  Rifi^er* 
bewej^angen,  um  den  Rhythmus  herauszukricigeu  und  die  Silben 
weniger  zu  verwechseln.« 

5)  Die  Resultate  des  Verfahrens  »iu»  ^^ebr.  ganzeu«,  wie  auch 
die  Auslage  der  Vp.  d:irUl)or,  deuten  daranf  hin,  daß  es  ihr  keine 
Schwierigkeit  bereitet,  ilire  Aufmerksamkeit  auf  eine  bestimmte 
Gruppe  einer  gebr.  G-ßeihe  längere  Zeit  zu  richten,  wenn  auch 
zugleich  die  übrigen  Gruppen  derselben  mitgelesen  werden  f^ollen. 
Es  fragt  sich  nun  aber,  worin  eigentlich  der  Grund  dafbr  liegt, 
dafi  das  Verfahren  »im  gebr.  ganzen«  sich  bei  Herrn  Per.  und  Herrn 
K.  als  das  Torteühafleste  erwiesen  hat? 

a.  Suchen  wir  uns  nun  den  Vorzug  des  Lemverfohrens  »im 
gebr.  Ganzen«  vor  denyenigen  »im  ganzen«  psychologisch  zu  er- 
klären, so  kommen  wir  zu  folgender  Ansiebt.  Beim  Verfahren  »im 
gebr.  ganzen-  wird  durch  die  beabsichtigten  Cäsuren  gleich  eine 
übersichtliche  Gruppierung  erzeugt,  die  der  Vp.  den  Ein- 
druck erweckt,  daß  die  »Schwicri^^kcit  der  Aufgabe  leicht  zu  tiber- 
winden und  das  Ziel  bc(|uem  zu  crrcichcu  sei.  Damit  ist  aber 
ein  Gct^hi  der  Lust  verbunden,  das  die  Aufmerksamkeit  sehr 
gttnstig  beeinflußt,  indem  sich  diese  in  aller  Ruhe  in  der  Ge- 
wißheit der  leichten  Lösbarkeit  der  Aufgabe  auf  jede  Gruppe  für 
sich  nacheinander  konzentrieren  kann. 

h.  Wenn  bei  spezieller  Anfinerksamkeit  fUr  eine  einzelne  Gruppe 
die  anderen  Gruppen  dennoch  stets  mitlesen  werden,  so  bleiben 
sie  immer  zngleieh  mit  der  be?orzugten  Gruppe,  wenn  auch  nuf 
lose  yerbnnden,  also  mllssen  sie,  wenn  die  Aufmerksamkeit  sich 
ihnen  zuwendet,  nicht  mehr  als  a])S()lut  neue  uud  unbekannt 
hinzugelernt  werden,  und  namentlich  beansprucht  die  assoziative 
Zusammenftlgung  derGmppen  einer  i^ebr. G -Reihe  keinen  Energie- 
anfwand  mehr,  da  ja  die  Kette  der  ganzen  ISilbenreihe  sowohl 
optisch  als  im  Erlernen  stets  geschlossen  war. 

c.  Von  untergeordneter  Bedeutung  ist  der  Umstand,  daß  auch 
die  absolute  Stelle  einer  Silbe  beim  Lernen  »in  Gruppen«  auf  der 
Trommel  wechselt  und  insofern  dieses  Verfahren  unpraktiseher  macht 


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Untsniiehnngen  znr  Ökonoinio  und  Technik  dee  Leraena.  461 

d.  Aus  den  bisherigen  Ergebnissen  stellt  sich  aber  ganz  deutUeh 
hemiBi  daß  die  oben  aufgestellte  psychologisehe  Erklttmng  der 
Vorallge  des  Lernens  »im  gebr.  ganzenc  nnr  fttr  diejenigen 
Personen  eine  Gtttti^kdt  bat,  die  die  Fähigkeit  besitsen,  ihre 
AnfioieriDBanikeit  leieht  auf  das  zn  erlernende  Stttek  sn  adaptieren 
—  ein  Merkmal,  wdehes  eben  den  rasehen  Typus  kenn- 
zeichnet. 

§  19.  Die  YersnebBreihe  7. 

1)  Die  Yersachsauordnuug. 

Da  in  TOiangegangener  Versnchsreibe  6  das  G-lemen  sich  als 
das  nnTorteilkafteste  erwies,  wurde  in  dieser  Beilie  Verauefae  mit 
lingeren  SSbenreiben,  mit  IBsQbigen  Beihen  operiert  Nach  dem 
10.  Versnebstage  worden  die  Venmcbe  sebon  abgebioehen,  da  die 
Besnitate  zn  Gnnsten  des  CMTerfabnens  sebr  dentiieh  waren.  Die 
Zeit  des  Experimentierens  war  dieselbe.  Die  Rotationsgesebwindijs:- 
keit  wurde  entsprechend  einer  zwölfsilbigen  Keihe  auf  13,5  Sekuu- 
den  fest^restent.  Die  V<tsii(  hsumstände  blieben  während  der  ^ranzen 
Zeitdauer  dieser  Versuche  uuTerändert.  Von  einer  Anwendung  des 
Verfahrens  »im  gebr.  ganzen«  wurde  hier  Abstand  genommen.  Die 
beiden  neuen  SUbenieihen  wurden  in  der  Weise  der  Vp.  Torgefithrt, 
daft  am  1.,  3.,  5.  n.  s.  w.  Versnchstage  eine  Beihe  »in  Gruppen« 
sn  je  seht  Silben  an  erster  —  die  andere  »im  gansen«  an  iweiter 
SteUe  sn  erlernen  waren,  wihread  es  sieh  am  2.,  4,  6.  n.  s.  w. 
Vetsnebstage  umgekehrt  yerbielt  Naeh  der  Wiedererlemnng  der 
Silbenreihe  fond  eme  Fteuse  Ton  2,5  Minuten  statt  —  zwhHshen  der 
Erlemung  beider  neuen  Beihen  eine  «olehe  Ton  6,5  Ibnuten. 

2)  Besnitate  der  Veisuehreihe  7. 

a.  Fassen  wir  die  Ergebnisse  der  ersten  und  der  zweiten  SiBien- 
reüie  znaammen,  so  erhalten  wir  folgende  Durchschnittswerte: 


Z-Tabelle  6. 


Art 

des  Lernens 

Erlenmag 

Um 

A 

Wiedererlernung 

Ersparnisse 

in  Pro?.. 

1.  In  (Jruppen 

2.  Im  gauzcu 

1 

19.1  Wiederh.  ; 
17,6      .  ! 

tunden  t 

6,9  Wiederhol. 
8 

64 
54 

Differenz 

+  1^  » 

-1,1 

—  10 

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462 


Christo  Pentscbev, 


Hicruus  ^'cht  nnzweitt  iljaft  hervor,  daß  das  Lernen  »im  ganzen« 
Ökonomischer  al»  das  BtttckweiBc  Verfahren  ist. 

Vergleicht  man  die  Tontehenden  Resultate  mit  de^fenigen  von 
Versuchsreihe  6,  so  wird  man  sich  vielleicht  fragen, 
lieh  das  fraküoniereiide  Leinen  sieh  bei  einer  zw5l£ulbigen  BeÜie 
vorteühafler  erwiesen  bat?  Der  Omnd  dalUr*  ist  wabnebeinlicb 
darin  za  sneben»  daB  E.  in  den  ersten  20  Versnobstagen  viele  Asso* 
ziationen»  ja  sogar  ganae  Sütse  gebildet  bat,  die  die  Besnltate  der 
Vermiebsreibe  6  ganz  ungleiebmäBig  machten ;  in  dieser  YerBnehs- 
reihe  dagegen  war  dies  infolge  der  größeren  Übuu^  uicht  mehr 
der  Fall. 

h.  Die  WiedcrerlcrnuDf;  der  Silbenreilien  lieferte  ganz  uej^ative 
KeHultatc.  Das  Behalten  war  hier  t\ir  das  G-Verfahren  fj^anz  be- 
sonderg  augUnstig,  was  sich  leicht  durch  folgendes  erklären  läßt: 
am  38.  Versuchstage  wurde  die  6-Reihe  viel  achwieriger  wieder- 
erlernt,  da  die  Vp.  einen  falschen  Rhythmus  angewandt  hatte. 
Am  27.  nnd  39.  Versaehstage  Terlangte  Herr  K.  beim  Wieder- 
erlernen  mebrece  Wiederholnngen,  da  die  Silbenreiben  vor  24  Stun- 
den ohne  HOftmittel  erlernt  werden  waren,  nnd  infolgedessen  die 
Eändrllcke  derselben  sehr  schwach  im  Gedächtnis  hafteten. 

§  20.  Die  innere  Verhaltungsweise  der  Versuchsperson 
nnd  die  individnelle  Beschaffenheit  ihres  Gedächtnisses 
beim  Lernen  und  Reproduzieren  des  sinnlosen  Materials. 

1)  Am  beginn  der  Versuche  wurde  die  Vp  auffrefordert ,  die 
Silbenreihen  mit  möglichst  gleichmäßiger  Aufmerksamkeit  zu  lernen 
nnd  Uber  den  Zweck  der  Untersucbun":  nicht  weiter  nachzudenken. 
Da  der  Vp.  in  den  Vorttbnngen  der  trochäische  Rhythmus  geeignet 
erschien,  wurde  ihr  Torgescblagen,  ihn  bis  zum  finde  der  Yersaebe 
anzuwenden.  Sie  war  femer  angewiesen,  die  Silben  einer  Reihe 
nicht  eher  von  der  rotierenden  Trommel  abzulesen,  als  bis  sie 
flichtbar  wSren.  Trotz  aller  Mühe  der  Vp.,  unseren  Yorscbriflen 
nachzukommen,  kamen  doch  FSiXh  vor,  wo  es  ihr  dnfaeh  unmög- 
lich war.  Deshalb  waren  die  Differenzen  jedes  Verfahrens  in  der 
Versuchsreihe  6  ganz  verschiedene. 

2)  Die  Art  nnd  Weiee.  wie  die  Silben  gelernt  und  betont  wurden, 
war  bei  Herrn  K.  eine  yelir  ijemerkenswerte.  Noch  beim  ersten 
Durchlesen  der  öilbenreihe  teilte  er  sie  in  Gruppen  zu  je  vier  Silben, 


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Untersachungen  znr  Ökonomie  und  Technik  des  Leraent.  463 


wobei  das  Anfangaglied  jeder  Qrappe  einen  Hanptiktius  erhielt 
Eine  zwOlftOlnge  Gr^BeOie  las  er  ^ewOhnlicb  trocbXiseh  dureb. 
Die  zweite  und  dritte  Leaang  der  Silbenreihe  wurde  in  der  Begel 
dam  yerwendet,  einen  Znaammenhang  swisefaen  den  geläufigsten 
Silben  ausfindig  zu  maehen.  Oleicb  naeh  der  dritten  Wiederholung 
fing  die  Vp.  an,  sich  in  der  Reproduktion  der  Silben  zn  prüfen, 
indem  sie  beim  Lesen  auf  die  Seite  blit  kte.  Bemerkenswert  ist, 
daß  Herr  K.  immer  schon  von  vornherein  die  Silben  jeder  Gruppe 
zu  erraten  »uchte,  was  stets  falselie  Lesuuj^en  znr  Folgre  hatte.  Da 
die  Yp.  stets  das  Angstgefühl  hatte,  daß  die  Silben  der  mittleren 
Gruppe  einer  Reihe  sehr  schwer  emgeprägt  werden,  wiederholte  sie 
die  eben  erwähnte  Gruppe  schnell  zweimal  hintereinander,  ehe  die 
ktzte  Gruppe  eraehien.  Die  h&nfige  Yerlesunp  der  Sflben  aber 
Itthzte  zur  Bildung  fidscher  Assoziationen,  was  eine  Anhüniung  der 
Wjederholungszahl  bewirkte.  Beispielswdse  wurden  am  aehten 
VenmehBtage  die  Silben:  »kttt«^  >hif«,  >dez€,  »rosch«  und 
»naur«  seefumal  hintereinander  als  »keiseh«,  »bis«,  »dee«, 
>zo8ch<  und  »maur«  abgelesen,  was  beim  Aufsagen  die  rich- 
tig« Wiedergabe  bedeutend  erschwerte.  Aus  dem  Protokoll  iet 
noch  zu  entnehmen,  daß  die  Eindrtlcke  der  falsch  abgelesenen 
Silben  beim  Wiedererlernen  ppät('r  stets  auch  zur  Geltung 
kamen.  Über  ihre  eigentümliche  Art  der  Betonung  und  Er- 
lernung der  Silbenreihe  gab  die  Vp.  folgende  Bemerkungen  zu 
Protokoll: 

»Wenn  ieh  die  Gnqvpe  Yon  je  seohs  Silben  zuerst  sehe^ 
teile  ieh  dieselbe  in  zweimal  drei;  soll  ieh  aber  dann  die  Reihe 
»im  ganzen«  lernen,  so  seheint  es  mir  viel  angenehmer,  »in 
Gruppen«  yon  je  Tier  Silben  zu  lernen.  Beim  Wiedererlemen 
hingegen  habe  ieh  ftr  die  erste  Reihe  Yon  gestern  zwei  bis 
drei  Wiederholungen  mehr  gebraucht,  weil  ich  einen  Fehler 
beging,  indem  ich  die  Reihe  zweimal  »in  Gruppen«  von  je 
vier  ablas.  Ich  hatte  aber  fr«  stim  ditse  Reihe  »in  Gruppen« 
von  je  drei  gelernt  and  somit  änderte  ieh  den  Jähythmus  erst  beim 
dritten  Mal.« 

»Wenn  ich  eine  SUbenreihe  als  ganze  zu  lernen  habe,  so 
raehe  ieh  mir  zuerst  die  ganze  Reihe  in  vier  Gruppen  abzu- 
fteflen.  Wenn  diese  nun  leieht  abgelesen  werden  können,  so 
snche  ieh  in  jeder  vierten  Gruppe,  gleich  nachdem  ieh  die 
erste  Silbe  gesehen,  auch  die  andre  zu  erraten.   Habe  ieh 


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464 


Chfiito  PeniaelMv, 


nach  dem  ersten  Wort  schon  eine  falsche  Silbe  (was  ja  oft 
vorkommt)  vorausgesagt,  so  snehe  ich  dieselbe  zu  wieder- 
holen, dabei  kommen  aber  andre  Silben,  sie  werden  nnr  flttch- 
tig  gesehen,  da  ich  ja  noch  mit  der  Torhetigehenden  ftlsch  sis- 
gesprochenen  SObe  beschftftigt  bin,  aneh  versproohen,  oder  es 
werden  eine  oder  zwei  Silben  ausgelassen,  und  dann  —  lese 
ieh  weiter.«  (K.) 

3)  Auch  die  Reproduktion  der  Silben  erfolge  bei  llerru  K. 
sehr  rasch,  wie  auch  die  einzelnen  Gmiipcu  der  Silbenreihe 
rase  Ii  abproleacn  wurden.  Wenn  die  Yp.  bei  einer  Silbe 
ptocktc,  so  wiederholte  wie  in  der  Re»el  die  Yorhergchendö 
dreimal,  um  die  gesuchte  Silbe  ins  Gedächtnis  bcrvorzumfen. 
Gelang  ihr  dies  nicht,  bo  kehrte  sie  zu  der  ersten  Silbe  zurlflk, 
und  die  Reproduktion  der  Reihe  mußte  wieder  begonnen  wer* 
den.  Selbst?erstindlieh  haben  sieh  die  ialseh  abgeksenen  Sil- 
ben beim  Anfiuigen  derselben  anfierordentiieh  stark  geltend  ge- 
maekt. 

4)  Da  die  Betonnngsweise  der  Silbeoieihe  eine  sekr  ungMi- 
mäßige  war,  so  wurden  die  einzelnen  Silben  ganz  TersebiedeB 

schnell  dem  Gedächtnis  eingeprägt.  Die  Silben  der  mittleren 
Orinjpt  wurden  huufip:  falsch  abgelesen.  Wenn  die  Silben  einer 
zwiilf-  oder  einer  lÖsilbiwu  G-Reihe  der  Schnelligkeit  ihrer  Ein- 
prä^uug  uai  h  anordnet  werden,  so  kommen  sie  in  nachstehender 
Reihenfolge  vor: 

1)  die  Silben  einer  swttlftUbigen  Reihe,  die  aknstiscb- 
motori^k  gelesen  wurde:  1,  2,  11,  12,  3,  4,  7,  8,  9,  &, 
6, 

2)  die  Silben  einer  16silbigen  Reihe,  die  aknstisek-flio- 
torisch  gelesen  wurde:  1,  2,  1&,  16,  3,  4,  14,  12,  13y 

11,  5,  10,  6,  7,  9,  8; 

Wie  man  sieht,  wurden  die  ersten  zwei  und  die  letzten 
zwei  Silben  jeder  Reihe  am  «srliiiellsten  eingeprägt.  Will  mau 
jetzt  entsprechend  der  ersten  Silbe  einer  Reihe  auch  di(» 
Schnelligkeit  der  Einprägung  der  übrigen  derselben  in  Prozenten 
ausdrücken,  so  erhält  man  einige  Zahlen,  auf  Gnmd  deren  nun 
die  folgenden  zwei  Kurven  der  Anfinerksamkeit  au^eicbnen 
konnte: 


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UntersuchuDgeu  zur  Ökonomie  und  Technik  des  Lernens.  465 


Fig.  4.  Die  Konzentration  der  AttfineikBamkeit  bei  einer  128ilbigca  Keihe. 


/     Z    3     4-    5     e     7     8     9    90    n    /9    13    f*    tS  f€ 


so 


.BS 


1 


Fig.  6l  I>ie  KonMntistian  der  Aufinerksamlceit  bei  «ner  ISiUblgeii  Beihe. 


Die  Vp.  war  also  gewöhxdieh  avf  die  mittiefen  Sflben  sehr 
sebwaeh  konzentriert  Am  eehwenten  worden  die  10.  Silbe  einer 
13-,  die  8.  einer  IGsflbigen  Reibe  ^merkt.  MerkwUrdigerweise 

war  die  10.  Silbe  eiuer  12öilb.  lieüic  auch  bei  Frl.  K.  diejenige 
Silbe,  bei  welcher  ihre  Aufmerksamkeit  am  tiefBten  gesunken  war. 

5)  Äußerst  interessant  ist  ancli  die  Art  und  Weise,  wie  Herr 
K.  sich  die  Silben  auzueigueu  t^ut  lite.  Sab  er  sebon  nach  der 
ersten  oder  zweiten  Wiederholung  der  SUbenreihe,  daß  dieselbe 
sebr  nngttnetig  aufgebaut  war,  so  suchte  er  naeb  Mitteln,  die  ihm 
das  Einprägen  erleichtem  sollten.  Vor  allem  wollte  er  im  Gegen- 
sats  sn  Frl.  K.  einen  Znsammenbang  zwiseben  einzelnen  Silben 
ansHndig  maoben,  was  ibm  ebne  grofie  Sobwierigkeit  stets 
gelang.  Es  war  der  Vp.  sebr  leiebt,  ans  den  benacbbarten  Silben 
einen  ganzen  Satz  zu  konstniieren.  Die  Tendenz,  die  Silben  zn 
modifizieren  and  ihnen  eine  Dentnng  zn  geben,  war  bei  ibr  kanm 
zu  uüterdrücken.    Es  kamen  ja  sogar  iaiie  vor,  wo  bei  jeder 

AkUt  Ar  Piychologie.  L  31 


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466 


Chriito  PentMhew, 


äübe  iTf^nd  eine  AasosiatioD  gestiftet  wurde.  Es  ist  gans  eigen' 
tttmlich,  wie  die  Vp.  manchmal  die  beiden  KeihenbSlften  xa  einem 
ganzMi  Sstie  Terband,  der  apVIer  bei  der  Wiedererteminig  derselbeB 
Reihe  Immer  wirksam  war.  Da  rie  sebr  geling  franaOeiaeh  and 
englisch  sprach,  bildete  sie  anefa  solche  Assoziationen,  die  in  den 
erwShnten  Sprachen  einen  Sinn  hatten.  Beispiebwelse  wurden  die 
Silben:  >doflcb%  >päm<,  »fenkc,  *]0t«  in  der  Gestalt  eingepräjsrt: 
>da8«,  »brot«,  >feur<,  »löscht«,  wodurch  der  Satz  eutstüiid;  »das 
Brot  hisclit  das  Feuer.«  Femer  »urhte  die  Vp.  meistens  die  An- 
fangs- und  Eudkousouanten  zu  moditi/.i( nn.  während  die  Vokal- 
laute ganz  nuTcrändert  blieben.  Auf  diese  Weise  wurde  au8  den 
ersten  4  Silben  einer  KcUie:  weif  (weib),  kob  (klob),  tosch  (dosche- 
lir^e^  nnd  hen  (Henne)  der  folgende  Satz  gebildet:  >Ein  Weib  klo- 
bihre  doschelige  Henne.«  Als  Knriosum  erwähne  ich  eine  Aa80> 
siation  yom  21.  Mai.  Die  3  lotsten  Silben  einer  Beihe:  »laag«, 
»iiikc,  nnd  >Bech«  wurden  in  »lag«,  »le  fon«,  nnd  »see«  (aöehe) 
nmgewandelt,  die  sieh  mit  Terblttffender  Leiefatigkeit  nt  dem  Satee 
yerbanden:  »der  Verrttekte  lag  anf  dem  Trockenen«.  Daßdadareh 
das  Aufsagen  erleichtert  wurde,  mag  daians  geecUossen  werden, 
daß  K.  öfters  in  den  Sätzen  ganze  Worte  einschaltete,  die  mit  den 
Silben  keinen  Znsammenhang  hatten,  und  die  seine  Aufmerksam- 
keit keineswegs  ablenkten.  Aus  den  Silben:  »rück«  (RUckenJ, 
»zieh«  (zucken),  »taan«  (dam)  und  'pus»  franz.  putre,  Eiter)  schnf 
er  den  Satz:  »Nach  dem  Rüekenzueken  kommt  dann  Eiter«,  in 
welohem,  wie  man  sieht,  ganz  neue  Wörter  eingeschaltet  aind. 
Konnte  die  Vp.  sich  bei  einer  Silbe  einen  Tier-  oder  Pflanzen- 
namen denken,  so  wurde  sie  mit  den  nächstfolgenden  Silben  gleieh 
in  einem  Sate  ansammengefaftt.  So  bat  sie  ehunal  aas  den  Silben: 
»rix«  (emKame),  »tenh«  (engl,  took^nahm),  »mach«  (firaaa.  mondhea 
Fliege],  und  >bes«  den  Satz  aofgebant:  »Ria  nahm  eine  beaseie 
Fliege«.  In  der  Versnehsreihe  7  waide  nnr  ein  einsigea  Mal  ein 
Satz  konstruiert,  und  zwar  ans  den  letzten  4  Süben  einer  Reihe: 
»leet«,  >8ik€,  »rew«  und  »tcus«  zu:  »Lassen  Sie  so  den  Gott 
träumen!«  (»lect«  =  engl,  let  =  lassen;  >8ik«  =  sie;  »rew«  =  franz. 
rever  =  träumen  und  »teus«  =  lat  deus  =  Gott).  Es  ist  geradezu 
wunderbar,  mit  welcher  schöpferiachen  Kraft  hier  den  sinnlosen 
Silben  T^ben  eingehaucht  wurde. 

6)  Die  Vokallaute  worden  schneller  dem  Gedächtnis  eingeprägt 
als  die  Konsonanten.  In  meinem  FrotekoU  sind  wenige  Fälle 


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UntenoGliiingeii  xnr  Ökonomie  viid  Tecbnik  des  Lernens.  467 

an^eieiebnet,  wo  die  Vokale  mit  emander  yerwechselt  worden. 
Dagegen  kam  eine  lüiniige  Yerweehalnng  der  An&ngs-  und  End- 
konsonanten einer  Silbe  infolge  der  nnyisnellen  Art  des  Lernens 
Tor.  Man  kann  daher  die  Behauptung  anfttellen,  daß  aneh  hei 
dieser  Vp.  das  aknstiseh-motorisohe  Element  das  Übergewiefat  in 
ihrem  Gedftehtnis  hat. 

7)  Hier  sind  auch  einige  Worte  in  Hezug  auf  das  Behalteu  am 
Platze.  Vor  der  Wiedercrlcnmng  der  Sill)(  urcihen  wurde  die  Vp. 
immer  aufgefordert,  die  Silben  von  gentcrn  zn  nennen,  die  sie 
noch  im  Gedächtnis  hatte.  vSclbstverständlich  war  ihr  anbefohlen, 
zwiflohen  der  Erlemung  und  der  Wiedererlemuug  niemals  die 
Silben  zn  wiederholen.  Im  großen  und  ganzen  wofite  die  Vp. 
dann  immer  etwa  noch  6  Silben  einer  12  silbigen  Reihe  anzugeben, 
was  keine  von  den  bisher  behandelten  Vp.  Teimoehte.  Die  £r^ 
spamis  einer  128abigen  G-Beihe  stieg  bei  Herrn  K.  auf  70^  des 
ersten  Aufwandes  der  Durcbaehnittsw«rtei  anderseits  aber  war  die 
Anzahl  der  Silben,  die  nach  einmaliger  Wiederholung  derselben 
doch  noch  fehlerlos  reproduziert  werden  konnte,  gerade  so  groß 
wie  bei  Frl.  K.,  nämlich  5,  bei  größerer  Anstrengung  6. 

8)  Es  hat  sich  femer  bei  Herrn  K.  die  Ei^^entümlichkeit  ge- 
zeigt, daß  die  Durchschnittswerte  der  /,\\('iten  Silbenreihe  höher 
ansfielen  als  diejrui^i  ii  der  ersten  Keihe  einer  und  derselben 
Sitznng.  Eine  Ausnahme  von  dem  hier  Behaupteten  machte  das 
Verfahren  »in  Gruppen«,  bei  welchem  eine  Gr'-Reihc,  die  an  erster 
Stelle  erlernt  worden  war,  höhere  Werte  ergab,  als  eine  Gr^-Beihe 
derselben  Sitsnng.  Auch  in  der  sfritteren  Versuchsreihe  7  wurde  eine 
G-Beihe  an  erster  Stelle  leichter  erlernt  als  an  der  zweiten  desselben 
Yersnehstages.  Auch  die  emzehi^  Gruppen  einer  Gbr.  G-*BeUie 
oder  dner  Gr-Beihe  wurden  ganz  Torschiedeii  schwielig  erlernt 
(Vgi.  die  Tabellen  der  Versuchsreihen  6  und  7). 

9)  Der  Einfluß  der  Übung  kam  bei  Herrn  K.  nicht  so  stark 
zur  Geltung  wie  bei  Frl.  K.  Man  braucht  nur  die  einzelnen  Werte 
der  Versuchsreihe  6  zu  prüfen,  um  sich  davdii  zu  überzeugen,  daß 
manche  Silbenreihen  in  den  letzten  Versnchstagen  mit  größerer 
Anzahl  you  Wiederholung  erlernt  wurden  als  an  den  ersten  der- 
selben Versuchsreihe.  Erst  beim  Experimentieren  mit  16  silbigen 
Beihen  merkt  man  den  Einfluß  der  fortschreitenden  Übung.  Teilt 
man  die  Ergebnisse  der  Veranchsreihe  7  (die  Werte  einer  Gr'-Beihe 
und  einer  G-Beihe  zusammengefiiBt)  in  2  Gruppen  ein,  so  erfaiK 

3i* 


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466 


Christo  Peiittch«w, 


man  die  folgeudeu  Werte:  1.  Grappe:  19,1  W.;  2.  Gruppe:  17,6  W., 
—  was  eben  sagen  will,  daß  dir  sUbcnreihen  der  letzteu  Grappe 
nnter  dem  £mflnß  der  Übong  bedeutend  schneller  erlernt  wurden 
als  di^enigen  der  eisten  Gruppe.  — 

II.  Untersnohnng  mit  sinnTOllem  Material. 

§  21.   Versacbsreihe  8. 

1)  Die  Versuchsuiiortiuuug. 

Da  das  Gedicht,  welches  Frl.  K.  gelernt  hatte^  einigermaßen 
der  Yp.  bekannt  war,  so  wurden  hier  Strophen  aus  Schillers 
Obersetsnng  des  vierten  Baches  der  Aeneide:  »Dido«  genommen. 
Die  Zeit  des  Ezperimentierens  war  dieselbe  wie  bei  sinnlosen 
Silbenreihen.  Herr  K.  hatte  also  4  ganz  nene  acbtzeüige  Strophen 
auswendig  zn  lernen,  die  24  Stunden  später  bis  zur  ersten  fehler- 
freien Reproduktion  wiederholt  wurden.  Das  Versuchsschema  dieser 
Versuchsreihe  war  im  großen  nnd  ganzen  dasselbe  wie  in  der  vor- 
angehenden Versuchsreilic  5,  und  nur  insofern  verschieden,  als  in 
ihr  die  beiden  Stro})heii  den  fraktionierenden  Verfahrens  in  2  Tcileu 
von  ^  Zoik'ii  orh  rnt  wurden  Die  beiden  .Strophen  des  stückweiseu 
Verfahrens,  wurden  immer  einmal  im  ganzen  durchgelesen,  hovor 
die  isolierte  Erlernung  jeder  Strophe  begann.  Die  Veisuclisreihe 
umfaßte  leider  nur  8  Versuchstage,  da  die  Vp.  uns  nur  noch  kurze 
Zeit  zur  Veritlgiing  stand.  £s  ergab  sich  dennoch,  daß  das  Ler- 
nen >im  ganzen«  noch  Ökonomischer  ist  als  das  fraktionieiende 
Verfahren. 

2}  Resultate  der  Versuchsieibr  S. 

Es  zeigte  sich  im  allgemeinen,  daß  die  G-Strophen  viel  vorteil- 
hafter erlernt  wurden  als  die  T-Strophen.  Die  Differenz  der  Mittel- 
werte beider  Lerayerfahien  betrug  10,8  W.,  d.  h.  ein  wenig  mehr 
ab  die  HlUfte  des  Mittelwertes  des  T-Verfahrens.  Auch  in  Bezug 
auf  die  Zeitdauer  ihrer  Erlernung  ergibt  sich,  daß  die  Gr-Strophen  in 
kürzerer  Zeit  erlernt  wurden  als  beim  stückweise«  Verfahren.  Der 
Unterschied  zwischen  beidea  Lernvcrfahreu  in  Bezu^  auf  die  Wieder- 
erlernuug  der  Strophen  ist  kein  bedeutsamer,  aber  er  zeigt  doch, 
daß  das  Behalten  flir  das  C-Lemen  noch  günstiger  ist  als  Air 
das  fraktionierende,  bei  welchem  auch  die  Zeitdauer  des  Wieder- 
erlemens  länger  war. 


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üntersncbungeD  ^ur  Ökonomie  und  Technik  des  Lernens.  4ö9 


§  22.  VerBnchsreihe  9. 

1;  Dus  Vers^u■ll^verfahrell  der  ersten  Abteiliiu^^ 
l)  Du  Herr  K.  nach  dem  .Seliliiß  der  vorhergehendcD  Versuchs- 
reihe H  sich  uoch  länger  zur  Verfügung  stellte,  wurde  uoeh  ver- 
Fueht.  mit  größerem  Umfange  des  Stoffep  zn  operieren  als  bisher. 
Die  Strophen  waren  demselben  Gedicht  entnommen.  Das  Ver- 
auchaverfiihfen  war  folgendes:  Es  werden  4  achtxeüige  Strophen 
am  1.,  3.  und  5.  Versnehstage  nach  dem  GK-Verfiiliren,  am  2.,  4. 
nnd  6.  VersncliBtage  nach  dem  T-Vei&faren  erlernt  24  Standen 
später  folgte  die  Wjedererlemnng,  so  daß  tfiglioh  8  Strophen  in 
Anwendung  kamen.  Die  Strophen  des  T-Verfahrens  wurden  in 
der  Weise  erlernt,  daß  die  Vp.  znnächst  wie  immer  alle  4  ein- 
mal iiii  ;,auzeii  durchlas,  dann  zu  den  beiden  ersten  zurliekkelirte, 
die  ganz,  zuweilen  isoliert  bis  zum  ersten  fehlerlosen  lUrsa^^en 
gelesen  wurden.  Nach  einer  Pause  von  10  Min.  wurden  die  letzten 
2  kStrophcu  ebenso  isoliert  erlernt  und  zu  ihrer  assoziativen  Ver- 
bindung noch  einige  Wiederholungen  verwendet.  Schließlich  folgte 
die  Wiederholung  aller  4  Strophen  im  ganzen  bis  zur  ersten  fehler- 
freien Reproduktion.  Die  Vp.  durfte  eine  Zeile  niemals  zweimal 
hintereinander  wiederholen. 


Z-Tubelle  7. 


Erlernung 

Wiedererlemuxig 

a 
'"* 

09 
CO 
OD 

*3 
0, 

Art 
de» 
LerneuB 

"2  c 

S.' 

a 

Cr- 

f  c 
-  ^ 

1  3 

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tc  "iL 
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£^  1 
w 

S  — 

\  <^ 

'  D 

rf. 

Notwendige 

1-,  'S  p 

Dauer 
des 
Hersagen  s 

a 

c 

99 

w 

1.  4  Strophen  »in  Teilen« 

24 

17 

3  24 

1M.44S. 

3.5 

6 

32 

2 

18 

90 

4     »      »im  ganzen« 

15,7 

36 

2i 

2  46 

8,8 

öl 

2 

46 

80 

Differenz 

17,8 

12 

hl  —  39  — 

1 

0,2 

3 

19 

0 

98 

10 

1)  Wenn  nun  die  absolute  Anzahl  der  Wiederiiolnngen  in  Be- 
toacht  gezogen  wird,  ergibt  sich,  daß  das  Lernen  »im  ganaen« 
entschieden  Torteilhafter  ist  als  das  fraktionierende  Verfahren. 

2)  Daft  die  T-Strophen  in  viel  kürzerer  Zeit  erlernt  wurden, 
erklirt  sich  durch  den  Umstand,  daß  die  Vp.  sieh  beim  G-Lemen 


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410  Christo  Fttntielieir, 

Tiel  ermttdeter  fühlte  und  infolgedessen  die  G^tropben  lang- 
samer las  als  die  T-Strophen.  Dasselbe  ist  aaeh  in  Bezog  anf 
das  Wiedererlenien  der  Strophen  zu  sagen. 

2)  Abteilang  derselben  Versnchsreilie. 
Non  schien  es  nns  der  Hlihe  wert,  an  den  2  letzten  Versnehs- 

tagen,  welche  nns  noch  blieben,  mit  noch  größerem  T'mfang  des 
Materials  zu  experiinentieren.  Am  1.  Ver8«chsta;ji:e  hatte  Herr  K. 
5  arhtzeilijrc  Strophen  »im  iraiizen*  uuMwendi^  zix  lernen;  am  2.  Ver- 
8uch«ta^'e  wiederum  0  btropiieii  iiucli  dem  T-Verfahrcn.  Die 
Strophen  jedes  Verfahrens  wurden  später  nicht  wieder  erlernt 
Wir  erhielten  folgende  Resultate: 

1)  Zorn  Erlemen  der  T-Stiophen:  45  W.  —  Zeitdauer  d.  £r- 
leraens:  32  Min. 

2)  Zun  Eileroen  der  G-Stiophen:  12  W.  —  Zeitdaner  d  £r- 
leraens:  32  Ifin.  40  Sek. 

Man  sieht  also,  daß  die  Differenz  immer  noch  beträchtiicher 
wird,  je  mehr  Strophen  bei  einem  der  beiden  Lemverfidiren  er- 
lernt werden. 

§  23.  Grappiernng  der  Besaitate  von  sinnToUem  Material. 

Ans  den  Ergebnissen  des  sinnvollen  Materials  g^t  bereits 
deutlich  Folgendes  henror: 

1)  Der  Ökonomisehe  Wert  des  GK-Verfahrens  wird  um  so  deut- 
licher, je  größer  der  Umfaug  des  StolTes  bei  jeder  Lemweise  ist 
Die  naehftehendcn  Difl'erenzen  zeigen  unzweifelhaft  den  Vorzug 
des  G-Leiin  ns  .or  dem  T- Verfahren: 

1)  Zum  Lri.  der  2  T-Strophen:  21,4  W.  j  -no™- 

2)  .      »     *   2  G-      »       10,6  .    j  I>iflf.-10,8W, 

1)  >      .      .   4  T-      .       33,5  ^  ) 

2)  .     .     .4  0-      *       15,7  .        *  =  ^^'^  * 


r=33 


1)  »     >     »   5  T-      >       45  » 

2)  »     >     »5  0-      >       12  > 

Trotz  der  rngleichmäßijrkeit  des  Lenimaterials  albo  sieht  man. 
vne  die  Vorteilhaftigkeit  des  Lernens  »im  ganzen <  mit  der  Ver- 
^Tößeruni^  des  zu  erlernenden  Sttlckc-  --'  lir  rasch  /iminimt  Ferner 
erwiilme  ich  noeh.  daß  die  G-Stroptien,  in  weleheu  häutig  ganz 
besonders  schwierige  Abschnitte  vorkamen,  im  Vergleich  mit 
T-Strophen  niemals  mit  einer  größeren  Anzahl  von  Wiederholungen 
ertenit  wurden. 


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UntermchimgeB  snr  Ökonomie  nnd  Teehnik  dei  Lernens.  471 

2)  Die  G-Strophen  wurden  fester  im  GedächtiuB  eingeprägt  als 
die  T-Strophen.  Dehnt  man  die  Veroache  ttber  noch  längere  Zeit 
SOS,  ate  dies  bei  nns  der  Fall  war,  so  wird  der  Vomig  des  Lernens 
»im  gansen«  in  dieser  Hinsieht  unbedingt  besttttigt  werden. 

3)  Kicht  immer  ftthrte  dss  G-Yerfiihreii  sehneller  zum  Ziele. 
Ich  branche  nur  auf  die  Z- Tabelle  7  der  Yenncbsreihe  9  hin- 
zuweisen, wo  die  T-Strophen  tatsXehlich  in  kürzerer  Zeit  erlernt 
wurden  als  die  G-Strophen.  Auch  Steffens  weist  uuf  einip:c 
Fälle  hin^),  wo  ganz  negative  Resultate  erzielt  worden  waren,  al> 
fresehen  davon,  daß  die  Unterschiede  zwischen  einzelnen  Werten 
beider  Lemweisen  bei  ihr  gar  nieht  immer  beträchtlich  waren. 
Man  bekommt  den  Eindruck  der  Unsicherheit,  sobald  man  die 
Resultate  ihrer  Versuchsreihen  9,  14,  15  oder  18  betrachtet.  Unsere 
Ergebnisse  aber  deuten  darauf  hin,  daß  der  Vorzog  des  G^Ver- 
fithrens  vor  dem  fraktionierenden  Lernen  viel  dentüeber  doxob 
Bemcksiebtigong  des  €les&nitaiifWandeB  der  Zeilenwlederholnngen 
wird,  als  blos  durch  die  Zeitmessnng  des  Erlemens. 

4)  Das  Verhalten  der  Vp.  beim  sinnTOllen  Lernen  war  ein  sehr 
eigentHBiHebeB.  Herr  K.  eikttrte,  dnreb  das  Sitzen  und  dnrcb  die 
Gegenwart  des  P^xpcrimentators  gestört  zn  werden.  Er  bat  sich 
deshalb  aus,  immer  stehend  hinter  der  Tür  lernen  zu  dürfen,  wo 
er  den  Augen  des  Versiu  iisieiters  entzoiren  war.  Die  Eigentüm- 
lichkeit, stehend  zu  lernen,  erklHrte  er  durch  Gewöhnung. 

In  Bezug  auf  das  ökonomische  Lernen  gab  die  Yp.  folgende 
Angaben  zu  Protokoll: 

»Wamm  ich  2  oder  4  Strophen  »im  ganzen«  leichter  als  »in 
Teilen«  lerne,  dies  führe  ieh  aaf  folgende  Gründe  znittck: 

a.  Wenn  man  mir  nnr  eine  Strophe  hingibt,  so  fühle  ieb  mieb 
damit,  wenn  sie  nnr  ein  Braebsttlek  ist,  niebt  befriedigt.  leb 
mOebte  noeb  erfahren,  was  darauf  folgt.  Das  Diteresse  wird  also 
beim  Lernen  von  2  oder  4  Strophen  »im  ganzen«  eher  befiriedigt 
als  beim  isolierten  Lernen  jeder  Strophe. 

b.  Femer  kann  ich  mich  eher  in  den  Sinn  hinein  vertiefen, 
wenn  ieh  3  oder  mehrere  Struplien  zusammen  halie,  Andrerseits 
betone  ich  aber  ausdrücklich,  daß  'wh  nach  dem  Erlernen  der 
Strophen  »im  ganzen«  immer  recht  crmUdet  bin,  während  ich 
nach  dem  gmppenweisen  Erlemen  fast  keine  Ermüdung  spüre.« 


1)  L.  Steffens  s.  a.  0.  S.  86. 


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472 


Chiiito  Pemtschew» 


»Im  Vergleich  m  dcu  Sillteu  kann  ich  micfi  :iiif  die  Gedichte 
viel  bes5»er  konzentrieren.  Ks  ina^^  Fälle  geben,  wo  ich  mich 
ii)  (Irii  Siiiii  vcrticten  kann,  und  das  Lernen  wird  dann  sehr  rasch 
gehen,  aber  dabei  darf  ich  absolut  nicht  gestört  werden.  Sobald 
ich  z.  B.  nur  bemerke,  daß  der  Yersuchsleiter  mich  beobachtet,  i^t 
die  Konzentntion  nicht  mehr  so  groß  oder  ganz  dahin.« 

»Beim  Lernen  »in  Teilen«  werden  die  Werfte  fast  mechaniaeh 
abgelesen.  Mit  diesem  mechanischen  Ablesen  komme  ich  also, 
wie  schon  gesagt,  nicht  weit,  deshalb  Teraaehe  ich  sehen  nach 
möglichst  wenigen  ^KHiederholnngen  dieselben  Worte  an  ge- 
brauchen, indem  icb  mich  mehr  an  den  Sinn  halte  and  dabei  ganx 
frei  anfgage,  doch  so,  daB  ich  f^leteh  beim  geringsten  Stocken 
im  Ii  HC  he  nach Be he.  Wenn  dann  un;::ew(jhnliclie  Inhalte  vor- 
kommen, m  mnß  ich  mehr  meclKiniseh  lernen  Wenn  ich  aher 
mehr  im  Buche  na  eh  lese,  so  kommt  eine  gröüere  Wiederholungs- 
zahl zu  fütande.  Für  mich  sind  die  Keprod uktionsversuche 
unerläßlich,  habe  ich  diese  nicht,  so  denke  ich  mich  zu  wenig  in 
den  Sinn  hinein.«  (K.) 

Aus  den  firgebnissen  der  Versaehsreihen  6,  7,  8  und  9  stellt 
sich  nnn  heiaas: 

1)  Die  Vorteile  des  G-Lemens  sind  yiel  denflicher  and  klarer 
bei  sinnvollem  Material  als  bei  shmlosen  Sflbenreihen,  bei  welchen 
eine  grOfiere  Strennng  der  elnzehien  Werte  am  den  Hittelwert, 
hSnfiger  sn  sehen  ist. 

2)  Herr  K.  j^^ehört  hinsichtlich  der  Schnelligkeit  des  Lenieus 
und  Bebalti  iiH  zu  den  raschen  Typen:  er  lernt  Bcbnell  and 
behält  auch  das  Erlernte  länger  im  Gedächtnis. 

§  24.  C.  Allgemeines  Schema  der  Yersnchsreiben  10,  11 

12,  13  nnd  14. 

Obsehon  in  allen  bisherigen  Yersnchsreihen  nnzweifelhaft  die 
CkBeihen  besw.  GMStrophen  am  Yorteilbaftesten  erlernt  worden, 
riebtete  ich  doch  noch  eine  Beihe  von  Vemiehen  em,  in  weleben 
Herr  Mes.  als  Vp.  fhngierte.  Diese  Yersiiehe  erstreckten  sieb  etwa 
ttber  46  Tage.  Wftlurend  der  Zeit,  in  welcber  mit  den  ersten 
4  Versuchsreihen  experimentiert  wurde,  kamen  12-,  16-,  18-  und 
24Hill)ige  Reihen  iu  Auwendung.  Die  Art  und  Weise,  wie  die 
lö-,  18-  und  24  silbigen  Reihen  aufgebaat  waren,  iät  beite  444  schon 


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Untenachungcn  zur  Ökonomie  imd  Technik  des  Lernens.  473 

Migfigehefik.  Nor  in  der  VeTsachsreUie  14  wurde  mit  suinToUem 
Bfaterial  operiert  Die  änBere  VersnchBtechiuk  der  simtlieheii 
VeisaebBreihen  blieb  ungefähr  dieselbe,  wie  Torher. 

I.  UuterBuchuug  mit  Binnlosem  Material. 

§  25.   VerBnebsreibe  10. 

1)  Das  Versaebflrerfaiireii. 

Die  Veisnebe  wurden  am  1.  Juni  1901  mit  12Bilbigen  Selben  be- 
gonnen und  schon  am  20.  zum  AbscbluB  gebracbt,  da  die  Beauliate 
SU  Ounsten  des  Lernens  »im  ganzen«  deutlicb  zu  Tage  traten.  Die 
ersten  5  Tage  worden  der  übnng  j^ewidmet,  so  dafi  die  ei^ntlicbcn 

Vereuche  15  Ver8Uch8ta<;o  bcauBpruchteu.  ExperiuR'iitierzeit:  von 
7'/4  bis  gegen  8  Uhr  morgeuö.  Die  Verr^uchsaiHH  In  injr  war  gauz 
dieselbe,  wie  in  den  andern  Vert^nclisreilieii  mit  ^uniloyeii  Silben- 
reihen. Nach  dem  Veriahruu  »iu  Gruppen-  wurde  also  eine  Reihe 
in  zwei  Hälften  und  eine  in  Teilen  zu  je  vier  Silben  erlernt,  die 
in  folgender  Weise  der  Yp.  dargeboten  wurden:  am  1.,  3.,  6.  n.  s.  w. 
Yersncbstage  kam  eine  Beibe  »in  Gruppen«  zu  je  vier  —  die  andre 
»in  Gruppen«  zu  je  seobs  Silben  vor. 

Die  Gruppen  einer  und  derselben  Reibe  nahmen  selbstrerstftnd- 
Üeb  auf  der  Trommel  ganz  yeracbiedene  Stellen  ein  und  wurden 
der  Vp.  in  der  schon  angegebenen  Weise  als  ganze  Reihen  Tor- 
geführt 

Am  2.,  4.,  6.  u.  s.  w.  Versuchetagc  lernte  M.  die  eine  G-Reihe 
akustiseh-inotorit;ch,  die  andere  rein  visuell  auswendig.  Die  Pausie- 
rung war  die  üblielic  wie  vorher.  Die  Vp.  sollte  die  Silbenreiheu 
mit  einer  möglichst  geringen  Anzahl  von  Wiederholungen  lernen 
und  jede  Abweichung  von  den  aufgestellten  Bedingungen  nachher 
im  Protokoll  angeben.  Nähere  Auskauft  Uber  das  VenmchsTerfahren 
gibt  folgende  Tabelle. 

2)  Kcbultate  der  Verauchsreihe  lü. 

Nach  den  klaren  Ergebnissen  der  Tabelle  muß  ohne  weiteres 
zugegeben  werden,  daß  das  Lernen  im  ganzen  auch  fUr  diese  Vp. 
das  günstige  ist  Ich  stelle  die  Resultate  hier  in  einem  leicht 
ttbersicbtlicben  Schema  auf: 


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474 


Chriato  PeulMlieir, 


R-Tabelle  3 


Anfang  des  Vennoha  7V«-^/dB  Ulir, 
Begiuu  der  Versuche:  Vom  6.  Juni  Ol  bis  zum  20.  Jnli  Ol: 


ZwOUsilbige  Reihen: 


0 


Die  neues 


mm  £rlern«ii  der  Beihe  I 


Alt 
des 
Erlernena 


NotwMidige  WiedMli<rtiiiig 


0 


e 


4* 


a 


8  >^ 
9>  0 


2  2 


! 


1. 

2. 

3. 

4, 

5. 

6. 

7. 

8. 

9. 
10. 
11. 
12. 
IS. 
14. 


OnniOl 

7. 

a 

9. 
10. 
11. 
12. 
13. 
14. 
15. 
16. 
17. 

la 

19. 

aa 


In  Onipp.Bnje  4  Silb. 
Imgnm.— lautlos 
In  Orapp.Bnje6Sttb. 
Im  glitten  —  laut 
In  Gntpp.Bnje4Sflb. 
Imgans.^  lautlos 
InGnipp.niJe6Stll>. 
Im  gaaiMi  —  laut 
In  Gfapp.raje4  Sflb. 
Im  gaasan  —  laut 
InaiappjH^eSilb. 
Imgaiis. — lantlos 
InGnipp.iaje4SUb. 
Im  gaaien  —  lant 
In  Gnipp.Bn jsOSilb. 

In  Onipp.nije  4  Silb. 
InOmpp.mije6Silb. 
Im  ganzen  laut 
Imgana.  H^aut  los 


2 


1 

l,2ö 


8 


2 


1 

l,ö 


11 
9 
10 
10 
16 
10 
8 
6 


14 
28 
12 
» 
13 
13 
13 
10 
19 

9 
13 
23 
11 
12 

8 


11,26 
8,75 


14,25 

11,6 

12,75 

a^i 


12 
12 

9 

7 
10 
10 
12 
20 
10 

8 

9^ 
9 
22 

9^ 
6 


13,5 
9 
10 
10 


Üigiiiztiü  by  <-3ÜOgIe 


UatennelmBgeD  zur  Ukonumie  und  iechuik  des  Lerueos.  475 


(VerBnohflreihe  10). 

yp.:  H€tr  0.  Mm. 
40  Yenraohtüige  mit  ainnlown  Sflben. 
15  Venaehsta^. 


Bilbemreiheii 

1 

Die  alten  Reihen 

zum  Lrlemen  der  lieilie  11 

Kter 

zum 

Wiedererlernen 

Notwend.  Wiederliulung 

Dauer  des  letzten 
Hersagens  in  Sek. 

• 

OB 

der  Reihe  II 

der  Reihe  I 

Art 
des 
x^iicrucus 

K 

I.  Gruppe 

g 

O 

m.  Grupi 

IV.  Für  die  ! 

ganzeR.noch 

erlorderl.W. 

V. 

Im  ganzen 

\nzahl  der 
1  sagen 

'S 
P 

Wie  wurde 
die  Reiue 
erlernt 

o 

^  Q 

'53-C 

B.2 

o> 
i'. 

Dauer 

Wie  wurde 
die  Beule 
eriemt 

•(wendige 
1  Wiederhol. 

Dauer 

laGr.zujeßS. 

3 

16 

20 

6 

6 

InGr.znje6S. 

7 

16,6 

InCir.zu  jc4S. 

7 

8 

Img. —  laut 

11 

8 

2 

> 

lui  g. —  laut 

6 

7 

Im  g. — laiitl. 

8 

17 

InGr.zu  je4S. 

1 

17 

20 

10 

6 

InGr.zuje4S. 

* 

12 

InGr.zu  je  »)S. 

7 

15 

liug. — lautl. 

25 

12 

3 

Img. — lautl. 

7 

16 

Im  g.— laut 

6 

10 

liifJr  zu  je6S- 

r 

14 

IG 

12 

6 

InGr.zuje6S. 

6 

H 

lii(Jr.zujo48. 

8 

8 

Im  p  —  laut 

13 

15 

2 

Img. —  laut 

6 

6 

Img.— lautl. 

7 

9 

lii(ir.zuj<*4S. 

1 

1 

11 

14 

9 

6 

InGr.zuje4S. 

7 

22 

InGr.zu  je  68. 

9 

9 

Img. — 1  autl. 

15 

16 

2 

Img.— lautl. 

7 

16 

Im  g.—  1  aut 

6 

9 

hGr.zujeüS. 

1 

12 

14 

8 

4 

In(>r.zuje6S. 

6 

6^ 

lnGr.zuje4S. 

6 

7 

Iia  g  —  laut 

11 

10 

2 

Im    —  laut 

6 

8 

Im  g. —  laut 

6 

10 

InGr  zu  jt'4S. 

1 

1 

12 

15 

24 

5 

ln(  ir./ii jr  J  S. 

7 

17 

In  (ir.zuje6S. 

7 

6 

Im  g. —  laut 

16 

9,6 

3 

Im  g.^  laut 

6 

8  ' 

Img. — lautl. 

7 

8,6 

InGr.zu jeGS. 

2 

7 

10 

7 

* 

i 

InGr.zu  jt'»>S. 

7 

S 

InrJr.zuje4S. 

7 

8 

Im  s- — lautl. 

ao 

16 

3 

jimg. — lautl. 

7 

20 

Im  g. —  laut 

6 

10 

iBGr.zuje4ä. 

10 

13 

12 

5 

f 

.InGr.zuje4S. 

6 

14 

InOrzujeSS. 

8 

6 

bGr4nije48. 

1 

1 

12,5 

15,6 

14 

5 

In6r.zaJe4S. 

6 

16 

InGr.iiije48. 

7 

9 

1,76 

12,25 

16 

8 

4,6 

InQr.sQje6S. 

6 

9,6 

InOrjniJeBS. 

7,76 

11,6 

12,75 

10.6 

2.26 

Img.— Unt 

6.76 

7 

Img. —  Unt 

6.76 

10 

lag.— lavtl. 

20 

14,6 

3 

1  ^ 

! 

Img.— lantl. 

7 

12,8 

Img.— Inntl. 

7^ 

11^ 

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476 


Christo  PentMhew, 

K-Tabelle  4 

Vp.  und  VereuchsamBtände  wie  in  K-Tabelle  2. 


Die  neuen 


zum  ErlerDen  der  Reihe  I 


E 

0 


I  Notwendige  Wiederhol. 


Art 
Erlernens 


I— I  o 


•Iiis' 

•  S  o 

M  es  »1 


S 


»  OD 

3  E 

es  <p 


o 

CS 
N 
P 

< 


•s  , 

O  I 

04 


1. 

'  21Jani01 

InCirrupp.zujeÜSiJb. 

6 

7 

7 

20 

11 

3 

2. 

22.   »  . 

Im  ganzen 

16 

12 

2 

» 

8J 

2a  >  . 

InGnp]}Mje8Sflb. 

9 

3 

8 

14 

18 

8 

4. 

25.1).  ' 

In  Oniiip.niJe8  Süb. 

1 

1 

15 

18 

20 

4 

> 

5. 

26.    .  . 

Im  p^'anzon 

15 

16 

2 

6. 

27.    .  >' 

In<'ni])p.znje8Silb. 

2 

6 

8 

16 

24 

4 

> 

7. 

28.    .  .1 

Im  ganzen 

19 

14,6 

3 

8. 

29.   »  » 

In  Grupp.zujeSSilb. 

6 

3 

9 

18 

36 

4 

> 

9.Hao.  «  • 

Im  g&nsen 

14 

19 

2 

> 

10. 

InGnipp.sQ  je  SSilb. 

2 

4 

6 

12 

16 

3 

* 

1 

1  i 

In  Gnipp.sQ  jeSSUb. 

4 

9 

16,3 

20,6 

3,5 

Im  ganaen 

16 

16,4 1 

• 

ä 

K-Tabelle  5 
Vp.  .  Herr  0.  Me«. 


es 


B 

«3 


Die  neuen 


tum  Eflernen  der  Beibe  I 


A  r  t 
des 
Erlernens 


Notwendige  Wiederhol 


.Sri  -25 

=1 


»— I  b 


S 


So 

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i-i 

<V  m 
a  C 
CS  « 


TS 

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9 

CS 

0* 


1. 

IJtüiOl 

In  Grupp.zii  jeSSüb. 

7 

7 

6 

19 

17 

3 

8« 

2. 

5.  »  > 

lim  ganzen 

19 

26 

2 

1 

3. 

a  »  > 

j  In  Gmpp.zn je  98i]b. 

7 

8 

9 

24 

18,5 

4 

4. 

7.  »  . 

Im  ganzen 

18 

12 

3 

:i 

5. 

8.  »  » 

1  In  Gmpp.zaje9SUb. 

10 

10 

4 

24 

12 

3 

i 

6. 

,9.  .  . 

Im  ganzen 

25 

16 

3 

ilO.  >  . 

In  Gmpp.zujedSilb. 

5 

1 

'I 

19 

13 

3 

al 

^1.  >  • 

Im  ganzen 

18 

22,5 

2 

n 

|InGrupp.zaje9Silb.  i 

7,25 

... 

15 

3 

1 

Im  gtttien 

~l 

- 

19 

2^ 

Digitized  by 


Untersucbungen  zur  Ökonomie  und  Technik  des  Lernens.  477 


(VersaohBreihe  11). 
IStüliige  BflUm:  10  Veniielutage. 


S  i  1  b  e  n  r 

e  i  h 

e  n 

! 

Die  alten  Reihen 

smn  Erienen  der  Reihe  II 

nun  Wiedererlemen 

Art 
dM 
Erieroeni 

NotwendtWiederiiolnng 

. 

O. 
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der  Beihe  n  | 

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Wie  wurde 
die  Reihe 
erlernt 

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1 

Wie  wurde 
die  Reihe 
erlernt 

"«'S 
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CS 

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Im  ganzen 
InCrzujeSS. 
liu  ;;anzen 
im  ganzen 
I&Gr.nije8£k 
Ingansm 
lQGr.ttje88. 
Im  lenzen 
InOrzujeSS. 
Irii  irao^D 

2 

4 

7 

2 

_ 

5 

4 

3 
5 

16 

22 

4 
- 
10 

17 
23 
16 
17 
90 
15 
14 
14 
17 
11 

15 
26 
22 
24 
16 
24 
11 
20 
14 
36 

3 
4 

3 
3 
5 
3 
3 
2 
4 
2 

— I 
> 

> 

> 

> 
> 

'imgunen 
In  Onipp. 
Im^uQzen 
Im  ganzen 
In  Gmpp. 
Im  ganzen 
In  Gnqip. 

lu  Grupp. 
Im  ganzen 

4 

7 

5 
5 

7 
6 
6 
f) 
6 
5 

10 
26 

8,5 
36 
10 

9.5 
10 
11 
10 
10 

i 

In  Qrapp. 

Im  ganzen 

In  Grupp. 

In  Grupp. 

Im  ganzen 
'  In  Qrapp. 
^ Im  ganzen 
;In  Grupp. 
,  Im  jijauzen 
;  In  Grupp. 

9 

5 

4 

7 

6 

10 

7 

5 

6 

5 

18 
12 
8 

7.6 
9 

10^ 

20 

24 
8 
15 

loOr.zujeSS. 
Im  gamen 

3,76 

4»2ö 

1 

21 
16 

16,5l4 
28,6|2,7 

» ' 

In  Grupp. 
Im  ganzen 

6,5 
5 

14 

14 

j  In  Gmpp. 
1  Im  ganzen 

6,7 
5,75 

14 
12 

(VerBaehsreihe  12). 
ISiiibig«  Beihen:  8  VeranehBtege. 


ti  i  1  b  e  m  r 

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e  alten  Reihen 

)  — 

Erlernen  der  Reihe  II 

zum  Wiedererlemen 

Kotirendiso  Wiedeihol. 

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erlernt 

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In  Grii])i>. 
Im  {janzcn 
In  Grupp. 
Im  guuzcn 
In  Orapp. 
Im  ganzen 
In  Grupp. 

7 
8 
8 
ö 
9 
6 
4 
9 

16 
6.5 
8,ö| 
8 
9 
9 

In  (rrupp. 
Im  ganzen 
1  In  Gmpp. 
1  Imguuzeu 
in  Grupp. 
Imgnnsen 
In  Gmpp 
Im  ganzen 

1 

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8 
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17 

10^ 

17^ 

20 

Ioßr.zuje9S. 

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7.26 

6,76 
1  - 

20.7.') 
17 

In  Grupi». 
Im  ganzen 

7 

f  7 

9 

112,6 

In  (irupp.  7.7.3 
ilmganzen  1  7 

14 
17,6 

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478  Chiiito  Peaticliew» 


Z-Tabelle  a 


einer  Reibe 

\Vie<iererlerttUüg 
einer  Beihe 

£rBpaxxüsse 
in  FtoSk 

A  r  t 
des 
Lernens 

t— 

II 

im 
ganzen 

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J 

h 

1.  In  Grappen 

14,85 

6,4 

_. 

r 

56 

48 

2.  Im  ftnzen 

12,76 

20 

6,75 

7,16 

Hiernach  eigibt  sich  also: 

1)  Dm  Ch-Lernen  ist  viel  Okonomiseher  ab  daa  fiaktioniereiide 
Verfahren. 

2}  Das  Verfahren  »in  Gruppen«  ist  lun  so  unvorteilhafter,  in  je 
mehr  Teilen  eine  Silbenreihe  erlernt  wird.  Die  in  drei  Grupptn 
'^erlegten  Silbenreihen  eriraben  br»!it  r('  Diirohgrhnittswerte  ^14,85] 
als  die  in  zwei  Hälften  (13,25)  erlernten  Bilbenreihen. 

3)  Die  6-Beibeii  werden  mit  geringerer  AniaU  Ton  Dnrch- 
BchnittBwerlen  wiedererlemt  ala  T-Reihen. 

4)  Anch  die  Anzahl  der  Reproduktionsversuche  (Aufsahen)  beim 
G-Verfahren  ist  viel  kleiner  als  beim  Liemen  »in  Gruppen«. 

ö)  Ferner  ist  die  Tatsache  herronnlieben,  daß  daa  Tiaaelle 
Lernen  steh  als  ungünstiger  erwiese  hat,  a]s  das  aknstisch- 
motorische  Lemverfikhren.  Fttr  eine  G-Beihe,  die  die  Vp.  Int 
von  der  rotierenden  Trommel  sbgdesen  liatte,  bnmclite  sie  12,75 
Wiederh.,  wShrend  itlr  ehie  visuell  erlernte  €kBeihe  etwm  20 
Wiederh.  nötig  waren.  Man  sieht  auch  noch,  daß  die  G-Reihen 
nach  dem  lautlosen  Lernen  höhere  Durchschnittswerte  (7,15)  er- 
graben als  die  in  lautem  Verfahren  (ij,75}  erlernten.  Daraus  geht 
nun  hervor,  daß  das  aknstiBch-motorische  Element  die  Grund! ae-e 
des  Gedächtnisses  dieser  Vp.  bildet.  Ob  aber  beim  lauten  Lernen 
das  akuBtisehe  oder  kinttathetische  Element  dominiert^  wird  qtäter 
noch  erörtert  werden. 


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ÜBteniiclian^n  mr  Ökonomie  und  Technik  des  Leraens.  479 

§  26.  In  Yersnehsreihe  11  wurde  mit  ISsilbigen  Beihen 

operiert. 

Die  Versuche  umlaßten  lU  VersiK  hstiige.  Die  Zeit  des  Experi- 
mentierens blieb  dieselbe.  Die  Rf)tations<ref('hwiniii^'keit  flir  eine 
IGailbige  Reihe  wurde  im  Verhäituiö8e  zu  einer  zwolfsilbigen  auf 
13,5  Sekunde  festgesetzt  Die  YersiiehsumHtände  waren  ähnlieh 
deigeiiigen  der  Versuchsreihe  7.  Am  1.,  3.,  ö.  a.  8.  w.  Vergucbs- 
tage  wurde  saerst  eine  Reihe  in  Gmppen  zu  je  tuchi  Silben  nnd 
dann  eine  »im  ganien«  erlernt^  am  2.»  4,  6.  u.  b.  w.  VemiehBtage 
war  die  Beihenfolge  nrngekehrt  Die  Silbenreihen  wurden  stets 
laut  abgeiesen. 

Die  Ergebnisse  dieser  Venmehnreihe  sind  in  der  nachstehenden 
TabeHe  enthalten. 

Resultate  der  Versuchaieibe  11. 

1)  Stellt  man  die  Ergebolsse  der  ersten  und  sweiten  Reihe  zn^ 
sammen,  so  erhUt  man  folgende  MHtelwerle: 

Z-Tabelle  9. 

Erlemiuig  WledeieilenL  Efepanriaie  in  Pros. 

1.  1b  Gmppen  m  Je  8  Silben:    18,66  W.      8,6  W.  66 

2.  Im  giBsea:  16^40  »       M »  66 

Differenz:     3,lä  »        1^  >  — 

Die  oben  angegebenen  DnrebsehnittBsalileo  sprechen  sehr  dent- 
lieh  daftr,  dafi  die  Differenzen  der  Lernmethoden  mit  Ver- 
größerung des  Stoffumfanges  auch  größer  ausfielen. 
Gegenüber  den  Gr^-Reihen  wurden  die  G-Reihen  mit  einem  öko- 
nomischen Gewinn  von  8,15  W.  erlernt 

2]  Beim  Wiedererlemen  waren  t\ir  die  G-Reilieu  duc  geriogere 
Anzahl  ?on  Mittelwerten  nötig  als  fva  die  des  gmppenweisen  Veiv 
fiüuens. 

§  27.  Versnehsreihe  12. 

1)  Nach  einer  Pause  von  drei  Tagen  richtete  ich  eine  andere 
Versuchsreihe  ein,  in  welcher  als  Stoff  18 silbige  Ki^-iheii  dienten. 
Da  die  Zeit  des  Kxperimentierens  für  die  Einprägung  der  Silben- 
reihen  eine  sehr  günstige  war  und  Herr  0.  Mes.  eine  ziemlich  große 
Sieherbeit  beim  Reproduzieren  nnd  Lernen  der  Silbenreihen  ge- 
wonnen hatte,  brauchten  wir  gar  nieht  zn  beftbrehten,  daß  die 


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480 


Kenaltate  aocb  uucii  wenig:en  Versnehstageu  sich  seh  wankend 
heraiiHHt^llon  werden.  Deshalb  haben  wir  ons  enteohlossen,  die 
vorstehende  Vernuchsreihe  schon  am  achten  Versuchstage  mbsn- 
sehüefteiL  Die  Art  und  Weise,  wie  die  lÖBilbigeB  Beih^  anf* 
gebaut  worden,  ist  eine  andere  als  bei  MttUer  tmd  Pilzecker 
(Vgl.  S.  444.)  Im  VerbSltnis  zu  einer  zwOlfeilbigen  Beibe  wurde 
die  Umlaofsgeflchwindigkeit  fltr  eine  ISnlbige  Reibe  auf  15  Sekun- 
den feHt^^esetsd  Das  fraktionierende  Veriabren  bestand  darin,  daft 
iiier  Bethen  in  Gmppen  ron  je  neun  Silben  gelernt  wurden.  Am 
1.,  3.,  5.  u.  B.  w.  Vcrsuclista^'c  wurde  zuerst  eine  Gr^Reihe  uud 
dann  eiue  G-Reihe  g(;lcrut.  Am  2.,  4.,  6.  u.  s.  w.  Versnrbstage 
wurde  die  um^ekfhrto  Reihenfolge  beobachtet.  Zwisi  hon  der 
AV'iedererlernunf^  und  Krh  rnun^^  der  ►Silhetireihen  fand  eine  Pause 
von  drei  Minuten  statt,  während  nach  Erlernung  der  ertöten  der 
bcid  n  mn\cn  le  ihen  eine  Pnn««e  von  acht  Minuten  folgte.  Das 
visuelle  iiemverfahren  fand  keine  Verwendung. 

Die  Besoltate  nach  der  Wiedererlemnng  und  der  Erlernung  der 
Silbenreiben  sind  auf  der  folgenden  Tabelle  zusammengestellt 

2]  Die  Versnebe  mit  ISsiltngen  Reihen  ergaben  folgende  IGttel- 
werte: 


Trotz  der  weuij?en  Versuchstapre  sind  auch  hier  die  Differenzen 
für  die  zwei  Arten  des  Lernens  sehr  beträchtlich,  wenn  auch  ge- 
rade nicht  SU  '^ro\'t  fllr  das  Lernen  »im  ganzen*  wie  in  der  Ver- 
suchsreihe 11.  Sicher  wtlrden  die  Mittelwerte  hier  größer  aus- 
gefallen sein,  wenn  wir  die  Versuche  nicht  so  früh  abgebrochen 
hätten.  Mit  einem  kleinen  Unterschied  von  W.  wurden  die  G^Beiiien 
schneller  wiedererlemt  als  die  Gr^-Beihen. 

§  28.  Versnoksreihe  13. 

1.  Die  el)eu  besprochene  Versuelisreihe  12  wurde  noch  aus  einem 
anderu  Grunde  so  irlüi  zum  AbschluU  gebracht   Da  nämlich  0.  M. 

1}  HttUer-PlUecker  a.  a.  0.  8.a 


1.  lo  Gruppen  xu  Je  9  Sübeo:     814  W.      7,4  W. 

2.  Im  gaazen:  18,5  *        7  » 


Differenz:     2,6  >        0,4  » 


08 


Üigiiiztiü  by  <-3ÜOgIe 


Uutersuchangen  zur  Ökonomie  und  Technik  des  Lerneoa.  481 

ak  rascher  Lemer  Air  vDseie  GedXchtmsoiitenniobnng  sehr  geeignet 
an  sein  schien,  fand  ich  es  zweckmäßig,  an  einigen  Versnehstagen 
mit  noch  größerem  Umfange  des  Materials  an  arbeiten.  Ich 

habe  daijer  als  Stoff  der  vorstehenden  Versuchsreihe  dreizehn  24- 
ailbige  Reihen  ausgewählt.  Was  den  Aufbau  dieser  Keihenlänge 
anbelaii^,  sn  umi\  aii>(lriii  klich  Ixniierkt  werden,  daß  die  ersten 
16  Vokallaute,  Anfangs-  und  EndkonBOoanten  einer  Heihe  sämtlich 
verschieden  waren. 

Nach  sechs  Versuchstagen  wurde  die  Untersaohong  mit  dieser 
Reihenlüngc  unterbrochen,  da  jede  neue  Erleraimg  einer  Reihe 
eine  zu  grofie  Willensanstrengimg  erforderte,  was  die  Vp.  aofier- 
ordentlich  ermttdete.  Es  wurde  immer  an  derselben  Tagesaeit  ex- 
perimentiert wie  bis  jetzt  Die  Rotationsdaner  des  Kymographions 
war  anf  20  Sekunden  bestimmt 

Die  YersQchsanordnnng  war  dieselbe;  es  wurde  aber  länger 
pausiert.  Gleich  nach  der  Wiedererlemung  der  vor  24  Stunden  er- 
lernten Silbenreihen  trat  eine  Pause  von  iXiui'  Miuuteu  eiu;  zwischen 
der  Erlernung  der  beiden  neuen  Reihen  hingegen  wurde  die  Pause 
verdoppelt    Lautes  Ableiten.  ' 

2J  Die  Resultate  waren  folgende: 

Z-Tabelle  11. 

Erlemnnf^  Wiedererleia.  £rtpanuBse  'n  Pros. 

1.  In  Omppen  zn  je  12  Öüben:     2H  W.       9.2ö  W.  68 

2.  Im  ganzen:  19  >         6.2    .  67  

Differenz:     10  >         3,05  >  Ol 

3)  Vergleicht  man  die  Ißttelwerte  beider  Lemweisen,  so  mnft  man 
zogeben,  daB  das  O- Lernen  anch  bei  24  Silben  entschieden 

vorteilhafter  ist  als  das  fraktionierende  Verfahren.  Man 
flieht  in  der  Tut,  daß  die  Differenzen  hier  noch  beträchtlicher 
sind  als  dies  iu  der  vorhergehenden  Versuchsreihe  der  Fall  war. 
An  keinem  Versnchstage  wurden  die  G-Reihen  mit  größeren  Wieder- 
holungszahlen erlernt  als  die  des  Verfahrens  »in  Gruppen«. 

4)  Auch  beim  Wiedererlemeu  ist  ganz  deutlich  zu  sehen,  daß 
die  6-Reihen  bedeutend  schneller  wiedercrlemt  wurden  als  die  Gr^- 
Beihe.  Ich  betone  noch  ausdrücklich,  dafl  in  keiner  der  bisher 
angestellten  Versuchsreihen  die  Differenz  beim  Wiedererlemen  der 
Bilbenreihen  zn  Gunsten  desG^Lemens  so  beträchtfieh  aasgefallen 
ist,  wie  in  dieser  Versnchsreihe. 

äMtUf  fir  PiTflhotogt«.  L  32 


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482 


Chriito  Pont«che\v, 


^  ti^.  Gruppiemiig  der  Resultate  Ton  sinnlosem  Material. 

Die  Erj^ebnisse  dieeer  vier  Versuchsreibeu,  die  »amtlich  mit 
Merrn  Meg.  ausgef^lhrt  wurden,  stelle  ich  ttbersiclitUch  in  dem 
folgenden  Schema  auf: 


Z-Tabelle  12. 


Erleranng 

Wiederarlerniu^ 

^  k- 

t-,  N 
«  C 

BeihenUüige 

•?¥ 

einer  ' 

Iii 

II 

einer 
Cr-ReOic 

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&  V 
«)  Q£ 

a5 

1.  12snb.  Reihe 

14,86 

13,26 

12.76 

20 

m 

6,6 

6,9 

6^76 

48 

Ii 

2.  16  » 

18,66 

16,6 

-t 

- 

<5,6 

M 

65 

.«i 

8.  18  ' 

21,1 

18,6 

7,4 

7 

86 

4.  24  > 

29 

19 

9,26 

6^ 

68 

Aua  deu  39  tä^geu  Versuchen  mit  sinnlosem  Material  geht  ganz 
deutlich  hervor: 

1)  Das  Lemeu  »im  ganzen«  beweist  sich  um  so  ökonomischer, 
je  länger  die  Silbenreihe  ist. 

2)  Das  fraktionierende  Verfahren  ist  um  so  nuTorteilhafter,  in 
je  mehr  Teilen  (isoliert)  eine  Stlbenreihe  erlernt  wird. 

3}  Die  G-Silbenreihen  ergaben  beim  Wiedererlemen  24  Stnndea 
spiter  geringere  Mittelwerte  als  die  des  gruppenweisea  LemenB. 

4)  Die  längeren  Reihen  haften  fester  im  Ge^htnis  als  die 
ktlrzeren.  Um  sich  Uber  das  hier  Behauptete  ein  Urteil  zn  bilden, 
braucht  man  nur  einen  Blick  iiut"  die  oben  an|?ej!:ebenen  Ersparnisse 
einer  nach  24  Stuudeu  wiedererlernten  G-  oder  Gr^Reihe  zu  werfen, 
wo  sich  deutlich  herausstellte,  daß  mit  der  längsten  Silbenreihe  zu- 
gleich auch  die  größten  Ersparnisse  erzielt  wurden.  Es  ist  zu  be- 
merken, daß  die  Ersparnisse  einer  lösilbigen  G-Reihe  größer  waren 
als  diejenigen  einer  18silbip:en.  Walirscheinlich  ist  der  Omnd  da^ 
rin  zu  snchen,  dafi  die  Vp.  heim  Wiedererlemen  einer  18silbigeii 
Reihe  die  Betonungsweise  öfter  Änderte»  als  bei  eiser  Ißsilbigeiiy 
was  die  fernere  Streuung  der  emzelnen  Werte  um  die  Mittelwelle 
herbeiftlhrte.  Aber  im  Vergleich  mit  den  Vefsnehsreiheii»  die  an 


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Untennchnngen  zur  Ökonomie  und  Technik  des  Lernens.  483 

anderen  Vp.  aufgestellt  worden  waren,  kann  man  «ajjen,  daß  bei 
den  in  Kede  stehenden  Versuchsreihen  verhültnismäßi^r  j^crin^ere 
Schwanknn^en  vorkamen.  Ilirc  Ergrebnisse  besitzen  daher  einen 
entscheid  enden  Charakter  tllr  die  Hauptpunkte  unserer  Ge- 
dächtnisautersuchoug. 

6)  Über  die  Ökonomie  der  beiden  Lemveriahren  gab  die  Vp. 
folgendes  zn  Protokoll  an: 

»Das  Lernen  »in  Gruppen«  scheint  für  mich  keine  besonderen 
Vorteile  zu  bieten;  suhukl  ich  die  glänze  Silbenreihe  zusammenlese, 
gehen  die  Gnippen  so  im  g:anzeu  auf,  daß  sich  ihre  Anfdnp:c,  ob^^'lcich 
ich  sie  vorher  schon  im  Gedächtnis  zu  habeu  glaubte,  verwischen 
nnd  ich  sie  mW  wieder  neu  merken  muß.«  Gleich  nach  dieser 
Angabe  der  Vp.  möchte  ich  die  Bemerkung  einschalten,  dafi  sie 
iriUurend  der  Zeit,  in  welcher  mit  12-  nnd  IGsilbigen  Reihen  ex- 
perimentiert wurde,  stets  den  Eindmek  hatte,  daB  das  Lernen 
»im  ganzen«  das  günstigere  sei;  allein  als  sie  spftter  18-  nnd  24- 
Bilbige  Beihen  zu  lernen  hatte,  Saderte  sie  ihre  Ansieht  nnd  be- 
richtete folgendes: 

»Das  T.crnen  >in  Gruppen»  scheint  mir  bedeutend  leichter, 
das  Lernen  »im  ganzen«  hingegen  bedeutend  schwieriger,  sodaß 
ich  nach  der  £inprägang  der  Reihe  bestimmt  glaube,  viel  mehr 
Wiederholmigen  gebraucht  zn  haben  als  im  ersten  Falle.« 

Uan  sieht  also,  daB  die  Vp.  sich  mit  Veigidfienmg  des  StoiF- 
nm&nges  gegen  das  G-Verfahren  ausgesprochen  hatte,  was  sieh 

hauptsächlich  durch  den  Umstand  erklären  läBt,  daß  die  Vp.  sieh 
bei  dieser  Art  des  Lernens  viel  ermüdeter  fllhlte  als  bei  der 
fraktinniereiiden.  Warum  die  Ermüdung  aber  beim  Lernen  »im 
ganzeu«  schDeller  eintritt,  wird  noch  später  erörtert  werden. 

§  30.  IndlTidnelle  Eigentttmlichkeit  des  Gedächtnisses 
beim  Lernen  nnd  Reproduzieren  sinnlosen  Materials. 

1)  Die  Verhaltangsweise  der  Vp.  bei  der  Betonnng  der  Silben 
Tersehiedener  Beikenlängen  war  sehr  bemerkenswert;  hauptsäch- 
lich deshalb,  weil  sie  während  des  Lesens  leichter  mit  dem  Rhyth- 
mus auskommen  konnte.  Sie  wurde  also  sehr  selten  in  der  Be- 
tf)unn^^3weise  der  Silben  verwirrt.  Eine  12 silbige  G -Reihe  wurde 
gewöhnlich  durch  eine  Cäsur  in  zwei  gleiche  Hälften  zerteilt, 

32* 


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484 


ChiiBto  PeBtiehew, 


wihiend  eine  Gr-Beilie  deiielbea  BeihenlXiige  im  ^/^Täkt  dveb- 
geleten  wurde,  atngleieh  mit  dem  GeHHd,  all  ob  der  ^/^Taki  beeser 
zuage  als  der  ^/^TAt 

Eine  16flübige  Beibe  wude  Im  Sbytfamos  eines  Taktes  yon 
8  Silben  gelesen,  sodafi  also  auf  der  1.  nnd  9.  Silbe  der  Reibe 
der  Uaupttim  (")  rabte,  ein  geringerer  Naclidruck  (')  aber  auch 
auf  der  5.  und  13.  Silbe,  z.  B. 

1,  2,  3,  A,  b,  6,  7,  B  j  9,  10,  11,  12,  13,  U,  15,  16. 

Hingegen  wnrdc  eine  18  silbige  G -Reihe  in  der  Reprel  durch  zwei 
Inzisionen  in  drei  gleiche  Teile  zerleg,  indem  die  1.,  7.  und  13. 
Silbe  durch  einen  Hauptiktus  aosgezeichDet  wurde.  Merkwürdiger- 
weise hat  die  Vp.  eine  Gr- Reihe  ganz  anders  gelernt,  nämlich  so, 
daß  sie  die  Beibe  durch  eine  Cäsnr  in  zwei  Hüften  teilte^  indem 
sie  den  HanpCton  anf  die  1.  nnd  10.  Silbe  legte;  gleieb  danraf 
las  sie  die  eisten  6  Sflben  sehneil  ab;  die  7.,  8.  nnd  9.  Silbe  bln- 
gegen  ganz  langsam;  ebenso  yerhieU  es  sich  mit  den  Silben  der 
zweiten  HUfte.  IKe  drei  loteten  Silben  Jeder  Beibenbllfte  wurden 
also  in«  einem  langsameren  Tempo  abgelesen  als  die  ersten  seebs 
Silben,  und  zwar  so: 

1,  2,  3,  4, 5,  6  -  (7,  8,  9)  j  10, 11, 12, 13, 14, 15  —  (16^  17, 18). 

Hoim  Lernen  einer  24 silbigen  Reihe  hat  die  Vp.  denselben 
Rhythmus  angewandt  wie  bei  einer  12 silbigen  G- Reihe.  Diese 
rbytlimiscbe  Gliederung  der  Silben  verschiedener  Reihenlängen 
machte  sich  24  Stunden  später  außerordentlich  geltend.  An  eh  die 
Vp.  l»emerkte  einmal,  daft  sie  beim  Wiedererlemen  der  SUbon- 
r^hen  stets  wissen  müsse,  in  welebem  Rhytfunns  sie  die  Reihen 
ror  24  Stondea  gelernt  habe;  dann  ginge  die  Beprodnklion  viel 
leiebter  nnd  schneller  Yor  sieb. 

2)  Nicht  unwichtig  ist  die  Art  und  Weise,  wie  Mes.  überhaupt 
sich  die  Silben  ^iner  Reihe  nnzueignon  suchte.  Am  Anfans-  äo^ 
Lernens  war  er  aut  die  Silben  nicht  so  sehr  konzentriert,  wie  im 
weiteren  Verlauf  desselben.  Dabei  muB  ich  aber  bemerken,  daS 
die  Vp.  sehr  leicht  ihre  AnfimerksamlLeit  anf  bestimmte  Silben  in 
riohton  rermoehte.  J>ie  orten  iwei  Lesungen  widmete  sie  in  der 
Bogel  der  rhythmisebon  Qliederang  der  Silbenreiho  —  wollte  sie 
aber  gleich  eine  Gruppe  behalten,  so  wurde  die  lotete  bodontend 
lauter  abgelesen  als  die  flbrigen  Gruppen  derselben  Belhe. 


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UnterBuchungen  zur  Ökonomie  und  Tcchuik  des  Lemeus.  485 

Ihre  Angaben  darüber  lanten  fo]§;endennaBen: 
>Aiiftiiglioh  folgte  meine  Aufmerksamkeit  nnd  meine  Angen- 
bewegnng  immer  der  Trommelbewegnng;  ick  sah  die  Silbe  oben 
Terechirittden,  bemerkte  dann  die  unten  nachkommende  sn  spät, 
um  sie  zn  erfsssen,  nnd  so  blieben  die  zwei  ersten  Wiederbolnngen 
i^än/Akh.  ohne  Erfolg.  Durch  einen  energischen  Willeusakt 
Termochte  ich  endlich  die  Aafhierksamkeit  von  der  at^^renden 
TrommclbewejTUDg  fernzuhalten.  Teh  sagte  dann  die  Silben 
schon,  sobald  jch  ihre  obertn  Teile  erblickte,  mit  divinatorischer 
Sicherheit  her.  Ich  hielt  znerst  von  jeder  Grappe  die  erste 
und  letzte  Silbe  fest  nnd  ergänzte  dann  die  anderen,  worauf 
ich  die  xaerat  eingeprägten  Silben  mehr  oder  weniger  wieder 
veigaB.« 

»Ich  lernte  die  Sflbenreiken  jetzt  anders  als  früher.  Statt 
nach  jeder  SUbe  eine  glelehmafi^e  Pause  zu  machen,  sage  ich 
jedesmal  die  ganze  Groppe  (je  nach  der  Reihenlänge)  schnell 
nacheinander  nnd  kann  sie  dann  besser  behalten.  Bei  späteren 
Wiederholungen  sage  ich  daher,  sobald  ich  nnr  die  erste  Silbe 
auftauchen  sehe,  gleich  die  ganze  Gruppe,  ehe  ich  also  die 
letzten  biiben  sehen  kann.  Er-'^chcinen  sie  endlich  auch,  m 
stellt  sich  etwa  heraus,  daß  ich  zuweilen  eine  falsche  Silbe  gesagt 
habe;  dann  muß  ich  mich  schnell  korrigieren,  was  aber  wieder 
sehr  störend  einwirkt  Gewisse  günstige  Gmppen  prägen  sich  mir 
sehr  schnell  ein,  sie  bianchen  nicht  einmal  am  Anfang  sa  stehen, 
%,  B.  die  zweite  oder  die  dritte  Groppe  emer  ReihenlSnge.  Habe 
ich  solche  Grnppen  fest  im  Sinn,  so  widerstrebt  es  mir,  sie  trotz- 
dem immer  auch  noch  ta  wiederholen,  während  ich  sie  unter  ge* 
wOhnHchen  Umstanden  ansseheiden  nnd  mich  auf  die  anderen 
Gruppen  beschränken  würde,  nm  dann  zuletzt  erbt  alle  Gruppen 
zusammenzufügen.«  (Mes.) 

3)  Beim  Re})r<idn7ieren  der  Silben  verhielt  8ifh  Herr  Me.^  <<  itr 
mhig.  Nach  Beendi^ning  der  Kotation  beeilte  er  sich  nicht  so 
sehr  die  Silben  herzusagen,  wie  dies  meistens  bei  raschen  Typen 
der  Fall  ist,  sondern,  wenn  die  erste  Silbe  fehlte,  machte  er  schein* 
bar  keine  Anstrengung  sich  daran  zn  erinnern,  und  wartete,  bis 
die  Silbe  sozusagen  yon  selbst  kam.  Es  kam  vor,  daB  die  Vp., 
als  sie  angefordert  wurde,  die  Reihe  herzusagen,  nach  15  Sek. 
sinnend  ruhig  antwortete:  sie  wisse  keine  Silbe;  gleich  darauf 
aber  folgte  die  fehlerfreie  Reproduktion.  Stockte  sie  während  des 


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486 


Chibto  PentBchew, 


HereagenB,  so  wartete  sie  eine  Weile,  ohne  die  Yorhergebcude 
Silbe  zu  wiederholen.  £b  kamen  Fälle  vor,  wo  einzelne  Silben 
erst  nach  20,  3&,  ja  sogar  naeh  50  Sek.  im  Bewnfitsein  wieder 
anftanohten.  Die  Beprodnktion  der  Silben  erfolg  ein  klein 
wenig  rascber  als  die  Zeitdauer  der  RotationogeBcbwindigkeit 
Sie  betrug  ttSae  eine  12-»  18-  nnd  24Bilbige  Reihe  etwa  10»  17  und 
22  Sek.,  bei  einer  ICsflbigen  Beihe  hingegen  war  sie  Hager 
(19,5  Sek.). 

Die  Vp.  gab  ferner  zu  Protokoll:  >\V«nn  ich  die  Reihe  sicher 
festzuhiilten  ^^hiube  und  ich  lauge  an  sie  aulzu^a^en,  so  muß  ich 
ganz  leise  ßprechen,  um  durch  die  akustische  Wahrnehmung 
die  späteren  optischen  I->itmernugsbilder  nicht  zn  verdrängen. 
Bei  der  Reproduktion  glaube  ich  zwei  Prozesse  in  mir  zn  beob- 
achten: die  Reproduktion  des  optisehen  Bildes  (zuerst  Vokale)  und 
motorische  und  akustisohe  Yoig^lnge;  aber  ihre  Reihenfolge  yennag 
ich  noch  nicht  anzugeben.«  Erst  naeh  einigen  VerBuehelagen  fügte 
die  Vp.  die  Bemerkung  hinzu:  »Beim  Reproduzieren  der  Silben 
0uche  ich  immer  das  optische  Bild  an  seinem  entsprechenden  Ort 
inneilich  wiederzusehen,  das  Klangbild  nehme  ieh  erst  se<- 
kuiidär  zu  Hilfe.« 

4)  Interesbaut  war  das  Verhalten  der  Vp.  bei  der  Einpräguug 
der  Silben  einer  Reihe.  Gceren  alles  Erwarten  bildete  Herr  Mes. 
am  An  laug  der  Versuche  lant  keine  Assoziationen.  Die  Ein- 
prägung  der  Reihe  erfolgte  ganz  mechanisch,  nach  wenigen  Ver- 
stich stagen  aber  suchte  er  die  ähnlich  aussehenden  Silben  mitein- 
ander zu  assoziieren )  und  damit  war  der  Weg  zur  Bildung  ver- 
sohiedenartiger  Assoziationen  gebahnt  Schon  nach  der  eisten 
Wiederholnng  suchte  die  Yp.  zueist  die  Vokale  resp.  Diphthonge 
zu  behalten.  Die  in  alphabetischer  Reihenfolge  auftretenden  Vokale 
prägten  sich  am  leichtesten  ein.  Besondeis  leicht  wurde  einmal 
die  Gruppe  »fik — dOt— lensc  behalten»  weil  die  Übergänge  Ton 
einer  Silbe  zur  andern  durch  Konsonanten  ^^änzlich  verschiedener 
Artikulatiousgebicto  scharf  markiert  uud  {geschieden  waren.  Die 
ersten  A«s*>ziationen  entstanden  also  hauptsächlich  nach  der  Form 
nnd  Klau^^farbe  der  Silben,  später  aber  suchte  die  Vp.  einen  Zu- 
sammenhang zwischen  einzebien  Silben  ausüudig  zu  maoheu,  und 
dadurch  entstand  bei  ihr  die  Tendenz,  den  Silben  eine  Bedeutung 
zn  geben.  Der  erste  Versuch  entstand  durch  Verbindung  Ton 
4  Silben  zu  einem  einzigen  Wort,  das  aber  keinen  Sinn  eigab. 


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üntemtohungen  cur  Ökonomie  nnd  Teehnik  des  Lerneni.  487 

Aus  der  Gruppe:  »wor,  men,  heig^riz«  machte  Herr  Mes.  ein 
einziges  Wort,  das,  wenn  auch  yOllig  sinnlos  und  gar  keine  sekun- 
diüre  AMOziation  bewiikend(l)}  durch  die  Geläufigkeit  der  ein- 
zelnen Silben  acbon  nach  der  ersten  Wiederholnng  fest  eingeprSgt 
wurde.  Die  Ursache  dafUr  &nd  Herr  Mes.  darin,  daft  die  an- 
atofienden  Konsonanten  Infolge  ihrer  yersehiedenen  Artikulation 
leicht  ansdnander  sn  halten  waren,  und  daß  die  Vokalfolge  eine 
günstige  war,  insofern  jede  Silbe  einen  neuen  differenzierten  Vokal 
enthielt  Sodann  machte  Herr  Mes.  auti  2  oder  3  Silben  emzclne 
sinnvolle  Worte.  Beispielsweise:  au3  *mül*  — »hop<  —  MüUenhoff; 
aus  >Iaan< — >zek« — »raut«  =  Lanzenkraut;  nm  »taan«  —  »pus*  — 
»deir«  =  Tannhäuser  Erst  mit  der  vorschreiteuden  Übung 
ging  die  Vp.  unwillkürlich  zum  Aufbau  ganzer  Sätze  Uber,  deren 
£nt8tehnng  sie  in  folgender  Weise  erklärte: 

»Assoaationen  fordern  sehr  die  Einpiilgong  der  Bilbenreihen. 
Kine  solche  Assozuition  reicht  nie  Uber  eine  Gmppe  hinaus;  mit 
der  betonten  Anfangssilbe  der  folgenden  Gmppe  wird  sofort  ab- 
gebrochen. Sie  tanoht  merkwürdigerweise  nicht  sofort  in  genauer 
Klarheit  auf,  sondern  zuerst  machen  mir  die  aufeinander  folgenden 
Vokale  den  Eindruck  einer  Vokalfolge  eines  geläufigen  sinn- 
vollen Satzes;  aus  diesem  unbestimmten  Nebel  taucht  dann  bald 
der  inhärierende  Gedanke  auf  und  verschwindet  nicht  wieder,  ja 
ich  bin  seiner  noch  am  tolgeiiden  Tage  vollkommen  sicher.  Daher 
kam  es,  daß  die  Silben  einer  Gruppe:  »gusch« — »neel*  —  »kUni« 
— »waad«  sich  sehr  leicht  zusammenfügten,  und  zwar  schwebte 
mir  dabei  der  Gedanke  vor:  Gustav,  hole  Wasser  am  Brunnen, 
wobei  ich  assozierte:  gusch  »  Gustav,  waad  »  water  engl. 
Wasser,  hingegen  wufite  ich  »ned«  und  »kttm«  nicht  mit  Sinn  zu 
füllen,  sie  schwebten  mir  undeutlich  vor  als  Ausdruck  eines  stren- 
gen Befehls  im  Sinne:  »Gustav  1  schneU  hole  Wasser  1<  Trotzdem 
bildete  Herr  Mes.  verhältnismäßig  weniger  Assoziationen  als 
die  anderen  Vp.  Bemerkenswert  ist  die  assoziative  Hilfe, 
die  hierbei  von  dunkel  bewußten  Vorstellungen  geleistet 
wird! 

5^  Von  großer  Wichtigkeit  ist  es,  den  sensorischen  Orund- 
eharaktcr  des  Gedächtnisses  dieser  Vp.  festzustellen,  bchon  in 
der  Versuchsreihe  10  stellte  sich  deutlich  heraus,  daß  das  visuell- 
akustisch-motorische  Lernen  schneller  zum  Ziele  führte  als 
das  rein  visuelle.  Bloß  akustische  Versuche  habe  ich  nicht 


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488 


Christo  PontKhev, 


angestelltj  aus  den  Ergebuissen  aber  geht  ohne  weiteres  hervor, 
daß  diese  Yp.  ein  starkes  Ortsgedächtnis  (visuelles)  besitzt.  Eine 
Silbe  wurde  nur  dann  als  eine  schon  dagewesene  wiedererkannt, 
wenn  die  Vorstellung  ihres  Ortes  im  Bewnfitsem  aafgetmcht  war. 
Die  yp.  erklärte  demgem&fi,  daß  sie  steh  tot  allem  das  opti- 
Bohe  Bild  einer  Silbe  an  seinem  entspiecbendeo  Ort  yoirastellen 
sacbe;  das  Klangbild  aber  nebme  sie  erst  sekundär  in  Hilfe.  — 
Wie  wird  nun  aber  der  Umstand  erklärt,  dafi,  wenn  dieYp.  eine 
Groppe  von  Silben  schneller  behalten  wollte,  sie  dieselbe  bedeu- 
tend lauter  ablas  als  die  übrigen  Gruppen  derselben  Reihe? 
Nicht  die  akustischen  Eindrücke  (Klänge),  sondern  die  motorischen 
Begleiterscheinungen  waren  es,  welche  die  Bchnelle  Einprä£^nng 
der  Silben  herbeiführten,  hauptsächlich  die  Lippenbewegung,  was 
eben  sagen  will,  daß  die  motorische  Seite  des  Lernens  bei 
dieser  Vp.  stark  entwickelt  ist. 

Ans  dem  bisher  Gesagten  ist  es  daher  gar  nieht  schwer  zu 
bestimmen  I  welebes  von  den  drei  Gmndelementen  des  Gedächt- 
nisses bei  dieser  Yp.  die  dominierende  Rolle  spielt  Beim  lauten 
Lernen  ist  die  Reihenfolge  der  Elemente  diese:  moloriseh — 
Yisnell^aknstiBoh,  d.  h.  das  letzte  Element  spielt  die  geringste 
RoUe. 

6)  Zur  Feststellung  der  Schnelligkeit  und  Leichtigkeit  bezüg- 
lich der  Einpräguug  der  Silben  irgend  einer  ReihenUinge  dient 
folgende  Tabelle:  die  Sili  cn  kamen  bei  ihrer  Einprägung  in  der 
nachstehenden  Keihenlolge  vor: 

1.  Eine  12sUb.  Reihe:  1. 2. 12. 11. 3. 4. 6. 8. 9. 6. 10. 7. 

2.  >    16  »       .   :  1.16. 15. 13.  2.5.  8.  9.  IL  14.3.  4.6.7. 12.10. 

3.  »    18  .       »   :  1.  18.  2.  3.  4.  5.  6.  7.  8. 17. 15.  16.  10. 12.  9. 

13.  U.  IL 

Man  sieht  also,  daß  die  erste  und  letzte  Silbe  jeder  Reihe  am 
schnellsten  eingeprägt  wurde.  Nicht  ohne  Interesse  sind  daher 
die  folgenden  Kurven  der  Konzentration  der  Aufmerksamkeit,  die 
aof  Grund  der  bei  der  Einprägnng  der  Silben  gewonnenen  Zahlen 
aufgestellt  werden  können: 


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Untersnchiiiigen  zur  Ökonomie  and  Tadinik  de«  LernenB.  489 


100, 

t  2 

r      ä       •       .  1 

3  4-56 
<    1   1    1   t   •  1 

7 

8     0     m     11  12 

9S 

 '  ^ 

90. 

Fig.  6.  Kon2entratio&  der  AafmerkBamkeit  bei  einer  128ilbigeii  Beihe. 


Fig.  7.  Konsantrftüon  der  AvfineikMmkelt  bei  einer  IBsQbfgen  Reibe. 


Fig.  8.  Konsentntion  der  Anfinerkeainkeit  bei  einer  ISeilblgen  Beibe. 

Wie  man  siehti  war  die  Vp.  am  besten  konzentriert  auf  die 
exBte  Silbe  jeder  Beih«illiiige.  Am  geringsten  war  die  Anfinerk- 
samkeit  bei  der  7.  Silbe  einer  12-,  der  11.  einer  ISsilbigen  Beihe 

gesunken;  hingegen  zeigte  sie  bei  den  Silben  einer  lösilb.  Reihe 
keine  bedentcnden  Schwankungen.  Yergleiclit  mau  die  oben  auf- 
gezeichneten Kurven  mit  denjcnieren  der  anderen  Vp.,  so  sieht 
man,  dali  die  Autincrki^amkeit  der  in  Rede  Btebendeii  Vj).  «gleich- 
mäßiger auf  die  elDzelnen  Silben  einer  Heihenlänge  verteilt  war, 
als  bei  anderen  Yp. 


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490 


Christo  Pentiehew, 


7)  Wie  weit  das  Vergessen  bei  Herrn  Me«.  nach  24  Stunden 
voigeschritteu  war,  ist  auf  Seite  482  schon  angegeben.  Iiier  will 
ich  nnr  noch  hinzofllgen,  daß  mit  der  vorachreitenden  Übung  auch 
das  Behalten  snnahm.  £s  ist  aaeh  ferner  nicht  zn  ttbersehien, 
daß  das  Vergessen  hei  Herrn  Mes.  g^eieh  nach  der  Erleninng  einer 
Silhenreihe  nicht  so  sehneli  eintrat  wie  hei  Herrn  Per.  Der  eisteie 
Termochte  eme  Silhenreihe  etwa  20  Sek.  nach  dem  Hersagen  in 
devselhen  Beihenfolge  wiederzugeben;  nach  mehr  als  einer  Stunde 
aber  war  das  Vergessen  so  weit  fortgeschritten,  daß  er  nnr  noch 
mit  ^lolier  Anstrengung  sith  au  einzelne  Silben  erinnern  konnte, 
und  njich  24  Stunden  war,  wie  er  sirh  änBcrte.  »keine  Spur 
uielir  von  der  Silbenreilie  vorli.L  nd  c  ii  ^  Allein  beim  Wieder- 
erlernen kam  das  Wiedcrcrkeuueu  der  Silben  sehr  rasch  zu  stände. 

8)  Daß  Herr  Mes.  zu  den  raschen  Typen  gehört,  wird  nicht 
nnr  ans  dem  bisher  Gesagten,  sondern  auch  noch  dnrch  den  Um- 
stand bestätigt}  daß  er  jedesmal  ohne  große  Anstrengung  6  Silben 
nach  einmaliger  Wiederholung  fehlerfrei  zn  reproduzieren  ver- 
mochte. Bei  einer  größeren  Anfinerksamkeitseneigie  aber  stl^ 
diese  Zahl  schon  auf  7,  ja  zweimal  auf  8.  Für  Ebbinghaus 
betrug  diese  Zahl  stets  7«). 

9)  Der  Einfluß  der  Übung  machte  sich  bei  Herrn  Mes.  im  Ver- 
laufe der  Zeit,  in  welcher  mit  sinnlosem  Material  experimentiert 
wurde,  sehr  stark  geltend.  In  den  Versuchsreihen  lU  und  11 
merkt  man  keine  größeren  Fortscliritte  der  Übuug  —  hingegen 
nahm  sie  an  den  letzten  10  Versuchstagen  außerordentlich 
rasch  zn.  Um  den  Einfluti  der  vorselireitenden  Übung  näher  zu 
konstatieren,  habe  ich  nebenbei  an  den  6  Versuchstagen  noch  eine 
12  silbige  Beihe  erlernen  lassen,  die  9,5*  als  Mittelwerte  ergab. 
Vergleicht  man  die  ErspamiBse  einer  12  silbigen  Reihe,  die  in  den 
ersten  15  Yeisuehstagen  erzielt  worden  waren  und  die  emer  12- 
und  24silbigen  Beihe,  die  zum  Schluß  der  Versuehe  in  Anwendung 
kamen,  so  erldUt  man  folgende  Mittelwerte: 

Z-Tabelle  13. 

Zum  Erloriion  einer  Notw.  Wiederh.  Ersptni.inPl0i. 

1.  G-12Bilb.  Beihe  in  d.  Versucher.  10:  12,75  W.  ÖO 

2.  G-12  >      »     >  >        >       13:    9,5    >  37 

3.  G-24  »      >     >  >        >       13:  19      >  74 

1,  fibbinghauB,  Über  das  GeditohtniA  S.  64. 


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Untereuchungen  zur  Ökonomie  und  Technik  des  Lernens. 


491 


Eine  24fdlbige  Reihe  ergab  also  nicht  anch  doppelte  Dnroh- 
whnitlawertey  Bondem  sie  wnide  an  späteren  Yeranehetagen  mit 
einem  Hinns  von  6,25  W.  erlernt  —  Wenn  man  den  Mittelwert 
emer  12  silbigen  Beihe  12^5  auf  60  setzt  nnd  dementsprechend 
die  anderen  ebenso  in  Prozenten  ansdrOckt,  so  sieht  man,  1)  daß 
eine  128ilbige  Reihe  unter  dem  Einfliiü  der  Ühuiij^^  später  eine 
Ersparnis  von  13^  W.  ergab,  2)  daß  eine  24sill)ige  Reihe  ent- 
sprechend einer  12 silbigen  nicht  mit  doppelt  so  viel  W,  erlernt 
wurde,  sondern  mit  einer  Ersparnis  von  26^  W. 

n.  Untersnehang  mit  sinnyollem  Material. 

§  31.  Versnehsreihe  14. 

1)  In  der  vorstehenden  Versnehsreihe  fungierte  Herr  Mes.  eben- 
falls als  Vp.,  welche  diesmal  Strophen  aus  Sehillers  >Üido^  zu 
lernen  hatte.  Zeit  des  Experimentierens  wie  vorher.  Das  Ver- 
suchsschema war  ganz  ähnlieh  wie  in  der  Versuchsreihe  8.  Man 
sieht  aus  der  nachstehenden  Tabelle,  daß  das  Lernen  »im  ganzen«, 
wie  immer,  daigenige  Verfaiuren  ist,  welches  mit  einer  geringeren 
Anzahl  von  Wiederholungen  schneller  znm  Ziele  führt 

2)  Aus  den  Resultaten  geht  nun  hervor,  daß  die  G -Strophen 
um  6,4  W.  schneller  erlernt  wurden  als  die  des  fraktionierenden 
Verfahrens.  Beim  Wiedererlernen  waren  für  beide  Lernverfahren 
gleich  viel  Durchschnittswerte  notig.  liingegen  verhielt  es  sieh 
ganz  anders  mit  der  Zeitmessung.  Die  T- Strophen  wurden,  wenn 
auch  mit  einer  kleinen  Differenz,  in  kürzerer  Zeit  erlernt  als  die 
G-Strophen  —  nach  dem  Wiedererlemen  aber  war  es  gerade 
umgekehrt 

3)  Auf  Befragen,  welches  Verfahren  sie  für  gtlnstiger  halte, 

legte  die  Vp.  folgende  Augabe  zu  Protokoll  nieder: 

»Das  Lerneu  »in  Gruppen«  fordert  mehr  Zeit  nnd  Wieder- 
holungen, weil  nach  dem  Erlernen  der  2.  Strophe  schon  ein  Ver- 
gessen der  ersti'ii  eingetreten  ist;  ich  kannte  sie  unmöglich  ohne 
nochmalige  Wiederholung  reproduzieren.  Gelingt  nun  die  Gesamt- 
reproduktion beider  Strophen  nach  einer  Wiederholung  schon,  so 
habe  ich  doch  das  Gefahl  großer  Unsicherheit,  manche  Stellen 
sage  ich  nur  antomatisch  her,  ohne  von  ihrer  Bichtigkdt  Über- 
zeugt zn  sein.« 


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492 


Chiiito  Pentsekflw, 

R-Tabelle  6 
Anfiwg      Yenaehs:  von  7*/«— 8  Uhr  Moigens. 

Schälen  »Dida«: 


«0 


1. 
2. 

ä. 

4. 
6. 
6. 


B 

0 

■*» 

ei 


Z  «  m  Er 


der  Strophen  in  2  Teilen 


20.yn.Ql 


84. 
26. 
98. 

27. 


a> 
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< 


US 

i 

92 


i 

II 
I 

II 
II 

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23 
33 
36 
41 
47 
49 


TS  ' 


7 
6 
7 
5 
8 
7 


57,6 
44 
18 


19,5| 
23 
36 


28  I  l6 

39  20 

I 

06  125 


ja 

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24 
34 
37 
48 
48 


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6 

6 
6 

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M"*  1 

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.  _l 

1 

22 

32,2| 

2 

1 

IS 

48,6 

33 

2 

1 

16 

69,6 

17 

2 

1 

22 

10^ 

i6,d 

2 

1 

02 

16 

20 

2 

61,6 

20 

13  1 

2 

1 

Ol 

I,II 


6,5 


2  12  1  23.2  — 


6,7  j  2 


22 


8^|M|46,6jli»^ 


61 


»Beim  Lernen  >iin  jjanzen^  stellt  sich  bei  mir  stets  größere 
Ermüdung  ein  al-  licini  gruppenvveiäen  Einpriigeu.  Da  man  nun 
den  Müdigkeitsgrad  stets  zum  Maßstab  der  geleisteten  Arbeit  und 
der  Ycrflosseueu  Zeit  macht,  habe  ich  stets  den  Eindruck,  daß 
das  Lernen  »im  gaozenc  mehr  Zeit  und  mehr  Wiederholongea 
erfordert  als  das  Lernen  »in  Grappen«,  obachon  die  Eigebmaae 
Btets  das  Gegenteil  beweisen.« 

4)  Ans  dem  bisher  Gesac;ten  ist  leicbt  die  Frage  sn  beant- 
worten, wamm  die  T- Strophen  mit  einem  Ifinns  ron  34  Sek.  in 
kürzerer  Zeit  erlernt  worden  als  die  G-Stropben,  wübrend  die 
Gesamtwiederboliingsxahlen  der  ersteren  viel  bOlier  ausfielen  als 
die  der  letzteren. 

Aus  der  subjektiven  Erklärung  der  Vp.,  welche  durch  die  ob- 
jektive Bcdbaclitnng  bestUtigt  wurde,  stellt  sich  nämlich  herans. 
daß  die  (i -Strophen  infolge  eben  dieser  Ermüdung  im  Vergleich 
zu  den  T- Strophen  in  laugsamerem  Tempo  gelesen  wurden. 
Wodurch  diese  ftlr  das  G -Lernen  geltende  £rmtidnng  bewirkt 
wird,  soll  später  erörtert  werden. 


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Uatersuchungeu  zur  Ökonomie  und  Technik  des  Lernens.  493 

(YerBnohsreihe  14). 
VefBoduipenoii:  Hen  0.  Het. 

6  Veraachstage. 


1  •  r  II  •  &  zun  Wiedererl  eraen  24  Standen  sptter 


der  Strophen  im  ganzen 

der  «Strophen^  die  j 
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3.1 

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5)  Die  Möglichkeit  einer  Unsicherheit  der  Ergehniase  beider 
LecnweiNii  hinaiehtlich  ihres  (Skonomisohen  Wertes  ist  somit  ais- 
gescUossen,  sobald  die  alMoInteii  Wiederboluigsidileii  der  aif- 
gewendeten  Lenisrbeit  sUeiii  in  Betraeht  geiogen  werden. 

6)  Der  Vorteil  des  O-Verfabrens  tritt  dnreb  die  Versnobe 
mit  sinnToUem  Material  nniweifelbail  klarer  nnd  denfUeber 
herroT  als  dnrch  die  mit  sinnlosem  Material.  Vergleicht  man  die 
Ergeboibüe  der  ersten  vier  Versuchsreihen  mit  denjenigen  der 
Versuchsreihe  14,  so  sieht  man,  daß  die  Resultate  beider 
Leruvorfahren  beim  sinnvollen  Material  im  Vergleich 
mit  denjenigen  von  sinuiosem  viel  gleichmäßiger  sind. 

§  32.  Versachsreihe  16. 

1)  In  den  bialiengen  Versnebsreiben  ist  die  Tatsaebe  konstatiert 
worden,  daB  das  fraktionierende  Lemyerfabren  trotz  seiner  btSbe* 
ren  Mittelwerte  bei  der  Erlenrang  nnd  Wiedereileinnng  oft  in 
kurserer  Zeit  znm  Ziele  fObrte  als  das  Lernen  »im 
gansen«.  (Gegen  Steffens.)  Wober  dies?  Znr  LOsnng  dieses 


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494 


Christo  Pentschew, 


ProblefflB  dient  die  vorstehende  Versacbsreihe  15,  welche  ich  an 
mir  selbBt  ausgeführt  habe,  indem  ich  zu  gleicher  Zeit  Versuch a- 
person  und  VersnehBleiter  war.  Vor  allem  habe  ich  die  Zeit- 
dauer des  ErlerneDB,  Wiedererlemena  nnd  des  JedeamaUgen  Her- 
sag^B  genan  gemeaaen.  Selbstrentündlieh  vergaB  ich  aiiefa  nidit, 
mir  die  absolute  Anzahl  der  Wiederholmigeii  bei  jedem  Lern- 
verfahren  zn  notieren. 

Ich  sirbeitete  jcdesiual  morgens  früh  uat-li  7  Uhr.  Als  Leru- 
material  benutzte  ich  das  Gedicht:  »die  Zerstörung  von  Troja<, 
wehlies  auch  als  Stoflf  iu  der  Versuchsreihe  5  gedient  hatte.  Ich 
wiililte  mir  daher  nnr  solche  Strophen  ans,  die  ich  früher  während 
der  Yerauche  mit  Frl.  K.  nicht  gelesen  hatte.  —  Am  1.,  3.,  ö. 
n^w  Versnchstage  lernte  ich  3  achtzeilige  Strophen  nach  dem 

Verfahren  auswendig;  am  2.,  4.,  6.  nsw.  Versnehstage  ebenso 
Tiele  »im  ganzen«.  Tilglieh  kamen  also  6  Strophen  vor,  TOn  denen 
3  neae  waren.  Die  Art  des  fraktionierenden  Lernens  war  folgende: 
Alle  3  Strophen  las  ieh  einmal  »im  ganzen«  dnreh;  dann  wnide 
jede  dieser  3  Strophen  isoliert  bis  zur  ersten  fehlerlosen  Repro- 
dnktion  gelernt.  Qleidi  daranf  rersnchte  ieh  alle  3  als  ganze 
herzusagen.  Gelang  es  mir  nicht,  so  wnrden  alle  so  lange  wieder- 
holt, bis  sie  einmal  lehlerfrei  hergesagt  werden  konnten.  Nach 
der  Wiedererlcriiuitg  der  Strophen  fand  eine  Panst-  v(ni  2  Min. 
statt;  nach  der  iöülierten  Erlernung  der  zweiten  iStrophe  hing^^ 
habe  ich  eine  solche  von  5  Min.  beobachtet. 

2)  Von  den  16tilgigen  Versuchen  erhielt  ich  folgende  Be- 
snltate: 

Z-Tabelle  14. 


Art 
des 

L  i)  r  u  e  u  8 


1.  InTeilenSStroph. 
Differenz 


Erlemiiag 


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Untcrsucimugt'ü  £ur  Okonuaiie  uu<l  ieciiuik  de»  Lernens.  495 


Zusammenfassang  der  ErgebaiBse. 

1)  Ziebt  man  hier  den  GeaamtaufwaDd  von  Zeilenwiederholungen 
aUdn  in  Beteacht»  so  BtelH  äeh  in  dieser  Versnehsieihe  noch  dent- 
liefaer  heraus,  daß  G-Lernen  entschieden  vorteilhafter  ist 
als  das  fraktionierende  Verfahren.  Mit  einer  DifiSerenz  yon  19,2 
wurden  die  G-Strophen  schneller  erlernt  als  die  T-Strophen,  fUr 
die  ich  audi  beim  Wiedererlcriien  mehr  Wiederliuluugen  brauchte. 

2)  Anders  verhielt  es  sich  ia  Bezug  auf  die  Zeitdauer  der 
Erler nniiG-.  Hier  sind  ganz  negative  TleHultate  zu  neheu.  JJie 
T- Strophen  wurden  mit  einer  Differenz  von  1  Min.  24  Sek. 
schneller  erlernt  als  die  G- Strophen;  hingegen  ist  die  Zeitdauer 
des  Wiedererlemens  für  das  stückweise  Verfahren  hedentend  nn- 
gflnstiger  ansgefallen  als  Air  das  G-Lemen. 

3)  Ich  sachte  nnn  in  dieser  Versnohsreihe  an  mir  seihst  zn 
eiprobW)  ob  dieses  eigentllmliche  Verhalten  des  G- Verfahrens 
einzig  and  allein  anf  die  grOfiere  Ermttdnng  znrttckznfthren  sei, 
oder  ob  nicht  etwa  anch  andere  Faktoren  mitspielen. 

Während  der  Versuche  habe  ich  folgendes  an  mir  beobachtet: 
An  den  ersten  zwei  Versuchstagen  bemerkte  ich  nichts  anderes 
als  eine  Anhtlnfung  der  Wiederholung8auzahl  beim  T-Vcifahren. 
Aber  schon  :»ni  dritten  Versuchötage  berührte  mich  das  fraktio- 
nierende Verfahren  ganz  eigentümlich.  Ich  freute  mich  schon 
siim  voraus  auf  den  bestimmten  Versuchstsg,  wo  die  Erlernung 
der  T-Strophen  stattfinden  sollte,  obgleich  ich  nattirlich  schon 
wußte,  daß  ich  dabei  doppelt  so  viele  Wiederholangen  brauchen 
würde  als  beim  G -Verfahren.  Hatte  ich  wirklich  die  Strophen 
nach  dem  gmppenweisen  Lernen  dnrchznnehmen,  so  konnte  ich 
anfimgs  schwer  besümmen,  ob  sich  in  Erwartung  dieser  Aufgabe 
Lost  oder  Unhist  bei  mir  regte,  da  ich  die  Raschheit  des  Erfolge« 
doch  in  Zweifel  zog.  Gleich  nach  der  isolierten  Erlernung  der 
ersten  Strophe  empfand  ich  aber  eine  innere  F'reude ,  daß  der 
Umfang  der  Aufgabe  abgenommen  hatte  nnd  sie  nun  leichter  /.u 
erfüllen  war.  Infolgedessen  fing  ich  unbewußt  an,  die  zweite 
Strophe  in  rascherem  Tempo  zu  lesen.  Die  angenehme  Aus- 
sicht, nach  Bewältigung  des  größeren  Teils  der  zu  lernenden 
Strophen  bald  das  Ende  an  erreichen,  erweckte  in  mir  ein  starkes 
Lnstgeftthl,  dies  bewirkte  aber  Ükt  das  Erlemen  der  dritten  Strophe 
ein  noch  rascheres  Tempo.  Erst  nach  der  gesamten  Reprodnktion 


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496 


ChriBto  Penttchew, 


aller  Strophen  kam  die  Ennadmig  zur  Geltung  —  dann  war  ich 
aber  schon  fertig  1 

Beim  Lernen  »im  'ganzen«  hingegen  spürte  ich  schon  an- 
fangs Uulnst  Ich  eah  drei  lange  Strophen  vor  mir!  Mit 
einiger  Überwindung  machte  ich  «ich  an  die  große  Aufgabe.  Die 
enten  zwei  Wiederholungen  verwendete  ich  hauptsächlich  dazu, 
zu  sehen,  ob  es  darin  besoaders  schwierige  Abschnitte  gebe.  War 
dies  in  der  Tat  der  Fall,  so  sah  ich  mich  immer  gezwungea, 
die  schwierigen  Zeilen  langsamer  durchzulesen.  Beim  Beginii 
des  jedesmaligen  Dorchlesens  fragte  ich  mich,  ob  ich  die  Strophen 
nioht  schon  wisse;  wenn  ich  aber  noch  keine  Ahnung  davon  hatte, 
Tersnchte  ich  mich  noch  intensiver  auf  das  Lernen  an  konzentrie- 
ren und  las  die  Strophen  in  langsamerem  Tempo.  Ein  starkes 
UnlostgeilUil  entstand  gleich  nach  dem  ersten  Reprodnktionsversucb, 
denn  ich  sah,  wie  mangelhaft  die  Einprägang  der  Strophen  ge- 
lungen war.  Damit  stellte  sich  die  erste  Spur  von  Ermüdung  ein. 
Nach  weiteren  Wiederholungen  machte  sich  die  letztere  aber  noch 
stärker  geltend,  sodaß  ich  das  Lemtempo  nicht  mehr  gleich- 
mftßig  erhalten  konnte.  Das  Aafeagen  aller  Strophen  erforderte 
noch  eine  ganz  besondere  Anstrengung,  was  mich  noch  mehr  er- 
müdete. Daraus  geht  nun  hervor,  daß  das  Lernen  »im  ganzenc 
bei  mir  stets  ein  Unlustgeftlhl  erregte,  das  eine  Ermadong 
_  und  zngleich  eine  unwillkürliche  Verlangsamung  des  Lern- 
tempos  —  herbeiführte.  Die  unvermeidliche  Folge  davon  war, 
daß  die  Lemzeit  hier  länger  ausfiel  als  beim  fraktionierenden  Ver- 
fhhren,  wo  immer  eincBr^chleunignn^  des  Tempos  stattfand. 

Mit  der  Versnchsreibe  15  wurden  die  Hanptrersnche  abge- 
schlossen, da  die  bisherigen  Ergebnisse  in  Bemg  auf  die  Öko- 
nomie des  Lernens  ganz  dentlich  waren. 

Abschnitt  III:  Kontrollverauohe. 

§  33.  Allgemeines. 

Durch  die  Versuche  mit  Erwachsenen  vnirden  also  die  Haupt- 
fragen in  Beziehung  auf  die  Ökonomie  des  Lernens  in  einer  tlber- 
aus  befriedigenden  Weise  gelöst.  Wir  suchten  nnn  die  bisherigen 
Besultate  durch  die  Versuche  mit  Kindern  zu  prüfen.  Allerdings 
hat  L.  Steffens  in  dieser  TTinsicht  schon  Versuche  an  zwei  Kin- 
dern (einem  10jährigen  Mädchen  and  einem  9jährigen  Knaben) 
angestellt;  allein  man  darf  nicht  yergessen,  daß  diese  zwei  Ver- 
suchsreihen nnr  mit  sinnvollem  Material  ausgeflihrt  worden  waren. 
Wir  haben  auch  hier  einen  Schritt  weiter  getan,  eine  größere 
Anzahl  von  Schulkindern  zn  nnseren  Yersnchen  herangezogen 


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Untereucbungeu  zur  Ökonomie  und  Technik  des  Leinene.  497 

und  zngleicli  jedes  Kind  sowohl  sinnlose  Silben,  wie  auch 
Strophen  auswendig  lernen  lassen.  Aber  diese  KontroU- 
Teisnehe  wardeu  noch  aas  anderen  Grttnden  an  Kindern 
angestellt.  Wir  haben  bei  den  HanptyerBachen  einige  Lern- 
typen kennen  gelernt.  Wir  sahen  noeh,  daß  das  Tisnell-akastisch« 
motorische  Lernen  bei  Erwadiisenen  entschieden  vorteilhafter  ist, 
als  das  rein  visuelle  oder  rein  akustische  Verfahren.  Da  die  eben 
erwähnten  Gesichtspunkte  fUr  die  Schalpraxis  Ton  großer  Beden* 
tnag  sind,  so  lag  die  Frage  nahci  ob  diese  Lemtypen  bei  Kindern 
ebenso  deutlich  ausgeprügt  seien,  wie  bei  Krwachsenen.  Offenbar 
sind  die  Yersnohe  mit  sinnToUem  Material  bei  Kindern  mit  einigen 
Schwierigkeiten  verbnndeUi  namentlich,  weil  man  für  mehrere  Ver- 
suchstage  keine  so  langen  Gedichte  hat,  die  in  Bezog  anf  gleich«» 
mäßigen  Bau  und  Verständnis  dem  Kindesalter  entsprechen. 

Die  vorstehende  Reihe  von  Versnoben  wnrde  mit  ftlnf  Schnl- 
kindem  ans  Terschiedenen  Klassen  dnrehgeftlhrt.  Die  Untere 
saehnng  begann  mit  sukzessiver  Vorftthnmg  sinnloser  Siibenreihen, 
deren  Aufbau  schon  am  Anfang  des  ersten  Kapitels  angegeben 
wurde.  Die  Versaehsumstände  blieben  gana  älmlicb  >vie  in  den 
Hauptrersnehsreihen.  Die  Beschreibung  der  einzelnen  Versnehs- 
reihen  sei  daher  auf  das  Notwendigste  besehrilnki 

§  34.  Versuchsreihe  16. 

1)  Als  Vp.  diente  hier  Edwin  Öt,  ein  14jfthriger  Knabe  aus 
der  II.  Seknndarsehnlklasse.  Anfangs  konnte  er  nur  schwer  eine 
12  silbige  Kcihe  auswendig  lernen,  weshalb  die  Versache  mit  lOsil- 
higen  Reihen  angeÜBngen  worden.  Erst  spBter,  als  er  die  Silben 
rubig  und  richtig  von  der  rotierenden  Trommel  ablesen  konnte, 
kamen  12  silbige  Reihen  in  Anwendung.  Den  Vorübungen  wurden 
daher  10  Tage  gewidmet,  die  eigentlichen  Versuche  dagegen  dauer- 
ten 16  Tage.  Zeit:  liy,— 12  Uhr.  Die  Kotationsgeschwmdigkeit 
wurde  während  der  Einübung  allmählich  anf  10  Sek.  fes^setsi 
£.  Öt  lernte  täglich  vier  12  sUbige  Reihen  auswendig,  von  denen 
zwei  neu  waren.  Die  Erlernung,  wie  auch  24  Stunden  später 
die  Wiedererlernung  der  Silbenreihen  erfolgte  bis  zur  ersten  fehler^ 
freien  Reproduktion.  Das  VerBnchBscbema  war  folgendes:  am  1., 
3.,  ö.  usw.  Versuohstage  wurde  eine  Silbenreihe  »in  Gruppen«  zu 
je  4  Silben,  die  andere  zu  je  6  erlernt;  am  2.,  4.,  6.  usw.  Vei^ 
suchstage  kamen  2  G- Reihen  vor,  von  denen  eine  laut,  die  an- 
dere rein  visuell  gelesen  und  gelernt  wurde.  Näheres  tiber  die 
Vemtcb Bauordnung  ist  aus  der  nachstehenden  Tabelle  der  Ver- 
snehsreihe  16  su  sehen. 

Aicyr  lir  Pirtholofto.  L  33 


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498 


ß-Tabelle  7 
Anfing  d6t  Venuehes:  UVr^lS  Vht. 

Besinn  der  Ver»uclie:  Vom  2.  Jali 


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Im  j,'au:ÄOu  —  liiut 

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Inig^u/..  -  lautlos 

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44  ^ 
24 

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22,5 

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4 

InGr.zuje4S. 
Im  g.—  laut 

12. 

IuGrupp.i:uje4.Silb. 

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2 

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10 

5 

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10. 

13. 

liu  yanzeu  —  luu i 

28 

23 

4 

ImfT  — laijtl. 

n. 

lö.* 

luGnipp.zuJeOSilb. 

() 

10 

14 

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18 

5 

IiiLir.«.uj64S. 

12. 

16. 

Im  ^anz.-  lautlo« 

2(; 

'M\ 

3 

Im  g. —  laut 

13. 

17. 

IuOrupp.7.ujt'4  .Silb. 

1 

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InGr.zujeeS. 

14, 

la 

Im  gaiizi'ii  —  laut 

  1 

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3 

Im  g,— Uutl. 

lö. 

19. 

1 

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Iij (Irupp  7,uje ().Silb. 

7 

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>  flnOr.xnjeiS. 

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20. 

*  'Ii 

Im  ganz. —  iautiüB 

~~  1 

23 

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13.Ö 

4 

In  6rapp.suje4  Silb. 

1,76 

1,26 

19,76 

Si86 

U 

6 

InGrapp.snje6Silb. 

7,25 

9 

16,26 

as.6 

16 

6 

Im  ganien  — -  Innt 

89,86 

17,6 

4 

Imgtnx.— Inntlos 

28,85 

\ 

.1 

4 

1)  Hier  täiid  eine  Pause  vüu  2  Tagen  atatt. 

8)  Dw  AnfbM  der  onten  Silbennilia  MUen  dem  Kntben  tehr  Mhwieris 
ni  aeltt. 

3}  Am  Sonntag  wnide  kein  Venneb  nnagefllhrt 


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UntersuchuQgeu  zur  Ökonomie  and  Technik  des  Lernens- 


499 


(YerBaclisreilie  16). 

Yp.:  Edwin  Ot      Jaluo  alt), 
bis  am  2a  Jnli  190L 


16  Vemdutage. 


Silbe 

n  r  e  i  h 

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1  I.  Gruijpe 

II.  Gruppe 

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ganze  R,  noch 
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Im  ganzen 

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1 

Wie  wurde 
die  Reihe 
erlernt 

I  Notwendige 
j  Wiederhol.  ^ 

'     Daner  ! 

Wie  wurde 
die  Reihe 
erlernt 

'  Notwendige 
1  Wiederhol. 

Dauer 

Ii 

6 

B 

28 

JO 

3 

*  1 

|InGr.xaje6ä. 

16 

12 

IiiQr^Jo4S. 

13 

12 

•p 

Im  g.  laut 

9 

15 

1 

1 

1 

30 

33 

InQr.Eaje4ä. 

7 

8 

InGr.zuje6S. 

11 

8 

[ ! 
*  1 

— 

,  Im  g.  lautlos 

12 

12 

a 

16 

U 

33 

1  i 

In  Gr.zujeGS. 

11 

26.5 

InGr.zaje4S. 

13 

22 

30 

30 

4 

Im  g. — lautlos 

10 

36 

' Im  g.  —  laut 

10 

24 

i 

i 

1 

18 

23 

22 

6 

InGr.zuje4S. 

9 

11,5 

'InGr.zuje6S. 

9 

12 

:i8 

22.5 

5 

Im  g.  —  laut 

9 

26 

Im  g. — lautlos 

14 

26 

9 

10 

10 

28 

19 

4 

InGr.zujeßS. 

11 

16 

In  Gr. zu  je  4  S. 

10 

15 

28 

11 

4 

!  Im  g. — lautlos 

8 

12 

Im  g.  —  laut 

14 

15 

1 

1 

1 

21 

24 

10 

6 

In  Gr.  zu  je  4  8. 

9 

24 

:  In  Gr.zuje6S. 

8 

18 

25 

14 

3 

Im  g.  -  laut 

9 

16 

1mg.  lautlos 

7 

16 

9 

11 

27 

20 

4 

luGrj&ujeÖS 

10 

10 

1  InGr.zuje4S. 

10 

9,6 

27 

34 

3 

Im  g. — lautlos 

8 

22 

Im  g.  —  laut 

11 

9 

1 

1 

16 

20 

22,5 

5 

In  Gr.zuje4S. 

7 

10.5 

In  Gr.zuje6S. 

11 

20,6 

22 

3,5 

4 

1  *  1 

jlm  g.  —  laut 

10 

|luig. — lautlos 

9 

10 

1.5 

1,25 

21,26 

25 

18,B 

5.5 

> 

In  Gr  zu  je  4  8. 

8 

13.5 

In  Gr.zuje4S. 

11,5 

14,6 

9,75 

10 

9.5 

29.25 

16 

4 

In  Gr.zujc  6S. 

11,75 

16 

In  Gr.zuje6S. 

9,75 

14,6 

28.3 

22 

4 

Im  g.  —  laut 

17 

Im  g.  —  laut 

11 

15 

27,6 

25 

4 

r  1 

liug.— kutlos 

8,5 

23 

1mg. — lautlos 

10^ 

16 

98* 

Digitized  by  Google 


500 


Chrbto  Pmteoliew, 


2)  liesultate  der  Versnchbreiiie  16. 
a.  Stellt  man  die  Eigebnisse  der  ersten  und  zweiten  Beihe 
zosammen,  m  eiiiiUt  man  folgende  Mittelwerte: 

Z-Tabelle  15. 


A  r  t 

Eriernong 

MS 

o. 

fl 

Wiedererlemung 

Erspsni. 
in  FroB. 

des 

0) 

o 

einer 
6-Reihe 

tu  o 

o 

© 

einer 
G- Reihe 

9 

Lernens 

o 

4-) 
S 

'visuell 

Stand« 

1 

'S 

1 

einei 
Reihe 

1.  In  nruj)i)en 

24,6 

30,9 

—  — 

•* 

Ol 

9,76 

10,76 

65 

2.  Im  ganzen 

28,8 

27,9 

10 

9,6 

0 

In  Bezng  auf  das  ökouomische  T.emen  stellte  sich  ^anz  deut- 
lich heraus,  daß  das  Lernen  >in  (irappeu«  zu  je  4  Silben 
viel  Torteilhafter  ist  aU  dasjenige  »im  ganzen«  oder  >in 
Gruppen«  zn  je  6  Silben.  Sonderbarerweise  erschien  die  Et- 
lemnng  einer  12BUbigen  Beihe  in  swei  isolierten  HftUten  dem 
Knaben  anfierordentlieb  sebwer,  was  stob  hanptsftohlicb  dadnieh 
erUiien  IKßi,  daB  das  Yeigessen  naob  der  isolierten  Erlenrang 
der  beiden  Beihenbllflen  so  weit  fortgesebritten  war,  daB  er  die 
ReOie  ab  »game*  wie  eine  neue  Imen  mnBte;  hingegen  halle 
er  immer  Freude  beim  Lernen  »in  Gruppen«  zu  je  4  Silben. 

b.  Beim  Wicdererlemen  der  Silbenreiben  sieht  man,  daLi  auch 
das  Behalten  für  eine  fraktioniere ti d c  Gr^-Reihe  das 
güimtip-ste  ist;  wälirt  iid  das  Ltmcii  »im  ganzen«  hier  wiederum 
die  Mitte  hält.  Mit  einer  kleinen  Diüerenz  wurde  also  eine  Gr^- 
Reihe  fester  eingeprägt  als  eine  Gr-  oder  eine  Gr '-Reihe. 

c.  Gegen  alles  Erwarten  lernte  der  Knabe  die  Silbenreihea 
rein  visnell  sehneller  nnd  sicherer  auswendig  als  lani 
>Ioh  kann  mir  die  Silben  leichter  merken,  wenn  ich  ta»  nidit  laat 
lese«)  erklirte  er.  Aneh  24  Stunden  spftter  wurden  die  SOben- 
reihen  nach  der  Tisuellen  Art  des  Lernens  mit  geringerer  Wieder- 
holungsanzahl wiedererlemt  als  akustischrmotoriaeh. 

§  35.  Versuchsreihen  17,  18,  19  und  20. 

Das  12jähri£r«^  Mädchen,  Hedwig  Bri  ,  an«»  der  VI.  Primar- 
schulklasse  diente  in  allen  diesen  Versuchsreihen  als  Vp.  Die 


üiyiiizea  by  Google 


Untereucbungeu  zor  Ökonomie  und  Technik  des  Lernens.  öOl 

Yennohe  nüt  den  VoTttbmig«ii  enbeokten  neb  Uber  etwa  60  Tage. 
In  den  Versnehsreiben  17  und  18  kamen  9-,  10*  und  120ilbige 
Beiben  in  Anwendung,  wSbrend  in  den  letaten  zwei  VefBnebsreiben 
mit  ^nuToUem  Material  operiert  wurde.  leb  beginne  mit  der  Be- 

Bprechaug  der  einzelnen  Versuchsreihen. 

1.  Unterenebnng  mit  einnleeem  Material. 

Yerenebsreibe  17. 

1)  Da  Hedwig  Bri.  anfangs  sich  bei  der  Erlernung  einer  12Bil- 
bigen  Heihe  zn  sehr  ermüdet  fühlte,  wählte  ich  als  Stoff  der  vor- 
stehenden Versuchsreilie  und  lOwilbige  leihen  aus  Der  Zweck 
dieser  Versuchsreihe  war,  zn  erfahren,  welche  von  den  beiden 
Arten  des  Lernens  für  die  Einprägnng  der  Silbenreihen  die  günsti- 
gere sei,  ob  das  rein  Tisuelle,  d.  h.  mit  onterdrUcktem  Sprechen, 
oder  das  aknstiseb-motoriBebe  Lernen.  Die  eigentUeben  Ver- 
saebe  nmikBten  14  YerraebBtage.  Zelt  des  Ezperimentietena:  naeb 
41/1—4*/«  übr.  Die  Botatlonsdaner  wurde  ftr  eine  Seilbige  Reibe 
aof  8,5  mid  lllr  eine  lOsQbige  auf  9  Sekunden  festgesetzt 

Die  Yp.  lernte  tSglieb  2  G-Reiben  answendig,  Ton  denen  eine 
eine  9-,  die  andere  eine  lOsilbige  Reihe  war;  beide  wurden 
24  »Stdn.  später  bis  zum  ersten  fehlerlosen  Hersagen  wiedergelernt. 

Am  1.,  3.,  5.  usw.  Versuchstage  lernte  Bri.  die  9 silbige  Reihe 
rein  visuell,  die  lOsilbige  dagegen  akustisch-motorisch  aus- 
wendig. Am  2.,  4.,  6.  usw.  Versuchstage  hingegen  wurde  eine 
98übtge  Beibe  aknstiBeb-motoriscb  und  eine  lOeübige  rein  lisnell 
erlernt. 

2)  Die  Besnltate  waren  folgende: 

Z-Tabelle  16. 


Erlenmng 

WiedererlemoBg 

Bflihenlänge 

lautes 
Ablesen 

'  visuelles 
1  Ablesen 

Differenz 

Standen  späti 

lautes 
Ablesen 

95  ^ 

Differenz 

L  Bine  »sabige  G-BoOie 
&    >  10    »     *  * 

19,6 

15 

18,6 

1^ 

1,1 

7,25 
7,5 

6,8 
7,5 

0,45 
0 

Die  oben  angegebenen  Zahlen  deuten  darauf  bin,  daß  aneb 
fttr  diese  Yp.  die  Tisneile  Art  des  Lernens  gttnstiger  ist 


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60S 


Christo  PentMdMw, 


als  die  aknstisch-motorische.    Aach  beim  Wiedererlernen 
hit  Bich  die  visnelle  Art  des  Lernens  einer  Qsilbigen  Beibe  als 
etwas  günstiger  erwiesen  als  die  akostiseli-motoriselie. 
Yersnehs  reihe  18. 

1)  Diese  Yersaelisreihe  diente  snr  Vei|;lei«ihii]ig  des  G -Lernens 
mit  dem  fraktionierenden  Verfalnen  bei  12BiIbigen  Reihen.  Die 
Zeit  des  Ezperimentierens  blieb  dieselbe,  wie  in  der  Torangehenden 
Versnehsrelhe.  Rotationsdaner  flir  eine  ISsIlbige  Reihe  10  Sek. 
An  jedem  VersucbBtage  kam  eine  6 -Reibe  und  eine  iraktionierte 
vor,  die  in  zweifacher  Weise  erlernt  wurde;  einmal  »in  Gruppen« 
zu  je  4  und  ein  andermal  >in  Grupj)(:n<  zu  je  Ö  Silben.  Die 
Pausierung  war  die  ubücbe.  Dii  iH  ihtabeile  teile  ich  wegen  ihres 
großen  Umfange»  wiederum  nicht  mit 

2}  Resnltate  der  Versnohsreihe  18,  Zosammenstellang 
der  Eigebnisse  der  eisten  und  sweiten  Reihe: 

Z-Tabelle  17. 

Erlflcnaug   WIedflinL  Enpiiato  fai  Pn». 

1.  InGmppenjj^  ^  f  ^    ^        21,6  »       8,25  >  61 

2.  Im  gaaien  22^  >       8»9    ^  60 

R-Tabelle  8 

Anfkng  de§  VmaohM:  Ton  Uhr.  Vp.:  Hed- 


«4 


a 


Z  n 


der  Strophe  in  2  T«il«ii 


es 


21 

«  — 


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*  - 


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11 

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1 

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1,3 

6,2 

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1 1 28,6|  17,4|  l^lS^p^^^^ 


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üntinnittbiiiigen  tiir  ÖkoBomie  und  Teohnik  des  Leraens.  503 

Wie  in  der  YeiBaehBreilie  17,  ao  zeigte  sich  auch  hier,  daß 
das  Leraen  »im  ganzen«  weniger  vorteilhaft  ist  als  das 
fraktionierende.  Man  BieH  daB,  in  je  mehr  Teile  die  Süben- 
reihe  zerkgt  wnrde,  desto  günstiger  das  letstere  Vei&Jirea  war. 

.  n.  Untersnohnng  mit  sinnTollem  MateriaL 

Vernuchsreihe  19. 

1)  Es  war  interessant  zu  wissoM,  ob  das  G -Verfahren  sich  auch 
beim  sinnvollen  M:iteri?il  nls  unökunoniischer  erweisen  würde.  Als 
Memorierstoff  wurde  die  Dichtung  von  T.  Uhland:  »Teils  Tod« 
verwendet,  welche,  aus  12  achtzeiligen  Strophen  bestehend,  gerade 
ftr  6  Versuchstage  reichte.  An  jedem  Versnohstage  lernte  also 
H.  Bri.  2  aefatseilige  Strophen  auswendig:  eine  *im  guiien«,  die 
andere  naeh  dem  fraktionierenden  Verfidoen;  beide  wurden  24  SIdn. 
spUer  wiedererlemt,  sodaB  tSglieh  4  Strophen  in  Anwendung  Icamen. 

Das  T.-VerfakTen  war  folgendes;  naeh  einmaligem  DueUesen 
der  ganzen  Strophe  ward  diese  in  zwei  gleiche  HSlften  zerlegt, 
die  <:aiiz  isoliert  von  einander  erlernt  und  nachher  als  >^[\nze* 
bis  zur  ersten  fehlerluseu  Reproduktion  wiederholt  wurden. 
Zeit  des  Ezperimentierens:  — 5  Uhr.  Die  Pansierung  wie  bisher. 

(VersucliB  reihe  19). 

wtg  Bri.  (12  Jahre  alt).   »Teils  Tod«  voa  Uhland. 


l'O  r  B  e  m 


der  Strophe  im  gaiuen 


inn  Wiedererlernea 


der  Strophe,  die  in 
STeilen  erlernt  wurde  1 


der  Strophe,  die  im 
enc 


elcher  Stelle 

Die  Strophe 

o . 

-G 

a 

Dauer  des 
Wieder- 
erlernens 

a 

0)  a 
—  o 

24  Stunden  8 

cichcr  Stelle  ' 

Notwendige 
Wiederhol. 

Dauer  des 
Wieder- 
erleruons 

auer  des 
ersagens  ! 

elcher  Stelle  | 

P  <i) 

Dauer  des 
Wieder- 
erlemens 

auer  des 
ersagenß 

a 
< 

Sek.  : 

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,6* 

1" 

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604 


Christo  P«iitMlieir, 


2)  Die  Resultate  der  Versuchsreihe  19.  Aus  den  Ver- 
suchen mit  siniiToilem  Material  stellt  sich  ganz  dentlich  heraus: 

a.  Das  Lernen  »im  ganzen«  tfta  H.  Bri.  ist  entsehieden  Oko- 
nomiscber  als  das  stückweise  vor  sich  gehende  Lernen.  Kit 
bedeutend  geringerom  JÜttelwerte  (7,2)  wnrde  die  G- Strophe  ror- 
teUhafter  erlernt  sls  die  T- Strophe. 

h.  Sowohl  die  Erlemnng  wie  nach  die  Wiedererleniiing  der 
G-Slrophe  erfolgte  in  kürzerer  Zeit  als  die  der  T-Strophe. 

c.  Das  Behalten  ftlr  das  G-Verfahren  ist,  wenn  aneh  mit  einer 
kleinen  Differenz,  doch  günstiger  als  für  das  fraktionierende  Lernen. 

Es  blieb  nnr  noch  zu  untersuchen,  ob  die  visuelle  Art  des 
Lernens  auch  beim  sinnvollen  Material  schneller  zum  Ziele  führt 
Zur  Beantwortung  dieser  Frage  dient  die 
Versuchsreihe  20. 

1)  Ais  Stoff  der  vorstehenden  Versacbsrelbe  schien  mir  Bttigen 
>Ued  vom  bmyen  Mann«  sn  passen.  Die  Versnche  umfaßten 
8  Tage:  an  den  ersten  5  Yersachstagen  halte  H.  Bri.  tBglieb 
2  G.-8trophen  auswendig  va  lernen:  eine  rein  yisnell  und  dne 
akustisch-motorisch;  an  den  letrten  3  YmidiBtagen  hingegen 
wnrde  mit  doppeltem  Umfimge  des  Stoffes  experimentiert,  d.  h. 
tilglieh  kamen  4  neue  Strophen  vor,  von  denen  2  yisnell  und  2 
akustisch-motorißch  erlernt  wurden.  Ganz  in  derselben  Weise  er- 
folgte 24  Stunden  später  auch  die  Wiedererlemnng  der  Strophen. 
Um  ein  gleichzeitiges  Erfassen  aller  Zeilen  einer  Strophe  zu  ver- 
meiden, mußte  die  Yp.  die  nicht  zu  lernenden  Zeilen  stets  mit 
einem  Papierbogen  verdecken. 

2)  Resultate  dieser  Versuchsreihe,  a.  Hier  erhielten  wir 
Besaltate,  die  nieht  mit  denjenigen  der  Venmehsreihe  17  ttber- 
einstimmen.  Die  Tisnelle  Art  des  Lemens  erwies  steh  als  nn- 
gttnstig  nnd  zwar:  Je  gii^Ber  der  StoiAimfang»  desto  schndler 
wuden  die  Strophen  dnrch  lautes  Lernen  eingeprigi 

b.  Aneh  heim  Wiedererlemen  der  Strophen  bewirkt  die  visuelle 
Art  des  Lemens  höhere  Durchschnittswerte  als  die  aknstiseb- 
motorische. 

c.  Nicht  (i;iririelbc  kann  in  IJczug  auf  die  Zeitdauer  des  Er- 
lemens und  Wiedererlcrnens  gesagt  werden.  Die  Erlernung  wie 
auch  die  Wiedererlernung  einer  Strophe  nach  der  visuellen  Art 
des  Lemens  erfolgte  in  kürzerer  Zeit  als  nach  dem  aknstisch- 
motoiischen  Verfahren.   Diese  £rseheinnng  IftBt  sich  dnrch  die 


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J 


Untersuchungen  zur  Ökonomie  und  Technik  des  Lernens.  505 

folgende  Überlegung  klar  maehen:  Bnreh  das  Sprechen  war  die 
Vp*  in  den  Stand  gesetzt,  sich  leicht  m  kontrollieren,  ob  sie  die 
ZeOen  zu  langsam  oder  m  schnell  lese,  wührend  sie  beim 
Tlsnellen  Lernen  die  Zeilen  schneller  durchlas,  ja  sogar  manchmal 
mit  den  Angen  einfiich  llherflog,  ohne  sie  in  Wirklichkeit  gelesen 
zn  haben.  Die  sich  leicht  einprägenden  Stellen  wurden  ganz 
flüchtig  durchgenommen I  die  Bciiwierigen  wurden  etwas  länger 
betrachtet. 

Zusammenfassung: 

Ans  den  Yersachsieihen  17,  18,  19  nnd  20  eigiht  sich: 

a.  Das  Lernen  >im  ganzen«  sowohl  heim  Erlernen,  wie  anch 
beim  Wiedererlemen  des  sinnyoUen  Materials  ist  vorteilhafter 
als  das  gnippenwelBe  Verfahren,  während  dieses  beim  sinnlosen 
Maleiial  schneller  zom  Ziele  itthrte  als  jenes. 

b.  Die  Einprägnng  eines  sinnvollen  Sttlckes  ist  für  das  akn- 
stisch-motorische  Lernen  günstiger  als  iWr  das  visuelle;  bei  sinn- 
losen Silbenreihen  aber  verhielt  es  sich  gerade  umgekehrt  Die 
Ursache  hiertUr  wird  später  erörtert  werden. 

§  36.    Versuchsreihen  21,  22,  23  und  24. 

Znr  Kontrolle  der  Ergebnisse,  die  ich  mit  H.  Bri.  erzielte,  rieh- 
tete  ich  eine  andere  Reihe  von  Yersnchen  ein,  zn  welchem  Zwecke 
diesmal  ein  Knabe  gldchen  Alters  nnd  derselben  Schnlklasse  (Hax 
Herl)  herangezogen  wnide.  Die  21.  nnd  38.  Versnehsrdhe  wurde 

mit  12-  und  lösilbigen  Reihen,  die  23.  und  24.  Versuchsreihe 
mit  Strophen  ausgeführt.  Um  anfangs  eine  zu  große  Anstrengung 
zu  vermeiden,  wurden  die  Vorübungen  mit  lOsübigen  Keihcn  be- 
gonnen und  erst  zum  Sehluss  derselben  kamen  12^ilbi^e  Heihen 
in  Anwendung.  Die  Versuche  mit  dieser  Vp.  dauerten  mehr  als 
60  Versuchstage  in  der  Zeit  von  b^/^ — 5*/4  Uhr.  Die  Versachs- 
nmstttnde  blieben  dieselben. 

I.  Untersnchnng  mit  sinnlosem  Material. 

Versuchsreihe  21. 
1)  Die  eigeütli(  }u  u  Versuche  wurden  am  12.  August  1901  mit 
12  gilbigen  Keihen  begonnen,  nachdem  die  Vp.  einige  Geläufigkeit 
beim  Lesen  nnd  Reproduzieren  der  Silbenreihen  gewonnen  hatte. 
Botatlonsdaaer  fhr  eine  ISsilbige  Reihe:  10  Sek.  Am  1.,  3.,  ö. 
nsw.  Vemtchstage  kamen  2  nene  Gr-Reihen  vor:  eine  »hi  Gmppen« 


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506  Chiitto  PentMlmr, 

« 

zu  je  4  Silbiii  lind  eine  za  je  6;  am  2.,  4.,  6.  usw.  Versu^hstage 
hingegen  lernte  der  Kuabe  2  6 -Reihen:  eine  aknetisch-mo to- 
risch, die  andere  rein  yisuelL  Die  ablieben  Pansen  wnxden 
beobachtet 

2)  ResiilUte  der  VerBnchsreibe  21.  Wenn  man  die  Er- 
gebnisse der  enten  nnd  zweiten  Reihe  znsammenrteUt,  no  etliStt 
man  die  folgenden  Mittelwerte: 


Z-Tabelle  18. 


Aft 
dM 

Klerniug 

Q  Später  j 

WledttMlenmag 

äi  PM 

einer 

Gr'^-Reihe 
Wiederhol. 

\  einer 

;  Grs-Reihe 
1  Wiederhol. 

einer 
G-Reihe 

einer 

Ors-Rdhö 
Wiederhol. 

dner 

G-Beihe 

o 

LenMOB 

«-  • 
1^ 

visaell ' 
W. 

Stande] 

•V« 

visuell 
W. 

In  Gruppen 
Im  guuen 

81,76 

33,26 

28,4 

8 

6,9 

7,46 

8^ 

78 

1--^ 

Ans  den  gewonnenen  Zahlen  gebt  nnzwdfelbaft  herror: 

a.  daB  das  grnppenweise  LernTerfabren  siek  bedentend 
Okonomiseber  erwies  sls  das  G-Lemen;  hingegen  wuden  die 
Sflbenreihen  naeh  dem  letzten  Verfahren  yiel  seb  neiler  eingeprägt, 

wenn  sie  vieuell  abgelesen  worden  waren.  Nach  dem  Wieder- 
erlemen  ergab  eine  Gr'-Beihe  den  höheren  Mittelwert  als  eine 
G-Reihe; 

b.  daß  die  visuelle  Art  des  Lernens  beim  Krlcrnen  der 
Silbenreihen  auch  für  den  Knaben  entschieden  günstiger  ist 
als  die  aknstiseb-motorisobe;  beim  Wiedererlemen  aber  nnvorteü- 
bafter. 

Um  sn  sehen,  ob  dieselben  Resnltate  sieb  aneb  bei  einer  lin- 
geren  Silbenreibe  ergeben  würden,  führte  ieh  mit  derselben  Yp. 
folgende  Versncbsreibe  ans: 

In  der  Versnobsreibe  22  wnide  mit  Idsilbigen  Reiben  ope- 
riert Yersnebsanordnunj^  wie  fiHher.  Die  Umlaufsgescbwindlgkdt 
wurde  auf  12,5  Sek.  festgesetzt.  An  jedem  Versuchstage  lernte 
Max  Herl,  zweimal  lösilbigc  Keihen  auswendig:  eine  fraktionierte 
(>in  Gruppen*  zu  je  5  Silixen)  und  eine  G-Keihe,  die  einmal 
vi-suellj  ein  andermal  aku8tij*eli-niotorisch  jsrelemt  wurde.  Das 
fraktionierende  Verfahren  ist  auch  liier  wiederum  ökono- 


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Untonwebungen  zur  Ökonomie  ud  Tecbnik  des  Lemens.  507 

misch  er,  wenn  auch  die  Differenz  sich  nicht  so  betrüiehtüch  er- 
weist Beim  Wiedererlernen  stellt  sieh  die  EänpiSgimg  lür 
disaelbe  Yerfiüiren  gani  besonders  günstig  heraus. 

Die  Tifliielle  Art  des  Lemens  ist  immer  Torteilhafter  als  die 
akostisch-motoriBcliei  welche  auch  beim  Wiedereriemen  eine  höhere 
Wiedeilioliingsaasahl  ergab. 

IL  Untersnchnng  mit  sinnvollem  Material. 

Versuchsreihe  23. 

1)  In  den  ersten  5  Vevsnehstagen  wnrde  als  Stoff  das  Gedicht 
von  Joh.  A.  Eberhard:  »Peter  in  der  Fremde«  verwendet.  Täglich 
lernte  Max  Herl.  2  aclitzeilige  Strophen  auswendig:  die  eine  nach 
dem  G- Verfahren,  die  andere  nach  dem  fraktionierenden  Ver- 
fahren. In  den  letzten  5  Versu(  listag:en  wnrde  der  Umfang  des 
Stoffes  verdoppelt.  Die  zu  lernenden  Strophen  wurden  diesmal 
aus  Bürgers  »Lied  vom  braven  Mann«  genonmien.  Die  Vp.  hatte 
jedesmal  2  Strophen  >im  ganzen«  und  2  in  zwei  isolierten  Teilen 
sn  erlernen,  sodaß  im  ganzen  tiigUch  8  Strophen  in  Anwendung 
kamen,  von  denen  4  ganz  neu  waren.  Die  Flansen  wvden  selbst- 
yertttndlich  demgemftB  yeigrOfierL  Sonst  blieb  des  Ver•1lehs▼e^ 
fahren  dasselbe  wie  bisher. 

2]  Folgende  BesBltste  wurden  eihalten: 

Z-Tabelle  19. 


Erlernung 

Wiedererlemnng 

aProz. 

Strophen 

43  . 

Dauer  des 
Erlemens 

r:  n 

S* 

Dauer  des 
Wiedererl. 

s  s 

ErspanÜBBeii 

Ii 

Min. 

Sek. 

[  Standen  f 

Nolw€ 
Wied( 

Min. 

Sek. 

1  Daue] 
1  letz 
Hers« 

1.  T- Strophen 

18,6 

6 

36,2 

49 

2,8 

1 

36,6 

40,2 

84 

2,  G-  » 

11,2 

6 

69 

88,8 

<M 

2^ 

1 

13,0 

44 

80 

DiArau 

-t- 

—  0,23 

-hll 

+0,6 

+  23,6 

—  4 

Aus  der  vorstehenden  Tabelle  ergibt  sich  folgendes: 
a.  Das  Lernen  >im  ganzen«  ist  hier  ökonomischer.  Mit 
einer  ziemlich  großen  Differenz  von  7,4  W.  wurden  die  G-Strophen 
schneller  erlernt  als  die  des  fraktionierenden  Verfahrens,  welches 
auch  beim  Wiedereilenien  höhere  Durchschnittswerte  ergab. 


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506 


Chrifto  PoitwlMw, 


b.  Die  Erlernung  der  T-Strophen  erfolgte  in  kürzerer  Zeit 
als  die  der  G-Strophen,  welche  aber  24  Stunden  später  schneller 
wiedererlernt  wurden  als  die  enteren. 

Versnehsreihe  24. 

Max  Herl,  lernte  täglich  zweimal  10  Zeilen  aus  dem  zweiten 
Gesan^r  de«  >Ileineke  Fuchs«  auswendig:  10  Zeilen  rein  visuell 
und  10  akustisch-motorisch.  Zum  voraus  wurde  dem  Knaben  klar 
gemacht,  wie  er  die  Zeilen  lernen  mußte.  Die  Wiedereriernuiig 
der  Strophen  fand  nicht  Btatt. 

Die  Ergebnisse  waren  folgende: 

1)  Zum  Erlemen  der  10  Zeilen  akustisch-motorisch:  9,5  W. 

2)  >         >       >    »      >     rein  visnell:         13,75  > 
Man  sieht  also,  daß  die  visnelle  Art  des  Lernens  eines  slnn- 

ToUen  Stackes  nngOnstig  ist 

§  37.  Yersuchsreihen.  25,  26  and  27. 

Diese  drei  Yennchsreihen  worden  an  dem  lOjShrigen  MUdehen 
Meta  Herl  (Schwester  ron  Max  Herl)  ans  der  IV.  Primaraehnl- 
Uasse  angestellt  Die  12rilhigen  Beihen  kamen  nickt  mehr  m 
Anwendung,  da  sie  eine  zu  grofie  Anstrengung  beanspruditen; 
infolgedessen  wurde  in  der  Venmehsreihe  25  mit  10  silbigen  Reihen 
experimentiert.  In  den  letzten  2  Versuchsreihen  waren  Strophen 
zu  lernen.  Diese  Versuchsreihen  erstreckten  sich  Uber  38  Versochs- 
tage. 

I.  Untersnchnng  mit  sinnlosem  Material. 

Versuchsreihe  25. 

1)  Zeit  des  Experimentierens:  41/4 — 43/4  Uhr.  Geschwindigkeit 
der  rotierenden  Trommel:  9  Sek.  Täglich  kamen  dreimal  lOsü- 
hige  Bethen  vor:  eine  firaktionieiende  (in  zwei  isolierten  ffiOAen} 
and  zwei  G-Beiken,  von  denen  eine  visnell,  die  andere  aknstisck- 
motoiisek  erlenit  wurde.  Verfiüiren  im  llhrigen  wie  frttker* 

2)  Ans  der  BoktabeUe  ergab  sieh:  a.  Das  fraktionierende 
Lernen  einer  Silbenreihe  ist  auch  ftlr  Meta  Herl,  vorteil- 
hafter als  das  6-Verfahren;  24  Stunden  später  aber  wurde  eine 
G-Kcihe  mit  weniger  Wiederholungen  wiedererlemt  als  eine  T- 
Reihe. 

h.  Die  akustisch-motorische  Art  des  Lernens  ist  sowohl  beim 
Erlemen  wie  auch  beim  Wiedererlemen  der  Silhenreihen  günstiger 
als  die  visnelle. 


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Untersachongen  zur  Ökonomie  und  Technik  des  Lernens.  509 

n.  Untersnebniig  mit  sinnyollem  Material 

VerBuchsreihe  26, 

1}  Als  Stoff  dieser  Versuchsreihe  wurde  Bürgers  Gedieht  »Das 
Lied  vom  braven  Mann«  benutzt  An  jedem  Versuchstage  hatte 
Meta  Herl.  2  sechszeilige  Strophen  auswendig  zn  lernen,  Ton  denen 
die  eine  ▼iraeU,  die  andere  akustisch-motorisch  gelesen  und  gelernt 
wmde.  VeimicluiiunBtftnde  dieselben  wie  bisher. 

2)  Bas  einzige  sichere  Eigebnis  der  Versoche  war,  daB  die 
Strophen  naeh  dem  lauten  Lernen  sohneller  eingepiigt  worden  als 
nach  dem  TisneUen  LemTerfalireni  welch  letzteres  sich  auch  heim 
Wiedereriemen  als  ongunstiger  erwies. 

Vo rsuc b s reihe  27. 
Dieselbe  Yp.  hatte  täglich  2  achtzeilige  Strophen  aus  dem  Ge- 
dichte: »Peter  in  der  Fremde«  aaswendig  zn  lernen.  Die  Art  des 
fraktionierenden  Yer&hrens  war  ganz  llhnlich  wie  in  der  Veisoeha- 
reihe  19. 

Z-Tahelle  20. 


Art 

Eiieniuiig 

Wiedererleranng 

iProz.j 

des 

ci  ii 

Daner  des 

Erlemens 

Dauer 
des  letzten 

Im 

s 

tat 
A 

Dauer  des 
Wiedererl. 

OB  00 

•  _  a 

Ol 

aQ 

t-i 

H 

Leraent 

Notwe 
Wied( 

M 

i  Stunden  i 

Notwe 
Wied( 

d 

M 

<o 

zn 

®  s 

1.  Eine  Strophe  in  2  Teilen 

16,8 

3 

43,4 

29,8 

3 

1 

49,4 

34,6 

80 

2.    9       •       im  ganzen 

13 

5 

11 

25.4 

2,6 

1 

6,4 

37,8 

80 

Differenz 

+  3^ 

-W6 

4-M 

+■0.4 

-3^2 

I- 

Hieothei  Ist  wiederum  das  Lernen  »Im  ganzen«  das  Dkonomi- 
seheie  Verfhhien;  auch  die  Einprägnng  derG-Strophe  war  fester 
als  die  der  T- Strophe. 

Man  sieht  aber  femer,  daü  die  T-Strophe  in  bedeutend 
kürzerer  Zeit  erlernt  wurde  als  die  des  G-Lemens,  während 
es  sich  beim  Wiedererlemen  gerade  umgekehrt  verhielt 

§  38.  Versuchsreihen  28,  29  und  30. 

Bis  jetzt  haben  wir  bei  Kindern  die  eigentümliche  Ersohehinng 
beohaofalet»  daB  sie  sinnlose  Silbeareihen  Skonomisdier  nach  dem 


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510 


Ghihrto  PentBobew, 


fraktionierenden  Verfabren  lernen  als  »im  gensM«.  leb  fragte 
mieh  nim,  ob  die  bisherigen  ErgebniMe  tob  sinnloseni  me  aneb 
▼on  einnTollem  Material  meb  aneb  tta  ein  noeb  jttngeres  Kiiidea- 
alter  bestlltigen.  Die  näcbaten  Veranebereiben  wurden  daber  an 
dem  Sjlbrigen  Knaben  Hennann  Met.  au  der  II.  Primaraehnl- 
klaflse  angeateDt 

Die  Vorttbimgen  wurden  mH  6 silbigen  Reiben  begonnen,  bis 
der  Knabe  eine  Geschickliclikeit  beim  Lesen  uud  licpruduzieren 
sinnlosen  Materials  f^ewonnen  hatte;  später  aber  fol^'ten  8  billige 
Reilien  —  in  den  Versuelisreihen  29  und  30  — ,  endlieb  Strophen. 
Die  eig:entlicben  Versucbe  umfaßten  20  Versuchstage.  Die  Ver- 
auchsanordnung  blieb  dieselbe. 

1)  In  der  Versuehsreibe  28  lernte  Henn^Tin  Met.  zweimal 
Sailbige  Reiben:  eine  »im  ganzen«  und  eine  »in  Teilen«  auswendig. 
Eine  0-Beibe  wvrde  in  doppelter  Weise  gelernt:  yianell  nnd 
aknatiaeb-motoriacb.  Zeit:  11'/)— 12  Ubr.  Die  Rotattona- 
daner  betrog  8  Sek.  Die  Bob-Tabelle  lassen  wur  wiedemm  ibrea 
Umfimgs  wegen  weg. 


R-Tabelle  9 

Anfang  des  Yeraachea:  von  lli/g— 12  Uhr. 

Goethes  »Erlkönig«. 


Die 

me  «#9 

B 

zum  Erlemen  einer  Strophe  in  2  Teilen  sa  je  8  ^((|ilfla 

Tag 

Q 

i  3 

I_ 

c* 

die  ersten 
en  notw.  W. 

1— 
« 

c 

7;  c 

— '  L. 

die  letzten 
eu  notw.  W. 

Dauer 
de« 
Erlernen» 

o  — 

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d.  einmaligen 
lies.  d.  g.  Str. 

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31 

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1 

1 

1. 

8. 

IX.  Ol 

I 

1 

4 

Ib 

8 

50 

4 

59 

30 

14 

17 

2 

18 

5  ' 

2. 
3. 

5. 

II 

4 

5 

40 

7 

47 

4 

55 

23,6 

25 

17 

2 

47 

> 

T 

ö 

5 

4« 

8 

1 

06 

3 

38,5 

29 

92 

17 

2 

52,5 

*  \ 

4.' 

ti. 

1 11 

4 

41 

« 

49 

4 

1 

3,6 

35 

16 

2 

1 

*  i 

6. 

7. 

>  * 

I 

4.Ö 

3ö,5 

7.25 

53 

M 

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Uateraucbaageo  zur  Ökonomie  und  Technik  des  Lemenä.  511 

8)  Ans  def  TiMle  erhftlt  maa  folgende  Mittelwerte: 

Z-Tabelle  21. 

Krlomiuig  Wiedererlern.  ErBparnisse  in  Pros. 
L  lA  Gruppen  &\x  je  4  Silben     17,2  W.         6,75  W.  60 
laut            17,8  .           6,86  *  61 
viflueU        21,3  »          7,15  .  — 


2.  im.  guuen 


1a.  ku 
b.  vif 


Mit  dnem  Gewinn  von  0,6  wurden  die  l^benreihen  nadi  dem 

fraktionierenden  Verfahren  schneller  dem  Gedächtnis  eing:eprägt 
alä  nach  dem  G -Lernen.  Auch  beim  Wiedererlemen  ist  (hisaelhe 
für  das  erste  Verfahren  zu  konstatieren.  Man  sieht  alsi»,  daß  das 
lernen  >im  ganzen«  bei  siuuluHem  Material  auch  hier  wiederum 
sich  ab  etwas  ungünstiger  zeigte;  hingegen  ist  die  yisu eile  Art 
dee  Lernens  weit  an  tot  teilhafter  als  die  aknstiBch-motorisclie. 

Yereneh Breill e  29. 
1)  Bei  diesem  Yenneh  lernte  Uet  täglich  eine  Strophe  ans 
Geeftee  »ErlkOnigc  »im  ganzen«  nnd  eine  in  swei  iwHertett  Hälf- 
ten auswendig.   Das  Versnchsschema  blieb  unverändert 

(Versuchsreihe  29). 

Vp.:  üenuaiiii  Met  (6  Jahre  alt}. 
4  Yemidistage. 


Strophen 

SEiUmi  Erlemeti  der  auderu 
öltophen  im  ganzen 


'S 


5 


II 
I 

II 
1 


o 

u 

OQ 


«  «  5  ' 


0 

■  mm 


CO 


a 

o 

K 


O 
«« 

Q 


ann  Wiedererlemen 


c 


3 

-r 

<>3 


der  Atrophe,  die  im 
ganzen  enent  vnrde 


der  atrophe,  die  ia 
8  Tdlen  eriemt  wnrde 


4; 


5  '  15 

6  8 

7  1  10 


3  23 


4  I  2«,ö 
2  i  55 
8  H 


11  8 


29.9 


20  ' 

I 

44  ' 

:s2.5 

30  I 


II 
l 

II 
I 


i  o  «- 


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2 
l 
2 


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0  J< 


ZI 

a 
c 
ix 

«3 
t- 


3 


I  ^ 


I.U  1,7 


20  .  13 
15  !  40 
31,5  27_ 

24  I  27 


I 

II 
I 

II 


-5  ? 


C 


0 
2 
2 
•6 


26 
33 
40 


23 


c 


n 


12 
26 
18,6 


16,8 


1)  Der  Knabe  wnfit»  die  Strophen  ohne  jede  Wiedoholna«. 


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1 

I 


512  Cliriito  PeiitMliew, 

2)  H.  Met.  prägte  nicb  die  zn  erleruende  Strophe  viel  iriiiistiger 
nach  dem  G-Verffthreii  ein,  als  nach  dem  T-Yerlabreu.  Die 
Differenz  ist  groß  genug,  um  jeden  Zweifel  an  dem  Vorzug  des 
G- Lernens  vor  dem  fraktionierenden  zn  beseitigen.  Auch  beim 
y^Mdmrleinen  wurden  positive  Besnltate  erhalten.  Hiniiehtlich 
der  Zeitdauer  des  ErleraenB  ist  noch  dnmal  die  Tatiaehe  an 
konatatieren,  daB  die  T-Stropke  in  kttrzerer  Zeit  eing^rigt 
wurde  ato  die  G-Strophe,  während  beim  Wiedeierlemen  das  Um- 
gekehrte eintmi 

Zur  Feststellung,  ob  Met.  tinnyolles  Material  besser  visuell 
oder  akustisch-motorisch  lerne,  dient  eiue  weitere  Versuchsreihe, 
die  aber  ab^rebrocben  werden  muUte,  weil  die  Strophen  dem  Knaben 
unverstäudlioh  blieben. 

§  39.   üruppiernnp  der  Resultate  der  Versuche 
mit  sinnlosem  und  sinnvollem  Material  bei  Kiudern. 

1)  Wenn  wir  nun  die  Eigebnisae  der  bisherigen  Veraoche  mit 
Kindern  knn  ansammenfiwMn,  ao  ergibt  aieh: 

a.  Das  Lernen  in  Gmppen  igt  bei  sinnlosen  Silbenreiken 
vorteilhafter  ab  das  »im  gansen«,  weleh  letzteres  sieb  aber 
bei  sinnvollem  Material  aJs  weit  Okonomiseher  sfweist  als 
jenes.  Es  sei  noch  ausdraeklieh  bemerkt,  daß  die  G- Strophen 
bei  allen  Kindern  immer  mit  geringeren  Wiederholnngszahlen 
erlernt  wurden  als  die  T- Strophen. 

b.  Das  Hehalten  ist  hei  den  Versuchen  mit  Rinnvollem  Mate- 
rial ftlr  das  0 -Lernen  günstiger  rils  für  d;is  T- Verfahren.  ^Bci 
den  Versueiien  mit  sinnlosen  Silbenreihen  aber  verhielt  es  sich 
ganz  verschieden.) 

c.  An  mehreren  Versuchstagen  fUhrte  das  Lernen  »im  ganzen« 
in  kttrzerer  Zeit  zum  Ziele  als  das  fraktionierende  Veriahien; 
ftr  manche  Vp.  aber  erfolgte  die  Zeitdauer  des  Erlemens  nnd 
Wiedererlemens  der  Strophen  nach  dem  letzten  Yerfiüiren  bedeu- 
tend schneller  als  nach  dem  ersteren. 

d.  Die  visuelle  Art  des  Lernens  einer  Silbenrelhe  war  ftr  Öt, 
Bri.  nnd  Max  Herl.  gOnstiger  als  die  akustisch-motorisehe,  während 
dies  Verhältnis  bei  MetJi  Herl,  und  Herrn.  Met.  sich  umkehrte; 
bei  arlleu  Kindern  aber  wurden  die  Strophen  akustisch- 
motorisch  schneller  nnd  fester  dem  Credächtois  eingeprägt  als 
rein  visuell. 


Üigiiiztiü  by  <-3ÜOgle 


Untersachttagen  zur  Ökonomie  und  Technik  des  Lernens.  513 

Wamm  das  sionloBe  Material  hier  In  Bezog  auf  die  Ökonomie  dea 
Lernens  negaii?e  Besnttate  eigab,  wiid  spSter  noeh  erOrtert  weiden. 

2)  Ober  die  individaelle  Eigentttmllchkeit  des  Ge- 
dftohtnisses  bei  Kindern  ergäbt  sieh  ans  den  Yersnelien  Folgendes: 

1.  Da  unsere  Absiebt  war,  die  Kinder  beim  Lernen  and  Be* 
produzieren  der  sinnlosen  Silbcurcihen  zu  beobachten,  so  wurde 
ihuen  die  Betonungsweise  nicht  angegeben.  Sonderbarerweise 
haben  fast  alle  Kinder  die  Silbenreiheu  im  Jambus  gelesen,  mit 
einziger  Ausnahme  des  l4jährifiren  Knaben,  Edwin  Ot  ,  di  r  bei 
einer  Gr^- Reihe  unwillkürlich  den  Trochäus  angewandt  hatte. 
(Gegen  G.  £.  Müller,  der  den  Trochäus  bei  Deutaehen  ftlr  den 
bevorzugten  Rhythmus  hält).  Die  Silben  einer  Beihe  wurden  vom 
Beginn  bis  mm  Answendtglemen  stets  in  dnem  gleiehmilßigen 
Tempo  gelernt.  Bei  keiner  Vp.  (Kinder)  ist  es  Toigekommen,  daB 
in  einer  Silbenreihe  eine  Gmppe  lelatiy  sehneller  gelesen  wnide 
als  die  anderen  Gruppen,  wie  wir  dies  bei  Erwachsenen  bemerkt 
halten.  Beim  Wledererlemen  taneblen  immer  meist  diejenigen  Silben 
im  Bewußtsein  auf,  die  eine  stärkere  Betonung  erfahren  hatten. 

n.  Die  Reproduktion  der  Silbeu  erfolgte  bei  allen  Kindern  ganz 
mechanisch  und  ohne  ein  Bewußtsein  der  Sicherheit.  Nachdem 

2.  B.  Mjsx  Her  einmal  die  Silben  einer  lösilbigeu  Reihe  alle 
richtig  aufgesagt  hatte,  fragte  ich  ihn,  ob  nicht  eine  daron  tehte: 
ja,  es  fehlen  noch  2  und  die  Silbe  >soog<  habe  ich  falsch  her- 
gesagt, antwortete  er  mit  Bestimmtheit  Sehr  bemerkenswert  war 
das  Verhalten  des  Knaben  beim  Anfingen.  Herl,  nnd  Öt  mnBten 
immer  die  erste  Silbe  einer  Bdhe  wiasen,  deshalb  sagten  sie  die 
Reihe  gideh  nach  Beendigung  der  Boiation  anf,  nnd  wenn  die 
eiste  Sflbe  naeh  10  oder  15  Sek.  niefat  kam,  so  wnssten  sie  in 
der  Regel  kaum  2  oder  3  Yon  der  Beihe  noeh  an  nennen.  »leb 
mufi  die  Silben  schnell  auflagen« ,  erklärte  Öt.  »sonst  weiß  ich 
keine  mehr!«  Beim  KepKtduzieren  waren  die  Mädchen  ruhiger; 
gerieten  sie  in  Stockung,  so  machten  sie  keine  Anstrengung,  sondern 
warteten  eine  Weile,  bis  die  Silben  kiinien.  Hemerkenswert  war 
die  Verhaltungsweise  der  Hedwig  Bri.,  welche  die  Silben  immer 
der  Reihenfolge  nach  reproduzierte,  während  bei  den  anderen  die 
Silben  manchmal  rückwärts  oder  gar  durcheinander  hergesagt 
wudenl  Bei  allen  Kindern  aber  war  die  Tendenz  Torhanden,  die 
Silben  in  derselben  Gesebwindigkeit  hennssgen,  in  weleher 
sie  Ton  der  rotierenden  Trommel  abgelesen  worden  waren. 


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514 


Christo  PentBohew, 


IQ.  Aas  den  Ergebnissen  stellte  sich  heraus,  daß  auch  bei 
Kindern  das  akustiBch-uoto rieche  Element  die  Grundlage  des 
CkdllohtnisaeB  bildet,  während  das  visoelle  eine  sekundäre  Rolle 
spielt,  obgleich  bei  den  Versuchen  mit  sinnloflem  Material  negative 
Hesnltate  in  dieser  Hinsicht  erhalten  wurden,  was  hauptsächlich 
durch  die  schwierige  Artikulation  der  sinnlosen  Silben  erklärt 
werden  kann.  Es  zeigte  sich  femer,  dass  sowohl  die  Knaben  wie 
auch  die  Mädchen  die  Stellen  der  einzelnen  Silben  sehr  wenig 
einprSgen,  wiederholt  gaben  sie  an,  es  fehle  die  siebente  oder  elfte 
Si\he.  während  das  niclit  der  Fall  war. 

Bei  der  Einprägung  der  Silben  spielte  der  akustische  Eindmck 
die  dominierende  Rolle.  Wollten  die  Kinder  eine  Gruppe  tob 
Silben  schneller  behalten,  oder  sich  auf  dieselbe  intensiver 
konzentrieren,  so  wurde  sie  lauter  abgelesen.  EineAnsnahme  davon 
maehte  das  Mädchen  M.  Herl  welches  die  Reibe  ganz  leise  dmeh- 
las,  wenn  es  gut  kouzeutriert  war.  Beim  visuellen  Lernen,  das 
wohl  niemals  rein  visuell  verlief,  waren  die  motorischen  Begleit> 
ersoheinaiigen  ganz  deutlich  spürbar.  Es  zeigt  sich  ein  um  so 
größerer  motorischer  Drang  bei  dieser  Art  des  Lernens,  je 
niedriger  das  Alter  des  Kindes  ist. 

IV.  Uber  das  Behalten  und  Vergessen  ist  Folgendes  zn  sagen. 
Wie  schon  erwähnt,  konnten  die  beiden  älteren  Knaben  eine 
Silbenreihe  zum  zweiten  Male  nach  einer  Pause  von  Uber  20  Sek. 
nicht  mehr  fehlerlos  reproduzieren  oder  sie  wußten  nur  noch  wenige 
Silben  wiederzugeben  —  nach  ujehr  als  Stunden  aber  war 
keine  Spur  von  der  Reihe  im  Gedächtnis  zurttckgeblieb^  Kach 
24  Stunden  war  das  Vergessen  natürlich  noch  weiter  vorge- 
schritten.  Bei  den  Mädchen  und  bei  dem  siebenjährigen  Knaben 
war  das  Gegenteil  zu  beobachten.  Zur  Probe  habe  ich  jede  der 
letztgenannten  Vp.  nach  verschiedenen  Pansenlängen  aufgefordert, 
die  schon  einmal  reproduzierten  Silbenreihen  zum  zweiten  Male 
wiederzugeben.  Dabei  konnten  die  Silben  bis  nach  2^^  Min.  noch 
fehlerfrei  reproduziert  werden.  Auch  das  Wiedererkennen  der  Silben 
bei  ihrer  Wiedererlemung  kam  bei  diesen  Vp.  mehr  zur  Geltnng 
als  bei  Ot.  und  Herl.  Ein  Merkmal,  um  den  raschen  Typus  zu 
erkennen:  die  Zahl  von  Silben,  welche  unmittelbar  nach  ein- 
maliger Wiederholung  derselben  doch  noch  fehlerfrei  reproduziert 
werden  konnte,  betrng  für  Max  H.  5,  fUr  H*  Met  3  und  fär 
E.  Öt.,  H.  Bri.  und  Met.  Herl,  je  4. 

V.  Nicht  ohne  Interesse  wären  auch  die  Kurven,  durch  welche 
die  Konzentration  der  Aufmerksamkeit  auf  einzelne  Silben  einer 
Reihe  bei  Kindern  dargestellt  werden  ktonte.  Um  eine  Vei^ 


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Untersuchangen  zur  Ökonomie  lud  Tecbaik  des  Leruen».  515 

gleichiiiig  mit  ErwacbaeneB  zu  eimitteb,  wiU  ich  die  Enr^en  der 
Sdinellierkeit  der  Einprägang  der  einzelnea  Silben  nur  bd  den- 
jenigen Kindern  an&eiehnen»  die  12i^bige  Beiben  sn  lernen 
hatten.  Bei  aUen  dieeen  wnrde  die  erste  Sübe  am  eobnelliten 
dem  GedSefatnis  eingeprigt  Beieiebnet  man  nvn  die  ente  Silbe  mit 
100  und  gibt  dementaprediend  die  Sebnelligkeit  der  Einprttgnag 
der  ttbfigen  Sflben  derselben  Beibe  in  Proienten  an,  eo  gewinnt 
man  einige  ZaUen,  die  folgende  grapbiaebe  Darstellong  ergeben: 


Ffg.  9.  Konientnliim  der  Aofiaerkeanikeit  bei  einer  12eilbigeii  Beibe. 

1)  Edwin  Öt 


MO 


I      Z     Z     i-     &      6     7     8     9     K)    n  IZ 

«4«  i»%*»Tit  (•(•••Itl 


wo 


Fig.  10.  Ebenso.  2]  Mai  Ueri. 

■    tt*li*t«***li  •■«••••Tl. 


Fig.  11.   Ebeotto.       Hedwig  Bri. 


a4* 


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516 


Chiitlo  PentMbew, 


Wenn  man  nun  die  bisher  angestellten  Knnren  (bei  Er- 
wichaenen  und  bei  Kindern)  miteinander  vergleicht,  so  muß  ohne 
weiteres  festgestellt  werden^  daß  das  Maximum  der  Aufmerksamkeit 
di«  erste  Silbe  einer  Sübenieihe  bildet;  dann  nimmt  die  Auf- 
meriuamkeit  wibiend  des  Lesens  allm&blieh  ab;  bei  der  10.  Silbe 
smkt  sie  in  der  Regel  am  tieftten,  gkfieb  darauf  steigt  sie  raseher 
an;  allem  sie  ernidit  nie  mehr  die  anflbig^lie  Höbe.  Sehr  anf- 
fUlend  ist  aber  bier  die  Tatsaebe,  da8  das  Midien  Hedwig  BrI. 
auf  die  ersten  paar  Silben  sehr  'f;ut  konzentriert  war,  während  der 
Lesung  der  Reihe  aber  nahm  seine  Aufiuerkgamkeit  allmählich  ab, 
bis  sie  b^  den  letzten  2  Silben  ganz  tief  gesunken  war. 

§  4U.  bcblufiwort  zu  dem  zweiten  Kapitel 

Kaebdem  wir  die  Torangegaugenen  Hanpi-  nnd  EontioQreisvebe 
im  Detail  besebrieben  baben,  bleibt  uns  noeb  übrig,  einen  all- 

gemeineu  Überblick  Uber  deren  Ergebnisse  zu  geben.  Ich  stelle 
zu  diesem  Zwecke  die  Resultate  aller  bisherigen  Versuchsreihen  auf 
zwei  übersichtlichen  Gef^aiiittahellen  zusammen,  indem  ich  die 
Versuche  mit  sinnlosem  und  sinnvollem  Material  von  einander 
trenne. 

Es  können  namnehr  folgende  auf  Orund  der  empiriscben  Er- 
gebnisse gewonnenen  Fragen  erOrtert  werden: 

1)  Wie  soll  man  den  Begriff  des  Dkonomiseben  Lernens  auf' 
fassen? 

2)  WeldwLeniweise  ftbrt  sebneUer  anm  Ziele,  das  fraktionierende 
Verftbren  oder  das  Lernen  »im  gansen«  —  nnd  wenn  das  letitere 
das  5kononusobereVerfabren  ist,  wie  kann  man  dann  die  folgenden 

Erscheinungen  erklären: 

a.  daß  die  Resnltate  sinnlosen  Bfaterials  bei  Kiudern  i\lr  dieses 
Lemverfahren  ganz  uni^rlinstig  waren? 

b.  daß  die  T- Strophen  an  mehrercu  \  ersuchstagen  sowohl  beim 
Erlernen  wie  auch  beim  Wiedererlerneu  in  kürzerer  Zeit  erlernt 
bezw.  wiedererlemt  werden  als  die  G- Strophen? 

3)  Worin  besteht  Uberhaupt  der  Vorzog  des  Lernens  »imgauen«, 
Tor  dem  fraktionierenden  Verfsluren? 


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Uutersuciiimgeu  i^ur  ukouoiuie  und  Tecboik  des  LerneoB.  517 


HL  Kapitel  BuknssiM  der  Betaltate. 

§  41.  Begriff  des  ökonomiseheii  Lernens. 

Die  Art  und  Weise,  wie  L.  Steffens  den  BegrifiF  des  ökono- 
mischen Lernens  aaltaßt,  ist  unvollständig^  and  nngenUgeud.  Am 
Schiaß  des  2.  Kapitels  ihrer  Abiiaadlung  versteht  sie  unter  dem 
ükonoJiüscheuLemoTi  dasjenige  Verfahren,  welches  in  der  kürzeren 
Zeit  (mit  dem  gcriugercii  Zeitauf wände)  zum  Ziele  llihrt.  Kb  ist 
aher  unbedingt  einseitig,  unter  der  Ökonomie  des  Lernens  nur 
den  Zeitaufwand  des  Eilerneas  sn  TerBtebeD.  Selbst  wenn 
maii»  wie  wir  wiederholt  getan  haben,  den  Kraftaufwand  mit  in 
Betraeht  zieht»  ist  der  Begriff  des  Okonomiaehen  Lemena  noch  zn 
eng  gefiifit  Man  strebt  gewöhnfieh  nicht  blos  danach^  einen 
Hemorierstoff  sich  schnell  oder  leicht  anzueignen,  sondern 
auch  ihn  ftlr  längere  Zeit  zn  behalten.  Die  grOBtmdgliehe 
Ökonomie  wird  man  also  durch  ein  Lcrnverfahren  er- 
zielen, das  mit  dem  geringsten  Aufwuiide  an  Arbeit 
(Kraftaufwandj  und  Zeit  einen  Memorieratoff  so  fest  ein- 
prägt, daß  er  für  eine  möglichf^t  Ifinp-e  Zeitdauer  im  Oe- 
däehtnis  behalten  und  produziert  werden  kann.  Wir  be- 
streben uns  daher,  eine  solche  Lemmetbode  zu  finden,  nach  welcher 
das  zu  erlenieiKl(  Stnck  nicht  nur  mit  wenigen  Wiederholungen 
und  geringem  Kraliauf wände  erlernt,  sondern  auch  nach  einer 
bestimmten  Zeit  ebenso  schnell  wiedererlernt  werden  kann. 

Fragen  wir  uns  nun,  wie  wdt  unsere  Versuche  in  dieser 
Bichtung  gelangt  sind.  Wir  haben  ihre  Ergebniese  mit  Worten 
und  tabellarischen  Übersiehten  bereits  illustriert  Smd  nun  jetzt 
die  Resultate  der  Versuche  mit  simdoeem  und  simiTOllem  llaierial 
sowohl  bei  Erwachseneu  als  auch  bei  Kindern  klar  und  deutlich 
genug,  um  feststellen  zn  können,  daß  das  Lenicu  »im  ganzen« 
tatsächlich  das  vorteilhafteste  Verfahren  ist? 

1)  In  erster  Linie  ist  zu  entscheiden,  welches  Lemveriahren 
mit  geringstem  Arbeitsaufwand  zum  Ziele  führt  Es  ergab  nun 
bei  sinnvollem  Material  die  Betrachtung  der  absoluten  Wieder- 
holungazahl,  daß  die  G-Methode  bei  Erwachsenen  und  Kindern  ?iei 
weniger  Wiederholungen  beansprucht  als  das  gruppenw^  Lernen. 
Man  hStte  erwarten  können,  daß  die  Ungleichm&Bigkeit  desStrophen- 
materialsdieGultigkeitdieBer  Tatsache  bedeutend  einschrinkenwflrde. 


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518 


Chiiito  Pentechsv, 


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1. 
2. 
8. 
4. 
5. 


7^ 
8. 
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Gesamt 
A.  Eilernang  der 


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VonaohBpeiwBen 


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SBiib.  Keüi«  II  deüb,  SL    lOsilb.  Beihe  i 


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ganzen 


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i:r\7achs6iie: 

II  Orr  }*eri'I(>fi.  atad.  phil. 

;  >  1".  Zellweger,  •  » 
I  Frl.    M.  Keli  hner,      »  > 

Herr  A<I.  Keller.        »     med.  — 
»     (>.  Mi'Söiuer       »  phil. 

Sc  hulkindrr: 
Kdwiii  ("uiker,  II  Sok.-Öcliulkl. 
Ilodu   Briner,  V\  Pr.-Scbalkl. 
Max  HtTliiiiT.  »  . 

Mcta  llerliu^,  IV.  •  * 
Hann.  Hemer,  II.   »  > 


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B.  Wiedererlersniif 


zum     Wlederer  lernen  — 


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Herr  Per     \  c 

>  Zel.  ^ 
Fri.  Kelch.  © 
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-     Mos.    1  ^ 

S  c  Ii  u  I  k  i  II  d  e  r : 

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iHedw.  Bri.  ^ 

Max  Herl.  - 
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Hern.  Met  J  ^ 


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6,9 


7,5  8,y 

-  8 
8,7,.  — 


6.6  '  4,5 
10.3  9 

6.7  6.7 


6.3 
6.9 


9,75 1Ü.7Ö  10 


4 


1 


—  I 

8,2  , 
4,8  i 


8.25  8.9 
6,9  [  7,46: 


9,5  ' 
8,251 


Digitizea  by  LiüOgle 


Uatenadmnfen  mt  Ökonomie  und  Technik  des  Lernens.  519 

tabelle  I. 

■it  similoseii  Hatevi«!. 

sinnlosen  Silbenreihen. 


E  r  1 

e  r  n 

e  n 

1 

Die  Aüzahl  der  Silben,  die 
unmittelbar  nach  einerW. 
derft.  doch  noch  fehlerfrei 
j  reproduz.  werden  kann  ^ 

oinor 
ISsüb.  üeibe 

oiucr 
löailb.  Beihe 

üinor 

oiner 
18Bilb,K. 

einer 
24Bilb.K.. 

im 
ganzen 

1 

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im 
ganzen 

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19,70 

17,2 

20.75 

20.25 

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12.8 

18 

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17,H 

19,1 

17.0 

j 

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14^ 

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15.5 

21,1 

18,5 

29 

19 

7  («) 

24,6 

m9 

28.8 

27,9 

4 

21,ü 

22,5 



4 

81,75 

83^86 

28^4 

28,6 

23 

1 

der  Öilbeureiben. 


M    Stnnden    spKIer  | 

Ereparu. 

einer 
12siIb.R. 
in  Pro/. 

Ersparn. ; 

einer  1 
Ißsilb.R.I 
in  Proz.  1 

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620 


ChxiiCo  Penteebew, 


Oesmmt 

Resultat«  der  Venaebe 
A.  Erlernang 


zum 


SS 

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Veruuclujperaonen 


einer  ätropbe  \  einer  äcropbe 
in  2  Teilen  ,  im  f^nz. — Isnt 


r"'    ,        X  C 

.r  i  3  0/  C 
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4.i 


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6. 

7. 


E  r  AS  a  c  1j  8  0  n «' : 

Frl.  M.  Kelcbner,  ijtuiLpliü. 
Herr  Ad.  Keller,  stiid.med. 

>     0.  Mesaiiier,    »  phil. 
Der  Vcrsuchsh'iter,  »  » 

S  rhu I  k  i  ri (l«'r  . 

Hedw.  liriuer,  Vi. I*r.-Kia88e        6  2a   17,4111 .1 

Mäx  Herlinfr,  VI.  »       »       —  |  —  |  9.f 

Mofa  '  IV.  .  »  nr..H  :U:U  2^>.8  IH 
Herrn.  Mettler,  iL  .      »     (16^j  2  4Ö  jiJtf.ijll 


einer  Stxoplie  L  2  i>troohea 
im  f^.— TisneOl  fai  4  iMtas 


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-  -  !  —  18.75 
5,11    25.4  18.3 
3p,»j{i0  {18 


—  25,6 


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10  '29'  —  I- 


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B.  WiedererlemiiBf 


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Venaeiulperaonea 


«nm  Wiederartitrnen 


(U'r  .Stroplie 
in  %  Teflen 


der  Strophe  1  der  Strophe 
imgnns.— laut  im  viniMI 


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II  ErwEchsene: 

I  Frl.  M.  Keh'hner,  stiid.  phil. 
!  Herr  Ad.  Keller,  sind.  med. 
0.  Messmer,    »  piiÜ. 


1. 
2. 
3. 

4.  II  Der  VerrochBleiter  > 


o. 
6. 
7. 


Schnikinder: 

Hed>v,  Hriner.  VI,  Pr.-Klawe 
Max  Jlcrliiij?.  VI.  * 
iletii     »       IV.  »  > 
Herrn.  Mettler,  II.  *  > 


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2  Strophen 
in  4  Teilen 


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üntenmoliQiigeii  rar  Ökonomie  und  Teehnik  des  Lmuau^  521 


tabeiie  U. 

■tt  iiiiiTolleiii  Material, 
der  StroplieiL 


Erlernen 


2  Strophen 
im  ganzen 

2  Strophen 
in  2  Teilen 

1 

1  3  Stroi»hen 
1  iü  3  Teilen 

3  Strophen 
im  ganzen 

1 

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in  4  Teilen 

4  Stroph. 
im  ganzen 

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18,6 

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im  ganzen 

2  Strophen 
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in  3  l^ilen 

3  Strophen 
im  ganzen 

4  Strophen 
in  4  Teilen 

4  Stroph. 
im  ganzen 

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86 

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80 
84 

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522 


Das  war  aber  nicht  der  Fall  Vielmehr:  Je  größer  derUmfau«: 
des  uach  der  G-Methodfc  zu  erlcruenden  Stüekes  ist. 
deato  evidenter  stellt  sich  der  Vorteil  des  G-Verfahrens 
vor  dem  fraktionierenden  hcraai —  d.  h.  die  absolate  Anzahl 
der  Wiederholungen  ist  heim  Q-Lemoi  in  allen  Versachsreihen 
immer  geringer,  nnd  diese  TatBaohe  ist  nnabblngig  ron 
der  Beschaffenheit  des  Lernmaterials.  Bd  sinnlosem 
Material  scheiden  sich  die  Ergebnisse,  je  nachdem  die  Vp. 
Erwachsene  oder  Kinder  waren.  Pttr  Erwachsene  bat  sich 
der  Vorzog  des  G -Lernens  anoh  hier  entschieden  bestätigt.  Bei 
Kindern  aber  wurde  eine  Reihe  sinnloser  Silben  -  iu  Gruppen« 
mit  weniger  Wiederholungen  erlernt  als  >im  ganzen«. 
Ftlr  dieses  eigenttlmliche  Verhalten  können  folgende  Erkläraogs- 
gründe  ge^i^eben  werden: 

a.  Sinnloses  Matenal  bietet  Kindern  viel  größere  Schwierig- 
keiten als  Erwachsenen,  weil  es  ihnen  noeh  an  artikulatorischer 
Übung  fehlt  Sinnlose  Silben  besüsen  fiir  Kinder  nicht  denselben 
Grad  der  Gdtnfigkcit  beun  Sprechen  wie  ftlr  Erwachsene.  Bifdge 
dieser  lantphysiologischen  Schwicfigkett  erfordert  eine  G-Beihe 
▼on  sinnlosen  Silben  bei  Kindern  gröfiere  Anstrengung  als 
eine  fraktionierende  Reihe. 

b.  Diese  ftnfteren  Umstilnde  bedingen  ein  entsprechendes  Ter- 
halten  der  Aufmerksamkeit:  nie  wird  durch  eine  G-Reihe  mehr  iu 
Anspruch  genommen.  Nun  tritt  leichter  geistige  Ermüdung  ein, 
worauf  naturgemäß  die  AuftK  rksamkeitsspannune:  nachläßt  nnd 
die  ftlr  Kinder  so  ungewöhnlichen  Silben  bei  Mangel  an  Kon- 
zentration leicht  in  Verwirrung  geraten.  Es  sind  daher  zur  Über- 
windung dieses  Übelstandes  hei  einer  0-Keilie  immer  einige 
Wiederholnngen  mehr  nötig  bis  znr  ersten  fehlerfreien  Reproduktioii. 
Wird  dagegen  dieselbe  Silbenieihe  in  2  oder  3  isolierten  Teilen 
erlernt,  so  werden  die  Silben  jeder  Gruppe  bald  gemerkt  und 
leiditer  eingeprttgt,  denn  die  Anfinerksamkeit  erfittiit  bei  diesem 
stttekweisen  Voigehen  kehie  Einbuße.  Aach  kommen  lattt  den 
protokollierten  Tatbestilnden  hier  weniger  Yerweehslingen  vor,  als 
bei  der  Einpräguug  »im  ganzen 

c.  Nicht  weniger  wichtig  ist  auch  der  folgende  Punkt.  Die 
häufigere  Verwechslung  der  Silben  einer  G-Reihe  scheint  in  den 
Kindern  dt n  Kindruck  croRer  Schwierigkeit  zu  erwecken.  Da» 
bewirkt  unmitteibai  ein  UnloBtgetWf  wodurch  die  Anünerksamkeit 


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UntetBoohimgeB  bot  Ökonomie  und  Technik  doe  Leraeu.  523 

lugttnstig  beeinflußt  wird.  Die  gegenteilige  Erfahrnng:  mneht  man 
beim  fimktionierenden  Verfahren;  hier  werden  die  Silben  jeder 
Gruppe  leichter  erlerat  und  weniger  oft  rerweehaelt  Das  EiDd 
empfindet  da])et  den  sicharen,  ruhigen  Fortschiitt  in  der  Be- 
wältigung der  An^be  nudi  jeder  hinzugelernten  Gruppe  sehr 
aogenelun,  und  dieses  Lustgefühl  wirkt  auf  den  ganzen  Verlauf 
des  psychischen  Prozesses  günstig  ein.  Es  bldbt  freilieh  die 
Möglichkeit,  daß  nach  längeren  Vorübangen  doch  das  Lernen 
»im  ganzen«  auch  für  Kinder  vorteilhafter  wird. 

2)  Fuhrt  dae  Lerneu  »im  ganzen<  auch  in  kürzerer  Zeit 
zum  Ziele.  Auch  in  iiezug  auf  die  Zeitdauer  der  Erlemuiig  und 
Wiedererlernung  laBt  sich  sagen,  daß  der  Vorzug  der  G-Methode 
bei  einer  idealen  Gleichmäßigkeit  des  Lemmaterials  absolut 
glommen  nm  so  größer  wird,  je  länger  das  zu  erlernende  Stttck 
ist  Da  aber  diese  ideale  GleichmüBie^it  niiqgends  zu  finden  ist, 
so  zeigt  sich  oft|daB  das  finaktioniereadeyerlaluren  mit  geringerem 
Zeitsufwünd  zum  Ziele  führt.  Ich  konstatierte  dies  sowohl  hei 
nur  als  auch  bei  anderen  Vp.>) 

So  haben  wir  dam  die  Doppelfrage  zu  beantworten:  Wie  Ittfit 
sich  erklären,  daß  das  T- Verfahren  häufig  trotz  größerer  Wieder- 
holnngszahl  in  kürzerer  Zeit  den  Zweck  erreichen  hilft  als  die 
G-Methode? 

Ich  suchte  diese  Erficheiniinp:  s<^hon  in  Versuchsreihe  15  zu  er- 
klären und  erwähne  hier  noch  kurz  Folgendes: 

a.  Die  kürzere  Zeitdauer  beim  iraktionirenden  Lemverfahreu 
wird  nicht  allein  durch  den  Umstand  begreiflich,  daß  die  dabei 


Ij  Auch  Steffens  weist  auf  eine  bedeutende  Anzahl  von  Versuchstageu 
Ua,  wo  T- Strophen  hi  kOnerer  Zeit  erlernt  wurden  ale  die  O- Strophen. 
Die  ExUXmngsgrUnde  dafür  sieht  sie  in  dem  Umstund,  daß  die  G-Strophen 
besonders  schwierijice  Absclinitte  enthielten,  die  sich  sehr  schwer  einpräp:en 
ließen.  »Ist  das  Lernmaterial  von  erheblicher  rneh'inlmiüßinfkeit,  so  h:xf  das 
G- Verfahren  den  Nachteil,  wogen  besonderer  ächwiengkeit  eines  oder  weni- 
ger Abschnitte  allen  übrigen  Abschnitten  mehr  Wiederiiolongen  zu  TeU  wer- 
den SQ  UuNMA,  ale  für  ihfe  genügende  Einprügong  erforderlich  sindc  (S.  46). 
Sie  TeigiOt  aber,  daß  auch  in  den  T -Strophen  eolcbe  schwierige  Abschnitte 
vorkommen.  Ihre  Erklärung  ist  also  ungcnitgend.  Dieselbe  Erechcinnng 
wird  auch  von  Ebbinghaus  best.'itiprt.  Er  bemerkt  auf  S.  68 — 69,  daß  die 
Zeit  für  die  Stanzen  erheblich  grül3er  ausfiel,  wenn  er  sie  von  Anfang  bis  zu 
Ende  (»im  ganzen«)  dorchgelesen  hatte,  als  dann,  wenn  die  tdiwierigeren 
Stdien  beeonders  gelernt  nnd  dann  eingeigt  worden.  Wamra  eich  dies  ao 
TMbilt,  daftr  gibt  er  k»faie  ErUSning. 


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524 


Christo  Penteebew, 


benatzten  Strophen  etwa  leichtere  Abschnitte  enthieHeo  als  die 
6-Stropheii,  denn  oft  beanspraehten  geiade  diese  leMeren  kflnere 
ZeHdaner,  wenn  ole  besonden  sebwietige  Fteäen  anftviesen. 

b.  Die  Vp.,  die  beim  O-Lemen  eine  ttogere  Zeit  ntftig  hatten, 
bemerkten  aDe  überanstimmend,  dafi  eich  dabei  stets  grOBere 
Ermttdnog  dnstellte  als  beim  T-Yerfidnen.  Die  grOBeie  &mftdnng 
wird  dadnreh  erkliit,  daß  das  Lernen  »im  ganzen  c  mehr  Anf- 
merksainkeitscnei^e  beansprucht.  Die  Vennutunix,  daß  wohl  die 
Eiiipräguiig  bald  gelinjreu  werde,  bewirkt  eben  eine  immer  inten- 
Birere  Konzentration  der  AutmerkBamkeit. 

c.  Die  eintretende  Ermlidunjx  aber  hat  zar  nnmittelbaren  Folge 
eine  Verlangsam ung  des  Lemtempos.  Umgekehrt  zeigt  sich  beim 
fraktionierenden  Verfahren  eine  Beschleuni^ng  desselben,  da  die 
Vp.  im  angenelmien  Gefhhl  des  sieher  sich  nähernden  Zieles  mi- 
wiDkttrlieh  in  größerer  Eile  angespornt  wird. 

Ans  diesen  Erwignngen  geht  nnn  herror,  daß  der  Vorzng  des 
Lernens  »im  ganzen«  Tor  dem  fraktionierenden  Tiel  dentlieher 
nnd  beweiskräftiger  durch  die  absolnte  Ansah!  der 
Wiederholnngen  dargetan  wird,  als  blos  durch  die  Be- 
rttcksichtiguug  des  Zeitaufwandes. 

3)  Endlich  fragt  sich  noch,  nach  welcher  Lenunethode  das  zn 
erlernende  Stück  (Strophe  oder  Silbenreihel  am  besten  behalten 
wird.  Darauf  ist  kurz  zu  antworten,  daß  das  Behalten  sich  ftir 
die  6 -Methode  beim  Wiedererlemen  dauerhafter  erwiesen  hat 
als  Atr  das  gruppenweise  LemTcrfahren. 

Die  bisherige  Betrachtung  Uber  die  Ergebnisse  beider  Lera- 
weisen  deutet  unzweifelhaft  darauf  hin,  daß  die  Q-Methode  (zur 
Überraschung  mancher  Vp.)  tatsllehlich  die  Ökonomischere  ist, 
denn  sie  führt  mit  viel  größerer  Arbeitsersparnis  und  ge- 
ringerem Zeitaufwand  (in  den  meisten  FSllen)  zum  Ziele; 
hauptsSchlieh  ermöglicht  sie  ein  leichteres  Beproduzieren  und 
festeres  Behalten. 

%  42.  Worin  besteht  die  »Ökonomie«  des  Lernens 

im  ganzen? 

Unsere  bisherige  Betrachtung  bat  genügend  gezeigt,  daß  das 
Lernen  >im  ganzen«  prewisse  Vorteile  bietet  Das  verlangt  nun 
eine  psychologische  Erklärung.  Vereinigen  wir  die  Ton  Steffens 


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Untersuchungeu  zur  Ökonomie  and  Technik  des  Lernens.  525 

enädlen  UiiteniidiinigBrasiiltaAe^)  mit  den  nnsiigen,  ao  kommen 
wir  in  folgenden  Annahmen: 

1.  Wenn  man  ein  Stttek  (Strophe  oder  eine  Binnlose  SÜbenreihe) 
in  relaliT  kleinen  Teilen  lernt,  so  wird  der  Znaammenhaag  des 
Ganzen  durch  die  wiUkttrlichen  AhsehniUe  zerstOit.  Dazu  kommt 
dann  als  notwendige  Folge  etwas  anderes.  Innerhalb  des  ge- 
wählten Abschnittes  finden  mannig^fache  assoziative  Verknüpfungen 
statt.  Eine  derselben  aber  ist  von  durchaus  schädlicher  Wirkung 
mit  Bezug  auf  die  Einprägung  des  Ganzen:  diejeiii;:o  Assoziation 
nämlicb,  welche  der  Anfang  d^  Abschnittes  mit  dem  Ende  desselben 
eingeht  Durch  öftere  Wiederfaolnng  des  gleichen  Teilsttlckes  wird 
dann  diese  Yerknttpfang  noeh  gesttrkt  ond  wirkt  hei  der  Re- 
produktion des  »Garnen«  als  retardierender  Faktor.  Die 
Oberwindnng  dieser  selbslgesdiaflfonen  Sehwierigkeit  erfordert  dann 
noeh  ein  gewisses  Pins  von  Wiederholungen.  Lernt  man  aber 
gleleh  «nfilaglieh  sehen  »im  ganzen« ,  so  bHden  sieh  nirgends 
solehe  zweckwidrige  Assosiationen»  sie  nehmen  alle  ihre 
Kichtuug  auf  das  vorgesteckte  Ziel  hin. 

2.  Beim  fraktionierenden  Verfahren  wird  während  der  Erlernung 
eines  folgenden  btlickes  stets  das  vorhergehende  vergessen. 
Dieser  I^helBtand  macht  sich  um  so  rriiißer  geltend,  in  je  mehr 
Teile  ein  »Ganzes«  zerlegt  wird,  muB  sich  die  Zahl  der 
nötigen  Wiederholungen  naturgemäß  steigern.  Für  die  Yp.  wird 
aber  das  unvermeidliche  Vergessen  stets  eine  Quelle  von  Unlust- 
gefthlen,  die  den  Verlauf  des  Beproduktionsprosesses  ungttnstig 
beeinfliissen  und  also  aaek  xnr  Vermehrung  der  Wiederkolnngs- 
aniaU  beitngen. 

S*  Die  aufoinanderfolgenden  Wiederholungen  bdm  Stiloklernen 
Terflaehen  den  ganzen  LemprozeB  insofern,  als  dadureh  die 
Gefahr  entsteht,  blos  zu  sprechen,  ohne  dabei  zn  denken.  An 
Stelle  des  aufm  er  ks  amen  DurchleseuB   tritt  dann  ein  rein 


1)  L.  Steffens  entwickelt  die  absolaten  VorzUge  des  G -Verfahrens  in 
drei  Venaohsreihen  und  sieht  (Ue  psychologischen  Ursachen  dafUr  darin, 
»daß  das  itSclcweise  Torgvliende  Laraea  hei  glfliehsr  Leratrbsit  srstea» 

die  beim  TTerBagen  attisUchen  Asflonationen  nicht  gMdl  stark  entwiokelt 

als  das  6-Verfahren,  zweitens  schädliche  Aapn^intionen  stiftet,  welche 
beim  0- Verfahren  nicht  hergestellt  werden,  und  drittens  ein  hinlänglich 
gleichmäßiges  EingepT%twerden  der  veraohiedenen  Abschnitte  nicht  garan- 
tiert« (S.  46).  Dadurch  sind  aber,  wie  wir  obea  aeigen,  die  VonOge  nteht 
«fsehSpft. 


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526 


Christo  Pcntachew,  Lutersuilmugea  mr  Ökonomie  etc. 


mechanisclieB  (beim  Heraageii  des  >Oaiise]i<  venttt  sich  ge- 
legentlicli  diese  Schwllche  dnroh  Stoekimg).  Auch  ans  diesem 
Gnmde  wird  die  ZM  der  WiederholnngeD  vermehrt 

4.  Die  lelatiTe  Kleinheit  der  za  erlernenden  Tellsttteke  ge- 
stattet ein  rasches  Eindringen  in  den  Sinn  derselben.  Dadnreh 
wird  die  AnfmcrltBamkoit  ihrer  Piiicht  ledig  und  seh  weift  ab. 
Das  läßt  8ich  vielleicht  als  Ureache  zn  der  unter  3j  an^reführten 
Ersoheinüii<2;  auffassen.  Beim  G-Lernen  nun  gestattet  der  größere 
btüffnmfang  der  Anfmerk«iamkeit  nicht  so  rasch,  auf  Reisen  zu 
gehen.  Es  wird  ihr  eben  bei  jedem  Durchlesen  etwas  Nenes 
geboten  —  sie  bleibt  »gefesselt«. 

5.  Es  darf  femer  nieht  yergessen  werden,  daß  auch  hier  der  Satz 
gilt:  Das  Game  ist  Yor  seinen  Teilen.  Der  T^il  wird  ans  dem  sinn- 
vollen  Znsammenhang  des  Ganzen  viel  besser  nnd  leichter  verstanden 
als  isoliert  Diese  Tatsaehe  beschleanigt  also  den  EinprignogsprozeB. 

6.  Das  Wiehtigste  aber  ist  bei  der  G-Methode  offenbar,  daß 
sie  ein  festeres  Einprägen  nnd  sieheresReprodnzferen ermöglicht 
Das  Lernen  >im  ganzen«  bewirkt  also  ein  dauerhaftes  Behalten. 

7.  Der  einzige  Nachteil  der  G-Methode  ist  durch  sie  selb.st  jre- 
pejreben.  Der  größere  Stoffhmfanfr  absorbiert  mehr  Aufnierk- 
Hamkeitsener'^ie  nnd  flihrt  infoi^^edessen  leichter  zu  geistiger 
KrTTiUdung.  Darans  entspringt  wiedenuu  eine  Yerlangsamong  des 
Leratempos  nnd  damit  eine  Verlängernng  der  Zeitdauer  des 
Lernens.  Wir  versnobten  diese  Ermüdung  dnreh  besondere  Ex- 
perimente sn  kontrollieren,  doeh  soll  darüber  später  in  aaderm 
Znsammenhang  l»erichtet  werden. 

In  Snmma  spreehen  also  gegen  das  fraktionierende  Lemver- 
fahren  folgende  Faktoren: 

a.  Zerstttmng des  Znsammenhanges;  b.  hemmende  Assoziations- 
bildungeu:  e.  mangelhaft  eingeprägte  Übergänge;  d.  ein  Ver- 
gessen bereits  gelernter  Abschnitte  und  dadurch  entstehende  Unlnst- 
wirknngeu;  f.  Mechanisierung  des  Lernens  ohne  Veigegenwärtigung 
des  Sinnes;  g.  nngleichmaßige  Konzentration  der  Aufmerksamkeit 
and  dadurch  leichtere  Ablenkung;  h.  ungleichmäßige  YerteUong 
der  Wiederholungen  nnd  endlich  i.  nnsieheres  Reproduzieren  nnd 
Schwäche  des  Behaltens^). 

1)  Die  Abhandlung  des  Herrn  Pentschew  wurde  im  Winter  1901  ab- 
geschlossen. Der  Herausgeber. 


Üigiiiztiü  by  <-3ÜOgIe 


Uber  die  Frage  des  Abhängigkeitsverhältnisses 
der  Logik  von  der  Psychologie. 


BetrachtUDgea  im  Anschluß  aii  die  »Logischen  Unter- 
sadmngenn  von  £dmimd  HnsaerL 

Vou 

£.  Dflrr. 


In  den  1900  und  1901  erschienenen  losgehen  üntersuchnngen 
von  E.  Hnsserl  wird  eine  Frage  grüuillicher  Erörterung,'  uuter- 
zopen,  die  den  Psycholog'en  ebenso  sehr  wie  den  Logiker  inter- 
esssitreii  iiinß.  Die  Frap-e  bnitet,  ob  die  Logik  eine  von  der 
Fsyclioiogie  unabhängige  Wisäcnschuft  sei  (I  p.  7],  oder  bestimmtery 
ob  die  wesenttichen  theoretischen  Fundamente  der  hoplk  in  der 
Pqrohologie  hßgen,  (I  p.  51).  In  der  Beantwortung  dieser  Frage 
gelangt  HnsBerl  za  einer  yOlUgen  Yerwerfong  des  logieeben 
F^f chologinniiB  und  xvr  AnürteUiing  eineB  Ideals  der  reinen  Logik, 
das  er  indessen  nieht  mit  der  traditionellen  soholastiseh-aristote- 
liseben  Logik  yerweehselt  wissen  will  (I  p.  213).  Da  wir  den 
kritischen  Aasftobrangen  Hnsserls  gegenüber  dem  Psychologismns 
nicht  völlig  zustimmen  können,  andererseits  aber  in  seinen  posi- 
tiven Grenzbestimmungen  logischer  und  psychologischer  Unter- 
suchungen viel  Bemerkenswertes  finden,  so  wollen  wir  an  der 
Hand  eigener  I^agestellungen  unseres  Autors  Anschauungen  zu 
würdigen  versuchen. 

Zunächst  müssen  wir  nns  klar  werden  über  Gegenstand  und 
Aufgabe  einerseits  der  Psychologie,  andererseits  der  Logik.  In 
beiden  Fällen  kttnnen  wir  nns  den  ungehörigen  Ansfhhrongen 
Hasserls  ansohliefien.  Er  kommt  in  einem  Anhangsparagraphen 
sdnes  Werkes  gel^genäieh  einer  seharibmnigen  Kritik  der  Bren- 


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528  E.  Dflrr, 

tanoschen  Unterschcidnng  physischer  and  psychischer  Gegenstibide 
zu  dem  BeBuHat,  daß  die  ErlebDisae  der  äußeren  Wahrnefamimg 
ebenso  wie  di^enigen  der  iDnmn  Wahmehmiiiig  Gegenatftnde 
einer  peyebologiielien  Betraohtuig  werden  können»  wogegen  bei 
der  äußeren  Wabmebmung  selbst  niebt  die  Erlebnisse,  welche 
sie  konstitoierettf  sondern  ihre  intentionalen  Gegenstände  wahr- 
grenommen  werden.  Demgemäß  betrachtet  er  als  Gegenstände  der 
rsyt  hülogie  solche,  die  als  zum  Ichbewußtsein  gehörig  erscheinen 
(n  p.  714).  Jede  Beziehung  auf  Gegenstände,  die  nicht  in  Ab- 
hängigkeit vom  Subjekt  aufgefaßt  werden,  ist  dann  ein  Akt  nicht- 
psychologischer  Betrachtung. 

Was  die  wesentliehe  Anfgabe  der  Logik  anlangt,  bo  glauben 
wir  gleichfalls  mit  Husserl  übereinzustimmen,  wenn  wir  als  solche 
die  Feststellung  der  Formen  richtigen  Denkens  nnd  Erkennens 
beieiehnen.  Unser  Autor  meint  ja  in  dem  Begriffe  »Wissensehafb- 
lebre«  das  Wesen  der  Logik  am  besten  erfassen  su  kOnnen  (I  p.l2ff.}» 
nnd  seine  logischen  Fragestellungen,  was  dn  Erkenntnisakt,  eine 
Theorie,  eine  Wissensehaft  sei  oder  wie  solche  Dinge  mOglieh 
wtlrden  (vgl.  I  p.  25 ff.),  sind  nicht  anders  zu  verstehen  als  die 
Frage,  in  welchen  Formen  sich  richtige  Erkenntnisse,  brauchbare 
Theorien,  echte  Wissenschaften  tatsächlich  verwirklioheu  (vgl.  I 
§§  67—69). 

Wenn  nun  ein  Abhängigkeitsverhältnis  der  Logik  von  der 
Psychologie  bestände,  so  ließe  sich  dasselbe  von  vornherein  als 
ein  dreiiaches  denken.  Es  könnten  zunächst  die  Ergebnisse  ver- 
sehiedener  allgemein-psychologischer  Untersuohungen  sogleich  die 
Losung  wichtiger  Fragen  der  Logik  als  bestimmter  ihnen  unter- 
geordneter Einielfidle  endialtett,  es  konnten  femer  die  Besultste 
logischer  Untersuohungen  ein  psychologisdies  Spezialgebiet  kon- 
stituieren, und  es  konnten  endHeh  die  Gmndbegriffe  und  Grund- 
sätze der  Logik  Probleme  für  die  Psychologie  bedeuten.  In  allen 
diesen  Fällen  handelt  es  sieh  tatsächlich  nm  eiu  Abhängigkeits- 
verhältnis, einmal  ^\m  o'm  nolches  zwischen  reiner  und  angewandter, 
in  jener  schon  euthalteuer  nnd  nur  woiren  ihrer  praktischen  Be- 
deutung abgesonderter  Wissenschaft,  dann  um  ein  solches  zwischen 
dem  Ganzen  nnd  dem  Teil  einer  eigenartigen  Disziplin,  endlich 
um  ein  solches  zwischen  fhndamentalen  Untersuchungen  und  einem 
darauf  gegrtlndeten»  mit  gewissen  Yoranssetsungen  behafteten,  aber 
sonst  selbständigen  theoretischen  Wissrasgebiet. 


Üigiiiztiü  by  <-3ÜOgIe 


AbhingigkeitsverhiltidB  der  Logik  von  der  Psychologie.  529 

Firfifen  wir  nim  die  erste  der  in  Bede  stebenden  M))gliohkeiteiiy 
wonaeh  die  Logik  sieb  als  Anwendnngaigeblet  ftr  gewine  m  der 
Ptoyebolegie  beidiB  feetstebende  Gesetee  eoU  danteUen  laeteii.  Da 
äMi  es  nsmeadleb  die  Begela  der  VoistoHiingslnldiiiig  und  des 
VorstdhuigSTerkMifB,  die,  ron  der  Psyebologie  aufgestellt,  die  logi^ 
«eben  Zusammenhäiige  alt  Spe^alfall  unter  sieb  zn  beftween 
ßcbeincu  kümiten.  Bedenkt  man  lum,  düli  iu  der  Tat  in  so 
manchem  Kompendium  der  Logik  den  logischen  Untersuchungen 
ein  Abriß  allgemeiner  Psyclioloprie  vorausireschickt  wird,  so  darf 
man  jene  Auffassung  jedentalls  nicht  als  eine  ganz  fernliegende 
betrachten.  Andererseits  freilich  können  wir  aus  der  bloßen  TAt- 
sache,  daß  die  Logik  weit  früher  als  die  Psyebologie  zu  gesldier- 
ten  Ergebnissen  gelangt  ist,  ancb  dies  Ton  Tonberein  entndunen, 
dag  die  KennlDis  psyobologisober  Gesetee  mm  Betrieb  der  Logik 
udebt  nüBni^nglleh  notwendig  ist 

Deeb  fiMsen  wir  die  Saebe  selbst  Ins  Ange.  Da  ist  tot  aUem 
klar,  d«B  ebesso,  wie  wir  VorsteUnngen  besitaen,  bevor  wur  die 
psycbologiseben  Geeetro  dw  Yorstenangsbildniig  kennen,  wie  wir 
das  Scbüno  und  Häßliche,  da»  Gute  und  Schlechte  unterscheiden 
kömien  ohne  Kenntnis  der  Geftthlslehre,  daß  ebenso  Begriüe  imd 
Urteile  gebildet,  richtiges  und  unrichtiges  Denken  auseinander- 
gehalten werden  ohne  psychologische  Schulung  unseres  Verstandes 
and  erst  recht  ohne  Anwendung  von  Kegeln  der  Psychologie. 

Aber  die  Logik  besteht  ja  nicht  in  der  Bildung  aller  möglichen 
Begriffe  nnd  Urteile,  best^t  niobt  in  Betätigung  der  Denk-  nnd 
Efkenntnisfiuiktioiieii  an  beliebigen  OegenstKnden,  sondern  sie  bat 
das  Denkern  nnd  JEikennen  selbst  snm  Gegenstand.  Haben  wir  also 
in  der  Logik  nieht  doeb  ein  blofies  Anwendungsgebiet  allgemaii- 
psychologiseber  SiLtse  Tor  nna?  Hasserl  foimnliert  die  hier  in 
Frage  kommende  Anl&ssnng,  wonaeb  Gegenstand  der  Logik  be- 
stimmte (  Jrnppeu  psychischer  Phänomene  und  Gebilde  sein  sollen, 
ausdrücklich  üIh  eines  der  Vor  urteile  des  rsycbologismus  (I  §  44). 
Die  Entscheidung  iu  diesem  Streit  beruht  zunächst  darauf,  ob  mit 
der  Bezeichnung  des  Denkens  und  Erkenueus  als  Ge^anstand  der 
Logik  die  Behauptung  gerechtfertigt  ist,  die  Logik  habe  also 
psychische  Phänomene,  habe  Erlebnisse  zu  Gegenständen.  Diese 
leliteie  Bebaaptnng  bestreitet  HnsserL  Er  betracbtet  als  Gegen- 
stftnde  der  (reinen)  Logik  das,  was  er  ideale  Speeles,  idealen 
^I^DBtandy  ideale  Bedentong  nennt    Znr  lUnatrienuig  seiner 

AmU*  fir  r^ctologii.  L  85 


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590 


E.  DBTTt 


AifGusnng  wollen  wir  snnächst  eines  seiner  Beispiele  Melier 
setzen.  £8  handelt  sich  om  die  Untersdieidiiiig  dessen,  was  die 
Zahl  5  in  der  reinen  Logik  besw.  in  der  »Seliwesterdianpün«  der 
reinen  Mathematik  bedeutet  und  was  de  in  Bedehung  mr  Fsyeho* 
logie  bringt.  Hnsserl  sehreibt  (I  p.  171):  »Yeigegenwllrtigen  wir 
nna  yoll  und  ganz,  was  die  Zahl  ö  eigenfUch  isti  enengen  wir 
also  eine  adftqnate  Yorstellmig  Yon  der  5,  so  werden  wir  nudiehst 
einen  gegliederten  Akt  kollektiver  Vorstellung  von  irgend  welchen 
fünf  Objekten  bilden.  In  ihm  i^^t,  als  seine  Gliederungsform,  ein 
Einzelfall  der  ercnannten  Zahlt  iispccicB  anschaulich  gegeben.  In 
iiinbiiek  aul  dii  scs  aimchaulich  Kiii/r  lne,  Yollllihren  wir  nun  eme 
, Abstraktion'  d.  h.  wir  beben  nicht  nur  das  Einzelne,  das  un- 
selbständige Moment  der  KoUektionsform  heraus,  sondern  wir  er- 
fsssen  in  ihm  die  Idee:  Die  Zahl  5  als  Species  tritt  in  das  mei- 
nende Bewnfilsein.  Das  jetrt  Gemeinte  ist  nicht  dieser  Einsel- 
1&JI,  es  ist  nieht  die  kollektive  Vorstelliing  als  Ganses,  noch  die 
ihr  innewohnende!  obschon  dir  sieh  nieht  lostrennbare  Foim;  ge- 
meint ist  Tielmehr  die  ideale  Speeles,  die  im  Sinne  der  Aridunetik 
soUeehfhin  eine  ist,  in  welchen  Akten  sie  aneh  gegenstindlieh 
werden  mag,  und  die  somit  ohne  jeden  Anteil  ist  an  der  indivi- 
duellen Einzelheit  des  Realeu  unt  seiner  Zeitlichkeit  und  Vergäng- 
lichkeit.« Mit  diesen  Auslllhrungen  steht  es  in  bestem  Einklang, 
wenn  unser  Autor  an  anderer  Stelle  (z.  B.  II  p.  92]  als  Gegen- 
stand der  reinen  Logik  die  idealen  Bedeutungen  bezeichnet  Und 
trotz  dieser  Anscbanongen  gibt  Hnsserl  zu,  was  wir  oben  als 
Ausgangspunkt  unserer  Darlegongen  konstatiert  haben,  daß  näm- 
Uch  bei  dem  Übergang  ?on  einer  naiven  Anwendnng  nnserer  Denk- 
nnd  Eirkenntnisfonktionen  aar  logischen  Betraehtoagsweise  eine 
Yerändernng  der  gegenständlichen  Besiehnng  stattfinde.  Ja  er 
beieichnet  diesen  Übergang  sogar  als  ein  Befleküeren  anf  Akte. 
So  ftihrt  er  bezfiglich  der  logischen  Erfossung  der  Idee  der  Wahr- 
heit aus  {I  p.  230):  >  Urteilen  wir  mit  Evidenz,  »o  ist  das  Gegen- 
ständliche gegeben.    Der  Sachverhalt  steht  uns  jctüt  nicht  M-iß 

veniK  intlii  Ii  sondern  wirklich  v<»r  Augen   Er  ist  nicht  bloß 

vermeiutlit  Ii  <<Hiikm  wirkl'K  Ii  so  beschatfeu,  und  als  wirklich  so 
beschaffener  ist  er  unserer  Erkenntnis  gegeben;  das  heißt  aber 
nichts  anderes  (wie):  als  solcher  ist  er  nicht  bloß  Oberhaupt  ge- 
meint (geurteilt),  sondern  erkannt;  oder;  daß  er  so  ist,  ist  aktnell 
gewordene  Wahrheit,  ist  Erlebnis  im  evidenten  Urteil.  Aeflektierei 


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m 


AbbäDgigkeitBverhältQÜi  der  Logik  von  der  Psychologie.  531 


wir  ni  diMMi  Akt,  so  wiid  statt  jeneB  GegenBtiliidlieheik  die  Wahr- 
heit aelhit  mm  Qegenstande,  und  mm  isft  sie  in  gegensUbidlieher 
Weifle  gegeben.  Wir  erfassen  hierbei — in  ideierender  Abstraktion  — 
die  Wahrheit  als  das  ideale  Korrelat  des  fluchtigen  subjektiven  Er- 
kenntnisaktes. «  Und  g^nz  allg^emein  vertritt  unser  Autor  die  An- 
sicht (II  §  34j,  daB  im  Akte  des  Bedeutens  die  Bedeutung  nicht 
gegeuständlicli  bewußt  werde,  daß  wir  aläo  die  Gegenstände  der 
Logik  erst  in  »reflekfiveu  Denkakten«  ''TT  p.  103)  gewinnen.  Be- 
sonders klare  Beispiele  ftir  die  Sonderuuf^  von  Bedeutung  und 
gegenständlicher  Beziehung  sollen  die  Namen  bieten,  indem  zwei 
Namen  Verschiedenes  bedeuten,  aber  dasselbe  nennen  können 
(n  p.  47}.  So  sei  z.  B.  in  der  Gegenttberstellnng:  »Das  gleichseitige 
Dreleek  das  glMehwinkÜge  Dreieek«,  die  ansgedrttekte  Bedentong 
eine  yeisohiedene,  obwolil  derselbe  Gegenstand  gemeint  sei 

0ies  mag  genügen,  die  Ansehannngen  Hnsserls  ans  an  ver- 
dentliehen.  Wir  haben  also  naeh  ihm  m  der  logischen  Unter- 
suchung reflektiye  Denkakte  auszufahren,  die  sieh  auf  Erlebnisse 
des  naiven  Denkeiiä  beziehen  und  doch  nicht  psychische  Phänomen 
zu  Gegenständen  machen.  Das  letztere  geben  wir  nun  bereitwillig 
zu.  Die  logische  T'^ntersuchung,  die  sich  damit  beschäftigt,  fest- 
zustellen, welcherlei  Lrteile  richtig,  welcherlei  »Schltlssc  zwingend 
seien,  orteüt  nicht  Uber  Erlebnisse,  wenn  die  Urteile  und  Schlüsse 
des  naiven  Denkens,  mit  denen  sie  sich  beschäftigt,  auf  nicht- 
psyehisehe  Gegenstiinde  geriehtet  sind.  Sie  findet  ja  die  Begehi 
der  BegtilEribadnng,  die  Formen  gültiger  Urteile  nnd  Sehltlsse  nicht 
dnieh  Analyse  sondern  dnreh  Abstraktion,  nicht  indem  sie  die  anf 
Gegenstinde  gerichtete  Intention  des  naiven  Denkens  zom  Gegen- 
stand maoht,  sondern  indem  sie  eine  gleichartige  Intention  nur  im 
Hinblick  auf  unbestimmte  Gegenstftnde  Tollzieht  Wenn  etwa  ans 
Schlüssen  mit  bestimmten  Gegenstäiidcii  die  logische  Form  eines 
Schlusses  mit  den  Symbolen  S,  P  und  M  gewonnen  wird,  so  be- 
deuten diese  S3rmbole  nichts  weniger  als  psychologische  Erkennt- 
nisse der  im  konkreten  Schluli  gegebeneu  Subjekts-  und  Prädikats- 
begriffe,  sondern  im  Gegenteil  noch  viel  unbestimmter  gelassene 
Gegenstände.  Diese  Auffassung  ist  tibrigens  Husserl  dnichans 
nicht  fremd  (vgl  I  p.  244).  Er  drttokt  sie  sehr  prägnant  ans,  wenn 
er  etwa  sagt  (I  p.  242),  die  logische  Bechtfertigong  einer  Theorie 
erfordere  den  Rückgang  auf  das  Wesen  ihrer  Fonp.  Sehr  trelfend 
stellt  er  besonders  das  Verhältnis  der  hn  konkreten  Denken  Tor- 

86* 


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532 


B.  DOir, 


kommenden,  selbst  von  Einsicht  dnichleaditeten  SjUogismen  imd 
d«  ÜHinaleii  Sehlnfigesetzes  diur,  wenn  er  sagt  (I  p.  242^,  dufi 
wir  im  etanclitigeii  tlieoretiMlieii  Denken  Einsicht  haben  in  die 
Grtnde  der  eiUirlen  Saehyeriialte,  dnB  wir  dagegen  die  tiefer- 
dringende  Elnaieht  dee  theoretisefaen  Znsanunenhangen  selbst  erst 
gewinnen  daieb  den  Rückgang  anf  Form  und  Oesete.  IMlieh 
fUgt  er  auch  hier  wieder  bei,  daB  die  theorelisdien  ZnsaHBflB- 
hänge  zu  einer  ganz  audereu  Erkenntnisschicht  gehOren. 

Doch  konnten  wir  uns  dies  nicht  vielleicht  doch  verstäudlich 
ni;u  lu  ii^  Es  l;iBt  sich  ja  denken,  dali  zwar  die  logischen  Formen 
mit  der  erkt  iiueiul«  n  Hpzichung  auf  bestimmte  Gegenstände  we^iens- 
vr  r wandt  »ind,  daii  aber  in  der  Keflexion  anf  das  Moment  der 
Gültigkeit,  die  zu  der  BetEachtang  der  Formen  in  der  logischen 
Untersachong  hinzngenommcn  wird,  während  die  Gültigkeit  in 
konkreten  Urteils-  nnd  Sehlnftaklm  als  nieht  gegenstibidUebes  Er- 
lebnis enihilien  ist»  daB  in  jener  Reflexion  tiMehlieh  eine  wesenl- 
liehe  Anderuig  der  GegenstSndlicfakeit  stnttindei  Diesen  Ge- 
danken drückt  Hnsserl  aneb  an  Tersddedenen  Stellen  aas  (veigl. 
I  p.  230,  n  p.  104).  Aber  nicht  nir,  dafi  wir  das  bestimnite 
Prädikat  der  Gültigkeit,  sondern  daß  wir  Überhaupt  etwas  auB- 
sagen  von  den  Begriffen:  Begriff,  Urteil,  Schluß,  Theorie,  Wissen- 
schaft uHw.,  ja  daß  wir  diese  Dinge  überhaupt  benennen,  diese  Be- 
griffe bilden,  scheint  unserm  Autor  den  Gedanken  an  eigene 
logische  Beflexionsakte  nahezulegen  (yergl.  I  p.  244).  Sofern  es 
sich  nun  bloß  um  die  Benennung  und  Bildung  der  erwähnten  Be- 
griffe bandelt,  möchten  wir  die  jBeaeicbniiiig  Reflexion  ftr  die  darauf 
beaügUcben  Denluikte  lieber  yemeideD,  naebdem  wir  festgesleKlt 
habeni  dafi  wir  es  dabei  nieht  mit  einer  psydiologiseben  Be- 
traehtwg  an  tnn  haben.  Es  ist  ja  nicht  ebisasebeni  worin  sieh 
die  Begriff»:  Begrifi;  Urteü,  SehlnS  etwa  Ton  den  Begriffen  Fonn» 
Stoff,  Ranm,  Zeit,  Punkt,  Linie  nnd  Shnliohen  Abstraktionen  unter- 
scheiden  sollen.  Daß  wir  jedem  Gegenstand  einen  Begriff  desselben 
gegeiittberstellen  können,  das  bedeutet,  wenn  wir  \drklieh  nicht 
den  subjcktivi'ii  Akt  uuderes  »den  G^enst;ind  Meinens«  unter 
dem  Begriff  verstehen,  also  wirklich  von  dem  ptsychologistischen 
Gedaukeukreia  losgekommen  sind,  nichts  mehr,  als  hdchstens  die 
Tatsache,  daß  wir  an  jedem  Gegenstand  gewisse  Eigentttmlicb- 
keiten  besonders  bemnsmheben  vermögen.  Doch  daianf  wenden 
wir  noch  aurttekkonunen.  Hier  wollen  wir  ws  mnichst  mit  den 


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Abhängigkeitsvorhältiiis  der  Logik  von  der  Psychologie.  533 


raien  beflelittftigeii,  wo  von  den  Foraen  logischer  Gedanken- 
«mammenh&nge  Gttltig^ett  oder  Ungttltigkeit  ausgesagt  wüd,  wo 
also  der  Gedanke  noch  nicht  von  der  Hand  sa  weisen  ist,  daS 
eine  psychologische  Reflexion  zwar  nicht  anf  den  Sabjektbegriff, 
aber  auf  die  Erlebnisse,  welche  dem  Prädikat  Bedentnng  verleihen, 
wirklich  Btatttiodet.  Wenn  dies  der  Fall  wäre,  h  »  wäre  die  oben 
an  zweiter  Stelle  erwähnte  Möglichkeit  eines  Abhängigkeitsver- 
hältnisses z\iä8cheü  l'öychol()*rie  and  Logik  realisiert.  Die  l  o^j^ik 
würde  dann  ftlr  das  spezitische  Erlebnis  der  Evidenz  die  Be- 
dingnngen  finden,  wie  etwa  die  Ästhetik  fUr  das]  Zustandekommen 
isthetiflcher  Gefühle  Gesetze  aufstellt^  welche  die  Psychologie  von 
ihr  tthenehmen  kann.  Auch  die  hier  rieh  eigebende  Annahme 
focmnlieit  Hnsserl  als  eines  der  psjrchologislisdien  Yornrteile: 
Die  Logik  werde  Ton  einigen  psyehologistischen  Logikern  an^ 
ge&fit  als  Theorie  der  Evidenz  (I  §  49). 

H%wn  wir,  was  er  dagegen  geltend  maehtt  Er  giht  zu,  »daB 
die  rein  logischen  Sätze  eine  gewisse  Beziehung  zum  psychischen 
Charakter  der  Evidenz  haben  und  im  gewissem  Sinne  psychißche 
Bedingungen  desselben  hergehen*  (I  p.  183).  Er  bestreitet  auch 
nicht  die  »psychologische  ]>iutzbarkeit«  (I  p.  186)  logischer  sowie 
rein  raathematischer  Sätze.  Wenn  wir  also  ans  dem  Gesetze,  daß 
Yon  zwei  kontradiktorischen  Sätzen  einer  wahr  und  einer  falsch 
ist,  die  Wahrheit  ableiten,  daß  yon  einem  Paar  möglicher  kontra- 
diktorischer Urteile  je  eines,  aber  nur  eines  den  Charakter  der 
Evidenz  haben  kann,  so  sagt  nach  nnsenn  Antor  der  nene  Sati 
eine  Wahrheit  ans  Uber  Vertii§^chkeiten  besw.  Unveitiiglielikeiten 
gewisser  psychischer  Erlebnisse.  Aber  dämm  sollen  die  logischen 
nnd  uaihematiselien  Gesetze  noch  nicht  selbst  psychologische 
8ittze  sein.  Ihre  idealen  VerhSltnisse  und  Gesetze  bilden  nach 
Hnsserl  ein  Reich  fllr  sich.  Hier  vermügeu  wir  freilieh  au  der 
Hand  der  Anschauungen  unseres  Autor«  nicht  zn  voller  Klarheit 
zu  gelangen.  Wenn  er  es  als  die  hier  in  Betracht  kommende 
Grundfra^a-  bezeichnet  (I  p.  188),  >ob  wirklich  ideale  Denkobjekte 
blofie  Anzeichen  sind  ftlr  denkökonomisch  verkürzte  Hedeweisen, 
die  auf  ihren  eigentlichen  Gelialt  reduziert,  sich  in  lauter  indivi- 
daelle  Einaelerlebnisse  anflOsen,  oder  ob  der  Idealist  leeht  habe, 
wenn  er  sagt»  daß  sich  jene  empiristische  liChie  nicht  Imsdenken 
lasse«,  so  mag  diese  Fhige  an  sich  sehr  wichtig  sein«  Aber  waram 
nicht  anoh  idealen  Gegensttnden  gegenttber  erlebte  Evidenz  ein 


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534 


EL  Dürr, 


reales  psychisches  Phänomen  seiu  soll,  ist  nicht  einzoBehen.  Es 
Mise  das  Yerstiladiiis  der  Scheidung  zwischen  realer  und  idealer 
Theorie  der  Evidenz,  so  er&hren  wir  weiter,  richtige  Begriffe  Ton 
Evidenz  und  Wahrheit  ▼oiau.  Der  AnffiMBWug  gegenllber,  wonaeh 
jeder  Normale  imter  gewtMen  normalen  Umsttnden  die  Eridenz 
hei  dem  Satze  2  +  1  =  1  +  2  ftUe,  m  me  er  Schmers  ftthlt, 
wenn  er  sieh  hrennt,  mOehte  man  fragen,  worauf  deh  die  Antorilftt 
dieses  hesonderen  GefttUs  grOnde.  ETidens  sei  kein  aocessorisches 
Geftlhl,  das  sich  zufällig  oder  naturgesetzlich  an  gewisse  Urteile 
anschließt.  Evidenz  sei  vielmehr  nichts  anderes  als  das  »Er- 
lebnis« der  Wahrheit  Walirln  it  f^ei  eine  Idee,  deren  Einzelfall 
im  evidenten  Urteil  aktuellrs  Krklniis  i^t.  Das  Erlebuin  der  Zu- 
sammenstimmaug zwischen  der  Meinung  und  dem  Gegenwärtigen, 
das  sie  meint,  zwischen  dem  erlehten  Sinn  der  Aussage  nnd 
dem  erlebten  Sachverhalt  sei  die  Evidenz  nnd  die  Idee  dieser 
7ii«»infn^timtniin|i^  gci  die  Wahrheit  —  Damit  glauben  wir  die 
wesenflichsten  Sitze  wiedergegeben  zu  habeni  in  denen  Hnaaerl 
seine  Anfifowong  hegrttnden  will  Er  führt  das,  was  darin  an- 
gedeutet ist,  im  zweiten  Band  eeinee  Werkes  in  eingeiienden  Unter- 
Buchungen  ttber  »Bedeutungeintentionc  und  »Bedeutungserftllhmg« 
sorgföltig  ans  und  widmet  ein  eigenes  Kapitel  (II,  6.  Abschnitt  I, 
5.  Kap.  §§  35 — 39)  der  Analyse  der  Begriffe  Evidenz  und  Wahr- 
heit. Aber  wir  bezweifeln  ja  aicht,  dal)  man  den  liegriff  Wahrheit 
definieren  kann  durch  Angabe  der  idealen  Bedingunfrcii  der 
Evidenz,  wie  man  etwa  den  Begriff  Schönheit  gelegeuüicb  zu  um- 
schreiben versuchte  durch  Bedingungen  wie  »Einheit  in  der  Mannig- 
faltigkeit« und  ähnliche.  Es  fragt  sieb  nur,  oh  man  bei  der 
logischen  Konztatierang  richtiger  Urteile,  gültiger  ScUlhMe  usw. 
In  dem  Frtdikat  der  OttUigkeit  UtsHcUieh  die  Analogie  der  be- 
treffenden  Qedankenznzammenhinge  mit  anderen  evidenten  Denk- 
akten sich  vergegenwärtigt  Daa  wird  man  kaum  behaupten 
dürfen.  Andererseits  wird  man  Huezerl  recht  geben  mVeaen  in 
seiner  Auffassung,  daß  es  bei  den  in  Bede  stehenden  Feststellungen 
der  Logik  sich  auch  uicht  um  Angabe  eines  Zusammenhanges 
zwischen  dem  psychischen  Phänomen  der  Evidenz  und  seinen  Be- 
dingungen handelt,  insofern  eine  solche  Angabe  nicht  beab- 
sichtigt ist.  Wir  müssen  es  eben  hier  als  Tatsache  hinncimien, 
daß  man  ebensowenig  das  Erlebnis  der  Evidenz  sich  gegen- 
ständlich zu  machen  braucht,  wenn  man  richtige  Denlukte  toU- 


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AbhängigkeitsverhiUCiiis  der  Logik  yon  der  Psycbologie.  535 

zieht)  wie  eine  Veigegenattndiicbiuig  desselben  nötig  ist,  wenn  man 
richtigem  nnd  fiüflohes  Denken  nntergdieidet  nnd  enispieehend  be- 
nennt Ln  Gnmde  handelt  ea  sich  dabei  nm  niohts  andeiee  ab 
wenn  man  einem  Gegenstand  eme  Eigenicbaft  beilegt,  wobei  man 
sneh  nieht  auf  die  in  dem  Meinen  dieser  Eigensehaft  erlebte  Em- 
ptmdnng  reflektiert.  (Auf  diese  wichtige  Unterscheidung  zwischen 
Toi^estellter  Eigeuschaft  des  Gegenstandes  und  nicht  vorgestellter, 
aber  erlebter  Empfindung  weist  Unsserl  an  vielen  Stellen  hin 
[z.  B.  II  p.  76,  p.  160,  p.  1931.)  Daß  wir  der  Evidenz  eines  Urteils 
oder  irgend  eines  Denkaktes  tatsäclilich  uicht  vollkommener  gewiß 
werden,  wenn  wir  auf  das  wirkliche  psychische  Erlebnis  reflek- 
tieren, das  müssen  wir  unserm  Autor  ebenfalls  zugeben.  Ja  er 
hat  wohl  mek  redit,  wenn  er  behauptet,  evidente  Wahrheit  ver- 
wandie  sieh  bei  der  »Umlegong«  des  betreffenden  Denkaktes  in 
einen  solehen,  der  Uber  das  Eintreten  des  Evidenaeriebnlsses  etwas 
aussage,  in  blofie  Wahisebeinllebkeii  Den  Gnmd  für  diese  Wert- 
▼ersehiedenheit  seheinbar  so  eng  zusammenhSngender  Gedanken 
sehen  wir  darin,  daB  sich  das  Wesen  evidenter  Bedeutungsrer- 
kntipfuageu,  nachdem  das  wirkliche  Erlebnid  der  Evidenz  erst 
einmal  Veranlassung  gegeben  hat,  sie  besonders  ins  Auge  zu  fasBen, 
all  Merkmalen  der  betreffenden  Verkiill{)t"uugeii  selbst  und  nicht 
erst  im  Kückgang  auf  das  daran  gebundene,  oft  recht  unmerkliche 
Evidenzerlebnis  erkannt  werden  kann.  Dieser  Grund  scheint  uns 
bei  Husserl  nieht  in  voller  (Klarheit  herauszutreten.  Und  doch 
ist  gerade  er  geeignet,  sndi  noeh  das  dritte  p^ohotogistisehe 
Vorurteil,  das  unser  Autor  bekümpft,  m  widerlegen.  Dasselbe 
lautet  (I  p.  154):  Vorsehriften  sui  Begefamg  Ton  Fsyehlsehem  sind 
selbstrentlindlieh  psychologisch  fundiert.  Dieses  Vorurteil  ent- 
kriftet  Husserl  mit  den  Worten:  Zeigt  es  sich  als  eine  pure 
Selbstverständlichkeit,  daß  jede  allgemeine  Wahrheit,  ob  sie  nun  * 
psychologischer  Art  ist  oder  nicht,  cme  Regel  des  richtig tiü 
Urteilens  begründet,  so  ist  hiermit  nicht  nur  die  sinuvoUe  Möglich- 
keit, sondern  sofrar  die  Existenz  von  ürteilsregeln,  die  nicht  in  der 
Psychologie  gründen,  gesichert  (1  p.  158).  Man  kann  dies  zu- 
geben, aber  man  kann  aus  dem  oben  angeführten  ,Gnmd  sogar 
behaupten,  daß  es  Urteilsregeln,  die  in  der  Psychologie  grttnden, 
ttberhanpt  nicht  gibt:  Biehtige  Urteile  werden  gebildet,  indem 
die  Evidens  erlebt  wird,  ihre  Begehi  findet  man,  indem  man  ihre 
Meikmale,  ihre  allgemeine  Form  heraushebt   Dieser  Form  gegenr 


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686 


£.  DOrr, 


Ober  kann  man  wieder  Evidenz  erleben,  aber  wiederum  braucht 
man  sich  dieselbe  niebt  gegenständlich  zn  machen.  Wenn  man 
ue  Siek  aber  vergegenwärtigt  und  zu  jener  Form  als  ihrer  Be- 
dingung in  Beuehnng  bringt,  dann  bat  man  nicht  mehr  enie 
eridenie  Urteilnregeli  sondern  einen  dnieh  abnome  £rfobni^;en 
ml^Heherweise  Ansnahmen  erleidenden  Sata  der  Psyefaolegie.  Kun 
es  sefaeint  naeb  alMem  die  Logik  kein  Teil  der  Psychologie  sn  sein. 

Wenn  wir  dies  zngeben,  so  bleibt  ans  nnr  die  dritte  oben  ei^ 
wähnte  Möglichkeit  eines  Abhängigkeitsverhältnisses  der  Logik 
von  der  Psychologie  noch  zu  untersuchen,  wonach  die  Ergebnisse 
der  Lo^ik  Trobleme  lUr  die  Psycholopo  hedeutcn  künnten.  Eine 
solctic  i:iezieiiung  der  beiden  Wisseiwc  hatten  scheint  Husserl  zum 
mindesten  annehmen  zu  müssen,  wenn  man  die  au)^ge  dehnten 
phäaomenologiBehen  Untersachongen  in  Betracht  zieht,  die  sieb 
in  iwoiten  Band  seines  Werkes  finden.  Seine  Unterscheidnng 
swiscben  Psychologie  nnd  PbSaomenologie  nnd  die  daranf 
gründete  Behaaptongt  claB  die  pbJbipnienologiMiMn  Gmndl^gnngen 
sif  Logik  mit  der  Psyebokgie  wenig  oder  niebts  sn  Inn  bitten, 
wild  kann  Tie!  Anklang  finden.  Defnn  daB  die  Psychologie  nnr 
mH  den  genetiscben  Zusammenhängen  der  Erlebnisee  sieb  m  be» 
schäftigen  habe,  während  die  reine  Beschreibung  dieser  Erlebnisse 
eine  bloUe  \  orstnfe  sei,  die  zur  Vorbereitung  hchr  verschiedener 
Wissenschaften  dienen  könne  (II  p.  18),  da^  wird  als  eine  will- 
ktlriicheBeschränkuug  des  Gebietes  der  Psyehi  h  -ic  kein  Psycholojsre 
zugeben.  Wir  sehen  daher  in  jeder  Abhäugigkeitsbeziehimg,  in 
welche  unser  Autor  die  Logik  zur  Phänomenologie  bringt,  eine 
solebe  swiscben  Logik  nnd  Psychologie,  nnd  es  wird  gat  sein 
bier  innltcbst  nochmals  an  ftagen,  ob  nicbt  gar  die  oben  anige- 
seUcssenenliOgliebkeilen  eines  AbbUngigkeitaTerbiataisaes  swbcben 
*  Logik  nnd  Payehologie  nnter  dem  nenen  Namen  teilweise 
lagestandcn  werden.  Fwst  scheint  es  so,  wenn  wnr  (II  p.  8) 
bOren,  die  PbSnoraenologie  der  logischen  Erlebnisse  habe  den 
Zweck,  UDB  ein  so  weitreichendes  deskriptives  Verständnis  der 
psychischcu  Erhjbiiisse  zu  verschaffen,  alb  uötig  sei,  um  aUen 
logischen  FundamentalbeffriHen  feste  Bedeutungen  zu  geben;  denn 
die  Festste! lunjGT  der  idealen  Bedeutun2:pn,  mit  denrn  es;  die  L^g-ik 
zu  tun  hat,  sei  in  vielen  Fällen  nur  voUzichbar  durch  den  Kückgaog 
auf  die  erfüllende  Anschauong  (II  p.  7  f ,  p.  56).  Indes  hier  werden 
wir  Hasse rl  g^n  sem  eigenes  Zngeständnis  in  Sofants  nebmen 


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AbhängigkeitSTerlüUtniB  der  Logik  von  der  Psychologie.  537 


mttaNn.  Wftn  es  ^Uieb  n5tig,  auf  die  bom  Gelmnob  dnes 
B^^ffes,  bdm  Vollzug  emes  Urteils  erlebten  peyehiaehen  Fhliiio- 
mene  zu  reflektieren,  um  den  Sinn  der  betreffenden  logieehen 

Gegenstände  festznetellen,  dann  wäre  in  der  Tat  der  ganze  Kampf 
gegen  den  Fh^  chuiogisnms  völlig  zwecklos.  Aber  eine  solche 
Reflexion  ist  offenbar  nicht  nötig.  Die  ^bedeutEngerftiUende«  An- 
Bchiiniinii:  wird  erlibt,  wenn  durch  Bie  die  »Redentang«  geklärt 
wird,  aber  sie  bniu<  lit  dazu  nicht  vergegenstäudlicht  m  werden. 
Die  Phänomenologie  ist  überflüssig  für  die  Bildung  aller  Begriffe 
Yon  nichtpsychischen  Gegenständen,  ftlr  die  Yerknttpfong  dieser 
Begriffe,  sowie  ftlr  die  Regeln  dieser  Begriffshildang  und  Be- 
grififoverknttpiiiog.  NiebIpsyobiBobe  Gegensttiide  sind  «ber  anehy 
wie  Hneserl  naehweist  (nnd  in  diesem  Kacbweis  selten  wir  eines 
seiner  HauptTerdienste),  die  Bedeutungen.  Also  nieht  mur  Begriffe 
wie  Tier,  Pflanze»  Um  nsw.,  sondern  anefa  B^ffe  wie  »die  Zabl 
Fllni^  ein  gleiebseitiges  Dreieek,  die  Bedeutung  des  Sataes 
2x2  =  4,  ein  Begriff,  ein  Urteil«  usw.  können  gebildet,  logisch 
Terkntipft,  Bowie  auf  ihre  allgemeiueu  Bildung^-  und  Verknüpfungs- 
r^eln  geprüft  werden  ohne  Bewnßtseinsphänomenologie. 

Dagegen  erheben  sieh  nun  auf  Gnind  solcher  lo^rir^cber  Fest- 
steUnngen  Fragen  wie  die:  Was  sind  denn  nun  diese  Bedeutungen, 
diese  idealen  Gegenstände,  yon  denen  in  der  Logik  soviel  ge- 
spfoeben  wird,  wenn  sie  keine  psycbisehen  Pbäaomeae  sein  sollen? 
Wie  beliebt  sieh  der  Begriff  auf  seinen  Gegenstand?  Was  tnn 
wir,  wenn  wir  eine  Bedeutung  sn  einer  Anscbauung  klaren?  Wie 
koBunen  wir  zu  der  Untersobeidung  riebtiger  und  ftlseher  Ge- 
danken? Solebe  und  abnüobe  Fragen  erbeben  sieb^  wobl- 
▼eiilanden,  auBefbalb  der  elgendielmi  Logik.  Gerade  Husserl, 
der  antipsychologistische  Logiker,  behandelt  als  »analytische 
Vorarbeit«  eine  Reihe  derartiger  psychülugiBcherl'rubleme  gründlicher 
und  fruchtbringender  als  mancher  Psychologe.  Eine  Reihe  dabei 
gewonnener  Ergebnisse  haben  wir  schon  irt  leLreiitlich  kcniu  ii  ge- 
lernt So  die  UnterscheiduDg  zwischen  Gegenständlichsein  und 
Eriebtsein,  zwischen  Bedeotnng  nnd  Anschauung.  Auch  seine 
Auflkssnng  vom  Znstandekommen  der  Evidenz  in  der  Überein* 
Stimmung  eines  Aktes  intentionaler,  meinender  Bedeutung  und  er- 
Üdlender  Ansebauung  baben  wir  sebon  gestraft.  Es  würde  zu 
weit  ftabreo,  auf  alle  Besonderbeiten  von  Husserl  s  origineOer 
p^yebologisober  Lebre  und  auf  die  oft  ttberrasebendea  Liebtblioke, 


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538 


E.  Dttn, 


welche  tod  ihr  ans  anf  manches  Problem  fallen,  einzugehen.  Nor 
eine  Frage  wollen  wir  noeh  etwas  ausführlicher  behandeln,  weil  sie 
▼ielleioht  am  dentHohsten  aeigt,  wie  daa»  waa  in  der  Logik  feat- 
Biehti  in  der  Paydiologie  lebhafteste  DiakuMion  herrorm^  kum, 
und  weil  die  LOanng,  welche  anicr  Antor  tos  dieier  Fiaee  gilrt» 
ana  nochmala  den  Kein  aeiner  Anachanangen  e&thttlli  Es  handelt 
Bieh  um  die  Frage  naeh  der  Möglichkeit  der  Allgemehibegrüfe. 
Den  ganzen  Streit,  der  mit  Loekes  Lehre  von  den  allgemeinen 
Ideen  begonnen  und  von  Berkeley  und  Hnme  mit  ihrer  Be- 
käuipiuüg  jener  allgemeinen  Vorstellungen  aufgenommen  wnrde, 
der  auch  heute  noch  luitdiüu  rt,  den  Streit  der  Abstraktions- 
theorien rollt  Husserl  vor  um  auf  (ü  p.  106—221).  Er  zii^^t, 
wie  die  »psychologische  Hypostasiemng«  des  Allgemeinen  (II  p.  121) 
ein  Mißverständnig  sei,  welohes  die  Entwicklung  der  Lehre  Ten 
den  allgemeinen  Gegenatlnden  nnhettycll  beeinflnftt  habe.  Unter 
dem  Yomrteil,  daa  waa  im  Denken  allgemeiner  Begriffe  gemeint 
aei,  mttaae  payehiaeh  leal  aein,  führt  er  ans,  habe  man  aieli  nient 
bemtthti  etwaa  derartiges,  wie  allgemeine  YonteUvngen  im  Be- 
wafiiaein  anfimzeigen,  und  als  dieaer  Veram^  raifilang»  habe  man 
geleugnet,  daß  es  allgemeine  Vorstellungen  gebe.  Demgegentlber 
stellt  er  die  Behauptung  auf:  Es  gibt  allgemeine  Vorstellungen 
(II  p.  140).  Aljir  er  versteht  darunter  »Vorstellungen  von  Spew- 
fischem'^  Gemeintsein  heißt  naeh  ihm  nicht  soviel  wie  psychisch 
real  sein  (II  p.  133).  Die  sinnvollen  psychologischen  Fragen,  die 
er  an  die  einfache  Eonstatierung  der  EiListenz  allgemeiner  Vor- 
stellungen knüpft,  findet  er  bei  Hnme.  Sie  lauten:  Wie  kommt 
die  Einzelidee  an  ihrer  reprlaentatiTen  Funktion?  Und:  Wie 
kommt  ea,  daB  die  EinieHdeei  die  aielt  doeh  vielen  Äknliehkeita- 
kreiaen  dnoidnet,  in  jedem  beattmmton  Qedankenzuaammenhang 
nur  Ideen  einea  aolcken  Ereiaea  reprllaentiert?  Bei  dieaen 
Fragen  bat  man  nnr  den  von  Hnme  aeibet  und  yon  aeinen  An- 
hängern mißverstandenen  Begriff  der  Repräsentation  nach  Husserl 
in  dem  Sinn  einer  allgemeinen  Vorstellung  als  des  Aktes  der  all- 
gemeinen Bedeutung  zu  verstehen.  Dann  kann  man  Hnme  den 
Ruhm  vindizieren,  der  psychologischen  Theorie  der  Abstraktion 
den  Weg  gewiesen  zu  haben,  ohne  ihm  andererseits  den  Vorwurf 
an  ersparen,  daß  seine  Abstraktionslebre  in  logischer  Hinsicht  eine 
extreme  Verirmng  sei  (H  p.  188).  Dabei  findet  unser  Autor 
die  branehbaron  Anatttee  aar  paychologiaohen  Abatiaktionatlieorie 


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AbhängigkeitsverblltiiiB  der  Logik  von  der  Psychologie.  539 


nicht  nnr  in  Humes  FragwteUiing,  sondern  aneh  in  seiner  LOsnng 
der  betreffenden  Probleme,  wenigstens  in  der  Bichtang,  in  der 
diese  LOsnng  Yersncht  wird.  Eine  voUstlndige  kritische  Heians- 
srMtong  der  betreffenden  Theorie  nns  den  Hnmesehen  Grnnd- 
lagen  zu  geben,  verschmäht  Hnsserl  freiHclL  Wir  müssen  nns 
mit  der  allgemeinen  Anschanung  begntlgen,  daß  ans  der  Wirksam- 
keit der  AHSociatiou  ein  Aktcharakter  erwachse,  der  einer  Einzel- 
aiis(  luiuung  die  intentionale  Beziehung  auf  eine  Speeles,  auf  die 
allgeiiieinen  Gegengtimdc  verleiht  (verg:!.  II  p.  101,  p.  108  Dieser 
Aktcharakter  ist  ein  verBchiedcucr  tllr  verschiedene  Gegenstände, 
wie  Hasse rl  an  dem  Beispiel  äquivoker  Ausdrücke  nachweist, 
wo  wir  den  Bedentnngswechsei  (anoh  ohne  b^leitende  Yeran- 
sehanliohiing)  Yollsiehen  nnd  erkennen  kOnnen,  ohne  dafi  das 
sinnliche  Zeichen  wechselt  (II  p.  73),  ebenso  wie  wir  andererseits 
einer  identisehen  Bedentong  trots  Wechsels  der  W5rter  bewnBt 
werden. 

Damit  wäre  nvn  in  der  Tat  die  Frage  nach  der  psychischen 
Realität  and  die  daran  sich  knüpfende  nach  der  Beschaffenheit 
der  idljaremeinen  Gegenstände  abgeschnitten.  Aber  es  erhebt  sich 
dafür  üütüriich  die  andere  Frage  nach  dem  Verhältnis  dieser  all- 
gemeinen zu  den  einzelnen  Oefirenstundeii  der  Außenwelt  and  die 
fernere,  uns  hier  mehr  interessierende  Fnige:  öind  diese  all- 
gemeinen Yorstellongen  nur  Bedeotnngen  oder  gehören  sie  ebenso 
SU  einer  Gegenstiüidlichkeit,  wie  die  individuellen  ßedentangen. 
Wenn  wir  uns  erinnern,  daß  Hnsserl  an  dem  Beispiel  >gleich- 
seitiges  —  gleichwinkliges  Breiedc«  die  Verschiedenheit  von 
Gegenstand  nnd  Bedentong  demonstriert  hal^  so  mttsien  wir  das 
lelitere  annehmen.  Damit  stoßen  wir  aber  nochmals  anf  das  ftlr 
die  allgemeinen  Oegensttnde  besonders  schwer  Terstindliche  Vor- 
hiltnis  Yon  Gegenstand  and  Bedentong.  Hier  haben  wir  nicht 
einmal  die  Möglielikeit,  den  Gegenstand  iiU  ciucu  unabhängig 
vcMi  Ulla  existierenden  unserer  meinenden  Beziehung  auf  ihn  gegen- 
U  her  zustellen.  Und  diese  Möglichkeit  beweist  ja  selbst  bei  indivi- 
duellen Gegenständen  nicht  viel  ftlr  Hnsserls  Behauptung.  Denn 
die  Bedentong  ak  Gegenstand  der  Logik  soll  ja  nicht  mit  dem 
pBvchischen  Akt  des  Bedeatens,  des  »meinenden  Beziehens  anf 
den  Gegenstand«  identifisiert  werden.  Nicht  solche  Aktcharaktere 
sollen  in  der  Logik  gegenstilndlich  werden,  sondern  Bedentnngen, 
welche  ehmo  wie  Gegenstände  durch  derartige  Aktohaiakteie 


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640 


bestimmt,  in  ihnen  gemdnt  sind.  Woxin  also  solche  Bedeotmigen 
Ton  den  Gegeaständen,  zu  denen  sie  gehören  sollen,  noch  unter* 
lefaieden  sind  besw.  wodaieh  sie  sich  Ten  einzebieii,  im  meiiiendea 
BewvfitMm  bemrgehobeneii  Seiten  nnd  Besiehungen  der 
GegemtSnde  nnteraeheiden,  das  IftBt  sieh  kaum  einsehen.  Aber 
■elbit  wenn  man  trotz  aUedem  konkrete  Gegenstände  der  Anfien- 
welt  nnd  die  sngehiSrigen  logisehen  Bedeotmigen  dvreh  den  in  der 
reinen  Logik  gar  nicht  heimatbereehtigtan  Gegensatz  realer  nnd 
idealer  Existenz  auseiuauderhaltcu  wollte,  würde  t^ir  die  allgemeinen 
Gegenstände  eine  ähnliche  Unterscheidung  unmoij'lich  werden. 

DicBe  unsere  Abweichnn^  y<m  einer  logischen  Unterseheidimg, 
zu  der  sieh  Hasserl  veranlaüt  gesehen  hat,  führt  uns  übrigens 
auf  eine  Frage,  die  ein  Gmndproblem  der  Logik  bedeatet  and 
deren  Beantwortung  die  bisher  dargelegte  Verschiedenheit  des 
psychologistisehen  nnd  antipsyehologistischen  Standpunkt«  in  eoMn 
konkreten  FaU  soharf  hervortreten  läßt  Die  Frage  lantet:  Wie 
laMMn  sioh  Bedentongrantenefaiede  featrtdien?  Der  FaychologpuBt 
wnd  antworten:  Doreh  Beobaohtong  der  psyohiBehen  Phänomene^ 
welolie  xwei  yenehiedetten  Begriflfon  entepiecihnD,  werden  wir  bei 
der  Evidenz  nnserer  inneren  Erfidnrnng  ihrer  tJntersehiedenheit 
nnmittelbar  bewußt.  Ein  Anti psychologist  wie  Husserl  weist 
zuiiächist  darauf  liiu,  dali  die  Evidenz  nicht  anf  die  Fcststellnngen 
der  ijmeren  Erfahrung  beschränkt  ist,  sondern  der  Konstatierung 
von  Gleichheit  und  Verschiedenheit  in  der  äußeren  Erfahrung 
ebenso  zukommt  (11  p.  7Ü3  Ö'.].  Eine  wahrgenommene  Verschieden- 
heit von  Gegensülnden  der  Außenwelt  ist  ebenso  gewiß  eine  er- 
lebte Verschiedenheit  wie  eine  solche  von  psychischen  Phänomenen. 
Wir  brauoken  also,  um  etwa  die  Veiaehiedenheit  von  Rot  nnd 
Blan  MmsteOen,  nieht  anf  nneere  Empfindnngen  xn  reflektieren^ 
eondem  wir  branohen  nnr  in  der  AnHehanwng  eines  roten  nnd 
einee  blanen  Gesenstandes  die  Empfindungen  sn  erleben,  nm  Jenen 
üntersehiedeB  bewnfit  m  werden.  Zwar  liei  vielen  Begriffen  be- 
darf es  überhaupt  keiner  Anschannngen,  nm  uns  ihrer  Bedentnngs- 
verschiedeiiheit  gewiß  zu  machen.  Aber  feinerer  Bedentnngs- 
unterschiede  werden  wir  uns  nach  Hasserl  nnr  doroh  den  Kück- 
gang  auf  die  erfüllende  Anschauung  bewnßt.  Daß  man  unter 
diesem  »Rtickgangc  nicht  psychologische  Keflexion  verstehen  darf, 
haben  wir  oben  bereits  nachgewiesen.  Hier  ist  noch  zn  erwähnen, 
daß  der  Begriff  »Ansehannng«  von  nnserm  Antor  weiter  als  g»- 


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AbhäagigkeitsverbältuiB  der  Logik  von  der  Psychologie.  541 


wl^lmlioh  g«laBt  wird,  indem  er  neben  der  Binnliolien  anok  die 
flogensDnte  luitegortjde  Anacbanung  nm^t  (II  600  it).  Aber 
wenn  wir  aneb  von  der  Sebwierigkot  der  Untonrabeidiuig  solcher 
kategorialer  AnBchanangen  ganz  abeeben,  so  kennen  wir  uns  doch 

der  Tatsache  nicht  yerschließen,  daß  oft  aaeh  Yerschiedenhetten 
üiimlich  ausühaulicher  Gegenötaude  nicht  erkannt  werden.  Diese 
Tatsache  bedentet  freilich  keine  Stutze  für  den  Psych  tlogisiuus; 
denn  daß  auch  bei  Vergleiehnn^  psychischer  Phänomene  nicht  alle 
Unterschiede  erfaßt  werden,  geht  anB  dem  auch  in  der  heutigen 
Psychologie  fortdauernden  Streit  Uber  die  Benennang  gewisser 
BewaBtseinserscheinnngen  zur  Qentlge  hervor.  Aber  für  den  Fort» 
sebritt  logischer  Untersnobnngen  in  der  Ton  Hnsserl  eingeschla- 
genen Biobtnng  ist  jene  Tatsaebe  von  großer  Bedeutnng.  Es  ist 
daher  an  bedsnem,  dafi  Hasser!  eine  Ufsnng  der  darin  entbattenen 
Sehwieri^eit  eigenliieh  niobt  gibt  Er  behauptet  nnr  (IIp.  107^ 
waa  wir  ihm  gerne  glaaben»  daB  die  Evideni  besllglicb  der  Unter- 
seUede  bitentionaler  GegenstSade  niebt  dadnrefa  aa^ebobea  werde, 
daß  wir  uns  Uber  nnsere  Intentionen  leicht  täuschen,  sobald  wir 
über  die  Sphäre  der  groben  Unterschiede  hinausgeben.  Aber  wo- 
durch wir  in  den  Stand  gesetzt  werden,  alimähiich  immer  feinere 
Unterschiede  zu  erkennen,  das  erfahren  wir  nicht.  Immerhin 
glauben  wir  Andeutungen  unseres  Autors  hiertlber  richtig  zu  er- 
gänzen, wenn  wir  annehmen,  daß  der  logische  Fortschritt  in  der 
Bedentongsanalyse  sieh  ToUiiebt,  anf  Grand  deren  einem  viel- 
deatigen  Begriff  venebiedene^  daranter  anvereinbare  Meikmale 
lagesproehen  weiden,  die  dann  Veranlassnng  an  einer  Diffsren- 
lienmg  jenes  Begrüb  geben.  INes  kann  freüiob  hier  nnr  als  Yer- 
■atnng  ansgespiooben  werten,  ebne  daB  wir  nSber  auf  die  Saohe, 
die  lediglieb  logisebes  Interesse  bedtit,  eingehen  wollen. 

Zu  den  Ausführungen  Hnsserls  über  das  Verhältnis  yod 
Psychologie  und  Logik  hat  nun  Schuppe  in  dem  Archiv  ftlr 
systematische  Philosophie  (\U.  Band,  1.  Heft  p.  1  ff.)  unter  dem 
Titel:  »Zum  Psycho logismus  und  zum  Normcharakter  der  Logik« 
eine  Ergänzung  gegeben,  auf  die  hier  kurz  eingegangen  werden 
soll.  Schuppe  begrttfit  in  Hnsserl  einen  bekehrten  Qegner,  bat 
aber  trotzdem  manches  gegen  dessen  Untersuchungen  einanwenden. 
HaaptslehKeh  bekftmpft  er  die  Aaffassnng  Hnsserls,  wonaeb  die 
Gfflndnng  der  Logik  anf  das  BewnBtseln  tlberbaiqft  Fyebologtsmns 
sei  (a.  a.  0.  p.  6).    8dn  Widenpniob  benibt  im  wesentUeben 


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542 


E.  Dflrr, 


darauf,  daß  er  das  Sein  der  Objekte  des  Bewußtseins  ebenfalls 
alfl  Bewußtsein  bezeicbnet  ]>eahalb  unterscheidet  er  ümerluUb  des 
BewüBtseiiis  das  SalyektiTe,  Tom  indindneUen  Ich  Abhlngige,  und 
das  ObjektiTe,  ven  Indivldnen  Unabbiagige,  und  betraehtet  das 
entere  als  Gegenstand  der  Psjeholoipe»  das  letstere  ato  Gegen^ 
Staad  nieht  psychologiselier  Wissensdiaft,  nnd  da  leliteres  aneli 
die  lofnsehen  Bestimmtlieiten  umfaßt,  so  fidlt  aneli  die  Logik 
■.i\iä  dem  lUkmen  der  Psychologe,  obwohl  sie  auf  Bewußtsein  ge- 
gründet ist. 

Diese  Auffassung:  Schuppes  scheint  durch  die  Vieldeutigkeit 
einiger  für  sie  wesentlicher  lie^^riffe  ungünstig  beeinflußt  zu  sein. 
Wenn  er  zunächst  das  Objekti?e  als  das  vom  indiriduellen  Ich 
Unabhängige  bestinunt,  so  versteht  er  darunter  bald  das  Gattnngs^ 
mäßige  (vergL  a.  a.  V.  p.  10),  das  in  allen  Indifidaen  Vorhandene» 
bald  das,  was  naeh  der  gewOhniiehen  Anf&ssang,  die  er  bekimpft, 
»aafierhalbc  alles  Bewoßtseins  oder  für  das  Bewafitsein  ein  Ge* 
gebeaes  ist  Aber  wenn  er,  um  die  Zugehörigkeit  der  logiseben 
Bestimmtheitea  zum  Oligektiven  des  Bewußtseins  danoton,  sagt 
(a.  a.  0.  p.  5),  »daß  wir  bei  jedem,  wie  b^baffen  er  anob  sonst 
sein  mag,  voraussetzen,  wie  daß  er  mit  offenen  gesunden  Augen 
den  Baum  oder  Kirchturm  vor  ihm  sieht,  so  auch,  daß  er  die  Begriffe 
dasselbe  und  nicht  daBselbc  kennt  und  verwendet*,  so  ist  nicht 
einzusehen,  warum  nicht  aun  demselben  Grund  die  Lust-  und  Un- 
lostgefühle,  die  doch  auch  in  jedem  Menschen  vorauszusetzen  sind, 
zun  ObjekÜTen  des  Bewußtseins  gerechnet  werden.  Daß  das  aber 
Ton  Schuppe  beabsichtigt  sei,  scheint  doch  ansgeschloasen.  Aaeh 
der  Begriff  »Inhalt  des  Bewußtseins«  leidet  offenbar  an  Doppei- 
simiigkeit,  sofern  damit  einmal  da^enige  beadehnet  wird,  was 
Otjekt»  erenluell  bloß  mOgliobes  ObjdLt  eines  Bewußtseinsaktes 
ist,  und  ein  andermal  dasjenige^  was  in  einem  Subjekt,  in  einem 
Bewußtsein  Torkommi  Überhaupt  läßt  der  Begriff  »Bewußtsein, 
Bewußtseiendes«  die  doppelte  Deutung  zu,  ihn  bald  im  Sinn  von 
>seiner  selbst  Bcwuütseiendcs«,  »Bewußtsein  Habendes«,  bald  im 
Sinn  von  »einem  Subjekt  Rewußtseiendes«,  »Bewußtes«  oder  »Ge- 
wußtes* zu  verstehen.  Wir  ziehen  es  deshalb  vor,  mit  Husserl 
gegen  Sc'hnppe  die  Wissenschaft  von  den  Objekten  des  Be- 
wußtseins nicht  eine  Wissenschaft  vom  Bewußtsein,  eine  anf  Be- 
wußtsein gegründete  Wissensohaft  zu  nennen,  sofern  es  sieh  sieht 
um  die  Objekte  psyehologiseher  Beflezion  bandelt 


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Abhängigkeitsverbältuiä  der  Lo^k  von  der  Psychologie. 


543 


Dagegen  stimmen  wir  mit  HvBserl  Schuppe  darin  Iwi,  daß 
die  logisehen  Bestimmiheiten  zw  den  Objekten  und  zwar  nicht 
nur  im  Sinn  des  »GattangBmJlBigen«,  sondern  im  Sinn  des  >nn- 
abhängig  yom  Subjekt  Qedaohten«,  des  »Gegebenenc  gehören. 
Nicht  deshalb,  weil  alle  Menschen  sich  der  Idcntittt,  Gleichheit 
und  Verschiedenheit,  der  Vereinbarkeit  und  Unvereinbarkeit  von 
MerkmaJen  und  Gegenständen  bewußt  werden,  sondern  weil  man 
sich  dieser  und  ähnlicher  logischer  Rcstininitheiten  im  ninblick 
auf  Objekte,  auf  die  Dintre  der  Auüenwelt  und  ihre  Eigen8<  b:i)teii 
bewußt  werden  kann,  and  weil  dieses  Bewnßtwerden  selbst  nicht 
einen  Akt  psychologischer  Reflexion  darstellt,  deshalb  halten  wir 
die  Logik  für  eine  nichtpsychologische  Wissenschaft. 

Schuppe  mnB  man  endlich  gsgen  Hosserl  in  einem  Punkte 
recht  geben,  der  hier  auch  noch  eui  gfOtteres  Interesse  bean- 
spruchen kann,  in  der  Behanptnng  nUmlieh,  der  von  Hnsserl  im 
Kampfe  gegen  den  Psychologismns  betonte  beigebrachte  Gegen- 
sats  empiriseher  nnd  apriorischer  Erkenntnis  sei.  recht  unklar 
(a.  a.  0.  p.  13).  Diesen  Punkt  hatten  wir  im  Aüge,  wenn  wir 
in  der  Einleitung  davon  sprachen,  dai!  wir  den  kriti^f^hen  Aus- 
fHhrnngen  Husserls  gegen  den  Psyrhuldi^-ismus  nicht  vüilii.':  zu- 
stiiiiiueii  konnten.  In  der  Begründung  seiner  Behauptung  weist 
Schuppe  sehr  treffend  darauf  hin,  daß  man  unter  empirischer 
Erkenntnis  nicht  bloß  die  durch  Induktion  ge^denen  S&tze  ?er- 
Bteht,  sondeni  auch  das  ein&ohe  Bewußtwerden  von  Gegebenem 
und  zwar  sowohl  der  positiTen  Bestimmtheit  als  auch  der  vor- 
handenen  Untmshiede.  Es  mnB  also  kehieswegs  jede  empiiische 
Erkenntnis  den  Wert  blofier  Wahischeinlichkeit  haben  und  eine 
Widerlegung  des  Psychologismus,  wie  sie  Hnsserl  zunächst 
(I  p.  60fif.)  Tcrsncht,  daB  eine  psychologische  Behandlung  die  Logik 
zn  einer  empirischen,  also  bloß  wahrscheinliche  Ergebnisse  statt 
evidenter  Gewißheiten  enthaltenden  Wissenschaft  degradiere,  ist 
nnmüglich.  Im  Gegenteil:  Obwohl  nicht  auf  Psychologie  ge- 
gründet, beruhen  die  S  it/.e  der  Logik  vielfach  auf  reinem  Vor- 
iindeu,  ohne  dadurch  von  ihrer  Evideuz  etwas  einzubüßen. 

Die  Übrigen  Darlegungen  Schuppes,  die  noch  einige  be- 
gründete Einwände  gegen  einzelne  Punkte  von  Husserls  Unter- 
fli^nngen  bringen,  kommen  fttr  unser  Thema  weniger  in  Betracht 
Dagogen  wollen  wir  neben  dem  un  großen  nnd  ganzen  mit 
Hnsserl  ttbereiBBtunmenden  Denker  anch  einen  Oegaet  knn  zn 


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544   E.  Dflrr,  AbhMiigigkeiteraxliiltids  d«r  Logik  tob  der  Fkydiologie. 

Worte  kommen  lassen,  der  sich  Uber  das  Verhältnis  der  Logik 
Kur  Psychologie  im  Siun  des  Psychologismas  ausspricht.  Elsen- 
haDB  hat  im  109.  Band  der  Zeitschrift  fUr  Philosophie  und 
pbikMophiBche  Kritik  (p.  196  ff.)  diese  Stellang  zu  unserer  Frage 
eiDgenommeiL  Er  behauptet,  daß  swuohea  Peyehologie  und  Logik 
kein  üiitefBehied  der  Gegenitiiide  und  kein  Untersofaied  der 
Methode  ihrer  Bearbeltang  bestehe.  Aber  wenn  er  »unter  Gegen- 
stand einer  Wiflseneebaft  denjenigen  Awehmtt  der  geiamlen 
Wirkliehkeit  yereteht,  auf  welohen  die  Arbeit  des  Denkens  sieh 
richtet«  ,80  ist  diese  allgemeine  Umschreibong  des  Tieldentigen 
Begriffs  »Gegenstand«  von  Hiisserl  bereits  durch  seine  ein- 
gehenden AnalvHcn  so  weit  tll)f  rholt  worden,  daß  wir  nicht  näher 
darauf  zurUckzukoinuitn  l)r;iiH  lien  Was  Elsen  bans  beztlglich  der 
Methode,  die  in  Psychologie  and  Logik  dieselbe  sein  soll,  bei- 
bringt, trifft  im  wesentlichen  zasammen  mit  dem  was  Hnsaerl 
onler  dem  Titel:  »Die  Logik  als  Theorie  der  Evidenz«  behandelt 
und  kann  daher  mit  dem,  was  oben  Uber  diesen  Pnnkt  erwfthiit 
wilde,  ebenfalls  ftr  erledigt  gelten.  Wenn  endlioh  Elsenhans 
anf  die  psyohologisohe  Behaadinng  des  Urteilsproblems  namendieh 
hti  Wnndt  hinweist,  am  seine  Anffhssang  zn  stützen,  so  gUaben 
wir  doreh  den  Hinweis  daraaf,  dafi  die  logisehen  Talsaehen  in 
mancher  Hinsicht  Probleme  (Va  die  Psychologie  bedeuten,  ohne 
daß  bei  der  Feststellung  jener  Tatsachen  die  Psychologie  bereits 
zu  Rate  gezogen  werden  mtlßte,  aach  diese  Argumentation  bereits 
entkräftet  zu  haben. 

Die  Anschauungen  anderer  psychologistischer  Logiker  sind  von 
HuBserl  selbst  so  eingehend  behandelt  worden,  daß  uns  zur  Zeit 
ftbeEfaanpt  kein  wesentlicher  Einwand  der  Gegenpartei  bekannt  iil^ 
dar  nieht  von  dem  hier  eingenommenen  Stsndpnnkt  aoa  seine 
Widerlegang  finden  kjJimte.  Es  seheint  daher  das  ansem  Be- 
traohtongen  za  Oronde  liegende  Werk  Yon  Hnsserl  eine  a&a- 
adilaggebeade  Bedentnng  in  dem  so  lange  anentsohiedenen  Streit 
am  die  prinzipielle  Bereohtignng  einer  selbständigen  logisehen 
Wissensehaft  zu  besitzen  und  für  den  logischen  Fortschritt  ebenso- 
wohl wie  tür  dte  Klaruii^^  psychologischer  Grunduuächauungen 
wertvolle  Beiträge  zu  enthalten. 


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Besprechimgeii. 


RMitteken^  Haberl»  Poetik.  Erster  TeiL  Vorbemfirkiuigeii.  Att- 
gememe  Analyse  der  peyduMihen  Voigiiige  iMim  GemiB  einer 
INchtang.  (Xm,  315  S.j  Hllnclien  1902.  G.  H.  Beek'eclie  Ver^ 
lagsbnehhaiKlhmg.  jB,  7. — ;  in  Leinen  geb.      8. — . 

Vorbemerkungen  (l — 38'.  Das  an  Einzel-  and  Selbstbeobacbtiin^oD 
reiche  Buch  untersucht  »im  ullgemoinen  die  Vorgänge,  die  sich  beim  Genuß 
fliier  Dichtung  in  out  abqifelWf  <*^t  fwinutelleii,  wie  «10  dem  «uiiittol- 
buen  Genoß  einer  ZHchtnng  ein  Wertartdl  zn  gewinnen  ist,  und  behandelt 
im  Amehliiß  daran  aneh  den  außerästhetiscben  Wert  der  Poesie«.  Dem  rein 
w!s?fn«ichaft]if»heTi  Intcresf'p  an  den  Problemen  dpr  Pnrfik  und  dem  praktischen 
Bedurfiiis  des  Litterarhistorikers  will  es  dienen.  Aufgabe  der  Poetik  ist 
Enuittelong  der  die  Eigenart  der  Dichtungen  aownachenden  Momente:  Fest- 
•teitong  dee  ihnen  ChnnebunniMi  vsA  ^oAbning  in  Gruppen.  Dtehtongen 
ezletleren  nnr  in  der  Seele  dee  SehaHtaden  oder  In  der  dee  Oeniefieiiden; 
ein  Leben  außerhalb  dieser  Seelen  haben  aie  niehi  Von  dem,  was  in  der 
eiprenen  See)''  brnin  HnnuP  ninrr  Diohtnnsf  infolge  Nacherleben«!  vorereht,  alg 
etwa«  unmittelbarer  >J,rfalirung  last  jederaeit  Zo^Hnj^liphcin,  hat  die  Unter- 
suchung auf  Grund  von  Dichtungen  unserer  Zeit  und  Kulturstufe  iu  der  Form 
psyoholegtacher  Analyse  auszugeben.  Gegen  Marbee  Änßerongi),  daß  die 
peyehologiadie  Zeiiegnng  fksyehlaeher  Eompleze  in  einfbehe  Eleniente  nnd 
Tatsachen  för  den  Litterarhistoriker  unbrauchbar  sei,  der  vielmehr  dnen 
bestimmten  Teil  geistigen  Lebens  in  seiner  Kompliziertheit  nachleben  und 
verstehen  wolle,  wird  gesagt:  Bei  einem  durch  nacherlebendes  Verstehen 
g:ewonnenen,  instinktiven  Begreifen  psychischer  Tatsachenkomplexe  soll  der 
UttemidMoiiker  idebt  itehen  bleiben,  aondem  er  mO  dieae  Komitoe  in 
bekannte  laemente  aeriegen,  die  Beaiehangen  dieaer  an  einander  klar  machen 
und  das  Ganze  als  gesetzmüGigcn  Zusammenhang  begreifen.  Die  Zerlegung 
braucht  nicht  auf  so  riMf:i(  he  Elemente  7\\  -rehen,  wie  pie  da?  Ziel  der  theo- 
retischen Psychologie  bilden.  Als  solche  Kiemente  werden  an  einem  Beispiel 
(Ilailcrs  »Alpen«)  die  bestimmte  Eigentümlichkeit  der  Phantasie  des  Dichters, 
nein  ethfadiea  Ideal  vsd  die  Eigenart  adnerGefHhlaeRegnngai  bei  ethieehen 
Betrachtnngen  aageftthrt  Ana  einem  gemeinaamen  Kernpunkte  alle  SSgen- 
tflmltchkeiten  zu  b^eifen,  das  Individnnm  auf  eine  Formel  znrUckzuftihren, 
ist  freilich  nicht  möglich.  Gegen  Lamprecht  wird  geltend  gemacht,  daß 
auch  das  in  nur  einem  Exemplar  g^bene,  ein  Abstrahieren  von  Typen  also 

1)  Vierteljahraa^rift  fttr  wiaaenachaftUehe  PUkwophie,  1898,  S.  839. 

kaeHn  Ar  Pirehokfitb  t.  Uttretv.  \ 


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2 


BMpraehmifeiL 


anppohließpntle  Iiulividualppyrhisfhe,  dem  Sozi^ilpsychigchen  ge^r^oübcr,  durch- 
aus vollwertiges  Objekt  wiaseuschaftlicher  Forschung  Ist,  desseu  Bestau  iteila 
zwar  nieht  mit  Mtehen  anderer  Objekte,  wohl  aber  mit  allbekaanten 
ElMMBtn  SBMNt  p^fobiMhm  Lebest  veigUelMB  werden  klHuMtt.  Das 
wichtigite  lOttol  für  die  Erkenntnis  fremden  Seelenlebens  ist  daa  Nacherieben. 
Da  wir  anxnnehmcn  haben,  daß  daa  Seelenleben  aller  Geschöpfe  sich  nach 
denselben  Grundgesetzen  vollzieht,  m  muß  das,  was  wir  nachzuerleben  im 
Stande  sind,  in  sich  uiügUch  sein.  Ein  uolohes  Nacherleben  vollzieht  sich 
unter  von  unierer  Phantasie  dargebotenen  Umstibiden;  da  es  sich  unter  wirk- 
Hehen  ebenao  voUiieliett  würde,  int  der  Zwange  nrft  den  ea  erfolgt  ala  Reflex 
objektiver  Qesetze  anzusehen.  Ala  Mittel,  richtig  nachanerieben  (ebie  Ve^ 
fiilachanff  fremden  Socinnlebcna  au!'7n?rhHpOon\  werden  genannt:  Erweiterung 
de»  ne?iifhtskreiflf'8  und  Kon-f  ktur  jener  instinktiven  Popnlarpflychologie,  in 
die  wir  leicht  kritiklos  hineinwachsen,  dorch  Beobachtung  fremden  Lebens, 
durch  AasohauuBg  und  Bericht,  psychologische  und  psychiatrische  Studien. 
Hand  in  Hand  mit  dem  Nadieileben  gebt  eine  aUe  Xomenfte  aoweld  einaeln 
nia  in  Üuren  veiadliedenen  Zusammenhängen  anf  ihre  Wirkungen  prüfende 
und  sie  gegeneinander  abwägende  Ausdeutung,  die  sich  von  vorgefaßten 
Meinungen  zu  befreien  hat.  Die  durch  ein  solchem  Nnoherleben  vennittehr' 
Einsicht  in  die  innere  Notwendigkeit  fremden  psychischen  Geschehens  wini 
Khnnerungstäuschnngen  ond  dem  Veigeaaen  gegenüber  durch  bloßes  V^er- 
ateiien  enwtat,  dn  nur  bewnOte  Voiginge  nnclieilebbar  aiad. 

l.SnpiteL  Die  Spraoiiettnddna  innere  Bild.  (80—81).  Diditongen 
aind  apiaehUobe  Werke.  Wae  die  Spmehe  außer  dem  cBe  Dieltn^en  in 

keiner  Weise  charaktwirierenden  Wortlaut  bietet,  liegt  in  der  Bedeutung  der 
Worte  Aber  alle  von  Worten  in  uns  geweckten  Vorstclhm^cn  und  Emjifin- 
dnngen  au»  den  Sinnesgebieten,  Begriffe.  Stimmungen  treten  bei  versclii«  di  nen 
Personen  in  verschiedener  Weise  aul,  repräsentieren  die  Wirklichkeit 
hüdiat  nnvoUkomnuB  vnd  bielen  besondere,  die  Diohtnng  anneiehnende 
Meikmale  nklit;  nnr  dann  tat  dn  apraehBehea  Weilt  eine  Dieiitnng^  wenn 
wir  nna  Ihm  gegeaibar  im  balande  laUielueher  Anaehanimg  befinden. 

2.  Kapitel.  Die  »sthetisohe  Anschauung  (82—151).  l.  All- 
gemeine Befx'brcibnng.  Für  die  ästhetische  Anschaunng  falleTi  fort: 
außerhalb  liegende  Zwecltmotive,  Hinblick  auf  eine  vom  «pniehüi  In  n  Werk 
nnabliSagige  Welt  von  Objekten,  über  die  es  aufklären  soll,  Uinauaschauea 
in  die  Welt  der  WiibUebkelt;  nnr  in  der  Diobtans  mUw*  äBtSm  die  nimen 
Anftnerkaamkeit  ftaaelnden  Hoüve  Hegen.  Unter  Abkbnnng  niberen  Ein* 
gehens  auf  die  schwebende  Kontroverse  Uber  die  Geflihlsqualitätcn ,  wird 
die  Ansicht  vertreten,  daß  Gefühle  Zustände  sind,  die  durch  die  Worte  Lust 
und  Unlust  in  erschripfender  Weise  nicht  charakterisiert  werden;  ebenso- 
wenig durch  die  drei  Wundtschen  Grundrichtungen.  Die  Frage  nach  drai 
VerhUtnia  zwischen  der  Geftthlawirknng  einer  Voiitellnng  und  ihrem  Beiz 
für  die  Attfineikaamkeit  wird  in  Aabetiaebt  der  benradieiiden  Meinnngnrer- 
echiedenheiten  und  des  Mangele  an  Vorarbeiten  nur  kurz  besprochen.  Die 
Ijif?twirknngen  der  Vorstelhinir^^n,  die  dn?  'v\'irhti£i:ptr>  Element  des  ästhetischen 
Verhaltens  ausmachen,  und  ihr  Keiz  tur  die  AutiiierkHainkeit  hängen  eng 
zusammen.  Widersetzen  wir  uns  der  Fesselung  dieser  ^an  lästige  Vor- 
atellnngen),  so  iat  der  Sathetiaehe  Zustand  dorohbrochen.  Last-  nnd  nnlnat- 
gebende  Yotatellnagen  acbeinen  die  Anfinerkaamkeit  atfaicer  an  feaaein,  ala 
aolehe,  die  andere  Ctofüblaqnalititan  (abgeaeben  Ton  der  dareb  aie  erat  ert^gtM 


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Beiprechaagen. 


Lott  odor  Unlast)  hervorbringen.  Das  mit  dem  CMHhi  der  SpMMBg  Br- 
w»rtetc  muß  selbst^  neue  Beize  für  dio  Aufmerksamkeit  enthalten. 

Die  Erürtenmgen  Uber  2.  den  Eindruck  der  Lebenswahrboit  ttb^r- 
g«iie  ich,  da  er  im  2.  Bande  eingehend  behandelt  werden  boU. 

8k  Die  IllnsioM.  6egenlU>er  der  Ansieht  Taines  über  di«  flloaton  in 
Theftter,  dsß  lie  auf  «Imb  bertiiidigw  Wteluwl  nrfanbrn  ^uUmwaAwkikA 
glauben  an  die  Wiiklichkeit  des  Dargestellten  beruhe,  nA  der  vonwdlii 
Meinüng  I.  ani^pfl,  der  den  Kern  des  künstlerischen  GenuBses  in  einem  fort- 
wShreuderi  1  linimdherpendeln  zwischen  Realität  und  Schein  erblickt,  wird 
da«  Autkommen  eines  UedankenB  an  eine  hinter  dem  Bühnenbilüo  uttihende 
Wirkfidikeit  im  Zostande  der  lUnnon  abgelehnt;  nur  dem  Bilde  gehört  unsere 
AafyaaAaumkäi,  Im  dm  m  wieh  dfte  Beiweik  (BtdneMainduiag,  BeihM 
der  Zuschauer  ete.)  nicht  dauernd  zu  stOren  venaagi  Huer  iMUHives  Ver- 
halten im  Theater  ist  durch  Oewolinheit  und  die  nie  ganz  ans  dem  Be- 
wußtsein schwindenden  BiWer  des  Beiwerks  bestimmt;  es  ist  Vorbedingung 
des  ästhetischen  Znstandes,  der  öeinprwpJtf»  wieder  hemmend  aut  unser  liandeln 
wirkt  Auch  wirklichen  Ereignisseu  gegenüber  gerät  der  absichtlieh  sich 
peariT  Vertilteiide  Ideiiter  i«  den  MhetiMlNii  ZnttaHid,  wm  Meh  dnrah 
eine  plötzlich  sich  geltend  mnehende  mXchtige  Ergriffenheit  poetischen,  nlier 
auch  wirklichen  Ereipnissen  ^feg^cnüber  ohne  absichtliche  PaasrritSt  eintreten 
kann.  Abweichungen  von  der  um  bekannten  Wirklichkeit  lösen  die  Einheit 
vun  Daratellung  und  Dargestelltem,  stüren  die  iiinsion.  Lebenswahrheit, 
lustbetonte  Gefühlswirkung,  gut  vorbereitete  Stimmung,  GreUlufigkeit  objektiv 
imrichtig«r  VorsteDuKgen  geben  efai  Gegengewleht  EiallUirimg  des  Wnder- 
Tinren  erfordert  Vorbereitung.  Von  der  Art  der  parsteUnng  hingt  durch 
Ketlexion  zu  beeinflussende  Wirkung  der  IHuBionsstörnngen  ab,  die  meh  bei 
Ankian^::  an  andere  Dichtungen  un<1  Erlebtes  eintreten  können 

3.  Kapitel.  Die  Gefühls  Wirkung  (162—268.)  1.  Assoziativer 
Faktor.  Der  direkte  Faktor  umfaßt  die  akustischen  WortvorsteUnx^n 
nebeC  Kkngftrbe  nnd  Betonnng  nnd  die  nnndttelbeie  GelQUswfrknng  dieeer 
Elemente;  der  assoziative  die  eineraeits  durch  Klang  und  Betonnng  nnd 
andorsf^its  durch  dio  Wortbedeutungen  erregten  Emptindungs-  und  Vor- 
«tellungsmassen  nebst  deren  ( iot uhlswirkung.  Feststehende  assoziative  Fak- 
toren der  zweiten  Art  deren  Vorstellungselemente  filr  sich  nicht  bewußt  werden, 
können  schon  bei  einzelsen,  Stimmung  verbftltendett  Worten  nid  fonnel- 
haften  WortsnannuneneelanngeB  wirlcen,  ebenao  bei  nielit  fonneUnAen,  bei 
denen  Kombination  bereit  liegender  Zusammenhiinge  und  AnswaU  Im  Sinne 
des  Dargebotenen  stattfindet.  Das  nirht  in  nulio  l'ileihen  (ier  hierbei  durch 
die  neu  erregte  Masse  ersetzten  alten  Dispositionen  und  das  Weiterwirken 
dieser  (Ubergeordneten;  Masse  auf  andere,  zu  ihr  passende  (untergeordnete) 
Diapoeitionen  treten  ala  weitere  BeetandtaOe  des  aaeodattren  Faktors  an 
den  der  Wortbedeutunge»  hinan;  iHevlel  von  ihnen  im  einnelnen  Faüe  anr 
Geltnng  kommt ,  iai  voaehieden.  Anf  die  neuerdings  fepfogmMn  Kontro- 
versen über  die  zu  unterscheidenden  Arten  von  Assoziationen  wird  nicht 
eingegangen,  sondern  es  werden  Erfahnings-  und  Ahniichkeitsassoziationen, 
als  bisher  meist  unterschiedene,  beibehalten.  Jene  verbinden  durch  BerUhrungs- 
aaaoaiatfon  oder  eine  Kette  von  solchen  verkaApfte  Inhalte,  von  denen  der 
fepfodnalerende  dnrdi  einen  ÜinlSeben  oaetat  werden  kann,  aofim  deaaen 
Beprodnktionstendenz  betont  wird ;  diese  verbinden  ganze,  einander  ähnliche 
Maasen  nnd  ferner  aolehe,  deren  Teile  nur  einander  ihnJioh  aind  (nn  die  aieh 

1* 


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4 


Aui  htnitü  6*:aeu  oaihiiUche  leile  durch  LHahmngs»««-  anscoiifi^n,,  »oten 
die  ReprudaktioBStaideBMn  (to  gauen  Mimpii  betont  werdoi.  Jla  £r- 
ftkraBS""^  MImb  Si  fi.  Wotto  Mit  0nM  BodsslnigMMMMai  Ahilicfc 
Irtitwffff  dfe  ttberiptol^MaB  Btttandtdle  des  aa«.  F.  mit  des  Dmea  ontai^ 

l^ordneten  und  diese  untereinander.^  Der  Be^ff  des  a^.  F.  wird  Kfilpe^ 
pe^nHb<>r  dahin  nnTPitrrt  daO  BeziehunpcTi  zn  ethiaehen  TeadeBseiif  die 
außerhalb  des  iaiathetiBcbeD  Komplexes  liegen,  die  aathedacbe  Anachaamig 
uiebt  darchbreofaeB,  Bofav  sie  nicht  anadrücklich  voigeatellt  werden;  ebenao- 
nrfkOig«!  Wmmm  «ia«  dndi  ta  Woftint  d»  Piahti^  aid« 
geforderten  aaa.  F.  and  UnvoUständigkeit  und  Unrichtigkeit  etnee  aolchm 
Die  Mitwiiknnf?  solcher  individuell  zuni1Iig:er  Faktoren  ist  durch  Anatjne 
ÜMtsnstellen  und  vom  Eindruck  <]p«  Objekt««  überhaupt  zu  trennen. 

2.  Neu  eingeführt  wird  der  Tenuinus  >Ein8chmelzang<.  Sie  b^tebt 
im  lüneintragen  eine«  aaa.  F,  Im  flinen  direkten  ala  dMiM  Kigenachaft  und 
ntergeofdMter  Bestandteile  dta  aaa.  F.  in  Hboseordnete.  Der  Teil,  in  den 
fltageaehmolxen  wird,  kann  seinem  Vorstellungsgehah  nach  vnbewaßt  bleiben 
(z.  B.  Charaktere  einer  Dichtung .   Bei  der  Eioachmelzong  beteilig^te  Massen 
Rtehcn  faat  auHschließlich  m  .\iuilichkeit8a^!«o7,iRtinn.    Zar  Einachiuelzung 
gelangen:   Vorstellangen  von  1.  leblosen  ubjektea,   2.  lebenden  Weaeo 
(»Da-PersonifikiUioa« :  s.  &  naa  ligemden  Objekten  werdn  KfgftnachaftwB, 
die  nna  Irgem  kteaca,  all  penOnHeh»  «igeaohrieben)  «ad  3.  ndn  loh  oder 
Teile  desselben  (»Ich-Peraonifikation«).   Unter  »Reaktionsgeflflil«  inM  das- 
jenige Cefilhl  verstanden,  das  man  einem  Objekt  oder  riner  Person  pe^enüber 
hat,  UQt^H'  •SabstitutiouageflihU  dasjenige,  das  mau  in  der  Rolle  einer  Person 
oder  eines  in  ein  Objekt  erst  eingeschmolzenen  Weaena  hat    Sind  i&eaktions- 
ond  Sabatitiitionageflihl  IdeiitiaGh,  so  kaaa  lieh  dio  leh-Pemonilikatioii  ana  dar 
Da-Penonifikatfoii  leiefat  ealwIokalB.  (Sdnraakaa  awiaeheii  iMidai  a.  B.  bei 
»heiterm  Oelb«,  au^  dem  uns  etwas  anlacht  und  wir  Mlbat  haianalac]M&) 
Modifikation  der  Walirnebmunjj  der  Masse,  in  die  eingeschmolzen  wird,  braucht 
nicht  zu  erfolgen  iz.  Ii.  Einzelner  IJor^  vorm  Gebirge.  Vorposten  desselben], 
kann  aber  »ehr  weit  gehen  (z.  B.  Nebelstreif:  Erlkünig).  Charakteristische 
EleaMala  daa  WahrailniaBeakomplCBea  wifdea  daM  heivoigahoban.  Kil 
fitauduaebnuig  vaMraa  lebt  odar  aiaaalaar  Teile  deeeelbeB  lat  biaweileB  der 
Undmck  ktfrperlidier  Selbstversetnag  odar  der  Bewegung  von  KOrperteüea 
verbunden.  Dichterischen  Charakteren  grepfenübcr  bcfrliTiftiiren  füe  Substitution 
Aufmerksamkeit  und  Ähnlichkeit  mit  der  anluehmenden  Person  in  iiußerer 
Situation  oder  ionerm  Wesen  (ein  sich  Gefallen  in  der  betr.  Bolle).  Rascher 
SnbititQtimunreeheel  lat  möglich;  AnaUeibea  Tom  Diekter  enrarteler  Sab- 
ftitetfoa  modiflaiert  den  Eindmck  sehr  stark. 

8.  Die  einzelnen  Qeftthlsanlässe.  Eingehende  Prüfung  der  Gefühls- 
und  iiilinltüchon  Wirkungen  »lirpkter  und  af<sn7,iativer  Faktoren,  die  bei 
letzteren  uniiiirtt  11  ire  und  riickläutiL:  '  sein  künnen.  Rückläufige  Wirkungen 
konimeu  dadurch  zu  stände,  daß  aut  Urund  der  Beschaffenheit  der  Anlässe 
diejeuigen  GeflUile  beaw.  Stfanmoagea  enreokt  werden,  welche  jeaa  Be- 
iehataheit  bediagteB.  Aaa  derFUDe  dea  Behaadeltea  aeiea  heraaagagiüfat: 
Toa  den  eiaaUdien  GefUhlen  isabesondere  die  dnroh  die  niedem  Sinne 
erregten.  Sie  sind,  als  auf  das  Objekt  selbst  bezogene,  vollberechtigte  Ele- 
meate  des  ästhetischen  Genasses  und  würden  dies  aor  dann  nicht  seuii 


1)  VterteljahraeehriA  Ar  wieeeaMdiaftUcbe  FUkwopUe»  ZZm,  S.  146. 


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BesprechuQgen. 


5 


wenn  die  durch  sie  erregte  Lust  nicht  mit  ihnen  gegeben  wSre,  sosdnu  als 
außerhalb  Hep-ondor  Zweck  bftrnchtet  würde  Die  da.s  T.rbpnsrr^fHh^  f^ei- 
genide  Freud«  an  Eindrücken  überhaupt  spielt  hier  eine  Hollo,  wie  die  am 
Erkennen  und  Erleben  fiir  die  Gefühlswirkung  im  allgemeinen.  BeaiigUch 
des  Untersehiedes  xwiaehen  Erleben  imd  Kadieilebm  §A  bMM^  dafl  vor- 
gevMUe  Sttaationen  der  engea  BMiehmig,  die  eilebte  n  nneeim  leh  haben, 
entbelirea  und  schwächer  wirken.  (Ein  Bewußtsein,  daß  nur  nacherlebt  wird» 
ist  nicht  vorhanden.)  Abschwächung  erleidet  flie  Unlnptwirknntr  'lurch  äußer- 
liche AnTPfTting  des  DiBpoßitionskoraplexes.  der  unser  vor  (»etahren  der  nach- 
erlebten Situation  gesichertes  Dasein  repräsentiert,  ohne  daß  Einmischung 
der  ans  unserer  wirUttcileii  Sltoatloii  dießeiideii  GefllUe  (sndi  desjenigen  der 
SioheilieU)  mid  gleleiMCBike  Abseliwlehiiag  der  das  LebeaagefiÜil  stelgenideB 
LnsIgefliUe  stattfände.  Ein  »Vorstellen«  von  spesiell  auf  nnsympatlnsdiea 
Charakterei^nBchaften  beruhenden  fit  fülilt  n  (Lipps)*)  wird  zu  fransten  eines 
Nacherlebens  abgelehnt,  das  neben  du  »syuipathiBchen  Einfühlung«  ästhetischen 
Genuß  gibt  Charaktereigenschaften  können  beim  Nacherleben  selbständige 
LostqueUen  abgeben:  d«r  ^en  Sed«uwliniefs  Sriebende  «npiirfel  diesnn 
an  Omnde  liegende  gnte  Hgensohaften,  im  Gegensatz  nun  Nadier]ebenden,L 
nieht  lastvoll. 

4  Finifrr'  nlljremeine  liodinf^n  ngen  tiHdOosetse  derOefllhls- 
wirkung  werden  im  Anschluß  an  Fcchner  beiiHiulclt. 

4.  Kapitel.  Der  Wert  der  Poesie  (269—316).  Ich  übergehe  diese 
Absehnitte,  da  aie  psychologische  Erörterungen,  die  hier  Torwiegend  in  Be- 
tracht iLonunen,  niclit  enthalten. 

Einige  Bemerkungen  ganz  allgemeiner  Art  seien  angeft^  Die  Kriterien 
für  die  liichti^rkoit  des  Nnr hf^rlebens  scheinen  mir  subjektiver  Art  zu  sein 
wie  auf  S.  33  auch  angecieutet  wird),  was  insbesondere  gegen  die  normative 
AUgemeingUltigkeit  der  im  letzten  Kapitel  besprochenen,  absoluten  Werte  zu 
Bedenlien  AnlaB  gibt.  Da  der  Sata,  daß  alles,  was  ieh  nacherieben  kann, 
In  sich  ni0|^h  sein  moB,  sieh  nieht  nmltehren  116t,  so  bleibt  meinem  Nach- 
erleben ein  großes  Gebiet  fremden  Seelenlebens  verschlossen,  welches  alles 
m^^infm  psychischen  Oesanifzustand  nicht  Konforme  umfaßt.  Dieses  Gebiet 
zu  erbellen,  also  eine  überaus  f  rMtrebenswerte  Erweiterung  uth?  Ht^roicheruug 
meines  Nacherlebens  herbei^uluiircn,  sind  die  in  den  Vorbcmerkuuguu  uu- 
gegebenen  IDttel  sicherlich  wohl  geeignet  Was  die  anfhellende  Wirkung 
der  dieoretischen  F^ehol<^e  in  diesem  Betraehte  anlangt,  so  dürfte  sie  auf 
die  S.  28  erwihnten  >Fingerzeige<  zu  beschränken  sein,  an  Chiasten  der 
"Wirkung  einer  Psychologie  im  weitem  Verpt'tnrlo.  im  Sinne  einer  Einsicht 
in  die  Glaubhaftigkeit  und  Wahrscheinlichkeit  k(»iiipli/i'  rteren  psychischen 
Geschehens,  einer  Psychologie,  die  »nicht  auf  so  einfache  Elemente  geht,  wie 
de  das  Ziel  der  theoretisehen  Psychologie  bilden«  (S.  6).  Dieae  letstere 
ist  herbeisuziehen,  sobald  es  sich  nm  die  Analyse  des  die  Existens  der 
Bichtungen  als  solcher  bedingenden  ästhetischen  Zustandes  handelt.  Eine 
genauere  Unterscheidung  beider  wäre  fclwn  um  der  Einwände  Marbes  willen 
erwünscht  gewesen.  Als  Wirkung  eines  der  gedachten  Fingerzeige  dürfte 
z.  B.  die  Forderung  betrachtet  werden  können,  eine  Dichtung  unter  dem 
JSaStnß  Tersehiedener,  abslditiich  eingenommener  Standpunkte  und  unter 
Abstrakdon  von  sdcben  in  lingeren  Pausen  wiederholt  an  lesen  (276. 288),  um 

1)  Archiv  für  systematische  PhUosoiihie,  IV,  S.  472.  V,  S.  106. 


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6 


dem  WiederaafUuctieB  siurück^edrängter  ZuAammeiihiluge  Kaaiu  aa  geben.  Im 
ter  iidtat  iMdahwdm  vnd  flbtneiigeiid«ii  Awlyie  d«r  »Alpen«  Hallec» 
(i  ft),  M  dfliw  VomfaM  g<iiataiii9  mT  d«n  Gebiete  der  tkeoielieelieB 

Piychologie  m.  £.  nicht  »ind,  wird  abliittel,  die  Dichtung  lidlig  tm 
▼erstehen,  eine  I'ntprj'urlHmf^  (irr  Peref^nHchkelt  dp»  DichffrM  atigew«>ndet, 
Qod  zwar  io  eiiu-r  Art  und  Wetise.  die  ein  mit  zicinliciier  Bustinimtljf  ir  zu 
faUeades  Urteil  djuriiber  ^olaiüt,  wie  der  Dichter  peraüulich  zum  GAuzeu  und 
n  den  Gfiadrilgn  MiMS  WülEei  itud  und  wu  «r  Umea  gegenüber  eriebta 
Ete  Winei  di;von  aber  gibt  ftr  ttaiar  Naeberlebee  eelir  wiehüge  Diiektfra 
her,  denn  eine  Ähiiiehkeit  mit  dem  Erleben  des  Dichters  dürfte  ftir  unser 
Nücherloben  eine  riemlich  sichere  GewKhr  seiner  Richtigkeit  bieteu  Kine 
Aapa^iHunp'  de»  ieutereo  au  das  erstere  ist  nicht  immer  leicht,  aber  ^lohr 
wohl  mügüch.  Diese  Art  der  Berichtigung  des  Nacherlebeus ,  die  nebenbei 
IHr  die  Kiftik  dmm  bedentagsTdleii  SlndiNUikt  bergibt,  hStte  gerade  In 
Aaechlafi  aa  die  HaUeraHtyie  aebirfer  hervoigehoben  werden  mfmieii. 

Dr.  A.  ticheuueit  (Wflrzboxg^ 


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Referate. 


Fortsdiritte  auf  dem  Oehiete  der  Erforschung  der  kindlichen 
Sprache  in  den  Jnhren  18d8— 1902. 

Von  Dr.  Hermftaii  Ontsmana  (BerUa). 

la  den  letoloa  lOaf  Jahna  tot  die  Badbaehtaag  der  UadUdiea  Spiadie, 
ihnaWeidigangea,  ihrer  Bedeutung  fUr  die  spätere  EntwieUaas  dM  Kiadae 

V071  den  verschiedensten  Oesichtspunkten  aus  in  Angriff  ^nommen  worden 
je  navbdem  der  Autor  mehr  Pädagoge,  mehr  Arzt  oder  mehr  Psychologe  war. 
Wenn  anch  die  Gesauitresnltate  der  Beobachtungen  der  einzelnen  Autoren 
■am  Teil  recht  Terschieden  und,  so  lassen  sie  nah  im  wesaaffiehaa  doeh 
Baoh  gMchea  Gedebtepaalctoa  betiaefatai,  weaa  wir  die  eiuelaeB  Stafea  der 
Sptaelimitwicklnng  des  Kinde«,  die  tob  den  Autoren  niokfc  wesentlich  v«r* 
schieden  charakterisiert  weideat  lam  Aaegaagapaakt  aaaeiar  DaiateHaag 
nehmen. 

Nnr  wenige  Autoren  fallen  aus  der  allgemein  angenonunenen  i:i>iataiiung 
der Spfaohaatwiddang  desKinden  lierans,  so  Oltnszewaki  aad  Sikoraki. 
Die  neistan  habea  sieh  dea  Stafea  aagesdiloaieai  die  aaeh  Befereat  ia  seiaer 
kleinen  Arbeit  über  »die  Sprache  des  Kindes  and  der  NatarvSIfcer«  aat- 

gesteUt  liat:  Sc  hrrim.  T,nllen,  WortbiMnnfr 

Die  Sehreiperiode  beginnt  ja  gleich  nach  der  Geburt  des  Kinde» 
and  hat  zunächst  nur  die  Bedeutung  eines  Reflexes,  der  offenbar  au»  dem 
gieidliea  Gtaade  efaitritt  wie  das  Niesaa,  adt  dem  Idtufig  das  Neageboraae 
das  Lieht  der  Welt  hegrüfit  Sehoa  die  aMen  PUhwophea  laehtaa  die  Ur- 
Sache  dee  eiatea  Schreies  darin,  daß  sie  glaubten,  in  ihm  einen  Protest  dea 
KiTidr»?  fregen  das  7iikiliifti<rp  Elend,  dnf  ihm  in  der  Welt  l)evor8tehf»  sohen 
7u  nilisBen,  ja  je  naehdem  die  Knaben  mehr  Adam  und  die  Miidrhcn  nit  hr 
Eva  als  den  Grund  alles  menschlichen  Elends  bezeichneten,  glaubte  mau  m 
den  evetaa  YakaleB  b«i  Hldohea  aad  Kaibea  eiaea  Uateiaeliied  hUiea  m 

Sehoa  aaeh  dea  ersten  Tagen  zeigen  sich  aber  in  dem  Schreien  des 

Kindes  merkbare  Abstufungen.  Es  dient  sehr  deutlich  7ur  Bezeichnung  der 
verschiedenarüKöteu  UnluFtgefühle.  die  das  Dasein  des  Kindes  in  dieser  Pe- 
riode beherrschen.  Die  erfahreue  Mutter  und  Wärterin  hört  sogar  aus  dem 
Klaag  dee  Sehr^  hcraaa»  ah  daa  Sad  Haagar  hat,  ob  es  Eilte,  MiHe, 
Sehmeia  aad  aaderea  aiehr  empfiadet 

Der  Vokal,  der  bei  diesem  ersten  Schreien  vorzugsweise  heranskUagt^ 
ist  entsprechend  den  vorwiegenden  Fnlustgefiihleu  der  <»rpten  Lebensmonate 
das  %  —  darin  ttimmeu  last  alle  Beobachter  Uberein  — ,  während  das  a  einer 


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8 


Referate. 


spMterea  Zeit  aimigeMren  Boheint  and  wohl  snent  bei  bewnndemdai  and 
lireodifen  Anmfen  des  Kindes  auftritt  melleiebt  darf  hier  aach  darauf  ver- 
wiesen worden,  daß,  wie  viele  andere  sprachliche  Erscheinungen  in  der  Enfc* 
Wicklung  des  Kindes  fiir  das  spätere  Leben  in  Bezug  auf  ihre  sprachliche 
Verwertung  zwar  verloren  gehen,  als  inteijektionelle  Gefühlsäußerungen 
jedoch  bestehen  bleibea,  so  die«  auoh  bei  den  beiden  Vokalen  a  und  i  dmil- 
Heh  sMlmiweiMn  iit:  •  bMbt  sneb  Ar  das  sfAtere  Leben  elete  det  YoIdiI 
der  Bewunderung,  der  Freude,  des  WohhrollenB,  Iran  er  begleitet  poiltive 
GefUb}stöii(>  als  Interjektion ,  ii  ist  im  epMeran  Leben  sieti  ttad  gans  intern 
national  <ler  Vokal  der  Unlust 

Die  Darstellungen  der  ersten  Schreiperiode  des  Kindes  unteracbeidea 
sich  bei  Anent,  Traoy,  Gntsmnnn  nnd  den  ttbrigen  Anlofen,  die  Oue 
AnfineriDunkelt  auf  dieaen  Punkt  felenkt  haben,  nfeht  -weaenttieh.  Jeden- 
falls stimmen  alle  darin  tiberein,  dasa  in  der  ScbreipeHode  des  Kindes  die 
Schreie  variieren  je  nach  ihrer  Bcdonliinpr,  und  dass  die  Schreie  als  ünlust- 
iußerungen  in  dieser  Zeit  der  kindlichen  Entwicklung  vorwiegend  sind. 

Sorgfältigere  und  eingehendere  Unteranchungen  ttber  die  Scbreiperiode 
dea  Stnglings  liegen  ent  au  neneater  Zdt  von  Ontimann  Ter.  Er  ging 
von  der  Anafthanwng  ana,  dnB  die  Sebidperiode  dea  Sindea  für  die  apiteie 
Sprechleiatiing  in  rein  physiologischer  Beziehung  nleht  olme  Bedeutung  sein 
kOnne,  besonders  in  der  Uhifticht,  als  die  Schreiatmung  bereits  pin  Vorbild 
für  den  Typus  der  späteren  Sprechatmung  abgibt.  Wenn  das  Kind  schläft 
oder  ruhig  ist,  so  atmet  es  durch  die  Nase  ein  und  aus,  und  seine  Ein- 
atmungen äbtd  ttngefkhr  an  Zeitdaner  gteieh  den  Aaaatauingen.  Gnna  andeia 
wild  aowohl  in  Betng  anf  den  Atmungaweir  ele  enf  die  Zeifedaiier  der  Tot^ 
gang  beim  Sdireien.  Die  Inapirationen  erfolgen  durch  den  weitgeOff^eten 
Mund  und  dif  l'x?pirationen,  die  der  Trii^'t  r  <!rr  langen  Schreie  sind,  sind 
wesentlich  gegenüber  den  Tn8y>irationen  .nläugert.  Mau  kann  deshalb 
wohl  nicht  mit  Unrecht  annehmen,  üal3  die  Schreiatiuung  des 
Siugltnga  die  apAtere,  Ton  der  Bnheatonng  doeb  ao  weaentlieb  ab- 
weiehende  Spreehatranng  vorllbt  nnd  somit  die  aebwierige  nnd 
anfierordentlich  komplizierte  Koordination  des  gesamten 
Sprecli  Hpp  f\rnt»'8  in  späterer  Zoit  erleichtert.  Diese  Koordination 
if<t  in  der  Schreiperiode  noch  sehr  einiuch,  da  eich  zum  Schreien  nur  die 
Atuiungsbeweguug  mit  der  mehr  oder  weniger  r  e  flektoris  ch  angeschlagenen 
Stimme  yerbindet,  wibrend  daa  Aitikniationaetgan  aldi  Im!  dem  zellek- 
torisch  erfolgenden  Hnndlffiben  nnd  mifllgen  Asateigen  dea  Znngen- 
ritckens  fast  regelmäßig  zur  Vokalbildung  des  ä  resp.  eines  zwischen  a  und 
X  legenden  Vokals  formt.  Ganz  besonder«  riuffallend  ist  auch  die  außer- 
ordentlich p  Liinge  der  Ausatmung  beim  Schreien  dea  Säugliujp* 
Schon  wenige  btuudeu  nach  der  Geburt  autgenommcne  Kurven  derBrust- 
nnd  Banobatmnng  dea  sebreienden  Säuglings  zeigen  niebC  nur,  daß  heim 
Sehreiea  die  getarnte  Atmnngamnakeltütigkeit  ebw  ugenefai  eibObte  nnd  waH 
ausgiebigere  als  in  der  Ruhe  ia^  aondorn  ea  aeigt  aieb  auch,  daß  die  Aus- 
atmung die  Inspirationsbewegung  an  T;";nfre  iiTi?emf^i!i  fibertrifft.  Besonders 
wenn  das  Kind  mit  dera  Schreien  iMijiimt.  iöt  der  erün:  Schrei,  nachdem 
Kleine  hchuell  wiederholeude  Ein-  uud  Ausatmungen  vorhergegangen  sind, 
meistens  ein  sehr  langer,  dem  dann,  wenn  daa  Kind  aieb  beruhigt,  kttnere 
Sebreianaatnnuigen  folge».  In  den  bei  aebzeienden  Kindern  gevonnenen 
Knrven  aeigt  aieb  aber  aneb  gegenüber  der  Bobealmnng  4ea  fllafl^inga  eine 


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BdfiBttto. 


9 


Mßerordentliche  tJnffleichheit  der  Bewe^nor  WährenH  <\'w  Riih<>atmnnfä:  nur 
ab  und  KU  durch  die  Kürperbewesrunprn  (l(  H  KiD'ics  und  rtiroc:hen  wird,  sonst 
aber  in  gleichmäßiger  Ein-  aud  Auäutmuug  weiter  geht,  ent- 
»ineeheiid  ihnr  mtomttiaelien  Regelung  von  der  Hedvlla  obloiigata  ans, 
tritt  bei  der  SehreUtmiiii^  dea  Kimdet  die  i«6arate  Unrogel- 
niäßigkeit  auf.  Das  zeitliche  VerfaXltniB  swiBchen  Bmat-  und  Baueh- 
atnninjrsbpwegung,  die  Form  der  Inspiration«-  nnd  Exspirationskurvo  habm 
in  der  Aul'angszeit  noch  nichts  mit  der  späteren  Siirerhat monp  zu  tun.  Die 
Bewegungen  sind  in  jeder  Beziehung  ungeordnet,  atakiiäch.  Dazu  kommt, 
difi  das  Kisd  idelii  die  Kraft  baiÜBt,  die  lange  Avaatmiug  aUein  dnroh  aeiiie 
Atenmnukelii  henrortobiingen,  lo&dem  ee  aneht  sie  dudi  die  gesamte  Be- 
wegung seines  KUrpers  zu  schaffen,  und  Niemeyer  hatte  durchaus  Recht, 
wenn  er  f»a^,  das  neugeborene  Kind  atme  »mit  aHen  \-icren«.  Bezli^lich  der 
zentralen  Leitunpr  der  Schreibewegungen  des  Säuf^linKs  Hißt  sich  aber  doch 
aus  einer  größeren  Zahl  von  Einzelbeobacbtuugen  immerhin  der  Schluß 
delMn,  daß  iie  nichta  mebr  mit  der  antoiDatiieben  Regelung  der  Baheatmiuig 
zu  tun  hat.  Es  zeigte  sieh  nKmlich  gana  eWdent ein  aaßeror deut- 
liches Überwiesen  der  kostalen  Bewegungsvorgänge.  In  den 
ersten  Zeiten  der  sprachlichen  Entwicklung  läßt  eioh  dieses  Überwiegren 
nicht  so  deutlich  verfolgen  wie  später,  wo  es  immer  häufiger  und  immer 
stärker  auftritt  und  ganz  aUmählich  den  Übergang  zu  den  Yerhältnisseu 
swf sehen  Brost-  und  Baoebatnang  beim  Sprechen  macht 

Die  swelte  Stufe  der  apraehliehen  Entwicklung,  das  Lallen, 
tritt  meistens  anfangs  des  dritten  Monats  ein.  so  bei  Aments  Beobach- 
tung vom  ö\).  Tage  an.  Sikorski  ist  der  Meinung::,  daß  diese  ersten 
Laute  nicht  artikuliert  seien  oder  wenigstens  nicht  deutlich  artikuliert. 
Fast  alle  andern  Autoren  sehen  in  diesen  ersten  reflektorischen  Lallver- 
snehen,  die  bSnfig  In  Form  von  endlosen  LaUmooologen  (Ament)  auf- 
treten, vohlartikulierte  Laute.  Der  unartikulierte  oder  wenig  artikulierte 
Laut  xffT  <c«/ri'  ist  eben  der  Schrei,  und  diese  Periode  liat  das  Kind  ja 
bereit»  hinter  sich,  wenu  es  anlangt  zu  lallen.  So  ist  auch  Meumann  der 
Meinung,  daß  das  Kind  in  dieser  Periode  die  unartikulierten  Laute  durch 
artikulierte  verdrängt,  da  stets  einzelne  immer  mit  Vokalen  verbundene  Kon- 
aonanten,  ffie  sieh  anSsroidentlieh  sehneD  Tefmehrsn  und  in  maneben  Httlen 
mit  nngebenrer  Miuuiigftltigfceit  von  dem  Kinde  produziert  werden,  bervoi« 
gestoßen  werden.  Menmann  nennt  dies  die  Stnfe  des  spontanen 
Lallens.  Die  ßedeutuiij^'  dieser  Lailperiode  des  Kindes  ist  von 
allen  Autoren  Ubereinstimmend  als  darin  beruhend  anerkannt  worden,  dass 
daa  Sttd  Uemdt  >daa  Rohmaterial  der  Spraebe«  (Taine)  erwirl>t  Es 
gewinnt  aof  diese  Weise  eine  reoht  große  Hemehaft  ttber  seine  gesamte 
Spraehmuskulatur.  Es  treten  unter  diesen  Lalllauten  aXmiliehe  Laute  der 
späteren  Sprache  auf  Aus  den  Beobachtungen  aller  Autoren  rnnfimmon- 
genommen  liißt  HiVh  f^ioser  Schluß  zweifellos  ziehen.  Ich  habe  nicht  einen 
einzigen  Laut  auttinden  können,  der  in  dieser  reflektorischen  Lailperiode 
nicht  aufträte.  Das  Eine  ist  aber  doeh  wohl  sieher,  daß  die  grüßte 
Zahl  der  Lalllaute  sieh  In  dem  ersten  und  aweiten  Artiknlatlona- 
gebiet,  also  in  Verknüpfungen  der  Konsonanten  b,  p,  m,  d,  t.  n.  w  mit 
versohip'leTirn  Vokalen  vorfiTi(lr>t.  Oegentiber  Ament  muß  betont  wcrricn, 
daß  Out7m;inn  nie  bestritten  hat.  daß  Uaumenlaute  in  der  zweiten  Penode 
der  kindhchon  Sprachentwicklung  sich  vorfinden,  er  hat  nur  darauf  hin- 


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10 


f  ewiaten,  dum  dieflelben  gewöhnlieh  aeltmi  riad  und  in  den  meUtea  Fäl» 
M  traitvoiom  g«hflB,  daß  dto  HMhakmug,  wenn  dai  Kiad  anfiagt^  mIm 
AHfmefkaaiiduit  auf  die  Sprache  der  Umgebung  zu  lenken  und  seine  dgen« 
Sprache  an  dieser  aufzubauen,  in  deu  weitaus  incistf  n  FäUen  Schwierigkeiten 
inafht  Ein  einziger  dagegen  von  Anieut  ang<  tuhrter  Fall  oder  selbst  ein 
UttUend  derartiger  FäUe  beweist  nichts  gegen  die  aligeiueine  Beobaehtoa^. 
leh  wode  später  noch  niher  anf  diese  Enoheinung  einzugehen  liaben. 

Die  Lftllporiad«  dae  KiBdaa  ist,  wia  beieits  harroigeliobaB,  in  «OMBt* 
KfllMi  all  teAektoriaali  und  ihrer  Bedantaag  nach  ala  Lnatiaßeran; 
des  "Kinde?  anzusehen-  »'f  frpHzt  sich  an  dieser  genau  so,  wie  es  sich  an 
der  Bewegung  der  Arme  uud  ine  ergOtzt.  In  diesem  Öinue  ist  auch  di« 
Entstehung  der  Lallsprache  sicherlich  eine  eigene  Öcbüpfuag 
daa  Kindaa,  vad  es  darf  niokt  übersehen  werden,  daß  der  Bawegnngstrieb, 
dar  ala  harvwrnft,  aioli  bei  allen,  aalbat  bal  den  taiibgal»oreaen  Ktndera 
▼cffindet,  voransgesetzt,  daß  keine  angelM»raie  inteUalDtaelle  Fkydioie 
(Bahwachsinn,  Idiotie)  vorbanden  ist. 

Von  diesen]  reflektorischen  Laürn  zur  Nachahmung  vor- 
gesprochener Lautfolgen  ist  ein  gewaltiger  Schritt.  Die  Beob- 
aefatung  von  Vlerordt,  daß  Kinder  Laatkombinationen,  die  aia  aelbat  laelit 
gut  hetvQiiicaehtan,  aafimga  niolit  a«f  Voie|>ieohaii  naehanahaiea  im  stnde 
ivaran,  werde  ron  aimtUcban  Beobachtern  bestätigt,  so  anch  in  neuerer  Zeit 
von  Meiiniann.  Menmann  hebt  als  eine  Ursache  diosfr  Erscheinung  ben'or 
daü  der  akustische  Reiz  beim  Vorf»prechen  ein  iiiidcrcr  int  als  der  Kelz  «ior 
Laute,  die  das  Kind  selbst  hervorbringt,  und  daß  das  häud  lufoigedesaen  die 
Lanto  nidit  wiedererkennt  In  ähnlicher  Weiae  hal  Storeh  aidi  darüber 
anageaiwociiea.  Ala  Baiajiiel  nimmt  er  daa  Wort  Papa,  daa  daa  Kind  iaieiaflr 
Kachahmnngsperiode  hOrt,  und  meint,  daß  es  unter  allen  den  früher  spielend 
hervorg^braf'hffn  Tviniten  dr?  Kindes  wahrscheinlich  nicht  einen  einzigen 
gUbe,  der  diescDi  Klanggebiide  vüllig  entspräche,  daß  es  aber  gewiß  eiui^rc 
sehr  ahnüche  und  einen  allerähnlichsten  darunter  gäbe  und  nun  infolgedeä^a 
der  Mmlirrhate  anklingen  weide.  Daa  Kind  mfiaae  infolgedeaaen  durch 
Probieren  keransnbekonsnen  anehen,  wie  aeine  Reproduktioa 
dem  Vorgesprochenen  möglichst  ähnlich  werde. 

In  allererster  I>inie  ist  nntürlirli  das  Nachsprechen  iiiKnforn  ein  \*iel 
schwierigerer  V'organg,  als  dazu  ein  Wollen  von  Seiten  des  Kindes  gehiSrt 
nnd  zwar  ein  Wollen,  das  sich  auf  ganz  bestimmte  Bewegungsvorgünge 
eietreeken  maß.  Während  dM  LaUen  noch  auf  der  tiefon  Stalb  der  Bs- 
flexäa0erangen  dea  Kindea  afeekt,  iat  die  Naohahnuag  beieita  ein  beirnlkw 
Vorgang.  Auch  Meumann  hebt  dies  klar  hervor,  indem  er  das  spontane 
Hervorbringen  eines  kindlirhen  T.HiitHB  als  rein  riifüli^'  nnsieht.  als  Ergebnis 
einer  zufälligen  güust iL'^t  a  Koordination  der  Sprechuiuskulatur,  wahrend  beim 
Nachsprechen  die  Laute,  welche  gesprochen  werden  sollen,  in  gewiaaem 
Sinne  gewollt  werden  nfiaaen.  Daa  Naebabmen  iat  deaenaoh,  wie  Henmana 
neb  anadrOekt,  nicht  bloß  ein  Spielen  mit  den  Spraebwerkaengea, 
sondern  ein  willkürliches  Arbeiten  mit  denselben  im  Dienst  der 
Lauterzeugung  nach  dem  Muster  der  Erwachpenon  PieReobachtuag. 
daß  bei  dem  Beginn  der  Nachahraungspe  ri  mI  »■  dit  Kiuder  infolge 
der  anßerordentlicheu  Autuiorksauikeit,  die  der  Vorgang  des  Vorsprecheae 
ibaen  abniltigt,  aie  ao  Tollatllndig  gelingen  ninunt,  daß  aie  aom  Antriebe  tk 
ftr  daa  Neehapreefaen  gar  aiehta  ttbiig  behalten,  iat  duebaaa  liebtig.  Da» 


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Befente. 


11 


Klsd  achtet  deihilb  itann  Mf  ta  Vonpieehente,  ja  M  l»nt  vor, 

dȧdinIvTi8t  am  spontanen  Lallen  in  dieser  Zeit  vollkommea 
vorloren  geht  und  dir  Kinder  stamm  werden  Kr&t  ^anz  aUmihlich 
emacbt  wieder  die  Luit  an  der  laatlioheu  Äußerung  und  daa  Kind  sacht  nun 
mmk  MBgVflUdt  nMkmiliBiBii.  Oende  bei  der  Nftehahmungsperiode  zeigt 
sieh  aber,  daB  die  ArtikalationsgeaehickHchkoit  dee  Kladet  fttr 
die  einzelnen  Laatklaeaen  veraohledan  groß  ist  Eb  werden  dem- 
nach diejenigen  Laute  am  ersten  nftflitresprochen,  die  von  denjenigen  Muskeln 
gebil'let  werden,  die  das  Kind  durch  das  Saugen  bereit«  am  besten  eingeübt 
bat,  das  heißt  die  Laute  des  ersten  und  zweiten  Artikuiationssystems,  die 
benfts  oben  angetthrt  wordea  lind.  Ament  hebt  bervw,  daß  diei  beMmden 
deahalb  der  Fell  eei,  weU  die  wachahrnwiden  Kiader  anf  den  Mnad  dea  Vor- 
eprecheaden  fehea  und  demaaeb  aaeh  diejenigen  Laute  am  besten  und  erstea 
narhahmen  werden,  die  ara  ersten  und  leichtesten  sichtbar  sind,  und  das 
t^iini  eben  gerade  die  Laute  des  ersten  und  zweiten  ArtikulutiDrtPsystenis. 
Daß  der  optische  Eindruck  dabei  wesentlich  unterstützt,  kann  keinem  Zweifel 
«ateriiegea  lllr  deiyenigen,  der  jemala  die  grofie  AafiaetkiaBkeit  beobaehtet 
bei,  adt  der  das  BJad  aaf  dea  Hoad  dea  VoftptedieBdea  elebt  Beibelaate 
und  Gaumenlaute  werdea  häufig  erst  spat  willkürlich  nachgeahmt  und  bis 
dahin  durch  leichter  zu  bildende  Laute  ersetzt.  So  tritt  fast  stets  die  Er- 
setzung der  Reibelaute  durch  die  entsprechenden  Verschlußlaute  ein. 

£b  ergibt  sich  aus  dem  bisher  Dargestellten,  daß  wir,  bevor  das  iüud 
aar  selbetlndigen  Sprache,  aar  Worä>ildiing  gelaugt,  drei  Perlodea  aater- 
aebddea  mUsaea,  —  ob  wir  sie  ala  Voratafea,  wie  Meamaaa  wül,  oder 
als  Perioden  der  Spraekeatwieklung  bezeichnen,  macht  keinen  wesentlichen 
Priterfleliied  ann:  1)  das  Schreien,  2)  das  reflekto risch e  Lallen,  3)  das 
bewus-^tc  Lallen  oder  die  Nachahmung.  Diese  drei  Stufen  der  Spraclj 
entwickiuüg  aiud  gerade  deswegen  so  wichtig,  —  obgleich  sie  in  ihrer  Bedeutung 
eidier  redit  biallg  nateiadUltifc  wordea  eiad, — weil  iie  die  y  o  r  b  e  r  ei  ta  n  g  d  e  e 
Kiadeaaaf  daa  eigeatliche  Spreebea  daretellen.  Der  Naebahaiaaga*- 
versuch  dea  Klades  ist  der  Übergang  zur  Spoatansprache.  Daß  in  der 
Nachahmungpzeit  Lchon  dss  Sprachveratändnis  des  Kindes  weit 
voraus  entwickelt  ist  seinem  S jinntfinsprechen,  kann  durchaus 
keinem  Zweifel  unterliegen.  iü>  ist  deshalb  von  verschiedenen  Auto- 
rea  die  EaterleUaag  dee  SpraebTentladniaaea  ala  beeoadere  VoiaCafii  dea 
Spreebeae  selbst  aageeehea  wordea,  ao  -voa  Sikoraki,  Oltuszewski  aad 
auch  von  Meumann,  der  das  bloße  Verstehen  vorgesprochener  Worte,  wäh« 
rcnd  da?  Kind  noch  nicht  spontan  spricht,  als  eine  Vorstufe  oder  wenigstens» 
als  vnrberolft  nden  Prozeß  der  Sprachentwicklnng  betrachtet.  Meumann 
hat  durciiaus  Keciit,  wenn  er  in  der  Literatur  dieses  Gegenstandes  die  genügende 
BeaibeÜaag  der  EatwieUnag  dee  SpraebTefitXadaineB  ▼enalflt  lob  eelbet 
habe  mebrfiMh  bervoigeboben,  da0  ee  giOßerea  latereeee  baben  rottßte.  am 
Schlüsse  des  ersten  Lebensjahres  durch  Ansproben  festzustellen,  wieviel  Worte 
das  Kind  versteht,  als  in  spüterer  Zeit,  beispielsweise  am  Schlüsse  den  zweiten 
Lebensjahres  festzustellen,  wie  daa  recht  oft  gemacht  worden  ist,  wieviel 
Worte  das  Kind  selbst  anwendet.  Natürlich  sind  wir  für  die  Deutung  dee 
Iriadliehea  Spraehveretitadaieeea  daaa,  weaa  daa  lUad  aocb  niebt  apridit, 
aar  aaf  die  Dentnag  seines  laßeren  Verhaltens  angewiesen,  wie  Heumann 
nachdrücklich  betont.  Er  meint  auch,  daß  dieses  Verhalten  vieldeutig  sei 
aad  darob  die  vencbiedeaeten  pqrobopbyeiaoben  Vorgänge  vx  Stande  konunen 


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12 


Befente. 


kOnne.  Er  weist  ferner  darauf  hin,  daß  die  ecsten  Sparen  des  kindlichem 
Sprachversti&ndniasM  sehr  frfih  aalMeB,  daB  mIiod  in  den  entan  MooftteB 
FmoM  der  Umgitair  dvr^  Zwedon  und  Aaradm  aif  die  CMIftle  daa 
KladM  einwirken  kennen,  daß  eie  das  Kind  beruhigen  können,  wihrend  der 

Vater  und  andere  Personon  d?i7i!  nicht  im  Htnnde  sind.  Sifhprfieh  ist  dips 
noch  kfiiip  Spur  von  Sprachverstäudnis.  sondern,  wie  Meumann  es  nennt, 
eine  dilTerenzierte  Suggestion,  da  sich  mit  der  Stimme  der  Matter  gewisse 
»ttgmiebne  tihmatm  Naehfiriikiingen  psycliophysiselMr  Art  Tertaifipfen: 
Erfidiiag  der  gtflhuig  der  kfaidUehen  Bedttifidese  ete.  Sprachveretindnii 
beweist  es  aber,  wenn  Kinder  bei  Benouiung  yon  Gegenständen,  Vor- 
gängen. Personen  diese  mit  K'ipniowejjfungen,  mit  dem  Blicke  oder  mit  Hand- 
bewegnngen  aufsuchen  und  durch  Lachen  oder  BonsH^  GefÜhlsänßenmgrea 
verraten,  daß  sich  mit  jenen  aufsuchenden  Bewegungen  emotionelle  uud 
iateUektueUe  Nachwirkungen  verbindeii,  die  daa  Objekt  ala  eia  deas  Eiade 
b^nntea  eiaeheinen  laaaeik.  Daa  Lindneraeha  Esperinent»  daa  er  bei 
seinem  noch  nicht  V2  Jahre  alten  Knabea  maohte  und  das  darin  beataad, 
daß  ihm  die  Worto  l  icktack  itftcr  vorgesprochen  wiirdm  während  «»r  an 
die  tickende  Wanduhr  gebracht  wnrde,  und  daß  das  Kiinl  nach  ei[iiL':t  ii  1  il-^-  (i 
durch  das  vorgesprochene  VV'urt  Ticktack  vcraniabt  wurde,  die  Waaüuiir  an- 
«UMliea,  beweiit  natttrlieb  nodi  ideht,  da6  daa  Kind  dae  VoiateUiing  der 
Ubr  oder  ihrea  GeritoacbeB  oder  aoeh  daa  Ortea,  wo  ale  bXngt»  hat,  aonden 
würde  nach  Heumann  zunächst  nur  beweisen,  dass  sich  das  gesprochene 
Wort  »Ticktack<  mit  dem  Scltall  rier  Uhr  assoziiert  hat.  Daß  aber  Sprach- 
verständniä  iui  Alter  von  8  bis  10  Monaten  hei  Kindeni  fnr  die  pcv^  ülinlichen 
G^onstände  seiner  Umgebung  vorhaudeu  ist,  erscheiut  mir  nicht  zweifelliaft 
und  wird  aneh  für  andere  ttbeneogead  naebgewieaea,  wean  naa  auf  vor- 
geaprocbene  Worte  wie  Pappe,  Ball,  HÜdh,  Hamm,  Papa  uad  Derartlgea  mdir 
atets  oder  doch  vorwiegend  die  dem  Gegenstande  entsprechende  Bichtnags- 
bewefnino-  des  Kfifife«  inh-r  der  Augen  wahmiinmt.  Die  räumliche  Orien- 
tierung des  Kindes  tritt  auch  nach  Meumann s  Beobachtunj^en  sehr 
früh  ein.  Gegen  Ende  des  ersten  LebensjahreB  läßt  sich  jedenfalls  schon  vou 
elaer  gaaaaa  Aaiahl  tob  Worten  daa  SpraehTeittiiidaia  bei  den  Kinde  aaeh> 
weiara.  Die  Kritik,  die  MenaiaBn  aa  den  früheren  Damtettongen  Erd* 
roanns  fDie  psychologischen  GrundUgen  der  Beziehungen  zwischen  Sprechen 
und  Denken  Archiv  fUr  systematisclie  Philonophie  18%;  übt,  der  die  Ver- 
knüpfung zwischen  Wort-  und  Öachvorstellung  des  Erwachsenen  auf  das 
kindliche  Seelenleben  einfach  übertrug,  muß  man  jedeufalls  als  berechtigt 
aneilcennen. 

Die  Bezeichnung  und  Beschreibung  der  einseinen  EntwieUnagqteriodea 
der  kindliclien  Sprache,  die  die  einzelnen  Autoren  geben,  machte  ich  nun- 
mehr kurz  anftihren.  8 uUy  unterscheidet:  1)  vorsprachliches  Lallen^  2)  Über- 
gang zur  artikulierten  Sprache,  3;  Anfange  zur  Sprachnachahmung,  4)  Um- 
gestaltung unserer  Worte,  6)  logiaehe  Seite  der  Kindersprache  und  6)  Satz- 
bildnng,  wobei  er  aber  die  letaten  drei  Punkte  jedenfidla  aieht  ala  Ent« 
wicklangBStafen  der  Sprache  angesehen  wissen  will,  da  er  ndt  diesen 
Schlagworten  nur  charakteristische  kindliche  Sprech  versuche  znsammenfaßt. 

Linduer  f;illt  aus  der  gewühnliehcn  Einteilung  der  Sprachentwicklun^ 
des  Kindes  voiikommen  heraus,  indem  er  folgende  drei  Stufen  aufstellt 
1)  die  Stofe  der  bloßen  Lanteneogung  oder  Schallnachahmung  ohne  den 
Zweek  der  Hltteilaag  iaaerer  Zuatinde,  8)  die  Stofe  begiaaeadeii  Spraeh?«f- 


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Referate. 


13 


Btändnieses,  wo  von  dem  Kinde  der  Zweck  der  Sprache  zwar  erkannt  oder 
(loch  geahnt,  abrr  norh  nirbt  die  Fülii^'keif  der  Mitteilung  innerer  Znstiinde 
mit  Hilfe  der  Sprachlaute  erworben  ist,  und  H  f^i^"  Stufe  des  eigentlichen 
Sprechenlemens,  das  heißt  die  Benataung  der  äpracülaute  zu  Bianvollen  Ver- 
MndoBgon  wm  Zwecke  der  Mitteilung  iuaavt  laalBttäB.  Kan  aiugedrttokt 
Tumai  LlBdner  die  «mto  Stoib  die  pliyetologieelie,  die  swelte  die 
logische  und  die  dritte  die  pbilologlsehe.  Lindner  betont  zwar,  daß 
die  drei  Stufen  nicht  so  zu  verstehen  seien,  daß  die  ersto  abgeBchlossen  sei, 
wenn  die  zweite  beginne,  ebensowenig  die  zweite  zu  Anfang  der  dritten.  Ob 
aber  mit  seiner  Einteilung  der  Zweck  erfüllt  wird,  den  er  damit  verknüpft 
bat,  UaBeh  die  Enekeinungen  In  der  epfeehlleheii  Entwi^hmg  de»  Eäsdee 
in  ein  beetlmmtee  System  m  infngeii,  um  sie  dadurch  der  bunten  Haanlg- 
Ikltigkeit  in  en&leiden,  erscheint  doch  BweifsDiaft. 

Traoy  arWießf  ?(ich  im  wesentlichen  Preyers  Klassifikation  der  kind- 
lichen Bewegungen  in  impulsive  Bewegungen,  Keflexbewegongen,  Instinkt- 
bewegungen und  vorgestellte  Bewegungen  au  und  versucht  nun,  diese  Stufen 
inft  der  SpndwnliHeklung  des  Kindel  in  ÜbereinttfaBmong  sn  bringen,  sodaO 
er  nnek  für  die  Sprnehe  die  Stadien  reflexiver,  inetinktlTer  und 
vorgestellter  Äußerungen  unterseluidet  Sa  beetehen  die  ersten  vom 
Kinde  f^eüußerten  T.ante  nur  in  spontaner  willenloser,  vorstellungsloser  Kund- 
gebung der  angeborenen  Bewegongskraft  Der  Bewegungsvorgang  selbst  ist 
automatisch,  und  derselbe  Muskelinstinkt,  der  das  Kind  zwingt,  mit  den  Händen 
sn  grelftn,  mit  den  FUfien  sn  eohlagen,  zwingt  anflk  eelne  Lippen,  Zunge,  KeU> 
kopt  Lnngent  aie  snillmi.  Dies  ietdee  irapnlslTe  Stadinv  der  Sprache. 

Im  Reflexstadlnm  der  Sprache  findet  Traey,  daß  das  ICind  bestimmte 
Laute  als  Envidprang  auf  bestimmte  Empfindungen  äußert.  Es  sehe  pfu 
helles  Licht,  hüre  einen  eigerinimlirhen  Laut,  ftihle  eine  warme  Beriiliruüg. 
und  alle  diese  Empfindungen  rieten  gewisse  Laute  bei  ihm  hervor.  Diese 
Lsnf»  seien  noch  ein  blofies  LiUen,  das  nidit  die  Mitwiiknng  des  WiDene, 
sondern  nur  Empfindnngs-  und  Bewegungevofg&ige  in  sich  schließe.  Hier 
sei  der  Reflexbogen  in  seiner  einftchslen  Form  ToUstfndig,  nnd  hierans 
entstehe  die  Nachahmung. 

Im  instinktiven!  Stadium,  das  nach  I  racy  später  eut^teht,  kfinne 
man  gewisse  Laute  entdecken,  welche  die  Bedürfnisse  des  Kindes  ausdrücken, 
obgleich  dieselben  wahrschelnlieh  noch  ohne  bewnfite  Abeieht  gelnßeit 
werden.  Hier  untencheide  man  in  dem  Seluei,  der  anfimgs  einibnuig  und 
ausdruckslos  gewesen  sei,  Tefsehledene  Qeftihlszustände  recht  gut:  Hunger, 
Schmer^..  Müdigkeit  ti.  s.  w.  Traey  **teht  hier  in  einem  deutlichen  ^rco^en- 
satz  zu  fast  P'inifli  hen  Übrigen  Autorcu,  da  diese  Unterscheidungen  ja  bereits 
in  der  Schreipuriode  des  Säuglings  deutlich  zu  Tage  treten. 

In  dem  Torgestellten  oder  überlegten  Stadium  der  Spraehentp 
wieklnag  behenseht  nadi  Traey  der  Wille  voUstindig  die  Sprachwerit>. 
seuge;  das  Kind  äußert  seine  Worte  mit  bewußter  Absicht;  die  passive  und 
unbewußte  Nachahm nng  der  Laute  wird  aktiv  und  bewußt,  füe  Worte  werden 
miteinander  verbunden,  um  die  immer  verwickelter  W(1mI<  nii  ii  Vorstellungen 
auszudrücken.  Als  Beispiel  fUr  seine  Anschauung  gibt  i  raey  die  Um- 
wandlung ehMs  eimelnen  Lantes  dnreb  Jene  mfelnanderfolgendten  Stadien 
Uttdareb,  iritaMeb  die  Silbe  bis»  ^aafimgs  gans  von  lelbBt  entetOnde.  «Das 
Kind  liegt  zufrieden  in  der  Wiege,  die  Bewegungskraft  strömt  Uber,  die  Lippiin 
bewegen  sich,  indem  lie  rieh  lanft  Oflken  nnd  ichliefien,  wihrend  der  Atem 


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14 


Bafefito. 


ansstWJmt,  und  dadorch  wird  der  Laut  wa-ma-iua-ma-tiia  erzeufi^;  er  hat  aber 
noch  keine  Bedeutung;  er  iat  rein  aatomatiMhe  Äußerung.  Dann  wird  aber 
4ltnan»e  Luit  dueh  gvwiiM  EapliadingeB  hetfuigwuliMi,  toa  deam  dte 
«tae  fahr  wahrscheinlich  in  dem  Anblick  der  Matter  odtr  €inflff  aaden  Psncn 

besteht  Das  Wort  hat  jedoch  noch  keine  bestimmte  Bedentnnf^;  es  ist  &n 
nnht^fitimmter  demonstrativer  Aosrof,  ein  reiner  Reflex.  Spiter  wird  es  der 
Au^  iruck  für  j^ewisse  körperliche  BedlirtuisBe  und  Zustande,  dann  äußert 
(Xaa  Kind  diesen  Laut  als  einen  Aasdmck  des  Bedttr&iäaes  seiner  aatürliches 
EnOragr.  Hierdarob  wird  dat  Wort  mit  dar  Miitt«r  ÜMt  ▼«rimdea;  nant 
«iteielieiiilich  nur  mit  der  Brntt,  später  aber  mit  iliter  Pbim»  flbarlisapa. 
Dadurch  wird  der  letzte  Schritt  beim  Übergange  gemacht,  und  nun  tritt  das 
Wnrt  mama  aus  dem  halb  bewußten  instinktiven  Stadium  in  daa  vorgestellt« 
Uber;  es  wird  mit  der  Mutter  fest  verbuudeu  und  mit  ihr  allein;  es  wird  mit 
der  bewußten  Absicht  gebraucht,  ihr  die  Wünsche  und  YoisteUangeii  de« 
KladaatiiitnitaOeBi  aad  aa  wird  aadlleh  M  ihrer  Abwaaaaheit  ia  ajaeraelehaa 
Waiae  gebraneht»  daOaieh  IhrBÜd  dem  Odat  daa  Kiadea  fiiat  aiafspiift  ba*«. 

Oltnszewski  unterscheidet  drei  Entwicklnngsperioden:  1)  die  ursprttngr- 
liehe  Sprache,  das  heißt  einzelne  Laute  nnd  die  stumme  Sprache,  die  Ent- 
wicklungsperiode der  SprachgedKchtQiözentreu.  Hier  entwickelt  sich  zu- 
nächst das  GchOrsgedüchtnis  und  später  das  motorische  (AufiEassen,  Wieder- 
bolea),  vfld  8)  die  Periode  der  Vefbiadaa^  tod  Begriiba  mit  WBrtera.  die 
aelbaCiBdige  Sprache. 

In  ganz  ähnlicher  Weise  stellt  Sikurski  die  Sprachentwicklung-a- 
perinden  dar.  Kr  unterf^'hpidet  1  die  Periode  der  Erlernung  der  Laute  [Vor- 
bereitungsperiode], 2/  das  V  erstehen  der  Wörter  und  3)  die  Ausspracbe  der 
Wörter.  Seine  Darstellung  beginnt  sofort  mit  der  LaUperiode,  die  er  seltK 
aamarweiae  ala  aiebtartilcalierte  StfanmlaBle  beaebreibt  Aoeb  aaeh  dem 
10.  Ifonate  finden  lieb  aach  Sikorski  bei  dem  Bülnde  zwar  veraehiedeae 
artige,  aber  nicht  ganz  deutlich  artikulierte  Laute  wie  tl,  tlja.  dl,  am,  ma, 
mani,  al  u.  s.  w.  Nar!i  r!?(».««or  Zeit  beginne  das  ELind  dem  Sprechen  der  Er- 
wachsenen zu  lauBctieu  und  eigne  sich  im  Laufe  eines  oder  einiger  Mona.te 
rasch  die  Bedentang  vieler  gehörter  Wörter  an,  das  beißt  es  assozü^  die 
Wortiaale  mit  ibrer  Bedeataag.  So  ?acatfiadea  die  Kiader  aas  Bade  dea 
errtea  Jabrea  meistenteils  aebea  die  Bedeutong  vieler  Wörter  aad  vieles  von 
dem .  was  von  Erwachsenen  gesprochen  werde,  jedoch  sei  das  Kind  noch 
Vicht  im  stände  zu  reden ;  ihm  sei  die  Sprache  nur  als  aknsti«icher  Eindrnck. 
aber  nicht  als  motorisclier  Akt  bekannt.  Nun  beginne  das  Kind  zuerst  nacii- 
idmend  (Echosprache},  dann  selbständig  Wörter  auszusprechen,  wobei  oa 
raaebe  Fortaeluitle  maebe.  Wo  VenOgeraag  ia  der  SpreebeaftwieblBi^ 
vorkäme,  beziehe  sie  sich  am  häafigaten  auf  die  Aassprache,  nicht  aber  ant 
das  Vrrsflindnf?  fler  Worte.  Daraus  schließt  Sikorski  die  Schwierigkeit 
der  Erlernung  der  für  das  !^i»rechen  erforderlichen  Bewegungen  Pin  n-rußte 
Bchwierigkeit  zeigt  sich  nach  ihm  in  der  Prozedur  der  Verbindung  i^weier 
«ad  beaoadera  mebrecer  Laote  sa  eiaer  Silbe.  Alle  Kinder  ohne  Ausnahme 
erieiebtera  aieb  aaeb  Sikoraki  die  Aalgabe  der  SllbeabiUnaff  dadandi, 
daß  aie  einen  oder  zwei  Laute  auslassen  und  die  Sfllie  vereinfteben,  iadeai 
sie  nur  ein  bi««  zwei  statt  drei  bi«  vier  Laute  in  derselben  lassen  .  Glaa  =  lae, 
klein  =  len.  Er  wiederholt  in  seinem  jetzigen  Werk  die  Angaben  8etn€>r 
früheren  Untersnchongen  (Archive  e  Nenrologie,  Band  6,  1883)  und  unter- 
aebeidet  aaeb  jetst  aoeb  awei  verschiedene  Typen  der  Lautent- 


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Refente. 


15 


wieklvng  det  kindlichen  Spreeli6ni.  Mich  Uun  riobten  naidw 
Kinder  fbr  Angenmeik  tot  lüeni  nf  das  Bekaantweiden  mit  dem  Gerippw 

des  Wortes,  das  helft  mit  der  Meng;e  und  der  Intonatioii  der  Sflben;  andere 
Kinder  dagegen  achten  mehr  aof  die  Eigonsfhnftcn  der  einzelnen  l.ante.  So 
komme  es,  daß  die  Kinder  der  ersteren  Oruppe  beim  I^ernen  der  .Sprache 
mehr  von  der  Beobachtung  der  Atmangs-  und  Vokalisattons- 
arbeit  anagehen,  wlhrend  die  Anfinerksamkelt  der  Kinder  der  urolten 
Chuppe  sieh  mehr  anf  die  nrtiknlatorisohe  Arbelt  richte.  Soweit 
Ich  sehen  kann,  steht  Sikorski  mit  dieser  Anechanung  ziemlich  allein,  ebenso 
wie  er  wohl  aneh  mit  der  ;\]\nn  steht.  dnO  er  die  Leichtigkeit,  mit  der  daa 
Kind  die  komplizierte  Ar  Ix  it  des  Sprechens  liborwindot,  nur  auf  den  Besitz 
des  Sprachzentnuns,  daa  gleich  dem  Zentrum  des  ijenkens  Alleingat  des 
Menschen  sri,  siuttekflihrt  So  kommt  es  nach  Sikoraki  aneh,  daS  der 
Besita  des  Sprache entrnms  es  dem  Menschen  ermSgliehe,  eher 
daa  Sprechen  als  das  Gehen  an  erlernen,  obgleich  ersteres  nnver- 
gleicblich  schwerer  sei  «Is  dns  «weite.  Natttrlioh  kann  eine  ererbte  Dispo- 
sition des  Menschen  zum  Sprcchenlemen  nicht  geleugnet  werden;  das  »Sprach- 
z.eutrum  selbst  aber  ist  sicherlich  nicht  angeboren,  sondern  muß  von 
federn  dnsetnen  Menschen  erworben  werden,  ja  es  kann,  wie  aahUoee  Beob- 
nchtongen,  besonders  bd  Kindern,  lehren,  nach  ZerstOmng  darch  Tisnma, 
an  einer  andern  Stelle  des  Gebims  von  nonem  wieder  aufgebaut  werden. 
Vrm  einem  »Zentrum«  des  Benkens  in  dem  gewrtlinlirhen  Sinne  der  Lokali- 
satioiish'hre  kann  man  wohl  beim  Menschen  nicht  reden,  und  ich  glaube 
nicht,  däU  heute  noch  ein  Psychologe  existiert,  der  Denkvorgänge  bei  Tieren 
▼ollalindig  lengnen  wollte. 

O.  Franke  stellt  die  Spnchentwicklaag  der  Kinder  in  vier  Hanpe* 
stnfen  dar.  Die  erste  Hatiptstafe  ist  die  Zeit  der  Willenlosigkeit 
Hierhin  fr^hören  die  Äußcrungea  des  Schreiens,  des  Lachens  und  Lallens  und 
vokalische  Oeftfhleänßerungen.  Lachen  und  Lallen  tritt  ungefähr  zu  gleicher 
Zeit  anf,  was  auch  iusol'em  natürlich  int,  als  ja  beides  Lnstäußerungen  sind. 
PQr  das  Lallen  stallt  Franke  sls  Regel  hin,  da0  hn  swellmi  Monate  das 
Kind  nnr  rein  -vokaüache  Silben  oder  aolche  bUde,  die  ans  einem  Vokal  oder 
einem  einzigen  Nasen-  oder  Verschlußlaut  oder  h  oder  einem  undeutlichen  r 
bestehen.  Im  driften  Monat  reihen  sich  dem  häufig  ei,  i  und  1  an,  und  das 
Kind  bildet  auch  Silben,  in  denen  ein  Nasen-  oder  flüssiger  Konsonant 
unmittelbar  neben  einem  Verschlußlaut  derselben  Artikulationsstelle  steht, 
also  rabfln  wie  omb  nnd  angfca.  Gesondert  stellt  Franke  die  TOkallachen 
Gefthlsiaßerangen  dar,  die  er  als  noch  hedentnngsvolleten  Schritt  ansieht. 
Den  Vokal  S  sieht  er  selbst,  ebenso  wie  Vierordt  und  Preyer,  als  Un- 
InstTokal  an.  Der  Vokal  a  wird  von  ihm  win  von  Vierordt.  Strüm- 
pell. Preyer  u.  v.  a.  als  Lustvokal  angenommen,  ebenso  wie  die  Ver- 
bindung ei.  Die  Lautäußeruugen  nach  den  ersten  drei  Monaten  betrachtet 
Franke  als  gleichsam  eine  »Lantspraehe  im  Larven instande«.  Mit 
dem  Brwachsenen  habe  das  Kind  gemein  die  ans  Vokalen  nnd  Konaonanftsn 
bestehenden  Lantverbindungen,  das  Ansdmoksvermügen  mehr  oder  minder 
bestimmter  GefUhlszustände  durch  Töne  nnd  T>autbildungen,  .ninerdem  das 
Hüren  der  Lautäußcrang  anderer  unter  Anzeichen  des  Interesses,  doch  man- 
gele dem  Kiude  die  Willkür  hei  der  Hervorbringung,  die  Absicht,  sich  ver- 
stlndfieh  sn  machen,  nnd  die  FSUgkeit,  andate  an  ▼erstehen.  Im  dieser  Be- 
aiehnng  atehe  es  nnter  den  SKngetleren  nnd  VHgehi.  Franke  webt  aber 


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16 


Boffinte. 


mit  Recht  auch  darauf  hin,  d;ib  nich  in  die^or  Zcir  üie  Keimr  der  ( Tcbiinlou- 
eprache  entwickein.  Es  gelaugeu  die  (jictiiliia^^utitäiide  de»  SiiugliugB  durch 
»iMidoM  BeftiOKiMtfiulo«  Ton  KOiperteilm  aum  Anidnck,  sowoU  Lost-  wie 
UalwtgellUiIe  dnieh  Isbliallsre  B«w«g«Bfni  der  Aim«  und  BoIm  v.  a  m. 

Die  zweite  HsnpMüi  dHurakferiaiert  Franke  als  die  Zeit  der  Ähn- 
lichkeit  mit  der  Tierspraehe.  Es  zeigen  n\ch  ^r>wiMe  Willensluße- 
mngen  wnd  da»  Verstehen  dersolhon,  i\m  Aushtrci  ken  der  Arme  mit  oder 
ohne  Lante  als  Zeichen  des  Veriaugeuä  u.  a.  m.  1:  ranke  glaubt  schon  in 
der  16.  Woehe  den  Niehfthttongitrieb  aofteBcheB  m  eehen  and  aielit 
den  Beweit  diritt,  dftß  matt  in  dieser  Zelt  EindAr  dm  briogeii  küiuie,  dtfi 
sie  Bewegnagett,  die  iie  bereite  mwillkllilicli  gemacbt  lieben,  den  Erwaeheenen 
willkürlich,  wenn  anch  nnvollkommon  nachahmen,  so  das  Mondspitzen  Die 
meisten  Autoren  gehen  derartige  NacliaJimungon  noch  nicht  als  willkürliche, 
sondern  ai»  ganz  rc f lektorische  au,  so  die  auch  dahing^Orige Encheinong, 
daß  der  SSogUng,  wenn  nua  Um  eelKchell;,  edu»  sdemlioh  fok  mit  Liebeie 
eiitwortet  Auf  dieeer  Stufe  eieitt  Frenke  nielit  nvr  Lallen  der  Kinder, 
sondern  ^anbt,  da0  gewisse  SQbenfolgen  absichtliche  anwillkürliche  Last- 
üußeningen  seien;  absichtliche,  weil  das  Kind  jetzt  »chnn  I.nute  bilden  wolle. 
anwillkUriirhe,  weil  es  die  Art  der  LAUte  noch  ganz  deu  .Sprachwerkzeugea 
Uberhusse.  Er  rechnet  dahin  die  Erscheinung,  daß  das  Kind  auf  Aureden 
antwortet  nnd  daß  ee  in  gewieaer  Welae  onomalopoetiaQh  Spredieii  und 
Leeen  naehlllt  Feiner  trete  die  VerUndnng  des  Zeigena  ndt  LantSnßeningea 
nnd  verstllndnialGse  Nachabiuuiii:  von  Wörtern  auf. 

Die  dritte  Haupfptuff^  i  }i:ir;ikt  riBiert  Franke  als  >men8chlichen  Ver- 
stand ohn*'  Hobrauch  der  Muttersprache«.  Diese  Stufe  kennzeichnet 
sich  dnrch  das  Wortrerständnia,  das  im  vierten  Vierteyahre  lebhaft  erwache 
nnd  lieBlieh  weit  rieb  entwickle.  Der  Zeitpnnkty  in  dem  ebsb  das  Wortve^ 
stibidnis  deutlich  dnreb  Zeigen  aof  vorgesprochene  Worte  nachweisen  lißt, 
iat  dnrchschnittlich  der  zehnte  bia  elfte  Monat;  es  kommt  aber  anob  früher 
vor  dfi  Franke  ein  amerikanisches  Kind  anführt,  das  im  Alter  von  acht 
Monaten  Jeden  im  Uause  mit  Namen  kannte,  ebenso  die  WOrter  fUr  die 
meisten  Gegenstände  im  Zimmer  und  Körperteile.  Bei  Taine  wird,  wie  wir 
eben  aebon  sahen,  der  sehnte  bia  elfte  Könnt,  von  Traoy  der  lebnte  bia 
xwtttfle,  von  Preyer  der  dreiaeiinte  bia  fttafitefante  angegeben.  Hier  geht 
er  anch  auf  die  Wortschöpfung  ohne  Nachahmung  ein  undwriatdar* 
auf  hin.  daß  »u<t  Mundgebärden  Wortkeime  henor^prit  Pen  können,  so  die 
hfinfig  angetlihrtc  Verbindung  raem  oder  mum  für  Hunger  oder  pap-pap-pap 
tür  EssenwoUen.  Auch  Franke  hält  eine  derartige  äprachscböpfang 
obne  Nnebnbmung  für  aebr  apirlleb,  jedodi  weiden  wir  nna  weiter 
ottten  noeb  mit  Stnmpfe  aaaffifadieber  Mittsilnng  Uber  eine  beaondera  eigen- 
artige Sprachentwickinng  zu  beschäftigen  haben.  In  dieser  Periode  tritt  nach 
Franke  auch  die  WortHfhiipfuug  durch  Nsichabinung  Ton  Naturlanton  o'w.. 
wobei  aUerdin<r<«  bemerkt  sein  mag,  daß  meistens  schon  von  der  Umgebung 
diese  onomatopoetischen  Worte  dem  Kinde  vorg^prochen  werden.  Auf 
dieeer  Stufe  tritt  bei  Kindern  aneb  Teratindnidoaea  Naehapvedien  yoa 
Wörtern  ein  (Eebolalle). 

Die  vierte  Haaptstufa  «idlich  ist  nach  Franke  die  Aneignung  der 
Muttersprache,  wobei  in  der  ersten  Zeit  nur  einzelne  noch  nicht  zu  einem 
Satz  vereinigte  Wörter  gebraurlit  werden  ^vorauf  dann  spater  die  Zeit 
der  äatzbildung  oder  die  prädikative  6tufe  eintritt. 


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Bafente. 


17 


Frauke  macht  deu  iuterefisauteu  Veräi^cli,  deu  ßchon  uieurere  Auioren 
imtenioinBien  haben,  lo  Sehleieher,  SehtiltBe,  QntsnMa,  Anest,  di* 
Spneheittwickliiiig  d«r  Ibniolihflit  in  Paxallde  «  d«r  Spitelieiitwicldiiiif 
des  Kindes  zu  bringen,  ein  Venmch,  auf  den  wir  jedoch  bei  dleaem  Referat 
nicht        r  elu<rohen  wollen. 

(  ompayr/'  endlicli  iintersclieidct  in  ziemlich  dmi! In  Im m  Anschlüsse  an 
Tracy  vier  istuieu  der  i:.ütvvickiuug  der  Sprache.  Aul  der  ersten  ätofe 
der  l^fachentwlcklnng  finden  idch  nur  StinmXnßemngen ,  die  qwntui  und 
oline  beabnchtlgie  Bedeutung  hervotfebiacht  weiden,  StiaBdaGemngen  lein 
mechanischer  Natur,  die  er  als  instinlctmäßige  Übung  der  Stimm- 
bändor  oder  als  besoitil pro  Art  dos  Mu8k»*lH piele  ansieht  In  der 
zweiten  Periode  werden  diese  Stimmäußeningen  meiir  rfiflexinäßigc,  dnrch 
äußere  äclialleinwirkungen  veraniaßte  Tätigkeiten.  Gerüuüche  und  iSchalle, 
welche  daa  Kind  httrt,  wirken  gieicheam  als  eine  Heranafofdemag  aaf  daa 
Kind,  darauf  mit  aeiner  Stimme  au  antworten.  »Ea  plappert,  ala  ob  ee  denen 
antworten  wollte,  die  zu  Ihm  sprecheiK  Auf  der  dritten  Stufe  werden 
die  Laute  und  Artikulationsversuche,  die  anfangs  automatisch,  iTiRtinktmlißig 
oder  reflexartip  waron  bald  zu  Zeichen,  mit  denen  da»  Kind  seine 
Gefühle,  Emptiudungen  oder  seinen  Willen  ausdrückt,  ohne  daß 
in  dieaen  lantUehen  Äußerungen  aelbat  ein  Shui  oder  Inhalt  enthalten  tat 
ISnige  WOrter,  ebenao  abaichtiiehe  OebJMen  weiden  ala  Auadruckamittet 
gebraucht.  Auf  der  vierten  Stufe  zeigt  daa  Kind  adne  Intelligenz  dadurch, 
daß  CS  die  wahrj^nommenen  Lantklünjje  rielitip^  dputet  \md  daß  es  sie 
selbst  hervorbringt  Compayre  ist  der  Meinung,  daß,  bevor  Worte  zur  Be- 
zeichnung des  Begehrens,  der  Gemütszustände  und  Gedanken  des  Kindes 
dienen,  OMiIrden  in  dfoeem  Zwecke  verwandt  weite  und  daß  die  Ge- 
bürdenapraehe  die  Lautapraehe  vorbereite.  Spiter  Ott,  wenn  die 
geistige  Entwicklung  welter  Torgeschritten  sei,  rücke  die  Gebärde  an  die 
zwcitp  Mfplle  und  diene  mw  noch  als  Beihilfe  in  den  Fällen,  in  denen  daa 
Wort  Tii(  ht  gleich  zu  Dieimteu  stehe. 

Wie  man  aus  dieser  DarateUnng  siebt,  sind  zwar  die  Schriften  über 
Sprachentwicklung  dea  Kindea  und  Beobachtong  seiner  laaCUchen  Änße* 
magen  auch  in  den  letaten  Jahren  nicht  aelteo,  jedoch  iat  eine  einheitliche 
Auffassung  aller  Erscheinungen  immer  noch  nicht  erzielt  Frenz el,  der  wie 
aufh  lizesniczek  fidi  in>  wef^t^ntlifhcn  refcnVrend  verhält,  zieht  aus  einer 
Zusamtnenstellunir  il  r  vl'r^^(  hirdi  lulirlien  modernen  Ansichten  über  die  Stufen 
in  der  ^>pr:u  lientwickluug  des  Kindes  den  Schluß,  daß  sich  in  der  Sprach- 
emtwicklung  dee  Kindea  awei  nuukante  Haoptperioden  onteracheiden  laaaen: 
1)  die  Periode  der  unbewußten  paealven  Lantinßervng  und 
2;  die  Periode  der  bewußten  aktiven  LantSußeiung.  Zur  ersten 
Hauptperiode  gehören  ala  Unterstufen  die  Zeit  der  impulsiven  automatischen, 
reflexiven  und  instinktiven  LautäuBeningen,  und  zur  zw«  itr>n  die  Zeit  der 
Bildung  einzelner  Wörter  durch  Nachahmung  und  SpontAueität  und  die  Zeit 
der  Satabildnng. 

Wnndt  unteracheidet  in  aeiner  »Vtflkerp^ydiologie«  wie  die  am  Eingiag 
diaaea  Beferatee  angeftthiten  Autoren  drei  deutliche  Stadien  der  kindlichen 
Stimmlautentwieklung.  das  erste  ist  daH  der  Schreilaute,  das  gewöhnlich  bis 
in  die  sechste  LebenBwoche  reicht;  da«  zweite,  das  von  der  pjebenton  Woche 
bis  zum  Ende  des  ersten,  oft  aber  auch  noch  bis  gegen  Eqde  des  zweiten 
Lebensjahres  sich  eratreckt,  das  der  artikulierten  sinnlosen  Laute;  daa  dritte 
ImUt  Ar  P^fcholofi«.  L  Utanlv.  2 


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18 


Referate. 


I 


endlich  boginstmit  der  Herrorbxfaigung  artänlierter  Lmte«  denen  die  besfimnite 
Abeieht  der  Benennung  beiwohnt,  and  dns  lat  die  Stidinm  der  tigientiicbcn 

Sprachbildung;  es  nrnfaßt  die  tuf  das  zweite  Jahr  folgenden  Lebensjahre. 
Im  let/tfMi  Stadinm.  dem  «I^t  »ML-^'ntlichcn  Spraohbildiin^,  treten  nnch  Wundt 
zwei  Momeute  ziiHummeu,  die  Lautnachahoiung,  wie  sie  in  dfr  Echosprache 
ihren  Ausdruck  dndet,  und  das  Verstehen  gehörter  artikulierter  Laute,  das 
flieh  m  dm  Ventehen  nlndaeher  und  pantominiiaeher  Bewegungen  aasehUeSt. 
Vit  dieeem  fidle  jedoch  der  verständniaTolle  Gebrauch  der  Worter  seitfieb 
noch  nicht  /iisammen,  sondern  erst  nachdem  Nachahmung  und  Verstilndnis. 
boide  iinabliiiiijri?  von  einander,  eine  Zeit  lang  geübt  worden  seipn.  treten 
die  ersten  mit  dor  Absicht  der  Mitteilung  «rebrauchten  sprachlichen  Jjcuöu- 
nnngen  auf.  Danu  kümmon  die  weiteren  Wortbildungen  der  Kindersprache 
meiiteuB  so  nech,  daß  schon  un  der  sweiten  HXlfte  dea  aweiten  Leben^ahns 
die  Beseiclinungen  der  Gegenatinde  derCmgebong  isahlreieh  Torhanden  liad. 
So  konnte  Wandt  bei  einem  Mädchen,  dessen  erste  mit  dem  Zweck  der 
Bonenniinp  gebrauchten  Spraehlantc  frcnau  in  den  zwölften  Monat  fielen,  im 
neunzehnten  Monat  bereits  tki  Wörter  zählen,  die  sich  einen  Monat  Hj);itw 
abermals  um  zwölf  vermehrt  hatten.  Die  hüofiger  gebrauchten  artikulierten 
GefttUilaate  raiidiren  tkk  nach  Wandt  erat  nach  dieaw  Zeit  der  «nMet 
WortbQdnngen. 

Mit  besonderer  Energie  wendet  sich  nun  Wnndt  gegen  die  Annahme, 
daß  däi*  Kind  Worte  erfinde,  und  er  meint  tlabei.  daP  lif  Anschauung.  d:iG 
das  Kind  »eine  Sprache  selber  ertinde,  nicht  nur  bei  Müttern  und  Ammen 
herrsche,  sondern  auch  von  pädagogischen  Beobachtcru  der 
Kinderapraehe  faatananahmeloa  undebenao  von  ▼ielen  Psycho- 
logen geteilt  werde.  Die  obigen  kurven  Referate  der  neaeren  Sehrifir 
ateller  bestätigen  jedenfiüls  diese  Wundt^ehe  Auschauunf?  nieljt. 

Höchst  interessant  int  aber  in  die'^  r  Hinsicht  eine  Mitteilunur  von 
C.  Stumpf  Uber  die  spraelilidie  Knt\\i(kluug  eines  Kindes,  ii&s  hin  in 
seinem  dritten  Lebensjahre  eine  ganz  eigenartige  Sprachbozeichnnng  hatte. 
Immerhin  handelte  es  sich  auch  in  diesem  FaDe  nleht  um  £e  Erfindung 
neuer  AoBdiflcke,  sondern  um  die  Kombination  gegebener.  Oana  aufiaUend 
ist  die  plStsliehe  Bekehrung  dea  Kindee  zu  richtiger  Sprechweise,  Stumpf 
deutet  dies  so,  daG  der  Knabe  entweder  »des  Spieles  satt«  geworden  sei. 
oder  aiTflt  »dif  Abweichung  seiner  Sprache  von  iI't  gewöhnliclifn  und  ihre 
LnvoUkommcubtiiten  zuletzt  doch  als  störend  uud  beschämend  empfunden 
haben  mochte«.  Dieser  letzt  angeführte  Grund  stimmt  mit  Beobachtungen 
an  hOrstummen  Khidem,  auf  die  wir  In  «nem  spSteren  Referate  eingehen 
werden,  gut  susammen. 

Auch  Meura  an n  l)efaßt  sicli  am  Schluß  seiner  mehrfach  bereit»  beriiek- 
eiehti-rten  Arbeit  mit  der  Frage  nach  der  Wortertindung  des  iündes  uud 
meint  mit  Hecht,  daß  dd»  unter  normalen  Verhältnissen  aufwachsende  Kind 
seine  Sprache  in  allen  wesentlichen  Teilen  dem  mitteilenden  Einfluß  der  Er^ 
waohsenen  Terdanke  und  daß  es  sich  diesen  gegenüber  wesentlich  pasiiT  und 
aufnehmend  verhalte.  Dem  entsprechend  müßten  wir  alle  Eigentümlichkeiten 
der  Kindersprache  aus  den  UnvoUkommenheiten  des  Kindes  aus  TTemmun^s- 
Ursachen  und  nicht  aus  einem  im  Kinde  wirksamen  pprachscliöpferisehen 
Element  der  kindlichen  Entwicklung  erklären.  Die  seltenen  Fälle  von  um- 
fangreicher Eigensprache  des  Kindes,  wozu  der  oben  erwähnte  Fall  von 
Stampf  auch  gefaOrt,  «eigen  Uberall  die  direkte  Nachahmung  des  Erwachaenen. 


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Befeiftte. 


19 


Daa  Eigenartige  dieser  Fälle  liegt  nur  darin,  daß  eine  Art  WeiterfUlinmg  der 
Siiroebwfiiae,  die  der  ümgebmig  abgeUueht  itt,  die  gehdcten  Wortitiiamo 
yentttnundt  oder  nmwt&ddt  Jedenfiüle  paßt  der  Begriff  »Erfindung«  durak- 

MM  nicht  auf  die  beobachteten  Fälle. 

In  den  sämtlichen  Perioden  der  sprachlichen  Entwicklang  zeigen  sich 
gewisse  8t^5ranjren  und  Hemmnngen,  die  znm  Tiil  auf  die  Entrvicklung  selbst 
zurückzutuhrcn  sind.  Sprechen  doch  wold  alle  Autoren  von  einem  physio* 
logischen  Stnmnieln.  Menmann wwXiintnnBdrttekliehwiePreyer  n.m.a. 
«ne  phyaiologisehe  Htfretnniniheit  Wissen  wir  dwik,  daß  die  Nach- 
ahmuut.'Bkraff  der  Rinder  sieh  anidi  auf  pathologische  Fr^i  ]:ninungea  in  der 
Uni-i  tmnt:  des  KituloH  H(>hr  leicht  er^freoken  kann  und  daß,  da  im  wpgent- 
li<  in  u  die  ersten  lautlichea  Erscheiuuniion  des  Kindes  als  Roflexv(jri;iiugo 
gedacht  werden  müssen,  jede  Hemmuug  des  Ketiexvorgangcä  aucii  eine 
Hemmnng  der  normalen  Entwiddnng  der  Sparaehe  hedenien  kann.  Li  der 
Tat  lassen  sich  fast  alle  SprachstOmngen,  die  wir  beim  Kinde  vorfinden,  anf 
Hemmungen  der  Enti^icklung  zorttckftlhren.  Alle  HemmunKen  der  Sprache 
be7i*»hPTi  Pich  t«ils  auf  Ausfallserscheinungen  der  zur  normalen  Enhvifklung 
derbprache  nötig-en  Reize,  teils  auf  übermäßige  Erhöhunf?  derselben,  und  dies 
läßt  sich  an  den  drei  großen  Gebieten  des  gesamten  Sprachapparates,  dem 
peripher  impressiven,  dem  xentralen  und  peripher  expressiven  ohne  HHhe 
nachweisen. 

In  einem  zweiten  Referate  Aber  die  neueren  Erfahrungen  anf  den 

Gohietf»  der  Spraehstörungen  bei  Kindern  gedenkt  Referent  aus- 
fuhr I  i  c  h  auf  diese  pathologischen  Erscheinungen  der  kindlichen  Sprach- 
entwicklung zurückzukommen. 

Literatur. 

Ament,  Wilhelm,  Die  Entwicklung  von  Donken  and  Sprechen  beim  Kinde. 
Leipzig  1899. 

Compayr4,  Die  EntwieUmg  der  Klndesseele,  dentseh  von  üfer.  AUen- 
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En7}'klo]);irH8cliem  Handhiirh  der  Päda^of^ik.  1899. 
Frenzel,  Fr.,  stuica  in  der  Sprachentwicklung  des  Kindes,  in  »Die  Kiudor- 

forscbung«,  Zeitschrift  für  Kinderforschung.   Langensalza.  1901. 
G atzmann,  Hermann,  1)  Die  Sprachlanta  des  Kfaides  nnd  der  NatnrvOIker, 

Zeitschrift  für  püdsgogische  Psychologie  1899. 
 1  8)  Die  Sprachentwtcklnng  des  Kindes  nnd  Ihre  Hemmungen.  Vortr. 

auf  d.  IV.  Versammlung  d.  Vereinn  f  Kindorforsdinng  Angnst  190S. 

(s.  Zeitschr.  f  Kinderforsehung  1902]. 
 .  3]  Die  Schreiatmung  des  Säuglings,  Verhandl.  d.  Ges.  für  Einderheil- 

knnde.  Carlsbad.  190S. 
L ladner,  Gvstav,  Ans  dem  Natnigarten  der  Klndersprache.  Letpalg.  1898. 
Menmann,  Ernst.  Die  Entitehnng  der  ersten  Wortbedentnngmi  bdm  Kinde. 

Leizi^.  ltH>2. 

Oltaszewsk  i,  Die  geistige  and  sprachliche  Entwicklung  des  Kindes.  Berlin, 

1S97. 

Bzesniczek,  Znr  Frage  der  psychischen  Entwicklung  der  Eindeisprmehe. 
Breslau  1899. 

2* 


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20 


Beierate. 


8lko»lii,  die  SmI»  dm  Kliidei,  Mbit  kuiim  Oiuidtifi  du  mtb&na  piy- 

chiscboQ  Evoladon.  Leipzig  1902. 
8t0ich,  E.  1)  Muflkelfunktion  und  Bewußtsein 

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Berlin  1902. 

StBiapf,  C,  Eigenartige  apraoUtehe  EntwioUong  eiitei  Kindel.  Beriln  1901. 

(ZeitMlir,  £  i^idacogiMbe  FtydioL  «.  FMli.) 
SvUy,  UntersachmiiMi  flbet  die  Kindheit  (Obeisetet  von  StimpfL)  Iieipe« 

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WttBdt,  YiilkerpByobologie  I.  Leipaig  1900. 


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Referate. 


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4.   ,  Weitere  Untersnrhnnpren  Uber  totale  Farbeoblindheit  Zeitaebr.  Dir 

Psychol.    Bi\  !?9.  8.  99^117.  1902. 
W.  Just  siehe  Schenck. 

5.  J.  V.  Kries,  Über  die  im  Netzhautzentrum  fehlende  Nachbilderacheinung 

und  Aber  die  diesen  Gegenstand  betreffenden  Arbelten  von  C.  Hess. 
Zeitaehrift  fttr  Fajobol.  Bd.  8»,  8.  81-^  IMfi. 
€.  Theoretische  Studien  Uber  die  Unatimmnng  dee  Sehoi^ganes.  Pes^ 

f'  bnft  der  Universität  Freibiirpr  7A\m  SOjHhrippn  Rejnemnprsjiibiläum 
Ü.  K.  Höh.  des  Großherzofr.s  Friedrich  von  Baden.  19()2  8.  146 — 168. 

7.  A.  Lehmann,  Die  kürperlichen  Äui>enmgeu  psychischer  Zustände.  II. Teil: 

Dks  physischen  Äquivalente  dwBewnfitseineerecbelnangen.  Leipzig. 
Verl  von  0.  K.  Beisland  1901.  327  S.  mit  80  in  Zink  geUaten 
Tafeln. 

8.  — ,  Über  die  Hellifrkeitsvariationen   der  F-irhen     Festschrift  znm 

siebzigsten  Ge])urt8tag  von  Wilhelm  Wuudt,  II.  Teil.  Pbil.  Stnd. 

XX,  S.  72—115. 

9.  S.  Magdongall,  IDnor  investigations  in  senae  perception,  n.  The 

Relation  of  aatnratlon  in  homi^nona  eolora  to  tbe  area  orer 
wbicb  the  eolor  ia  apread.  III.  The  quantitaHre  relatkna  of  stimn- 

Intion  area  and  eolor  thrcahold  in  discrete  as  compared  with 
coütiuuous  extenta.  Am.  Jouni.  of  Psych.  XIII,  4.  1902. 
S.  481—487. 

10.  G.  Martina  t  Über  die  Daser  der  Lichtempfindnngen.  —  Beitritge  inr 

Fayebologie  nnd  Phüoaopbie  I,  a  S.  27&— 808. 

11.  W.  A.  Nagel,  Über  die  Wirkung  des  Santonina  auf  den  Farbensinn, 

insbesondere  den  dichromatisrhen  Farbenainn.  Zeitschrift  für 
Psychol.  27,  4.  IWl.   S.  267—276. 

IrehiT  flu  Pijcbalogi«.  I.   Literatur.  3 


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22 


Befente. 


12.  W.  A.  Nagel,  Erklärung  zu  Uer  vorstehenden  ivergl.  oben  4j  und  eiuer 
froheren  Arb^t  Ton  C.  Hat«  ttber  totale  FarbenbUndbeit  Zeitaebrift 

für  Psyebol.  29,  2.  1902.   S.  118—120. 
la  n.  14,  W.  Schaternikoff.  Über  den  Einfluß  der  Adaptation  aaf  die 

ErscheimiTiff  des  Fliniinern?  13;.  —  Neue  Bestimmiinf^en  \\\>*'r  die 
Vertt'iluni?  dvv  Diiiiiiiierungswerte  im  Dinpersionsspektruni  des  Ga»- 
uud  des  Sunueuliclites  14;.  ZeitäoLrit't  für  Paychol.  29,  4,  1902. 
S.  241—268. 

15.  F.  Schenck  und  W.  Jnst,  über  iitlemiittiereiide  Netahaiitniniiis. 

PflUgera  Archiv  ftlr  Physiologie  Bd.  90,  S.  270—284. 

16.  W.  Uhthoff.  Kin  weiterer  Beitrag  zur  angeborenen  tnt^^!.>n  Farben- 

blindheit.   ZeiUjchrift  Olr  Psyehol.  Bd.  27,  5.    S.  m. 

17.  K.  J.Wilson,  On  coluur-photouieiry  aud  the  phenumenoD  of  rurkinje. 

University  of  Toronto -Stadiee,  Psyehol<»gioal  Seriea.  VoL  II. 
8.  47—67.  1902.  Preis:  »  1,60.  The  UniTeraity  Library. 

18.  W.  Wirth,  Der  Fechner-Helraholtz'scbe  8atz  Uber  negative  Nachbilder 

und  seine  Analugiecn.  —  Wandt,  Phil.  Stad.  XVI,  S.46&.  XVII, 
S.  311.  XYUI,  S.  Ö63. 


Wie  achon  ein  Bück  anf  die  Znaammenatoilnng  der  Arbeiten  leigt,  auf 

die  ich  mich  zur  Vermeidung  einer  noch  längeren  Verzögerung  des  eratea 
Referates  boschränkeu  will,  stehen  Vcrsiu  he  Uber  kurzdauernde  und  inter- 
mittierende Kt  i7.iiii;r  mit  ihren  Ni  beuwirkungen  augenblicklich  im  Vorder- 
grunde des  Interesses,  uacbdeui  hier  mehrere  Arbeiteu  der  letzten  Jahre 
neben  der  Anaaicht  anf  einfache  qnantitaür  beatimmbare  Oeaetiaiilfiigkdten 
angleieh  manche  Streitftagen  und  aeknndXren  Probleme  geieltlgt  hatten.  Audi 
gtikg  man  hier  auf  die  Revision  der  aus  älteren  Untersuchungen  Ubemommenen 
Vftraupfetrnngen  zurffck.  So  hatte  vor  allem  über  den  Verlauf  des  .Anstei- 
^vnri  drr  l-ichterrenrnujc  bi.s  zu  derjenifreii  Keizdauer.  die  jcweiln  eine  Maxiiu&l- 
wirkuug  Lerbeitubrt,  bis  iu  die  letzte  Zeit  iiu  uUgemeiueu  immer  noch  die 
nXndiche  Anffaasung  gebenacht,  die  ana  den  allererBton  Untefanehugen  von 
Einer  vor  36  Jahren  herrongegangen  war.  Im  vorigen  Jahre  enddenea 
nnn  gleich  zwei  nene  Arbeiten  auf  diesem  Gebiete  v<m  6.  Martins  ans 
seinem  Laboratorium  in  Kiel  10)  und  von  K,  Dürr  au»  »brn  Institut  von 
Herrn  ProfeBsor  Wundt  2  ,  die  vüllii,'  unabiiiiniErijr  von  einander  entstanden 
und  durchgeführt  wurden,  und  die  Frage  nach  Ausgangspunkt,  Methode  and 
Umfang  Teracbleden  behandelten.  Hart  Ina  erinnerte  angMeh  an  eine 
nna  noch  wenig  berttckalchtigte  Arbeit  von  Charpentler  (10,  S.  966  f.),  der 
achon  früher  die  Exner'achen  Veranche  nach  dner  eigenen  Metbode  nnch- 
prüfte.  Allerdinj^s  vollzo«:  diefer  aneh  bereits  die  von  Martins  angenom- 
mene Verpehiebun;:  der  Kraijestellun^:.  ins(dern  er  durch  direkte  Verjrleichung 
des  iu  »einer  Dauer  variablen  Reizes  mit  dem  lionünuicrlich  dargebotenen 
die  »Ifaximalsdt«  anchte,  oder  beaaer  daa  Minimnm  degenigen  Rmzdaitea-, 
das  anr  Eraleliing  der  gewOhnUehen  Helligkeit  bei  IHngerer  Parbietang  eben 
hinreicht  Sobald  die  maximale  Reizwirkung  grüßer  ist  als  die  gewöhnlich 
gesehene  Helligkeit,  die  iri.^besnndere  bei  Fixation  auf  dunklem  Grunde 
Mieder  lorttresetTt  lan^'.saui  almiuimt,  wird  natürlich  auch  die  vn>(  Fvuer 
gesuchte  Zeitbestimmung  tiir  die  Maximalwirkung  etwas  anderes  sein  mü^^en 
ala  die  Mazimalseit  im  Sinne  Charpentlera.  Die  Zahlen  dea  letateren  aind 


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Referate.  23 

am  bedentend  geringer  als  die  von  Exner  Itir  seinen  Wert  gefimdenen 
Großen,  auch  schien  die  Erregangsknive  bis  zum  Maximnm  geradlinig  zu 

verlanfpiL  T)och  fand  auch  Ch.  eine  umgekehrte  Proportionalität  der  Zeit 
zur  Reiziutensitiit.  M  ar  t  i  ub  und  D U  r  r  suditen  aber  nun  zunächst  auch 
das  Prinzip  der  Exuer 'sehen  Beobachtungäm ethode  selbst  nachzu- 
prüfen, n.  s.  etaleter  achon  Im  Jabie  1886  sugar  onter  Verwendong  eines 
bis  ins  Einseine  nnehgeahmten  Appantes  (10,  S.  884  ff.}.  Beide  bestKtigen 
den  Einwand,  den  sclion  Kunkel  1875  erhoben  hatte.  Von  awei  benaeh- 
harten  Reizen  von  gleicher  oltjektivcr  latcnsität,  von  denen  der  eine  etwas 
gpäter  beg^onnen  hat,  kann  zwar  der  letztere  auch  bei  ziemlich  kleiner  Zeit» 
differenz  seines  späteren  Beginnes  dunkler  erscheinen,  wenn  beide  Beize 
rot  dn  Kaiiuafanlt  dar  beiden  Erregungen  ibbreeben.  Es  gilt  also  anr 
Not  die  untere  Grenie  der  von  Exner  abgegrensten  Region  des  gesaehten 
Wertes.  Doch  verhindert  eine  kurze  Zeitdifferenz  zwischen  dem  beider- 
pfitiirou  Beginne  einen  flentlichen  Vorteil  des  später  beu^innenden  Reiz.e«  für 
den  Zeitpunkt,  wo  der  früher  he^rinnende  sein  Maximum  bereits  überschritten 
hat,  wodurch  die  obere  Grenze  fixiert  werden  sollte.  Viel  früher  darf  aber 
der  etile  Beis  radi  nieht  vor  dem  streiten  be^unen,  weQ  sonst  die  wixk- 
Ucbe  Xa^malxeit  ans  den  beiden  Grensen  nieht  melir  so  einfaeh  an  bneehnen 
ist.  Martins  leugnet  nun  die  Verdunkelung  des  längeren  Reizes  bei  der 
Exner'schen  Anordnung,  also  die  Möglichkeit  einer  oberen  Grenze,  ganz 
allgemein  auch  für  viel  größere  Zeitdifferenzen  zwischen  dem  Eintritt  beider 
Reize  (10,  S.  294.].  Dürr  konnte  mit  seiner  allerdings  nur  hinsichtlich  der 
ZeitrerbiUaisse  analogen  AMMrdniing  wenigstens  bei  dies«  Vergrößerung 
der  Zeitdifferenx  eine  Zonshme  des  Proaentsataes  der  üfte&e  im  Sinne 
Exner's  konstatieren  (t,  S.  11).  Die  £xner*aehe  Anordnung  bei  Hartiaa 
enthält  allerdings  wegen  der  unmittelbaren  Nachburs^fliaft  der  beiden  Reiz- 
felder an  und  für  sich  ungünstigere  Bedingungen  zur  scharfen  Abgrenzung 
einer  lokalen  Adaptation  in  der  von  einem  früheren  Zei^unkte  an  gereizten 
Fliehe.  Außerdem  bedarf  es  hieran  einer  starren  Fixation,  die  awar  Martins 
nicht  besonders  von  seinen  Versnehen  erwShnt,  die  aber  doeh  e^^ntiieb  mit 
den  Exner* sehen  Voranaaetaangen  selbstverständlich  gefordert  erscheint 
In  ih'T  Anordnung  von  Dürr  waren  beide  Reizfelder  durch  einen  dunklen 
Streifen  getreuut  und  wurde  genau  fixiert.  Mit  diesem  ll  iui  teiuwandc  gegen 
die  Methode  dürften  aber  nun  aucii  die  Ausstellungen  au  i:;  x  n  e  r  s  Unter- 
sachnng  im  weaentiUehen  abgeaclilossen  sebi.  Was  Martins  sonst  noeh 
an  den  theoretisehen  Yoianssetanngen  angreift  (10,  8.  284  ff.},  riehtet  sich 
annäclist  gegen  Anidracksweisen,  die  auf  veralteteut  sber  liier  an  sich  nieht 
störenden  Anschannngen  beruhen.  TTidfiu  lOxner  die  miteinander  zw  ver- 
gleichenden Felder  in  ihrer  AusfUlluug  b»'!  Heginn  des  Versuche«,  wo  das 
eine  noch  schwarz  ist,  sozusagen  als  Urbild  des  ganzen  Gesichtsobjektes  an- 
sieht, nennt  er  den  (hinsichtlich  des  HelligkeitsverUltnisses  mit  ilim  11b««in- 
stinuaenden)  Anblick  beim  Abbrechen  vor  dem  Maximum  des  ersten  Reises 
sehr  mißverständlieh  ein  Abklingen  im  »positiven  Nachbilde«,  das  dnreh 
Schwarz  abgeschnitten  werde.  Den  oben  theoretisch  abgeleiteten  entgegen- 
ge««etzten  Anblick  beim  Abhnub  nach  dem  Maximum  aber,  bei  dem  sich 
die  t'rUlier  begonnene  Eiuptindung  bereits  im  »absteigenden  Aate«  befindet, 
bezeichnet  Exner  als  Abklingen  im  »negntiven  Nachbilde«.  Spesiell  gegen 
dies  letstere  wendet  sieh  nnn  Martins  wegen  seiner  Annähmet  da0  die 
Empfindung  nach  ilirem  Ansteigen  bis  lur  vollen  maidmalen  HelUii^eit  aa> 

3* 


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24 


Bttfeimte. 


aUiirnd  konstant  bleibe,  was  mit  leiiiOT  Theorie  ttber  das  Wesen  des  nega- 
tiven Narhbildop  ühorhaiipt  in  f^iv^'f^m  7nsamTnf»Tiln?iirf>  ßtfht.    T'ni  de&seut- 
willon  h:it  iiir  iiin  nur  die  oben  genannte  (' h  a  rpe  n  t  i  e  r  sehe  Definition  der 
»Maumakeit«  einen  »Sinn  nnd  ist  für  ihn  das  öuchen  Exnera  nach  einem 
«weites  Diirdiiduiittq>iiakt  iweier  seitlich  etwie  gegendauder  Teneho- 
hener  Enegugilranreii  objdctiy  gleieher  Reise  im  PHnsipe  tasBiditsloe. 
Sobald  dnzdi  die  besondere  Bedingung  der  Fixation  das  ichlieOKche  Auf- 
treten eines  verdunkt  ln(1en  nef^ativen  NachbiM»^f  nrx  der  länprer  vorhande-nen 
Empfindung  herbeigelilhrt  \vfirde.  %v';fre  dies  nach  Marti us  eben  nicht  mfhr 
eine  Untenuchang  des  uorinaieu  Krregungsverlaafes.  Indessen  üurite  doch 
woU  die  In  der  FixctioB  liegende  Bedingang  mr  Herabeetsan;  der  Helligkeit 
naeh  dem  Haadimni  Ton  d»  giaien  AnordBong  kenm  m  treraen  Miiip  wenn 
man  wirklich  den  Erregnngsverlanf  nach  einer  bestimmten  Reineit  einer 
Sehfeldstelle  untersuchen  will,  die  nicht  dorch  Blickschwankiinfrf n  unter- 
brochen wurde.    Wenn  Martins  ferner  sagt,  daß  die  llcrfin-i    iüjl'  des 
»absteigenden  Altes«  deshalb  irrtümlich  sei^  weil  dieser  in  \Viri<liciikcir  beim 
gevdhalielieii  Btkn  ehe»  ao  knn  eei,  ab  der  mfhieigeiide  (lo,  S.  289  ,  m» 
ist  hier  von  tfartint  wahneheialieli  dae  »AbkUngen«  naeh  Anfhtfren  daa 
Reizes  gemeint,  nicht  daavonExner         absteigender  Aat«  bezeichnete 
Herabsinken  der  Errefrnn«;:  während  des  liinffer  dauernden  Reiies  selbst,  zu 
dem  also  auch  das  nt'gati\  e  Xa«  fibihi  nicht  noch  lnn7>nkoinint.  mit  dem  viel- 
mehr die  Bedingung  zum  »Abklingen  im  negativen  Nachbilde«  identisch  ii»t. 
Endlich  ist  von  Martins  noch  auf  die  Notwendigkeit  einer  exakten  Ab- 
grensnng  wlrklidi  absolut  dnnUer  Zeitribune  hingofriesen  worden,  die  ianbe- 
sondere  iiir  die  von  Ihm  selbst  untersuchten  minimal<m  Zeiträume  von  griSßter 
Wichtigkeit  sind.   Die  neuen  Methoden  verlassen  nun  beide  ebenso  wie 
die  Char  pentie  r  Kclie  die  zeitliche  Variation  der  einen  als  Vergleicheretz 
dienenden  Ueiligkeit  und  lassen  den  kurzdauernd  dargebotenen  Reiz  mit 
einem  räumlich  und  bei  Martins  auch  zeitlich  von  ihm  scharf  gesonderten, 
in  konstanter  Welse  dargebotenen  Nonnalreia  vergeiehen,  enie  diiekle  Methode, 
die  Exner  selbst  wenigstens  bei  der  Hessnng  des  allmählichen  Anst^gena 
der  Erregung  bei  untermaximalen  Reizen  veniv'endet  hatte,  allerdings  immer 
noch  mit  dem  rntersehiede,  daß  er  die  Zeit  des  V^^rirl^ichBreizep  für  die»  ver- 
schiedenen Keiz/eiteu  so  variierte,  wie  es  den  von  ilim  gefundenen,  liir  die 
einzelnen  Intensitäten  verschiedenen  Maximakciten  dieser  Vergleichszeiten  ent- 
sprach. Bei  Martins  ist  die  Beobaehtnag  noeh  fortgesetst  eine  subJektiTo 
dnreh  ein  Unsen-  nnd  Femiehnystem,  wie  Qberiisnpt  sein  neuer  wertvoUer 
und  vorzllglieh  wiedergegebener  Apparat  ans  dem  Helm h  ol  tz  -  E  x  n  er- 
sehen unter  Berüi-ksichti^nng  der  nbi^rfn  FtTuviMid»«  weiterentwickelt  war 
Er  gestattete  für  1'^  der  »clmellen,  unmittelbar  abgrenzenden  .Scheibe  ein 
Intervall  bis  zu  ca.  1/20000  Sek.  abwärts.  Ahnlich  wie  bei  dem  Tachistoskap 
▼on  Erdmann  nnd  Dodge^)  war  dnreh  geeignete  Lage  der  abschneidenden 
Scheibe  in  dem  liehtstrahlen'Kegel  eine  gans  exakte  Abgrensnng  der 
absolut  dunklen  Intervalle  möglich.   Endlich  versuchte  Martina  die 
üngestörtheit  der  Wirksamkeit  des  variabeln  Reizes  dadurch  zu  einer  nbso- 
luten  7.11  machen,  daß  d  er  Verprleichsreiz  überhaupt  nicht  simultan 
geboten  wurde.  Dieser  wurde  vielmehr  durch  ein  analoges,  zum  ersten 
psrslleles  optisdies  System  gesehen,  das  aber  wegen  der  korrespondierenden 

1)  Über  das  Lesen,  1806  S.  10t 


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4 


Hefeimte. 


25 


Lage  der  Felder  bei  binokularer  Retraehtim?  doch  nur  mit  abwechhehhiem 
Veradüuß  oinm  Auges  zu  gebraucheu  war,  bezw.  bei  Hin-  und  Hergehen 
dea  iribnUelieik  AqgM.  Damit  war  a]»er  natOiUch  an^  die  PvioiBioii  etwaa 
verauDderfe,  welehe  in  der  Vefgleiehimg  IwnachlNurter  HelUgkeiteii,  aolbat 
noch  bei  hinnidiender  Entfemnng  derselben,  vorhuideB  Ist  Die  Bedeutung 
der  T^olienin^  ranßto  freiHr)i  öfters  diireli  mehrfache  weiren  tlpr  l^rhwif>ri>l<*'it 
des  puceessiveu  Vergleiches  erwünsehte  \\  tederlioluu^r  des  kurzen  Iteizes  bis 
ZOT  Störung  durch  positive  Nachbilder,  »owie  durch  die  gegenseitige  tieeiu- 
floaaniig  der  beidetaeita  makntar  geadieiieii  Vei{^ieli8objekte  aelbat  wieder 
einigennaßen  modifiaiNt  werden.  Antotoi  war  aber  nnn  anf  Grand  der  berelta 
genannten  Annahme,  daß  nach  Erreichnng  des  Maximums  die  Empfindnng 
annähernd  konstant  bleibe,  eine  kontinuierliche  Aussicht  auf  den  im  parallelen 
System  dauernd  sichtbaren  Nonnalreia  gestattet  Über  die  oben  in  ihrer  Be- 
deutung für  das  Problem  hervorgehobene  Fixation  wird  bei  dieser  neuen 
Anordnnag  aiclita  erwilmt.  Die  Dttrr'aebe  Anofdinmf  aeigte  dem  ftefen 
BUeke  bei  stets  monotadaier  Betrachtung  in  bequemer  Entfernung  awei  dnrch 
Ttanaparai^»^«  anagefUUte  rechteckige  Felder  von  5,3  qcm  im  Abstand 
von  1  cm  auf  durchaus  schwarzem  Gnmde  Sie  wurden  durch  je  eine  rlick- 
w.irtige  Lichtrjnelle  erhellt,  die  aus  den  beiden  streifeufönnig-en  und  in  ihrer 
Liinge  variablen  Ausschnitten  einer  durch  einen  Hoden  lichtsicher  geteilten 
TionDmel  Ton  1  m  Dtudmeaaer  aonKehst  je  eines  adhmalen  Si»ait  belenebteten. 
Doreh  beaondere  AbUendnngen  geaehali  die  Abgrenaong  der  TOlIig  liditioaen 
Intervalle  ebenfalls  sehr  exakt.  Es  erfolgte  also  hier  aimnltane  D  arbietnng 
mit  den  günstigsten  Verglei  fJi  st)edingnTigen .  und  war  anzu- 
nehmen, daü  eine  Heeinflnssnng  des  N'crlaut'es  höchstens  in  dem  MaPf^  stntf- 
hudeu  künne,  als  dieser  von  der  Ausdehnung  der  gesamten  heilen  i  iiiche 
und  der  Naehbaraehaft  dea  berelta  Ungar  daigebotenan  Vergleiohsrefaea  ab- 
bingig  iat,  Momente,  aeitena  derer  ein  weaentKeber  atOrender  EinflnB  nicht 
an  erwarten  war. 

Da  die  ganze  Dilrr'sche  Anordnung  anf  den  nlimliclien  Voraussetzungen 
über  eine  Herabminderang  der  Helligkeit  nach  dem  Maximum  beruht,  wie  bei 
Exner,  bezw.  wenigstens  mit  der  MOghchkeit  einer  solchen  rechnete»  wurde  die 
konstante  Darbietung  des  Vergleichsreizes  sowie  genaue  Fixation  ala  beson- 
ders wiehtig  eraehtet  Der  yariabie  Rda  daneben  eractaien  wieder  entapreehend 
später  und  brac-li  jederzdt  zugleich  mit  dem  andern  ab.  Das  Endstadium 
der  Helligkeiten  8clieint  dabei  in  der  Tat  fiir  das  Vergleitlisurteil  allein  noch 
in  IJetracht  zu  kommen.  Ein  Vorsignal,  sowie  der  Khythmus  der  ganzen 
Aostührung  erleichterten  alle  Beobachtungsbedingungeu.  Jederzeit  erl'olgte 
eine  einzige  Darbietung  mit  mindestens  6  Minuten  Erholnngspanse. 

Hartina  hat  nnn  anf  Grund  aeiner  Voranaaetaitng  Uber  die  Konatans 
nach  dem  Maximum  Uberhaupt  niemals  eine  grOfiere  objektive  Intensität  /um 
Vergleiche  mit  dem  in  seiner  Zeitdauer  variablen  Reize  beigezogen  und  auch 
diese  T>fn!<>r  nicht  weiter  ausgedehnt,  als  bis  jene  »normale«  Helligkeit  des 
koufinuierlich  dargebotenen  Reizes  von  gleicher  Intensität  erreicht  war,  weil 
dies  dem  Zwecke  der  Untersuchung  widersprochen  habe  (10,  S.  327].  In 
^eaer  Weiae  konnte  alao  eine  etwaige  »ttbemormale«  HeU^ikeit  bei  etwaa 
längerer  Belsdaner,  wie  aie  Exner  anohte,  gar  nieht  anfgeftinden  werden, 
weil  das  bereits  Überschrittene  Maximum  des  Normalreizes  jedenfalls  einem 
nnffrmaximalen  Stadium  des  variabeln  ent.«prieht.  So  steht  es  also  an  und 
iiif  steh  mit  den  Exner 'sehen  Resultaten  in  gar  keinem  Widerspruche,  wenn 


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26 


Befente. 


Martins  älinlidi  wie  f ' ha rp entier ,  der  nach  dtin  n-imlichen  Prinzip 
arbeitet»',  viel  kJeiuere  Maximabeitcn  im  Mittel  auftindtt.  Für  0  verscbieUeüt' 
Intenaitäteu,  welche  photome^ch  genau  der  rotenzrcihe  von  2  proportional 
abgestuft  worden  waren,  wird  in  Obeieinetünmiing  mit  dem  Bieherigen  nadi 
die  nmgekekrte  ProportionaUtiit  der  Mftiimnlaeit  snr  Intensitit  beobaditet, 
80  daß  sich  für  einen  nicht  viel  unter  gewühnlicber  Lampenbelenclktttni^ 
UegcndoTi  Reiz  0.013  spc.  nnd  flir  1 '32  desselben  0.(X)H  aee.  eri^nbt. 

Wollte  uiau  hingegen  wirklich  die  von  Kxner  dctinierte  Zeit-strecke 
mit  einer  direkten  VergleichBuiethode  uaehprüfen,  bo  uiuUte  man,  wie  nur 
bei  Dürr  wirklich  geschah,  tther  die  Beisteit  zur  Erreicbong  der  Helligkät 
nach  kontinnierticher  Darbietung  l>eKebig  hinanageiien  und  dem  bei  ihm 
während  einer  Reibe  in  konatanter  Dauer  von  2.4  bis  2.9  sec.  dargebotenen 
Normalreiz  eine  viel  irrflßere  oli  jektive  llellifjkeit  als  dem  variablen 
geben  kennen.  Kin  Kpi8k(jtister  vor  dem  au  und  lur  sich  viel  helleren 
Nonnalfeld  lie^  also  deäöeu  L  berächuß  au  objektiver  Intensität  paai»eud  eiu- 
ateilen.  Da  seigte  sich  mm,  daß  die  größte  Helligkeit  sogar  in  einer 
viel  lingeren  Beisseit  ala  in  den  größten  ^on  Exner  gefan- 
denen  Zeiten  erreicht  wird,  nämlich  Hir  gemischtea  weißes  licht  in 
ca.  0  yon  ser,  nnd  ttlr  h<>in»>L''en  farbitjcs  Liclit  beliebiger  WellenfÜng^e.  ^rie  e? 
«lurcli  ötrahlentilter  erzeu{^t  wurde,  »ogar  erat  in  ungefähr  der  doi>pelteii 
Zeit  von  0^529  sec.  Dabei  war  die  Helligkeit  sämtlicher  Farben  unter  sieb  und 
dea  gemiwkten  Lichten  mOgUehat  genau  gleich  gemadit  worden.  Ferner 
eigaben  eich  aber  nun  auch  fftr  aehr  ▼eracbledene  IntenaitStaatnfen 
beziehangs  wei80  ganz  die  nämlichen  Werte,  und  ebenso  war  kein 
r n  t er p chied  der  M  a r i in a  1 7. e i t e  n  z wischen  vollstän  di^je r  D u nkel- 
adaptation  und  üel ladaptat  i  o  n  festzustellen,  wobei  die  Kon.stau?.  d<  r 
letzteren  durch  photometrisch  kun tr olii erte  Begulierung  der  Tage»- 
belenobtnng  und  Anblicken  einer  mittelgrauen  Flüche  in  den  Panaen  erreicht 
wurde.  Bei  Beiladaptation  war  nnr  dte  aar  Gleichheit  mitder  Mayimalwiriamg 
erforderliche  objektive  Verschiedenheit  den  Komialreizes  ca.  2,7  mal  geringer 
als  bei  Dunkeladaptatinn  2,  f^.  270 .  wo  da^  beiderseitige  Kei/A  erhältnis  so- 
gar ca.  4/27  betru«:,  «o  daß  der  ^■e^lauf  der  Erregungakurve  der  Lrwartaug 
entsprechend  als  ein  Üacberer  erscheint 

Aneb  hii^ehUich  der  »naeheinenden  Unabhängigkeit  der  Mmdmalaeit  na^ 
Dürr  von  der  btenaitiit  brancht  aber  nnn  kein  Widerapmch  an  den  früheren 
Beobachtungen  dieser  Abliängigkeit  angenommen  zu  werden,  der  bei  der  be^de^ 
»eitigen  weitgeliendenl  bereinstimmung  mehrerer  Teilnehmer  auch  kaum  erklär- 
lich wäre.  Da  nach  dem  oben  Gesagten  auch  für  K  x  n e r  die  u  n  t e  re  Zeitgreoze 
allein  schärfer  abgegrenzt  sein  konnte  und  somit  die  Berechnung  vor  alieiu 
iMeinfloßt  haben  wird,  ao  aind  aowohl  aeine  wie  Charpentiera  nnd 
Hartina*  BesnUate  achon  hinreich^id  ana  einer  Verachiedenbeit  des 
anfateigendcn  Astes  je  nach  der  Intensität  erklärt  I.<eider  k<mnte 
DUrrs  direkte  Vergleichsmethode  bei  der  Ausdehnung  der  bisher  genannten 
Versuche  bisher  nicht  auch  anf  diese  ganze  Form  der  Erregungskurve  aasge- 
dehnt werden.  Aber  schon  aus  den  oben  [S.  24]  ermähnten  Exnerschen 
Besultaten,  vor  allem  aber  aus  den  diesbezüglichen  Versuchen  von  Martiai 
(10,  S.  381),  der  aeine  veraebiedenen  objektiven  Inteneitütaatnfen  für  die 
^meinen  Stationen  anf  dem  Wege  zum  Maximum  als  Vergleichsobjekte  bei- 
zog, geht  die  größere  Steilheit  der  Kur\'en  für  die  höheren  Intensitäten  her- 
vor, wobei  Martina  auch  die  Charpentierache  Annahme  einen  gerad* 


Referate. 


27 


Unigen  Äiutaigeiifi  widerlegte.  Wenngleich  also  dann  anch  die  Kurven  fttr 

die  höheren  Intensitüton  nooh  pntsprochpnrl  flach  biß  zum  frempinsamen 
Zeltpunkt  des  Maxiiuums  aufsteigen,  ^vird  eine  Minimum-Methode  wie  alle 
außer  der  Dürrsebeo.  noch  dazu  unter  Berücksichtigung  der  Unterschieds- 
BchweHe,  scheinbare  Differenzen  der  Maximalzeit  in  dem  bekannten  Sinne 
snffinden  lassen.  Die  Dtlr reellen  Versnehe  konnten  wohl  nur  wegen  der 
besonders  günstigen  Vergleiclisbedinprunjiren  bei  dem  flachen  Verianf  in  der 
Nähe  vor  dem  Maximum  noch  eine  Differonzieniiifr  herausfinden. 

Damit  ließen  sich  alf<o  die  Ab\\ eichungen  von  Dürr»  Resultat  erklären, 
diese  weit  gehen,  dal3  die  Martius sehen  Werte  im  Verhältnis  zur  Zeit  der 
Maximalwirkung  bei  den  hellsten  Reisen  ca.  20  mal,  bei  den  allerdings  nicht 
als  homogen  beselchneten  Farben  s<^r  ea.  40  mal  kleiner  ansfielen,  und 
stimmt  hiemit  aoch  flberein,  daß  Martius  bei  Helladaptation  noch  etwas 
kleinere  Werte  fand,  insofern  hier  bei  dem  flachen  Verlauf  der  gesamten 
Kurve  das  eben  nicht  mehr  uuteracheidbare  Minimum  noch  früher  erreicht 
werden  kann. 

Dieser  von  Dürr  gefundenen  Verlängerung  der  Maximalzeit  gegenüber 
würde  aOerdings  noch  in  erhöhtem  Maße  der  Einwand  Martins*  gelten,  daß 
nns  eine  so  lange  Dauer  bis  zum  Stillstand  der  Helligkeitssteigernng  doch 
auch  im  gewühnlicbcn  Leben  schon  auffallen  müßte  (10.  S.296  n.  S.  348).  Nun 

haben  wir  hier  allerdingrs  selten  (telefrenheit.  den  Aufstieg  vom  Nullpunkte  zu 
becdjaciiten.  Aulierdem  würde  aber  gerade  auf  die  größere  Flachheit  der 
Kurve  uach  dem  vor  allem  bei  hellen  Reizen  sehr  kurzdaucrndcu  raschen 
Ansteigen  am  Anfimg  an  verweisen  sein.  Die  Eikennnng  der  großen  relativen 
Senkung  bei  fortdanemder  Bebning  nach  dem  Maiimnm  setit  strmige  Fixation 
voraus,  die  ebenfalls  nicht  das  Naturgemäße  ist 

Während  sich  nnn  Dürr  auf  die  bisher  genannten  Fraprc Stellungen  ho- 
schränkt,  bildet  die  Fest.stellnnp:  der  Maximalzeiten  bei  Martius  nur  cino 
Vorarbeit  für  die  Lüsuug  der  Frage  uach  der  Dauer  der  Lichtempftu- 
dnngen  (10,  S. 336  ff.),  die  er  ebenso  wie  schon  Plateau*)  nnd  Char- 
pentier  ans  der  kritischen  Periode  anr  Yerschmehong  intermittierender 
Lichtreiae  au  erschließen  sucht,  wobei  er  jedoch  die  Zeitbegrenzung  der  Em- 
pfindung ausdrücklich  zu  dem  Verlauf  der  periphereren  pln-^ioIoLnschen  Sta- 
dien in  (ie^'euMatz  stellen  will.  Zur  Klärung  des  (ranzen  ucrdeu  daher  von 
Au  lang  au  solche  verschiedene  Bcgionen  uuU  die  Zeiibegreuzung  der  ihnen 
zugehörigen  Proaesse  theoretisch  scharf  getrennt  Wenn  auch  nur  Reiaa^ten 
gemessen  werdeii  könnten,  so  handle  es  sieh  eben  um  solche  Versnchsbe» 
dingungen,  welche  einen  Rückschluß  auf  diese  zentralere  Bedeutung  der  ge- 
fundenen Zeit  erlauben.  Die  bisherigen  Bestimmnn<ren  Uber  das  Talbot- 
sclic  Gesetz  seien  hiezn  nnfsreeifTnet.  Marbe  /..  H.  j*clb>*t  hat  dies  freilich 
schon  ganz  ullgenicin  von  solchen  Messungen  der  kritischen  Periode  be- 
hauptet^,. 

Nach  Martins  beruht  die  kontindeiliehe  Emp6ndung  bei  intermittieren-> 
den  Beiaen  keineswegs  in  idlenFiUlen  darauf,  daß  die  einseinen  Reise  w^n 


1)  J.  Plateau.  Über  einige  Eigenschaften  der  vom  Lichte  auf  das 
OesichtBorgan  hervorgeteaehten  J^drileke,  18S9.  Pogg.  Annalen  1880.  XX 
S.  301,  b.  311  ff. 

2)  K.  Uarbe,  in  Wnndt,  Phil.  Stnd.  IX,  S.399. 


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28 


Btfantte. 


einer  p  e  r  i  p  h  c r  p h  y  s  i  o  1  o isc hen  8unmiati(»nRwirkuTig  nur  noch  als  Total- 
eflfekt  nur  Geltung  kommen,  wie  er  auch  bei  konÜQuierlicher£eiziuig  der  Empfia- 
dang  so  Grunde  liege.  JEs  UJuen  nach  ihm  «««h  ialbttlbMlig  in  ildi  abg»- 
aeUoiMBe  phjaiologisehe  Wirkungen  ebenao  MlbstKndlgnEmpfindnngmi  eiBea- 

gen,  die  nur  eben  wegen  der  denEmpfindungenals  aolchen  eigentüm- 
lichen Dauer  zeitlich  unmittelbar  aueiuander  grenzen,  nnd  g-erade  diese  Fülle 
at-U  n  '/m  richtitren  Lösung  des  Problems  der  »Empündun.'Fdfiuer«  heranzuziehen. 
Wirklich  iichtloee  Intervalle  seien  dabei  fUr  diesen  RückBciduß  natürlich  das 
erste  Erfordernia.  Besitze  dann  die  kontinuierliche  Empfindung  dennoch  die 
ninilelM  IntnaiCit,  wie  die  einmalige,  ao  kttnne  diea,  wie  ala  adbatreistindiieh 
vorausgesetzt  wild,  nur  der  Empfindung  im  Qegenaatz  zu  periphereren 
Tatbeständen  zuzuschreiben  sein.  Gerade  diese  Intensitatsfrage  lüse  sich 
aber  nun  am  einfachsten  durch  jene  HeHtiiinntm^ren  über  die  »Maximalzeit«, 
weil  nach  dieser  Keizzeit  die  Empfindung  dem  kontinuierlich  daxgebotenen 
Heize  gleich  werde,  so  daß  bei  einer  zu  dieser  gewöhnlichen  Helligkeit 
eben  ▼erachmelaenden  Beihe  von  Maximalieiten  der  Zeitwert  der  grOfiten 
hiebei  aoliadgen  Uehtlosen  Intervalle  unmittelbar  als  die  nnter  dieaen  Bedin- 
gungen vorhandene  Dauer  der  ungeschwächten  Empfindung  zu  betrachten 
Rpi,  V\o  überraschendste  und  den  bisheri^ren  AnHchanungen  anscheinend  ent- 
jrt't^enstein  rulo  Mitteilun>r  besteht  hiebei.  wie  sogleich  hervorpeboben  werden 
soll,  dann,  dai^  nun  diese  lleUigkeitsgleichheit  des  eben  verschmelzenden 
Eiadiockea  mit  dem  kontinnierUehen  Reiie  von  gleicher  objektWer 
IntenaitSt  tataKohUch  beobachtet  worden  iat  Ja  ea  aeigte  aich  aogar 
ferner  ganz  allg^emein  nach  Einstellung  der  <rr<ißtmögliohen  lichtlosen  Inter- 
mittenzzeit  tlir  die  versehiedensten  gleichmäßig  wiederholten  Reiz- 
zeiten, die  weit  nnter  oder  über  der  für  die  jeweils  verwendete  Intensität 
gefundenen  Maximalzeit  lagen,  dul3  überall  die  Intensität  des  V^er- 
achmelanngsprodnktea  dem  einmaligen  Beize  gleich  war»  aodafi 
Martini  alao  anch  in  dieaem  Falle  die  Daoer  der  Empfindong  ale  dea  lontral- 
aten  Vorganges  unter  diesen  besonderen  Entstehnngsbedingungen  festgestellt 
zu  haben  glaubt.  Diese  Beobachtungen  bedeuten  nattirlicli  nichts  geriu^'^prcs 
als  eine  Abweichung'  von  dem  Talbotschen  Gesetz,  nach  Icheni  zur  Her- 
stellung der  Helligkeitsgleiehung  bei  einer  vollen  Verschmekuag  alle  Zeit- 
atrecken,  alio  anch  die  Hohtloaen,  im  VerUUtniaae  ihrer  Zdtdaaer  einsnrachnen 
aindf  wovon  nach  Marbee  Angaben  biaher  kdne  Abweichongen  wenigateaa 
mit  Sicherheit  nachgewiesen  werden  konnten,  obgleich  hier  freiUeh  daa 
Material  noch  lan^e  niclit  abgeschloaaen  ist  Auch  künnte  bei  der  großen 
Ausdehnung  der  benutzten  Reizzeiten  nicht  einmal  von  bloßen  lireuzf:itlen 
die  Hede  sein.  Gerade  bei  der  Entscheidung  dieser  wichtigen  Frage  käme 
aber  nnn  AelUch  eine  gana  beaondera  grofie  PrMaiaion  der  HelUgkeitBver' 
gleichnng  in  Betracht,  von  deren  Bedingungen  in  der  Martinaachen  An* 
Ordnung  5c]ion  oben  die  K  l  war.  Bei  den  untermaximalen  Reizzeitec, 
wo  nacli  dem  Talbotsclieu  Gesetze  eine  Verkürzung  der  Intermittenzzcit 
natürlich  ^nz  besonders  ins  Gewicht  fallen  muß,  wird  auch  von  Martins 
selbst  zugestanden,  daß  eine  Aufhellung  bei  dieser  Verkürzung  zu  beobachten 
war,  nnd  erklirt  diea  Hartina  hier  wirkfich  in  der  nXmlhshen  Weite,  wie 
anch  er  daa  Talbot  iche  Oeeeti  anliaSt  Ea  entatehen  hier  hereita  peripher 
physiologle^clie  Totaleffekte,  die  einer  längeren  kontinuierlichen  ^nwirknttg 
des  Reize?  bis  zur  »Maximalzeit  <  äiiuivaleut  bind.  Denkt  man  nnn  an  die 
viel  größeren  Zeiten,  die  nach  DUrrs  Untersuchungen  noch  solche  Sununa- 


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Referate. 


29 


tionen  erkennen  lassen  und  weit  Uber  die  höchsten  Martins  sehen  Reizzeiten 
in  diesen  Versnchsrcihen  Uber  Vorschtnelzung  und  die  »kritii^rhc  Porü*<l<>€ 
hinaufreichen,  so  würde  man  selbst  von  den  theoretiecben  Vfiruus^^«  tzuiif^i  u 
Jdttrtius'  aus  vermuten,  daU  die  durchgängige  Gültigkeit  des  i  a 1 1> o  t  üdiea 
Q«MlMB  in  Jenen  aebeinbAnik  Abweidiitag«ii  nw  eben  ao  geringe  BUfo- 
Ttmen  mit  sich  bringe,  ömQ  lie  unter  der  ftu  der  Anordsniig  resnHierenden 
Unterschiedsschwelle  liegen.  Eine  Fort\^irkung  des  ErregnngsznstandeB, 
zwar  nicht  auf  die  Pf}ieinb;ir«^n  Helligkeitsverhültnip?e  aber  doch  auf  die 
Zeitverliältnip^^  (  ftrs  hiedureh  bescbleanig^ten  Ani^ti  i^-<  der  späteren  Era- 
plindung,  gibt  ju.  iMartius  selbst  auch  uoch  iusofcru  ^u,  ala  er  die  bei 
wieduholter  Bdxnng  gefandene  viü  kflneie  Unterbfeobnngsmüglichkeit 
ttbendl,  eleo  mnob  ffir  die  Maxim alseit  nnd  dnrflber,  «it  nedi 
ea.  5  bis  Tmaligcr  Wiederholung  eintreten  sieht,  während  sie  z.  B.  bei  nnr 
zwei  Reizen  sehr  viclmal  länger  sein  kann.  Auch  diene  Erscheinung 
stimmt  mit  der  Annahme  einer  längeren  Periode  des  l'otal- 
effektes  gut  zusammen,  weil  die  ganze  bis  zur  fünften  Wiedeiholnng  ver- 
lloaiene  Zeit  meiit  ent  in  der  NlUie  d«i  Dttrieohen  Mwimwe  Hegt,  nnd 
legt  dies  die  Venintnng  einer  aneh  mit  der  Vetkttnnng  der  »kritiiehen 
Periode«  snsammenpassenden  Aufhellung  bei  fortgesetzter  Wiederholung 
bis  zum  ca.  fünften  male  nahe.  Aber  wenn  nun  auch  wirklich  solche  Ab- 
weichungen von  dem  Talbotschen  Gesetze  unter  noch  prHziseren  Ver^'leiclis- 
bedingungen  nachgewiesen  werden  künnten,  so  fragt  es  sieb  noch,  worauf 
Hnrtins  den  BUekecblnß  anf  die  Lokaliiation  der  an  gmnde  liegenden 
Proaeeae  grUnden  wül,  wonaeb  die  ala  bevieaen  ToraoageNtsteUnverinderiieh- 
keit  einer  Empfindung  nach  Abbrechen  des  Reizes  nicht  annSchst  peripherer 
physiologisch  bedingt  sein  soll.  Dabei  hnt  Martins  nebenbei  bemerkt 
trotz  des  psychologischen  Gei>ichtspunkteä  nirgends  in  der  ganzen  Arbeit 
der  Unterschiedsempfindlichkeit  gedacht,  welche  ebenfalls  zur  Ausscheidung 
der  etwa  nabemeflLten  Verbidenmgen  aas  der  vollen  Zeit  einer  anyer- 
ihiderlieben  Fortdauer  der  Empfindong  ala  eoleber  wenigatena  theoretieeh 
binangehVrt  Martins  scheint  all  BelbstveiBtHndlieb  TOianeinsetzen,  daß  die 
strenge  Gültigkeit  des  TalbotBohen  Grspt7.es  schon  an  und  Ülr  siih 
eine  peripherere  Hegion  abgrenze,  während  diese  Gesetzmäßigkeit,  falls  sie 
wirklich  abweichende  Grenzfälle  in  sich  schließen  sollte,  auch  mit  diegeu 
FSUen  ranilcbet  einmal  fUr  das  ihr  jedenfaila  am  sichersten  zugehörige 
Geltet  der  peripberen  Vorgänge  in  Becbnnng  geaogen  werden  müßte.  Trota 
dieser  Abgrenzung  der  beiden  Gebiete  betrachtet  sber  Marti  us  doch  wiederum 
an  späteren  Stellen  '10.  S.  349  boine  Fragestellung  über  die  Dauer  der  Em- 
I.Hndunj^en  als  die  allgemeinere,  aus  der  das  1'al  bot  sehe  Gesetz  und  die 
Verschmelznngsbedingungen  etc.  als  Spezialfälle  deduziert  werden  müßten. 
Die  Mischong  mehrerer  Reizqnalitäten  müsse  dabei  wiederum  erst  aas  einer 
Einsehiebnng  liebtloser  Intervalle  an  allen  Stellen  abgeleitet  werden.  DaB 
eine  möglichst  genaue  Ableitung  der  vollen  Erregungsknrve  unter  den  ver« 
schiedensten  Bedingungen  zur  Erklärung  der  bisher  abgeleiteten  Regeln 
Ul^er  die  kritische  Periode  mithilft,  ist  jedenfalls  als  sicher  zuzuge^'*^rh(nl. 
Die  Mar  besehe  allgemeine  Regel,  bei  welcher  die  mittlere  Inteusität«- 
Variation  der  einzelnen  Zeitelemente  eine  wichtige  Rolle  spielt,  wird  ja  hin« 
siditUcb  der  zolissigen  absoluten  Ysiiationawerte  unter  den  verseUedenen 
Bedingungen  (vg^.  Referat  au  19}  noch  empirische  Konstanten  branchen,  mit 
denen  Jedenfalls  diese  Erregnngsknrven  in  engstem  Zusammenhang  stehen. 


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ao 


Referate. 


Die  Marti U88chcn  Hesnltate  über  tVv  Vorrini^enjnjr  der  fjrüOtmöirlichpn 
Intorniirtt  nzzeit  bei  Zuuahme  der  Keizzeiten  und  der  lioizintensitüteo.  die 
zugleich  mit  dem  Satze  übereinstimmen  »qnid  cito  fit,  cito  perit«,  unterstützen 
aber  dne  solche  dedoktiTe  Ableitung  der  Harb  eschen  v.  a.  Besnltete  Uber 
die  Draer  der  kritischen  Periode  TOllig  nnabhingig  von  einer  Theorie  Aber 
die  Lokalisation  der  Erregungen.  Andererseits  kommt  aber  doch  auch  die 
MarbeRrhp  ErklHmng  fl!r  din  vfrathiedone  Dauer  der  kritischen  Porif  fi  » 
für  die  Mart in« scheu  UnterHUchuiif^en  tlber  m^Jgliche  Intermittenzzeiten  in 
Betracht,  weil  »ie  eben  die  allgemeiust«u  formalen  Beziehungen  zwischen 
wirldich  kontinnieriiehen  Reisen  nnd  intermittierenden  ins  Ange  faßt*}.  IHe 
Hartins sehen  Zahlen  Uber  die  Jeweils  mögliche  Intermittensselt  (tO,  S-  840, 
Tab.  XXI;  zeigen  denn  auch  in  der  Tat  kritisehe  Perioden  fltr  die  Mischung 
Weiß  und  Schwur/.,  die  mit  den  vonMrjrbf»  f>n«^egebenen  nllgemeinen  Regeln 
Uber  die  N'erBchnielzuii'rsbegünstigung  in  den  jeweiligen  Ver8uchpbedin<nin^en 
bei  Martins  vollkommen  Übereinstimmen,  nnd  gerade  deshalb  muß  Martins 
umgekehrt  die  deduktive  Ableitnng  der  Harb  eschen  Zahlenwerte  so  gut 
gelingen  (10,  S.  368).  Die  Besnltate  der  nXaüiohen  Abhandlong  Aber  positive 
Naehbilder  werden  weiter  unten  angeführt  werden. 

T>if^  Al)]ptrnng  der  vollständitren  Kurve  ftir  das  Anstei'^'t^n  d^r  -i^rechie- 
dencu  Farbeuerregungen  dureli  eine  einwandfreie  direkte  Yergleicbsmethode, 
wie  sie  von  Kunkel  jedenfalls  noch  nicht  benützt  wurde,  kUnnte  femer  end- 
lich anch  einmal  eine  direkte  Kritik  des  beluanten  Helmholtssehen  Er* 
kUrangsversnches  für  die  von  Fechner  anerst  beobachteten  Farben* 
erseheinun^^cn  ermöglichen,  welche  bei  einer  eben  noeli  nicht  zur  Ver- 
f(  hinclzuiii;  führenden  KotatioiiPgreechwindigkeit  eines  ausschließlich  mit  Weiß 
und  Scliwarz  besetzten  Kreisels  zu  beobachten  sind.  Nachdem  sieh  dun  li 
die  Dürrschen  Kesultate  für  die  Maximalwirkung  zwischen  den  einzelnen 
Fari>en  kein  Unterschied  nachweisen  ließ,  kOnntm  die  Ton  Helmholtx  ab 
ErkUtning  angeflihrten  Differenaen  des  Ansteigens  bei  den  vetschiedenen  im 
Weiß  gemischten  Farben,  zu  denen  dann  noch  etwaige  Differenzen  des  Ab- 
klingens hinzukämen,  wiederum  höchstens  noeh  in  der  Verscbiedeuheit  der 
Kurven  form  vor  dem  Maximuni  gesucht  werden.  Leider  ist  ab^r  bisher  auch 
über  die  zu  erklärende  Jrarbenerscheinung  selbst  das  Beobuchtuugsmaterial 
noch  lange  nicht  abgeschlossen,  was  sidi  mit  der  Anstrengung  derartiger 
Flimmerbeobaohtnngen  leicht  entschuldigen  116t  In  neuester  Zeit  bat  F.  W. 
Bagley  im  Laboratorium  von  Titoheiier  ^ehr  viel  Material  über  eine  be* 
stimmte,  b'^Hfmdfr«  brillante  Spiehirt  der  Erseheinun^  gesammelt,  dessen 
Bearbeitung  am  i niem  noch  mit  einer  ausführlichen  Litteraturangabe  versehen) 
leider  durch  Erkrankung  der  Verfasserin  beeinträchtigt  wurde.  Die  Sektoren 
der  rotierenden  Seheiben  waren  bd  dieser  Anordnung,  wie  schon  Benham 
als  EiFektstrigernng  vorsohlng,  nicht  alle  in  der  ganaen  Fliehe  einheitlich, 
was  nur  bei  dem  meist  180o  betragenden  schwarzen  Sektor  antraf.  Derwdfie 
Sektor  hingegen  war  in  seinen  vier  (manchmal  drei;  verschiedenen  Rio?- 
zonen  mit  je  einer  Bog^engruppe  aus  je  vier  gleich  langen  nnd  meist 
1  mm  breiten  und  3  mm  von  einander  entfernten  konzentrischen  schwarzen 
Bogenlinien  besetat  Je  nach  der  Lage  der  Bogengmppe  an  den  Giemen  des 
weißen  Sektota  mit  dem  schwanen  seigte  sich  nun  eine  yeiachiedene  FSrimng 
der  durch  die  Linien  beseichneten  Binge  fai  Bot,  GrOn,  Gelb  (yellow],  Blaa. 


1)  ?hU.  Stud.  Xil,  S.  283  ff. 


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Referate. 


31 


AI»  lypus  y\\rt\  eine  Scheibe  mit  einem  weißen  Sektor  von  180"  angeführt, 
auf  wrlclioin  auf  den  vier  konxeiitrischen  Regionen  je  eine  solche  Bopen- 
liniengruppe  zu  Je  4öo  Länge  lag.  welche  sich  bei  der  iuuersten  umuitteibar 
an  die  bei  der  Rotation  vorauseilende  Grenze  des  Sektors  anschloß  und  bei 
der  nlelifttbeiiacbbarteii  Begion  immer  um  45«  »pitter  einsetzte.  Der  innente 
King  erschien  dann  rot,  die  nlEeluiten  grttn,  gelb  tmd  blau  in  dieser  Reihen- 
folge. I5tM  iiinjrckehrter  Kot.ition  kehrte  dem  entsprechend  di<*  nciluMifulj^e 
von  innen  nach  aulnn  v.m.  Allcrdinps  zeigt  sich  auch  noch  das  Purkinjesche 
Phänomen  Insofern,  ab  bestimmte  günstige  Verhältnisse  der  mittleren  Hellig- 
keit (durch  EinstellaDg  der  Bugeiiliuienlänge,  des  schwarzen  Sektors  und  der 
Belenehtnng)  die  charakteriBtisohen  Firben  jeweilB  am  besten  sat  CMtang 
kommen  laHMcti.  1)esonders  die  Abgrenzung  von  Gelb  und  GrUn  ist  selur  davon 
abhänpngi.  £)ip  li^tution  blieb  mei.st  knnstant  auf  4,3  Umdrehungen,  wo  die 
Erscheinung  im  Mittel  am  scliünsten  ist.  und  werden  <lio'  Abweichungen  hier- 
von wenig  berücksichtigt.  Außerdem  wird  die  Idare  Gesetzmäßigkeit  der 
Encheinnng  und  ibre  Unabhängigkeit  von  Anfmerkaamkdt,  Übung  und  Er- 
rnttdong  betont)  welche  sieh  nicht  andere  wie  bei  anderen  optleohen  Yer^ 
■neben  geltend  machten.  Indessen  aeigen  sich  die  Farben  doch  nnr  dann  in 
der  vorhin  anssrepprochenon  Wei«e.  wenn  die  einzelnen  Rinfr;,rrnppen 
gerade  so  nebeneinander  Heften,  daß  wie  dort  die  kontrastiereufb-n 
Farbengruppeu  aucluauderstoßen.  Wird  eine  einzelne  Region  durch  sonstif^e 
Sehinnbedeckung  herausgehoben,  so  blaßt  sie  oft  bis  zur  Unbestimmtheit  ab. 
Zndem  wird  dnrch  beeondere  V«nnehe  mit  Eraetanng  de«  welOen  Onmdea 
durch  Pigmentfarben  der  normale  ElnflnB  dea  Kontrastes  auf  die  antjektiven 
Farlicn  naclii^ew  iesen.  Man  kann  demgegenüber  kaum  da»  Urteil  unterdrilcken. 
daß  die  j,'auze  Untersuchung  zunächfit  besper  iretan  hätte,  auf  jene  'birdi  i^anx 
heterogene  Bedingungen  herbeigeführte  Kontrastfärbung  zu  verzichten,  welche 
durch  die  komplizierte  Anordnung  der  Linien  auf  den  benachbarten  weißen 
^ngen  entstdien.  Ein  dnrehgehends  mit  Bogenünien  versehener  Sektor  mit 
variabler  Stellung  an  den  Sektorengrenzen  und  eine  variable  Rotationsge- 
schwindigkeit hätte  vielleicht  mehr  Sicheres  ergeben,  als  diese  auOerdrdentlicli 
mühsame  Arbeit  mit  97  verschiedenen  Scheiben.  Soblieülich  weiß  man  ja 
auch  nicht,  wieviel  innerhalb  der  einzelnen  Bogenlinien-Omppen  selbst  auf 
dem  Kontrast  zwischen  hell  und  dunkel  beruht,  und  hätten  eher  einmal  da- 
awisehen  anch  weifie  Linien  anf  schwsnem  Omnde  beigezogen  werden  mOs- 
aen.  Yer&sserin  ist  sich  freilich  dieser  Begrenztheit  der  Versueh.'^bedingungen 
selbst  wohl  bewnGt.  Doch  kommt  es  ihr  vor  allem  auf  eine  Tbeoric  nir  die 
Kr^cheinun-ren  an.  die  sie  zunächst  an  der  Iland  des  oben  genannten  Typus 
so  zugammeofaßt  (1,  S.  4^  ff.],  daß  Rot  nacti  plötzlichem  Beginn  des  Weiß 
nach  Schwarz,  Blan  nach  Unterbrechung  eines  längeren  Weiß  eintritt,  was 
noch  mit  der  Helmhol  tischen  Formnliemng  gnt  snsammen  besteht.  6rUn 
und  Oelb  trete  dann  anf,  wenn  Schwarz  zwischen  zwei  Wciß-Erregnngen  Hege, 
und  zwar  mehr  grün,  wenn  da.««  voranfreliende  Weiß  da.s  kürzere  ist,  während 
bt'ini  timfTPkehrton  Veriiiiltnif  .'«icli  mehr  gelb  ergebe.  Die  Theorie  gründet 
sich  dann  doch  wiederum  auf  die  Annahme  einer  verschiedenen  Reaktionszeit 
des  Organes  auf  die  verschiedenen  Farben^  nnr  eben  im  Sinne  ^er  Vier* 

1)  Anf  die  Bedentnog  der  Helligkeit  im  Sinne  des  Pur  k  inj  eschen  Phä- 
nomens hat  anch  Wnndt  besonders  hingewiesen.  Physiol.  Psychol.  U,  &  Anfl. 
S.  192. 


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S2 


tarben-Thenrie,  wobei  Verf  zwitichen  Ilerin^r  nod  Ebbinghaus  vermitteln 
will.  Hot,  üriin,  Gelb,  Blau  soll  die  Keihenfolge  der  Schnelligkeit  jener 
Keaktion  darttdteiL  I}tt64«rWMMT(»Wel6  md  Sehvm  eine  beMmdeie 
Bediagnng  tei,  wird  ebenCdb  ngeeteBden.  Wflide  aber  dae  elgentfimUelie 
Blenduiig^gelltiü  bei  diesem  FUnmem  und  das  scfaließKche  AufbelWi  der 
bekannton  snbjfktiven  Fif^nrcn  mehr  bortickskhtijrt,  bo  würde  man  von  vorne 
herein  tla»  «^'.inzo  Gebiet  mehr  zu  anderen  abnormen  Farbenerpclieiniin^'en 
beim  Fixieren  blendend  weißer  Flüchen  usw.  in  Beziehung  briugen,  und  wäre 
68  wohl  hier  ganz  bfleondex»  sn  Pletse,  ia  der  oben  (8.27)  etwlüiiilei  M artine- 
sebea  Betraehtnngiweiee  lieh  darui  sn  eiinneni,  daß  in  der  gewIShnliehen 
AnfiiMvag  niemala  eo  etwts  wie  ein  Farbenspiel  beim  Ansteigen  einer  weißen 
Errpjning  zu  sehen  sei.  Kino  genaue  Analyse  des  Tathpr^T^indes  wird  also 
vorlliufij?  vielleieht  nur  unseren  ohnebin  no(  h  kaum  recht  uurcr>):ebrachten 
bchatz  an  Abnonnitäten  bereichern,  ohne  sogleich  in  die  Faktoren  des  nor- 
malen S^UHU  einen  ao  einfaehen  EfsbUdc  sa  gestatten. 

Über  die  Venwhmelenngebedingnngen  bei  komplizierterer  AneftUnng  der 
Periode  durch  Weiß  und  Schwarz  von  gleicher  Daner  zusammen  mit  mitt- 
lerem Gran,  die  am  Farbonkroisel  gemischt  werden,  hat  wieder  F.  Seheuck. 
zusammen  mit  W.  ,Iup*  eine  neue  Untersnchung  verüffentlicht  (15.  In  einer 
ersten  Yersuchsgruppc  hatte  das  (irau  verschiedene  Ausdehnung  am  Kreisel 
und  war  der  Rest  jedeHMd  von  nnr  einer  Wei6-8obwa»-Gmppe  gebildet, 
in  einer  aweiten  Vennehagnippe  waren  raebrere  loleber  Gnippen  mit  daem 
Gran  von  der  Dauer  einer  Oruiipe,  in  einer  dritten  mit  einem  Grau  von  der 
Dauer  Hünitllcher  Gruppen  Weiß -Seh würz  kombiniert  Es  ergab  sieh  daß 
eine  niu  kiir/.ere  Dauer  der  einzelnen  Weiß-Sehwarz-Gmppp  notwendi«: 
wurde,  je  länger  das  Grau  im  Verhältnis  zu  dem  Weiß-Schwarz  dauerte  und 
je  grüßer  die  Zahl  der  eingeeebobenea  Weift-Sebwaiz-Onippen  war.  FBr  £e 
Theorie  wird  auf  zakfiaftige  Anefthmngen  verwiesen.  Bei  einer  Angleiebnng 
dieser  Ergebntee  an  die  bisherigen  Anschauungen  muß  natürlich  berUek- 
siehtitrt  werden,  daß  die  absohife  Verlängernnfr  des  mittleren  Grau  an  und 
fiir  sicli  die  N  ePHclimelzungsbedingungen  eben  so  fortgesetzt  verschlechtem 
muß,  wie  die  Verlängerung  des  Schwarz  und  Weiß,  nur  eben  in  viel  gerin- 
gerem Maße  und  so ,  daß  da^ttr  die  absolute  Zeit  der  Weiß-fiehwara-Gnippea 
niemala  über  ein  bestunratea  Haß  hernnter  gedrttckt  an  werden  braadit.  INes 
übersieht  man  am  besten,  wenn  man  das  mittlere  Qraa  scbließHch  Überhaupt 
kontimiicrlich  darbietet  und  in  lünfrem  Zwischenräumen,  welche  die  mrifrüt  lie 
(ieaaiiit/.eit  zur  Lnt?itehnnir  einest  Totaleffektea  nach  dem  Talbotschen 
Gesetze  weit  überschreiten,  von  Weiß-Schwarz  unterbrechen  läßt.  Da  hier 
die  Empfindung  dea  Grau  bei  Eintritt  des  Weiß  ▼ollMindig  fertig  ist,  muß 
die  noeb  so  momentane  Eiböhung  an  Weiß  bei  ToUer  Aufmerksamkeit  na 
dem  Moment  der  Unterbrechung^  zur  Tfoltung  kommen,  so  lange  es  nnr  die 
Unterschiedsschwelle  xuläGt.  und  das  soji^bM*  Ii  fnlijende  .*>ehwarz  wird  einem 
pr<5(?em  Kontrabt  ^'e;:euiiber8tehen.  Eine  mehrlaciie  rnterbrechunc  aber  wird 
die  Aultalligkeit  noch  erhöhen.  Ähnliches  ergibt  sich  auch,  wenn  auf  noch 
80  momentanes  Schwan-Weiß  wieder  fortdauernd  Grau  folgt.  Damit  sind  denn 
zngleieh  die  Snßersten  Grenien  fttr  die  hierdnreb  notwendig  werdende  Besohlen* 
nigung  der  Weiß-Schwarz-Gruppe  bei  noch  größerer  Verlängerung  des  Giat 
und  noch  größerer  Vermohninp:  der  eingeschobenen  Weiß-Schwarz-Gruppen 
als  in  den  Sehe nckschen  Versuchen  angegeben.  Keinestalln  konnte  mnn  frei- 
lich verlangen,  daß  sich  die  extremen  Zeitverhältnisse  hei  einer  Einschränkung 


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Bcferate. 


33 


der  gesamten  Periodo  Orau-Weiß-Schwara  auf  diejenige  Strecke,  aus  der  sich  ein 
kontinuierlich  vorhandener  Totaleffekt  ergibt,  weniir^'ftMis  bei  einseitiger  Aus- 
dehuuüg-  de:-*  mitrleren  Grau  wiederfinden  lassen  uiuütou.  Allerdin^B  ist  der 
Übergang  ein  kuutiuuierlicber  und  laßt  sieb  eben  deshalb  bei  den  Sebünck- 
sehen  Vennieheii  inuner  noeh  eine  Teraehleehtenuig  der  Bedingungen  bei 
weiteren  Steigerangen  der  beiden  nntezinchten  Bedingungen  erkennen.  Soweit 
sieh  9bet  damit  wirklich  eine  größere  abaolnte  Ausdebnungsmüglichkeit  der 
gesamten  Periode  aus  Grau- Weiß-Schwarz  erpbt,  in  der  noch  so  etwas  wie 
ein  Totaleffekt  vorkommt,  muß  man  eben  wegen  dieser  Vergrößerung:  zu- 
gleich nach  günstigen  Bedingungen  suchen,  und  diese  bestehen  eben  uacii 
den  bektnnten  Mnrbeaohen  Kegeln  (vergl.  ol>en  S.  80}  in  der  Herabeetsung 
der  nttttleren  Ytristionmi  der  »elwnkterifliedien  Elfektengrappenc  dnieh 
Ve^ingenmg  des  Grau  und  in  der  besseren  Verteilung  dieser  Variation  bei 
Vermehrung  der  Zahl  der  Weiß-Sohwarz-Gruppen.  Daß  eine  Vermehrung  der 
Weiß-Schwar/.-Gruppen  von  j<  L^lriVhor  absoluter  Dauer  bei  einer  be. 
Btimiiiten  Zeitdauer  des  Grau  zunächst  Verschlechterungen  der  Be- 
dingungen entiüUt,  so  dsO  deshalb  nv  Yeiscbnielinng  eine  BeecUeunigung 
eintraten  mnß,  ergibt  sieh  ebenfiOi»  ans  der  Marbesehen  Begei,  insofern  hier 
eine  Veigrößerung  der  mittleren  Variationen  der  charakteristischen  Effekten- 
gnippen  eintritt,  umHo  dcntlicher  erkennbar,  mit  je  feinerf'ni  MaHe  mnn  mißt 
d.  h.  je  kleiner  man  die  charakteristische  Gruppe  ansetit.  Schüeßiicii  niiscbteu 
die  Verfasser  auch  ein  beliebiges  anderes  Grau  mit  Schwarz-Weiß  von  äqui- 
valentem Sektorenverhntnis  nnd  Craden  ebenfidls  die  Marbesehen  Ergebnisse 
über  den  größten  Vortoü  bei  dem  heileren  Oran  beslitlgt 

Wie  der  Zusammenbang  zwi^clien  kritischer  Periode  und  Intensitätsver» 
hältnis  der  gemificbten  Reize  zur  photometripf^hf^n  Verwertunp  in  der  Flimmer- 
metbode  geführt  hat,  so  will  Alfred  Lehmann  eine  ganze  Fsycbophysik 
des  Gesichtosinnes,  ja  schließlich  eine  ganze  physiologische  Psychologie 
daiaaf  gründen.  Die  Grundgedanken  hieim  hat  er  sehen  1901  in  den  >phy- 
sischea  Äquivalenten  der  Bewnfitseinsencfaeinnngen,  dem  sweiten  Teile  der 
»körperlichen  Äußerungen  psychischer  Zustände«  dargelegt  {1).  Im  vorigen 
Jahre  veröffentlichte  er  nnn  in  der  \V  u  ndt-Festschrif"*  nuter  dem  oben  ge- 
nannten Titel  8  die  nähere  AusfUiirung  eines  bekannten,  in  7  8  90  ertit  kurz 
in  einer  Anmerkung  berührten  Gesichtspunktes,  wonach  iu  der  von  ihm  fUr 
die  Lichtempfiadnngen  »inichst  für  weißes  lieht  gefundenen  Haßfoimel  aaeh 
die  Terschiedene  HeIHgkeitssteigernng  der  einaelnen  Farben 
bei  Zunahme  Iri  Reizintensität  durch  Auswahl  passender  Konstanten 
ihren  korrekten  Ausdruck  finde,  so  daß  erst  hierdurch  die  Allgemeingültigkeit 
der  Formel  hinreichend  bewiesen  sei.  Zum  besseren  VerständniB  seinem  «ran7ett 
Vertahrens  will  ich  hier  auch  den  Gedankengang  seines  BucLes  kura  wieder- 
geben, natttriich  nicht  in  seinen  allgemeinen  psychophyslsehen  Oberiegungcn, 
sondern  nur  soweit  er  sieh  anf  lein  optisehe  Tatsachen  besieht  Da  freilich 
Lehmann  die  psychologische  Analyse  der  apperzeptiven  Vorgänge  desVer- 
pleirhens  joreflissentlich  ans  <ler  Tlieorie  der  I^ntersohiedscmpfindHclikeit  zu- 
rückweist, weil  sie  dem  Suchen  nach  p.s\  «  hischen  Maüen  allen  Halt  benehme, 
und  alle  L'nterechiedssehwellen  auf  gleich  große  intensitätsdifferenzeu  der 
Empfindungen  als  solcher  zurUckführen  will,  so  bleibt  von  Psychophysik 

1)  V^I  auch  Dürr,  Ober  die  stroboskopischen  Erseheinnngen.  PhU. 
Stnd.  XV,  S.  590  f. 


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34 


Iteferate. 


innerhalb  der  Gesichtsenipfindunfrcn  .niOf'rdem  nicht  mehr  viel  übrig.  Wäh- 
rend man  sich  nun  ^fwöhnlich  bei  dem  .Man^'el  einer  von  den  Beobachtungen 
selbst  bereits  mit  einer  gewissen  Deutlichkeit  aufgedmngeueu  einfachen  Ge- 
setan&ßigkelt  hiennit  su  entsduddigen  pflcft,  d«6  man  die  Zeit  uf  neoe 
BeobMhtttngon  unter  VatUtion  der  Bediagoogen  new.  verwendet  hat,  anstatt 
auf  langwierige  Äusgleichungsrecbnungen  zum  Nachweis  einer  bestimmten 
(>esetzmäOigkeit,  die  zu  einer  exakten  DurcharbeituriL'  unbestritten  eigentlich 
jedesmal  hinzu^eliiireu  würden,  enthalten  l^eliinann»  Überlegungen  dnreh- 
gehends  Muster  einer  solchen  matheuiati^chen  Behandlung  des  Rohmat^riales 
und  arbeiten  dnidiveg  mit  der  geaeUolcten  Anawahl  von  Foimeln  für  beob- 
achtete Zahlenreihen  naeh  den  Prinzipien  der  Ans^dchnugareehnong,  wobei 
fast  in  allen  Fällen  nur  geringe  Abweichnngen  der  berechneten  und  beobach- 
teten Hrflßcn  vorhanden  sind.  Meistens  sind  freilich  niindeHten«  zwei  Kon- 
stante im  Amjatze,  auch  wäre  zur  vollsth'ndifjeren  Kinscliatzun*:  wenigstens 
des  empirischen  Wertes  der  Formeln  eine  Angabe  der  mittleren  Variationen 
wttnsehenswert,  die  überall  fehlt.  Die  aUgemdne  Maßformd,  welche  einen 
neuen  Verench  bot  Ableitang  einer  »korrigierten«  datatellt,  wird  non  von  zwei 
Seiten  her  entwickelt  >),  in  einer  mehr  empiriaehen,  in  welcher  eben  die  kri- 
tische Periode  eine  IJolle  spielt,  mid  in  einer  » rationellen«  Ableitung,  die 
beide  vor  allem  in  ihrer  ;:e^^en^*eitl^'en  Angleichnng  dem  Ganzen  einen  hohen 
Grad  von  Sicherheit  verleihen  sollen.  Zunächst  leitet  er  einfach  eine  Formel 
für  die  beobachtete  kritlBehe  Perlode  in  Abfaingi£^eit  von  awel  an  gleiehea 
Teilen  gemiachten  Reizen  verschiedener  Inten^t  B  nnd  r  ab  und  berech- 
net» daß  der  Ansdnick  für  den  Fall  eines  eben  merklichen  Unterschiedes 
zwischen  R  nnd  r  konstant  wird.  In  dieser  nb^irbupfzunsr  m\t  einer  Konstanten 
ist  al.Ho  nach  der  oben  (genannten  rliophysii^i  heu  i  heorie  die  Hedin^-un^ 
dafür  gegeben,  daß  zwischen  den  beiden  Lichtemphnduugcn  eine  konstante 
Differena  beateht  Daa  letatere  Reanitat  iat  dabei  indirekt  abgeltet,  well  eine 
direkte  Beobachtung  der  kritischen  Periode  bei  eben  meriüicben  Unterachieden 
Ton  Ii  und  r  allzu  schwankende  Resultate  ergab.  In  dieser  Ableitung,  die  auch 
weit  zurUckliejrende  nnd  bisher  bei  uns  unbekannte  Untersuehungen  in  Über- 
einstimmung mit  Marbes  Resultaten  neu  uachpriitte.  wird  zunächst  der  Be- 
griff der  >Periodcukonstantcu<  eingcAihrt,  der  allein  lür  sich  schon  eine 
optiache  Oeaetamifiigkeit  anadrOeken  mOehte»  daß  nlmlioh  daa  Prodokt  der 
Zeitabachnitte  i,  nnd  für  ein  bestimmtea  B  nnd  r  in  der  kritischen  Periode 
bei  beliebigem  Mischungsverhältnisse  konstant  sei,  wovon  aber  die  empirischen 
Werte  so  weit  abweichen,  daß  die  Lösung  der  Frage  einstweilen  hinaos- 

geachoben  ist  Doch  bleibt  nnn  wen^ena  der  Anadmck  » I  in 

allen  weiteren  AnaftOinuigen,  wo  nnr  noch  mit  efaier  Hlachung  von  B  nnd  r 
zu  gleichen  Teilen  beobachtet  wird.  Für  r  =s  0  wird  t  mit  t  beaeiehnet  Hat 

R  und  r  dabei  beliebige  Werte,  so  soll  fUr  die  beobachteten  t  bezw.  /  — r 
nicht  die  von  Marbe  vermutete  Kurve  der  Hyperbel  die  Abhängigkeit 


1)  Eine  krltlaehe  Betrachtang  des  gesamten  Verfiihrena  nnd  seiner  Eb- 
sciätzung  seitens  Lehmanns  selbst  ist  hier  ansdrficklich  onterbUebcn.  Ich 
verweise  hierfür  jedoch  auch  auf  0.  Kttlpe.  Zur  Fratre  nach  der  Beziehung 
der  ebenmerklichen  zu  den  Ubermerkliehen  Unterschieden.  Wandt,  PJul. 
Stud.  XVm,  S.  328,  insbes.  auch  S.  Mö  f. 


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Befente. 


35 


R 


der  i  von  —  dantellen,  sidit  nur  wegen  der  empiruehen  Abweichangmi,  eon- 

dem  weil  <  fttr  die  Gleichbeit  der  gemisehten  Reiie  sonst  nicht  der  Wirhlieh- 
keit  entipreehend  nnendlich  grofi  wird.  Wenigstens  die  letztere  Bedingung 


der  oben  definierte  Wert  z  aus  den  Beobachtuugsreihen  mit  verscbiedenen 
R  dnreh  die  Fonnel  t  «  4;  —  Ai  log  B  bestinunt  gefunden,  worin  k  nnd  ki 
berechnet  wnrde.  [In  der  neuen  Arbeit  (8,  S.  91  ff.)  whrd  freilich  erwShnt, 
da6  oberhaUl  der  Blendiin{?BHclnvellc  ein  anderer  Wert  gelte.]  Da  aber  nun 
ancb  die  bo  Jinrof^rtzto  Formel  für  -  r  lürht  befriedigt,  so  müssen  einfach 
neae  Konstante  ciugcsctjjt  werden.  Mit  dreien  muü  die  Sache  natürlich  hiu- 
reichend  mit  den  Zahlen  in  Übereinstimmung  zu  bringen  sein.  Indessen  han- 
delt es  ridi  hi^  doch  darum ,  denselben  in  dleeer  Anordnung  auch  einige 
Berechtigung  su  verleihent  und  dlMC  ergibt  sich  unter  Berflehrichtigung  des 
Siinultankontrastes  zwischen  den  benachbarten  Sektoren,  die  zwar  nicht  im 
Bewußtsein  uly  getrennte  Elemente  nebeneinander  gegeben  sind,  aber  doch 
wohl  auf  der  Netzhaut,  so  daU  ihr  1\  itn  i-t  nach  der  physiologischen  Kou- 
trasttheorie  eingerechnet  werden  muU.  Auch  hier  wäre  beiläufig  der  direkte 
Weg  einer  Nachprüfung  oiit  dem  sebon  oben  (S.  24)  erwibnten  mOgUchst 
momentanen  Beleucbtungsweehsel  der  gesamtra  FlKche  mOglieh,  der  dann 
jenen  neuen  Konstantenkomplex  nicht  notwendig  haben  dürfte.  Für  den 
>po8itTven«  TTelligkeitskontrjiJ^t  der  Aufhellung  des  7?  zu  einem  :^cht'inbaren  ./ 
gilt  nach  Kbb  i  ng  Ii  a  us  ./ — R=(tiR  —  r).  Für  den  n  egativcu  Kon- 
trast der  Verdunkelung  des  r  zu  einem  scheinbaren»,  für  den  Ebbing- 
hnn»  noch  keine  eindeutige  Formel  fand,  findet  nun  Lebmann  nn 
e einen  nen  abgeleiteten  Kontrastmeaaungen  dnreh  Verwendung 
des  nSndiclien  Ausdruckes  einen  Ausw^,  der  auch  der  gesuchten  Perioden- 

B  T   

fonnel  aufhelfen soH, 80 daß  » —  r-^.    •  —  (r — JS).    Wird  nnn  aus 


diesen  beiden  Formeln  die  gesamte  dnreh  den  Kontonrt  herbe%eflihrto  Differens 
B-^r  berechnet  nnd  in  den  obigen  Ansatz  gebracht,  so  ergibt  sich  als  For^ 

mcl  für  die  kiitiscbe  Penode  in  Abhängigkeit  von  R  und  r  ein  Wert  mit 
vier  Konstanten,  die  in  einem  etwas  vereint^f^itcii  Verfahren  mit  der  beob- 
achteten Keihe  hinreichend  in  Einklang  gebracht  werdeu.  Die  fertige  Formel 
wird  nach  t  aufgelöst.  Wie  dann  endlich  die  nun  in  die  Formel  einzusetzen- 
den UntorsehiedsBchwelien  abgideitet  werdeui  ist  nicht  weiter  erwibnt  War 
nun  in  dieser  eraten  Deduktion  nnr  die  Bedingung  fttr  die  Konstana  der  Differena 
sweier  Empfindungeintensitäten  implicite  abgeleitet  worden,  so  ftihrt  die  »ratio- 
nelle« Ableitung  unmittelbar  7a\  der  Mantorinel  fiir  die  einzelnen  Enipfindungs- 
inteusitüten  sell)8t,  die  zunächst  einmal  anderweitig  wahrscheinlich  gemacht 
wird.  Dann  rechtfertigt  er  dieselbe  durch  den  Nachweis  der  Miiglichkeit  einer 
Ableitnng  jeuer  vorhin  gefundenen  speziellen  Formel  fttr  die  konstante  (eben 
merkliche)  Differena.  ZnnSchst  wird  das  an  Anfiug  erwähnte  allndihlicbe 
Anateigen  der  Lichterregung  (7,  S.  84)  in  bekannter  Weise  mit  den  Formeln 
der  Photochemie  fUr  die  in  der  Zeit  T  vom  Keiz  Ji  zersetzte  Tiefe  D  einer 

R  T 

licbtempfindlidien  Schiebt  D  »  c  >  log  in  Besldinng  geaetxt,  wo  e  eine 
Konstante  nnd  Üb  die  in  der  Z^ebihelt  eben  widrangsiose  IntendtiLt  bedeutet 


trifft  hingegen  wohl  fUr  eine  Formel    —  t)  |-  1 


Ct  zu.    Dabei  war 


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30  Baiermte. 

Diese  iit'ziebung  ergibt  aicb  durch  die  Annahme,  daß  die  Lichtempfindun^ 
bia  zur  »Maxiinalzeit«  eben  8o  einfach  wie  das  Vordringen  eines  photoehe- 
miMhen  ProMBeei  «nwachae,  woiaiif  der  Stoffmehael  dem  wetteren  Fort- 
sohreiten  der  Erregong  du  Oleichgewicht  halte.  Nach  der  Maximalzeit  bleibt 
die  Empfindung  annähernd  konstant.  Die  EinpfiTnliHii^sintensitüt  krtnne  also 
zu  D  proportional  gesetzt  werden,  wenn  man  nur  für  Tolu-n  die  Maximalzeit 
7^,  einsetze.  Außerdem  nimmt  Leb  mann  in  Übereinstimmung  mit  den 
ebenfalls  oben  ,S.  25  f.)  diakutierten  Ergebninen  von  Ezner,  Knrtiiis  iL  a.«n. 
dtß  die  Haximalselt  von  der  Intensilllt  nbhlngig  sei  und  daß  Ar  sie  die 
Fofnel  gelte: 

Die  gesuchte  Maßformel  fUr  die  Empiindungsintensität  wird  daher: 


Wird  lileraiis  die  Formel  fUr  eine  Iconstante  DifTerens  /k  der  Reise  B  and  r 

gebildet,  so  ist  freilich  zunächst  der  XnOere  Unterschied  von  der  früheren 
ans  der  kritischen  Periode  abgeleiteten  Formel  nnverkennbar.  aueli  naehdrm 
der  Simultankontrast  wietlernm  in  Hechnun^'  p-ezoj^en  worden  it»t.  Auf  der 
einen  Seite  der  alten  Formel  kommt  im  Zähler  und  Nenner  nur  i^,  nicht  auch 
r  vor.  So  wird  schließlich  in  einer  weiteren  Koitektnr,  in  wdeher  diese 
Operation  mit  Konstanten  nsw.  anf  Gmnd  physiologiseher  Eypotiiesen  am 
nnvennittel taten  aufzutreten  seheint,  wegen  der  ausschließlichen  Belle^^ 
schung  des  schon  otien  bei  erwiihnten  StofTweclisel?  durch  I\  da?  nnbe- 
queroe  r  entfernt  und  die  Angleichoog  an  jene  erste  Ableitimg  bis  auf  die 
Konstanten  hergesteütt. 

Bei  der  Berechnung  der  Konstanten  seiner  Haßformel  fttr  die  einzelnen 
homogenen  Fkrben  In  seiner  neoen  Arbeit  (t)  hStte  nnn  Leb  mann  wied^nm 
direkt  verfillimi  kVnnen.  Anf  diesem  Wege  wären  die  einzelnen  üb  zu  er- 
reichen gewesen,  nnd  da  femer  das  a  —  b  log  i2in  der  Formel  eben  die  Maximal- 
zeit T,„  tür  Ii  ist,  ir-it'cn  nur  älinliehe  Untersuchungen,  wie  die  zu  Anfang 
des  Referates  erwähutcu  Messungen  des  von  Dürr,  für  die  einzelnen  Far- 
ben angestellt  nt  werden  brauchen,  woraus  die  verschiedenen  a  nnd  b  sieh 
ergabt  woranf  dann  endlich  dnreh  mehrere  Helligkeitsgleiehnngett  der  Ter- 
schiedenen  Farben  anch  die  Konstanten  e  an  finden  waren.  Dieser  Weg,  der 
zugleieli  die  ganze  theoretiseiie  \'oraussetzung  geprüft  liHtte,  erseiiien  jedoch 
wessen  der  S('hwierip:keit  der  direkten  Maximalzeitbestimmun^  ungeeiguer  und 
so  wurde  >neder  indirekt  verfahren.  Nach  den  vorhin  bei  der  zweiten  »ratio- 
nellen« Ableitung  erwUhnten  Voraussetzungen  soll  die  nach  der  Maximalzeit 
Tm  ebenso  wie  bei  Charpentter  nnd  Martins  weiterhin  als  annShernd 
konstant  betrachtete  Empfindungsintensltitt  stets  auf  Gmnd  des  nln- 
lichen  Sumniationsprozesses  kontinuierlicher  photochemischer  Moment^ir- 
knn^eu  entt^tanden  gedacht  werden,  der  nach  dem  Talbotschen  Oesetze 
auch  bei  diskontinuierlicher  Darbietung  zu  der  gleichen  Empfindung  führt. 
faUs  nur  i^r^Kff  ist  Da  nun  eine  zu  gleichen  Teilen  ans  homogenem  far- 
bigen Lichte  B  und  liehtlosen  Intenrallen  gemischte  Empfindnng  bei  der 
kritischen  Periode,  die  in  diesem  Falle  der  oben  mit  i  =  Ar  —  1^  log  bezeich- 
neten Periodenkonstanten  enti»priclit.  einem  dauernd  dargebotenen  und  nach 
der  Zeit  y„,  vermeintlich  unveränderten  I*eize  T'  gleich  sieht,  so  kann  nach 
dem  Talbotschen  Gesetze  die  Gleichung  augeaetzt  werden  NT„,  =  2  Rt.  die 
nach  Einsetzung  des  o 6 log    fUr  J»,  diese  Konstanten  der  Maßformel  in 


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Befoate. 


37 


denWerteu  k  ündkiM»6T\ir]i(^n  läßt,  welch  letztere  ausBeobftohtunf]:i*roiben  Uber 
die  kritische  Periode  i  empirisch  abfireleiret  werden  können,  so  daß  a  =  2(/r  — 
log  2)  und  b^2kx  wird.  Der  letztere  Wert  bestimmt  offenbar  iu  der  oben 
gmianten  M aßfoimel  für  B  d«n  Einfluß  der  Stdgenuig  dei  B  tnf  den  ganzen 
Wert,  weshalb  it  ali  »Steignugakoeffislent«  bes^ehmt  und  weiteribdbn  tot 
allem  betrachtet  wird.  Er  besitzt  in  QiQn  bei  XB*610/t  ein  filininma  und 
steigt  für  Lehmann  nach  beiden  Seiten,  vor  allem  nach  "Rot  hin  an.  Für 
beliebige  Farbenreize  Hi,  Ii),  usw.  von  ^'leicher  Helligkeit  er- 
lobeint  dabei  die  Zeit  t  konstant  und  laßt  sich  der  Wert  k  gemäß 
der  Formel  für  t  flr  eine  wenig  ttber  der  Scbwelle  gelegene  und  wegen  der 
leieliteii  HelliglcflitOTerKleieininff  ata  »iaolaildec  Einheit  flr  alle  B  «ewihlle 
Litondtttsstnfe  1  als  47,1  dnrch  nnnittelbare  l'cobachtnng  gewfameik  Dft 
ftmer  nach  dem  Torlnn  Geaagten  t  m  i;      log  i^i^i—ikit  log  JBjl,  ao  wird 

noch  das  Yeifaiatnia  ^  konatant»,^^^,  waa  aehon  von  Lepinay  und 

«1  log 

Nieati  aas  dem  Weberaehen  Oeaelae  abgeleitet  worden  war,  flbrigena  aneh 
Charpentier  baiomnt  war,  inaoftm  er  frnd,  daß  die Untersdiiadaempiad* 
lielikeit  fttr  versefaiedene  Farben  konstant  werde»  wenn  man  die  Schwellen- 
werte überall  nla  Einheiten  rechne*  .  Dnrch  konstante  Verhältnis  wird 
nun  fnr  Lrtinninn  auch  die  Berechnung  der  Stoigungskoeffiztenten  aus 
einem  trcmdea  System  toq  Uelligkeitagleichungea  versehiedenfubiger  H  wög- 
tteb,  wenn  er  nur  etnan  Steigungskoeffidenten  ata  bekannt  annimmt,  «aa  er 
doreh  Verallgemrinemng  des  seinigen  fOr  Oalb  wegen  deaaen  Ähnliobkeit 
mit  demjenigen  von  Weiß  erfüllt  glaubt  Die  darmaOen  nach  KOnigs  Ta- 
bellen borfrhnrtc  Kurve  der  steigt  allerdiTifrs  nach  Kot  viel  höher  und 
sinkt  nach  Blau  hin  eher  noch  tiefer  herab,  woraus  Lehmann  aut  liedt  utende 
persönliche  Difterenzen  überhaupt  schließt.  Nach  Ableitung  der  a  und  b  waren 
nun  Uo6  noeh  meluefe  Hdfigkcitagleiehaugen  ▼eneUedlaMK  Farben  und  Wei0 
IniDefareren  Intenamtastnfen  ananflttirea,  woraof  dann  die  mit  ibrra  bcrialMM^ 
Beben  Konstanten  und  den  so  gefnndenen  gleichgesetzten  Maßformeln  die 
Ubnjren  vier  Konstanten  je  rine  für  e  nnfl  eine  solche  für  %  finden  lassen. 
Vier  Konstanten  müssen  nun  bei  hinreichend  langer  liemilliuii^'  imt  jeder 
gefnndenen  Zahlenreihe  iu  hinreichenden  Einklang  gebr&i  ht  werden  können, 
rienHcil  gleichgültig,  waa  ftr  eine  Formel  llberbaapt  augeaetat  iat  Lob- 
mamii  wollle  aber  Ja  gerade  die  alleinige  CHÜllgknit  seiner  KafiÜMBMl  dartnn. 
Übar  daa  Verfahren,  durck  wdehea  er  eine  eindeutige  Notwendigkeit  gerade 
peiner  Formel  nnho  zn  locen  Tersucht,  will  if^h  hier  ebenfalls  kurz  refe- 
rieren. Durch  Umformung  der  Gletohung  gelingt  es,  die  beiden  o  in  eine 

Konatante  y    ^  anaaamieamwieben,  ebenso  die  üb  wieder  ansammen  mit  y 

in  eine  neue  x  =  logi%— y  logi^i.   Es  seigt  sich  nun,  daßy«»—  stete 

gerade«i ^  wird,  eine  Einftehh^,  ana  der  avf  einen  besonderen  Wert  dea 

Ansatzes  Licht  fallen  soU.  Nicht  vüllig  klar  wird,  warum  fernerhin  auch  die 
Tataaehe  ata  eine  beaondofa  nene  Inalana  für  den  Wert  der  Ftemtfeisdiefait» 
da0  wenn  an  Steile  dea  ana  nmnehen  Gleiebnngen  beieeluielen  f  in 


1)  Charpentfor,  Comptee  read.  IBM.  Cit.  nach  Wandt,  Orandafige 

der  phjrgiol.  Psychol. 

▲icUt  (Ar  Pjidbiolo(i«.  L  Lit«r»tnr.  4 


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SB 


Befenke. 


durch  ganz  analoge  Beobachtungen  abgeleiteten  Gleichungen  das  auf  anderem 
Wege  {d.  h.  dareh  dfo  gounniteB  Meseangen  der  kfitiieheii  Periode  t)  gefnn 

dene     gesetzt  wird,  nnn  die  Mabtuniu  i  lür  x  wirklich  ungefähr  eine  Kon- 

Btante  für  jedes  /  berechnen  läßt.  Wenn  die  zunächst  f!lr  die  Auswertunfj  de.«  y 
zusammen  mit  Z  gewählten  llelligkeits/^leichun^en  einiger  Spektralfarben,  mit 
denen  die  Berechnung  durchgeführt  wurde,  einen  hinreichenden  Überblick 
Uber  die  ganie  beobachtel»  Fuiktioii  «rgiben,  viid  hier  meh  die  swar  «nder- 

wcitig,  aber  doch  ebenfalls  in  diesem  hinreichenden  Umfange  beobachteten  ^ 

an  Stelle  des  y  hineinpaßten,  eo  ist  an  dem  weiteren  iinß:ef!thren  Zasammen- 
passen  der  entsprechenden  (Jnißen  in  einif^en  weiteren  Helligkeitsgleichunfjen 
eigentlich  nichts  Verwunderliches,  zumal  Lehmann  gar  nichts  Uber  eine  Lnt- 
fsfaimg  ihnr  Inteiiritlttutiifo  von  den  in  die  frfUiaeBefeeluiung  einbezogeneoi 
gengt  hat  (•>  8. 180).  Daneben  gesteht  aber  uon  Lehmann  selbst  noch  zu, 
da0  Mine  eigene  Präzision  der  Helligkeitsvergleiohnng,  auf  welche  hier  doch 
alles  ankommt,  eine  bo  geringe  ist,  daß  ihm  mir  eine  allerdingi^  konstante 
Abgrenzung  einer  großen  Kegion  »cheinbarer  tJleichheit  gelingt-,  deren  obere 
Grenze  die  untere  um  ca.  das  Doppelte  übersteige.  Es  wird  dann 
daa  Mittel  als  wihneheiallehste  OMchheit  bereofanet,  wKhzend  aber  doch  dann 
eigeiifiieh  sehon  die  Maßfonnel  mit  den  geaiiehtoii,  ▼mduedeiieii  Konataatea 
der  beiden  Farben  in  Anschlag  gebracht  werden  müßte.   Trotzdem  ergeben 
nnn  die  bisher  abgeleiteten  Konstanten  bei  ihrer  Einsetzung  in  die  Maßfonnel 
?»o  guten  Einklang.    Die  »ehließliche  Erklärung  für  die  veret-hitHienen  Stei- 
gungskoef&bienten  schließt  sich  wieder  an  die  photochemischen  Yermutungen 
Aber  eine  verflchiedene  Senfibilitit  fttr  die  einzelneB.  WellenlSngen  an.  Ab- 
geachen  von  der  niin  achon  mehrmala  erwihntoi  ZwelfeUnftigkeit  der  ye^ 
anflsetzang  Uber  die  Maximalzeit  T„  auf  Grand  der  neueren  Yenmebeb  ^  ^ 
doch  auch  zweifelhaft,  ob  man  flberlifuipt  pine  allgemeine  Maßformel  mit 
einem  einzigen  Steigiuighkoeffizienten  lür  juiJe  i  arbe  erwarten  könne.  Die 
einzelnen  Intensitätsstufeu  bringen  al»  integrierendes  Moment  eine  besondere 
Adaptation  mit  eieh,  die  Ar  die  nSmUehen  Farben  Tenuitlieb  inaer  andere 
nod  andere  SenribilitätsTerhSltniiie  aa&nweiien  hat  In  den  Lebnan&aebea 
Versuchen  selbst  ist  die  Frage  der  Adaptation  abgesehen  von  der  >BleB> 
dnngsschwclle«  (8,  .S.  93  nicht  enväbut.   Die  AusfUhmne'  der  Versuche  im 
Dnnkelraum  wird  nur  um  der  physikalischen  Exaktheit  willen  betont  HQhmend 
hervorzuheben  ist  aber  vor  allem  noch  die  elegante  Versuchsanord* 
anng  fttr  anbjektive  Spektralbeobaehtvns,  die  aock  aligemeiner« 
Verwertung  mit  Recht  empfohlm  wird.  Dnrcb  mnnreiehe  Anordniing  dreier 
teils  nnbelegter  Spiegel  vor  drei  ans  einer  Gas-GlUhlampe  beleuchteten  Spalten 
und  zugleich  in  der  Oesiehtslinie  eines  Femrohres  läßt  sich  die  Mischung 
zweier  selbständig  variabler  Farben  und  ihre  Vergleichung  mit  einer  beliebigen 
dritten  von  je  beliebiger  Helligkeit  erreichen.    Der  Episkotister  vor  den 
Spalten  bewirkte  momentanen  Yeraehlnß  der  gauen  Linie.  Die  kontinnier' 
liehe  Variation  der  Helligkeit,  vetobe  liekaiintiick  den  payebolo^ehen  Ab- 
straktions-Prozeß der  Helligkeitsvergleichung  verBefaiedräer  Farben  gani  lie- 
sonders  erleichtert,  wnrdc  durch  die  Vorbeibewegnng  einer  fnrldos  ent- 
wickelten Diapositiv-Platte  vor  dem  Spalte  bewirkt,    auf  der  die  ver- 
achiedenen  Stollen  durch  verschieden  lauge  Ejiposition  einen 
kontinnierliob   annehmenden   Abeorptionakoeffiaienten  be- 


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Beferate. 


39 


9 

■aßen»  also  ein  tmuinrenteB  Analogon sd  den  grauen  PapteMn  nach  Harbe, 

noch  dazu  in  so  sinnreicher  Verwertung.  FQr  die  Anfimchung  der  kritischen 
Periode  selbst  flir  verschiedono  Helligkeiten  w!ire  ja  allerdings  ancli  kein 
zweiter  KpiskotiHter  als  Intensitiiteabstufung  vor  deui  ersten  zu  brauchen  ge- 
wesen. Das  Vurbandensein  anderer  Apparat«  zu  einer  kontlnnierlichen  Ab- 
dnnklnng  wird  aber  an  der  beiraffenden  Stelle  (i,  S.  88)  gua  annemein  in 
Abrede  geetellt,  nnd  lo  leheint  es  mir,  all  ob  neböi  andern  kompliaierteren 
Apparaten  vor  allem  anch  der  einfache  Marbesche  verstellbare  Rotationa- 
apparnt  noch  immer  niolit  iiinreichend  bekannt  oder  vielleicht  anch  aner- 
kanut  Hei^}. 

Den  schon  vorhin  erwähnten  EinfloB  der  Adaptation  aul  das  l  iimiuem, 
beiw.  die  kritische  Perlode  hat  IL  Sckaternikoff  (18)  im  Anftnf  von  Herrn 
Frofeeaor  v.  E  ri  e  •  Ar  drei  Terachledene  Wellenlingen  Bot  (010    Oelb  {SBB  /i) 

und  Grttn  (610 /u)  nntersncbt  V.r  benutzte  dabei  den  schon  von  Polimanti^ 
für  Flimmerphotometrie  gebrauchten  geradsiphri;.'eTi  Spektralapparat  unter  sorg- 
nntiirer  Bertlcksiclitij^ung  vollkommen  liehlloscr  ^^charf  begrenzter  Intervalle 
von  gleicher  Dauer  wie  der  lieiz,  zugleich  mit  ^ter  Fixation.  Die  zunächst 
geprüften  lichter  geringster  HeOigkeit  waren  awar  foreal  bei  Dunkeladap- 
tation  nieht  tSUI;  nneiehtbar  (alio  nicht  reine  StXbdhenempfindnngen  nach 
der  V.  Eriesschen  Theorie],  jedoch  dieser  Grenze  aehr  nahe.  Die  bei  den 
verschiedene!!  Adaptationsgraden  erhaltenen  Frennenzzahlen  boi  der  Ver- 
schmelzung liegen  also  aiimtlich  absolut  sehr  niedrig,  zwisclien  10  und  17. 
Die  Variation  innerhalb  dieser  Grenzen  vollzieht  sich  nun  in  der  Weise,  daß 
f&n  Tor  Eintreten  des  Dunkels  ataik  heiladaptiertea  Auge  die  geringste 
Fieqnenaiahi  bedarf,  die  dann  wUhrend  forlgesetater  Adqitation  bis  ea.  90  Iii- 
nuten  rasch,  dann  bis  ca.  90  Hinuten  immer  langsamer  der  oberen  Grenze 
sich  nähert,  n  r  am  hfu-liBten  bei  Grlin,  wie  es  auch  dem  f»e}ih>ßlichen  sub- 
jektiven Helli^rkrit^jverliUltnis  mit  Übenvietren  des  Grlin  entepricbt  und  im 
ganzen  zu  der  auch  sonst  gefundenen  Abhiingigkeit  der  kritischen  Periode 
Ton  der  Helligkeit  paßt,  zugleich  an  dem  steileren  Errcgungsrerianf  ttber- 
lumpt,  der  sieh  nach  den  Dttrrsehen  Besnltaten  fdr  Dnnkebdaptation  ^ibt 
Umgekehrt  zeigte  eich  aber  nun  eine  mit  der  Dnnkeladaptation  fort- 
schreitende Abnahme  der  notwendigen  Freqnenzzahl,  wennman 
dem  adaptierten  Auge  intensive  Lichtreize  zuführt,  z.  B.  fWr  hell- 
stes Gelb  von  der  Frequenz  30  bis  20  ^im  Mittel  natürlich  wegen  der  höheren 
IntensiOt  abaolnt  größer).  Besonden  elegant  leigte  Verf.  die  Dillteena  nach 
monoknlarer  Adaptation  durch  abwechselnde  Betrachtung,  anch  noch  nach 
ungefährer  Ausgleichung  des  subjektivem  Ilelligkeitsvnteivchiedes  zwischen 
den  beiderseits  wirkenden  Reizeffekten  Äiuh  Lehmann  mußte  ja  von  der 
»Blendungsschwelle«  au  aufwürts  eine  neue  Formel  für  die  kritische  Periode 
T  ansetzen,  die  günstigere  Verschmelzuagsbedingongen  ergibt  Diese  Schwelle 
ift  aber  natOilicht  wie  schon  das  Bii]:(jektive  Gefiihl  nnmitlelbar  anieigt, 
Ton  der  Adaptation  abhlngig,  nnd  mnfi  in  diesen  Veranehen  vor  allem 
bei  guter  Fixation  zur  Geltung  kommen.  Auch  Helmhol  tz  hat  ja  bekannt- 
lich die  ermüdete  SteUe  für  trSger  erklXrt  Unmittelbar  leitet  er  dies  freilich 


1]  Ein  Apparat  für  den  nämlichen  Zweck  von  prinzipiell  anderer,  freilicli 
mdikonpihierterer  KonstroktlbniBt  bekanntttch  von  Lnmmer  nnd  Brodhnn 
angegeben  worden.  Zeitschrift  für  Instmmentenknnde  Bd.  XVI»  1896^  8. 899  ff. 

8)  Zeitschrift  Ar  Fliychol.  Bd.  19,  S.  96S. 

4* 


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40 


Beferate. 


■ur  MB  der  deutlichen  Wiederkohr  eines  poittiTen  Nachbildes  nach  Projektion 
eines  ne^tiven  Nachbildeß  auf  hello  Flächen  ab.  findet  es  aber  auch  mit  den 
Sätzen  der  MuHkelphysiolofrie  in  jrnter  t^)oreinBtimmung  ^t,  was  speziell  au'^h 
fUr  die  Herabstitzung  der  zum  Icudilb  tiihrenden  Frequenz  nach  £nDUduDg 
l^t  Da  aber  nun  dieee  Begiom  der  Bte&daqgswirknng  für  j  ed  e  Adaptations- 
lageyoriundes  ist,  nnr  eben  bei  Tersohiedener  ot^ektt^er  IntensHXt  (und  wie  die 
monokulare  Adaptation  lehrt  wohl  auch  bei  verseliledener  subjektirer  Heilige 
keit:,  so  hätte  Schatemikoff  aus  seinen  Resaltaten  auch  nicht  olme  weiteres 
auf  die  Notwendigkeit  di^r  ZntPÜunK  des  Sehaktes  an  verschiedene  Organe  bei 
Hell-  und  Dunkoladaptation  schließen  dürfen.  Selbst  bei  der  Feststellung 
eines  allgemein  anderen  z.  B.  trägeren  Verianfte  konnte  keineNotwendig- 
keit  war  ZerteUvBff  dee  Oigaaee  abgeleitet  werden,  weil  es  lieh  Ja  tteto 
um  die  Vergleiohung  yer8ch4edeaer  Adaptationen  handelt,  die  ja  doch  aellr 
leicht  ein  und  das  nämliche  Orpran  so  Terändem  kftnnen,  daß  es  zunächst 
eine  allzn  intensive  (siiHjt  ktiv  freinessen:  Tätigkeit  als  Ermlldung  empfindet 
Damit  wäre  aiso  zunächst  einmal  der  binoknlare  Vcrauch  bei  gleicher  subjek- 
tiver Helligkeit  mit  dem  £rfolg  einer  goingeren  Frequenz  des  Dunkelauges 
ueh  duie  die  SHiielieD-  und  ZepfentlMOfle  eiUIibar.  Weu  man  MKek 
tun  Tonilierda  die  Terschiedenen  AdaptrtiuMlagea  anf  einen  Wechsel  des 
gegenseitigen  Verhältnissee  in  der  Beteiligung:  zweier  verschiedener  Elemente, 
der  Stäbehen  und  Zapfen.  an>  Sehakte  ableitet,  so  muß  sich  eelbptvorständllch 
auch  die  objektiv  uud  subjektiv  verschiedene  Lage  der  Blendungsschwelle  in 
diraer  Weise  snbsamieren  lassen.  Aber  es  besteht  mm  außerdem  nicht  einmal 
•ieher  ein  solohee  allgemein  gOKigee  VerhUtniB  der  Frequemnahlen.  Es  gäbe 
vielmehr  doch  wiederum  Yetlndeningen  des  Trägheitsverhältnisses  zwischen 
Stäbchen  und  Zapfen  uud  man  bedtlrfto  somit  auch  für  die  Stäbchen  noch 
einmal  besonders  der  Einführung  von  Adaptationseintittssen,  um  Abweichungen 
einer  bestimmten  Frequenzzahl  für  subjektiv  gleiche  Helligkeiten  von  dem  all- 
gemein vorausgesetzten  Verhältnis  swisehen  beiden  Organen  zu  erklären,  n.  z. 
YerindMnngen,  doreh  welche  geradezu  das  entgegengeeetste  yerhXltais  her- 
beigeilllirt  wird.  IMeeee  Verhiltnis  soll  allgemein  In  einer  größeren  Triigheit, 
also  geringeren  Frequenzzahl  der  Stäbchen  bestehen,  und  doch  zeigt  sich  Ja 
gerade,  daB  die  treringe  nrllirrkcit  boi  Dunkeladiiptation  ihre  Frequenzzahl 
im  Verhältnis  zur  Helladaptation  zuletzt  sogar  verdoppelu  läßt.  Darüber  hilft 
•Ick  Yerf.  einfach  dadurch  hinw^,  daß  er  eine  Steigerung  als  leicht  erklär» 
Beb  beaeichnet,  wenn  nnr  der  eine  Ap|»arat  in  TItigkeit  nnd  der  Zapfen- 
apparat  aoageielialtet  sei  (18,  S.  254).  Ist  nmi  eclM»  das  letztere  nicht  vQlBg 
erreicht  gewesen .  so  läßt  sich  doch  auch  leicht  eine  Helligkeit  fUr  Helladap- 
tation denken,  in  der  viel  mehr  Zfipfenhf'llifrkcit  dsbei  ist,  und  die  wieder  fni 
ein  Hellauge  foveal  so  hell  aussieht  wie  für  das  Dunkelauge  die  »uerst  vom 
Verf.  benützte  Helligkeit  geringster  Intensität.  Nach  unserer  Kenntnis  über 
die  Stelgemng  der  Frequeaa  mit  der  Intensittt  bei  Heiladaptation  ist  kan 
ansonehmen,  daß  die  FMqnena  bei  enIapredieBder  VergrOOervag  der  objek- 
tiven Helligkeit  fUr  das  Hellauge  so  sehr  gesteigert  worden  wäre,  daß  sie 
die  nun  durch  die  Adaptation  bewirkte  annMhemde  Verdoppelung  des  Dnnkel- 
anges  erreicht  oder  so  »ehr  wie  nach  L  beraihreituug  der  Blendung«9chwellö 
bei  Dunkeladaptation  Ubcrtroffen  hätte.  Zudem  hätte  der  Versuch  dieser 
aabJelctiTen  Avsgieiehang  dann  aaeh  im  noch  geiingenn  HetUgkattwlBlIn  am» 

1)  Helmholta,  PhyBlologiiohe  Optik  8.  Anfl.  S.  619. 


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Bsftrato. 


41 


gefiilir^  wertien  koüüen.  Mit  anderen  Worten,  es  hiitte  die  monokulare  Adapta- 
tion lür  diu  längst  überschrittene  Blendongsschweile  des  Dunkelaoges  auch 
weh  «Bteriian»  denwlban  waggMat  werden  ndnen;  dmna  UM»  riek  woU 
eigeben,  dafl  »neh  die  BtiSbeluntheorie  nur  dueh  Hinwuiahme  vom  ad  hoe 
eingefttlirCen  Merkmalen  der  Stäbchen  den  Tatsachen  gerecht  werden  kann, 
die  man  atiih  als  allstem  eine  Adaptationseinflfis'pp  ein  und  des  näm- 
lichen Or;r;uios  aufiasBtn  kann,  daß  also  diese  Versuche  mindest^nH  kein 
Kriterium  tür  dieselben  sind.  Zu  der  bekannten  Gelegenheit  eines  direkten 
Yengiiiehei  der  Freqaeniialü  Air  StSbchen  und  Zapfen  bei  gleicher  Adap- 
tation im  Veigleidi  yon  Zentnun  nad  Peripherie  hat  Verf.  keine  Beiieiiiiniir 
hergestellt 

Besondere  Angriffe  erfuhr  aber  die  v.  Kriessche  Theorie,  als  v.  Kries 
selbst  einen  funktionellen  ünterBchied  zwisc^ien  f\t^m  Zapfen-  und  dem  StUb- 
chenbezirke  hinsichtlich  der  Nachbilder  nach  kurzdauernden  Keizen 
b«haiiptete,  den  er  in  einebeatiBiidteBeaiehiing  n  letaerneorie  m  bringen 
▼eianehte.  0ie  ganae  Diskaation  dieaer  anfierdem  aaek  von  C  Heaa, 
Hamacher,  Bidwellu.  a.  beobaiditeten  Kachbilderscheinnngen  hat  aber 
gerade  in  dem  für  die  von  Kriessche  Theorie  wiohti^i^en  Punkte  srhnn  hin- 
sichtlieh des  bloßen  üeobachtnngsmaterials  zu  keiner  Einigung  geführt,  so  daß 
sich  gerade  hier  am  Schlosse  der  Polemik  die  g^erischen  Aussagen  schroff 
gegenffbexatehen.  Übereinatbaniiing  kenoeht  nur  darttber,  daß  weaigatena  Im 
aügemeinen  enion  kondaaeniden  Fart»enrente  nicht  aogieieh  beiw.  wie  adion 
wiederum  länger  bekannt  war,  durch  ein  dunkleres  Intervall  getrennt,  das 
fri!}ipr  einffich  als  positiv  bezeichnete  gleichfarbige  Nachbild  nacbfolp^  Ks  lio^ 
vielmehr  noch  eine  bcBondero  positive  und  komplementäre  Errci^ungsphaBö, 
das  sog.  Furkiujesche  Nachbild  dazwischen,  weiche  von  der  primären  Ei- 
regnng  dnrdi  ein  kUnerea)  dnaUea  btatvaD  von  ea.  V&  Sek.  nnd,  tob  dem 
apKterangleieh&rbigen  Nachbilde  dnreh  ein  etwaa  HIagerea,  ebenMa  dnnklea 
Intervall  getrennt  iat  Die  Reihenfolge,  die  bei  Fixation  ruhender  Lichtblitae 
als  Succession  erscheint,  kann  dnroh  rasche  Fortbewegung  eines  r.m  Bewe- 
guiiir?ri<htiinfr  senkrechten,  farbig  erhellten  Transparentstreifens  als  Neben- 
einander > nachlaufender«  Streifen  und  Flächen  betrachtet  werden.  C.  Hess 
konnte  anfierdem  nmimehr  naek  dieaer  Methode  featateDen,  daß  behm  Naeh> 
bflde  einea  dnreh  einen  dnnklen  Zwischenranm  geteUtm  Stieifina  analoge 
Lichterregangen  in  der  primir  nieht  erregten  Nachbarschaft  auftreten,  wie  rie 
bekanntlich  vor  allem  Hering  al«  »Tächthof«  Inder  Nif  »ihnr^chaft  einer  vor- 
her länger  auf  duuiüem  Gmnde  betrachteten  Helligkeit  beim  Klick  ins  Dunkle 
beschrieben  hatte.  Dabei  erfolgen  auch  diese  benachbarten  Nacherregungen 
in  einer  doppelten  Phaae,  deren  ettte  dem  prkaiiea  Relae  gleiöhfiubige  nn- 
geflkr  mit  dem  efaten  InterraU  an  der  primiren  SteOe  angleich  erfolgt,  nnd 
deren  awdte  komplementäre  Phase  ungefähr  dem  zweiten  primär  lokali- 
sierten Intervalle  entsprirht  3,  S  1  f!"  »Eine  bisher  irihek:\nntc  Na^hbild- 
erscheinung«).  Nach  den  Beobachtungen  von  v  Krii  k,  dm  u  erste 
Veröffentlichung  schon  weiter  zuriickliegt,  soll  nun  das  i  urkiujesche 
komplement&re  Naehbild  an  der  Stelle  dea  dentlichaten  Sehena 
nieht  anftreten.  Hier  aei  nnr  daa  apStere  gMekIvbige  NackbHd  vor- 
kanden.  Die  Einfügung  in  seine  Theorie  geschieht  dabei  jetrt  in  der  Weise, 
dass  das  komplomentärfarbige  Xafhiiilfl  als  eine  Nacherregung  der  8tJib- 
cbcn  anp-ppchfMi  wird,  die  an  sich  nur  zur  Auslösung  einer  farblogpu  Ilellig- 
keitsempäuduug  befähigt  sind  uud  hier  nur  deshalb  kouplemeatur  geiärbt 


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42 


Befente. 


erecheineD,  weil  alle  Erregungen  nach  vorhergehender  noch  so  kurz  dau- 
ernder Farbenerregnng  im  Sinne  dee  negativen  komplementären  Farbea- 
iiMlibOdm->re«gierBn«  (spesielltf,  S.U7),  welchw  an  doi  aiug«piigt«fe&  Um» 
BtinimiuigBersolidinageii  naeh  llngeraii  Farbenieizen  am  b^annteaten  iat,  und 

von  V.  Krie»  jetzt  vor  allem  wegen  dieser  poBitiv  kompleraentär  gefärbten 
StUbchenerregunf:  als  zentralero  Beeinflussung  gc'letitft  wird  vgl.  nnten\ 
Diese  Beziehung  2um  uegativeu  Muchbilde  ohne  Stellungnahme  zur  v.  Krieg- 
schen  Theorie  ist  übrigens  auch  in  der  oben  referierten  Abhandlang  von 
Marti  SS  angenommen  (10,  S.  865).  Das  Felden  des  podtiT  komplementir-' 
farbigen  NachbUdea  in  der  stäbchenfreien  Fovea  ist  somit  flir  v.  Kriet  wohl 
begreiflich.  Dem  gegenüber  hat  aber  nun  C.  Hess  die  Sichtbarkeit 
dieser  Phase  auf  der  gesamten  Netzhaut  für  alle  Adaptations- 
lagen auf  das  Entschiedenste  behauptet.  Inebesoudere  »ei  auch  bei 
jenem  oben  genannten  »Lichthof«  sowohl  die  erste  gleichfarbige  als  auch  die 
sweite  konkplementHrfikibige  Naeherr^ong  in  der  nicht  erregten  Nneh- 
baraehaft  dann  ebensogut  xu  sehen,  wenn  die  oben  erwähnte  Lücke  dee 
primären  Streifens  gerade  nur  über  die  Fovea  hinweggehe.  In  seiner  letzten 
Erwiderung  (5)  belegt  nun  v.  Krios  seine  TJpliauptung  vor  allem  durch  neue 
Versuche,  in  denen  er  alle  von  C.  Hess  alß  Erklärung  für  Uag  v.  Kries- 
ache  Übersehen  angeführten  Faktoren  vermeidet,  also  ohne  eine  Ermüdung 
der  Fovea  dnreh  Fizaiionsmariken  nnd  ohne  Kompl  kation  der  Prosesse  durch 
au  rasche  Wiederiiolnng  der  Beize  u.  ä.  Es  sei  liier  umgekehrt  das  Sehen 
der  LUcke  schuioriir.  wie  bei  der  Aufsucbuug  von  Skotomen.  Besonders 
überzeugend  gelinge^  »ler  Atisfallversnch .  wenn  r)v.\n  hoi  der  Methode  der 
>ua(>hlautV;nden<  bilder  das  Objekt  nur  bis  zium  Blickimakte  gelangen  und  dort 
verschwinden  lasse,  weil  dabei  der  kritische  Moment  besonders  klar  für  die 
Analyse  heiauagdioben  sei.  Hess  hatte  jedoch  1>ereitB  besonders  betont,  dn0 
er  nicht  etwa  bloß  innerlialb  des  ganzen  Sehfeldes  den  nämlichen  Vorgang  ge- 
sehen  habe,  wobei  etwa  von  einem  Übersehen  charakteristischer  Abweichungen 
auf  Grund  einer  allgemeinen  Assimilation  der  Auffassung  die  Rede  pein 
könnte.  Er  habe  vielmehr  '8,  S.  11;  gerade  in  der  Fovea  au  dem  Nachbilde 
wirklich  eine  charakteristische  Abweichung  beobachtet,  aber  eben  keinen  Aub- 
üall ,  sondern  eine  klebte  YenUgemng  im  YeriiMltnis  su  den  peripbereien 
Kachbaigebieten,  eine  Notia,  die  ins  Gewieht  sn  fallen  scbeint»  wenn  man 
beiden  Parteien  an  genau  lokalisierten  positiven  Beobachtungen  so  viel  als 
möglich  zugeben  will.  Andererseits  gibt  v.  Kries  zu.  daß  man  in  der  Fovea 
allerdings  nicht  etwa  immer  gar  nichts  sehe.  Er  will  vielmehr  die  Angaben 
Ha  mackers,  der  ihm  im  Prinzip  beistimmt,  nicht  bestreiten,  wonach  dieser 
an  der  xentralem  Stelle  ^n  sehr  dunkles  negatives  Faibennaehbild  esbe.  Das 
letztere  war  Ifbrigens  gerade  auch  von  C.  Hess  früher  als  die  eigentliche 
Konsequenz  der  v.  Kri esschen  Theorie  bezeichnet  worden,  wenn  man  die 
strittige  Phase  auch  dem  Zapfenapparat  zugestehen  wolle.  'Vgl.  auch  wieder 
8,  S.  15.)  Endlich  ist  auch  die  Hess  sehe  Angabe  von  Bedeutung,  daß  auch 
für  die  Fovea  immer  erst  eine  günstige  Helligkeit  ausgesucht  werden  müsse, 
bei  Dnnkeladaptailon  insbesondere  keine  au  große.  Aneb  dndureb  wird  der 
die  direkten  Widenq[»rOehe  ansgleicbende  Umkreis  der  negntiven  Instanzen 
vermehrt  und  derjenige  der  positiven  vermindert,  welch  letzterer  freilich  £Ür 
die  Theorie  aneh  hei  kleinstem  Umfange  entscheidend  bleiben  wfirde  \  Kries 
hat  gerade  die.sriu  Punkte  in  seiner  letzten  En^-tderuug  uii-bt  direkt  wider- 
aprocheu,  sondern  nur  ohne  unmittelbare  Beziehung  hierauf  erwähnt,  daÜ  bei 


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B«ferate. 


43 


einer  Hellig:keit,  I  i  h  r  das  sekundäre  Aufleuchten  exzentrisch  als  deutlich 
getrenntes  gut  waiirzunehmen  ist,  mit  grüßter  Schärfe  ein  Fehlen  deaaelbea 
Im  Zentram  konattdert  werden  kaniL  (5,  S.  86.)  ünbeetritten  beeleiit  eiber 
irold  auch  hier  eine  denUidie  fiinktioiicUe  Venchiedetthdt  swiioheii  dem 
Zentrum  und  der  Peripherie,  die  insbesondere  auch  einer  etrigenden  Mliider^ 
Wertigkeit  der  Fovea  bei  Dußkeladapfntion  entspricht  nnd  gum  allgemein  auch 
die  Verfolgung  des  Purkinjeschen  Nachbildes  an  dieser  Stelle  ersehwert. 

Ober  den  zeitlichen  Verlauf  der  positiven  Nachbilder  vuu 
weißen  Reisen  Tersehiedener,  insbeaondere  nneh  viel  lingerer 
Dnner  hat  Hnrtine  mit  seinem  aneb  hie^  beeonde»  geeigneten  Appa* 
rate  Messungen  angestellt  (10,  S.  319  fil],  wobei  die  Dauer  und  Intennittenn* 
zeit  der  Nachbilder  durch  Eepistrierunfr  von  Rpakti»ni«bt>wepningen  der  Be- 
obachter auf  der  Trommel  eines  B al tza rächen  Kymographions  bis  auf 
die  Fehler  der  Reaktionszeit  festgestellt  wurde.  In  20  verschiedeneu  Gruppen 
wurde  die  Beiuteit  von  0,0012  bis  20  sek.  Tsrliert  Indessen  konnten  kon- 
stantere Besoltate  nor  bei  anssehiießlieher  Berüeksiehtignng  Uanv  nnd  gnt 
erkennbarer  Erscheinungen  erlangt  werden,  was  bei  stärkeren  und  IXngeten 
Reizen  bis  zu  fiiüf  verschiedenen  hellen  Phasen  irelano:.  Es  zeigte  sich  vor  allem 
auch  nach  dem  primären  Reiz  das  bekannte  ersto  Dunkelintm  all.  Außerdem 
nahm  in  weiten  Grenzen  sowohl  die  Dauer  der  positiven  Nachbilder,  wie 
das  soeben  genannte  ^te  Intemll  sn.  Danem  die  Reise  Uber  mehrere  Sekttn« 
den  an,  so  tritt  wieder  eine  VerkllziB&g  beider  Moments  ein.  Bei  mehrmaüger 
Wiederkehr  des  Nachbüdes  nmimt  seine  Danet  ab,  wtthrend  sieh  die  Liter- 
▼alle  immer  mehr  veHiin/en! 

Die  andere  seitens  v.  Kries  und  Hess  diskutierte  Frage  über  poRitive 
Nachbilder,  ob  der  total  Farbenblinde  das  Purkinjesche  Nachbild 
sehen  kUnne,  wird  nioiniehr  aneh  von  Kries  in  b<yahendem  Sinne  beantr 
wertet  (vgL  aneh  S.  94  f.  nnd  6,  S.  167)  nnd  hat  er  gerade  hiermit  die 
olien  erwUinte  Theorie  für  diese  Nachbildphase  in  Einklang  gebracht,  wo- 
nach er  ihre  Färbuufi^  als  ein  mehr  accidentelles  Moment  auffaßt  und  die 
Auslösung  der  Errep:uug  Uberhaupt  dem  Stäbehenapparate  ynweist,  der 
beim  Farbenblinden  nach  seiner  Annahiuo  aliein  vorhanden  sein  soll.  Hess 
hat  in  sefaien  »weiteren  Untersnehnngen  Aber  angeborene  totale  Fkrhen- 
bündheit«  (4)  an  ftnf  IMen  ansdrileklioh  aneh  diese  KadibUdphase  immer 
wieder  konstatieren  lassen,  die  von  der  Fürbang  abgesehen  ganz  wie  beim 
Normalen  erfolf^t.  Im  übrigen  ist  Hess  hier  vor  allem  der  zunächst  von 
König  f^estiitzten  Konsequenz  jener  Verteilung  von  Licht-  und  P'arbcn- 
funktion  an  Stäbchen  und  Zapten  kritisch  weiter  nachgegangen,  wonach  bei 
diesen  totsi  Farbenblinden  ganz  allgemein  im  forealen  Besiifce  ein  Skotom 
vorhanden  sei,  welches  der  Degeneration  der  Zapfen  entspreche.  Inswisehen 
hatte  audt  Uhthoff  (16;  bei  drei  Fällen  angeborener  totaler  Farbenblindheit 
auf  Skotome  untersucht  nnd  mittols  ophthalmoskopif^rher  Untersuchung  nach 
fovealen  Abnorraitiitcn  g:eforacht  und  beide  Vennut iiiii^i  n  zum  Teil  bestätigt 
gefunden,  die  zweite  wenigstens  bei  Untersuchung  im  aufrechten  Bilde 
bei  erweiterter  Papille.  Sine  schnellere  Pnnkeladiq^tation  war  jedoch  nnr 
bei  swei  FUlen  vorhanden.  Einer  der  Patienten  war  auch  für  Btf nlgenstrahlen 
empfindlich.  Die  natürru  h  stets  subjektive  Feststellung  der  Skotome  war  bei 
Uhthoffs  Versuchen  wieder  durch  Nystafrraus  sehr  beeinträchtigt  Uti'  mm 
auch  bei  dieser  liir  total  Farbeublinde  vieltach  charakteristischen  Unfähigkeit 
zur  Fixation  mit  Sicherheit  Skotome  nachweisen,  bezw.  leugnen  zu  können, 


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44 


empfiehlt  Hesi  wie  Bchon  früher  die  tachutoskopisehe  Methode.  Ein  Moment- 
venehlaß  Yor  dem  in  pittfaitta  Auge  getlMMt  mr  Ar  efaieB  AofeBbÜBk  die 
AiMidit  nr  eiM  pMtend  ngtMOg  «Midnato  Onfipe  tHaa/Om  mMchalfe- 
tenr  keUer  Objekte,  über  deren  Lttckenlosifkeit  jedenul  «iebere  A^gihw 
zu  machen  «ind.  In  allen  hier  untj^rsuehten  Fällen  jsrlanht  TT  es  8  mtif  der 
Exaktheit  dieser  AulTaspunji:  auf  das  Fehlen  von  Skorrini  ü  schließen  zu 
d&rfeiL  i>as  allmähliche  iüntreten  der  UuakelaÜApuuua  wie  beim  Nor- 
fluden  findet  Bei»  ebeaftlli  htü  aintlielieii  Peiwneif  m  lüte  abar  nvn 
■odi  dfo  «offlule  seHnle  Ifiidflnrertigkeit  bei  IhmkeUidcptalioii,  wm  allet 
gtgen  die  v.  Krieseche  Theorie  geltend  gemarhf  vsird.  Das  YoKkonmm 
Ton  fovealen  Defekten  bei  kf>mji}i7i*'rteu  FällrTi  w  ird  jedoch  keineswes^  all- 
geiuein  in  Abred»'  fffifellt,  nur  bringe  es  theoretisch  nicht  .\  <  iter.  Die 
HeringBchea  Helligkeitagleichongen  verschiedener  Farben  für  Farbenblinde 
tiefte  f&r  die  Fille  bei  Ubthoff  ebeoBO  wie  bei  Hets  ToUatiadig  so.  Alf 
die  0iekiiMioa  der  Krleeiehen  Vemehe  efaier  Erkliniiig  der  LIebtaebea 
und  des  Nystagmus  dieser  Farbenblinden  wm  boehgndlgfer  lokaler  Adft|»lalioB 
und  sehr  langer  Nachf^nir^-  ler  Hrrepunpen,  sr^on  welche  Hees  ebenfalto 
direkte  Vernuehe  anführt,  brauche  ieh  hier  wohl  nicht  näher  einaugehcn  .  da 
wiedemm  viele  allgernuiue  1  ragen  wie  oben  bei  ächaternikoff  in  Betraciit 
fcSmen.  Baeonders  gegen  die  anletst  bezeichneten  Anaftthnmgen  von  Heaa 
bat  dann  Hagel  die    Krieasobe  Theorie  nocbnala  in  Sehnti  genomnien  (U). 

Für  den  Vertreter  des  Dreifarbensystemea  (ala  spezifischer  Fonktion  des 
ZapfenapparafCH  im  Sinne  der  v.  K riessehen  Theorie  sind  ferner  die  im 
ganzeu  zwar  »ehr  bekannten,  ab»^r  im  geuaneren  Verlaufe  noch  lanpe  nicht 
hinreichend  beobachteten  Erscheinungen  der  sog.  Violettblindheit  be- 
aoadeia  intereiaant,  weiche  dnrch  Genuß  einer  indlvidneU  anniMusaenden 
Doaia  von  Hntrinm  aantonienm  «nftrftt  und  firUber  von  der  Dreifiutben- 
^eorie  als  eine  fllr  sie  besonders  günstig  entscheidende  Instanz  der  Lähanng 
eines  ihrer  drei  Farbensnbstrate  auf<refaßt  /u  werden  jiflertr'.  Das  Interesse 
BU'ii^t'Tf  pich  noch  für  die  Wirknnjr  bei  einem  Kot-  oder  GrUnbiinden.  dessen 
Sehüu  im  äantoninransche  nach  dieser  Theorie  monochromatisch  werden 
^I0to»  Fiebden  aebon  Blhlannn  an  einem  Botblinden  gei^eigt  hatte,  daO 
letetere  Erwartung  niebt  erflBllt  wird,  daß  viehnebr  gerade  die  warme  Seile 
dea  Spelctmma  fart>loa,  die  ganze  kalte  Seite  hingegen,  d.  h.  hier  Blau,  vütlir 
nnveritndert  gesehen  werrlf  tiat  Nafjel  an  sich  selbst  ausführlich  die  Wir- 
kung auf  den  GrUnbiinden  untersucht  11'.  Er  leugnet  nunmehr,  wenij^stens 
üLlr  den  Dichromaten,  die  Herabsetzung  der  hier  blau  aussehenden  Violett- 
enegung  ala  Weaen  der  Santoninwirknng  in  irgend  einem  Stadlnm.  £a  aei 
vielmehr  gerade  im  Gegenteil  eine  konatnnte  aebwaebe  Miterregnng 
von  Hiau  vorhanden,  welche  sich  aber  vor  allem  nor  im  ertlen  Moment 
des  Blickes  auf  dunkle  Fläclien  nach  vorhergehender  Betrachtung-  heller 
Flächen  zeige  und  dann  oftenbar  kleine  Felder,  also  auch  das  kleine  gelbe 
Feld  im  Farbcnmischapparate  Uberdecke  und  zur  Farblosigkeit  kompensiere. 
Dieaaa  Blan  aei  vermnllidi  eine  VerUtngemng  der  Haeberregnng  dea  Blan 
naeb  vorbergebender  Weiflerregang.  Eine  Ibnlieiie  Eraebeinnng  kOnne  nim- 
liebbei  ihm  auch  ohne  Santoninge im  i"  bei  starkem  Kontraat  von  Skbware 
za  voTherfrehendem  oder  simultanem  Weiß  eintreten.  Eine  spontane  primäre 
oder  beim  Heiz'  nlntiv  zu  liohe  Violetterregung,  auf  welche  sonst  die 
als  späteres  Stadium  betrachtete  Violettblindheit  als  Ermüdungserscheinung 
nmekgeflibrt  werden  konnte,  habe  er  niemals  bemerkt  0ai  Gelbaeben  dea 


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Beftnte. 


45 


Hellen  trete  anoh  r\Roh  vorhergohender  Kntwieklung  des  ganzon  ZuptiiTidPs 
im  völlig  dnnkleu  .Sehleide  beim  ersten  überhaupt  gesehenen  Weiß  aul  und 
eikläre  sich  dieselbe  offenbar  al»  KoDtrast  zu  der  an  allen  dunkleren  Stellen 
iMtnebtnte  Yloleteerregang.  Eine  ErkUtnmg  ans  sentralen  Unadwn  sei 
naiohst  nodi  nioht  abmweiMii.  Unmittelbar  eina«itig«  BttttrSnfiiliuig  wirkt 
doch  immer  eret  mittelbar,  ebenso  wie  Gennß,  nnd  dann  stets  gleich  binokular. 

V*>r  dein  t  bergang  zu  den  allgemeinen  Einflüssen  der  Umstimmnng  des 
Sehr»rg;iiiH  möchte  ich  noch  zwei  kleinere  Arbeiten  von  Macdougall  er- 
wähnen (9j,  deren  erste  die  scheinbar  größere  Sättigung  ausgedehnterer  Farhen- 
flldwB  gefMi11b«r  kleineren  Feldern  naeliweiien  m  knnnen  glaabte.  Die 
»bomogenons«  Farben  sind  Bradleysebe  Pignentpapiere  anf  Farbenkreiaeln 
hinter  verschieden  großen  Ausschnitten  eines  grauen  Schirmes,  wobei  ver- 
sncht  wird,  die  «oheinbar  gesättigtere  Farbe  durch  WeiR  und  Schwarz,  auf 
Gleichtieit  t  in/u^tt  Hen.  Leider  erfahren  wir  gar  nicht»  (renaueres  über  das 
HelUgkeitsverhaiiuis  von  Schirm  und  Farben,  wie  überhaupt  Kontrast  und 
Indvklionawiilnuigen,  welche  mit  der  Helligkeit  sngleieb  die  Sättigung  beein- 
llnnen  nnd  ebenfidla  in  ihrer  Weite  von  der  Anadebnnng  abhlngig  rind,  niebt 
besonders  erwähnt  werden.  In  einer  zweiten  Anordnung  wird  der  begün- 
stigende Einfluß  der  grJJßeren  rnnmlielien  Verteilung  ein  und  der  nämlichen 
Oesamtausdehnnng  auf  die  Farbeiisrliwcilm  iVstgestellt,  wobei  ebenfalls  wieder 
nur  rigmentfarbeu  zur  Anwendung  kamen  uud  nur  Rot  und  Grün  brauchbare 
Beeoltate  In  dem  genannten  Sinne  lieHarten.  Eine  tiwoietiaehe  Entacheidung 
filier  lidde  Ersebeinanfen  wird  nicht  getroffen  nnd  nnr  an  Shnllche  Snm» 
mationserscheinungen  anf  anderen  Sinnesgebieten  erinnert. 

über  den  Einfluß  der  Stiinmungsänderung  des  Sehorgans  sind  zunächst 
zwei  Arbeiten  mit  photouietriHchen  Bestimmungen  der  einzelnen  Spektral- 
£arben  zu  erwähnen.  Schatcrnikoff  (14)  führte  am  physiologischen  Institut 
in  Freibnrg  i.  B.  mit  einer  Terbeeaerten  Methode  nene  Beatimmungen  der 
DXmmenugswerte  der  Teraebiedenen  SpektialHu-ben  durch.  Der  Apparat 
zeigte  das  spektralfarbtgc  T.icht  unmittelbar  von  der  auf  einem  mitten  durch- 
brochenen Schirm  reflektierten  farblosen  Vergleicbshelligkeit  um  Treben,  woMei 
die  beiden  ans  der  nämlichen  (iasglilhlichtfiueiie  stammenden  Lichter  auf 
verschiedenen  Wegen  in  diese  Zuordnung  gelangten,  die  erstere  direkt  durcli 
einen  geradaiebttgen  Spektnlapparat,  die  letrtere  anf  einem  Umwege  dnieb 
Spiegelang.  Um  alle  Liebtwege  m<4;lieb8t  konataat  m  halten»  wurde  hier 
zur  Variation  der  Farbe  der  Okularspalt  verschoben.  In  einer  zweiten 
Yannnte  d<"r  Anordnung  konnte  direktes  Sonnen-  oder  Ilimmelslicht  ver- 
wendet werden.  Auch  hier  wird  Kla^jc  Uber  einen  genauen  Apparat  zu  kon- 
tinuierlicher Variation  der  Intensität  gefUbrt,  dessen  besondere  Bedeutung 
für  die  HelligkeitBTergleicbnng  anch  Verf.  wiedemm  aaeikennt,  nnd  kann  ich 
nnr  anf  daa  oben  bei  Lebmann  Geaagte  verweiaen  (S.  86).  Die  Oberein- 
Btimmnng  vatt  den  Dämmemngswerten  von  W.  Nagel  sind  bis  anf  die  End- 
atrecken  und  den  nb<'tf>i'j'enden  Teil  eine  ^ite.  Daa  Maximum  liegt  fUr  Gas- 
lidit  bei  537,2  /n,  fiir  J!«(»nnenlicht  bei  Ö29,3  u. 

Photometrische  Bestimmungen  Uber  die  relative  Helligkeit 
der  nimlieben  Pigment-  und  homogenen  Strnblenfilterfarben 
bei  Teracbiedener  Belenebtnng,  die  von  1  bis  10000000  abgeirtnft 
irudc,  sind  von  B.  J.  Wilson  im  psycholocrischen  Institut  von  Herrn  Pro- 
fessor Kirschmann  in  Toronto  dnrchf?efiihrf  ni  rdi  n  17i.  Dabei  kam  nun 
tatsächlich  der  Marbesche  Apparat  mit  kontinuierlicher  Variation  der  ans 


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46 


Befente. 


Weiß  und  Schwarz  gemischten  Vergleichshelligkeit  zur  Anwendung,  die  sich 
ävi  dem  FarbenkielBel  direkt  mbai  dem  wo.  ichltaeiiden  fi»big«k  Biage  von 
Bradleytohen  FfgmentiMpIertn  Wand.  Di«  im  aUgemniien  lebi  gering« 

mittlere  Yariation  der  verschiedemen  Einstellungen  von  meist  nur  wenigen 
Graden  zeif^tc  wicdenim  in  der  anrh  vom  Ref.  schon  oft  erprobten  Weise  den 
Vorteil  dieser  Möglichkeit  der  raschen  Angleichun^.Hmüglicbkeit  an  verschie- 
dene HelUgkeitsstufen  des  Vergleichsreizes  beim  Vergleich  von  Fubentünen 
mit  Onn,  welelie  die  Einübnng  anf  die  Abetnktion  vom  Firbenton  sehen 
nne  rein  payehologieeiien  Grtnden  beeonders  nntentflUen  mnl3.  Für  die 
GelntinefiulMn  war  ein  besondenr  von  Kirschmann  zu  dem  g^eiehen 
Zwecke  .mgegebener  Rotationsapparat  gebrancht  worden,  der  von  Kirseh- 
111  an n  noch  besonders  beschrieben  wird.  Die  Abstufung  der  Tagesbpb^nch- 
tung  durch  ein  Zimmerfeuster  wurde  durch  eine  verstellbare  Fenstcruifauug 
und  veieeiiieden  starken  Bels^  von  Transparentpapier  vorgenommen.  Sowold 
fttr  die  seilt  veneliiedenen  Pigmentfarben  als  aneJi  fOt  die  homogenen  Stnblen- 
filter  zeigte  sich  das  bekannte  Purkinjesche  Phänomen,  wobei  sich  ein 
grüner  Farbenton  zwischen  K  und  F  als  dM'ifniirc  WeHenliinp^e  berechnen 
ließ,  welche  unter  diesen  Umständen  die  niimlicbe  rrl  uive  Helligkeit  im  Ver- 
hältnis zu  dem  weiL>en  Vergleichsreiz  für  alle  Beleuciitungsstufen  beibehalten 
würde.  Übrigens  liat  Ver£  eine  an  sieh  nsheliegende  Gesetxmäßigkeit  der 
Ton  ihm  gefundenen  Wwte  nieht  betont,  wdehe  mit  seiner  Bereohnnng 
einer  relativ  konstant  hellen  Farbe  enge  zuaammmhlngt.  Sie  llSt  sieh  so- 
nächst  schon  aus  den  für  versebifdene  Stufen  an<!pegebenen  Extremen  wenig- 
stens bei  ä/3  derselben  vermuten  und  zeigt  sich  z.  B.  in  den  hierauf  i^e- 
prüften  Einzelversuchen  dieser  Stufen  bei  dem  Beobachter  Kirschmann 
tatsiefaüeh  hinreiehend  bestätigt.  MiOt  man  nSmUch  so,  wie  es  hier  gesehsh, 
die  relativen  HelliglMiten  der  einaelnen  Farben  In  Graden  des  Weiß,  das  Jedes- 
mal durch  die  nämliche  im  ganzen  variierte  Gesamtbeleuchtung  getroffen  wird, 
90  7eiirt  pirb  (Vw  Geeamtsuninic  -Uler  einzelnen  Farbr'nwprtf  deren  Ton  hin- 
reichend ^gleichmäßig  über  das  JSpektrum  verteilt  war.  annähernd  konstant,  wo- 
bei noch  dazu  die  einzelnen  Farben  an  verschiedenen  Tagen  gemessen  waren. 
Für  die  8  Plgmentfiuben  ergab  sieh  bei  Jenen  vier  gleiehmäßig  über  die  gvae 
Distans  Terteilten  HeOigkeitsstiifen,  die  schon  ans  dem  Irontinnierlichen  Gang 
Jener  Extremwert  ewlrklich  einheitliche  Beobachtungsbedingungen  darzustellen 
gf'beinen,  fUr  Kirscbminn  ans  allen  8  Farben  jeweils  der  Mi'fi  hvprt  ^2S 
mit  einer  mittleren  Variation  von  nur  3,3  Diese  Konstanz  der  Summe 
jener  relativen  Werte  wäre  auch  in  der  Tat  als  der  Ausdruck  einer  gleich- 
ndUSigen  Auswirkung  der  gesamten  lichtstlrke  ▼eisehiedener  IntenritSt  inner- 
lialb  des  gansen  Spektrums  Ic^neswegs  fernliegend.  Vielleieht  ersdüM  dem 
Verf.  dieselbe  nnr  noch  ni<^t  genug  aidiergestellt  Jedenfalls  werden  V<u^ 
suche  ausdriicklicli  in  dieser  Ricbtnnt'  7v  unternehmen  sein,  wobei  es  snf 
eine  möglichst  voUzählicbe  Berücksichtigung  des  ganzen  Spektrums,  von  der 
natürlich  erst  ein  volles  Zutreffen  dieser  etwaigen  Gesetzmäßigkeit  zu  er- 
warten wSra^  nnd  anf  homogene  Farben  besonders  saUme.  Die  Adaptations- 
lage, die  neh  hier  natUrUdi  gemSß  dw  Gessmtbdisoehtanf  geindert  bat, 
würde  dann  ansdieinend  gar  nicht  noch  einmal  besonders  daneben  an  berllek- 
siehtigen  sein. 

Diese  Umstimmunfjen.  welche  durch  längere  Ausfiilluug  des  gesamten 
Sehfeldes  mit  einer  wenigstens  im  Mittel  bestimmten  Intensitätsstufe  entstehen« 
gestatten  nnn  In  exakter  Weise  nur  die  Veränderung  des  Verhältnisses 


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Rtfent«. 


47 


der  Helligkeit  and  Sättigung  verschiedener  Reiziiualitüton  zu  untorBuchen,  da 
ja  hier  die  nämli  c  he n  Qualitäten  unter  verschiedenen  Adaptationsbedingungen 
nur  in  verachiedenan  Zeitpnnktm  wunittelbar  wahrgenommen,  also  nur  succes- 
rir  mhdiuuider  vecigliohen  werden  kSnnten.  Es  ist  also  ein  besondenr  Vor- 
teil lokal  beacliritnkter  AdaptatioiUT<»8nderungcn,  wie  h\q  durch  längen 
Fixation  einer  vom  übri<^en  Grunde  verschiedenen  Ilellif^keit  und  Farbe  ent- 
stehen und  unter  dem  Namen  der  »uegativen  Nachbil(ler<  liinj^öt  irelänfig 
sind,  daß  man  nun  auch  die  nämliche  Uber  das  ganze  Feld  gleichmäßig  ver- 
breitete Beizqualitität  in  ihrer  »Beiktioii«  «uf  die  AdAptattonsdifferenz  nn- 
mittellMr  beobaehten  und  durch  objektive  Ansgleiolniiig  der  BnbjelEtiTeB 
Differenz  so^ar  exakt  messen  kann.  Allerdiu^'s  beobachtet  und  mißt  nuui 
nur  eine  Differenz,  keinen  absoluten  Empfindungswert,  diese  Differenz 
ist  aber  doch  bei  der  IJeziehunpf  beider  Glieder  auf  den  nämlichen  objektiven 
Reiz  durchweg  ein  Ausdruck  der  subjektiven  Empfindungsdifferenz  und  ge« 
stattet  bei  der  Messung  des  Wertes  der  jedesmal  in  gleicher  Weise  erzeugten 
Adftptationsdiffweiia  fttr  beliebige  Qualitäten  und  Quntitätan  der  reagierenden 
Bene  interessante  theoretische  Rückschlüsse.  Angeregt  durch  die  Yennidte 
von  Martins  auf  dem  Gebiete  der  Naehbildmessunpr  versiu-lito  Ref,  (18)  vor 
allem  die  Technik  der  Messunf^smethodeu  unter  VerAveudung  des  Pchou  oben 
erwähnten  (S.  39)  M arbeschen  Rotatiunsapparates  für  eine  kontinuierliche 
Variation  von  Helligkeiten  und  Farben  auszubilden,  so  daß  er  auch  ohne 
die  Mlieren  langen  flxationsidten  die  Nachbüdwirknngen  eiakt  ansnUtsen 
nnd  deshalb  Jahre  lang  ohne  Schid^pmg  und  Yei^nderungen  des  Organes 
ein  größeres  Beobachtnngsm.iterial  sammeln  konnte.  Die  Weiterentwicklung 
dieser  Anordnungen  -nvht  t*ic-h  durch  alle  drei  Teile  der  Arbeit  hindurch. 
Dabei  nahm  ich  zunaciiät  das  allgemeinste  Probleu  daa  Gebietes  iu  Angriff, 
auf  das  ich  bei  allen  theoretischen  Vortlberlegungen  Uber  sekundäre  Fragen 
immer  wieder  ab  eiste  Torfrage  hingeftthrt  worden  wv  nnd  untennchte, 
welche  Werte  das  nXmliche  negative  NachbUd  oder  die  nümliche  lokale  Um- 
Stimmung  für  verschiedene  Quantitäten  eines  »rea{,'ierenden < 
Reizes  ergibt.  Fechner  nnd  Helmholtz  hatten  diese  Vcriinderuugen  als 
EniiUdungserscheiuuogea,  aläo  als  eine  Art  von  Erregbarkeitsveränderung 
aufgefaßt,  welche  eine  zur  reagierenden  Intensität  proportionale 
Terindernng  wenigstens  der  dem  ermüdeten  Substrat  entstammenden 
Empfindungen  einschließt,  somit  also  «ich  eine  solche  ProportionalHSt  der 
allein  unmittelbar  meßbaren  Differenz  der  benachbarten  Empfindungen  des 
TiHtnlichen  Reizes,  v.  Kries  liatte  daher  diese  stunädist  mir  vermutete,  aller- 
dm^ä  auch  schou  von  Fechner  angenommene  Gesetzmäßigkeit  schon  früher 
als  »Ilelmholtzschen  Satz«  bezeichnet^]. 


t;  Freilich  hatte  Helmholtz  bei  der  Ableitung  der  snbjektiveu  Aus- 
füllung des  Gesichtsfeldes  fllr  die  verfithicdensten  reafricrenden  Felder  auch 
^ufrleieh  die  durch  die  primäre  ErmUdun<reerregung  ebenfalls  erzeugten  posi- 
tiven Naeübildor  und  das  Eigenlicht  in  Betracht  gezogen,  welch  letzteres  auch 
seinerseits  wieder  auf  die  Adaptationsveritnderong  reagieren  konnte,  wodurch 
der  Heringsche  Uehtfaof  oder  der  von  0  verschiedene  Wert  des  Nachbildes 
bei  der  reagierenden  objektiven  Intensität  0  erklärt  werden  sollte.  Dabei 
ist  aber  doch  stets  die  frcnaunte  Gesetzmäßigkeit  al.H  selbBtäudi^^^er  Krkliirungs- 
faktor  fe^t'/ehalten.  wie  ja  auch  die  einfachen,  besondt  r^  benannten  physi- 
kalischen Gesetzmäßigkeiten  stets  zusammen  mit  audereu  auftreten  und  die 


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48 


Vom  Standpunkt»'  derjemgea  Theorie  aiu,  welche  die 
hiMer  als  hrmUiiun^  uder  tlberfaaopt  als  eine  ErregbarkeitsvennderuBg  der 
M  der  FIsttfoB  enegteB  «mMlen  Helligkeit»-  mad  VwbmmUUuta  nMt 
•od  deebalb  fibefiuniit  eiM  Pkoportioikalität  des  Nadibildwertes  m  pM 

fordert,  simi jedoch  die  cor  reagierenden  Intensität  proportionalem 
Modifikationen,  wie  gettigt,  immer  nur  insoweit  zn  erwarten,  als  der 
reai^iereode  R^iz  wirklich  das  dnrcb  die  primäre  Fixation  ermüdete,  b^zw. 
erholte  Substrat  erregt  Es  kommt  alao  hier  immer  schon  die  aUgemeine 
FvbeBihaoffia  im  BeCneht,  weiclia  je  Mchdet  eia«  gaas  vtneUedeM  Aae- 
delmmiig  dee  pn^ortiknaleB  Wachbfldee  amf  dae  Gebiet  der  reagierendem 
Farbe  fordern  würde.  Die  andere  ebenfalls  von  Anfang  an  mehrfach  ver- 
trr'li'nc  Erklärong"  d«>s  nepativon  Nachbildes,  won.ich  daeselbe  ebenso  wie  das 
positive  ein«'  xpoiitaue  lieimiscbnng  selbständiger  Erregung  ^oin  »oll, 
wird  ailerdingii  mit  jener  Proportionalität  von  vornherein  nicht  in  Einklang 
tm  briagem  aeim.  Imdeaaem  kämm  docli  aneli  eise  von  der  Ammabme  liloSer 
BnegiNurkeltsveiladeramgem  der  monnalem  Snbetiate  in  UnUeher  Weiae  ab- 
welebende  Erklärung  mit  der  genannten  Proportionalität  widerspruchslos 
rnmaramon  bestehen,  worin  man  den  selbstlindipen  sekundären  Faktor  nicht 
al«  Hpontanc  aktuellu  Ijrregung,  sondern  ebeul'alls  als  dispositionelle?  Moment 
einfuhrt,  welche»  im  äußeren  Reizen  oder  inneren  Erregungszuständen  ebenso 
Im  eimer  EmgiNtfkeitBbesieliiing  steht,  wie  die  Beiae  ameh  aomat  in  dem  monmalen 
Salmatem,  ao  daß  aie  alao  ebenfalls  proportional  cor  reagierenden  Inteaaitit 
Biiterregt  werden.   (Tgl.  vor  allem  Phil.  Stud.  XVIII.  S.  615  ff.  des  5.  Kap.) 

Zur  R^nntwortnng  der  Frag^.  wio  n'if^h  (lit^se  beiden  Kr]-:l-4rnnfr«mrtcriicJ|. 
keiten  konkret  durehführen  lassen,  bedurüe  natürlich  unbeUiagi  einer  aus- 
gedehnton Varitttiuu  der  fixierten  >Enutidungttrei2e<  und  vor  allem  auch  der 
}eireib»  reagieremdem  Belae,  die  bimalebtUeb  jener  Proportioaalität  geprüft 
werden  aoUtea.  HimaiebtUch  der  Art  jener  »Ermüdomgc,  d.  L  der  Ad^h 
tationsdifferenz  benachbarter  Sehfeldstellen  ließen  sich  zunächst  einmal  ecboa 
nach  detn  rein  subjektiven  nesiehtPpnnkt  als  einfaclixter  An«»?'^n'2-«pMukt.  reine, 
d.  h.  von  Furbentonveränderungen  freie  H  e  1 1  i^^k  e  it  b-  und  reine  Farben- 
nachbilder, unterscheiden,  je  uaehdeui  eine  farblose  HelligkeitsdifferenZi 
oder  Teraoliiedene  Färbern  gleldier  HelOglteit  (au  einfadiaten  die  Faibe  auf 
gldeh  hellem  Gran)  fixiert  wordem  waren.  Das  entere  bewirkt  bekaimtlieb 
einen  subjektiven  HellfgkeltB unterschied,  das  letztere  eine  Verschie- 
bnng  des  Farb*'ntoT»'5  nn«  Ii  der  Komplementärfarbe  des  Ennüdnng-sreize«. 
Die  Fixation  ver^cll^L■lU•üer  Farben  von  tin<:leicher  Ilellifrkeit  mußte  dann 
eine  Kombination  beider  ergeben  und  zugleich  entscheiden,  inwieweit  jene 
Trennong  zngleiob  elme  realere  Gnmdlage  beiiiat  v.  Kriea  bat  emdlieb 
meuerdings  wiedemni  auf  eine  vom  ibm  aebom  vor  1894  beobacb- 
tete  Korabination  eines  Helligkeits-  mit  einem  reinen  Sätti- 
gnn^snachbilde  ohne  Veränderung  des  Farbentones  aufmerksam 
gemacht,  die  von  mir  noch   nicht  berücksichtigt  worden  ist 

Enobeimimgem  nur  aoi  ilmen  atlteinaiidtt  n  erkUrem  Bind.  Dmiia  dOrfte  alm 
eigentUob  auch  kein  awingender  Gnnd  enthalten  eein,  daß     Kriea  nnn- 

mehr  seine  frUhere  Beaeielinnng  wieder  zurücknimmt  (6,  S.  160^  Anm.  l;. 

rens  ist  die  Benennung  natürlich  eine  sehr  s^ekundUre  Frage,  und  ist  vor 
allen  die  von  v.  Kries  dafilr  vorgeschlagene  des  Proportionalitätssatzes 
als  sachlich  uud  einfach  gleich  empfehlenswert. 


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Eeferate. 


49 


(6,  S.  165),  worauf  wir  noch  dften  zurückkommen  werden.  Die  objdBfeive 
Ausgleichung  der  subjektiven  VerachtedeDhoit  auf  gleichmäßigem  Grunde, 
welche  nach  dem  zu  Anfang  Gesagten  ala  Maß  des  NachbiUlwcrtes  für  die 
Tcrschiedeuen  reagierenden  Reize  gilt,  war  nun  glHcklichcr  Weise  im  all- 
gemeinen in  der  einfachen  Weise  möglich,  daß  unter  Beibehaltung  der 
nimlichen  Fintioiubige  wie  wilueiid  der  Krmttdang  eeUwi  imieriiilb  des 
gsiixen  in  Bfltndit  kommmden  Feldes  der  nSmliehe  ftnehtsQ  dea  emOden* 
den  Lichtes  an  seiner  ursprünglichen  Stelle  festgehalten,  also  dem  rea^erenden 
Felde  superponiert  wurde  'XVIII,  S.  Sat?  1".  Dndnrrh  v-nr  im  allge- 
meinen ein  Mar  bescher  Apparat  mit  soiin  r  einfachen  \  tTötelluii^^Binüglich- 
keit  zu  dieser  Ausgleichung  in  jedem  einzeiiitiu  Nachbild  versuche  ausreichend, 
doefa  wurde  der  ZdtMitar  der  SelbBtejBBteilmig  anefa  hlnlig  in  YemdieB  mit 
plOtdieher  ElnffceBiing  anf  beatimmte,  in  mehreiwn  Yenmehen  fortMdudtend 
variierte  Bruchteile  eliminiert  Am  einfachsten  ist  natürlich  die  Möglichkeit 
der  AuH^leichnng  eiües  reinen  Helligkeitsnachbildp?  nuf  verschiedenen  Inten- 
t^itaigBiulen  einer  farblosen  Helligkeit  zu  verst»  lien.  worauf  eich  fast  der 
ganze  erste  Teil  der  Arbeit  bestog  {Bd.  XVI).  Ebeuäu  gilt  jeuer  Hätz,  aber 
schon  nidit  mehr  ndt  dieior  Priteirion  für  die  Hessling  des  reinen  kompts- 
mentären  Fixbenntebbildee  snf  Tenehiedenen  SSttigangs-  und  ünteosttits- 
Btufen  der  Ermttdnngs&rbe  und  ihrer  Komplementibfarbe  (vgl.  Uber  die 
Schw  ieriprkeiten  vor  allem  den  Anfang  des  zweiten  Teiles  Bd.  XVII),  so  daß 
2.  T?  (Irr  nämliche  Rnichtcil  der  fixierten  Naehbarfarben  Rot  und  Oran  zur 
AuBgluichuug  deä  J:  arbeunachbildes  auf  beliebigen  Intensitätsstulea  des 
Bot  nsw.  notwendig  ist 

Ein«  doniliehe  Aliweichnng  von  diestt  ein&dien  Hevstellnng  einn 
vOll%en  subjektiven  Ausgleichung  des  Nachbildes  zeigt  sich  indessen  bei  der 
MesfiinL»-  einer  Kombination  ungefjihr  g1eif!i  starker  Flelligkeits-  und  Farben- 
nachbiider  auf  jrrüßeren  reagierenden  Intensitäten.  Hier  wird  ein  ca.  2  3  mal 
geringerer  Bruchteil  die  Helligkeiteglelchheit  auf  reagierendem  Weiß  herbei- 
fthren,  wobei  Jedoch  die  DUEBieas  der  beiden  Ansgleiehimgsbniehteüe,  sIbo 
der  relative  Vorteil  des  Fsrbenniohbildes  msdi  «bniumi  Bei  einem  reinen 
Helligkeitsnachbild  kann  aber  nnn  die  Bubjcktive  HelligkeitsdifTerenz  ferner 
auch  natürlich  auf  beHebia-cTi  rcHfrirrenden  Farben  nach  dem  obigen  Satze 
venigsteus  hinsichtlich  der  Ucüigkeit  ausgeglichen  werden,  so  daß 
wir  die  UeUigkeitsnachbilder  in  ilirer  Abhängigkeit  von  den  reagierenden 
Farben  messon  künneo.  Indesson  hat  ann  Kries,  wie  sekon  voiUn  er- 
wihnt,  weiteihin  daranf  anfineifcaam  geaiaeht,  daß  nach  Ungeter  Fizailon 
von  Weiß  neb^ n  S«-hwarz  bei  Tagesbelenchtung  nach  der  eben  ^'enannten 
H*^r?tellung  der  Helligkeitflgleicbbeit  auf  einer  F.irbc  (hirch  Zurilckbe- 
haltung  eines  bestimraten  Quantums  Weiß  immer  noch  eine  Siittigungs- 
diffcrcaz  bestehen  bleibt,  indem  die  vorher  mit  Weiß  gereizte  Stelle  eine 
geringere  Sättigung  besitzt,  obgleich  doch  das  gaase  Feld  ol()ektiv  den 
nimHehea  ObersehnO  an  der  mit  Weiß  uttTonoisehten  Farbe  besitii  Diese 
Beobachtung,  für  die  von  v.  Kriee  mit  Hinweis  auf  dieZapfon-  und  Stäbchen* 
hypothese  besondere  HelligkeitBgrade  als  VorbedintriinG' anfllhrt,  kHim  ich  ins- 
besondere auf  Grund  neuester,  in  der  Veröffentliciamg  nicht  inbegriffener 
Versuche  in  weitestem  Umfange  bestätigen.  Die  zu  geringe  Sättigung  der 
▼ocher  weifien  Stelle  trota  gleichen  Farbeaaalelles  an  der  Mischung  besteht, 
fedooh  gana  «■^"»«'ct  der  Beleaehtoag  IQr  die  geringsten  reagieren- 
den lateasittten,  iolaage  nur  IlbeibMipt  die  Dnnkeladaiitalion  nicht  so  weit 


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60 


Iwel'erate. 


fortgegchrittcn  ist.  daß  die  Farbe  nicht  mehr  gesehen  wird.   Auch  hier  itt 
die  Erscheinuiiß'  ani  schönsten  mi«I  ohm'  fülziiinnsro  Fixuti<ui>»z«^it  mit  dem 
Marbescbeu  Apparate  schnHl  flir  «Iii  \  «  i-^ciiii'<l<.  asten  Farben  nachzuprüfen. 
Es  zeigt  sich  an  der  »ermüdeten«  Steile  äuzobageu  eine  proportionale  An- 
nühemng  »n  totale  Furbenblliidheit  Aaeh  ohne  Aniglriehiuigfvexipieli  iit 
die  ErBcheinong  «uf  eineoi  gleiohmSßigen  reagierenden  Farbenfelde  aclion 
dadurch  einigermaßen  veranschaulicht,  daß  man  die  verdunkelte  Stelle  keines- 
wegs in  größerer  relativer  SäftigTinfr  sieht,  wie  die  stibjektiv  hellere,  obgleich 
ja  solche  Sättigungs vergleiche  bei  verschiedener  Helligkeit  eine  sehr  unsichere 
Sache  sind.   Eine  exakte  Mebäung  de»  reinen  (d.  h.  hier  ohne  spezifische 
Firbnng  anftretenden)  Sittigiingsnaehbildea  ist  nntllrlieh  nur  bei  einer  mebr- 
facben  SinstellnngsmögUchkeit,  alio  imter  Verwendung  von  nindeetenji  swei 
Apparaten  durch^hrbar.   FOr  meine  bisherige  Veröffentlichung  kommt  ea 
mir  aber  einstweilen  vor  allem  nur  darauf  an.  daß  diese  Testierende  Sättigungs- 
differenz  die  Einstellutigr  auf  IlelliKkeitsfrleiehheit.  also  die  Messung  des  Hellig- 
keitsnachbildes in  keiner  Weise  störte,  insbesondere  da  sie  nach  den  bei 
mir  notwend^;en  Tie!  kfirseren  Fliationsaeiten  trotx  bereita  blnreiebrnd 
krlftigen  HelUgkeltanachbUdea  wenig  vor  Geltung  kommt,  und  ttberbaiipt  im 
der  für  alle  Farbennachbilder  eharakteristiscben  Weise  schneller  zu  verlaufen 
scheint    Ebensowenig:  stfJren  aber  .•^iieh   gewisse  minimale  Unausgt? etlichen- 
heiteu  hinsiehtlicb  der  Sättifjuug  und  Uts  l'arbentoues,  deren  Richtung  noch 
genauer  zu  untersuchen  wäre,  wenn  die  Melsungen  eines  reinen  Farben» 
nnehbildea  auf  den Teraehledenen  bei  der  Ermttdnng  niebt  beteilig- 
ten reagierenden  Farben  beliebiger  Inteneititaatnfe  vorgenommen 
werden  soll.  Denn  hier  wie  bei  allen  anderen  Blessnngen  dieser  Art  ist  es 
ja  immer  schon  eine  in  ihrer  Art  vollwcrtig-e  Leistung,  wenn  nur  irgend  eine 
bereits  mit  Sicherheit  festgestellte  Kiclitun^'  der  huhjektiven  Modifikation  zu- 
gleich in  ihrer  Quantität  auf  den  versehiedeueu  reagierenden  Reizen  wirklich 
ausgegUehen  und  dadorch  gemenen  wird,  well  eben  die  YariationamOglieh- 
keiten  naeh  Helligkeit,  Farbenton  nnd  Sittigang  relativ  unabhängig  neben- 
einander bestehen.  Die  Anffindnng  neoer  Variationsrichtungen  bedeutet  nur 
immer  neue  und  besonders  in  de?n  von  v.  Krie?  betonten  Falle  th^^oretiseh 
freilieh  besonder?  wichtige  P>agei<teilunf:;en,  bin.'^iclitlieh  deren  uiimer  wieder 
unsere  allgemeine  I'roportionalitätsfrage  aufgeworfen  werden  kann.  M^e 
bisherigen  VerOiTentlicbnngen  aber  prOfan  die  Proportionalititiftage  einitp 
weilen  ebenfiüLi  erat  aonuagen  für  ein  aolehea  UlnbnnM  der  mir  bei  der 
AnsfUhrung  einstweilen  qualitativ  sicher  bekannten  Richtungen  der  subjek- 
tiven ITelli^keitHdifffreTiz  und  der  Verschiebung  n-K-h  der  Komplement« rfnrbe, 
was  die  Prüfung  der  J'heorien  bereits  in  größerem  Umfange  ermüglicht. 
Hinsichtlich   der  Farbenuachbilder  ist  insbesondere  der  letzte  Teil 
(Bd.  Xyni)  maßgebend,  der  allein  mit  amdhemd  homogenem  lidite  nm 
StraUeniiltem  arbeitete,  wihrend  der  iweite  Teil  (Bd.  XYII)  diesea  Gebiet 
zunächst  sowohl  hinsichtlich  des  Beobachtungsmaterials  als  auch  hinsichtlich 
der  theoretiBchen  Geeiehtaponkte  in  allgemeineren  Umriaaen  abzoatecken 
Tersuchte. 

Auf  die  so  allgemein  gestellte  Frage  nach  der  Proportionalität  zum  rea- 
gierenden Beize  ergab  sieb  nun  als  Antwort,  daß  sowohl  jedes  Hellig- 
keitanaehbild  ala  aneh  jedes  komplementSre  Farbennnebbild 
gana  allgemein  fttr  jeden  reagierenden  Reiz  von  beliebiger 
homogener  oder  gemiaehter  Qualitit  Torbanden  and  an  aeiner 


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Referate. 


51 


Intensität  annähernd  genau  direkt  proportional  ist.  Von  der 
Helm  h oltzschen  Farbentheorie  aus  ist  natürlich  nur  ein  geringer  Bm  'i  t'  il 
dieser  rntsachen  aus  der  Auffassung  der  negativen  Nachbilder  als  einer  Er- 
regbarkeicaveränderung  zu  erwarten,  nnd  ebensowenig  hatte  Fe  ebner  Uber 
die  Quantit&t  des  reinen  Farbennachbildes  Hir  beliebige  reagierende  Beixe 
genami»  Andeatong«!!  geoiMht  Somit  konnte  die  oben  abgeleitete  Benen- 
nung des  gefimdenen  Satzes  als  des  Fechner-He  lmholtzschen  nur  durch 
die  Aufnahme  des  Resthestaudes  als  seiner  > Analogien«  Leibehalton 
werden,  was  aber  nun  alles  zusammen  ebensowohl  mit  der  v.  Kri  es  sehen 
Terminologie  ganz  allgemein  als  »Proportionalitätssatz«  bei  hinreichen- 
der Erweiterung  dieses  Begriffes  bezeichnet  werden  kann.  Für  die  Propor- 
tionnlititsftlctoren,  mit  denen  aicb  ein  Ntehbild  bei  ▼eiseliiedenen  reagieren- 
den Bfliaqnalitäten  zur  Geltung  bringt,  ist  nun  zunächst  als  gemeinsamer 
Ausgangspunkt  die  subjektive  Uelligkeit  entscheidend,  ;vi>lrdT:'  TTolHcr- 
keitsgleichungen  zwischen  d^n  verschiedenen  reagierenden  Qualifiircn  in  un- 
mittelbarem Vergleiche  aultindeu  läßt.  £s  ergeben  sich  fUr  reagierende 
Farben  gleicher  Helligkeit  annähernd  konstante  GrOßenbesiehnngen,  wenn 
die  Oleiidtongen  nnr  eben  in  der  bei  dem  gsnoen  Vennehe  iiemebenden 
Adaptationslage  abgeleitet  sind,  so  daß  also  der  eben  ausgesprochene  8atB 
ziemlich  unabhängig  von  der  Adaptationslage  gilt.  Von  dieser  jeweiligen 
sebpinbaren  Helligkeitsgleichheit  der  reagierenden  Farben  ausgehend  findnt  man 
aber  nun  eine  konstante  Differenz  fUr  die  verschiedenen  Farben  in  dem  öinue,  daß 
bomogeaee  SnOeiilea  Bot  nnd  komplementttree  OrOn  etwa  äquivalent  aind, 
d.  b.  gleleb  giofie  Naebbildwerte  aeigen,  wibtend  gieieb  belle«  leagiezendes 
Gelb  ebum  geringeren  und  Blau  einen  größeren  Wert  aufweist.  Bei  Donkel- 
adaptation  scheint  mehr  ein  Zerfall  des  Spektrums  in  ein©  geringer  reagie- 
rende warme  und  höherwertige  kalte  Kegion  von  scheinbar  gleicher  Hellig- 
keit ausgeprägt  zu  sein.  Grau  steht  dabei  dem  geringsten  Werte  des  Gelb 
am  nächsten,  so  daß  auch  ein  Einfluß  der  Sättigung  hinzuznkommen  scheint 
Ancb  fttr  die  reinen  Farbennaebbilder  bilden  also  die  so  bestimmten  Äqni- 
Talenzwerte  die  Grundlage  ftir  die  Berechnung  der  Werte,  wobei  nun  allere 
dings  die  Beziehungen  zwischen  rciirierender  und  »ermüdender«  Farbe  zur 
Geltung  kommen,  so  daß  hier  nur  die  Mittelwerte  aus  den  Nachbildern  fUr 
mehrere  gleichmäßig  Uber  das  Spektrum  verteilten  Ermttdongsfarben  mit  den 
reinen  Äquivalenzwerten  der  verschiedenen  Farben  fttr  die  reinen  Helfigfceita- 
naebbüder  flt»erainstimmen.  Die  Ermttdnngsfarbe  selbst  reagiert  relativ  am 
stärksten,  die  komplementibre  am  geringsten.  Die  benachbarten  Farben  bilden 
einen  kontinuierlichen  Übergang.  Tn  allen  diesen  Füllen  aber  besteht  eine 
zur  reagierenden  Intensität  proportionale  Verschiebung  der  Farbe  nach  der 
Komplementärfarbe  des  ErmUdungsreizes  hin.  In  der  theoretischen  Erklärung 
dieser  Besultate  bereitete  zunächst  schon  die  Yersehiedenbdt  der  Äqni- 
vaienswerte  fttr  die  einseinen  Farben  Sebwietigkeit,  welobe  sieb  von  den 
wog,  »spezifischen  Helligkeiten«  naeb Hering  und  Hillebrand  wohl  untere 
schieden  zeigen  und  zunächst  auf  einen  psycbnlnuri^chen  Einfluß  auf  die  un- 
mittelbare Helligkeitsvergleichuug  verschiedener  FarbentOne  zorUokgefUhrt 
wurden.  (XVUI,  S.  612,  4.  Kap.) 

Hinsichtlich  der  Geltung  eines  FarbemuMlibildeB  anf  beliebigen  anderen 
reagierenden  Farben  wurde  mniebst  bei  der  als  Erregbarkeitabjpo- 
tbeae(vgl.  S.  48}  bezeichneten  Abteilung  anaden  normalen  Farbenanbatraten 
yennebt»  die  Besiebaiig  an  der  eheosaUgen  Dieknasion  swischen  der  anta- 


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52 


Befonta. 


gonistiechett  Vierfarbentheorie  Ileriuga  und  C.  Hess'  einerseits  und  der 
Dreii'arbentheorie  v.  Kries'  und  Kxnere  auderereeita  herzustellen,  (ä.  Um  ff. 
Kap.  5.) 

Die  konkt6t«re  Awgwtaltiiiig  der  KonMqaemeD  der  DroiüubettÜkeorie 
und  der  oben  enriÜmtmk  {8.48]  ErmUdangetheorie  Helmholts'  war  Toa 

Exner  vorg:enommen  worden,  der  sie  auch  bestlitigen  zu  kennen  plaubte. 
Hering  und  Hch?  idfrlpp-ttin  indofison  die  von  diesem  Standpunkte  aus 
notwendige  Erwartung,  dai>  auf  die  Ermüdung  einer  der  drei  Orundiarbea 
die  Beüe  nur  iiuoweit  nüt  tiaer  rar  Ermfldan^fiwbe  kompleme&ttren  Yer- 
sehiebimg  reagieren  wttrdeii,  als  eie  iiMh  der  Dieifariieiitlieorie  lelbet  die 
ermttdeta  GmndsabAtrat  erregten.  Sie  zeigten,  daß  alle  Farben  eine  soldbte 
Verßchfelxinü^  erlitten,  wie  sie  selbst  aus  den  theorotipr  hon  Grundfarben  nicht 
zu  berechuen  waren,  wenngleich  über  die  Beziehung  der  Größe  dieser  Ver- 
«chiebong  zum  reagierenden  Kelze  noch  nichts  ausgemacht  war.  Da  !<  nkte 
▼.  Krlei  die  Aifinerkaamkeit  auf  die  Tatsache,  daß  gleidi  assseliende 
<3eniiaoiie  beUeUger  pliyeikaUaeher  Zoeaameiiaelaiiiig  aneli  naeli  beUebigea 
Erregbarkeitaveränderungen  ihre  Gleielilillit  beibehielten  und  lelgte»  daß  dioae 
Tat^firho  ans  der  Dreifarbeutlieorie  wegen  der  eindeutig-en  Zusammensetzung 
aller  gleich  aussehender  Substrat  Vorgänge  ohne  weiteres  abgeleitet 
werden  könne,  während  die  lleringsehe  Vierfarbentheurie  wegen  der  hier 
▼oriumdenen  Vieldeutigkeit  gleich  anseehender  Farbengemisohe  wenigstens 
in  der  aUgemein  aagenonunenen  Fonn,  oline  noeli  nieht  angegebene  HQfii- 
hypothesen,  diesen  Satz,  den  TTering  selbst  ausfUhiUoh  beetätigte,  bei  der 
Auffassung  des  negativen  Nachbildes  als  einer  Erregbarkeit» Veränderung  nicht 
zu  erklären  vermöge.  Zu  meinpiii  grol3en  Hedaueru  war  mir  die  nun  schon 
mehrfach  erwähnte  neueste  Abhaudlung  von  v.  Kries  Uber  die  Umstimmungen 
dee  Sdiorganes  (6j  bis  nach  Vollendung  des  Druckes  unbekannt  geblieben, 
welche  beieits  naeb  meinem  zweiten  Teile  erschienen  war  and  snniehat 
wenigstens  theoretisch  die  ehemaligen  Fragen  wieder  aufbaiim,  sngldoh  nnter 
Bezugnahme  auf  meine  bisherigeu  Arbeiten  Uber  den  »Proportionali  tXts- 
satz«.  Bezüglicli  der  Frage  über  die  Bedeutung  eines  reinen  Farbennach- 
bildes sind  in  aciuer  Abhandlang  allerdings  noch  die  nämlichen  Voraus- 
aetrangen  der  Dreifarbentheorie  feetgehalten  wie  ehedem,  soweit  der  Z^»fon-> 
apparat  nach  seiner  Theorie  in  Frage  konmt,  nnd  ist  liier  aosnsagen  dar 
ehemalige  Stand  dwFkage  von  seiner  Seite  nochmals  fixiert  worden.  Indessen 
hat  doch  erst  hier  auch  v.  Kries  die  konkrete  Ausgestaltung  des  Propor- 
tionalitätSBatzps  iu  seiner  Tragweite  bei  Hehnhnltz  und  bei  Exner  mit 
seineoi  »v.  Kri  esschen  Satze«  über  die  Unabhimgigkeit  der  Farbengleichungen 
TOn  I^regbarkeitsTeränderungen  kombiniert,  den  er  selbst  ids  »Persistena- 
sats«  bea^ehnet  Idi  kfttle  also  in  mefaier  Daratelbing  sogMeb  Uetanf 
▼erweisen  können.   (6,  S.  151  if ; 

Der  innerhalb  der  niimlichen  Adaptationslage  jedenfalls  durchweg  gültige 
»Persistenzsatz«  ist  zunächst  nur  eine  rein  formale  Tatsache,  und  muß 
zur  Entscheidung  seine  Bedeu^g  für  uns  erst  noch  die  materiaie  Frage 
naeh  dem  qualitativen  Aussehen  der  subjektiv  einander  gleich  bleibenden 
Gemische  an  die  Seite  treten,  wie  sie  eben  eehon  von  Exner  aoa  der  Bte^ 
iarbenüieorie  als  die  Forderung  nach  »invariablen  Punkten«  der 
Farbentafel  aufgestellt,  von  Hering  nnd  II ess  jedoch  selbst  für  die  theore- 
tischen, außerempirischen  Grundfarben  nnrh  Helmholti  bereits  in  ihrer 
UnerfUUbarkeit  empirisch  dargetan  worden  war.  Der  Nachweis  bei  mir,  daß 


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Keferate. 


53 


dies©  Verschiebung  beliebig  von  der  Ermlldungsfarbe  verschiedener  Bwk* 
tionsfarbcn  nach  der  Naehbildfarbo  zu  der  reasrierenden  Intensität  [iropni-- 
tional.  iiho  von  einer  et^'aigen  Erregbarkeitshypothese  auf  jeden  Fall  als 
gleichwertig  mit  zu  berücksichtigen  seien,  hat  diese  Schwierigkeit  noch 
eriiOht»  sofern  aum  wirklieh  eine  solche  ErklSning  dorchffiliren  wm.  Indenen 
eischeint  gewiß,  daß  die  «ntagonietiBehe  FarbenÜheorie  ihrerseits  wiederum 
den  Persistenssatz  wonl^'^Btens  als  Ersch^nangsweise  von  Errcgbarkeits- 
verifndcrungen  der  normalen  Substrate  nicht  einfach  aus  dem  Newtonschen 
Farbenmischun^^esety,  dednzieren  kann,  weil  gerade  dieses  bei  einer  anta- 
gonistischen Tlieorie  keine  Eindeutigkeit  aller  Valenzen  physikalisch  beliebig 

nnr  eben  gleich  nnssehender  Gemische  unbedingt 
notwendig  macht,  worauf  ich  S.  6S5  IT.  nochmals  besonders  hinwies.  Hin- 
gegen ist  sehr  wohl  die  von  Hering  selbst  außerdem  nodi  angedeutete 
Hypothese  je  zweifr  antagonistischer  N<'henvalenzen  de»  tVenulen  Ge-^on- 
farhenpaares  fUr  jedes  urtarbigeKei/ni  un  iit,  welche  het  einer  antagonistischen 
Farbentheorie  keine  Sättigungsabuaiiuio  bedeuten,  zu  einer  tatsächlichen  Ab- 
leitung des  Penisteiusaties  sa  gelnaiidiai,  wenn  ann  nur  die  quantitativen  Be- 
gehungen so  wihlt»  dafi  jene  beiden  hypotfaetisehen  Valenzen  gersde  je  die 
Hälfte  der  bei  isolierter  Wirkung  des  Reizes  wirklich  frei  sich  auswirkenden 
sichtbaren  Valenz  ausmachen.  Die  absolute  Snninie  der  beiden  einem 
Gegenfarberipaar  zusrehörigen  Valenzen.  f)hne  Kiieksielit  auf  ihr  >  V()r/eielien<, 
wird  dadurch  für  jeden  Punkt  der  Farbentafel  konstant,  gleichgültig,  wie  die 
gleich  aussehende  Mischung  physikalisch  beschafTen  ist.  Für  alle  gleichaus- 
sehenden  Gemische  werden  aber  damit  nun  wirklich  alle  ei  na  einen  Valensen 
Bot,  GrOn,  Blau,  Gelb  der  gleichaussehenden  Cmi; che  eindeutig  bestimmt, 
insofern  ja  wegen  des  gleichen  AusselK^us  nach  der  'riieorie  wenif^stcns 
bereits  die  Differenz  der  beiden  antagonißtisclien  V'alcn/f  TJ  intH  rhalb  eines 
jeden  Gegenfarbenpares  »icher  die  nämliche  ist.  Die  Konsequenzen  dieser 
S.  641  ff.  ausgestalteten  Hypothese  ktfnnen  zudem  mit  dem  tatsächlichen 
qualitativen  Aussehen  der  beliebigen  Beaktionsfarben  und  dem  ansehdnen- 
den  Fehlen  Invariabler  Punkte  leicht  in  Einklang  gebracht  werden.  Aller- 
dings gelingt  eine  Durchführung  dieser  Hypothese  mit  der  Ableitnnj;:  des 
»Persistenzsatzes«  nur  bei  der  Annahme  vot)  bloP  vier  Urfarben sub- 
Straten oder,  wie  zur  Vermeidung  einer  uunotigeu  Spezialisierung  besser 
gesagt  wird,  von  nur  vier  Durchgangsprodukten,  aus  deren  Biischungen  aUe 
Farbeaempfindnngssnbstrate  abgeleitet  werden  mttssen,  gleiehgttitig  sns 
welchen  Orundelementen  sich  dieselben  im  einzelnen  zusammensetSEen  und 
welche  mannigfaltigen,  in  sich  ebenso  einheitlichen  Spezialisiemnpen  wieder 
aus  ihren  Mischnntjcn  hervorgehen  mllpen.  S.  fW)  ff.  wurde  darzulegen  ver- 
»ncht,  warum  (lie.ne  Einschränkung  wenigstens  der  Ausgestaltung  dieser 
besonderen  Hilftihypothese  auferlegt  sei.  Indessen  bedarf  die  Hypothese 
fener  snntehst  latenten  und  nur  bei  ünntimmungen  cur  Geltung  kommoi* 
den  Valensen  aur  Beseitigung  einer  allzu  großen  KUnstlichkeit  eine  be* 
sondere  Berücksichtigung  der  Verwandtschaftsbeziehnn/ren 
der  einander  benac  Ii  hfl  rt  fn  »Urfarben«.  welche  nach  der  Her  inj^- 
schen  Theorie  p-anz  ver«t  hitdt  uen  Substraten  zugeteilt  sind.  Wie  S.  6ö3  flf. 
ausgeführt  wird,  ist  diese  Beziehung  am  besten  von  der  Wnndtschen 
Stufentheorie  berUoksichsfigt  worden,  deijenigen  antagonistischen  Farben- 
theoiie,  welche  awar  ttber  die  Zshl  der  möglichen  Urfarben  m^eli  nichts 
entschieden  hat,  wdebe  hingegen  gerade  die  qualitative  KontinnitKt  der 

InUv  Ar  Pvdk»l«fiti.  L  UUntar.  5 


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54 


Bef«rftte. 


Farbonsubstrato  für  die  einander  im  Öpektrom  benachbarten  Farben  betont 
hat,  die  sich  je  nach  der  Wellenlänge  in  stafenfurmig  fortachreiteader  Ver- 
tobifldeididt  aw  efawn  etidifliffidieB  allgemdnm  Ssbstnte  abspiltm  klteiuni. 
Weil  in  der  Hypotiieae  Uber  die  wdteie,  jedenfidle  wie  bei  eOeii  phyeiolo- 
giiehen  Stoffen  dieser  Alt  eehr  konpUiierte  BMeftaffenfaeit  des  einuln«« 
nur  eben  jederzeit  im  fj^nzcn  zersetzten  und  rcß:eneriertcn  Durf  hfranps- 
prodnktes  gar  keine  Einsc  hriinkunf:  besteht  behielte  die  Wandt  »che  Stufen- 
theorie  auch  in  diesem  einfachsten  äpexialtalle  als  »Vier£arbentheorie«  die 
eie  wsBadebiiende  Freibeit  aUeii  Yariettten  des  Ftibeiueheiis  gegeiiiB>er. 
PeuKKtb  iet  dieses  relatiT  doeb  immer  noeb  sebr  küiistliebe  Bystem  Toa 
Hypotbesen  deshalb  nicht  anbedingt  notwendig,  weil  »ich  auch  die  oben 
genannte  »Beimischungshypothesc«  znnSchst  beBondera  einfach  mit  dem 
Persistenzsatze,  dann  aber  doch  auch  mit  dem  Satze  von  der  Propor* 
tionalität  des  Farbennachbildes  zu  allen  beliebigen  reagierenden  Farbenreizea 
in  Einklang  bringen  ttfil  Zur  Lttsnng  der  letsteien  Aufgabe  Ist  fireifieb  die 
Annabme  erforderlieb,  daß  daa  sekondlre,  abnorme  Substrat  in  allen  be- 
liebigen äußeren  reagierenden  Reizen  oder  den  ihnen  entspre- 
chenden inneren  Erregungen,  z.  B.  d* m  TTrllirkrifsjirozcsse,  in  einer 
ErregbarkeitHT)P7j(>lmng  steht,  so  daß  die  i^ur  Ermüdungsfarbe  komplemen- 
täre Nachbiicitarbc  als  seine  spezifische  Funktion  von  allen  beliebigen  Reiz- 
qaalitttten  proportional  aosgeldst  weiden  kaxm.  über  die  Lokalisatfon  dieses 
sefcnadltien  Prosesses,  dnreb  den  alle  Erregongen  gemtß  ibiem  Aqnivalenn- 
werto  »gefärbt«  werden  können,  wäre  noch  nichts  mit  Sicherheit  aussn- 
machen.  Für  die  reinen  IleUiKkeitsnachbilder  ist  die  Erregbarkeitabypothegc 
noch  am  einfachsten  dorchzufülireu,  wenngleich  auch  hier  die  Beimisohungs- 
hypothese  bei  weiteren  Hilfshypothesen  denkbar  bleibt.  Anf  Grund  beson- 
derer Yersnebe  glaubte  leb  aneb  noch  eine  Anhtngigkeit  der  Schnelligkeit 
des  Yenebwindena  der  negativen  Nachbilder  von  dem  reagierenden  Beii» 
feststellen  zu  können,  gemäß  welcher  höher  reagierende  Reize  dasselbe  be> 
schleunigen,  eine  Beziehung,  die  ebenfalls  aus  der  Beimischungshypothese 
leicht  abzuleiten  wäre,  aber  vor  ihrer  Verwertung  noch  genauer  nachzu- 
prüfen ist 

Eine  besondere  Form  dieser  Beimischungshypothese  bildet  mm  die  schon 
18M  verOflbntiiehte  Theorie  von  Martins,  wonach  die  negativen  Nachbilder 
ebenso  wie  die  positiven  selbBtändige,  allefdings  ancb  nach  Martins*  Aaf> 

fassung  vom  Reize  mit  abhängige  Erregungen  sein  Böllen  die  mit  den 
normalen  Empfindungen  sogar  einen  Wettstreit  eingehen  können,  so  daß  sie 
keineswegs  immer  während  ihres  ganzen  Bestehens  die  Empfindung  an 
modifizieren  brauehen.  In  diesem  Sinne  dentet  M.  vor  allem  d^e  nach  der 
bisher  allgemein  angenommenen  ErkUmng  anf  ein  Übersehen  sorQckgefllbrte 
Unerkennbarkeit  der  Nachbilder  während  und  kurz  nach  Augenbewegongen* 
die  Begleich  zu  einer  Messungsmethode  für  negative  Nachbilder  ausgenutzt 
wird,  wobei  die  normale  Empfindung  ahi  Vergieichsobjekt  für  die  bfild  auf- 
tretende subjektive  Abweichung  verwertet  werden  soll.  Diese  Theorie  wird 
auch  in  der  oben  genannten  Abhandlnag  festgehalten  (lo,  S.  361  ff.)  und 
gegen  meine  früheren  Einwinde  tFbil.  Stnd.  XVI)  verteidigt  Dabei 
sebeint  jedoch  Martins  die  Abweichung  der  beiderseitigen  Anschanungen 
ftir  grnßer  zn  halten  als  sie  vielleicht  sind,  und  habe  ich  am  Schlüsse  der 
letitten  Vorrft>ntlichnng  (XVIII,  S.  677  ff.)  nochmals  den  einzigen  pirVieren 
Pifferenzpunkt  hervorgehoben,  daß  ich  an  der  dauernden  Modifikation  der 


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Befente. 


55 


Empfindung  als  solcher  während  df^s  ganzen  Prn^epapf  wie  die  früheren 
Antoren  festhalte,  and  außerdem  für  die  Marti u hscIi  -  M-fsuu^smethode, 
deren  Brauchbarkeit  ganz  unabhängig  von  der  Mar ti uäsciieu  Theorie  zu- 
gwtaaden  werden  kinii}  wenigstene  etne  BektükttiQii  in  einem  beaondereni 
Mier  lehon  «luflUirlielier  dsrgelegtMi  (Bd.  XVI)  Verfidiren  ab  wOnschene- 
wert  erachte. 

Nach  welchen  Ge?ichtf punkten  dif^  Fraf^estellnnpreTi  fiir  dfn  »Propor- 
tionalität?8atz«  oder  die  »Analopieti*  zum  Ferhni'r-iiülniholtzschen 
Satze  noch  weiter  auagedeiint  werden  können,  fanden  wir  scbun  oben  im 
AmeUiiß  an  die  Ton  mir  in  noeh  allgemetnerem  Umfange  beBtUtigton 
T.  Krie stellen  Beobachtungen  Uber  das  negnÜTe  j^ttignngsnaehbild,  dasmtt 
dem  reinen  Helligkeitsnachbilde ,  wie  i<A  nnn  annehmen  zu  können  glanbei 
stets  in  irgend  einem  Oradc  vorbniid«'n  sein  dürfte.  Die  Darlegung  dieser 
Bpobarhtnn^  fügt  &ich  bei  v.  Kries  m  das  allgemein  theoretische  Programm 
ein,  wonach  einmal  alle  Modifikationen  der  sämtlichen  den  einzelnen 
Infieren  Beiien  entspreebenden  Empfindnngen  liei  allen  mOglieben  Arten 
▼«m  Umaiimmvsg,  d.  b.  bei  der  TeneUedensten  QnalitXt  nnd  Zettdaner  der 
umstimmenden  Enegttngen  in  einem  g^'oßen  gesetamSßigen  System  zur  Dar- 
stellung kommen  sollen,  eine  großartige  AnfirraHe,  von  der  das  Fxperiraent 
die  mannigfaltigste  Anregung  und  die  Thennf  eine  Fülle  fruchtbaren  Beob- 
aehtungsmaterials  profitieren  müßte  (6).  Für  die  DaiBteilung  des  Erfolges 
einer  gegebenen  Umatirnmun^  bei  den  Tenobiedenen  reagierenden  B^ien 
kommt  Ar  v.  Kriea,  wie  icbon  erwSbnt,  annSebit  der  »PenlstenisatB«  üi 
Betracht  dessen  strenge  Gültigkeit  innerhalb  der  Funktionen  des  chroma- 
tischen Znpfenapparates  fllr  alle  Intensitiiten  behnnptet  wird  so  daß  alle 
Abweieiiuugen  bei  herabgesetzter  Intensität  nur  dem  Eingreifen  eines  neuen 
Substrates,  des  Dunkelapparates  der  Stäbchen,  zuzuaohreiben  seien.  Als 
swette  fundamentale  GeBetsmftßiglteit  aber  wlre  eben  der  ProportionalitttH 
anta  aasosdien,  der  wenigstens  in  der  ▼.  Kriesseben£rlclirnn/c  desFer- 
siatenMSlies  allerdings  nnr  in  der  bei  Helmholtz  vermuteten  Einaduünkung 
schon  vor?\TTPireset7t  ist.  Hier  wird  nun  mehrmals  die  llnsicherheff  filier  die 
Grenzen  hervorgehoben,  innerhalb  deren  seine  strenge  Gültigkeit  angenom- 
men werden  kOnne.  Daß  jedoch  die  relativ  zunehmenden  Überschüsse  Uber 
die  genaue  ProportionalitMt  an  den  Xnßeren  Beinen  naeb  der  vnteren 
Reffen  bin  nieht  als  eine  Abweiebnair  »ProportfonaMlitSBatae«  ange- 
seilen  zu  werden  branolien,  weil  hier  die  inneren,  bei  peripherer  Lage  jeden- 
fallf  nnch  >rertirierendpn«  Erregungen  hinzutreten,  lag,  wie  oben  env-ihnt. 
in  Hi'liuhoit2  eigener  Auffassung  enthalten.  Außerdem  kommen  dann  hier 
bekanntlich  jederzeit  auch  die  absoluten  Beträge  der  positiven  komplemen- 
«Xren  Naehbllder  in  Betraeht,  die  ebenftUs  eine  selbsündige,  wsbiseheinlleh 
koordinierte  GesetanMßigkeit  darstellen.  Andererseits  werden  wir  bsi  einsr 
phyviologisehen  Gesetzmäßigkeit  einer  solehen  Proportionalität  überhaupt 
niemals  erw'arten  dürfen,  daß  wir  den  Proportfon:ilitiitsfaktor  der  Umstim- 
nuinfr  bt'i  einem  hfiheren  reagierenden  Reize  in  voller  Gr'jße  wiederfinden 
werden,  und  zwar  nicht  nur  wegen  des  jedenfalls  sehr  cinzuscbrunkenden 
JBeltfeUers  der  Mewnng»  sondern  vor  aUem  wegen  der  besondersn,  der  Um* 
glimmnng  teilweise  geinde  entgegengssetsten  Antriebe,  die  In  dem  Über- 
gänge an  einer  höheren  Intensität  als  solcher  enthalten  sind.  Solche  Ab-  i 
wei^  huniren  in  den  Extremen  traten  bekanntlich  aneh  bei  allen  niuit  reu 
Gesetzmäßigkeiten  dieser  Art  auf  und  wurden  a.  B.  oben  vor  allem  schon 

6» 


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56 


Befeiato. 


hmsichtlioh  der  »kritiscbeo  Periode<  emäbnt  (S.  39f.].  Gerade  deshalb  habe 
ieh  Meh  den  anaoheinend  rencbieden  sehneUeB  Verlauf  bei  vataehiedetten 
reagierenden  Belsen  besondere  Ina  Aoge  gefaßt  (IB,  Bd.  XTI).  Bei  einer 

FormnlicruDg  der  Wecbselwirknng  dieser  verschiedenen  Faktoren  kOnnte 
deshalb  der  Umstimmangsfaktor  immerhin  wenigstens  für  den  Ansgan^- 
pnnkt  t\vii  >:anzon  Prozesses  aiidi  für  die  höhere  Intensität  Mieder  zu- 
nächst in  der  uümiiciien  GröUe  ia  Anschlag  gebracht  werden  müssen. 
Andi  binalehtlieh  der  Abweicbnngen  vom  »PersUtenaiatae«  hat  ja  v.  Kriea 
nur  dadnreh  trota  der  Abweiehongen  der  Eneheinnngen  eine  beaondera  ein- 
fache Gosotzmäßigkeit  festhalten  können,  daß  er  eine  hypothetische  Zerlegung 
der  Sub9tnit(*  in  verschiedene  Faktoron  vornahm.  Man  mürhtc  auch  fast 
erwarten,  daß  doch  vielleicht  nm  h  binsiclitlich  des  Perßi.stt  u/>  satzus 
bei  blendenderen  Helligkeiten  obere  Auwcicuungen  bestehen  werden,  uenn- 
glelcb  dieselben  dann  nach  v.  Kriea*  Tbe<Mrie  In  der  Hanptsache  wenigsteaa 
ans  der  Elgentttmliebkeit  der  Zapfen  allein  abgeleitet  werden  nitt0ten.  Wir 
können  aber  schließlich  auch  von  solchen  Versuchen  zunächst  ganz  absehen, 
durch  welche  man  einfachste  Ofsct/Mt  fiMukeiteu.  die  innerhalb  einer  größeren 
iiiittlorcn  Region  besonders  rein  zur  Daratelluuir  kommen,  iiiit  hef^onderen 
llyputiieseu  auch  in  den  scheinbaren  Abweichungen  an  den  Grenzen  als 
gültig  festanbalten  TemiOehte.  Wir  hätten  dann  trotsdem  dn  Beeht,  lolelie 
SMtie  wie  denjenigen  von  der  Perslstena  der  Farbengleiefanngen  oder  von 
der  Proportionalität  der  negativen  Nachbilder  um  jener  mittlereQ  Bftgion  der 
Gültipkoit  wilh.'ii  als  r'pspf/niäßiirkeiten  zu  be/.eielinen,  wenn  uns  an  der 
Einführung  dieses  He;,'ritVeM  auf"  dioi^p  rtebirte  etwa»  frele^^en  sein  sollte.  Für 
die  Forderung  der  invariablen  Punkte  nach  der  Dreifarbentheorie,  die  wir 
oben  acbon  anslOhrlieber  besprochen  beben,  werden  weiterhin  genauere  Fonneln 
angegeben,  welche  nach  AnsfÜbrnng  von  Messungen  ^es  NachbQdes  auf 
mebreren  beliebigen,  hinreichend  verteilten  reagiereudcn  Qualitäten  die  Frage 
nach  invariablen  Punkten  rechnerisch  entscheiden  lassen.  Vgl.  oben  S.  52.; 
Dabei  wird  ausilriirklich  wieder  ani/etVairt.  wie  f^ich  eine  Theorie  mit  mehr 
als  drei  Urfarben  mit  den  Verhältnissen  abtinden  wuUe.  Am  wichtigsten  für 
die  Tbeorie  hJÜt  v.  Kriea  weiteilun  die  komplement&re  Färbung  de» 
Parkin jesehen  Nachbildes,  welches  nach  seiner  Hypodiese  eine  Naeb- 
erregnng  der  »total  farbenblinden«  Stäbchen  ist  ivgl.  oben  8.  42).  Hiedurcb 
werde  die  zentralere  Lokalisation  des  Farbennachbildes  wahrseheiulieh  ixo- 
maeht,  il  reud  sieh  die  Krregbarkeitsverändenmg  bei  üinwirkun;::  von 
weißem  Liciite  vielleicht  an  peripherer  .Stelle  und  nach  ganz  anderen  Oesetzen 
▼oUsieheu.  Auf  die  Frage  nach  der  ProportioniditSt,  welche  gerade  aneh  diese 
Variante  der  Beimiacbungshypothese  fttr  die  Farbennacbbilder  angeht,  hat 
V. Kriea  hier  nicht  Beang  genommen.  Aach  die  von  mir  Phil.  Stud.  XVII, 
S.  671)  wegen  des  Proportionalitätssatzes  angedeutete  Mü-rlichkcit  einer  Ab- 
hängigkeit des  Farbennachbildwerte.«'  vom  Wei^nro/esst»  w  ürde  wenipstcns 
eine  etwas  zentralere  Lokalisation  bedeuten.  Die  von  v.  Kries  bei  dieser 
Gelegenheit  gestellte  Frage  nach  andcmeitigeu  Beispielen  Uber  Färbung  von 
Erregungen,  die  um  ihres  peripheren  Uraprunges  willen  speiiell  bei  Stäbehen- 
effekten  an  sich  Farblosigkeit  erwarten  ließen,  dUrfte  wohl  tatsächliche  Ana- 
logien in  den  Versuchen  Uber  peripheres  Farben  sehen  finden  lassen.  Die 
wichtigste  Beobachtung  (S.  155  f.),  um  derentwillen  nach  v.  Krie?  ein  j>eri- 
pherer  Ursprung  der  auf  Weißerregung  beruheudeu  Lnjstimiiuin<reu  wahr- 
scheinlich sein  soll,  besteht  nun  eben  in  dem  Sättigungänachbilde  nach 


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Bfiferate. 


67 


Fixaüou  von  Weiß  neben  Schwarz,  <l;is  v.  K  rioH  als  spczii'He  Beeintrüchtigung 
deaZapfenapparates  ansieht,  weil  es  nur  bei  aufigeeprocheucr  iicliadaptation  vor- 
konmen  boIL  Wegen  der  Uemu  mOgfieliMi  theoretbeken  Fo^penmgem  wOl 
hier  noebnato  aiuflUirlicher  darauf  sarttekkommeii.  v.  Krles  ist  sieh  wohl  be- 
wvßt,  daß  hier  eine  Tatsache  voa  »fiindamentaler  Bedeutung«  geAmden  sei,  weil 
trotz  vfUIi^er  Au»»c)ialtnn,f^  von  Farben differenzen  innnrli  alb  des 
E rniüdungst'eidrs  vmo  der  -^riHMT^Mi Helligkeit  entsprechende  Heralii^(>tzung 
des  absoluten  Farbcuwertes  jeUt-r  boiiebigen  Beaktionsfarbe  eintritt,  wie  eben 
danms  m  erseiien  ist,  daß  nach  Avsgleiohiuig  der  seheiid»s»ii  HeUigkeits- 
diffimns  dnieh  Znssts  Ton  Weiß  an  der  exmttdeten  Stdle  der  relative  Farben» 
anteil  trots  der  nSmlichen  Menge  des  nicht  kompensierten  Farbenieiies  deot> 
hch  /n  gering  erscheint.  Es  i^t  Bchon  ans  den  Itiölieri^on  Messungen  wahr- 
scheinlich, daß  auch  hier  eine  Proportionalität  der  Herabs^otzung  besfelit,  uud 
deshalb  scheint  mir  dieser  Versach  eher  wieder  eine  engere  Zusammeiige- 
hOrigkeit  des  negativen  Farben-  mid  HelligkeitBnachl^es  nahe  in  legen, 
gleichgflltlg,  ob  man  beide  YoigSnge  peripherer  oder  sentnder  lokalisiert 
DafUr  scheint  mir  weiterhin  audi  die  ebenfalls  oben  erwähnte  viel  größere 
Allgemeinheit  dieses  Sätti^mj^snachbildes  T)ei  den  vprschicdenston  Intensi- 
täten und  Adaptationi*hi^a'n  zu  sprechen.  Auch  hier  dürfte  aber  dann  wie- 
derum vorläufig  sowohl  die  Beimischaugs-  als  auch  die  Erregbarkeitshypothese 
dorvshftkrbar  sein.  Die  Enegbarkeitshypothese  wXre  aber  auch  für  dieses 
Sättigangsnadibild  keineswegs  etwa  nur  mit  tiner  rolchen  Komponenten- 
theotie  in  Einkhm^'  zu  bringen,  weKlie  wie  die  Diüifarbentheorie ,  die  ja 
von  V.  Kries  {jerade  flir  den  seiner  Meinung?  nach  hier  allein  in  Betracht 
kommenden  Za|it'enapparat  noch  festgehalten  wird,  das  Charakteristische 
des  Weibprozesses  durch  das  aktuelle  Zusammenwirken  sämtlicher  Farben- 
erregungen entstehen  lassen.  Van  kann  anek  hier,  was  ja  auch  v.  Kries 
keineswegs  in  Abrede  gestellt  hat,  den  Gmndgedsnken  der  antagoni- 
stischen Theorien  festhalten,  und  gerade  deshalb  erseheint  mir  diese  ganze 
Erklärungswelse  anch  mit  den  allgemeinen  Erfahrnngcn  der  Optik  in  Über- 
einstimmung bleiben  zu  können.  Der  WeiUprozeß  ist  hiernach  wiederum 
dem  ganzen  antagonistischen  Kompensationsprozeß  einfach  koordiniert  und 
konnte  vlelleleht  auch  ganz  ohne  diese  ehromatlsehen  Vorgänge  an  stände 
konmen.  Bei  der  Einwirkung  des  Oemisehes  der  KonplMnenttr&rben  wür- 
den aber  beim  Fsrbentaehtigen  doeb  anek  sngieieh  wenigstens  bis  an 
einem  gewissen  Orade  aktuelle  ZcrsetznnpsprozesBe  innerhalb  des 
allgemeinen  Farbenäubstrates  trotz  der  antagonistiscben  Anregungen  statt- 
finden, welch  letztere  nur  eben  unmüglicb  machen,  daß  irgend  eines  der- 
jenigen Zersetzungsprodnkte  in  stände  kommt,  die  bei  nieht  nntsgoniBtisch 
kompensierter  Einwirkung  sieh  abspalten  nad  weiterhin  dem  eharskteri> 
•tiaehen  Empfindungsprozeß  der  Farbe  ausanlOsen  im  stände  sind.  Diese 
völlig  zersetzten  Produkte  brauchen  also  keineswegs  einen  integrierenden  Be- 
standteil des  Jleüigkeit8i)ro/,e88es  zu  bilden.  » twa  als  Vermittelung  des  Weiß- 
prozeases,  sondern  brauchen  büchstens  noch  für  die  Kegeneratiunsprozesse  Be- 
dentnng  zu  besitzen,  nnd  anßwtai  maß  ihr  Wert  doeb  wiedemm  eineUm- 
stimmnng  des  Substrates  bewirken  können.  Fflr  diesen  Enderfolg  branehen 
sie  insbesondere  in  ihrem  Umfange  keineswegs  den  einzelnen  Erregungen 
der  unkompensiert  sich  auswirkenden  Farbenreize  gleich  zu  sein,  da  ja  die 
gleichzeitige  Wirkung  des  antagonistischen  Reizes  doch  ganz  neue  Angritts- 
bedingungen  gegenüber  dem  allgemeinen  Farbensubstrate  setzt.  Man  darf 


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68 


Befeiste. 


alBO  nor  nicht  den  einen  antsgoni^H^r-hen  Rpiz  imm<>r  ^neleifh  f'mc  Störung 
der  tresamten  Errej^barkeit  de»  (Jegenfarbenpaares  iiurrh  A ■*siuiilation  vor- 
tioden  lasaen,  Bondern  maü,  wie  dies  gerade  wieder  aach  in  der  Wnndt- 
sdiaii  ThMrie  aafnoiniii«!!  wf rd,  beld«  Utlta»  eine  nur  MnsiehtltiA  der  mo- 
tnleren  IMeawlikniig  kompensierte  Zenettnng  dee  elnheltlielien  Snbelntei 
anregen  lageen.  Über  die  Frage,  wie  viel  bei  glelelnelttger  antagonistiscber 
Reizung  tatsUeblich  lersetr.t  wir»!  krönte  inHbooondnrp  dsn  relative  Orößea- 
TerhHltnis  des  SlittigTinf^nachbilileB  znm  Farbennuchbilde  entacheiden.  welches 
nach  V.  Kries  bei  üO  Sek.  langer  Fixation  allerdings  mit  dem  nämlichen 
Zvnti  m  Firbe  nnsgeglioben  werden  mnß,  der  nnßerdem  en  Weiß  erfinden 
Itek  iit  Nnn  wire  edion  hier  bei  voller  OrOßen-Oberelnatlmmttng  mit  dem 
Farbennachbilde  ein  relativ  größeres  SättignngsnachbUd  zn  erwarten  [vgl 
8.  49'.  Andererseits  scheint  die  KrTnödTinf:  dea  FarbengubBtrates  doch  aneh 
relativ  viel  schneller  fortaus»cbrt  iten ,  daß  nach  so  langer  Fixationsreit 
bei  gleicher  >£nnüdang<  de«  Farbcusub^irateB  wie  bei  hinwirkuug  honio* 
gener  Firben  eine  nm  eo  itlrkere  Wfrknng  anf  die  Sittigang  vorbnnden 
eein  mttfite.  Kaeb  ktliMfen  Fizationsaelten  von  ea.  10  Sek.  aber,  in  denen 
es  iieb  mit  dem  Mar  besehen  Apparat,  wenn  man  es  einmal  weiß,  zwar 
schon  ganz  sicher  feststellen  läßt,  scheint  es  hinter  dem  hier  schon  sehr 
starken  Helligkeitsnachbilde  sogar  sehr  zurückzutreten,  wenngleich  ich  eine 
Biobere  Entscheidong  erst  nach  genaueren  Messangen  t.illön  will.  Anch 
daa  VerUatnla  der  eluelnen  Farben  in  dieeem  SSttigungenaehbilde  wfrd 
aebr  Intereeeeat  sein.  Naeh  alledem  soheiaen  naeb  einem  aoleben  Ver- 
suche die  regulären  Beziehungen  swisebea  Beiz  und  Substrat  zusammen  mit 
dem  Pfpsetz  der  Erregbarkrit  vpr-indernnpen  znr  Erklärung  dieses  v.  Kri  es- 
schen negativen  Säirif^un^'snachbildea  ausreichend,  ohne  daß  wir 
SU  anderen,  irgendwie  durch  die  organischen  Zusammenhänge  vermittelten 
Weebselwiiknngen  awitcben  Heilig keits-  nnd  Fwbeasnbatrat  nnaere  Zninebt 
in  nebmen  brancbten.  HOglieh  ist  natllilieb  diese  letrtere  Vermitteluig 
Immerbin.  Garn  beeonders  aber  dürfte  wohl  femer  gerade  bei  dteeer  Blen- 
dnngswirknng  anf  dan  Farbensystem  die  Wechselwirkung  der  ben-tebbrirten 
Sehfeldstellen  in  Frage  kommen,  so  daH  eine  i^leiche  RelUgkeit  innerhalb 
des  ganzen  Sehfeldes  nicht  die  nämliche  absolute  hattigungsTermindernng  su 
bewirken  branebte.  Obne  ioklie  Weebselwlrknng  wird  freflieh  aneb  bier 
•dion  die  danUere  Haebbinehaft  von  der  gteiebartigen  Slttlgnagavermin- 
derung  anf  Grund  der  »Ermttdnng«  durch  eine  dem  ganzen  Versuch  vorber- 
gehende  hfihere  Gej!nmtVtell?^keit  ?i<-h  er!mlen  und  dies  wird  natürlich  ebenso 
wie  bei  allen  Helligkeiten  i  hlul  lerii.  eine  entsprechende  Beteiligung  dieser 
nrspriingUch  schwarzen  und  d&an  gesättigter  erscheinenden  bteile  an  der  ge- 
samten Dilbreni  der  benaebbarten  StdleB  betbeifllbren.  Will  man  aber 
nnn  wirklieh  In  dieser  Welse  anf  seknndlre  Stothreehsel-Bealebnngmi  der 
Weißerregung  anf  daa  Farbensubstrat  im  ganzen  verzichten  nnd  doob  die 
Krrpo^b5irk<M't?hTTiot}ie?e  anrh  f^lr  das  S'itTi*roTipennclilMld  dnrehfilhren .  so 
braucht  eine  antagonistische  Farbentheorie  im  Gegensätze  zur  Dreifarben- 
theorie wiedemm  zugleich  auch  jene  oben  erwähnten  hypothetischen  Neben- 
▼alennn  aller  ntftrbigen  Belimomeate  (8.  fi3,  rgl  FhiL  Stad.  Bd.XVIII,  a6ll  ft) 
die  dann  genuie  in  der  dnvsb  den  »Penistenmais«  geforderten  Qnaatitit  aneb 
hier  eine  wlderapmchslose  Erklärung  bieten,  wonach  jedes  urfarbige  ReiattO> 
ment  je  die  H-üfte  seiner  Qnantit-if  in  den  beiden  benachbarten  »Urfarben«  an- 
regt Nach  allen  sonstigen  Erfahrui^en  ist  nämlich  zn  erwarten,  daß  das 


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Befente. 


69 


so  entstandene  Sättfgnngenachbüd  nntersohiedBloB  für  Hsmt- 
liche  reagierende  Farbe  ntüne  zutrifft,  gleichgültig  wie  das 
ermüdende  neben  Schwarz  fixierte  Weiü  gemischt  ist.  Daß  ein 
reagi«ftii4et  Bot  oder  dn  Ortto  aaeh  Flzatioii  ainet  aaa  Blas  aad  Galb 
f^emiechten  Weiß  aboiio  la  eainer  SSttignag  herabgMotet  «neheial,  wie 
nach  Fixation  eines  ans  Rot  nnd  Grün  oder  eines  ans  allen  Komplementiür- 
farben  gemischten  Weiß,  ist  bHi  der  Abb-ittiTig  an?  einem  toilweieen  Ver- 
branohe des  FarbensabBtrates  aucii  bei  gleichzeitiger  aotagouiBtiacher  Hei- 
zung nur  dann  erklärlich,  wenn  wirklich  von  jedem  weiß  aosBehenden 
Emttdungsgemiaehe  alle  unter  aioh  paarweise  kmnplementXren  Farbempro- 
seese  in  gleichem  Grade  «ageregt  werdea,  aad  dlee  wiie  aaeh  naaerer 
Hypothese  Uber  die  beiden  benachbarten  Nebenvalensen  von  je  der  Hälfte 
der  ITauptralenz  >pr1  S.  r>8  fiir  jede  beliebige  ZnsamnienBetanng  des  Weiß 
tatsächlieh  der  Fall,  bieäe  ganze  Erklär nng  scblüBBe  aber  zugleich  Konse- 
quenzen  in  sich ,  welche  auch  beim  reinen  oder  mit  einem  Helligkeitsnach- 
bild  ▼erboadeaea  Farbe aaaebbUd  daaebea  sar  Oeltnng  koauaea  aad 
eine  empiriBelie  Naehprttfiiag  aalaaaea  mflesea,  wibrend  bei  der  Kriee- 
schen  Erklärung  gerade  beim  reinen  Farbennaehbild  Bolche  Nebenwirkungen 
auBge schlössen  sein,  be7.vv  j^nn^  imders  beschaffen  sein  müßten  Da  die 
hypoihetischen  Nebenvalenzen  der  eiLzeloen  Farbenreize  trotz  ihrer  ünsicht- 
barkeit  wegen  der  aatagonistisciieu  Kompensation,  welche  die  aktuelle  i;  ar- 
beaenpfiadang  voa  ihaea  la  Maer  Welse  beeialassea  lifit,  wkkll^  eiae 
teilweise  Zersetraag  des  ibaea  lageordaetea  Gegen&rbeapaaree  eialeiten 
mußten,  so  sollte  z.  B.  die  Fixation  eines  homogenen  Bot  reagierendes  Blan 
und  Gelb  an  seiner  Stelle  in  der  Sfittignng  ebenfalls  etwas  berabgesetzt 
erscheinen  lassen,  was  wiederum  in  der  Unmöglichkeit  einer  vollständigen 
Ausgleichung  der  subjektiven  Ditfereozen  auf  Gelb  oder  Blau  durch  bloße 
Zarttekbebeltaag  Toa  Bot  aar  Geltaag  kosuaea  mUßle.  TateSehlieh  kabe 
idi  aaeh  bei  derartigen  EinsteUnagea  wealgsteas  aaeh  Flxatioa  ▼ob  hoaio> 
genen  Farben  nebea  Sebwarz  manchmal  nach  richtiger  Ausgleichung  der 
komplementären,  bier  also  griinlich'-n  FiirbnTitr  iiocb  kleine  Differenzen  wahr- 
gen«iuimeu,  welche  nicht  nur  auf  «lie  Uelligkeitediftcrenzen  zur  Ihk  zu  führen 
seia  konnten,  die  schon  nach  üeu  Mhereu  Ausführungen  unter  solchen 
Eatstebaagsbedingungen  bei  der  Avsgleiebaag  des  Farbeaaaehblldee  yqt- 
baadea  seia  k9aaea,  soadera  aom  Teil  andi  aaf  SSttigungsdififerenMa  la 
dem  bler  erwarteten  Sinne.  Eine  sichere  Beantwortung  der  Frage  künnte 
natHrlicb  anch  hier  erst  bei  liiTureren  Fixationszeiten  sieh  ergeben,  wo  diese 
■NfbentTBcfioinungen  äberbanpi  er^i:  ;iuffiilliger  werden  kuauen.  Jedenfalls 
mublti  dua  (regenteil  des  von  der  Dreifarbeutheorie  für  diesen  Fall  gefor- 
dertea  SHttigunganaebbUdei  yofbaadea  seia  (vgl.  Fhll.  Stad.  XYIII,  S.  617, 
Aam.  2),  welebe  aaeh  Flxatioa  eiaer  Farbe  aeben  Graa  für  die  bei  der  Er- 
müdung niobt  betelllgtea  Beaktionsfarben  sogar  eine  relative  Steigerung 
der  Siittitning  an  der  vorher  von  der  Krraiidiiiifrst'nrbe  getroffenen  Stelle  er- 
warten ließe.  Dabei  trennen  ^Ich  auch  hier  die  Kuiiöoqnonzen  iraiiier  deut- 
licher von  denen  aus  der  Annahme  einer  Vermittelung  des  äättigungsnach- 
blldee  eelteas  des  Welfiprosesaee.  Aaeb  hierüber  kttaate  aatlirlleb  erat  aai 
Graad  weiterer,  epeslell  aaf  das  SSttignagaaaehblld  gerichteter  Beobaeh« 
tnngen  bei  Farbennachblldera  entschieden  werden.  Ebenso  wie  bei  den 
FarbennafbhilderTi  wäre  aber  nun  auch  für  das  Sättigungsnachbild  wenigstens 
ia  dem  bisher  sicher  beobachteten  Umfange  nach  Fixation  yon  Weiß  neben 


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60 


Befortte. 


Schwarz  die  Bcimi^chungehypotheee  zn  xertret^^n  7n  »l-  r  i  i  nrhoT}  tWo  An- 
uabme  einer  das  j^esamte  FarbensTstem  angreilenden  organischen  Kinwir- 
kang  des  gleichzeitigen  allein  aktuellen  Weißprozesses  eine  Überleitung 
bildet  Bei  der  nuumigfaltigen  YwietioiurfkbiglEeit  dteeer  ttbefhm&pt  n 
irregulMreren  Hittola  bereobtlgten  Beimtecfann^ypothflefl  bniiciie  ieh  hier 
gewiß  nicht  weiter  auf  die  entsprechenden  Konsequenzen  der  v.  Kriesschen 
Entderknn-j'  oinsngehen.  Die  große  I^f^pelieidenlu'it,  nn't  der  diosor  Forscher 
seine  theurttisehcn  überloynnfjeu  bescliliübt,  charakterisiert  in  trefflicher  Weise 
die  allgemeiue  Situation  und  zugleich  die  Prinzipien,  von  deren  Befolgung  man 
iieh  für  die  Zukunft  allein  Fortichrltle  fttr  die  psychophysiologische  Optik 
▼erepreelieii  kenn.  Eine  mOgllehst  ■yetematliebe  Berel ehernncf 
unseres  Beobnebinngsmateriales,  wenn  irgendwie  angängig, 
mit  exakten  quantitativen  Bestimmungen,  und  daneben  vor* 
läufig  noch  eine  uiügliehst  proße  Freiheit  und  Vorsicht  in  den 
theoretischen  Hypotheseu  über  die  KmptiuduugssubBtrate 
und  ihre  gegeneeitlgen  Besiebnngen.  Daa  lit  aber  vor  allem  anch 
der  meäüodndie  Standimnkt  von  Wandt  Aneb  In  der  neuen  Anflage  aeiner 
pbjaiologischen  Psychologie  blieb  der  Qnmdsatz,  daß  die  systematiaebe  Dar- 
le^ng  des  Beobachtun^matcrialee  von  der  H<"hand1nn^  der  Hypothesen 
durchgänicig  getrennt  ist,  wie  cb  sonst  noch  meuiand  dnrchziiiiifiren  ver- 
suchte. In  dem  zweiten  Bande  ist  vor  allem  auch  die  Optik  durch  Au&ahme 
der  nenen,  teilweise  erat  nodi  meinem  nXobaten  BefiMste  Toxbebalteaen 
Arbeiten  eiginat  ond  erweitert  worden. 


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Referate 


Fortsehritte  aaf  dem  (Tebiet  der  YOlkerpsycholugie,  kaltur- 

nnd  Oesellschaftslelire. 

LitexAtarberioht  Uber  das  Jahr  1902. 

Ton  Dr.  A.  Vierkandt 

Die  Abgrenzung  bei  der  Literatoraoswahl  ist  bei  einem  Grenzgebiet  wie 
dem  hier  m  iMtaandeliideii  iiatiitgeiiill0  mit  Scbwierigkeiton  TerknApft.  Eine 
feato  Pftxte  wird  «icb  bier  erat  allmählich  heraasbilden  können.  Pflr  dieaen 
ersten  etwas  nachträglichen  Bericht  ist  nnr  eine  kleine  Anzahl  von  Bttchem 

und  Abhandlungen  heraiiirf'70"-pn  wordon,  während  andrerseits  Btellenweise 
Uber  das  Jahr  1902  ziirllckgefi;riffeu  ist,  um  tiei  diesem  ersten  Überblick  nicht 
zu  sehr  durch  äußerliche  Schranken  eingeengt  zu  sein. 

Uiuer  Gransgabiet  wlid  bekaantlieh  tob  awel  Seites  hm  angebaut:  einer> 
■eita  auf  vorwiegend  dednktiyem  Wege  von  der  Seite  der  psydiologiMhan 
Theorie  her,  andrerseits  von  der  Praxis  der  kultnrgeschichtlichen  und  ethno- 
graphischen Forsichnnp:  aus.  Juprendliche  !^nfprtifrkeit  kennzeichnet  beide 
Arten  von  Arbeiten.  Während  aber  die  trucere  direkt  auf  da«  Ziel  einer 
Theorie  losgeht,  beschäftigt  sich  die  andere  mit  theoretischen  Fragen  mehr 
nebenbei,  oft  nur  in  der  Fonn  halb  oder  ganz  onbewnßter  YoiaaBaetenngen. 
Um  w  erfrenlleber  iat  ea,  anch  bei  der  modernen  Literatur  der  leteteten 
Biehtong  demjenigen  Znge  zu  begegnen,  der  Überhaupt  fUr  die  Geistes- 
wissens'chnften  in  der  Gegenwart  charakteristisch  ist:  dem  Zn<re  zur  psjcho- 
lopsdn  u  Vertiefnnij:,  zur  psyeholopischen  Fundierunff  der  objektiven  Er- 
scheinungüu  der  Kultur  uud  Gesellschaft.  Man  spürt  diesen  Zug  sofort, 
wenn  man  Ilten  Dantellangen  wie  die  von  Klemm,  Walta*GerUnd, 
Tylor,  Peaebel  mit  modernen  von  verwandtem  Inhalt  vergieiebt 

F8r  nnseren  Zweck  nennen  wir  von  diesen: 

Leo  Frobenius,  Aus  den  Flege^ahren  der  Mcuschheit.  Bilder  des  Lebens, 
Tretbeaa  nnd  Denkern  der  Wilden.  Hiimover,  Verlag  von  Oebifldef 
Jineoice.  1901.  416  S. 
,  Die  reifere  Menschheit.  Bilder  dea  Lebens,  Treibens  und  Denkena 
der  Halbkulturvtttker.  Hannover,  Verlag  von  Qebrttder  Jineeke. 
1902.  m  s. 

Gaatav  Schmoiler,  Gruudnb  der  ungemeinen  Volkswirtschaftslehre.  Erster 
grOGerer  Teil  (BegrifD-  Psjchologiaehe  nnd  aittUche  Gmndlage. 
Utentar  nnd  Xetliode.  Land,  Lente  md  Teebnik.  Die  geaeO* 
■ehaftliche  Verfassung  der  Volkswirtschaft.  Erste  bus  dritte  Auf- 
lage. Leipzig,  Veriag  von  Dnncker  nnd  finmblot  1900.  482  8. 

AzehiT  Ar  Pvekolofi*.  I.  Lit«ntar.  6 


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62 


Biforftto. 


Heinrich  Schortz,  Urgeschichte  der  Kultur.  Leipzig  and  Wien,  Biblio« 
gntphiscbes  Inf  ütat  IdOO.  658  S. 

B.  Garowitieli,  Die  Eatiricldiug  diu  meutchliehea  Bedttribiiw  mid  dk 
•oiiale  Olifldenuf  der  GeMDsoliaft  StMte-  und  M»ia]iHMeiiielui{t> 
liehe  Forschungea.  Hermcgegeben  von  GosUv  Schmollcr  Bd.  XDL 
Heft  4.  Verlag  von  Duraker  und  Hamblot  1901.  129  & 

Schmollers  Werk  namhaft  zu  machen,  gibt  uns  sowohl  seine  allgemeine 
Richtung  wie  ein  fpesleUer  Abechnitt  aetnee  lahaltee  AalaB.  Um  die  Eigen- 
art der  etiteree  wa  ettomeii  md  m  wfirdjgea,  braoebt  man  nielit  National* 
Itkenom  in  aein.  Von  dem  engen  Zusammenhang  dtt  wirtschaftlichen  Bl^ 

schoinnngen  mit  der  Qp*<aFnthcit  des  goßeltgchaft! ich -cpschichf liehen  Lebens 
ist  Schmoller  so  selir  Überzeugt,  «laß  er  es  für  der  erstereu  Verständnis  für 
nötig  hält,  vorher  Ton  einer  Anzahl  wichtiger  KnltorgUter  wie  Sitte,  Becht, 
Horal,  Familienleben,  Stidteweeen,  soilaler  OUedemng  n.  L  Weaen,  £nt- 
wifiUnng  und  beatigen  Stand  mebr  oder  weniger  anafllhilieb  an  erOrtan. 
Daa  virtaohaftliehe  Leben  wurzelt  eben  nicht  in  einer  spezifischen,  fiberall 
{bleichen  wirtschaftlicbPTi  \atiir  des  Mrn?rhpn .  f ondrrn  hängt  von  eeinor 
jcesainten  geif^ti^rpri  V*'rti.'«suü)<  ab,  die  für  den  Einzelnen  wieder  durch  das 
Milieu  aufs  stärkste  becintiußt  wird.  Ähnlich  leitet  SchmoUer  alle  knlturellen 
Erscheinungen  schließiicb  aus  psychischen  Ursachen,  aber  ateCa  anter  Berück- 
aicbtigung  der  gesamten  Yerhiltoiaae  ab.  Speaiell  kommt  Ar  den  Ethaker 
und  Sociologen  der  Abschnitt  Uber  Iforal  Sit ie  und  Recht  (in  der  »Einleitung«) 
in  Betracht.  Schmoller  sucht  hier  in  großen  rnirissen  die  Ursachen  für  die  Ent- 
wirklnnif  df's  sittlichen  Lebens  aufzudecken.  Er  betont  den  Einfluß  der  als 
Zusciiauer  urteilenden  Gruppe  auf  Denk-  und  Uaadluugsweise  des  Einzelnen, 
weist  auf  die  Bedeutung  der  objektiven  Faktoren  in  Gestalt  von  Sitte,  Kecht, 
moraliaehen  Maximen  and  rellgioaem  Geboten  hin  nnd  erüntert  an  einigen 
BeiqiieleB  ana  der  neueren  Zeit  die  Herausbildung  neuer  sittlicher  Anschauun- 
gen nnd  entsprechender  Hechtenormen.  Auch  die  Würdignng  des  Kampfes 
als  eines  wesentlichen  Bestaudteilei»  alles  menschlichen  Zusauimenseins  i^t 
beachtenswert  Gerade  weil  Schmollers  Darstellungsweise  durchaus  konkret 
nnd  historisch  ist,  kann  der  Theoretiker  doppelt  von  ihm  lernen. 

Das  Baeh  von  He  in  rieh  Seharta,  daa  in  popolirerFom  einen  Über- 
blick tfber  den  Kultnrschatz  der  tiefer  stehenden  Völker  gibt,  gttt  ebenfidla 
durchweg  auf  die  psychischen  Gnindlagen  ein.  So  fragt  es  nach  den  inneren 
Unterschieden  von  Natur-  und  Kulturvölkern  und  nach  den  Ursachen  wirt- 
schaftlicher Fortschritte  wie  nach  den  Wurzeln  von  Sitte,  Kecht.  Kunst, 
Mythus,  Religion  und  Sprache.  Seinen  Ausführungen  darüber  wird  man  in 
der  Hanptsaebe  ttbeiall  anstimmen  mllaaen  nnd  nor  bedanem,  da0  sie  en^ 
sprechend  dem  populären  Zwecke  des  Baches  sich  oft  mehr  in  Andentnngen 
als  Durchführungen  bewegen.  Zutreffend  ist  insbesondere  seine  Grand- 
anschaunng  von  dem  niedrigen  Niveau  des  menschlichen  Geistes,  in  den  ni»n 
nicht  zu  viel  hineinlegen  darf  und  dessen  Leistungen  man  ans  möglichst 
trivialen  Gründen  erklären  muß.  So  wird  die  Wurael  der  Sprache  in  einem 
aweekloeen  »GeseUschaft^^aseh«  gesnoht,  die  primitive  Knnst  in  FnnDele 
gesetzt  zum  Spiel,  der  Urapmng  d^  RechtM  in  der  Baehe  als  in  dner  bloßen 
aweeklosen  Reaktion  gefunden.  Ähnlich  werden  wirtschaftliche  Fortsoiaitle 
auf  Regungen  der  Eitelkeit,  auf  die  Freude  am  auszeichnenden  B^^sit?..  sowie 
anf  kultUche  Zwecke  zurUckgetUhrt;  bei  den  Mythen  wird  die  Bedeutung  nahe- 


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Referate. 


63 


liflgender  Asaloi^eii  ana  dem  täglichen  Leben  betont ;  und  hinsichtlieh  der 

uns  oft  80  sinnlos  erscheinenden  zauberhaften  Riten  der  Naturvölker  meint 
Schnrtz  «rewiß  mit  Recht,  man  miiSBe  in  ihnen  zunächst  blinde,  planlose 
Keaktionen  auf  erregende  änßere  Eindrücke  erblicken  hervorgegrangen 
aas  dem  bekannten  Verlangen,  ea  mttsBe  etwas  geschehen,  und  doch  für  das 
piimitiTe  BewvOtieia  «ia  UnNieheadM  BerahigiingsiiiittaL  Wie  duanf  daß 
dflr  bliiida  Trieb  allmählich  znm  planvollen  Handeln  wird  und  das  gansd  Leben 
stufenweise  von  der  Intelligenz  durchleuchtet  wird,  die  ganze  Entwicklung 
der  menschlichen  Kultur  beruht,  diesen  Gedanken  kann  man  wohl  als  den 
roten  Faden  des  ganzyu  Werkes  bezeichnen.  —  Ein  einzelnes  Problem  be- 
handelt in  scharfsinniger  Weise  das  kleine  Buch  von  Gurewitsch.  Diejenige 
Encbeimuig,  die  Wundt  ale  TeneUebmiff  der  HotiTe  b«micluet  hat,  eielie 
ee  heran ,  um  dee  wirtachaftliehen  Fortodiritt  begreiflich  zu  machen.  Wirt- 
schaftliche Neuerungen  wie  Ursprung  der  Bodenbestellung,  der  Viehzucht, 
der  Kleidung,  der  Obstkultur  usw.  knnnon  nicht  der  Kinnicht  in  ihrem  Nutzen 
entspringen,  weil  dieser  erst  aus  der  Betiitigung  selbst  erkannt  werden  kauu, 
und  weil  die  menschliche  Indolenz  zumal  auf  tieferen  Stufen  der  Nutzbar- 
aaehmig  einer  Mldieii  Eingeht  aieh  meistene  Undemd  in  den  Weg  etellen 
würde.  Es  entspringen  aotehe  Neuerungen  daher  nicht  sachHcliep,  aondem 
•oiialen  Motiven,  Regungen  der  iätelkeit,  dem  Streben  nach  auszeichnendem 
Besitze  sowie  zum  Teil  religiösen  Antrieben.  Der  Mechanismus,  durch  den 
man  die  Erscheinungen  der  Mode  seit  langer  Zeit  erklärt,  wird  hier  auf  das 
wirtschaftliche  Gebiet  Ubertragen.  Die  Gerechtigkeit  erfordert  übrigens  die 
Bemerkung,  daß  dieser  ganse  Gedanltengang  aebon  vor  fahren  ftr  das 
delle  Problem  der  Entstehnng  dwViehinebt  von  Eduard  Hahn  entwickelt 
ist*),  den  Garewitsch  auch  nicht  unerwähnt  läßt.  Des  letzteren  Arbeit, 
P'mo  volkswirtschaftliche  Studie,  die  vorzüglich  historisches  Material  benutzt, 
zfcugi  jedenfalls  in  erfreulicher  Weise  von  der  Einsicht  in  das  niedrige  Niveau 
der  menschlichen  Natur,  in  ihren  Mangel  an  Spontaneität  aul  theoretischem 
und  praktisehem  Gebiet^. 

Lassen  die  eben  besproebenen  drst  Werke  sich  für  nnsersn  Znssmmen- 
bang  dem  Begriff  einer  allgemeinen  Knltorlehre  subsumieren ,  so  kOnnen  wir 
die  beiden  Bücher  von  Leo  Frobenin?  nh  Beiträge  zu  einer  p8ychi«rhen 
Ethnolnirie  Ijcz*  ichnen.  Sie  wollen,  wie  schon  der  Titel  andeutet,  gf'^«.  iBse 
JaLultortypeu  ;odcr  größere  Gruppen  von  solchen)  charakterisieren;  und  zwar 
gesebielit  das  nidit  auf  dem  Wege  slner  direkten  Beschreibung  ihrer  psychi- 
eehen  Eigenart,  aondem  ▼ermittels  einer  Charakteristik  gewissw  Knttügtttert 
als  welche  Schmuck,  Wirtschaft,  Kultus,  Mythologie  und  besonders  das  Ver- 
hältnis 7nr  'T  icru-f^lt  bf^nutzt  werden.  Auf  allgemeine  Formeln  hat  der  Ver 
faascr  Beine  Krgttbuiaöe  uiclit  gebracht,  abgesehen  etwa  von  dem  letztgenanuten 
Gegenstande.  Aber  seine  Analysen  sind,  obwohl  die  Bücher  durchaus  nur 
nUiaeahalt  gebsltsn  sind,  fsinftldig  und  aengen  Ton  einem  inneren  Einleben 
und  NaehftUen,  einer  inneten  Hingsbe  an  die  Geisteswelt  dieser  Ifensehen. 
Für  seine  Anfikssong  beseichnend  sind  zwei  in  dem  einen  Vorwort  mitgeteilte 
Sprfiche,  deren  Inhalt,  wie  er  selbst  sagt,  sich  wie  eine  Art  roter  Faden  durch 


1)  Eduard  Hahn,  Die  Haustiere  und  ihre  Beziehungen  zur  Wirtschaft 
dee  Menschen.  Leipzig,  Doneker  and  Hnmblot.  1806. 

2)  Ansflihrlieher  hat  der  Beferent  das  Thann  des  Baches  erOitert  in  der 
»Zeitsehiift  fttr  Soiialwissensehaft«  YI,  161—174. 

6* 


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«4 


das  Ganxe  hindurchzieht:  »Lerne  andre  würdigen,  dann  wirst  du  dich  selbst 
sa  würdigen  lernen«.  Und:  »ISieh  nach  den  Schwächen  andrer,  dann  wir»; 
dm  lit  Mlbft  vfmeldeii«. 

Ein  wMflndifllMr  Geriehtopniikt  i&r  dM  Yentlndiiii  der  Eneheianag«! 
der  Kultar  ist  jedoch  in  den  genannten  Wttkea  durchweg  unbeachtet  geblieben : 
die  Tatsache  der  Wechselwirkungen  zwischen  den  Individuen  einer 
Gruppe.  Für  Hecht,  Sitte.  Moral  und  Reliffion  würde  er  wohl  besonders  nahe 
liegen  j  für  die  Religion  besonders  bei  den  Licstasen  der  Priester,  deren  Inhalt 
einendto  duieh  die  aUgeraeinen  Obeneugungen  der  Gruppe  beatinunt  wird, 
aadreneiti  auf  aie  eriudtend  ond  kiÜUgend  nuQck  wukt  Eine  Ananaline 
▼OB  dieier  Unterlassung  macht  nur  das  Buch  Schmoücrs  in  der  oben  an- 
gedeateten  Weisf  snwie  die  Arbeit  von  Curewitsch.  Von  ihnen  abgesehen 
kuan  man  din  ül  rigen  Bücher  daher  nicht  als  so ciol optisch  gehalten  be- 
zeichnen. Wir  haben  jedoch  unter  der  Kubrik  der  ISociologie  hier  einige 
andere  Aibeltaft  ansofllbren,  und  swar  eine  syttematische  und  drei  etbno- 
logiaehe  und  hietotsache,  nSiiilieli: 

Franklin  Ilonry  Giddings,  Inductive  Sociologic.  A  Syllabus  of  methods, 
iJialyBeB  and  elaseifieatioiia  aad  provisionally  fonunlated  kwa.  Htm 
Toilc,  The  Maemaian  Company.  1901.  302  p. 

Erneat Grawley,  The  mystic  rn^r    A  study ofprimitiTe  maniage.  London» 

Macmillan  and  Co.    1902.    492  p. 
Heinrich  Schurtz.  Altersklassen  und  Milnnerbünde.   Eine  Darstellung  der 

Grundformen  der  Gesellschaft.  Berlin,  Georg  Keimer.  1902.  4ö8S. 
Knrt  B r  e  y  B i  g,  loh  nnd  Welt  in  der  Geeebiehte.  Verülfentiieht  in  Sehmolle» 

JahrbUohem,  Bd.  96^  S.  1961—1438. 

Das  eynianiathwhe  Werit  von  Giddinge  bletrt  von  diesen  am  wenigaten 
origineBe  Oedanken.   Sein  Inhalt  wird  dnreh  den  erlüntemden  Znaatz  anf 

dem  Titelblatt  einigermaßen  angedeutet    Klassifikationen,  Snbanmtionen, 

Schemata  und  »vorl;iufig:ot  Gesetze  spielen  in  tlcr  Tat  eine  Hauptrolle  in 
ihm.  Von  dem  Prozess  der  Weckseiwirkung  ist  so  gut  wie  gar  nicht 
die  Bede,  selbst  nicht  bei  Gelegenheit  der  Nachahmung  und  Suggestion. 
Dagegen  bedeutet  das  Buch  von  Schnrta  ^  einen  genialen  Treffer,  tla.  Stoff, 
der  in  den  Beiaebeadireibnngen  eehon  hnndert&eh  behandelt,  in  den  Ond- 
bttchem  mit  wenigen  geringfligigen  Ausnahmen  bis  jetrt  ignoriert  ist,  ist  hier 
mit  glücklichem  Oriff  orfaßt,  systeniatiacli  verarbeitet  und  einigen  wichticjcn 
Gesichtspunkten  untergeonlnet  worden.  Die  Neigung  der  Männer  zum  kamerad- 
schat'tlicheu  ZusammenscLlulS  wird  liier  in  ihrer  sociologischen  Bedeutung 
gewürdigt  Derartige  Vereinigungen,  beaonderB  der  unveilieurateton  Männer, 
finden  wir  in  breiter  Anedehnnng  bei  den  MatnrvOlkem  nnd  ttber  ate  hfnaaa. 
8ie  erMheinen  wenigstena  bei  den  ersteren  —  und  anf  dieae  beschränkt  sich 
Schurtz  —  als  Hauptträger  der  öffentlichen  Interessen:  des  Kultus,  der 
politischen  Angelegenheiten  und  des  Krieges.  Auch  der  Erholung  ir«^W:ihreu 
sie  meist  einen  breiten  liaum  und  ziehen  dabei  nicht  selten  alle  Männer  oder 
den  gesamten  Stamm  in  ihren  Kreis.  Dabei  macht  sich  ein  doppelter  Anta> 
goniamna  bemerUleh.  Erstens  sind  solehe  Organisationen  mit  wenigen  nn> 
bedentenden  Ansnahmen  anf  die  Hlnner  beechrSnkt  nnd  bleiben  den  Franen 


1  Leider  sein  letztes!  Ein  vorzeitiger  Tod  hat  ihn  dor  Wissensohnft  ent- 
rissen, eben  nachdem  dieses  Werk  neue  große  Hoffnungen  erweckt  hatte. 


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Referate. 


65 


fremd,  die  statt  desaen  melir  in  der  Familie  aufgehen.  Wie  weit  die  letzteren 
allerdings  wohl  oh  in  H  -Jtp  Organisarinn  sich  zur  Arbeit  und  Erholung:  bei 
den  Naturv^nkem  vert  inigeu,  ist  freilich  noch  nicht  untersucht.  Zweitens 
Steht  das  Klubleben  in  Gegensatz  zum  Familienleben:  der  Bund  sucht  der 
Fftnilfo  die  MHimer  so  entsiehen  und  nmgelcelirt.  Daher  aueh  die  Umdie 
ftr  Entsteliaiig  imd  Entwiekhnijr  des  Stanunes  und  Staates  nicht  nn  FanuHen- 
leben  und  Familientrieb  gesucht  werden  kann.  Das  Schema:  Geschlechtstrieb 
—  Familientriob  —  allgemeiner  GesellHchafPstrie^  erweist  pirh  rxls  t  !ii  n^o 
gedankenlos  wie  manches  andere.  Stürame  unii  St  iati  n  -  utMLehea  vorzugs- 
weise durch  kriegerische  Unternehmungen  der  Bünde,  und  auch  wo  sie  auf 
die  Kraft  der  Sippe  eich  attttaeii,  beruht  deieii  Zugamweithalt  doch  wieder 
▼onUgllch  auf  dem  hameradachalUioheii  Geiat  ihrer  Mianer.  Ee  handelt  aleh 
hier,  meint  Schurtz  ^'owiß  mit  Recht,  um  eine  grandlegende  Verschiedenheit 
der  beiden  Goschlechter:  dnr  Korpsgeist  ist  in  dem  einen  stark,  hn  anderen 
schwach  entwickelt.  Zueinander  aber  stehen  beide  Geschlechter  nicht  nur 
im  Vürhältnis  der  Verschiedenheit,  sondern  auch  des  Gegensatzes,  der  Fremd- 
heit, ja  fiwt  d«r  Meidimif.  Du»  Natmen  abid  la  ungleich,  ab  da8  sie  aidt 
wirklich  verrtehen  nnd  anders  als  nnter  der  Wncht  der  Leidenschaft  oder 
dem  Druck  der  Verhältnisse  zueinander  hingezogen  fühlen  kannten*  Dieser 
letzte  Oedanke,  den  Schurtz  mehr  beiläufig  ausspricht,  bildet  einen  we»ent- 
lichen  Bestandteil  in  dem  Buche  Crawl eys,  um  dessenwillen  vorzüglich 
wir  es  hier  anführen.  Der  Autor  will  das  alte  Kätael  des  Ursprunges  der 
Ehe  nnd  FamiHe  und  des  Grandes  ihrer  mannigfachen  Formen  IQsen.  Er 
folgt  einer  heute  Terbreiteten  StrOnran^,  die  gewiss  mehr  als  eine  Modesadw 
Ist,  indem  er  die  Religion  zur  Hilfe  nimmt.  Beide  Geschlechter  seien  von 
Haus  aus  tnr  <  iniinder  tabu,  d.  h.  ihre  Berührung  verboten.  Nnr  bei  beson- 
deren Eatäiihnnn^smaßregeln  dUrfe  dieses  Tabn  umgangen  werden,  uud  solche 
BoUen  eben  die  Zeremonien  der  Eheschließung  bedeuten.  Die  Argumente, 
4ß»  Crawlej  ftr  diese  kühne  Hypothese  beibringt,  zeugen  wieder  einmal 
Ton  der  anßerord«itiichen  Bedentang  und  Bealifit,  die  auf  tieferen  Stufen 
so  hlBÜg  der  Geisterwelt  zokon^mt  Auch  diesem  Bnch  ist  }edenfirils  der 
Zag  7Tir  |i?vrholof^i8chen  Vertiofnnf^  elften. 

Kurt  iireysiga  Anfsatz  behandelt  daf?  frnindlegeude  sociologische  Ver- 
hältnis, dasjenige  des  Einzelnen  zur  Gruppe.  Es  bildet  eine  Art  Auszug  aus 
seiner  »Knlturgeschichte  dwKeaaelt«,  indem  es  dto  Anwmtdung  seines  soeio- 
logisehen  Grundgedankens  auf  den  gwamten  historischen  StolT  in  KUne 
vorführt.  In  systematischer  Form  hat  der  Verfasser  diesen  Grundgedanken 
bereit8  in  dem  einleitendem  Rande  seiner  Kulturgeschichte  entwickelt'  Oer 
3Ien8ch  steht  zu  seiner  Umgebung  entweder  im  Verhältnis  der  Hingabe  oder 
der  Selbstbehauptung;  er  ist  erfüllt  entweder  von  Gemeinschaftsdrang  oder 
von  Persünüchkeitsdrang.  Dieselben  Begriffe  kann  man  auch  anwenden,  da 
wo  es  sieh  nicht  um  eine  lebendige,  menschliche  Umgebung,  sondern  um 
das  Verhältnis  an  Konst  und  Wissenschaft  und  um  dasjenige  zur  Gottheit 
handelt.  Realismus  und  Idealismus,  be.'*chrclbendc  Wissenschaft  und  Be}?ritTs- 
wissenscbaft  entsprechen  bei  den  beiden  erstgenannten  Kulturgütern  beiden 

1)  Kurt  Breysig,  Knhnrgeschichto  der  Kenaelt.  Erster  Baad:  Auf- 
gaben nnd  Hafistitbe  einer  allgemeinen  Gesehichtssohreibnng.  (Ziele  der  For- 
schung. Umrisse  einer  historischen  Staats-  und  OeseUschsfts-i  Knnst-  und 
Wissensehaftslehre.)  Berlin,  Georg  BondL  1900. 


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66 


Begriffen.  Der  in  Hede  Bteheode  Aufsatz  versucht  nim  za  zeigen,  wie  iia 
geaohichtlicben  Leben  abwechaelnd  der  eine  und  der  andere  Trieb  den  Cha- 
rakter  &»  Zeit  MImmi,  wie  bdde  im  iBMuiigfadwM  Hodifikationen  imd 
Vqraeliilalningett  in  foi  tgeietitein  Bhythmoa  mitetnander  ahwgchjwiiL  üttwlo- 

Tiel  RichtiVkeit,  kann  natürlich  nur  der  Historiker  entscheiden.  Pflr  die  Socio 
logie  wie  fir  die  Kulturlehrc  aber  hält  der  Ref  rruf  nfimcntlich  die  sociologische 
Anffassnng  der  kUodtleriBchen  und  wi^censchattliehen  Tätigkeit  wie  dep  reli- 
giösen Lebens  fUr  einen  glttcldichen  und  anregenden  Gedanken;  and  vor- 
zflgUdi  die  AnfftngBBtadiMi  dieaer  Xidturgttter  bfli  den  ptinitfrä  YQIkeni 
Bekeinen  flun  den  Vertaer  Bedit  n  geben.  — 

Yon  kleineren. monographischen  Arbeiten  erwähnen  wir  mni^t 
einen  AufsatT  von  Richard  M.  Meyer  über  (Us  Wesen  (1er  Wette''.  Ans 
den  Eigentümlichkeiten,  durch  die  sich  diese  von  anderen  Arten  von  Kämpfen 
unterscheidet,  leitet  er  eine  Hypothese  Uber  ihren  Ursprung  ab:  »die  Wette, 
aebeint  mir,  ist  eine  Crfonn  dea  Kampfes  ans  einer  Zeit,  in  der  noch  die 
Anaehammg  herrschte,  daS  der  Kenseh  sich  selbst  gewissennaßen  in  nwbiere 
Weaen  zerspalten  kann,  und  ihre  Uranschanung  beruht  meiner  Heinnng  nach 
darauf,  daß  nach  der  primitiven  Idee  bei  der  Wette  [man  denke  zur  Ver- 
anschaulichung an  das  wesensvervsandte  Würfelspiel]  nicht  eigentlich  die 
beiden  Wettenden,  sondern  abgelöst  von  ihnen  ihre  Geisteskräfte  einen  Kampf 
miteinander  eingehen  ....  Läßt  sich  diese  Hypothese  halten,  so  sehen  wir 
hinein  in  <rfne  Zeit,  in  der  mytiiologiBebe  Anaehaonngen  noeb  daa  geaamte 
Leben  der  Volker  dnndidlingen.  Der  einzelne  Menst  h  fühlt  sich  als  eine 
Gesamtheit  von  Kräften  .  .  .  man  glaubte  zu  bestimmten  Zwecken  über  diesen 
innewohnenden  Diener,  den  Geist  oder  die  Beurteilongakiaft  wie  Uber  einem 
äkhiveu  oder  Lohnfechter  TerfUgen  zu  kdnnen.« 

Femer  mOge  dem  Beferenten  erianbt  leini  liier  awei  eigne  kldne  Arbei- 
tm  an  enriifanen*).  Se  behaadefai  ^e  Flage:  dwdi  wdeben  paycbiaeben 
Mechanismus  erhalten  sich  die  einmal  bestehenden  festen  Formen  der  Kultur  im 
Bereichf^  von  Sprache,  Sitte  Zeitauschauungen.  Berufst^itigkeit,  Religion  usw.? 

£iu  Aufsatz  von  Ludwig  Stein  erörtert  daa  Wesen  der  Autorität. 
Stein  unterscheidet  drei  Formen  der  Autorität,  die  sich  auf  die  Furcht,  den 
Glauben,  die  Einaleht  afidtMn;  aie  bedeuten  eine  Abstofung  sowohl  nach  deui 
Wert  wie  in  entwieUnngageaeUebtUeher  Hlnaiehfc  AntoritSt  flbeibaiiiit  iat 
unentbehrliche  Grundlage  jeder  Knltur.  Ja  ihre  ersten  Spuren  reichen  ina 
Tierreicli  liinab.  Die  Furcht  vor  sichtbaren  Gewalten  weicht  auf  höheren 
Stufen  derjenigen  vor  unsichtbaren;  diese  Form  der  Autorität  dominiert  in 
weiter  Ausdehnung  auf  mittleren  Kulturstufen;  selbst  bei  uns  hat  erst  die  große 
ftaaaOliaohe  Bevolution  an  ihre  Stelle  die  Autorität  aus  Einsicht  gesetzt  — 

Ethnographische  DarateUnngen  dgnen  aieh  natoigemiß  nor  in  Ananabine- 
fMOensnr  Anzeige  an  dieeerStelle.  Eine  denrUge  Ananahme  Akren  wir  Uer  aa: 

Sebüdemagen  der  Snaheli  von  Expeditionen  t.  Wiaaraanna,  Dr.  Bnmillera, 
Graf    OOtzcns  und  Andrer.  Aus  dem  Munde  von  SnaheUnegem 

gesammelt  und  übersetzt  von  Dr.  C.  Velten.  CMttingen,  Vandoi- 
hoeck  und  Eaprecht.  190L  306  S. 

Ij  Archiv  für  Kulturgeschichte.   Bd.  L  1903.  S.  1—17. 

2  Wundts  Studien.  Bd.  20.  S.  407— 4ö6:  »Die  Gründe  für  die  Erhaltung 
der  Kultur«.  Vierteljahresschrift  für  wisaenschaftliche  Philosophie  und  Socio- 
logie.  Bd.  26.  S.  20b-220:  >Die  Selbsterhaltung  der  religiösen  Systeme«. 


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B0fiBniit6< 


67 


Sowie  man  jetzt  anlangt,  musikaliache  T.eiRtimgen  der  Naturvölker  in  den 
Phonographen  eiazuCangea  oder  sich  Zeichnungen  von  ihnen  inB  Notizbach 
eintragen  za  lusen,  so  sind  hier  Berichte  einzelner  Individnen  Wiä  ihnea 
wiedoigQgebeiL  Die  YarwaadtMliift  mit  dar  Idndlielimi  DantonmigtwciM 
und  der  epischen  Botenmsnier  fällt  auf  den  ersten  Blick  ins  Ange.  Die 
Schilderung  reiht  chronikartig  alle  Einzelheiten  aneinander,  häufig  jedoch 
ohne  PräziFiion  vrnni^Bcn  m  lassen;  sie  ist  durchaus  anschaulich  und  konkret 
und  bevorzugt  überall  die  direkte  Rede.  Auch  wo  es  sich  nicht  um  Ereig- 
niflse,  sondern  um  Zustände  wie  Sitten,  Biten  usw.  handelt,  ist  die  Pant^nag 
Utr  lud  «iaIiMli.  Leider  orlUureii  vir  us  demYorwort  nlelrt,  ob  die  Wieder- 
gabe mm  Zweeke  derHIedenehrllt  wirUieli  gans  mibeeinfliiSt  gebHeben  ist 


Die  nenerai  Srfabnuigen  über  die  SpraehstSriiBgeB 

des  Killdesalters. 
Beferat  Uber  di«  Jahre  ISOB^im 
Von  Dr.  Hermann  Gntimann  (Berlin). 

In  einem  vorhergegangenen  Referate  haben  wir  eine  knne  Dantellnng 
sn  geben  uns  bemüht  Uber  die  EriUimngen,  die  aleb  anf  die  spracUiehe  Eni» 

Wicklung  der  Kinder  beziehen,  und  zwar  besonders  auf  die  erste  Entwicklung. 
Im  Anachluß  daran  sind  gerade  die  aneh  physiologifich  auftretenden  Hem- 
mungen der  sprachlichen  Entwicklung  der  Kinder  in  neuerer  Zeit  wieder 
mehrfach  Gegenstand  der  Untersuchung  gewesen,  du  hat  auch  Meumann 
auf  dieae  pbyaioloi^ehen  Hemmangaeraebelnnngen  aein  Augenmerk  gelenltt. 
Ontamann  bat  in  der  bereita  firtiher  eltierten  Arbeit  die  geaamten  Yor- 
lumimenden  Hemmungen  der  Sptaehentwieldang  dnantellen  versucht  So 
spricht  er  zunSchst  von  Hemmungen  der  |>er!p)ior-irnpre«siven  Wej^e  der 
Sprache.  Handelt  cb  »ich  um  ein  schwerhöriges  oder  taulK  u  Kiud,  »u  bleibt 
zwar  die  Schreiperiode  des  Kindea  die  gleiche,  wohl  aber  macht  sieh  bereits 
bei  der  sweiten,  der  liallperlod^  ein  deotüeher  Unteraebled  geltend,  da  die 
Lnat,  die  daa  normale  Kind  an  dem  Lallen  empfindet,  aieh  bei  dem  taaiben 
mir  anf  die  Bewegungs-  und  BerHlimngafefHble  beschränkt.  Es  gibt  aller- 
dings taubgeborene  Kinder,  die  snt^ar  zur  dritten  Periode  der  Sprnrhent- 
wicklung,  bis  zum  Kat  luihmen.  gelangen,  aber  diese  i'äUe  sind  sehr  selten  und 
beschränken  sich  dann  nur  auf  diejenigen  Laute,  die  auch  gut  mit  dem  Auge 
erfliOt  werden  kennen,  ao  daß  Lantfolgen  wie  Papa,  Kama,  Ball,  wan-wan 
trota  angeborener  abaoloter  Taobbeit  apontan  nnd  nacbgeaprocben  werden. 
£e  zeigt  sich  also,  wie  hier  Ange  und  GeHlhl  kompensatorisch  fUr  das  nicht- 
vorhandene  Gehör  eintreten.  Fehlt  der  zweite  periphor-iniprep^ive  Weg,  das 
Auge,  so  ist  ebenfalb  die  sprachliche  Entwicklung  etwas  gehemmt,  wenn 
Mich  nicht  wesentlich,  da  immerhin  das  Gehür  der  hauptsächlichste  impressive 
Weg  der  Spradie  iat  Sind  aber  beide  Spraohbahnen  geatOrt,  handelt  ea  rieb 
aiao  nm  tanbatonun^blinde  Kinder,  ao  Iat  eine  ^»raohliehe  EntwieUvng  anf 
gewöhnlichem  Wege  jedmifallB  von  vornherein  unmöglich ,  und  es  kann  nur 
zur  Lallperiode  kommen  DnB  aber  mit  dem  noch  übrigbleibenden  Geftihls- 
wege  selbst  unter  diesen  schwierigen  VerhültnisBen  noch  Sprache  vollkommen 


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68 


an%ebant  werden  kanu,  ja  daß  h(>chBte  intellektuelle  Leistnnjsren  verknüpft 
worden  küonen ,  beweist  die  bekünnte  Geschichte  der  taubätunmi  -  bÜBdeo 
Laura  Btidgtmtkm  ud  ia  nment  Zeit  Huer  LeidoBagefIfaithi  Hallaa 
KtlUt*  Ein  hieriieigdilltiger  Fall  toü  TnüMtnuai-BlindlMit,  dar  teeh 
Biemann  veröfliBiitliclift  worden  itA,  wild  welter  mtea  aoeliaMfllliilifliieEr- 
wihnimg  finden 

Weit  zahlreicher  als  die  Ilenimuagen  der  p«;riphef  impressiven  Wege 
siud  die  Uemmuiigeu  der  zeatralen  Praz.ee6e.  Besonders  ist  die  mangelnde 
AnlbeiluiiDkeit  dae  idir  weaenfllohe  Stitrang,  da  uaD&Mifcnm^  taklit 
ableekbaie  Kinder  aar  eehnrer  ni  dem  aar  EatiHeUaag  dnidiaaa  aol- 
wendigen Beobachten  nnd  Horchen  gelangen.  Sehr  oatllilEcli  erscheint 
diese  Hemmung  bei  angeborenen  intellektuellen  Psychosen,  9o  bei  der 
Idiotie,  dem  Kretinisiuus  und  bei  den  zahlreichen  Formen  der  pßycbo- 
pathiflchen  Minderwertigkeiten.  Recht  selten  kommt  es  vor,  daß  das 
•eniorieolie  spradiaentram  irots  guten  Gehört  aieht  aur  Ent- 
wieklaag  gelangt  Derartige  Fllle  sind  von  Sehwendt  miigeteUt  worden. 
Dieselben  sind  aber  außerordentlich  selten,  wenn  man  sie  vergleicht  mit  den 
zahlreii-hen  Füllen,  in  denen  au  h  dn«'  rtkuiti^chp  Zentrum  der  Sprache  sehr 
gut  entwirk'Mt  ist.  wo  C8  aber  trotzdem  uicbt  zur  Entwicklung  des  motorischen 
Teiles  kommt.  Das  ist  die  große  Zahl  aller  der  Falle,  die  wir  als  Hör- 
stummheit, Andi-mntitas,  1>eaeiehnen.  Gntamann  ist  der  Meimmg, 
da6  in  dm  meliten  dieser  Fille  psyehisehe  HemmvagMi  an  Qnuide  liegen, 
da  i^elir  häufig  sich  bei  genauerem  Nachforschen  heraoaatellt,  daO  daa  Kind 
in  frühester  Zeit  nachzusprechen  vcr«ucht.  diesen  Versuch  aber  aufgegeben 
hat  r):iB  Kind  fllhle  offenbar,  daß  sein  Nachsprechen  nicht  die  Vollendun^r 
•des  Vorbildes  erreiche,  es  stelle  sich  demnach  ein  UnlustgefUhl  ein,  und  das 
Kind  gebe  den  Yenmiih,  nachdem  ea  Um  mehrere  Male  vergebena  wiederiiolt 
habe,  aaf.  Anf  demselben  Standpunkt  scheint  aneh  Henmann  an  atehea, 
da  er  mehrere  Fälle  von  Hörstummheit  so  deutet,  daß  Gerntttsanomaliett  es 
sind,  die  die  Kinder  am  Sprechen  verhindern.  Daß  gemütliche  Vertimmungen 
beeondeiB  dann  bei  Kindern  völlige  Sprachlosigkeit  hervorrufen  können  ^venn 
das  Kind  sich  eines  Sprachfehlers  in  unangenehmer  Weise  bewußt  wird,  da- 
lllr  flfart  Gntamann  mehrere  FXUe  an. 

Aach  von  der  Peripherie  ans  können  solohe  psydiischen  Hemmongen 
ansgelOst  werden,  wie  das  gar  nicht  so  selten  bei  angeborenen  Ganmen* 
spalten  der  Fall  int.  Auch  ITemmungen  von  Seiten  des  Rachens  nnd  der 
oberen  Luftwejre  sind  im  stände,  die  Entwicklung  der  Sprache  bei  Kindern 
wesentlich  zu  verzügern,  ja  auch  unmöglich  zu  machen.  Besonders  spielen 
die  adenoiden  Vegetationen,  die  Vergrößerungen  der  Rachenmandeln,  hier 
eine  gfofie  Bolle,  nnd  yieneicht  darf  diese  Henminng  ab  eine  aaatondseh- 
zentrale  angesproehen  werden,  da  die  Lymphbahnen  des  Rachens  nnd  dw 
Oehirnbasi.s  in  engem  Zusammenhange  miteinander  stehen.  Schließlich  sei 
noch  erwähnt,  daß  Qntzmann  aneh  ein  Beispiel  dafür  anMirt,  daß  peri- 
phere Darmreizc  Stummheit  hervorrufen  können.  Ks  muß  hervor- 
gehoben werden,  daß  er  dabei  nur  die  Reihe  der  in  der  Literatur  diesbezUg- 
lieh  bereits  vorhandenen  Mitteilnngen  vermehrt,  nieht  aber  etwas  nenes  ge- 
sagt bat 

Dagegen  ist  es  doch  wohl  von  Bedeutung,  immer  wieder  hervonnheben. 

daß  die  gleiche!}  T'rsachen,  die  in  den  eben  geschilderten 
Fällen  Lähmuugserscheinangen,    das    heißt  Sprachlosigkeit 


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lieferate. 


09 


hervorgerafen  haben,  ancb  zu  den  schwersten  spastischen  Er- 
flchciunngen  Veranlapfung  g:eben  kfinticn.  Das  bekannte  und  ancb 
von  Meuiuann  hen-orgehobene  Mißverhältnis,  da«  bei  allen  Kmdern  zwischen 
PeneptiouBzeatrum  und  dem  motorischen  in  der  Sprachentwicklong  besteht, 
inioftfB,  als  daa  entere  bei  wdtem  in  seiiier  Anabfldmig  dem  letzteren 
▼onneOt,  bedeutet  an  tkth  weSum  einen  Beb»  der  tutfeer  der  oben  angedeatvten 
gemütlichen  Verstimmung  zur  Sprachlosigkeit,  in  anderen  Fällen  wieder 
'  zu  spastischen  Erscheinnnp-en  der  Spra<^he.  znm  Stottern  f^ihren  kann. 
Von  wie  ungeheurem  (iewicht  die  sthr  starke  Nachahinuii^öfähigkeit 
der  Kinder  hierbei  ist,  das  ist  so  allgemein  bekannt,  daß  besondere  Bei- 
spiele dallir  alebt  aagefUirt  sn  werden  bnmehen.  Weniger  bekannt  iat  da- 
gegen eine  Biaebeinnng,  die  Gntsmann  ebenMa  henroxbebt  nnd  die  er 
als  eine  partielle  Hemmung  der  Spracbe  betrachtet,  nämlieb  frei- 
williges FlUstern.  Von  dieser  Erscheinung  sind  mrlirt^ro  Frille  von  ihm 
beobachtet  worden.  Einer  war  ganz  besonders  wichtig  und  intercßsant, 
weil  das  freiwillige  FlUstern  sich  bis  zum  Mannesalter  erhalten 
batte.  Ha  bändelte  aldi  nm  einen  Soldaten  «inea  der  Berilner  Garde- 
regimenter,  der  anOer  stände  war,  andere  ala  flfistemd  m  spreeben.  Aneh 
beim  Flüstern  aber  zeigte  sich  noch  ein  deutliches  Hängenbleiben  im  Sprechen^ 
nlun  Stottern.  Pa  der  Verdacht  der  Simulation  sehr  nahe  lag,  wurde  an  die 
Schulbehürde  geschrieben  und  dort  durch  sorgfältige  Umfrage  festgestellt, 
daß  der  Betreffende  von  Jugend  auf  nur  flUsternd  habe 
spreeben  kttnnen.  Ontamann  eiklXrt  diese  ErMbeinnng  so,  da0  das 
Kind  saflOlig  anf  die  Erfthrong  geetofien  war,  daß  ea  fllistenid  obne  starkes 
Stottern  zu  sprechen  im  stände  war,  eine  Tatsaebe,  die  bei  sehr  vielen 
Stotterern  konst.itiert  werden  kann,  und  driß  es  nun  diefie  F,rf;i1iruog  be- 
liutzte,  um  sich  tiieüeuder  verstHndHch  zu  machen.  Daraus  wurde  eine  Ge- 
wohnheit und  ein  freiwilligea  koutiuuierliches  Flüstüm  trat  an  Steile  der 
lauten  stottem^n  Spraehe.  Da  infolge  der  langen  Untätigkeit  der  SÜrnni- 
bMnder  sieb  den^ebe  Atrophie  dersdben  seigte,  so  trat  erst  naeb  Ulngerer 
Übung  wieder  die  laute  Sprache  bei  dem  Sljllirigett  jungen  Hanne  ein. 
Psychologisch  ist  dieser  Fall  insofern  interessant,  weil  er  zeigt,  daß  r  ino 
zufällige  Erfahrung  desKi?ides,  die  ihm  den  s  j)  r  a  c  hl  i  c  Ii  en  \  o  r- 
gang  erleichtert,  zu  partieller  Spracbhemmung  führen  kann. 
Ebenso  sind  natOrlich  anch  fehlerbafte  spraebliebe  Yorbflder 
sebwers  Spiaebhemmnugen,  nnd  es  naß  mit  Fe  ebner  nicht  blofi  ausiriMa- 
gogisoben,  sondern  auch  aus  psychologischen  Grtinden  dagegen  protestiert 
werden,  wenn  in  einem  bekannten  Kinderbilderbuch  Richard  Debmel 
Kinderltedcben  in  der  et&muielnden  Sprache  der  Kinder  darljietet. 

Andere  zentrale  Hemmungen  zeigen  sich  in  der  gar  nicht  so  selten  zu 
beobachtenden  Unlust  der  Kinder  an  Bewegungen  überhaupt  nnd 
•an  der  epraebHcben  Bewegung  im  spesiellen.  Eine  solche  Unlust  kann  nur 
mit  Benutzung  der  optischen  und  taktilen  Babnen  der  Sprache  und  möglichst 
spielend  Uberwundon  werden;  denn  jedos  S3'stematische  Verfahren  bereitet 
dem  Kinde  Unlust  und  verstärkt  den  Widerwillen  gegen  die  Bewegung,  das 
Spiel  aber  bewirkt  das  Gegenteil  und  das  Kind  fängt  bei  richtigem  Ver- 
üahren  bald  an,  auf  die  Bemühungen  zu  realeren  nnd  größeres  Vergnügen 
an  sprachlicher  Bewegung  zu  empfinden. 

Die  dritte  Gruppe  der  Hemmungen  würde  in  den  peripher-imprea- 
siTon  Wegen  der  Sprache  au  suchen  sein,  wobei  nur  kurz  bemerkt  werden 


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70 


mag,  d&O  in  (ier  '/Ain^c-  ciue  derartige  Uemuiung  höchst  »elten  gesucht  werdra 
duf,  wühl  aber  m  den  Nasen-  und  Rachenwegea. 

SlBlIIohe  hier  knn  nbipitidierte  Hemnwngen  der  SpfadieatwIeUiiiig 
kOraen  natorgemifi  Ungere  Zeit  Itlsdoreh  beeteke»  blatben  nnd  sind  daaii 

Sprachfehler,  sie  kdnnes  aber  ench  ganz  kun  nnd  vorüberg^end  auftanchee 
nnd  lAgen  sich  dann  nnr  als  Eigentümlichkeiten  der  Sprachentwicklung, 
die  wohl  bisher  noch  von  keinetQ  der  Psychologen,  die  sich  mit  der  sprach- 
lichen Entwicklung  der  Kinder  betaüt  haben,  vermißt  worden  sind.  Schon 
Preyer  bette  in  eeinem  bdcemteB  Weike  tob  der  Seele  dee  Kindee  die 
IbnUebkeiteii  zwiechen  dieeen  Enebeiiniiigeii  der  SpnohentwkUnikg  nnd 
den  SiNAchfehleni  der  Erwachsenen  klar  «keaiit  und  in  Parallelismus  ge- 
setst,  und  sie  drKnjfen  «ich  dem  Beobachter  so  imwillkürlich  anf  daß  der  Ant 
natnrgemäG  in  diesen  Erscheinungen  den  deutlichen  Hinweis  auf  eine  reLcl 
rechte  und  zweckentsprechende  Prophylaxe  gegen  die  meisten  der  kmdiichea 
Spnehfidder  eiblieken  wird.  In  dieeem  Sinne  eind  fle  AibeÜen  von  Oedt* 
fring,  von  Albert  Ontsmnnn,  von  Freniel  enob  vom  p^eholo^Msben 
Stwulpankt  aus  wobl  en  wlirffigettt  da  geeignete  enIeUidie  Maßnahmen 
solche  Abwcicbnn^n  von  der  normalen  Krifwifkluno:  wohl  re^^htrciti?  tq 
verhindern  im  j^rande  sind.  Ganz  besonders  darf  niemal.-*  uuImt  acht  geia»öca 
weiden,  daß  langer  bestehende  Sprachhemmungen  selbst  bei  sonst  guten  An- 
le^  die  spätere  geistige  Entwieklnng  der  Kinder  weeentUeb  etOien. 

Letileree  gebt  beiondeni  bervor  nne  den  Stntietiken,  die  Uber  die 
Verbreitung  der  SprncbitOrnngen  unter  den  Kindern  in  neuerer  Zeit 
anf?cnnn!!nen  und  sorgsamer  bearbeitet  worden  sind.  So  hat  W  e  s  t  c  r  a  a rd 
genau i  r(  [Jntersuchungeu  über  die  dänischen  Schulkinder  angesttUt,  ul^- 
ges&mt  b4  000  Kinder.  Unter  ihnen  fand  er  den  ersclireckenden  Prozeut^ati 
von  8,2  mit  SpmebetOrungen  bebnAeter  Kinder  (2,5  o/o  Knaben,  1,9  o/o  Hädchenj. 
Der  kleine  Unteredded  twiaeben  Knnben  nnd  Mideben,  der  eldi  auf  die  ge- 
samte ZabI  der  Spn^feider  bezieht,  ändert  rieb  eibeblich  zu  Gunsten  der 
Mädchen,  wenn  man  die  8panti!»o)icTi  Störungen,  besondere  dns  Stottcni,  in 
Betracht  zieht.  Auf  16ö  stotternde  Knaben  kamen  nur  42  btott«  rude  Mäd- 
chen; es  stotterten  aho  viermal  soviel  Knaben  wie  Mädchen,  lu  früheren 
Statiatikett  war  daa  Verbiltnis,  allerdings  bei  einer  viel  giOfieten  AnnU 
Ton  Kindemt  1 :  3^ 

Von  besonderem  pi^cbologischen  Literesse  wird  nun  die  West  er  ga  ard- 
sehe St-Tfi^tik  dadurch,  daß  er  »ein  An^'cnniprk  flnrnnf  rrnrirhtet  hat,  inwieweit 
die  Kinder  infolge  ihres  S^i  r-i«  ii  i  c  i  ri  i  us  in  ihrer  intellektuellen 
Aasbildung  gehindert  wurden.  £s  gibt  allerdings  eine  Menge  Kinder, 
die  trots  des  SpraohMdeni  aebr  gnt  in  der  Sehnle  Tonrirta  koounen.  Wenn 
man  aber  die  Oeeamtatblen  betnchtet  nnd  die  Aneahl  der  Kinder  in  einer 
Klasse  auf  ICD  vermehrt,  so  findet  man  folgende  Klassenplätze:  für  Kinder 
mit  Stottern  Platz  55,  fllr  Kinder  mit  Näseln  Platz  60,  für  Kinder  mit 
Stammeln  Platz  07  und  tiir  Kinder  mit  Lispeln  Platz  61.  Es  sind  dem* 
nach  sämtliche  Kinder  im  Durchschnitt  in  der  unteren  Hälfte  der  Klasse. 

Daß  bei  aebwaehainnigen  Kindern  dieZalilen  der  eprachgeetOxtea 
•w«xk  bOber  aind,  neigt  aieb  anfier  ana  weiter  unten  noeh  aomlllbrendett 
etatistischen Edielningen  nnch  aus  den  von  Westergaard  für  die  Keller- 
schen  Abnormen-Anstalten  (Schulen  und  Erziehungsanstalten  für  prhwaoh- 
sinnige  Kinder)  mitgeteilten  Zahlm  Ks  litten  nämlich  von  den  2oü  hrli^h m 
nicht  weniger  als  125,  72  Knai>cu  und  58  Mädchen,  an  öprechleiden,  wovon  6 


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Bafente. 


71 


mit  2  Sprachfehlern:  ^anz  beBonders  häufig  war  unter  dieaon 
8  c  hwach  s  in  n  i  e  u  Kindern  das  Stammeln,  das  in  nicht  wenij^er  als 
106  Fällen  aultrat.  In  aoafülirlicher  Weiäe  int  aut  diese  Dinge  aucii  aui- 
merknm  gonadift  wofden  in  dar  OUdnug  d«r  seliiraolMiiuiigeii  Kinder,  die 
▼om  stsÜBtiMhen  Bnrean  des  eidgenfisaieohen  DepArtementi  des  Innem 
(Bern  1897)  herauBg^ben  wurde. 

Speziell  auf  das  Stottern  beziehen  sich  die  Tlnterstichunpen  von  Lind- 
berg, ebenfalls  an  dänischen  Kindern  angestellt,  der  auch  seine  Aulinerk- 
samkeit  auf  die  Grade  des  AuffassuugBvcrmügeoB  der  Btottemden  Schul- 
kinder geienict  hat  Die  von  fiun  mitgeteilte,  auf  die  Untenadiung  von 
211 677  Schulkindern  besQ^ohe  Tabelle  darf,  da  die  Untersaehongen  in 
Dänemark  sieh  wegen  der  Kleinheit  des  Landes  sehr  leicht  einheitlich  ge- 
stalten lassen,  wohl  bovIcI  Anspruch  auf  Berticksiolitigang  erheben,  daß  äe 
hier  in  dem  Keferate  wiedergaben  sein  mag. 


Die  Grado  des  Auffaaaungsvormögens 


Alter 


pering 


mittel 


gut 


Summa: 


IMe  Orade  der  SprachatSnmg 


b£ 

.5 


d 

3 


'  tL 


1 


6-8 

25 

26 

12 

147 

122 

20 

29g 

46 

19 

9-lll 

85 

73 

33 

191345 

191 

43 

679 

82 

27 

18->14 

53 

41 

20 

114  201 

138 

42 

381 

4§ 

55 

Zu.:  jl68!l4ü|  (>ü  3(>8|()93'4Ö1;1U  |l26e||l69|l01 


1     I     I  i 


1     I     I  II 


a 


11 

21 


62 


73 

vi 

75 
130 

87' 


t3 
S 

I  .A 


217 


167 


512|291 

296  204 

I 


49 
97 

82 


438 


in 

TS 

^  a 

es  ;ä 

4^  I-, 


68992 
90062 
62663 


292jl025 


662 


228  1915  211 677 
i  Ii 


EndUeii  hat  Arthur  von  Sarbö  Im  Anfinge  dee  kOnigUeh  nngarisdien 
Wniiierinin  für  Koltoe  und  Unterrieht  eine  eehr  aofgflUtige  ond  aaeftthriiehe 

Statistik  der  an  Sprachstörungen  leidenden  Seholkinder  Ungarns  auf  Grund 
der  im  Jahre  189*'  rinj^elangten  Fragebogen  ausgearbeitet  Die  Gesanitzahl 
der  Schulkinder  betrug-  231468,  unter  denen  nicht  weniger  als  3,6  au 
Sprachstörungen  iitteu.  Auch  hier  zeigt  »ich  das  Verhältnis  zwischen  Kna- 
ben ond  Müdehen  so,  daß  72,6  Knaben  27,4  X  stotternde  Uidehen  gegen- 
Itberatehen. .  Aneh  A.  von  Sarbd  lenkt  die  Anfinerkaamk^  anf  den  eehr 
wichtigen  Punkt,  daß  eine  große  Zahl  von  den  an  Sprachstörungen 
Leidenden,  nämlich  23  Xi  in  ihrer  geistigen  Entwicklung  lu* 
rückgeblieben  sind. 

Gehen  wir  nunmehr  zur  Besprechung  derjenigen  Arbeiten  über,  die  sich 
auf  einieine  SpraohstOrongai  besidien,  so  muß  .von  vornherein  bemerkt 
werden,  daß  aneh  hier  nnr  diejenigen  Arbeiten  besondere  Erwihnung  er- 
fahren sollen,  die  Irgend  eine  Verwertung  für  die  Psychologie 
der  Sprache  haben  können  Wir  werden  unß  hier  bezüglich  der  Ein- 
teilung dieser  Arbeiten  an  die  naturgemäß  gegebene  Einteilung  in  peripher» 


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72 


Referate. 


fmproppivp  '/f ntralp  nnd  ppnphor-f^xpro^f'ivp  FIprachstöruuffPTi  halten  nnd  71m 
ijchiiib  die  Ktnht'  derjeiijf^tm  ArLfiri  ii  befiprecilcn,  die  sich  spezieller  inif  (l  'n 
Spraclistörungeu  bei  geistig  zuruci^gcbliebeneu  uud  schwachBiunigen  iuuderu 
befimen. 

Bei  der  Tenbetnmmheit  hat  mui  in  neuerer  Zolt  aeine  Anfioeikaani- 

keit  besonders  aaf  die  he!  von  Geburt  an  taubstummen  Kindern  noch  vor- 
handenen Hörreste  gelenkt,  und  ganz  l^o^onders  die  Untersuchungen  von 
Bezold  sind  es,  die  in  sehr  sorgtliltii^rr  ^\  eise  diese  Ilürrr-ite  refistriert 
haben.  Besold  hat  die  Untersuchuugua  mit  der  von  Edeimaua  kon* 
atnderton  kontinoiefliehai  Tonreihe  aoageftthrt  and  ünd^  daß  von  166  onter- 
eaditen  HOrarganen  nnr  48  total  tanl>  wann  nnd  von  diesen  wiedenm  nor 
15  IndivMnen  von  79  beiderseits  Tollatlindig  taub.  Dagegen  zeigte  sieh, 
daß  eine  große  Anzahl  von  Taubstummen  ein  me^ir  oder  weniger  umfau«r- 
reiches  Stllck  der  Tonskaln  «rut  und  lange  hfJrtc  nn  l  daß  die  Grenzen,  bei 
denen  die  üürbarkeit  uulhürte,  huuüg  recht  Bcixarl  waren.  Sehr  ut't  tandea 
eich  aneli  partielle  Defekte.  Manchmal  fiel  die  obere,  manchmal  die 
untere  Tragrenie  fort,  ea  bUeben  efamelne  oder  mdirere  Lflcken  oder  »Inaehi«, 
wie  Bezold  sie  nennt,  übrig,  ßezold  stellte  auch  fest,  daß  die  Sprache 
auch  dnnn  rinch  v(>rstmiflf>n  werden  kann,  wenn  die  Töne  b*  bis  g*  der  Ton- 
skala gut  gehürt  werden,  ine  Sprache  wird  desto  besser  gehört,  je  länger 
die  Stimmgabeltone  iunerhaib  dieses  Tonbezirkcs  pempiert  werden  können. 
Nach  Besolde  Meinung  soll  bei  allen  dei^enigen  Tanbstonmien,  welche  den 
Tonbereich  von  b^  bis  hOten  ond  die  Stimmgabeltane  linger  als  6  Sekunden 
hOren,  der  Unterricht  unter  Zuhilfenahme  des  Gehörs  erteilt  werden.  Etwas 
anders  sind  die  Erg**fitii''He  von  Hartrnann,  der  feststellte,  daß  mehr  als 
die  üäH'te  sämtlicher  laubstummer  voll«t:iTi(liir  jr^hörlos  war  iG0,2  ^  ,  daß 
der  vierte  Teil  Sehaligehör  Uberhaupt,  numiich  24,2  >  besaß,  daß  11,4  X 
Vokide,  4,3  X  Worte  horten.  Auch  zeigte  sich  bei  seinen  Untetsachungen, 
daß  die  Venchiedenheit  des  HdrvermOgens  bd  den  Taabgeborenen  und 
denen  mit  erworbener  Taubheit  hauptsäddieh  darin  bestandt  daß  bei  letz- 
teren die  Zahl  der  vollständig  Gehöriosen  eine  weit  größere  war  (nimlich 
6Ö,4       alü  bei  den  ersteren  (42,2 

Während  Bezold  iu  ganz  exakter  und  vorsichtiger  Weise  bei  seinen 
Untersnchungen  vorging  und  vor  sUen  I>ingen  ffie  Heinnng  aneh  Tectritt» 
daß  da,  wo  kein  Gehör  vorhanden  ist,  aneh  niemals  durch  Obnng 
Gehör  geweckt  werden  kann,  hat  Urbantschitsch  die  Behauptung 
aufgestellt ,  daß  durch  Bysteniatische  Übungen  auch  das  Perzeptionsverrnngen 
•fllr  Töne  geweckt  werden  kann,  die  früher  nicht  gehört  wurden.  In  dem 
Sinne  der  Bezoldschcn  Untersuchungen  bewegen  sich  die  sehr  sorgfältigea 
Untersnchungen  von  Sehwendt  sowie  die  von  Passow. 

Die  Frage,  ob  durch  Übung  eine  Stelgerung  des  HOrver- 
mögons  der  TaubstuuMuen  herbeigeführt  werden  kann,  hat  natür* 
lieh  auch  psychologische  Bedeutung,  und  es  ist  in  dieser  Beziehung 
ganz  besonders  lehrreich,  auf  eine  Arbeit  näher  einzugehen,  die  von  Neuert 
in  höchst  daukensHerter  Weise  angefertigt  worden  ist,  der  versucht  hat, 
durch  genaue  Aufzeichnungen  Uber  HOrfShigkeit  nnd  Abseh* 
fertigkeit  einiger  Kinder  der  Taubstummenanstalt  in  Ger- 
lach sheim  festzustellen,  welchen  Wert  die  HörUbungen  Uberhaupt  b^tees. 
Er  benutzte  dazu  a.  dem  Kinde  bekannte  Wörter,  b.  dem  Kinde  bekannte 
Zusammenseteungen,  c.  dem  Kinde  in  den  Teilen,  doch  nicht  im  ganzen 


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Beferste. 


78 


Worte  bektiTinte  ZüsammenBetzungen ,  d.  dem  Kinde  bekannte  ähnlich  lau- 
tende Würter,  e.  dem  Kinde  bis  jetzt  nicht  bekannte  Wörter,  ferner  A.  unter 
sieb  zusammenhängende  bekannte  Sätze,  B.  Sätze  ohne  direkten  Zusammen- 
hang iund  endliob  C.  leiolile  UmgangsformeiL  Die  Besnlttte  in  Bezog  auf 
die  Hürfähigkeit  wurden  an  6  Kindern  geprOft,  von  denen  S  Wortgehür 
1  Vokal-  bia  Wortgehür  hatte  nnd  1  ganz  taub  war.  Trotz  großer  Hür- 
Ubungen  zeigte  sich,  daß  eine  Erweiterang  des  Tonumfanges  oder  eine 
Perzeption  nicht  bekannter  Würter  nicht  oder  doch  nur  im  bescheidensten 
Maße  zu  konstatieren  war.  Die  Perzeption  durch  das  GehOr  bewegte  sich 
üut  nur  in  den  Oiensen  de«  dem  Kinde  liekaiinten  Spraehstoffee  nnd  war 
um  so  größer,  je  Ollef  die  betreffende  Form  auf|;etreteu,  also  je  bekannter 
öle  dem  Kinde  war  nnd  je  näher  die  Zeit  der  Untersuchung  den)  Zeit- 
punkt des  Auffrf  t(  na  des  betreffenden  Wortjfcbilde»  im  Unterricht  oder  im 
Umgang  lag.  >So  wurden  beispielsweise  die  Worte  Kanone,  Heuwagen,  Küfer 
und  andere,  die  zur  Zeit  der  Untersuchungen  wiederiiolt  im  Unterricht  vor- 
kamen, mdatena  recht  gntgehOrt,  ^riüirend  andere  Wörter,  wie  Ufer,  Sieb, 
Selilllflaellocli,  ^ermometer  nnd  andere,  die  »chun  längere  Zeit  im  Unterricht 
nicht  mehr  aufg:etreten  waren ,  nur  in  vereinzelten  Fällen  perzipiert  wurden. 
Die  Vokalfolge  dagegen  war  in  den  meisten  Fällen  richtig.  Im  (Tegensatz  dazu 
zeigte  es  sich,  daß  das  Ablesen  der  Wortbilder  be»»er  ging  und  zur  sicheren 
Auf£si88ung  der  vorgesprochenen  Worte  führte.  So  war  das  Verhältnis  der 
HOrfiOiigkeit  nur  Abeehfeitigkeit  dnaelner  SStae  wie  63  :  88  oder  wie  1 :  M. 

Baß  diese  Resultate  besonders  für  die  praktische  Frage  des  Tanb- 
stummennnterrichts  Wert  haben,  ist  ja  deutlich;  inwiefern  sie  aber  auch 
psychologisch  großcf^  Interess?'  bieten,  das  werden  wir  sogleich 
aus  der  an  den  Neuer t sehen  Beobachtungen  geübten  Kritik  sehen.  In  einer 
zweiten  Arbeit  hat  Heuert  versucht,  die  Ergebnisse  des  Abhürens,  des  Ab- 
aeheni  nnd  gleiehseitig  des  AbhOrens  nnd  Abaehens  in  sehr  mOhsamen  nnd 
nngeheare  Zeit  erfordernden  Einxelbeobachtiingen  znsammensiwtellen,  wobei 
er  sich  besonders  Mühe  gab,  eine  Beeinflussung  der  Resultate  durch 
Erinnnern  möglichst  als  ausgeschlossen  erscheinen  zu  lassen.  Der 
Sprachstoft"  bestand  aus  dem  Kinde  a.  bekannten  Wörtern  fmit  Mehrzahl, 
Vergangenheitsfonnen,  Zahlwürteru),  b.  bekannten  Zusammeutietzungen,  c.  in 
den  Teilen,  doeh  nieht  in  der  ZusammensetEong  bekannten  Wörtern,  d.  Mhn« 
lieh  Untenden  WOrtem,  und  e.  unbekannten  Würtem.  Sämtliche  Wörter 
und  Sätze  ließ  er  die  Kinder  selbst  niederschreiben  und  nahm  sie  auch  in 
dieser  Weise  in  seine  Tabelle  auf,  da  er  mit  Recht  der  Ansiclit  war,  daß 
der  durch  dieses  ^'erfah^en  benötigte  Mehraufwand  an  Zeit  um  so  genauere 
Resultate  verbürge  und  jeder  irrigen  Auffassung  seitens  des  Untersuchers 
Über  daa  Peraipierte  Toibenge.  Es  leigte  sieh,  daS  das  Dniehschnittsverw 
hUtnis  gehörter  an  abgelesenen  Sätzen  (£0 : 72)  sich  ziemlich  analog  dem  des 
Voijahrs  i^taltete,  nämlich  1  :  1,44  gegen  1  :  1,4  (s.  oben).  Von  besonderem 
Wert  in  praktischer  Beziehung  sind  die  Versuclie  die  er  bei  einer  etwas 
größeren  Entfernung  für  die  Per/eption  von  Wort-  und  Satzbildern  anstellte, 
nämlich  bei  3  ni  Entfernung  in  gleicher  Uühe  mit  dem  dem  Sprechenden 
angewandten  Ohre.  So  wntden  die  Sehallwellen  direkt  dem  schallpenipie- 
renden  Organe  zugefthrt,  nnd  «war  2  mal  aebr  lant  Andererseits  wurde 
dem  hinsehenden  Kinde  einmal  tonlos  vorgesprochen.  Hier  zeigte  sich,  daß 
auf  eine  Entfernung,  bei  der  das  Ohr  allein  fast  vollständig 
versagte,  in  ziemlich  ganzem  Umfange  der  bekannte  Sprach- 


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74 


Stoff  für  das  Augo  noch  per/.eptions fähig'  war.  Es  ergibt  sich 
daraus,  daas  »elbst  weuu  durch  das  Oben  im  Hüren,  wie  sich  zum  Teil  aus  den 
Nenertadm  UnlextiiefaugMi  seigt,  siek  aacii  «I110  Baaaonmg,  basond«!»  in 
Beniff  aaf  die  Peneption  «insdner  WOrter,  hersnastellte,  dime  auf  Koatem 
einer  vernachlässigten  Absohfertigkeit  erreichte  höhere  FentfrtiiOiisfäbigkeit 
(\oi>^  '>!trp8  nirht  in  fiem  Maße  von  Notsen  Min  wärdOi  wio  min  bei  obex^ 
tiächlicher  FrUfung  annehmen  könnte. 

Schließlich  hat  Neuert  seht  genaa  einzelne  Lante  geprüft»  wobei  sich 
swir  bei  Vokalen  eine  techt  gnte  HSiflUgkeit  ergab,  bei  Koneonaatea  Jedodh 
das  Ableien  weit  eioherer  vnd  aebXifer  war.  Die  Untenoehimgea  Nenerta 
habf^Q  im  wesentlichen  die  Grundlage  dafür  eigeiben,  daß  die  Taubstummen- 
IflircT  «icli  den  syBtcmntisfhnTi  llörilbun^en  ^o<rpnnber  atif  dem  letzten  Taub- 
stumuicnlehrerkongrt'B  in  llamhurg  ablehnend  ausgesprochen  haben.  Daaa 
führte  im  übrigen  auch  eine  große  Keihe  persiinlicher  Erfahrongen. 

An  diewm  üntexinehongen  Nenerii  bat  Karl  Kroiaa  in  eineii  Im 
UMgen  aebr  leeenawerten  nnd  tntereeaanten  W«rke  Aber  die  Metiiodik  dee 
nurnntemohts  £j-itik  geUbt,  indem  er  aaf  die  Wiehtigkeit  hinweist,  die  die 
akustischen  VorBtollunL'OTi  filr  das  schwerhörige  Kind  haben.  Er  ist  der 
Meinung,  daß  die  akustischen  Sprachvorstellangen  im  Bewußtsein  dee  Schwer- 
hörigen sehr  uuvollst&ndig  und  meist  sehr  verblaßt  sind,  daß  sie  deshalb 
Ton  den  mit  ihm  Teffcattpften  optfieh-motoriedien  Voxalellangeii  immer  mehr 
Oberwndiert  nnd  erdrttekt  werden,  Ja  daß  rie  oft  Tolletladig  ava  dem  Be- 
wußtsein verschwinden.  Infolgedeeeen  müsse  man  versuchen,  durch  syste- 
matische Gehör8anre»nnp  diesem  psychischen  Mangel  abzuhelfen.  Er  gibt 
als  Beispiel  ausführlich  einen  Falt  wieder,  an  dem  er  die  durch  den  Hör- 
Unterricht  jedesmal  sich  ergebenden  Fortschritte  genau  registriert  hat,  und 
kommt  an  dem  BeaoltM,  daß  dureh  dnen  gesonderten  HOruatenieht,  der 
Abeeben  nnd  Hören  gleiebmlißig  berttckiiohtige,  rieh  bei  elnon  BmebteHe 
der  Taubstummen  besseres  exrriehen  lasse  als  bisher.  Oanx  besonders  eel 
dies  bei  denjenigen  Taubi^tmumen  <!or  Fall,  welche  alle  Vokale,  ja  Witrter 
und  Sätze  noch  durch  das  Ohr  auffassen  könnten.  Mit  Recht  weist  Kroiss 
den  Einwurf  zurück,  der  gegen  das  Hüren  der  Taubstummen  gemacht  worden 
iat;  man  sagte,  daß  die  SehÜler  der  HOikbUMen  nnr  dae  bQien,  waa  mit  ümen 
bereite  eingeeproehen  wurde;  aie  boren  nnr  Bekanntes.  Er  weist  dies  snrBbk, 
indem  er  darauf  anfineitam  macht,  daß  ja  aneb  das  normale  Kind  der 
Volksschule  nur  Bekanntes  hören  kann,  nnd  zeigt  an  systematischen 
Prüfungen,  daß  »ownhl  für  Sehen  wie  für  Hören  die  Vertauschungen  nnd 
Ersetzungen  der  richtigen  Worte  durch  andere  stets  den  psychischen 
Eigentflmliebkeiten  beider  Sinne  eatspreehend  waren. 

Die  yersnobe  machte  er  an  sdnem  eigenen  6jlibrigen  Knaben,  der  gnlei 
Gehör  und  lebliafte  Attffiuismigsgabe  bezitzt.  Er  sprach,  nachdem  er  dea 
Knaben  in  ein  Zimmer  mit  einer  Kontrollperson  gebracht  und  die  Tür  ge- 
schlossen hatte,  zunUchst  dem  Knaben  fremde  Wörter  vor.  Das  Kind  ant- 
wurtete  auf  >physioIogisches  Institut«:  »phisenlore  Institut«,  auf  »Karto* 
graph«:  »artotabeU,  auf  »Psychometerc:  »Sohichometer«  ntw.  Bekannte 
WOrter  dagegen  worden  teils  richtig  gebort,  teOs  mit  anderen  Tertaiiadit 
So  worden  richtig  gehört;:  Apfel,  Rettiob,  Säbel,  Mutter,  Heeser  nsw.  Ver- 
hört wurden:  statt  Blume:  Mutter,  statt  Grammatik;  Mathematik,  statt  Zucker- 
dose: Supperhose.  Schon  bei  dieser  Untersuchung  zeijjte  eich,  da  Ii  die 
Vokale  die  wichtigsten  und  deutlichsten  Bestandteile  der  aku- 


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Referate. 


75 


stischen  Wortvorstellanp  sind.  Es  zeigte  sich  ferner,  was  von  vorn- 
herein klar  war,  daß  bekannte  Wörter  besser  gehört  werden.  Daß  für 
falsch  vorgeBprochene  Wörter,  wenn  sie  bekannten  and  mit 
einer  Yorstellang  verkniipfbaren  Wörtern  fthnlich  klingeni 
letstare  eingesoUt  werden,  seigle  rieh  aelir  deofUdi:  Wnide  den 
Entben  TOlgeqifOolMn:  der  Oschen,  die  Wampe,  der  Lehmatuhl,  das  Fließ- 
dlatt,  80  antwortete  er  richtig:  der  Ofen,  die  Lampe,  der  Lehnstuhl,  das 
Fließblatt.  Die  Vertanachungen  wurden  nicht  bemerkt.  Das  gleiche  Expe- 
riment wurde  ohne  Schallhemmung  im  gleichen  Zimmer  gemacht  bei  1  m  Ent- 
fernung und  zwar  so,  daß  der  ELnabe  nicht  auf  den  Hand  sehen  konnte; 
uf  die  Bloeke,  die  Nntler,  hole  ndr  ein  Dias  winde  gtas  riebtig  geant- 
wortet: die  Glocke,  die  Hntter,  hole  mir  ein  Qlee.  Die  fehlerhaften  Wort- 
bestandteile  wurden  ttberhanpt  nicht  gemerkt,  ganz  besonders  dann  nicht, 
wenn  der  vorgesprochene  Satz  e'leichzeitig  durch  eine  Handlung  veranschau- 
licht wurde.  Der  Knabe  wurde  wiederholt  aufgefordert,  genau  nachzuspre- 
chen, was  vorgesagt  war,  die  akustische  Perzeption  war  eine  sehr  gute. 

Ans  dieeen  VennelMn  ging  für  Kroiss  Idar  herror,  dnß  wir  die  Wttiter 
nicht  Lant  fUr  Lant  htfren,  sondern  daß  aach  bei  der  Appeneption  des  ahn* 
stischen  Wortbildes  der  allgemeine,  darch  dominierende  Elemente  bestimmte 
Klangcharakter,  der  Typns  des  Wortes,  also  das  Worts'an^e  eine  wesentliche 
Hülle  spielt,  und  daß  der  Gesamteindrack  des  Wortbilds  doroh  einzelne 
dominierende  Bestandteile  bestimmt  wird. 

leb  darf  vieliddit  dsnnf  •nfinerikaam  maelim,  daß  Qntsmann  ihn» 
liehe  Untersnehnngen  mittels  Telephons  angestellt  bat,  die  zu 
ilinlichen  Ergebnissen  gefUhrt  haben,  welche  Kroiss,  wie  wir  gleich  sehen 
werden,  ans  den  Ncnert sehen  Untersnehnngen  geachluBfolgert  hat.  Er 
stellt  aus  den  Tabellen  Neuerta  die  Höriehler  zusammen  und  zeigt,  was 
übrigens  auch  Neuert  nicht  entgangen  ist,  daß  bei  ihnen  der  Klang- 
obnrakler  des  verweehselten  Lautes,  also  die  Artiknlatlonsfonn  bdbehalien, 
hingegen  die  Artiknlationssteile  ▼ertansebt  wwde;  statt  dea  EiploslThHites 
sm  ersten  Mnndtore  wurde  der  Ez^osivlaut  am  zweiten  oder  dritten  ge- 
setzt und  umgekehrt.  Das  stimmt  mit  den  Versuchen,  die  Ontzmann  am 
Telephon  angestellt  hat.  vollHtändig  Ubereiu,  uud  da«  »wichtige  psycholo- 
gische Gesetz«,  was  Kroiss  iu  diesen  Vertauschuugen,  bcziehungaweise  V'er- 
weebsehingen  der  Lanto  ans  denelben  pbonetSseben  Gmppe  erbiiekt,  das  fttr 
das  HOren  im  aOgemeinen  nnd  für  die  HVrstl^nngen  im  besonderen  piinii- 
pielle  Bedentiing  bebe,  ist  bereits  mehrfach  von  anderen  Unter» 
sachern  hervorgehoben  worden,  ohne  daß  ihm  gleich  dor  etwas 
stolze  Name  »Gesetz«  gegeben  worden  wäre.  Wo  scheinbare  Widorwjtr  ir  lie 
in  diesem  Gesetz  autiaucheu,  iat  die  Erklärung  von  Kroiss  sehr  wohi  au- 
sBBetaaen,  daß  sie  auHekanfllhren  ist  anf  die  Ibeht  der  reprodniierten  Wort- 
Toistdhiiig,  die  nicht  bloß  LHcken  aosflOle,  sondern  selbst  Toibandene  Bnch* 
Stäben-  nnd  Lantreizo  verdecke .  dargebotene  Wortbilder  libersebfitte.  Das 
Verhilltnip  des  Hörens  zum  Ableseu  bespricht  Kroiss  ebenfalls  nnd  hebt 
das  auadrücklich  noch  hervor,  was  bereits  Ncuert  betont  hat.  daß  bei  den 
Absehfehlem  die  Artiknlationssteile  beibehalten  wird,  aber  die  Artikulations- 
fona,  der  Klsngcharaktor  weehaelt,  demgegenOber  bei  den  Htfrfeblein  d» 
Klaageharakter  beibehalten  wird,  dagegen  die  Artiknlationssteile  wechselt 

Besonders  wichtig  ist  ein  Resultat,  das  Neuert  fand  nnd  dem  er  selbst 
von  Tomherein  eine  große  Bedeatnng  beimaß  nnd  das  Kroiss  ebenMs 


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76 


als  äußerst  wichtig  heraushebt.  Neuert  fand  nämlich,  daß  60  ^  der  Wörter 
Tom  den  HdnebOloni  gehört,  80  X  abgelesen,  dag^en  90  X  g^oliitttig  ge- 
kürt und  abgeleami  wuden.  Es  wnidea  demnftoh  beim  bloßen  HOren  40  fC 

Felller  iremacht,  beim  Absehen  20  X«  dagegen  beim  gleichzeitigen  Hören  und 
Absehen  nur  10  X-  Daraus  folgt,  daß  <l;if  niit  floni  Aiip-o  a^leichzeit  ig 
ein^eBtellte  (11ehJ5r  die  Abselifehler  aut  die  Hallte  ihre»  Prozent- 
satzes vermindert,  während  durch  das  eingeschaltete  Aage  >/« 
der  Hörfehler  verbeitert  wurden.  Kroiei  ^eiit  an  dieaen  Tatuchea 
dea  ScUvfi,  daß  die  Statiatlk  Ton  Neaert  mehr  für  die  Saehe  dee  HOr- 
aBtetridita  bei  Taabatnaunen  spräche  als  gegen  deaaelben.  Es  mnß  jedoeh 
hcrvorfrehobcn  werden,  daß  die  Übertriebene  Voran stellnnp^  des  Hönrnter- 
richtÄ,  wie  sie  besonders  von  Wien  aus  gefordert  wurde,  dip  ablphende  Hal- 
tung der  Taabstnmmenlehrer  rechtfertigt  und  daß  andererseits  doch  daran 
festgehalten  werden  maß,  daß  swar  die  aTafeematisohe  BOrttbnng  bei  einer 
Ansah!  der  tanbetnmmen  Kinder  von  guter  Elnwirkaa^  sein  kann,  daß  dar- 
gegen  die  einseitige  Überschätzung  dieaea  Verfahrens  leicht  zur  Ver* 
nachlüssi^inff  des  Ablesen»  und  damit,  wieNenert  schlafend  bewiesen 
hat,  deflfniirf^n  Mittels  führt,  das  im  praktiBchen  Leben  für  die  in 
der  Taubstummenanstalt  aufgezogenen  schwerhörigen  Kinder 
das  HaaptveratSndigungsmittel  bleibt 

Von  anderen  Arbeiten,  die  aieb  mit  der  gidchen  payehoicgiach  aoiraU 
wie  praktisch  inßerat  wichtigen  Frage  besolillligen,  seien  die  Arbeiten  von 
Ferreri,  Denker,  Branckmann,  Ilartmann,  Sehwendt  knrz  cr>v!ihuL 

H  e  i  d  8  i  e c  k  sachte  auf  dem  internationalen  Koni^reß  in  Paris  die  D  n  r  <■  b  - 
fübrung  der  Lautsprachmethode  bei  Tanbstammen  als  nicht 
zweckentsprechend  daiaostellen ,  wie  er  aie  früher  als  nnpsychologiseh 
beseiohnet  hatte.  Kit  Tollem  Reeht  betont  aber  Wundt»  der  olfenbar  die 
Arbeit  von  Heidsieck  nicht  kennt,  die  vollkommen  natürliehen  Yeiliil^ 
nisse,  die  sich  bei  dem  Lautsprachunterricht  der  raubstnmmen  zeij^cn.  Er 
sa^  von  der  Sprache  des  in  der  Taubstummenanstalt  unterrichteten  Taab- 
stunimen:  »Verstehen  lernt  er  die  Sprache  dadurch,  daß  er  sie  vom  Munde 
abliest,  also  in  der  Form  einer  Folge  von  Gesichtsbildem;  gebrauchen  lernt 
er  aie,  indem  er  die  Artfkalationsbewegnngen  des  HSrenden  mid  Spreohenden 
nachÜldet  Die  deutaehe  Schule  will  für  den  fehlenden  Gehtfra» 
sinn  dadurch  Ersatz  schaffeu,  daß  sie  ilim  andere  Sinne  sub- 
stituiert. Diese  Stellvertretung  Übernimmt  dann  llir  das  Verateheu  der 
Sprache  der  Gesichtssinn,  für  den  Gebrauch  der  Sprache  der  Tastsinn  mit 
den  die  Artikulationsbewegungen  begleitenden  inneren  und  äußeren  Taafc- 
empfindongen.  Die  artiknlierte  Sprache  des  Taubstummen  beruht 
ao  gut  wie  die  des  Iliirenden  auf  der  EinUbnng  bestimmter  Aa- 
sociationen  zwischen  Empfindungen  verschiedener  Sinnes- 
gebiete, mögen  mm  auch  die  Associationen  zwischen  Sprachlauten  und 
Artiknlationsemptindungeu  durch  die  generelle  Entwicklung  vorbereitet,  also 
durch  angeborene  Anlage  begUnstigt  und  durch  die  genauere  Kontrolle,  die 
der  GehOrssinn  sulttßt«  erleichtert  sein«  so  ist  doch  die  Ausbildung  d«  weit 
schwierigeren  Associationen  zwischen  den  Gesichtsfaildern  der  Sprachbewe- 
gungen und  den  Artikulationsempfindungen  keineswegs  eine  unmögliche,  nnd 
sie  ist  das  Ersatzmittel,  auf  das  die  hei  man^relndem  Gehör  von 
selbst  sich  einstellende  regere  Tätigkeit  desGesichtssinna  g^e- 
wissermaßen  als  ein  natürliches  hinweist.«    Von  diesen  Wundt- 


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fieferate. 


77 


g(Aen  Worten  aus,  die  in  klarer  und  einfacher  Weise  die  Psychologie 
des  Taubstummen  kennzeichnen,  wird  jeder,  der  Uber  die  Sprache  des 
Taubstununeii.  besonder»  ihre  psychologische  Seite,  schreibt,  ausgehen  dürfen. 

Über  die  Sprache  der  Schwerhörigen  und  Ertaubtcu  lut  Guts- 
maiin  eine  Aibeit  ToOfiBnilidit,  rai  der  einige  Abeitie  psychologiscbee 
Ltteieaie  haben*  Er  ugt  nngeillir  Folgendes:  Bei  normalen  Verhältnissen 
ist  dns  GehOr  der  am  meisten  nnd  stärksten  benutzte  Sinn  für  die  Per- 
zeption.  Seine  Valon/.  int  vorherrschend.  Aber  auch  unter  normalen  V»»r- 
hältnissen  ist  er  durohau»  nicht  der  einzi^jje  Sinn.  Wohl  »tetä  wird  las 
Aage,  wenn  auch  in  einer  etwas  weniger  intensiven  Weise,  benutzt.  E» 
seheint  Ihst  so,  als  ob  die  Beantsnig  des  Oesfehtsrinnes  etwas  weniger  be- 
wn0t  gesehehe  als  die  des  GehOnrfnnes.  Dafi  aber  ftr  das  Pendpieren  des 
Gesprochenen  diese  Nebenbenutzung  nicht  ganz  unwesentlich  ist,  zeigt  die 
belutnnte  Beobachtung,  dass  man.  im  Theater  sitzend,  einen  Sänger  oder 
Schauspieler  weit  besser  versteht ,  wenn  man  sieh  sein  Gesicht  durch  das 
Opernglas  niÜier  bringt.  Das  TastgefUhl  als  der  allgemeinste  Sinn  wird 
bei  der  Peneption  der  Spraehe  im  aUgemeinen  wohl  nnr  selten  bennbt 
Lnineihin  kommen  wenigstens  die  Änte  sehr  Uafig  In  die  Lage,  das  fort- 
gepflanzte Schwirren  der  Schallwellen  zu  prüfen,  und  auch  ein  wenig  gettbtes 
Gefühl  vermag  recht  wohl  die  «starken  Unterschiede  des  Pektoralfrcmitns 
wahrzunehmen.  Bei  der  Produktion  der  Sprache  ist  das  (Je hör  fUr 
den  Vergleich  der  eigenen  Sprachpruduktion  von  großer  Wichtig- 
keit  Tonhöhe,  BeConmig,  Timbre  der  Stfaomev  die  versehiedenen  Arten  der 
Geräusche  werden  durch  das  Gehltr  leleht  nnd  im  allgemeinen  anoh  gat 
verglichen.  Wir  vergleichen  die  von  uns  selbst  produzierte  Sprache  mit 
dem  fremden  Vorbilde  und  verm(^n  unter  der  andauernden  Vergleichung 
Korrektoren  vorzunehmen.  Das  Gehör  allein  aber  kann  unmöglich 
als  Kontrolleur  der  Sprache  angesehen  werden.  Für  die  Pro- 
dnktion  der  Spraehe  ist  der  wiehtigste  Kontrotlsinn  xweifel' 
los  das  Gefühl  in  seinen  versdiiedenen  Arten:  Berttiimngs-,  LagegefUhl, 
Muskelgeftihl  usw.  Die  Vorstellung  von  der  Lage  der  ArtikulationssteUe  ist 
durch  Übung  leicht  zu  vervollkommnen ;  so  ^ird  es  nicht  schwer,  die  Zunge 
in  jede  befohlene  Lage  m  bringen,  das  Gaumensegel  willkürlich  allein  zu 
kontrahieren  und  erschlaffen  zu  lassen  u.  a.  m.  Sehr  leicht  wird  die  Aul-  und 
Abbewegnng  des  UnterMeftrs  wahigenonmien  and  infolgedessen  aaeh  auf 
bestimmte  Befehle  ansgeltthrt  Dagegen  ist  das  MaAelgefUhl  der  Zunge  so 
gering,  daß  Zungenbewegungen,  falls  nicht  die  Zunge  an  bestimmten  Stollen 
de»  Mundes  anstößt,  meist  recht  schlecht  nach^cTiiacht  werden.  So  findet 
man  oft  Personen,  die  nicht  im  stände  sind,  die  Zungenspitze  auf  Befehl  auf- 
ond  abwärts,  nach  links  und  rechts  zu  führen,  sie  hinter  die  Zähne,  vor  die 
ZVhne  SB  legen  n.  a.  m.  Haeht  man  solche  Yersnehe  sn  normalspreehendea 
P^sonent  so  zeigt  sich  auch  bald  ein  Unterschied  darin,  ob  man  ihnen  nur 
angibt,  was  sie  mit  der  Zunge  zu  machen  haben,  oder  ob  man  ihnen  auch 
gleichzeitig  die  Bewegung  vormacht.  Bei  gleichzeitigem  Vormachen  geschieht 
die  Bewegung  weit  exakter  nnd  mit  größerer  Sicherheit.  Auch  hier  zeigt 
sich,  daß  ein  Sinn  den  andern  wesentlich  unterstützt  Die  ge* 
nanere  Sinneeprttfiing  der  Yenaehspersonen  ergibt  keinen  wesentliehen  Untere 
schied  des  BerUhrungsgefUhls,  und  man  mnß  info^|;edessen  annehmen,  daß 
die  Fähigkeit,  die  Lage  und  Bewegung  der  Sprachorgane  wHhrend  der  Sprach- 
produktion selbst  zu  beurteilen,  bei  den  Tersehiedenen  Personen  von 

IxcbiT  flu  Psychologie.  L  liUntur  7 


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78 


Referat«. 


dem  Orad«  dar  Anfmarkaamkeit  abhingt,  dia  aia  Ton  frllk  a«f 
dem  GefthlBainn  ivwandaiL  Darana  f<^,  daO  wir  dmeh  aoflneikaaBBe 

lyalematische  Übangen  die  Benotning  der  GefttblBBiiuie  f&r  die  KootroDa  dar 

Sprache  bf»f!pntpnd  r.u  atoiVpm  vermögen.  Ans  don  ver«ch!0(}<^nf»n  indivi- 
daellen  ünier-<<  liii  i  Mi  i:<  lit  aiu  Ii  licrvor,  warnm  in  den  verschiedenen  iiäUeo 
der  Ertaubung  und  bciiwerhorigkeit  im  späteren  Alter  die  Sprachvenschlecb» 
temng  gast  veraeliiedeii  groß  iat  In  manehen  Flllen,  wo  fiiat  Tollkonmeiie 
Taabhait  TOikanden  Iat,  hOrft  man  gar  kelna  Vefindenng  der  Spradie,  In 
anderen  wieder,  wo  der  Hörfehler  nur  gering  ist,  ist  eine  auffallende  Her^ 
jr5indenin<r  ^l'^r  Deutlichkeit  narhwoipbnr.  Was  besonders  bei  Schwerhörige 
auffällt,  ier  die  >fnnotonie;  es  feJilt  also  der  Wechsel  von  Höhe  und  Tiefe, 
von  Stärke  und  Schwäche  der  einzelnen  Stimmklänge,  es  fehlen  die  Accente, 
ea  fehlt  die  Ktmtfolle  Uber  die  Datenailit  der  Sprachbewegungen.  Daiana 
aind  die  Tenehiedenen  Formen  der  apiadiliehen  Abnormititan  bei  Seliwer- 
htfrigen  zit  erklireiL 

Lieb  mann  geht  in  »einer  Arbeit  auf  diese  Fragen  nur  wenig  ein,  be- 
schäftigte sich  dagegen  mehr  mit  dem  therapeutischen  Verfahren. 

Der  zweite  grol3e  Teil  der  SprachstOrnngen  würde  die  sXmtlichen  zen- 
tralen Stdrnngen  nmfaaaen.  ffietbei  kommen  in  eirter  Linie  die  Ter- 
aehiedenen  Formen  der  Stnmmbeit,  die  im  Kindeaalter  anftreten,  wu 
Besprechong.  Besondere  die  HOratnmmheit  hat  in  neoerer  Zeit  grOfieva 
Beachtung  gefunden,  wenn  auoh  die  einzelnen  Arbeiten  nur  wenig  neuea  er- 
bracht haben.  Unter  Hörstummheit  wird  im  allgemeinen  der  Zustmul  ver- 
standen, in  dem  das  lünd,  trotzdem  es  gut  hiJrt  und  normale  InteiÜgenz 
zeigt,  keine  Anstalten  maeht»  SpnwlM  m  pioduieren;  ea  Iat»  wieKenmaan 
aagt,  >bOrend  atamm«.  Anf  die  Hemmnngaoraaehen  ist  bereits  oben  Ubi- 
gewiesen  worden;  es  mag  deshalb  liier  nnr,  abgeaekmi  von  der  Arbeit  von 
Liebraann  Uber  den  gleichen  n»'jren'»tand.  besonders  anf  die  Arbeit  von 
Georges  Levy  eingegangen  ^\  (  ^^len:  Lea  entendants-mnetR .  der  in 
einer  sehr  sorgfältigen  Dissertation  auf  alle  Formen  der  Hörstummheit  ein- 
geht and  eine  wie  mir  seheint  aiemHeh  ToUstindige  Uteratorangabe  dieses 
Gegenstandes  anfügt  DerVerlksser  stellte  snnldist  der  Tanbatnmmheit  die 
HViStammheit .  der  8nrdi-mutit6  die  Audi-mutite  lentendants-mnets) 
gegenüber.  Nachdem  er  darauf  hingewiesen  hat,  daß  der  französische  Ana- 
druck  mehr  umfaßt  als  der  deutsche,  der  eigentlich  nur  von  Kindern  spreche, 
welche  stamm  sind  ohne  taub  zu  sein  tman  vergleiche  dagegen  den  oben 
angegebenen  Ansdroek  von  Menmann)^  teilt  er  die  Hürstnmmheit  in 
swei  große  Qrnppen,  1)  solche  Stnmme,  deren  intellektuelle 
Störnngen  sehr  deutlich  hervortreten,  nnd  2)  aolche,  deren  In* 
telHcrenz  anscheinend  oder  in  Wirklichkeit  normal  sei.  Stnmmei, 
deren  Intelligenz  gestürt  ist,  sind  zweifellos  Idioten;  es  handelt  sich  also 
um  einen  Mutismus  idioticus.  Hierbei  unterscheidet  er  1;  StummUeit 
infolge  von  Abwesenheit  der  Gedanken.  £r  erwähnt  dabei  das 
▼ieleitierte  Wort  von  Griesinger:  »Diese  Kinder  sind  stnnun,  wdl  sie 
nichts  zu  sagen  Imben.«  2)  Stnmmheit  infolge  zentraler  UnmSg- 
liclikeit,  Ideen  anszudrilc k en  (motorische  Aphasie),  3)  idiotische 
Stummheit  bei  Defekten  der  peripheren  Sprachorgane,  und 
4)  endlich  die  idiotische  Stummheit  bei  p  h y  s i  s c  h e  r  T a u  b h  eit 
[idiotische  Taubstumme  bei  Worttaubheit ,  sensoiiseher  Aphasie  oder  bei 
Paendotsnbheit,  meist  Infolge  von  UnanflnerksamkeM).  Alle  diese  ▼eneUe- 


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Beferate. 


7Ö 


denen  Dntelien  kSnnen  liGh  bei  deuaelben  IndindnnmlkombiBieiaL  IMeier 
Idiotischen  Herstnmmbeit  gegeaOber  stellt  er  diejenigen  Btnmmen, 

deren  Intelligenz  nneelieinend  oder  wirklieh  normal  ist.  Diese 
seien  stumm  1)  durch  organische  zentrale  Verletznngen,  Apha^^io  bei  Kinder- 
lähmung, infolge  von  GehimgescbwUlsten:  bei  tuberkulöser  Meningitis,  bei 
cerebraler  Embolie;  2)  infolge  von  funktioneller  Störung:  Aphasie  infolge 
von  Sehzeek,  Befleuphaeie  infolge  Ton  WOfmem  (FUle  vonfLiehtheim 
nnd  Ontsmnnn),  infolge  Ton  Obecladnng  dee  Hngeni  (FhU  von  Henoeh}, 
infolfo  von  Cirknlationsstüningen  (Fall  von  Bouchut),  Stmumheit  bei 
Neurosen,  bei  Chorea,  bei  Hysterie,  endlich  die  Hfirstummheit  im  Coen- 
schen  Sinne  des  Wortes;  3)  durch  Verletzungen  oder  psychische  Störungen 
der  peripheren  Organe  der  Sprache.  Hierher  gehören  Gaumenspalten,  Mandel- 
bypertrophie,  ZongenlXhmnng  nnd  vieiee  andeie.  Dn&  die  Gtamenepalte 
bei  sonst  gans  intelligentett  Kindern  dun  llUuen  kann,  dnO  die  Spnehe 
sich  erst  sehr  spät  «itwickelt,  hat  Ontsmnnn  in  einer  spezielleren  Arb^t 
de?  Aüflführltcheren  narhsrewiesen.  Bei  der  HörstiiTnmhfnt  handelt  es  sich 
um  Kinder  meistens  zwit^rhcn  3  und  10  Jahren,  welche  folgende  positive 
oder  negative  Befunde  tiarbicten:  1)  physischer  und  psychischer  Zustand 
normal;  2)  Gehör  normal;  3)  periphere  Spnohofgane  normal;  4]  es  besteht 
keinerlei  LIhmnng  oder  Atrophie  des  Bnmpfes  oder  der  Estramitlten. 

Während  das  eben  Angeführte  die  Einleitung  zu  der  eigentlichen  Aribdt 
Lt'vys  bildet,  handelt  das  erste  Kapitel  von  der  Gesrhinhte  der  HOrftumra- 
heit,  wo  Referent  allerdings  den  berühmten  Fall  von  Hieronymus  Mercu- 
rialis,  den  er  in  seinem  Lehrbuch  Uber  Kinderkrauidieiten  1594  veröffent- 
iidite  nnd  wo  er  beriebtet,  dn0  MMmiiianj  der  Sohn  Kaiser  Fkiediiebs  IIL, 
bis  som  9.  Lebensjahre  stamm  gewesen,  dum  aber  von  selbst  nldit  nur  die 
Spraehe  gewonnen  habe,  sondern  auch  sehr  beredt  geworden  sei,  vermißt 
Ith  Tiiif'hi'ten  Kapitel  schildert  der  Vorfa??pr  nnsfllhrli(  h  die  Symptomatologie 
und  ilihrt  außer  32  Beobachtungen  aus  der  Litt  r;itur,  die  sich  auf  die  Fälle 
von  Benedict,  Waldenburg,  Ciarus,  I3roadbent,  Ladreit  de  la 
Cbnrrtere,  Hnrtmnnn,  Steffen,  Dnlly,  Hnle  Wbite  tad  Oolding 
Bird,  F.  Tylor,  Qntimsnn,  Hertsen,  Lndnm,  Mieleeke,  Billamine, 
Lawrence  beziehen,  9  eigene  in  den  Lyoner  Hospitälern  gesammelte  Fälle 
an.  Bezüglich  der  Vtinlogie  hebt  er  die  Erblichkeit,  den  Alkoholismus  bei 
den  Eltern,  die  hereditäre  Syphilis,  die  Konsanguinität,  den  physischen  Zu- 
stand der  Eltern,  Erregungen  und  Verletzungen  in  der  Schwangerscliaft, 
sehwieifge  Gebnrt,  enges  Becken,  Zangengeburt,  Asphyxie  bei  der  Gebnrt, 
das  Alter,  das  OeseUeebt,  den  physischen  Znstand  der  betretbnden  kleinen 
Padenten,  vorhergepngene  Krankheiten,  Bachenmandeln,  sousle  Lage  an. 
Bei  der  Besprechung  der  Rachenmandeln  nineht  er  rJiit7Tnnnn  den  Vor- 
wurf, daß  seine  Statistik  der  Klarheit  und  Oriiuuiij<  ermangele,  begeht  aber 
selbst  den  Fehler,  daß  er  die  Häufigkeit  der  iiachenmandeln  nach  Gutz- 
mann  anf  33  x  der  HUle  aaaetat,  wlhrend  dieser  sie  sasdrOcklicb  in  einer 
genaueren  Statistik  anf  68,6  X  Üwtgesetst  bat.  Sodann  bespricht  der  Ver- 
fasser die  Entwicklung  der  Sprache  im  allgemeinen,  femer  an  der  Hand  der 
bekannten  Rpraclischemata  die  Pathologie  und  Pathogenie  der  Störungen 
und  schließlich  diejenigen  Punkte,  die  bei  einer  Untersuchung  der  Patienten 
und  bei  einer  richtigen  Diagnosestellung  notwendig  zu  beuchten  seien.  Das 
sind  vor  allen  Dingen  die  diel  Fragen:  Ist  das  Kind  tsnb?  Ist  es  idiotisch? 
Hat  es  an  den  peripheren  Spiaehwerkiengen  irgend  eine  Yeiinderung? 


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80 


IMrate. 


J>\c  hyBterisrhoTi  Aphasion  boi  Kiodern  haben  keine  neupff  He- 
h&ncUuug  erfiüireü.  Kurz  mug  das  Buch  über  Hysterie  bei  Kindern  und  im 
jngendlieheii  Aller  vo«  B^sy-Bibent  wwÜiBt  Min.  Von  sonstigen  einr 
Minen  Hitteihingen  yerdienft  anr  der  Fall  von  Mnnn  In  Biealntt  besondere 
En^ähnang.  Mann  schildert  «in  7J0iiigM  Midefaen,  dM  Mit  4  Wochen  an- 
gefangen hntto.  undeutlicher  zn  sprechen  und  in  ra«ch  7nnehmendem  Grade, 
so  daß  die  Sprache  innerhalb  dreier  Tag:e  vollständig  unveretÄndlich  wurde; 
gleichzeitig  verlor  das  Kiud  nach  Angabe  der  Matter  das  GebOr.  Im  übrigen 
zeigte  es  keinerlei  Sfürang  in  seinem  Woblbefinden.  Bei  der  ersten  Unter- 
saehnng  Migto  sieh»  daß  des  Kind  vollkommen  tsnb  wer.  Es  reagierte  auf 
keineriei  Anrede,  starrte  ins  LMre,  sehttttelte  den  Kopf  und  brachte  ^bin- 
lieh  unverstiindliche  Worte  hervor,  die  nach  <}f"n  bep^leitenden  Gebärden 
offenbar  bedeuten  sollten,  daß  es  nichts  verstau* It  Der  Gesicbtsausdruck 
des  Kindes  war  aber  intelligent,  man  konnte  Aulmerksamkeit  und  Interesse 
an  der  Umgebung  an  ihm  iMmerken,  und  es  Migte  sieh  aaeb  einigen  Minnten, 
dal}  keine  eigentliehe  TknUheit  Torlag  nnd  da0  viehnehr  nur  die  ftingiEeit, 
das  gesprochene  Wort  zu  veiiteben,  au%dioben,  dieWahmehmnngsfXhiglMit 
fiir  einfache  Tfcräusrhe  dnL'eg-en  vollkommen  erhalten  war.  daß  es  sich  also 
um  eine  sogeniiniitf  S]»r;i.i  htaublieit  oder  um  eine  sensorische  Apbnnie  han- 
delte. Die  PriUung  macütu  Maua  in  der  Weise,  daß  er  hinter  dem  üücken 
des  Kindes  frgendwelehe  ]eiM  Geiiaehe  prodnxlerte,  so  Pfeifen,  Klopfen, 
KUngelnf  Klimpern  mit  GeldstOeken;  disM  wurden  gaaa  riebt«  iPibrgenom- 
men,  da  das  Kind  nach  dem  Gegenstand,  der  das  Gerihiioh  liervorgebracht 
hatte,  zeigte.  !,ei?f>H  Klopfen  -vitttb»  nnch  Khytinnns  nnd  Zahl  d^r  Klopf- 
schläge  immer  w  i< df-i  Legeben,  dagegen  w  ur  düs  Sjir:ir  hverstiiudnis  total  auf- 
gehoben, 80  daü  seibat  mit  lautester  stimme  geuprocbene  AufforderungeOt 
wie  a.B.:  >Qib  mir  die  Hand!«  kein  Veratiindnls  ftaden.  Neben  der  sen- 
sori sehen  Aphasie  bestand  boehgradige  Paraphasie:  dM  Kind  spiaeh 
titü  Tlflügee  Kauderwelsch.  Knr  Bhythmus  nnd  SUbenzabl  der  Worte  wside 
im  allgeiüeinrn  richtig  nachgesprochfn  Mann  entschied  sich  für  die  Diagnose 
einer  hysterisi  h« n  scrtsorischen  Apiia»ie  oder  hysterischen  Sprachtaubheit  auf 
Grund  der  i:4rwugung,  daß,  wenn  es  sich  um  eine  organische  Himlüsion 
haadebl  sollte,  der  Heid  so  groß  sein  mQfite,  daß  er  anf  die  motorlsehe 
Spracbbahn  flbeigreilini  mttßte  nnd  daß  dlsMr  Heid  jedenfUls  niebt  ent- 
standen sein  konnte,  ohne  anderweitige  cerebrale  Symptome  zu  erzeugen. 
Von  diesen  war  aber  nicht  die  Spnr  nnffindbar.  Ferner  war  der  Zustand 
durchaus  nicht  ein  konstant  sich  gleichbleibender,  sondern  bei  den  verschie- 
deneu Untersnchongen  einem  gewissen  Wechsel  unterworfen,  allerdings  weniger 
im  Yerinltsa  des  SpraobTenrtSadalsses,  als  In  Verbattea  der  Paraphasie,  die 
dnrehana  weehselte,  ja  maaebmal  an  einem  nnd  demselben  Tage.  Aneh  die 
Anamnese  sprach  fllr  Hysterie,  da  das  Kind  sich  sehr  stark  g^blgert  haben 
sollte.  Kine  Atifilnr^in  für  ein  orcranisches  Ilirnleiden  war  dno-f^gen  nicht 
nachweisbar.  Uun  li  hr  starke«  schmerzhaftes  Faradisieren  der  Mundgegend 
dM  Kindes  and  Auifordern  mm  Nachsprechen,  ein  Verfahren,  auf  das  das 
Kind  «mSebst  nnr  mit  fortwährendem  Schreien  nnd  Weinen  antwortete,  zeigte 
sieh  naeb  14  Tegea  berate,  daß  das  Kind  10  Worte  boobstablerend  nacb- 
spredien  konnte.  Nach  3  Wochen  war  der  Wortbest  ^u  !  auf  20  angewachsen; 
von  da  an  -waren  die  Fortschritte  ziemlich  rasch.  Nach  8  Wochen  fand  das 
Kind  zum  crstcin  Mal  selbständig  und  ohne  Vorsprechen  die  Bezeii  Inuiup 
^r  einige  ihm  bis  dahin  noch  nicht  gezeigte  Gegenstände,  wie  Ball  und 


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Referate. 


81 


Flasche.  Das  Kind  wurde  dann  schließlich  vollständig  von  seiner  Sprach- 
störung geheilt.  Referent  will  nicht  unerwähnt  InBoen.  (LiO  Oppenheim 
in  einer  Zuschrift  die  Diagnose  der  hysterischen  aensorisoheii 
Aphasie  bezweifelt 

2  FUle  von  ragobomer  MOBOxiscIier  Aphuf«  berichten  Sehweiidt 
und  Wagner.  Et  handelte  eich  in  den  einen  Teile  nm  ein  lOJtturigee 
MSdchen,  das  mit  eageblich  angeborener  Taubstummheit  in  die  Taubstummen- 
atiHtfilt  7.1!  Riehen  aufgenommen  wnrd*^,  und  um  ihre  8jährige  Schwester,  die 
liUH  gleichem  Grunde  sich  dort  betindct.  Bei  diesen  Fällen  ergab  die  Prü- 
fung, daß  das  Gehör  für  alle  Tüne  relativ  sehr  gut  erhalten  war,  daß  die 
InteUigens  der  Efaider  dem  Aiter  entepreehend  nnd  ferner  keinerlei  kfinfeeh 
nachweisbare  Lleiinen  dea  QehOrorganee  oder  anderer  Organe  vorhanden 
waren.  Darans  schließen  die  Autoren,  da0  beide  Fälle  den  Charakter  einer 
Worttaubheit  tragen.  Da  Frille  von  k  ot> srenitale  r  sen  sorischer  Apha- 
sie noch  nicht  verfjffentlicht  worden  sind,  so  sind  diese  Mitteilangen  nattir- 
lieh  von  großer  Bedeutung,  vor  allen  Dingen,  da  es  recht  wohl  denkbar  ist, 
daß  in  den  Tanbatanunenanatdten  eieh  mehrere  dnartig  Apharieche  vor^ 
finden.  Angeborene  aenaotiiche  A|ihasie  mnfi  angenommen  werden,  da  ja 
sonst  spontanes  Sprechen  entweder  ungestört  oder  doch  paraphas&ldi  vor- 
handen sein  mliPte  Wnr  aber  dir-  snnsorische  Aphasie  anjrfboren.  so  fehlte 
natürlich  jede  Gelegenheit  die  Sprache  zu  erlernen.  Mit  Uilfe  des  Ohres 
künnten  in  solchen  Fällen  niemals  den  kongenital  sensorisoh  Aphasischen 
Begriifo  beigebraeht  werden,  nnd  gerade  in  dieeen  Fällen  wire  die  Eniehnng 
mittele  dei  Abeehnnteiriditi  nnd  der  Lanttouethode  die  dnrig  riehtige. 

Besflglieh  der  Therapie  der  organieohen  Aph asie  hatGutzmann 
in  einf^m  vor  rh  i-  l'>  rlin^r  Mf>fii7iniarhen  Gesellschaft  gehaltenen  Vortrag© 
ausiüliriich  seine  Krfahrangcn  zusammengestellt,  nnd  e«*  ist  Tiicht  unwichtig, 
daß  sie  von  anderer  Seite,  so  besonders  von  Goldscücider,  bestätigt 
enn  ein  motorieeh  Aphaaiaeher  Itngere  Zeit  aeine 
Sprache  Tollständig  verloren  hatte,  eo  iet  ee  gleichwohl  dnreh 
•yetematische  Übung  möglich,  die  gesamte  Sprache  von  nenem 
aufzubauen.  Dabei  ist  es  notwendig,  daß  alle  impressiven  Wege  der 
Sprache  sorgftiltig  benutzt  werden,  nnd  zwar  besonders  die  optischen  und 
taktUen.  So  muß  der  Patient  nicht  nur  die  Bewegungen  des  vorsprechenden 
nnd  übenden  Antee  mit  dem  Ange  wahrnehmen,  londein  aneh  im  Spiegel 
aeine  eigenen  Bewegnngen  kontrollieren  nnd  de  optiieh  vergleichen. 
Ebenso  muß  mittels  des  GefUhls  die  Explosion  der  Laute,  das  Tönen, 
dPT  Frpüiitiip  dop  Kehlkopf'',  der  Fremitus  der  Nasenwurzel  bei  Nasallauten 
und  anderes  mehr  kontrolliert  werden.  Mit  diesen  ArtikulationsübungcTi  die 
sieb  im  w^entlichen  den  bei  Taubstammou  gemachten  nähern,  verknüpft 
Onttmann  nnn  ayitemttiBehe  Sehrelbllbvngen  mit  der  Hnken  flind,  in  der 
Annahme,  die  Ja  bereite  von  Broca  anfjseatellt  wurde,  daß  die  Entwicklung 
der  Sprachkoordinationszentrcn  gerade  in  der  linken  Himhälfte  mit  der  Rechte- 
händigkeit  der  Mm^rhim  in  Bcziehnng  stehe.  Es  ist  demnach  bei  ZerftHnint!: 
der  linksseitigen  Sprachzentren  der  Versuch  gerechtfertigt,  die  rechte  ilirn- 
hemisphäre  kompensatorisch  fUr  die  Sprachkoordination  heranzubilden.  Di^ 
will  der  Autor  durch  Schreibflbangen  mit  der  linken  Hand  föidem.  Er  nimmt 
an,  dafi  die  rechte  HimhXlfte  anf  diese  Weiee  an  fehleren  koordinatorieehen 
Leistungen  erzogen  werden  kann.  Die  auOerordentUche  Gedächtnisschwäche 
der  AphasiBcben  bedingt  notgedrungen  eoigtame  Übungen  im  Auswendig- 


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88 


Befent«. 


lernen  besonders  \on  Iteilien  sinnloser  Silben  und  Umstellongen  derselben, 
wie  de  Qoldteheider  «niiili«hlt  D«ß  duoh  die  Übung  dabei  lUdit  bloß 
das  Fatlfaaltmi  di«Mf  aiimloteii  SOben,  aondern  lach  in  Tiel  TollatSiidig«nni 
Maße  daa  Feadialteii  von  WortkUngen  mit  Sinn  geOirdert  wird,  ist  pqrdio- 

lop;i8ch  int'^rcflsant  Bei  sensorisch  Aphasiechcn  f^ht  Gnt7:niann  «o 
•vor,  daß  er  die  Sprachbewcfcungeu  vom  Munde  und  Gesicht  des  ^^j  rt  <  h(  n  ien 
absehen  lehrt  Golds choider  bemerkt  dazu:  »Es  soll  sich  ein  ganz  ueaer 
Zfrkai  Im  Abbnfe  der  Sprachbewegungsvoiatelliiiigen  bOdeni  indem  an  Steile 
der  aknatiBcben  WoiClantfblgen,  welehe  aonet  auf  daa  begriffliehe  Veralindnla 
und  die  motorische  Sprachbildang  wirken,  Reihen  von  optischen  Bewegni^ 
bildern  treten,  welche  dem  Anblicke  d^r  Sprachbewegungen  entstaimiieTi 
Diese  optischen  Eindrücke  sollen  »ich  erst  lieh  mit  der  Fol^e  von  motorischen 
Impolaen  gedächtnismäßig  verikuüpfen,  welche  in  ihrem  Effekt  eben  dieselben 
Spndibewegungen ,  daa  beißt  eben  dieaelben  optiaehen  Encbeinnngen  her- 
▼orbringen.«  Gold  ae  bei  der  meint  daan,  da0  ridi  kinenwfeogn^ibiaehe 
Aufnahmen  der  Sprachbewegnngen ,  die  dem  Aphasiker  Ubergeben  nnd  von 
ihm  in  einem  Strohtiskop  jederzeit  abgerollt  werden  könnten,  zum  Aufban 
dieser  ueueu  und  intensiveren  psychologischen  Yerkniipfung  wertvoll  er* 
weisen  künnteu. 

Gegenttber  diesen  auf  ^  »'»'»"»g  beruhenden  HpraohatSrangen  haben  die 
apaatilaoheii  SpiacbalOnuigen  eine  weit  grOGere  Beibe  von  Beaibeitnngen  nnd 

neueren  Mitteilungen  erfahren.  So  liat  My^ind  besonders  der  Frage  nadi 
den  Ursachen  des  Stottern»  eine  f^rülSere  Arbeit  gewidmet .  in  der  er 
speziell  der  Erblichkeit  neine  Aufraerksamkeit  zuwandte.  Dabei  betrachtete 
er  nicht  nur  dm  Stottern,  sondern  achtete  auch  aul  Geisteskrankheiten, 
Idiotlamna,  Epilepsie  nnd  andere  Eiampfiraatibide,  Gborea,  Hyateriei  Aatiim^ 
Taubstummheit,  Nervoaittt,  Nenraathenie  nnd  deigleieben,  Aatluna,  Taub- 
stummheit in  der  Verwandtschaft,  Auch  er  findet,  daß  Stottern  sehr  häufig 
dtirrli  ppycliisohe  Ansteckunfr  entsteht,  dass  aber  in  einem  Teile  der  Fülle, 
wo  Btotterude  Kinder  stotternde  Verwandte  haben,  der  Erbfehler  nicht  in- 
folge der  »contagion  morale«,  sondern  infolge  der  Erblichkeit  entstand.  In 
7  X  find  aieh  in  der  Venrandtaohaft  der  Stotterer  Odateakraakheit  bei  im 
ganaan  18  Individuen.  Unter  den  194  YStem  der  atottemden  ScblUer  waren 
im  ganzen  5,  das  heißt  2,6  ^  Geisteskranke.  Mygind  bezeichnet  diese  Zahl 
als  anffiillijj^  groQ^  da  in  Pfinrmiirk  Geisteskrankheiten  bei  Männern  im  Alter 
von  20  bis  40  Jahren,  in  vvrli  hein  Alter  die  meisten  der  Väter  der  Schüler 
Standen,  nur  in  0,2  uultrcten.  In  einer  früheren  Arbeit  taud  Mygind 
mit  BlieMcbt  auf  daa  Auftreten  von  GeiatealcTankbett  bei  den  Yitem  von 
Taubstummen  den  Proaeniaala  von  0,8.  Die  Bedeutung  dieaer  Knmkbeit  für 
die  Ätiologie  der  Taubstummheit  iat  allgemein  bekannt.  Idiotismus  scheint 
in  der  Verwandtschaft  dagegen  weniger  häufij?  anfziitreten.  Von  16  X  wurde 
konstatiert ,  daß  bie  im  ganzen  3(i  Verwandte  hatten ,  welche  an  periodisch 
auftretenden  Krämpfen  litten  oder  gelitten  hatten.  In  einem  kadi  war  der 
Krampf  wahncbeinlioh  alkoboliaoher  Art;  In  6  Füllen  waren  die  KrXmpfe 
wohl  byateriachen  Uraprunge;  13  Fülle  waren  unaweifeihaft  epüepliaeb.  Es 
kommen  also  Epilepsie  nnd  Uinliche  Krampfstürungen  in  der  Verwandtsebaft 
von  Stotterern  fast  2  mal  so  häufig*  vor  wie  in  der  Verwandtschaft  von 
Taubstummen.  Chorea  ließ  sich  nur  selten  nachweisen.  29  ^  der  Stotternden 
hatten  Verwandte,  im  ganzen  73,  bei  denen  Nervosität,  Neurasthenie,  Hy- 
aterie  nnd  dere^eiehen  vorbanden  war.   Dieae  ZnaOade  aeigten  aieh  be- 


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Befente. 


83 


■onders  bei  den  Müttern  der  betreffenden  Stotterer  recht  häu6g;  46  X  der- 
Belben,  das  heißt  fast  Vi  sämtlicher  Stotterer,  litten  dnrnn  Besonders  häufig" 
ließ  »ich  anter  den  Verwandten  der  SchlÜer  Mijs^äne  konstatieren.  Da  My- 
gind  persönlich  die  Anamnese  aufnahm ,  so  mnß  seine  Mitteilong  als  sehr 
Mvilnai  Mgßttibm  wwden.  Anoh  daa  Aittai»  zeigt  sioli  reeht  oft  in  der 
Terwandtedhaft:  8  unter  den  Vifcem  der  Stotterer  litten  an  Aathma.  Daa 
ist  sehr  viel,  da  die  Krankheit  sonst  nicht  sehr  verbreitet  ist.  Femer  zeigte 
sich  TanbBtummheit  ab  und  zn  in  der  Verwandtschaft  der  Stot- 
terer, wa?  auch  von  Uchermann  m  seiner  großen  Statißük  der  Taub- 
stummen in  Norwegen  nachgewiesen  wurde.  Die  übngen  ätiologischen  Mo- 
ment» Bind  bereite  von  anderen  Antoren  genügend  hervorgehoben  worden 
nnd  können  deawegen  hier  llbergangvn  werden. 

Die  genaneren  Untersuchungen  der  Stotterer  mittels  graphischer  Metho- 
den, wie  sie  in  neuerer  Zeit  von  Natier.  Abb6  Rnn??olot  und  frHlier 
schon  vonGntznjann  und  seinen  Schülern  Lieb  mann.  Halle,  Kalmus, 
ten  Gate  gemacht  worden  sind,  zeigen  zur  Evidenz,  daß  besonders  in  den 
graphiaohen  Dantellnngen  der  Atenng  aieh  deoHidie  psycMsehe  Altera- 
tionen naehweiaen  laaeen.  Ontamann  hat  nlnlieh  naehgewieaen,  daß,  wih« 
read  die  Knrven  der  Brust-  und  Bauchatmung  in  der  Ruhe  fast  durchaus 
synchron  rn'^infindf^r  voHnufon  beim  Sprechen  eine  deutliche  überwiegende 
Innervation  der  costalen  Bewi^'^ung  eratthat.  Es  zeigt  sich,  daß  die  Bauch- 
atmnngskurve  bereits  im  Exspirationsätadium  ist,  während  die  thorakale  Kurve 
noeh  anateigt  Ava  einem  derartigen  Verhalten  kann  man,  ao  wie  Moaae 
md  Gntamann  dlea  getan  haben,  ateta  den  Sehlnß  aiehen,  da0  die  du»»* 
knie  Atmungsbewegung  atirker  innerviert  ist  als  die  abdominale.  Duioh 
sorg-samc  Untersuchung«!  an  zahlreichen  Fällen  von  Stotterern  hat  nun 
ten  Cate  nachgewiesen,  daß  dieser  normale  Anachronij»niuB  in  den  Sprech- 
atmuugskurven  sich  bei  Stotterern  vüracliiebt  nnd  ein  abnormer  Synchronismus 
wenn  nieht  immer,  so  dooh  aeltwelBe  auftritt  Das  gleiche  aeigt  aieh  bei  den 
Knrven  ▼on  motoriach  Aphaafaehen,  wenn  ale  bereits  anfangen  an  apreohen, 
ao  daß  man  ans  diesem  Veihalten  wohl  berechtigt  ist,  einen  Rückschluß  auf 
die  mangelhafte  zentrale  Koordination  der  Atmung  bei  dirf!»Mi  Sfiraclistömngen 
zu  ziehen.  Genauere  Nachweisunpen  über  den  Zusammenhang  zwischen 
Spraclientwicklung  und  Sprachstüruugen  sowohl  wie  über  die  fehlerhaften 
Bewegungen  nnd  Innervationen  der  geaamtea  Spitehwerkaenge  bm  Stottern 
nnd  anderen  SpraohatHmgen  hat  Gntamann  in  mehreren  Arbeiten  in  der 
»Dentaehen  Klinik«  gegeben. 

In  fin-ffUirlicher  und  umfangreiclier  Form  hat  derselbe  Autor  in  einer 
Monograpiue  das  Stottern  dargestellt  ])ie8e  beechäftigt  sich  zunächst  mit 
einer  kritischen  Geschichte  der  Auftassuugen  und  Behandlungsweisen  des 
Stottema  and  geht  aodann  in  andUhtüdier  Weiae  an  der  Unterauhnng  dea 
Stotterers  Uber  Ea  werden  die  abntUehen  dabei  an  benntsenden  Untor- 
anchnngsinstTumente  nnd  ihre  Anwendung  in  jenem  Werice  genau  beschrieben. 
Zum  grüßten  Teil  sind  dieselben  bekannt,  wenn  auch  vorwiegend  wohl  nur 
physiologischen  und  psychologischen  Arbeitern,  weniger  den  sich  mit  der 
Then^ie  der  Sprachstörungen  befiassenden  Ärzten.  £s  mag  besonders  er- 
wlhnt  aeln,  daß  Gntamann  ansdrOeklich  aof  die  hSnfig  bei  Stotterern  sich 
Torfindenden  Degeneratlonaaeichen  anfmerkaam  macht  nnd  in  Beeng  darnnf 
mehrere  Abbildungen  seinem  Weilu  beigegeben  hat.  Aach  macht  er,  waa 
ittr  die  Psychologen  von  Intereaae  aeln  wird,  darauf  anfmerkaam,  daß  aoig> 


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84 


B&me  Untersachnngen  der  ErmUdungserscheinoiif  en  beiäprach- 
st()rangeB  wenig  oder  gar  nicht  vorii^ea.  Daß  dieselben  bei  Stotterern 
rieliMlidi  M  eintr  tmnnwi  BmrlaOing  des  Übels,  beeosden  rom  p^«ho- 
logfflohen  Studpiuikt  aus  fUhren  rnttMeo,  iit  Uar.  Die  UntersnelnnigeBf  & 

der  Autor  selbst  mittelB  des  Ergographen  gewonnen  hat,  geben  gute  Ao§- 
«icht  dafür,  daß  diese  rntrr«nt  hungsmethode  fUr  die  Kenntnis  dieser  un- 
geheuer verbreiteten  äprachstürung  von  großem  Wert  sein  muß.  Ebenso 
•ind  die  Versuche,  mittels  BhttdmeUairven  die  psychischen  Yeränderongen 
uehsnweieeii,  aneh  bei  des  Stotteren  toa  got»  Avaaldit 

Peripher  expresiiire  SprsekatOrungen  haben  im  allgemeinee 
sehr  geringes  psychologischeg  Interesse.  So  kann  auf  alle  Mitteilungen  der 
verschiedenen  Formen  des  Lispelns.  des  periphrrou  .Staramelns  der  mecha- 
nischen Dyslalien,  der  Gaumendefektc  oicht  naher  eingegangen  werden.  Da- 
gegen ist  eine  Arbeit  lil>er  infantile  Pseudobnlbiüpandyae  von  Zahn  be- 
merkeiunrert  In  dem  einen  Falle  haadeHe  ee  eieb  un  dn  16flhiige»  lOd- 
eben,  daa  klüftig  entwickelt  und  in  gntem  EniiÜiningeiQBtMide  trar.  Die 
gesamte  Muskulatur  war  Jedoch  in  einem  gespannten  Zustande,  so  daß  sie 
in  Haltung  und  Bewegung  einen  kontraktilen  Eindruck  ranrhte;  sie  konnte 
die  Stirn  nicht  runzeln,  nicht  den  Mund  spitzen,  nicht  pfeifen  oder  ein  Licht 
auspusten,  beim  Lachen  öffiiete  sie  den  Hund  krampfhaft  weit  Die  Zunge 
Iie0  iieh  leieht  gnt  neob  toid  aniatreoken,  ütgegoa  eebr  numgeUiaft  naeh 
seitwärts  und  oben.  Die  Sprache  war  g«ai  nnvetetindlieh  und  beetaad  nna- 
schließlich  aus  laut  und  rasch  hervorgestoßenen  unartikulierten  Tönen. 
Offenbar  lag  das  daran,  daß  die  Lippen-,  Zungen-  und  fJ^nmenümpkeln  dem 
Willen  der  Patientin  nicht  gehorchten.  Dabei  war  das  (»aumenscgel  nicht 
etwa  gellUunt,  sondern  hob  sich  beim  »-sagen  sehr  deutlich,  auf  beiden  Seiten 
gleich  got  Ei  fehlte  also  die  ArtÜmlationafltbigkeit  Hut  ymg  infolge  einea 
spastisdien  Zustandes  der  Artikulationsmuskeln,  ähnlich  dem  der  ttl»jgQn 
Muskulatur.  In  dem  zweiten  Fall  war  die  Artikulation  der  Sprache  so 
Bfhlerht  daß  man  auch  bei  angestrengter  und  geübter  Aufmerksamkeit  das 
meiste  nicht  verstehen  konnte,  obgleich  die  nötigen  Sprachbewegungen  mit 
sichtlicher  Muße  und  richtig  versucht  wurden,  war  die  Kede  doch  kraftlos, 
ondentlieb  und  eehr  langMWt  tdlweiae  noeh  enehwert  dnrob  HiHMwegungen 
des  Gedebli.  Gens  aehlecht  kamen  dii)jenigen  Lnnte  n  stände,  welche  kiif- 
tige  Lippenbewegungen  erfordern:  p,  f,  o,  u,  w,  femer  die  Zungenlaute  t 
k  und  r.  Bei  b  und  p  machte  pich  in  diesem  Falle  auch  die  Gaumenlähmung 
durch  näselnden  Charakter  bemerkbar,  obgleich  sich  auch  liier  das  Gaumen- 
segel beim  a  hob.  Das  Kind  erleichterte  sich  die  Aussprache  einzelner  Kon- 
eonantengruppen  dureb  Ebiaebalten  von  Tokalen ;  i.  B.  sagte  es  statt  WUtiboig 
WUrzaburg,  statt  Professor  Perofessor.  Hier  waren  die  Sprachmuskeln  nicht  wie 
im  ersten  Falle  spastisch,  sondern  vorwiegend  kraftlos,  der  Hund  wurde  nicht 
wie  dort  krampfhaft  offen  gehalten,  er  verengerte  sich  vielmehr,  aber  nicht 
fest  genug.  Wesentlich  beteiligt  war  aach  eine  Schwäche  der  Kehikopf- 
muskeln. 

In  dem  ersten  Falle  nimmt  der  Antor  nnr  eine  Entwieklsngs- 
bemmnng  lelehteren  Grades  in  den  Pyramiden-  und  cortieo- 

bulbHren  Bahnen  an,  im  zweiten  dagegen  einen  Defekt  der  Pyra- 
midenbahnen, der  die  schwere  Lähmung  bedingte,  und  ferner  einen  Defekt 
in  den  Uinterstrüngen.  nnf  den  die  Schlaffheit  der  Lalunung,  die  Ataxie  und 
anderes  mehr  iturückzuiuiiruu  war. 


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Referate. 


85 


Daß  auch  bei  widdidier  Bulbürparalyse  durch  Übung  noch  die  Reste 
der  HyposrloHfln^fnHem  7tir  stärkeren  Innervation  gebracht  werden  kttuMi, 
-wies  Knopf  in  üineni  Falle  überzeugend  nach. 

Was  endlich  die  Sprachstörungen  bei  geistig  zui ückgebiie" 
beneii  und  eehwaehiinntgen  Kindern  anbetrifft,  so  liegen  gerade  nnf 
4ieeem  Gebiete  in  neneier  2Mt  nUreiehe  Arbeiten  vor.  In  einem  anafliiir- 
lieben  Bericht  Uber  die  Unteranohnng  zurUo^ebliebener  Schulkinder,  die  von 
flem  Nervenarzt  Kaliecher,  von  dem  An^enarzt  Moll,  von  dem  Kinder- 
arzt Neil  mann  und  von  Toichraann,  Arzt  für  Hals-,  Nasen-  und  Ohren- 
leiden  an  die  städtische  bciiuideputation  zu  Berlin  erstattet  wurde  über  116 
geistig  minderwertige  Kinder,  warn  68  ediwieh  begabt;  aehwaeheinnig  ge- 
ringeren Grades  26,  hOheien  Giadei  16,  blOdrfnnIg  6.  Idioten  finden  lieh 
nur  in  den  beiden  nntenten  Klassen*  Der  Bericht  führt  nun  ausführlich  die 
körperlichen  Stön}n<)'en  der  Kinder  an;  wir  finden  dort  in  10  fUlen  Spraeh* 
stüruDt-<*n.  in  l  1  allen  Schwerhttrig^kdt. 

Weit  ausiüiirlicher  als  dieser  offenbar  durch  die  Behörden  selbst  etwas 
«ingtaehriiakte  Bericht  ist  der,  den  Cnssel  gegeben  liat  Cassels  Berieht 
ist  insofern  besonders  Ton  Bedevtmg,  eis  er  anf  das  Laufen-  nnd  Spreehen- 
lemen  ausführlicher  eingeht  Daß  LaofiBn-  nnd  Spreehenlemen  in  einem 
psychologischen  Zusammenhange  steht,  kann  ja  wohl  keinem  Zweifel  untere 
Hegen,  und  je  gröiiere  Erfalirurri;  auf  diesem  Gebiete  der  Praktiker  besitzt, 
desto  eher  kommt  er  zu  diesem  i'arallelismus.  Von  123  geistig  minder- 
wertigen Kindern  haben  im  ersten  Lebea^ahr  28,  im  sweiten  iO,  im  dritten 
4S^  im  vierten  96,  im  fOnften  9,  im  seefasten  6  angefangen  Isnfm  sa  lernen, 
das  heißt  in  der  Lebensperiode,  wo  man  von  einem  verspiteten  Laufealemen 
epreehen  kann:  na<^h  dem  zweiten  Lpbensjfihre  im  ganzen  80.  Es  haben  also 
tatsächlich  62  X  von  geistig  minderwi  r( ii;*  n  Iviurlern  erst  im  dritten,  vierten 
Lebensjahr  oder  auch  später  die  Jb  ülaiglieit  selbständiger  Ortsbewegung  er- 
Jaagt  Die  rfaaehitischen  Kinder  schließen  hierbei  noeh  nngttastiger  ab  als 
die  anderen. 

Ganz  übnliche  VeihSltnisse  zeigt  die  Cassel  sehe  Aufnahme  flber  die 
Sprachentwickluug  der  geiptipr  mindere  ortij^en  Kinder.  Im  ersten  Lebens- 
jahre hatten  zu  spreeheu  bejjfouueu  l^eiu  Kind,  im  zweiten  26,  im  dritten  40, 
also  im  zweiten  und  dritten  zusammen  66  Kinder;  im  vierten  Lebensjahre 
88  Kinder,  im  filnften  10,  im  seehsten  8,  im  siebaiten  1,  im  achten  1,  Tom 
vierten  bhi  achtn  Lebenidahre  also  68  Kinder.  Darsns  geht  hervor,  daß 
TOB  den  118  Kindern,  über  die  bestimmte  Mitteilungen  gegeben  werden 
konnten,  nur  66,  das  heißt  51  X,  am  Ende  des  dritten  Lebensjahrea  zu 
eprechcn  besronnen  hatten,  dagegen  62,  das  heißt  49  Xi  erst  von  viel  spä- 
teren Tenumea  au. 

Die  Pirttftmg  der  Sinne  brf  den  sehwaeh^iügen  Kindern  ergab  in  Bezug 
«af  die  Angmi  bei  10  X  ^s  nngenllgende  SehsehSrfe,  in  Besag  anf  das 
GehOr  bei  83,7  X  normales  CM^,  bei  15,5  X  dne  Abschwächung  desselben. 
Auf  beiden  Seiten  herfib^eset^f  war  das  Gehör  16  mal,  auf  oiner  5  mal.  Bei 
den  20  gehörschwachen  Kindern  fanden  sich  12  mal  Spracliti  liier  und  zwar 
Stets  Stammeln.  15  von  diesen  Kindern  hatten  gestörte  Nasenutmung.  iiinder- 
nisse  in  der  Kasenatmung  wurden  im  ganaen  bei  61,  daa  heißt  bei  98,6  X 
geÜBiden.  Ton  diesen  61  Kindern  ndt  gestörter  Nssenatmnng  hatten  14 
Herabsetzung  des  Gehörs,  22  Sprachfehler,  und  zwar  20  Stammeln,  1  Stot- 
tern, 1  Uspebi.  Unter  der  Gesamtsahi  der  Kinder  (129)  litten  48,  das  heißt 


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86 


Rofenls» 


88  fi,  an  Sprarhpjebrechen.  An  mrhr  oder  mindpr  prliweren  Graden  von  Stam- 
meln, SUbenabwerfen,  Verwechselung  und  VerstüinriK  lung  von  Lauten  litten 
84,  Stotterer  waren  2,  Lispeln  zeigten  4.  Gerade  bei  diesen  Kindern  war  die 
Spficlieiitwiekliiiig  lehr  TcnpStet;  dfo  HduiaU  tob  fhnea  hat  erat  im  dritten 
od«r  Tfertfln  Jahr  m  ipieehm  logoimeit  B«i  dw  gdatig  minderwertigwi 
Kindern  ist  besonders  anf  die  Gedächtnisscbwäche,  wenigstens  stati- 
stifich  bisher  wenig  geachtet  worden.  Es  aeifr^e  Bi>h  in  der  CaPRplBchfi! 
Aufnahme,  daß  124,  das  heißt  97  ^  ein  schwacbe»  Gediif  htnis  iiattea.  Die 
Fortselinttc  in  den  Seholkenntniasen  waren  natürlich  im  allgemeinen 
gering. 

CftBsel  nntetteheidet  auf  Otoad  a«lii«r  aehr  aovgaameii  Anfieelelmmigea 
vier  Ckide  der  aohwachsinnigen  Kinder:  1)  die  aekwacli  begabten  Kin- 

d(»r,  worunter  er  solche  versteht,  dip  pich  nur  wenig  von  dem  Geistes- 
zustände des  Kindes  von  durchschnittlicher  J'-cLrabung  unterscheiden.  Sie 
begreifen  langsam,  weil  die  Bildung  und  Verknüpfung  der  Vorstellungen  in 
gewlaaem  Grade  enebwert  iat,  aie  beben  aber  fibr  konbiete  Begriffe  gntes 
Veratlndnia  nnd  Teimlfgen,  wie  Arno  Fneba  aieh  anadrilekt,  daa  emugeae 
Wiaaensgut  zäh  zu  bewahren  und  das  Schulpensnm  schließlich  zu  bewältigen. 
11  von  den  129,  das  heißt  8,5  mußten  dieser  Kategorie  zugezählt  werden. 
2;  Die  Schwachsinnigen  ersten  Grades.  Hei  diesen  bestehe  eine  meist 
schon  dem  Laien  offenkundige  Beschränktheit  nach  Umfang  und  Tiefe  des 
Denkeaa.  Daa  YonMUungsvermögen  ari  bei  ihnoi  denflieb  befabgeaeteti  die 
Anffaaanng  Terlaagaamt,  nnvottatlndigt  die  Eombinatfosagabe  maagelbaft,  die 
Zahlenvorstellnngeu  iu  der  übergroßen  Mehrzahl  minderwertig,  das  OedMebtnis 
schwach.  TTiorzu  zählen  77,  das  iieißt  5fi.6  X  der  Kinder.  3  Der  Schwach- 
sinn zweiten  Oride?,  der  auch  als  Ilalbidiotismu.s  bezeichnet  wird. 
Diese  Kinder  sind  von  trüii  an  körperlich  und  geistig  wesentlich  zurück- 
geblieben, liaben  apit  laufen  nnd  apreeben  gelernt,  die  Spraebe  iat  biniig 
mangelbaft.  Vorwiegend  bandelt  ea  aidi  um  Stammeln,  ea  beatebt  aber  aaeb 
Sig^atismna,  Bbotazismns,  Gammazismus,  Silbenabwerfen  usw.;  dioHemmvng 
der  Denkprozesse  erreicht  einen  hohen  Grad.  Eindrücke  liaften  nur.  wenn  sie 
unendlii  li  oft  wiederholt  werden.  Die  Aufmerksamkeit  iat  schwer  zu  konzen- 
triereu.  Dazu  kommen  nocli  Abweichungen  auf  moralischem  Gebiete:  über- 
triebener Egoiamiu,  Neigung  an  JXhsom,  Trotz,  Eigensinn,  Zankanebt,  Yei^ 
togenbeit  Dadnreb  entapreoben  die  Kinder  Ufnfig  dem  von  Sollier  aaf* 
gestellten  Typus  der  antiaoaialen  Individuen.  Diese  Kategorie  war  durch 
25  Kinder,  das  heißt  19,3^,  vertreten.  Endlich  4  die  Idioten,  di^  nnf 
so  niedriger  Stufe  geistiger  Miaderwertigkeit  standen,  daß  sie  vermöge  des 
Defekts  der  elementarsten  Vorstellungen  Hir  den  gewöhnlichen  Schulunter- 
ridit  ala  ▼Ollig  büdnngsaniäbig  beaelehnet  werden  mußten.  Sprachgebrechen, 
atumpfoBt  apatbmcbea  Weara  oder  ttbergrofie  AgiHtiit  und  H nakdnnrube,  un- 
ruhiges Hin-  und  Herlaafen,  neugieriges  Betaaten,  nnmotiviertes  Lachen  umr. 
sind  chnrakterieifischr  Kennseicben.  Idiotiamua  wurde  18  mal»  daa  beißt  in 
9,3  X  der  Fülle  gefunden. 

In  praktischer  Iliuaicht  sind  besonders  die  Untersuchungen  und  Dar- 
atellungenYonPnoba,  OOrke»  Frenxel,  Piper,  Knopf,  Lnquer,  Doli, 
Liebmann  n.  a.  an  nennen,  die  aneb  in  Sänselbeiten  payebdtogiaeb  Intei^ 
eaaantes  darbieten  und  die  bier  infolgedessen  Erwfiuuing  finden  mflaaen. 
Besonders  die  Bücher  von  Arno  Fuchs,  einem  Pädagogen,  und  von  Wey- 
gan d,  einem  Philologen  and  Mediziner  in  einer  Peraon,  sind  leeenawert.  In 


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Befenrte. 


87 


sehr  klarer  und  eiüleuchtender  Weise  schildert  "\Vi  }  ^raud  die  Entwicklong 
der  Sinnestäti^keit  bei  idiotischen  und  imbeciUen  Kindern,  wobei  er  sich  im 
wwenflielMii  aUerdings  a&  ^  AmraiBiingen  von  Söguln  vadSollie?  Uli. 

Vinm  niMgtm  Beitrag,  der  tnoh  psyehologiidi  grüQenB  LitereiM  Uetet» 
ZOT  Begriffseatwicklnng  bei  SchwachbefUhigten  und  Schwachsinnigen  gab 
Herbericli  Als  das  einfachste  und  sicherste  Mittel  znr  fl'MOif::f>n  Kntwirk- 
lung  und  Aneignung  von  Begriffen  betrachtet  er  die  natürliche,  unmittelbare 
and  lebendige  Anschaanng.  Deshalb  maß  jede  Biidungsanstalt  für  Schwach- 
alimige  dne  ümgebong  haben,  die  redit  viel  Gelegenheit  rar  Anaohtnaog 
bietet  Sie  maß  in  der  NMlie  von  lehhalten  YerkehrMtrmfien,  von  Eiien- 
bthnen  and  FlUssen  gdegen  sein,  da  sich  dort  eine  Fülle  von  Momenten 
erproben,  die  da?  IntereßBe  der  Schwachsinnigen  aufrütteln  kiinnen:  f^ie  soll 
aber  auch  landschaftlich  Anziehendes  bieten  and  den  Sinn  für  die  Schön- 
heiten der  Natur,  für  Tier-  und  Pfianxenleben  wecken.  Daher  seien  auch 
hSufig  Spaziergänge  notwendig,  denn  nf  dieeen  werden  alle  Enwheinmigen 
begiettg  anlgefliOt,  beeproehen  und  vom  Lehrer  mr  betiehtigtt  und  die  auf 
diese  WeiM  erworbenen  Begrilfo  bleiben  haften.  Dazu  gehören  auch  Garten- 
arbelten und  Anlef^en  von  SammhinjreTi ,  denn  jeder  GegenstAnd  bat  dort 
seine  dem  Schüler  bekannte  Geschichte  und  darum  nm  so  mehr  Interesse. 
Wo  die  anmittelbare  Anschauung  für  die  Begriffsentwicklung  nicht  geboten 
weiden  kann,  mmB  man  eleh  mit  Modellen  oder  mit  AbbUdnngen  helfen.  So 
empfiehlt  Herberieh  die  bei  Herder  in  Frefbing  ersehienene  Büdecfibelt 
jfonier  Leutemanns  Tierbilder  nnd  besondere  a«eh  die  großen  Wandbilder, 
8.  B.  die  von  Schreiber  in  Eßlingen. 

Ebenfalls  von  psyrliologischem  Interesse,  besondere  in  Bezug  auf  die, 
wie  Referent  ausdrücklich  hervorheben  muß,  aasgezeichneten  £rfolge  semes 
Yerfahreos,  ist  der  Yortrag,  den  Piper  aof  der  elften  Konferenz  für  Idioten- 
pi^  lad  Sehnlea  für  •ehwaehbefithigte  Kinder  an  Bremen  hielt:  »Wie 
kennen  wir  die  sprachlosen  schwachsinnigen  Kinder  zum  Sprechen  bringen?« 
Die  ein/oln^-n  dort  in  dem  Vortrage  mitj^eteilten  Beispiele  des  Verfahrens 
zeigen  nicht  nur  die  unendliche  Geduld,  die  zu  dieser  sehr  mühseligen  Arbeit 
gehört,  sondern  zeigen  auch,  daß  durch  sorgsame  Beachtung  aller  noch  bei 
dem  idiotiaohen  Kinde  voriiandenen  Peraqitionsw^  ea  aelbat  fn.  veicwei« 
fdten  ntUen  geliitgt,  aehliefiUch  Spraehe  an  enielen  nnd  damit  das  Kind 
auf  ein  geistig  hohnrea  Kiveao  m  heben  and  seine  fernere  Anabfldoig  an 
efmO^licIien. 

In  ähnlicher  Weise  hat  Fre  nzcl  die  sprachliehe  Entwicklung  bei  sprach» 
losen  Geistesschwachen  vorgenommen.  Et  stellt  dabei  drei  Stufen  auf: 

1)  Übungen  der  Sinne  nnd  der  Bewegnng  anter  besonderer  Berlldcsieb- 
tignng  der  Spiaehwerkieiige:  Bewegnngs-  nnd  TKtigkeitafibangen-, 

2;  die  sprachlosen  GMatesschwachen  müssen  zur  Lantäußemng  veranlaßt 
werden,  Lantentwicklun^  nnd  LautvrrbindnTitren  einüben:  mechanisches  Spre- 
chen ohne  Rücksicht  auf  den  {reistigeu  Inhalt  des  Gesprochenen,  und 

3)  die  sprachlosen  Geistesschwachen  werden  in  das  Verständnis  und  den 
Gebraoeh  einer  elementaren  Sprache  eingeftthrt:  Klar-  und  Feststellong  der 
Yorstelhnigen,  ihre  spradilicbe  Eraieloag  nnd  Sprechen  in  den  allereinfaoh- 
Bten  Spracliformen.  Er  geht  damit  denselben  Weg,  den  das  normal  ent- 
wickelte Kind  f?elit.  nnd  handelt  nach  dem  Grundsatze;  >KütwickeIe  die 
Sprache  beim  sprachlosen  Geistesschwachen,  wie  sie  daa  Leben  in  dem  voll- 
Biuuigen  £iade  erzeugt« 


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88 


Beferste. 


Literatar. 

Besold,  Das  Hürvennögen  der  TaubBtommem  nebst  Naichti%eiL  Verlag  Ton 
J.  F.  Bergmaon,  WieBbaden. 
Die  TanbitoiiiiDlielt  tof  Gnmd  obrenXntUehor  Beobiebtniigen.  IBOt. 
B4s7-Bibent,  Die  Hysterie  im  Undliehea  im4jiig«iid]idbei  Aher.  Betlift 

im 

Braucktuauu,  Die  pejubische  Eatwickiuug  and  ptldagogiscbe  Bebandlung 

lehweriiOriger  Kinder.  Berlin  190L 
ten  Cnte ,  Über  die  Untersachnngder  Atmongsbewegongen  M  SpnelifiAleni. 

MonatsBchrift  f.  d.  ges.  äpraehbeilkond«' 
Ca a sei,  Über  geistig  minderwertige  Kinder  in  Uea  lierliner  Geiueiadescbnlen. 
1908. 

Coen,  Nencste  Erfabntngen  Uber  SprachstOraiigNi.  Wiener  Klinik.  1901. 

Denker,  Die  Taabstammen  in  Westfalen. 

 ,  Bericht  Uber  die  Versammlnng  deutscher  Ohrenärzte  nnd  Taubstonunen- 

lehrer  in  Hflnelien. 

Doli»  Ärztliche  UnterBuchangen  ans  der  HiUMmle  ftir  seliwaeliiiiiiiige  Sis- 

der.  Karlsrahe  1902. 
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Bespreoliuiigen. 


Uezkttll.  J-  von.  Im  Kftmpf  um  die  Tierieele.  Ergebnisse  der 
Physioloprip  Horai!««7f^<?"ebP!i  von  I.  Asher  nnd  K.  Spiro-  1.  «Ihrg. 
II.  Abt  1902.   Separat-Abdruck  1902.   Wiesbaden,  J.  F.  Beigmuiiu 

80.   24  S.   Mk.  0.80. 

Die  dualistische  Strömung,  welche  in  der  Seelenforschung  unserer  Zeit 
2U  Tagü  getreten  ist,  könnte  keinen  kias^ischeren  Ausdruck  fiaden  als  iu  dem 
gegenwärtig  am  die  Tfoneele  enMnuiatai  Streite,  m  wdchem  anch  in  vor- 
liegender Sehrift  die  Wort  ergriflim  worden  iet  Zttr  Tfeieeele  ▼ereneheii 
heute  bekanntlich  verschiedene  Wissenschaften  vorzudringen,  von  denen 
Physiologie,  Biolo<i:ie  und  Psychologie  ohne  Zweifel  die  hen'orragendsten 
sind.  Das  Ziel  ist  allen  gemeinsam,  der  Weg  eines  jeden  aber  ein  anderer: 
Physiologen  und  Biologen  dringen  vom  Leibe  her,  die  Psychologen  aber  von 
der  Seele  selbst  tos  vor.  Man  sollte  nim  efwtrten,  daß  beide  Gruppen  auch 
«nf  Huren  Teneliiedenen  Wegen  am  gemeiniemen  Ziel  snaammeakoDuneB 
wttrden.  Sie  kommen  in  Wirklichkeit  aber  leider  nicht  zusam- 
men und  darin  wird  schon  rein  äußcrlicll  die  dnalistieehoStrO* 
mung  unserer  Zeit  auffällig  sichtbar. 

Nach  dem  Verfasser  obiger  Schrift,  die  einen  Bericht  Uber  Psychologie 
und  Biologie  in  ihrer  SteUiing  zur  Tierseele  darstellen  soll,  in  Wirklichkeit 
aber  niekr  eine  enbjektlTe  ÄvOemng  dee  VwfiMaera  m  den  Klmpfen  draeer 
Wieeentdttftagebiete  darstellt,  spitzt  sich  der  Konflikt  zwischen  den  Psycho- 
logen, welche  »die  TTandlungen  der  Tiere  auf  die  Tätigkeit  einer  im  Zeutral- 
organ  wirkenden  Scclf  bezogen«,  und  den  Physiologen,  welche  »n^ieh  dem 
Ursachen  der  Muskel bewegungen  in  der  anatomisch  gegebenen  ürundlage 
suchten  und  in  den  Nerven  wellenförmig  ablaufende  Erregungsvorgänge  fanden, 
die  die  Mnekelbewegiüigen  venuüMeteo«,  auf  die  »eebeinbar  abliegende«  Frag» 
so:  »In  welchem  VerhSItaia  eteben  nnaere  Enpfindttngen  an  den  Vozi^Uigen 
in  unserem  Gehirn?« 

Unter  ausfuhrlicher  Zurückgreifung  auf  Kants  transcendent.'ilpn  Idea- 
lismns  sucht  er  diese  Frage  uns  zu  beantworten.  Er  gelangt  daiiin ,  daß 
Gehirn  und  Erscheinung  zwar  zusammenhängen.  Ja,  er  bringt  sogar,  da  »in 
dm  NirtnrwiBBenaebaft  vwlangt  wird,  daß  jedenmal  in  der  Anaehammg  der 
Beweis  fttr  die  Blobtigkeit  der  Begrifliiverbindiuig  geliefiBrt  werde,  wdeben 
Beweis  wir  ein  Experiment  nennen«,  den  experimentellen  Beweis  daflir, 
tind  ich  will  dem  Leser  den  Spaß  nicht  versagen,  den  naiven  Herrn,  der 
sich  als  »Physiolog,  aus  der  experimentellen  Schule  hervorgegangen«  ge- 
bärdet, hier  mit  seinen  eigenen  Worten  reden  zu  lassen  (S.  15  f.) : 

»Wir  wollen  jetat  an  dem  eiqperimentellen  Beweise  Qbergeben,  den  sowohl 
die  veigleicbende  Physiologie  wie  die  vergleiebende  Fayehologie  ala  Ezperi- 
mentnm  omcia  anrufen,  nra  ihre  AnaprOebe  an  begründen. 


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BesprechuBgen. 


91 


»Denken  wir  uns,  wir  vermochten  mit  Hilfe  von  verfeinerten  Röntgen- 
itrahlon  die  Erre^ngfßvor5j:Hiisfe  im  Ncrven83*8tem  »l»^s  Mongchon  in  Form 
von  be'*\  (  ijlH  lien  Schattenwelien  auf  einen  Schirm  vergrößert  zu  prqii/itTi'n. 
80  dürtun  wir  imcii  uoBeren  blBherigen  Erfahrungen  FolgenUes  erkürten: 
Beobaehfcen  vir  eiao  Venaehipenoii,  wUmad  In  der  Nilie  eine  Qloeke  m- 
fesehlagea  wird,  so  sehen  wir  den  Schatten  anf  dem  Schirme  (sie  Zeichen 
IHr  die  Enegnngswelle  des  Nerven)  durch  den  HOmerven  zentralwärts  enen, 
wir  verfotijen  den  Schatten  bis  in  das  (troßhim.  \m(\  wenn  die  Versnchs 
person  aut'  den  Sehallreiz  hin  <  iae  Bewegimg  macht,  so  kommen  auch  zentri- 
fugai  ablaufende  Schatten  zur  Beobachtung. 

»Jetet  Selsen  wir  ms  selbst  Tor  den  BOntgenapparat  md  beolieebfen 
nnsere  eigenen  GeUnreiilnderangen  im  Seliattenbilde.  Wir  weiden  gtns 
gensn  in  gleichen  Erscheinungen  beobachten  wie  vorhin,  mit  dem  einzigen 
Unterschied,  dass  im  Moment,  in  dem  die  SchattenweUe  snr  Großhirnrinde 
gelangt,  wir  den  Ton  der  Glockt*  hören. 

»Eb  wird  Bicher  Iruher  oder  später  auf  diese  oder  ähnliche  Weise  ge- 
lingen, dnreh  SellMrtbeolMMshtiing  (!)  festinsteUent  liei  welcher  StsUe  Im  GMiim 
nnsere  Emp&idwigen  ansprsehen  (It) . . . 

Ks  ist  daadt  die  Tatsache  (!)  des  Znsammenhanges  dm Gdilmes  ndt  den 
filBcheinnnpen  Tinwifierlesrlifli  (! '   festgestellt  (!!!)...« 

Ein  polrlu  s  ülieiitcu  rliehes  Phantasiegebilde  i  la  Jnles  Verne  heißt 
dieser  VertaaBer  nun  einen  experimentellca  Beweis! 

Hnn  das  Wie?  des  Znsemmenhsngs  von  GeUm  und  Erscheinung  — 
flOurt  er  irdter  ans  ~  sei  der  Fnnkt,  an  dem  eine  jede  naeli  Erkenntnis 
strebende  Forsehnng  scheitert. 

Da  man  nur  unter  der  Voraussetrnnpr,  daß  »ein  dem  unseren  gleich- 
gebautes  Gehirn  eine  gleiche  Seele  habe  wie  die  meinige,  Bcbließeu  krmne, 
daß  bei  gleichartiger  Erregung  des  Gehirnes  auch  gleichartige  Empfindungen 
entstellen«,  so  entsteht  das  »merkwUrdlge  Yerblltnis«,  in  dem  wir  nns  den 
Heren  gegenüber  befinden:  »Wilurend  wir  unseren  Mtmensehsn  (mit  Beeht 
oder  mit  Unrecht  bleibe  dahingestellt)  die  gleiche  Psyche  sosohreibcn,  die 
wir  f»o!bf?t  befitzen  und  die  Äußerungen  dieser  identiBchen  Seele  nach  der 
unseren  zu  beurteilen  im  stände  sind,  befinden  wir  nns  schon  den  höheren 
Tieren  gegenüber  im  Ungewissen,  ob  wir  ihnen  eine  Seele  Uberhaupt  zu- 
sebreiben  dürfen.« 

Das  Besnitat  ist  scUießUcb,  daß  »die  Erkenntnis  einer  fremden  Seele 
ans  dauernd  verschlossen  bleibt,  da  08  keinen  direkten  Verkehr  von  Seele 
7.U  '  ic  gibt«,  also  eine  TOUige  Abweianag  der  Mtfglichkeit  des  Analogie* 
Schlusses. 

Nach  diesen  Leistungen  ftihlt  er  sich  befugt,  die  vergleichenden  Psy- 
chologen iu  geschmaekroller  Weise  ndt  Stotterern  an  veijg^diea,  denn 
Forsehnngsrssaltste  MXrehen  an  heißen  nnd  addießlidi  In  dem  Sats  an 
gipfeln:  »Die  Biologie  wird,  nachdem  sie  erkannt  hat,  daß  es  sich  bei  den 

Behauptungen  der  Psyeliologie  um  tmbewfisbare  Spekulationen  bündelt,  auf 
diese  keine  Rücksicht  mehr  nehmen,  sondern  unbekUmiiiert  um  weitere  An- 
griä'e  sich  ihrem  klar  erkannten  Forschungsgebiet  zawenden.€ 

leb  wtlfde  diese  Schrift,  die  in  dem,  was  in  ihr  richtig  ist,  dem  Psycho- 
logen  nichts  neues  bringt,  in  dem  aber,  was  sie  neues  beweisen  wül,  niebts 
beweist,  gar  nicht,  am  wenigsten  an  diesem  Orte,  der  Besprecbnng  lilr  wert 


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92 


Beipi«6lraBg«n. 


{gehalten  haben,  wenn  sie  nicht  in  dem  Fahmaeser  einer  heute  anB  der  Phy» 
eioiogiü  breit  augstromeQdea,  mit  beispielloser  Anmaßung  aaftretenden  Rich- 
tung schwämme,  die  darauf  abzielt,  die  seeliachen  Prozesse  als  physiologische 
ProMCte  und  die  ganse  Pqroliologio  nur  all  eine  Art  dtr  Physiologie  aaf- 
zofasoeiif  wobd  rie  tioh  diiroli  den  gänzlichen  Mangel  ui  pqrelkologiaeher 
Bildung  oder  aneh  lellwt  nw  iNjebologieehea  VemOiidaiHee  miTotteflbift 
auszeichnet. 

ludein  diese  Richtuug  selbst  ganz  inaterialiHtisch  denkt,  schiebt  sie  auch 
den  Psychologen  eine  ganz  materialistische  Seele  in  die  Schuhe,  ein  gewisses 
Etwas,  das  awtsehen  dem  Rdi  vitd  der  auf  Uta  folgenden  Reakttoa  gewisaer- 
maßen  tidg  sein  soll.  Es  ist  aber  gar  nicht  wahr,  daß  die  Psydtologea 

*die  Handlungen  der  Tiers  auf  die  Tätigkeit  einer  in  Zentralorgan  wirkenden 

Seele  bezogen«  nie  schließen  in  TVirklirhkeit  nur  aus  flen  Renktionserschei- 
nung^en  der  Tiere  analog  zu  ihrem  eigeüeu  Seelenleben  aui  einen  nicht  näher 
bcHtiumbaren  Trozeß,  schließen  ebenfalls  analog,  daß  dieser  in  einem  mehr 
oder  minder  dealUehen  B>wii6t8ein  ablaofe,  nnd  heißen  seUießUeh  die 
Oetamtheit  dieser  Eneheinmlgen  'seelisehe  Erseheinnngen.  Daß  man 
durch  die  Beobachtung  der  Reaktionserscheinungen,  die  nur  eine  äußerliche 
ist,  noch  gur  nichts  über  deren  inneren  Ablauf  weiß  nnd  noeli  weniger  Uber  die 
Rolle,  die  dat«  Bewubtseiu  dabei  spielt,  entgeht  diesen  Physiolop^en 
mangels  irgendwelcher  tieferen  psychologischen  Bildung  gänzlich.  In  uns 
Ifenschen  selbst  sehen  wir  jedenfiiBs  diese  FMwene  in  efaiem  Bewnßtsein 
sblanfen,  nnd  noeh  niemand  hat  einen  Grnnd  namhaft  gemaeht, 
warum  dies  bei  Tieren  nicht  ebenso  der  Fall  sein  sollte.  Wenn 
wir  diese  Vermntnnfr  nirht  fiirekt  beweisen,  sondern  nur  auf  Hnind  eines 
Anaiof^ieaciilusses  annehmcD  kijuuen,  so  können  wir  sie  aber  auch 
ebensowen*  :  widerlegen.  Wenn  uns  aber  wirklich  die  Erkenntnis  einer 
fremden  Seele  daaemd  versehloasen  bliebe,  wenn  wir  wiiUieh  sogar  nnsein 
Hitnensehen  mSgiiefaer  Weise  [mit  ünreeht  die  i^ehe  Pi^yehe  zuschreiben 
würden,  wamm  hSt  es  Herr  von  üesküll  dann  Uberhaupt  noch  für  n9tag, 
Heine  Anschauungen  über  NMrhBti  nspplp  imd  Tierseele  seinen  sogenannten 
MituieiiBchon  rr>'fzni(>\\(ix\?  Ol)  iiliritrcii^  mehr  die  Setleutlieorie  der  vergleichou- 
den  Psycholc>c,  u,  oder  mehr  die  Iservenwellentheorie  der  vergleichenden 
Physiologen,  wie  Ueilcllll,  den  Namen  TatsMhe  oder  Spelndation  verdieot, 
will  ich  beeeheidener  als  dieser  hier  lieber  ganz  unbeantwortet  lassen. 

Jeder  wahre  Foneher  wird  die  beste  Leistung  in  der  Erforschung  eines 
schwierigen  Problems  von  der  friedlichen  Zrisaramenarbeit  aller  beteilis-ten 
Kräfte  und  aller  Gegensatze  erwarten.  Abbicliten  wie  die,  daß  «Iii-  i>iolügie 
keine  Rücksicht  mehr  auf  die  vergleichende  Psychologie  nehme,  »luü.  deshalb 
—  weil  von  einem  Fanatiker,  keinem  Besonnenen  geschrieben  —  nnr  be- 
daneiUeh.  Ihre  tslslehliehe  Verwiddiehng  würde  niehts  wie  eine  dnreh 
Umncht  herbeigeführte  Degeneration  jener  Richtung  selbst  bedeuten.  Anf 
Arbeiten  wie  die  vorliet^ende  riüerdings  wird  die  vergleichende  Psychologie 
jederzeit  ebeuäo  wie  die  Wisseuschatt  Uberhaupt  ruhig  verzichten  können. 

Dr.  phtl.  Wilhelm  Ament  (Wttiabaxg}. 


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